Vertriebsrecht: Kommentierung zu §§ 84 bis 92c HGB. Handelsvertreterrecht – Vertragshändlerrecht – Franchiserecht [2. neu bearb. Aufl.] 9783899498028

The new edition of “The Right of Sale: Commentary on §§ 84 to 92c HGB (German Commercial Code)” brings the comprehensive

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German Pages 1744 Year 2011

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Table of contents :
Vorbemerkungen vor § 84
§ 84 Begriff des Handelsvertreters
§ 85 Vertragsurkunde
§ 86 Pflichten des Handelsvertreters
§ 86a Pflichten des Unternehmers
§ 86b Delkredereprovision
§ 87 Provisionspflichtige Geschäfte
§ 87a Entstehen und Fälligkeit der Provision
§ 87b Höhe der Provision
§ 87c Abrechnung der Provision
§ 87d Aufwendungsersatz
§ 88a Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters
§ 89 Kündigung des Vertrages
§ 89a Fristlose Kündigung
§ 89b Ausgleichsanspruch
§ 90 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
§ 90a Wettbewerbsabrede
§ 91 Vollmacht des Handelsvertreters
§ 91a Mangel der Vertretungsmacht
§ 92 Versicherungsvertreter
§ 92a Mindestarbeitsbedingungen
§ 92b Handelsvertreter im Nebenberuf
§ 92c Handelsvertreter außerhalb der EG; Schifffahrtsvertreter
Sachregister
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Vertriebsrecht: Kommentierung zu §§ 84 bis 92c HGB. Handelsvertreterrecht – Vertragshändlerrecht – Franchiserecht [2. neu bearb. Aufl.]
 9783899498028

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Raimond Emde Vertriebsrecht Kommentierung zu §§ 84 bis 92c HGB de Gruyter Kommentar

Raimond Emde

Vertriebsrecht Kommentierung zu §§ 84 bis 92c HGB Handelsvertreterrecht Vertragshändlerrecht Franchiserecht

2., neu bearbeitete und erweiterte Auflage von

Raimond Emde

De Gruyter

Dr. iur. Raimond Emde, Rechtsanwalt, Sozietät Graf von Westphalen, Hamburg

Zitiervorschlag: Emde Vertriebsrecht, 2. Auflage, § 84 Rn 8

ISBN 978-3-89949-801-1 e-ISBN 978-3-89949-802-8 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin / Boston Datenkonvertierung/Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ' Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Vorwort Die 2. Auflage des Werks Vertriebsrecht ist eine stark aktualisierte Fassung der ursprünglich für die 5. Auflage des Großkommentars von Staub, HGB, gefassten Kommentierung der §§ 84 bis 92c HGB. Damit steht die (aktualisierte) Kommentierung jener Vorschriften auch in dieser Auflage des Sonderbandes allen Lesern zur Verfügung, die nur an den §§ 84 bis 92c HGB und nicht an dem Gesamtwerk des Staub interessiert sind. Seit der 5. Auflage des Staubs bzw. der 1. Auflage des aus dem Staub ausgekoppelten Sonderbandes hat sich viel getan. Nicht nur gab es eine Fülle von neuen vertriebsrechtlichen Entscheidungen. Vielmehr änderte sich die wohl prozessträchtigste Vorschrift der §§ 84 bis 92c HGB markant, nämlich § 89b HGB mittels Novellierung des Jahres 2009. Deshalb wurde insbesondere die Kommentierung zu § 89b HGB entscheidend überarbeitet, auch in ihren Ausführungen zum Versicherungsvertrieb. Die neuen Gruppenfreistellungsverordnungen 330/10 und 461/10 haben weitere erhebliche Änderungen der Kommentierung zu „Vor § 84“ gebracht, ebenso wie die Rom I-VO in der Kommentierung des § 92c HGB. Dadurch hat das Werk rund 350 Seiten an Umfang gewonnen. Wie im Vorwort der letzten Auflage danke ich meiner Freundin Friederike SchmidtBogatzky sowie meinen Söhnen Richard und Benedikt Emde dafür, dass sie die erhebliche Arbeitsbelastung durch die Aktualisierung erneut über Jahre hingenommen haben. Auch diesmal bitte ich Leser um Anregungen und Ergänzungsvorschläge sowie um die Zusendung von Publikationen, die außerhalb der üblicherweise zugänglichen Zeitschriften, Standardwerken und Kommentaren liegen. Dies gilt auch für themenbezogene Dissertationen, die ich nach Zusendung gern in einer Neuauflage berücksichtige. Meine E-Mail-Adresse lautet: [email protected]. Hamburg, im Juni 2011

Dr. Raimond Emde

V

Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . .

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Seite 1 323 400 412 522 613 633 713 770 791 893

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902 912 965 1044 1450 1465 1508 1516 1536 1594 1611 1630

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1691

Vorbemerkungen vor § 84 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 84 Begriff des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . . . § 85 Vertragsurkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 86 Pflichten des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . § 86a Pflichten des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . § 86b Delkredereprovision . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 87 Provisionspflichtige Geschäfte . . . . . . . . . . . . . § 87a Entstehen und Fälligkeit der Provision . . . . . . . . . § 87b Höhe der Provision . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 87c Abrechnung der Provision . . . . . . . . . . . . . . . § 87d Aufwendungsersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 88 (weggefallen) § 88a Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters . . . . . § 89 Kündigung des Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . § 89a Fristlose Kündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 89b Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 90 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse . . . . . . . . . . § 90a Wettbewerbsabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 91 Vollmacht des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . § 91a Mangel der Vertretungsmacht . . . . . . . . . . . . . § 92 Versicherungsvertreter . . . . . . . . . . . . . . . . . § 92a Mindestarbeitsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . § 92b Handelsvertreter im Nebenberuf . . . . . . . . . . . . § 92c Handelsvertreter außerhalb der EG; Schifffahrtsvertreter Sachregister

VII

Abkürzungsverzeichnis aA aaO abl. ablehn. Abs. Abschn. AcP ADAC ADHGB aE AG AGB AGG AiB AktG aM amtl. Begr. Anh. Anl. Anm. AO

AöR AP ApothekenBetrO ApothekenG ArbG ArbGG AR-Blattei ArbR ArbstättVO ArbZG ArchBürgR Art. AÜG Aufl. AWD AZR

anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnend ablehnend Absatz Abschnitt Archiv für civilistische Praxis Allgemeiner Deutscher Automobil-Club Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch v. 1861 am Ende Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Arbeitsrecht im Betrieb Aktiengesetz andere(r) Meinung Amtliche Begründung Anhang Anleitung Anmerkung(en) 1. Amtsordnung (Schleswig Holstein) 2. Abgabenordnung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis Apothekenbetriebsordnung Apothekengesetz Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrecht-Blattei Arbeitsrecht Arbeitsstättenverordnung Arbeitszeitgesetz Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auflage Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesetz über das Ausländerzentralregister

Baden-Württ. BaWüNotZ BayObLG BayZ BAG BAO BÄO BB

Baden-Württemberg Baden-Württembergische Notarzeitung Bayerisches Oberlandesgericht Bayerische Zeitung Bundesarbeitsgericht Bundesabgabenordnung Bundesärzteordnung Der Betriebs-Berater

IX

Abkürzungsverzeichnis BBiG Bd. Bek. v. Begr Beschl. BetrAVG BetrVG BfA BFH BFHE BGB BGBl. BGH BGHR BGHZ BKartA Bl. BörsG BPatG BPatGE BRAGO BRAK-Mitt BT BUrlG BVerfG BVerfGE BVK bzw. CDH cic CISG PucheltsZ DAR ders. DB DIHT DJT DNotZ DR DStR DV

E EBE/BGH EFG EFZG EG

X

Berufsbildungsgesetz Band Bekanntmachung vom Begründung Beschluss Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) Betriebsverfassungsgesetz Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofes Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeskartellamt Blatt Börsengesetz Bundespatentgericht Entscheidungen des Bundespatentgerichts Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Bundestag Bundesurlaubsgesetz vom 8.1.1963 Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bayerische Versicherungskammer beziehungsweise Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb e.V. culpa in contrahendo United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, UN-Kaufrecht Zeitschrift für französisches Zivilrecht Deutsches Autorecht derselbe Der Betrieb Deutscher Industrie- und Handelstag Deutscher Juristentag Deutsche Notarzeitung Deutsches Recht 1. Deutsche Steuerrundschau 2. Deutsches Strafecht 1. Durchführungsverordnung 2. Deutsche Verwaltung Entscheidung Eildienst Bundesgerichtliche Entscheidungen Entscheidungen der Finanzgerichte Entgeltfortzahlungsgesetz Europäische Gemeinschaft

Abkürzungsverzeichnis EGBGB EGVVG EHUG

EzA

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister Einleitung Entscheidung Einkommenssteuergesetz Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Europäisches Gericht Erster Instanz Verfahrensverordnung des Europäischen Gerichts Erster Instanz vom 1.3.2002 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, vom 27.9.1968, seit dem 1.3.2002 weitgehend durch die EuGVVO European Law Forum Europäische Zeitung für Wirtschaftsrecht Euro- Einführungsgesetz Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht 1. Europäisches Währungssystem 2. Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Eigentumsvorbehalt Einführungsverordnung Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

f FAZ FeiertagslohnzahlungsG ff FG Fn FS

folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung Feiertagslohnzahlungsgesetz fortfolgende Finanzgericht Fußnote Festschrift

GbR GewO GG ggf. GK GmbH GmbHG GmbHR GenG GewO GOÄ GOZ GRUR GRUR-RR GSG GVO GWB

Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Großkommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend der Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Gebührenordnung für Ärzte Gebührenordnung für Zahnärzte Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht/Rechtsprechungsreport Gerätesicherheitsgesetz Gerichtsvollzieherordnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

hA

herrschende Ansicht

Einl. Entsch. EStG EU EuGH EuGHE EuG EuGVVO EuGVÜ

EuLF EuZW EuroEG EWiR EWS EV

XI

Abkürzungsverzeichnis HAG HansGZ HandelsR Hdb. HGB HK h.L. hM HOAI HRefG HRegGebV

HRR Hrsg. Hs./Hs HSG HV HVR HVuHM HWK ICC

Heimarbeitsgesetz Hessisches Ausführungsgesetz Hanseatische Gerichtszeitschrift Handelsrecht Handbuch Handelsgesetzbuch Handelskammer herrschende Lehre herrschende Meinung Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der Bekanntmachung vom 4.3.1991 Handelsrechtsreformgesetz vom 22.6.1998 Verordnung über Gebühren in Handels, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen (Handelsregistergebührenverordnung) Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber Halbsatz Hochschulgesetz Handelsvertreter Rechtsprechungssammlung zum Handelsvertretervertriebsrecht Der Handelsvertreter und Handelsmarker Handwerkskammer

i.S.d. i.V.m. IZPR

Intergovernmental Copyright Committee, International Chamber of Commerce in der Regel im Ergebnis Internationales Handelsrecht insbesondere Industrie- und Handelskammer Insolvenzordnung vom 5.10.1994 Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die Deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts im Sinne des in Verbindung mit Das Internationale Zivilprozess

JA JMBl. JR JRPV JURA JuS JW JZ

Juristische Arbeitsblätter Justizministerialblatt Juristische Rundschau Juristische Rundschau für Privatversicherung Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

Kart KFR Kfz KG

Kartell Kommentierte Finanzrechtsprechung Kraftfahrzeug 1. Kammergericht 2. Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Kosten-, Stempel- und Strafsachen

i.d.R. i. E. IHR insbes. Ind.- u. Handelsk. InsO IPRax IPRsp.

KGaA KGJ

XII

Abkürzungsverzeichnis KO KOM Königl. KostG krit. KSchG KTS KWG

LAG LG lit. LM LS

1. Kassenordnung 2. Konkursordnung Kommissionsdokumente Königlich Kostengesetz kritisch Kündigungsschutzgesetz in der Bekanntmachung vom 25.8.1969 Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen Kommunalwahlgesetz Kreditwesengesetz

LVA LZ

Landesarbeitsgericht Landgericht litera Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes, hrsg. v. Lindemaier Landessatzung Leitsatz Landesversicherungsanstalt Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht

m. m. Bespr. mglw. MitbestG MittRhNotK MittBayNot mN MuW mwN

mit mit Besprechung möglicherweise Mitbestimmungsgesetz vom 4.5.1976 Mitteilungen Rheinische Notar-Kammer Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins mit Nachweisen Markenschutz und Wettbewerb mit weiteren Nachweisen

NdsRpfl. n.F. NJOZ NJW NJW-RR NotBZ Nr. NRW NZA NZA-RR

Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift, Rechtssprechungsreport Zeitschrift für die notarielle Beurkundungspraxis Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht, Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

NZG NZM österr. (ö)OGH OGHZ OHG OLG OLGR OWiG

Österreichisches Oberster Gerichtshof (Österreich) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone in Zivilsachen Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Report: Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte Ordnungswidrigkeitengesetz

ParGG PflegeVG

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Pflege-Versicherungsgesetz

XIII

Abkürzungsverzeichnis ppa. ProdHaftG

per procura (in Vollmacht) Produkthaftungsgesetz

RabelsZ RAG RAG ARS

RKS RL Rpfleger Rn ROHG ROHGE Rs. RuS Rz

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Reichsarbeitsgericht, Arbeitsrechts-Sammlung (Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und des Reichsehrengerichts, der Landesarbeitsgerichte, Arbeitsgerichte und Ehrengerichte, 1928 ff.) Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit Randnummer Rundschau Das Recht der Wirtschaft Regierungsentwurf Reichgericht Reichsgesetz Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, zusammengestellt im Reichsjustizamt Rechtsprechung kaufmännischer Schiedsgerichte Richtlinie Rechtspfleger Randnummer Reichsoberhandelsgericht Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Rechtssache Recht und Schaden Randziffer

s. S. s.a. SAE Sächs. ScheckG Sg SGB Slg. sog. st. std. Rspr. StGB s.u.

siehe Seite siehe auch Sammlung arbeitsgerichtlicher Entscheidungen Sächsisch Scheckgesetz vom 14.8.1933 Sozialgericht Sozialgesetzbuch Sammlung sogenannte ständige ständige Rechtsprechung Strafgesetzbuch siehe unten

TB-Merkmale TranspR TVG Tz TzBfG

Tatbestandsmerkmale Transportrecht Tarifvertragsgesetz Teilziffer Teilzeit- und Befristungsgesetz

u.a. u.ä. UmwG

unter anderem und ähnliches Umwandlungsgesetz

RBerG RdA Rdn Rdsch. RdW RegE RG RGSt RGZ RIW RJA

XIV

Abkürzungsverzeichnis Urt. u. U.

Urteil unter Umständen

v. VAG

von/vom Versicherungsaufsichtsgesetz in der Bekanntmachung vom 17.12.1992 Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Versicherungsvermittlung Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen Vertriebsrecht Bundesverband der Geschäftsstellenleiter und Assekuranz Vergleiche von Hundert Vorauflage Verkehrsrechts-Sammlung Gesetz über den Versicherungsvertrag Versicherungswirtschaft

VerBAV VersVerm Vertikal-GVO VertriebsR VGA Vgl. v.H. Voraufl. VRS VVG VW WarnRprs

WechselG WG

WM

WRP WuW WuW-E WVK Z z.B. ZBH ZBR ZEuP ZfA ZfLR ZfV ZGR ZHR ZPO ZR ZS ZSR z.T. zust. zutr.

1. Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des RG abgedruckt ist, hrsg. v. Warnmeyer 2. Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des Reichsgerichts hrsg. von Buchwald (Begründet von Warnmeyer) Wechselgesetz 1. Wassergesetz 2. Wechselgesetz 3. Wohnwirtschaftliche Gesetzgebung 1. Wertpapier Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 2. Wohnwirtschaft und Mietrecht Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungen zum Kartellrecht Wiener Vertragsrechtskonvention (in Zusammenhängen) Zeitschrift, Zeitung, Zentralblatt zum Beispiel Zentralblatt für Handelsrecht Zeitschrift für Beamtenrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für Verwaltung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Zivilprozessordnung Zivilrecht Zivilsenat 1. Zeitschrift für Schweizerisches Recht 2. Zeitschrift für Sozialrecht zum Teil zustimmend zutreffend

XV

Abkürzungsverzeichnis ZVersWiss ZVglRWi(ss) zwh.

XVI

Zeitschrift für Versicherungswissenschaft Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft zweifelhaft

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Soweit andere als im nachfolgenden Verzeichnis angegebene Auflagen zitiert werden, sind diese mit einer hochgestellten Ziffer gekennzeichnet. AnwK-ArbR/Bearbeiter APS/Bearbeiter ArbR/Bearbeiter AR-Blattei SD

AR-Blattei ES

Assmann/Schütze/Bearbeiter

Bauer/Diller Wettbewerbsverbote Baumbach/Hefermehl/Casper WechselG u. ScheckG Baumbach/Hueck/Bearbeiter GmbHG Baumbach/Hopt Baumbach/Bearbeiter ZPO BeckRS Blomeyer/Otto

Bohnert OWiG Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Bearbeiter KWG Braun, InsO

Bruck/Möller

v. Brunn Händlerverträge Bürgers/Körber/Bearbeiter AktG

Canaris Handelsrecht

Hümmerich/Boecken/Düwell (Hrsg.), AnwaltKommentar Arbeitsrecht, 2 Bände, Bonn, 2. Aufl. 2010 Ascheid/Preis/Schmidt (Hrsg.), Großkommentar zum Kündigungsrecht, München, 3. Aufl. 2007 Goebel, Frank-Michael, PraxisAusbildung Arbeitsrecht, Bonn, 1. Aufl. 2005 Oehmann/Dieterich (Hrsg.), Arbeitsrecht-Blattei Systematische Darstellungen, Heidelberg, 71. Aufl. 2007 (Loseblatt) zitiert: Bearbeiter AR-Blattei SD v. Dieterich/Neef/Schwab (Hrsg.), Arbeitsrecht-Blattei Entscheidungssammlung, Heidelberg, 19. Aufl. 2006 zitiert: Bearbeiter AR-Blattei ES Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlegerechts, München, 3. Aufl. 2007 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, München, 5. Aufl. 2009 Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen: WG, ScheckG, Kartengestützte Zahlungen, München, 23. Aufl. 2008 Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, München, 19. Aufl. 2010 Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, München, 34. Aufl. 2010 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung: ZPO, München, 69. Aufl. 2011 Beck Rechtsprechung Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Alterversorgung, Kommentar, München, 5. Aufl. 2010 Bohnert, OWiG, Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, München, 3. Aufl. 2010 Boos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), Kreditwesengesetz: KWG, München, 3. Aufl. 2008 Braun (Hrsg.), Insolvenzordnung: InsO, München, 4. Aufl. 2010 zitiert: Bearbeiter in: Braun, InsO Baumann, Horst/Beckmann, Roland Michael/Johannsen, Katharina/Johannsen, Ralf (Hrsg.), Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, Berlin, 9. Aufl. 2008 ff Brunn, Johann Heinrich von, Die Händlerverträge der Kraftfahrzeug-Wirtschaft, Frankfurt am Main 1949 Bürgers/Körber (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, Heidelberg, 2008 Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, München, 24. Aufl. 2006

XVII

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Canaris Vertrauenshaftung Claussen/Bearbeiter Däubler/Bearbeiter TVG Detzer/Ullrich Detzer/Ullrich DKK/Bearbeiter BetrVG

DLW/Bearbeiter Düringer/Hachenburg

Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/ Bearbeiter

Eberstein Ehrenbergs Hdb Ensthaler

ErfK/Bearbeiter Erman/Bearbeiter

FK-InsO/Bearbeiter Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht/Bearbeiter Gagel/Bearbeiter SGB III Geimer/Schütze Genzow Germelmann/Bearbeiter ArbGG Giesler/Nauschütt/Bearbeiter GK-BetrVG

XVIII

Canaris, Claus-Wilhelm, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, München 1971 Claussen, Bank- und Börsenrecht, 4. Aufl. 2008 Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz mit Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Kommentar, Baden-Baden, 2. Aufl. 2006 Detzer/Ullrich, Verträge mit ausländischen Handelsvertretern, 5. Aufl. 2011 Detzer/Ullrich, Verträge mit ausländischen Vertragshändlern, 4. Aufl. 2010 Däubler/Kittner/Klebe (Hrsg.), Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung und EBR-Gesetz, Frankfurt am Main, 12. Aufl. 2010 Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Neuwied, 9. Aufl. 2011 Düringer, Adelbert/Hachenburg, Max, Das Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 (unter Ausschluss d. Seerechts) auf d. Grundlage d. Bürgerl. Gesetzbuchs, Mannheim 1935 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB, Band 1 §§ 1–342e, 2. Aufl., München 2008, Band 2 §§ 343–475h, München, 2. Aufl. 2009 zitiert: Ebenroth/Bearbeiter Eberstein, Hans Hermann, Der Handelsvertreter-Vertrag, Frankfurt am Main, 9. Aufl. 2008 Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, 5. Band, I. Abteilung, 1. Hälfte, 1. Lieferung, 1926 Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch: HGB, Neuwied, 7. Aufl. 2007 zitiert: Bearbeiter in: Ensthaler Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, München, 11. Aufl. 2011 Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, Köln, 12. Aufl. 2008 Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, München, 6. Aufl. 2011 Jaeger (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 74. Lieferung Juni 2011 (Loseblatt) Gagel u.a., Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung: SGB III, München, 40. Lieferung 11/2010 (Loseblatt) Geimer/Schütze (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht, Kommentar, München, 3. Aufl. 2010 Genzow, F. Christian, Der Vertragshändlervertrag, Köln 1996 Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz: ArbGG, Kommentar, München, 7. Aufl. 2009 Giesler/Nauschütt (Hrsg.), Franchiserecht, Handbuch, Neuwied, 2. Aufl. 2007 Wiese/Kreutz/Oetker/Raab/Weber/Franzen, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 2 Bände, Band 1: §§ 1–73b mit Wahlordnungen, Band 2: §§ 74–132, Neuwied, 9. Aufl. 2010 zitiert: Bearbeiter GK-BetrVG

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Großkommentar AktG/Bearbeiter Großkomm. HGB/Bearbeiter Habersack Hanau/Steinmeyer/Wank Handbuch des Außendienstrechts I

Handbuch des Außendienstrechts II

Heidel/Bearbeiter AktienR Hess/Weis/Wienberg InsO

HK-HGB

HSWG/Bearbeiter BetrVG

Hübbe/Bearbeiter

Hüffer AktG HWK/Bearbeiter

Hopt/Wiedemann (Hrsg.), Aktiengesetz Großkommentar, Berlin, 4. Aufl. 1992 ff Staub, Hermann, Handelsgesetzbuch: Großkommentar, Berlin, 5. Aufl. 2008 ff Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., 2006 Hanau/Steinmeyer/Wank, Handbuch des europäischen Arbeits- und Sozialrechts, München 2002 Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band I: Das Recht des Handelsvertreters. Ohne Ausgleichsrecht, Heidelberg, 3. Aufl. 2000 Küstner/Thume/Otto, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band II: Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters. Warenvertreter, Versicherungs- und Bausparkassenvertreter, Heidelberg, 8. Aufl. 2007 Heidel (Hrsg.), Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, Kommentar, Baden-Baden, 3. Aufl. 2011 Hess/Weis/Wienberg (Hrsg.), Insolvenzordnung, Heidelberg, 2. Aufl. 2001 zitiert: Bearbeiter in: Hess/Weis/Wienberg InsO Glanegger/Kirnberger/Kusterer u.a., Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Heidelberg, 7. Aufl. 2007 zitiert: Bearbeiter HK-HGB Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai (Hrsg.), Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Neuwied, 7. Aufl. 2008 Hübbe, John G. (Hrsg.), Vorschläge zur Neugestaltung des Handelsmaklerrechts, insbesondere des Rechts des Außenhandelsmaklers, Hamburg 1941 Hüffer, Aktiengesetz, München, 9. Aufl. 2010 Henssler/Willemsen/Kalb (Hrsg.), Arbeitsrecht Kommentar, Köln, 3. Aufl. 2008

Immenga/Mestmäcker/Bearbeiter

Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Band 2: GWB, Kommentar zum Deutschen Kartellrecht, München, 4. Aufl. 2007

Kallmeyer/Bearbeiter Knieper/Jahrmarkt

Kallmeyer, Umwandlungsgesetz, Köln, 4. Aufl. 2009 Knieper, Rolf/Jahrmarkt, Manfred, Zweigniederlassung, Zweigbüro, Filiale, Nebenbetrieb: rechtliche Regelungen, steuerliche Besonderheiten, betriebswirtschaftliche Überlegungen, Berlin 1972 Köhler, Helmut, BGB Allgemeiner Teil, München, 34. Aufl. 2010 Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, München, 29. Aufl. 2011 Koller/Roth/Morck, Handelsgesetzbuch: HGB, München, 7. Aufl. 2011 Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Köln, 2. Aufl. 1988 ff (herausgegeben von Zöllner); 3. Aufl. 2004 ff (herausgegeben von Zöllner/Noack) Senge (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten: OWiG, München, 3. Aufl. 2006 Etzel/Bader/Fischermeier, u.a., Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzrecht und zu sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften, Neuwied, 9. Aufl. 2009

Köhler BGB, Allgemeiner Teil Köhler/Bearbeiter UWG Koller/Roth/Morck/Bearbeiter KölnKomm-AktG/Bearbeiter

KK-OWiG/Bearbeiter KR/Bearbeiter

XIX

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Küstner/Thume Küstner/Thume Außendienstrecht

Küstner/Thume I

Küstner/Thume II

Langen/Bunte/Bearbeiter Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/ Bearbeiter Löwisch/Rieble TVG Lutter/Bearbeiter UmwG Lutter/Hommelhoff GmbHG Martinek Franchising Martinek/Bearbeiter Maus/Bearbeiter HAG Michalski Michalski/Bearbeiter GmbHG

MünchArbR/Bearbeiter Bd. I

MünchArbR/Bearbeiter Bd. II

MünchGesR/Bearbeiter Bd. I

MünchGesR/Bearbeiter Bd. II MünchKommAktG2/3/Bearbeiter MünchKommBGB/Bearbeiter MünchKommHGB/Bearbeiter MünchKomm-InsO/Bearbeiter MünchKommZPO/Bearbeiter

XX

Küstner/Thume, Handelsvertreterverträge, Frankfurt am Main, 2. Aufl. 2011 Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 3: Vertriebsrecht. Reisende, Vertragshändler, Kommissionsagenten, Versicherungsmakler, Franchising und Direktvertrieb, Heidelberg, 2. Aufl. 1998 Küstner, Thume (Hrsg.), Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1: Das Recht des Handelsvertreters. Ohne Ausgleichsrecht, Heidelberg, 3. Aufl. 2000 Küstner, Thume (Hrsg.), Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2: Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters. Warenvertreter, Versicherungs- und Bausparkassenvertreter, Heidelberg, 8. Aufl. 2008 Langen/Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, München, 2 Bände, 11. Aufl. 2010 Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, 2 Bände, München, 1. Aufl. 2005 f. Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, Kommentar, München, 2. Aufl. 2004 Lutter/Winter (Hrsg.), Umwandlungsgesetz, 2 Bände, Köln, 4. Aufl. 2009 Lutter/Hommelhoff u.a., GmbH-Gesetz, Köln, 17. Aufl. 2009 Martinek, Michael, Franchising, Heidelberg 1987 Martinek, Michael (Hrsg.), Handbuch des Vertriebsrechts, München, 3. Aufl. 2010 Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, Kommentar, München, 4. Aufl. 1998 Michalski, OHG-Recht, Kommentar, 2000 Michalski (Hrsg.), Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), 2 Bände, München, 2. Aufl. 2010 Richardi/Wlotzke (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 1: Individualarbeitsrecht, München, 3. Aufl. 2009 Richardi/Wlotzke (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2: Kollektivarbeitsrecht/Sonderformen, München, 3. Aufl. 2009 Gummert/Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1: BGB-Gesellschaft, OHG, Partnerschaftsgesellschaft, Partenreederei, EWIV, 3. Aufl. 2009 Gummert/Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band II: KG, GmbH & Co. KG, Publikums-KG, Stille Gesellschaft, 3. Aufl. 2009 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., München 2008 ff Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, München, 5. Aufl. 2005 ff Schmidt, Karsten (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch: HGB, München, 2. Aufl. 2005 ff Kirchhof/Lwowski/Stürner (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3 Bände, München, 2. Aufl. 2007 f Rauscher/Wax/Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4 Bände, München, 3. Aufl. 2007 ff

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Musielak/Bearbeiter

Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung: ZPO, München, 8. Aufl. 2011

Nagel/Gottwald IZPR

Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Handbuch, Köln, 6. Aufl. 2007

Palandt/Bearbeiter

Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, München, 70. Aufl. 2011 Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, Handbuch der Vertragspraxis und -gestaltung, Köln, 3. Aufl. 2008 Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz: VAG, München, 2005 Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz: VVG, München, 28. Aufl. 2010 Prütting/Wegen/Weinrich (Hrsg.), BGB Kommentar, Köln, 6. Aufl. 2011

Preis/Bearbeiter Arbeitsvertrag Prölss/Bearbeiter VAG Prölss/Martin/Bearbeiter VVG PWW/Bearbeiter

Reithmann/Martiny/Bearbeiter

Reithmann/Martiny (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht, Köln, 7. Aufl. 2010 Röhricht/Graf v. Westphalen/Bearbeiter Röhricht/Westphalen (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB, Kommentar zu Handelsstand, Handelsgesellschaften, Handelsgeschäften und besonderen Handelsverträgen (ohne Bilanz-, Transport- und Seerecht), Köln 3. Aufl. 2008 Roth/Altmeppen GmbHG Roth/Altmeppen, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, Kommentar, München, 6. Aufl. 2009 Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Rowedder/Schmidt-Leithoff (Hrsg.), Gesetz betreffend die Bearbeiter GmbHG Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, München, 4. Aufl. 2002 Schaub/Bearbeiter ArbR-Hdb Schleusener/Suckow/Voigt/Bearbeiter Schleßmann K. Schmidt Gesellschaftsrecht K. Schmidt Handelsrecht Scholz/Bearbeiter GmbHG Schönke/Schröder/Bearbeiter StGB Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau Schüren/Bearbeiter AÜG3 (bzw. SchürenAÜG, wenn Schüren selbst Bearbeiter) Schwark/Bearbeiter Soergel/Bearbeiter

Spindler/Stilz/Bearbeiter AktG Staub/Bearbeiter

Schaub u.a., Arbeitsrechts-Handbuch, München, 13. Aufl. 2009 Schleusener/Suckow/Voigt (Hrsg.), Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, München, 3. Aufl. 2010 Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, Frankfurt am Main, 19. Aufl. 2010 Schmidt, Karsten, Gesellschaftsrecht, Köln, 4. Aufl. 2002 Schmidt, Karsten, Handelsrecht, Köln, 5. Aufl. 1999 Scholz (Hrsg.), Kommentar zum GmbHG, 3 Bände, Köln, Band 1 und 2: 10. Aufl. 2006/2007; Band 3: 10. Aufl. 2008 Schönke/Schröder (Hrsg.), Strafgesetzbuch: StGB, Kommentar, München, 28. Aufl. 2010 Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Der Vertragshändlervertrag, Frankfurt am Main, 4. Aufl. 2008 Zitiert: Bearbeiter in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau Schüren (Hrsg.), Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: AÜG, Kommentar, München, 4. Aufl. 2010 Schwark, Eberhard (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, München, 4. Aufl. 2010 Soergel/Siebert (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 8 Bände, Stuttgart, 13. Aufl. 2001 ff. Spindler/Stilz (Hrsg.), Aktiengesetz, Kommentar, 2 Bände, München, 2. Aufl. 2010 s. GroßkommHGB

XXI

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Staudinger/Bearbeiter

Staudinger/Bearbeiter (Erscheinungsjahr) Straatmann/Timmermann Straatmann/Ulmer Straube/Bearbeiter Stumpf/Jaletzke/Schultze/Bearbeiter

Thomas/Putzo/Bearbeiter Trinkhaus

Tschöpe/Bearbeiter Arbeitsrecht

Uhlenbruck/Bearbeiter Ulmer/Schäfer

Ulmer/Habersack/Winter/ Bearbeiter GmbHG Ulmer/Brandner/Hensen/ Bearbeiter AGB-Recht Westphal Vertriebsrecht I Westphal Vertriebsrecht II Westermann/Bearbeiter Wiedemann/Bearbeiter TVG Wolf/Lindacher/Pfeiffer

Zöllner/Loritz/Hergenröder Arbeitsrecht Zöllner Wertpapierrecht Zöller/Bearbeiter ZPO

XXII

J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung, Berlin 1993 ff J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, (Erscheinungsjahr des Bandes) Straatmann/Timmermann, Rechtsprechung kaufmännischer Schiedsgerichte (RKS), 1984 ff Straatmann/Ulmer, Handelsrechtliche Schiedsgerichts-Praxis (HSG), 1975 ff Straube, Kommentar zum HGB, Band 1: 3. Aufl. 2003, Band 2: 3. Aufl. 2003 ff Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, Heidelberg, 3. Aufl. 1997 Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung: ZPO, München, 32. Aufl. 2011 Trinkhaus, Hans, Handbuch der Versicherungsvermittlung, Bd. 1., Provision und Abfindung der Versicherungsvermittler, Berlin 1955 Tschöpe (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Köln, 7. Aufl. 2011 Uhlenbruck (Hrsg.), Insolvenzordnung: InsO, Kommentar, München, 12. Aufl. 2003 Ulmer/Schäfer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft: GbR PartG, München, 5. Aufl. 2009 Ulmer/Habersack/Winter (Hrsg.), GmbH-Gesetz, Kommentar, 3 Bände, Tübingen, 2005–2008; Ergänzungsband zum MoMiG, 2010 Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht Kommentar, Köln, 11. Aufl. 2011 Westphal, Bernd, Vertriebsrecht, Band I: Handelsvertreter, Düsseldorf, 1. Aufl. 1998 Westphal, Bernd, Vertriebsrecht, Band II: Vertragshändler, Düsseldorf, 1. Aufl. 2000 Westermann/Wertenbruch (Hrsg.), Handbuch der Personengesellschaften, Loseblatt, Stand: Mai 2010 Wiedemann (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, Kommentar, München, 7. Aufl. 2007 Wolf/Lindacher/Pfeiffer (Hrsg.), AGB-Recht, Kommentar, München, 5. Aufl. 2009 Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, München, 6. Aufl. 2008 Zöllner, Wolfgang, Wertpapierrecht, München, 14. Aufl. 1987 Zöller, Richard, Zivilprozessordnung: ZPO, Kommentar, Köln, 28. Aufl. 2010

SIEBENTER ABSCHNITT Handelsvertreter Vorbemerkungen vor § 84 Schrifttum Dasjenige aus der Zeit vor der Novelle von 1953 ist größtenteils überholt; im Einzelnen siehe die Nachweisungen in Staub/Brüggemann 3. Aufl. Grundlegend aber immer noch: Schmidt-Rimpler Das Recht des Handlungsagenten in Ehrenbergs Handbuch V, 1. Danach (neben den zitierten Kommentaren): Detzer/Ullrich Gestaltung von Verträgen mit ausländischen Handelsvertretern und Vertragshändlern, 2000; Eberstein, Hans Herman Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl. 2008 (teilweise auch 8. Aufl. 1999); Ensthaler/Funk/Stopper Handbuch des Automobilvertriebsrechts, 2003; Emde, Raimond Die Handelsvertreter-GmbH, 1994; Genzow, F. Christian Vertragshändlervertrag, 1996; Giesler, Jan Patrick (Hrsg.) Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005; Graf von Westphalen Handbuch des Handelsvertreterrechts in EU-Staaten und der Schweiz, 1995; Henschel/Beine/Buchwald Handbuch zum Recht des Handelsvertreters 1954; Hirsch Der gesetzlich fixierte „Typ“ als Gefahrenquelle der Rechtsanwendung, erläutert am Beispiel des „Handelsvertreters“ Festschrift Tiburtius (1964) 383; Hopt Handelsvertreterrecht, 4. Aufl. 2009; Josten/Lohmüller/Beuster Handelsvertretergesetz, Kommentar 2. Aufl. 1970; Küstner/Thume Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 3. Aufl. 2000; Küstner/Thume Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2, 8. Aufl. 2008; Martinek/Semler/Habermeier/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. 2010; Metzlaff, Karsten (Hrsg.) Praxishandbuch Franchising, 2003; Niebling, Jürgen Vertragshändlerrecht, 2. Aufl. 2003; Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau Der Vertragshändlervertrag, 4. Aufl. 2008 (teilweise auch 3. Aufl 1997, zit. als Stumpf/Jaletzke/Schultze); Westphal, Bernd Vertriebsrecht, Band 1 Handelsvertreter, 1998; Westphal, Bernd Vertriebsrecht, Band 2 Vertragshändler, 2000. Literatur- und Rechtsprechungsübersichten: Emde Rechtsprechungs- und Literaturübersicht zum Vertriebsrecht des Jahres 2008, BB 2009, 2714 (mit Hinweis auf die Vorjahresübersichten); Emde Rechtsprechungsreport zum Vertriebsrecht BB 2010, 2315, 2447; Hübsch/Hübsch Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Handelsvertreterrecht WM-Sonderbeil. 1/2011; Kindler/ Menges Die Entwicklung des Handelsvertreter- und Vertragshändlerrechts seit 2005, DB 2010, 1109.

Übersicht Rn A. Der Befund

. . . . . . . . . . . . . .

1–8

B. Die Genese des Handelsvertreterrechts I. Gesetzgebungsgeschichte bis zur Handelsvertreter-Richtlinie 1986 (RL) II. Die HV-Richtlinie 1986 und ihre Folgen . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übernahme in deutsches Recht . 2. Zweck der RL . . . . . . . . . 3. Anwendungsbereich der RL . . 4. Diskrepanzen zwischen RL und deutschem Recht . . . . . . .

9–23 9–12 13–23 13–14 15 16 17

Raimond Emde

Rn 5. RL-konforme Auslegung . . 6. Handelsvertreterfreundlichste Auslegung . . . . . . . . . . 7. Analoge Anwendung der RLkonform umgesetzten Vorschriften? . . . . . . . . . . 8. Regelt die RL Beweislastfragen? . . . . . . . . . . . 9. Grundsatz effektiver Durchsetzung zwingenden Rechts . 10. Anwendung auf nicht von der RL erfasste Mittler . . . . .

.

18

.

19

.

20

.

21

.

22

.

23

1

Vor § 84

1. Buch. Handelsstand Rn

Rn

. . . . . . .

24

D. Innere Ordnung des HV-Rechts . . . .

25

aa) Grundlagen . . . . . 99 100 bb) Wettbewerbsverhältnis cc) Spürbarkeit der Wettbewerbsklausel . . . . 101 dd) Zwischenstaatlichkeitsklausel . . . . . . . . 102–104 ee) Art. 101 Abs. 3 AEUV 105–114 (1) Einleitung . . . . . . 105–109 (2) Fallgruppen . . . . . 110 (a) Verbesserung der Warenerzeugung . . . 110 (b) Verbesserung der Warenverteilung . . . 111 (c) Förderung des technischen Fortschritts . 112 (d) Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts . . . . . . . . 113 (e) Gewinnbeteiligung der Verbraucher . . . . . 114 ff) Prüfungsreihenfolge . 115–118 gg) Umfang der Nichtigkeit . . . . . . . . . 119 d) Selektive Vertriebssysteme und Art. 101 AEUV . . . . 120–125 aa) Qualitative selektive Vertriebssysteme . . . 120–124 (1) Überblick . . . . . . 120 (2) Zulässigkeit des selektiven Vertriebs . . . . 121 (3) Beispiele zulässiger und unzulässiger Selektionsmerkmale . . . . . . 122 (4) Internetvertrieb im selektiven Vertriebssystem . . . . . . . . 123 (5) Zulassungsanspruch . 124 bb) Quantitative selektive Vertriebssysteme . . . 125 e) Freistellung nach den kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen . . . . . . . . . . 126–255 aa) Die GVO 330/2010 . 126–167 (1) Erwägungsgründe zur GVO . . . . . . . . 133–134 (2) Art. 1 GVO . . . . . 135–136 (3) Art. 2 GVO . . . . . 137–142 (4) Art. 3 GVO . . . . . 143 (5) Art. 4 GVO . . . . . 144–156 (6) Art. 5 GVO . . . . . 157–165 (7) Art. 6 GVO . . . . . 166 (8) Art. 7–10 GVO . . . 167 bb) Alt-Kfz-GVO 1400/02 168–201 (1) Historie der Kfz-GVOs . . . . . . 169 (2) Einleitung . . . . . . 170–177 (3) Art. 1 Kfz-GVO . . . 178 (4) Art. 2 Kfz-GVO . . . 179 (5) Art. 3 Kfz-GVO . . . 180–189 (6) Art. 4 Kfz-GVO . . . 190–191

C. Grundgesetzlicher Schutz

E. Das auf Handelsvertreter anwendbare Recht . . . . . . . . . . . . . . . . I. HGB . . . . . . . . . . . . . II. Handelsbräuche . . . . . . . . III. BGB . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeiner Teil des BGB . 2. Allgemeines Schuldrecht . . 3. Wegfall der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . 4. Gegenseitiger Vertrag . . . 5. §§ 305 ff BGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . a) Unwirksame Klauseln . . b) Wirksame Klauseln . . . 6. §§ 478, 479 BGB . . . . . 7. §§ 611 ff, 675 ff . . . . . . 8. § 611 BGB . . . . . . . . . 9. § 611 a/b BGB . . . . . . . 10. § 612 BGB . . . . . . . . . 11. § 612a BGB . . . . . . . . 12. § 613 BGB . . . . . . . . . 13. § 613a BGB . . . . . . . . 14. § 614 BGB . . . . . . . . . 15. § 615 BGB . . . . . . . . . 16. § 616 BGB . . . . . . . . . 17. § 617 BGB . . . . . . . . . 18. § 618 BGB . . . . . . . . . 19. § 619a BGB . . . . . . . . 20. §§ 620–622 BGB . . . . . 21. § 623 BGB . . . . . . . . . 22. § 624 BGB . . . . . . . . . 23. § 625 BGB . . . . . . . . . 24. §§ 626, 627 BGB . . . . . 25. § 628 BGB . . . . . . . . . 26. § 629 BGB . . . . . . . . . 27. § 630 BGB . . . . . . . . . 28. § 675 BGB . . . . . . . . . 29. §§ 675, 663 BGB . . . . . 30. §§ 675, 665 BGB . . . . . 31. §§ 675, 666 BGB . . . . . 32. §§ 675, 667 BGB . . . . . 33. §§ 675, 668 BGB . . . . . 34. §§ 675, 669, 670 BGB . . . 35. §§ 675, 671 BGB . . . . . 36. §§ 675, 672, 673 BGB . . . 37. §§ 675, 674 BGB . . . . . 38. § 810 BGB . . . . . . . . . 39. § 855 BGB . . . . . . . . . IV. Kartellrecht . . . . . . . . . . 1. Europäisches Kartellrecht . a) Einleitung . . . . . . . . b) Häufige Formen wettbewerbsbeschränkender Abreden in Vertriebsverträgen . . . . . . . . c) Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden nach Art. 101 AEUV . .

2

. . . . . .

26–315 26 27 28–92 30 31–33

. .

34 35

. 36–43 . 42 . 43 . 44 . 45 . 46 . 47 . 48 . 49 . 50–61 . 62 . 63 . 64–67 . 68 . 69 . 70 . 71 . 72 . 73 . 74 . 75 . 76–77 . 78 . 79 . 80 . 81 . 82 . 83 . 84 . 85 . 86 . 87 . 88 . 89 . 90 . 91 . 92 . 93–303 . 93–255 . 95–97

.

98

.

99–119

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

(7) Art. 4 Abs. 1 Kfz-GVO (8) Art. 4 Abs. 2 Kfz-GVO (9) Art. 5 Kfz-GVO . . . (10) Art. 6–12 Kfz-GVO . cc) Die „neue“ Kfz-GVO 461/10 . . . . . . . . dd) HandelsvertreterKartellrecht . . . . . (1) Historie des Handelsvertreter-Kartellrechts (2) Die Leitlinien zur GVO 330/2010 . . . (a) Handelsvertreterverträge . . . . . . . (aa) TB-Voraussetzungen eines echten Handelsvertretervertrages im kartellrechtlichen Sinne („echter“ HV-Vertrag) . . . . . (bb) Rechtsfolgen „echter“ Handelsvertreterverträge . . . . . . . (b) Eigenhändlergleiche, „unechte“ Handelsvertreterverträge . . . (c) Zwischenergebnis . . (3) Unechte Vertragshändler oder Franchiseverträge? . . . . . . . 2. Deutsches Kartellrecht . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . b) Bagatellbekanntmachung . c) § 20 GWB . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . (1) Bedeutung des § 20 GWB . . . . . . (2) Kündigungsschutz? . (3) Beweislast . . . . . . (4) Unterschiedliche Behandlung . . . . . . . bb) Zu § 20 Abs. 1 GWB (1) Gleichartigen Unternehmern zugängiger Geschäftsverkehr . . (2) Maßgeblicher Markt . (3) Ermessen des Unternehmers bei der Gestaltung des Vertriebssystems . . . . . . . (4) Alleinbezugsverpflichtung . . . . . . . . . (5) Verkaufsanreize . . . cc) Zu § 20 Abs. 2 GWB dd) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot . ee) Kontrahierungs- und Belieferungsanspruch aus § 20 GWB . . . .

Vor § 84

Rn

Rn

192–193 194–195 196–199 200–201

(1) Einleitung . . . . . . 286–287 (2) Aufnahme als Vertragswerkstatt in das Werkstattnetz des Unternehmers . . . . . . . 288–294 (3) Belieferungspflicht bei kartellrechtswidriger Lieferverweigerung? . 295–303 (a) Zulässigkeit einer Belieferungsklage . . . . 295–296 (b) Belieferungsanspruch im Verhältnis zum Schadenersatz . . . . 297–301 (c) Belieferungspflicht bei quantitativen Vertriebsbindungssystem . . . 302 (d) Belieferungspflicht mit Ersatzteilen . . . . . 303 Wettbewerbsrecht . . . . . . . . 304–308 1. Fehlende Wettbewerbswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . 305 2. Wettbewerbswidriges Verhalten . . . . . . . . . . . . 306–307 3. Zurechnung . . . . . . . . . 308 Das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) . . . . . . . . . . . . . . 309–311 Versicherungsrechtliche Repräsentanteneigenschaft . . . . . . . . 312 Wehr- und Ersatzdienst . . . . . 313 Berufsverbote . . . . . . . . . . 314 Beweislast . . . . . . . . . . . 315

202–212 213–255 213–222 223–254 232–252

V. 232–248

249–252 VI. 253 254

255 256–303 256–259 260–261 262–303 262–275 262–266 267–271 272 273–275 276–281

276 277

278–279 280 281 282–284

285

286–303

VII. VIII. IX. X.

F. Zwingendes Recht . . . . . . . . . . . 316–318 G. Spannungsverhältnis zwischen gesetzlichem Leitbild und rechtstatsächlicher Erscheinungsform . . . . . . . . . . .

319

H. Andere Formen von Absatzmittlern . . 320–332 1. Handelsvertreterähnliche Mittler . . . . . . . . . . . 320 2. Handelsvertreterähnliche Stellung . . . . . . . . . . . 321–330 3. Vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes . . . . . . . . . . . 331 4. Beispiele . . . . . . . . . . . 332 I. Vertragshändler (Eigenhändler) . . . . I. Übereinstimmungen und Unterschiede in der Funktion . . . . . II. Vertragsschluss und anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . III. Die Entlohnung des Vertragshändlers . . . . . . . . . . . . . IV. Preisanpassung – Anpassung des Händlerrabattes . . . . . . . . . V. Rückgaberecht/Rücknahmepflicht für Vertragsware nach Vertragsende . . . . . . . . . . . . . . .

Raimond Emde

333–386 333–340 341–370 371 372–378

379–386

3

Vor § 84

1. Buch. Handelsstand Rn

Rn

J. Franchiserecht . . . . . . . . . . . I. Die unterschiedlichen Franchisesysteme . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung vom Unselbständigen . . . . . . . . . . . . III. Rechtsnatur . . . . . . . . . . . IV. Abgrenzung zu anderen vertriebsrechtlichen Verträgen . . . . . . V. Abschluss . . . . . . . . . . . . VI. Widerrufsrecht . . . . . . . . . VII. Anwendbare Vorschriften . . . . VIII. Leistungsinhalt . . . . . . . . . 1. Leistungspflichten des Franchisenehmers . . . . . . . . 2. Leistungspflicht des Franchisegebers . . . . . . . . . . . . IX. Gleichbehandlungsgebot . . . . X. Vertragliche Vereinbarung . . . . XI. Leistungsstörungen . . . . . . . XII. Nichtigkeit . . . . . . . . . . . XIII. Aufklärungspflichten und Täuschung . . . . . . . . . . . XIV. Teilhabe des Franchisenehmers an Einkaufsvorteilen des Franchisegebers . . . . . . . . . XV. Franchisenetzwerkhaftung . . . XVI. Vertragsende . . . . . . . . . . XVII. Steuerrecht . . . . . . . . . . .

387–426

V. Einheitserfüllungsort und -gerichtsstand außerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO? . . . . . 447–459 VI. Gerichtsstandsklauseln . . . . . 460–466 VII. Schiedsabreden . . . . . . . . . 467

389–390 391–392 393 394 395 396 397 398–400 398–399 400 401 402 403–405 406–408 409–416

417–423 424 425 426

K. Kommissionär und Kommissionsagent . . . . . . . . . . . . . . . . . 427–428 L. Handelsmakler

. . . . . . . . . . . .

M. Gerichtliche Zuständigkeit und Auslegungsfragen . . . . . . . . . . . . . I. Erfüllungs- und Leistungsort sowie Gerichtsstand des Erfüllungsortes II. Erfüllungsort für die Pflichten des Vertriebsmittlers . . . . . . . . . III. Erfüllungsort für die Pflichten des Unternehmers . . . . . . . . . . IV. Einheitserfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 lit b. EuGVVO . . . . . .

429

430–467 430–432 433–436 437 438–446

N. Allgemeines zum gerichtlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . I. Sachliche Zuständigkeit . . . . II. Schiedsfähigkeit . . . . . . . . III. Örtliche Zuständigkeit . . . . IV. Beweislast . . . . . . . . . . V. Eilverfahren . . . . . . . . . . VI. Revisionsgerichtliche Überprüfung . . . . . . . . . . . . VII. Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung . . . . . . . . VIII. Internationale Vertriebsrechtsstreitigkeiten . . . . . . . . . .

. 468–476 . 468 . 469 . 470 . 471 . 472 .

473

.

474

. 475–476

O. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . I. Wegfall des § 88 a.F./Geltung des BGB-Verjährungsrechts . . . . . II. Inhalt der gesetzlichen Regelung . III. Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . IV. Verjährung in Einzelfällen . . . . 1. Provisionen . . . . . . . . . 2. Informationsrechte (§ 87c) . 3. Ausgleichsanspruch . . . . . 4. Kenntnis oder Kennenmüssen . . . . . . . . . . . a) Kenntnis oder Kennenmüssen bei Provisionsansprüchen . . . . . . . . b) Kenntnis oder Kennenmüssen beim Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . 5. Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz/§ 242 BGB . . 6. Vereinbarungen über die Verjährungsfrist . . . . . . . . . P. Verwirkung

. . . . . . . . . . . . . .

477–490 477–478 479 480 481–490 481 482 483 484

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486 487 488–490 491

A. Der Befund 1

Die §§ 84 ff regeln seit Bestehen des heutigen HGB das Handelsvertreterrecht. Alle wesentlichen Rechte und Pflichten des HV sind hier niedergelegt. Schließen die Vertragspartner keinen abweichenden Vertrag wird durch die §§ 84 ff ein gesetzestypischer „Mustervertrag“ formuliert. Gleichwohl sind HV-Recht und das aus ihm entwickelte Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler wie das gesamte deutsche Recht Fallrecht. Die Mär kodifizierten Rechts stammt aus der Zeit der Begriffsjurisprudenz. Die §§ 84 ff bleiben ausfüllungsbedürftig. Paradigma sind die §§ 89a, 89b, bei denen unbestimmte Rechtsbegriffe der Präzisierung durch Richterrecht harren. Weder lassen sich § 89a wichtige Gründe zur Vertragskündigung entnehmen, noch regelt § 89b die Berechnungsgrund-

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

lagen des Ausgleichs in der erforderlichen Präzision. Vertriebsrecht ist zudem typisches Praktikerrecht, was zu einer gewissen Phantasielosigkeit der Rechtsauslegung geführt hat. Wenn mangelnde systematische Konsistenz gerügt wird, entgegnet die Richterschaft nicht immer ohne Grund, entschieden werde der Einzelfall unter Hervorhebung der Einzelfallgerechtigkeit. Interessenwahrungspflicht (§ 86 Abs. 1) und Billigkeit (§ 89b Abs. 1 Nr. 2) geben hier besondere weit geöffnete Einfallstore. Der HV-Vertrag gehört zur Gruppe der Vermittlerverträge, zu denen die gesetzlich 2 kodifizierten Typen des Makler- und des Handelsvertretervertrages zählen. Gesetzlich nicht normiert sind etwa Vertragshändler-, Franchise-, Kommissionsagenten- und Vertriebslizenzverträge, deren vertriebsrechtliche Bestimmungen dem analog angewandten Handelsvertreterrecht unterstehen. § 84 spricht allgemein von der Vermittlung oder dem Abschluss von „Geschäften“. 3 Im Wirtschaftsleben überwiegt die Vermittlung im Warengeschäft, weshalb auch das Recht des Warenvertreters – und nur dieses – durch die HV-Richtlinie 1986 (RL) geregelt wurde. Rechtstatsächlich bedeutsam sind jedoch auch HV als Vermittler anderer Wirtschaftsgüter, etwa von Versicherungen über Bausparverträge bis zu Patentlizenzen. Der HV ist der vorgeschobene Beobachtungsposten seines Auftraggebers. Seine Tätigkeit wird oft der von eigenen Mitarbeitern oder Niederlassungen des Unternehmers vorgezogen1: Für Unternehmer ist es günstiger und rationeller, sich der Dienste eines selbständigen Mittlers zu versichern2. Ihm schuldet der Unternehmer weder Urlaub oder Sozialabgaben, noch muss er die Kosten des Personals des Mittlers tragen. Der Mittler hat den Unternehmer über die Strömungen des Marktes, die Aufnahmefähigkeit desselben, das marktwirksame Auftreten neuer Technologien und die Reaktion der Kundschaft hierauf, die Liquidität der Kunden und ihre Wünsche informiert zu halten. Er ist Geschäftsmittler in einem erweitert zu denkenden Pflichtenkreis zur Förderung und Wahrung der Interessen dessen, für den er tätig wird und von dem er hierzu bestellt ist. Vor allem in der älteren Literatur wurde dem HGB-Gesetzgeber unterstellt, er habe 4 den HV als eine Art Handelsgehilfen3, nicht als selbständigen Kaufmann, skizziert 4. Von Brunn5 sah den Handelsvertreter der Novelle 1953 als eine Art Zwitter zwischen Unternehmer und Angestelltem6. Aber dieses Bild des Handelsvertreters entspricht nicht dem Gesetz. Denn das HGB 1897 sowie alle folgenden Novellierungen hatten die rechtliche Selbständigkeit des Handelsvertreters bewusst betont7 und dem Vertreter einen Raum eigenständiger Organisationsautonomie und unternehmerischer Verantwortlich1

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Zu den Varianten eines unternehmerischen Vertriebssystems Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff. Mankowski in: Hopt/Tzouganatos Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (132). AA mit klarer Darstellung des Problemkreises Michalski S. 282 ff; vgl. zum Parallelproblem beim Prokuristen Heymann/Sonnenschein § 48 Rn 13. Tendenziell oder ausdrücklich Antrag zu § 89 des Entwurfes, in: Bericht der XVIII. Kommission über den Entwurf eines H.G.B., S. 50; Schubert/Schmiedel/Krampe II/2, S. 1296; Düringer/Hachenburg 1. Aufl., § 84 Anm. I 1 (zum 1. Entwurf); Gutachten der Handels-

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kammern zu Hamburg, Bremen und Lübeck, S. 15 (zum 2. Entwurf); v. Gierke, ZHR 117 (1955), 138 (141 f); Rodig BB 1952, 893, überzeugend dagegen Engel BB 1953, 47. S. 5. Vgl. auch Rittner WuW 1993, 592 (605): „Rechtstatsächlich zwischen Arbeitnehmern und Vertragshändlern“. Denkschrift zur Reichstagsvorlage eines HGB, S. 67, 72 f; Schubert/Schmiedel/Krampe II/2, S. 1005, 1009 f; Bericht der XVIII. Kommission über den Entwurf eines H.G.B., S. 49 f; Schubert/Schmiedel/Krampe II/2, S. 1296; Handelsblatt v. 14.07.1952; Würdinger JR 1953, 437; Staub/Brüggemann Vor § 84 Rn 2.

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1. Buch. Handelsstand

keit zugewiesen, der die rechtliche Stellung des Handelsvertreters mit der des Handlungsgehilfen unvergleichbar macht. Bereits die Materialien zum HGB 1897 gingen mit Selbstverständlichkeit davon aus, dass es dem Vertreter als selbstständigem Kaufmann oblag, die äußeren Rahmenbedingungen seiner Tätigkeit, wie etwa die Herstellung einer einsatzfähigen, planmäßig gegliederten Geschäftsorganisation in Eigenverantwortung zu planen. Der besondere Stellenwert dieser Organisationsautonomie8 und die aus ihr folgende Abgrenzung des HV vom Handlungsgehilfen wurde gerade in der Wissenschaft wiederholt hervorgehoben9. Der Vertreter sei in der Schaffung seiner Vertriebsorganisation „rechtlich selbstbestimmt“ und in der Organisation des Geschäftes sein eigener Herr10. Eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Vertriebsmittlers vom Unternehmer ist vor 5 allem angesichts der kurzen Kündigungsfristen des § 89 gleichwohl unverkennbar. Sie wird durch erhebliche Investitionen des Mittlers (Paradigma: Kfz-Vertriebsmittler, als Handelsvertreter etwa Mercedes-Benz-Händler) noch intensiviert. Auch sie erschweren es dem Vertreter, gegenüber dem Unternehmer gleichberechtigt aufzutreten11, und dies nicht erst seit 191812. Die Selbständigkeit des HV erschöpft sich daher oft in seinem rechtlichen Status. Deshalb ist das Handelsvertreterrecht in weitem Umfang Schutzrecht zu Gunsten des HV13 und enthält zahlreiche zwingende Normen. Schon ob der Unternehmer das vermittelte Geschäft abschließen will, steht grundsätzlich bei ihm. Nicht nur, dass der HV der Entlohnung für seine Vermittlungsbemühungen, seiner Provision, verlustig geht, wenn der Unternehmer das vermittelte Geschäft ablehnt: die endgültige Entstehung des Provisionsanspruchs hängt im Falle des Abschlusses noch davon ab, ob das vermittelte und abgeschlossene Geschäft ausgeführt wird und die Gegenleistung beim Unternehmer eingeht (§ 87a). Aber auch jede Umstellung in der Produktion, jede Maßnahme der Preispolitik, jede Disposition über Vertriebsschwerpunkte hat der Handelsvertreter im Grundsatz so hinzunehmen, wie sie vom Unternehmer getroffen werden, und selbst wenn sie – im Rahmen eines Ermessensspielraums (Business judgement rule) – fehlerhaft getroffen werden. Nur für diese Grenze überschreitende Dispositionen, insbesondere willkürliche, haftet der Unternehmer nach § 280 BGB. Verlieren die Produkte des Unternehmers an Attraktivität, wirkt sich das auf die Ver6 dienstchancen des Handelsvertreters unmittelbar aus. Er ist in seinem wirtschaftlichen Schicksal mit dem Wohl und Wehe des Unternehmens, für das er tätig wird, verbunden. Gegen solche Abhängigkeit ist seine Selbständigkeit ein Korrektiv nur insofern, als sie ihm gestattet, sein Risiko zu verteilen und Agenturverträge mit mehreren Unternehmern nebeneinander einzugehen – sofern diese nicht miteinander in Wettbewerb stehen oder dem Unternehmer die Mehrfachtätigkeit aus anderem Grunde unzumutbar bleibt. Selbst das noch kann dem sogenannten Einfirmenvertreter des § 92a vertraglich untersagt oder praktisch unmöglich sein. Vor allem aber beschränkt den Handelsvertreter die Endlichkeit seiner Arbeitskraft. Nur wenigen Groß-Handelsvertretern gelingt es, ein auf viele Vertretungen gestütztes Handelsvertreterunternehmen mit zahlreichen Untervertretern oder Angestellten aufzubauen. Realistischerweise kann ein typischer HV ohne Angestellte

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Vgl. hierzu auch Ekkenga S. 118; HK/Ruß § 86 Rn 6. Overlach S. 41 f; Schmidt-Rimpler, S. 28 f; Stolterfoht S. 125 ff; Hirsch in: FS Tiburtius, S. 396. Schmidt-Rimpler, S. 28 f. BVerfG, Beschl. v. 07.02.1990 – 1 BvR 26/84,

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NZA 1990, 389, 390; BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492, 2493. So aber BVerfG, Beschl. v. 07.02.1990 – 1 BvR 26/84, NZA 1990, 389 (390). Canaris § 17 Rn 16.

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Vor § 84

nur zwischen ein und vier Vertretungen betreuen, es sei denn, die von ihm beworbenen Produkte werden an einen einheitlichen Kundenkreis veräußert. Damit ist er regelmäßig von den wenigen, vertretenen Unternehmen wirtschaftlich abhängig. Unter dem Druck eines kurzfristigen Kündigungsrechts nach § 89 und ohne gewerkschaftliche Repräsentanz – ein „Streik“ wäre eine zur Kündigung berechtigende Leistungsverweigerung – ist der Mittler – insbesondere zur Höhe der Provision – schnell bereit, Zugeständnisse zu machen. Gerade nach Ende der Aufbauphase und wenn die Vertretung „gut läuft“ neigen Unternehmer dazu, den Vertrag zu beenden. Um den Ausgleichsanspruch zu sparen, sind sie bei der Suche nach „wichtigen Kündigungsgründen“ im Sinne der § 89a, § 89b Abs. 3 erfinderisch. Der Ausgleichsanspruch als „kleiner Kündigungsschutz“ des Vertreters bildet eine vergleichsweise geringe Kündigungsschranke. Dabei trifft insbesondere den älteren HV eine solche Kündigung hart. Weil Unternehmen mit ihren Handelsvertretern langfristig zusammenarbeiten wollen, findet etwa ein 55-jähriger Vertreter meist keine neue, zufriedenstellende Vertretung. Diese Diskrepanz zwischen gesetztem Recht – das HGB von 1897 hatte mit den §§ 84 7 bis 92 (a.F.) erstmals in der Welt eine gesetzliche Regelung des Rechts des Handelsvertreters, damals Handlungsagent genannt, gebracht – und der beruflich-ökonomischen Wirklichkeit war, beginnend mit den Jahren nach dem ersten Weltkrieg, unübersehbar geworden. Nicht wenige Unternehmer gingen dazu über, anstelle der durch Tarife und Sozialversicherung teurer gewordenen Arbeitskraft von angestellten Reisenden äußerlich selbständige Handelsvertreter einzusetzen. Diese waren auf die Fristung ihrer Existenz mit oft kümmerlichen Provisionen angewiesen. Die Berufsnot nach dem zweiten Weltkrieg stärkte die Dringlichkeit einer Reform. Sie erfolgte durch das „Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuches (Recht der Handelsvertreter)“ vom 06.08.1953 (BGBl. I, 771), in Kraft seit 1.12.195314. Der 7. Abschnitt gibt vor, vom geschlossenen Bild eines Berufsstandes des HV auszu- 8 gehen. Dabei dürfte es sich um ein Missverständnis handeln: Die Gesetzesfassung scheint auf die Person des HV abzustellen (vgl. Wortlaut des § 84 Abs. 1 „Handelsvertreter ist … „). Tatsächlich wird in § 84 nicht die Person des HV definiert, sondern ein schuldrechtlicher Vertrag, der noch nicht einmal mit einer natürlichen Person geschlossen sein muss. Vielmehr können auch juristische Personen15 jeder Art und sogar Anstalten des öffentlichen Rechts, die privatrechtlich tätig werden, Handelsvertreter sein. Der Vertragsschließende braucht noch nicht einmal ausschließlich als Handelsvertreter Geschäfte zu schließen. Wie schon § 92b zeigt, kann er außerhalb des HV-Vertrages in gänzlich anderen Tätigkeiten seinen Erwerb finden. Die §§ 84 ff regeln mithin nicht ein Berufsbild oder die rechtlichen Verhältnisse einer Person. Sie sind vertrags- und nicht personenbezogen16. Handelsvertretertätigkeit ist eine rein schuldrechtliche Funktion. Rechtstatsächlich beweisen dies die HV im Nebenberuf, von der historischen, mit einem Ladengeschäft verbundenen Annahmestelle für Laufmaschenreparaturen bis hin zu dem Studenten, der für Zeitschriftenabonnements wirbt, von der Agentur für bestimmte Versandhäuser, die sich ein Geschäftsmann nebenher übertragen lässt, bis zu den großen Import- und Exportagenturen, die nicht selten ebenfalls neben sonstiger handelsgewerblicher Betätigung ihrer Inhaber (Makelei, Kommissionshandel) betrieben werden. Es gibt nicht „den“ Handelsvertreter als berufsständisch fixierten Typ. Einiges wertvolles Material zum 14 15

Amtliche Begründung des Entwurfs: BT-Drs. I/3856. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, passim; Emde GmbHR 1999, 1005 ff.

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S. Canaris § 17 Rn 5.

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rechtstatsächlichen Phänotyp findet sich bei Stolterfoth, Die Selbständigkeit des Handelsvertreters (1973), der der Novelle 1953 (S. 32 ff) einen Leitbild-Pluralismus bescheinigt, bei Emde, Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, sowie für eine Einzelsparte in der Schrift von Rehbinder, Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung (1971). Eine Konturenschwäche des Spektrums kann konstatiert werden. Sie verstärkt sich aus dem Bestreben aller Branchen, den personalkostenaufwendigen und durch arbeitsrechtliche Schutzvorschriften eingeengten Vertrieb durch angestellte Vertreter oder durch Filialen zu ersparen und stattdessen auf den Vertrieb durch Handelsvertreter oder anderer Vertriebsmittler auszuweichen.

B. Die Genese des Handelsvertreterrechts I. Gesetzgebungsgeschichte bis zur Handelsvertreter-Richtlinie 1986 (RL) 9

Der Begriff des HV blickt auf eine überschaubare Lebenszeit zurück. Gesetzessprache wurde er erst durch die HGB-Novelle vom 06.08.195317. Zuvor hieß der Handelsvertreter gegen den Widerstand der Berufsverbände18 „Handlungsagent“. Obwohl der Berufsstand rechtstatsächlich längst bekannt war19 wurde er erst nach langem Zögern des Gesetzgebers, das sich über das ADHGB20, welches nur Dienstvertrags- sowie Handelsmaklerrecht (Art. 66 ff) kannte21, bis in das HGB22 fortsetzte, erstmals im Handelsgesetzbuch von 189723 einer umfassenden gesetzlichen Regelung unterworfen. Der Vergleich der historischen Gegebenheiten zur bis dato fehlenden Kodifikation des Vertragshändlerund Franchiserechts darf gezogen werden. Das gesetzliche Leitbild des HV, insb. über die verschiedenen Novellen, zu bestimmen wurde als „hoffnungslos“24 oder gefährlich25 bezeichnet. Am ehesten lag dem HGB 1897 das Leitbild des selbstständigen, „königlichen Kaufmanns“26 zugrunde. Hierbei 17 18 19

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BGBl. I / S. 771. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 11. Garies, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 1900, Vorbemerkung zu § 84 I, S. 93 – spricht insoweit allerdings von einem Chaos von Namen, Beziehungen und Regeln, das zuerst der HGB-Gesetzgeber ordnete; sehr zurückhaltend auch Overlach Der Rechtsbegriff „Handlungsagent“, Diss. iur, Göttingen, 1926, S. 2 ff. Vgl. Protokolle der Commission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetz-Buches, Protokoll I–XVL, S. 105 f. Erwähnt wurden die Verhältnisse der Handlungsagenten (ohne diesen Begriff zu gebrauchen) nur in Art. 272 Nr. 4 ADHGB. Eine lesenswerte Zusammenfassung der ADHGBKommissionsberatungen zum Handlungsagentenrecht findet sich bei Hirsch, in: FS Tiburtius, S. 386 ff. Schmidt-Rimpler, Der Handlungsagent, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Han-

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delsrechts, 1926; Hopt § 84 Rn 2; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 1. Vgl. noch das Gutachten der Handelskammern zu Hamburg, Bremen und Lübeck, angefertigt zum 2. HGB-Entwurf, S. 15 – das die Streichung der HGB-Vorschriften zum Agentenrecht empfahl. V. 10.05.1897, RGBl. S. 219; eingehend zur Gesetzesgeschichte Eberstein S. 19 ff. Zum rechtstatsächlichen Erscheinungsbild damaliger HV siehe Emde Die HandelsvertreterGmbH, S. 11 ff. Behm Der Handelsagent, 1913, S. 1 f. Stolterfoht Die Selbständigkeit des Handelsvertreters 1973, S. 54; hierzu auch Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 52 ff. Vgl. Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuches (Recht der Handelsvertreter), BT-Drucksache I/3856, S. 11. Stolterfoht, S. 31 nimmt diesen Begriff auf. Siehe auch BVerfGE 81, 242, 257.

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Vor § 84

handelte es sich um einen Einzelkaufmann ohne Angestellte und Betriebsorganisation, der in Bildsprache als eleganter Geschäftsreisender mit Zylinder, Schnauzbart und Spazierstock27 oder als „Diplomat der Volkswirtschaft“28 beschrieben wurde29. Dieses rechtstatsächliche Leitbild entsprach möglicherweise nie den Tatsachen und entspricht es auch heute nicht. Es wurde gerade durch die Novelle 1953 vom Bild des eher schutzbedürftigen HV abgelöst. Im 20. Jahrhundert unterlag das Handelsvertreterrecht, motiviert durch das Bestreben, 10 die Vertreter vor dem regelmäßig existenten wirtschaftlichen Übergewicht des Unternehmers zu schützen, stärkeren Wandlungen als andere Bestimmungen über Handelsgeschäfte30. Parallelen zum BGB-Dienstvertragsrecht, welches durch Schutzrecht zu Gunsten der Arbeitnehmer ergänzt wurde, sind naheliegend. Die HGB-Novelle 1953 als erste große Neuordnung reformierte das HV-Recht umfassend und stärkte die Stellung des Mittlers31. Neben der neuen gesetzlichen Bezeichnung, sozialen Schutzvorschriften zu Gunsten des wirtschaftlich unterlegenen HV32, wurde, aufbauend auf ausländischen, z.B. österreichischen, polnischen, holländischen, jugoslawischen, französischen und rumänischen Vorgaben, der Ausgleichsanspruch eingeführt33. Seine Vorbilder waren etwa § 25 des Österreichischen Handlungsagentengesetzes v. 24.06.1921 (das österreichische HVRecht ist bis heute aus dem dortigen HGB ausgegliedert); Art. 1751 des italienischen Codice Civile v. 16.03.1942; Art. 418u des schweizerischen Obligationsrechts in der Regelung des schweizerischen Bundesgesetzes über den Agenturvertrag v. 04.02.1949; für Frankreich einerseits das loi instituant le statut légal de voyageurs représentants et placiers du commerce et de l’industrie v. 18.07.1937 i.V.m. Art. 29k–29r Code du Travail, andererseits Art. 1984 ff Code Civil, aber auch Vorarbeiten der Akademie des Deutschen Rechts34 und der Centralvereinigung der Deutschen Handelsvertreter- und Handelsmakler-Verbände (CDH)35 des Jahres 194936. Die bedeutsamste und für Mittler (wie Anwälte und Justizkassen) gewinnbringendste 11 Änderung der Novelle 1953 war die Normierung des zwingenden Ausgleichsanspruchs nach Beendigung des Vertragsverhältnisses (§ 89b). Auch zahlreiche andere den HV begünstigende Vorschriften hat die Novelle für zwingend erklärt. Der Novellengesetzgeber ist damit den Bestrebungen der Interessenvereinigungen der HV gefolgt, die am Gesetzgebungsverfahren maßgebend beteiligt waren. Abzulehnen ist die ohnehin nur de lege ferenda interessierende Ansicht von Staub/ 12 Brüggemann 4. Aufl., den zwingenden Schutz der Novelle 1953 auf den Kreis der HV des § 92a zu beschränken, so wie das Gesetz den Handelsvertreter im Nebenberuf von der Anwendung einiger zwingender Bestimmungen ausgenommen hat. Vielmehr spre-

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Jeske FAZ v. 29.03.1986. Martin Deutsche Bergwerks-Zeitung v. 25.12.1932. Eingehend Emde Die HandelsvertreterGmbH, 1994, S. 12. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5.Aufl., § 27 II 1. Schlegelberger/Schröder Einl. § 84. Vgl. BT-Drucks. I/3856, S. 10 f zur faktischen Unterlegenheit des HV, die zur Einführung der Schutzvorschriften führte. So auch Canaris § 17 Rn 16 f; zur Schutzbedürftigkeit des HV auch BVerfGE 81, 242 (256 ff).

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Ebenroth, S. 15; Hopt § 84 Rn 2. Denkschrift zum Entwurf eines Handelsvertretergesetzes, in: Nipperdey/Dietz, Entwurf eines Handelsvertretergesetzes. Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht Nr. 17, Berlin 1940; zusammenfassend Eberstein S. 19 ff. Heute: Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH). Eingehend Eberstein S. 19 ff.

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chen, wie auch Staub/Brüggemann 4. Aufl. erkannt hat, zahlreiche Gründe für zwingendes Recht zugunsten jedes HV, vor allem dessen wirtschaftliche Abhängigkeit von seinem Unternehmer, die sich nicht auf den kleinen Kreis der von § 92a angesprochenen HV beschränkt. Weiter erbringt der HV persönliche Leistungen, mit denen er in Vorlage zu treten hat, was das Risiko der ausbleibenden Honorierung und damit der Abhängigkeit potenziert. Dies gilt auch für den Ausgleichsanspruch. Denn auch insoweit tritt der HV in Vorlage, da die gewonnenen Stammkundenbeziehungen durch die Provision für die vermittelten einzelnen Geschäfte noch nicht abgegolten sind. Schließlich wird durch die zwingenden Normen verhindert, dass Zustände wiederkehren, die jeweils nach den beiden Weltkriegen auftraten, als die Rechtsform des HV zur Umgehung einer Beschäftigung als angestellter Reisender benutzt werden konnte und benutzt worden ist. Die Gefahr, in diese Grenzzone zu geraten, ist für den HV immer gegeben.

II. Die HV-Richtlinie 1986 und ihre Folgen 13

1. Übernahme in deutsches Recht. Die Novelle des Jahres 199037, in Kraft seit dem 01.01.1990 (für Altverträge seit dem 01.01.1994)38, brachte weitere Änderungen. Sie basierte auf der HV-Richtlinie der EG v. 18.12.198639 (Handelsvertreterrichtlinie oder RL), welche im Verlauf ihres langwierigen Entstehungsprozesses40 nach zunächst vom deutschen Recht entfernten Vorschlägen41 stark durch das deutsche HGB geprägt wurde42. Jener Einfluss war so bedeutend, dass von einer „Europäisierung des deutschen Rechts“ gesprochen wurde und der zur RL verfasste Bericht der Kommission v. 23.07. 199643 die deutsche Rspr. zu § 89b im Kurzüberblick wiedergab, verbunden mit dem Hinweis, sie biete Rechtsanwendern anderer Staaten Hilfestellung und Orientierung44. Insgesamt stärkte die RL und ihr Umsetzungsgesetz die Position des HV gegenüber dem Unternehmer erneut45 (zum Schutzgedanken Rn 15). Novelliert wurden auch die Kündigungsfristen des § 89 sowie die Ausschlussgründe beim Ausgleichsanspruch (§ 89b Abs. 3), zahlreiche weitere Bestimmungen erhielten zwingenden Charakter. Das HVRecht wurde damit zu europäischem Recht46 und europäische Rspr. formt es nun mit. Die RL hat, anders als im Vertragshändlerrecht47, zu einer weitgehenden Angleichung des HV-Rechts innerhalb der EU geführt48. Gleichwohl findet die Rspr. anderer Staaten

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BGBl. I / 1910. Amtliche Begründung BT-Drucks. Nr. 3856, Erste Wahlperiode. Siehe Küstner/Thume I Rn 279 ff. 86/653/EWG, ABl. EG vom 31.12.1986, Nr. L 382/17, wiedergegeben bei Hopt Materialien I und Ebenroth/Hakenberg vor § 84 Anh. I. Zu den Zielen der Richtlinie ausführlich Eberstein S. 27 ff; zur Genese Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten der EU, Diss. iur Köln 1994, S. 3 ff. Ebenroth/Hakenberg Vor § 84 Anh. I Rn 2. Küstner/von Manteuffel BB 1990, 291; Eberstein S. 26. Küstner/Thume I Rn 2338; Ebenroth/Hakenberg Vor § 84 Anh. Rn 2; Westphal DB 2010, 1333 (1334).

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Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung von Art. 17 der HV-Richtlinie, COM (96) 364. Zum Einfluss deutschen Ausgleichsrechts auf die Rechtsprechung nationaler Gerichte anderer EG-Staaten Krusche, EWS 2001, 523. Ebenroth/Hakenberg Vor § 84 Anh. I Rn 11. Eberstein S. 22; Emde DStR 2009, 1478. Hier gibt es jedoch durch die Analogiebildung zum Vertreterrecht einen faktischen Zwang zur Angleichung. Siehe Eberstein S. 28; Graf von Westphalen Handelsvertreterrecht in den EU-Staaten und der Schweiz, 1995, passim; Küstner/Thume I Rn 2347 ff.

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wenig Eingang in die Fortbildung des deutschen Mittlerrechts – vielleicht mit Ausnahme des vereinheitlichten europäischen Vertriebskartellrechts –, was auch am mangelnden Zugang zu den maßgeblichen Quellen liegen mag. Trotz der Harmonisierung fehlt also in den Mitgliedsstaaten eine absolute Rechtsidentität49. Dies beruht nicht nur auf der Bedeutung des Fallrechts und der Unabhängigkeit der Richter mit unterschiedlichen Interpretationsansätzen50 sondern ebenso auf Umsetzungsermessen sowie Umsetzungsfehlern51. Teilweise unterblieb die Übernahme von RL-Recht in deutsches Recht, weil der Gesetzgeber meinte, sich auf eine im Einklang mit der RL stehende gefestigte Rspr. berufen zu können. Dieses Vorgehen ist möglicherweise zu Recht Angriffen ausgesetzt52, und zwar schon deshalb, weil die angeblich „feststehende“ Rspr. durch Gesetz vor Veränderungen geschützt werden müsste53. Gerade deshalb behält die RL ihren eigenen Anwendungsbereich, weil ihr Inhalt weitgehend54 nicht zur Disposition von Gerichten und nationalem Gesetzgeber und nur außerhalb ihrer zwingenden Bestimmungen zur Disposition der Vertragsparteien55 steht. Man wird also bei Prüfung von Rechtsfragen nicht nur in das HGB, sondern gleichfalls auf die RL blicken müssen. Dies gilt insb. für ihre zwingenden und halbzwingenden Vorschriften, neben den bedeutenden Art. 17–19 RL zum Ausgleichsrecht etwa Art. 3, 4, 10 Abs. 2 und 3, 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 und 2 sowie 13 Abs. 1 RL56. Seit dem 01.01.1994 gilt das HGB auch für HV-Verträge, die in der früheren DDR 14 nach damaligem Recht begründet wurden57. Das Handelsrechtsreformgesetz vom 22.06. 199858 fügte § 84 Abs. 4 ein, hob § 90a Abs. 2 Nr. 2 auf und änderte § 90a Abs. 4. Desgleichen ist der HV nun nicht mehr „Musskaufmann“ iSd § 1 Abs. 2 a.F59. Er ist aber regelmäßig Gewerbetreibender und folglich Kaufmann i.S.d. § 1 Abs. 2 n.F., daneben sind nach der Neufassung des § 84 Abs. 4 die Vorschriften der §§ 84 ff – nicht aber das übrige HGB60 – auch dann auf HV anwendbar, wenn ihr Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.

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Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 2; zum Ausgleichsrecht Krusche EWS 2001, 523. Sellhorst EWS 2001, 481. Westphal I Rn 6; ders., Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der Europäischen Union, Diss. iur. Münster 1994, S. 215 ff; zum italienischen Recht Lauser/Reifenrath, RIW 2002, 746; Kindler RIW 2000, 161. EuGH, ZIP 2001, 1373 = EWiR 2001, 969 (Reich). EuGH NJW 2001, 2244; Graf von Westphalen BB 2002, 209 (210). Die RL enthält jedoch eine Reihe von Vorschriften, die es den nationalen Gesetzgebern gestatten, von ihr abzuweichen. Dies gilt etwa für den Bereich der nebenberuflichen Tätigkeit des Vertreters (Art. 2 Abs. 2), für den Provisionsanspruch (Art. 3 Abs. 2 S. 2), das Einsichtsrecht (Art. 12 Abs. 4), das Schriftformerfordernis (Art. 13 Abs. 2), die

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Kündigungsfrist (Art. 15 Abs. 3), die außerordentliche Kündigung (Art. 16), das Bezirks- und Alleinvertretungsrecht (Art. 7 Abs. 2) sowie die Freiheit, den nachvertraglichen Entschädigungsanspruch als Ausgleichs- oder Schadenersatzanspruch zu kodifizieren (letzteres sieht das insoweit für den Vertreter günstigere französische Recht vor); siehe Küstner/Thume I Rn 2340 ff und 2371. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 II 1; Canaris § 17 Rn 23; aA Jörg Schmidt ZHR 156 (1992), 512 ff. Emde DStR 2009, 1478. Einigungsvertrag Anl. I Kap. III D Abschn. III 2; Ebenroth/Löwisch vor § 84 Rn 3. BGBl. I / 1474. Emde VersR 1999, 1464. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Emde VersR 1999, 1464.

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2. Zweck der RL. Eine der Hauptziele der RL war der Schutz des HV 61, ein Gedanke, welcher von ausländischen Rechten, etwa dem englischen, bis zur Umsetzung der RL nicht geteilt wurde. Ferner sollte die RL die Harmonisierung des HV-Rechts fördern, so dass die von ihr vorgeschriebenen Harmonisierungsmaßnahmen nach ihrer zweiten Begründungserwägung u.a. der Aufhebung der Beschränkungen der Ausübung des HVBerufs, der Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Union62 und der Stärkung der Sicherheit im Handelsverkehr dienen. Die RL bezweckt somit, über die Gruppe der HV die Niederlassungsfreiheit und einen unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt zu schützen. Wie sich schließlich aus der dritten Begründungserwägung der RL ergibt, soll sie auch den Warenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern, indem die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Handelsvertretung angeglichen werden63, allerdings allein innerhalb ihres Anwendungsbereichs, der nur Warenvertreter erfasst (Rn 16) und keine Dienstleistungsvertreter, Versicherungsvertreter, Vertragshändler64 oder Franchisenehmer. Was der europäische RL-Geber wollte, kann allerdings auch außerhalb des eigentlichen Anwendungsbereichs der RL für die Auslegung von Interesse sein. Der Schutzgedanke muss bei der Anwendung des HV-Rechts beachtet werden. Dessen Bestimmungen sind so auszulegen, dass die gewünschte Sicherung des HV gewährleistet wird.

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3. Anwendungsbereich der RL. Die RL gilt nur für Waren-HV. Auf Vertragshändler und Franchisenehmer ist sie unanwendbar. Es gibt aber Bestrebungen, die RL auf Vertragshändler zu erstrecken. In den von ihr geregelten Bereichen ist die RL abschließend 65. Dem lokalen Gesetzgeber ist auf dem Gebiet der Harmonisierung eine abweichende und die RL verwässernde eigene Tätigkeit untersagt66. Es gibt jedoch Teile des HV-Rechts, welche in der RL nicht abschließend kodifiziert wurden. So wird der Provisionsanspruch nur in Hinblick auf die Vermittlungs-, Folge-, Bezirks- sowie Alleinvertretungsprovision geregelt. Andere Bereiche, etwa Inkasso- und Delkredereprovision, gestatten zusätzliche, nationale Regeln67. Aber auch hier wird man zumindest auf Sinn und Zweck der RL sehen müssen. Gem. Art. 1 Abs. 2 RL gilt die RL nur für Warenvertreter, nicht für Dienstleistungsvertreter. Auch der Versicherungsvertreter fällt nicht in den Adressatenkreis der RL, weshalb ihm etwa in Ungarn RL-konform kein Ausgleichsanspruch zusteht68. Die RL findet gem. ihrem Art. 2 Abs. 1 zudem keine Anwendung auf HV, welche für ihre Tätigkeit kein Entgelt erhalten, sowie für solche, die an Handelsbörsen oder auf Rohstoffmärkten tätig sind. Natürlich gilt die RL auch nicht für Repräsen-

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EuGH, Urt. v. 17.01.2008 – Rs. C-19/07, EWS 2008, 151 (153); v. 30.04.1998 – C-215/97, Slg. 1998, I-2191 Rn 13; v. 09.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000, I-9305, Rn 20; v. 23.03.2006 – C-465/04, Slg. 2006, I-2879 Rn 19; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 61 (zu Art. 17–19). Siehe die Ermächtigungsgrundlagen der Artt. 47 Abs. 3, 94 EG sowie Eberstein S. 22; Küstner/Thume I Rn 2336; Ebenroth/Hakenberg Vor § 84 Anh. I Rn 2; zum polnischen Handelsvertreterrecht Franek RIW 2002, 359. EUGH, Urt. v. 23.03.2006, Honyvem Infor-

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mazioni Commerciali – C-465/04, Slg. 2006, I-2879, Rn 19; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 62. Siehe BGH, Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 116 = EWiR 2009, 611 (Emde) = BeckRS 2009, 13178. Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der Europäischen Union S. 68 f. Ebenroth/Hakenberg vor § 84 Anh. I Rn 6. Westphal S. 68 f. Pajor-Bytomski RIW 2005, 263 (269).

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tanten, die keine HV sind, also HV-ähnliche Mittler, etwa Vertragshändler und Franchisenehmer. Damit stellt sich die Frage, wer ein Waren-HV ist69. Weder die RL noch Umsetzungsgesetze enthalten einen Hinweis dazu, was Waren iSd RL sind. Geistiges Eigentum fällt nicht hierunter. Computerprogramme sind zumindest dann als Ware zu verstehen, wenn sie auf einem Datenträger vertrieben werden70. Richtigerweise kommt es auf die Verkörperung nicht an71. Aus dem europarechtlichen Ursprung der RL folgt, dass dem europarechtlichen Verständnis des Warenbegriffs in Art. II 28 AEUV (ex Art. 23 EU) Rechnung zu tragen ist. Zwar findet sich dort, insb. innerhalb der Vorschriften zum freien Warenverkehr, keine Definition der Waren, so dass allenfalls die Abgrenzung zu anderen Grundfreiheiten Orientierung bieten kann. Der EuGH hat jedoch in einer Vielzahl von Entscheidungen konkretisiert, was unter den europäischen Warenbegriff fällt. Waren im europarechtlichen Sinne sind danach alle beweglichen Güter einschließlich nicht körperlicher Energien wie Elektrizität72, Gas sowie Wasser73. Auch elektronische Datenträger mit darin enthaltener Software sowie Abfälle fallen unter diesen Terminus74. Warenvertreter sind ferner Vermittler von Abfallbeseitigungsverträgen75 und Tankstellen-HV76. Dienstleistungen oder Rechte an Waren sind nach bisherigem Verständnis keine Waren, auch der Lotterievertreter vertreibt keine Waren77. Vereinfacht könnte man sagen, Warenvertreter sei, wer Kaufverträge vermittle. Ein Mischvertreter fällt bei einheitlichem Vertrag unter die Vorschriften der RL. Denn er vertreibt gleichfalls Waren78. Auch im Zollrecht werden alle Handelsgüter, die sich in das Zolltarifsschema einordnen lassen, vom Warenbegriff erfasst. Als Waren im zollrechtlichen Sinne kommen somit alle beweglichen, körperlich bestimmbaren Gegenstände in Betracht, welche durch den menschlichen Willen beherrschbar sind. Nach dem UN-Kaufrecht sind Waren gleichfalls nur bewegliche Sachen. Das Kriterium der Körperlichkeit ist jedenfalls dann erfüllt, wenn die Kaufsache bei der Übergabe beweglich war. Aus einer bewussten Änderung der Terminologie im französischen Text wird dort aber eine Ausdehnung des Warenbegriffs auf alle Sachen abgeleitet, die Gegenstand von Handelskäufen sein können. Dienstleistungen unterfallen allerdings auch nach UN-Kaufrecht nicht dem Warenbegriff. Es fragt sich jedoch, ob das Verständnis der Waren heute nicht weit iS. aller Gegenstände des Handelsverkehrs ausgelegt werden sollte. Wirtschaftswissenschaftlich als Ware werden nämlich auch Dienstleistungen gefasst. Hier ist Ware jedes wirtschaftliche, materielle Gut, welches Gegenstand des Handels sein kann. Der seinerzeitige Wille des RL-Gebers und der Kompromisscharakter der RL sprechen innerhalb ihres Anwendungsbereiches aber wohl gegen eine solche weite Auslegung79. Unvertretbar ist sie nicht80. 4. Diskrepanzen zwischen RL und deutschem Recht. Diskrepanzen zwischen der RL 17 1986 und insbesondere § 89b sind mehrfach ersichtlich81. Gerügt werden etwa folgende Abweichungen: 69 70

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Dazu Emde DStR 2009, 1478 (1479 ff). Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004; English Court of Appeal (1995), FCR 686; (1986) 15 Tr LR 444. Hagemeister S. 31. EuGH, Slg. 1964, 1251 ff; EuGH, Rs. C-393/92, Slg. 1994, I-1477, 1516. Hagemeister S. 36; Emde DStR 2009, 1478 (1480); Thume BB 2009, 2490 (2491).

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Hagemeister S. 36. Thume BB 2009, 2490 (2491). Thume BB 2009, 2490 (2491). Vgl. EuGH, Urt. v. 24.03.1994, NJW 1994, 2013 (2014) – Schindler Rn 24 f. Hagemeister S. 36 ff, insbes. S. 43. Emde DStR 2009, 1478 (1480). Emde DStR 2009, 1478 (1480). Zusammenfassen Thume BB 2004, 2473; siehe auch Sellhorst EWS 2001, 481.

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– Art. 3 Abs. 1 sowie Art. 4 Abs. 1 RL verpflichten HV und Unternehmer, sich nach den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten. Wegen § 242 BGB ist diese Regelung nicht in die §§ 84 ff übernommen worden82. Das ist akzeptabel83. Jedoch muss auch zu dieser Frage ein Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV oder eine RL-konforme Auslegung zulässig sein84. – Art. 17 Abs. 2b RL stellt bei der Berechnung der Höchstgrenze des Ausgleichs auf den tatsächlichen Empfang der Vergütung ab. Nach § 89b Abs. 2 bildet hingegen das tatsächlich Empfangene nicht notwendigerweise die Höchstgrenze des Ausgleichs85. – § 89b Abs. 1 fordert Unternehmervorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden. Art. 17 Abs. 2 lit. a Spiegelstrich 1 RL spricht nur von der Werbung neuer Kunden und fordert eine Geschäftsverbindung erst im Zusammenhang mit der Intensivierung der Altkundenbeziehung. Es genügt also die Neuwerbung eines Kunden, aus der sich Unternehmervorteile ergeben86. Die Vorteile bei der Neukundenwerbung müssen damit nicht notwendigerweise aus einer Geschäftsverbindung entstehen und es reicht, wenn ein möglicher Nachkauf nach Vertragsende erfolgt.

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5. RL-konforme Auslegung. Die RL bleibt innerhalb ihres Regelungsbereichs, dem Recht der Warenvertreter87, stets unmittelbar anzuwenden, wo Umsetzungsfehler gerügt werden88, notfalls sogar contra legem89. Nationale Gerichte müssen alle Vorschriften des HV-Rechts autonom und losgelöst von nationalem Recht90 europarechts- und richtlinienkonform interpretieren91. Das gilt jedenfalls gegenüber dem Adressatenkreis der RL auch, wenn der Text der nationalen Regelung nach Erlass der RL unverändert blieb92 (zu anderen Mittlern Rn 23). Die RL überlagert den alten Text und richtet ihn europarechtlich aus93; er muss trotz identischem Wortlauts mglw. anders als zuvor und aus seinem nationalem Kontext gelöst ausgelegt werden94 (wobei die Herleitung der RL aus deutschem Recht mildernd wirkt). Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Entwurzelung nationaler Bestimmungen selbst bei Übernahme der europarechtlichen Regelung in nationales Recht95. Das Verhältnis zwischen RL-konformer Auslegung und nationalen Auslegungsmethoden ist umstritten. Zutreffend wird angenommen, der RL-konformen 82 83 84 85 86 87

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BT-Drucks. 11/3077, S. 7. Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 51. Hopt § 86 Rn 22; aA Canaris § 17 Rn 21. Thume BB 2004, 2473 (2475). Westphal DB 2010, 1333 (1335). Grundmann Europäisches Schuldvertragsrecht, 1999, S. 566, 572; Ebenroth/Löwisch vor § 84 Rn 4. Ebenroth/Hakenberg vor § 84 Anh. I Rn 7; aA Lauser/Reifenrath RIW 2002, 746, 752 unter Hinweis auf EuGH Slg. 1986, 723 Rn 48. Riesenhuber/Domröse RIW 2005, 47 (51); aA Tiedtke/Schmitt ZIP 2005, 681 (682): Falls das nationale Recht eine RL-konforme Interpretation nicht zulässt, verpflichtet auch der EuGH die Gerichte nicht zu einem contra-legem-Judikat, letztgenannte Ansicht wohl durch EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = EWiR 2009, 239 (Emde) überholt.

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Westphal DB 2010, 1333 (1334). EuGHE 1990 I 4135; BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08 Rn 33 – Kfz-Vertragshändler; OLG Hamburg, Urt. v. 27.01.2001 – 3 U 260/08 (zum Versicherungsvertreterrecht, ohne Diskussion des Anwendungsbereichs der RL); Hopt FS Medicus, S. 99; Küstner/Thume I Rn 2345; Ebenroth/Hakenberg Vor § 84 Anh. Rn 9; Hopt § 84 Rn 3; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 89b Rn 78; Westphal DB 2010, 1333 (1334); Steinhauer EuZW 2009, 887 (888) zu § 89b; allgemein Lutter JZ 1992, 593; Götz NJW 1992, 1853. Westphal DB 2010, 1333 (1334). EuGH, Urt. v. 22.11.1978, EuGHE 1978, 2183; Hopt Neue Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit, in: FS Medicus, S. 235, 247; Kiene RIW 2007, 287 (297). Westphal DB 2010, 1333 (1334). Kiene RIW 2007, 287 (297).

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Interpretation gebühre innerhalb des Anwendungsbereichs der RL gegenüber nationalen Auslegungsmethoden absoluter Vorrang96. Er beruhe auf dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht97. Die Gegenansicht will einen Vorrang der RL nicht anerkennen98. Der EuGH 99 verlangt von den nationalen Gerichten eine volle Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, welchen das nationale Recht einräumt. Er hat dabei zum Ausgleichsrecht den Grundsatz HV-freundlichster Auslegung der RL100 aufgestellt (s.u.), der über das Ausgleichsrecht hinausreichen dürfte: Zulässig sei allein eine nicht zum Nachteil des HV gereichende Auslegung der RL. Dabei besitzen Wortlaut101 sowie teleologische Auslegung102 einen hohen Stellenwert. Die Auslegung ist soweit wie möglich an Wortlaut sowie Zweck der RL auszurichten. Unberechtigt dürfte die Ansicht sein, ein unmittelbarer Rückgriff auf die RL sei unzulässig103. Schweigt die RL und ist ihr Sinn und Zweck nicht zu ermitteln, bedarf es keiner RL-konformen Interpretation. Verfahrens- und Beweisfragen des nationalen Verfahrensrechts regelt sie ohnehin nicht104. Für Zweifelsfragen bei der Auslegung der RL ist ausschließlich der EuGH im Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV (früher: Art. 177 EWG, Art. 234 EG) zuständig105. Die Vorlagepflicht ist nicht auf Fälle des unmittelbaren Anwendungsbereichs der RL, also den Warenvertreter, beschränkt, solange nicht offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder dass die Frage allgemeiner oder hypothetischer Natur ist. Davon ist nicht auszugehen, solange die Frage für die Auslegung nationalen Rechts Bedeutung hat106 (siehe Rn 20 zur [analogen] Anwendung der RL auf nicht von der RL erfasste Mittler). Eine gegenteilige Ansicht würde zu einer Rechtsdisparität inner- und außerhalb des Adressatenkreises der RL führen107. Die RL hat zu einem relativ einheitlichen innereuropäischen Schutzniveau geführt, welches den EuGH108 dazu 96

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EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = EWiR 2009, 239 (Emde); Auer ZBB 1999, 170; Bach JZ 1990, 1111; Lutter JZ 1992, 604; Spetzler DB 1993, 554. EuGH, Slg. 1964, 1251. Di Fabio NJW 1990, 947; Dänzer-Vanlotti StVJ 1991, 2. EuGH, Slg. 1984, 1891; EuGH, Slg. 1994, 3325. EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde), Tz 21, 23; aA Semler BB 2009, 2327 (2328 f). EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C 203/09, DB 2010, 2495. Westphal DB 2010, 1333 (1334). Freitag/Leible RIW 2001, 287 (293); zwh., denn die RL ist zumindest Auslegungsmaßstab. Emde EWiR 2009, 240. Beispiel: EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = EWiR 2009, 239 (Emde). Für die Entscheidungszuständigkeit EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C 203/09 Rn 23 f; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS

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2010, 90677 Rn 30; BGH, Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440; Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde), der die Frage RL-konformer Auslegung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 innerhalb eines Vertragshändlervertrages dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegt. Ebenso EuGH, Urt. v. 17.07.1997 – Rs C-28/95, EuGHE 1997 I, 4161 = EuZW 1997, 658 = DB 1997, 1851 (aber keine vertriebsrechtliche Entscheidung). Gegen die Vorlagepflicht Hopt § 84 Rn 3; zweifelnd hinsichtlich der Vorlagepflicht auch Salomon/ Wegstein BB 2010, 339; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 89. Zur Problematik Gaitanides in: von der Groeben/Schwarze, Vertrag über die Europäische Union, 6. Aufl. Art. 234 Rn 29. Emde EWiR 2009, 612. EuGH VersR 2001, 617 = ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133 = NJW 2001, 2007 m. Anm. Staudinger NJW 2001, 1974; siehe auch Freitag/Leible RIW 2001, 287.

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veranlasste, ihre zwingenden Vorschriften als rechtswahlfest zu bezeichnen, sofern der HV innerhalb der EU tätig wird. Durch Wahl eines Nicht-EU-Rechts kann mithin von den Vorgaben der RL nicht abgewichen werden (dazu bei § 92c).

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6. Handelsvertreterfreundlichste Auslegung. Mit Urt. v. 26.03.2009 entschied der EuGH109, im Normanwendungsbereich der RL zulässig sei allein eine nicht zum Nachteil des HV gereichende Auslegung zwingender Vorschriften der RL (im entschiedenen Fall: des Ausgleichsrechts). Es ist also zweistufig vorzugehen. Zunächst ist mittels Auslegung nach einem klaren Auslegungsergebnis zu fahnden. Die Auslegung ist anhand aller Umstände des Einzelfalls und des RL-Textes vorzunehmen. Der EuGH110 nennt die wörtliche und die systematische Auslegung, zudem die Auslegung nach Sinn und Zweck der RL. Zulässig ist weiter die teleologische, grammatikalische sowie historische Auslegung, wobei sie autonom zu erfolgen hat111. Ergibt dieser erste Schritt kein klares Ergebnis, ist von den verbleibenden Varianten die handelsvertreterfreundlichste zu wählen. Zumindest bei zwei Auslegungsalternativen – aber wohl auch sonst – bedeutet dies, immer die Auslegung zu bevorzugen, welche nach der RL die einerseits mögliche, also vertretbare (die Auslegung der RL geht also vor), und andererseits HV-freundlichste ist112. Dies erinnert an das verwenderfeindlichste Verständnis des AGB-Rechts, meint aber nach dem Schutzzweck der RL wohl etwas anderes. Es kommt kaum darauf an, welche Auslegung im spezifischen Fall HV-freundlich ist sondern welche es bei abstrakt-genereller Betrachtung in typischen Fällen wäre. Bliebe der konkrete Fall maßgeblich, gelangte man in unterschiedlichen Rechtsstreitigkeiten zu divergierenden Ergebnissen. Das wäre – anders als bei der auf die Prüfung eines individuellen Vertrages zielenden AGB-Kontrolle – mit der Auslegung abstrakt-genereller Normen unvereinbar und der Rechtsvereinheitlichung widerstreitend113. In Zukunft wird man also rglm. prüfen müssen, welchen Wortlaut die RL formt und ob das tradierte Verständnis von Literatur und Rspr. im Lichte dieses Wortlauts das HV-freundlichste Ergebnis beinhaltet. Das Urteil des EuGH v. 26.03.2009114 betraf mit den Artt. 17/18 RL zwingendes Ausgleichsrecht und seine von Gerichten gefundene Auslegung. Hierauf beziehen sich seine Aussagen und damit auch die zur HV-freundlichsten Auslegung. Für wen zwingend sagt

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EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde) Rn 21, 23; zu dem Urteil Emde DStR 2009, 1478 ff; ders. EWiR 2009, 239; Eckhoff BB 2009, 1609. EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – Rs. C-348/07, EWS 2009, 150 (152) Rn 27, 29, 31. Westphal, S. 55 ff; Emde DStR 2009, 1478 (1479). Emde DStR 2009, 1478 (1479); aA Semler BB 2009, 2327 (2328 f); Balke/Evke de Groot NJOZ 2010, 1551: der Grundsatz HV-freundlichster Auslegung bedeute nur, dass nationales Recht nicht zu Ungunsten des HV von der RL abweichen dürfe bzw. gelte nur für Art. 17 RL. Aber Semler gibt zu, dass der Wortsinn der Rn 21 des Urteils

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die hier vertretene Ansicht stützt; gegen die hier eingenommene Ansicht auch Westphal DB 2010, 1333 (1337): der Grundsatz gelte nur für die Prüfung der Provisionsverluste. Aber das hat der EuGH eindeutig nicht gesagt. Auch die von Westphal auf S. 1337 linke Spalte beispielhaft genannte, angeblich HV-unfreundliche Auslegung des EuGH, derzufolge Vorteile der Muttergesellschaft nicht notwendigerweise denen der Tochter entsprechen müssen, überzeugt nicht. Denn hier war die Auslegung der RL nach anderen Maßstäben ergiebig und vorrangig. Emde DStR 2009, 1478 (1479). EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde).

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der EuGH nicht. Gemeint sein könnte, für die Mitgliedsstaaten zwingend, d.h. ihre Verpflichtung, die RL inhaltsgetreu umzusetzen. Tz. 17 des Urteils hilft mit einem Verweis auf das Ingmar-Urteil des EuGH115. Dort versteht sich zwingendes Recht zum einen iSd. der vorgenannten Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, die in „Ingmar“ relevanten Vorschriften des Ausgleichsrechts zwingend ohne Umsetzungsermessen einzuführen116, zum anderen iS fehlender Parteidispositivität117. Die Entscheidung C-348/07118 scheint, da es um einen Umsetzungsfehler geht und die Parteidispositivität insoweit nicht interessiert, mehr das mangelnde Umsetzungsermessen des nationalen Gesetzgebers zu betonen, „Ingmar“ eher die fehlende Parteidispositivität. Das eine wie das andere dürfte irrelevant sein, um die Pflicht zur HV-freundlichsten Auslegung zu begründen. Denn jede nationale Norm, die sich trotz Umsetzungsfreiheit an der RL orientiert, ist in ihrem Lichte auszulegen, also RL-konform und angesichts des Zwecks der RL, der u.a.119 dem Schutz des HV dient120. Dies zeigen Tz 21, 14 des Urteils C 348/07. Hier wird zur Begründung des Ergebnisses auf das Ziel des RL-Rechts verwiesen, die Interessen des HV gegenüber dem Unternehmer zu schützen und mit den Art. 13–20 RL sogar auf dispositives Recht. Der zusätzliche Hinweis auf die zwingende Natur sollte also nur den Stellenwert des Ausgleichsrechts innerhalb des HV-Rechts hervorheben und vor allem deutlich machen, dass das HGB nicht von der RL abweichen durfte121. Vor allem bezog sich die Aussage des EuGH auf eine Auslegung deutscher Gerichte zum Ausgleichsrecht, ist also auf jeden vor Gericht anhängigen Auslegungsstreit anwendbar, soweit sich keine klare gegenteilige Auslegung ergibt. 7. Analoge Anwendung der RL-konform umgesetzten Vorschriften? Die analoge An- 20 wendung einer in der RL vorgebildeten und in deutsches Recht transformierten Vorschrift ist auch im Anwendungsbereich der RL (außerhalb des Anwendungsbereichs ist dies unstrittig, siehe die Analogie zum HGB im Vertragshändler- und Franchiserecht122) in gleicher Weise zulässig wie die analoge Anwendung deutschen Rechts123. Dies gilt zumindest, wenn die Analogie HV-freundlich wirkt. Diskutiert wurde dies vor allem zu § 89b Abs. 3 Nr. 2 und seinem RL-Vorbild, Art. 18 Abs. 1a RL124. Dort stand eine Ana115 116 117 118

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EuGH, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-381/98, Slg. 2000 I-9305 = NJW 2001, 2007. EuGH, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-381/98, Slg. 2000 I-9305 = NJW 2001, 2007, Tz 23. EuGH, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-381/98, Slg. 2000 I-9305 = NJW 2001, 2007, Tz 27. EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde). Zu den Zwecken der Richtlinie Westphal S. 32 f; 79 ff. Zu diesem Schutzzweck bereits EuGH, Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-381/98, Slg. 2000, I-9305 (Ingmar); Westphal S. 29 f; 82. Emde DStR 2009, 1478 (1481). Siehe Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677. Siehe BGH, Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009,

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640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde) = BeckRS 2009, 13178, der diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorlegte (Entsch. in EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C 203/09, DB 2010, 2495); zumindest implizit Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677; Emde EWiR 2009, 386; für Art. 18 lit. a RL aA EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C 203/09, DB 2010, 2495. Siehe EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C 203/09, DB 2010, 2495; BGH, Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde); Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677; aA OLG Rostock, Urt. v. 04.03.2009 – 1 U 57/08, EWiR 2009, 385 mit abl. Anm. Emde.

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1. Buch. Handelsstand

logie zu Lasten des durch die RL geschützten HV in Frage, die der EuGH ablehnte125. Ebenso wie deutsches Recht definiert die RL nur den unmittelbaren Anwendungsbereich ihrer Normen. Sie schließt nicht aus, ihren Regelungsgehalt auf vergleichbare Sachverhalte anzuwenden. Bei der Analogie RL-konform transformierter Regelungen geht es um eine Analogie im EU-Sekundär- und nicht Primärrecht. Selbst auf der Ebene des Primärrechts stellt die Rechtsanalogie eine gebräuchliche Praxis dar126. Ein Übergriff in die alleinige Rechtssetzungskompetenz der Gemeinschaftsorgane dürfte hiermit nicht verknüpft sein127.

21

8. Regelt die RL Beweislastfragen? Im Grundsatz regelt die RL keine Beweislastverteilung128. Dies obliegt – soweit das materielle RL-Recht schweigt – nationalem Prozessrecht. Am ehesten iS. einer Beweislastregelung wird noch Art. 18 RL zu verstehen sein, der als Ausnahme-TB im Einklang mit § 89b Abs. 3 den Ausgleich unter bestimmten Umständen entfallen lässt. Da es sich auch nach der RL bei dem Wegfall des Ausgleichs um eine Ausnahme handelt, wird sie der Unternehmer beweisen müssen129, es sei denn, es ist in der RL Besonderes geregelt, wie in Art. 18 lit. b RL. Diese Regelung enthält eine Beweislastregel, indem sie ausführt, der Ausgleich bestehe nicht, falls der HV das Vertragsverhältnis beendet habe, „es sei denn“, jene Beendigung sei aus Umständen, welche dem Unternehmer zuzurechnen sind oder durch Alter, Gebrechen oder Krankheit des HV gerechtfertigt. Hier gibt es nur eine Auslegungsvariante, die damit auch der HV-freundlichsten entspricht, nämlich, dass der HV Alter, Krankheit oder dem Unternehmer zuzurechnende Umstände nachweisen muss130. Der Grundsatz HV-freundlichster Auslegung sowie der effektiven Durchsetzung der HV-schützenden Regelungen (Rn 19, 22) bedeutet nicht, dass nun sämtliche TB-Merkmale der RL vom Unternehmer zu beweisen wären. Soweit die RL zur Darlegungs- und Beweislast schweigt, kann ihr im Wege der Auslegung auch nicht die HV-freundlichste Aussage entnommen werden131.

22

9. Grundsatz effektiver Durchsetzung zwingenden Rechts. Wenngleich die RL kein Verfahrensrecht regelt – dessen Ausgestaltung obliegt den nationalen Gesetzgebern –, muss es die effektive Durchsetzung insbesondere der zwingenden Rechte des HV gewährleisten. So hat der EuGH in der Ingmar-Entscheidung132 zum zwingenden RL-Recht ausgeführt, das nicht in den materiell-rechtlichen Regelungsbereich der RL fallende formelle Merkmal der Rechtswahl zu außereuropäischem Recht sei wegen des zwingenden Charakters des in der RL verankerten Ausgleichsrechts zum Schutz vor Umgehung unwirksam. Das OLG München133 hat diese Rspr. fortgesetzt und eine nach Kalifornien weisende Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarung für nichtig gehalten. Also werden

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18

EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C 203/09, DB 2010, 2495. Emde EWiR 2009, 386; Bleckmann/Pieper in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 22. EL 08, Rn 165; Borchardt in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn 22; Weber RIW 2009, 620 (622); vgl. auch Wiedemann Kommentar zu den GVOs des EWG-Kartellrechts, Bd. I, 1989, AT Rn 83 f zu EU-VO. Emde EWiR 2009, 386. Emde DStR 2009, 1478 (1485); Emde

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EWiR 2009, 239 (240); Eckhoff BB 2009, 1609 (1610). Emde DStR 2009, 1478 (1485). Emde DStR 2009, 1478 (1485). Emde DStR 2009, 1478 (1485). Urt. v. 09.11.2000, Rs. C-381/98, Slg. 2000, I-9305 = NJW 2001, 2007. Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde) mit abl. Besprechung Quinke SchiedsVZ 2007, 246; hierzu Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009); 818 ff.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

selbst verfahrensrechtliche Vorschriften und erst recht materiell-rechtliche Beweislastregeln an den Aussagen des EuGH zu messen sein. Auch bei der gerichtlichen Durchsetzung des RL-Rechts bleibt immer die HV-freundlichste Auslegung der RL zu beachten134. 10. Anwendung auf nicht von der RL erfasste Mittler. Auf nicht von der RL erfasste 23 Mittler, etwa Dienstleistungsvertreter, Versicherungsvertreter sowie HV-ähnliche Vertriebsmittler sind die RL, die RL-konforme Auslegung sowie das Gebot HV-freundlichster Auslegung unmittelbar nicht anwendbar. Es könnte aber eine analoge Anwendung in Frage kommen135; jedenfalls aber eine Ausstrahlungswirkung der RL-Vorschriften136. Ob nicht von der RL erfasste Mittler dem Schutzniveau des RL-Rechts gleichgestellt werden, darf also vom nationalen Gesetzgeber und Richter entschieden werden137. Im HV-Recht hat sich der deutsche Gesetzgeber aufgrund der mangelnden Differenzierung des HGB zwischen Waren-HV und anderen Mittlern, auch bei der Novellierung des § 89b infolge des EuGH-Urteils v. 26.03.2009138, für eine solche Gleichstellung entschieden. Das Nämliche gilt aufgrund richterrechtlicher Analogie für Vertragshändler und Franchisenehmer, auf die das RL-geformte HGB weitgehend analog angewandt wird. Bei Diskrepanzen zwischen HGB und RL könnte man bei HV-ähnlichen Mittlern, deren Recht in einer Analogie zu den §§ 84 ff gebildet wird, darüber nachdenken, zu welchen Normen die Analogie gesucht wird, HGB oder RL139. Erste Rechtsquelle für nicht von der RL erfasste Mittler bleiben zwar die §§ 84 ff140. Sofern allerdings das HGB kraft unmittelbarer oder analoger Anwendung auch für nicht von der RL erfasste Mittler gilt, sollte es in gleicher Weise (einheitlich) und damit richtlinienkonform so ausgelegt werden, wie es auch bei von der RL erfassten HV geschieht. Dies ergibt sich zwar weder aus der RL noch dem HGB, ist aber ein Gebot der Vernunft und mglw. auch des Art. 3 GG. Für einen Kfz-Vertragshändlervertrag hat dies der BGH 141 wie folgt begründet: Die RL-konforme Auslegung gelte nicht nur für HV-Verträge. Zwar regele die RL nur das Recht der HV, nicht das der Vertragshändler. Nach deutschem Recht sei aber HV-Recht auf Vertragshändler entsprechend anzuwenden. Dies gelte auch insoweit, als die Auslegung HV-rechtlicher Bestimmungen durch die RL beeinflusst werde. Dem ist zwar entgegenzuhalten, dass die RL nicht für jeden HV gilt (siehe Dienstleistungs- und VV-Vertreter) und damit nicht für alle HV. Für den seinerzeit vom BGH entschiedenen Vertrag war aber eine Analogie zum Warenvertreter zu ziehen, so dass die Begründung mit dieser Ergänzung zugetroffen hätte. Jedenfalls wäre eine aufgrund unterschiedlicher Auslegung, einmal unter Einbeziehung und ein anderes Mal unter Nichteinbeziehung der RL, entstehende Disparität des Vertriebsrechts angesichts seiner relativen Einheitlichkeit kaum sinnvoll. Denn die sich entwickelnde Rspr. zum HV-Recht müsste auf andere Vertriebsmittler nur noch eingeschränkt übertragen werden142. Auch für deutsches Umsetzungsrecht, welches bewusst

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Emde DStR 2009, 1478 (1486). Gegen die analoge Anwendung Dutta in: Reithmann/Martiny, 7. Aufl., Rn 2120, weswegen etwa die Vorschriften zum Ausgleichsrecht international nicht zwingend seien. Tendenziell wohl BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08 Rn 33 – Kfz-Vertragshändler. AA mglw. BGH, Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR

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2009, 611 (Emde), der in einem Vertragshändlerfall um eine Entscheidung des EuGH nachsucht. EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde). Eingehend Emde DStR 2009, 1478 (1479 ff). Eingehend Emde DStR 2009, 1478 (1479 ff). BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07 Rn 19. Emde DStR 2009, 1478 (1479 f).

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nach dem Willen des Umsetzungsgesetzgebers über das RL-Recht hinaus geht, mag es einen gesetzgeberischen Willen zu einheitlicher Auslegung geben143. Das dürfte insbesondere für den zwecks Umsetzung der RL novellierten Teil der §§ 84 ff gelten, da der Gesetzgeber die Überlagerung durch die RL damit in Kauf genommen hat. Zweifel könnten bei nicht novellierten Teilen eingreifen und insbesondere bei den §§ 89b Abs. 5, 92 Abs. 2 (die nicht von der RL erfasste Versicherungs- und Bausparvertreter betreffen). Ob der Umstand, dass diese Normen VV und Bausparvertreter anderen HV und damit Warenvertretern gleichstellen, dazu zwingt, auf VV und Bausparvertreter die Gedanken der RL und eine RL-konforme Auslegung anzuwenden, ist folglich diskussionswürdig. Die RL ist erst später in Kraft getreten als § 92 Abs. 2. § 89b Abs. 5 wurde im Verlauf der Novellierung zur Anpassung an die RL zwar geringfügig geändert, jedoch nicht substantiell und vor allem nicht in Umsetzung des RL-Rechts. In der Sache ist zu erwarten, dass die Rspr. das HGB bei allen Mittlertypen einheitlich auslegen wird, wie es der BGH144 zum Vertragshändlerrecht erkennbar werden ließ.

C. Grundgesetzlicher Schutz Die HV-Tätigkeit unterfällt dem grundgesetzlichen Schutz des Art. 12 GG145.

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D. Innere Ordnung des HV-Rechts 25

Durch die Vielzahl der „Buchstabenparagraphen“, um welche die ursprünglich nur neun Vorschriften des HV-Rechts 1897 durch die Novellen bereichert wurden, ist das Gesetz trotz seiner relativen Kürze auf den ersten Blick unübersichtlich geworden. Dennoch bildet es die nachfolgend genannte innere Ordnung ab146: § 84: Einleitende Legaldefinition § 85: Beurkundungsanspruch Die 86er Gruppe: Gegenseitige Rechte und Pflichten im allgemeinen § 86: Rechte und Pflichten des Handelsvertreters § 86a: Rechte und Pflichten des Unternehmers § 86b: Erweiterung dieser Rechte und Pflichten durch das Delkredere Die 87er Gruppe: Vergütung des Handelsvertreters § 87: Grundnorm § 87a: Der konkrete Provisionsanspruch (Verfestigung, Fälligkeit) § 87b: Berechnung der Provision § 87c: Nachprüfbarkeit der Provision § 87d: Auslagenersatz

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Vgl. BGH, Urt. v. 09.04.2002 – XI ZR 91/99, NJW 2002, 1881; Emde DStR 2009, 1478 (1481). BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07; Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde) = BeckRS

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2009, 13178; dazu Salomon/Wegstein BB 2010, 339. BVerfG, Beschl. v. 07.02.1990 – I BvR 26/84, BverfGE 81, 242= NJW 1990, 1469; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.02.2010 – 6 U 164/09. Ebenroth/Löwisch vor § 84 Rn 6.

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Die 88er Gruppe: Einreden aus dem Vertragsverhältnis § 88: Verjährung (nach Streichung jetzt § 195 BGB) § 88a: Zurückbehaltungsrechte des Handelsvertreters Die 89er Gruppe: Ende des Handelsvertreterverhältnisses § 89: Ordentliche Kündigung § 89a: Außerordentliche Kündigung § 89b: Ausgleichsanspruch Die 90er Gruppe: Nachvertragliche Bindungen § 90: Verschwiegenheitspflicht (wobei hier auch vertragsbegleitende Verschwiegenheitspflichten geregelt werden) § 90a: Wettbewerbsverbot Die 91er Gruppe: Außenverhältnis im Handelsvertreterrecht § 91: Gesetzlicher Ermächtigungsrahmen § 91a: Überschreitung der Außenermächtigung Die 92er Gruppe: Besondere Erscheinungsformen des Handelsvertreters § 92: Versicherungs- und Bausparkassenvertreter § 92a: Einfirmenvertreter § 92b: Handelsvertreter im Nebenberuf § 92c: Außereuropäischer Vertreter, Schiffslinienvertreter Damit reichen die §§ 84 – ähnlich dem BGB – von Geburt zum Tod, nämlich vom Entstehen des Handelsvertretervertrages zu seiner Beendigung durch Kündigung, woran sich Vorschriften über die Rechtsfolgen solcher Beendigung, besondere Sonderformen der HV sowie zum Geltungsbereich der Normen anschließen.

E. Das auf Handelsvertreter anwendbare Recht I. HGB Wie dargelegt untersteht der HV-Vertrag in erster Linie den hier kommentierten 26 §§ 84–92c. Sie sind vorrangig und verdrängen innerhalb ihres Anwendungsbereichs andere Gesetze, insbesondere das Dienstvertrags- und Geschäftsbesorgungsrecht des BGB. Ist also ein Beauftragter als ständiger Geschäftsvermittler tätig, wird auf ihn zuvörderst Handelsvertreterrecht angewandt und es darf nur subsidiär auf das BGB zurückgegriffen werden.

II. Handelsbräuche Auch Handelsbräuche bestimmen den HV-Vertrag (§§ 157 BGB, 346)147. Mangels ab- 27 weichender Rechtswahl (eine allgemeine Rechtswahlklausel genügt) sind die am Erfüllungsort – meist dem Sitz des HV (dazu unten) – geltenden Handelsbräuche148 maßgeblich.

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Hopt § 86 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 22.

148

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 22.

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1. Buch. Handelsstand

III. BGB Subsidiär ist neben anderen Gesetzen149 vor allem das BGB auf HV anwendbar. Das Recht des HV-Verhältnisses ist ein Teil des allgemeinen Geschäftsbesorgungs- und Dienstvertragsrechts des BGB, für welches es eine Reihe von Sonderregeln gibt. Denn der Handelsvertreter schuldet eine Tätigkeit, Dienste im Sinne des § 611 BGB, die eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) zum Gegenstand haben150. Mangels Spezialität und entgegen anderslautender Stimmen151 sind im Grundsatz alle Regeln des BGB-Dienstvertrags- wie Geschäftsbesorgungsrechts anwendbar152. Da der HV lediglich Vermittlungsbemühungen und keinen Vermittlungserfolg schuldet153, bleibt Werkvertragsrecht unanwendbar154. Daran ändert sich auch nichts, wenn er sich verpflichtet, eine bestimmte Zahl von Geschäften zu vermitteln oder abzuschließen155. Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften können allenfalls im Einzelfall analoge Anwendung finden156, insbesondere auf den Einfirmenvertreter (§ 92a Rn 4 f). Keine Anwendung findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz157 (zum AGG Rn 309). Jedoch kann sich aus der Treupflicht158, bei schützenswertem Vertrauen auf Gleichbehandlung159 sowie aus § 20 GWB eine Pflicht des Unternehmers ergeben, HV innerhalb des Systems nicht willkürlich, insbesondere in Grundsatzfragen, ungleich zu behandeln (§ 86a Rn 36 ff). Verhandlungsgeschick ist dem Unternehmer jedoch nicht untersagt. Er darf mit einem HV einen günstigeren Vertrag als mit einem anderen schließen. Bei Vertragshändlern und Franchisenehmern soll regelmäßig eine Gleichbehandlungspflicht bestehen, die sich jedoch auch hier wahrscheinlich nur aus § 20 GWB ergeben könnte. Ob allein die stärkere Einbindung der letztgenannten unter Treupflichtgesichtspunkten die Gleichbehandlung fordert, ist unsicher. 29 Allerdings werden die Normen außerhalb der §§ 84 ff teilweise durch speziellere Vorschriften des HV-Rechts verdrängt. Dies bedeutet jedoch nicht ihre strukturelle Unanwendbarkeit. Vielmehr treten sie hinter die spezielleren HGB-Normen zurück. Dies kommt in der Sache meist einer Unanwendbarkeit gleich, ist jedoch rechtstechnisch ein aliud, was eine Rolle spielen kann, wenn dispositive HGB-Vorschriften explizit abbedungen wurden. Die verdrängten BGB-Bestimmungen werden regelmäßig wieder anwendbar, soweit sich aus der Derogation nicht eine speziellere Vertragsregelung oder ein Ausschluss auch des BGB entnehmen lässt. In der Praxis spielen die BGB-Vorschriften jedoch eine untergeordnete Rolle, während das HGB im Vordergrund steht.

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1. Allgemeiner Teil des BGB. Ein HV-Vertrag kann gem. §§ 134, 138 BGB nichtig sein (§ 84 Rn 88 ff). Der Abschlussvertreter besitzt Vollmacht zum Handeln für den Unternehmer iSd § 164 BGB. Wegen der Erkundigungs- und Informationspflichten innerhalb des Vertriebssystems könnte unter den Mitgliedern des Vertriebssystems zurückhaltend an eine Wissenszurechnung nach § 166 BGB gedacht werden. Der Unternehmer 149

150 151 152

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Zum Rechtsrahmen der Vertriebsverträge übersichtsartig Martinek/Habermeier und Martinek/Wank, §§ 6, 7. Hopt § 86 Rn 1. Missverständlich Küstner/Thume I Rn 250 ff. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 85 Rn 6. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1. RGZ 87, 441; 95, 135; Eberstein S. 68. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 155; Hopt § 92a Rn 1. Hopt ZIP 1996, 1538; Hopt § 86 Rn 10, 30; § 86a Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1; LG Hamburg, Urt. v. 15.12.2006 – 406 O 175/06. Hopt § 86 Rn 10. BGH, BB 1971, 484; Hopt § 86 Rn 10.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

muss sich Wissen des HV beim Abschluss als das seines Verhandlungsgehilfen zurechnen lassen160. Immer aber ist zu berücksichtigen, dass es sich um selbständige Unternehmen handelt. 2. Allgemeines Schuldrecht. Die §§ 241 ff BGB, insbesondere die §§ 311 ff BGB sind 31 anwendbar. Der HV hat seine Pflichten gemäß § 242 BGB so zu erfüllen, wie es Treu und Glauben erfordern161. § 275 BGB ist nicht anwendbar162. Der HV-Vertrag ist Dauerschuldverhältnis163. Die für Dauerschuldverhältnisse gelten- 32 den allgemeinen Regeln, insbesondere das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§§ 314, 626 BGB), werden weitgehend durch die spezielleren Vorschriften des HV-Rechts verdrängt, nicht jedoch § 314 Abs. 2 bis Abs. 4 BGB, die ohne Äquivalent im HV-Recht blieben164. Daneben gelten die Regeln über Anfechtung und Nichtigkeit165 (hierzu § 84 Rn 88 ff) sowie die Rechtsinstitute der CIC (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB)166 und PFV (§ 280 Abs. 1 BGB). Aus §§ 242, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (CIC) – nicht aus der vorver- 33 traglich noch nicht geschuldeten Interessenwahrungspflicht – leiten sich vorvertragliche Aufklärungspflichten der Parteien her, z.B. die Verpflichtung über Risiken, die der Vertragserfüllung entgegenstehen könnten, unaufgefordert hinzuweisen167. Das gilt insbesondere für (wirtschaftliche) Risiken, die einer Vertragspartei – meist dem HV – nicht erkennbar sind. Besonders ausgeprägt ist die Diskussion zu diesen Pflichten im Franchiserecht (Rn 409 ff). Gemäß § 315 BGB darf der Unternehmer Weisungs- und Bestimmungsrechte nur nach billigem Ermessen ausüben168. 3. Wegfall der Geschäftsgrundlage. Auch § 313 BGB (ehemals WGG) ist anwend- 34 bar169. Gedacht wird an Fälle notwendiger Änderungen infolge wirtschaftlichen oder marktpolitischen Anpassungsbedarfs bzw. des Wegfalls der Existenzgrundlage. Die Praxis wendet in Fällen des WGG meist den in seiner Rechtsfolge starren § 89a an170, wobei sogar vertreten wird, für einen Rücktritt vom Vertrag wegen WGG sei neben § 89a kein Raum171, vielleicht zu Unrecht, weil die von § 313 Abs. 2 BGB geforderte Vertragsanpassung, die auch unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht geschuldet sein mag, die sensiblere Regelung bilden kann172. So dürfte dauerndes Leistungsunvermögen des HV im 160 161 162

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BGHZ 82, 222; BGH NJW 1965, 1174; 1985, 1080; Hopt § 84 Rn 52. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5. OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 34; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 98; s.a. OLG Nürnberg BB 1969, 933. Küstner/Thume I Rn 249. Das Erfordernis einer Abmahnung vor Kündigung entspricht ohnehin §§ 241 Abs. 2, 242 BGB wie auch der BGH-Rechtsprechung, vgl. BGH NJW-RR 1999, 539 = EWiR 1999, 611 (Emde); 705 (Emde); VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = EWiR 2001, 483 (Emde). Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 49. Martinek/Flohr § 8 Rn 126; im Franchisevertrag OLG München BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749.

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Siehe etwa Martinek/Flohr § 8 Rn 124 f. Zum Franchiserecht Giesler/Nauschütt § 5 Rn 92. Martinek/Flohr § 9 Rn 48 ff; Ende BB 1996, 2260, 2263; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50. Siehe Staub/Brüggemann 4. Auflage § 85 Rn 4 sowie BGH RIW 1959, 29 für einen in der DDR arbeitenden Vertreter bundesdeutscher Unternehmungen. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 3; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 2; Schröder § 89a Rn 1; vgl. BGH, Urt. v. 11.04.1957 – VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91, 95, 96 = NJW 1957, 989. Martinek/Flohr § 9 Rn 48.

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

Einzelfall wegen WGG eine fristlose Kündigung173 oder einen Rücktritt174 (der wie eine fristlose Kündigung behandelt wird)175 rechtfertigen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und unter Treupflichtgesichtspunkten darf allerdings nicht außerordentlich gekündigt werden, wo eine Vertragsanpassung gemäß WGG-Grundsätzen oder eine ergänzende Vertragsauslegung möglich ist und die Anpassung aus dem Mittlervertrag kein von den Parteien nicht gewünschtes „aliud“ formt. Die Anpassung eines HV-Vertrags an veränderte Umstände wegen WGG wird also durch § 89a nicht berührt176. Gründe, die nicht als „wichtige“ i.S.d. § 89a gelten, werden meist auch nicht zu einem WGG führen177. Weder Umsatzrückgang, Absatzchancen, Gewinn-, Ertragserwartungen oder die fehlende wirtschaftliche Tragfähigkeit der Vertretung begründen im Regelfall einen WGG178 oder können zu einer Vertragsanpassung nach § 242 BGB leiten179, möglicherweise aber eine Wettbewerbslage aufgrund unvorhergesehener technischer Entwicklungen oder der Nichtabsatz aufgrund von Gesetzesänderungen180. Gleiches gilt, wenn im Gefolge einer Umgliederung der Wirtschaftsstruktur eines bestimmten Gemeinwesens die Existenzmöglichkeiten für den freien HV nicht mehr gegeben sind. Die Anpassungsmöglichkeit des § 313 Abs. 3 BGB besteht neben dem Recht aus § 89a, wobei ein Kündigungsgrund nach § 313 Abs. 3 BGB regelmäßig auch die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 89a erfüllen wird. Das infolge eines WGG eintretende Vertragsende führt zur Ausgleichsberechtigung. Die Ausgleichsauschlussgründe des § 89b Abs. 3 sind (analog) anzuwenden, wenn nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Vertragsanpassung (§ 313 Abs. 1 BGB) ein anderes Ergebnis sachgerecht ist. Sofern die Voraussetzungen des § 89b Abs. 3 Nr. 1 nicht eingreifen, verliert der Vertreter infolge einer Eigenkündigung nach § 313 Abs. 3 BGB den Ausgleich.

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4. Gegenseitiger Vertrag. Der HV-Vertrag ist gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff BGB181. Der HV verpflichtet sich zur Vermittlung oder zum Abschluss, der Unternehmer zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, welche meist – aber nicht notwendigerweise – eine Provision ist. Wirbt der Mittler in Ausführung seiner Vertriebspflicht Stammkunden, erwirbt er eine ebenfalls im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Ausgleichsvergütung (§ 89b). Begleitet werden die Haupt- durch zahlreiche Nebenpflichten, insbesondere über §§ 241 Abs. 2, 242 BGB hinausgehende Schutz- und Treupflichten182. Das allgemeine Leistungsstörungsrecht der §§ 320 ff BGB ist damit auch im Vertretervertrag anwendbar183, wobei beide Vertragsparteien jedoch in der Regel eher auf das präsentere Kündigungsrecht des § 89a ausweichen werden. Bei Untätigkeit des Vertreters kann der Unternehmer dem Vertreter eine Frist gemäß § 323 (früher: § 326) BGB setzen184. Der Vertreter darf seine Dienste zurückhalten, je nachdem, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt, gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 273 BGB185.

173 174

175 176 177 178 179

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 5. BGH, Urt. v. 26.04.1995 – VIII ZR 124/94, ZIP 1995, 910, 912; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 6; aA Schröder § 84 Rn 43. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 6. Emde BB 1996, 2260, 2263; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 3. Martinek/Flohr § 9 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50; Martinek/Flohr § 9 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50.

180 181

182 183 184 185

Martinek/Flohr § 9 Rn 49. Küstner/Thume I Rn 248; Martinek/Flohr § 9 Rn 44 ff; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 85 Rn 1. Küstner/Thume I Rn 248 f. Martinek/Flohr § 9 Rn 44. Martinek/Flohr § 9 Rn 45 ff. Für Franchiseverträge Giesler ZIP 2002, 420 (424).

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5. §§ 305 ff BGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen. Vertriebsrecht ist zugleich 36 meist AGB-Recht186. Dies wird oft unzureichend beachtet. Wird in den Tatsacheninstanzen einer gerichtlichen Auseinandersetzung nichts zur Qualifikation als AGB vorgetragen187, werden Gerichte außer in Evidenzfällen die §§ 305 ff BGB (früher: AGBG) nicht anwenden. Diese Bestimmungen haben eine zunehmende Bedeutung. Noch in der 4. Aufl. des Staub spielte das AGB-Recht kaum eine Rolle, die dortigen Ausführungen müssen heute als rudimentär und überholt angesehen werden. Jeder Unternehmer, der ein Vertriebsnetz mit mehreren Repräsentanten unterhält, achtet auf die Einheitlichkeit der ihnen gegenüber verwandten Verträge, etwa im Kfz-Vertragshändlerbereich188. Ein Aushandeln, welches zur Einordnung als Individualabrede führt, fehlt regelmäßig189. Es würde voraussetzen, dass der Verwender das Vertragsgefüge in seiner Gänze zur Disposition stellt. Praktisch alle Vertriebsverträge qualifizieren sich deshalb als AGB mit allenfalls marginalen Abweichungen. Insbesondere bei Vertragshändler- und Franchiseverhältnissen ergibt sich die Einheitlichkeit der Verträge und die daraus resultierende Vermutung der Mehrfachverwendung190 auch aus dem Gleichbehandlungsgebot und dem Gleichbehandlungswillen des Unternehmers. Unerheblich ist, ob der Unternehmer die Verträge nur für eine begrenzte Anzahl von Fällen verwenden will. Dieser Wunsch liegt in der Natur geschlossener Vertriebssysteme begründet191. Innerhalb eines Vertriebssystems könnte eine Vermutung für die Bewertung als AGB192 diskutiert werden, die der Unternehmer zu widerlegen hätte. Denn er kann vortragen, welche Verträge er mit welchen Mittlern gezeichnet hat. Im Prozess darf etwa ein HV die Eigenschaft als AGB beweisen, indem er den Beweis „Vorlage aller HV-Verträge durch den Unternehmer“ anbietet. Möglicherweise können auch andere HV und Unternehmer als Wettbewerber gegen unwirksame AGB im Wege der „Konkurrentenklage“ nach UWG vorgehen193. Bei der Prüfung einer Klausel auf ihre Gesetzeskonformität ist zwischen dem Interesse 37 des Unternehmers am Aufbau eines einheitlichen Vertriebssystems, möglichen Benachteiligungen von Unternehmern mit vielgliedrigem Vertriebssystem sowie dem Schutzbedürfnis des Mittlers abzuwägen. Ein Verstoß gegen zwingendes Recht (§ 134 BGB) begründet zugleich einen Verstoß gegen § 307 BGB194. Charakteristisch ist das Urteil des OLG München zu Einstandszahlungen195. Es begründet die Unwirksamkeit einer Einstandszahlungsabrede, die nicht regelte, dass die vom Erstvertreter geworbenen Kunden ausgleichsrechtlich als Kunden des den Einstandspreis leistenden Nachfolgevertreters anzusehen sind, aus § 307 BGB, § 89b Abs. 4. Wie die Herleitung auch aus § 89b Abs. 4 zeigt, hätte das Ergebnis im Rahmen einer Individualvereinbarung nicht anders lauten dürfen. Eine Bedeutung haben die §§ 305 ff BGB damit vor allem bei Vertragsklauseln, mit denen dispositive Regelungen abbedungen werden196. 186

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Graf von Westphalen DB 1984, 2335; Preis/ Stoffels ZHR 160 [1996], 442, 443; Martinek/Flohr § 8 Rn 102, 112; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 86; für Kfz-Vertragshändlerverträge Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589. Charakteristisch für ein derartiges Unterlassen BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09 Rn 21. Habersack/Ulmer S. 21. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 86. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 211.

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196

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 212. Emde EWiR 2002, 486; ders., VersR 2003, 549, 553; zu Bauträgerverträgen auch Gero Fischer WM 2003, 1. Köhler NJW 2008, 177. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 85 Rn 5. OLG München, Urt. v. 20.10.2004 – 7 U 3194/04, BB 2005, 630 mit Anm. Semmler BB 2005, 965 und Emde EWiR 2005, 471. Eberstein S. 18 f; Küstner/Thume I Rn 323 ff; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebs-

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Da der Prinzipal ebenso wie sein HV meist Unternehmer i.S.d. § 310 Abs. 1, § 14 BGB ist, sind vorrangiger Prüfungsmaßstab nicht die §§ 308, 309 BGB sondern ist es § 307 BGB197. Für die Unternehmereigenschaft genügt, dass der Mittler sie durch den Vertragsschluss begründet198. Eine mit § 512 BGB vergleichbare Regelung ist im AGBRecht nicht vorgesehen199. Auch im Franchiserecht kommt dem übereinstimmend Gewollten Vorrang vor einer objektiven Auslegung der AGB zu200. Gem. § 307 BGB sind AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders 39 entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Die Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, falls die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), oder wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet ist. Teilweise wird vertreten, in AGB dürfe überhaupt nicht zu Lasten des Mittlers von dispositivem Recht abgewichen werden201. Dies ist etwas weitgehend, wenngleich die gemäß § 307 BGB gebotene Einzelfallbetrachtung oft zum selben Ergebnis führt. Generell kann aus dem Umstand, dass gesetzliche Regelungen abdingbar sind, nicht auf die Zulässigkeit bestimmter Abweichungen gerade in AGB geschlossen werden202. Ob eine kartellrechtliche GVO das „gesetzliche“ Leitbild widerspiegelt, könnte wegen des Vorrangs und der Spezialität deutschen Gesetzesrecht diskutiert werden. Die Rechtsprechung ist dabei uneinheitlich. Insbesondere der BGH hat Klauseln am Leitbild der GVO gemessen203. Auch wenn es sich bei einer GVO nicht um ein gesetzliches Leitbild handelt204, kommt den durch die Kommission erlassenen GVOs richtigerweise eine wichtige oder zumindest indizielle205 Stellung als gesetzliche Leitbilder206 zumindest im Rahmen der Billigkeitsabwägung207 zu, da sie nach Anhörung der beteiligten Kreise erlassen wurden208. Insbesondere im unnormierten Vertragshändler- und Franchiserecht kann die Leitbildwirkung auch nach Wegfall der zivilrechtlichen Schutzbestimmungen

197 198

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200 201

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recht, 2005, § 2 Rn 88; Emde MDR 2002, 190, 191; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 51. Martinek/Flohr § 8 Rn 112. OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001, BB 2001, 2499 ff = DB 2002, 423, 424; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 87; aA Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 65. OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001, BB 2001, 2499 ff = DB 2002, 423, 424; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 87. BGH NJW-RR 2000, 1159 (1160). Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 85 Rn 2; von Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen wohl aufgegeben. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1700) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-

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RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; siehe auch BGH BB 2000, 60 mit Anm. Emde = EWiR 2000, 153 (Emde). Ulmer/Schäfer ZIP 1994, 753; Habersack/ Ulmer S. 30. Habersack/Ulmer S. 30. Niebling WRP 2009, 153 (154) = WRP 2010, 81 (82) = WRP 2010, 1454 (1455). So BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209) = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.01.2008 – VI – Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324; OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner bei der Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 20 GWB. Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 64; aA Giesler/ Kroll in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 219, 230; Niederleithinger NJW 1991, 3078.

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aus der alten Kfz-GVO 1400/02 akzeptiert werden. Es bleibt das Problem ständiger Änderungen der GVO und damit möglicher Wechselhaftigkeit der Rspr. Verstößt eine Klausel gegen eine GVO, folgt dem regelmäßig die Unwirksamkeit nach § 307 BGB209. Schwierig ist die Berücksichtigung des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Will man die Leitbildfunktion der GVO anerkennen und widerspricht eine Klausel ihren Bestimmungen, wird die Nichtigkeit nur ausgeschlossen, wenn bei abstrakt-genereller Betrachtung jeder Vertrag des Vertriebssystems nach Art. 101 Abs. 3 AEUV befreit wäre210. Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen nur Bestimmungen einer Inhaltskontrolle, 40 durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Rechtsvorschriften i.S.d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind alle Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne sowie ungeschriebene Rechtsgrundsätze, die ohne die inkriminierte Klausel gelten würden. Damit ist Kontrollmaßstab die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten, welche sich aus der Natur des Vertrages ergeben211. Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht beschreiben (Leistungsbeschreibungen) und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln (Preisvereinbarungen) sind einer Inhaltskontrolle entzogen (kontrollfreie Klauseln)212. Die Höhe der Hauptleistung ist daher gem. § 307 Abs. 3 BGB – wohl trotz § 87b Abs. 1 – nicht Gegenstand einer Kontrolle nach dem AGB-Recht, sondern in erster Linie nach § 138 BGB, ggf. §§ 242 und 313 BGB213. Die Kontrollfreiheit trifft etwa die Höhe der Provision, mglw. aber nicht ihre generelle Abdingbarkeit214. Von der Inhaltskontrolle ausgenommen sind ferner die Bestimmung der Vertragsparteien, Änderung der Vertragspartnereigenschaft215, Preisvereinbarungen, Leistungsbeschreibungen, Gebietszuweisungen216, nicht jedoch Regelungen zur Gebietsbeschränkung217, Anleitungen für die Ausgestaltung des Franchisebetriebs, Warenbeschreibungen218, einseitige Preisänderungsvorbehalte219, Klauseln über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen im Falle der Kündigung220 und deklaratorische Klauseln221. Klauseln zum Ausgleichsanspruch werden wegen der Existenz des § 89b als Kontrollmaßstab nicht als kontrollfrei angesehen. Der Ausgleich ist allerdings ohnehin gem. §§ 307 BGB, 89b HGB derogationsfest. Auch sind Formularklauseln kontrollfähig, die Leistungsversprechen ausgestalten und modifizieren222; ebenso Preisnebenabreden, die zwar mittelbar Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben,

209 210

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Niebling WRP 2006, 1334. Vgl. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). BGH, Urt. v. 06.02.1985, BGHZ 93, 358 (360); Urt. v. 14.10.1997, BGHZ 137, 27 (29); Urt. v. 12.05.2004 – VIII ZR 159/03; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 89. BGH, Urt. v. 12.05.2004 – VIII ZR 159/03. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 89. Siehe BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 (2654) Rn 21 – zumindest für Überhangprovision; für ein Derogationsverbot in AGB wohl Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 60; streng auch OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = NJW-RR 2009, 1699.

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Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 220. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 222. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 222. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 222, zwh. BGHZ 81, 229 (232); 93, 252 (255); Habersack/Ulmer S. 36. Kontrollmaßstab wären die selbst in Individualvereinbarungen zwingenden §§ 89, 89a; aA (ohne Auseinandersetzung mit diesen Vorschriften) BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 220. BGH v. 24.04.1991, NJW-RR 1991, 1013.

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an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlte, dispositives Recht treten kann. Dies gilt etwa für eine Formularklausel in einem HV-Vertrag zwischen einem Luftfahrtunternehmen und dem Reisebüro, der zufolge Provisionen, welche die Reisebüros erhalten, allein auf Grundlage der Flugkosten und nicht der von Flughafen zu Flughafen variierenden Landegebühren berechnet werden223. Der BGH hat diese Klausel an § 307 BGB gemessen und für wirksam gehalten. Hingegen hat er Einstandszahlungen des HV für den Kauf einer Vertretung als kontrollfrei angesehen224, weil insoweit nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird. Bei so genannten Händlerstandards kann es sich um Vertragsbestandteile und damit 41 um AGB handeln. Verbleiben Zweifel, sind sie – wenn dies zum Vorteil des Händlers gereicht – gemäß § 305c BGB nur als Empfehlungen des Herstellers anzusehen225. Für die Änderung von Händlerstandards gelten die gleichen Anforderungen wie bei sonstigen Änderungsvorbehalten226, es sei denn, es handelt sich lediglich um Empfehlungen. Die Einordnung als AGB ändert sich nicht dadurch, dass der Hersteller den Mittler in Beiräten oder Ausschüssen, die sich aus dem Kreis der Mittler gebildet haben, in die Gestaltung der Verträge einbezieht227. Selbst wenn diese Organisationen Änderungen einzelner Klauseln durchsetzen, gelten sie nicht als zwischen den Parteien ausgehandelt228. Die Stellungnahme der Mittlervertretungen können jedoch für die Bewertung der Angemessenheit der Klausel Bedeutung gewinnen, da sie die Sichtweise der Mittler ausdrücken229. Nur wenn die Vertretung der Mittler von allen Händlern zum Aushandeln der Verträge bevollmächtigt war, kann ein individuelles Aushandeln vorliegen230. Soweit in dem Vertriebsvertrag die Geltung der dem Vertrag beigefügten allgemeinen AGB einer Partei (etwa Verkaufsbedingungen) vereinbart wird, ist dies zulässig. Falls nicht auf die jeweils aktuellen AGB verweisen wird, bleibt die Änderung dieser AGB eine Vertragsänderung, die nur konsensual erfolgen darf231. Die Verwendung unwirksamer AGB begründet eine Verletzung von Nebenpflichten nach den §§ 311, 280 BGB232 und verpflichtet zum Schadenersatz233.

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a) Unwirksame Klauseln. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind Bestimmungen mit folgendem Inhalt in Vertriebsverträgen für unwirksam gehalten worden: – Abbuchungsklauseln und Lastschriftverfahren: Eine in einem Tankstellen-HV-Vertrag enthaltene Klausel, die den Tankstellen-HV wegen der Ansprüche aus der laufenden Geschäftsverbindung mit dem Mineralölunternehmen, insb. der Abrechnungen aus Kraftstoffverkaufserlösen sowie Schmierstofflieferungen aus dem Agenturgeschäft und Lieferungen von Shopware, zur Teilnahme am Lastschriftverfahren in Form des Abbuchungsauftragsverfahrens verpflichtet, benachteiligt den HV unangemessen234. Bei dieser Art des Lastschriftverfahrens kann der HV nach Einlösung der Lastschrift die Kontobelastung nicht mehr rückgängig machen. Er gibt die Bestimmung, ob und 223

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BGH, Urt. v. 12.05.2004 – VIII ZR 159/03, MDR 2004, 1009 = NJW-RR 2004, 1206 = WM 2004, 2453. BGH, Urt. v. 09.12.1992 – VIII ZR 23/92, NJW-RR 1993, 376 = MDR 1993, 1060. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 108. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 110. Habersack/Ulmer S. 29; Westphal II Rn 64. Westphal II Rn 64. Habersack/Ulmer S. 29; Westphal II Rn 64.

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233 234

Westphal II Rn 64. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 114. Niebling WRP 2009, 153 (155); Palandt/Grüneberg Vor § 307 Rn 14; aA LG Hamburg, Urt. v. 05.12.2008 – 412 O 152/06. AA LG Hamburg, Urt. v. 05.12.2008 – 412 O 152/06. BGH, Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 m. abl. Anm. Steinhauer = WM 2010, 277.

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wann er Zahlungen an den Unternehmer leistet, in dessen Hand. Darin liegt ein schwerwiegender Eingriff in seine Dispositionsfreiheit, der nicht durch Vorteile, etwa Rationalisierungseffekte, ausgeglichen wird. Insb. ist nicht ersichtlich, dass das Einzugsermächtigungsverfahren als Alternative unzureichend wäre. Nicht entschieden wurde, wie die Klausel zu beurteilen wäre, wenn das Sonderkonto ausschließlich zur Aufnahme der Erlöse diente, welche der HV im Namen und für Rechnung des Unternehmers vereinnahmt, und die Verpflichtung zur Teilnahme am Abbuchungsauftragsverfahren nur für diese Fremdgelder Gültigkeit hätte. Als Argument für die Zulässigkeit einer derartigen Klausel könnte der Unternehmer ein Sicherungsinteresse hinsichtlich der ihm unmittelbar zustehenden Einnahmen geltend machen235. Steinhauer236 schlägt als Abhilfe zu Gunsten der Unternehmer vor, eine Factoringvereinbarung zwischen HV und Unternehmer zu schließen, damit die eingenommen Gelder zu Fremdgeldern würden. Unwirksam ist auch die Klausel in den AGB des Mineralölunternehmers, nach der er berechtigt sein soll, von einem Agenturkonto, auf welches der Tankstellen-HV die Erlöse aus den Verkäufen einzuzahlen hat, im Lastschriftverfahren Abschläge für Verkaufserlöse abzubuchen, die der HV noch nicht vereinnahmt hat237. Begründung: Es zähle nicht zu den gesetzestypischen Pflichten des HV, für Verkaufserlöse in Vorlage zu treten. Er habe diese Beträge vielmehr herauszugeben (§ 667 BGB). Bei einem Franchisevertrag mit kurzer Abrechnungsperiode hat das OLG Düsseldorf238 keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel. – Ablehnung von Aufträgen: Das in den AGB vereinbarte Recht des Unternehmers, Aufträge willkürlich abzulehnen239. – Abrechnung: • Regelung, dass Abrechnungen nach Schweigen des Vertreters auf deren Zusendung als anerkannt gelten. Diese Gestaltung wird gewählt, um die Höhe der Provision dem Streit zu entziehen und die Kontrollrechte des § 87c als Hilfsrechte auszuschließen. Das Ergebnis dürfte sich auch aus § 87c Abs. 5 begründen. Das LG Frankfurt/Main240 hat jedoch in einem Einzelfall ein Interesse des Unternehmers anerkannt, durch eine solche Vereinbarung rasche und klare Verhältnisse zu schaffen. • Verpflichtung des HV, Durchschriften der Abrechnungen innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zugang zu prüfen und mit einem Bestätigungsvermerk oder evtl. Einwendungen an den Hersteller zurückzusenden241. Es muss zumindest eine angemessene Prüfungszeit vereinbart werden. – Absatzrisiko: Das Absatzrisiko des Unternehmers darf nicht auf den HV verlagert werden242. Nach Ansicht des OLG Stuttgart243 sowie des OLG Hamburg244 ist es sogar sittenwidrig, wenn dem HV die Verpflichtung auferlegt wird, die zu vermittelnden Waren zu erwerben und er auf diese Weise das Absatzrisiko übernehmen muss. Der 235

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BGH, Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 m. abl. Anm. Steinhauer = WM 2010, 277. Steinhauer BB 2010, 207 (208). BGH, Urt. v. 08.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180; ebenso KG, Urt. v. 20.05.2007 – 23 U 87/05. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2186. VersR 1998, 1238.

241 242

243 244

Emde MDR 1999, 1108 (1113); Emde EWiR 1999, 328. Vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; OLG Hamburg, Urt. v. 31.01.1940, HVR Nr. 2; OLG Stuttgart, Urt. v. 05.07.1957 – 5 U 169/56, NJW 1957, 1281; OLG München, Urt. v. 08.08.2001 – 7 U 5118/00, OLGR 2000, 82; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 60. Urt. v. 05.07.1957 – 5 U 179/56, NJW 1957, 1281. Urt. v. 31.01.1940, HVR Nr. 2.

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BGH245 teilt diese Auffassung zumindest für den Fall, in dem das Unternehmerrisiko ohne besonderes Entgelt auf den HV übertragen wird. Die Verpflichtung des HV zum Erwerb von Waren bzw. Produkten des Unternehmers widerspricht damit dem Wesen des HV-Vertrages und ist regelmäßig unwirksam246. – Adressen: Zahlungspflicht des Vertreters für die Mitteilung von Kundenadressen247. Die wechselseitigen Informationspflichten forderten deren kostenlose Überlassung. – Änderungsvorbehalte, einseitige Leistungs- oder Preisbestimmungsrechte248: Ein einseitiges Änderungsrecht kann mittels AGB nur festgelegt werden, wenn schwerwiegende Gründe dies rechtfertigen249. Unzulässig ist das Recht einer Partei, jederzeit (ohne Ankündigung) einseitig Preise, Provisionen, Rabatte (Handelsspannen)250, Boni, Gebühren, Nachlässe, Finanzierungsbedingungen, Werbeaufwendungen, Zuschüsse, Garantiekarten oder andere Verkaufsbedingungen zu ändern und neue Preislisten herauszugeben251, vor allem bei wesentlichen Änderungen. Bei Änderungen des Vertragsgebietes eines Vertragshändlers ist bedeutend, ob ihm ein Alleinvertriebsrecht zustand: Wurde dem Händler lediglich ein bestimmtes Gebiet ohne Zusicherung des Alleinvertriebs übertragen, so ist es mit § 307 Abs. 1 BGB vereinbar, wenn der vom Hersteller vorformulierte Vertrag auch ohne besondere Änderungsgründe dem Hersteller das Recht einräumt, einen weiteren Händler einzusetzen252. Wurde der Vertragshändler hingegen zur alleinigen Betreuung des Vertragsgebietes berufen, so ist die Änderungsbefugnis des Herstellers nur dann mit § 307 Abs. 1 BGB vereinbar, wenn sie erhebliche Gründe voraussetzt und dem Vertragshändler eine angemessene Übergangszeit sowie einen angemessenen Ausgleich einräumt253. Eine bloße Anknüpfung des Änderungsrechts an die „Sicherung des Marktanteils“ ist nicht ausreichend, und zwar auch dann nicht, wenn die Klausel dahin lautet, dass eine angemessene Berücksichtigung der Interessen des Vertragshändlers vorgenommen wird254. Unzulässig ist ferner der Vorbehalt der einseitigen Änderung des Vertreterbezirks bzw. des Kundenstamms durch den Unterneh245 246 247 248

249

250 251

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Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 60. Ulmer/Brandner/Hensen 10. Aufl., Anhang § 310 BGB Rn 407 m.w.N. OLG Saarbrücken NJW-RR 1997, 99. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = EWiR 2005, 815 (Emde); Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. Niebling WRP 2009, 153 (158). BGH, Urt. v. 06.10.1999 – XIII ZR 125/98; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 85 Rn 2; aA noch Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 85 Rn 5: Entweder sind die niedrigeren Provisionssätze, die Verkleinerung oder Verlegung des Bezirks sachlich vertretbar – bei der Provisionskürzung der Fall der vermehrten Hereinbringung von Versiche-

252 253 254

rungsverträgen mit schlechtem Risiko: aber der Versicherer könnte den Vertragsabschluss überhaupt ablehnen, und eine geringere Provision ist für den Vertreter immer noch besser als gar keine; dann ist der Vorbehalt hinsichtlich seiner konkreten Auswirkungen nicht zu beanstanden. Ist er dagegen sachlich nicht vertretbar (und wirkt sich so auch aus), was bei einer einseitigen Verkleinerung des Bezirks sehr viel häufiger zutreffen wird, dann hat der HV das Recht zu kündigen und erhält dafür seinen Ausgleich (§ 89b Abs. 3). Er ist also durchaus nicht schutzlos. Schon die drohende Ausgleichsberechtigung sorgt mit steigender Dauer des Vertragsverhältnisses dafür, den Unternehmer von einem unangemessenen Gebrauch einseitig diktierter Änderungen abzuhalten. Übersichtsartig zur Rspr. und zulässigen Klauseln (außerhalb des Vertriebsrechts); Kessel/Schwedler BB 2010, 585 ff. BGH BB 1985, 218 „Opel“. BGH BB 1984, 233 „Ford“. BGH BB 1988, 2101 (2205) „Peugeot“.

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mer255. Letzteres ergibt sich bei Fehlen einer Kündigungsfrist schon aus der zwingenden Natur der Kündigungsfristen des § 89, bei Gewährung einer an § 89 angelehnten Umstellungsfrist aus dem Verbot der Teilkündigung, zudem aus der zwingenden Natur des § 89a. Der Vertreterbezirk ist nicht nur wegen der Bezirksvertreterprovision des § 87 Abs. 2 ein wesentliches Vertragsrecht, welches einseitig nicht geändert werden darf. Bereits am Transparenzgebot scheitert der Änderungsvorbehalt, wenn er aus sich heraus nicht hinreichend klar ist oder keine Beispielsfälle für das einseitige Änderungsrecht nennt. Der Unternehmer hat in Eigenhändlerverträgen, etwa Vertragshändlerverträgen, Interesse an der Gewährung eines Preisänderungsrechts. Auf der Marktgegenseite muss dem Händler Planungssicherheit gegeben werden. U.U. hat er Ware bereits verkauft, und muss sie nun zu einem unerwartet hohen Preis erwerben. Der Interessengegensatz ist aufzulösen, indem Preisänderungsklauseln, bei denen die Gewinnmarge des Unternehmers erhöht werden könnte, eine angemessene Umstellungsfrist regeln müssen. Kostenpositionen dürfen bei entsprechender Regelung mit einer verkürzten Umstellungsfrist geändert werden, sofern die kostenbildenden Faktoren im Vertrag hinreichend transparent benannt werden. Eine angemessene Umstellungsfrist von 4 Wochen bis 4 Monaten dürfte Voraussetzung einer die Gewinnmarge betreffenden Preisänderungsklausel sein, näheres Rn 376. Die Rspr. ist überwiegend streng: Es darf nicht formularmäßig festgesetzt werden, dass der Verkaufspreis am Tag der Rechnungsstellung gilt256. Nichtig ist ferner die Klausel, die Vertragsware werde zu dem jeweils zur Zeit der Auslieferung an den Händler geltendem Händlereinkaufspreis in Rechnung gestellt. Hierdurch kann der Hersteller den Gewinn des Händlers einseitig beschneiden, falls jener bereits zu einem festen Preis an seine Kunden verkauft hat. Richtigerweise ist auf den Tag des Abschlusses des Einzelgeschäftes abzustellen257. Wegen des einseitigen Änderungsrechts ebenso unwirksam ist die in VertragshändlerAGB enthaltene Klausel „Für Bestellungen des Händlers gelten die Listenpreise für Vertragsware in ihrer zum Zeitpunkt der Annahme der Bestellung gültigen Fassung. Der Unternehmer ist berechtigt, die Listenpreise für Vertragsware jederzeit neu festzusetzen und wird den Händler von einer Neufestsetzung unverzüglich unterrichten“258. Dies gilt auch dann, sofern sich der Unternehmer bereit erklärt, dem Vertragshändler die Preisdifferenz zu erstatten, falls jener wegen eigener wirtschaftlicher Bindungen nicht in der Lage ist, den erhöhten Preis an den Endabnehmer weiterzugeben und selbst, wenn der Unternehmer lediglich Importeur und nicht Hersteller ist. Denn der Unternehmer könnte einen Vorbehalt des Inhalts aufnehmen, dass die Preiserhöhung nur eintritt, falls sich der Importeur erhöhten Kaufpreisen ausgesetzt sieht. Preisanpassungsklauseln in AGB dürften nur zulässig sein, wenn sie keine nachträgliche Änderung des vertraglich vereinbarten Äquivalenzinteresses, etwa eine Gewinnerhöhung, ermöglichen259, zudem in Fällen des WGG260. Daneben müssen sie dem Transparenzgebot genügen261. Der Vertragspartner muss erkennen, in welchem Umfang Preis255 256 257

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AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 85 Rn 5. OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.10.2008 – VI U (Kart) 3/08; Niebling WRP 2009, 153 (158). BGH BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde); Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW–RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. OLG Bremen, Urt. v. 05.10.2006 – 2 U

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47/06, OLGR 2007, 1 im Anschluss an BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR12/04, BGHZ 164, 11: aA OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09. 2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. BGHZ 94, 335, 339 = NJW 1982, 331 (332); BGH, NJW 1985, 855 (856); NJW-RR 1986, 211 (212); NJW 1986, 3134 (3135); Borges ZIP 2007, 1438. Habersack/Ulmer S. 37. Borges ZIP 2007, 1438.

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erhöhungen auf ihn zukommen und er muss die Berechtigung der Preiserhöhungen in etwa überprüfen können262. Dazu müssen die Preisänderungsfaktoren genannt werden. Möglicherweise wird man auch eine Klausel zur korrespondierenden Preissenkungspflicht wie bei Zinsanpassungsklauseln fordern müssen263. Klauseln sind am Leitbild des HV-Vertrages zu messen, bei dem der Provisionssatz ebenfalls nicht einseitig geändert werden darf. Großzügiger ist das OLG Düsseldorf264: Ein Preisänderungsrecht in einem Franchisevertrag soll zulässig sein, sofern die Preisänderungsklausel einen dynamischen Bezug mit der Verweisung auf die „jeweils aktuelle“ Preisliste aufweise, so dass es kein anfängliches „Vertrauen“ in einen bestimmten Preis gebe. Außerdem seien im Handelsverkehr Preiserhöhungsklauseln auch ohne Angabe der Erhöhungskriterien zulässig, selbst wenn dem Kunden für den Fall einer erheblichen Preissteigerung kein Lösungsrecht eingeräumt werde, sofern seine Interessen in anderer Weise ausreichend gewahrt würden265. Für die Zulässigkeit einer solchen Klausel könne z.B. sprechen, dass die Parteien im Wesentlichen gleichgerichtete Interessen verträten, was zwischen FN und FG der Fall sei266. Ob als Äquivalent für die Preiserhöhung ein Vertragslösungsrecht ausreicht, ist unsicher267. Aufgrund dieser hohen Erfordernisse erscheint es in der Praxis nahezu ausgeschlossen, eine wirksame Änderungsvorbehaltsklausel auf dem notwendigen Abstraktionsgrad zu formulieren, welche die konkreten Umstände in ausreichendem Maße berücksichtigt268. Eine Ausnahme vom Verbot einseitiger Leistungsänderungen soll für freiwillige Leistungen des Unternehmers gelten269, also solchen, die nicht im Synallagma zu Vertriebsbemühungen des Mittlers stehen, sondern zusätzlich zu dem im Vertrag Versprochenen für Nebenleistungen gewährt werden270. Die bloße Freiwilligkeit der Gewährung ist ein schlechter Maßstab. Denn jede vertragliche Leistung wird freiwillig erbracht (sonst § 123 BGB). Die Auslagerung der Marge in „freiwillige Leistungen“ ist folglich unzulässig271. Die vorgenannten Anforderungen treffen jedes vertragliche Leistungsversprechen, unabhängig von seiner Benennung und seiner objektiven Rechtsnatur. Würde man dies gegenteilig sehen, wäre eine strukturelle Verschiebung in den Kalkulationsgrundlagen sowie im Gewicht der gewährten Vergütungsbestandteile zu befürchten, die mglw. einen Umgehungstatbestand im Sinne des § 306a BGB begründen würden272. Die Möglichkeit einer Änderungskündigung bleibt unberührt273. – Aufwendungsersatz: § 87d bestimmt das gesetzliche Leitbild. Durch AGB darf ein Verwender nicht ohne guten Grund von dessen Regelungsgehalt abweichen274. – Ausbildung: Entgelt für die Ausbildung des Mittlers, wenn ihr keine Gegenleistung gegenübersteht275. Das ergibt sich bereits aus § 138 BGB. 262 263 264 265

266 267

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BGHZ 94, 335 (340); BGH NJW 1986, 3136; Borges ZIP 2007, 1438. Borges ZIP 2007, 1440. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 27.09.1984 – X ZR 12/84, BGHZ 92, 203; Urt. v. 16.01.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 256 ff. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466 (zwh.). Vgl. Borges ZIP 2007, 1441 ff.

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 135. BGHZ 124, 351 (362); Habersack/Ulmer S. 35. BGH NJW 1994, 1060 (1063) unter Hinweis auf BGHZ 104, 82 (86); 104; 78. Habersack/Ulmer S. 35. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 124 f. Habersack/Ulmer S. 37. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 11. OLG Hamm NJW-RR 1990, 567; LG Mönchengladbach NJW-RR 1991, 1207.

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– Ausgleichsanspruch: Der Ausgleichsanspruch ist auch bei einem Vertragshändler ein wesentliches, sich aus dem Vertrag ergebendes Recht. Sein Ausschluss benachteiligt ihn daher regelmäßig unangemessen276. Unwirksam sind im Ausgleichsrecht insbesondere • Anrechnungsklauseln, nach denen „in Höhe des Barwerts der Altersversorgung kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b entsteht“277. Jedoch wird im Einzelfall ein Abzug des Anwartschaftsbarwerts der Altersversorgung vom Ausgleich unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nicht beanstandet278: Die Klausel verstößt gegen § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 4 i.V.m. § 307 BGB und ist daher unwirksam. Sie schreibt den Abzug des Anwartschaftsbarwerts einer Altersversorgung bindend und ohne Berücksichtigung von Einzelfallmomenten vor. Eine differenzierende, jedoch von § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 als zwingendem Recht angeordnete Billigkeitsabwägung ist damit ausgeschlossen. Im Rahmen dieser Abwägung kann z.B. eine lange zeitliche Differenz zwischen Vertragsbeendigung und Fälligkeit des Versorgungsanspruches die Anrechnung verbieten. Die Klausel weicht auch insoweit vom Gesetz ab, als die von § 89b Abs. 1 Nr. 3 vorgeschriebene Billigkeitsprüfung den Ausgleich nicht reduziert, wenn der errechnete Rohausgleich oberhalb der Ausgleichshöchstgrenze valutierte. Billigkeitskriterien beschneiden lediglich den Rohausgleich. Die Klausel schreibt den Abzug jedoch nicht vom Rohausgleich sondern vom tatsächlich zu zahlenden und durch die Höchstgrenze bereits begrenzten Ausgleich vor. • Eine Formulierung in einer solchen Anrechnungsklausel, „diese Regelung beruht auf der Rechtsprechung des BGH“ verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn die Klausel tatsächlich nicht dieser Rechtsprechung entspricht279. • Ausschluss des Ausgleichs in einem Franchisevertrag: Da die analoge Anwendung des § 89b in Fällen des Subordinationsfranchising unzweifelhaft sei, liege eine unangemessene Benachteiligung vor280. • Die Vereinbarung eines festen verwaltenden Vergütungsbestandteils der Provisionen (mit dem Ziel, den für die Ausglichsberechnung maßgeblichen werbenden Teil zu reduzieren)281. • Ein von ESSO als Ersatz für den durch die Einstufung als Handelsvertreter im Nebenberuf entfallenden Ausgleichsanspruch gezahltes Überleitungsgeld darf nicht aufgrund einer AGB-Klausel zurückgefordert werden, nach der jede Kündigung von Seiten des Vertreters – mit Ausnahme der Kündigung aus Altersgründen – das Rückforderungsrecht auslöst. Eine solche Regelung widerspricht dem Derogationsverbot des § 89b Abs. 4. Die Ausschlussgründe des § 89b Abs. 3 werden unzulässig erweitert282. 276 277

278

BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630). BGH, Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 211/01, DB 2003, 144 = MDR 2003, 277 = WM 2003, 691 = EWiR 2003, 231 (Emde) = VersR 2003, 368; Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01, ZIP 2003, 264 = MDR 2003, 278 = WM 2003, 687 = EWiR 2003, 229 (Küstner) = VersR 2003, 323; OLG München, Urt. v. 05.08.2009 – 7 U 2055/09, VersR 2010, 209 (210); Urt. v. 10.03.2003 – 29 U 2509/02, NJW-RR 2003, 1286 = VersR 2003, 368; zusf. Graf von Westphalen NJW 2003, 1988. Rspr. a.a.O.; so bereits Küstner VersR 2001, 58.

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BGH, Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01, ZIP 2003, 264 = MDR 2003, 278 = WM 2003, 687 = EWiR 2003, 229 (Küstner) = VersR 2003, 323. OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 = DB 2002, 2433. BGH, Urt. v. 19.1.2011 – VIII ZR 168/09; BeckRS 2011, 03879 Rn 13 (TankstellenHV); Urt. v. 21.4.2010 – VIII ZR 108/09. BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 15 (Tanktellen-HV). OLG Hamburg, Urt. v. 30.03.2006 – 10 U 16/05.

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– Austrittsgebühr: Siehe Eintrittsvereinbarung. – Auswechslung des Vertragspartners: Auch in einem Franchisesystem hat der Unternehmer regelmäßig kein berechtigtes Interesse daran, einen anderen Vertragspartner an seiner Stelle einzusetzen283. Eine dies gestattende Klausel kann nur zulässig sein, wenn eine Umgestaltung konkret geplant ist und der mögliche neue Vertragspartner individualisierbar benannt wird. Der Franchisenehmer braucht sich keinen ihm unbekannten und möglicherweise insolventen Vertragspartner aufdrängen zu lassen. – Belieferungsrecht: Wird vereinbart, der Unternehmer dürfe einen Vertragshändler auch ohne Bestellung beliefern, widerspricht dies den §§ 145 ff BGB und ist unwirksam, und zwar nicht erst dann, wenn ein korrespondierendes Rückgaberecht nicht vereinbart wurde284. Außerdem wird die Selbstständigkeit des Händlers beeinträchtigt. – Berichtspflicht: Ihre Ausgestaltung und Erweiterung, sofern der HV keine hochwertigen Produkte, sondern preiswerte Massenartikel vertreibt285. Auch bei Massenartikeln dürfte jedoch das Informationsbedürfnis des Unternehmers wegen des wirtschaftlichen Risikos der großen Zahl und der Produkthaftungsgefahren erheblich sein. – Bestimmungsrechte, einseitige: Siehe Änderungsvorbehalte. – Betriebspflicht: Vereinbarung einer automatischen Beendigung des Vertrages, wenn ein Franchisenehmer den Betrieb nicht innerhalb einer bestimmten Frist eröffnet oder keinen wirtschaftlichen Erfolg hat286. Die Unwirksamkeit der Klausel begründet sich vor allem aus dem vorgesehenen Automatismus287. – Bezugsbindungen: wenn sie Querlieferungen kartellrechtswidrig beeinträchtigen. Nach aA288 sind sie nicht zu beanstanden, falls sie etwa in einem Franchisesystem dazu dienen, die charakteristischen Qualitätsanforderungen des jeweiligen Systems und der ihm zugrunde liegenden Geschäftsidee zu sichern289. Eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB tritt ein, wenn Waren nicht genutzt werden dürfen, die in keiner Konkurrenz zu den Vertragsprodukten stehen und das Marken-, System- und Qualitätsbild des Franchisesystems nicht zu gefährden geeignet sind290. – Bildmarke, Verbot der Nutzung: BMW-Werkstätten dürfen trotz einer entgegenstehenden Regelung in den Werkstattverträgen die Bildmarke „BMW“ für den Verkauf von Gebraucht-Kfz nutzen. Sollte sich das Verbot der Nutzung auch auf deren Verkauf erstrecken, wäre es gemäß § 307 BGB nichtig, entschied das OLG München291 im Anschluss an den BGH292 und den EuGH293. – Direktgeschäfte; Vorbehalt solcher Geschäfte des Herstellers im Vertragshändlervertrag, jedenfalls beim zugesicherten Alleinvertriebsrecht. Ein uneingeschränktes Direktvertriebsrecht des Unternehmers, vereinbart in AGB, ist unzulässig294. Die wirksame Ver283 284

285 286 287 288

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AA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 247. Für die Unwirksamkeit nur in diesem Fall Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 232; die Klausel halten Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 256 für wirksam. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 250. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 250. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 243.

289 290 291 292 293 294

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 243. Urt. v. 06.04.2006 – 29 U 5193/05. BGH GRUR 2003, 340 (342) – Mitsubishi; BGH GRUR 2003, 878 (879) – AUDI. EuZW 1999, 244, 247; Tz. 47–54 – BMW. BGH NJW 1994, 1060; siehe aber BGH, Urt. v. 04.03.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376, 1379 = WM 2008,1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f; Ensthaler/ Gesmann-Nuissl BB 2003, 533 (535 f); nicht ganz zweifelsfrei, weil es insoweit

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einbarung einer solchen Klausel ist nur dann möglich, wenn das Direktvertriebsrecht nur eingeschränkt gewährt wird und dem Vertragshändler ein angemessener Ausgleich für die entgangenen Geschäfte gewährt wird. Einsatz weiterer Händler im Vertragsgebiet nach Marktlage und Kundendienstbelangen: Ein dem einzelnen Händler zugesichertes Marktgebiet gehört zum wesentlichen Kern des Händlervertrages. Ein rechtmäßiger einseitiger Änderungsvorbehalt des Herstellers würde voraussetzen, dass die Änderung des Vertriebssystems die Belange des Händlers in angemessener Weise berücksichtigt295. Einseitige Leistungsbestimmungsrechte des Unternehmers: siehe Änderungsvorbehalte. Einsichtsrechte in die Bilanz und Buchführung des Mittlers sind unwirksam, falls keine objektiven Anhaltspunkte vorliegen, welche die Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen in Folge finanzieller Unsicherheit oder Unregelmäßigkeiten nahe legen296. Eine Eintrittsvereinbarung, die gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 3 zum Ausgleichsausschluss führt, soll nur individualvertraglich zulässig sein297. Weitere Voraussetzung: ihr muss eine Gegenleistung gegenüberstehen298. Die Pflicht zur Zahlung des Eintrittsgeldes nach Kündigung, ohne Differenzierung nach Kündigungsgrund und Vertragslaufzeit, ist ebenfalls unwirksam299. Eintrittsgebühr, Rückzahlung: Der Ausschluss der Rückzahlung der Eintrittsgebühr eines Franchisenehmers für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Franchisevertrages ohne Rücksicht auf die Vertragsdauer und den Beendigungsgrund300. Erfolgshaftung des HV: Eine Erfolgshaftung des HV für Erfolg und Erfüllung eines Geschäftes durch den Kunden oder seine Vermittlung, auch falls der Unternehmer Forderungen gegen Kunden in ein für Forderungen von HV und Unternehmer zu führendes Kontokorrent einstellen301. Die Unwirksamkeit dürfte jedoch bei der klassischen Delkrederehaftung nicht eintreten, weil sie dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Ersatzteile: Die Klausel, nicht vom Kfz-Hersteller stammende Ersatzteile dürfe der Händler nicht verwenden, solange sie nicht den Qualitätsstandard der Herstellerteile erreichten, wobei bis zum Beweis des Gegenteils durch den Händler die Vermutung bestehe, dieser Standard werde verfehlt: Der Händler könne kaum nachweisen, dass Identteile denselben Standard besäßen wie Originalteile. Ein Nachweis könne aber unschwer durch die in Art. 1 Abs. 1 lit. t S. 3 GVO 1400/02 vorgesehene Bescheinigung des Teileherstellers geführt werden, die Qualitätsstandards des Kfz-Herstellers würden erreicht. Die Klausel sei wegen Intransparenz unwirksam: Ihr könne nicht entnommen werden, dass jene Bestätigung des Produzenten für den Nachweis genüge. Es könne offen bleiben, ob die Klausel für sog. Nachbauteile zulässig sei. Für Identteile bleibe sie unzulässig, was zur Gesamtnichtigkeit führe302.

295 296 297 298

keine dispositiven Vorschriften als Kontrollmaßstab gibt. Der Hersteller braucht keine Exklusivität zu versprechen. LG Düsseldorf, Urt. v. 20.02.1991 – 12 O 284/90. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 190. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 68. OLG Hamm NJW-RR 1990, 567; LG Mönchengladbach NJW-RR 1991, 1207; Martinek/Flohr § 8 Rn 116.

299 300 301 302

Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 95. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 254. OLG Düsseldorf OLGR 1994, 281; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus, NJW 2006, 15.

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– Ersatzfahrzeuge: Eine uneingeschränkte Vorhaltepflicht von Ersatzfahrzeugen ist auch unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt einer interessengerechten Wahrnehmung der Händlerbelange überzogen und bildet eine unangemessene Benachteiligung, da dem Reparaturkunden auch ein Vorführwagen zur Verfügung gestellt werden könnte. Außerdem war die verwendete Formulierung „angemessene Anzahl“ zu unbestimmt und verstieß gegen das Transparenzgebot303. – Angeblich eine feste Vergütung statt Provision304, und zwar wegen des Leitbildes des § 87. – Finanzierung: die in einem Kfz-Händlervertrag enthaltene Regelung, alle vom Hersteller gekauften Fahrzeuge seien über eine konzerneigene Bank zu finanzieren305. – Fixkosten: Eine erheblich ins Gewicht fallende Belastung des Mittlers mit Fixkosten306, die an den Unternehmer zu zahlen ist, etwa für Werbeunterlagen307. – Franchiserichtlinien: Beachtung der jeweils als verbindlich bezeichneten Franchiserichtlinien, weil hierdurch eine dem Direktionsrecht des Arbeitgebers vergleichbare Abhängigkeit geschaffen werden soll308 (zwh.). Unter Umständen liegt ein unzulässiger einseitiger Änderungsvorbehalt vor. – Freistellung: Im Arbeitsrecht wird überwiegend die Unzulässigkeit der Freistellungsklauseln vertreten, bei Vorstandsverträgen soll sie zulässig sein309. Wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses im HV-Recht dürfte sie bei voller finanzieller Kompensation wohl eher zulässig sein310, es sei denn, seine Tätigkeit ist für den HV bei abstrakt-genereller Betrachtung von besonderer Bedeutung, etwa um den Verlust von Kundenbindungen auszuschließen, was ggf. eine Frage des Ausübungsermessens sein kann. Unzulässig ist die Freistellung ohne Entschädigung (Rechtsgedanke der § 90a, § 249 BGB, Umgehung der Kündigungsfristen) und dann, wenn dem Unternehmer gestattet wird, eine gegen Bezahlung erfolgte Freistellung des HV jederzeit zu widerrufen311. Die einseitig eingeräumte Möglichkeit des „sich Umentscheidens“ setzt den HV einer unerträglichen Lage aus (hier: Unwirksamkeit in Verbindung mit zu langer Kündigungsfrist bejaht). – Garantie-/Gewährleistungsvergütung: Für Garantiearbeiten, die dem Unternehmer obliegen, weil jener eine Garantiezusage gegeben hat, erhält der Vertragshändler Aufwendungsanspruch aus GoA einschließlich eines angemessenen kalkulatorischen Gewinns312. Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag muss der Geschäftsbesorger die vereinbarte oder eine übliche (§§ 612, 632 BGB) Vergütung erlangen, die einen Gewinn einschließt313. Zudem resultiert ein Regressanspruch aus der zwischen den Vertrags303 304 305 306 307

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OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.03.2004 – 1 U 31/03. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; sehr zweifelhaft, da kontrollfreie Hauptleistung. Graf von Westphalen BB 1999, 1519, 1520. Roth BB 2010, 2000 (2004). Roth BB 2010, 2000 (2004) – aber Werbeunterlagen sind ohnehin nach § 86a Abs. 1, 3 zwingend kostenlos bereitzustellen. OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. Vgl. Bauer/Arnold ZIP 2006, 2337 (2341). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30. OLG Celle, Beschl. v. 09.06.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650.

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BGH NJW 1994, 1060 (1065); Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Vertragshändlervertrag, Rn 21; Genzow Rn 75; Küstner/Thume III Rn 1353; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 250; Westphal II Rn 106; Graf von Westphalen DB 1999, 2553 (2555); Graf von Westphalen NJW 1980, 2227; v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721 (728). BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

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partnern bestehenden gegenseitigen Interessenwahrnehmungspflicht314. Zudem hat der Händler ggf. einen Regressanspruch nach §§ 478, 479 BGB315. In AGB darf der Anspruch des Vertragshändlers nicht auf eine Kostenpauschale ohne kalkulatorischen Gewinn beschränkt werden316. Das Garantierisiko liegt in der Sphäre des Garantiegebers, so dass dieser die daraus resultierenden Aufwendungen zu tragen hat317. Unwirksam ist deshalb die Klausel, für seine im Rahmen von Garantiearbeiten erbrachten Leistungen erhalte der Händler Aufwendungsersatz nach Maßgabe einheitlicher Berechnungsgrundlagen, welche der Hersteller unter Berücksichtigung des für die jeweilige Garantieleistung technisch notwendigen Arbeitsaufwandes und der betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem Durchschnitt der hinsichtlich ihrer Betriebsgröße und Kostenstruktur vergleichbaren Händlerbetriebe nach billigem Ermessen bestimme: Es ergibt sich aus ihr nicht, ob der Händler Anspruch auf den ihm zustehenden kalkulatorischen Gewinn hat318. Soweit der Händler verpflichtet ist, Gewährleistungsarbeiten auch für die Kunden anderer Vertragshändler zu erbringen, gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend. Eine dahingehende Klausel wäre auch als AGB zulässig319. Sofern bei Gewährleistungsarbeiten Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen für Lagerhaltung, Fracht und Verpackung ausgeschlossen werden, widerspricht dies §§ 670, 307 BGB, weil der Beauftragte nach diesen Normen ein Recht auf Ersatz seiner Aufwendungen besitzt320. Unwirksam ist ferner die Klausel, der Stunden-Verrechnungssatz für Gewährleistungsarbeiten werde der Kostenentwicklung angepasst und jeweils durch separate Rundschreiben bekannt gegeben: Dem Hersteller wird durch die Klausel ein einseitiges Recht zur Änderung des Preises eingeräumt. Zur Wirksamkeit einer solchen Klausel bedarf es zumindest einer Konkretisierung der Preisänderungsfaktoren321. – Gebietsschutz, Verlust: Entfallen eines Gebietsschutzes bei Nichterreichen einer unrealistischen Umsatzvorgabe322; siehe auch Teilkündigung. – Geschäftsgeheimnisse: Durch AGB kann eine Erweiterung der Geheimhaltung über § 90 hinaus zu Lasten des HV nicht wirksam begründet werden, weil solches im Regelfall dem gesetzlichen Leitbild des HV widerspricht323. Jedenfalls gilt dies, sofern es an einem berechtigten Grund fehlt324. – Geschäftsleitung des HV-Unternehmens, Zustimmung des Unternehmers zur Besetzung: Ein Zustimmungsvorbehalt bildet eine unangemessene Benachteiligung des Mittlers. Es ist auch nicht klar, wie der Hersteller bei einer Veränderung des mit der Geschäftslei314 315

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Siehe auch Emde kfz-betrieb 48/2001, 26. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 246; v. Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721. BGH NJW 1994, 1060 (1065); Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, Vertragshändlervertrag, Rn 21; Genzow Rn 75; Westphal II Rn 106; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 251. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 251. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 255. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz); Graf von Westphalen DB 1999, 2553. BGH, Urt. v. 12.01.1994 – XIII ZR 165/92. OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (für einen Franchisevertrag). BGH ZIP 1993, 703, 704; OLG Koblenz NJW-RR 1987, 95; Ebenroth/Löwisch § 90 Rn 11 – jeweils für Geheimhaltung von Kundenanschriften. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 11.

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tung betrauten Personenkreises beurteilen kann, ob damit der angestrebte Erfolg ernsthaft gefährdet wird325. Deshalb darf hieran mittels AGB auch kein außerordentliches Kündigungsrecht geknüpft werden326, es sei denn, der Geschäftsleiter ist dem Unternehmer unzumutbar. Gratisinspektion: Für Gratisinspektionen an Fahrzeugen, die der Direkthändler nicht verkauft hat, steht den Vertragshändlern ein Anspruch auf eine Vergütung in der vom Hersteller festgesetzten Höhe gegen den Vertragshändler zu, von dem das Fahrzeug verkauft wurde327. Eine davon abweichende Klausel wäre unwirksam. Großkundengeschäft: falls sich der Unternehmer das Großkundengeschäft vorbehält, selbst wenn ihm Direktgeschäfte gestattet sind328. In der Übernahme des Großkundengeschäfts sei eine Teilbeendigung des Händlervertrages zu sehen, die ausgleichsbegründend wirke. Haftungsbegrenzungs- und Freizeichnungsklauseln: Klauseln, in denen der Unternehmer die Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit ausschließt, sind an § 309 Nr. 7a und b BGB zu messen, die auch im unternehmerischen Verkehr indirekt über § 310 Abs. 1 BGB i.V.m. § 307 BGB gelten. Eine Haftungsfreizeichnung in einer Formularklausel soll gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßen329. Halteklauseln: AGB, die es dem Käufer eines fabrikneuen Ferraris bei Meidung einer Vertragsstrafe von 50.000 DM verbieten, das Kfz innerhalb von 12 Monaten nach Übergabe zu veräußern330. HV im Nebenberuf: Ein HV, der nach der Verkehrsauffassung hauptberuflich tätig ist, kann nicht durch Parteivereinbarung zum nebenberuflichen HV herabgestuft werden331, erst recht nicht mittels AGB332. Eine AGB-Klausel, die die Nebenberuflichkeit des HV bestimmt, muss bei abstrakt-genereller Betrachtung in allen außer fern liegenden Fällen zutreffend sein. Im Individualklageverfahren muss eine unbillige Benachteiligung des HV hinzukommen, die aber bereits in der Verwendung der den HV in Beweisschwierigkeiten bringenden Klausel zu finden sein dürfte. Die Klausel in einem Tankstellen-HV-Vertrag, der HV übernehme als HV im Nebenberuf im Namen und für Rechnung des Mineralölunternehmens den Verkauf sowie den Einzug der Verkaufserlöse, ist gemäß § 307 BGB unwirksam333. Nach der herrschenden Übergewichtstheorie wird als HV im Hauptberuf nur ein HV angesehen, der vorwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit den größten Teil seines Einkommens bezieht. Dabei werden der Shopbereich und der Betrieb der dazugehörigen Tankstelle als Einheit empfunden. Eine Vertretertätigkeit im Nebenberuf ist nicht anzunehmen, wenn zwischen der Vertretertätigkeit und der sonstigen Berufs- oder Erwerbstätigkeit ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht und nach der Verkehrsauffassung gerade diese Verbin-

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OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.03.2004 – 1 U 31/03; Emde GmbHR 1999, 1005, 1012; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 106 ff. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.03.2004 – 1 U 31/03. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.1992 – 6 U 105/91. Ensthaler/Gesmann-Nuissl, BB 2003, 533. Graf von Westphalen in: Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf

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den Schuldvertragsrecht, Rn 1 ff; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 97. OLG Hamburg, Urt. v. 29.05.2002 – 5 U 170/01, OLGR 2003, 31. BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977; OLG Hamburg, Urt. v. 30.03.2006 – 10 U 16/05.

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dung in den betreffenden Wirtschaftskreisen häufig anzutreffen ist334. Tankstellen-HV sind angesichts des Shop-Geschäfts nicht Ladeninhaber im „Hauptberuf“ und HV im „Nebenberuf“335. Damit wird ihre Rechtslage durch eine derartige Klausel generell unzutreffend dargestellt336. Die Kündigung des HV-Vertrages führt auch zur Beendigung des Shop-Vertrages. Deshalb entspricht die Schutzbedürftigkeit des TankstellenHV nicht der eines HV im Nebenberuf, der noch anderweitiges Einkommen hat337. Intransparenz: In ihrer Gesamtheit intransparente Vertriebsmittlerverträge338. Investitionen sollten sich innerhalb der Vertragslaufzeit amortisieren. Unangemessen kurz ist eine Kündigungsfrist, wenn die Amortisation nicht innerhalb der Vertragslaufzeit möglich ist und ein Alleinvertriebsrecht bereits mit Zugang der Kündigung enden soll339. Investitionsersatzanspruch: Der vollständige Ausschluss des Investitionsersatzanspruches (§ 89 Rn 64 ff) durch formularmäßige Vereinbarung verstößt gegen § 307 BGB und ist unwirksam340. In seinem Umfang kann er aber durch AGB angemessen beschränkt werden341. Kaufpreis für das Alleinvertriebsrecht, wenn der Kaufpreis pauschal bestimmt ist342. Kontrollrechte: Klauseln, nach denen der Vertreter die Kosten der Kontrollrechte gemäß § 87c tragen soll343, es sei denn, der HV hat nach dispositivem Recht die Kosten ohnehin zu übernehmen, regelm. etwa bei Ausübung des Einsichtsrechts. Die genannte Regelung dürfte auch § 87c Abs. 5 widersprechen. Kundennamen: Falls die Namen der vom HV selbst geworbenen Kunden zum Geschäftsgeheimnis erklärt werden344. Das dürfte ungeachtet des Umstandes richtig sein, dass die schriftliche Kundenliste ein Geschäftsgeheimnis darstellt. Denn im Gedächtnis verhaftete Kundennamen darf der HV verwerten (siehe Kommentierung zu § 90). Der BGH345 sieht in einem generellen Verwertungsverbot in Hinblick auf dem HV anvertraute oder sonstige Kundenanschriften eine unangemessene Benachteiligung des HV i.S.d. § 307 BGB, weil ein so weitgehendes Verbot mit wesentlichen Grundgedanken und dem Leitbild des § 90 unvereinbar sei. Durch eine solche Vereinbarung werde es dem HV weitgehend unmöglich gemacht, nach Beendigung des Vertrages in Wettbewerb um Kunden zu treten, die vorher beim vertretenen Unternehmen gekauft haben. Wettbewerbsrechtlich sei das Vorgehen eines früheren HV nur dann zu beanstanden, wenn er sich bei dem Wettbewerb um die Kundschaft unlauterer Mittel bediene. Es dürfe aber ein Verbot geregelt werden, bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses

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OLG Hamburg, Urt. v. 30.03.2006 – 10 U 16/05. BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. Vgl. Emde MDR 2006, 301 (302) zu Lizenzverträgen. OLG Hamburg, Urt. v. 05.12.2002 – 5 U 69/02. Graf von Westphalen Klauselwerke, Vertragshändlervertrag, Rn 51; Ullrich in: Martinek/Semler, § 19 Rn 85; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht,

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2005, § 3 Rn 457; Westphal II Rn 679; Niebling WRP 2010, 1454 (1459); Foth BB 1987, 1270 (1273). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 457. OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1987, 548; LG Paderborn NJW-RR 1987, 872; LG Aachen NJW-RR 1994, 60; Martinek/Flohr § 8 Rn 115. Vgl. Martinek/Flohr § 9 Rn 16. OLG Koblenz NJW-RR 1987, 95; Martinek/ Flohr § 8 Rn 116. BGH, Urt. v. 28.01.1993 – I ZR 294/90, WM 1993, 1471 = BB 1993, 818; bestätigt durch Urt. v. 14.01.1999 – I ZR 2/97, BB 1999, 1452.

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von Kundenanschriften Aufzeichnungen zu behalten. Denn nach § 667 BGB sei der HV ohnehin verpflichtet, Kundenanschriften herauszugeben346. Eine solche Vereinbarung führt – sollte sie einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nahe kommen – zu den Folgen des § 90a, insbesondere zur Pflicht, eine Karenzentschädigung zu zahlen347. Eine derartige Klausel mag aber für vom Unternehmer mitgeteilte Kundendaten zulässig sein, weil sie bereits nach dispositivem Recht als Geschäftsgeheimnis einzuordnen sind. – Kündigungsklauseln. Gegenüber dem Mittler, im entschiedenem Fall ein Vertragshändler, obliegen dem Unternehmer gesteigerte Treue- und Rücksichtnahmepflichten, so dass aufgrund des wirtschaftlichen Ungleichgewichts der Vertragspartner nur außerordentlich schwerwiegende Kündigungsgründe einer Überprüfung gemäß § 307 BGB standhalten348. Kündigungsklauseln sind unwirksam: • bei Intransparenz349. • bei Vereinbarung von Kündigungsgründen, die ohne sachlichen Grund nur einer Partei zustehen. Das ist etwa bei den Strukturkündigungsklauseln des Kfz-Vertragshändlerrechts problematisch, die nur dem Hersteller ein Strukturkündigungsrecht zubilligen350. Auch Händlerketten können Interesse an einer Strukturkündigung haben351. • da § 89a das gesetzliche Leitbild kennzeichnet, ist eine Abweichung nach § 307 BGB unwirksam. Vereinbarte wichtige Kündigungsgründe sind deshalb unwirksam, wenn bei abstrakt-genereller Prüfung Kündigungsgründe geregelt werden, die keinen wichtigen Grund konstituieren352. Die Unwirksamkeit lässt sich nicht vermeiden, indem man derartige Kündigungskataloge nur als Indizien ansieht, was die Parteien als der Vertragsfortführung entgegenstehend ansahen; in der Sache läuft dies auf das selbe hinaus, nämlich auf eine geltungserhaltende Reduktion353. Das gilt insbes., wenn bereits einfache Vertragsverstöße oder Verstöße gegen Verhaltensrichtlinien ein außerordentliches Kündigungsrecht geben sollten. • falls ein Kündigungsrecht bei „wirtschaftlichem Misserfolg“ geregelt wird354. Der Klausel mangelt es an Transparenz. Zudem ist eine Kündigung bei Nichterreichen von Zielvorgaben unzulässig (s.u.). • sollte die Klausel lauten: „ohne dass ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes vorliegt, kann … jede Partei diesen Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen, wenn das Vertrauensverhältnis ernsthaft gestört ist“355. Sie ist intransparent und verstößt gegen die zwingenden Kündigungsfristen des § 89. • wenn im Vertrag eines HV im Nebenberuf die Kündigungsfrist auf 12 Monate356 verlängert wurde. Gemäß § 92b Abs. 1 S. 2 dürfe solchen Vertretern gegenüber nur eine Kündigungsfrist von einem Monat für den Schluss eines Kalendermonats vereinbart werden. Werde eine abweichende Frist geregelt, müsse sie für beide Teile 346 347 348

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BGH, Urt. v. 14.01.1999 – I ZR 2/97, BB 1999, 1452. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 90 Rn 6. OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/09, ZIP 2009, 1336 (1337); Ensthaler/Genzow § 89a Rn 30. BGH BB 2000, 60, 63 m. Anm. Emde. Vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618; Emde BB 2009, 2330 ff. Emde BB 2009, 2330 (2332).

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 85. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; Schröder § 89a Rn 12. Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 86. BGH, Urt. v. 20.05.2003 – KZR 19/02, BB 2003, 2254 (2258). OLG Celle, Beschl. v. 09.06.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650.

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gleich lang sein. Die Bestimmung widerspreche dem gesetzlichen Grundgedanken, weil sie die gesetzliche Kündigungsfrist um 23 Monate überschreite. Dies erscheine für eine nebenberufliche Tätigkeit, bei der beide Seiten auf rasche Beendigung angewiesen sein können, gemäß §§ 307, 310 BGB unbillig. Die Kündigungsbestimmung sei außerdem unbillig, weil dem Unternehmer gestattet werde, eine gegen Bezahlung erfolgte Freistellung des HV jederzeit zu widerrufen357 (dazu s. Freistellung). Wegen des Zusammenhangs dieser Regelung mit den verlängerten Fristen für die ordentliche Kündigung blieben die Kündigungsbestimmungen ohne die Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion unwirksam. Wenn eine einseitige Vertragsbeendigung ohne Zustimmung des Unternehmers ausgeschlossen wird358. In dieser Fassung liegt ein Verstoß gegen das zwingende Recht auf außerordentliche Kündigung nach § 89a. Unangemessen ist die Vereinbarung einer 12-monatigen Kündigungsfrist in einem Kfz-Vertragshändlervertrag oder einem anderen Händlervertrag mit investitionsträchtigem Geschäftsfeld359. Die für HV geltenden Kündigungsfristen des § 89 sind gesetzlicher Mindeststandard auch gegenüber anderen Vertriebsmittlern (etwa Vertragshändlern und Franchisenehmern)360. Da die Kfz-GVO 1400/02 eine 24-monatige Mindestkündigungsfrist vorschreibt, wird man jene in dieser Branche – möglicherweise auch nach 2013 – als Leitbild heranziehen und kürzere Fristen für unzulässig halten müssen. Unwirksam ist die Klausel, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung mit sofortiger Wirkung liege vor, wenn der Vertragshändler seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Hersteller oder einem verbundenen Unternehmen nachhaltig nicht nachkomme: Der Begriff „nachhaltig“ sei zu unbestimmt. Außerdem sei die Klausel nicht ausreichend konkretisiert, da ein Vertragshändler nicht erkennen könne, welche Verbindlichkeiten gegenüber welchem konzernverbundenen Unternehmen eine außerordentliche Kündigung auslösen könnten361. Ein uneingeschränktes Kündigungsrecht des Herstellers bei Änderungen der sachlichen und personellen Ausstattung des Vertragshändlers benachteiligt den Händler jedenfalls dann unangemessen, wenn es unabhängig davon eingreifen soll, ob und inwieweit durch derartige Veränderungen die Interessen des Herstellers oder Importeurs beeinträchtigt werden. Denn nicht jede Änderung der sachlichen oder personellen Ausstattung des Händlerbetriebs berührt nachteilig die Belange des Herstellers, wodurch sich durch eine derartige Klausel ein fast uneingeschränktes Kündigungsrecht ergeben würde362. Kündigungserschwerende Klauseln, die die Rückzahlung gewährter Vergünstigungen in nicht unerheblicher Höhe an die Kündigung knüpfen. Das gilt etwa für die Rückzahlung einer gewährten Sonderbonifikation. Sie wirkt unbillig kündigungserschwerend, sofern die Bonifikation vom HV nach einer von ihm erklärten Kündigung binnen 12 Monaten nach Zahlung zurückzugewähren ist363.

OLG Celle, Beschl. v. 09.06.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650. OLG München, Urt. v. 20.11.1996, NJW-RR 1997, 1057. BGH BB 1995, 1657 („Citroen“); Emde BB 2000, 63, 65; Emde VersR 2001, 148 (159); offengelassen von Westphal II Rn 151. Emde VersR 2001, 148 (159); Westphal OLGR 16/2000, K 35, K 37.

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2003 – 26 O 218/97. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2003 – 26 O 218/97. OLG Naumburg, Beschl. v. 12.02.2010 – 6 U 164/09, zust. Evers VW 2010, 444; LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928.

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• Angeblich ein langfristiger Ausschluss des Kündigungsrechts364. Aber Festlaufzeiten sind üblich, zudem zeigt das Leitbild des § 624 BGB die Üblichkeit. Angesichts dieser Strenge kann Unternehmern nur geraten werden, eine kurze Kündigungsfrist zu vereinbaren, und bei Nichteintritt der Gründe, die die Kündigungsfrist reduzieren sollen ausnahmsweise eine verlängerte Kündigungsfrist zu vereinbaren (spiegelbildliche Regelung). – Lagerhaltung: Die Verpflichtung zur Lagerhaltung muss bei abstrakt-genereller Betrachtung Absatzfähigkeit und Nachfrage der gelagerten Produkte widerspiegeln365. Selten benötigte Produkte, deren Absatz Schwierigkeiten entgegenstehen, dürfen nur im geringen Umfang zur Lagerung vorgeschrieben werden366. Spiegelbildlich dürfen häufig nachgefragte Produkte auch in einem größeren Umfang zur Lagerhaltung vorgeschrieben werden. Die in einem Kommissionsagenturvertrag enthaltene Regelung, wonach der Kommissionsagent für den Warenschwund ab einem bestimmten Prozentsatz unabhängig davon haftet, ob er den Schwund zu vertreten hat, benachteiligt ihn auch als Unternehmer in unangemessener Weise367. Die verbindliche Vorgabe eines festen Lagerbestandes an Neuwagen im Händlervertrag, welche den Vertragshändlern keine wenigstens verfahrensmäßig abgesicherte Möglichkeit einräumt, in ihrem wirtschaftlichen Interesse eine Herabsetzung dieser Vorgabe zu verlangen, stellt eine unangemessene Benachteiligung der Händler dar. Außerdem belastet die Festsetzung einer bestimmten Anzahl von Lagerfahrzeugen die Vertragshändler in einem stärkeren Maß, als das in der GVO 1400/2002 geregelte Verfahren, da die Händler gegen die festgelegte Anzahl von Lagerfahrzeugen keinen Gutachter anrufen können368. Der Händler darf nicht verpflichtet werden, Ersatzteile Dritter getrennt von den Ersatzteilen der Vertragsware zu lagern369. – Marktverantwortungsbereich: War dem Mittler ein Alleinvertriebsrecht in seinem Gebiet eingeräumt worden, benachteiligt ihn eine Klausel, die dem Hersteller das Recht geben soll, einen weiteren Mittler einzusetzen, unangemessen und ist unwirksam370. Auch hier dürften richtigerweise die o.g. Grundsätze zum Änderungsvorbehalt gelten, und zwar auch dann, wenn dem Händler kein Alleinvertriebsrecht zugesichert wurde371. Außerdem kann der Einsatz anderer Händler den Treupflichten des Unternehmers widersprechen, sofern er zum „Kannibalismus“ unter den Händlern führt. – Mehrmarkenvertrieb, Zustimmungsvorbehalt zu diesem: Wenn die Zustimmung des Herstellers zu einem Mehrmarkenvertrieb daran geknüpft ist, dass dem Vertragshändler der Ausbau seiner Kapazität und der Umfang seiner Investitionen vorgeschrieben wurde, und er seine Kapazität allein mit Vertragsware unverschuldet und unvermeidlich nicht ausnutzen kann und deshalb nicht nur vorübergehend eine Bedrohung seiner 364 365 366 367 368 369 370

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OLG München VersR 1997, 1003; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 32. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 265. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 265. BGH, Urt. v. 20.03.2003 – I ZR 225/00, BB 2003, 1463 (1464). OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2003 – 26 U 218/97. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.03.2004 – 1 U 31/03. BGHZ 89, 206 (211 ff) = NJW 1984, 1182;

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BGHZ 93, 29 (52 f) = BB 1985, 218; BGH NJW-RR 1988, 1077 (1080); Westphal II Rn 77; Ebenroth/Parche BB 1988 Sonderbeil. 10, S. 25; kritisch Bunte NJW 1985, 600 ff; Habersack/Ulmer S. 90 mit kartellrechtlicher Begründung. Habersack/Ulmer S. 91 unter Hinweis auf BGHZ 124, 351 (354 ff), wo die auch ohne Alleinvertriebsrecht bestehenden Treupflichten des Herstellers gegenüber dem Händler betont werden und deshalb ein Recht des Herstellers verneint wird, in unbeschränkte Konkurrenz zum Händler zu treten.

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wirtschaftlichen Existenz zu befürchten ist. Eine solche Regelung ist intransparent und widerspricht zudem den Anforderungen der Kfz-GVO 1400/02372. – Mindestumsatz oder Mindestabnahmepflichten: Vereinbarung eines Mindestumsatzes373 und hieran anknüpfendes Kündigungsrecht374; jedenfalls wenn Mindestumsätze bei abstrakt-genereller Betrachtung nur schwer zu erreichen sind375 oder der Umfang der abzunehmenden Vertragsware vollkommen außerhalb der Relation zur Größe und Wirtschaftskraft des Händlers steht376. Außerdem können kartellrechtliche Unwirksamkeitsgründe bestehen377. Nach dem „Citroen-Urteil“ des BGH378 tritt die Unwirksamkeit jedenfalls ein, falls die Klausel die Kündigung des Händlervertrages selbst dann gestattet, wenn der Mittler sich nach besten Kräften um das Absatzziel bemüht hat, es aber aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen verfehlt. In AGB geregelte Kündigungsgründe müssten objektiv so erheblich sein, dass sie eine fristlose Kündigung als angemessen erscheinen ließen. Die Klausel beinhalte zudem eine unzulässige Kernbeschränkung nach Art. 4 Abs. 1 lit. c GVO 1400/02, weil sie Querlieferungen zwischen den Händlern begrenze. Bis zum Erreichen der Mindestabsatzmenge seien die Händler gehindert, Waren von anderen Händlern zu beziehen. Soweit der Vertrag vorschreibe, die Mindestabnahmemenge werde unter Einbeziehung der „Vertriebspolitik“ des Herstellers bestimmt, liege wegen der Verwendung dieses konturlosen Begriffs ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Für eine auch nur vorläufige oder vorübergehende Berechtigung, Mindestabsatzmengen einseitig festzusetzen, fehle ein Bedürfnis379. Intransparenz tritt auch ein, wenn die Klausel die Kündigung des Vertrages bei fehlender Einigung über die Mindestabnahme gestattet. Denn der Händler kann nicht vorhersehen, bei welcher Mindestabnahmepflicht eine Einigungspflicht besteht und welche Zahl seiner Absatzförderungspflicht entspricht380. Sieht die Klausel eine außerordentliche Kündigung bei fehlender Einigung über Abnahmeziele oder deren Nichterreichen vor, ist sie nur wirksam, sofern die Kündigung ausdrücklich an ein Verschulden anknüpft381. Mindestabnahmemengen können daher kaum in AGB garantiert und wohl nur als Mengenrabatte vereinbart werden, wobei Mengenrabatte jedoch wettbewerbsrechtlich problematisch sind, wenn sie keine Kostenvorteile beim Hersteller widerspiegeln382. Bei derartigen Klauseln besteht auch das Problem, dass außerordentliche Kündigungsgründe nicht über § 89a hinaus erweitert werden können und damit de facto nur die ordentliche Kündigung binnen der Fristen des § 89 bleibt – was wenig hilft. Für auflösende Bedingungen dürfte nichts Abweichendes gelten, zumal auch hier das Spannungsverhältnis zu den Mindestkündigungsfristen des § 89 verbleibt.

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OLG Frankfurt, Urt. v. 25.02.2004 – 1 U 31/03. Graf von Westphalen AGB-Klauselwerke, Handelsvertretervertrag, Rn 21; Palandt/Heinrichs § 307 Rn 111; kritisch auch Niebling WRP 2010, 631. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz) zum Kfz-Vertragshändler mit speziell kartellrechtlicher Begründung, BGH, Urt. v. 22.02.2005 – KZR 28/03, WRP 2005, 628 (631) = WuW 2005, 521 = NJW 2005, 1660 mit Anm. Thoma WRP 2005, 1132. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177

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(Herbertz); zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 84. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 228; nach Niebling WRP 2010, 631 ist Unwirksamkeit bereits wegen Intransparenz anzunehmen. Niebling WRP 2010, 631. Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). Niebling WRP 2010, 631. Niebling WRP 2010, 631 (632). Lorenz WRP 2005, 992 (995).

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– Mithaftung: Folgende gegenüber einem Franchisegeber übernommene Mithaftung der Gesellschafter einer Franchisenehmerin ist zwar nicht gemäß § 309 Nr. 11 lit. a BGB, jedoch wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB unwirksam, da der präzise Umfang der Garantieübernahme aus ihr nicht ersichtlich wird383: „Alle Gesellschafter des Franchisenehmers – mehrere als Gesamtschuldner – stehen für die vollständige und rechtzeitige Erfüllung aller aus dieser Vereinbarung und seiner Beendigung resultierenden Zahlungsverpflichtungen des Franchisenehmers garantiemäßig ein“. – Musterkollektion: Eine Vereinbarung, die den HV zum Kauf der ihm vom Unternehmer überlassenen Musterkollektion verpflichtet, ist als Individualabrede unwirksam384. Umso eher muss dies für eine AGB-Klausel gelten385. – Nachvertragliches Wettbewerbsverbot von einem Jahr ohne Karenzentschädigung. Grund: § 90a Abs. 1 S. 3 sowie Verstoß gegen § 307 BGB386. Das gesetzliche Leitbild des § 90a dürfte auch für nachvertragliche Wettbewerbsbeschränkungen gelten, die nach Vertragsende geschlossen werden. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von 3 Jahren im Inland und 2 Jahren im Ausland ist gem. § 307 BGB auch dann unwirksam, wenn es erst nach Vertragsende getroffen wurde und das Vertriebsgebiet lediglich Deutschland betraf387. § 90a hat Leitbildfunktion auch für nach Vertragsende getroffene Wettbewerbsvereinbarungen388. Unwirksam ist die Klausel: „Kündigt der Franchisegeber aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Franchisenehmers, entfällt die Karenzentschädigung.“. Die Nichtigkeit trifft aber nur diese Klausel389. – Neuwagenverkauf: Eine Klausel, die einer zugelassenen Werkstatt den Neuwagenverkauf verbieten soll, ist gem. § 307 BGB unwirksam390. Die Klausel setzt den markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz unzulässig außer Kraft und sieht eine weitergehende Einschränkung des Markengebrauchs vor, der über das Verbot der Verwendung der Marken im Neuwagengeschäft hinausgeht und sogar (unzulässig) Gebrauchtwagenverkaufsfälle erfasst391. Die Werkstatt darf nicht schlechter gestellt werden als ein völlig ungebundener, freier Betrieb. Allein die Zugehörigkeit zum Werkstattsystem rechtfertigt keine weitergehende Einschränkung392. Die autorisierte Werkstatt eines Händlers darf folglich auch Neufahrzeuge der von dem Servicevertrag getroffenen Marke vertreiben, solange sie nicht vorspiegelt, Vertragshändler zu sein oder sonst irre führt393. Dies gilt nach Ansicht des LG Köln394 jedenfalls so lange, wie der Hersteller sein Vertriebssystem nicht geschlossen hält. Eine solche Geschlossenheit verneinte das LG Köln bei der Marke Nissan, solange Nissan dulde, dass Verwertungsgesellschaften in ihrem Namen Kfz aus der

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BGH, Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 m. Anm Billing WM 2007, 245. OLG München DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12.03.1996 – 2 HKO 6793/94, HVR Nr. 842 = VersR 1997, 967 (L). OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. LG Hamburg, Urt. v. 05.12.2008 – 412 O 152/06. LG Hamburg, Urt. v. 05.12.2008 – 412 O 152/06. OLG Hamm, Urt. v. 28.04.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708).

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OLG Rostock, Urt. v. 21.05.2008 – 2 U 75/07, S. 5/6; OLG Thüringen, Urt. v. 26.06.2008 – 2 U 21/08; LG Köln, Urt. v. 24.04.2008 – 86 O 8/08; Urt. v. 06.03.2008 – 84 O 159/07, S. 10; LG Erfurt, Urt. v. 13.12.2007 – 2 HK O 244/07; aA Niebling WRP 2006, 1334 (1335). Urt. v. 25.06.2008 – 2 U 21/08. Urt. v. 25.06.2008 – 2 U 21/08. Siehe BGH, Urt. v. 17.07.2003 – I ZR 256/00, GRUR 2003, 878 = NJW-RR 2003, 1402; Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480); Niebling WRP 2010, 81 (84). Urt. v. 24.04.2008 – 86 O 8/08.

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Insolvenzmasse von Händlern an unabhängige Wiederverkäufer veräußert395. Die Werkstatt darf die Wort- und Bildzeichen des Herstellers wegen des Erschöpfungsgrundsatzes des § 24 Abs. 1 MarkenG auch für die Bewerbung von Neufahrzeugen nutzen. Nicht zugelassene Zahlungsmittel: Eine Vereinbarung, wonach ein Tankstellenvertreter sämtliche Umsätze, die nicht mit zugelassenen Zahlungsmitteln erzielt werden, dem Mineralölunternehmen sofort zu vergüten hat, benachteiligt den HV unangemessen, auch wenn ihm die Gewährung von Stationskrediten untersagt ist. Dies ergibt sich aus der gerichtsbekannten Praxis der Mineralölunternehmen, die Vergabe von Stationskrediten nicht nur zu billigen, sondern zu fördern396. Personalpolitik: Einstellung von Mitarbeitern des Mittlers nach Weisung, Mitwirkung oder Zustimmung des Unternehmers. Preise Änderung: Siehe dazu „einseitige Leistungsänderungsrechte“ sowie unten zur Preisanpassung bei Vertragshändlerverträgen (Rn 372 ff). Provisionsregelungen: • Änderungsvorbehalt zur Provisionshöhe397: Ein in AGB enthaltenes Provisionsbestimmungsrecht des Unternehmers ist unwirksam, sofern die Preisbestimmung des Unternehmers sich bei abstrakt-genereller Betrachtung nicht in etwa in dem durch Treu und Glauben gebotenen Rahmen eines angemessenen Verhältnisses zwischen Einstandspreisen, Geschäftskosten, Geschäftsrisiken und dem Gewinn hält. Außerdem darf die Klausel nicht seine beliebige und unverhältnismäßige Ausübung gestatten398. • Änderung der Auszahlungsvoraussetzungen mit Kündigung: Dass mit Ausspruch einer ordentlichen Kündigung der Unternehmer die Provision – anders als zuvor – erst auszahlen soll, nachdem der Kunde die Prämie für den vermittelten Versicherungsvertrag gezahlt hat (Entfallen der Vorfinanzierung), benachteiligt den HV unangemessen399. • Nachvertragliche Provision: Wegfall der Provisionspflicht für während der Vertragszeit geschlossene Geschäfte, die 6 Monate nach Vertragsende noch nicht ausgeführt wurden400. • Provisionsgutschrift: Die Klausel eines Versicherungsvertretervertrages mit folgenden Worten401: „Sofern es sich um eine unbegrenzte Zusage handelt, erfolgt eine Auszahlung erst, wenn ausreichende Sicherheiten beigebracht worden sind (z.B. Vertrauensschadenversicherung, Bankbürgschaft)“. Die Regelung widerspreche dem Transparenzgebot und führe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertreters (§ 307 BGB). • Verspätete Provisionsauszahlung: Gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist die Klausel, nach der Provisionszahlungen des Unternehmers 3 Jahre auf einem Sicherheitskonto des Unternehmers festgelegt und erst dann an den HV ausgezahlt werden402.

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Urt. v. 24.04.2008 – 86 O 8/08. KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05, DB 2007, 1355. LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; Preis/Stoffels ZHR 160 (1996), 442 (477 ff); Ebenroth/ Löwisch § 87b Rn 9. LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487.

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In diese Richtung OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell, das die Frage aber offen lässt. BGH NJW 1998, 629. OLG Köln VersR 2002, 355. OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.02.1990, BB 1990, 1068; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 98.

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1. Buch. Handelsstand

• Provisionsminderung bei Preisnachlässen: wenn der HV anteilige Provisionsminderungen hinzunehmen hat, falls der Unternehmer Preisnachlässe gewährt403. • Verlustfreie Abwicklung: Die Vereinbarung einer Provision nur bei „verlustfreier Abwicklung des Kundengeschäfts“ ist unwirksam, sofern damit das vom Unternehmer zu tragende Verlustrisiko auf den HV verlagert werden soll. Der HV erwirbt seinen Provisionsanspruch auch bei Verlustgeschäften des Unternehmers. Ist er für jene verantwortlich, kann er einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt sein404. • Verwaltungsprovision: Bestimmung des Anteils verwaltender Provisionen in AGB, was die Einordnung als kontrollfähige Preisnebenabrede voraussetzt405. Denn der werbende und verwaltende Provisionsanteil darf nicht abstrakt sondern nur konkret-individuell festgelegt werden406. Die Klausel, 40407 bzw. 50 %408 der Provisionen seien verwaltende, ist gem. § 89b Abs. 4, § 307 BGB unwirksam. Deshalb dürfte eine konkrete Bestimmung in AGB schwierig sein. Sie setzt eine plausible, in allen außer fernliegenden Fällen zutreffende, klare Zuordnung zu den übernommenen Tätigkeiten voraus, die mit der Provision abgegolten werden409. – Rückgaberecht/Rücknahmepflicht von Lagerware und Ersatzteilen: Die Rücknahmepflicht des Herstellers und das Rückgaberecht des Händlers für Ersatzteile kann formularmäßig nicht generell ausgeschlossen410 oder davon abhängig gemacht werden, dass den Hersteller keinerlei Verantwortlichkeit für die Vertragsbeendigung trifft. Denn der Hersteller ist zur Rücknahme auch verpflichtet, wenn die Kündigung von beiden Seiten zu vertreten ist411. Ebenso unzulässig sind Klauseln, welche die Rücknahme ausschließen, wenn den Händler keinerlei Verantwortung für das Vertragsende trifft412. Unwirksam sind auch Klauseln, die das Rückgaberecht für den Fall ausschließen, dass der Händler den Vertrag ordentlich gekündigt hat. Die ordentliche Kündigung ist keine Vertragsuntreue, sondern lediglich die Ausübung eines vertraglichen Rechts413. Unwirksam ist die Klausel, zur Rücknahme der Vertragsware sei der Hersteller nicht verpflichtet, falls die Beendigung des Vertragsverhältnisses auf Umständen beruhe, die den Hersteller zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt haben oder hätten oder der Vertragshändler das Vertragsverhältnis auflöst, ohne seinerseits zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt zu sein. Die Klausel schließt den Rücknahmeanspruch auch für den Fall aus, dass den Vertragshändler keinerlei Verantwortlichkeit für die Vertragsbeendigung trifft. Darin liegt eine mit Treu und Glauben unvereinbare unangemessene Benachteiligung des Vertragshändlers414. Die 403

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OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 25.04.1969, BB 1969, 1326; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 99. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 6 sogar bei Individualverträgen. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 522. Graf von Westphalen NJW 2003, 1988. BGH, Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09, BeckRS 2010, 13559 Rn 15 (Tankstellen-HV). BGH, Urt. v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 16; Urt. v. 10.07.2002 – VIII ZR 58/00, BB 2002, 2151 = DB 2002, 2321 = NJW-RR 2002, 1548 = EWiR 2002, 1011 (Albicker) = WM 2003, 491 = VersR 2003, 242; Urt. v. 25.09.2002 –

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VIII ZR 253/99, ZIP 2003, 34, 38 = DB 2003, 146 = NJW 2003, 290 = WM 2003, 504 = MDR 2003, 279 = EWiR 2003, 435 (Just); zuvor OLG Hamm, Urt. v. 02.09.1999 – 4 U 26/99, EWiR 1999, 1127 (von Manteuffel/Evers). BGH, Urt. v. 22.10.2003 – VIII ZR 117/03, NJW-RR 2004, 469; Urt. v. 01.06.2005 – VIII ZR 335/04, NJW-RR 2005, 1274. Niebling WRP 2010, 1454 (1459). BGH BB 1988, 2201; Westphal II Rn 93. BGHZ 128, 67; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 178. BGH BB 1995, 113; OLG München BB 1993, 1753; Westphal II Rn 93; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 178. BGH, Urt. v. 23.11.1994 – XIII ZR 254/93.

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Klausel eines Kfz-Händlervertrags mit der Verpflichtung, gelieferte Kfz nach Vertragsende zum Netto-Rechnungswert (Händlereinkaufspreis gem. Faktura Händler ohne MwSt. und Fracht- und sonstige Nebenkosten, abzüglich gewährter Preisnachlässe oder Rückvergütungen sowie abzüglich etwaiger Wertminderungen) zurückzukaufen, ist gemäß § 307 BGB unwirksam415. Die Klausel müsse so verstanden werden, als ob der Abzug für Wertminderungen auch Minderungen erfasse, die aufgrund des Alters der Kfz oder der Einführung eines Nachfolgemodells einträten. Dabei werde nicht danach differenziert, ob die Kündigung durch eine Vertragsverletzung des einen oder des anderen Teils ausgelöst werde, und von wem eine Kündigung ausgegangen sei. Vielmehr werde das Wertverlustrisiko infolge Zeitablaufs in allen Fällen einseitig auf den Händler verlagert, der eine Minderung des Rückkaufpreises selbst dann hinzunehmen habe, wenn sein Vertragspartner durch schuldhaftes Verhalten die Kündigung veranlasst habe. Zu erstatten sei der Händlereinstandspreis; Abzüge für Wertminderungen blieben ausgeschlossen. Der Rückkaufpreis sei zuzüglich gesetzlicher MwSt. zu entrichten416. Ein zur Bestimmung des Rückkaufswertes vorgesehener Abzug von 25 % von dem Erstkaufpreis ist unangemessen. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das gerade noch zulässige Maß von 10 %417 ist nicht möglich418. Auch 15 % sollen zu beanstanden sein419. Die Klausel über den Abzug ist intransparent, wenn die zugrunde liegenden Bezugspreise nicht klar sind420. Dem Händler darf nicht der Nachweis eines konkret geringeren Abzugs für die Kosten von Bearbeitung und Handling abgeschnitten werden (§§ 307 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 309 Nr. 5b BGB)421. Unwirksam ist die Klausel, bei Rücknahme von Vorführwagen und gefahrenen Lagerwagen werde zusätzlich zu einer Pauschale von 15 % je gefahrenen Kilometer 0,06 Cent zu Lasten des Vertragshändlers berechnet, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Die Pauschale von 15 % verstoße gegen das Transparenzgebot und sei daher unangemessen, da nicht erkennbar werde, von welcher Bezugsgröße die Pauschale von 15 % zu berechnen sei. Allerdings blieben die restlichen Bestandteile der Klausel wirksam, da eine pauschale Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,06 Cent zuzüglich der tatsächlich anfallenden Umsatzsteuer nicht unangemessen sei422. Die Regelung, nach der der Händler verpflichtet wird, auf Verlangen des Herstellers den gesamten Lagerbestand an den Hersteller zu verkaufen, ist ebenfalls unwirksam: Der Händler werde bei kundenfeindlichster Auslegung gezwungen, auch solche Lagerware an den Hersteller zu veräußern, die er bereits anderweitig verkauft habe. Damit könne er sich nur entweder gegenüber dem Hersteller oder dem Abkäufer vertragsbrüchig verhalten423. Die Rücknahmepflicht darf nicht auf „im Eigentum des Händlers stehende Ware“ beschränkt werden. Der Hersteller hat vielmehr auch Ware zurückzunehmen, die der Händler zum Zweck der Eigenfinanzierung an eine konzerneigene Bank des Herstellers sicherungsüber415 416 417

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OLG Hamburg, Urt. v. 20.11.2002 – 4 U 211/01, n.v. OLG Hamburg, Urt. v. 20.11.2002 – 4 U 211/01, n.v. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde); BB 1995, 113 (114). BGH, Urt. v. 23.11.1994 – XIII ZR 254/93, BGHZ 124, 351; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 189. OLG Stuttgart, Urt. v. 22.12.1994 – 13 U 72/94; aA Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 191.

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BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 193 f. BGH NJW 1994, 1060 (1067); NJW 1985, 320 (326); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 414. BGH, Urt. v. 12.01.1994 – XIII ZR 165/92. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

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eignet hat424. Unwirksam ist ferner die Klausel, nur beim Hersteller erworbene Lagerware des Kfz-Vertragshändlers werde zurückgekauft. Damit würden Käufe bei anderen Händlern (Querlieferungen) erschwert425. Gleiches gilt für die Klausel, Fahrzeuge mit einem Alter von mehr als einem Jahr nicht rückzukaufen426. Unwirksam ist die Beschränkung der Rücknahmepflicht auf solche Teile, die weniger als 3 Jahre vor Vertragsende geliefert wurden427, ein aktuelles Modell428, auf in einer gültigen Ersatzteilliste genannte Teile429, wiederverkaufsfähige430 oder hochfrequente Teile. Die Rücknahmepflicht darf auch nicht auf 55 % des Jahreseinkaufes beschränkt werden431. Eine eventuelle Ausschlussfrist für die Rücknahme muss angemessen sein. Eine Ausschlussfrist von drei Monaten für den Rückkauf ist zu knapp432, von 6433 oder 12 Monaten bleibt sie jedoch unbeanstandet434. Der Händler wäre gerade in der naturgemäß auch sonst mit vielen Schwierigkeiten verbundenen Umstellungsphase nach Beendigung des Händlervertrages erheblich belastet435, zumal er in der vom BGH überprüften Klausel u.a. zu untersuchen hatte, ob die Teile neu, unbeschädigt, originalverpackt, fachgerecht gelagert und wiederverkaufsfähig waren. – Rückkaufrecht des Unternehmers: Hat der Unternehmer sich ein Rückkaufrecht hinsichtlich der noch beim Mittler vorhandenen Vertragsware vorbehalten, so darf er weder einen Abzug für die Kosten des Transports, noch der Gefahrtragung oder eine sonstige Reduzierung des Rückkaufpreises gegenüber dem Einkaufspreis durch Formularvereinbarung regeln, da sonst die Dispositionsfreiheit des Mittlers sowie das Äquivalenzprinzip des Vertrags gestört würden436. Die Verpflichtung eines HV, vom Unternehmer an Dritte veräußerte Waren vom Unternehmer nach Rückgabe durch den Dritten an den Unternehmer zurückzukaufen (Leasingrückläufer) soll unwirksam sein437. Zudem trägt der HV hier leitbildwiderstreitend das Geschäftsrisiko (Vor § 84 Rn 223 ff).

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KG BB 1999, 1518 mit Anm. Graf von Westphalen. BGH NJW 2000, 1191 = EWiR 2000, 361 (Emde); Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; aA OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.07.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628. In BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08 wurde die Klausel nicht geprüft, aber auch nicht beanstandet. KG BB 1999, 1518 mit Anm. Graf von Westphalen. BGHZ 124, 351 = BB 1995, 113; Westphal II Rn 98; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 187. BGH NJW 1994, 1060 (1066); aA für zum aktuellen Verkaufsprogramm des Unternehmers zählende Teile BGH WM 2007, 2048; DB 2008, 1913. OLG Stuttgart, Urt. v. 22.12.1994 – 13 U 72/94; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 182 – der Hersteller könnte sonst über die Rücknahmepflicht disponie-

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ren. In BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08 wurde die Klausel nicht geprüft, aber auch nicht beanstandet. BGH NJW 1994, 1060 (1067); Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 127/04; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 183. Graf von Westphalen, Klauselwerke, Vertragshändlerverträge, Rn 43; Westphal II Rn 97; aA OLG Köln BB 1987, 148 bei einer Umschlagshäufigkeitslage von zweimal im Jahr. BGH BB 1995, 113 (115) = ZIP 1995, 222 (224); OLG München BB 1996, 1685 = ZIP 1996, 1550 (1553). OLG Köln, Urt. v. 28.04.2006 – 19 U 195/05, BeckRS 2008, 12151. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 19.12.2006 – 5 U 124/05; aA KG BB 1999, 1518 (1519). BGH BB 1995, 113 (115) = ZIP 1995, 222 (224); OLG München BB 1996, 1685 = ZIP 1996, 1550, 1553. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 420. Graf von Westphalen BB 2009, 2378 (2384).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

– Rücksendung von Ersatzteilen: Sie darf nicht von der Genehmigung des Herstellers abhängig gemacht werden438. – Rückzahlung von Sonderbonifikationen: Eine Klausel, welche die Rückzahlung „freiwilliger und bevorschusster Sonderbonuszahlungen“ vorsieht, wenn der HV-Vertrag vor Ablauf einer Frist von 12 Monaten nach Auszahlung der Leistung gekündigt wird: Die Klausel soll nach § 307 BGB jedenfalls unwirksam sein, wenn es sich um eine Vergütungsregelung handelt. Sie schließt die Entschließungsfreiheit des HV in einem nicht mehr gerechtfertigten Maße aus439. Anders jedoch bei einer Fälligkeitsregelung, derzufolge eine Bonuszahlung ein ungekündigtes Vertragsverhältnis voraussetzt440. Auch reine Treueprämien ohne Gegenleistungscharakter sind zulässig. – Schulungskosten: Um die Unwirksamkeit der Klausel zu vermeiden dürfen die Kosten von Schulungsmaßnahmen bei abstrakt-genereller Betrachtung nur in einem angemessenen Verhältnis zu den Umsatzerwartungen des Vertragshändlers stehen441. Möglicherweise ist, um Unwirksamkeit zu vermeiden, zwischen den Kosten der Schulungsveranstaltung (Unternehmer) und des zu schulenden Personals (etwa Reisekosten) zu unterscheiden442. Sieht der HV-Vertrag vor, dass der HV auf Kosten des Unternehmers zum Versicherungsfachmann ausgebildet wird, ist eine Klausel, nach welcher er die summenmäßig nicht bekannten Ausbildungskosten bei Abbruch der Ausbildung zurückzahlen muss, wegen § 307 BGB unwirksam. Dies gilt insbesondere, wenn diese Regelung auch bei fristloser Kündigung durch den Handelsvertreter gelten soll, weil sie dann dem zwingenden § 89a widerspricht443. – Schriftformklauseln, und zwar qualifizierte444 sowie einfache445 (zweifelhaft). – Schweigen als vereinbarte Zustimmung, etwa bei der Anerkennung von Provisionsabrechnungen. – Steuerberater: Bestimmung eines vom Unternehmer vorgeschriebenen Steuerberaters oder anderen Beraters446. – Stornoreserve: Auch im Lichte des zwingenden § 87a Abs. 4 (Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts der Provisionszahlung) soll der Abzug von Teilen der Provision, um eine Stornoreserve aufzufüllen, zulässig sein. Es müssen jedoch transparente und durch den HV beweisbare Voraussetzungen für die Auszahlung der Stornoreserve vereinbart sein, damit die Klausel über den Stornoeinbehalt wirksam ist. Ist die Klausel unwirksam, wäre die Stornoreserve vollständig und sofort auszuzahlen. Die Klausel muss vorsehen, dass die Stornoreserve nach Vertragsende binnen eines angemessenen Zeitraums ausbezahlt wird447, wobei die Auszahlung innerhalb eines Jahres nach Vertragsende noch angemessen sein soll448, nicht jedoch erst drei Jahre nach Vertragsende449. 438 439

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BGH, Urt. v. 12.01.1994 – XIII ZR 165/92. OLG Naumburg, Hinweisbeschl. v. 12.02.2010 – 6 U 164/09; OLG Rostock, Urt. v. 25.09.2009 – 8 O 11/09. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. Genzow Rn 78; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 185. Habersack/Ulmer S. 65. OLG Celle, Urt. v. 24.04.2003 – 11 U 226/02; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 101; aA BAG, Urt. v. 24.10.2002, MDR 2003, 814, 815.

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BGH NJW 1985, 630; Hopt § 85 Rn 5. Hopt § 85 Rn 5. Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 71; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 167; Liesegang BB 1991, 2381, 2383; aA Flohr FranchiseVertrag, S. 164. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.01.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.01.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.01.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086.

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1. Buch. Handelsstand

– Teilkündigungsklauseln 450. Dem HV wird ein Vertrag aufgezwungen, den er so nicht geschlossen hat451 und es werden ihm wesentliche Vertragsrechte einseitig und meist auch ohne Einhaltung der Kündigungsfristen des § 89 entzogen. Dieser einseitige Eingriff in das Vertragsgefüge ist unbillig. Insbesondere ist die Klausel unzulässig, der Hersteller sei berechtigt, durch Teilkündigung mit einer Frist von 12 Monaten unter Aufrechterhaltung des Vertrages im übrigen die Ausübung der Händlertätigkeit zu beschränken oder das Vertragsgebiet zu verkleinern bzw. weitere Vertragshändler einzusetzen und Niederlassungen zu errichten452. Die Teilkündigung darf insbesondere nicht daran angeknüpft werden, dass der Anteil der Zulassungen des Händlers an der Gesamtzahl der Zulassungen im Vertragsgebiet 25 % unter dem bundesweiten Anteil der Zulassungen der Kfz des Herstellers liegt453. Auch die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sowie Händlerrichtlinien dürfen nicht mit einer Frist von 12 Monaten durch schriftliche Erklärung abgeändert werden454. Ob sich die Unzulässigkeit dadurch begründen lässt, mit der Kündigung trete eine unzumutbare Unsicherheit über das Bestehen des Ausgleichsanspruchs ein455, erscheint zweifelhaft, weil es Aufgabe der Rechtsprechung ist, Antworten auf diese Herausforderung zu entwickeln. Ausnahmsweise kann die Klausel wirksam sein, wenn für die Teilkündigung eine angemessene, von § 89b unabhängige Kompensation gewährt wird456. Sie muss jedenfalls die bis zum Ablauf der ersten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Ändernden entstehenden Nachteile des Betroffenen ausgleichen, transparent geregelt sein und darf nicht zu Rechtsunsicherheit führen. Ferner kann die Teilkündigung in Sonderfällen zulässig sein, in welchen evidente und schwerwiegende Kündigungsgründe in den AGB konkret benannt sind. Viele halten die Teilkündigung gänzlich für unwirksam457. Siehe auch das Stichwort „Vertragsgebiet“. – Unterlagen: Pflicht zum Kauf der nach § 86a zu überlassenden Unterlagen, etwa einer Musterkollektion458. Die Verpflichtung zum Kauf solcher Unterlagen widerspricht dem unabdingbaren § 86a Abs. 1, wonach der Unternehmer dem HV die für seine Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen müsse. Auch hier hätte die Entscheidung daher in einem Individualvertrag nicht abweichend lauten dürfen. – Untervertreter: Die Klausel, der Hersteller werde eine Zustimmung zu Abschluss, Änderung oder Beendigung eines Untervertretervertrages nur verweigern, wenn sachlich gerechtfertigte Gründe die Verweigerung geboten erscheinen ließen. Durch die Abwägung, ob sachlich gerechtfertigte Gründe die Verweigerung geboten erscheinen 450

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Zum Bankvertrag siehe BGH, Urt. v. 08.11.2005 – XI ZR 74/05, NJW 2006, 430 = DB 2006, 333; zur Unzulässigkeit der Teilkündigung BGH BB 2000, 60 mit Anm. Emde = EWiR 2000, 153 (Emde); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 16. Nocker Ausgleichsanspruch, Wien 2001, Rn 231f. Möglicherweise ist dies ein falscher Schluss, denn der geschlossene Vertrag beinhaltet auch die Kündigungsklausel. BGH BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35. BGH, BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35. BGH BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW

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2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35. BGH BB 2000, 60 m. insoweit ablehnender Anm. Emde; BGH BB 1984, 233 (235). BGH BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde; BB 1988, 220; BGHZ 124, 351 (354); 89, 206 (211). OLG Köln NJW-RR 2002, 602 (603); Emde BB 2000, 63 (65); Genzow Rn 114; Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, Vertragshändlerverträge, 1994, Rn 19. LG Stuttgart, Urt. v. 20.02.1990, HVR Nr. 690; OLG Düsseldorf HVR Nr. 770; OLG München HVR Nr. 991; Hopt § 86a Rn 6.

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ließen, entstehe ein ungerechtfertigter Ermessensspielraum459. Unwirksam ist auch die in einem Untervertretervertrag enthaltene Klausel, wonach ein Anspruch auf Provision beim Untervertreter erst entsteht, falls beim Hauptvertreter für das vom Untervertreter vermittelte Geschäft Provisionszahlungen eingegangen sind. Dies gilt auch für die Klausel, nach der Provisionsansprüche des Untervertreters davon abhängen, dass der Hauptvertreter Provisionen innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung des Vertriebsvertrags für von dem Untervertreter vermittelte Geschäfte erhalten hat460. Nach §§ 87, 87a ist für das Bestehen eines Provisionsanspruchs des HV maßgeblich, ob das vermittelte Geschäft abgeschlossen und ausgeführt wird. Das Entstehen und ein etwaiges Erlöschen des Provisionsanspruchs knüpft stets an Umstände des „Hauptgeschäfts“ an. Demgegenüber würde nach der genannten Klausel der Provisionsanspruch nur bestehen, wenn der Hauptvertreter eine Provisionszahlung erhalten hat, und zwar unabhängig von Abschluss, Ausführung oder Erfüllung des vermittelten Geschäfts. Dies steht mit der gesetzlichen Konzeption des Provisionsanspruchs nicht in Einklang. Daran ändert auch nichts, dass von den Regelungen der §§ 87, 87a Abs. 1 grds. zu Lasten des HV abgewichen werden kann. Generell kann aus dem Umstand, dass gesetzliche Regelungen abdingbar sind, nicht auf die Zulässigkeit bestimmter Abweichungen gerade in AGB geschlossen werden461. Die Ansprüche ständen letztlich im Belieben des Hauptvertreters. Die letztgenannte Klausel verstößt zudem gegen die zwingenden § 87a Abs. 3 S. 1, Abs. 5. Der HV besitzt einen Provisionsanspruch auch dann, wenn der Unternehmer das Geschäft nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen wird. Ein Geschäft wird auch dann „nicht so ausgeführt wie es abgeschlossen worden ist“, wenn es verspätet ausgeführt wird. Es kann deshalb Fälle geben, in denen der Hauptvertreter wegen „verspäteter“ Ausführung des Vertrags durch den Unternehmer einen Anspruch auf Provision auf Grund des durch den Untervertreter vermittelten Vertrags hat, Provisionszahlungen auch tatsächlich erhält und gleichwohl Provisionen nicht auszuzahlen hat. – Verjährung: Wenig beachtet werden nicht zum Vertriebsrecht ergangene Entscheidungen des BGH: danach sind sowohl innerhalb wie außerhalb des unternehmerischen Verkehrs462 Klauseln unwirksam, wenn sie für den Verjährungseintritt eine Haftung generell ausschließen, ohne hiervon ausdrücklich Fälle des Vorsatzes und des groben Verschuldens auszunehmen (§§ 307, 309 Nr. 7, 202 BGB)463. Eine formularmäßige Regelung, nach der alle Ansprüche aus einem HV-Vertrag in zwei Jahren nach Fälligkeit verjähren, spätestens gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt bzw. von dem Zeitpunkt, in dem der Anspruch auf Grund einer zwingenden gesetzlichen Ausschlussfrist hätte geltend gemacht werden müssen, ist gleichfalls unwirksam. Nach dem Wortlaut der Klausel – insbesondere durch die Formulierung „… spätestens gerechnet von Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des 459 460

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OLG Frankfurt, Urt. v. 25.02.2004 – 1 U 31/03. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703 = BB-online BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1700) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de.

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BGH, Urt. v. 19.09.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774; Palandt/Grüneberg § 309 Rn 48. BGH, Urt. v. 26.02.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486; v. 29.05.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 = BB 2008, 1529; v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674.

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Anspruchs rechtfertigt.“ – ist unklar, ob zur Fälligkeit Kenntnis hinzukommen muss, so dass der Anspruch frühestens zwei Jahre nach Fälligkeit verjähren kann, oder ob frühere Kenntnis die Verjährung vor Fälligkeit in Gang setzt464. Unwirksamkeit tritt ebenso ein bei Verjährung der Ansprüche binnen 6 Monaten nach Fälligkeit (Verstoß gegen Treu und Glauben)465 bzw. falls alle Ansprüche aus dem Vertrag unabhängig von einer Kenntnis des HV 12 Monate nach dem Eintritt der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs verjähren466. Die Bestimmung könne zur Folge haben, dass Ansprüche verjähren, ehe der HV von ihrer Existenz Kenntnis erlange467. Es sei ein Gebot Treu und Glaubens, die Verjährung nicht beginnen zu lassen, ehe der Berechtigte in der Lage sei, den Anspruch geltend zu machen468. Zudem benachteilige die Klausel den HV unangemessen und sei mit wesentlichen Grundgedanken des § 88 (nach Streichung: § 195 BGB) unvereinbar469. Prasse470 sowie das OLG München471 widersprechen dem: Es bestehe, so Prasse, für beide Vertragspartner ein Interesse, verjährungsverkürzende Vereinbarungen zu treffen. Nach Ansicht des OLG München472 hält die Klausel „die Verjährungsfrist für Ansprüche der Vertragsparteien beträgt abweichend von § 88 HGB (a.F.) ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist“, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand“. Entgegen dem BGH473 sei der Lauf der Verjährung unabhängig von der Kenntnis des VV von seinen Ansprüchen nicht zu beanstanden. Der Vertrag sehe weder einen Gebiets- noch Kundenschutz vor und der HV sei über mögliche Ansprüche stets informiert worden. Mit dem BGH ist dem OLG München nicht zuzustimmen: Grundsätzlich weisen gesetzliche Vorschriften über die Verjährung einen hohen Gerechtigkeitsgehalt auf 474. Dieser ist in einem formularmäßigen HV-Vertrag zu respektieren475. Wenngleich bei verheimlichten Ansprüchen der HV im Wege der Naturalrestitution so wie bei zeitgerechter Information zu stellen ist476, bleibt es ein Element elementarer Gerechtigkeit, dass der Lauf der Verjährung nicht vor Kenntnis des HV von seinen Ansprüchen beginnen darf. Fehlende Kenntnis ist insb. bei Direktgeschäften oder bei Ausführung 464 465

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OLG Köln, Urt. v. 16.04.2010 – 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056. OLG Celle, Urt. v. 12.02.1988, NJW-RR 1988, 1064; aA LG Münster, Urt. v. 30.03. 1978 – 7b O 169/77, n.v. sowie mglw. BGH, Urt. v. 10.05.1990, BB 1990, 2066 (2067). BGH, Urt. v. 03.04.1996, MDR 1996, 801 = NJW 1996, 2097; OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Urt. v. 15.11.2000 – 7 U 3545/00, OLGR München 2001, 111; v. 07.02.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991; OLG Hamm, Urt. v. 15.01.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Celle, Urt. v. 12.02.1988 – 11 U 62/87, NJW-RR 1988, 1064; Thume in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 88 Rn 9; aA OLG München v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zu einem Sonderfall (zwh.). BGH, Urt. v. 10.05.1990, BB 1990, 2060; v. 03.04.1996, MDR 1996, 801 = NJW 1996, 2097; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. OLG Hamm, Urt. v. 15.01.1999 – 35 U

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30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. Das kann aber nur für die gesetzliche Fristen verkürzende Klauseln gelten, da auch das Gesetz kenntnisunabhängige Verjährungsregeln kennt. OLG Celle, Urt. v. 12.02.1988, NJW-RR 1988, 1074. in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 103. OLG München, Urt. v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, BB-online BBL 2008-117-4, BB 2008, 117 = VersR 2009, 112. OLG München, Urt. v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, BB-online BBL 2008-117-4, BB 2008, 117 = VersR 2009, 112. Urt. v. 03.04.1996, VersR 1996, 848 = NJW 1996, 2097. Emde VersR 2001, 148 (151). OLG München, Urt. v. 07.02.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991 (992). BGH, Urt. v. 28.01.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08.

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abweichend von den Bestimmungen des vermittelten Vertrag (§ 87a Abs. 3) denkbar. Unzulässig ist wegen §§ 307, 89b Abs. 4 S. 1 eine unterhalb der 1jährigen Geltungsmachungsfrist des § 89b vereinbarte Verjährungsfrist, soweit der Ausgleichsanspruch erfasst sein soll477. Eberstein478 hält nach Fortfall des § 88 jede verjährungsverkürzende Regelung – auch individualvertraglich – für unzulässig (zwh., siehe Rn 488). In Vertragshändlerverträgen dürften zwei Jahre unterschreitende, kenntnisunabhängige Verjährungsklauseln problematisch sein, und zwar schon wegen der Einschränkung der Rückgriffsmöglichkeiten nach §§ 479, 478 Abs. 4 BGB. Vertragsgebiet, Änderungen: Hier gilt das zur Teilkündigung Gesagte entsprechend. Vertragslaufzeit: Zu lange Unkündbarkeit. Die formularmäßig zulässige Grenze soll bei ca. 10 Jahren liegen479, es sei denn, es gibt – der Transparenz wegen – möglichst im Vertrag benannte Gründe für eine längere Laufzeit. Nach Ansicht von Niebling480 sind Vertragshändler- und Franchiseverträge mit einer 5 Jahre übersteigenden Vertriebsbindung unwirksam, weil die Laufzeit dem Leitbild der GVO 330/10 widerspricht. Dies dürfte zwh. sein, weil die 5jährige Laufzeit nur für Wettbewerbsverbote des Vertriebsmittlers gilt. Vertragspartner: Recht des Unternehmers, an seiner Stelle jederzeit einen anderen Vertragspartner einzusetzen, es sei denn, es existieren sachliche Gründe und sie werden enumerativ benannt (etwa Aufbau eines mehrstufigen Vertriebssystems)481. Anderenfalls könnte der Unternehmer dem Mittler einen insolventen Vertragspartner unterschieben, was bereits § 826 BGB widersprechen dürfte. Vertragsstrafe: • Vertragsstrafe zur Absicherung eines Wettbewerbsverbots in Höhe einer doppelten Monatsprovision (hier: 34.000 DM) für jeden Fall der Zuwiderhandlung, weil sie zur Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz des HV führen kann482. • Vertragsstrafe eines Franchisevertrages in Höhe von 2.500 EUR zuzüglich MwSt für jeden Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot und die Geheimhaltungspflicht unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs, sofern das Vertragsstrafeversprechen verschuldensunabhängig gelten soll. Eine solche Regelung ist nur bei gewichtigen Gründen zulässig. Zudem kann der Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs in AGB nicht vereinbart werden483. • Vertragsstrafeversprechen in einem Vertrag mit einem unechten Hauptvertreter, nach der sich dieser verpflichtet, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ein Abwerbeverbot eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR zu zahlen. Grund: Die Vertragsstrafe differenziert weder nach der objektiven Schwere des Verstoßes, etwa Versuch und Vollendung, noch dem Grad des Verschuldens. Auch fehlt eine Obergrenze484. Un-

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BGH, Urt. v. 03.04.1996, VersR 1996, 848 = NJW 1996, 2097; OLG München, Urt. v. 15.11.2000 – 7 U 3545/00, OLGR München 2001, 111; v. 07.02.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991; OLG Hamm, Urt. v. 15.01.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Celle, Urt. v. 12.02.1988 – 11 U 62/87, NJW-RR 1988, 1064; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1305; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 9; aA OLG München, Urt. v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zu einem Sonderfall (zwh.).

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Der Handelsvertreter-Vertrag, S. 180. Vgl. zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 80; aA Niebling JR 2009, 393. Niebling WRP 2009, 153 (154); ähnlich Niebling JR 2009, 393. Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 77. OLG Hamm, Urt. v. 02.12.1983, MDR 1984, 404. OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (zu einem Franchisevertrag). LG Gießen, Urt. v. 31.08.2001 – 8 O 78/99.

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wirksam ist auch die Vereinbarung, dass für jeden Fall der Abwerbung eines Vertriebspartners eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 EUR „unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs“ versprochen wird. Der generelle Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs benachteiligt den Verwendungsgegner unangemessen; die Vertragsstrafenbestimmung ist insgesamt unwirksam485. Vertragsstrafe von 2.500 EUR für jeden Wettbewerbsverstoß, unabhängig von der Schwere und dem Verschulden sowie ohne Obergrenze. Das Bedürfnis, sich gegen einen Wettbewerbsverstoß durch eine Vertragsstrafe zu sichern, sei nicht übermächtig groß. Denn dem Unternehmer stehe ein Schadenersatzanspruch zu, der sich auch durchsetzen lasse, weil sowohl der Ersatzanspruch wie die Vertragsstrafe voraussetzten, dass der Verstoß bekannt sei. Die Möglichkeit der Herabsetzung nach § 343 BGB bleibe im Klauselkontrollverfahren außer Betracht486. Eine dem VV auferlegte Vertragsstrafe für jeden vorsätzlichen und fahrlässigen Wettbewerbsverstoß von 25.000 EUR benachteiligt den VV unangemessen i.S.d. § 307 BGB, weil die Pönale auch im Falle leicht fahrlässiger Verstöße fällig gestellt werden soll, etwa nach Vermittlung einer Kfz-Versicherung an einen Kunden, von dem der VV die Eigenschaft als Kunde des Unternehmers nicht kannte487. Die Klausel, nach der eine Vertragsstrafe nicht auf den aus demselben Grund resultierenden Schadenersatzanspruch anzurechnen ist488. Eine zu hohe und verschuldensunabhängige Vertragsstrafe489. Die Vertragsstrafe muss auch bei geringstmöglichem Verdienst noch angemessen sein490. Die Unwirksamkeit kann sich auch daraus ergeben, dass nur der Vertreter die Strafe leisten soll (etwa bei beide Parteien treffenden Wettbewerbsverbot)491. wenn einem Vertreter für jeden Fall der Verletzung des Kunden- wie Quellenschutzes eine „Konventionalstrafe“ von 100.000 DM auferlegt wird492. Die unangemessen hohe Vertragsstrafe verstoße gegen Treu und Glauben. AGB unterlägen einer Inhaltskontrolle, ob sie eine § 242 BGB widerstreitende Benachteiligung des Vertragspartners enthielten. Eine „Einheitsstrafe“ dürfe nur so hoch sein, dass sie auch im Falle der geringsten denkbaren Pflichtverletzung angemessen bleibe. Daran mangele es hier. Die Regelung, wonach der Vertriebsmittler (im entschiedenen Fall ein Kommittent) für von ihm leicht fahrlässig verursachte Betriebsunterbrechungen beim anderen Vertragsteil nicht haftet und für den Fall der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 EUR unabhängig davon zu zahlen hat, ob er die Pflichtverletzung zu vertreten hat oder gewichtige Interessen des Unternehmers die Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Vertragstrafe in AGB ausnahmsweise rechtfertigen493. Vertragsstrafe wegen Nichtentfernen von Werbehinweisen und Markenzeichen in Höhe von 2.500 EUR, bei Dauerhandlung oder fortlaufender Verletzung für jeden

OLG Köln, Beschl. v. 15.06.2010 – 19 U 53/10, BeckRS 2011, 04593. OLG München, Urt. v. 13.12.1995 – 7 U 5432/95, NJW-RR 1996, 1181 = DB 1996, 422; a.M. zu § 348 HGB OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell. BGH, Urt. v. 21.11.1991, MDR 1992, 951.

489 490 491 492 493

Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 5 Rn 95. Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 79. Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 79. LG Coburg, 23 O 176/00, MDR-Report 20/2000, R 21. BGH BB 2003, 1463 (1464).

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weiteren Tag der Zuwiderhandlung eine weitere Vertragsstrafe von 50 EUR je Tag. Die Vertragsstrafe ist unangemessen hoch, da die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht. Unverhältnismäßig ist die Vertragsstrafe, da die Höhe der Vertragsstrafe nicht am Gewicht des Vertragsverstoßes ansetzt, sich mit fortschreitender Dauer des vertragswidrigen Zustandes kontinuierlich steigert und weder eine zeitliche noch eine summenmäßige Beschränkung vorgesehen ist494. • Kumulation von Vertragsstrafe und Schadenersatz statt der Leistung495. Vorführwagen: Die Pflicht zum Vorhalten einer Mindestzahl an Vorführwagen widerspricht Art. 3 Abs. 6 lit. d GVO 1400/02. Es werde zu Lasten der Händler der Spielraum für eine den vertraglichen Vorgaben entsprechende einvernehmliche oder durch einen unabhängigen Sachverständigen vorzunehmende Festsetzung des Bestands an Vorführwagen eingeengt. Gleiches gelte für ein Bestimmungsrecht in Bezug auf die Mindestanzahl sowie den Wechselintervall der Vorführwagen. Eine Freistellung der Klauseln nach Art. 101 Abs. 3 AEUV habe das Berufungsgericht zu prüfen496. Unwirksam ist ferner die Klausel, Voraussetzung für die Gewährung des Grundrabattes sei die verbindliche Einhaltung der im Verkaufsplan vereinbarten Menge an Lager- und Vorführfahrzeugen. Die Klausel stellt allein auf die Menge von Lager- und Vorführwagen ab, wodurch der Grundrabatt verweigert werden kann, wenn die vereinbarte Anzahl an Lager- und Vorführwagen auch nur eine Woche nicht eingehalten wird. Zwar hat der Hersteller einen Anspruch darauf, dass der Vertragshändler die im Absatzplan individuell vereinbarte Zahl an Lager- und Vorführwagen anschafft und vorhält. Die Sanktion darf jedoch nicht außer Verhältnis stehen zu dem Gewicht des Vertragsverstoßes und seinen Folgen für den Vertragspartner497. Aus dem gleichen Grund ist auch eine Klausel unwirksam, der zufolge ein Vertragshändler, welcher keinen aktuellen Vorführwagen – maximal 6 Monate zugelassen – unterhält, einen 3 % unter dem Grundrabatt liegenden Rabatt erhält498. Vorführwagenrabatt: Ein Vorführwagenrabatt ist zwar zulässig499. Unwirksam ist hingegen die Klausel, sämtliche Modellreihen sollten im Bestand der Vorführfahrzeuge repräsentiert sein. Der Hersteller versuche damit, durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten der Vertragspartner durchzusetzen, ohne vorher die Belange des Händlers hinreichend zu berücksichtigen und einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen500. Werbung: Durchführung eigener Werbemaßnahmen des Franchisenehmers nur mit Zustimmung des Franchisegebers, aber Beteiligung an den Kosten „geeigneter Werbemaßnahmen“ des Franchisegebers mit monatlich 400 DM zuzüglich MwSt501. Wettbewerbsverbot des HV: • Ein über die gesetzliche Bindung aus der Interessenwahrnehmungspflicht hinausgehendes vertragliches Wettbewerbsverbot soll von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweichen (§ 307 Abs. 2 S. 1 BGB) und nur bei Vorliegen besonderer

494 495 496

497 498

OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2003 – 26 O 218/97. BGH BB 1992, 307; Hopt § 86 Rn 32. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). BGH, Urt. v. 12.01.1994 – XIII ZR 165/92. BGH, Urt. v. 12.01.1994 – XIII ZR 165/92.

499 500

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.1992 – 6 U 105/91. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521.

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Umstände wirksam sein502. Das erscheint zweifelhaft, weil sich der Existenz des § 90a die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen entnehmen lässt. Zudem handelt es sich bei der Erweiterung des Wettbewerbsverbots nur um eine Konkretisierung der gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht, die auch innerhalb eines Vertriebsnetzes durch AGB vorgenommen werden darf. • Intransparentes Verbot der Tätigkeit für einen anderen Unternehmer, der nach dem gleichen „Verkaufssystem“ arbeitet503. • Klausel, die jede „Unterstützung“ eines Wettbewerbers mit einer Vertragsstrafe belegt, und zwar wegen Intransparenz504. Wettbewerbsverbot des Unternehmers: Der Unternehmer soll sich nur individualvertraglich Direktlieferungen in das Gebiet des HV vorbehalten dürfen505. Das ist fraglich, denn der Unternehmer unterliegt grds. keinem Wettbewerbsverbot. Unzulässig ist die Direktlieferung damit nur, wenn die Grenze zur bewussten Schädigung des HV (vgl. § 86a Rn 44 ff) überschritten wird, dann aber auch als Individualvereinbarung (§§ 138, 242 BGB, Rechtsgedanke des § 86a Abs. 3). Zudem muss der Unternehmer für die Direktlieferungen einen angemessenen Ausgleich vorsehen (siehe Rn 43, Stichwort „Direktverkäufe“; Rn 42, Stichwort „Direktgeschäfte“). Zurückbehaltungsrecht: Ausschluss oder Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts des § 88a Abs. 2, und zwar wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Leitbild506, auch zu Gunsten des HV507 (zwh.). Zwangsbelieferungsklauseln508. Zweitmarke: Unwirksam ist das Verbot, für ein Zweitfabrikat Nutzen aus von Citroen getätigten Investitionen zu ziehen. Es sei unvermeidlich, dass von Citroen geschultes Personal erworbene Kenntnisse für die Wartung an Fahrzeugen der Zweitmarke anwende509.

b) Wirksame Klauseln. Wirksam sollen dagegen die nachfolgenden Klauseln sein: – Ablehnung eines vermittelten Geschäfts: falls dem Unternehmer die Ablehnung eines vom HV vermittelten Geschäfts gestattet wird510, jedoch nicht bei willkürlichem Ablehnungsrecht511. – Abtretung: Die Abtretbarkeit von Provisionsansprüchen kann auch durch AGB ausgeschlossen werden512, wobei aber meist § 354a entgegensteht. – Alleinvertriebsrecht: Entgelt für dessen Einräumung513. – Altersversorgung: Sofern eine vom Unternehmer gewährte Altersversorgung entfällt, wenn ein Ausgleichsauschlussgrund nach § 89b Abs. 3 gegeben ist, ist dies nicht zu beanstanden. Eine dahingehende Regelung hält auch § 307 BGB stand514. 502

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OLG München NJW-RR 1995, 292; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25; aA für den Versicherungsvertreter OLG München BB 1993, 1835; s.a. BGH BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707. OLG München NJW-RR 1995, 292. OLG München, Urt. v. 13.12.1995 – 7 U 5432/95, NJW-RR 1996, 1181 = DB 1996, 422. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 28. BGH, Urt. v. 29.03.1995, BGHZ 129, 186. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 15. Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9

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Rn 75; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 153. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). Hopt § 86a Rn 13. H. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310 BGB Rn 406; aA wohl Hopt § 86a Rn 13 (freies Ablehnungsrecht darf vereinbart werden). AA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9. BGH NJW-RR 1993, 376. LG Potsdam, Urt. v. 09.04.2008 – 52 O 9/07, n.v.

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– Ausgleichsanspruch: • Die AGB „mit der Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs verzichtet der Vertreter auf die unternehmerfinanzierte Altersversorgung“ verstößt nicht gegen die zwingende Natur des Ausgleichs (§ 89b Abs. 4), weil der Ausgleich selbst unberührt bleibt und lediglich die Altersversorgung entfällt. § 89b Abs. 4 verbietet Vereinbarungen, durch die der Ausgleichsanspruch von vom Gesetz nicht vorgesehenen Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Dagegen verstoßen Abreden, die sich wie die vorgenannte nur mittelbar auf ihn auswirken nicht gegen § 89b Abs. 4515. Die Frage, welchen Anspruch der HV wähle, stelle eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffende Entscheidung dar, berühre aber die Rechtsposition des Ausgleichs nicht516. Auch ein Verstoß gegen § 307 BGB scheide aus517. Einen Widerspruch zur BGHRechtsprechung über die Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Anrechnung der Altersversorgung liege nicht vor. Es gehe bei der Klausel nicht um die Anrechnung eines bestehenden Anspruchs auf den Ausgleich. Vielmehr werde die Altersversorgung unter der auflösenden Bedingung der Nichtgeltendmachung des Ausgleichs begründet. Der Umstand, dass bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in vielen Fällen die Höhe des Ausgleichs noch nicht feststehe, so dass der Vertreter bei dessen Geltendmachung u.U. die für ihn günstigere Altersversorgung verliere, stelle keine unangemessene Benachteiligung dar. Die Berechnung und Durchsetzung des Ausgleichs falle in den Risikobereich des Vertreters. Mit der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 stehe ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung, sich über die Höhe und den Umfang des Ausgleichs im klaren zu werden. • Verlängerung der Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 bei gleichzeitiger Verkürzung der Verjährungsfrist, sofern die Verjährungsklausel den o.g. Anforderungen genügt. • Der Ausgleichsanspruch des außerhalb der EU oder des EWR tätigen HV darf nach § 92c Abs. 1 mittels AGB ausgeschlossen werden518. • Ausschluss der nach h.M. für den Ausgleich HV-ähnlicher Mittler konstitutiven vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes (§ 89b Rn 37 ff), also der Tatbestandsvoraussetzungen für eine solche Analogie. Ist etwa aufgrund der Regelungen eines Händlervertrages die Weitergabe der Kundendaten an den Hersteller ausgeschlossen und werden Kundendaten zu Marketingzwecken vom Händler ausschließlich an ein externes Marketingunternehmen übermittelt, welches sie nicht an den Unternehmer herausgibt, schuldet der Hersteller keinen Ausgleich519. Die Regelung gibt also nur die nach h.M. bestehende Rechtslage wieder, derzufolge ohne vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes kein Ausgleichsrecht besteht520. Zu einem anderen Ergebnis könnte man nur gelangen, wenn man wegen des geschäftsbesorgenden Charakters solcher Verträge den Widerspruch zum dispositiven Recht im Ausschluss der §§ 675 Abs. 1, 666 BGB sähe. Aber auch dann fehlt eine unbillige Benachteiligung des Mittlers, da er den die Ausgleichsvergütung 515 516 517 518

BGH DB 2003, 1568 (1569). BGH DB 2003, 1568 (1569). BGH DB 2003, 1568 (1569). OLG München, Urt. v. 11.01.2002 – 23 U 4416/01, MDR 2002, 1385 = RIW 2002, 319 = EWiR 2002, 485 (Emde) mit zust. Anm. Mankowski MDR 2002, 1352 und Bälz NJW 2003, 1559; OLG München, Urt. v. 20.11.2002 – 7 U 5609/01, EWiR 2003, 527 mit abl. Besprechung Evers; gegen die

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Zulässigkeit des Ausgleichsauschlusses Niebling WRP 2010, 1454 (1458). OLG Köln, Urt. v. 04.05.2001 – 19 U 13/01, VersR 2002, 1102; kritisch Niebling WRP 2009, 153 (156). Canaris § 17 Rn 27 hält hier einen Umgehungsversuch in Analogie zu § 89b Abs. 4 für naheliegend und gewährt dem Mittler bei fehlender Aufklärung über die Klausel einen Schadenersatzanspruch nach §§ 311, 280 BGB.

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rechtfertigenden Teil seiner Gegenleistung, die Zuführung des Kundenstammes, nicht zu erbringen braucht. Berichtspflicht: Regelungen zu ihrer Ausgestaltung521, es sei denn, der HV wird durch Übermaßberichte gegängelt, insbesondere wenn seine Selbstständigkeit berührt wird. Betriebspflichten des Franchisenehmers und die entsprechenden Kontrollrechte des Franchisegebers sind mit § 307 BGB vereinbar, wenn sie zur Sicherung von Identität und Integrität des Franchisesystems erforderlich sind522. Sie sind Ausdruck der Absatzförderungspflicht des FN sowie seiner lizenzvertraglichen Pflicht zur Nutzung der Marke. Der FG hat ein Interesse an Betriebspflichten und entsprechenden Kontrollrechten, weil dies für die ordnungsgemäße Abrechnung der zumeist umsatzbezogenen Franchisegebühr erforderlich ist523. Bonuszahlungen: Die Regelung in einem HV-Vertrag, die Bonuszahlungen von einem durch den Untervertreter selbst vermittelten Basisprovisionsumsatz abhängig macht und ein zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Bonusprovisionen ungekündigtes Vertragsverhältnis voraussetzt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken524. Das HV-Recht sieht einen Anspruch auf Bonuszahlungen nicht vor. Es handelt sich um freiwillige Leistungen, die Belohnungs- und Motivationselemente enthalten und folglich freier als die §§ 87 ff angeknüpft werden können525. Direktverkäufe des Herstellers: Die Klausel, Direktverkäufe seien trotz versprochener Exklusivität an Großabnehmer zulässig, falls dem Mittler ein angemessener Ausgleich für nachweisbare Beeinträchtigungen seines Absatzes im Vertragsgebiet gewährt werde: Sie ist hinreichend transparent526. Für den Direktbelieferungsvorbehalt von Großkunden gebe es sachliche Gründe, etwa den Wunsch nach Bindung an den Hersteller. Allerdings müsse ein Hersteller Mittlern bei deren weitgehender Eingliederung in seine Vertriebsorganisation und Abhängigkeit von Weisungen und Entscheidungen des Herstellers für eventuelle, mit einem Direktbelieferungsvorbehalt verbundene Beeinträchtigungen eine angemessene Kompensation unter Einschluss entgangenen Gewinns gewähren. Dazu genügt die Klausel: „Soweit durch solche Direktverkäufe der Absatz des Händlers in seinem Vertragsgebiet im Einzelfall nachweislich beeinträchtigt wird, kann der Händler von XY einen angemessenen Ausgleich verlangen. Gegebenenfalls wird dieser Ausgleich von XY nach billigem Ermessen bestimmt“. Eine konkrete Aufzählung aller mglw. in Betracht kommenden Nachteile ist nicht erforderlich527. Dass der Hersteller deren Höhe nach billigem Ermessen bestimmen dürfe, sei nicht zu beanstanden (§ 315 BGB). Dem Mittler obliege nach dispositivem Recht die Beweislast für einen Schaden. Die Beschränkung des Ausgleichs auf „nachweisbare Beeinträchtigungen“ bilde mithin keine Abweichung vom Gesetz (§ 309 Nr. 12 BGB). Zur Art der Beeinträchtigung könne der Händler ohnehin besser als der Hersteller vortragen528.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37 vertritt hingegen die generelle Unzulässigkeit formularvertraglicher Regelungen zur Berichtspflicht. Liesegang BB 1991, 2381 ff. Liesegang BB 1991, 2381 ff. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04,

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WM 2005, 2002 = NJW 2006, 42 m. Anm. Kappus = EWiR 2005, 815 (Emde). BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 – EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

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Die Gründe für eine Direktbelieferung müssen angeblich erheblich sein529. Nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl muss die Vertragsklausel Höhe und Berechnungsgrundlagen der Kompensation regeln530. Einkaufsvorteile des Franchisegebers: Die Klausel, Einkaufsvorteile verblieben beim Franchisegeber, soll dem Transparenzgebot genügen und den Franchisenehmer nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligen531. Freistellung nach Kündigung: Eine Regelung über die Freistellung nach Kündigung532. Geschäftsführung des Mittlers, Mitspracherechte des Unternehmers: Wirksam ist die Klausel, der Hersteller schließe den Händlervertrag im Vertrauen auf die Befähigung der aufgeführten Personen sowie auf die Zusage des Vertragshändlers, dass deren persönliche Dienste für die Handelsgeschäfte zur Verfügung ständen. Der Vertragshändler erkläre, dass es sich bei diesen Personen um den oder die maßgeblichen Geschäftsführer oder den oder die wesentlichen Eigentümer des Unternehmens handele. Es würden keine Rechtsfolgen mit einem Verstoß gegen diesen Vertrauensgrundsatz verbunden. Die Klausel führe nur die gemeinsame Erwartung der Vertragsparteien aus, dass sich an den Eigentumsverhältnissen des Unternehmens nichts ändern werde533. HV im Nebenberuf: Die Vereinbarung, der HV sei ein solcher im Nebenberuf, kann durch AGB getroffen werden534, jedoch nur, sofern die Feststellung bei abstrakt-genereller Betrachtung in allen Fällen zutreffend ist. Insolvenz: Die Klausel eines Kfz-Händlervertrags, die eine Kündigung aus wichtigem Grund bei Insolvenzantragsstellung oder Insolvenz des Händlers erlaubt, stellt keine unangemessene Benachteiligung dar535. Sie widerspricht auch nicht § 112 InsO. Jeder Gläubiger eines Insolvenzschuldners muss befürchten, dass sich die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses künftig ergebenden Forderungen infolge der ungewissen wirtschaftlichen Situation des Insolvenzschuldners nicht werden realisieren lassen. Deshalb ist die Kündigungsklausel nicht zu beanstanden536. Die vom Unternehmer erklärte Kündigung ist auch einen Monat vor Ablauf der 2jährigen ordentlichen Kündigungsfrist zulässig537. Ganz allgemein sind Lösungsklauseln, nach denen sich ein Vertragspartner von dem Vertrag im Falle des Bestehens von Insolvenzantragsgründen des anderen Vertragspartners durch Kündigung nach § 89a lösen darf, zulässig, und zwar sowohl im Falle der Insolvenz des HV538 als auch bei Insolvenz des Unternehmers539. Karenzentschädigung: Die Karenzentschädigung nach § 90a ist grundsätzlich in einer Summe bei Vertragsende fällig. Angesichts des Leitbildes monatlicher Provisionszahlung darf auch in AGB die Zahlung in monatlichen Raten, oder in sonstiger Weise

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Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2590). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2590). Flohr BB 2007, 6 (8); wohl auch BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/ Güntzel); zu den Einkaufsvorteilen vgl. Flohr BB 2009, 2159 ff. BGHZ 129, 186. BGH, Urt. v. 26.11.1984 – XIII ZR 214/83. Ebenroth/Löwisch § 92b Rn 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 92b Rn 11; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 92b Rn 23; aA Hopt § 92b Rn 3.

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OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/09, ZIP 2009, 1336; OLG München, Urt. v. 26.04.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406; Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/09, ZIP 2009, 1336 (1337). OLG München, Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2455 (2456). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2455 (2457).

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ratierlich, vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Karenzentschädigung auf 50 % der nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser Zeit zugunsten des HV entstandenen früheren Monatsvergütung, zahlbar monatlich nachträglich, soll nicht zu beanstanden sein540. Konzernverrechnungsklausel, die der konzerneigenen P.S.A.-Bank die Aufrechnung gestattet, wenn der Zahlungsverkehr zwischen Citroen und ihren Vertragshändlern über diese Bank abgewickelt wird541. Kündigung: Wirksam ist die Klausel, derzufolge ein Kommitent bei Beendigung des von ihm geschlossenen Mietvertrages den Agenturvertrag kündigen darf. Der Einwand, dann könne er den Mietvertrag beenden, um einen Kündigungsgrund zu erhalten, verfange nicht. Ein solches Verhalten führe zur Unwirksamkeit der Kündigung, nicht aber der Klausel (Ausübungskontrolle)542. Kündigungsfrist: Längere als in § 89 vorgesehene Kündigungsfristen dürfen auch mittels AGB vereinbart werden543. Ist der HV-Vertrag nur mit einer Frist von 9 Monaten zum Ende eines jeden dritten Kalenderjahres kündbar, verstößt dies nicht gegen §§ 307 BGB, 89 Abs. 1 S. 1 und 3, wenn die Kündigungsfrist für beide Vertragspartner gilt544. Eine bei Einrücken in eine höhere Hierarchiestufe verlängerte Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ende eines Quartals benachteiligt den HV nicht unangemessen i.S.d. § 307 BGB, zumal der Unternehmer in Hinblick auf Ausbildungsbeihilfen und andere Investitionen Interesse an einer längerfristigen Bindung seiner Mittler haben mag545. Evers546 kritisiert das Urteil: Der VV sei darauf angewiesen, innerhalb des Vertriebssystems aufzusteigen und in seiner Entscheidung über den Aufstieg und damit das Einrücken in eine längere Kündigungsfrist unfrei. Kundenadressen: Vertragsstrafe für jede nach Vertragsende zurückbehaltene Kundenadresse547, insbesondere wenn sie nur € 125 pro zurückbehaltener Adresse beträgt548. Kreditgewährung: Die Höhe des dem Tankstellenvertreter gewährten Agenturkredits darf von ESSO festgelegt und jederzeit angepasst werden. Es handele sich lediglich um einen besonderen Abrechnungsmodus der Provision549. Die Mitverpflichtung eines Ehegatten für die Rückführung eines solchen Agenturkredits ist auch nicht sittenwidrig, wenn der Ehegatte aufgrund der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ein eigenes Interesse an der Eingehung der Verbindlichkeit hat. Davon kann ausgegangen werden, sofern der Ehegatte die Tankstelle zu 90 % selbst betrieben hat550. Marke, Verwendung: die Verpflichtung, Marken- und Geschäftsbezeichnungen des Franchisesystems zu verwenden551.

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (529 f). BGH, Urt. v 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). BGH, Urt. v. 20.03.2003 – I ZR 225/00, BB 2003, 1463 (1464) = EWiR 2004, 115 (Emde). OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell. KG, Urt. v. 26.06.1997, MDR 1997, 1041. OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell.

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VW 2010, 313. BGH BB 1993, 818 = NJW 1993, 1787; Eberstein S. 83. BGH NJW 1993, 1786; Urt. v. 10.05.1995 – VIII ZR 144/94, MDR 1995, 916 (wobei der Zurückbehalt inaktiver Adressen keine Vertragsstrafe auslöst). OLG Hamburg, Urt. v. 30.03.2006 – 10 U 16/05. OLG Koblenz, Beschl. v. 18.02.2010 – 2 W 9/10, WM 2010, 1597. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 238.

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Vor § 84

– Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Wirksam ist die Klausel: „Der Franchisenehmer verpflichtet sich, über den Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrags in seinem Vertragsgebiet einen dem Mini-Lernkreis-Nachhilfeunternehmen vergleichbaren Betrieb nicht allein oder mit Dritten zu eröffnen, zu betreiben, sich daran zu beteiligen oder in diesem tätig zu sein. Für die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots wird eine von den Franchisegebern monatlich zu zahlende Karenzentschädigung in Höhe von 50 % des durchschnittlichen monatlichen Nettogewinns aus dem Franchisebetrieb vereinbart.“552. – Preisbindungsbestimmung in einem HV- oder Kommissionsagenten-Vertrag, da sie lediglich das gesetzliche Weisungsrecht wiederholt. Etwas anderes soll gelten, wenn der Kommissionsagent in ein System eingebunden ist, welches der lückenlosen Einführung und praktischen Durchsetzung der vertikalen Preisbindung dient553. Wegen des Preisbindungsverbots gegenüber Vertragshändlern und Franchisenehmern ist die Entscheidung nicht auf diese Bereiche übertragbar. – Produktionseinstellung: Klauseln, die dem Hersteller das Recht einräumen, jederzeit die Produktion von Vertragswaren einzustellen oder diese zu verändern sind wirksam554. Der Vertragshändler kann sich vor einer Haftung gegenüber dem Kunden schützen, indem er sich die Annahme der Kundenbestellung innerhalb einer ausreichenden Frist vorbehält, um die Lieferbarkeit zu prüfen555. – Provision des Versicherungsvertreters: Die Vergütung eines VV nur auf der von § 92 Abs. 3 vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines Garantieeinkommens ist nach § 307 BGB nicht zu beanstanden, zumal nur eine eingeschränkte Klauselkontrolle gem. § 307 Abs. 3 BGB in Betracht kommt556. – Provisionen: wenn nach den AGB eines Luftfahrtunternehmens die Provision eines als HV agierenden Reisebüros unter Ausschluss der Landegebühren berechnet wird. Die Klausel weicht nicht in einem solchem Maß von § 87b Abs. 2 ab, dass dies mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes unvereinbar wäre557. – Provisionsverzichtsklausel hinsichtlich der nach Vertragsende fälligen Provisionen558. Sie begründete nach dem bis 2009 geltenden § 89b Abs. 5 den Ausgleichsanspruch des VV559 (seitdem aber wohl nicht mehr560) und ermöglicht dem Nachfolgevertreter, die beim Vorgänger entfallenden Folgeprovisionen für die Bestandsbetreuung zu erhalten561. Die Klausel ist nicht überraschend562. Selbst wenn der VV-Vertrag 33 Anlagen 552 553

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OLG Hamm, Urt. v. 28.04.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708). BGH, Urt. v. 20.03.2003 – I ZR 225/00, BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707 (1712) = EWiR 2004, 115 (Emde). BGH BB 1985, 218; Westphal II Rn 83. BGH BB 1985, 218; Westphal II Rn 84. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5a ZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 44; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.09.2007 – 12 Sa 876/07. BGH, Urt. v. 12.05.2004 – VIII ZR 159/03, MDR 2004, 1009 = NJW-RR 2004, 1206. BGHZ 30, 107; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 03.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492; OLG Jena, Beschl. v. 28.04.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; OLG Köln, VersR 2001, 1377 (1378); OLG Frankfurt/M., Urt.

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v. 18.02.1986, DB 1986, 1174 = BB 1986, 697; LG Darmstadt, Urt. v. 13.08.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646; von Bodungen/ Hesse BB 2010, 533; Sieg VersR 1964, 789; Hopt § 92 Rn 5; Küstner/Thume II Rn 28; aA Daum VersR 2011, 565; Graf von Westphalen DB 2000, 2256. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 03.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492 (493); OLG Jena, Beschl. v. 28.04.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645. Daum VersR 2011, 565 (568). OLG Jena, Beschl. v. 28.04.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; OLG Köln VersR 2001, 1377 (1378); Krämer VersR 2010, 1647. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 03.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492.

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enthält, handelt es sich bei der Provisionsverzichtsklausel um keine ungewöhnliche Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB563. Es entspricht nicht der gesetzlichen Wertung, dass dem HV entweder ein Anspruch auf Zahlung der Folgeprovision oder auf Zahlung eines Ausgleichsanspruchs zugestanden werden müsse; die Klausel widerspricht auch nicht § 89b Abs. 3, 5564. Die Verzichtsklausel muss aber die nach § 87a Abs. 5 zwingenden Provisionsbestandteile vom Verzicht ausnehmen565, was jedoch kein AGBrechtliches Problem bildet. Der Verzicht sollte nach den einzelnen Arten von Provisionen unterscheiden, so dass im Falle der Teilunwirksamkeit wirksame Teile der Klausel bestehen bleiben können566. – Provisionsvorschuss,Rückzahlung: außer im Fall des § 87a Abs. 1 S. 2 sind Regelungen zu Gunsten des HV kontrollfrei (Hauptleistung und fehlendes gesetzl. Leitbild), zu seinen Lasten nicht, deshalb mglw. Unwirksamkeit bei unangemessen hohem Vorschuss567. Nicht kontrollfrei i.S.d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind auch Klauseln über die Rückzahlung des Vorschusses, sofern sie die Kündigung unangemessen beschränken568, Kontrollmaßstab sind dann die §§ 89, 89a. Selbst eine Individualvereinbarung wäre am Maßstab dieser zwingenden Gesetzesvorschriften nach § 134 BGB zu überprüfen. Regelmäßig sind Rückzahlungsklauseln nicht überraschend569 (abhängig von der jeweiligen Gestaltung der Verträge). – Rückkauf von Lagerware nach Vertragsende: Eine in AGB niedergelegte Erklärungsfrist des Händlers, den Rückkauf binnen 6 Monaten nach Vertragsende anzukündigen, soll wirksam sein570, ebenso von 12 Monaten571. Daran könnte zumindest bei der 6-Monatsfrist gezweifelt werden, da sie nicht dem gesetzlichen Leitbild entspricht572. Die Vereinbarung des zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung gültigen (niedrigeren) Listenpreises, gegebenenfalls abzüglich gewährter Sondernachlässe, oder des Zeitwertes als Rückkaufpreis ist zulässig573. Dass der Hersteller bei Vertragsende noch beim Händler vorhandene Kfz nur zum Netto-Rechnungswert ohne MwSt und ohne Frachtund sonstige Nebenkosten zurückkauft, wurde ebenfalls für wirksam gehalten: Auf Frachtkosten, die beim Rückkauf anfielen, beziehe sich die Klausel nicht. Solche seien vom Hersteller zu tragen. Die Erstattung der beim Erstkauf entstandenen Frachtkosten 563 564

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LG Darmstadt, Urt. v. 13.08.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646. OLG Jena, Beschl. v. 28.04.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; LG Darmstadt, Urt. v. 13.08.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646; Krämer VersR 2010, 1647; aA Daum VersR 2011, 565 (568). BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein = NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, Krämer VersR 2010, 1647 (1648). Von Bodungen/Hesse BB 2010, 533. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 51. AA BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 41; LAG München, Urt. v. 30.09.2008 – 8 Sa 697/07; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.09.2007 –

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12 Sa 876/07; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06. LAG München, Urt. v. 30.09.2008 – 8 Sa 697/07; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.09.2007 – 12 Sa 876/07; Urt. v. 24.05. 2007 – 18 Sa 244/07; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06 (sämtlich ohne Auseinandersetzung mit §§ 89, 89a). OLG Köln, Urt. v. 28.04.2006 – 19 U 195/05, BeckRS 2008, 12151; Graf von Westphalen Klauselwerke, Vertragshändlerverträge, Rn 44; Westphal II Rn 99; Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789). OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.2006 – 5 U 124/05; aA KG BB 1999, 1518 (1519). AA Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789) mit der Erwägung, die Treupflichten forderten eine rasche Geltendmachung des Rückkaufverlangens. BGH NJW-RR 1988, 1077 (1081); KG BB 1999, 1518.

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brauche der Hersteller nicht zu versprechen, weil der Händler in Gewinnerzielungsabsicht erwerbe und damit mit dem Ziel, die Frachtkosten über den Verkaufspreis auf den Käufer abzuwälzen574. Die Klausel schließe auch die Zahlung der MwSt durch den Hersteller nicht aus. Auf den in den AGB genannten Nettopreis dürfe der Händler die MwSt aufschlagen. Ein in der Klausel vereinbarter pauschaler Abzug von 10 % für den zu erwartenden Verwertungsverlust des Herstellers stelle keine unangemessene Benachteiligung des Händlers dar575, ebenso wenig ein Abzug von 0,12576 oder 0,15577 DM pro gefahrenen KM bei Kfz. Deshalb bildet auch die Klausel, dass für „ältere Modelljahre“ ein Abschlag von 10 % vorzunehmen ist, keine unangemessene Benachteiligung578 (mglw. aber Problem der Transparenz). Einen ausdrücklichen Hinweis, dass der Händler einen geringeren Schaden nachweisen kann, muss die Klausel nicht enthalten579. Wirksam und nicht intransparent ist ferner die Regelung: „Der Rückkaufpreis für Ersatzteile bestimmt sich nach dem Netto-Rechnungswert (das ist der Händlereinkaufspreis gem. Faktura H./Händler ohne Mehrwertsteuer und ohne Fracht- oder sonstige Nebenkosten) abzüglich gewährter Preisnachlässe oder Rückvergütungen oder – falls und soweit der Netto-Rechnungswert nicht festgestellt werden kann – nach der im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung geltenden unverbindlichen Preisempfehlung von H. abzüglich des Durchschnitts der in den letzten zwei Jahren vor der Vertragsbeendigung vorgenommenen Preiserhöhungen sowie abzüglich des Durchschnitts der in den letzten zwei Jahren vor der Vertragsbeendigung für den Ersatzteilbezug gewährten Händlerrabatte580. Die Einschränkung der Rückgabe auf zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zum Verkaufsprogramm des Unternehmers gehörende Teile soll zulässig sein581. Die Regelung, dass nur originalverpackte Teile zurückgekauft werden, ist von der Rspr. ohne nähere Erörterung unbeanstandet gelassen worden582. Darüber ließe sich diskutieren: durch eine entsprechende Packungsgröße könnte der Hersteller über seine Rücknahmepflicht disponieren. Schmutz und Staub auf der Verpackung schadet regelm. nicht583. Der Unternehmer soll für den Fall einer unberechtigten Vertragsbeendigung des Händlers den Rückkauf des Ersatzteillagers ausschließen dürfen584. Die Rückkaufverpflichtung folge aus der nachvertraglichen Treupflicht des Herstellers, wenn dieser den Unterhalt eines Teilelagers verlangt habe. Verstoße der Händler selbst gegen vertragliche Verpflichtungen (im entschiedenen Fall: durch fristlose Eigenkündigung ohne wichtigen Grund), so könne er sich auf eine nachwirkende Treupflicht 574 575

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Das gilt allerdings auch für den Einkaufspreis selbst! BGH BB 1995, 113 (114); Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461. OLG Hamburg VersR 1981, 138 (139); Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 196. KG BB 1999, 1518; aA Graf von Westphalen BB 1999, 1519 (1520). BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461; BGH WM 1982, 907 = ZIP 1994, 461; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 197. BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) =

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NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. BGH WM 2007, 2048; DB 2008, 1913. BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697; OLG Frankfurt, Urt. v. 05.04.2006 – 2110/06, BeckRS 2006, 12472; OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 1962/01, NJOZ 2002, 2175; OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.07.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628; zust. Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 185; aA Vogels/ Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 402. In BGH, Urt. v. 09.12. 2009 – VIII ZR 93/08 wurde die Klausel nicht geprüft, aber auch nicht beanstandet. Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 184. OLG München NJW-RR 1998, 1563.

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seines Vertragspartners nicht mehr berufen585. Da Nutzungsvergütungen zuzüglich MwSt. zu leisten sind, darf dies auch in der Klausel festgelegt werden586. Schadenersatzpauschale für Einstellung der Tätigkeit: Eine Schadenersatzpauschale für den Fall der ohne wichtigen Grund vorgenommenen Einstellung der Tätigkeit durch den Handelsvertreter (für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens die Hälfte des Durchschnittsverdienstes pro Monat aus den letzten 24 Monaten)587. Bereits nach allgemeinem Zivilrecht sei die Vertragspartei, die den Vertretervertrag unberechtigt kündige, aus § 280 BGB schadenersatzpflichtig. Die Bestätigung dieser Pflicht durch Formularvertrag schließe das Recht des Vertragspartners, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, nicht aus. Schiedsgutachter: Die vertraglich vorgeschriebene Teilung der Kosten eines Schiedsgutachters: Es entspreche gefestigten Rechtsgrundsätzen, dass die Kosten eines Schiedsgutachters im Zweifel den Parteien hälftig zur Last fielen588. Schiedsgerichtsklausel: Auch eine Schiedsgerichtsklausel darf anhand des § 307 BGB überprüft werden. Ein Franchisegeber hatte das Schiedsgericht angerufen, gestützt auf eine in AGB enthaltene Schiedsklausel. Der Franchisenehmer hielt diese Schiedsklausel für unwirksam, da er erst durch die Aufnahme der Franchisetätigkeit Kaufmann geworden sei. Das OLG Oldenburg589 hielt die Schiedsabrede gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB für unbedenklich. Der Franchisenehmer sei Kaufmann. Es genüge, dass mit Aufnahme seiner Tätigkeit die Kaufmannseigenschaft begründet wurde. Schulung: Die Verpflichtung, Personal des Mittlers müsse auf seine Kosten regelmäßig in einem nicht überzeichneten Umfang geschult werden, ist unbedenklich, solange die Klausel den Umfang der Schulungen transparent wiedergibt. Schulungskosten: Eine Regelung, nach welcher der HV die Kosten der Vertriebsausbildung im Falle der Vertragsbeendigung maximal 24 Monate ab Beginn der Tätigkeit zurückzuzahlen hat, wobei 12 Monate nach Vertragsbeginn die Hälfte und weitere 12 Monate später der Restbetrag erlassen wird. Die Schulung diene berufsbezogenem Wissen. Angesichts der gestaffelten Erstattungsregelung trete die Kündigungserschwernis nach § 89 zurück590. Ob auch eine unzulässige Behinderung der außerordentlichen Kündigung nach § 89a vorlag, wurde nicht thematisiert. Zulässig ist auch die Verpflichtung zur Übernahme von Schulungskosten – selbst der Kosten der eigentlichen Schulungsveranstaltung –, wenn das Interesse des Mittlers oder seines Personals das des Unternehmers an der Schulung deutlich überwiegt591. Selbstbelieferungsvorbehalt: In Abgrenzung von seiner Daihatsu-Entscheidung592, in der BGH billigte, die Ausführung von Lieferverträgen „nach Maßgabe der Liefermöglichkeiten“ zu verweigern, erklärte der BGH, die Klausel in einem Vertragshändlervertrag, der Importeur eines ausländischen Herstellers müsse Lieferverträge nur „nach Maßgabe der Liefermöglichkeiten“ schließen, sei wirksam. Denn der Importeur könne die Selbstbelieferung durch die von ihm vertretene ausländische Marke nicht beeinflussen, was einen hinreichenden Grund für die Lösung aus der eingegangenen Bindung dar-

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OLG München NJW-RR 1998, 1563. BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 199. OLG München NJW-RR 1998, 1189. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde-) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

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OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001 – 9 SchH 12/01, BB 2001, 2499. BAG MDR 2003, 814; Hopt § 86 Rn 51; aA OLG Celle, Urt. v. 24.04.2003 – 11 U 226/02. Habersack/Ulmer S. 65. BGHZ 124, 351 (359) = ZIP 1994, 461 (464).

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stelle593 (zwh. bei verbundenen Unternehmen). Die Freistellung des Unternehmers von seinen Vertragspflichten kommt aber nur in Betracht, wenn er die Selbstbelieferung durch die von ihm repräsentierte ausländische Marke nicht beeinflussen kann. Es muss ein hinreichender Grund für die Lösung aus der eingegangenen Bindung existieren. Eine Regelung über die Entschädigung des Händlers ist offenbar nach Ansicht des BGH ebenfalls eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Überhangprovision: Sie darf wohl auch durch AGB ausgeschlossen werden594. Übertragung des Franchisebetriebes: Die Verpflichtung des Franchisenehmers, die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag nicht ohne Zustimmung des Franchisegebers zu übertragen595. Der Franchisegeber hat wegen der Geheimhaltung seines Know-How ein berechtigtes Interesse daran, dass keine Außenstehenden in das Franchisesystem eindringen596. Allerdings muss die Klausel unter dem Vorbehalt stehen, dass die Zustimmung erteilt wird, sofern keine Interessen des Franchisegebers berührt sind. Holt der Franchisenehmer die Zustimmung nicht ein, kann darin eine zur Kündigung berechtigende Verletzung des Vertrauensverhältnisses liegen. Verjährung: Die in einem HV-Vertrag enthaltene Klausel: „Alle Ansprüche aus diesem Vertrag verjähren in 12 Monaten nach Fälligkeit, … gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigen“597, wobei der Unternehmer die Kenntnis zu beweisen hat598. In der Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ab Fälligkeit und Kenntnis von der Entstehung des Anspruchs liegt keine Verkürzung der zwingenden Frist für die Geltendmachung des Ausgleichs nach § 89b Abs. 4 S. 2. Der gleichzeitige Ablauf von Verjährungs- und Geltungmachungsfrist hindert den HV nicht, diese Frist auszuschöpfen. Will er sie voll nutzen, ist er lediglich gehalten, den Anspruch so geltend zu machen, dass zugleich auch die Verjährung unterbrochen wird599 (was allerdings bereits ein Hindernis bildet). Da die Regelung auch gleichmäßig für beide Vertragsparteien gilt, belastet sie den HV nicht einseitig. Die Verjährung beginnt dann mit Vertragsende und nicht mit dem Schluss des jeweiligen Jahres zu laufen600. Die gesetzliche Verjährungsfrist kann auch nach Auffassung des OLG München601 verkürzt werden. Zwar konstituierten die gesetzlichen Vorschriften über die Verjährung einen sehr hohen Gerechtigkeitsgehalt. Eine Verkürzung könne aber hingenommen werden, sofern sichergestellt sei, dass sie für den Anspruchsinhaber in der Regel ohne weiteres erkennbar sei (Transparenzgebot). Versicherungspflicht von Lagerwaren: Sie ist zulässig, weil dem Hersteller ein berechtigtes Interesse zugesprochen wird, dass die unter Eigentumsvorbehalt stehenden Lagerwaren versichert werden und der Hersteller dies gewährleisten darf, indem er selbst den Versicherer aussucht und den Versicherungsvertrag abschließt. Der Vertragshändler, der die Ware bereits im Besitz hatte und die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt, hat die Versicherungskosten zu bezahlen602.

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BGHZ 124, 351 (359) = ZIP 1994, 461 (464); BGH NJW 2000, 1191 = EWiR 2000, 361 (Emde). Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; zweifelnd Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Handelsvertreterrecht Rn 34; referierend Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528). Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 246.

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Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 246. KG VersR 2002, 1554. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. KG VersR 2002, 1554 (1555). Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1302. VersR 1999, 1369 = BB 1998, 2445. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.1992 – 6 U 105/91.

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– Vertragsstrafen: Wirksam sollen sein: • Vereinbarung mittels AGB603 und nach „Hamburger Brauch“, d.h. Festsetzung einer vom Berechtigten in jedem Einzelfall zu bestimmenden „angemessenen“ Vertragsstrafe nach billigem Ermessen604. • Ein Vertragsstrafeversprechen in einem formularmäßigen Versicherungsvertretervertrag, nach dem es dem Versicherungsvertreter bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.500 EUR untersagt ist, von dem Unternehmer angebahnte Geschäfte nachvertraglich umzudecken. Es bleibe zu berücksichtigen, dass beide Parteien Kaufleute und insoweit gemäß § 348 in der Verabredung einer Vertragsstrafe freier gestellt seien, als dies im übrigen Zivilrechtsverkehr angenommen werden könne605. • Pauschalierter Schadensersatz für die nicht rechtzeitige Rückgabe des FranchiseBackshops in Höhe von 500,– € pro Tag im Lichte einer vereinbarten Pachtgebühr von 11.127 € netto606. – Werbung: Zulässig ist es, wenn der Vertragshändler seine Werbung inhaltlich und graphisch nach etwaigen vom Hersteller gegebenen Richtlinien gestalten und jede Werbung für Vertragsware, gegen die der Hersteller Einspruch erhebt, unverzüglich unterlassen muss607. Bei nicht produktbezogener Werbung wird man für das Unterlassungsbegehren aber ein berechtigtes Interesse fordern müssen. – Wettbewerbsverbot: ein auf die Dauer des Vertrages beschränktes Wettbewerbsverbot608. Es folgt ohnehin aus der Interessenwahrungspflicht. Es ist wohl auch zulässig, wenn es im angemessenen Umfang über das gesetzliche Wettbewerbsverbot hinausgeht. – Zurückbehaltungsrecht: Erweiterung des Zurückbehaltungsrechts zugunsten des Vertreters. Zwar entspricht § 88a Abs. 2 dem gesetzlichen Leitbild609. Die Abweichung benachteiligt den Unternehmer jedoch regelmäßig nicht ungebührlich610. – Zustimmungsfiktion zur Auftragsbestätigung bei fehlendem Widerspruch innerhalb von zwei Wochen: Die Regelung soll im kaufmännischen Verkehr rechtmäßig sein, da der Vertragshändler auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung verzichte und der Vertrag nach § 151 BGB auch ohne Annahmeerklärung zustande komme. Die gesetzliche Regelung gilt jedenfalls dann, wenn die Abweichung derart ist, dass der Hersteller mit einer Zustimmung des Vertragshändlers nicht mehr rechnen darf611. – Zweitmarke: Eine Klausel, die bei Übernahme einer Zweitmarke die Verwechslung der Marken ausschließen soll. Selbst in kleinen Verkaufsräumen könnten Marken so angeordnet werden, dass die Zugehörigkeit zur jeweiligen Marke klar erkennbar bleibe612.

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6. §§ 478, 479 BGB. Vor der Schuldrechtsnovelle 2002 fehlte eine Regelung zum Rückgriff des Händlers gegen den Lieferanten. Seitdem sollen die §§ 478, 479 BGB bis zum Ablauf der in § 479 Abs. 2 BGB genannten Fünfjahresfrist eine „Regressfalle“ zu 603

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BGH, Urt. v. 16.07.1998 – VII ZR 9/97, ZIP 1998, 1756; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; aA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Prasse in. Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 112; zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 5 Rn 95 (Problem: ggf. mangelnde Transparenz, gleichwohl ist die Klausel wohl zulässig). OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466.

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.1992 – 6 U 105/91. BGH BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 15. AA Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 15. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.1992 – 6 U 105/91; zweifelhaft, da Schweigen keine Willenserklärung darstellt. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

Lasten des Händlers verhindern613. Im Vertragshändlerrecht bestand allerdings schon zuvor gemäß §§ 675, 670 BGB ein Rückgriffsrecht des Händlers614, zudem ergibt sich ein solches möglicherweise aus der zwischen den Vertragspartnern bestehenden gegenseitigen Interessenwahrnehmungspflicht, wenn der Mangel vom Hersteller zu vertreten ist615. 7. §§ 611 ff , 675 ff. Sofern das BGB anzuwenden ist, ist im Grundsatz an die sub- 45 sidiäre Geltung der §§ 611 ff BGB wie der §§ 675 ff BGB einschließlich des dort in Bezug genommenen Auftragsrechts zu denken616. Immer ist zu prüfen, ob das HGB vorrangig gilt oder die selbständige Stellung des Handelsvertreters der Anwendung des BGB entgegensteht617. Dazu bedarf es aber – da gesetzliche Normen im Zweifel gelten – eines hinreichend klar erkennbaren Willens. Im Einzelnen: 8. § 611 BGB. Die Vorschrift ist uneingeschränkt anwendbar und tritt nicht hinter 46 § 84 zurück618. Denn § 84 ist die Legaldefinition, § 611 BGB regelt Vertragspflichten. Eher schon könnte man an ein Zurücktreten hinter § 86 Abs. 1 denken. Insbesondere ist § 611 BGB anwendbar, wenn eine von den §§ 87 ff abweichende Vergütungsart, etwa ein Festgehalt619, vereinbart wurde. Zudem zeigt § 611 Abs. 2 BGB die Zulässigkeit sogenannter Mischverträge, bei denen die Handelsvertretertätigkeit nur einen Teil der Gesamttätigkeit einnimmt620. 9. § 611 a/b BGB. Die Bestimmungen richten sich an den Arbeitgeber. Der HV ist 47 kein Arbeitnehmer. Gleichwohl findet sich eine vergleichbare Interessenlage, so dass kein Grund besteht, die Regelungen nicht analog anzuwenden. Jedoch ist dies noch nicht abschließend ausdiskutiert621. 10. § 612 BGB. § 612 Abs. 1 BGB wird durch § 87 verdrängt622. § 612 Abs. 2 BGB 48 tritt hinter § 87b Abs. 1 zurück, soweit die übliche Höhe von Provisionen zu bestimmen ist623. Hinsichtlich des Festvergütungsanteils gilt § 612 Abs. 2 BGB. Kein Äquivalent im Handelsvertreterrecht hat § 612 Abs. 3 BGB624. Er findet im Vertreterrecht entsprechende Anwendung. Jedoch wird sich – außer bei großen Vertreterunternehmen mit Vergleichsmaßstäben – die geschlechtsspezifische Benachteiligung kaum je nachweisen lassen. Woran sollte die Diskriminierung gemessen werden? Offensichtlich dürfte sie lediglich werden, wenn derselbe Unternehmer Frauen grundsätzlich einen geringen Provisionssatz als Männern verspricht.

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v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721. Graf von Westphalen DB 1999, 2553 (2555); v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721 (728). Emde kfz-betrieb 48/2001, 26. Emde MDR 2002, 190 ff; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 127 ff; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 2; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3, 4; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1. Westphal I Rn 7. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 129; aA Martinek/ Flohr § 8 Rn 40; Küstner/Thume I Rn 252; Staub/Brüggemann 4. Auflage, § 84 Rn 32.

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Hopt § 87 Rn 5. Häufig ist beispielsweise die Kombination von Handelsvertreter- und Vertragshändlertätigkeit. Die Anwendung verneinen Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 130; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 49, anders noch bei Benachteiligung aufgrund Nationalität. Emde MDR 2002, 190 (191); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 131; Martinek/Flohr § 8 Rn 41. Siehe Evers/Kiene DB 2002, 1309 (1313). Emde MDR 2002, 190 (191); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 133.

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1. Buch. Handelsstand

11. § 612a BGB. Die Vorschrift ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens und gibt Selbstverständliches wieder. Zumindest der Rechtsgedanke ist daher anwendbar625.

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12. § 613 BGB. Die Dienste des HV sind im Zweifel in Person zu leisten, der Anspruch auf sie ist im Zweifel nicht übertragbar626. Wegen dieses Bildes persönlicher Tätigkeit geht der BFH627 davon aus, der Gewerbebetrieb eines HV habe in der Regel keinen Geschäftswert, weil seine Tätigkeit im Gegensatz zu zahlreichen anderen gewerblichen Betätigungen im allgemeinen keinen nennenswerten Kapitaleinsatz erfordere und der geschäftliche Erfolg des HV im Regelfall von dessen persönlichen Arbeitseinsatz bestimmt werde. Da die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung nur „im Zweifel“ gilt, ist umstritten, welchen Inhalt sie im HV-Recht hat. Es ist von Vertragsverhältnis zu Vertragsverhältnis und je nach tatsächlichem Erscheinungsbild des Vertreterunternehmens zu differenzieren. Im Grundsatz gilt die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung für jeden HV628, auch, 51 wenn der Unternehmer ein größeres HV-Unternehmen oder eine HV-Gesellschaft629 beauftragt oder der Mittler für ein Großunternehmen tätig wird630. Auch in diesen Fällen sind die Normen nicht abbedungen. Bei der HV-Gesellschaft gilt im Grundsatz, dass die Person dessen, der die Dienste eines HV in der Gesellschaft zu erbringen hat, zunächst nicht feststeht. Juristische Personen sind zwar selbst zur Dienstleistung verpflichtet, sie handeln jedoch „persönlich“ durch ihre Organe631. Wer eine HV-Gesellschaft mit den Aufgaben des HV für sein Unternehmen betraut, ist deshalb, in Umkehrung der Regel der §§ 613, 664 BGB, im Zweifel damit einverstanden, dass die Vertreterfunktionen durch denjenigen ausgeübt werden, der jeweils nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen für die Gesellschaft nach außen handelnd auftreten kann. Etwas anderes kann aber die personalistische Struktur der Gesellschaft oder eine Vertragsauslegung ergeben. Es wird sich deshalb empfehlen, im HV-Vertrag klarzustellen, auf wessen Person die Vertreterfunktionen abgestellt sein sollen. Dann nämlich sichert der Unternehmer die Rechtsfolge, dass, wenn die betreffende Person aus der Gesellschaft (oder ihrem Leitungsorgan) ausscheidet, der Vertrag endet – das sollte dann im Idealfall als auflösende Bedingung oder Kündigungsgrund so bestimmt sein –, mindestens aber aus wichtigem Grunde gekündigt werden kann632, während umgekehrt der HV-Vertrag auch bei Veränderungen des Status der Gesellschaft solange Bestand behalten kann, als eben dieser Gesellschafter die Vertretertätigkeit in der Gesellschaft betreibt oder sogar die Gesellschaft zur Weiterführung als Einzelkaufmann übernimmt. Auch eine Vertretergesellschaft 625

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Emde MDR 2002, 190 (191); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 134. OLG Düsseldorf ZIP 2010, 194 = EWiR 2010, 159 (Stöbl); Hopt § 86 Rn 19; aA Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) – die Ansicht von Steinhauer/Weppner kehrt das im HV-Recht bestehende Leitbild höchstpersönlicher Tätigkeit um, und nimmt diese nur im Einzelfall an. BFH, Urt. v. 26.02.1964 – I 383/61 U, BFHE 79, 521; v. 07.10.1976 – IX R 50/72, BFHE 121, 21; v. 29.07.1982 – IX R 49/78, BFHE 136, 270; v. 12.07.2007 – X R 5/05, BeckRS 2007, 24003071; ebenso OLG Hamm, Urt. v. 09.03.2011 – II – 8 UF 207/10 für eine Versicherungsagentur.

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Küstner/Thume I Rn 254; Westphal I Rn 8; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 6; aA Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) – nur im Einzelfall. Die Höchstpersönlichkeit trifft entgegen Steinhauer/ Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) gerade auch HV-Verträge von Tankstellenpächtern und Warenvertretern. Martinek/Flohr § 8 Rn 42. Hopt § 86 Rn 19. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8. Schmidt-Rimpler S. 308, Schröder § 89 Rn 4b.

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Vor § 84

kann die von ihr geschuldeten Dienste nicht ohne Zustimmung des Unternehmers auf einen anderen, sei dieser Einzelhandelskaufmann oder Handelsgesellschaft, übertragen. Gleichwohl setzen die §§ 613, 664 BGB der Organisationsfreiheit des HV eine Grenze: 52 Der Unternehmer hat ein bestimmtes HV-Unternehmen mit der Erbringung der Leistungen beauftragt. Die §§ 613, 664 BGB schützen sein berechtigtes Interesse, dass sich das Erscheinungsbild des Unternehmens, dessen wirtschaftlich-faktische Kontinuität, insbesondere seine personelle Kontinuität, nicht unzumutbar ändert. Bei erheblichen und unzumutbaren Änderungen in dessen Erscheinungsbild, etwa bei Ausscheiden von Schlüsselpersonen, besteht ein Unterlassungsanspruch, notfalls ein Kündigungsrecht633. So wird man etwa den Eintritt eines Teilhabers in eine HV-Gesellschaft für zulässig 53 halten dürfen, falls hierdurch keine dem Unternehmer unzumutbare Änderung der wirtschaftlich-faktischen Kontinuität des HV-Unternehmens eintritt, etwa wenn der Teilhaber im Außenverhältnis – jedenfalls bei Erfüllung der konkreten Vertragspflichten – nicht auftritt. Ein Gesellschafterwechsel, z.B. in einer Personenhandelsvertretungsgesellschaft, bedarf nicht generell der Zustimmung des Unternehmers634. Vielmehr kommt es auf das Ausmaß der Änderung an (s.o.). Bei einer Einpersonengesellschaft ist zwar jene zur „persönlichen Dienstleistung“ verpflichtet635. Jedoch bedeutet etwa die Auswechslung des tätigen Alleingesellschafters eine nicht zumutbare wesentliche Änderung. Je größer und unpersönlicher das Erscheinungsbild des Vertreterunternehmens bei Vertragsschluss, umso weniger ist das Vertrauen des Unternehmens auf das Unterbleiben organisatorischer oder personeller Umgestaltungen schützenswert. War etwa der Geschäftsführer eines mittelgroßen HV-Unternehmens für dessen Erscheinungsbild bestimmend, so kann sein Ausscheiden eine gemäß den §§ 613, 664 BGB unzulässige Änderung sein. Dagegen wird ein personeller Wechsel im Unternehmen eines Großvertreters möglicherweise keine vertragswidrige Änderung bewirken. Ob die Abberufung oder Neubestellung des Geschäftsführers einer HV-Gesellschaft mit den §§ 613, 664 BGB vereinbar ist, hängt gleichfalls sehr von der Realstruktur des betreffenden Unternehmens ab636. Jedoch bleibt der HV trotz der §§ 613, 664 BGB berechtigt, Hilfspersonal einzustel- 54 len, dessen er sich bei der Wahrnehmung seiner Vertragspflichten bedienen darf637. Voraussetzung: er muss dessen Tätigkeit überwachen und es darf keine Substitution eintreten. Der Prokurist, der Handlungsbevollmächtigte oder ein anderer Mitarbeiter, den der HV für seine Agentur einstellen darf, selbst wenn dem HV die Beschäftigung von Untervertretern vertraglich nicht gestattet wäre, dürfen ihn in der Vermittlungstätigkeit vertreten. Der HV ist – wie § 84 Abs. 3 zeigt638 – im Zweifel insbes. zur Beschäftigung von Untervertretern berechtigt639, es sei denn, der Unternehmer durfte berechtigt auf ein persönliches Tätigwerden seines Vertragspartners vertrauen, etwa bei äußerst vertraulichen und außerordentlich bedeutsamen Vorgängen640. Selbst bei Vertragsschluss mit einem Einzelvertreter besteht ein solches Vertrauen jedoch nicht immer. In Zweifelsfällen sind 633

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Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 128 ff, 208 ff; Emde GmbHR 1999, 1005, 1011; Emde MDR 2002, 190 (191); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 135; Küstner/Thume I Rn 254. AA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 17. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 4. Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 101. Küstner/Thume I Rn 433; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 2;

638 639 640

Hopt § 86 Rn 19; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 2. BGHZ 56, 290; 59, 87; 92, 93; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 64; Hopt § 86 Rn 19. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a.

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1. Buch. Handelsstand

Anhaltspunkte im Vertrag zu suchen, wobei es für weitgehende Freiheit des Vertreters bei der Einstellung von Hilfspersonen spricht, wenn ein ausdrückliches oder mittels Vertragsauslegung gefundenes Verbot der Beschäftigung von Hilfspersonen fehlt. Jedoch muss der HV seine Hilfskräfte anleiten und überwachen. Mangelt es hieran, ersetzen die Hilfskräfte die Leistung des HV, ohne dass er die „Oberaufsicht“ behält, so ist die Grenze zulässiger Hilfstätigkeit überschritten und sind die §§ 613, 664 BGB verletzt. Auch besteht eine Informationspflicht des Vertreters über die Tätigkeit seiner Untervertreter. Dem Unternehmer steht jedoch im Regelfall kein Widerspruchsrecht gegen die Tätigkeit der Hilfspersonen zu, so lange keine Substitution eintritt. Unterlässt der HV die Information über Strukturveränderungen, können daraus Schadenersatzansprüche des Unternehmers resultieren, wobei ein Schaden schwer vorstellbar ist. Dass ein Unterlassen der Information als solches zu einem völligen Wegfall des Vertrauens und damit zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht des Unternehmers nach § 89a führen könnte, ist eher ausgeschlossen, zumal der Unternehmer ohnehin der Tätigkeit der Hilfspersonen ohne Substitution nicht widersprechen kann. Die internen Aufgaben gegenüber dem Unternehmer wie Berichtspflicht, Abrech55 nungsverkehr u.ä., aber auch die Wahrnehmung der Funktionen nach § 91 Abs. 2, darf der HV unter seiner Verantwortung Hilfspersonen überlassen. Dagegen kann der HV seinen Vertrag nicht ohne Zustimmung des Unternehmers auf einen anderen „übertragen“, etwa durch Verkauf der Agenturfirma. Im Kfz-Vertriebsrecht hat die GVO 1400/02 eine Sonderregelung geschaffen (dazu unten). Der Unternehmer braucht sich keinen beliebigen Nachfolger aufdrängen zu lassen641. Ob der Unternehmer, wenn der HV einen stichhaltigen Grund hat, die Vertretung aufzugeben, und er dem Unternehmer einen voll geeigneten Nachfolger vorschlägt, der Unternehmer aber gleichwohl die Zustimmung nicht erteilt, das Vertragsverhältnis mit der Rechtsfolge kündigen darf, dass ihm daraufhin entgegen § 89b Abs. 3 der Ausgleichsanspruch gegen den Unternehmer verbleibt, erscheint zweifelhaft. Im Einzelfall mögen aus § 242 BGB Zustimmungspflichten des Unternehmers zur Übertragung herzuleiten sein. Sie charakterisieren jedoch nicht den Regelfall, gerade wenn der Unternehmer eigene Vorstellungen zur Nachfolgefrage hat. Der Unternehmer kann gute Gründe haben, seine Zustimmung zu verweigern; Zweifelsfälle gehen zu Lasten des HV. Stimmt der Unternehmer der Abgabe der Vertretung an einen Nachfolger zu bzw. erreicht der HV, wenn er mehrere Unternehmer vertritt, die Zustimmung aller Unternehmer, so kann er seine Agenturfirma samt Verträgen übertragen. Das Vertragsverhältnis geht nicht automatisch auf den oder die Erben des Handels56 vertreters über. Allerdings kann der Vertrag abweichende Bestimmungen treffen, z.B. dahin, dass ein Sohn oder die Witwe des HV das Recht zur Fortführung der Vertretung haben sollen. Eine Fortsetzungsklausel ist aber selbst dann nicht anzunehmen, wenn die Erben – ggf. mit dem Unternehmer vereinbart – Mitarbeiter der HV-Firma waren. Ob dann gegebenenfalls ein förmlicher neuer Vertrag mit ihnen abgeschlossen werden muss oder der alte Vertrag sich automatisch fortsetzt (dies ist mangels entgegenstehender Vereinbarung gemäß §§ 1922, 1967 BGB der Regelfall), bleibt eine Frage seiner näheren Ausgestaltung. Bei der Formulierung der Klausel ist Vorsicht angetan. Denn bei automatischer Fortführung müsste der fortsetzungsunwillige Erbe ausgleichsschädlich (§ 89b Abs. 3 Nr. 1) kündigen. Beim Tod des Unternehmers wird man dagegen annehmen müssen, dass hier der Anspruch auf die Leistung der Dienste aus dem HV-Vertrag im Zweifel auf die Erben, wenn sie das Unternehmen fortführen, übergeht. Denn auf die Person des Unternehmers ist das Handelsvertreterverhältnis nicht in gleichem Maße abgestellt wie 641

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OLG Frankfurt/Main RzW 1960, 172.

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auf die Person des Handelsvertreters und es besteht zu Lasten des Unternehmers keine Pflicht zur persönlichen Dienstleistung. Ist der Vertretervertrag unter der Agenturfirma des HV abgeschlossen642 ist der HV 57 persönlich oder die mit ihr bezeichnete juristische Person Vertragspartner. Die Firma ist kein eigenes Rechtssubjekt. Sie ist der Name, unter dem der Kaufmann seine Erklärungen im Handelsverkehr abgibt (§ 17 Abs. 1). An der im Zweifel eintretenden Verpflichtung, seine Dienste in Person und grundsätzlich unübertragbar zu leisten (§ 613 BGB), wird durch das Rubrum des Vertrages nichts geändert. Eine Ausnahme von der Pflicht zur persönlichen Dienstleistung des Firmeninhabers wird nur dann gefunden werden können, wenn es dem Unternehmer gerade darauf ankam, die Agenturfirma – also den Organisationsrahmen – als solche und damit ihren good will mit der Vertretung betraut zu sehen, dergestalt, dass ihm dieser good will wichtiger ist als die Person des jeweiligen Inhabers. Einen solchen good will soll die Agenturfirma üblicherweise nicht besitzen643. Gegenbeispiel ist die erfolgreiche Tätigkeit seit mehreren Generationen in Händen derselben Familie oder eine besondere Reputation aus anderen Gründen, etwa: Aufbau eines eigenen Rufes der Agentur durch ungewöhnliche Werbemaßnahmen oder Spezialisierung mit dem Erfolg, dass gerade sie auf Unternehmer, die eine Vertretung für ihre Erzeugnisse suchen, eine erhöhte Anziehungskraft ausübt und auch die Kunden wegen der hervorragenden Einrichtung des Agenturbetriebs ihre Abschlüsse bevorzugt über sie zu tätigen ein Interesse haben644. Als Grundregel mag gelten: Je größer und unpersönlicher das Vertreterunternehmen, umso eher muss der Unternehmen Änderungen in dessen Erscheinungsbild akzeptieren. Der HV ist jedoch nicht daran gehindert, sein Vertreterunternehmen einem identitäts- 58 wahrenden Rechtsformwechsel zu unterwerfen oder es auszugliedern645, auch durch Eintritt einer GmbH in eine oHG und Austritt der übrigen Gesellschafter im Wege der Anwachsung nach § 738 BGB646. Der HV bestimmt insoweit über die Organisationsform, die Teil seiner Organisationsautonomie ist647. Die §§ 613, 664 BGB verbieten deshalb diese Maßnahmen nicht648. Sofern ein identitätswahrender Rechtsformwechsel nach UmwG eintritt, bleibt der Vertretervertrag trotz Rechtsformwechsels mit dem identischen Rechtsträger bestehen (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG). Auch im Falle der Verschmelzung geht der Vertretervertrag auf den neuen Rechtsträger über (§ 20 UmwG); ebenso bei der Ausgliederung gem. § 131 UmwG649 – und zwar nach dem UmwG auch dann, wenn zivilrechtlich eine Zustimmung des Unternehmers erforderlich war, etwa auf Grund einer Vereinbarung650. § 673 BGB steht dem automatischen Übergang nach dem UmwG ebenfalls nicht entgegen651, ob der Wechsel nach HV-Recht eine Vertragsverletzung bildet und ein Kündigungsrecht des Unternehmers nach § 89a besteht, ist eine vom UmwG unabhängige, daran anschließende Frage652. Im Grundsatz ist ein Kündigungsrecht eher abzulehnen653. Jedoch schützen die §§ 613, 664 BGB den Unternehmer vor wesentlichen Änderungen im Erscheinungsbild des HV-Unternehmens. Ändert sich die wirtschaftlich-faktische Kontinuität des HV-Unternehmens infolge der Umwandlung erheblich und werden hierdurch die Interessen des Unternehmers so bedeutend tangiert, 642

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Das geschieht nicht selten; ein Fall solcher Art lag der Entscheidung RGZ 129 80 zugrunde. BGH DB 1962, 501. OLG Frankfurt/Main RzW 1960, 172. Dazu Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.05.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814.

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Emde Die Handelsvertreter GmbH 1994, S. 120 ff; Westphal BB 1999, 2517. Hierzu Westphal BB 1999, 2517. Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331). Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331). Karsten Schmidt DB 2001, 1019. Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331). Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331).

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1. Buch. Handelsstand

dass ihm eine Vertragsfortsetzung unzumutbar ist, mag nach Abmahnung654 ein außerordentliches Kündigungsrecht bestehen – aber nur dann655; ebenso wenn er erkennbar mit einer natürlichen Person kontrahieren wollte656. Eine gegenteilige Ansicht würde den Mittler zu sehr gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen benachteiligen657. Die beim Rechtsformwechsel von einer Personen- zu einer Kapitalgesellschaft eintretende Haftungsbeschränkung kann angesichts der geringen finanziellen Risiken des Unternehmers im Verhältnis zu seinem HV nur in krassen Ausnahmefällen ein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmers begründen658, meist nur im Zusammenwirken mit anderen Umständen. Gleiches dürfte für die Ausgliederung von einem Einzelkaufmann zur Kapitalgesellschaft gelten. Zu Kündigungsgründen, die durch die Besonderheiten einer HV-GmbH begründet werden könnten, wird unten bei § 89 ausgeführt. Problematisch sind die Fälle, in denen ein identitätswahrender Rechtsformwechsel oder 59 eine Gesamtrechtsnachfolge gemäß UmwG ausscheidet, etwa bei Gründung einer oHG durch Eintritt eines Neugesellschafters. Der Vertragspartner wird hier durch die Neugründung kein anderer. Vielmehr ist der Vertreter nach wie vor als Einzelkaufmann verpflichtet und kann nur durch einverständliche Vertragsänderung eine Übertragung des Vertrages auf die neugegründete Gesellschaft herbeiführen659. Die Person des Vertragspartners darf nicht ausgetauscht werden660. Angesichts der Möglichkeit des identitätswahrenden Formwechsels wird kaum ein HV diese Gelegenheit wählen. Westphal 661 verweist darauf, der Vertreter könne bei fehlender Zustimmung des Unternehmers die gegründete Gesellschaft als Untervertreterin einsetzen. Dem ist nur bei Zumutbarkeit ihrer Tätigkeit beizupflichten. Was für die Übertragbarkeit der Dienste des HV gilt, gilt gleichermaßen für den Fall 60 einer „Aufspaltung“, so durch Aufnahme eines Teilhabers in die Agenturfirma. Selbst wenn der HV einen triftigen Grund hat, einen Junior-Partner aufzunehmen (vorgerücktes Lebensalter) und er dem Unternehmer eine geeignete, vertrauenswürdige Person vorstellt, so wird der Unternehmer seine Einwilligung versagen dürfen, ohne dem Handelsvertreter einen begründeten, den Ausgleichsanspruch wahrenden Anlass zur Kündigung oder sogar einen Erfüllungsanspruch zu geben. Wenn im Außendienst der bisherige Agenturinhaber weiter allein tätig bleibt, behält es hierbei sein Bewenden. Damit werden die §§ 613, 664 BGB zu Normen, die dem Schutz der Unternehmens61 kontinuität dienen. Sie garantieren dem Vertragspartner eines größeren Vertreterunternehmens zwar nicht notwendigerweise die Leistungserfüllung durch dieselbe natürliche Person, schützen ihn aber vor wesentlichen Umgestaltungen des Unternehmens. Erfolgt eine wesentliche Änderung des Erscheinungsbildes, kann der Unternehmer die Beibehaltung des status quo fordern. Insbesondere bleibt dem Vertreter unbenommen, den Vertrag aus wichtigem Grund nach § 89a zu kündigen662. Einer unzulässigen außerordentlichen Kündigung des Unternehmers kann der HV mit einer Feststellungsklage begegnen, mit der die Fortführung des Vertrages festgestellt wird. 654 655

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Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). Emde Die Handelsvertreter GmbH 1994, S. 129 f; zurückhaltend bei der Gewährung eines Kündigungsrechts nach § 89a auch Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331). LG Göttingen, Urt. v. 21.03.2007 – 5 O 247/06, VersR 2007, 1696; kritisch zu diesem Urteil Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). In diese Richtung auch Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332).

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OLG Stuttgart, Urt. v. 30.05.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814; Emde Die Handelsvertreter GmbH 1994 S. 130 ff; Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). Westphal BB 1999, 2517; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 4. Großzügiger Staub/Brüggemann 4. Aufl. Westphal BB 1999, 2517. Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 102.

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13. § 613a BGB. Die Vorschrift ist weder direkt noch nach ihrem Rechtsgedanken 62 anwendbar663, nicht einmal auf arbeitnehmerähnliche HV i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG, da § 5 Abs. 3 ArbGG nur das prozessuale und nicht das materielle Recht regelt664. Entsprechend geht der Handelsvertretervertrag im Falle der Veräußerung des Unternehmens nicht automatisch gemäß § 613a BGB auf den Unternehmensnachfolger über665. Es liegt kein (abhängiges) Arbeitsverhältnis vor. Der HV müsste vielmehr dem Übergang des Vertreterverhältnisses auf den Unternehmensnachfolger zustimmen666. Allerdings kann ein Vertragsübergang aus § 25 folgen667, demzufolge wie bei § 613a BGB auch Dauerschuldverhältnisse auf den Übernehmer übergehen können668. Wäre man anderer Ansicht, bliebe der Umgehung Tür und Tor geöffnet. Der Unternehmer könnte exakt dasselbe Unternehmen unter anderem Namen fortführen und das Altunternehmen in eine leere Hülle verwandeln. Dann müsste er möglicherweise noch nicht einmal einen Ausgleich nach § 89b leisten. In der Regel wird der Vertreter seine – ggf. konkludente – Zustimmung zur Weiterführung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmensnachfolger erteilen; er sollte diese Erklärung von der Regelung seiner Ausgleichsansprüche abhängig machen. Fehlt eine Zustimmung des HV, bleibt dem Unternehmer nichts übrig, als das Vertragsverhältnis zu kündigen, sofern er nicht eine wegen des Verkaufs erklärte außerordentliche Kündigung durch den HV provozieren will; in beiden Fällen hat der HV den Ausgleichsanspruch, der sich gegen den bisherigen Unternehmer richtet und für den der Unternehmensnachfolger unter den Voraussetzungen des § 25 mithaftet. 14. § 614 BGB. Bei Provisionszahlung hat die Vorschrift keinen Anwendungsbe- 63 reich669. 15. § 615 BGB. § 615 BGB ist auf HV anwendbar670. Die Norm gilt zu Gunsten aller 64 Dienstverpflichteten, also auch des HV671. Vereinbarte Vergütung i.S.d. Vorschrift ist entweder die Provision oder eine versprochene Festvergütung. Eine Anwendung des § 615 BGB kann etwa in Betracht kommen bei einem Annahmeverzug, in den der Unternehmer dadurch gerät, dass z.B. durch Versagen seiner betrieblichen Organisation der Handelsvertreter seine Vertretertätigkeit nicht aufnehmen kann (Unterbleiben eines Einführungsschreibens an die Kundschaft, einer Zuteilung des Bezirks – falls die Zuteilung im Vertrag noch vorbehalten worden war –, einer Zurverfügungstellung der in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen). Vorbehaltlich weitergehender Schadensersatzansprüche im Falle eines Verschuldens (dazu unten) hat der HV dann Anspruch auf die vereinbarte Vergü-

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Emde MDR 2002, 190 (191); aA Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 136; Martinek/Flohr § 8 Rn 43; Küstner/Thume I Rn 255; Westphal I Rn 8. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 136. BGH DB 1962, 1636. BGH VersR 1960 797. OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988, Emde MDR 2002, 190, 191; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 136; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 84 Rn 33. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl. 1999, § 8 I 4 c; Emde Die HandelsvertreterGmbH, S. 149 ff; aA offensichtlich BGH

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HVR Nr. 419; Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, 1966, S. 32; generell Beuthien, NJW 1993, 1737 ff; Heymann/Emmerich, § 25 Rn 42. I.E. Küstner/Thume I Rn 256; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 137; Martinek/Flohr § 8 Rn 44. Jedoch kommt sie bei Festvergütung zur Anwendung. Emde MDR 2002, 190 (191); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 138; Martinek/Flohr § 9 Rn 47; Hopt § 86 Rn 4; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 6. Steindorff ZHR 130 (1967), 26, 82, 84.

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tung (§ 615 S. 1 BGB) in Gestalt eines etwa vereinbarten Fixums zu beanspruchen672, sonst in Anwendung des Gedankens des § 642 BGB einen Anspruch auf angemessene Entschädigung. § 615 BGB kann ferner einschlägig sein, wenn der Unternehmer ein vom Handelsvertreter vermitteltes Geschäft aus Willkür oder schikanöser Schädigungsabsicht ablehnt, weil so weit seine Dispositionsfreiheit gegenüber dem HV nicht reicht673. Annahmeverzug kann sich schließlich ergeben, wenn der Unternehmer dem HV unberechtigt fristlos kündigt und ihm einstweilen die Fortsetzung seiner Tätigkeit untersagt. Weigert sich der Unternehmer ohne sachliche Gründe, etwa nach unberechtigter Kün65 digung674, Aufträge des HV entgegenzunehmen oder ihn weiterzubeschäftigen und hindert dadurch das Entstehen von Provision, so steht dem HV zusätzlich – also konkurrierend675 – ein Schadenersatzanspruch wegen Schlechterfüllung (§§ 280 ff BGB) in Höhe des entgangenen Gewinns zu, es sei denn, der Unternehmer ist nicht zur Annahme der vermittelten Geschäfte verpflichtet, z.B. wenn jene unzumutbar sind. Zusätzlich kann sich der Vertreter auf § 615 BGB stützen. Der Handelsvertreter muss aber seine Dienste anbieten. Widerspricht ein gekündigter Vertreter der vom Unternehmer ausgesprochenen Kündigung nicht und bietet seine Leistung nicht entsprechend § 615 BGB an, so darf der Unternehmer im Ausnahmefall ggf. nach Treu und Glauben von einer einverständlichen Abwicklung des gekündigten Vertragsverhältnisses ausgehen. Der HV ist dann mit einem Anspruch auf Schadenersatz ausgeschlossen676. Beweiserleichterungen zur Höhe des Schadens verbessern die Darlegungsmöglichkei66 ten des Vertreters gemäß §§ 252 BGB, 287 ZPO677, und zwar richtigerweise sowohl im Schadenersatzrecht wie im Rahmen des konkurrierenden § 615 BGB. Soweit Bezirksprovisionen gezahlt werden, bedarf es eines Rückgriffs auf § 615 BGB 67 nur beschränkt, falls der Unternehmer die Dienste des Vertreters nicht annimmt, aber selbst oder durch andere HV im Gebiet des Mittlers Geschäfte macht. Denn der Anspruch auf Bezirksprovision entsteht ohne Zutun des HV. Der Vertreter besitzt also einen vertraglichen Anspruch. Der BGH678 hat deshalb gegenüber einem Bezirksvertreter die Anwendung des § 615 S. 2 BGB abgelehnt: mit Recht, gerade weil die Bezirksprovision „tätigkeitsunabhängig“ ist. Eine Anrechnung sonstigen Erwerbs des Handelsvertreters ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass der HV durch die eingestellte Betreuung des Bezirks Aufwendungen erspart, da das Maß seiner Aufwendungen ohnehin im Verhältnis zum Unternehmer nicht von Belang ist. Auch der Bezirksvertreter ist auf die §§ 615, 280 BGB angewiesen, soweit er einen Verlust durch die Unmöglichkeit eigener Tätigkeit im Bezirk erfährt. Ein Schaden ist ihm nach der Differenzprognose dann nur in Höhe der infolge der Unmöglichkeit eigener Tätigkeit entgangenen Provisionen abzüglich ersparter Kosten entstanden und auch § 615 S. 2 BGB ist insoweit anwendbar. Da die allgemeinen Geschäftskosten als „Sowieso-Kosten“ gerade aus den entgangenen Provisionseinnahmen bedient werden sollen, sind jene (fortlaufenden) Allgemeinkosten jedoch meist nicht erspart und folglich nicht von dem Anspruch des Vertreters abzusetzen. Der Anwendungsbereich des § 615 S. 2 BGB dürfte damit auf die tatsächlichen Kostenreduzierungen beschränkt sein, welche der Unternehmer zu beweisen hat. 672 673 674 675 676

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Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 72c. Siehe etwa Steindorff ZHR 130 (1967), 86. Martinek/Flohr § 9 Rn 47. Siehe Martinek/Flohr § 9 Rn 47. OLG Köln, Urt. v. 30.09.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (408). Diese Aussage ist zweifelhaft, weil auch ohne Widerspruch des Vertreters eine zum Schadenersatz ver-

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pflichtende Handlung einen Schadenersatzanspruch begründet. BGH ZIP 2001, 1461 = WM 2001, 2010. BGH, Urt. v. 18.06.1959, BB 1959, 718 = DB 1959, 787 = VersR 1959, 596; BB 1992, 1162; zustimmend Küstner/Thume Rn 257; Martinek/Flohr § 8 Rn 45, § 9 Rn 47.

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16. § 616 BGB. S. 1 gilt nicht für HV, die Provisionen erhalten679, da der Vertreter 68 üblicherweise nur im Falle einer mitwirkenden Kausalität für die Kundenwerbung Provisionen verdient. Bei Festvergütung findet § 616 BGB Anwendung680; ebenso auf den Bezirksprovisionsanteil. 17. § 617 BGB. Die Vorschrift ist zwar theoretisch anwendbar681, wird jedoch prak- 69 tisch kaum eingreifen682. 18. § 618 BGB. Entsprechendes gilt für § 618 BGB683. Die Norm findet nur Anwen- 70 dung, wenn der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften (etwa Muster) „zu beschaffen hat“, was etwa beim Tankstellenvertreter der Fall sein mag. Regelmäßig ist der HV hierfür verantwortlich. Auch die Abs. 2 und 3684 des § 618 BGB sind grundsätzlich anwendbar, haben praktisch jedoch kaum Anwendungsbereich. Sofern § 618 BGB anwendbar ist, ist auch die Unabdingbarkeit nach § 619 BGB gegeben. 19. § 619a BGB. § 619a BGB findet im Vertriebsrecht keine Anwendung. Die Bestim- 71 mung regelt lediglich den Verschuldensmaßstab eines Arbeitnehmers. Im Vertriebsrecht hingegen gelten kaufmännische Pflichtmaßstäbe (§ 86 Abs. 3)685, und zwar selbst dann, wenn der Mittler kein Kaufmann sein sollte (§ 84 Abs. 4). Maßgeblich ist daher die allgemeine Vorschrift des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. 20. §§ 620–622 BGB. § 620 Abs. 1 BGB ist anwendbar, weil die vorrangige Spezial- 72 regel des § 89 den Anwendungsbereich der allgemeinen Vorschriften nur für „auf unbestimmte Zeit“ eingegangene Verträge sperrt686. § 620 Abs. 2 BGB findet als Auslegungsregel zur Dauer des Dienstverhältnisses Anwendung687, nicht aber in seiner Rechtsfolge. Die Verweisungskette der §§ 620 Abs. 2, 621, 622 BGB findet folglich auch dann keine Berücksichtigung, falls eine Festvergütung vereinbart wurde. Denn § 89 trifft eine spezielle Regelung688, auch wenn mit dem HV ein festes Honorar vereinbart wurde. 21. § 623 BGB. § 623 gilt nur für Arbeitsverhältnisse, also nicht im HV-Recht, selbst 73 wenn der HV ein arbeitnehmerähnlicher sein sollte689. 22. § 624 BGB. Umstritten ist die Geltung des § 624 BGB. Er bestimmt, dass ein 74 Dienstverhältnis – ein solches ist auch das HV-Verhältnis –, welches auf Lebenszeit oder (fest) auf längere Zeit als 5 Jahre eingegangen ist, vom Verpflichteten nach Ablauf von 5 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden kann. Die Vorschrift ist mit diesem S. 1 zwingend. Ein HV oder ein anderer Vertriebsmittler, der sich zu mehr als 5jähriger Dienstleistung verpflichtet, darf den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündigen690. Damit wird neben § 89 eine weitere Kündigungsmöglichkeit 679 680 681 682

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Für generelle Unanwendbarkeit Martinek/Flohr § 8 Rn 45. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 139. AA Küstner/Thume I Rn 259; Martinek/ Flohr § 8 Rn 46. Emde MDR 2002, 190 (192); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 140. Für die Anwendbarkeit Hopt § 86 Rn 4. Hopt § 86 Rn 4. Oetker BB 2002, 43. Küstner/Thume I Rn 262; Hopt § 86 Rn 4;

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§ 89 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 32. Emde MDR 2002, 190 (192); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 144; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3a; aA Hopt § 86 Rn 5. Küstner/Thume I Rn 263; Hopt § 89 Rn 6. Richardi/Annuß NJW 2000, 1231; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Palandt/Putzo § 623 Rn 2. OLG Hamm BB 1978, 1335; KG MDR 1997, 1041 (1042); Emde Die Handelsver-

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eingeräumt. Nach OLG Hamm BB 1978, 1335 muss untersucht und darauf abgestellt werden, „ob das Element der persönlichen Dienstleistung dem HV-Verhältnis das Gepräge gebe“. Die Entscheidung ist zu billigen691. Die Anwendung des § 624 BGB kann daher im Einzelfall ausscheiden, wenn der Vertrag mehr unternehmens- als personenbezogen geführt wird692, etwa bei Vertragsschluss mit einem größeren HV-Unternehmen, auch einer HV-Gesellschaft693. Notfalls wäre hier von einem § 242 BGB-Einwand auszugehen. Auf die Arbeitnehmerähnlichkeit des HV kommt es nicht an694. § 624 BGB ist nicht auf unselbständige Dienstverhältnisse (Arbeitsverhältnisse) beschränkt, sondern umfasst Dienstverhältnisse jeder Art. Er teilt deshalb auch nicht einen ausschließlich sozialen Schutzzweck695. Er wahrt vielmehr den Entfaltungsraum der Persönlichkeit dahin, dass niemand ohne die Möglichkeit einer normalen Kündigung vertraglich gebunden sein soll, einem anderen seine Dienste auf Lebenszeit oder fest für länger als 5 Jahre zur Verfügung zu stellen. Die Grundsätze des WGG bilden keinen § 624 BGB verdrängenden Ausgleich696. Sie gelten auch im BGB, schließen aber auch dort § 624 BGB nicht aus. Der Standpunkt von Boldt 697, § 89 sei gegenüber § 624 BGB lex specialis, ist eine petitio principii: Denn damit wird behauptet, was erst bewiesen werden müsste. § 624 BGB ist auch auf Vertragshändlerverträge anwendbar698; ebenso auf den Franchisevertrag699.

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23. § 625 BGB. Die Bestimmung gilt auch für den HV700, da das HV-Recht keine speziellere Regelung enthält. Auch § 89 Abs. 3 bildet keine verdrängende Sonderregelung701, da sie nur für HV-Verträge mit bestimmter Dienstzeit gilt und nicht für die Fortsetzung in anderen Fällen (dort allenfalls analog).

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24. §§ 626, 627 BGB. §§ 89, 89a sind vorrangig702. Allerdings ist es rechtstechnisch fraglich, ob § 89a auch die Anwendung der Zweiwochenfrist zur Kündigung gemäß

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treter-GmbH, S. 201; Emde MDR 2002, 190 (192); Ballerstedt, JZ 1970, 371; Heyer, NJW 1965, 1573; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 145; Canaris § 17 Rn 84, 94; Hopt § 86 Rn 4; § 89 Rn 7 (aA aber „in besonderen Fällen“, siehe Rn 7); HK/Ruß § 89 Rn 3; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 8 f und 41a; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 4, sofern das dienstvertragliche Element vorherrscht; aA LG Hamburg NJW 1963, 1550 mit zust. Anm. Würdinger; BGH, Urt. v. 09.06.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 und Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692; Leo DB 1961, 2518; Duden NJW 1962, 1326; Boldt BB 1962, 906; Würdinger NJW 1963, 1550; Höft VersR 1973, 600, 601; für Tankstellenvertreter: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 5; differenzierend Westphal I Rn 10; Rittner NJW 1964, 2255; Martinek/Flohr § 8 Rn 50; siehe auch die Einzelfallentscheidungen BGHZ 52 171 und OLG Hamm DB 1978, 1445. AA Duden NJW 1962, 1326; Boldt BB 1962, 906.

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Rittner NJW 1964, 2252; Brüggemann ZHR 131 (68), 27; Hopt § 89 Rn 7. Rittner NJW 1964, 2255; Emde MDR 2002, 190 (192); Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 208; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 145. Hopt § 89 Rn 7; aA Duden NJW 1972, 1326; Würdinger NJW 1963, 1550. AA Duden NJW 1962, 1326. So aber Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 23. Boldt BB 1962, 906. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 311. Canaris § 18 Rn 28; Höpfner in: Giesler/ Nauschütt § 12 Rn 28; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 330; Hopt § 86 Rn 4. Emde MDR 2002, 190 (192); Küstner/ Thume I Rn 266; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 146; Hopt § 89 Rn 6, 24; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 6; Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 4a, 5; aA Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 25; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 3. AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25. Leo DB 1961, 1518; Küstner/Thume I

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§ 626 Abs. 2 BGB sperrt703. Davon geht die h.M. aus und fordert vom Unternehmer nur eine angemessene Frist zur Entscheidungsfindung von etwa einem Monat (dazu bei § 89a). Die Ansicht zur Nichtanwendbarkeit der Fristenregelung des § 626 Abs. 2 BGB darf mittlerweile als Gewohnheitsrecht bezeichnet werden. Somit gelten nur Verwirkungsgrundsätze, was auch Auffassung des BGH ist704. § 626 Abs. 2 S. 3 über die Mitteilung des Kündigungsgrundes soll hingegen einen allgemeinen, auch für den HVVertrag geltenden Rechtsgrundsatz enthalten705. § 627 Abs. 1 BGB ist unanwendbar706. Sonst würden die Kündigungsfristen des § 89 77 umgangen. Ein HV leistet keine Dienste höherer Art i.S.d. Norm707. Der HV ist Hilfsperson des Unternehmers um dessen wirtschaftlicher Ziele willen; seine Dienste haben keinen anderen Stellenwert als den, am Umsatz wirtschaftlicher Güter im unmittelbaren Vollzug vorbereitend und unterstützend beteiligt zu sein. Gegenüber § 627 BGB ist § 89a schon im TB anders gelagert. § 627 BGB fordert nicht das Vorliegen eines wichtigen Grundes, wie er für § 89a unumgänglich ist. 25. § 628 BGB. Abs. 2 wird durch § 89a Abs. 2 verdrängt708. § 628 Abs. 1 BGB 78 kann für Provisionsvertreter kaum einen Anwendungsbereich haben, weil jene auf Grund der Provisionstatbestände des HGB ihre Vergütung verdienen709. Die Norm gilt aber für HV mit Festgeldabrede710. 26. § 629 BGB. Der HV darf seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei bestimmen 79 (§ 84 Abs. 1 S. 2). Deshalb ist § 629 BGB nicht anwendbar711. 27. § 630 BGB. Entgegen der wohl h.M.712 und Staub/Brüggemann 4. Aufl.713 ist die 80 Vorschrift anwendbar, und zwar auch auf HV, die keine arbeitnehmerähnliche Ein-

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Rn 267; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 147; Martinek/ Flohr § 8 Rn 49; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 6; Hopt § 86 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 4; Schröder § 89a Rn 1. OLG Karlsruhe, VW 1978 195 hat sich für die Anwendung ausgesprochen. BGH EWiR 1999, 705 (Emde). LG Köln NJW-RR 1992, 485; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 2; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 6. Für Franchiseverträge: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 316. Kassung AfP 2004, 89 (94); LG Köln, Urt. v. 11.03.2002 – 2 O 594/00, S. 7 f; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 7; Schröder § 89a Rn 1; aA Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1059 f): Ein Wertungswiderspruch zwischen § 627 BGB und dem HV-Recht scheide aus. Selbst wenn die Regelung des § 627 BGB den Zweck verfolge, beiden Parteien ein sanktionsloses Kündigungsrecht zu geben schließe § 89b als „kleiner Kündigungsschutz“ des HV

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§ 627 BGB nicht aus. Dies zeige bereits die Co-Existenz von §§ 89a und 89b. Emde MDR 2002, 190 (192); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 149; Martinek/Flohr § 8 Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 6; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 7; Leo DB 1961, 1518. Hopt § 89a Rn 2. Leo DB 1961, 1519; Küstner/Thume I Rn 269; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 148; Martinek/ Flohr § 8 Rn 52; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 23; Hopt § 86 Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene Rn 61; Schröder § 89 Rn 38. RGZ 87, 440 (443); OLG Celle, BB 1967, 775; Leo DB 1961, 1518 (1519); Küstner/ Thume I Rn 270; Westphal, Rn 12; Voß/Höft Das Recht der Versicherungsvermittlung 1985, S. 661, 731; Martinek/Flohr § 8 Rn 51; Hopt § 86 Rn 5; § 89 Rn 6; MünchKomm BGB/Schwerdtner § 630 Rn 3; Palandt/Putzo, § 630 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 33. Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 84 Rn 38.

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firmenvertreter i.S.d. § 92a sind714. Richtig ist, dass § 630 BGB – wie im Übrigen alle Normen des BGB-Dienstvertragsrechts – vor allem den in enger persönlicher Bindung zum Dienstberechtigten stehenden, abhängigen Dienstverpflichteten als typischen Normadressaten vor Augen hatte. Daraus folgt aber nicht notwendig die Unanwendbarkeit auf andere Dienstverhältnisse. Das Leitbild persönlicher Leistung prägt auch das HV-Recht. Grundlage des § 630 BGB ist nicht die rechtliche, soziale oder wirtschaftliche Stellung des Dienstverpflichteten, sondern der Umstand, dass beide Vertragsparteien in einem länger dauernden Rechtsverhältnis miteinander verbunden waren715. § 630 BGB gibt dem Dienstverpflichteten als Ausfluss der das dauernde Vertragsverhältnis begleitenden Treupflichten716 einen Anspruch auf Zeugniserteilung, der ohne diese Vorschrift aus der allgemeinen Verpflichtung zu gegenseitiger Loyalität, Treue (§ 242 BGB)717 und Unterstützung entwickelt werden müsste. Auf diese hat jeder Vertragspartner, unabhängig von seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung Anspruch. Deshalb gilt die Vorschrift sogar zu Gunsten einer HV-GmbH718. Selbstverständlich kann auch ein HV Interesse an der Erteilung eines Zeugnisses haben. Ein Kaufmann kann einem anderen Kaufmann sehr wohl ein „Zeugnis“ erteilen. Kaum kann die An- und Abmeldung bei der Gewerbesteuer oder dem Ordnungsamt ein Zeugnis ersetzen (so aber Staub/Brüggemann 4. Aufl.). Weshalb die Selbständigkeit der Erteilung eines Zeugnisses entgegenstehen soll, ist gleichfalls nicht ersichtlich, zumal weder §§ 84 ff noch § 630 BGB die Anwendung ausschließen719.

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28. § 675 BGB. Der HV-Vertrag ist Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB720. Danach sind grundsätzlich die §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674 BGB anwendbar721. § 675 BGB und das Auftragsrecht des BGB gehen allerdings von der Besorgung eines Einzelgeschäfts aus, während beim HV-Vertrag ein Dauerrechtsverhältnis in Rede steht. Das führt jedoch nur zur teleologischen Reduktion im Einzelfall, keinesfalls zur generellen Unanwendbarkeit.

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29. §§ 675, 663 BGB. Die Vorschrift ist anwendbar, sofern die TB-Voraussetzungen vorliegen722. Das dürfte selten der Fall sein, zumal die Norm eher auf den Einzelauftrag passt. 714

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Auf jene wollen Martinek/Flohr § 8 Rn 52; Herschel/Beine/Buchwald S. 145, die Anwendung begrenzen. Es fragt sich jedoch, welche Rechtfertigung die Differenzierung haben soll. Materiell-rechtliche Wirkungen hat § 92a heute nicht, seine Bedeutung begrenzt sich auf die prozessuale Bestimmung des Rechtsweges nach § 5 Abs. 3 ArbGG; hierzu Martinek/Wank § 7 Rn 39. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 76. Vgl. BGHZ 74, 281 (289): „Nebenpflicht aus dem Dienstverhältnis“. So noch Palandt/Gramm, 15. Aufl., 1956, § 630 Anm. 1. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 77; Im Ergebnis auch Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 33; ablehnend Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, München 1966, S. 236 („absurd“); RGRK-Eisemann § 630 Rn 9.

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Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 75 ff; Emde GmbHR 1999, 1005 (1009); Emde MDR 2002, 190 (192); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 151. OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452 (1453) für nebenberufliche HV; Küstner/Thume I Rn 271; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Hopt § 84 Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1; Hopt § 86 Rn 6. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 153; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Hopt § 86 Rn 6; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl. vor § 84 Rn 12; § 84 Rn 31.

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30. §§ 675, 665 BGB. Die Norm konkretisiert das im HV-Recht bestehende Wei- 83 sungsrecht des Unternehmers und findet damit Anwendung723. Dem Weisungsrecht wird jedoch durch die Selbständigkeit des Vertreters Grenzen gesetzt724 (dazu unten). 31. §§ 675, 666 BGB. Der HV ist gegenüber dem Unternehmer auskunfts- wie be- 84 richtspflichtig, § 666 BGB detailliert jene Auskunftspflicht725, wobei sich der Vertreter meist auf den zwar nicht spezielleren, für ihn jedoch recht günstigen § 87c stützen wird. Allerdings gibt es im Vertreterrecht eine einzelfallbezogene Rechtsprechung zum Inhalt der Berichtspflicht des Mittlers, so dass die zu § 666 BGB ergangene Rechtsprechung jeweils auf ihre Vereinbarkeit mit der Judikatur zum Handelsvertreterrecht zu untersuchen ist726. Näheres wird unten, § 86 Rn 138 ff ausgeführt. 32. §§ 675, 667 BGB. Auch § 667 BGB ist grundsätzlich anwendbar727, etwa bei der 85 Herausgabe vereinnahmter Gelder728. Jedoch ist nach dem Inhalt des Handelsvertretervertrags häufig eine abweichende oder detaillierende Absprache getroffen729, ggf. konkludent. Einzelheiten werden oben, § 86 Rn 41 ff behandelt. 33. §§ 675, 668 BGB. Die Anwendbarkeit730 setzt voraus, dass der HV Geld an den 86 Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat. Nach der Vertragsgestaltung wird dies meist nicht der Fall sein731. 34. §§ 675, 669, 670 BGB. Mangels entgegenstehender Absprachen sind die Auf- 87 wendungen des HV durch die Provision abgegolten732. Einen Vorschuss sieht das HVRecht allein in § 87a Abs. 1 S. 2 vor. Nur bei unerwartet hohen Aufwendungen, die sich nicht aus der Provision bezahlen lassen, darf daher ein Vorschuss gefordert werden733. Beseitigt ein Vertragshändler Mängel, kann er für die Ersatzteile Vergütung nach § 670 BGB734 sowie nach § 632 BGB735 fordern. 35. §§ 675, 671 BGB. Die Vorschrift ist anwendbar736. Eine Kündigung zur Unzeit 88 analog § 671 Abs. 2 BGB wird im Hinblick auf die einzuhaltenden Kündigungsfristen regelmäßig ausscheiden737. 36. §§ 675, 672, 673 BGB. Die Bestimmungen sind generell anwendbar738. Der 89 Regelungsgehalt des § 673 BGB wird durch § 613 BGB unterstützt. Jedoch kann von 723 724 725 726

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Hopt § 86 Rn 6. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 154. I.E. auch Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46. Emde MDR 2002, 190 (193); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 155; Gegen die Anwendbarkeit Staub/Brüggemann 4. Aufl. Vor § 84 Rn 12. BGH, Urt. v. 08.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180 = WM 2006, 245 = ZIP 2006, 288 = NJW-RR 2006, 339 = EWiR 2006, 129 (Hensen) = GRUR 2006, 787; OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452, 1453; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Hopt § 86 Rn 6. OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452. Emde MDR 2002, 190, 193; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 156.

730 731

732

733 734

735 736 737 738

Für die Anwendbarkeit Hopt § 86 Rn 6. Emde MDR 2002 190, 193; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 157. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 158; gegen die Anwendbarkeit Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 31. AA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 51: § 669 BGB unanwendbar. Graf von Westphalen DB 1999, 2553; BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62. Graf von Westphalen DB 1999, 2553. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 24. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 123 ff; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Hopt § 86 Rn 6; hinsichtlich § 673 BGB; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 24; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 12.

Raimond Emde

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

dem Erben des HV kaum gemäß § 673 BGB verlangt werden, er solle die Besorgung des übertragenen Geschäfts bei Gefahr fortsetzen, da ihm hierzu regelmäßig die erforderlichen Kenntnisse fehlen werden (persönliche Dienstpflicht im Sinne des § 613 BGB)739.

90

37. §§ 675, 674 BGB. Die Vorschrift ist anwendbar740, zumindest wenn der Vertrag nicht durch Willenserklärungen der Parteien endet741.

91

38. § 810 BGB. § 87c Abs. 4 schließt die Anwendung des § 810 BGB nicht aus. Jedoch sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 810 BGB strenger, so dass sich der HV eher auf § 87c Abs. 4 stützen wird742. 39. § 855 BGB. Ein Inkasso-HV ist Besitzmittler des Unternehmers743.

92

IV. Kartellrecht 93

1. Europäisches Kartellrecht. Das EU-Kartellrecht ist lex specialis gegenüber dem nationalen Kartellrecht, auch gegenüber dem GWB. Was durch EU-Kartellrecht gestattet ist, kann durch das GWB nicht untersagt werden744. Fällt ein Vertrag unter europäisches Kartellrecht, weil er geeignet ist, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, ist auf ihn nur europäisches und kein deutsches Kartellrecht anzuwenden. Umgekehrt unterfällt der Vertrag nur deutschem Kartellrecht, falls der zwischenstaatliche Handel nicht beeinträchtigt wird745. Befreit eine GVO den Vertrag innerhalb ihres Anwendungsbereiches, ist der Vertrag auch nach dem GWB wirksam746. Das EU-Kartellrecht hat Vorrang gegenüber nationalem Recht: Dies hat das Kartell94 verfahrensrecht in Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 klargestellt747. Soweit eine Vereinbarung geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen, also der Anwendungsbereich des EU-Wettbewerbsrechts erreicht ist, müssen die nationalen Wettbewerbsbehörden Art. 101 AEUV anwenden. Mit der Vereinbarung deutschen Zivilrechts hat dies nicht zu tun. Vertriebsverträge unterliegen bei außereuropäischem Vertriebsgebiet nicht deshalb deutschem Recht, weil die Geltung deutschen (Zivil)Rechts vereinbart wurde748. Die Vereinbarung darf aufgrund nationalen Rechts nur verboten werden, wenn sie auch nach Art. 101 AEUV unzulässig ist. Umgekehrt dürfen nationales Recht und nationale Wettbewerbsbehörden eine Vereinbarung nicht unbeanstandet lassen, falls sie gegen Art. 101 AEUV verstößt. Das Gemeinschaftsrecht setzt sich also in jedem Fall durch. Lediglich in Hinblick auf Vereinbarungen, die lokale oder allenfalls regionale Bedeutung haben und die deshalb die Anwendungsschwelle des Gemeinschaftsrechts nicht erreichen, bleibt Raum für nationales Wettbewerbsrecht und für wettbewerbspolitische Bewertungen, die von denen des Gemeinschaftsrechts abweichen749. 739

740

741 742 743 744

80

Emde MDR 2002, 190 (193); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 159; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 46; Hopt § 86 Rn 6; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 12, § 84 Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 24. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67. BGH, Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 = NJW 2010, 3578. EuGH, Slg. 1994 I, 15; Gerstner in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, § 2 Rn 4; Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1659).

745 746

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Gerstner in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, § 2 Rn 4. Art. 3 II VO 1/2003; Erwägungsgrund 17 der GVO; Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687); aA Gerstner in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, § 2 Rn 4. Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687). AA (und fernliegend) Niebling WRP 2010, 1454 (1458). Weitbrecht Beilage zu NJW Heft 8/2003; ders. EuZW 2003, 69 (70).

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

a) Einleitung. Jeder Hersteller hat verschiedene Möglichkeiten, seinen Warenabsatz 95 zu organisieren. Er kann sich einerseits Angestellter bedienen und durch sie ein eigenes Filial- bzw. Niederlassungsnetz etablieren. Er darf aber auch selbständige Absatzmittler einschalten. Da diese Absatzmittler untereinander substituierbar sind, ist es häufig Zufall, welcher Rechtsform selbstständiger Absatzmittler er sich bedient. Der Einsatz von HV ist aus kartellrechtlicher Sicht interessant, weil HV-Verträge nicht unter das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen (s.u.)750: Der HV übt im Gütertausch nur eine Hilfsfunktion aus; er ist gegenüber dem Unternehmer weder Nachfrager noch Anbieter. Vielmehr sucht er als vom unternehmerischen Absatzrisiko entbundener Interessenwalter seines Geschäftsherrn Geschäftschancen. Da er lediglich kommunikatives Hilfsorgan des Unternehmers ist751, fehlt es an einer eigenständigen Wettbewerbsstellung auf dem Gütermarkt, die durch Beschränkung seiner Handlungsfreiheit beeinträchtigt werden könnte. Der Hersteller darf dann die Preise und Konditionen vorschreiben, zu denen der HV die Waren und Dienstleistungen verkaufen darf752. Die EU-Kommission hat das Vertriebskartellrecht beginnend mit der Einführung der 96 GVO 2790/99753 und dann der Nachfolge-GVO 330/10754 neu geordnet. Das HV-Kartellrecht (Rn 213 ff) findet sich nur in den Leitlinien zur GVO 330/10, die außer für HV auch auf Vertragshändler, Franchisenehmer, Kommissionsagenten und Kommissionäre Anwendung finden755. Anders als im materiellen Vertriebsrecht bildet das HV-Recht im Kartellrecht also nicht das Fundament des Vertriebsrechts, sondern beschreitet einen Sonderweg. Das liegt an der grundsätzlichen kartellrechtlichen Unbedenklichkeit der HV-Verträge, die sie vom Regelungsfokus entfernt. Die Basis des EU-Kartellvertriebsrechts bildet aus Sicht der Verwaltung die GVO 97 330/10. Deshalb wird sie auch als Schirm-GVO, also als Auffang-GVO, bezeichnet. Sie befreit innerhalb ihres Anwendungsbereichs von den Beschränkungen des Art. 101 AEUV. Ihr Wirkungsbereich trifft insbesondere Vertragshändler und Franchisenehmer. Spezieller ist die bis 2013 geltende Kfz-Vertriebs-GVO 1400/2002: Sie gilt nur für KfzVertriebsverträge. b) Häufige Formen wettbewerbsbeschränkender Abreden in Vertriebsverträgen. Be- 98 sonders häufig finden sich in Vertriebsverträgen folgende, Art. 101 AEUV widersprechende wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen: – Abreden über ein Provisionsabgabeverbot756, es sei denn, es ist durch Gesetz (§ 81 Abs. 2 S. 4 VAG) oder VO vorgeschrieben757 – Abstimmung der Unternehmer über die Höhe der Vergütung ihrer Vertriebsmittler bzw der Vermittler untereinander, etwa im Versicherungsvertrieb758. Bereits die Information über die Höhe der Vertriebsvergütung unter den Wettbewerbern soll kartellrechtlich problematisch sein759

750 751

752 753 754 755

Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. Wank in: Martinek/Semler/Habermeier, § 8 Rn 8; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. ABl. 1999 Nr. L 336/21. ABl. EU v. 23.04.2010, L 102, S. 1. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1208);

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Lange EWS 2001, 18, 19; Schultze/Pautke/ Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 153. Vgl. etwa Stancke VersR 2009, 1168 (1170, 1173). Stancke VersR 2009, 1168 (1173). Stancke VersR 2009, 1168 (1172). Stancke VersR 2009, 1168 (1172) zum Versicherungsvertrieb.

Raimond Emde

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

– Alleinbelieferungspflichten760. Sofern die Alleinbelieferungspflicht nicht aus anderem Grunde, etwa mittels einer GVO freigestellt ist, sind insbesondere Alleinbelieferungspflichten mit einer Dauer von mehr als 5 Jahren kaum nach Art. 101 Abs. 3 AEUV oder aus anderem Grunde freistellungsfähig (Tz 195 LL). – Alleinbezugspflichten761 und Markenzwang. Bei Alleinbezugspflichten und Markenzwang von weniger als einem Jahr will die Kommission (Tz 133 LL) regelmäßig eine Spürbarkeit verneinen, sofern sie von Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung gefordert werden. Bei solchen Vereinbarungen von 1 bis 5 Jahren, die Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung anwenden, ist eine sorgfältige Gegenüberstellung der wettbewerbsfördernden und -widrigen Auswirkungen erforderlich (Tz 133 LL). Beträgt die Dauer mehr als fünf Jahre, ist regelmäßig von fehlenden Effizienzgewinnen auszugehen (Tz 133 LL). Um sie für den Unternehmer wenig belastend zu fassen, wird eine Unterteilung in ein Grund- und ein weniger in den Vordergrund zu rückendes Diversifikationssortiment angeregt762. Selbst wenn eine Alleinbezugsverpflichtung keine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellt, ist zu prüfen, ob sie nicht wie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs wirkt. Dabei ist zu untersuchen, wie sich ein solcher Vertrag in Verbindung mit anderen gleichartigen Verträgen auf die Möglichkeit der Mitbewerber aus dem Inland oder aus anderen Mitgliedstaaten, auf dem relevanten Markt Fuß zu fassen oder ihren Anteil an diesem Markt zu vergrößern, auswirkt763. – Alleinvertriebsrecht764 (wegen der Nivellierung des markeninternen Wettbewerbs, Tz 151 LL) – U.U. Ausschließlichkeitsbindungen. Im Versicherungsvertrieb sollen sie aber kartellrechtsneutral sein765, insb. falls sie mit „echten“ HV geschlossen werden766 – Berichts- und Informationspflichten von HV-ähnlichen Mittlern und unechten HV, soweit sie gegenüber den gesetzlichen Informationspflichten erweitert werden und nicht produktbezogene sondern auf das Mittlerunternehmen bezogene Informationen, etwa über dessen Preise und Rentabilität, betreffen767 – Direktbezugsverpflichtungen768 – Gebietsschutzvereinbarungen769

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762 763

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BKartA, Beschl. v. 14.07.2009 – B 3 64/05 (Merck), WuW/E, 2009, 1312 (1315) = DE-V 1790 (1793); Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Gerstner in: Giesler/Nauschütt § 2 Rn 56; Siegert NJW 2007, 188 (189). EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441, 444 = WuW EU-R 1475, Rn 39 – Tankstellenvertreter; Westphal ZEuP 2002, 828 (831); offengelassen von BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). Flohr BB 2009, 2159 (2163). EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06,

764 765 766 767 768

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Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441, 444 = WuW EU-R 1475, Rn 43 – Tankstellenvertreter. Siegert NJW 2007, 188 (189). Eingehend m.w.N. Stancke VersR 2009, 1168 (1170). Stancke VersR 2009, 1168 (1171). Wiemer WuW 2009, 750. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Gerstner in: Giesler/Nauschütt § 2 Rn 52.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

– Kundenkreisbeschränkungen770 (Tz 168 LL), etwa der Ausschluss des Vertriebs über das Internet auf der Handelsplattform eBay771 – U.U. Mindestabnahmepflichten772 – Verbot des Parallelhandels773 – Preisbindung der zweiten Hand774. Das Verbot der Preisbindung gilt trotz des einheitlichen Systemauftritts auch in Franchiseverträgen775 – Markenexklusivität776 – der selektive Vertrieb kann eine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 AEUV bilden (dazu Rn 129 ff) – eine quantitative Selektion777 – Querlieferungsverbote778 – Rücklieferungsverbote779: Einem Händler mit Sitz innerhalb der EU kann von einem ebenfalls innerhalb der EU ansässigen Unternehmer nicht jeder Direktverkauf oder jede Rücklieferung in die EU untersagt werden, selbst wenn der Vertriebsmittler außerhalb der EU tätig werden soll (Art. 101 Abs. 1 AEVU, falls hierdurch eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb der EU bzw. eine Beeinträchtigung der Warenströme zwischen den Mitgliedsstaaten eintritt780. Ob diese Umstände erfüllt sind, entscheidet sich unter anderem nach dem Preisunterschied der betreffenden Produkte innerhalb und außerhalb der EU. Sofern durch die Höhe der Zölle, die Beförderungskosten oder andere Kosten ein Reimport unwahrscheinlich bleibt, ist eine Beeinträchtigung ebenso wenig gegeben, wie wenn die ausgeführten Produkte nur einen unbedeutenden Prozentsatz des Gesamtmarktes dieser Waren bilden – Sprunglieferungsverbote781: Ein Sprunglieferungsverbot verbietet etwa dem auf der Großhandelsstufe angesiedelten Vertragshändler die direkte Veräußerung an Endkunden. Hierdurch wird der Einzelhändler „übersprungen“782

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774

Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. OLG München, Urt. v. 02.07.2009 U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold) m. Anm. Immenga BB 2009, 2561; LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1181; wohl aber nicht im selektiven Vertrieb, siehe OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789. Niebling WRP 2010, 631. LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde); Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnrdnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441, 444 = WuW EU-R 1475, Rn 39 – Tankstellenvertreter; Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Sosnetza/

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778 779 780 781 782

Hoffmann AG 2008, 107 ff; zu den Hintergründen des Preisbindungsverbots (auch) des US-amerikanischen Kartellrechts Kasten RIW 2007, 419; kritisch Kasten WuW 2007, 994. OLG München NJW-E-WettbR 1997, 234; aA Bechtold GWB § 1 Rn 49 f. Siegert NJW 2007, 188 (189). OLG München, Urt.v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 (519) m. abl. Anm. Schultze/Spenner. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 548. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 549. EuGH EWS 1998, 209 = EWiR 1999, 65 (Röhling). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 549. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 549.

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– Vertrieb von Wettbewerbern durch eine gemeinsame Vertriebsorganisation. Dabei kommt es aber auf die Verhältnisse des Einzelfalls an783 – Verwendungsbeschränkungen hinsichtlich der Ware784 – Wettbewerbsrichtlinien der Unternehmer, etwa die Wettbewerbsrichtlinien im Versicherungsvertrieb785, es sei denn, sie entsprechen den Vorgaben der Gesetze und der Rspr.786 – Wettbewerbsverbote787. Das gilt im Grundsatz auch für Wettbewerbsverbote in echten HV-Verträgen788 – Zuschüsse für die Vermittlung von Leasingverträgen: Sie sind wettbewerbsbeschränkend, falls der Hersteller dem Händler einen Zuschuss bzw. eine Prämie für den Fall gewährt, dass der Händler einen Leasingvertrag der herstellereigenen oder -nahen Leasinggesellschaft vermittelt789. Denn die Prämie zielt auf einen Verzicht der Entscheidungsfreiheit des Händlers790. Die Gewährung derartiger Zuschüsse ist nicht vom Interesse des Herstellers an der Absatzförderung gedeckt. Sie ähnelt einem Treuerabatt und behindert deshalb die außenstehenden händlernahen Leasinggesellschaften unbillig i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 2 GWB791. Gewährt der Hersteller den Zuschuss unmittelbar der herstellereigenen oder herstellernahen Leasinggesellschaft, fehlt es an einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung i.S.d. Art. 101 AEUV792. Bei Gewährung eines Zuschusses an die herstellereigene Leasinggesellschaft folgt dies schon aus dem konzerninternen Charakter der Maßnahme793. c) Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden nach Art. 101 AEUV

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aa) Grundlagen. Gemäß Art. 101 AEUV (früher: Art. 81 EG, Art. 85 EWG) sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten. Nach Art. 101 Abs. 2 AEUV sind die verbotenen Vereinbarungen nichtig, ohne dass es einer vorherigen Entscheidung bedarf. Dieses Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden gilt, wie seit der Entscheidung Grundig/Consten794 anerkannt ist, auch für vertikale Absprachen, d.h. Vertriebsvereinbarungen795, und u.U. auch für HV-Verträge796, nämlich dann, wenn der HV nicht in das Unternehmen des Prinzipals eingegliedert ist (Auffassung des EuGH) oder als mit wirtschaftlichem Risiko versehener „unechter“ HV bewertet wird (Auffassung der Kom783 784 785 786 787

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789

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Stancke VersR 2009, 1168 (1177) zum Versicherungsvertrieb. Gehring/Fort EWS 2007, 160 (162, 165). Stancke VersR 2009, 1168 (1177). Stancke VersR 2009, 1168 (1177). LG Frankfurt/Main, Urt. v. 15.11.2002 – 3–11 O 87/02, EWiR 2003, 573 (Emde); Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Gerstner in: Giesler/Nauschütt § 2 Rn 47; Westphal ZEuP 2002, 828 (831). EuGH WuW/E EU-R 1215, Tz 82; zu Verträgen von Tankstellen-HV Steinhauer BB 2009, 2386; aA Kapp WuW 2007, 1218 (1220). Habersack/Ulmer S. 119 ff, 133; aA mglw

790 791 792 793 794 795 796

BGH, Urt v. 12.11.1991, NJW 1992, 1827 = ZIP 1992, 428 = BB 1992, 453; BGH aber u.U. von EuGH ZIP 1995, 1766 = RIW 1996, 148 überholt (so die Analyse von Habersack/Ulmer S. 123). Habersack/Ulmer S. 121. Habersack/Ulmer S. 133. Habersack/Ulmer S. 133. Habersack/Ulmer S. 133. EuGHE 1966, 322 (387, 392); Ebenroth/ Lange vor § 84 Anhang II Rn 3. Siehe insbesondere die Darstellung des EUKartellrechts bei Giesler/Nauschütt § 2. Emde BB 2002, 949; Lubitz EWS 2003, 557; Stancke VersR 2009, 1168 (1170) zu Versicherungsvertretern; Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1187.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

mission). Folglich sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Vertriebsverträgen (außer HV-Verträgen) grundsätzlich unzulässig und nichtig. Voraussetzung der Nichtigkeit ist eine Vereinbarung. „Einseitige Maßnahmen“ des Unternehmers gegenüber seinem Mittler unterfallen nicht dem Kartellverbot des Art. 101 AEUV, anders als „sonstige Maßnahmen“797. Es muss eine zumindest stillschweigende Willensübereinstimmung hinsichtlich der in Frage stehenden Wettbewerbsbeschränkung vorliegen, damit die Maßnahme als „sonstige“ i.S.d. Art. 101 AEUV verboten ist798. Beispiele sind Vorabermächtigungen im Händlervertrag für nachträgliche Ergänzungen799 oder einseitiges Handeln mit der Erwartungshandlung einer Folgepflicht800, insb., wenn nachträgliche Kontrollen erwartungsgemäßes Verhalten unterstreichen. Solche Kontrollen sind aber keine Voraussetzungen des Verstoßes gegen Art. 101 AEUV801. Dies hat die Kommission nachzuweisen802. Wettbewerbsbeschränkungen, die für das Funktionieren eines Franchisesystems unerlässlich sind, bleiben von dem Verbot des Art. 101 AEUV ausgenommen803, insb. solche, mit denen die Weitergabe von Know-How oder Unterstützungsleistungen des FG verhindert werden sollen804 oder die für die Identität und das Ansehen des Systems erforderlich sind805. Dazu sollen auch Vorschriften über die Präsentation bzw. Benachteiligung von Fremdprodukten zählen806. Auf die Unwirksamkeit nach Art. 101 AEUV darf sich jede Vertragspartei berufen807. Sie ist auch von Schiedsgerichten zu beachten808. AGB-Klauseln, welche die Wettbewerbsfreiheit eines Vertragspartners entgegen Art. 101 AEUV beschränken, sind nicht nur gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV, sondern ferner nach § 307 BGB unwirksam809. Da es sich bei Art. 101 AEUV um einen Teil des „ordre public“ handelt, darf eine Nichtbeachtung nationalen oder europäischen Kartellrechts durch ausländische Gerichte und Schiedsgerichte deren Urteilen entgegengehalten werden810. Soweit das Schiedsgericht kartellrechtliche Einwendungen geprüft hat und zu einem plausiblen Ergebnis gelangt ist, ist die erneute umfassende Prüfung dieser Einwände im Anerkennungsverfahren unzulässig811. bb) Wettbewerbsverhältnis. Es muss eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfäl- 100 schung des Wettbewerbs bestehen. Unternehmer und Mittler können sich auch als Wettbewerber gegenüberstehen. Zum einen sind sie rglm. potentielle Wettbewerber812, was 797 798

799

800

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802 803

Simon EWS 2010, 497 (499). Simon EWS 2010, 497 (499); Wertenbruch EWS 2004, 145; Kamann/Bergmann EWS 2004, 151. EuGH, Urt. v. 13.07.2006 – Rs. C 74/04, Slg. 2006, I 6585 = EWS 2006, 365; Simon EWS 2010, 497 (499). EuG, Urt. v. 26.10.2000 – Rs. T 41/96, Slg. 2000, II 3383 = EWS 2001, 121; Simon EWS 2010, 497 (499). EuGH, Urt. v. 10.2.2011 – C-260/09 P Activision Blizzard Germany GmbH ./. Europäische Kommission [NINTENDO], GRUR Int. 2011, 320. Simon EWS 2010, 497 (499). EuGH, Urt. v. 28.01.1986, NJW 1986, 1415; siehe hierzu Bunte NJW 1986, 1406; Neumann RIW 1985, 612; Skaupy WuW 1986, 445; Kevekordes BB 1987, 74; Joerges ZHR 151 (1987), 195; Flohr BB 2009, 2159 (2161).

804 805 806 807 808 809

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Flohr BB 2009, 2159 (2161). Flohr BB 2009, 2159 (2161). Flohr BB 2009, 2159 (2163). EuGH GRUR 2002, 367. Karsten Schmidt zit. nach Heukamp SchiedsVZ 2006, 95. BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz); Zusammenfassung des Urteils bei Emde BB 2005, 389 (391). Thüringer OLG, Beschl. v. 08.08.2007 – 4 ScH 3/06, WuW DE-R 2008, 119 = WuW 2008, 353; C.A. Paris, 18.11.2004, JCP.Ed.Gen. 2005, 570; hierzu Niggemann SchiedsVZ 2005, 265. Thüringer OLG, Beschl. v. 08.08.2007 – 4 ScH 3/06, WuW DE-R 2008, 119 = WuW 2008, 353. Wiemer WuW 2009, 750 (751).

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u.U. genügt (Tz 27 LL). Vor allem aber stehen sie – jedenfalls bei zulässigem Direktvertrieb des Unternehmers im Vertriebsgebiet – in aktuellem (Rest)Wettbewerb813. Verbietet der Unternehmer dem Mittler aktiven Vertrieb in bestimmten Gebieten oder zu bestimmten Kundengruppen, darf der passive Vertrieb dem Mittler gem. Art. 4 lit. b GVO 330/10 nicht untersagt werden. Beide Vertragspartner bleiben Wettbewerber814. Verspricht der Unternehmer dem Mittler, was kartellrechtlich zulässig ist, vollkommene Exklusivität oder beliefert er nur Kunden, die sein Mittler faktisch oder rechtlich nicht bedienen kann, kommt es auf den Einzelfall an, ob die Parteien potentielle, zukünftige Wettbewerber sind. Bei sehr langfristigem Vertrag, nicht zu erwartendem künftigen Wettbewerb und vor Vertragsschluss fehlendem Wettbewerb kann ausnahmsweise ein Wettbewerbsverhältnis abzulehnen sein815.

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cc) Spürbarkeit der Wettbewerbsklausel. Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 101 AEUV ergibt, verstoßen nur solche Wettbewerbsbeschränkungen gegen Art. 101 AEUV, die zu einer „spürbaren“ Einschränkung des Wettbewerbs führen816. Vertriebsverträge sind oft erst dann geeignet, den zwischenstaatlichen Handel spürbar zu beschränken, wenn sie in ein Netz gleichartiger Verträge eingebunden sind (Bündeltheorie)817. Zur Konkretisierung818 des Merkmals der Spürbarkeit hat die Kommission die „Bagatellbekanntmachung“ (oder: de minimis-Bekanntmachung) erlassen819. Sie verneint Spürbarkeit, sofern bei vertikalen Vereinbarungen auf dem sachlich-räumlich relevanten Markt820 15 % Marktanteil nicht überschritten werden821 und eine Kernbeschränkung fehlt822. Die Kernbeschränkungen der Ziff. 11 der Bagatellbekanntmachung entsprechen Art. 4 lit. b GVO 330/10, so dass die Bagatellbekanntmachung nicht hilft, wenn die Freistellung des Verbots des Verkaufs außerhalb des zugewiesenen Gebiets erstrebt wird. Sachlich relevant soll nach einer Ansicht der Markt sein, auf dem sich der Unternehmer Vertriebsmittler (im entschiedenen Fall selbständiger HV) bedient823, also um deren Tätigkeit konkurriert. Nach zutreffender Auffassung richtet er sich nach der Austauschbarkeit der in Frage stehenden Waren aus der Sicht der Marktgegenseite824. Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen mit der Lieferung der relevanten Erzeugnisse oder Dienstleistungen beschäftigt und in denen die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind825. Bei großen Mittlern wird der räumlich rele813 814 815 816

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Wiemer WuW 2009, 750 (751). Wiemer WuW 2009, 750 (752). Wiemer WuW 2009, 750 (752). Ebenroth/Lange vor § 84 Anhang II Rn 3; EuGH, Slg. 1966, 281, 306; Slg. 1969, 295, 302; Terhechte EWS 2002, 66; Ebenroth/ Lange vor § 84 Anhang II Rn 3; Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 3; bei vertikalen Verträgen fehlt Spürbarkeit, wenn der Marktanteil auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt 15% (bis 2001: 10%) unterschreitet und keine Kernbeschränkung vorliegt, siehe Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gem. Art. 81 Abs. 1 EG nicht spürbar beschränken, ABl. 2001 Nr. C 368, S. 13 ff; hierzu Terhechte EWS 2002, 66; Altfassung ABl. EG v. 09.12.1997, Nr. C 372, S. 13 ff.

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Schröter in: Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 81 Abs. 1 Rn 2000. Terhechte EWS 2002, 66; Ebenroth/Lange vor § 84 Anh. II Rn 4. Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1214. Siehe Fritzemeyer BB 2002, 1658, 1660. Rn 9 der LL zur GVO 330/10; Rn 7 lit. b der Bagatellbekanntmachung 2001. Zusammenfassend Terhechte EWS 2002, 66. LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde). Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 43. Leitlinien für vertikale Beschränkungen, ABlEG Nr. C 291 vom 13.10.2001, 1 (Rn 90).

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vante Markt umfangreicher sein als bei kleinen, da erstgenannte eher bereit sein werden, ihre Vermittlungsbemühungen in einem größeren Umkreis zu organisieren826. Auch wenn diese Marktanteilsschwelle überschritten wird, ist es im Einzelfall möglich, dass der Wettbewerb nicht spürbar beschränkt ist827. Denn die Bagatellbekanntmachung gibt nur Erfahrungswerte wieder, präjudiziert die europäische Gerichtsbarkeit jedoch nicht, in anderen Fällen Spürbarkeit abzulehnen828. Greift die Bagatellbekanntmachung nicht ein, etwa weil eine Kernbeschränkung berührt ist, soll Spürbarkeit bei einem Marktanteil der betroffenen Unternehmen von 5 % vorliegen829. Auch Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unternehmen830 führen zu keiner Spürbarkeit831, sofern die in der Anlage zur Bekanntmachung genannten Schwellenwerte nicht überschritten werden832. Die Kommission geht von mangelnder Spürbarkeit aus, wenn der gemeinsame Marktanteil der betroffenen Unternehmen 5% (bei einem Korridor von plus 2 % in 2 aufeinanderfolgenden Jahren) sowie einen Umsatz von höchstens 50 Mio. EUR (plus maximal 10 % in 2 aufeinanderfolgenden Jahren) oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. EUR nicht überschreitet. Soweit KMU betroffen sind besteht eine generelle Ausnahme vom Kartellverbot. dd) Zwischenstaatlichkeitsklausel. Voraussetzung des Verbots des Art. 101 AEUV ist 102 die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten (Zwischenstaatlichkeitsklausel). Dazu muss die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung unmittelbar oder mittelbar geeignet sein, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten auf eine Weise zu gefährden, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann833. Zunächst muss festgestellt werden, ob der Handel zwischen den Mitgliedstaaten 103 betroffen ist. Dies ist der Fall, wenn die in Rede stehende Vereinbarung „Außenwirkung“ auf den zwischenstaatlichen Handel entfalten kann. Eine Außenwirkung liegt in aller Regel vor, sofern Unternehmer verschiedener Mitgliedstaaten an der Vereinbarung beteiligt sind. Es kann aber ausreichen, wenn die Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen eines Mitgliedstaates getroffen wird, sich aber auf das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates bezieht, da es einen wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes darstellt834. Der EuGH hat wiederholt entschieden, dass es für die Außenwirkung genügt, wenn ein wesentlicher Teil des gemeinsamen Marktes betroffen ist. So betrifft etwa eine ausschließlich auf das Gebiet von Luxemburg bezogene Vereinbarung einen wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes835. Dass einer der Vertragspartner in einem Drittland

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 613. Ebenroth/Lange vor § 84 Anhang II Rn 4. Terhechte EWS 2002, 66 (69). LG Frankfurt/Main, Urt. v. 15.11.2002 – 3-11 O 87/02, EWiR 2003, 573 (Emde). Siehe Definition von kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG) vom 20.05.2003; Altfassung Anh. zur Kommissionsempfehl. 96/280/EG, ABl. 1996 Nr. L 107/8; zur Erhöhung der Schwellenwerte DB 2002, 312; siehe auch die Mitteilung in EuZW 2001, 739; vgl. auch Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1214.

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Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1207 f). Vgl. DB 2002, 312; siehe auch die Mitteilung in EuZW 2001, 739. EuGH, Slg. 1966, 322, 389; Slg. I-1997, 4411,4412; Giesler/Nauschütt § 2 Rn 13. EG-Kommission, Entsch. v. 11.06.2002, COMP/36.571/D-1 – Lombard Club, WuW/E 2004, 823 = EU-V 949; EuGH, Slg. 1992 II – 1995 (1998 ff) Rn 57; Giesler/ Nauschütt § 2 Rn 14. EuG, Urt. v. 27.07.2005, Rs. T-49/02 bis T-51/02-Prasserie nationale/Kommission, WuW 2005, 1311-EU-R 9/67.

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sitzt, führt nicht notwendigerweise zur Unanwendbarkeit des Art. 101 AEUV836: Schließt ein Unternehmer eines Mitgliedsstaates einen Vertrag mit einem Unternehmer eines Drittstaats, kann Art. 101 AEUV verletzt sein, falls Reimporte in die Gemeinschaft realistischerweise zu erwarten sind und behindert werden837. Die Verpflichtung in einem Vertriebsvertrag, aus einem Nicht-EU-Staat keinesfalls in die EU zu exportieren, kann folglich den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten – je nach bestehender Marktstruktur und nach Position, Produktion und Verkauf des Lieferanten im Gemeinschaftsmarkt und vorausgesetzt, dass Preisunterschiede den Reimport realistisch erscheinen lassen – beeinträchtigen838. Voraussetzung ist aber eine Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung. Deshalb ist es im Grundsatz richtig zu sagen, Art. 101 AEUV und auch die GVO gälten nicht für vertikale Vereinbarungen mit Vertriebspartnern außerhalb der EU bzw. des EWR839. Dagegen ist nicht erforderlich, dass die Beeinträchtigung des Handels zwischen den 104 Mitgliedstaaten nachgewiesen wird. Ausreichend ist die konkrete Gefahr der Beeinträchtigung. Die Voraussetzungen der Zwischenstaatlichkeitsklausel sind also nur dann nicht erfüllt, wenn nach allen objektiven, rechtlichen oder tatsächlichen Umständen ausgeschlossen werden kann, dass die zur Prüfung stehende Vereinbarung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann. Lässt sich das nicht feststellen, ist eine Abwägung der Gesamtumstände erforderlich840. ee) Art. 101 Abs. 3 AEUV

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(1) Einleitung. Mit der Verabschiedung der Kartellverfahrensordnung (EG) Nr. 1/2003 vom 16.12.2002841 gilt seit 01.05.2004 ein neues Kartellverfahrensrecht. Zum Übergangszeitraum und den Wirkungen vorheriger Einzelfreistellungen vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097, 1099 = EWiR 2007, 547 (Emde). Nach der VO Nr. 17/62 waren lediglich Art. 101 Abs. 1 und 2 AEUV unmittelbar anwendbar: Falls für eine Vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV vorlagen, so bedurfte es eines positiven Aktes der Freistellung, und zwar entweder durch GVO – die Vereinbarung war freigestellt, wenn sie sich unter die Voraussetzungen einer solchen GVO subsumieren ließ – oder durch Einzelfreistellung, also mittels Entscheidung der Kommission842. Gemäß Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 sind Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV, welche den TB des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen, jetzt verboten, ohne dass dies des Ausspruchs in einer Entscheidung bedarf. Art. 101 Abs. 3 AEUV ist damit als Legalausnahme zu verstehen, mit der Folge, dass die Vorschrift „ipso iure“ unmittelbar anwendbar ist. Im Einklang mit dem Wortlaut des Absatzes wurde bis 01.05.2004 eine unmittelbare Wirkung des Art. 101 Abs. 3 AEUV abgelehnt. Die Erfüllung der TB-Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV führte also bis zu diesem Tag nicht „ipso iure“ zum Wegfall des Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV. Seit dem 01.05.2004 kann ein Vertriebssystem unmittelbar nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zulässig sein, obwohl die Anwendungsvoraussetzungen einer

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EuGH, Urt. v. 25.11.1971 – Rs 22/71 – Beguelin, Slg 1971, 949. Komm. ABl. 1964, Nr. 58 S 915/64; ABl. 1968, L 276, S. 25/28; ABl. 1977, L 30, S. 10, 14; ABl. 1978, L 550, S. 16, 24; Schröter in: Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht Art. 81 Abs. 1 Rn 205; Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1660). Gippini-Fournier in: Loewenheim/Meessen/

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Riesenkampff, Kartellrecht, Europäisches Recht, Art. 81 Abs. 1 Rn 196. Creutzig EG – Gruppenfreistellungsverordnung für den Kraftfahrzeugssektor, Rn 721. Giesler/Nauschütt § 2 Rn 16. ABlEG Nr. L 1 v. 04.01.2003, S. 1. Weitbrecht Beilage zu NJW Heft 8/2003; ders., EuZW 2003, 69 (70).

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GVO nicht erfüllt sind843. Es bedarf keines besonderen Freistellungsaktes in Form einer Einzelfreistellung; eine solche kann auch nicht mehr erlangt werden844. Jeder den Wettbewerb beschränkenden Vereinbarung kann eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zukommen845. Folglich hat der BGH in seiner Entscheidung v. 28.06.2005846 geurteilt, die Nichterfüllung der in der GVO genannten Freistellungsvoraussetzungen führe seit Wirksamwerden der VO 1/2003 ab 01.05.2004 zu keiner automatischen Nichtigkeit der Verträge. Denn die Nichtigkeit setzt zudem die Nichterfüllung der TB-Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV voraus. Ob Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 dem Wortlaut des Art. 101 Abs. 3 AEUV widerspricht, der ausdrücklich eine „Nichtanwendbarkeitserklärung“ fordert, ist noch nicht ausdiskutiert. Formal könnte man argumentieren, Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 enthalte eine solche Erklärung oder Freistellung und sei damit die weiteste Form einer GVO847. Andererseits spricht manches dafür, dass die Freistellung in Einzelfällen für begrenzte Bereiche erteilt werden muss, weil sonst Art. 101 Abs. 3 AEUV von vornherein als Legalausnahme von Art. 101 Abs. 1 AEUV hätte formuliert werden müssen, was jedoch unterblieb. Der VO hat damit möglicherweise den Wortlaut des Art. 101 Abs. 3 AEUV überschritten und sich der von ihm geforderten Einzelfallentscheidung oder der differenzierten Gruppenbildung enthoben848. Nach Art. 101 Abs. 3 AEUV können Vereinbarungen, deren Nutzen – etwa auf Grund 106 einer Effizienzsteigerung849 – so groß ist, dass sie die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Vereinbarung überwiegen, von dem Verbotstatbestand freigestellt werden. Aus der Unvereinbarkeit einer Klausel mit der GVO folgt mithin nicht mehr zwingend die Nichtigkeit nach Art. 101 AEUV; die Legalprüfung erfolgt nicht mehr abschließend in den Freistellungstatbeständen der GVO. Vielmehr muss in einem weiteren Schritt geprüft werden, ob die Klausel nach der Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV wirksam ist850. Der Unternehmer hat also die Möglichkeit, das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV im Einzelfall zu beweisen851. Nach Abs. 3 könnte auch ein Verhalten freigestellt sein, wenn jenes zwar nicht nach der aktuellen, sondern einer Alt-GVO freigestellt war – vorausgesetzt dafür gab es keinen zwingenden Grund. Unternehmen sowie nationale Kartellbehörden und Gerichte sind ermächtigt und verpflichtet, selbst zu prüfen, ob Vereinbarungen die vier Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen und deshalb nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen852. Die „Selbstveranlagung der Unternehmer“853 führt zur Rechtsunsicherheit854. Helfen konnte früher ein „Comfort letter“, mit dem die Kommission mitteilte, dass für sie derzeit kein Anlass zu einem Einschreiten bestehe. Anstelle des „Comfort letter“ und der Negativatteste ist der sogenannte „Guidance-letter“ getreten, welcher ein Beratungsschreiben mit einer informellen Stellungnahme der Kommission zu neuartigen Fragen im Zusammenhang mit Art. 101, 102 AEUV enthält.

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Schumacher WuW 2005, 1222 (1224/1225); BGH, Urt. v. 13.07.2004, „Citroen“. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383; Niebling WRP 2010, 1454 (1455). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C-439/09, Rn 64. BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57. Weitbrecht EuZW 2003, 69 (70). Vgl. Karsten Schmidt BB 2003, 1237; aA Weitbrecht EuZW 2003, 69 (70). Leitfaden zur GVO 1400/02, Einl., S. 7. BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04,

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WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Urt. v. 13.07.2004 „Citroen“ – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C-439/09, Rn 64; Rheinländer WRP 2005, 285; Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). ABlEG Nr. L 1 v. 04.01.2003, S. 1. Funke/Just DB 2010, 1389; Malec/ von Bodungen BB 2010, 2383. Schumacher WuW 2005, 1222 ff.

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GVOs, die vor dem 01.05.2004 als „gebündelte Einzelfreistellungen“855 angesehen werden konnten, und bestimmte typisierte Vertragsmuster summarisch vom Kartellverbot ausnehmen856 (zu ihnen Rn 126 ff.) sind damit nicht überflüssig geworden. Zu Unrecht wird bezweifelt, ob neben der Freistellung nach der GVO noch Raum für eine Anwendung der Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV bleibt. Die konkretisierende Wirkung der GVO schließt die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht aus857. Vielmehr stellen GVOs innerhalb ihres Anwendungsbereiches klar, dass die Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV eingreift858. Die Freistellung hat derjenige darzulegen und zu beweisen, der sich auf sie berufen will859. Schumacher860 bezeichnet die GVOs als „rechtlich verbindliche Konkretisierungen“ der spezifischen Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV. Sie haben allerdings keinen rechtsgestaltenden sondern lediglich feststellenden Charakter861, besitzen also für die Praxis als speziellere Norm „Prüfungsvorrang“ vor Art. 101 Abs. 3 AEUV862. Nur wenn eine GVO hinter den Regelungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV zurückbleibt, ist gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV zu prüfen. Da europäische Gerichte nicht an GVOs gebunden sind wird für sie Abs. 3 vorrangig bleiben. Geht die GVO über die Regelungen des Abs. 3 EG hinaus, bleibt die GVO anwendbar863, bindet die europäischen Gerichte aber nicht. Materiellrechtlich auf Grundlage des Art. 101 Abs. 3 AEUV ergangene GVOs bilden jedoch generelle Normen sowie Gesetze im materiellen Sinne, die nach Art. 288 AEUV in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gelten864 sowie nationale Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten in kartellrechtlichen Fragen binden865. Will das nationale Gericht von einer GVO abweichen, ergibt sich die Vorlagepflicht an den Gerichtshof aus Art. 267 AEUV866. Zivilrechtlich durchsetzbare Rechte und Pflichten zwischen den Vertragsparteien be108 gründen GVOs nicht867. So ergibt sich etwa aus der Kfz-GVO 1400/02 kein gesetzlicher Direktanspruch eines Fahrzeugkäufers gegenüber einem Vertragshändler auf Erbringung von Vertragsleistungen aus einer Herstellergarantie bezüglich eines aus dem EU-Ausland reimportierten Fahrzeugs868. Rechtsfolge der Nichteinhaltung einer GVO ist lediglich das Entfallen der Freistellung869. Die Regelung in einem Vertriebsvertrag wird aber im Zweifel GVO-konform auszulegen sein. Denn die Parteien werden ein Verständnis vermeiden wollen, welches eine Freistellung verhindert870, jedenfalls, wenn es nicht verwenderfeind-

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Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687). Schulte WRP 2005, 1500 (1502). AA Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1750. Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09, Rn 66; BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109, 111 unter II 2 b; Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687). LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382). WuW 2005, 1222 (1224/1225). Bechtold WuW 2003, 343; aA wohl Karsten Schmidt BB 2003, 1237 (1241). Wagner WRP 2003, 1369 (1378). Wagner WRP 2003, 1369 (1378). Wagner WRP 2003, 1369 (1372); Schulte, WRP 2005, 1500, 1502; Baron WuW 2006, 358 ff.

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EuGH, Urt. v. 28.02.1991, Rs. C-234/89 „Delimitis“, Slg. 1991, I-935 Rn 46; Schumacher, Recht des Kfz-Vertriebs in Europa, S. 11. EuGH, Urt. v. 11.12.1980, Rs. 31/80, Slg. 1980, 3775 Rn 13 f; zur Vorlagepflicht: EuGH, Urt. v. 06.10.1982, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415; vgl. Schumacher Recht des KfzVertriebs in Europa, S. 17/18. BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde). OLG Stuttgart, Urt. v. 26.03.2008 – 3 O 93/07, EuZW 2008, 772. EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/ Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113; Wegner/Schroeder EuZW 2007, 115. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.01.2009 – 11 U 49/08, BBL 2009-337-3,

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lich zu verstehen ist. Zudem können die in einer GVO genannten Beispiele freigestellter Klauseln Leitbildwirkung bei ähnlichen Gestaltungen entfalten871. Für den spiegelbildlichen Fall – die GVO stellt die Klausel nicht frei – wird eine Leitbildwirkung für die Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV abgelehnt872. Nach Ansicht von Baron873 besitzen die GVOs auch nach Einführung der VO 1/2003 neben der VO 1/2003 gleichen Rang. Sie blieben nach dieser Ansicht durch die Einführung der VO 1/2003 unberührt. Ist eine Freistellung entweder aus der VO 1/2003 oder aus einer GVO zu bejahen, schließt dies die Anwendung der anderen Regelung nicht aus. Im Ergebnis gilt die jeweils weitergehende Freistellung, wie umgekehrt im Falle der Verbotskonkurrenz ohne ausdrückliche gegenteilige Freistellung das jeweils weitergehende Verbot maßgeblich ist. Für die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV sind spürbare objektive Vorteile Vor- 109 aussetzung874. Faktoren, die für die Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV relevant sind, hat die Kommission in den Tz 122 ff LL zur GVO 330/10 beschrieben. Betont wird insbesondere das Erfordernis von Effizienzgewinnen (Tz 122, 145 LL)875. Erwartet werden substantiierte Angaben hinsichtlich Art, Ursache, Wahrscheinlichkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Effizienzgewinne876. Die Kommission877 betont, auch Vertriebsvereinbarungen könnten zu qualitativen Effizienzgewinnen führen. So könnten spezialisierte Vertriebshändler Dienstleistungen erbringen, die besser auf die Bedürfnisse der Kunden abgestellt sind, die Auslieferung beschleunigen oder eine erhöhte Qualitätssicherung in der Vertriebskette anbieten (zu selektiven Vertriebssystemen Rn 120 ff). Gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV soll beispielsweise der Erhalt des technisch komplexen Produktes Kfz, die Vermeidung von Umweltschäden, die Schaffung von Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund der hohen Anzahl der Händlerinsolvenzen und das Interesse an der Exklusivhaltung von Luxusartikeln vorteilhaft i.S.d. Art. 101 Abs. 3 AEUV sein878. Schulte879 hält eine nach h.M. gemäß Art. 101 AEUV unzulässige Preisbindung880 wegen der positiven Wirkungen auf den Wettbewerb nach Art. 101 Abs. 3 AEUV für zulässig, wenn sie innerhalb einer Verbundgruppe mittelständischer Unternehmen – etwa zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer – vereinbart wurde und die Preisbindung, z.B. durch gemeinsame Werbeaktionen, den Wettbewerb zu Großunternehmen erleichtert. Wenn eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 GVO 330/10 erfüllt ist, begründet dies keine Vermutung, dass

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www.betriebs-berater.de (insoweit in BB 2009, 337 nicht abgedruckt) = NJOZ 2009, 794 = GRUR-RR 2009, 325 (LS). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1750; Bechtold WuW 2003, 343. Schulte WRP 2005, 1500 (1502). WuW 2006, 358 ff. St. Rspr. des EuGH, u.a. v. 13.07.1966, Rs. 56 und 58/64. Tz 122 LL; Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 19. Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 19. Leitlinien der Kommission über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags (2004/C 101/07) vom Y27.04.2004, Rn 72. Schumacher WuW 2005, 1222 (1229/1230).

879 880

WRP 2005, 1500 ff. Schulz-Süchting in: Münchener Vertragshandbuch, Band 3, Wirtschaftsrecht II, IV. 2, Anm. 13; Jestaedt in: Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, Band 1, 9. Aufl., Art. 81, Fallgruppen Rn 272; Pagenberg/Geissler Lizenzverträge, 4. Aufl., S. 150, Rn 205; Gleiss/ Hirsch Kommentar zum EG-Kartellrecht, Band 1, 4. Aufl., Art. 85, Rn 297, Rn 1539; Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, 2003, Art. 81 – Fallgruppen: Liefer- und Bezugsvereinbarungen, Rn 11; 80, 210 ff; Art. 4 lit a GVO 2790/99, Art. 4 Abs. 1 lit a GVO 772/2004; von Falck/Schmaltz in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2005, GVO-Technologie Rn 40; Baron a.a.O., GVO Vertikal, Rn 164;

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die Vereinbarung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt881. Nach a.A. ist dann die Erfüllung der Kriterien der Art. 101 Abs. 3 AEUV unwahrscheinlich882. (2) Fallgruppen:

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(a) Verbesserung der Warenerzeugung. Bei der Freistellung eines selektiven Vertriebssystems wurde die Begründung, es beinhalte ein stabilisierendes Element für die Erhaltung von Arbeitsplätzen als Verbesserung der allgemeinen Bedingung der Warenerzeugung gerade unter den Voraussetzungen einer ungünstigen Wirtschaftskonjunktur vom EuGH aufrechterhalten883. Auch in einem mit einem Markenlizenzvertrag verbundenen Wettbewerbsverbot wurde nicht nur eine Verbesserung der Warenverteilung gesehen, sondern auch der Warenerzeugung884. Das ist zweifelhaft. Entständen mehr Verkaufsstellen, gäbe es auch mehr Arbeitsplätze.

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(b) Verbesserung der Warenverteilung. Der EuGH hat in der Erhaltung des Fachhandelsvertriebs für beratungsintensive Produkte (Farbfernseher) einen objektiven Vorteil gesehen885. Tatsächlich darf der selektive Vertrieb eher als „wettbewerbsdämpfend“ betrachtet werden, da sich Händler nur mit einer begrenzten Zahl von Konkurrenten auseinandersetzen müssen, die gleichen Bedingungen wie sie selber unterliegen886. Die Verpflichtung der Alleinvertriebshändler zum Alleinbezug, zum Unterlassen von Konkurrenz und von aktivem Wettbewerb außerhalb des zugewiesenen Gebiets887 sowie von Vertriebsmittlern zur Absatzförderung, zur Nutzung des Warenzeichens oder einer bestimmten Ausstattung, sollen demgemäß von Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt sein888.

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(c) Förderung des technischen Fortschritts. Das Eingreifen dieser Fallgruppe ist bei vertriebsrechtlichen Wettbewerbsbeschränkungen nur schwer vorstellbar, allenfalls bei hoch technisierten Produkten.

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(d) Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts. Zu denken ist hier insbesondere an eine Rentabilitätssteigerung oder die Sicherheit der Versorgung889.

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(e) Gewinnbeteiligung der Verbraucher. Die Versorgung der Verbraucher mit einem breiten Angebot qualitätsvoller Produkte zu günstigen Preisen gehört zu den Zielen des Wettbewerbsrechts890. Für das TB-Merkmal „Gewinnbeteiligung der Verbraucher“ ist entscheidend, ob ein ausreichender Wettbewerbsdruck unter den an den wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen beteiligten Unternehmen erhalten bleibt. Der Wettbewerbsdruck muss in der Regel von Mitbewerbern ausgehen891. Eine Beschränkung wird

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 566; Kahlenberg BB 2004, 391; Schulte WRP 2005, 1500 (1502). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C-439/09, Rn 28. Ensthaler NJW 2007, 815 (816). EuGH, Urt. v. 25.10.1977 – Rs. 26/76 – Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875, 1915, Rn 43. EuGH, Urt. v. 28.02.2002, Fußn. 13, II-352 = f, Rn 352, 353; Kommission, Entscheidung v. 21.12.1994, Rs. IV/33218, ABl. 1994 L 378/17, 29 Rn 109 und 32, 140. EuGH, Urt. v. 22.10.1986, Rs. 75/84, Slg. 1986, 3074, 3088, Rn 54.

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Mäsch ZIP 1999, 1507 (1508). Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 207. Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 207. Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 23. Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 25. Kommission, Entscheidung v. 22.07.1969, Rs. IV/26625, ABl. 1969 L 195/1, Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 26.

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meist gewählt, um Wettbewerb auszuschalten. Eine angemessene Gewinnbeteiligung der Verbraucher ist bei ihr überwiegend nicht erkennbar. ff) Prüfungsreihenfolge. Sind die TB-Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllt, ist eine in einem Vertriebsvertrag enthaltene Wettbewerbsbeschränkung nur dann zulässig, falls sie entweder gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO 1/2003, vor Erlass der VO 1/2003 durch eine Einzelfreistellung892 bzw. eine aufgrund der generellen Ermächtigung der VO Nr. 19/65893 erlassene GVO894 gestattet wird895. Zunehmend bedient sich die Kommission auch reiner Bekanntmachungen in Form der Leitlinien896, um ihre zukünftige Entscheidungspraxis nach außen zu tragen. Die kartellrechtliche Prüfungsreihenfolge in Vertriebsfällen stellt sich daher wie folgt dar897: 1. Greift das grundsätzliche Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden gemäß Art. 101 AEUV ein? 2. Gibt es Ausnahmen von diesem Verbot, z.B. a) wegen fehlender Spürbarkeit, insbesondere konkretisiert898 in der für Gerichte allerdings nicht bindenden899 Bagatellbekanntmachung900 oder bei Vertragsschluss zwischen kleinen und mittleren Unternehmen gemäß Anhang zur Kommissionsempfehlung ABl. v. 20.05.2003 L124/36 b) gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO 1/2003 c) einer GVO, insbesondere der GVO 330/10 und den sie erläuternden Leitlinien? Meist wird zuerst das Eingreifen einer GVO geprüft, da dies mit dem geringsten Aufwand festzustellen ist901. Handelt es sich bei dem Mittler gemäß den Leitlinien zur GVO 330/10 um einen echten HV, greift das Kartellverbot des Art. 101 AEUV nicht ein902 d) durch die Bagatellbekanntmachung 2007 des BKartA903? Der EuGH darf sich nur auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zum Gemeinschaftsrecht äußern. Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf einen konkreten Fall anzuwenden904. Im Grundsatz ist von der Unzulässigkeit aller den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigenden und spürbaren Wettbewerbsbeschränkungen auszugehen, soweit Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO 1/2003, Bagatellbekanntmachung, Einzelfreistellung, GVOs (einschließlich der GVO 330/10) oder Leitlinien nicht freistel892 893

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898

Hierzu Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 9 ff. VO v. 02.03.1965, ABl 1965 Nr. 36/533 i.d.F. der VO v. 10.06.1999, ABl. 1999 Nr. L 148/1. Siehe Roniger, Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 12. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203. Weitbrecht EuZW 2002, 581. Weiß EWS 2010, 257 hält die Leitlinien für eine Verletzung des Art. 290 AEUV. Tz 110 LL; Emde WRP 2005, 1492 (1494); Emde BB 2002, 949; siehe auch Jacobsen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1179 mit ähnlichem Prüfungsschema. Terhechte EWS 2002, 66; Ebenroth/Lange vor § 84 Anh. II Rn 4.

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Terhechte EWS 2002, 66 (69). Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gem. Art. 81 Abs. 1 EG nicht spürbar beschränken, ABl. 2001 Nr. C 368, S. 13 ff; Altfassung ABl. EG v. 09.12.1997, Nr. C 372, S. 13 ff; hierzu Giesler/Nauschütt § 2 Rn 17 ff; zur neuen Bagatellbekanntmachung Terhechte EWS 2002, 66. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481). Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1179. Vgl. zu ihr Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (443), Rn 28.

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len. Die Nichtigkeit nach Art. 101 AEUV muss die Partei oder Behörde beweisen, die sich auf sie beruft (Art. 2 VO (EG) 1/2003). Der Beweis, dass die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV oder der Freistellung nach einer GVO vorliegen, obliegt dem Unternehmen, das sich auf diese Bestimmung beruft (Art. 2 VO (EG) 1/2003)905.

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gg) Umfang der Nichtigkeit. Die Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV erfasst nur die von dem Verbot nach Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Teile. Nur wenn sie nicht von der Vereinbarung insgesamt zu lösen sind, führt dies zur Gesamtnichtigkeit906. Können die betreffenden Teile von der Vereinbarung gelöst werden, so sind die Auswirkungen der Nichtigkeit auf die übrigen Bestandteile des Vertrages oder auf andere vertragliche Verpflichtungen nach nationalem Recht zu beurteilen907, ebenso, ob eine geltungserhaltende Reduktion möglich ist908. Das Schicksal des Gesamtvertrages im Falle der Unwirksamkeit seiner wettbewerbsbeschränkenden Teile bestimmt sich nämlich nach nationalem Recht909. Sofern nicht lediglich eine Klausel untergeordneter Bedeutung nichtig ist, führt die Teilnichtigkeit in Individualverträgen gemäß § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages910, wobei aber nach dem Schutzgedanken des Mittlerrechts uU die Grundsätze des faktischen Vertrages gelten (vgl. § 84 Rn 90). Bei AGB ist § 306 Abs. 1 BGB anwendbar911 und vorrangig912, so dass ohne erschwerende Tatumstände lediglich die Unwirksamkeit der unzulässigen Klausel und keine Gesamtnichtigkeit des Vertrages eintritt913. Gesamtnichtigkeit entsteht hier gemäß § 306 Abs. 3 BGB nur dann, wenn das Vertragsgleichgewicht infolge der Unwirksamkeit der inkriminierten Klausel grundlegend gestört wird914. Gemeint sind Fälle des Vertragsungleichgewichts, die unter dem Gesichtspunkt des § 313 Abs. 1 BGB (WGG) relevant wären915. Das gilt auch, falls sich die Unwirksamkeit nicht aus den §§ 307–309 BGB sondern aus anderen Vorschriften ergibt, etwa sofern einzelne Klauseln wegen Verstoßes gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften unwirksam sind916. §§ 139, 306 Abs. 3 BGB dürfen als dispositives Recht durch eine salvatorische Klausel abbedungen werden, sofern nicht Sinn und Zweck des Art. 101 AEUV Gesamtnichtigkeit trotz salvatorischer Klausel fordert, z.B. weil sich durch die Teilnichtigkeit der Charakter des Vertrages erheblich verändern würde917. Ob ein Unter905 906

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Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 27 ff. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 = WuW EU-R 1475, 447, Rn 78. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441, 447 = WuW EU-R 1475, Rn 79; Urt. v. 18.12.1986, VAG France, 10/86, Slg. 1986, 4071, Rn 14, 15; Urt. v. 30.11.2006 – Brünsteiner und Autohaus Hilgert, C-376/05 und C-377/05, Slg. 2006, I-11383, Rn 48. Weidenbach/Mühle EWS 2010, 353 (358). EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441, 447 = WuW EU-R 1475, Rn 75; Rittner DB 2000, 1211 (1212); Ebenroth/Lange vor § 84 Anh. II Rn 6. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203; Wendel WRP 2002, 1395 (1399); Emde WRP 2005, 1492 (1500); Emde MDR 2006, 301; aA für HV-Verträge Hopt § 86 Rn 11.

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BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Wendel WRP 2002, 1395 (1399); Hopt § 86 Rn 11. BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). Emde MDR 2006, 301. Siehe BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Beschl. v. 26.07.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS); BGHZ 130, 150 (155); OLG München, Urt. v. 26.06.2002, BB 2002, 2521 = OLGR 2003, 113. Emde MDR 2006, 301. BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). Wendel WRP 2002, 1395 (1398); Emde MDR 2006, 301. Das wird etwa angenommen, wenn ein auf 10jährige Dauer geschlos-

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Vor § 84

nehmer auf eine vertraglich vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung wirksam durch einseitige Erklärung verzichten kann, muss dass nationale Gericht prüfen918. Die Ersetzungsklausel innerhalb einer salvatorischen Klausel ist regelmäßig dahin zu verstehen, dass die Parteien die nichtige Bestimmung zur GVO-Konformität führen sollen919. Als AGB dürfte sie wohl unwirksam sein920. Derjenige, der sich auf die Gültigkeit eines Restvertrages beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass bei Fehlen einer salvatorischen Klausel der nichtige Vertrag auch ohne die die Nichtigkeit begründenden Vertragsbestandteile geschlossen worden wäre. Kommt er dieser Darlegungs- und Beweislast nicht nach, ist der gesamte Vertrag nichtig921. Auch die Verletzung der Kernbeschränkung einer GVO führt nicht automatisch zur Nichtigkeit sondern nur dann, wenn der Restvertrag keinen selbständigen Regelungsbereich ausfüllt922. Da Art. 101 AEUV ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt923 können dem Verletzten Schadenersatzansprüche zustehen, die sich wegen der darin liegenden Vertragsverletzung auch aus § 280 BGB begründen. d) Selektive Vertriebssysteme und Art. 101 AEUV aa) Qualitative selektive Vertriebssysteme. (1) Überblick. Qualitativ selektive Ver- 120 triebssysteme stellen eine Vertriebsform dar, bei der die Hersteller mittels qualitativer Kriterien924 Anforderungen an die Verkaufsstätten stellen, durch die ein einheitlicher Vertriebsstandard für ein bestimmtes Produkt gewährleistet wird und bei welchen die Hersteller diese Kriterien versuchen durchzusetzen925. Unterschieden wird zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Beim offenen System unterliegen weder Unternehmer noch Händler einer Beschränkung hinsichtlich ihres Abnehmerkreises; sie dürfen an alle Geschäftspartner veräußern. Beim geschlossenen System dürfen sowohl Unternehmer als auch Händler nur an Endkunden verkaufen und darüber hinaus an solche Wiederverkäufer, welche die qualitativen Selektionskriterien erfüllen926. Die systemzugehörigen Händler werden vertraglich zur Erbringung bestimmter Marketing-, Beratungs- und Kundendienstleistungen verpflichtet927. Sie dürfen das Systemprodukt nur innerhalb des Systems an Endverbraucher veräußern. Hierdurch werden Händler vom Vertrieb ausgeschlossen, welche die Vertriebsstandards nicht erfüllen928. Als Folge ergeben sich Einschränkungen des markeninternen Wettbewerbs929. Die Händler sind in ihren Entscheidungen über die Art und Weise des Produktvertriebs an die Systemvoraussetzungen gebunden930. Die Klausel, nach der es dem systemzugehörigen Händler nicht gestattet ist, das Produkt an Systemaußenseiter zu verkaufen, hat zur Folge, dass die Lieferver-

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sener Liefervertrag wegen Verstoßes gegen die Fünf-Jahres-Grenze des Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 unwirksam ist, weil aufgrund der Nichtigkeit der 10jährigen Vertragsdauer dann ein unbefristeter Vertrag vorläge, der nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf 5 Jahre verkürzt werden kann (OLG Düsseldorf DB 2002, 943 (944); kritisch Canaris DB 2002, 930 ff). Zu der 5-Jahresgrenze des Art. 5 Abs. 1 lit. a. GVO 330/10: Emde WRP 2005, 1492 ff. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (446) = WuW EU-R 1475, Rn 67. Wendel WRP 2002, 1395 (1399). Vgl. Wendel WRP 2002, 1395 (1399).

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LG Frankfurt/Main, Urt. v. 06.01.2006 – 3-11 O 42/05, EWiR 2007, 45. Wendel WRP 2002, 1395 (1399). LG Mainz, Urt. v. 15.01.2004 – 12 HKO 52/02, NJW-RR 2004, 478. Westphal II Rn 425, 429. LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 71. Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Westphal II Rn 419 ff. Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Haslinger WRP 2009, 279. Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). Rheinländer GRUR 2007, 383 (384).

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weigerung des Herstellers zu einem effektiven Disziplinierungsinstrument gegenüber Händlern wird, die sich einer kartellrechtswidrigen Preis- und Vertriebspolitik des Herstellers nicht beugen931. Nach den LL zur GVO 330/10 setzt ein selektiver Vertrieb voraus, dass nicht nur der zum selektiven Vertrieb zugelassene Händler, sondern auch der Hersteller der Verpflichtung unterliegt, die Produkte nur an solche Händler zu verkaufen, welche die vorgegebenen Selektionskriterien erfüllen. Das schließt nicht aus, dass der Hersteller die Form des selektiven Vertriebs nur für gewisse Märkte, z.B. einige Länder, wählt und gleichzeitig in anderen Märkten seine Waren im einfachen Vertrieb verkauft932. Ist etwa in Deutschland und Österreich ein zweistufiges, auf der Einzelhandelsebene selektives Vertriebssystem mit jeweils einem exklusiven, nicht dem selektiven Vertriebs zugehörigen Großhändler und mehreren zum Selektivvertrieb zugelassenen Einzelhändlern etabliert, in Polen hingegen ein nicht-selektives Vertriebssystem mit einem exklusiven Großhändler und mehreren Einzelhändlern, so sind folgende Verkaufsbeschränkungen zulässig: – Den deutschen Großhändlern kann untersagt werden, die Vertragsprodukte aktiv (aber nicht passiv) an Händler in Österreich oder Polen zu verkaufen, da beide Länder exklusiv jeweils einem anderen Großhändler zugewiesen sind; – den zugelassenen deutschen Einzelhändlern darf untersagt werden, die Vertragsprodukte aktiv oder passiv an nicht zugelassene österreichische Groß- und Einzelhändler zu verkaufen (Art. 4 lit. b 3. Spiegelstrich GVO 330/10); – den zugelassenen deutschen Einzelhändlern kann nicht untersagt werden, die Vertragsprodukte aktiv oder passiv an polnische Händler zu verkaufen. Denn im polnischen Markt besteht kein selektives Vertriebssystem (Umkehrschluss zu Art. 4 lit. b 3. Spiegelstrich GVO 330/10); – ebenso sind die zugelassenen deutschen Einzelhändler frei, an sämtliche Endverbraucher in Deutschland, Österreich und Polen aktive und passive Verkäufe zu tätigen (Art. 4 lit. b GVO 330/10)933; – die polnischen Einzelhändler dürfen nicht darin beschränkt werden, die Vertragsprodukte aktiv und passiv an die exklusiven Großhändler, die zugelassenen Einzelhändler sowie die Endkunden in Deutschland und Österreich zu verkaufen934. Deshalb ist die Kombination von selektivem und einfachem Vertrieb innerhalb der EU jedenfalls im Falle von länderbezogenen Preisgefällen von geringem Interesse935.

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(2) Zulässigkeit des selektiven Vertriebs. Der selektive Vertrieb kann zu einer Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 AEUV führen936. Er kann den Wettbewerb beeinträchtigen, weil die beiderseitigen Verpflichtungen von Hersteller und Mittler, nicht an Unternehmen außerhalb der Vertriebsorganisation zu liefern, den letztgenannten den Zugang zu den Produkten des Herstellers verwehren937. Es handelt sich hierbei auch um eine Kundenkreisbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. b GVO 330/10938. Wenngleich sich

931 932 933 934 935

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Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268).

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Creutzig BB 2002, 2133; Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. EuGH Slg. 1983, 3151/AEG/Telefunken; Mäsch ZIP 1999, 1507 (1509); Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2385).

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Art. 1 lit. e, Art. 4 lit. c GVO 330/10 mittelbar die Zulässigkeit selektiver Systeme und ihrer Qualitätsmerkmale entnehmen lässt, beurteilt sich die kartellrechtliche Zulässigkeit qualitativer Selektionskriterien nach Art. 101 AEUV sowie der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung939. Eine Freistellung solcher Systeme nach Art. 101 Abs. 3 AEUV ist möglich940. Nach den LL zur Kfz-GVO 461/10 fällt der rein qualitative Selektivvertrieb mangels wettbewerbswidriger Auswirkung i.d.R. nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern 3 Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss die Beschaffenheit des fraglichen Produkts einen selektiven Vertrieb fordern, d.h. die Selektionskriterien müssen rechtmäßige Erfordernisse zur Wahrung der Qualität sowie zur Gewährleistung des richtigen Gebrauchs des betreffenden Produkts bilden. Zweitens müssen die Händler oder Werkstätten aufgrund objektiver Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden, die für alle potentiellen Wiederverkäufer einheitlich festzulegen und unterschiedslos anzuwenden sind. Drittens dürfen die aufgestellten Kriterien nicht über das Erforderliche hinausgehen (Tz 43 LL Kfz-GVO). Auch nach der Entscheidungspraxis des EuGH unterfallen qualitative Selektionskriterien schon nicht dem TB des Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern die Selektion des vertriebenen Produkts zur Sicherstellung der Qualität bzw. des korrekten Produktgebrauchs erforderlich ist und die Selektionskriterien objektiver und qualitativer Natur sind sowie einheitlich und diskriminierungsfrei941 angewendet werden942, das Absatzsystem zur Stärkung des Wettbewerbs beiträgt, im Verbraucherinteresse liegt und schließlich die Ausgestaltung des Vertriebssystems einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält943. Die Kriterien müssen über die für den Verkauf der Produkte geltenden einzelstaatlichen oder unionsrechtlichen Regelungen hinausgehen944. Die Eigenschaft des in Rede stehenden Erzeugnisses muss ferner zur Wahrung seines Images, seiner Qualität und seines richtigen Gebrauchs ein selektives Vertriebssystem und die in diesem Rahmen vereinbarten Lieferbeschränkungen erfordern945, was bei einem nicht entwickelten Verbrauchsgut nicht der Fall sein soll946. Gerade Franchisesysteme stellen häufig selektive Vertriebssysteme dar.947 Die Freistellung steht nicht im Widerspruch zur MarkenRL, insbes. ihrem Art. 8 Abs. 2 948. Ein solches System könne, richtig eingesetzt, zu einer Verstärkung des Wettbewerbs unter den Herstellern konkurrierender Produkte führen, etwa im Hinblick auf einen hohen Standard an Beratung und Kundenservice, auch wenn, wie eingeräumt wird, der Wettbewerb innerhalb der Marke und damit insbesondere der Preiswettbewerb leidet. Aus diesem Grunde werden Beschränkungen des markeninternen Wettbewerbs bis zu einem gewissen Grad hinge939 940 941 942

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Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, Rn 96. Rösner WRP 2010, 1114 (1116). EuGH, Urt. v. 10.07.1980, Slg. 1980, 2511 Rn 20. EuGH, Urt. v. 10.07.1980, Slg. 1980, 2511 Rn 20; Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09 Rn 47; LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322. EuGH, Urt. v. 25.10.1977, Slg. 1977, 1875 (1907 ff); Slg. 1980, 3775; Urt. v. 22.10.1986, Slg. 1986, 3021 (3074); Rösner WRP 2010, 1114 (1115); Bauer/de Bronett Die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, Rn 55; Birk EuZW 2000, 485 (488).

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Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09 Rn 51. EuGH, Urt. v. 11.12.1980, Slg. 1980, 3775 Rn 16; Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09 Rn 51; LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382); LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322; zur Kfz-GVO und zum Merkmal der Erforderlichkeit Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (623). Kommission, Entsch. v. 20.12.1984, ABl. 1985 Nr. L 19/17, Rn 15 (Grohe); Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 208. Flohr BB 2009, 2159 (2161). EuGH, Urt. v. 23.04.2009 – C-59/08,

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nommen949. Gefordert wird eine Gesamtschau950. Es komme auf die konkrete Prüfung im Einzelfall an, ob von einem Vertriebssystem insgesamt eine eher wettbewerbsfördernde oder -beeinträchtigende Wirkung ausgehe951, wobei dem Unternehmer Ermessensspielraum zusteht952. Eine bloße quantitative Selektion ohne qualitative Kriterien wird kein selektives Vertriebssystem begründen953. Zu bejahen ist die Zulässigkeit selektiver Vertriebssysteme etwa für hochwertige, technisch anspruchsvolle Erzeugnisse (Unterhaltungselektronik, PC, Kfz), andere hochwertige Waren954 (Uhren955, Schmuck, Luxusparfums und Luxuskosmetika)956, aber auch Feinkeramik, Tafelgeschirr957, Schulranzen der Marke Scout958, Presseerzeugnisse959, mglw. auch bei Kfz-Ersatzteilen960. Letztlich kommt es auf die Art des Produktes und seine Exklusivität weniger an961, solange die o.g. Voraussetzungen eines Selektivvertriebs vorliegen. Bei Premiummarken dürfen jedoch über dem Durchschnitt liegende Voraussetzungen gefordert werden962. Im Bereich der gehobenen Depotkosmetik vertreiben sämtliche Hersteller ihre Produkte durch selektive Vertriebssysteme. Es soll ein Mustervertrag existieren, der angeblich dem EU-Standard entspricht963. In diesen Bereichen könne nur der Vertrieb über sorgfältig ausgewählte Wiederverkäufer bzw. Einzelhandelsgeschäfte964 Qualität und richtigen Gebrauch gewährleisten965. Das EuG hat sogar die wenig schützenswerte „Aura des Luxus“ als Rechtfertigung für ein selektives Vertriebssystem von Luxuskosmetika als ausreichend angesehen966. Zu untersuchen ist jedoch, ob wegen der Verbreitung solcher Absatzsysteme in einer bestimmten Branche oder aus sonstigen Gründen für andere Vertriebsformen kein Raum besteht oder eine „Erstarrung der Preisstruktur“ zu befürchten bleibt967. Art. 101 Abs. 1 AEUV ist nach Ansicht des EuGH dann verletzt, wenn über die einfache Fachhandelsbindung hinaus, die durch die Absatzbeschränkung auf Händler mit fachlich qualifi949 950 951 952 953 954 955

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Rheinländer GRUR 2007, 383 (385). Mäsch ZIP 1999, 1507 (1510). EuGH, Slg. 1986, 321, Rn 40, 41 – Metro II. Rösner WRP 2010, 1114 (1115). Westphal II Rn 425, 429. Vgl Lettl WRP 2010, 807 (821); Haslinger WRP 2009, 279. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Lettl WRP 2010, 807 (821). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Lettl WRP 2010, 807 (821). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789; LG Berlin, Urt. v. 24.07.2007 – 16 U 412/07 (Kart), K & R 2008, 321; LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 U 263/07 (Kart), WuW 2008, 856 DE-R 2322 = K & R 2008, 388; Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1308); Pautke/Schultze BB 2009, 1383; kritisch Haslinger WRP 2009, 279 (281); zweifelnd auch LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789

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(417); Lettl WRP 2010, 807 (821); Westphal II Rn 426. Tz. 43 LL Kfz-GVO; Wegner BB 2010, 1867 (1868) – die darauf hinweist, die unter der GVO 1400/02 gefassten Verträge könnten deshalb fortgeführt werden. Die LL Tz 54 sprechen nur von „Waren“; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1026); Rösner WRP 2010, 1114 (1115); tendenziell auch Lettl WRP 2010, 807 (821). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). Haslinger WRP 2007, 926. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417). EuGH Slg. 1983, 3151, Rn 33 – AEG-Telefunken. EuG, Urt. v. 12.12.1996 – Rs-T-19/92, GRUR lnt. 1998, 149 (155), Tz 144 ff; zust. BGH, Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/96, ZIP 1998, 2070 (2072). EuGH Slg. 1977, 1875 (1907 ff) – Metro I; EuGH Slg. 1983, 3151 (3194 ff); AEG Telefunken; EuGH Slg. 1986, 3021 (3074 ff) – Metro II.

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zierten Personal und geeigneter Sachausstattung sowie damit eng verbundenen Kriterien gekennzeichnet ist, der Hersteller die Händler an zusätzliche wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen bindet. Zu nennen sind etwa Mindestumsätze, Wettbewerbsverbote, Alleinbezugsbindungen, Paralleleinfuhrverbote und schließlich Preisbindung und ähnlich wirkende Maßnahmen968. Nach Tz 69 LL Kfz-GVO 461/10 gilt das Gleiche, wenn die gesetzliche oder erweiterte Gewährleistungspflicht des Kfz-Herstellers davon abhängig gemacht wird, dass der Endverbraucher nicht unter die Gewährleistung fallende Instandsetzungs- und Wartungsdienste nur innerhalb des Netzes zugelassener Werkstätten des Herstellers ausführen lässt. In diesen Fällen ist das Vertriebssystem nur nach einer Einzelfreistellung durch die Europäische Kommission wirksam969. (3) Beispiele zulässiger und unzulässiger Selektionsmerkmale. Die Vereinbarung qua- 122 litativer Selektionskriterien ist unproblematisch, sofern sie sich auf die fachliche Eignung des Händlers, seines Personals, seine sachliche Ausstattung, die Lage, Präsentation der Ware, Markenumfeld sowie Sortimentsbreite beziehen970. Jedes Kriterium muss allerdings durch den Charakter der Vertragswaren und das vom Hersteller verfolgte Vertriebskonzept gerechtfertigt sein971. Das bedeutet im Detail und je nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls: Unzulässige Einschränkungen bilden: – Anforderungen, die für einen fachgerechten Verkauf nicht erforderlich sind, etwa im Internetvertrieb972 – der generelle Ausschluss des Internet-Vertriebs im Bereich von Luxus-Kosmetika973 – Kernbeschränkungen, etwa eine Preisbindung974 – Regelungen, die von jeder Werkstatt in jedem Fall das körperliche Vorhalten von Werkzeugen oder Ersatzteilen fordern, selbst wenn sie von einer anderen Werkstatt zeitnah herbeigebracht werden können975. – angeblich Verpflichtungen bezüglich Umsatz oder Mindestabnahme und zur Lagerhaltung für ein auf Qualität ausgerichtetes selektives Vertriebssystem976. Zulässige Beschränkungen bilden: Die Verpflichtung – zur Beratung durch Fachkräfte977, inbes. zum Vorhalten geschulten Personals und Geschäftsführern, die eine angemessene Lagerung, Ausstellung und Vorführung der Produkte gewährleisten978 – dass die Produkte in Räumlichkeiten und in Anwesenheit eines Pharmakologen verkauft werden, wenn es sich bei den Produkten um Kosmetika und Körperpflegeprodukte handelt 979 – die Ware nur in einem branchenspezifischen, repräsentativen Warenumfeld anzubieten980 968 969 970 971 972

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Grundlegend EuGH Slg. 1980, 3775 (3791), Rn 16. Mäsch ZIP 1999, 1507 (1510). EuGH NJW 1978, 480; Haslinger WRP 2009, 279. Westphal II Rn 427. LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07 Kart; hierzu Haslinger WRP 2009, 279 (281). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09, Rn 57. Rheinländer WRP 2007, 501 (502) m.w.N.; Rheinländer GRUR 2007, 383 (384).

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Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). EuGH, Rs 31/80, Slg. 1980, 3775, Rn 16 (L’Oréal/De nieuwe Amck); Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 212. Haslinger WRP 2009, 279 (283). Westphal II Rn 428. Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09, Rn 53. Kommission, ABl. 1977, L 30/10, 11 – Junghans; Rösner WRP 2010, 1114 (1115).

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– zum Vertrieb über stationäre Händler, d.h. Einzelfachgeschäfte981 der Ausschluss des Versandhandels982 – zur Erbringung der Garantieleistungen983 – das gesamte Sortiment oder jedenfalls wesentliche Teile einer Markenware zu führen984 – die Produkte von verwechslungsfähigen anderen Produkten abzugrenzen985. (4) Internetvertrieb im selektiven Vertriebssystem. Aus distributionspolitischen Grün123 den wünschen Hersteller oft die prestigeträchtige Aura des stationären Vertriebs, dessen Beratung und die Erfahrbarkeit des physischen Kontakts986. Da Art. 4 lit. c GVO 330/10 im selektiven Vertriebssystem auch Beschränkungen des passiven Verkaufs nicht freistellt und Internetverkauf grds. als passiver Verkauf angesehen wird (siehe die Kommentierung zu Art. 4 lit. b, c GVO 330/10, Rn 148 ff), kann die kartellrechtliche Unbedenklichkeit eines aktiven und passiven Verkaufsverbots nur bestehen, wenn das System bereits tatbestandlich nicht gegen Art. 101 AEUV verstößt987. Ob im selektiven Vertrieb das vollständige Verbot oder die Beschränkung des Internetvertriebs, insb. auch des Vertriebs über Plattformen wie amazon und Ebay, wegen des Erfordernisses der konsequenten Anwendung der Selektionskriterien eine Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 AEUV, § 1 GWB bildet, wird diskutiert988. Teilweise wird TB-mäßig ein Wettbewerbsverstoß nach Art. 101 AEUV, § 1 GWB abgelehnt989. Dann wäre auch das Totalverbot des Internethandels zulässig990. Hielte man den tatbestandlichen Verbotsbereich des Art. 101 AEUV für berührt, stellt sich auf nächster Stufe die Frage einer Freistellung nach Art. 4

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417). Kommission, ABl 1992, L 12/24; ABl. 1994, L 20/15; Rösner WRP 2010, 1114 (1116); Bergmann ZWeR 2004, 28 (34). Westphal II Rn 428. LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322. Kommission, ABl. 1983, L 348/20 (22) – Murat, Komm E. 16.12.1985, ABl. 1985 L 376/15, 18 – Villeroy & Boch; Rösner WRP 2010, 1114 (1115). Kritisch gegenüber diesen Zielen Rösner WRP 2010, 1114 (1117). Rösner WRP 2010, 1114 (1118). Hierzu Franck WuW 2010, 772 ff. Für die kartellrechtliche Zulässigkeit: Dieselhorst/ Luhn WRP 2008, 1306 (1309); Haslinger WRP 2009, 279 (282); Immenga BB 2009, 2561; Rheinländer WRP 2005, 285 (287); Bergmann ZWeR 2004, 28 (39 f); Bauer WRP 2003, 243 (247). Für die Unzulässigkeit und einen Kartellverstoß: Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); OLG München, Urt. v. 02.07.2009 U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-

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Kaufhold) m. Anm. Immenga BB 2009, 2561; LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382): der Verkauf über eBay stellt keine Verbindung zu einer bestimmten Produkteigenschaft auf; Schultze/Pautke/ Wagener BB 2009, 2266 (2270). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (zust. Franck WuW 2010, 772 [774]); Wiring MMR 2010, 659; Rösner WRP 2010, 1114 (1124); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2272); Immenga BB 2009, 2561: Beim selektiven Vertrieb hochwertiger Markenprodukten fehle i.d.R. schon tatbestandsmäßig eine Wettbewerbsbeschränkung. Beim Vertrieb anderer, minderwertiger Produkte sei der Ausschluss des Vertriebs über Auktionsplattformen durch die GVO freigestellt, sofern die Marktanteilschwelle nicht überschritten werde. In anderen Fällen lege die Annahme einer Wettbewerbsbeschränkung nahe. Für die Zulässigkeit eines Totalverbotes: Rheinländer WRP 2005, 285 (287); Bergmann ZWeR 2004, 28 (39 f); Bauer WRP 2003, 243 (247); unter bestimmten Voraussetzungen auch Rösner WRP 2010, 1114 (1118).

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GVO 330/10. Dazu bei Art. 4 lit. b und c GVO, Rn 148 ff, dort auch zu auch im Selektivvertrieb zulässigen Qualitätsanforderungen. Oft verfügen stationäre Verkaufsstätten über keinen Internet-Vertrieb991. Meist wird – was gestattet ist992 – ein „Überwiegen“ des stationären Verkaufs gefordert993. Der BGH billigte eine Klausel, derzufolge mindestens 50% des Umsatzes im stationären Vertrieb erzielt werden muss994. Der Internetverkauf darf im selektiven Vertriebssystem eingeschränkt werden (Tz 54 LL), jedoch nur innerhalb bestimmter Grenzen995. Es ist zu unterscheiden: Das generelle Verbot des Internetvertriebs gegenüber Händlern des selektiven Vertriebssystems ist – außer in extremen Ausnahmefällen996 – kartellrechtlich unzulässig997, ebenso das Verbot, ein bestimmtes Segment der autorisierten Produkte über das Internet zu vertreiben998. Die Auswahl des Marktes obliegt dem Unternehmer999. Für den Internet-Verkauf dürfen jedoch vergleichbare qualitative Anforderungen gestellt werden wie für den stationären Handel. Zulässig ist deshalb die Beschränkung des Internetvertriebs auf Fälle, in denen der Internetvertrieb nur neben dem Betrieb eines Fachhandelsgeschäfts mit Ausstellungsräume (Tz 54 LL)1000 gestattet ist und der Internetvertrieb den gleichen Anforderungen wie das Fachhandelsgeschäft unterliegt1001. Eine Fachhandelsbindung und Rahmenbedingungen für einen Internetverkauf 1002 stellen qualitative Kriterien für den Verkauf dar, die zulässig sind1003. Richtet etwa der Hersteller von hochpreisigen Schulranzen, die er als Markenware vertreibt, ein selektives Vertriebssystem ein, in dem er seinen Fachhändlern vorschreibt, ein stationäres Einzelhandelsgeschäft mit dem Ambiente eines Fachgeschäfts zu unterhalten, sämtliche Markenprodukte einschließlich Ergänzungswaren zu bevorraten und anzubieten, kompetentes Fachpersonal einzusetzen sowie das Geschäft während der ortsüblichen Ladenöffnungszeit geöffnet zu halten, so bedeutet die zusätzliche Verpflichtung, im Internet nur über einen diesen Anforderungen entsprechenden eigenen Internetshop und nicht über Auktionsplattfor991 992

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Haslinger WRP 2009, 279 (282). BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02 – Depotkosmetik im Internet, MMR 2004, 536 (zu einem Belieferungsanspruch nach § 20 GWB) – im dortigen Fall hatte der Unternehmer zu max. 50 % den Internetvertrieb gestattet; aA Haslinger WRP 2009, 279 (281). Zum Urt. des BGH zusammenfassend Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1022 f). Rösner WRP 2010, 1114 (1120); Haslinger WRP 2009, 279 (281); Lettl WRP 2010, 807 (818) sieht ab einem vorgeschriebenen offlineVerkauf von 50 % eine nicht von der GVO 330/10 freigestellteWettbewerbsbeschränkung. BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02, WuW DE-R 1203 ff = WRP 2004, 374 (376). BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02, MMR 2004, 536; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11. 2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789; zust. Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1023); überschritten nach Ansicht des LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 etwa im dortigen Fall. Lettl WRP 2010, 807 (820). Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233; Haslinger WRP 2009, 279 (280).

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Haslinger WRP 2009, 279 (284). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (420); LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07 Kart; Pautke/Schultze BB 2009, 1383; hierzu Haslinger WRP 2009, 279 (281) – womit reine Internet-Händler ausgeschlossen werden können (Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233); aA LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (419); kritisch Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233, die eine sachliche Rechtfertigung der einzelnen Kriterien abstellen wollen. Lettl WRP 2010, 807 (818) mit Beispielen. LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322; hierzu Haslinger WRP 2009, 279.

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men zu vertreiben, keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV1004, § 1 GWB1005 oder § 20 Abs. 2 GWB1006, nicht jedoch beim Vertrieb von Kontaktlinsen1007. Zulässig ist das Verbot des Verkaufs nicht hausüblicher Mengen1008. Die vorgenannten Grundsätze gelten nach Wegfall der Kfz-GVO 1400/02 wohl auch im Kfz-Vertrieb1009. (5) Zulassungsanspruch. Selektive Vertriebssysteme widersprechen nur dann nicht 124 Art. 101 AEUV, wenn jeder Händler, der die festgesetzten Vertriebsstandards erfüllt, zum Handel zugelassen wird1010. Die Zulassungsbedingungen müssen einheitlich und objektiv festgelegt und in nicht diskriminierender Weise angewandt werden. Selektionskriterien sind möglichst bestimmt festzulegen, um dem Hersteller beim Zulassungsanspruch keine Möglichkeit willkürlicher Händlerauswahl zu geben1011. Der Zulassungsanspruch folgt aus § 20 GWB1012: Hält sich der Hersteller nicht an den Gleichbehandlungsgrundsatz, verletzt sein Vertriebssystem Art. 101 AEUV1013. Richtet der Unternehmer einen eigenen Internetvertrieb ein, soll daraus jedoch kein Zulassungsanspruch selbständiger Internethändler folgen1014. Um diskriminierenden Verzögerungstaktiken der Hersteller bei der Zulassung eines Händlers zum selektiven Vertriebssystem vorzubeugen, verlangt die Kommission, dass der Hersteller grundsätzlich binnen 4 Wochen über einen Zulassungsantrag entscheidet1015. Verweigert der Hersteller einem Händler die Zulassung, so muss er in einem Antwortschreiben an den Bewerber darlegen, welche Voraussetzungen er als noch nicht erfüllt ansieht1016. Eine Lieferverweigerung ist nur dann zulässig, wenn die Nichterfüllung der Systembedingungen durch den Bewerber entweder unstreitig oder gerichtlich festgestellt ist1017. Einem einzelnen Händler, der die Zulassungsvoraussetzung zu einem selektiven Vertriebssystem erfüllt, darf der Vertriebsvertrag nicht gekündigt werden. Eine derartige Kündigung wäre eine nach § 20 GWB unzulässige Dis1004

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (416); Rösner WRP 2010, 1114 (1124) – zu Ebay und amazon; Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1307); Haslinger WRP 2009, 279 (280); Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1024); wohl auch Franck WuW 2010, 772 ff; aA LG Berlin, Urt. v. 24.07.2007 – 16 U 412/07 (Kart), GRUR-RR 2008, 252 = K & R 2008, 321 (Verfügungsverfahren); Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (Hauptverfahren – es fehle die Erforderlichkeit des Selektionskriteriums); hierzu Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1024). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (416); LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322 = GRUR-RR 2008, 253; zust. Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1025). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (419); LG Mannheim, Urt. v. 14.03.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322 = GRUR-RR 2008, 253; zust. Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1025). BKartA, Beschl. v. 25.09.2009 – B 3 – 123/08, WuW DE-V 1813 = WuW 2010, 91.

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Haslinger WRP 2009, 279 (284). Niebling WRP 2010, 81 (83). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09, Rn. 47; Rheinländer WRP 2007, 501 (502) m.w.N.; Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). EuGH, Urt. v. 25.10.1977, Rs. 26/76, Slg. 1977, 1875, 1905 Tz 20 – Metro I; EuG, Urt. v. 12.12.1996, Rs. T-88/92, Slg. 1996, II-1961, 2012 Tz 117 – Leclerc; EuGH, Urt. v. 25.10.1983, Rs. 107/87, Slg. 1983, 3151, 3194 Tz 35; Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Vgl. BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02 – Depotkosmetik im Internet, MMR 2004, 536 (dort verneint). BGH ZIP 1998, 2070 (2072); Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1023). Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12. 1993, ABl. 1994 L 20/15 – GRUNDIG II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502).

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kriminierung1018, die auch gemäß Art. 101 Abs. 2 AEUV unwirksam wäre1019. Will der Hersteller seine Vertriebspolitik ändern, so muss er allen Händlern im Wege der „Strukturkündigung“ kündigen1020. Ebenso wie bei der Zulassungsverweigerung sind die Kündigungsgründe dann mitzuteilen1021. Wird die Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen, weil der Händler Ware an Außenseiter verkauft, so verlangt die Kommission, dass eine Liefersperre nur durchgeführt werden darf, wenn der Verstoß unbestritten oder gerichtlich festgestellt ist1022. bb) Quantitative selektive Vertriebssysteme. Qualitative Vertriebsbindungssysteme be- 125 schränken die Anzahl der Händler zahlenmäßig (unmittelbar durch Beschränkung der Gesamtzahl der Händler, mittelbar durch Mindestumsätze, etc.)1023. Die Vorgabe von Mindestumsätzen1024 kann zu einer quantitativen Beschränkung führen. Zu den konkreten Anforderungen der quantitativen Selektion, insb. dazu, ob und inwieweit die Zahl der Händler explizit vom Hersteller durch bestimmte Kriterien beschränkt werden muss (dafür spricht der Wortlaut der GVO 330/10, Art. 1 lit. e), fehlen höchstrichterliche Entscheidungen. Das EuG1025 hat beim Verkauf eines Produkts nur über Apotheken, deren Zahl in einigen Ländern kraft Gesetzes begrenzt ist, ein quantitatives System angenommen. Im Vertrieb von Kfz kann ein quantitativ-selektives Vertriebssystem kartellrechtlich zulässig1026 sein; im Kfz-Kundendienst und Ersatzteilgeschäft ist es hingegen unzulässig1027. Nach den LL zur Kfz-GVO 461/10 treten beim quantitativen Selektivvertrieb zu den Beschränkungen des qualitativen Selektivvertriebs Auswahlkriterien hinzu, welche die Anzahl der in Frage kommenden Händler bzw. Werkstätten unmittelbarer begrenzen, indem entweder ihre Zahl ausdrücklich festgelegt wird oder beispielsweise Mindestverkaufszahlen vorgeschrieben werden. Deshalb fielen solche Kriterien mit großer Wahrscheinlichkeit unter Art. 101 Abs. 1 AEUV1028, da sie i.d.R. als stärker wettbewerbsbeschränkend angesehen werden als Netze, denen ausschließlich qualitative Auswahlkriterien zugrunde liegen (Tz 44 LL Kfz-GVO). In der Praxis werden kaum Systeme mit ausschließlich quantitativen Kriterien aufgestellt. Vielmehr werden jene um qualitative Selektionskriterien ergänzt1029. Sofern eine Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV vorliegt, kommt es für die wettbewerbsrechtliche Freistellung meist auf das Eingreifen einer GVO an. Nach den GVO 330/10 und 461/10 greift die Freistellung für Selektivvertriebsvereinbarungen unabhängig davon ein, ob Auswahlkriterien quantitativer oder rein qualitativer Art Anwendung finden, sofern die Bedingungen der GVO eingehalten werden (Tz 175 LL GVO 330/10; Tz 46 LL Kfz-GVO). Beim Vertrieb neuer Kfz soll der quantitative Selektivvertrieb i.d.R. die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 1018

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Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12. 1993, ABl. 1994 L 20/15 – GRUNDIG II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12. 1993, ABl. 1994 L 20/15 – GRUNDIG II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12. 1993, ABl. 1994 L 20/15 – GRUNDIG II; Rheinländer WRP 2007, 501 (503).

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Haslinger WRP 2009, 279 (280); zu einem solchen System OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. abl. Anm. Schultze/Spenner. Tz 44 LL Kfz-GVO. Slg. II 1992, 415. Schuhmacher/Erdmann WuW 2011,462(467). OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. abl. Anm. Schultze/ Spenner; Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364); Bechtold BB 2011, 1610 (1612); Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (469). Rösner WRP 2010, 1114 (1116). Haslinger WRP 2009, 279 (280).

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AEUV erfüllen, falls die Marktanteile der beteiligten Unternehmen 40 % nicht überschreiten (Tz 56 LL Kfz-GVO 461/10). Dabei können Standortklauseln die Freistellung ausschließen (Tz 56 LL Kfz-GVO 461/10). e) Freistellung nach der kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen aa) Die GVO 330/2010. Zum 01.06.2010 hat die neue Vertikal-GVO 330/101030 die Alt-GVO 2790/99 abgelöst. Die dem Schutz der Marktgegenseite dienende1031 GVO 2790/99 lief zum 31.05.2010 aus (zu ihr Staub/Emde 5. Aufl. Vor § 84 Rn 113 ff). Vor der GVO 2790/99 stellten die GVOs 1983/83, 1984/83 sowie die Franchise-GVO 4087/881032 vertikale Beschränkungen vom seinerzeitigen Verbot des Art. 81 EG (jetzt wortgleich Art. 101 AEUV) frei. Im Wesentlichen folgt die GVO 330/10 (im Folgenden „GVO“) Aufbau und Systematik der GVO 2790/991033. Teilweise beschränken sich die Unterschiede auf die Übersetzung1034; die bedeutendsten Änderungen finden sich in den erläuternden LL1035. So wurde etwa der Begriff des „Käufers“ durch „Abnehmer“ und der des „Lieferanten“ durch „Anbieter“ ersetzt. Zudem gilt die zur Unanwendbarkeit der Freistellung führende Marktanteilschwelle von 30 % jetzt nicht nur für den Anbieter, also meist den Hersteller oder in der Rechtsprache des HGB den „Unternehmer“, sondern auch für den „Abnehmer“, also den Vertriebsmittler. Überflüssige Vorschriften wurden gestrichen, etwa Art. 6 GVO 2790/99, der einen Entzug des Rechtsvorteils der Freistellung im Einzelfall vorsah (Art. 29 Abs. 1 VO/03 regelt dies); der bisher in Art. 8 GVO 2790/99 geregelte Fall der Nichtanwendung der GVO ist in Art. 6 GVO 330/10 – mit Ausnahme des weggefallenen Art. 8 Abs. 2 GVO 2790/99 – inhaltsgleich und lediglich mit einigen terminologischen Veränderungen geregelt, Art. 12, 12a GVO 2790/99 sind ersatzlos weggefallen. Die GVO bietet innerhalb ihres Regelungsbereichs einen „sicheren Hafen“1036. Sie 127 regelt anstelle sektorenbestimmender Einzel-GVOs jede Form vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen (sogenannte „Schirm-GVO“). Lediglich der Kfz-Vertrieb wird bis 31.05. 2013 durch die speziellere GVO 1400/02 geregelt, danach mittels der GVO 461/10 nur noch der Kfz-After-Sales-Bereich. Durch die GVO 330/10 soll der vor 2000 formale Ansatz des Gruppenfreistellungsregimes für vertikale Bindungen aufgegeben und durch eine Anbindung an die wirtschaftlichen Auswirkungen der Vereinbarung ersetzt werden. Ziel war es, möglichst viele vertikale Bindungen von dem vor Einführung der GVO 2790/99 bestehenden Anmeldezwang zu befreien1037. Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden nach den Marktanteilen der auf verschiedenen Produktions- oder Vertriebstufen tätigen Unternehmen bestimmt. Nahezu alle Vereinbarungen mit geringerer Marktwirkung sind innerhalb eines „Sicherheitsbereichs“ von 30 % des Marktanteils des Anbieters und des Abnehmers (unter Einschluss verbundener Unternehmen) freigestellt. Nicht freigestellt werden Verträge, die besonders gefährliche „schwarze Klauseln“ oder Kernbeschränkungen enthalten (siehe Art 4 GVO). Auch an dem Verbotstatbestand des heutigen Art. 101 AEUV hat sich durch die Ein128 führung der GVO 330/2010 nichts geändert1038. Geändert hat sich lediglich die freistel-

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ABl. EU v. 23.04.2010, Nr. L 102, S. 1; zur Genese der GVO Niebling WRP 2010, 81 (82 f). Grundmann NJW 2000, 14 (20). Vgl. Metzlaff BB 2000, 1201 (1202). Kritisch zum geringen Umfang der Änderungen sowie zur Reform Rösner WRP 2010, 1114 (1124).

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Kritisch Rösner WRP 2010, 1114 (1123). Simon EWS 2010, 497. Funke/Just DB 2010, 1389 (1390). Rittner DB 2000, 1211. Eingehend zur Diskussion um die Einführung der GVO 1400/2002 Emde VersR 2004, 1499 (1505 ff); Emde VersR 2004, 419 (420 ff); Emde VersR 2003, 151 (161).

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Vor § 84

lende GVO. Eine Freistellung nach der GVO ist allerdings nur erforderlich, falls die zu prüfende Vereinbarung überhaupt gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt (Tz 8 LL)1039, was insbes. bei Franchiseverträgen fraglich sein kann (Rn 121). Auch sofern die Spürbarkeit aufgrund des Eingreifens der De minimis-Bekanntmachung (ABl. v. 22.12.2001 C 368/13), der Empfehlung betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. v. 20.05.2003 L 124/36) auf bestimmte HVVerträge, auf die Art. 101 Abs. 1 AEUV generell nicht anwendbar ist, sowie der Bekanntmachung über die Beurteilung von Zulieferverträgen (ABl. v. 03.01.1979 C 1/2) fehlt, braucht kein Gedanke an das Eingreifen der GVO verschwendet zu werden. Umgekehrt darf aus der fehlenden Freistellung nach der GVO nicht geschlossen werden, dass die Vereinbarung unter Art. 101 AEUV fällt1040. Die GVO 330/10 gilt innerhalb der gesamten EU1041, die Rspr. der europäischen Ge- 129 richte ist allerdings im Zweifel vorrangig (LL Ziff. 4). Die GVO geht in ihrem Anwendungsbereich dem GWB vor1042, was allerdings seit der Anlehnung des GWB an Art. 101 AEUV keine Bedeutung mehr hat. Die Anwendung des Art. 102 AEUV wird durch die GVO nicht berührt (Tz. 1 LL)1043. Treffen Vertikalvereinbarungen in Wahrheit Abreden über horizontale Absprachen, wird die GVO unanwendbar1044. Die GVO stellt zudem nur originär vertriebsrechtliche Regelungen frei, nicht z.B. die Einschränkung des Rechts eines Vertragspartners, Forschungsarbeiten vornehmen zu dürfen (Tz 26 LL). Von der GVO erfasst werden jedenfalls alle – auch mehrseitigen – Verträge betreffend Bezug, Verkauf und Weiterverkauf, insbesondere HV-1045, Vertragshändler-1046, Standardsoftwarevertriebs1047-, Franchise-1048, beispielsweise Großhandels-Franchisesysteme, Versicherungsvermittler1049 (soweit diese Vermittler überhaupt als „echte“ HV i.S.d. Tz 12 ff LL Freistellungsbedürfnis besitzen), selektive Vertriebssysteme1050, ab 01. Juni 2013 auch für Kfz-Vertriebsverträge (gem. Art. 2 Abs. 5 GVO gilt die speziellere Kfz-GVO 1400/02 nur bis zu diesem Datum1051, danach gilt (nur) im After-Sales-Geschäft ihre Nachfolge-GVO 461/101052), Herstellungslizenz-1053 und OEM-Verträge. Gemischte Verträge werden nur soweit freigestellt, wie die Verbindung zu diesen Wirtschaftszweigen reicht1054. Spezielle Regeln für Bier- und Tankstellenvertrieb fehlen. Auch das Franchising wird in der GVO nicht erwähnt sondern lediglich in Tz 43 ff, 189 ff LL1055. Lizenzverträge unterfallen der GVO nur, wenn die Lizenzierung nicht das primäre Element der Vereinbarung darstellt. Es müssen also vertriebsrechtliche Fragen im Vordergrund stehen; Regelungen zu Marken-, Urheberrechten und Know-How dürfen nicht den Schwerpunkt des Lizenzver-

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Funke/Just DB 2010, 1389 (1391); Lettl WRP 2010, 807 (810). Lettl WRP 2010, 807 (810). Über die Anwendung der Vertriebs-GVO im ungarischen Recht berichtet Darázs EuZW 2003, 138. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212); Emde WRP 2005, 1492 (1494). Lettl WRP 2010, 807 (808); aA Schultze/ Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267): regelmäßig kein Verstoß möglich. BKartA, Beschl. v. 14.07.2009, B 3 – 64/05, WuW DE-V 1790 (1797 ff). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383.

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Angeblich aber nicht aber Individualsoftwareverträge, so Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1207); in dieser Allgemeinheit zweifelhaft. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383; Fritzemeyer BB 2002, 1658. Tz 16 lit. f LL; Stancke VersR 2009, 1168 ff. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481); Lettl WRP 2010, 807 (808). Simon EWS 2010, 497. Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1660). Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1205). Siehe Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (401).

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triebsvertrages bilden1056. Reine Lizenzverträge ohne vertriebsrechtliche Gravität sind hingegen nicht nach der GVO freigestellt1057. Für die Anwendung der GVO bilden die von der Kommission veröffentlichten Leit130 linien (LL) eine Auslegungshilfe. Die LL gehen über den Bereich der Freistellungsvoraussetzungen hinaus und behandeln sowohl Einzelfälle der Anwendung als auch die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV im Wege der Einzelfallprüfung auf nicht von der GVO erfasste Wettbewerbsbeschränkungen1058. Bei Franchisesystemen, die lediglich ein Vertriebskonzept verkaufen, ohne dass der FG 131 Hersteller ist, tritt das Lizenzelement gegenüber dem Verkauf des Know-Hows in den Hintergrund, so dass der Anwendungsbereich der GVO erreicht ist. Dies gilt auch für Master-Franchise-Verträge1059. Franchiseverträge unterfallen nicht der GVO-Technologie, weil das Vertriebselement vorrangig ist. Die Technologie-GVO ist nicht etwa anwendbar, weil es in Franchiseverträgen weniger um den Vertrieb als um die Vervielfältigung einer erfolgreichen Geschäftsidee geht. Fraglich ist bei Franchisesystemen aber immer, inwieweit überhaupt ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vorliegt (Tz 190 f. LL). Denn 1986 entschied der EuGH in „Pronuptia“1060, sich mit der Einzelfreistellungs-Entscheidung der Kommission vom 17.12.1986 in den Fällen Yves Rocher1061 sowie Pronuptia1062 deckend, im Rahmen des Vertriebsfranchising fielen Verpflichtungen des FN nicht unter Art. 101 AEUV, die vom FG entwickelten Geschäftsmethoden des FG und das von ihm vermittelte KnowHow einzusetzen, nur Waren des FG und eines von diesem ausgewählten Lieferanten zu verkaufen, den Verkauf nur in dem nach Anweisung des FG eingerichteten und ausgestatteten Ladengeschäft vorzunehmen, für jede Werbung die Zustimmung des FG einzuholen sowie während der Vertragsdauer oder während eines angemessenen Zeitraumes nach Vertragsbeendigung kein Geschäft mit gleichem oder ähnlichem Zweck zu eröffnen, mit dem der Franchisenehmer zu einem anderen Mitglied der Vertriebsorganisation in Wettbewerb treten könne. Dagegen verstoße es gegen Art. 101 AEUV, wenn der FN verpflichtet sei, Vertragsware nur in einem vertraglich festgelegten Geschäftslokal zu verkaufen. Nach der Pronuptia-Entscheidung stellen damit Klauseln, die für die Funktionsfähigkeit des Franchisesystems unerlässlich sind, keine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 AEUV dar. So bildet etwa die Unterordnung unter die Corporate Identity des Franchisesystems keine Wettbewerbsbeschränkung1063, ebenso wenig ein Markenzwang, der die einheitliche Gestaltung des Netzes ermöglicht (Tz 191 LL) oder ein Gebietsschutz (Tz 191 LL). Die Kommission hat in Anlehnung an diese Grundsätze in Tz 45 LL typische Verpflichtungen des FN beschrieben, die in Franchiseverträgen grundsätzlich als zum Schutz des geistigen Eigentums des FG notwendig angesehen und deshalb durch die GVO freigestellt werden, sofern der Franchisevertrag unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt: a) Die Verpflichtung, weder unmittelbar noch mittelbar in einem ähnlichen Geschäftsbereich tätig zu werden;

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Etwa im Rahmen von Franchising, vgl. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1207). Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (401). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 20. Pukall NJW 2000, 1375 (1377). EuGH NJW 1986, 1415 = WuW-E EWG/ MUR 693; dazu Bunte NJW 1986, 1406.

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WuW/E EV 1193. WuW/E EV 1201 ff; zusammenfassend Skaupy BB 1996, 1899. EuGH, Urt. v. 28.01.1986 – Rs 161/84, NJW 1986, 1415 (1416); Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 542.

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b) die Verpflichtung, keine Anteile am Kapital eines Wettbewerbers zu erwerben, sofern dies dem FN ermöglichen würde, das geschäftliche Verhalten des Unternehmens zu beeinflussen; c) die Verpflichtung, das vom FG mitgeteilte Know-How nicht an Dritte weiterzugeben, solange dieses Know-How nicht öffentlich zugänglich ist; d) die Verpflichtung, dem FG alle bei der Nutzung der Franchise gewonnenen Erfahrungen mitzuteilen und ihm sowie anderen FN die nicht ausschließliche Nutzung des auf diesen Erfahrungen beruhenden Know-Hows zu gestatten; e) die Verpflichtung, dem FG Verletzungen seiner Rechte des geistigen Eigentums mitzuteilen, für die er Lizenzen gewährt hat, gegen Rechtsverletzer selbst rechtliche Schritte einzuleiten oder den FG in einem Rechtsstreit gegen Verletzer zu unterstützen; f) die Verpflichtung, das vom FG mitgeteilte Know-How nicht für andere Zwecke als die Nutzung der Franchise zu verwenden; g) die Verpflichtung, Rechte und Pflichten aus der Franchisevereinbarung nur mit Erlaubnis des FG auf Dritte zu übertragen. Die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Vertriebsmittler und Auftraggeber 132 richten sich nicht nach der GVO sondern ausschließlich nach nationalem Recht1064. Dies gilt auch für mögliche Ausgleichsansprüche1065. Jedoch sollte es bei der Regel bleiben, dass die kartellrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Mittler Leitbildwirkung i.S.d. § 307 BGB haben. Im Einzelnen: (1) Erwägungsgründe zur GVO. Ziff. 3, 6 der Erwägungsgründe zur GVO nennen 133 den Grund der Freistellung vertikaler Vereinbarungen. Bei vertikalen Vereinbarungen unter nicht im Wettbewerb stehenden Unternehmen könne angenommen werden, dass die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllt werden (Erwägungsgrund 3) sowie die Effizienz der Produktions- und Vertriebskette erhöht werde (Erwägungsgrund 6). M.a.W.: Die vertikale Zusammenarbeit ist grundsätzlich förderlich für den Wettbewerb und gewollt. Sie ist weniger wettbewerbsschädlich, weil sie zwischen unabhängigen Unternehmen und nicht unter Wettbewerbern geschlossen wird (Tz 98 LL). Wie auch Art. 2 Abs. 1 GVO zeigt, bildet die GVO mithin eine Konkretisierung des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Vereinbarungen, die Art 101 AEUV nicht unterfallen, sollen und brauchen durch die GVO nicht freigestellt zu werden (Erwägungsgrund 5). Es darf vermutet werden – so Ziff. 8 der Erwägungsgründe – dass vertikale Vereinbarungen, die bestimmte Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen nicht enthalten, zu einer Verbesserung der Produktion oder des Vertriebs und zu einer angemessenen Beteiligung der Verbraucher und den daraus entstehenden Gewinnen führen, sofern der auf jedes der beteiligten Unternehmen (bei der GVO 2790/99 nur auf den Lieferanten) entfallende Anteil an dem relevanten Markt 30 % nicht überschreitet. Die GVO gilt damit nur für Vereinbarungen, bei denen sowohl der Hersteller wie der Vertriebsmittler auf dem relevanten Markt einen Marktanteil von 30 % nicht überschreitet, wofür derjenige beweispflichtig ist, der sich auf eine GVO beruft1066. Oberhalb dieser Marktanteilsschwelle könnten Wettbewerbsnachteile ausgleichender Vorteile nicht vermutet werden (Erwägungsgrund 9).

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Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 44. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesen-

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kampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 44. LG Berlin, Urt. v. 21.04.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382).

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Gemäß Ziff. 10 der Erwägungsgründe sind vertikale Vereinbarungen, welche bestimmte Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen enthalten, etwa die Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen für den Weiterverkauf oder bestimmte Arten des Gebietsschutzes, durch die GVO nicht freigestellt. Gemäß Ziff. 13 der Erwägungsgründe kann die Kommission im Einzelfall den Vorteil der Anwendung der GVO entziehen, falls der Vertriebsvertrag Wirkungen zeitigt, die mit den Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV unvereinbar sind. Es handelt sich um eine „Handsteuerung“. Will ein Händler geltend machen, ein Vertriebsbindungssystem erfülle, insbesondere wegen diskriminierender Anwendung der qualitativen Systemvoraussetzungen, nicht die TBVoraussetzungen einer Freistellung nach der GVO, soll dies nur in jenem Verfahren möglich sein1067. Dort trägt der Lieferant, der sich auf die Freistellung beruft, die Beweislast, dass deren Voraussetzungen, insbesondere eine nicht diskriminierende Anwendung, erfüllt sind1068. An einen solchen Entzug ist bei erheblicher Marktmacht des Vertriebsmittlers oder bei Existenz gleichartiger paralleler Netze von Vertriebsvereinbarungen mit Marktbeschränkung zu denken.

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(2) Art. 1 GVO. Art. 1 der GVO enthält die maßgeblichen Definitionen. Die GVO stellt vertikale Vereinbarungen frei, d.h. gem. lit. a Vereinbarungen zwischen 21069 oder mehr Unternehmen, von denen jedes auf einer anderen Ebene der Vertriebs- oder Produktionskette tätig ist und bei denen die Vereinbarung Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen1070 oder weiterverkaufen dürfen. Mittels der GVO freigestellt sind folglich nur Waren- und Dienstleistungsmittler und nur die Bedingungen des Bezugs und Verkaufs, nicht mehr. Als vertriebenes Produkt kommt grds. alles in Betracht, was Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs und damit von Austauschverträgen sein kann, unabhängig von Produktart und Verwendungszweck1071. Auch Mittler, die Miet- oder Leasingverträge vermitteln, sind Dienstleistungsvermittler, Tz 26 LL darf nicht zu Missverständnissen verleiten (nur reine Miet- und Leasingverträge sind nicht erfasst). Bedeutsam ist die Definition des Abnehmers (gemäß der Terminologie der deutschen Übersetzung der Alt-GVO 2790/99: „Käufer“) in Art. 1 lit. h GVO. Danach ist Abnehmer auch ein Unternehmen, welches auf der Grundlage einer unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallenden Vereinbarung Waren oder Dienstleistungen für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft. In der Literatur1072 wurde zur GVO 2790/99 diskutiert, ob wegen der Fassung ihres Art. 1 lit. h die GVO auch HV-Verträge freistellt. Art. 1 lit. h GVO stellt klar, dass Abnehmer auch ein Unternehmen sein kann, welches auf Grundlage einer unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallenden Vereinbarung Waren und Dienstleistungen für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft. Art. 1 lit. h GVO bezeichnet damit auch HV als „Abnehmer“1073, da die Abnehmer gerade nicht für sich, also „auf eigene Rechnung“ verkaufen müssen. Die Ansicht1074, die GVO sei auf HV unanwendbar, da Art. 1 lit. h GVO als „Abnehmer“ nur Unternehmer definiere, die Vertragsprodukte „für Rechnung“ eines anderen Unternehmers veräußerten, ist unzutreffend. Die englische Fassung der GVO stellt mit der Ver1067 1068 1069 1070

Haslinger WRP 2007, 926 (927). Haslinger WRP 2007, 926 (927). Zwei Unternehmen, Unternehmer und Mittler, genügen, s. Lettl WRP 2010, 807 (810). Die nationale Definition des Kaufes ist irrelevant. Maßgeblich ist eine autonome Auslegung, Auch Werk- und Dienstleistungen sowie sachenrechtliche Verträge können einbezogen sein, s.Lettl WRP 2010, 807(810).

108

1071 1072 1073 1074

Lettl WRP 2010, 807 (810). Rittner DB 2000, 1211 (1212); DB 1999, 2097 (2101); Lange EWS 2001, 18 (22 f). Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 145. Rittner DB 2000, 1211 (1212); DB 1999, 2097 (2101); Ebenroth/Lange vor § 84 Anh. II Rn 44.

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wendung der Formulierung „on behalf of another undertaking“ klar, dass der deutsche Ausdruck des „für Rechnung“-Verkaufs weit auszulegen ist und folglich auch HV erfasst1075, bei denen die Rechnung vom Unternehmer als Geschäftsherrn gestellt wird. Trotz der missverständlichen Definition fallen folglich auch HV-Verträge unter diese Definition, obwohl HV bei ihrem Unternehmer nicht „abnehmen“ oder „kaufen“1076. Die Erwähnung der HV-Verträge in den Tz. 12 ff LL stellt dies klar. Eine von der Frage der Anwendbarkeit zu unterscheidende Frage ist die, ob die auf das Käufer-Verkäufer-Verhältnis zugeschnittenen und nach einer Meinungsgruppe an den Gegebenheiten im HV-Gewerbe vorbeigehenden Regeln der GVO zu HV-Verträgen „passen“1077. Der Auslegungsunsicherheit hat die Kommission durch zu HV-Verträgen ausführende LL entgegengewirkt, nach denen die GVO auf HV ohne wirtschaftliches Risiko unanwendbar bleibt (Rn 223 ff). Gemäß Art. 1 lit. e sind selektive Vertriebssysteme solche, bei denen der Unternehmer 136 („Anbieter“) die Waren nur an Mittler („Abnehmer“) veräußert, die nach bestimmten Kriterien ausgewählt werden und nicht an Mittler außerhalb des Vertriebssystem verkaufen dürfen (Rn 120 ff). Ob danach ein selektives Vertriebssystem vorliegt, ist eine Frage des Einzelfalls. Immer ist eine Verpflichtung des Unternehmers erforderlich, keine Waren an nicht zum Vertrieb zugelassene Händler zu verkaufen. Fehlt sie, mangelt es im kartellrechtlichen Sinne an einem selektiven Vertriebssystem1078. Es kann aber im zivilrechtlichen Sinne vorliegen, sofern sich der Unternehmer bei der Suche und Zulassung seiner Vertriebsmittler „selektiv“ verhält. Umstritten ist, ob Franchising generell einen selektiven Vertrieb bildet, für den die zu diesem Gebiet entworfenen Sonderregeln gelten1079. Das wird man angesichts der Verschiedenartigkeit von Franchiseverträgen kaum generell beantworten können. Beide Kriterien werden in Franchisesystemen oft eingreifen, ebenso im Kfz-Vertrieb. (3) Art. 2 GVO. Die neue GVO stellt in ihrem Art. 2 Abs. 1 im Wege „vermuteter 137 Rechtmäßigkeit“1080 (Tz 23 LL) alle vertikalen Beschränkungen mit zwei oder mehr Parteien (Art. 1 Abs. 1 lit. a GVO) vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV frei (Schirmfreistellung), sofern die Marktanteile der Parteien unterhalb der Schwellenwerte des Art. 3 liegen und der Vertrag keine Kernbeschränkungen des Art. 4 GVO enthält: Denn gem. Art. 2 Abs. 1 GVO gilt das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht für Verträge und aufeinander abgestimmte Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf unterschiedlicher Vertriebsstufe (Vertriebsverträge), sofern die Bedingungen betroffen sind, zu denen die Parteien bestimmte Waren und Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können (Art. 1 Abs. 1 lit. a GVO). Maßgeblich ist der funktionale Unternehmensbegriff, welcher darauf abhebt, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird1081. Die Termini „Ware“ und „Dienstleistung“ sind weit auszulegen1082. Selbst Energielieferverträge werden erfasst1083. Herkunft und Verwendungszweck der Ware sind unerheblich1084, ebenso 1075

1076 1077 1078 1079

Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 49; im Ergebnis auch Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1206); Pukall NJW 2000, 1375 (1377). Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 145. Rittner DB 2000, 1211. BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209). Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 81; Liebscher/

1080 1081 1082

1083

1084

Heinrich/Petsch, Vertriebsverträge S. 78 f; Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 ff. Lettl WRP 2010, 807 (808). EuGH Slg 1995, I 4013, Rn 14 ff. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 62. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 62. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 63.

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der Inhalt des Vertrags, sofern die Art. 5 und 5 GVO nicht verletzt sind. So werden etwa Alleinvertriebsverträge freigestellt (Tz 152 LL), ebenso Kundenkreisbeschränkungen (Tz 168 ff LL), Alleinbelieferungspflichten (Tz 193 LL) oder Vorauszahlungen1085. Zugangsvorauszahlungen, etwa Listungsgebühren, sind bis zu einem Marktanteil von 30 % freigestellt (Tz 203 LL)1086. Bei Marktanteilen von über 30 % sieht die Kommission die Gefahr einer Marktabschottung auf dem nachgelagerten Markt, vergleichbar einer Alleinbelieferungspflicht oder eines Marktausschlusses auf dem Anbietermarkt, insbesondere für kleinere, weniger finanzkräftigere Anbieter, sowie der Schaffung eines begünstigten Umfelds für eine Kollusion zwischen Händlern gerade in konzentrierten Vertriebsmärkten. Die freizustellende Wettbewerbsbeschränkung muss im Verhältnis der Parteien des Vertriebsvertrages bestehen1087. Erforderlich ist eine vertikale Vereinbarung. Die an ihr beteiligten Unternehmen müs138 sen auf unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufen operieren1088; die Regelungen im Kern horizontaler und nicht vertikaler Natur sein1089, dem kartellrechtsneutralen Hauptzweck des Vertrages sowie einem anerkennenswerten Interesse dienen1090. Für Abreden ohne sachlichen Bezug zur Vertriebsvereinbarung gilt die Freistellung nicht1091. Dies trifft etwa auf Regelungen zu, welche nur anlässlich einer Vertriebsvereinbarung geschlossen wurde, ohne dass ein innerer Zusammenhang zum Vertrieb besteht1092. Nicht verlangt wird, dass die Bestimmung sich auf die abgesetzte Ware oder Dienstleistung beschränkt1093. Vertragliche Informationsrechte des Unternehmers können durch Art. 2 Abs. 1 GVO freigestellt sein, sofern sie dazu dienen, den Erfolg des Distributors im Vertragsgebiet zu bewerten, etwa Informationen zu verkaufter Menge, der Marktlage, Absatz (sog. absatzbezogene Informationen), Verwendungszweck der Produkte beim Kunden (produktionsbezogene Informationen) sowie supportbezogene Informationen, z.B. für Schulungs- und Supportveranstaltungen1094. Für Angaben zu kundenspezifischen oder preisbezogenen Daten und Umsätzen fehlt ein anerkennenswertes Interesse des Unternehmers; hierdurch kann die Preissetzungsfreiheit des Mittlers beschränkt werden1095. Separieren die Informationsrechte nicht hinreichend zwischen zulässigen und unzulässigen Daten, können sie gem. Art. 101 AEUV, § 307 BGB unwirksam sein. Leitbildgemäß will Art. 2 Abs. 1 GVO typische Vertragshändler- und Franchiseverträge vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV freistellen. Typische HV-Verträge unterfallen nach Tz. 12 ff LL nicht Art. 101 Abs. 1 AEUV (Rn 240). Durch den weiten Anwendungsbereich des Art. 2 GVO wird das Regel-Ausnahmeverhältnis des Art. 101 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV praktisch umgekehrt1096. In der Praxis lautet der Grundsatz: Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen sind freigestellt1097. 1085 1086 1087

1088 1089 1090 1091

1092

Siehe Funke/Just DB 2010, 1389 (1396). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2270). Veelken in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, Ergänzungsband, S. 29; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 64. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 607. Wiemer WuW 2009, 750 (757). Wiemer WuW 2009, 750 (758). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 68. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesen-

110

1093

1094 1095 1096

1097

kampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 68; Schultze/Pautke/Wagener VertikalGVO, 2001 Rn 230; GVO-Vertikal Rn 68; Wiemer WuW 2009, 750 (757). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 65. Wiemer WuW 2009, 750 (758 f). Wiemer WuW 2009, 750 (758). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 95. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 95.

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Nach Art. 2 Abs. 2 GVO gilt die Freistellung zwischen einer Unternehmensvereini- 139 gung und ihren Mitgliedern oder zwischen einer solchen Vereinigung und ihren Lieferanten nur, wenn alle Mitglieder der Vereinigung Wareneinzelhändler sind und keines ihrer einzelnen Mitglieder zusammen mit seinem verbundenen Unternehmen einen jährlichen Gesamtumsatz von mehr als EUR 50.000.000 erzielt. Art. 2 Abs. 3 GVO stellt auch Vertriebsvereinbarungen frei, welche die Übertragung 140 von geistigen Eigentumsrechten auf den Vertriebsmittler oder die Nutzung solcher Rechte durch ihn betreffen. Die Freistellung gilt allerdings nur, wenn die Bestimmungen – Bestandteil einer vertikalen Vereinbarung sind, welche die Bedingungen enthält, zu denen die beteiligten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen; – die Übertragung solcher Rechts auf den Abnehmer oder die Lizenzierung zu deren Nutzung durch den Abnehmer betreffen; – nicht den Hauptgegenstand der Vereinbarung bilden; – unmittelbar die Nutzung, den Verkauf oder den Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen an den Abnehmer oder dessen Kunden betreffen (bei Franchiseverträgen, bei denen der Zweck der Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums in der Vermarktung liegt, werden die Waren oder Dienstleistungen vom Hauptfranchisenehmer bzw. von den Franchisenehmern angeboten); – im Verhältnis zu den Vertragswaren oder -dienstleistungen keine Wettbewerbsbeschränkung enthalten, die denselben Zweck wie vertikale Vereinbarungen haben, die nicht unter die GVO fallen. Mithin sind Regelungen über geistige Eigentumsrechte freigestellt, die einen Annex zur Vertriebsvereinbarung bilden1098. Die Vereinbarung muss vorrangig dem Vertrieb dienen1099. Praktisch bedeutsam ist diese Regelung bei Franchiseverträgen und Vertriebsverträgen mit lizenzrechtlichem Einschlag, Tz 43 ff LL. Lizenzbestimmungen in Franchisevereinbarungen fallen unter die GVO, wenn alle 5 vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind (Tz 44 LL). Nach Ansicht der Kommission in Tz 44 LL sind diese Voraussetzungen i.d.R. erfüllt, da bei den meisten Franchisevereinbarungen der FG den FN Waren und/oder Dienstleistungen bereitstellt und insbesondere kommerzielle und technische Unterstützung gewährt. Franchisevereinbarungen, die ausschließlich oder in erster Linie die Vergabe von Lizenzen für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums betreffen, fallen gemäß Tz 44 LL jedoch nicht unter die GVO. Die Kommission wird allerdings auch auf diese Vereinbarungen die in der GVO und LL dargelegten Grundsätze anwenden (Tz 44 LL). Der Mitverkauf urheberrechtlich geschützter Software unterliegt grds. dem Anwendungsbereich der GVO. Art. 2 Abs. 4 GVO regelt die Freistellung vertikaler Vereinbarungen zwischen Wettbe- 141 werbern. Vertikale Vereinbarungen unter Wettbewerbern sind grds. nicht freistellungsfähig1100. Hiermit soll der Marktaufteilung vorgebeugt werden1101. Selbst potenzielle Wettbewerber, die in Art. 1 Abs. 1 lit. c GVO nun ausdrücklich definiert sind, werden von dieser Einschränkung betroffen, wobei die Möglichkeit des Wettbewerbs auf realistischen Annahmen beruhen muss (Tz 27 LL). Das Wettbewerbsverhältnis muss sich gerade auf die vertriebenen Produkte für den relevanten sachlichen und räumlichen Markt

1098

Funke/Just DB 2010, 1389 (1390); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 75.

1099 1100 1101

Funke/Just DB 2010, 1389 (1390). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). Murach GWR 2010, 210.

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beziehen1102. Auch der Informationsaustausch unter Wettbewerbern ist nicht freigestellt, etwa über Markt und Preise1103. Verkauft der Unternehmer – wie häufig – die Vertragsprodukte auch selbst – etwa im Direktvertrieb –, wäre der Vertriebsvertrag grds. ein solcher unter Wettbewerbern1104. Nur ausnahmsweise bleibt der Vertrag unter Wettbewerbern freigestellt, nämlich in Fällen des zweigleisigen Vertriebs1105, in welchen die Wettbewerber nicht wechselseitige vertikale Vereinbarungen treffen, d.h. nur ein Wettbewerber den anderen mit dem Vertrieb betraut. Beispiele sind Brauereien, die eigene Gaststätten betreiben1106 oder Franchisegeber mit eigenen Geschäften und Franchisenehmern1107. Bedingung der Freistellung ist in diesem Fall, dass der Unternehmer einschließlich verbundener Unternehmen (Art. 1 Abs. 2 GVO) zugleich Hersteller und Händler von Waren, der Abnehmer einschließlich verbundener Unternehmen hingegen Händler ist, der keine mit den Vertragswaren in Wettbewerb stehenden Waren herstellt oder der Unternehmer ein auf mehreren Wirtschaftsstufen tätiger Dienstleister ist und der Mittler auf der Wirtschaftsstufe, auf der er die Vertriebsdienstleistungen oder -waren bezieht, kein Wettbewerber ist. Der Vertriebsmittler ist hier nicht als Hersteller tätig, der Restwettbewerb, etwa im Bereich der Direktgeschäfte des Herstellers, beschränkt sich auf die Handelsebene1108. Mit dieser Regelung soll Umgehungen des Kartellverbots durch Vertriebsvereinbarungen in Fällen entgegengewirkt werden, die in Wahrheit allein horizontale Wettbewerbsbeschränkungen bilden. Nach Art. 2 Abs. 5 GVO gilt die GVO nicht für Vertriebsverträge, deren Gegenstand 142 in den Geltungsbereich einer anderen GVO fällt. Dies betrifft vor allem die Kfz-GVO 1400/021109 sowie ihre Nachfolgeregelung1110. Eine weitere branchenbezogene Sonderregelung für vertikale Beziehungen enthält die GVO-Versicherungen1111.

143

(4) Art 3 GVO. Gemäß Art. 3 Abs. 1 GVO scheidet eine Freistellung aus, sofern der Anteil auch nur einer der an der Vereinbarung beteiligten, ggf. mehreren Parteien1112, also einer der beteiligten Unternehmer (Hersteller) oder eines Vertriebsmittlers unter Einbeziehung verbundener Unternehmen (Art. 7 lit. g GVO) auf dem relevanten Markt, auf welchem die Vertragswaren oder -dienstleistungen vertrieben werden, 30 % überschreitet. Gemäß Tz 87 LL maßgeblich für die Bestimmung des Marktanteils des Unternehmers ist seine Marktmacht auf dem Verkaufsmarkt über seine Mittler und für die Bestimmung des Marktanteils der Mittler ihre Marktmacht auf den Bezugsmarkt gegenüber den Unternehmern. Also ist für den Anbieter der Absatzmarkt und für den Abnehmer der Nachfrage- oder Beschaffungsmarkt1113 auf demselben Produktmarkt beider Beteiligter1114 entscheidend1115 (der Verkaufsmarkt des Abnehmers ist also entgegen dem ersten Entwurf der GVO irrelevant1116) ist, bemessen – notfalls geschätzt (Tz 93 LL)1117 – nach der 1102

Funke/Just DB 2010, 1389 (1390); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 89. 1103 LL Tz 212 Fußn. 55; Lettl WRP 2010, 807 (810). 1104 Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1661). 1105 Simon EWS 2010, 497 (499). 1106 Simon EWS 2010, 497 (499). 1107 Simon EWS 2010, 497 (499). 1108 Wegner BB 2010, 1803; Wiemer WuW 2009, 750 (755). 1109 Simon EWS 2010, 497 (Kfz-GVO als einzige branchenspezifische Regelung).

112

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Simon EWS 2010, 497; Lettl WRP 2010, 807 (808). VO (EU) Nr. 267/2010 v. 24.03.2010, ABl. EU 2010 Nr. L 83/1. Die Vorschrift gilt auch bei Beteiligung mehrerer Parteien (Lettl WRP 2010, 807 [812]; Murach GWR 2010, 210). Simon EWS 2010, 497 (498). Simon EWS 2010, 497 (498). Lettl WRP 2010, 807 (811); Murach GWR 2010, 210. Simon EWS 2010, 497 (498). Lettl WRP 2010, 807 (811).

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Substituierbarkeit der Produkte (Tz 89 LL) und dem Absatzwert1118 (Art. 7 GVO)1119. Häufig sind die maßgeblichen Märkte beider Beteiligter räumlich identisch (etwa ein nationaler Markt1120); das muss jedoch nicht zwingend so sein1121. Zur Bestimmung des relevanten Marktes vgl. Tz 87 ff LL. Bei Verträgen mit 3 Vertriebspartnern (Tz 90 LL) sowie in mehrstufigen Verträgen mit Unternehmen auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen muss der Schwellenwert von 30 % bei jeder einzelnen Lieferbeziehung eingehalten sein1122. Insbes. im Anschlussmarkt, etwa bei Ersatzteilen, kann der Schwellenwert für Hersteller1123 – aber wohl selten für Mittler1124 – überschritten sein (Tz 91 LL), wobei im Einzelfall zu entscheiden wäre, ob es sich um getrennte Märkte handelt1125. Unter der GVO 2790/99 war der Marktanteil des Mittlers nur bei Alleinbelieferungsvereinbarungen i.S.d. Art. 1 lit. c GVO 2790/99 relevant1126. Jetzt ist in jedem Fall die Position des Abnehmers bedeutsam1127, um der Marktmacht großer Handelsunternehmen und ihrer Fähigkeit Rechnung zu tragen, wettbewerbsbeschränkende Regelungen durchzusetzen1128. Das schränkt den Bereich der Freistellung ein1129 und wirft praktische Probleme auf1130, insb. beim Verkauf an Unternehmen, die auf vielen Märkten vertreiben1131. Der Unternehmer wird auch den Marktanteil des Mittlers überwachen müssen1132. Dies ist ihm wahrscheinlich auch möglich, denn für den Marktanteil des Mittlers ist der dem Unternehmer bekannte Bezugsmarkt gegenüber dem Unternehmer relevant (s.o.). Es dürfte daher irrelevant sein, ob der Unternehmer von der Richtigkeit der vom Abnehmer gelieferten Zahlen überzeugt ist1133, und damit auch, ob der im Nichtigkeitsfalle besser geschützte und auch eher durch betroffene Klauseln eingeschränkte Abnehmer Interesse an der Kartellrechtswidrigkeit haben mag, um seine Verhandlungsposition zu verbessern. Vielleicht werden zu hohe Marktanteile auch verschwiegen, um den Vertrag nicht zu gefährden oder die Marktmacht herunterzuspielen. Unsicherheiten sind voraussehbar1134. Möglicherweise sind sie handhabbar, da auch bei Überschreiten der Marktanteilsschwelle nicht automatisch von der kartellrechtlichen Unwirksamkeit des Vertriebssystems auszugehen ist. Das gilt gerade, wenn nur einzelne Abnehmer innerhalb eines Vertriebssystems den Schwellenwert überschreiten (fehlende Spürbarkeit; nur der einzelne Vertrag ist wohl nicht freigestellt) oder ein u.U. wettbewerbskonformes qualitativ-selektives Vertriebssystem vorliegt (Rn 120 ff). Eine quantitative Selektion ist bei Überschreiten der 30 %-Grenze hingegen nicht mehr möglich. Beide Parteien werden bei der Einschätzung ihrer Marktmacht zusammenarbeiten1135 und ggf.

1118 1119 1120 1121 1122 1123 1124 1125 1126

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Tz 93 LL. Lettl WRP 2010, 807 (811 f). Simon EWS 2010, 497 (498). Simon EWS 2010, 497 (498). Murach GWR 2010, 210. Lettl WRP 2010, 807 (811); Wegner BB 2010, 1803 (1804). Wegner BB 2010, 1803 (1806). Lettl WRP 2010, 807 (811). Simon EWS 2010, 497 (498) Fußn. 4; kritisch zu dieser Novellierung etwa Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). Simon EWS 2010, 497; Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); Rösner WRP 2010, 1114 (1123); Lettl WRP 2010, 807 (809).

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Nach Funke/Just DB 2010, 1389 (1392) hätte dem durch einen Entzug im Einzelfall Rechnung getragen werden können. Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); die kritischen Stimmen referiert Lettl WRP 2010, 807 (811). Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (504); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2385); Funke/Just DB 2010, 1389 (1392); Semler/Bauer DB 2000, 193 (195). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267).

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unabhängige Marktstudien beauftragen1136 müssen; vertragliche Zusicherungen bedeutsam werden, verbunden mit der Pflicht zur regelmäßigen Information über Veränderungen1137. Unzutreffende Informationen begründen einen Schadenersatzanspruch aus §§ 280, 311 BGB. Wegen der Irrelevanz solcher Selbsteinschätzungen lässt sich die Freistellung kaum erreichen, indem in die Präambel des Mittlervertrages die Ansicht beider Parteien aufgenommen wird, ihr Marktanteil unterschreite 30 %, so dass die GVO freistelle1138. Maßgeblich für die Marktanteilsschwelle ist der sachlich und räumlich relevante Markt des vorhergehenden Kalenderjahres (Art. 8 Abs. 1 GVO). Wird die Marktanteilschwelle in Bezug auf einzelne Produkte überschritten, gilt die GVO nur hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, bei denen die Marktanteilschwelle nicht überschritten ist. In Bezug auf die übrigen Waren und Dienstleistungen gelten die normalen Wettbewerbsregeln (Tz 72, 73 LL). Die Freistellung bleibt nach Art. 8 Abs. 2 GVO bestehen, sofern der jährliche Gesamtumsatz in 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die Schwelle um nicht mehr als 10 % überschreitet. Eigenproduktion (Verwendung im Unternehmen oder in den verbundenen Unternehmen) bleibt bei der Berechnung des Marktanteils unberücksichtigt1139.

144

(5) Art. 4 GVO. Art. 4 GVO nennt nicht freigestellte schwarze Klauseln oder Kernbeschränkungen. Freistellung erfahren sollen nur wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Vereinbarungen ohne die in Art. 4 GVO genannten Kernbeschränkungen. Anders gewendet: Kernbeschränkungen sind Vereinbarungen, bei denen keine wettbewerbsrechtlich positiv zu beurteilenden Effizienzgewinne zu erwarten sind. Die Freistellung der Vereinbarung entfällt insgesamt, sofern eine oder mehrere schwarze Klausel(n) oder Kernbeschränkung(en) der Vereinbarung in einer Vertikal-Vereinbarung enthalten ist oder sind (Tz 70 LL). Existieren Kernbeschränkungen, bleibt also der gesamte Vertriebsvertrag – und nicht nur die Kernbeschränkung – nicht freigestellt („die Freistellung gilt nicht für vertikale Vereinbarungen“)1140. Die Freistellung kann dann auch über die Bagatellbekanntmachung nicht erlangt werden1141. In Ausnahmefällen können Kernbeschränkungen für eine Vereinbarung objektiv notwendig und angemessen sein, etwa wenn sie erforderlich sind, um einem aus Sicherheits- oder Gesundheitsgründen bestehenden öffentlichen Verbot, gefährliche Stoffe an bestimmte Kunden abzugeben, nachzukommen (Tz 60 LL). Darüber hinaus haben Unternehmen die Möglichkeit, im Einzelfall die Einrede der Effizienz nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu erheben (Tz 47, 60 LL)1142, wobei jedoch regelmäßig eine solche Freistellung unwahrscheinlich ist (Tz 47 LL). Vertikale Kernbeschränkungen unterliegen insoweit einer Einzelfallprüfung1143. Art. 4 GVO bezeichnet fünf Kernbeschränkungen: 145 – lit. a: Preisbindung des Vertriebsmittlers: Allerdings darf der Unternehmer Höchstpreise festsetzen oder Preisempfehlungen aussprechen, sofern sich diese nicht infolge von Druck oder der Gewährung von Anreizen wie Fest- oder Mindestverkaufspreise auswirken. – lit. b: Beschränkungen des Gebiets oder des Kundenkreises, in das oder an den der Mitt1136 1137 1138

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Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1211). Diese Auffassung kann Gerichte und Behörden nicht binden. EuGH, Urt. v. 11.07.2006 – Rs. C-205/03, Slg. 2006, I-6295; de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (504). LL Tz 47; Simon EWS 2010, 497 (500); Lettl WRP 2010, 807 (813).

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Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 232. Simon EWS 2010, 497 (500); Malec/ von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). Paulweber/Kögel AG 1999, 500 (505); Ackermann EuZW 1999, 741.

Raimond Emde

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Vor § 84

ler – vorbehaltlich einer etwaigen Beschränkung in Bezug auf den Ort seiner Niederlassung1144 – die vermittelten Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf, mit Ausnahme von: • Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder an Kundengruppen, die der Unternehmer sich selbst vorbehalten oder ausschließlich einem anderen Mittler zugewiesen hat, sofern dadurch Verkäufe seitens der Kunden des Mittlers nicht begrenzt werden, • Beschränkungen des Verkaufs an bestimmte oder alle (Tz 55 LL) Endverbraucher durch Mittler (Abnehmer), die auf der Großhandelsstufe tätig sind, • Beschränkungen des Verkaufs an nicht zugelassene Händler, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems innerhalb des vom Unternehmer für den Betrieb des Systems festgelegten Gebiets auferlegt werden, • Beschränkungen der Möglichkeiten des Mittlers, Teile, die zur Weiterverwendung geliefert werden (unter Einschluss aller Zwischenprodukte, Tz 55 LL), an seine Kunden zu verkaufen, welche diese Teile für die Herstellung derselben Art von Waren verwenden würden, wie sie die Unternehmer herstellt. – lit. c: Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher, soweit diese Beschränkungen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden, welche auf der Einzelhandelsstufe tätig sind. Den Mitgliedern des selektiven Vertriebssystems darf aber verboten werden, Geschäfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben1145. – lit. d: Beschränkungen von Querlieferungen zwischen den einzelnen Händler eines selektiven Vertriebssystems. Dieses Verbot gilt selbst dann, wenn jene Händler auf unterschiedlichen Handelsstufen tätig sind. – lit. e: Beschränkungen des Anbieters von Teilen, die den Anbieter daran hindern, diese Teile als Ersatzteile an Endverbraucher oder Reparaturbetriebe oder andere Dienstleister zu verkaufen, die der Abnehmer nicht mit der Reparatur oder Wartung seiner eigenen Waren betraut hat. Im Einzelnen: Art. 4 GVO ist die in der Praxis bedeutsamste Regelung der GVO. Jeder Vertriebsver- 146 trag muss solche Kernbeschränkungen vermeiden. Ob die jeweilige Kernbeschränkung zu einem wirtschaftlichen Erfolg führt, ist für die Anwendung des Art. 4 unerheblich1146. Die Kernbeschränkungen sind eng auszulegen1147. Zu lit. a (Preisbindung): Eine Preisbindung setzt eine Willensübereinkunft zwischen 147 Anbieter und Abnehmer im Hinblick auf die von dem Abnehmer gegenüber Dritten festzusetzenden Weiterveräußerungspreise voraus1148. Fest- und Mindestweiterverkaufspreise bleiben eine Kernbeschränkung1149, selbst wenn sie Produkte Dritter betref1144

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Die Klarstellung, dass der Unternehmer dem Mittler den Ort seiner Niederlassung vorschreiben darf, wurde durch die GVO 330/10 neu eingefügt, vgl. Simon EWS 2010, 497 (502); Funke/Just DB 2010, 1389 (1392) mit krit. Stellungnahme zur Bezeichnung als „Niederlassung“. Unter der GVO 2790/99 wurden Standortklauseln als unzulässig angesehen, s. Staub/Emde 5. Aufl. Vor § 84 Rn 134. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 146.

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Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 174. Lettl WRP 2011, 710 (732). Freund WuW 2011, 29 (31); Malec/ von Bodungen BB 2010, 2383 (2386); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (506); Bayreuther EWS 2000, 106 (112); Polley/ Seeliger WRP 2000, 1203 (1212); Bechtold EWS 2001, 49 (52).

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fen1150. Unverb. Preisempfehlungen als keine Vereinbarung bildende einseitige Maßnahme1151 (wohl nicht nur bei Unterschreiten der Schwellenwerte von 30 % – so jedoch Tz 226 LL), Höchstpreise1152 sowie Meistbegünstigungsklauseln1153 sind zulässig. Bereits die Kontaktaufnahme zwischen den Vertriebspartnern über die Preisgestaltung und die nachträgliche und wiederholte Thematisierung (weil hiermit die Kontrolle der Preise und mögliche Konsequenzen impliziert werden) ist bedenklich1154; ebenso ein Preisbeobachtungssystem1155 (weil es darauf hindeutet, dass im Falle fehlender Preisdisziplin Sanktionen folgen). Das Gleiche gilt für indirekte Preisbindungen1156, etwa die Bindung an Marktpreise von Wettbewerbern1157 oder finanzielle Vergünstigungen für das Einhalten eines bestimmten Preisniveaus1158. Der Begriff des Preises bezieht sich nicht nur auf den Wiederverkaufspreis gegenüber dem Endverbraucher sondern auf sämtliche preisbildende Faktoren. Damit sind auch Vereinbarungen, welche dem Händler eine Gewinnspanne vorschreiben, als Kernbeschränkung verboten1159 ebenso – außer gegenüber kartellrechtlich privilegierten HV i.S.d. Tz 12 ff LL. – Provisionsteilungsabreden (Tz 49 LL). Die bloße Übergabe einer Liste mit vorgeschlagenen Preisen oder Preisobergrenzen1160 oder der Aufdruck eines Preisvorschlages auf dem Produkt1161 stellen meist nur eine Preisempfehlung dar. Eine Einschränkung des Preisbindungsverbots gem. Art. 101 AEUV, Art. 4 lit. a GVO nach Art der amerikanischen „rule of reason“ kommt nur im Ausnahmefall gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV in Betracht 1162 (Tz 223 LL), wobei aber eine angemessene Beteiligung der Verbraucher erforderlich ist1163. Insoweit können sich aus der Festsetzung von Fest- und Mindestweiterverkaufspreisen Effizienzgewinne ergeben, etwa beim Markteintritt (Tz 225 LL)1164, Lockvogel- oder Verdrängungsangeboten großer Händler1165, Sonderangeboten in einheitlichen Vertriebssystemen, etwa Franchisesystemen (Tz 225 LL), sowie kurzzeitigen Sonderangebots oder Niedrigpreisinitiativen, etwa von 2– 6 Wochen1166. Trotz der strengen Regelung eröffnen die LL damit Raum für eine erfolgreiche Verteidigung solcher Preise im Einzelfall1167. Die Darlegungs- und Beweislast für das

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Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). Simon EWS 2010, 497 (500); de Crozals/ Heinen EWS 2009, 503 (506); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395). Simon EWS 2010, 497 (500); Malec/ von Bodungen BB 2010, 2383 (2386); Metzlaff BB 2000, 1201 (1206); Liebscher/ Petsche EuZW 2000, 400 (402). Nach Ansicht von Bayreuther EWS 2000, 106 (111) bleibt unklar, ob die GVO Höchstpreisbindungen zulässt. Ackermann EuZW 1999, 741 (743); Schultze/Pautke/Wagener, Rn 426 ff; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 155; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 624; nicht aber Meistbegünstigungsklauseln zu Lasten des Abnehmers, s. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). BKartA, Beschl. v. 25.09.2009 – B3-123/08 – Ciba Vision, WuW DE-V, 1813; Funke/Just DB 2010, 1389 (1395 f); aA Freund WuW 2011, 29 ff.

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AA Lettl WRP 2011, 710 (728). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 622. Lettl WRP 2011, 710 (727). Lettl WRP 2011, 710 (730). Simon EWS 2010, 497 (500); aA (kaum freistellungsfähig): Lettl WRP 2010, 807 (813) (großzügiger aber Lettl WRP 710 [733 ff]; Sosnetza/Hoffmann AG 2008, 107 ff; Schwaderer WuW 2008, 653 (660). Vgl. Sosnetza/Hoffmann AG 2008, 107 (113). Simon EWS 2010, 497 (501); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). Simon EWS 2010, 497 (501); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507); Murach GWR 2010, 210. Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268).

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Vorliegen eines solchen Effizienzgewinnes trägt das Unternehmen1168. Die Preisbindung des Unternehmers ist nicht verboten1169. Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob eine Klausel dem Vertriebsmittler die Preisfreiheit gestattet1170. Zu lit. b (Kundenkreisbindungen): Auch Gebiets- oder Kundenkreisbeschränkungen 148 des Mittlers sind nicht freistellungsfähig. Der Unternehmer hingegen darf sich hinsichlich des Gebietes oder Kundenkreises beschränken (Tz 50 LL). Nur durch die Festlegung des Ortes der Niederlassung des Mittlers lässt sich ihm gegenüber eine gewisse Gebietsbeschränkung erreichen1171. Die Beschränkung des Internet-Verkaufs bildet eine Beschränkung des Kundenkreises1172, ebenso das im selektiven Vertrieb übliche Verbot des Verkaufs an „Außenseiter“1173. Auch indirekte Maßnahmen, die sich wie eine Gebiets- oder Kundenkreisbeschränkung auswirken, sind erfasst, etwa mittelbarer Druck (Tz 50 LL). Zu denken ist an wirtschaftliche Nachteile in Bezug auf eine Reduzierung der Vergütung, Kündigungsdrohungen, Beschränkungen der Liefermenge oder daran, dass der Unternehmer trotz wohl zulässiger Differenzierung der Garantieleistung in den einzelnen Staaten für die jeweils gewährte Garantie keine gemeinschaftsweite Durchsetzbarkeit anbietet1174 oder sie nur Kunden vorbehalten bleibt, die bei dem zuständigen Alleinvertriebshändler gekauft haben1175. Es ist jedoch zulässig, dass der Händler nur seinen Kunden eine zusätzliche Garantie gibt1176. In selektiven Vertriebssystemen erlaubt ist die vertragliche Beschränkung von Garantieleistungen auf von zugelassenen Händlern verkaufte Erzeugnissse, da diese Regelung dazu dient, den Vertrieb durch Außenseiter zu verhindern1177. Beschränkungen der Verwendung der vertriebenen Ware durch den Vertriebsmittler (etwa: „Field of Use-Klauseln“ oder „Verwendungsbeschränkungen“) bilden gleichfalls eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 GVO1178. Sie sind auch durch Art. 101 Abs. 3 AEUV oder die Bagatellbekanntmachung nicht freigestellt1179. Verkaufsbeschränkungen, die sich aus der Natur des Produkts erheben, werden gebilligt (z.B. bei gefährlichen Produkten). Das gleiche gilt für die Sicherung gesetzlicher Vorschriften, etwa des Verbots der Lieferung von Zigaretten und Alkohol an Jugendliche oder Kinder. Art. 4 lit. b nennt die o.g. 4 Ausnahmen, bei deren Eingreifen eine Gebietsbeschrän- 149 kung ausnahmsweise zulässig ist. Die erste Ausnahme, bei deren Eingreifen aktiver Verkauf des Mittlers in Gebiete 150 untersagt werden darf, welche vom Lieferanten oder einem anderen Händler besetzt bleiben, d.h. sich der Unternehmer zur ausschließlichen Belieferung vorbehalten oder einem Dritten zur ausschließlichen Belieferung zugewiesen hat, kommt nur für aktive Verkäufe 1168 1169

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Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). Stancke VersR 2009, 1168 (1174) für Preisbindungen, an die ein Versicherer in Rahmenvereinbarungen zu einem Maklerkonzept gebunden wird. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 = WuW EU-R 1475, 446, Rn 71; Tz 50 LL. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387). Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310); Pautke/Schultze BB 2009, 1383. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2385). Tz 50 der LL zur GVO 330/10; Vogels/ Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 625.

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EuGH, Rs C-373/90, Slg. 1992, I-131, Rn 18; Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 203. EuGH, Rs 86/82, Slg. 1984, 883, Rn 34 (Hasselblad/Kommission); Weiß, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 203. EuGH, Rs C-376/92, Slg. 1994, I-15, Rn 32, 33 (Metro/Cartier); Weiß, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 212. Gehring/Fort EWS 2007, 160 (165); aA Bechtold/Denzel WuW 2008, 1272 ff. Gehring/Fort EWS 2007, 160 (163, 166); aA Bechtold/Denzel WuW 2008, 1272 (1280).

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in Betracht. Die vorbehaltenen Gebiete müssen tatsächlich besetzt sein1180; jedenfalls muss dies ernsthaft vorgesehen sein1181. Dem Anbieter vorbehalten ist ein Gebiet also nur dann, wenn er die Kunden tatsächlich beliefert bzw. eine Belieferung ernsthaft will. Der bloße Wille zum Ausschluss genügt nicht1182. Nicht möglich ist es daher, den einzigen Abnehmer auf ein Gebiet zu beschränken, wenn der Hersteller oder andere Abnehmer nicht außerhalb dieses Gebietes liefern1183. Sind Gebiete nur teilweise besetzt, dürfen nur teilbesetzte Gebiete vorbehalten werden (weil sonst durch „Gebietsschneiderei“ die Ausnahme zur Regel würde). Die Besetzungsform hingegen braucht nicht erwähnt zu werden1184. Praktikabilitätsgesichtspunkte sprechen dafür, eine einseitige Erklärung des Herstellers genügen zu lassen, welche Gebiete er sich oder anderen Händlern vorbehält1185. Der Mittler muss sie aber zumindest akzeptieren, damit eine von Art. 101 AEUV erfasste Vereinbarung vorliegt. Die Größe des betroffenen Gebiets oder die Zahl der Kunden ist unerheblich. Es kann sich sogar um das Verbot der Belieferung eines einzigen namentlich benannten Kunden handeln1186. Verkäufe seitens der Kunden des Mittlers dürfen nicht begrenzt werden. Dadurch soll bei mehrstufigen Vertriebssystemen ein absoluter Gebietsschutz ausgeschlossen werden. Die Vorschrift führt zu erheblichen Anwendungskosten1187. Sie zwingt die Unterneh151 men in Exklusivitätsvereinbarungen, wo sie vielleicht nicht nötig wären1188. Beschränkungen des passiven Verkaufs gegenüber sog. „Kommkunden“ sind regelm. eine Kernbeschränkung1189. Voraussetzung ist aber, dass der Anwendungsbereich der Art. 101 AEUV, § 1 GWB eröffnet ist (siehe zum selektiven Vertrieb Rn 120 ff). Die Kommission hat in Tz 61 LL klargestellt, dass unter bestimmten Umständen sogar Beschränkungen des passiven Verkaufs Art. 101 AEUV nicht widerstreiten. Die Kommission erkennt a.a.O. eine Ausnahme zugunsten von Lieferanten an, die anderenfalls von einem Markteintritt absehen würden. Diese Ausnahme rechtfertigt sich dadurch, dass mit der Einführung einer neuen Marke oder mit dem Eintritt in einen neuen geographischen Markt i.d.R. erhebliche Investitionen verbunden sind, um das Produkt bekannt zu machen und eine Nachfrage zu begründen (s.a. Tz 117 LL). Daher wird der Händler oft nur zu Investitionen bereit sein, wenn er zumindest für eine gewisse Zeit gegen aktive und passive Verkäufe in seinem Gebiet oder an seine Kunden durch andere Händler geschützt ist1190. Gem. Tz 107 LL sind daher Gebietsbeschränkungen, die einen Händler auch vor passiven Verkäufen schützten, während der ersten 2 Jahre der Geschäftstätigkeit des Händlers nicht als Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV anzusehen, soweit die Investitionen des Händlers zum Aufbau des Geschäfts notwendig sind1191. Die Alleinver1180

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Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1213). Ob es ausreicht, dass sich der Hersteller sämtliche, dem Vertriebsmittler nicht zugewiesene Gebiete der Welt für sich reserviert, erscheint zweifelhaft; vgl. Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (403). Wegner BB 2010, 1803 (1807); aA wohl Lettl WRP 2010, 819. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 197; Semler/Bauer DB 2000, 193 (198). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387). Unentschieden Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1213). Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1213).

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Semler/Bauer DB 2000, 193 (198); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 181. Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). Simon EWS 2010, 497 (502); Malec/ von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 190. Siehe Funke/Just DB 2010, 1389 (1395). Siehe Simon EWS 2010, 497 (501); Funke/ Just DB 2010, 1389 (1395); Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233.

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triebsvereinbarung bleibt freigestellt, wenn neben dem alleinigen Händler auch der Lieferant selbst die Produkte im Vertragsgebiet vermarktet (Tz 51 LL)1192. In Tz 51 LL wird der Begriff des aktiven Verkaufs definiert: Er liegt entweder bei der gezielten Ansprache einzelner Kunden, bestimmter Kundengruppen (Massen-E-Mails) oder Kunden in einem Gebiet durch Werbung oder Verkaufsförderungsmaßnahmen, die speziell auf jene Kunden ausgerichtet sind (weil die Werbemaßnahme nur bei Geschäftsschluss mit diesen Kunden wirtschaftlich wäre1193) oder bei Errichtung eines Lagers oder einer Verkaufsstätte in dem Bereich. Passiver Verkauf ist hingegen die Reaktion auf eine unaufgeforderte Interessenbekundung oder Bestellung von „Kommkunden1194“, d.h. die Erledigung solcher Anfragen. Werbemaßnahmen allgemeiner Art1195, etwa mittels Homepage im Internet1196, gelten im Regelfall als passiver Verkauf (Tz 52 LL), auch bei Autohäusern1197. Das Aufsuchen der Website eines Vertriebshändlers und die Kontaktaufnahme mit ihm durch einen Kunden bildet einen passiven Verkauf 1198 (Tz 52 LL), ebenso die Sprachwahl (Tz 52 LL)1199 oder eine zum Verkauf leitende automatische Information durch den Händler (Tz 52 LL)1200. Werbemaßnahmen im Internet können nur als aktiver Verkauf angesehen werden, wenn sie gezielt einzelne Kunden oder Kundengruppen ansprechen1201, etwa mittels selektiv versandter Post oder E-Mail1202, durch Verwendung gebiets- oder kundenbezogener Banner oder Links1203 (Tz 53 LL), im Extremfall mit Umleitung auf andere Seiten1204, oder wenn der Mittler Zahlungen an Suchmaschinen oder andere Dienste leistet, um Nutzer eines Gebiets anzuziehen (Tz 53 LL). Außerhalb dieses eng definierten Bereichs des aktiven Verkaufs bildet jedes Verbot oder jede Behinderung des Internetvertriebs des Mittlers1205, gleich ob vollständig1206 oder in einem Teilbereich, zeitlich limitiert oder unlimitiert1207, etwa indem sich der Anbieter den Internetvertrieb allein vorbehält1208, die Anwesenheit eines Beraters (hier eines Pharmakologen) fordert 1209 oder das Verbot des Verkaufs in andere Länder1210 regelm. – vielleicht mit der Ausnahme des selektiven Vertriebs (Rn 120 ff) – eine unzulässige, schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkung1211, sofern nicht besondere Umstände (Extremsituationen)1212, etwa die Gefährlichkeit des Produktes1213, das Verbot rechtfertigen. Das Verbot des Internetvertriebs kann nicht dem zulässigen Verbot des Betreibens von Geschäften aus nicht zugelassenen Niederlassungen i.S.d. Art. 4 lit. c 2. Hs GVO gleichgestellt wer-

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Siehe Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395). LL Tz 51 S. 6; i.E. Lettl WRP 2010, 807 (814 ff). Simon EWS 2010, 497 (502). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). Funke/Just DB 2010, 1389 (1394); Lettl WRP 2010, 807 (816 f). Niebling WRP 2010, 1454 (1457). Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). Funke/Just DB 2010, 1389 (1394). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 191. Westphal II Rn 384. Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310). Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310).

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Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212). Hierzu Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09 Rn 62. Wiring MMR 2010, 659; Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). Schlussantrag des Generalanwalts v. 03.03.2011 – C 439/09 Rn 62. Haslinger WRP 2009, 279 (284). Rösner WRP 2010, 1114 (1119); Haslinger WRP 2009, 279 (280); Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233; Lettl WRP 2010, 807 (818 f). Lettl WRP 2010, 807 (818 f). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508); Pautke/Schultze BB 2001, 317 ff.

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den, da es sich nicht um eine „virtuelle Niederlassung“ handelt 1214. Teilweise wird bei Beschränkungen des Internetvertriebs schon das tatbestandliche Eingreifen eines Wettbewerbsverstoßes nach Art. 101 AEUV, § 1 GWB verneint, etwa beim selektiven Vertrieb hochwertiger Markenprodukte1215 (Rn 120 ff) oder Franchiseverträgen, nicht jedoch beim Vertrieb von Kontaktlinsen1216. Im Anwendungsbereich der GVO sind Beschränkungen des Internetvertriebs an Verbraucher nur gestattet, solange sie das „Wie“ des Internetvertriebs betreffen1217. Stationäre Selektionskriterien dürfen auf den Internet-Vertrieb übertragen, aber, soweit es das Wesen des Vertriebsweges nicht erfordert (Tz 56 LL), gegenüber den Kriterien für den stationären Vertrieb in der Sache nicht verschärft werden (Tz 54, 56 LL)1218. Völlige Identität der Kriterien ist nicht erforderlich (Tz 56 LL)1219, der Schutz des Vertriebssystems z.B. gegen Außenseiter mag in einem Vertriebsweg strengere Kriterien erfordern (Tz 56 LL)1220, etwa eine geringere Höchstabgabemenge pro online- als offline-Kunden1221. Nicht freigestellt bleiben Beschränkungen, die direkt oder indirekt darauf abzielen, den Internetvertrieb ganz oder teilweise zu verhindern, also dessen „Ob“ regeln1222. Bereits nach Tz 54 LL darf der Unternehmer – auch im Wege einer nachträglichen Vertragsänderung1223 (sie ist erforderlich, falls die Parteien zuvor, ggf. konkludent, abweichend verfuhren) Qualitätsanforderungen1224 stellen, insbesondere solche, die dazu führen, dass sich der Internet-Auftritt in sein Gesamtvertriebssystem1225 einfügt, etwa um das Ambiente eines Ladengeschäfts zu visualisieren1226. Auch ein Syndikationswunsch des Herstellers mit seinem Internetauftritt, entweder durch Nutzung einer spezifischen Markenplattform oder weiterer CI-Elemente, ist unproblematisch, solange nicht hohe Anschlussgebühren, etwa in vierstelliger Höhe pro Einzelmarke, gefordert werden1227. Außerdem darf der Unternehmer mindestens 50 %1228 oder sogar das Überwiegen1229 des stationären Vertriebs1230, ein oder mehrere stationäre Geschäfte („Brick-store-Klausel“)1231, Ausstellungsräume, einen nach Wert und Menge bestimmten Anteil des offline-Handels1232 sowie eine bestimmte Sortimentstiefe1233 fordern. Auch 1214 1215 1216 1217 1218

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Rösner WRP 2010, 1114 (1119). Immenga BB 2009, 2561. BKartA, Beschl. v. 25.09.2009 – B 3 – 123/08, WuW DE-V 1813 = WuW 2010, 91. Rösner WRP 2010, 1114 (1119). Funke/Just DB 2010, 1389 (1393); Pautke/Schultze BB 2009, 1383; Lettl WRP 2010, 807 (819). Lettl WRP 2010, 807 (820). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). Siehe hierzu bereits Szönyi GRUR Int. 2004, 567 (568, 569) sowie Emde BB 2005, 389 (390). Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Rösner WRP 2010, 1114 (1120); Funke/Just DB 2010, 1389 (1393); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). Wiring MMR 2010, 659. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Haslinger WRP 2009, 279 (283). BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02, WuW DE-R 1203 ff = WRP 2004, 374

120

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(376) aA mglw. Tz 52 lit. c LL; vgl. Rösner WRP 2010, 1114 (1124). Rösner WRP 2010, 1114 (1120) – um ein „Alibi-Geschäftslokal“ zu verhindern. AA mglw. Tz 52 lit. c LL. Hierbei wird also der ausschließliche Internet-Vertrieb ausgeschlossen, was gestattet ist, s. BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02, WuW DE-R 1203 ff = WRP 2004, 374 (376); Rösner WRP 2010, 1114 (1120, 1124); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507); Pischel GRUR 2008, 1066 (1070); Bauer WRP 2003, 243 (247). Simon EWS 2010, 497 (502). LL Tz 52 S. 8 Spiegelstr. 3; Lettl WRP 2010, 807 (817); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508); wobei eine Kernbeschränkung vorliegen soll, sofern der Anteil des offline-Verkaufs de facto zu einem InternetVertriebsverbot führt (Lettl WRP 2010, 807 [818]), etwa ab einem vorgeschriebenen Anteil des offline-Absatzes von 50 % (Lettl WRP 2010, 807 [817]). Rösner WRP 2010, 1114 (1121).

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dürfen Vorschriften zur nicht prohibitiv wirkenden Nutzung der vom Unternehmer geschützten Kennzeichen1234 sowie zur einheitlichen CI1235 gemacht werden. Ferner darf der Unternehmer nicht prohibitiv wirkende technische Standards vorgeben1236, etwa Navigationsgeschwindigkeit und -möglichkeiten1237, Auflösungsqualität1238, benutzerfreundlichen Aufbau1239, schnelle Lieferung1240, Vorgaben zum äußeren Niveau1241, der Gestaltung der Homepage (Anpassung an das Luxusimage1242, Domainnamen1243, Präsentation, Beratung (online)1244, Gesamtbild1245, Abgrenzung von no-name-Produkten sowie Produkten niedriger Qualitätsstufen1246). Unzulässig wäre etwa die Verpflichtung des Händlers zum „re-routing“, d.h. Einsichtnahmen von Kunden außerhalb seines Gebietes durch die automatische Umleitung auf die Homepage eines im Gebiet des Einsehenden belegenen Händlers1247 zu begegnen (Tz 52 lit. a LL), ebenso die Unterbrechung der Transaktion, sobald die Kreditkarte eines nicht gebietsansässigen Kunden verwendet wird (Tz 52 lit b LL)1248, eine Beschränkung des über das Internet getätigten Teils der Gesamtverkäufe (Tz 52 lit. c LL)1249, wobei der Unternehmer hier jedoch Mindestwert oder -menge offline bestimmen darf (Tz 52 lit. c LL)1250 oder die Forderung nach höheren Preisen im online- als im offline-Verkauf („dual pricing“, Tz 52 lit. d LL)1251. Ausnahmsweise ist die Vereinbarung höherer Preise gem. Tz 64 LL zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt1252, etwa höhere Kosten1253 oder eine höhere Beschwerde- und Haftungsquote im Onlineverkauf. Insbesondere die Bewertung der im Verhältnis zum generellen Verbot des Internet- 152 Vertriebs weniger einschränkenden partiellen Beschränkungen, etwa des Verbots des Verkaufs über Internet-Auktionsplattformen, z.B. eBay oder amazon1254, ist umstritten. Nach einer Ansicht stellt das Verbot des Warenvertriebs über solche Internet-Auktionsplattformen als Qualitätsvorgabe1255 tatbestandlich keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV1256 bzw. keine Kundenkreisbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. b GVO dar1257. Solche

1234 1235 1236 1237

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Rösner WRP 2010, 1114 (1121). Rösner WRP 2010, 1114 (1121). Rösner WRP 2010, 1114 (1120). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Lettl WRP 2010, 807 (818); Haslinger WRP 2009, 279 (283). Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Haslinger WRP 2009, 279 (283). Lettl WRP 2010, 807 (818). Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Lettl WRP 2010, 807 (818); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). Lettl WRP 2010, 807 (818). Haslinger WRP 2009, 279 (283). Lettl WRP 2010, 807 (818). Rösner WRP 2010, 1114 (1121). Lettl WRP 2010, 807 (818); Haslinger WRP 2009, 279 (283). Rösner WRP 2010, 1114 (1120); Lettl WRP 2010, 807 (818) – keine abwertenden Domainnamen, etwa „Discount“ (Rösner WRP 2010, 1114 [1120]; Pischel GRUR 2008, 1066 [1071]). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508).

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de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). Kritisch Rösner WRP 2010, 1114 (1124). Kritisch auch hier Rösner WRP 2010, 1114 (1124), weil der Hersteller kaum für jeden Händler eine passende Einschätzung treffen könne. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Wiring MMR 2010, 659; de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). Hierzu Rösner WRP 2010, 1114 (1122), der es zulässig hält, diese Vertriebsform zu verbieten. Rösner WRP 2010, 1114 (1124). Wiring MMR 2010, 659; Rösner WRP 2010, 1114 (1124); Schultze/Pautke/ Wagener BB 2009, 2266 (2272). OLG München, Urt. v. 02.07.2009 – U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold), BBL 2009-2561-2, www.betriebsberater.de mit Anm. Immenga BB 2009, 2561; LG München I, Urt. v. 24.06.2008 – 33 O 22144/07, CR 2008, 806; hierzu

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Auktionsplattformen richteten sich an alle Internetbenutzer; ihre Kunden könnten auch mittels anderer Vertriebsformen erreicht werden. Eine Beschränkung liegt nach jener Meinungsgruppe nicht vor1258. Nach Auffassung von Dieselhorst/Luhn1259 fehlt ein aktiver Verkauf, welchen der Unternehmer untersagen dürfe, sofern er sich den Kundenkreis selbst vorbehalten habe. Nach der wohl zutreffenden Ansicht von Rösner bildet der Ausschluss des Verkaufs über diese Plattformen eine logische Fortsetzung des Rechts des Unternehmers, Qualitätsanforderungen zu stellen1260, wobei es auf den Einzelfall ankommt. Nach aA bildet die Beschränkung des Internetvertriebs als Beschränkung des Kundenkreises eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. c GVO 330/101261. Unter bestimmten Umständen kann sowohl ein aktiver wie ein passiver Verkauf 153 untersagt werden, etwa in Folge erheblicher Investitionen des Händlers bei Markteintritt (Tz 61 LL) oder bei Markteinführungstests (Tz 62 LL). Angeblich benötigt ein Vertragshändler keine Zustimmung des Unternehmers und 154 Markeninhabers, um eine Website unter dem Markennamen des Unternehmers zu unterhalten1262. Ob deshalb jeder Vertriebsmittler sein Veto gegen das Erstellen einer Website des Unternehmers einlegen darf, so dass es diesem fast unmöglich wird, aus eigenem Antrieb eine solche zu fertigen1263, erscheint sehr fraglich. Mithin ist es schwierig, gegenüber Händlern die Begrenzung ihrer Verkäufe auf das eigene Gebiet durchzusetzen, da das Medium „Internet“ weltweit nutzbar ist. Ein Formulierungsvorschlag findet sich bei Wauschkuhn1264. Die Internet-Werbung kann aber erschwert werden, indem an die Website bestimmte, hohe Qualitätsanforderungen gestellt werden. Jene dürfen nicht so bemessen sein, dass sie kein Händler vernünftigerweise erfüllen kann. Zumindest die gezielte Beeinflussung von Suchmaschinen durch „meta-tags“ kann als beschränkbarer, aktiver Verkauf i.S.d. GVO angesehen werden. Auch das indirekte Verbot passiver Verkäufe ist nicht freigestellt, z.B. Vereinbarungen, nach denen den Mittlern geringere Rabatte gewährt werden, falls sie Vertragswaren in andere Vertragsgebiete innerhalb des gemeinsamen Marktes liefern, sofern die höheren Preise nicht ausnahmsweise durch sonstige Gründe sachlich gerechtfertigt sind1265. Es ist dem Hersteller verboten, den Mittler die für die Lieferung an gebietsfremde Kunden benötigte Vertragsware vorzuenthalten1266. Bei der 3. Ausnahme (Beschränkung des Verkaufs an nicht zugelassene Händler, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden) besteht die Einschränkung, dass die Beschränkung nur „innerhalb des vom Anbieter für den Betrieb des selektiven Vertriebssystems festgelegten Gebiets“ möglich ist1267. Beschränkungen für Gebiete

1258

1259 1260 1261

Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1026); Simon EWS 2010, 497 (502); Malec/ von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Immenga BB 2009, 2561. OLG München, Urt. v. 02.07.2009 – U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold), BBL 2009-2561-2, www.betriebsberater.de mit Anm. Immenga BB 2009, 2561. WRP 2008, 1306 (1311); aA Rösner WRP 2010, 1114 (1121). Rösner WRP 2010, 1114 (1121 f). Rösner WRP 2010, 1114 (1118); Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310);

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Haslinger WRP 2009, 279 (284); aA OLG München, Urt. v. 02.07.2009 – U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold) m. insoweit zustimmender Anm. Immenga BB 2009, 2561. Szönyi GRUR Int. 2004, 567 (568). Szönyi GRUR Int. 2004, 567 (569). Der Vertragshändlervertrag, 2. Aufl. München 2003, § 6. Westphal II Rn 388. Westphal II Rn 389. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Funke/Just DB 2010, 1389 (1393).

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außerhalb des selektiven Vertriebssystems bleiben also unzulässig1268. Mit dem „festgelegten“ Gebiet wird auch ein designiertes Gebiet erfasst, d.h. ein Gebiet, in welchem der selektive Vertrieb noch nicht durchgeführt wird, aber vorgesehen ist1269. Händler in einem selektiven Vertriebssystems dürfen daher grds. Nichtmitglieder des Systems beliefern, soweit jene in einem Gebiet ansässig sind, welches nicht für den Betrieb des selektiven Vertriebsystems festgelegt ist1270 (Ausnahme: Verbot aktiven Verkaufs nach Art. 4 lit. b Ziff. 1, dazu unten). Diese Nichtmitglieder unterliegen keiner Verkaufsbeschränkung durch den Anbieter und können daher andere Nichtmitglieder beliefern, die sich sogar innerhalb des selektiven Systems befinden1271. Dies kann der Anbieter verhindern, indem er für alle EU-Mitgliedsstaaten den Betrieb eines selektiven Vertriebssystems festlegt1272. Das exemplifiziert sich am Nebeneinander eines selektiven und exklusiven Gebiets: Wird innerhalb der EU sowohl ein selektives wie ein exklusives System betrieben, so kann ein Händler aus einem Gebiet mit selektivem Vertrieb gem. Art. 4 lit. b Ziff. 1 daran gehindert werden, aktiv in ein Gebiet zu verkaufen, das einem Exklusivhändler vorbehalten ist. Einem Exklusivhändler kann jedoch nicht der Verkauf in das selektive Gebiet verboten werden, nur gem. Art. 4 lit b. die Eröffnung eines Geschäfts in diesem Gebiet1273. Zu lit. c Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher: 155 Aktiver und passiver Verkauf an Endverbraucher – dazu zählen auch Leasingunternehmen1274 (Tz 51 LL Kfz-GVO 461/10) und Vermittler (Tz 52 LL Kfz-GVO 461/10) – durch auf der Einzelhandelsstufe tätige Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems darf im selektiven Vertriebssystem – anders als nach lit. b außerhalb solcher Systeme1275 – grds. nicht untersagt werden. Ein durch lit. c geschützter Händler muss daher frei sein, über das Internet zu werben und zu verkaufen1276. Selbst der aktive Verkauf ist innerhalb eines selektiven Vertriebssystems also nicht auszuschließen. Deshalb darf in einem Gebiet, in welchem der Unternehmer einen selektiven Vertrieb betreibt, dieses System nicht mit Alleinvertrieb i.S.d. Art. 4 lit. b (i) kombiniert werden, da derartiges zu einer Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs durch den Händler führen würde (Tz 57 LL – unklar Tz 56 LL). Zulässig sind aber Bestimmungen zum Schutz eines andernorts betriebenen Alleinvertriebssystems i.S.d. ersten Ausnahme zu Art 4 lit. a, also Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder an Kundengruppen, die der Unternehmer sich selbst vorbehalten oder ausschließlich einem anderen Mittler zugewiesen hat, sofern dadurch Verkäufe seitens der Kunden des Mittlers nicht begrenzt werden (Tz 56, 51 LL). Ansonsten kommt die kartellrechtliche Unbedenklichkeit eines aktiven und passiven Verkaufsverbots nur in Betracht, wenn das System bereits tatbestandlich nicht gegen Art. 101 AEUV verstößt. Außerdem sind Vereinbarungen gestattet, nach denen Händler ihre Geschäfte nur aus zugelassenen Niederlassungen heraus betreiben dür1268

1269 1270

Diese zusätzliche Verkürzung des Ausnahmetatbestandes wurde durch die GVO 330/10 eingeführt, s. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Lettl WRP 2010, 807 (819); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (506); die Beschränkung gereicht vor allem zum Nachteil kleinerer und im Aufbau befindlicher (de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 ([506])Vertriebssysteme. LL Tz 55; Simon EWS 2010, 497 (501). Funke/Just DB 2010, 1389 (1393).

1271 1272 1273 1274

1275 1276

Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). Simon EWS 2010, 497 (501/502). Es muss aber sichergestellt sein, dass es sich nicht um einen verkappten Wiederverkäufer handelt, Tz 51 LL Kfz-GVO 461/10. Kritisch zu dieser Ungleichbehandlung Lettl WRP 2010, 807 (820). Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233.

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fen (Standortklausel)1277. Die Vorschrift ist für die unter lit. c fallenden selektiven Vertriebssysteme (zum Begriff Art. 1 Abs. 1 lit. e GVO) gegenüber lit. b (i) spezieller1278. Bei mobilen Verkaufsstellen darf ein Gebiet festgelegt werden, welches für den Verkauf an den Endverbraucher eingehalten werden muss (Tz 56 LL).

156

Zu lit. d Verbot von Querlieferungsbeschränkungen: Durch das Verbot von Querlieferungsbeschränkungen nach Art. 4 lit. d GVO in selektiven Vertriebssystemen soll eine Beschränkung des markeninternen Wettbewerbs verhindert werden1279. Querlieferungen unter zugelassenen Händlern dürfen nicht beschränkt werden. Eine Alleinbezugsverpflichtung, derzufolge die Waren nur vom Unternehmer bezogen werden dürfen, stellt daher eine Kernbeschränkung dar1280. Klauseln, die die Lieferung an nicht zugelassene Händler verbieten (Graumarktbezug) bilden keine Kernbeschränkung1281. Das mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht bei Nichterreichen verbundene Verkaufsziel in einem Vertragshändlervertrag ist gemäß Art. 101 Abs. 1, 2 AEUV nichtig1282, weil hierdurch Querlieferungen beschränkt werden1283. Absatzziele dürfen nur vereinbart werden, sofern der Händler nicht zur Beschaffung der Ware allein vom Vertragspartner verpflichtet bleibt, d.h. Querlieferungen nicht ausgeschlossen werden1284. Bestimmte Bonuszahlungen können sich als mittelbare Behinderung des Querbezugs auswirken. Wenn der Unternehmer verkaufsbezogene Bonusansprüche gewährt, muss er jene, damit eine mittelbare Behinderung des Querbezugs ausscheidet, auch für Vertragsware zahlen, die zulässigerweise aus anderen Quellen innerhalb des Vertriebssystems bezogen wird1285. Bei einkaufsbezogenen Bonuszahlungen schafft der Unternehmer lediglich einen Anreiz für Einkäufe bei ihm selbst. Dies ist gestattet1286. Sofern eine Mengenzielvereinbarung nur zu einem kleinen Teil mit einer Bezugsverpflichtung aus einer bestimmten Quelle verbunden ist, wird man die Abrede nicht als unzulässiges Querlieferungsverbot qualifizieren können1287. Auch hier kann dem Querlieferungsverbot der Effizienzeinwand entgegengehalten werden, etwa falls Vertragsgroßhändler, die in verschiedenen Gebieten angesiedelt sind, in ihren Gebieten erhebliche Investitionen erbringen, so dass anderen Großhändlern der Verkauf in Gebiete der investierenden Großhändler untersagt werden muss (Tz 63 LL).

157

(6) Art. 5 GVO. Art. 5 GVO enthält sogenannte „graue“ oder „rote“ Klauseln. Es handelt sich um erhebliche Beschränkungen des Wettbewerbs von mittlerer Schwere, die missbilligt werden. Ein Verstoß gegen Art. 5 GVO hat keine Auswirkung auf die Vereinbarung insgesamt. Von der Freistellung ausgeschlossen sind allein die in Art. 5 GVO genannten Einzelregelungen1288. Die übrigen Vereinbarungen bleiben freigestellt und wirksam (Tz 65, 71 LL)1289. Eine geltungserhaltende Reduktion oder eine Anpassung 1277

1278 1279

1280 1281

1282

Funke/Just DB 2010, 1389 (1392); Schultze/ Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 621 f. Lettl WRP 2010, 807 (820). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 220. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 629. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 222. BGH, Urt. v. 22.02.2005 – KZR 28/03, WRP 2005, 628, 631 = WuW/E DE-R

124

1283 1284 1285 1286 1287 1288 1289

1449, WuW 2005, 521 = EuZW 2005, 286 = NJW 2005, 1660. Thoma WRP 2005, 1132 (1134). Thoma WRP 2005, 1132 (1135). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 677. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 677. Thoma WRP 2005, 1132 (1135). Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). Murach GWR 2010, 210; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 298.

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nach den Grundsätzen des § 313 BGB scheidet aus1290. Wenn allerdings die unwirksamen Klauseln einen wesentlichen Teil der Vereinbarung bilden, kann der Gesamtvertrag gemäß §§ 139, 306 Abs. 3 BGB unwirksam sein1291. Sind sowohl die Voraussetzungen des Art. 4 wie des Art. 5 GVO gegeben, so greift die weitergehende Rechtsfolge des Art. 4 GVO ein.1292 Rote Klauseln des Abs. 1 sind 158 – lit. a: alle unmittelbaren oder mittelbaren Wettbewerbsverbote, welche für eine unbestimmte Dauer oder für eine Zeit von mehr als 5 Jahren vereinbart werden. Dabei gelten Wettbewerbsverbote, deren Dauer sich über den Zeitraum von 5 Jahren hinaus stillschweigend verlängern, als für unbestimmte Dauer vereinbart1293. Die Begrenzung auf 5 Jahre greift nach Art. 5 Abs. 2 GVO ausnahmsweise nicht ein, wenn die Vertragswaren oder -dienstleistungen vom Mittler in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die Eigentum des Anbieters oder durch diesen von Dritten, nicht mit dem Mittler verbundenen Unternehmern gemietet oder gepachtet worden sind und das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum hinausreicht, in welchem der Mittler diese Räumlichkeiten und Grundstücke nutzt1294. – lit. b: Alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Mittler veranlassen, Waren oder Dienstleistungen nach Beendigung der Vereinbarung nicht herzustellen bzw. zu erbringen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot)1295. Ausnahmsweise soll die in Art. 5 Abs. 1 lit. b GVO genannte Beschränkung gem. Art. 5 Abs. 3 GVO jedoch zulässig sein, wenn sich die zu prüfenden Verpflichtungen (kumulativ) • auf Waren oder Dienstleistungen beziehen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen, • sich auf Räumlichkeiten oder Grundstücke beschränken, von denen aus der Mittler während der Vertragsdauer seine Geschäfte betrieben hat (solange diese Räumlichkeiten fortbestehen – Tz 67 LL), • unerlässlich sind, um dem Mittler vom Unternehmer übertragenes, wesentliches (Art. 1 Abs. 1 lit. g, Tz 68 LL) Know-How zu schützen, • und ein solches Wettbewerbsverbot auf einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Beendigung des Vertriebsvertrages begrenzt ist. In jedem Fall darf aber die Nutzung und die Offenlegung von nicht allgemein bekannt gewordenem Know-How zeitlich unbegrenzt geschützt werden (Art. 5 Abs. 3, letzter S. GVO). – lit c: Alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, welche die Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems veranlassen, Marken bestimmter konkurrierender Lieferanten nicht zu verkaufen. Zu lit a: Sofern Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung auf dem Gemeinsamen 159 Markt eintritt, verstößt ein in einen Vertriebsvertrag eingefügtes Wettbewerbsverbot gegen Art. 101 AEUV. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO stellt lediglich Verbote bis zu einer Höchstdauer von fünf Jahren frei. 1290

1291 1292

Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 299. AA Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO, Rn 298. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO, Rn 302.

1293 1294 1295

Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). Hierzu EuGH, Urt. v. 02.04.2009 – C-260/07 – Tankstellenvertreter. Vgl. etwa Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (403); Genzow in: Ensthaler, § 90a Rn 23.

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Zunächst ist auch hier zu prüfen, ob das Wettbewerbsverbot Art. 101 Abs. 1 AEUV widerspricht. Nur dann ist eine Freistellung nötig. So wird für Franchiseverträge teilweise vertreten, dass die Laufzeit des Wettbewerbsverbots über 5 Jahre hinausreichen dürfe, wenn die Verpflichtung notwendig ist, um Identität und Ruf des Franchisesystems und das Know-How des Franchisegebers zu sichern1296. Auch falls sehr umfangreiche Investitionen getätigt wurden, die eine Amortisation über den 5-Jahres-Zeitraum hinaus erfordern, darf ein Wettbewerbsverbot über mehr als 5 Jahre vereinbart werden1297. Nach Ansicht der Kommission in den LL zur Kfz-GVO (Tz 29 ff LL) können Wettbewerbsverbote ferner den Verbots-TB hindernde, positive Auswirkungen haben, wie etwa die Förderung des Markenimages und des Ansehens des Vertriebsnetzes (Tz 30 LL). Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO erhält nach Auslaufen der Kfz-GVO 1400/02 besondere Bedeutung im Kfz-Vertrieb (s. auch Tz 26 LL Kfz-GVO 461/10)1298. Was Wettbewerbsverbote sind, wird in Art. 1 lit. d GVO definiert. Es handelt sich um alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Mittler veranlassen, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen des Unternehmers im Wettbewerb stehen, sowie alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen des Mittlers, mehr als 80 % seiner auf der Grundlage des Einkaufswertes des betreffenden Jahres, oder – falls in der Branche üblich – anhand des Wertes des vorherigen Kalenderjahres berechneten gesamten Einkäufe von Vertragswaren oder -dienstleistungen sowie ihrer Substitute auf dem relevanten Markt von dem Unternehmer oder einem anderen vom Unternehmer bezeichneten Unternehmen zu beziehen (siehe auch Tz 66 LL). Unterhalb dieses Schwellenwertes können Bezugsbedingungen also vereinbart werden, auch im Kfz-Verkauf sowie im Kfz-After-Sales Markt1299. Danach fallen auch Mindestabnahmeverpflichtungen1300 sowie Alleinbezugsvereinbarungen1301 unter den Begriff des Wettbewerbsverbots, sofern die 80 %-Grenze oder das Verbot der Behinderung von Querlieferungen des Art. 4 lit. d in selektiven Vertriebssystemen1302 durch sie unterlaufen wird. Selbst eine Mindestabnahmeverpflichtung, die unter der Schwelle von 80 % des jährlichen Gesamtbezugs liegt, kann einem Markenzwang gleichkommen, wenn ein Händler, der eine neue Marke seiner Wahl eines konkurrierenden Herstellers führen will, gezwungen wird, so viele Produkte der derzeit von ihm vertriebenen Marke zu kaufen, dass die Geschäfte des Händlers nicht mehr rentabel sind (Tz 37 LL Kfz-GVO). Verboten sind unmittelbare und mittelbare Wettbewerbsverbote, was für eine weite Auslegung spricht1303. Mittelbare Wettbewerbsbeschränkungen sind etwa Qualitätsbeschränkungen, die darauf ausgerichtet sind, vom Verkauf von Konkur-

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Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 556; Metzlaff BB 2000, 1201 (1208). Wobei eine vertragsspezifische Investition erforderlich ist; siehe auch Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 167. Siehe Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485); Schumacher/Erdmann WuW 2011, 462 (467); Köhnen BB 2010, 781 (784); Niebling WRP 2010, 81 (83); Niebling WRP 2010, 1454 (1456), der diese Rückkehr zum Markenzwang als „befremdlich“ bezeichnet.

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GVO 461/10 LL Rn 37; Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (469/470). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 264; Niebling WRP 2010, 631 für den Kfz-Bereich. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 247. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 262.

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renzprodukten abzuhalten1304, Prämien für den Vertrieb nur einer Marke1305, für den Vertrieb der Wettbewerbsprodukte nur über eine eigene Rechtsperson1306 oder einen separaten Ausstellungsraum1307 und wenn der Vertrieb des Wettbewerbsfabrikats hierdurch unwirtschaftlich wird1308. Nach Ansicht von Wegner1309 ist das Verbot, Serviceleistungen für Kfz anderer Marken anzubieten, kein Wettbewerbsverbot i.S.d. Art. 1 Abs. 1 lit. d. GVO. Denn aufgrund der markenspezifischen Marktabgrenzung handele es sich nicht um im Wettbewerb stehende Leistungen, die demselben Produktmarkt zuzuordnen seien. Bei Verträgen über Wertstattdienstleistungen im Kfz-Bereich unterfalle daher ein solches Verbot nicht Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO und sei ohne zeitliche Grenze zulässig (zweifelhaft). Wettbewerbsverbote, die auf 5 Jahre beschränkt sind, sind regelmäßig zulässig 161 (Tz 66 LL). Wettbewerbsverbote für einen unbestimmten Zeitraum (etwa bei Verlängerung mangels Kündigung1310) oder für eine Festlaufzeit von mehr als 5 Jahren sind hingegen nicht von der GVO freigestellt, auch wenn die Freistellung in diesem Fall weiterhin für die übrigen Bestimmungen der Vertikalvereinbarung gilt (Tz 26 LL Kfz-GVO). Dies gilt auch im Versicherungs-1311 oder Tankstellenvertrieb1312. Ein Tankstellenvertrag mit einer mehr als 5jährigen Laufzeit unterfällt nicht der Freistellung nach der GVO, sofern der Unternehmer einen Marktanteil von mehr als 30 % besitzt und die Waren und Dienstleistungen nicht in Räumlichkeiten oder auf Grundstücken verkauft werden, die sich im Eigentum des Lieferanten befinden oder durch diesen von Dritten, nicht mit dem Käufer verbundenen Unternehmen gemietet oder gepachtet worden sind1313. Dass in Deutschland § 86 ein unlimitiertes, vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot entnommen wird, schließt die Nichtigkeit nicht aus. Art. 101 AEUV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO verdrängt das zeitlich unbegrenzte Wettbewerbsverbot des § 86 im Wege der kartellrechtlichen Spezialität1314. Ein mehr als 5 Jahre dauerndes Wettbewerbsverbot kann daher bei einem unter Art. 101 AEUV fallenden Vertrag regelmäßig nicht aus § 86 entnommen werden1315. Wegen des Verbots mehr als 5 Jahre übersteigender Wettbewerbsverbote wird geraten1316, der GVO unterliegende Vertriebsverträge mit Konkurrenzverboten auf jenen Zeitraum zu beschränken. Dies ist problematisch, weil der Vertriebsmittler nach dem durch Fristablauf eintretenden Vertragsende einen Ausgleich gemäß § 89b fordern darf. Sinnvoller ist es oft, lediglich das Wettbewerbsverbot zu beschränken. Nach Ablauf der 5-Jahresfrist setzt sich ein vertragliches Wettbewerbsverbot nicht als solches dispositiven Rechts fort1317. Zulässig kann ein nicht von der GVO freigestelltes Wettbewerbsverbot nur sein, falls gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV die positiven Effizienzgewinne die aus dem Wettbewerbsverbot entstehenden Nachteile überwiegen. Mögliche Fallgruppen hat die Kommission in Tz 106 ff; 122 ff LL beschrieben. Betroffen vom Verbot mittelbarer und unmittelbarer Wettbewerbsverbote sind nur Verpflichtungen des Vertriebsmittlers. Beschränkungen des

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Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). Wegner BB 2010, 1803 (1808). So bereits früher die Kommissionspraxis: Kommission, Entsch. v. 23.12.1992, ABl. 1993 Nr. L 183/1, Rn 112 (Silber); bestätigt durch EuG, Rs T-9/93, Slg. 1995, II-1611, Rn 123 f (Schöller/Kommission).

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Stancke VersR 2009, 1168 (1171 f). EuGH, Urt. v. 02.04.2009 – C-260/07 – Tankstellenvertreter. EuGH, Urt. v. 02.04.2009 – C-260/07. Emde WRP 2005, 1492 ff; Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214). Westphal II Rn 402. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214). Emde BB 2006, 1061 (1066).

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Unternehmers sind zugelassen und werden von der GVO nicht untersagt1318. Sofern eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung nicht vorliegt, können auch über 5 Jahre hinausgehende Wettbewerbsverbote vereinbart werden1319, ebenso bei sehr erheblichen Investitionen des Unternehmers (Tz 146 LL). Wegen der 5jährigen Höchstlaufzeit von Wettbewerbsverboten nach Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO sind längere Laufzeiten von Vertriebsverträgen problematisch, sofern das Wettbewerbsverbot für eine Partei essentialia ist. Denn dann träte bei Unwirksamkeit der Klausel mglw. Gesamtnichtigkeit nach §§ 139, 306 BGB ein. Eine Kündigungsmöglichkeit vor Ablauf der Frist ändert nichts an der fehlenden Freistellung des Konkurrenzverbots. Die Parteien dürfen jedoch entweder den Gesamtvertrag oder das Wettbewerbsverbot auf 5 Jahre befristen und vereinbaren, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ablauf der 5-Jahresfrist Verhandlungen über eine Fortsetzung des Wettbewerbsverbots Verbots begonnen werden, solange jene ergebnisoffen geführt werden und die Entschlussfreiheit des Abnehmers nicht beschränkt wird. Bei einseitiger Verlängerungsoption des Abnehmers ist seine Entschlussfreiheit unbeschränkt, weshalb eine solche Vertragsbestimmung zulässig ist1320. Nichts darf jedoch den Händler daran hindern, das Wettbewerbsverbot nach Ablauf der 5 Jahre tatsächlich auslaufen zu lassen (Tz 66 LL, Tz 26 LL Kfz-GVO), was bei erheblichen Investitionen des Händlers1321 oder einer Kündigungsandrohung wegen der Nichtverlängerung des Markenzwanges1322 ein Problem bilden kann. Eine Verlängerung über das fünfte Jahr hinaus bedarf der ausdrücklichen Zustimmung beider Seiten. Ein Anschlussvertrag mit einem neuen Wettbewerbsverbot bildet nicht in jedem Fall einen Verstoß gegen die Vorschrift und ist zulässig, falls das Ergebnis nicht auf wirtschaftlichem Druck (etwa Kündigungsandrohung1323) des Unternehmers beruht (sonst mglw. Umgehung und unbefristeter Kettenvertrag). Enthält der Anschlussvertrag wesentliche Änderungen (vor allem zugunsten des Mittlers) spricht dies i.d.R. gegen eine Umgehungsabsicht. Behinderungen, Kündigungsdrohungen bei wirtschaftlicher Abhängigkeit oder die Androhung, dass der Markenzwang wieder eingeführt werde, bevor der Händler genügend Zeit hatte, um seine unwiederbringlichen Investitionen zu amortisieren, kommen einer stillschweigenden Verlängerung des Markenzwangs gleich (Tz 66 LL, Tz 26 LL Kfz-GVO). Eine generelle Befristung aller Verträge des Unternehmers oder des Wettbewerbsverbots auf 5 Jahre dürfte keine Umgehungsabsicht indizieren, zumal etwa im Franchiserecht die Unwirksamkeit längerer als 5-jähriger Verträge behauptet wird. Ohnehin ließe sich das gleiche Ergebnis durch Kündigung zum Ende des 5. Jahres erzielen. Die 5-Jahres-Grenze kommt nicht zur Anwendung, sofern der Unternehmer dem Vertriebsmittler seine eigenen Räumlichkeiten oder sein Grundstück zur Verfügung gestellt hat. Gleichgestellt werden Fälle, in denen der Unternehmer fremde Immobilien gemietet oder gepachtet oder sie dem Käufer zur Verfügung gestellt hat1324. Gelingt es nicht, eine freistellungsfähige Klausel zu vereinbaren, darf höchstens eine 5jährige Vertragslaufzeit geregelt werden.1325 Es

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Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Thomas WuW 2010, 177 (180); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 256. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 257. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485),

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die Kündigung soll nach Ansicht von Wegner/Oberhammer aber wirksam sein (Problem der Schikanekündigung). Was zu der Gestaltungsempfehlung leiten kann, die Kündigung ohne Androhung und Begründung auszusprechen, vgl. Wegner/ Oberhammer BB 2011, 1480 (1486). Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 277. Giesler/Güntzel ZIP 2006, 1792 (1794).

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ist Aufgabe des nationalen Gerichts zu prüfen, ob eine Konkurrenzschutzklausel für eine unbestimmte Dauer gelten soll und damit mglw. von der Freistellung ausgeschlossen ist1326. Zu lit b: Die Regelung des Art. 5 Abs. 1 lit. b GVO entspricht der früheren Praxis1327. Obwohl rglm. unzulässig1328, ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Vertriebsmittlers gestattet, wenn kumulativ1329 die vier in Art. 5 Abs. 3 GVO genannten Umstände vorliegen1330, die sich vor allem auf Franchiseverträge beziehen1331. Die Freistellung ist dann gemäß Art. 5 Abs. 3 lit. d auf den Zeitraum von einem Jahr begrenzt. Das ist eine Abweichung von § 90a, die oft unbeachtet bleibt (§ 90a Rn 15). Nachvertragliche Beschränkungen des Unternehmers sind – wie bei lit. a – zulässig und werden durch die GVO nicht untersagt1332. Die Ausnahme (Freistellung) der lit. a des Art. 5 Abs. 3 GVO ist sachlich begrenzt auf Konkurrenzprodukte. Solche müssen dem gleichen sachlichen Markt wie die Vertragsprodukte angehören, d.h. das Know-How muss bei ihnen in ähnlicher Weise wie bei den Vertragsprodukten nutzbar sein1333. Fehlt es an Know-How, greift die Privilegierung nicht ein1334. Räumlich ist die Ausnahme gemäß lit. b des Art. 5 Abs. 3 GVO begrenzt auf den Ort der Geschäftstätigkeit des Mittlers während der Vertragslaufzeit. Unerheblich ist dabei, wem die Räumlichkeiten oder das Grundstück gehören und ob sie dem Vertriebsmittler vom Unternehmer überlassen wurden1335. Gemäß Art. 5 Abs. 3 lit c GVO muss das Wettbewerbsverbot zum Schutz des vom Unternehmer überlassenen Know-How unerlässlich sein. Unerlässlich ist ein Wettbewerbsverbot, sofern es erforderlich ist, um den Mittler daran zu hindern, das vom Unternehmer überlassene Know-How zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen. Außerdem darf die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gemäß Art. 5 Abs. 3 lit. d ein Jahr nicht überschreiten. Gemäß Art. 5 Abs. 3, letzter Absatz GVO, darf der Unternehmer den Mittler hinsichtlich der Nutzung und der Offenlegung von nicht allgemein bekannten Know-How zeitlich unbegrenzten Beschränkungen unterwerfen. Geschützt wird hierdurch geheimes Know-How. Dies gilt insbesondere für Know-How in Franchiseverträgen, das erforderlich ist, um die Identität des Systems zu wahren oder die Übertragung des Wissens zu schützen1336. Unter diesen Umständen kann auch ein Konkurrenzverbot über die gesamte Vertragslaufzeit zulässig sein1337. Zu lit c: Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c GVO sind alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen von der Freistellung ausgeschlossen, welche die Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems veranlassen, Marken bestimmter konkurrierender Lieferanten nicht zu verkaufen. Hiermit soll eine Kollusion auf horizontaler Ebene verhindert werden, die bewirkt, dass führende Anbieter durch Schaffung eines exklusiven Clubs von

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EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (446) = WuW EU-R 1475, Rn 61. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 253. Genzow in: Ensthaler, § 90a Rn 23. Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). Bauer/de Bronett Rn 167. Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 557. Thomas WuW 2010, 177 (180).

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Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal, Rn 285. Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 558. Schultze/Pautke/Wagener Rn 693; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVOVertikal Rn 285. Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 ff; siehe hierzu auch Emde WRP 2005, 1492 ff. Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 ff; Emde VersR 2000, 148 (157).

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Marken bestimmte Marken vom Markt ausschließen (Tz 182 LL). Im Kfz-Vertrieb ist der selektive Vertrieb die verbreiteste Vertriebsform (Tz 42 LL Kfz-GVO). In selektiven Vertriebssystemen steht es dem Unternehmer gleichwohl frei, seinem Vertragspartner den Verkauf von Produkten aller konkurrierender Marken zu untersagen. Die Markenexklusivität als solche wird also durch Art. 5 Abs. 1 lit. c GVO nicht von der Freistellung ausgeschlossen1338. Von lit. c erfasst sind nur gezielt gegen einzelne Konkurrenzunternehmen gerichtete Vertragsklauseln1339, d.h. der Ausschluss einzelner, bestimmter Marken, insb. durch einen „kollektiven Boykott“ mehrerer Unternehmer (Tz 69 LL). Diese müssen entweder namentlich benannt oder bei scheinbar abstrakter Umschreibung eindeutig namentlich bestimmbar sein. Das letztgenannte Erfordernis soll Umgehungsversuche ausschließen. Selektionskriterien, die nicht auf einzelne Unternehmen zielen, sind zulässig1340. Es muss sich um eine rechtlich bindende Verpflichtung handeln. Eine faktische Bindung durch Ausübung von Druck oder Gewährung von Anreizen reicht angeblich nicht, auch wenn sie in ihrer Wirkung einer rechtlichen Bindung ähnliche Auswirkungen zeigt1341.

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(7) Art. 6 GVO. Gemäß Art. 6 GVO kann die Kommission durch VO erklären, dass in Fällen, in denen mehr als 50 % des betroffenen Marktes durch nebeneinander bestehende Netze gleichartiger vertikaler Beschränkungen abgedeckt werden, die GVO auf vertikale Vereinbarungen, die bestimmte Wettbewerbsbeschränkungen auf diesem Markt enthalten, keine Anwendung findet. Beim Vertrieb von Kfz auf Einzelhandelsebene soll eine solche Abschottung der Märkte unwahrscheinlich sein (Tz 34 LL Kfz-GVO).

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(8) Art. 7–10 GVO. Art. 7 GVO regelt die Marktanteilsermittlung, Art. 8 GVO die Umsatzermittlung. Art. 8 GVO i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GVO bestimmt, dass für die Umsatzermittlung den an der vertikalen Vereinbarung beteiligten Unternehmen die Umsätze verbundener Unternehmen zuzurechnen sind, weshalb auch im Kfz-Bereich nicht die Marktmacht der einzelnen Fahrzeugmarke sondern des Gesamtkonzerns oder der Gesamtgruppe betrachtet wird1342. Gemäß Art. 9 wird Art. 101 Abs. 1 AEUV im Zeitraum zwischen dem 01.06.2010 und dem 31.05.2011 im Hinblick auf Vereinbarungen, die zwar nicht die Voraussetzungen einer Freistellung i.S.d. GVO 330/10, jedoch der GVO 2790/99 erfüllen, nicht angewandt. Nach Art. 10 Abs. 1 GVO gilt die GVO seit dem 01.06.2010 und gem. Abs. 2 bis zum 31.05.2022. Eine Verlängerung wäre wünschenswert, und zwar bereits deshalb, weil den Marktteilnehmern durch Änderungen der GVO erzwungene ständige Anpassungen ihrer Verträge und wechselndes Recht unzumutbar sind. Die sich ständig ändernden GVOs sind ein Ärgernis. Die Novellierungen widerlegen die Sachgerechtigkeit der jeweiligen Vorgängerregelung sowie die Notwendigkeit solcher kartellrechtlichen Regelungswerke. Sie widerstreiten zudem der Rechtssicherheit, zumal die Rspr. sich bei der Klauselkontrolle und sogar bei der Frage der analogen Anwendung der HGB-Vorschriften auf HV-ähnliche Mittler an diesen GVOs orientiert1343. Die Rechtsunsicherheit wird damit ins Zivilrecht getragen.

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Vgl. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 291. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 290; Vogels/ Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 637. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 294.

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Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 294 (zweifelhaft). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, BeckRS 2009, 22193; kritisch Emde BB 2009, 2330 (2331).

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bb) Alt Kfz-GVO 1400/02. Da die Alt Kfz-GVO 1400/02 im Neuwagenvertrieb bis 168 zum 31.05.2013 freistellungswirksam bleibt (Art. 2 und Erwägungsgrund 19 der „neuen“ Kfz-GVO 461/10), wird sie in dieser Aufl. noch besprochen. (1) Historie der Kfz-GVOs. Die erste branchenspezifische GVO für den Kfz-Vertrieb 169 war die GVO 123/85 vom 12.12.1984, welche am 01.07.1985 in Kraft trat und bis zum 30.06.1995 wirksam war. Zuvor hatte sich die Kommission seit Anfang der 70iger Jahre in mehreren Entscheidungen zu Einzelfreistellungsanträgen unterschiedlicher Kfz-Hersteller geäußert1344. Um der steigenden Anzahl solcher Einzelfreistellungsanträge entgegenzuwirken, entstand die GVO 123/85, welche durch die am 01.07.1995 in Kraft getretene und bis zum 30.09.2002 anwendbare GVO 1475/951345 ersetzt wurde. Ob die teilweise mit großem Enthusiasmus begrüßte1346 von Anderen skeptisch beäugte1347 KfzGVO 1400/02 (im Folgenden: „Kfz-GVO“) tatsächlich publiziert werden würde, war zunächst unsicher. Diskutiert wurde eine Verlängerung der Alt-GVO 1475/951348, ihr völliges Entfallen oder eine Schirm-GVO mit kfz-spezifischen Ergänzungen1349. Am 01.06.2010 trat die neue GVO für den Kfz-Sektor 461/101350 in Kraft. Sie wird in Rn 202 ff kommentiert. Die Freistellungswirksamkeit der Alt-Kfz-GVO 1400/02 wurde gem. Art. 2 GVO 461/10 und Erwägungsgrund 19 für den Vertrieb von Neuwagen um 3 Jahre verlängert, und zwar bis zum 31.05.2013. (2) Einleitung. Die Kfz-GVO enthält Regelungen für die Freistellung der sämtlich 170 Wettbewerbsbeschränkungen beinhaltenden1351 Verträge über den Vertrieb von Kfz, Ersatzteilen, sowie den Kundendienst1352. Sie erfasst mindestens dreirädrige Kfz aller Art, Nutzfahrzeuge, Busse, Reisemobile, nicht jedoch Motorräder, Motorfahrzeuge, die nicht auf öffentlichen Straßen geführt werden und Gebraucht-Kfz1353. Letztgenannte werden nicht nach der Kfz-GVO freigestellt, sondern nach der GVO 330/10 geprüft1354. Auch Importeurverträge zwischen Kfz-Herstellern außerhalb der EU und Importeuren in der Gemeinschaft sind erfasst, ebenso B-Händler- oder Unterhändlerverträge1355 sowie Vertriebsverträge zwischen Ersatzteilhersteller und ihren selbstständigen Händlern1356. Ein Haupthändler bleibt frei in der Wahl seiner Unterhändler, die Wahl kann nicht beschränkt werden1357. Auch Verträge mit Kfz-HV können – sofern sie nach den unter

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Siehe die grundlegenden Entscheidungen zum BMW-Händlervertrag v. 13.12.1974, ABlEG Nr. L 29 v. 03.02.1975, 1. VO (EG) Nr. 1475/95 der Kommission v. 28.06.1995 über die Anwendung von Art. 85 Abs. 3 des Vertrags auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen bei Kraftfahrzeugen ABlEG L 145 v. 29.06.1995, 25. Ensthaler BB 25/2001 „Die erste Seite“. Rittner WuW 2002, 329: noch engere Zwangsjacke für den Kfz-Vertrieb. Der Entwurf wirke an vielen Stellen zu wenig durchdacht, der exklusive Vertrieb könne nicht gut als Alternative zum selektiven gestellt werden, da beide Prinzipien sich ergänzten. Der Mehrmarkenvertrieb brauche nicht über Art. 3 Nr. 3 GVO 1475/95

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hinaus freigestellt zu werden. Der enge Verbund von Vertrieb und Kundendienst habe sich bewährt. Vgl. etwa Bechtold EWS 2001, 49. Weber kfz-betrieb 16/2001, 26. ABl. v. 28.10.2010 L 129/52. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589. Pfeffer NJW 2002, 2110 (2111). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 657; Creutzig BB 2002, 2133 (2136); Wendel WRP 2002, 1395 (1404). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 657. Pfeffer NJW 2002, 2110 (2111). Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 26. Creutzig BB 2002, 2133 (2136).

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Rn 213 ff gebildeten Maßstäben freistellungsbedürftig sind – von der Kfz-GVO freigestellt werden1358, nicht jedoch Verträge mit Finanzierungs- und Leasinggesellschaften des Herstellers1359. Das nationale Kartellrecht darf nicht verbieten, was die GVO erlaubt, soweit von der GVO freigestellte Verträge betroffen sind1360. Die Kfz-GVO bekämpft in erster Linie die in Art. 5 Kfz-GVO wiedergegebenen „Hard171 core restrictions“ (auch: „Kernbeschränkungen“ oder „schwarze Klauseln“), also schwerwiegende Wettbewerbsbeschränkungen1361. Der GVO fehlen jedoch – anders als der Vorgänger-GVO 1475/95 – „weiße Klauseln“, d.h. Regelungen, denen keine Bedenken entgegenstehen1362. Eine Kernbeschränkung führt zur Unanwendbarkeit der GVO. Daneben enthält die Kfz-GVO in ihrem Art. 5 als „rote Klauseln“ eine Liste von Beschränkungen, die nicht freigestellt sind, deren Unzulässigkeit die Wirksamkeit der restlichen Bestimmungen der Vereinbarung jedoch unberührt lässt1363. Nach der Kfz-GVO dürfen die Hersteller zwischen einem exklusiven und einem quan172 titativ-selektiven Vertrieb wählen1364. Der Dualismus der Systeme ergibt sich aus Art. 4 Kfz-GVO1365. Eine Verknüpfung beider Systeme ist nicht erlaubt1366 Eine gemäß Art. 4 Ziff 1 lit. b–e Kfz-GVO unzulässige Kombination von exklusivem und selektivem Vertrieb bildet etwa die Kombination des Verbots, Vertragswaren an nicht autorisierte Wiederverkäufer zu veräußern mit der gleichzeitigen Begrenzung des aktiven Verkaufs auf das jeweilige Vertragsgebiet1367. Für den exklusiven Vertrieb, dessen Zulässigkeit Art. 4.1 lit. b Kfz-GVO (Kernbeschränkungen) entnommen werden kann (Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder zu Kundengruppen die sich der Hersteller selbst oder anderen Händlern vorbehalten hat)1368, gilt die GVO bis zu einem Marktanteil des Händlers von 30 %1369. Hier darf dem Händler ein überschneidungsfreies1370 Gebiet ausschließlich zugewiesen1371 und dürfen aktive Verkäufe und aktive Werbung1372 außerhalb jenes Gebiet untersagt1373, nicht jedoch dem Händler der Verkauf an unabhängige Wiederverkäufer („Grauhändler“)1374 und Supermärkte verboten werden1375. Andere Händler dürfen in diesem Vertriebsgebiet nicht aktiv werben und der Hersteller kann Händlern die Eröffnung von Niederlassungen im Vertragsgebiet eines anderen Händlers untersagen1376. Der Hersteller darf die Vertragsgebiete nicht verändern oder weiter aufteilen1377. Ein exklusives Vertriebssystem von Kundendienstleistungen ist unzulässig1378. Innerhalb eines bis zu einem Marktanteil von 40 % freigestellten1379 selektiven Vertriebs-

1358 1359 1360 1361 1362 1363 1364

1365 1366

Creutzig BB 2002, 2133 (2135); Ensthaler, BB-Special 3/2007, S. 31. Creutzig BB 2002, 2133 (2136). Pfeffer NJW 2002, 2110 (2111). Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-KfZ Rn 9. Creutzig EuZW 2002, 560. Wendel WRP 2002, 1395 (1398). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1043/1044); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508); Wendel WRP 2002, 1395 (1405); Ensthaler/ Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2593). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044). BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Ensthaler BB 2002, 313 (314); Siegert NJW 2007, 188 (189).

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BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044); Wendel WRP 2002, 1395 (1405). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). Ensthaler BB 2002, 313 (314). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). Creutzig BB 2002, 2133 (2140). Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508); Wendel WRP 2002, 1395 (1406). Ensthaler BB 2002, 313 (314). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). Creutzig BB 2002, 2133 (2140). Ensthaler BB 2002, 313 (314). Creutzig BB 2002, 2133 (2140). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508).

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systems (unterteilt in qualitativen und quantitativ-selektiven Vertrieb) und erwähnt in Art. 4 Ziff 1 lit. b (iii)1380 wählen die Hersteller ihre Händler anhand von qualitativen Kriterien aus1381. Beispiele solcher Selektionskriterien sind Größe und Ausstattung des Schauraumes, Ausbildung des Verkaufspersonals, Modellangebot und Zahl der Vorführwagen. Zusätzlich könnten quantitative Selektionskriterien gewählt werden, z.B. die Obergrenze der Händleranzahl. Vereinbart werden dürfen Mindestabnahmemengen, die Verpflichtung, von einem bestimmten Standort aus zu operieren (Standortklausel) sowie Beschränkungen des Verkaufs an nicht zugelassene Händler, etwa Supermärkte und Internet-Händler1382. Gebietsbezogene Verkaufsziele, Neuwagenzuteilungen und Bonussysteme sind nicht erlaubt1383. In einem solchen System dürfen die Händler aktiv innerhalb der gesamten Gemeinschaft Fahrzeuge veräußern1384. Der Hersteller darf den Händlern also kein bestimmtes Absatzgebiet zuweisen1385. Internet-Verkauf ist im selektiven System unbeschränkt zulässig1386. Im exklusiven System darf nur der aktive Internet-Verkauf untersagt werden1387. Die Übernahme des Großkundengeschäfts soll in einem selektiven Vertriebssystem unzulässig sein1388. Auch einem Supermarkt darf die Aufnahme in das Vertriebssystem nicht verweigert werden, sofern er die Selektionsbedingungen erfüllt1389 (dann agiert er nicht mehr als Supermarkt sondern als Händler). Zugewiesen werden kann ein Hauptstandort, der nicht geschlossen werden darf1390, jeder Händler darf – außer im LKW-und Bus-Vertrieb1391 – seit 2005 „Zweigniederlassungen“ gründen1392. Qualitätsstandards für einen zweiten Standort sind zulässig1393. Nicht freigestellt sind dagegen Qualitätsstandards, die mittelbar Wettbewerbsverbote zur Folge hätten, etwa Mindestgröße der Ausstellungsfläche und Mindestumsatzgröße1394. Zusätzliche Standorte sind unzulässig, wo der Hersteller ein exklusives Vertriebssystem betreibt1395. Unterschiedliche Standards der Händler in verschiedenen EU-Staaten sollen nicht gestattet sein1396 (zweifelhaft). Nationale Marketingaktionen sind im exklusiven wie im selektiven Vertrieb zulässig1397. Welches System der Hersteller wählt, ergibt sich aus dem Vertrag, etwa der Wahl von 173 Marktverantwortungsbereichen. Der Hersteller ist insoweit frei und darf in verschiedenen Ländern unterschiedliche Systeme einführen1398. In diesem Fall soll der Händler im selektiven System hinsichtlich seiner aktiven Verkäufe die Rechte des Händlers des exklusiven Systems (Gebietschutz) zu beachten haben. Er soll nicht in diese Gebiete hinein liefern dürfen, ebenso wie der Exklusivhändler angeblich nicht die freien Händler beliefern darf, die im Gebiet des selektiven Vertriebs ansässig sind1399. Dies begegnet Zweifeln, weil der Hersteller für klar definierte Verbote zu sorgen hätte. Die Mehrzahl der Hersteller und Importeure (Ausnahme: Suzuki) hat sich für den quantitativ-selektiven Vertrieb entschieden, da man das Risiko einer unkontrollierten Öffnung des Vertriebsnetzes für

1380 1381 1382 1383 1384

1385 1386 1387 1388

Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044). Ensthaler BB 2002, 313 (314). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044); Wendel WRP 2002, 1395 (1405). Ensthaler BB 2002, 313. Ensthaler WuW 2002, 1042 (1045); Ensthaler, BB 2002, 313 (315); Creutzig EuZW 2002, 560 (561). Rickmann WuW 2003, 752 (759); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2003, 533.

1389 1390 1391 1392 1393 1394 1395 1396 1397 1398 1399

Wendel WRP 2002, 1395 (1405). Wendel WRP 2002, 1395 (1413). Wendel WRP 2002, 1395 (1414). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1045); Wendel WRP 2002, 1395 (1413). Creutzig BB 2002, 2133 (2141). Creutzig BB 2002, 2133 (2141). Creutzig BB 2002, 2133 (2141). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1046). Creutzig BB 2002, 2133 (2139). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2593).

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nicht autorisierte Wiederverkäufer wie Supermärkte und Handelsketten im Rahmen eines Exklusivvertriebs vermeiden wollte1400. Die Kfz-GVO gibt die zwingende Verbindung zwischen Kundendienst und Verkauf 174 auf 1401. Händler brauchen keine Werkstattleistungen zu erbringen, müssen damit jedoch eine Werkstatt in Unterauftrag beauftragen und sie gegenüber dem Kunden benennen1402. Umgekehrt kann eine Werkstatt nicht gezwungen werden, Handel zu betreiben1403. Die Kündigung eines Vertragshändlervertrages kann regelmäßig nur aus Gründen erfolgen, die aus dem Vertrieb resultieren, die Kündigung des Werkstattvertrages nur aus Gründen, die aus dem Werkstattgeschäft herrühren1404, es sei denn, das Vertrauen entfällt insgesamt. Ein Abrechnungsbetrug im Rahmen des Kfz-Vertriebs soll dergestalt geeignet sein, das Vertrauen sowohl im Rahmen des Händlers- wie des Werkstattvertrages zu erschüttern und eine Kündigung beider Verträge zu rechtfertigen1405; ebenso soll die fehlende Anschaffung von Spezialwerkzeugen zur außerordentlichen Kündigung des Händlervertrages berechtigen1406, nicht jedoch der Rückstand mit Zahlungen aus dem Vertriebsvertrag1407. Nach einer Ansicht1408 stellt der Verkauf von Neuwagen durch zugelassene Werkstätten des Herstellers eine Verletzung des Werkstattvertrages dar1409 und darf auch mittels AGB untersagt werden1410. Der Vertragswerkstättenvertrag begründe die Nebenpflicht, nicht in Wettbewerb zum Vertriebssystem des Herstellers/ Importeurs zu treten. Rechtsfolge seien Unterlassungs-, Schadenersatz- und Auskunftsansprüche; zudem das Recht zur fristlosen Kündigung1411. Markenrechtliche Ansprüche erscheinen jedoch zweifelhaft, wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen allenfalls, sofern die Werkstatt einen Vertragshändler zum Vertragsbruch veranlasst oder Schleichbezug vorliegt (Rn 306). Die Werkstatt darf sich nicht als Vertragshändler gerieren1412, was ausscheidet, wenn sie auf ihre Service-Partnereigenschaft hinweist. Es spricht viel für die Zulässigkeit des Neuwagenverkaufs auch durch eine Werkstatt, und die Unzulässigkeit dies ausschließender Klauseln nach § 307 BGB (Rn 42, Stichwort „Neuwagenverkauf“), weil die Kfz-GVO die Rechte von Händlern und Werkstätten gerade stärken und nicht einschränken wollte. Wenn der Hersteller die Werkstatt nicht mit dem Vertrieb beauftragt, ist die Werkstatt in diesem Bereich frei (Art. 2 Abs. 1 GG). Sie unterliegt also beim Vertrieb keinem Wettbewerbsverbot und er darf ihr auch nicht untersagt werden. Auch ein Gegenschluss aus § 90a für den nachvertraglichen Wettbewerb bestätigt diesen Befund. Wenn beim nachvertraglichen Wettbewerb keine Beschränkung außerhalb des Vertragsgegenstandes möglich ist, gilt dies in gleicher Weise beim vertragsbegleitenden Wettbewerb. Hingegen ist der Vertrieb einer Zweitmarke unter der GVO 1400/02 unbestritten zulässig1413.

1400 1401 1402 1403 1404

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Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509); Wendel WRP 2002, 1395 (1406). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509). OLG Braunschweig, Urt. v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10; Creutzig BB 2002, 2133 (2147); Nolte WRP 2005, 1124 (1126, 1127). Nolte WRP 2005, 1124 (1126, 1127). LG Düsseldorf, Urt. v. 17.07.2009 – 14c O 95/09, BeckRS 2009, 24224. OLG Braunschweig, Urt. v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10.

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1408 1409 1410 1411

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Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1346); Niebling WRP 2006 1334 (1335). Niebling JR 2009, 393. Niebling WRP 2006, 1334 (1335); aA LG Erfurt, Urt. v. 13.12.2007 – 2 HKO 244/07. Das Argument dürfte sich wenden lassen: Mit gleicher Begründung könnte eine Verpflichtung des Herstellers begründet werden, nicht in Wettbewerb zur Werkstatt zu treten. OLG Rostock, Urt. v. 21.05.2008 – 2 U 75/07; Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 ff. Niebling WRP 2006, 1334 (1335).

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Das OLG Rostock1414 hielt den Verkauf von Neufahrzeugen durch eine zugelassene Vertragswerkstatt eines Händlers nur dann für unzulässig, wenn sich aus der Anzeige der Vertragswerkstatt der Eindruck herleite, sie könne auf Grund von Vertragsbeziehungen zum Unternehmer sofort Neufahrzeuge liefern. Sofern dieser Eindruck nicht hervorgerufen werde, ergäben sich aus dem Vertragswerkstattvertrag keine weitergehenden Rücksichtnahmepflichten, welche den Verkauf von Neufahrzeugen ausschlössen. Nach Ansicht des LG Köln1415 muss ein nicht autorisierter Wiederverkäufer, der EU-Fahrzeuge veräußert – insbes. eine Vertragswerkstatt – , darauf hinweisen, dass es sich bei den Fahrzeugen um EU-Neuwagen handele. Anderenfalls erwecke er den Eindruck einer Vertragshändlereigenschaft. Das Thüringer OLG1416 verneint einen Anspruch des Herstellers aus § 24 Abs. 1 MarkG wegen markenrechtlicher Erschöpfung. Aus der GVO 1400/02 lasse sich ein Verbot für Werkstattbetriebe, Neuwagenverkäufe durchzuführen, nicht herleiten. Ohnehin könne eine Werkstatt nicht dem Händler-Vertriebssystem zugehörig betrachtet werden. Ihre Pflichten ergäben sich ausschließlich aus dem Werkstattvertrag. Ob vertragliche Beschränkungen der Werkstatt in Bezug auf den Neuwagenverkauf freigestellt wären, könne dahinstehen. Der Unternehmer habe die Schutzinstrumente für sein Vertriebsbindungssystem selbst im Vertrag zu installieren und könne sich bei deren Versagen nicht auf die Generalklausel des § 242 BGB zurückziehen. Es bestehe kein vertraglicher Anspruch (§§ 241, 280 BGB), den Neuwagenverkauf zu unterlassen, insb. nicht aus ungeschriebenen vertraglichen Nebenpflichten. Treuepflichten müssten sich an die durch den Werkstattvertrag begründeten Pflichten anlehnen und dürften nicht vertragliche Lücken schließen, die mangels Zugehörigkeit zum Vertragshändlersystem oder wegen Fehlens ausdrücklicher Vereinbarungen entständen. Insoweit könnten die Treuepflichten des Werkstattbetriebs nicht weitergehen als die freier Händler. Das Fehlen einer vertraglichen Regelung oder sonstiger diskriminierungsfreier Schutzmechanismen für das Vertriebssystem dürfe nicht über dem Werkstattvertrag angeblich immanente Treuepflichten korrigiert werden. Der Hersteller wird ab einem Marktanteil im Werkstattbereich von 30 % verpflichtet, 175 mit jedem Bewerber eines selektiven Systems einen Werkstattvertrag als zugelassene Vertragswerkstatt des Herstellers zu schließen, der die Standards des Herstellers erfüllt 1417 (dazu Rn 288), und zwar unabhängig davon, wie viele Reparaturwerkstätten bereits in einer bestimmten Region tätig sind1418 und uneingeschränkt ab dem 01.01.20021419. Unabhängigen Werkstätten muss der Zugang zu allen technischen Informationen und Ersatzteilen gestattet werden (Ausnahme: Diebstahlssysteme, Informationen zur Manipulation an Tempomaten und Tachometern)1420. Einer zugelassenen Vertragswerkstatt darf kein Standort1421 oder das Verbot der Mehrmarkenreparatur vorgeschrieben werden1422;

1414 1415 1416 1417

Urt. v. 21.05.2008 – 2 U 75/07; zustimmend Niebling WRP 2010, 1454 (1457). Beschl. v. 08.05.2009 – 28 O 210/08, n.v. Urt. v. 25.06.2008 – 2 U 21/08. OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; OLG Braunschweig v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10; Niebling WRP 2006, 1334; Wendel WRP 2002, 1395

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(1408); Anspruchsgrundlage: Allg. Diskriminierungsverbot des Art. 102 AEUV, § 20 GWB und §§ 20, 33 GWB, § 249 BGB. Pfeffer NJW 2002, 2110 (2114); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1054). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1050); Wendel WRP 2002, 1395 (1410 ff). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (510). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1049).

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sie darf Garantiearbeiten ausführen1423. Sachliche1424 Standards der Vertragswerkstätten dürfen festgelegt werden, etwa hinsichtlich der Qualität der Werkstatträume, des Personals oder der Ausrüstung1425. Dagegen ist es unzulässig, der Vertragswerkstatt die Werkstattgröße oder markenspezifisches Werkstattpersonal vorzuschreiben1426. Die Kündigungsbestimmungen der GVO gelten auch für Vertragswerkstattverträge1427. Der Hersteller darf seinen Garantieanspruch davon abhängig machen, dass die Inspektionen und Vorsorgeuntersuchungen von einer Vertragswerkstatt vorgenommen werden1428. Eine nach § 20 GWB unzulässige Diskriminierung der unabhängigen Werkstätten liegt hierin nicht. Denn die Vorteile der Vertragswerkstätten knüpfen an die Erfüllung der Selektionskriterien1429. Hersteller dürfen ihren Händlern oder Werkstätten im Anwendungsbereich der Kfz176 GVO nicht vorschreiben z.B. mit einer bestimmten Bank, Telefon- oder Leasinggesellschaft zusammenzuarbeiten oder ein bestimmtes EDV-System anzuschaffen1430. Der Händler darf frei bestimmen, ob er an Leasingfirmen verkaufen will1431. Hersteller müssen Händlern getrennte Verträge für Kauf und Verkauf von neuen Kfz sowie Kauf oder Verkauf von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen anbieten1432. Es gilt ein generelles Diskriminierungsverbot1433. Der Kfz-GVO vorangestellt sind die von der GVO 330/10 bekannten Erwägungs177 gründe, welche die maßgeblichen Überlegungen der Kommission darlegen. Am 30.09. 2002 hat die Kommission zudem einen Leitfaden zur Kfz-GVO veröffentlicht. Er enthält in rechtlich unverbindlicher Form einen Text, der in Fragen und Antworten einzelne Probleme der GVO behandelt. Gleiches gilt für die am 12.11.2003 veröffentlichten so genannten „häufig gestellten Fragen“.

178

(3) Art. 1 Kfz-GVO. Art. 1 der Kfz-GVO enthält Begriffsbestimmungen. Wichtig ist die Definition des Art. 1 Abs. 1 lit. n Kfz-GVO. Danach sind Kfz nur Fahrzeuge mit Selbstantrieb und mindestens drei Rädern, die für den Verkehr auf öffentlichen Straßen bestimmt sind. Damit fallen Fahrzeuge ohne Räder aus dem Anwendungsbereich der GVO, also etwa Kettenfahrzeuge. Kfz, die nur gelegentlich öffentliche Straßen befahren, unterfallen nicht der Kfz-GVO1434. So werden etwa landwirtschaftliche Fahrzeuge oder solche für Baustellen nicht von der GVO erfasst, da sie nicht für den Verkehr auf öffentlichen Straßen vorgesehen sind1435. Dies gilt ferner für Traktoren1436 und Erdbewegungs-

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Ensthaler WuW 2002, 1042 (1049). Niebling WRP 2006, 1334 (1335). Creutzig BB 2002, 2133 (2143). Creutzig BB 2002, 2133 (2143). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (510). BGH, Urt. v. 12.12.2007 – VIII ZR 187/06, BB 2009, 469 ff; OLG Stuttgart, Urt. v. 14.10.2008 – 1 U 74/08, NJW 2009, 1089; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (624); kritisch Steinle/Dornieden NJW 2009, 1039 ff. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (624); kritisch Steinle/Dornieden NJW 2009, 1039 (1042). Creutzig BB 2002, 2133 (2137); Ensthaler WuW 2002, 1042 (1048).

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Ensthaler WuW 2002, 1042 (1048). Creutzig BB 2002, 2133 (2138). Creutzig BB 2002, 2133 (2140). Frage 2 der Leitlinien zur GVO, Fußn. 32. Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Band 1, Europäisches Recht, GVO-Kfz Art. 1 Rn 25; Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, 2003, Rn 608. Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, 2003, Rn 608; Buchner, EG-Kartellrecht und Vertriebssysteme, insbesondere der Kfz-Vertrieb, München 2006, S. 193.

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maschinen1437. Nur solche qualitativen Standards sind zulässig, die nach Art. 1 Abs. 1 lit. h Kfz-GVO sachlich1438 „erforderlich“ sind1439. Die Zahl der Kandidaten für einen Händler- oder Werkstattvertrag darf durch Qualitätskriterien nicht indirekt begrenzt werden1440. Nötig ist Geeignetheit, also ein sachlicher Zusammenhang zwischen Qualitätskriterien sowie geforderter Dienstleistung. Auch gilt das Übermaßverbot1441. Gemäß dem Leitfaden zur Kfz-GVO, Frage 12, bleiben Qualitätsanforderungen unzulässig, die aus Kundensicht über eine einfache Fachhandelsbindung reichen. Spitzenleistungen darf der Hersteller mithin nicht verlangen1442. Die Forderung, eine Kommunikationsanbindung mit dem Hersteller in einer genau vorgeschriebenen Weise einzurichten, ist z.B. ein unzulässiges Qualitätskriterium, wenn der Händler das gleiche Ergebnis auf andere, günstigere oder flexiblere Weise erreichen kann1443. Der Hersteller ist hinsichtlich der Schnittstelleninformationen marktbeherrschend, so dass auch die Voraussetzungen des Missbrauchs gemäß Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB vorliegen1444. Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. b Kfz-GVO liegt eine Wettbewerbsbeschränkung vor, wenn unmittelbar oder mittelbar mehr als 30 % der Einkäufe aus dem Vorjahr einer Bezugsbindung unterliegen. Händler dürfen deshalb nicht verpflichtet werden, mehr als 30 % ihres Bedarfs beim Hersteller bzw. einem Dritten zu beziehen1445 oder die gesamte Produktpalette des Herstellers auszustellen1446 Die Kfz-GVO erleichtert also den Mehrmarkenvertrieb1447. Damit eine Verwechslung der Marken verhindert wird1448, darf die Ausstellung einer Marke in einem bestimmten, der spezifischen Marke vorbehaltenen Ausstellungsbereich, nicht jedoch die Abtrennung durch Wände, Vorhänge, Abstandsflächen etc. vorgeschrieben werden1449. Händlern, die exklusiv die Marke des Herstellers vertreiben, darf keine höhere Marge oder Bonus gezahlt werden1450. Fordert der Hersteller markenspezifisches Verkaufspersonal, hat er dessen Gehalt zu zahlen1451. Es wird vertreten, der Händler habe die Freiheit der Entscheidung, ob er markenspezifisches Verkaufspersonal beschäftige. Falle die Entscheidung positiv aus, müsse der Hersteller alle zusätzlich entstehenden Kosten tragen1452. Art. 1 Abs. 1 lit b. Kfz-GVO hat Folgen für Mindestabnahmepflichten: Bei einem Vorjahresbedarf von 25 Pkw darf dem Händler nur eine Mindestabnahme von 7 Pkw aufgegeben werden1453. Es kann jedoch eine Bezugsverpflichtung für Schmierstoffe vereinbart werden1454. Bei Ersatzteilen ist der Geltungsbereich der Kfz-GVO nach Art. 1 Abs. 1 lit. s Kfz-GVO nur eröffnet, wenn mit ausreichender Sicherheit feststeht, dass das Bauteil für den Einbau in oder an einem Kfz bestimmt ist. Dies soll bei Schmierölliefe-

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Leitfaden zur GVO 1400/02, Antwort zu Frage 2; Creutzig EG Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, 2003, Rn 608. Niebling WRP 2006, 1334 (1335). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1750; aA Bechtold NJW 2003, 3729 (3731). Leitfaden zur GVO 1400/2002, Frage 12. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1751). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1752). Ergänzender Leitfaden, Frage 12; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1753). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1754).

1445 1446 1447 1448 1449 1450

1451 1452 1453 1454

Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509); Wendel WRP 2002, 1395 (1406). Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509). Creutzig EuZW 2002, 560. Wendel WRP 2002, 1395 (1406). Creutzig BB 2002, 2133 (2142); Wendel WRP 2002, 1395 (1406); Niebling WRP 2003, 609 (611). Creutzig BB 2002, 2133 (2142); Polley/ Seeliger EWS 2002, 507 (509). Creutzig EuZW 2002, 560. Niebling WRP 2010, 631 (632). Creutzig BB 2002, 2133, 2137; Wendel WRP 2002, 1395 (1404).

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rungen an Tankstellen nicht anzunehmen sein. Abzustellen ist darauf, ob die Teile notwendig für die Nutzung des Kfz sind. Bei nachträglich montierten Zubehörteilen wie z.B. Navigationssystemen, Musikanlagen, Mobilfunkgeräten etc. ist dies in der Regel nicht der Fall, es sei denn, sie sind werksseitig montiert1455. Gemäß Ziffer 5.2 des Leitfadens der EU-Kommission zur GVO 1400/2002 sind Vermittler Personen, die ein neues Kfz für einen Verbraucher kaufen, ohne Mitglied des jeweiligen Vertriebsnetzes zu sein. Da (Argument aus Art. 1 Abs. 1 lit. m Kfz-GVO) eine Werkstatt hinsichtlich des Neuwagenvertriebs nicht Mitglied des Vertriebsnetzes des Unternehmers ist, darf sie als Vermittlerin tätig werden.

179

(4) Art. 2 Kfz-GVO. Der den Geltungsbereich der Kfz-GVO regelnde Art. 2 stimmt im Wesentlichen mit Art. 2 GVO 330/10 überein. Gemäß Art. 2 Abs. 1 Kfz-GVO wird Art. 101 Abs. 1 AEUV unter den in den nachfolgenden Artikeln der GVO näher bestimmten Bedingungen auf Vertriebsvereinbarungen für nicht anwendbar erklärt, welche Regelungen über den Verkauf oder den Weiterverkauf neuer Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeugersatzteile oder Wartungs- und Instandsetzungsdienstleistungen für Kraftfahrzeuge beinhalten. Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b Kfz-GVO gilt die Kfz-GVO auch für Vertriebsvereinbarungen, die die Übertragung von geistigen Eigentumsrechten auf den Käufer oder die Nutzung solcher Rechte für den Käufer betreffen, sofern diese Bestimmungen nicht Hauptgegenstand der Vereinbarung sind und sie sich nicht unmittelbar auf die Nutzung, den Verkauf oder den Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen durch den Käufer oder seine Kunden beziehen. Nach Art. 2 Abs. 3 und Abs. 2 (b) KfzGVO sind Vertriebssysteme von Herstellern mit eigenen Verkaufsniederlassungen freigestellt, die in Wettbewerb zu ihren Händlern treten1456.

180

(5) Art. 3 Kfz-GVO. Gemäß Art. 3 Abs. 1 Kfz-GVO gilt die Freistellung nur, falls der Anteil des Lieferanten an dem relevanten Markt, auf dem er Kraftfahrzeuge, Kraftfahrzeugersatzteile oder Instandsetzungs- oder Wartungsdienstleistungen verkauft, 30 % nicht überschreitet. Für Vereinbarungen betreffend quantitative selektive Vertriebssysteme beträgt diese Marktanteilsschwelle gemäß Art. 3 Abs. 1 S. 2 Kfz-GVO 40 %. Die Marktanteilsschwellen gelten gemäß Art. 3 Abs. 1 S. 3 Kfz-GVO nicht für Vereinbarungen über qualitative selektive Vertriebssysteme. Fast alle Hersteller haben sich im Bereich des Neuwagenvertriebs für ein qualitatives und quantitatives selektives Vertriebssystem entschieden1457. Werden die Schwellenwerte der Bekanntmachung nicht überschritten, ist auch bei Verträgen über den Verkauf von Kfz eine Freistellung nach der Bagatellbekanntmachung möglich1458. Der Katalog absolut unzulässiger Kernbeschränkungen im KfzSektor richtet sich jedoch nicht nach der Bagatellbekanntmachung sondern der KfzGVO1459. Herstellern, die sich auf die Bagatellbekanntmachung berufen dürfen, ist es z.B. erlaubt, ihren Händlern einen bestimmten Standort vorzuschreiben oder ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen1460. Im Fall von vertikalen Vereinbarungen, die Alleinbelieferungspflichten enthalten, gilt die Freistellung, wenn der Anteil des Händlers an dem relevanten Markt, auf dem er die Vertragswaren oder -dienstleistungen bezieht, 30 % nicht überschreitet. 1455 1456 1457

Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 661. Creutzig BB 2002, 2133 (2134); Polley/ Seeliger EWS 2002, 507. Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 29.

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1458 1459 1460

Schönbohm WRP 2004, 695 (696); Polley/ Seeliger EWS 2002, 507. Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112); Creutzig BB 2002, 2133 (2135). Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112).

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Gemäß Art. 3 Abs. 3 Kfz-GVO sind vertikale Vereinbarungen mit einem Händler 181 oder einer Werkstatt nur freigestellt, sofern der Lieferant der Übertragung der aus der vertikalen Vereinbarung erwachsenen Rechte und Pflichten auf einen anderen Händler bzw. eine andere Werkstatt des Vertriebssystems zustimmt. Dies umfasst Leasing, Fusion, vorweggenommene Erbfolge und dergleichen1461. Die Bestimmung erlaubt es Händlern oder zugelassenen Werkstätten, Rechte oder Pflichten aus dem Vertrag auf einen anderen Händler bzw. eine andere Werkstatt zu übertragen1462, und zwar auch über nationale Grenzen hinaus1463. Das ermöglicht den Verkauf von Kfz-Betrieben1464, auch wenn der Vertrag des Übertragenden oder Empfängers bereits gekündigt ist1465. Jedoch bleibt die Kündigung wirksam1466. Die Zustimmung zur Übertragung muss bereits im Vertrag erteilt werden1467. Eine Übertragung über Kreuz, also von einem Händler auf eine Werkstatt oder umgekehrt, ist nicht gestattet1468. Auch ist angeblich nur die Übertragung innerhalb derselben Marke gestattet, also nicht innerhalb eines Konzerns1469, wobei strittig bleibt, ob es sich um das Vertriebssystem derselben Marke (wahrscheinlich) oder eines Markenverbundes handeln dürfe (z.B. VW-Skoda)1470. Die Auswahl des Käufers obliegt dem vormaligen Händler bzw. der Werkstatt1471. Vereinbarungen, nach denen der Unternehmer in bestimmten Fällen, z.B. aus in der Person oder in den wirtschaftlichen Verhältnissen des Unternehmers liegenden Gründen, die Zustimmung zur Übertragung verweigern darf, sollen unzulässig sein und die Freistellung entfallen lassen1472. Begründet wird dies damit, dass sachliche Gründe für eine derartige Klausel nicht existierten, weil die Rechte und Pflichten nur auf einen anderen Vertragspartner übertragen werden könnten, der ebenfalls bereits Mitglied des Vertriebssystems ist1473. In der Kfz-GVO nicht erwähnt wird, wo der Übertragungsempfänger seinen Sitz haben muss. Daraus ist zu folgen, dass er nicht nur im Inland sondern in jedem Mitgliedsstaat seinen Standort haben kann1474. In der Praxis ist das Recht zur Übertragung von zweifelhaftem Wert, falls der Hersteller nach der Übertragung den Vertrag ordentlich kündigen dürfte (Ausnahme zumindest Schikanekündigung). U.U. widerspricht eine solche Kündigung dem Schutzzweck der Kfz-GVO. Gemäß Art. 3 Abs. 4 Kfz-GVO muss eine Kündigung schriftlich begründet wer- 182 den1475. Diese Begründung muss ausführlich, objektiv und transparent sein1476, um zu überprüfen, ob der Lieferant die vertikale Vereinbarung mit dem Händler oder einer Werkstatt wegen Verhaltensweisen beendet1477, die nach der GVO nicht eingeschränkt werden dürfen (Beispiele: Erwägungsgrund 9). Genannt werden müssen objektive Fakten1478. Dies galt nach Ansicht Ensthalers schon vor Einführung der GVO1479. Jener

1461 1462 1463 1464 1465 1466 1467 1468 1469 1470 1471

Creutzig EuZW 2002, 560 (562). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1048). Niebling WRP 2003, 609 (610). Wendel WRP 2002, 1395 (1403). Wendel WRP 2002, 1395 (1403). Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 33. Creutzig BB 2002, 2133 (2145); Wendel WRP 2002, 1395 (1403). Creutzig BB 2002, 2133 (2145). Creutzig BB 2002, 2133 (2145); Creutzig EuZW 2002, 560 (563). Creutzig EuZW 2002, 560 (563). Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 33.

1472 1473 1474 1475 1476 1477 1478 1479

Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 669. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 669. Creutzig EuZW 2002, 560 (563). Eingehend Emde VersR 2004, 1499 (1507); s.a. Niebling WRP 2005, 717 (718). Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112); Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). Wendel WRP 2002, 1395 (1403). Niebling WRP 2003, 609 (610). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047).

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Schutzzweck trifft im besonderen Maße außerordentliche Kündigungen sowie Strukturkündigungen, so dass auch bei ihnen eine Begründung erforderlich ist1480. Denn der Gekündigte muss wissen, aus welchem Grund der Unternehmer für sich ein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nimmt, um die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs oder einer Klage abschätzen zu können. Auch der von der Kommission genannte Zweck schränkt das Begründungserfordernis nicht ein. Der Unternehmer kann nicht über das Begründungserfordernis mit der Behauptung disponieren, es liege keine Verhaltensweise vor, die nicht eingeschränkt werden dürfe. Das soll gerade anhand der Begründung überprüft werden, die deshalb immer zu geben ist. In der Kündigungserklärung darf auf andere Schreiben, auch die eines nicht am Vertrag beteiligten Dritten, verwiesen werden1481. Die Nichtverlängerung eines befristeten Vertrages, die 6 Monate vor Auslaufen des Vertrages der anderen Vertragspartei mitgeteilt werden muss, ist keiner Begründungspflicht unterworfen1482. Es ist Sache des nationalen Gerichts zu prüfen, ob das nationale Recht im Fall der Kündigung eine wirksame Überprüfung der Kündigungsgründe gewährleistet. Das nationale Gericht muss in der Lage sein, daraus sowohl für die Gültigkeit der streitigen Vereinbarung im Hinblick auf Art. 101 AEUV als auch für den Ersatz des dem Händler entstandenen Schadens notwendigen Konsequenzen zu ziehen1483. Nationales Recht darf dabei nicht weniger günstiger ausgestaltet sein als bei entsprechenden Rechtsbehelfen innerstaatlichen Rechts und die Ausübung der Gemeinschaftsrechtsordnung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren1484. Der BGH1485 entschied für den Bereich des HeimG, ein Verstoß gegen die Pflicht zur Begründung der Kündigung habe deren Unwirksamkeit zur Folge. Es ist offen, ob sich diese Worte zur Ausübungskontrolle nach § 242 BGB auf das Kfz-Vertriebsrecht übertragen lassen. Jedenfalls nach § 305c Abs. 2 BGB (bei Wiederholung des Begründungserfordernisses in den Vertriebs-AGB) definiert dieses Verständnis die verwenderfeindlichste Auslegung1486. Das Begründungserfordernis soll analog gelten, wenn der Hersteller mit einem Interessenten keinen Werkstattvertrag abschließen will 1487. Es hindert den Hersteller wohl nicht, in einem Gerichtsverfahren Kündigungsgründe nachzuschieben1488. Falls der Vertrag das Begründungserfordernis des Art. 3 Abs. 4 Kfz-GVO vorsieht, die 183 Kündigung aber den vorstehenden Erfordernissen nicht entspricht, führt dies wohl nicht zu einem Wegfall der Freistellung1489. Die Nichtigkeitsfolge des Art. 101 Abs. 2 AEUV bezieht sich nur auf Vereinbarungen und Beschlüsse, nicht auf einseitige, nicht vom Willen der anderen Partei mitgetragene Akte einer Vertragspartei – wie die Kündigung. Ein Wegfall der Freistellung ist daher weder nach dem Wortlaut der GVO noch vor dem Hin-

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AA Niebling WRP 2003, 609 (610). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 18. Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 31. EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/ Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm Wegner/Schroeder. EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/ Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm Wegner/Schroeder. Beschl. v. 28.10.2004 – III ZR 205/03, NJW 2005, 147. Im Ergebnis: Wegner/Schroeder EuZW

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2007, 115 (116); offengelassen von BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 16. Niebling WRP 2006, 1334; Niebling WRP 2007, 1426 (1427). Nolte WRP 2005, 1124 (1126, 1127); Niebling WRP 2006, 1334; aA noch Niebling WRP 2005, 717; Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (395). Wegner/Schroeder EuZW 2007, 115 (116) nach deren Ansicht der EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/ Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113, anderer Ansicht ist.

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tergrund der Effektivität des Art. 3 Abs. 4 Kfz-GVO erforderlich. Würde der Wegfall der GVO allein auf der Ausgestaltung der Kündigung beruhen, führte ein gegenteiliges Verständnis zu dem widersinnigen Ergebnis, dass die in ihrer Form von der GVO nicht gebilligte Kündigung die Beendigung des Vertrages herbeiführen würde, jedenfalls wenn das nationale Recht dann zur Unwirksamkeit des Gesamtvertrages leitet1490. Art. 3 Abs. 5 Kfz-GVO regelt weitere Freistellungsvoraussetzungen betreffend Ver- 184 tragsbeendigungsklauseln. Nach seiner 1. Alternative muss der Vertrag eine Laufzeit von mindestens fünf Jahren und sich die Vertragsparteien verpflichtet haben, eine Nichtverlängerung mindestens 6 Monate im Voraus anzukündigen (lit. a). Die 2. Alternative ist, dass der Vertrag unbefristet geschlossen wird und die Vertragsparteien eine Kündigungsfrist von mindestens zwei Jahren vereinbaren (lit. b). Diese Frist kann auf ein Jahr verkürzt werden, wenn der Lieferant entweder (i) aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder aufgrund besonderer Absprache bei Beendigung der Vereinbarung eine angemessene Entschädigung zu zahlen hat oder (ii) sich für den Lieferanten die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren (Strukturkündigung). Der Ausgleichsanspruch analog § 89b ist keine angemessene Entschädigung i.S.d. Art. 3 Abs. 5 Kfz-GVO1491. Durch diese Regelung soll die Stellung der Mittler, insb. ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit1492, gegenüber dem Unternehmer gestärkt werden. Sie sollen ihr Agieren am Markt und ihre Wettbewerbsposition nicht unter dem Druck eines jederzeitigen Kündigungsrechts planen müssen. Die Strukturkündigung mit 1jähriger Frist soll es dem Lieferanten ermöglichen, auf 185 wirtschaftliche Veränderungen schnell zu reagieren und anpassungs- und leistungsfähige Strukturen zu entwickeln1493. Eine Umstrukturierung soll etwa gestattet sein, wenn sich die Gesamtzahl der Händlerstandorte von 638 um 103 reduzierte und von einem 2stufigen auf ein 1stufiges System entsprechend den Empfehlungen einer Unternehmensberatungsgesellschaft umgestellt werden soll, sofern dabei von den bisherigen Standorten lediglich 286 bestehen bleiben und 253 der 638 bisher tätigen Händler durch 249 leistungsfähigere Händler ersetzt werden sollen, bei einem wirtschaftlichen Vorteil von 91 Mio. EUR1494. Strittig ist, ob eine Strukturkündigung mit verkürzter 1jähriger Frist wegen Einführung einer neuen GVO zulässig ist1495. Kurze Umstellungsfristen, etwa zwi-

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Siehe hierzu BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). Creutzig BB 2002, 2133 (2147); Niebling WRP 2003, 609 (610); aA Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (398). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193; zu diesem Urteil Emde BB 2009, 2330 ff. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 15. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 24; kritisch Emde BB 2009, 2330 ff. Die Zulässigkeit einer Strukturkündigung mit einjähriger Frist befürworten Wendel WRP 2002, 1401; Schumacher Recht des

Kfz-Vertriebs in Europa, 2005, S. 102 f. Gegen die Zulässigkeit sprechen sich aus: Leitfaden zur GVO 1400/02, Frage 20; Niebling WRP 2010, 81 (82); Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618; Creutzig EuZW 2002, 560 (563); Emde GRUR 2006, 997 ff; Emde EWiR 2001, 24; Emde VersR 2002, 162; Genzow KfzBetrieb 4/2001, 27 unter Hinweis auf LG München I, 11 HKO 15987/99; Niebling WRP 2005, 717; Nolte WRP 2005, 1129 und Reckmann WuW 2003, 755 f. Für die Strukturkündigung Nissans verneint OLG Köln, Urt. v. 07.12.2007 – 19 U 60/07 (rechtskräftig; zust. Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 [619 ff]) die Berechtigung zur Strukturkündigung. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS

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schen Publikation der GVO 1400/02 am 01.08.2002 (ABl. EG L 203/30) und dem Ende der Anpassungsfrist zum 30.09.2003, können die Beteiligten in Zeitnot bringen1496. Sofern Hersteller angesichts der Kenntnis von der nahenden Umstellung die Verträge mit 2jähriger Regelkündigungsfrist hätten kündigen konnten, besteht keine „Notwendigkeit“ zur außerordentlichen Strukturkündigung mit 1jähriger Frist1497. Dabei ist Übergangsfristen Rechnung zu tragen1498. 2005 legte der BGH1499 dem EuGH gemäß dem heutigen Art. 267 AEUV die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob BMW infolge der Einführung der neuen Kfz-GVO 1400/02 zum Ablauf der Übergangsfrist von der Alt-GVO 1475/95 zur Neu-Kfz-GVO 1400/02 am 30.09.2003 die nach der alten GVO gefassten Händlerverträge im Wege der Strukturkündigung mit einjähriger statt mit der von beiden GVOs vorgeschriebenen Regelkündigungsfrist von 2 Jahren kündigen durfte, ohne die Freistellung ihres Vertriebssystems von den Wettbewerbsbeschränkungen des heutigen Art. 101 AEUV zu verlieren. Der BGH neigte seinerzeit der Ansicht zu, eine Strukturkündigung mit 1jähriger Frist sei zulässig und die Kündigung mit 2jähriger Frist unzumutbar. Gleiches gelte für einen einseitigen Verzicht des Herstellers auf die wettbewerbsbeschränkenden Regeln des Händlervertrages, weil dieser nur konsensual geändert werden dürfe. Möglicherweise berücksichtigte die Entscheidung zu wenig, dass die Kündigungsklausel in den Händler-AGB bei zweifelhafter Verständnismöglichkeit verwenderfeindlich gegen BMW auszulegen war1500. Der EuGH (Vulcan Silkeborg1501, BMW1502 letztere zum Vorlageverfahren des BGH) sowie der BGH1503 haben entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Strukturkündigung zulässig ist: Der EuGH judizierte: Das Inkrafttreten der neuen Kfz-GVO 1400/02 führe nicht zur „Notwendigkeit“ einer Strukturkündigung mit verkürzter Frist, ebenso wenig eine möglicherweise infolge der novellierten GVO erforderliche Vertragsanpassung. Jedoch könne das Inkrafttreten nach dem spezifischen Aufbau des Vertriebsnetzes des einzelnen Lieferanten eine Strukturkündigung „notwendig“ machen, wobei der Lieferant für diese Voraussetzung beweispflichtig sei. Die nationalen Gerichte müssten prüfen, ob ausnahmsweise eine Umstrukturierung erforderlich sei1504. Sie setze eine bedeutsame Änderung der Vertriebsstrukturen des betroffenen Lieferanten sowohl in finanzieller wie räumlicher Hinsicht voraus1505. Die Notwendigkeit der Strukturkündigung könne auch mit Gründen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden, die jedoch interne oder externe objektive Umstände voraussetzten, welche ohne eine schnelle Umstrukturierung – mit einjähriger Kündigungs-

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2009, 22193 sowie OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.05.2008, 11 U 39/07, BB 2008, 1417 = EWiR 2008, 497 (Emde), verneinen sie. Nach Ansicht von Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 sah die Kommission keine besonderen Umstellungsschwierigkeiten. Emde GRUR 2006, 997 ff. Zum Parallelproblem bei Ablauf der GVO 1400/02 Wendel BB 2008, 1292 (1303). Auch hier wird wohl nur eine Kündigung mit Zweijahresfrist in Betracht kommen. Ensthaler NJW 2007, 815 (816). BGH, Beschl. v. 26.07.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS) = WuW 2005, 1141 (DE-R 1151) = WRP

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2005, 1535 = NJW 2005, 3376 = EWiR 2006, 13 (Emde) = GRUR Int. 2006, 59. Eingehend Emde GRUR 2006, 997 ff. EuGH, Urt. v. 07.09.2006 – C-125/05, Slg. 2006, I S. 7637 = RIW 2007, 60 = BeckRS 2006, 70651; EuGH, Urt. v. 30.11.2006 – C-376/05. GRUR Int. 2007, 232 mit zust. Anm Ensthaler NJW 2007, 815. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193. So auch BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 21. Zustimmend Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618.

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frist – in Anbetracht des Wettbewerbsumfeldes die bestehenden Strukturen des Vertriebsnetzes beeinträchtigen könne. Die subjektive Beurteilung des Herstellers reiche nicht aus, um die Notwendigkeit einer Umstrukturierung darzutun. Enthalte ein Kfz-Vertragshändlervertrag wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und werde er nicht durch die GVO 1400/02 freigestellt, so sei er gem. Art. 101 AEUV unwirksam. Die Auswirkungen der Unwirksamkeit auf die übrigen Bestandteile des Vertrages müsse das nationale Gericht nach nationalem Recht bestimmen. Eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung sei unangebracht. Für die Änderung von Selektionskriterien verneinen Ensthaler/Gesmann-Nuissl 1472 die Berechtigung zur Strukturkündigung. Aber es wird auf den Einzelfall ankommen. Der BGH 1507 entschied daraufhin, unabhängig von der Wirksamkeit der Kündigung 186 sei der Händlervertrag gem. § 306 Abs. 3 BGB zum 30.9.03 (Ende der Übergangsfrist der GVO 1400/02) nichtig. Er enthalte wettbewerbsbeschränkende Klauseln, die zwar von der Vorgänger-Kfz-GVO 1475/95 freigestellt waren, nach Ablauf der Anpassungsfrist zum 30.9.03 jedoch nicht von der Neu-GVO 1400/02. Der daraus folgende Verstoß gegen „Schwarze Klauseln“ nehme sämtliche wettbewerbsbeschränkenden Vertragsklauseln von der Freistellungswirkung der Kfz-GVO aus. Die Ersetzung der unwirksamen Klauseln durch gesetzliche Vorschriften nach § 306 Abs. 2 BGB komme nicht in Betracht. Das analog anwendbare HV-Recht sehe keine den unwirksamen Vertragsbestimmungen entsprechenden Regelungen vor. Ebenso scheide eine ergänzende Vertragsauslegung aus. Es lasse sich nicht feststellen, was die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit vereinbart hätten. BMW sei aufgrund seiner Organisationsmacht berechtigt gewesen, sein Vertriebsnetz auf eine neue vertragliche Grundlage zu stellen. Ein Festhalten am Händlervertrag ohne wettbewerbsbeschränkende Regelungen würde zu einer unzumutbaren Härte i.S.d. § 306 Abs. 3 BGB führen. Bei Vertragsfortsetzung unter Wegfall der inkriminierten Klauseln könne BMW einen Verkauf an nicht autorisierte Wiederverkäufer nicht verbieten und innerhalb des BMW-Vertriebsnetzes hätte zweierlei Recht gegolten. Derart ungeordnete Verhältnisse seien BMW unzumutbar. Ein Schadenersatzanspruch zu Gunsten des Händlers scheide aus. Die Nichtigkeit beruhe auf keinem pflichtwidrigen Verhalten BMWs (§ 280 BGB). Unter den gegebenen Umständen bestehe keine Pflicht BMWs, den Händlervertrag an die neue GVO anzupassen1508. Diese vom BGH angenommene Folge der Einführung einer GVO hat die Kommission 187 kaum gewollt1509: Nach Neueinführung einer GVO brauchen die Hersteller nicht mehr zu kündigen, sondern können – ohne Verpflichtung zu Schadensersatz – auf die Nichtigkeit des Vertrages mit Ablauf der Umstellungsfrist warten. Die angemessene Umstellungsfrist (Kündigungsfrist) von 2 Jahren wird damit umgangen. Dies widerspricht dem Zweck der GVO, dem Schutz der Händler zu dienen, der im Rahmen einer europarechtsfreundlichen Auslegung zu beachten war. Das nationale Recht darf die Ausübung der Gemeinschaftsrechtsordnung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren1510. Die Händler werden doppelt getroffen. Zunächst werden sie Art. 101 AEUV widersprechenden rigiden Wettbewerbsklauseln unterworfen. Dann sollen diese

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Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). AA Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (619).

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Kritisch auch Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 ff. EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm Wegner/Schroeder.

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Klauseln dazu führen, dass bei Einführung einer die Händler schützenden GVO der Vertrag nichtig wird und keine Kündigungsfristen gelten. Wenn die Hersteller der Freistellung bedürftige Verträge entwerfen, haben sie das Risiko der Neueinführung einer GVO zu tragen: Den richtigen Weg hat der Senat gewiesen: Das als dispositives Recht analog anwendbare HV-Recht sieht keine derartigen wettbewerbsbeschränkenden Vorschriften vor. Es wäre jedoch bei Unwirksamkeit des Vertrages (analog) anwendbar. Dass dann angeblich zweierlei Recht gelten soll, hätte der Hersteller seiner eigenen Vertragsgestaltung zuzuschreiben. Denn vom ursprünglichen Vertrag divergierendes Recht könnte nur für neu abgeschlossene Verträge gelten und deren Inhalt bestimmt der Hersteller. Zudem darf sich ein Hersteller auf die Unwirksamkeit eigener AGB nicht berufen, schon gar nicht, wenn er die wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, die zur Nichtigkeit führten, im eigenen Interesse einfügte. Für das deutsche Recht wäre auch § 307 BGB zu berücksichtigen1511. Die Strukturkündigung verkürzt die Kündigungsfrist nur zugunsten der Hersteller, was nicht nur § 307 BGB1512, sondern auch § 89 Abs. 2 S. 1 widerspricht1513. Auch große Händlerketten können Interesse an einer durch sie erklärten Strukturkündigung haben. Die meisten Strukturkündigungsklauseln dürften vor diesem Hintergrund unwirksam sein, worauf es allerdings auf Basis der BGH-Rechtsprechung nicht ankam. Auf das europäische Leitbild der GVO können sich die Hersteller nicht berufen. Die GVO gestattet zwar die Strukturkündigungsklausel, setzt aber nur einen Mindeststandard und disponiert nicht über das nach deutschem Recht bestehende Erfordernis, dem Händler die gleiche Kündigungsfrist zu gewähren. Beweispflichtig für die TB-Voraussetzungen der Strukturkündigung, die objektiv 188 vorliegen müssen1514 und den Vollbeweis des § 286 ZPO erfordern1515, ist der Kündigende1516, und zwar auch wegen des Ausnahmecharakters der Strukturkündigung sowie der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB1517. Das gilt auch bei der Kündigung eines

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Siehe bereits Emde EWiR 2005, 13; Emde BB 2005, 1121/1122; zur Strukturkündigung und der Beweislast nach Kündigung auch Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2591). Vgl. etwa OLG Celle, Beschl. v. 09.06.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); aA OLG Köln, Urt. v. 18.12.2008 – 19 U 33/08; OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.09.2004 – 1 U 632/03-161, BeckRS 2005, 01443 (aber ohne Erörterung des § 89 Abs. 2 S. 1). Emde BB 2009, 2330; Emde EWiR 2008, 498; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); aA OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.05.2008 – 11 U 39/07 BB 2008, 1417 = EWiR 2008, 497 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 18.12.2008 – 19 U 33/08. Danach bildet die GVO 1400/02 eine Spezialregelung. Aber bei ihr handelt es sich nur eine VO der EU-Kommission, welche nach BGH v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 = EWiR 2006, 273 (Emde) zwischen

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den Parteien keine zivilrechtlichen Rechte und Pflichten erzeugt. Das OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.09.2004 – 1 U 632/03161, BeckRS 2005 01443, verneint einen Verstoß der Strukturkündigungsklausel gegen § 307 BGB: Der Hersteller habe ein Interesse an einer schnellen Kündigungsmöglichkeit, sofern er umstrukturieren wolle. Das fehlende Recht des Händlers zur Anschlusskündigung führe nicht zur Unwirksamkeit. Mit der in § 89 enthaltenen Regel der Fristenparität setzte sich das OLG nicht auseinander. OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.05.2005 – I-6 U 80/04, n.v. Emde BB 2009, 2330 (2333). BGH, Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 13/09, WRP 2011, 244 Rn 14 m. abl. Anm Niebling; Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = WRP 2009, 1121, insb. Rn 30; OLG Köln, Urt. v. 07.12.2007 – 19 U 60/07; Emde EWiR 2008, 498; Emde BB 2009, 2330 (2333). Emde BB 2009, 2330 (2333).

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Werkstattvertrages1518. Zweifel gehen zu Lasten des Unternehmers1519. Es soll jedoch eine fundierte Tatsachenfeststellungen voraussetzende1520 Prognose genügen, derzufolge die TB-Voraussetzungen plausibel zu antizipieren sind1521. Der Hersteller soll deshalb nicht substantiiert darlegen und beweisen zu müssen, dass sich sein Entscheidungsspielraum so verengt hat, dass die binnen Jahresfrist zu realisierende Umstrukturierung aus objektiven Gründen die einzig gebotene Entscheidung war, um die Effizienz des Vertriebsnetzes zu erhalten und wirtschaftliche Nachteile abzuwenden1522. Das berechtigte Interesse des Unternehmers, die Struktur seines Vertriebsnetzes möglichst schnell zu ändern, um den durch die Schwäche des Händlernetzes verursachten Markteinbußen alsbald entgegenzuwirken, soll ausreichen, um die Notwendigkeit der Umstrukturierung zu begründen und eine Strukturkündigung zu rechtfertigen1523. Es soll nicht Sache der nationalen Gerichte sein, die wirtschaftlichen und geschäftlichen Überlegungen in Frage zu stellen, aufgrund derer ein Lieferant die Entscheidung zur Umstrukturierung getroffen hat1524. Vielmehr soll auch unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der Vorschrift und ihres Ausnahmecharakters genügen, dass die Notwendigkeit auf plausible Weise gerechtfertigt werden kann mit Gründen der wirtschaftlichen Effizienz, die sich auf interne oder externe objektive Umstände des Unternehmens des Lieferanten stützen, welche ohne eine schnelle Umstrukturierung des Vertriebsnetzes in Anbetracht des Wettbewerbsumfeldes, in welchem der Lieferant agiert, die Effizienz der bestehenden Strukturen beeinträchtigen können1525. Wirtschaftlich nachteilige Folgen, welche der Lieferant im Falle einer Kündigung mit 2jähriger Frist erleiden könnte, sind erheblich1526, nach einer missverständlichen Passage des BGH sogar Abfindungs- und Ausgleichsansprüche1527 (weshalb sich die Strukturkündigung, die zu § 89b-Ansprüchen führt, selbst begründen würde1528). Die Beurteilung der negativen Folgen beruhe auf Prognosen, welche sich nach einer Umstrukturierung nicht mehr verifizieren ließen. Unerheblich sei daher, ob sich die Prognose bestätige1529. Nachteile bräuchten daher nicht exakt beziffert zu werden; es genüge, dass im Fall der Fortführung des bisherigen Vertriebssystems über einen Zeitraum von einem weiteren Jahr voraussichtlich sinkende Marktanteile drohten1530. Gerichte sind jedoch nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt1531. Die Notwendigkeit einer Umstrukturierung kann nicht der freien Beurteilung des Lieferanten unterliegen, sollen die Händ1518 1519

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BGH, Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 13/09, WRP 2011, 244 m. abl. Anm Niebling. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = WRP 2009, 1121, kritisch Emde BB 2009, 2330 (2333). Emde BB 2009, 2330 (2333). Emde BB 2009, 2330 (2333). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 31; Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (620); kritisch Emde BB 2009, 2330 (2333). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 31. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 27. BGH, Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 13/09, WRP 2011, 244 Rn 14 m. abl. Anm Nieb-

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ling; Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193, kritisch Emde BB 2009, 2330 (2333). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 27. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 25; ablehnend deshalb Niebling WRP 2011, 248. Emde BB 2009, 2330 (2333). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 32. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 32. OLG Köln, Urt. v. 07.12.2007 – 19 U 60/07.

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ler nicht jeden wirksamen gerichtlichen Schutz verlieren1532. Eine als Strukturkündigung unwirksame Kündigung wird als solche mit Regelkündigungsfrist aufrechterhalten1533. Kann der Unternehmer die erforderlichen Tatsachen nicht darlegen und beweisen, etwa weil er sich auf Geschäftsgeheimnisse berufen will1534, muss er sich auf die Regelkündigungsfrist beschränken1535. Die unberechtigte Strukturkündigung führt zur Schadensersatzpflicht1536. Gem. Art. 3 Abs. 6 Kfz-GVO muss der Vertrag, um freigestellt zu sein, das Anrufen 189 eines unabhängigen Sachverständigen oder eines Schiedsrichters gestatten, etwa bei Meinungsverschiedenheiten über Lieferverpflichtungen, die Festsetzung oder das Erreichen von Absatzzielen, Bevorratungspflichten, die Verpflichtung zur Bereitstellung oder Nutzung von Fahrzeugen für Ausstellungszwecke und Probefahrten, die Voraussetzungen des Mehrmarkenvertriebs, die Frage, ob das Verbot des Tätigwerdens von einem nicht zugelassenen Standort aus die Möglichkeiten der Ausweitung des Geschäfts des Händlers von anderen Kfz als Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen beschränkt oder die Frage, ob die Kündigung einer Vereinbarung aufgrund der angegebenen Kündigungsgründen gerechtfertigt ist. Dabei wird nicht bestimmt, ob das Verfahren zwingend vor Einreichung einer Klage vor ordentlichen Gerichten durchzuführen ist.1537 Weder Art. 3 Abs. 6 Kfz-GVO noch eine andere Bestimmung der GVO setzt voraus, dass die Einschaltung des unabhängigen Sachverständigen, Schiedsrichters oder Gerichts vor dem Wirksamwerden der Kündigung erfolgen muss1538. Nach der GVO sind die Parteien also nicht gezwungen, vor Anrufung der staatlichen Gerichte ein Schiedsverfahren vorzuschalten1539. Gemäß hM ist eine Streitschlichtungsklausel iSd Art. 3 Abs. 6 Kfz-GVO daher keine Schiedsvereinbarung nach den §§ 1025 ff ZPO. Anders als nach der Kfz-GVO entscheidet das Schiedsgericht bei einer Schiedsvereinbarung endgültig an Stelle des staatlichen Gerichts und eine Aufhebung des Schiedsspruchs bleibt nur unter den engen Voraussetzungen des § 1059 ZPO möglich1540. Bleibt zweifelhaft, ob eine Klausel die Entscheidung durch staatliche Gerichte zulässt, ist bei Klagen des AGB-Verwenders zu dessen Lasten und bei Klagen des Verwendungsgegners zu seinen Gunsten zu entscheiden. Art. 3 Abs. 6 S. 3 Kfz-GVO wird überwiegend so verstanden, dass er zwingend die Überprüfung einer eventuellen schiedsrichterlichen Entscheidung durch staatliche Gerichte fordert. Diese Auffassung ist jedoch nach Ansicht des OLG Frankfurt/Main abzulehnen1541. Hierfür spricht auch Nr. 5.3.2 des Leitfadens der EU-Kommission. Die Parteien sind frei, eigene Regelungen zu treffen1542. Selbst ohne dahingehende Verpflichtung dürfen sich Hersteller wie Händler dem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren nicht versagen. Die Kündi-

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BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 27. OLG Köln, Urt. v. 07.12.2007 – 19 U 60/07. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620). Wendel WRP 2002, 1395 (1403). EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm Wegner/Schroeder.

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OLG Saarbrücken, NJW-RR 1999, 1713. Ensthaler WuW 2002, 1042 (1051); Faatz Kraftfahrzeugvertrieb, S. 234; Ensthaler/ Funk/Stopper S. 129, 130 Rn 204; Schlenger/Hinrichs in: Liebscher/Flohr/Petsche, Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, § 15 Rn 20; Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Kfz, Rn 32. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.01.2009 – 11 U 49/08, www.betriebs-berater.de, BBBL 2009-337-3 = BB 2009, 337 = NJOZ 2009, 794 = GRUR-RR 2009, 325 (LS). Creutzig BB 2002, 2133 (2146); Ensthaler WuW 2002, 1042 (1051).

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gung wird aber nicht unwirksam, weil in dem Händlervertrag ein Verfahren zur Durchführung der außergerichtlichen Schlichtung nicht vorgesehen ist1543. Art. 3 Abs. 6 KfzGVO verbietet nicht bestimmte vertragliche Klauseln, sondern knüpft die Freistellung an die Voraussetzung, dass der Händlervertrag die o.g. Möglichkeit der Klärung von Meinungsverschiedenheiten vorsieht. Diese Voraussetzung ist bereits erfüllt, wenn er eine Klausel enthält, die ein solches Recht stipuliert. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kündigung mit Frist oder fristlos ausgesprochen werde. Die Gültigkeit der Klausel beurteilt sich nach nationalem Recht1544. (6) Art. 4 Kfz-GVO. Art. 4 Kfz-GVO nennt Kernbeschränkungen oder „schwarze 190 Klauseln“. Die Freistellung entfällt zumindest für die wettbewerbsbeschränkende Klausel1545; wahrscheinlich sogar für alle wettbewerbsbeschränkenden Klauseln des Vertrages, möglicherweise über §§ 306, 139 BGB1546. Kernbeschränkungen gelten unabhängig vom Marktanteil des Kfz-Herstellers als spürbare Beeinträchtigung des Wettbewerbs1547 und sind deshalb auch nicht von der Bagatellbekanntmachung freigestellt1548. Eine einseitige „schwarze Verhaltensweise“ des Herstellers beseitigt die Freistellung nur für den Zeitraum des Verstoßes1549. Dem Hersteller dürfen nicht ohne weiteres „schwarze Verhaltensweisen“ seiner ausländischen Vertragshändler zugerechnet werden1550. Niebling1551 vertritt, nach Nichtigkeit des Gesamtvertrags verbliebe ein Anspruch der Händler auf Belieferung aus § 242 BGB. Der Hersteller verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits den Vertrag durch Rechtsbruch zerstöre, andererseits aber die Belieferung einstellen wolle. Dieser Ansicht widerspricht das OLG Schleswig1552 und wohl auch der BGH1553. Vgl. dazu Rn 186/187. Kernbeschränkungen sind etwa die Festsetzung von Mindest- und Festpreisen für den 191 Weiterverkauf, Beschränkungen des Gebiets und Kundenkreises, in das oder an den der Händler oder die Werkstatt Vertragswaren oder Vertragsdienstleistungen verkaufen darf, Beschränkungen von Querlieferungen zwischen Händlern und Werkstätten innerhalb eines selektiven Vertriebssystems, Beschränkungen der Möglichkeit des Händlers, neue Kfz zu verkaufen, die einem Modell seines Vertragsprogramms entsprechen sowie die Kombination von exklusivem und selektivem Vertrieb1554. Zu den Kernbeschränkungen zählen nicht die Standortklausel oder ein Wettbewerbsverbot. 1543 1544

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OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713. EuGH, Urt. v. 18.01.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/ Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm Wegner/Schroeder. Wendel WRP 2002, 1395 (1397); Siegert NJW 2007, 188 (189). BGH, Urt. v. 8.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). Schönbohm WRP 2004, 695 (696). Schönbohm WRP 2004, 695 (696); Creutzig EuZW 2002, 560. BGH, Urt. v. 30.03.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185; OLG Schleswig, Urt. v. 09.07.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378; i.E. zuvor bereits OLG Celle v.

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22.06.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581 2001, 65. BGH, Urt. v. 30.03.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. WRP 2002, 310 (313). Urt. v. 09.07.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378; im Ergebnis zuvor bereits OLG Celle v. 22.06.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581 2001, 65; zusammenfassend Emde VersR 2002, 151 (158); 2001, 148 (159). BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde).

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(7) Art. 4 Abs. 1 Kfz-GVO. Kernbeschränkungen sind im Einzelnen: (a) Beschränkung der Möglichkeit des Händlers oder der Werkstatt, den Verkaufspreis selbst festzusetzen. Kfz-Vertragshändlern durch den Hersteller gewährte Boni für die Beachtung der unverbindlichen Preisempfehlung bei Verkäufen des Händlers sind unzulässig, weil eine solche Regelung in das Selbstbestimmungsrecht des Händlers aus Art. 4 Nr. 1 lit. a Kfz-GVO eingreift1555. Der Lieferant darf jedoch Höchstverkaufspreise festsetzen oder Preisempfehlungen aussprechen, sofern sich jene nicht infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eine der Vertragsparteien wie Festoder Mindestverkaufspreise auswirken. (b) Beschränkungen des Gebiets oder Kundenkreises, in das oder in dem der Händler oder die Werkstatt Vertragswaren oder -dienstleistungen verkaufen darf. Freigestellt sind jedoch: (1) Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder an Gruppen von Kunden, welche der Lieferant sich selbst vorbehalten oder ausschließlich einem anderen Händler oder einer anderen Werkstatt zugewiesen hat, sofern dadurch Verkäufe seitens der Kunden des Händlers oder der Werkstatt nicht begrenzt werden; dies betrifft nur anderen Mittlern vorbehaltene Gebiete, in denen der Unternehmer ein exklusives System unterhält (sonst ist lit. d und e vorrangig). (2) Beschränkungen des Verkaufs an Endverbraucher durch Händler, die auf der Großhandelsstufe tätig sind (3) Beschränkungen des Verkaufs neuer Kfz und von Ersatzteilen an nicht zugelassene Händler, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems in Märkten mit selektivem Vertrieb auferlegt werden (4) Beschränkungen der Möglichkeiten des Händlers, Bauteile, die zum Einbau in andere Erzeugnisse beliefert werden, an Kunden zu verkaufen, welche diese Bauteile für die Herstellung derselben Art von Erzeugnissen verwenden würden, wie sie der Lieferant herstellt. (c) Beschränkungen von Querlieferungen zwischen Händlern oder Werkstätten innerhalb eines selektiven Vertriebssystems, auch wenn diese auf unterschiedlichen Handelsstufen tätig sind. Das schließt bei selektiven Vertriebssystemen die Vereinbarung einer Alleinbezugsverpflichtung aus1556. (d) Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs von neuen Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen, Ersatzteilen für sämtliche Kfz oder Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen an Endverbraucher in Märkten mit selektiven Vertrieb, soweit diese Beschränkungen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden, welche auf der Einzelhandelsstufe tätig sind. Die Vorschrift gilt nicht für Verkäufe in Märkte mit exklusiven Vertrieb (dann lit. b). Die Freistellung gilt jedoch für Vereinbarungen, in denen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems verboten wird, Geschäfte von nicht zugelassenen Standorten aus zu betreiben. (e) Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs von anderen neuen Kfz als Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen an Endverbraucher, soweit diese Beschränkungen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden, welche auf der Einzelhandelsstufe tätig sind. Der Lieferant darf es jedoch Mitgliedern eines solchen Systems verbieten, Geschäfte von nicht zugelassenen Standorten aus zu betreiben. (f) Beschränkungen der Möglichkeit des Händlers, neue Kfz zu verkaufen, die einem Modell seines Vertragsprogramms entsprechen.

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Niebling WRP 2005, 717 (718).

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Thoma WRP 2005, 1132 (1134).

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(g) Beschränkungen der Möglichkeit des Händlers, die Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen an zugelassene Werkstätten untervertraglich weiter zu vergeben. Der Lieferant darf jedoch verlangen, dass der Händler dem Endverbraucher vor Abschluss des Kaufvertrages den Namen und die Anschrift der zugelassenen Werkstatt oder der zugelassenen Werkstätten mitteilt und, sollte sich eine der zugelassenen Werkstätten nicht in der Nähe der Verkaufsstelle befinden, den Endverbraucher über die Entfernung der fraglichen Werkstatt oder Werkstätten von der Verkaufsstelle zu unterrichten. Verpflichtungen dieser Art dürfen jedoch nur auferlegt werden, wenn Händlern, deren eigene Werkstatt sich nicht auf dem gleichen Gelände wie ihre Verkaufsstelle befindet, ähnliche Verpflichtungen auferlegt werden. (h) Beschränkungen des Rechts einer zugelassenen Werkstatt, ihre Tätigkeit auf die Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen und den Ersatzteilvertrieb zu begrenzen. (i) Beschränkungen des Verkaufs von Kfz-Ersatzteilen durch Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems an unabhängige Werkstätten, welche diese Teile für die Instandsetzung und Wartung eines Kfz verwenden. (j) Zwischen einem Lieferanten von Originalersatzteilen oder qualitativ gleichwertigen Ersatzteilen, Instandsetzungsgeräten, Diagnose- oder Ausrüstungsgegenständen oder einem Kfz-Hersteller vereinbarte Beschränkungen, welche die Möglichkeit für Lieferanten einschränken, diese Waren an zugelassene oder unabhängige Händler, zugelassene oder unabhängige Werkstätten oder an Endverbraucher zu verkaufen. (k) Beschränkungen der Möglichkeiten eines Händlers oder einer zugelassenen Werkstatt, Originalersatzteile oder qualitativ gleichwertige Ersatzteile von einem dritten Unternehmen ihrer Wahl zu erwerben und diese Teile für die Instandsetzung oder Wartung von Kraftfahrzeugen zu verwenden. Davon unberührt bleibt das Recht der Lieferanten neuer Kfz, für Arbeiten im Rahmen der Gewährleistung, des unentgeltlichen Kundendienstes oder von Rückrufaktionen die Verwendung von Originalersatzteilen vorzuschreiben, welche vom Fahrzeughersteller bezogen werden. Das „5-Sterne-Premium-Paket“ eines KfzHerstellers, welches für Käufer neuer Fahrzeuge den gleichzeitigen Abschluss eines Vertrages über kostenlose Kundendienstleistungen bis zu einer bestimmten Zeit- und/oder Kilometergrenze beinhaltet, ist als „unentgeltlicher Kundendienst“ i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. k Kfz-GVO zulässig, wenn die Begrenzung auf vier Jahre und 50.000 km lautet1557. (l) Die zwischen einem Kfz-Hersteller, der Bauteile für die Erstmontage von Kfz verwendet, und dem Lieferanten dieser Bauteile getroffene Vereinbarung, die dessen Möglichkeiten beschränken, sein Waren- oder Firmenzeichen auf diesen Teilen oder Ersatzteilen effektiv und gut sichtbar anzubringen. (8) Art. 4 Abs. 2 Kfz-GVO. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Kfz-GVO gilt die Freistellung nicht, 194 wenn der Kfz-Lieferant unabhängigen Marktbeteiligten den Zugang zu den für die Instandsetzung oder Wartung seiner Kfz oder für Umweltschutzmaßnahmen erforderlichen technischen Informationen, Diagnose- oder anderen Geräten und Werkzeugen neben einschlägiger Software oder die fachliche Unterweisung verweigert. Dieser Zugang muss unter anderem die uneingeschränkte Nutzung der elektronischen Kontroll- und 1557

OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.09.2006 – VI – U (Kart) 15/06, WuW 2007, 161 = DE-R 1865.

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Diagnosesysteme eines Kfz, deren Programmierung gemäß den Standardverfahren des Lieferanten, die Instandsetzung- und Wartungsanleitung und die für die Nutzung von Diagnose- und Wartungsgeräten sowie sonstige Ausrüstung erforderlichen Informationen einschließen. Unabhängigen Marktbeteiligten ist dieser Zugang gemäß Art. 4 Abs. 3 KfzGVO unverzüglich in nicht diskriminierender und verhältnismäßiger Form zu gewähren und die Angaben müssen verwendungsfähig sein. Der Zugang zu Gegenständen, die durch geistige Eigentumsrechte geschützt sind oder Know-How darstellen, darf nicht missbräuchlich verweigert werden. Die Verfügbarkeitsklausel des Art. 4 Abs. 1 lit. f Kfz-GVO erlaubt es den Händlern 195 auch außerhalb der Landesgrenzen des Heimatlandes, Neuwagen mit den landesspezifischen Ausrüstungselementen zu bestellen, sofern die Kunden das Fahrzeug in einem Staat zulassen wollen, in dem der Hersteller das entsprechende Modell des Vertragsprogramms ebenfalls anbietet. Diese Norm ist insbesondere für die Linksverkehrnationen Großbritannien und Irland bedeutsam1558. Alle Händler können die Lieferung jedes in der EU angebotenen Fahrzeuges fordern, etwa Rechtslenker1559. Daher sind auch Lieferquoten unzulässig, ebenso auf den Bestimmungsort des Kfz bezogene Prämienregelungen1560. Ein Händler muss jede Bestellung von Kunden aus der EU akzeptieren1561. Dem Händler darf der Verkauf an Vermittler nicht untersagt werden, sofern jene eine Vollmacht vorlegen1562. Der Hersteller darf jedoch die Auslieferung verweigern, wenn die lokale Ausführung des bestellten Modells nicht dem Vertragsprogramm des Händlers angehört. Die Kfz-Hersteller dürfen weiterhin einen den Mehrkosten angemessenen Preisaufschlag für Rechtslenkerfahrzeuge berechnen1563.

196

(9) Art. 5 Kfz-GVO. Art. 5 Kfz-GVO enthält wie die Schirm-GVO 330/10 einen Katalog sogenannter „roter Klauseln“. Die in diesem Katalog genannten Verpflichtungen sind nicht vom Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV freigestellt. Das Einfügen einer roten Klausel in den Vertriebsvertrag bewirkt im Gegensatz zu den „schwarzen Klauseln“ des Art. 4 Kfz-GVO nur, dass die Klausel selbst nicht freigestellt wird 1564. Die restliche Vereinbarung steht einer Anwendung der GVO weiterhin offen1565. Nach aA1566 entfällt die Freistellung sämtlicher wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen des Vertrags. Nach beiden Meinungsgruppen kann gemäß §§ 139, 306 BGB die Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Abreden des Vertrags zur Gesamtnichtigkeit des Vertrags führen1567, sofern nicht der Schutzgedanke der GVO diesem Ergebnis widerspricht. Ob der Hersteller der Nichtigkeit durch einseitigen Verzicht auf die wettbewerbsbeschränkenden Bestimmungen entgegenwirken kann, erscheint zweifelhaft, weil beiden Vertragspartnern hierdurch ein Vertrag mit ursprünglich nicht gewolltem Inhalt aufgezwungen 1558 1559 1560 1561 1562 1563 1564 1565

Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 39. Ensthaler WuW 2002, 1042 (1046). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047); Wendel WRP 2002, 1395 (1411). Wendel WRP 2002, 1395 (1411). Wendel WRP 2002, 1395 (1412). Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 39. Wendel WRP 2002, 1395 (1398). BGH, Beschl. v. 26.07.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS) = WuW 2005, 1141 (DE-R 1151) = WRP

150

1566 1567

2005, 1535 = NJW 2005, 3376 = EWiR 2006, 13 (Emde) = GRUR Int. 2006, 59; Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 44. Rickmann WuW 2003, 752 (755). Rickmann WuW 2003, 752, 756; Niebling WRP 2002, 310, 313; aA wohl OLG Schleswig, Urt. v. 09.07.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378; im Ergebnis zuvor bereits OLG Celle v. 22.06.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581 = 2001, 65; zusammenfassend Emde VersR 2002, 151 (158); 2001, 148 (159).

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wird1568. Eine dahingehende Einigung ist jedoch gestattet, sofern der Vertrag dann GVOkonform wird. Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a Kfz-GVO sind alle unmittelbaren oder mittelbaren Wettbe- 197 werbsverbote von der Freistellung ausgeschlossen. Das betrifft sowohl auf die Vertragslaufzeit beschränkte als auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote1569. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. b Kfz-GVO sind alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, welche die Möglichkeiten von zugelassenen Werkstätten einschränken, Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Fahrzeuge konkurrierender Lieferanten zu erbringen, von der Freistellung ausgeschlossen. Art. 5 Abs. 1 lit. c Kfz-GVO schließt alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, welche die Mitglieder eines Vertriebssystems veranlassen, Kfz oder Ersatzteile bestimmter konkurrierender Lieferanten nicht zu verkaufen oder Instandsetzungs- oder Wartungsdienstleistungen für Kfz bestimmter konkurrierender Lieferanten nicht zu erbringen, von der Freistellung aus. Gleiches gilt gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. d Kfz-GVO für alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Händler oder die zugelassene Werkstatt veranlassen, nach Beendigung der Vereinbarung Kfz nicht herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiter zu verkaufen oder Instandsetzung- oder Wartungsdienstleistungen nicht zu erbringen. Art. 5 Abs. 2 Kfz-GVO schließt weitere Verpflichtungen von der Freistellung aus: 198 Gemäß lit. a alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Händler veranlassen, keine Leasingverträge für Vertragswaren oder ihnen entsprechende Waren zu verkaufen. Gemäß Art. 5 Abs. 2 lit. b Kfz-GVO alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, welche die Möglichkeiten von Händlern von Pkw oder leichten Nutzfahrzeugen in einem selektiven Vertriebssystem einschränken, zusätzliche Verkaufs- oder Auslieferungsstellen an anderen Standorten am gemeinsamen Markt zu errichten, an denen selektiver Vertrieb stattfindet. Am 1.10.2005 entfiel die zunächst gewährte Freistellung für solche Standortklauseln in selektiven Vertriebssystemen (Art. 5 Abs. 2 lit b, 12. Abs. 2 Kfz-GVO). Zuvor konnten Kfz-Hersteller ihren in ein selektives Vertriebssystem eingebundenen Vertragshändlern die Eröffnung von Verkaufsstellen außerhalb des ihnen zugewiesenen Gebiets untersagen. Dies ist seither nicht mehr möglich1570. Mit Wegfall der Standortklauseln dürfen Händler auch außerhalb ihrer Gebiete tätig werden und überall – im In- wie Ausland – neue Verkaufsstellen eröffnen. Porsche hatte sich durch einen comfort letter die Vereinbarkeit der in ihren Händlerverträgen enthaltenen Standortklausel mit Art. 101 AEUV zusichern lassen. Art. 5 Abs. 3 Kfz-GVO schließt die Freistellung für alle unmittelbaren oder mittel- 199 baren Verpflichtungen betreffend den Standort einer zugelassenen Werkstatt in einem selektiven Vertriebssystem aus. (10) Art. 6–12 Kfz-GVO. Im Einklang mit der Systematik der Schirm-GVO stehen 200 auch die Art. 6 bis 12 Kfz-GVO. Gemäß Art. 6 Kfz-GVO kann die Kommission die Freistellung entziehen, wenn die nach der Kfz-GVO freigestellte vertikale Vereinbarung gleichwohl Wirkungen hat, welche mit den Voraussetzungen von Art. 101 Abs. 3 AEUV unvereinbar ist. Art. 8 Kfz-GVO regelt die Berechnung der Marktanteile. Strittig ist, wie die dort genannte 30 %-Schwelle des Art. 8 Kfz-GVO zu bestimmen ist. Bei Überschrei1568

BGH, Beschl. v. 26.07.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS) = WuW 2005, 1141 (DE-R 1151) = WRP 2005, 1535 = NJW 2005, 3376 = EWiR 2006, 13 (Emde) = GRUR Int. 2006, 59.

1569

1570

Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 45; Genzow in: Ensthaler, § 90a Rn 23. Vgl. EuZW 2005, 642.

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ten besteht insb. ein Kontrahierungszwang im Werkstattgeschäft (Rn 288). Es wird die Ansicht vertreten, Gewährleistungsarbeiten/Garantieleistungen sowie spezifisch markenbezogene Arbeiten müssten bei der Marktanteilsberechnung nach Art. 8 Kfz-GVO als nicht substituierbar unberücksichtigt bleiben. Gemäß Art. 8 Kfz-GVO dürften nur aus Käufersicht substituierbare Leistungen in die Marktvolumenberechnung einfließen. Diese Ansicht ist abzulehnen1571. Nur weil der Hersteller die Vornahme von Gewährleistungsund Garantiearbeiten durch Mitglieder seines Vertriebsnetzes vorschreibt, können diese Leistungen nicht von der Marktanteilsberechnung ausgenommen werden (s. auch zur GVO 461/10 Rn 206, 288). Sonst hätte es der Hersteller in der Hand, durch bilaterale Vereinbarungen zwischen sich und den Mitgliedern seines Vertriebsnetzes den maßgeblichen Marktanteil herab zu setzen. Auch dass der Hersteller diese Arbeiten bezahlt, führt zu keiner anderen Beurteilung1572. Die Marktstärke wird nicht weniger gewichtig, weil der Hersteller die Leistungen entlohnt1573. Zudem kommt es auf die Substituierbarkeit aus der Sicht des Käufers an. Diese wird abstrakt nach der erbrachten Leistung und nicht konkret nach der Person des für die Leistung Zahlenden bestimmt. Art. 9 Kfz-GVO normiert die Bestimmung des Umsatzes. Art. 10 Kfz-GVO trifft eine 201 Regelung über den Übergangszeitraum, die heute praktisch keinen Anwendungsbereich mehr hat. Umstritten war insbes. die Konkordanz von altem und neuem Recht. Da der Händler das Recht hatte, als autorisierte Werkstatt anerkannt zu werden, war ein Konflikt mit der Übergangsregelung für Altverträge, die bis zum 30.09.2003 freigestellt blieben, denkbar. Insbesondere blieb eine Vertragsverletzung des Herstellers möglich, wenn er eine Werkstatt in dem Gebiet eines Händlers autorisierte, der einen bis zum 30.09.2003 geltenden Altvertrag mit zugesprochener Exklusivität geschlossen hatte1574. Dabei wurde vertreten, altes Recht gehe neuem Recht vor1575. Gemäß Art. 11 Kfz-GVO wird die Kommission die Anwendung der Verordnung regelmäßig überwachen. Nach Art. 12 Kfz-GVO trat die Verordnung am 01.10.2002 in Kraft, Art. 5 Abs. 2b Kfz-GVO jedoch erst ab 01.10.2005. Die Kfz-GVO galt gemäß ihrem Art. 12 Abs. 3 bis zum 31.05.2010. Sie ist jedoch für den Neuwagenvertrieb bis zum 31.05.2013 verlängert worden (Art. 2 und Erwägungsgrund 19 der „neuen“ Kfz-GVO 461/10). Nach Art. 12 Abs. 2 Kfz-GVO ist die GVO in all ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

202

cc) Die „neue“ Kfz-GVO 461/10. Die neue Kfz-GVO 461/101576 trat zum 01.06.2010 in Kraft1577. Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie der London Economics kam zuvor zu dem Ergebnis, auf dem Neuwagenmarkt herrsche starker Wettbewerb. Hier sei die Kfz-GVO 1400/02 gut umgesetzt worden. Im Servicebereich funktioniere der Wettbewerb aber noch nicht so, wie es wünschenswert sei. Im Ersatzteilbereich sei Wettbewerb am wenigsten existent1578. Die GVO habe den Herstellern zu umfangreiche Gestaltungsspielräume belassen, ohne Instrumente bereitzustellen, um diese wirksam zu überprüfen1579. Insbesondere behinderten die Hersteller durch umfangreiche 1571 1572 1573 1574 1575 1576

Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2595 f). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2596 f). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2596 f). Creutzig EuZW 2002, 560 (563). Creutzig EuZW 2002, 560 (563). VO EU Nr. 461/2010, ABl. v. 28.10.2010, L 129/52.

152

1577 1578

1579

Zur Genese der Kfz-GVO Köhnen BB 2010, 781 ff. Jagels Kfz-Betrieb 35/2006, S. 10; zum Bewertungsbericht der EU-Kommission Wendel BB 2008, 1294 ff. Ensthaler zitiert nach Jagels, Kfz-Betrieb 35/2006, S. 11.

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Standards, deren Erfüllung wegen der damit verbundenen Kosten schwer falle, einen freien Wettbewerb1580. Die daraufhin geschaffene GVO 461/10 gilt nur noch für den After-Sales-Bereich. Hier bleibt das bisherige System im Grundsatz bestehen. Für den Neuwagenvertrieb gilt ab 1.10.2013 – nach Auslaufen der Kfz-GVO 1400/02 für diesen Geschäftsteil – die Schirm-GVO 330/10, ebenso für Verträge über Teile im Erstausrüstermarkt1581. Bis zum 1.10.2013 bleiben der alten GVO 1400/02 konforme und auf den Neuwagenvertrieb bezogene Verträge freigestellt, mglw. auch danach (da die Bestimmungen der GVO 1400/02 strenger sind)1582. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass es im Neuwagenvertrieb keine erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigungen gebe, die das Fortbestehen einer gesonderten Regelung für den Kfz-Sektor rechtfertige (Tz 12 LL)1583. Es herrsche starker Wettbewerb. Die Margen der Kfz-Hersteller und Kfz-Händler seien gering. Mehrere Jahre lang hätten Produktionsüberkapazitäten und technologische Neuerungen zum Nutzen der Verbraucher zur Senkung der Kfz-Preise und zur Verbesserung des Angebots beigetragen. Die Finanzkrise habe den Preisdruck verschärft. Unter diesen Umständen seien die bisherigen Regeln zu kompliziert und restriktiv und trieben indirekt die Vertriebskosten in die Höhe, auf die durchschnittlich 30 % des Preises eines Neufahrzeugs entfielen. Die Regeln seien zu vereinfachen. Der Markt für den Kfz-Vertrieb werde künftig genauso behandelt wie andere Märkte. Unter der neuen GVO entfallen die 30 %ige Bezugsbindung im Ersatzteilbereich1584, 203 die Bestimmungen zur Mindestkündigungsfrist (Art. 3 Abs. 5 GVO 1400/02)1585, zur Übertragung von Händlerverträgen (Art. 3 Abs. 3 GVO 1400/02), zur Anrufung eines Schiedsrichters (Art. 3 Abs. 6 GVO 1400/02), zur Standortwahl (Art. 5 Abs. 2 lit. a, Abs. 3 GVO 1400/02)1586, zur untervertraglichen Weitergabe von Serviceleistungen (Art. 4 Abs. 1 lit. g GVO 1400/02) sowie zum Begründungszwang für Kündigungen (Art. 3 Abs. 4 GVO 1400/02). Der Mehrmarkenvertrieb kann entgegen Art. 5 Abs. 1 GVO 1400/02 für den Zeitraum von 5 Jahren1587 eingeschränkt werden1588 und eine Bezugspflicht von Neuwagen von bis zu 80 % vorgesehen werden. Damit werden wesentliche Schutzvorschriften zugunsten des Händlers gestrichen1589, weil sie nach Ansicht der Kommission zivilrechtlichen und keinen wettbewerbsrechtlichen Charakter tragen1590. Die in Tz 7 der LL angesprochenen Selbstverpflichtungskataloge der Hersteller (ACEA-Code of Good Practice1591) oder Händler (CECRA-Code of Conduct1592) werden wohl wenig helfen, zumal sie nur für die Unternehmen gelten, die sich ihnen freiwillig unterwerfen1593, wozu keine Pflicht besteht1594. In beiden Selbstverpflichtungskatalogen lebt die Verlängerung der Kündigungsfrist auf 2 Jahre sowie ihre Verkürzung auf ein Jahr im Falle einer Struk1580 1581 1582 1583

1584

1585 1586 1587 1588

Vgl. von Maltzan kfz-betrieb 26/2007, S. 16. Wegner BB 2010, 1803 (1806). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1487). Kritisch zu dieser Differenzierung zwischen Primär- und Sekundärmarkt Prasse BB 2010, 1481. Entsprechend dem Citroen-Urt. des BGH (EBE 1995, 259) gilt nun eine 1jährige Mindestkündigungsfrist, s. Niebling WRP 2010, 81 (84). Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (468). Wegner BB 2010, 1803 (1806). Köhnen BB 2010, 781 (784). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483 f); aA Niebling WRP 2010, 81 (84).

1589 1590 1591 1592 1593 1594

Kritisch Niebling WRP 2010, 1454 (1458); Prasse BB 2010, 1481. Vgl. Wegner BB 2010, 1803 (1809). Wiedergegeben etwa in Kfz-Betrieb Spezial 11/2010, 49. Wiedergegeben etwa in Kfz-Betrieb Spezial 11/2010, 49. Köhnen BB 2010, 781 (784). Wegner BB 2010, 1803 (1809). Eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Nachweises fehlender Freistellung folgt aus der Nichtunterwerfung unter einen Kodex gleichfalls nicht (Wegner BB 2010, 1803 [1809]).

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turkündigung fort (dazu Rn 184 ff). Andererseits wird es dem Händler freistehen, nach den unter Rn 151 ff genannten Grundsätzen einen Internet-Vertrieb durchzuführen, sofern Service und Werkstatt gesichert sind1595. Die Kommission hat auch hier ergänzende LL zur GVO erlassen1596. Im Kfz-Vertrieb muss der Anwender daher nun mit mindestens 4 Dokumenten arbeiten (Kfz-GVO, GVO 330/10, LL-Kfz-GVO und LL-GVO 330/10). Nach den LL dürfen etwa zugelassene Werkstätten, außer in der Einführungsphase eines Vertriebssystems, nicht zum Verkauf von Neuwagen verpflichtet werden (Tz 71 LL). Händler dürfen jedoch zum Service verpflichtet werden, Vollfunktionsverträge sind also, obwohl Tz 71 LL auch Raum für ein gegenteiliges Verständnis gibt, wieder möglich1597. Ob sie ratsam sind ist fraglich. Denn der Kontrahierungszwang im Werkstattbereich nach § 20 GWB (Rn 288) könnte auf den Händlervertrag abfärben. Ferner stellen die LL in Tz 63 sicher, dass unabhängigen Werkstätten der Zugang zu technischen Informationen nicht verweigert wird. Dies entspricht einer Kernbeschränkung1598. Zu den unabhängigen Marktbeteiligten zählen unabhängige Werkstätten, Teilehändler, Hersteller von Werkstattausrüstungen oder -werkzeugen, Herausgeber von technischen Informationen, Automobilclubs, Pannenhilfsdienste, Anbieter von Inspektions- und Prüfungsdienstleistungen, Einrichtungen für die Aus- und Weiterbildung von Werkstattmitarbeitern sowie unabhängige Ersatzteilhersteller1599. Herausgegeben werden sollen nur die technischen, nicht aber die kommerziellen Informationen. Zu letzteren gehören z.B. Werkstattstundensätze oder Abrechnungssoftware, welche zwar zur Ausführung von derartigen Arbeiten genutzt werden kann, aber hierfür nicht erforderlich ist1600. 204 Die derzeitigen Vertriebssysteme werden durchweg auch nach den neuen Regeln freigestellt sein. Nach Ansicht von Wegner/Oberhammer1601 sollen Verträge schon vor dem 01.06.2013 auch im Neuwagenvertrieb gemäß den neuen Regelungen freigestellt sein (Vorwirkung der Kommissionsentscheidung). Zu den einzelnen Regelungen der neuen Kfz-GVO 461/10: 205 Art. 1 Kfz-GVO. Art. 1 Kfz-GVO enthält Begriffsbestimmungen. Die Kfz-GVO gilt ebenso wie die Vorgänger-GVO 1400/02 für Kfz. Hierbei handelt es sich gem. Art. 1 Abs. 1 lit. g Kfz-GVO um Fahrzeuge mit Selbstantrieb und mindestens 3 Rädern, die für den Verkehr auf öffentlichen Straßen bestimmt sind (vgl. auch Rn 178 zur GVO 1400/02). Motorräder sind ebenso wie unter der Alt-GVO nicht vom Anwendungsbereich der KfzGVO erfasst. Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a Kfz-GVO ist eine vertikale Vereinbarung eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise, die zwischen 2 oder mehr Unternehmen, von denen jedes für die Zwecke der Vereinbarung oder der abgestimmten Verhaltensweise auf einer anderen Ebene der Produktions- und Vertriebskette tätig ist1602, besteht und die die Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen. Die Unternehmen dürfen aber keine Wettbewerber sein1603, es sei denn, das Wettbewerbsverhältnis besteht nur auf der Einzelhandelsstufe (Art. 2 Abs. 4 lit. a, b GVO 330/10)1604. Der Betrieb eigener Werkstätten durch den Hersteller auf Einzelhandelsebene ist daher unschädlich1605. 1595 1596 1597 1598 1599 1600

Niebling WRP 2010, 81 (83). ABl. EU v. 28.05.2010 – C 138/16. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483). Wegner BB 2010, 1867 (1870). Wegner BB 2010, 1867 (1870). Tz 65 LL Kfz-GVO; Wegner BB 2010, 1867 (1870).

154

1601 1602 1603 1604 1605

BB 2011, 1480 (1487). Unterschiedliche Handelsstufen, s. Wegner BB 2010, 1803. Wegner BB 2010, 1803. Wegner BB 2010, 1803. Wegner BB 2010, 1803.

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Art. 2 Kfz-GVO. Dieser Artikel bestimmt als Schonfrist1606 die Fortgeltung der Alt- 206 Kfz-GvO 1400/02 bis zum 31.05.2013 für den Neuwagenvertrieb – nicht aber den AfterSales-Vertrieb (dort gilt die Kfz-GVO 461/10 ab dem 01.06.2010, s.a. Tz 14 LL). In Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV soll die Kfz-GVO 461/10 bis dahin nicht für KfzVertriebsverträge gelten, welche die in der Alt-GVO 1400/02 festgelegten Freistellungsvoraussetzungen für den Bezug, Verkauf und Weiterverkauf neuer Fahrzeuge erfüllen (s. auch Tz 3, 10, 13 LL). Nach diesem Datum gilt für den Neuwagenvertrieb die GVO 330/101607 und damit auch der dort genannte Schwellenwert von 30 % Marktanteil1608. Ferner finden die schwarzen und roten Klauseln der GVO 330/10 Anwendung. Zur Marktanteilsabgrenzung im Kfz-Vertrieb vgl. Bendfeld Kfz-Betrieb Spezial November 2010, 43 ff. Beim Kfz-Vertrieb ist beim Markt von Hersteller und Händler1609 grundsätzlich anhand der Stückzahlen verkaufter Kfz im räumlich relevanten Markt, meist einer Nation (z.B. Deutschland)1610 abzugrenzen. Der Absatzwert gibt kein hinreichendes Abgrenzungsmerkmal, weil aus Käufersicht nur das einzelne Kfz substituiert wird. Für die Bestimmung des Marktanteils maßgeblich ist in erster Linie die offizielle Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes. Danach haben beispielsweise 2009 die Marken des VW-Konzerns (Audi, Seat, Skoda, VW) die 30 %-Grenze um 4,2 % überschritten. Sie können sich daher nicht auf die Freistellungswirkung der GVO berufen. Dies könnte auch für andere Hersteller gelten, wenn nicht nur nach Marken sondern nach Fahrzeugsegmenten abgegrenzt wird, etwa Ober-, Mittel- und Unterklasse oder noch detaillierter etwa nach SUV, Vans, hochpreisigen Sportwagen, Elektromobilen etc. Für eine solche Marktanteilsabgrenzung nach den Segmenten Kleinstwagen, Kleinwagen, Mittel-, Obere Mittel-, Ober-, Luxusklasse, Sportwagen, Mehrzweckfahrzeuge, Geländewagen1611 und ggf Fahrzeugen mit Elektro- und Gasantrieb1612 spricht die fehlende Substituierbarkeit aus Käufersicht. Denn der Käufer eines Oberklasse-Pkw wird seine Kaufentscheidung mglw. nur mit anderen Produkten der Oberklasse substituieren, nicht jedoch mit Produkten der Unterklasse. Eine solche Feinaufteilung würde dazu führen, dass Hersteller insb. in der Oberklasse die 30 %-Grenze überschreiten1613. Grundsätzlich ist der Markt mit Pkw von weniger als 3,5 t ein einzelnes Marktsegment1614. Innerhalb des Lkw-Marktes könnte beispielsweise nach Lkws von weniger als 5 t, 5–16 t und mehr als 16 t abgegrenzt werden1615. Für die Berechnung der Marktanteile im Bereich der Reparaturen und Wartung von Kfz gilt: Grundlage sind die Absatzwerte bzw. Service-Umsätze im Netz einer Marke innerhalb eines Kalenderjahres auf dem geographisch und sachlich relevanten Markt. Im Gegensatz zum Vertrieb von neuen Kfz werden im Service die Marktanteile verschiedener Marken, auch die untereinander verbundener Unternehmen, als separate Märkte begriffen1616. Art. 3 Kfz-GVO. Gemäß Art. 3 Kfz-GVO gilt die Schirm-GVO 330/10 ab dem 207 01.06.2013 für Vertriebsverträge über den Bezug, Verkauf oder Weiterverkauf neuer Kfz. Es handelt sich um eine „Hin- und Herverweisung“ von Art. 2 Abs. 5 Schirm-GVO 330/10 auf die Kfz-GVO 461/10. 1606 1607 1608 1609 1610 1611

Prasse BB 2010, 1481. Köhnen BB 2010, 781 (783). Köhnen BB 2010, 781 (783). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483). Zu dieser Aufteilung der Kommission vgl. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482), die die Aufteilung aber auf die weniger differenzierten Segmente PKW, leichte und mittel/ schwere Nutzfahrzeuge beschränken möchte.

1612

1613 1614 1615 1616

Vgl. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482), wobei diese Antriebsarten zumindest partiell mit konventionellen Antriebsarten substituierbar sein dürften. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). LL zur Kfz-GVO 1400/02, S. 77. LL zur Kfz-GVO, Rn 57; Wegner BB 2010, 1803 (1804).

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208

Art. 4 Kfz-GVO. Art. 4 Kfz-GVO enthält ähnlich dem Art. 2 Abs. 1 GVO 330/10 eine Generalfreistellung für Vertriebsverträge betreffend den After-Sales-Bereich. In Ausführung des Art. 101 Abs. 3 AEUV gilt das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht für Vertriebsverträge, welche die Bedingungen regeln, unter denen die beteiligten Unternehmen Kfz-Ersatzteile beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen oder Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Kfz erbringen dürfen, und die die Freistellungsvoraussetzungen der Kfz-GVO 330/10 (einschließlich der 30 %-Schwellenwerte1617) erfüllen sowie keine der in Art. 4, 5 Kfz-GVO aufgeführten Beschränkungen enthalten (Tz 17 LL). Wegen des Überschreitens dieser Schwellenwerte im Kfz-Ersatzteilmarkt wird die GVO mglw. einen geringen Anwendungsbereich haben (Tz 39 LL) 1618, anders als im Bereich des Kfz-Verkaufs, in dem die 30 %-Schwelle meist nicht überschritten wird1619. Die Freistellung greift nur ein, soweit die Vereinbarung vertikale Beschränkungen enthält. Die Freistellung muss sich also auf die vertikale Beschränkung selbst beziehen; sie erfasst keine mit dem Vertriebsvertrag nicht im Zusammenhang stehenden Abreden.

209

Art. 5 Kfz-GVO. Art. 5 Kfz-GVO enthält Kernbeschränkungen, ebenso wie Art. 4 GVO 330/10. Liegt ein Verstoß gegen eine Kernbeschränkung vor, so ist die Vertikalvereinbarung insgesamt nicht freigestellt (Argument aus dem Wortlaut: „Die Freistellung gilt nicht für vertikale Vereinbarungen …“, sie gilt also insgesamt nicht). Es wird vermutet, dass sie unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt und die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV wahrscheinlich nicht erfüllt (Tz 17 LL). Gem. Art. 5 Kfz-GVO gilt die Freistellung des Art. 4 Kfz-GVO nicht für Vertikalvereinbarungen, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen unter der Kontrolle der beteiligten Unternehmen Folgendes bezwecken: a. Beschränkungen des Verkaufs von Kfz-Ersatzteilen durch Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems an unabhängige Werkstätten, welche diese Teile für die Instandsetzung und Wartung eines Kfz verwenden; b. die zwischen einem Anbieter von Ersatzteilen, Instandsetzungsgeräten, Diagnose- und Ausrüstungsgegenständen und einem Kfz-Hersteller vereinbarte Beschränkung der Möglichkeiten des Anbieters, diese Waren an zugelassene oder unabhängige Händler, zugelassene oder unabhängige Werkstätten oder Endverbraucher zu verkaufen; c. die zwischen einem Kfz-Hersteller, der Bauteile für die Erstmontage von Kfz verwendet, und dem Anbieter dieser Bauteile vereinbarte Beschränkung der Möglichkeiten des Anbieters, seine Waren- oder Firmenzeichen auf diesen Teilen oder Ersatzteilen effektiv und gut sichtbar anzubringen. Vgl. dazu auch Rn 193. Die Kernbeschränkung nach lit. a hat nach Ansicht von Wegner1620 mglw. nur klarstellende Bedeutung, da die Werkstätten, welche die Teile einbauten, Endverbraucher i.S.d. Art. 4 lit. c GVO 330/10 sein könnten. Die Kernbeschränkung des Art. 5 lit. b. Kfz-GVO ist gegenüber Art. 4 lit. e. GVO 330/10 insofern strenger, als nach der GVO 330/10 zwar ebenfalls Verkäufe an den unabhängigen Ersatzteilmarkt und Endverbraucher nicht untersagt werden dürfen, wohl aber der Hersteller sich vorbehalten kann, die Mitglieder seines zugelassenen Händler-/Werkstattnetzes selber zu beliefern1621. Soweit die Kernbeschränkung in lit. b. Waren umfasst, welche nicht Regelungsgegenstand der Kfz-GVO sind, nämlich Vereinbarungen über Diagnose-/Ausrüstungsgegenstände 1617 1618

Wegner BB 2010, 1803. Wegner BB 2010, 1803; Wegner BB 2010, 1867. Zu zulässigen Vertragsklauseln außerhalb des Anwendungsbereichs der GVO Wegner BB 2010, 1867 ff.

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1619 1620 1621

Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481). Wegner BB 2010, 1803 (1807). Wegner BB 2010, 1803 (1807).

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oder Instandsetzungsgeräte, überschreitet die Kfz-GVO nach Ansicht von Wegner1622 ihren Regelungsbereich, weswegen die Kernbeschränkung leer laufen soll. Die Beschränkung nach lit. c ist erforderlich, damit die Kompatibilität der Teile leichter erkennbar wird (Tz 24 LL). Sie soll es Werkstätten und Endverbrauchern erleichtern, Ersatzteile aus alternativen Quellen – nämlich direkt vom Zulieferer der Originalteile auf dem Erstausrüstermarkt – zu beziehen, indem jene durch das aufgebrachte Markenzeichen den Hersteller des Zulieferteils identifizieren können1623. Art. 6 Kfz-GVO. Nach dieser Bestimmung kann die Kommission durch VO erklären, 210 dass in Fällen, in denen mehr als 50 % des relevanten Marktes durch parallele Netze gleichartiger vertikaler Beschränkung abgedeckt werden, die Kfz-GVO auf vertikale Vereinbarungen, welche bestimmte Beschränkungen des Wettbewerbs auf diesem Markt enthalten, keine Anwendung findet. Art. 7 Kfz-GVO. Bis zum 31.05.2021 wird die Kommission die Anwendung der Kfz- 211 GVO überwachen und einen Bericht erstellen. Art. 8 Kfz-GVO. Die Kfz-GVO tritt am 01.06.2010 in Kraft und gilt bis zum 31.05. 212 2023. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat. dd) Handelsvertreter-Kartellrecht (1) Historie des Handelsvertreter-Kartellrechts1624. Bereits in seinen Urteilen vom 213 13.07.1966 in den Rechtssachen Consten und Grundig1625 und Kommission/Italien1626 hat der EuGH grundlegende Aussagen zur Frage der Anwendung des Art. 101 AEUV (damals: Art. 85 EG) auf HV-Verträge getroffen. In der Entscheidung Italien/Rat und Kommission1627 entschied er: „Es wäre schließlich verfehlt, die Lage eines Herstellers, der mit dem Verteiler seiner Erzeugnisse eine Alleinvertriebsvereinbarung getroffen hat und deshalb Art. 85 unterworfen ist, mit derjenigen eines Herstellers zu vergleichen, der den Vertrieb seiner Erzeugnisse auf irgendeinem Wege, beispielsweise den des Einsatzes von Handelsvertretern, in sein eigenes Unternehmen eingegliedert hat und damit nicht von Art. 85 erfasst wird. Beide Fälle sind rechtlich verschieden und auch sonst unterschiedlich zu würdigen, da zwei Absatzorganisationen, von denen die eine in das Hersteller-Unternehmen eingegliedert ist, die andere nicht, nicht notwendig die gleiche Wirksamkeit entfalten. Dem Verbot des Art. 85 unterliegen … alle Vereinbarungen zwischen mehreren Unternehmen. Somit ist es nicht anwendbar, wenn es sich um ein einziges Unternehmen handelt, das seine Vertriebsorganisation in seinen eigenen Geschäftsbetrieb eingegliedert hat“.

Der EuGH stellte damit klar, dass HV-Verträge in Hinblick auf Art. 101 AEUV einer 214 abweichenden Beurteilung unterliegen können als Vertragshändlerverträge. Den Unterschied zwischen beiden Vertriebsformen sah der EuGH hier in der Eingliederung des HV in das Vertriebssystem des Unternehmers. Im Fall Suiker Unie1628 bestätigte der EuGH diese Bewertung: „… dass es in der Regel Wesen und Sinn einer rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung der hier fraglichen Art entspricht, wenn Hersteller oder Vereinigungen von Herstellern den Absatz1622 1623 1624

Wegner BB 2010, 1803 (1807). Wegner BB 2010, 1803 (1807). Siehe hierzu insbes. Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 15 ff; Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 149 ff; Kapp/Andresen BB 2006, 2253; Kapp WuW 2007, 1218 (1220).

1625 1626 1627 1628

EuGH v. 13.07.1966, Slg. 1966, 429. EuGH v. 13.07.1966, Rs. 32/65 Italien/Rat und Kommission, Slg. 1966, 457. Slg. 1966, 457 (485 f). EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478/481 ff.

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mittlern, die in ihrem Namen und für ihre Rechnung verkaufen, untersagen, ohne ihre Zustimmung gleichzeitig für konkurrierende Hersteller tätig zu werden. Wird ein solcher Absatzmittler für seinen Geschäftsherren tätig, so kann er grundsätzlich als ein in dessen Unternehmen eingegliedertes Hilfsorgan angesehen werden, das den Weisungen des Geschäftsherrn zu folgen hat und sonach mit dem betroffenen Unternehmen ebenso wie ein Handlungsgehilfe eine wirtschaftliche Einheit bildet. Bei dieser Sachlage stellt die bloße Tatsache, dass der Geschäftsherr einem solchen Hilfsorgan das Verbot auferlegt, ohne seine Zustimmung mit Waren zu handeln, die geeignet sind, seinen eigenen Waren Konkurrenz zu machen, noch keinen Missbrauch dar. Etwas anderes gilt, wenn dem Absatzmittler aufgrund der zwischen ihm und dem Geschäftsherren getroffenen Abmachung, die die Vertragsparteien als „Handelsvertreter“-Vereinbarung“ bezeichnen, Aufgaben erwachsen oder verbleiben, die aus wirtschaftlicher Sicht insofern denen eines Eigenhändlers ähneln, als der Absatzmittler die finanziellen Risiken des Absatzes bzw. der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen hat. Da in diesem Fall der Absatzmittler nicht als ein in das Unternehmen des Geschäftsherren eingegliedertes Hilfsorgan anzusehen ist, kann ein zwischen beiden vereinbartes Wettbewerbsverbot, wenn es von einem marktbeherrschenden Unternehmen auferlegt wurde, einen Missbrauch im Sinne des Art. 86 darstellen, weil es geeignet ist, die beherrschende Stellung noch weiter zu verfestigen.“

Wenngleich der EuGH in erster Linie die „Eingliederung“ des HV als Befreiungsmerkmal von den Beschränkungen des heutigen Art. 101 AEUV ansah1629, stellte er zugleich auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ab und verwies auf die „Eigenhändlernähe“ eines wirtschaftlichem Risiko ausgesetzten HV. Die Weisungsgebundenheit als Indiz für die Eingliederung sollte widerlegt sein, falls der HV zugleich als Eigenhändler tätig war. In der nachfolgenden Reisevermittler-Entscheidung1630 ließ der EuGH die Frage der Risikoverteilung jedoch unbeachtet. Er hob allein auf das formale Kriterium ab, dass einerseits die Reisevermittler für mehrere Reiseveranstalter Reiseleistungen verkauften (Mehrfirmen-HV) und andererseits die Reiseveranstalter ihre Reisen über mehrere Reisevermittler veräußerten. Daraus folgerte er, die Reisevermittler seien keine in das Unternehmen des einzelnen Reiseveranstalters eingegliederten Hilfsorgane. Dies stellte zu sehr auf die Person und Stellung des HV und zu wenig auf das einzelne Vertragsverhältnis ab, welches unabhängig von anderen Verträgen zu beurteilen war. In der Volkswagen-Entscheidung stellte der EuGH deshalb neben der formalen Eingliederung wieder auf die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos des HV ab1631. Nach der Spruchpraxis des EuGH ist der vertikal Gebundene nur dann Verbotsadres216 sat des Art. 101 AEUV, falls er unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer bleibt. Nur in dieser Situation liegt eine dem Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV unterfallende Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen vor1632. Bei der Prüfung dieser Frage kommt es nicht auf die formale Trennung der Unternehmen an, sondern darauf, ob sie sich auf dem Markt einheitlich verhalten1633. Ein Absatzmittler ist kein selbstständiger Unternehmer, falls er sein Verhalten auf dem Markt nicht eigenständig bestimmt, weil er vollständig von seinem Geschäftsherrn aufgrund der Tatsache abhängig ist, dass der Unternehmer die finanziellen und kommerziellen Risiken in Bezug auf die betreffende wirtschaftliche

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So auch BGH, Urt. v. 04.04.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) = WM 2008, 1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 40. EuGH, WuW/E EWG/MUV 803 – Reisevermittler. EuGH, Slg. 1995 I-3477, Rn 125 – Bundeskartellamt/Volkswagen AG, VAG Leasing. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05,

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GRUR 2007, 437; EuGH, Urt. v. 11.09. 2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter; zustimmend Stancke VersR 2009, 1168 (1170) zum Versicherungsvertreter. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; EuGH, Slg. 1972, 619 Rn 140.

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Tätigkeit trägt1634. Das maßgebliche Element für die Feststellung, ob ein Vertriebsmittler ein unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer ist, besteht also in dem mit dem Geschäftsherrn geschlossenen Vertrag und insbesondere in dessen sich auf die Übernahme finanzieller und kommerzieller Risiken des Warenabsatzes an Dritte beziehenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Klauseln1635. Die Rechtsnatur des Vertrages ist auch allein maßgeblich, wenn der HV-Vertrag mit Mittlern einer fremden Absatzorganisation geschlossen wird, z.B. mit Mitgliedern der Vertriebsorganisation eines anderen Versicherers oder mit Kfz-Mittlern, die für einen Versicherer Versicherungsprodukte vertreiben1636. Die Frage der Gefahrtragung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität und nicht der rechtlichen Qualifizierung der Vertragsbeziehungen im innerstaatlichen Recht zu untersuchen1637. Verbleiben dem Absatzmittler Aufgaben, die aus wirtschaftlicher Sicht denen eines 217 unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers ähneln, etwa wenn der Absatzmittler die finanziellen und kommerziellen Risiken des Absatzes oder der Abwicklung der mit dem Dritten geschlossenen Verträge zu tragen hat, ist der Absatzmittler kein von der Anwendung des Art. 101 AEUV befreites, in das Unternehmen des Geschäftsherrn eingegliedertes Hilfsorgan1638. Er bleibt aber HV iSd. § 84 ff mit allen dort geregelten Rechten und Pflichten. Das gilt auch für „unechte HV“ gemäß den Leitlinien zur GVO 330/10 (Rn 226 ff). Unter das Verbot des Art. 101 AEUV fallen nach Ansicht des EuGH bei HV nur 218 Regelungen, welche das Verhältnis des HV zu seinem Unternehmer bestimmen. Regelungen, die das Verhältnis des HV über den Verkauf der Waren an Dritte – die geworbenen Kunden – für den Geschäftsherrn betreffen, fallen nicht unter das Verbot des Art. 101 AEUV, weil der HV insoweit kein unabhängiger Marktteilnehmer ist1639. Nicht unter das Verbot des Art. 101 AEUV fallen deshalb z.B. Bestimmungen über die Festsetzung des Endverkaufspreises1640 oder zur Prämienhöhe im Versicherungsvertrieb1641. Dagegen können Ausschließlichkeits- und Wettbewerbsverbotsklauseln, welche die Beziehungen zwischen dem HV und dem Geschäftsherrn als insoweit unabhängige Wirtschaftsteilnehmer betreffen, gegen Art. 101 AEUV verstoßen, soweit sie zu einer Abschottung des betreffenden Marktes führen1642. Im HV-Vertrieb übliche und damit vertragsimmanente

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EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 44; BGHZ 112, 218 (TUI); Steinhauer BB 2009, 2386 (2387) zu Tankstellen-HV; Hopt § 86 Rn 34, 38. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter. Im Ergebnis Stancke VersR 2009, 1168 (1171), der die Frage problematisiert. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 45; EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter.

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EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 41 – Tankstellenvertreter; EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 61; Kobras/Steinhauer RIW 2010, 214 (215) – mit dem Hinweis, das Gleiches für § 1 GWB gilt. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter. Stancke VersR 2009, 1168 (1172). EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter; EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (444) Rn 62.

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Abreden, etwa Wettbewerbsverbote1643, Informations- und Berichtspflichten1644 sowie Ausschließlichkeitsabreden1645, sind jedoch gegenüber „echten“, eingegliederten HV nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der maßgeblichen Risiken wird unterschieden zwischen den Risiken des Absatzes der Ware und denen marktspezifischer Investitionen1646. Es wird vermutet, dass der HV die Risiken des Absatzes der Waren in folgenden Fällen trägt: falls er dem Lieferanten den Betrag zahlen muss, welcher der Menge des gelieferten und nicht des tatsächlich verkauften Kraftstoffes entspricht1647, er mit der Übernahme der Waren vom Lieferanten deren Besitzer wird, unmittelbar oder mittelbar die mit dem Vertrieb der Waren verbundenen Kosten, insbesondere die Beförderungskosten übernimmt, Lager auf eigene Kosten unterhält oder für etwaige Schäden an den Waren haftet, beispielsweise ihren Verlust oder ihre Verschlechterung. Soweit es Risiken betrifft, die mit den marktspezifischen Investitionen verbunden sind, d.h. Investitionen, die erforderlich sind, damit der HV Verträge mit Dritten aushandeln oder abschließen kann, ist zu prüfen, ob er Investitionen in Räumlichkeiten oder Ausstattungen, wie etwa in einen Kraftstofftank bei Tankstellenvertretern, oder in Werbeaktionen tätigt. Ist das der Fall, gehen diese Risiken auf ihn über1648. Am meisten umstritten aus der Rspr. der vergangenen Jahre blieb das Urteil des EuG 219 vom 15.09.20051649. In seiner Entscheidung hob das EuG die den Mercedes-Vertrieb betreffende Entscheidung der Kommission 2002/758/EG vom 10.10.2001 gegen Daimler Chrysler auf1650. Die Kommission hatte Mercedes-Benz Autohäuser als unechte HV angesehen1651 (zu „unechten“ HV unten, Rn 226 ff; siehe auch Rn 246). Das EuG urteilte gegenteilig und großzügiger: Der Begriff der Vereinbarung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV und damit das Eingreifen des in Art. 101 AEUV normierten Kartellverbots setze eine Willensübereinstimmung zwischen mindestens 2 Personen voraus. Der TB des Art. 101 AEUV sei nicht erfüllt, sofern eine Entscheidung des Herstellers ein einseitiges Verhalten darstelle. An „zwei Personen“ im wirtschaftlichen Sinne und damit einer Vereinbarung i.S.d. Art 101 AEUV fehle es bei wirtschaftlicher Einheit zwischen ihnen. Zwischen HV und Unternehmer existiere eine wirtschaftliche Einheit, falls der HV ein in den Betrieb des Unternehmers eingegliedertes Hilfsorgan sei. Ein HV werde als in den Betrieb des Unternehmers eingegliedertes Hilfsorgan angesehen, sofern er Weisungen des Geschäftsherrn zu folgen habe. Nur falls der HV einem Eigenhändler gleiche und wie dieser die finanziellen Risiken des Absatzes oder der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen habe, fehle es an dieser Einheit. Dürfe der HV trotz eigener Rechts1643 1644 1645

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EuGH, Urt. v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478/481 ff; Hopt § 86 Rn 38. Wiemer WuW 2009, 750 (753). EuGH, Urt. v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478/481 ff; Stancke VersR 2009, 1168 (1170 f) zum Versicherungsvertrieb; Hopt § 86 Rn 38. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 38 f – Tankstellenvertreter. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 38 – Tankstellenvertreter. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) =

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WuW EU-R 1475, Rn 39 – Tankstellenvertreter. T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933; mit Kommentar Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 sowie kritischer Besprechung Ensthaler/ Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff. EuZW 2001, 674; hierzu Lubitz EWS 2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. In wesentlichen Teilen aufgehoben dürften die Leitlinien entgegen Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (300) durch diese Entscheidung allerdings nicht sein. ABlEG 2002 Nr. L 257, 32 ff, aufgehoben durch EuGH, Urt. v. 15.09.2005 – Rs. T-325/01.

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persönlichkeit sein Geschäftsgebaren nicht autonom bestimmen, sondern habe den Weisungen des Herstellers zu folgen, so bleibe das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV auf die Beziehung zwischen ihm und seinem Geschäftsherrn unanwendbar1652. Nach diesem Maßstab befürwortete der EuGH die wirtschaftliche Einheit zwischen Daimler und seinen HV auch wegen des Mangels erheblicher wirtschaftlicher Risiken des HV (Rn 246). Der Standardvertretervertrag sei von Daimler vorgegeben. Der HV habe zudem beim Aushandeln der Preise keine Befugnisse. Die Eingliederung als ein neben der wirtschaftlichen Risikobetrachtung stehendes 220 Merkmal ist nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl abzulehnen1653. Es widerspräche den Denkgesetzen, wenn bei völlig identischer Eingliederungstiefe von Kfz-HV und Kfz-Vertragshändlern (bei den meisten Herstellern und Importeuren) nur HV aus der kartellrechtlichen Beurteilung nach Art. 101 AEUV und dem Regelungsbereich der GVO 1400/02 fielen. Die HV seien gerade im Kfz-Bereich derart in das Unternehmen eingebunden, dass von einer franchiseähnlichen Stellung gesprochen werden könne1654. Es sei nicht systemgerecht, die GVO 1400/02 auf echte HV nicht anzuwenden, während Vertragshändler und unechte HV in den Genuss ihrer Vorteile, etwa der Standortregelung kämen1655. Betreibe der Hersteller unterschiedlich gestaltete Vertriebssysteme unter Einsatz verschiedener Absatzmittlertypen, die ihrerseits stark angenähert seien, fände die GVO 1400/2002 auch auf echte HV Anwendung1656. Daimler dürfte sonst zwei unterschiedliche Vertriebssysteme unterhalten, einerseits (außerhalb Deutschlands) ein der GVO 1400/02 unterstehendes Vertragshändlersystem, andererseits in Deutschland mit HV. Die Angehörigen des einen Systems (Händler) wären denen des anderen Systems in Hinblick auf das Schutzniveau überlegen1657. Dies widerspreche dem Gebot der Systemgerechtigkeit. Der echte Kfz-HV dürfe gemäß § 313 Abs. 1 BGB Vertragsanpassung fordern. Diese Anpassung ginge dahin, etwa die Standortklausel in den HV-Vertrag aufzunehmen. Die europäische Rspr. (EuGH1658 und das EuG1659) stellt – neben den vom Vertriebs- 221 mittler zu tragenden Risiken1660 – damit auf die Position des HV als eingegliedertes Hilfsorgan des Unternehmers ab1661 und unterscheidet zwischen freigestellten HV-Verträ1652

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Zur Unterscheidung zwischen echten und unechten HV siehe auch Emde BB 2002, 949. Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168 ff). Niebling Das Recht des Automobilvertriebs, 1996, S. 77 ff; ders., GRUR 2000, 19 (22); Ensthaler/Gesmann-Nuissl, EuZW 2006, 167 (169). Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (171). Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (171). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2593). EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter. EuG, Urt. v. 15.09.2005 – T-325/01, Rn 41; Daimler/Kommission unter Verweis auf weitere Rechtsprechung vom 16.12.1975 –

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40/73, 48/73, 50/73, 54/73, 56/73, 111/73, 113/73, 114/73; Suiker Unie u.a./Kommission, Slg. 1975, 1663 und v. 24.10.1995 – C-266/93; VAG Leasing, EuGH, Slg. 1995, I-3477. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; EuGH, 32/65, Slg. 1966, 457 (458) – Italien/Rat und Kommission; Rs. C-226/93, Slg. 1995, I-3477 – BKart/VW und VW Leasing. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; st. Rspr. seit Rs. 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 321, 387 – Consten und Grundig/Kommission; siehe Ensthaler/ Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168); Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2254); Lubitz EWS 2003, 556 (558 f). Nach Ansicht der Kommission in der MercedesBenz-Entscheidung ABlEG 2002, Nr. L 257, 1, 34, spielt dieses Merkmal allerdings keine Rolle.

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gen ohne finanzielles Risiko und nicht freigestellten mit finanziellem Risiko1662. Bei fehlendem Risiko bejaht sie die Eingliederung. Diese Unterscheidung hat die Kommission in den Tz 12 ff der Leitlinien zur GVO 330/10 aufgenommen (Rn 226 ff). Für die Kommission1663 steht die tatsächliche wirtschaftliche Funktion und Betätigung des HV, die primär durch die Übernahme des finanziellen und wirtschaftlichen Risikos determiniert wird, stärker als zentrales Abgrenzungskriterium im Vordergrund1664. Der HV-Vertrag wird daran gemessen, inwieweit der HV finanzielle und geschäftliche Risiken übernimmt. Anders als die Kommission, welche noch in ihrer Begründungserwägung zur Entscheidung des EuG v. 15.09.20051665 die Ansicht vertrat, die Eingliederung sei kein eigenständiges Merkmal zur Abgrenzung eines HV vom Eigenhändler, wird die Eingliederung von der Rechtsprechung auch des EuG herausgestellt1666. Im Ergebnis geht auch die europäische Rspr. – wie die Kommission in den LL zur GVO 330/10 (Rn 235 ff) – unter dem Begriff der Eingliederung darauf ein, ob wirtschaftliche Risiken vorliegen oder nicht1667. Das EuG prüft das wirtschaftliche Risiko lediglich unter anderer Überschrift und in „Verkleidung“ einer Eingliederungsprüfung1668. Ist der HV bei einem Teil seiner Geschäfte als HV und bei einem anderen Teil als 222 Eigenhändler tätig („Doppelprägung“) und betreffen jene Geschäfte dieselbe Ware, so ist er kartellrechtlich wie ein Eigenhändler anzusehen und unterfällt nicht den Tz 12 ff LL zur GVO 330/101669. Gleiches soll bei einer Mehrfirmenvertretung auf dem gleichen Produktmarkt gelten. So seien etwa Reisevermittler in der Regel keine eingegliederten HV, da sie für verschiedene Reiseveranstalter tätig seien und die Reiseveranstalter ihre Reisen über eine Vielzahl von Reisevermittlern vertrieben1670. Dies erscheint zweifelhaft, da auch ein Mehrfirmen-HV Hilfsorgan sein kann und die Eingliederung innerhalb des einzelnen Vertrags zu prüfen ist. Umgekehrt soll die Eingliederung bei einem Einfirmen-HV regelmäßig zu befürworten sein1671. Bei dem als Abschlussvertreter agierenden HV, der eigenständig die Konditionen des Vertrages aushandeln darf, soll es auf die Vorgaben des Unternehmers und den sich daraus ergebenden Handlungsspielraum des HV ankommen1672. Die Bestimmung eines Fixpreises durch den Unternehmer soll die Eingliederung als echter HV nicht ausschließen1673. Richtigerweise ist die Eingliederung in jedem Fall im einzelnen Vertragsverhältnis zu untersuchen. Je mehr die Freiheit des HV, eigene wirtschaftliche Entscheidungen im Zusammenhang mit dem vermittelten Produkt zu treffen vertraglich eingeschränkt wird, um so eher dürfte ein HV-Vertrag dem Kartellrecht entzogen sein1674.

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Siehe auch Martinek/Flohr § 9 Rn 34. Entscheidung der Kommission vom 10.10.2001 bezüglich eines Verfahrens nach Art. 81 EG (Kommission/Mercedes Benz) – ABl. EG Nr. L 257 v. 25.09.2002, S. 1 Rn 153 ff. Siehe Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). Rs. T-325/01, EuZW 2005, 766. EuG, Urt. v. 15.09.2005 – T-325/01, Rn 86; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168). Ebenso Eilmansberger ZweR 2006, 64 (69 f). Funke/Just DB 2010, 1389 (1391) – „zwei

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Seiten derselben Medaille“; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2592); zum Streitstand Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2254); vgl. auch Wiemer WuW 2009, 750 (753). EuGH, Urt. v. 16.12.1975 (Suiker Unie), Slg. 1975, 1663 (2024/2025), Rz. 554/547; Walcher WRP 2005, 850 (851). EuGH, Urt. v. 01.10.1987, Vlaamse Reisebureaus, Slg. 1987, 3821 (3828) Rz. 20; Walcher WRP 2005, 850 (851). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301).

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

(2) Die Leitlinien zur GVO 330/2010. Seit 1962 wurde das HV-Kartellrecht durch 223 die Weihnachtsbekanntmachung der Kommission1675 geregelt. Sie erfasste lediglich Alleinvertriebsverträge mit HV und differenzierte ähnlich der Entscheidung Suiker Unie (Rn 214) zwischen Vereinbarungen, die HV-typisch waren und solchen, die einem Vertragshändlervertrag gleichstanden1676. Als maßgebliches Kriterium für die Separierung zwischen handelsvertreter- und vertragshändlerähnlichen Abreden wurde das mit dem Absatz oder der Vertragsabwicklung verbundene finanzielle Risiko angesehen, wobei Beispiele „eigenhändlergleicher“ HV gebildet wurden, die sehr dem Tz 16 der heutigen LL zur GVO 330/10 entsprachen: Außer bei Übernahme der Delkredere-Haftung habe der HV funktionsmäßig kein weitergehendes Risiko aus dem Handelsgeschäft zu tragen. Übernehme er dennoch solche Risiken, nähere er sich funktionell und wirtschaftlich dem Eigenhändler und müsse daher wettbewerbsrechtlich auch wie ein solcher behandelt werden. Der Verbotstatbestand des Art. 101 AEUV (damals: Art. 85 Abs. 1 EWG) sollte folglich für Alleinvertriebsverträge mit HV nicht erfüllt sein und nur für Vertragshändlerverträge oder vertragshändlerähnliche Vereinbarungen gelten. Schon 1973 änderte die Kommission ihre in der Weihnachtsbekanntmachung verkün- 224 dete Ansicht. Für die Anwendung des heutigen Art. 101 AEUV sollte nunmehr entscheidend sein, ob der HV zum einen für mehrere Geschäftsherren und zum anderen auch (im Inland) als Eigenhändler für dieselbe Ware auftrat1677. Nachdem der EuGH in der „Reisevermittler-Entscheidung“1678 für die Anwendung des Art. 101 AEUV auf die Mehrfachvertretung abstellte und folglich auf das Erfordernis der Eigenhändlertätigkeit verzichtete, hielt auch die Kommission nicht länger am kumulativen Erfordernis beider Kriterien fest. Vielmehr vollzog sie in dem „Vorentwurf-Bekanntmachung betreffend HV-Verträge“1679 einen Paradigmenwechsel: Es sollte nur noch der eingebundene Einfirmen-HV von der Anwendung des heutigen Art. 101 AEUV ausgenommen sein. Die Separierung des eingebundenen Einfirmen-HV vom Eigenhändler bzw. vom nicht eingebundenen HV sollte anhand der materiellen und wirtschaftlichen Risikoverteilung erfolgen. Dagegen kam es für die Unterscheidung zwischen Einfirmen- und Mehrfirmen-HV nicht mehr auf die Verteilung des wirtschaftlichen Risikos an. Entscheidend sollte sein, ob der HV gleichzeitig mehrere konkurrierende Produktpaletten führte1680. Mit Einführung der GVO 2790/99 zum 01.01.2000 ersetzten die Tz 12–20 ihrer Leit- 225 linien (hierzu Staub/Emde 5. Aufl. Vor § 84 Rn 193 ff) die Weihnachtsbekanntmachung des Jahres 19621681. Die Rechtsverhältnisse der HV wurden nicht direkt in der GVO 2790/99, sondern nur in den LL geregelt. Die LL enthielten und enthalten – da sie sich nicht auf eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage stützen können1682 – keine Rechtssätze1683 und kein sekundäres Gemeinschaftsrecht1684. Ihnen mangelt es also an bindendem Charakter1685. Jedoch bleiben sie als Verwaltungsgrundsätze1686, welche die Ansicht

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ABl. EG 1962 S. 2921. Siehe OLG Hamburg, WuW/E DE-R 506. Kommission, ABl. 1973 Nr. L 217, S. 3 bis 6 – SCPA/Kali und Salz; hierzu Kapp WuW 2007, 1218 (1220 ff). EuGH, WuW/E EWG/MUV 803 – Reisevermittler. IV/484/90-DE. Kapp/Andresen BB 2006, 2253. Hopt § 86 Rn 38.

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Darázs EuZW 2003, 138 (139). Rittner DB 2000, 1211, 1213; Darázs EuZW 2003, 138 (139). Lange EWS 2001, 18. Köhnen BB 2010, 781 (783); Lange EWS 2001, 18; Hopt § 86 Rn 38. Langen/Bunte/Baron Einf. EG-KartellR Rn 155; Rösner WRP 2010, 1114 (1118); Darázs EuZW 2003, 138 (139).

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1. Buch. Handelsstand

ihrer Verfasser wiedergeben, gleich einer Gesetzesbegründung1687 eine wichtige Hilfe bei der Interpretation1688 des GVO-Textes. In der Praxis sind sie so lange von vorrangiger praktischer Bedeutung, bis ein Gericht ihre Unvereinbarkeit mit Art. 101 AEUV feststellt1689. Sie geben mithin in Form einer Bekanntmachung1690 die eigene Beurteilung der Kommission1691 und deren künftigen Entscheidungsmaßstab1692 wieder und beeinflussen hierdurch die Entscheidungspraxis nationaler Kartellbehörden und Gerichte1693. Zum Teil wird bezweifelt, dass die LL Einfluss auf die Rechtsprechung des EuGH haben1694, eine Skepsis, die durch die Entscheidungspraxis europäischer Gerichte Nahrung gewinnt. Zumindest kommt den LL Orientierungsfunktion zu1695. Im Mittelpunkt der Tz. 12 ff der LL zur GVO 2790/99 stand die eine eigene „kartell226 rechtliche“ Begrifflichkeit bildende und nicht an die §§ 84 ff oder die HV-RL (dort gibt es keine „unechten“ HV)1696, jedoch an europäische Rspr. anknüpfende Differenzierung: Sogenannte „echte“ HV-Verträge, bei denen sich die Tätigkeit des HV auf eine reine Mittler- ohne Wettbewerbsstellung beschränkte1697, waren vom heutigen Art. 101 AEUV freigestellt1698, unterfielen aber den §§ 84 ff. „Unechte“ HV-Verträge werden wie Eigenhändlerverträge1699 behandelt, blieben also nicht nach Tz 12–20 der seinerzeitigen Leitlinien freigestellt. Sie unterfielen dem Wettbewerbsverbot des Art. 101 AEUV. Die Ziff. 12–21 LL1700 zur GVO 330/10 haben diese Unterscheidung in der Sache 227 übernommen, allerdings ohne die umstrittene Begrifflichkeit des „echten“ oder „unechten“ HV1701 (prägnant Ziff. 16 LL). Der HV wird jetzt kartellrechtlich (nur) als HV apostrophiert. Ob ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV generell ausscheidet, der HV also nicht vom Verbots-TB des Art. 101 AEUV erfasst wird (und er damit keiner Freistellung nach der GVO 330/10 bedarf), bestimmt sich nach wie vor danach, ob der HV ein – in Tz. 16 LL genanntes – wirtschaftliches Risiko übernimmt1702. Der Begriff des unechten HV als Gegenpol ist entfallen. Man mag sich ihn leitbildartig als Eigenhändler („unabhängiger Händler“ i.S.d. Tz. 17 LL; „unabhängiges Unternehmen“ nach Tz 21 LL) vorstellen, wenngleich auch HV mit finanziellen Risiken HV i.S.d. HGB bleiben. In der Sache müssen weiterhin echte und unechte HV unterschieden werden, weil ein mit finanziellen Risiken belasteter HV ein solcher i.S.d. §§ 84 ff sein kann, nicht jedoch i.S.d. Tz 12–21 LL. Kartellrechtlich bleibt der finanziell belastete HV „unechter“ HV. Ein

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Rösner WRP 2010, 1114 (1118). Thomas EuR 2009, 423 (432 f); Rösner WRP 2010, 1114 (1118). Pautke/Schultze BB 2001, 317; Langen/ Bunte/Baron, Einf. EG-KartellR Rn 155. Weitbrecht EuZW 2002, 581. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383; Rittner DB 2000, 1211, 1213. Bechtold EWS 2001, 49 ( 53); Hopt § 86 Rn 38. Siehe LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde); Langen/Bunte/Baron Einf. EG-KartellR Rn 155; Weitbrecht EuZW 2002, 581 (583). Schultze/Pautke/Wagener, Vertikal-GVO, 2001, Rn 198. Emde BB 2002, 949 (951); Walcher WRP 2005, 850 (851); Funke/Just DB 2010, 1389.

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Rittner DB 2000, 1211 (1213). Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168). Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 81 – Fallgruppen Liefer- und Bezugsvereinbarungen Rn 53; Emde BB 2002, 949 ff; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff; Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertreter. Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 146. ABl. C 130/1 v. 19.05.2010. Siehe Simon EWS 2010, 497 (498). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384).

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

Rückgriff auf die RL erfolgt nicht; die einzelstaatlichen Gesetze zu HV-Verträgen sind belanglos1703. Gem. Tz 12 LL ist der HV eine juristische oder natürliche Person, die mit der Vollmacht ausgestattet ist, im Auftrag einer anderen Person (des Auftraggebers) entweder im eigenen Namen oder im Namen des Auftraggebers Verträge auszuhandeln und/oder zu schließen, die entweder den Ankauf von Waren oder Dienstleistungen durch den Auftraggeber zum Gegenstand haben oder den Verkauf von Waren und Dienstleistungen des Auftraggebers. Die LL gelten mithin für Waren-, Dienstleistungs-, Vermittlungs- und Abschlussvertreter (Tz 12). Die von den LL verwendeten Begriffe sind weit auszulegen. Faktisch stellen die LL den „echten“ HV-Vertrag frei. Sie befreien nach Auffassung des LG München I1704 nicht gegenüber Dritten – dort einem Wettbewerber – von den Beschränkungen des Art. 101 AEUV. Das LG München I bejahte aber eine Freistellung aus Art. 2 Abs. 1 der heutigen GVO 330/10. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in nicht nach den Tz 12-21 erfassten HV-Verträgen unterliegen nur dann nicht dem Verbot des Art. 101 AEUV, wenn der Vertrag auf anderem Wege, etwa durch die GVO 330/10, freigestellt ist1705. Also knüpft auch1706 die Kommission an die Systematik der Weihnachtsbekanntmachung 1962 an und damit an die dort enthaltene Separierung für den HV risikoloser, HV-gleicher Vereinbarungen einerseits und für den HV mit finanziellem Risiko verbundener eigenhändlergleicher Vereinbarungen andererseits1707. Zum Teil wird sogar vertreten, die Unterscheidung beider Vertretergruppen entspreche der der Weihnachtsbekanntmachung 19621708. Auch das hierneben vom EuGH wiederholt angewandte Merkmal der Eingliederung nehmen die LL entgegen Schultze/Pautke/Wagener1709 sowie Pfeffer/Wegner 1710 auf, wie Tz 18 dokumentiert. Denn dort wird in Übereinstimmung mit dem Urteil Suiker Unie1711 ausgeführt, in HV-Verträgen sei die Verkaufs- und Ankaufsfunktion Bestandteil der Tätigkeiten des Unternehmers als Auftraggebers. Mithin werden HV insoweit als in das Unternehmen des Auftraggebers eingegliedert betrachtet. Kartellrechtlich ist der HV, der kein eigenes unternehmerisches Risiko trägt, damit gegenüber dem Vertrieb etwa durch Vertragshändler oder Franchisenehmer privilegiert1712, weil der Unternehmer größere Freiheiten hinsichtlich etwa des Weisungsrechts oder der Preisgestaltung besitzt1713. In der Reihe von Eigenvertrieb über HV zu Vertragshändlern nimmt der HV-Vertrieb damit hinsichtlich seiner Gestaltungsmöglichkeiten eine Mittelstellung ein. Während HV-Verträge grundsätzlich (Ausnahme Tz 20 im Falle der Kollusion) vom Wettbewerbsverbot des Art. 101 AEUV freigestellt sind, hängt die Freistellung bei eigenhändlergleichen HV-Verträgen davon ab, ob es sich um wettbewerbsbeschränkende Abreden handelt, die das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV oder das Verhalten des HV gegenüber dem Kunden regeln1714. Auch diese Unterscheidung war bereits in der Weihnachtsbekanntmachung angelegt, wenngleich dort mit anderem Ergebnis (s.u.). 1703 1704

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Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2270). LG München I, Urt. v. 21.03.2006 – 33 O 24781/04, WuW 2006, 626 (628) – DE-R 1708 (1710). Kapp WuW 2007, 1218 (1219). Siehe etwa Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). Simon EWS 2010, 497 (498). Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1208).

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Vertikal-GVO, 2001, Rn 152. EWS 2006, 296 (297, 298). EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478/481 ff. Walcher WRP 2005, 850 (851); Emde BB 2002, 949 (954). Walcher WRP 2005, 850; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. Kapp WuW 2007, 1218 (1222).

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1. Buch. Handelsstand

(a) Handelsvertreterverträge

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(aa) TB-Voraussetzungen eines Handelsvertretervertrages im kartellrechtlichen Sinne („echter“ HV-Vertrag). HV-Verträge im kartellrechtlichen Sinne der GVO 330/10 (unter den LL der GVO 2790/99 noch: „echte“ HV) sind solche, bei denen der HV keine oder nur unbedeutende finanzielle oder geschäftliche Risiken eingeht1715 (Tz 15). Diese Merkmale knüpfen an die oben (Rn 217 ff) dargestellte Rspr. des EuGH1716 und die bisherigen Kriterien der LL zur GVO 2790/99 an. Das vom EuG in dem Urt. v. 15.09.20051717 als Indiz für einen HV-Vertrag genannte Kriterium der Weisungsgebundenheit und des geringen Ermessensspielraums des HV wird in den LL nicht genannt1718. Finanzielle und geschäftliche Risiken werden gemäß der „Kriterienliste“1719 des Tz 14 LL in drei Gruppen unterteilt, nämlich solche die 1. – wie z.B. die Finanzierung von Lagerbeständen – unmittelbar mit den Verträgen verbunden sind, welche der HV für den Auftraggeber geschlossen/ausgehandelt hat, 2. geschäftsspezifische Investitionen betreffen, d.h. solche, die der HV tätigen muss, um seine Tätigkeit auszuüben und Verträge mit Abnehmern des Unternehmers schließen zu können, 3. in Verbindung mit anderen Tätigkeiten auf demselben sachlich relevanten Markt stehen, soweit der Unternehmer deren Übernahme vom HV auf dessen Risiko verlangt. In der GVO 330/10 neu berücksichtigt wurden als Auffang-TB1720 die in Nr. 3 erwähnten Risiken. Abweichend vom GVO-Entwurf betrifft das Beispiel nun Risiken auf dem selben Markt wie das vertriebene Produkt1721. Als Beispiele für solche Risiken werden genannt: der Service beim Neuwagenverkauf über HV1722 (fraglich, da nicht derselbe Markt wie der Neuwagenverkauf1723), Reparaturleistungen1724 und Garantien1725, Beförderungs- und Transportkosten1726, Produkt-1727 oder zumindest eine generelle und nicht im Einzelfall vereinbarte Delkrederehaftung1728, die gleichzeitige Tätigkeit als HV und Vertragshändler für dieselben Produkte (etwa unterschiedliche Mineralöle beim Tankstellenverkauf1729), nicht jedoch Laden und Waschstraße beim Tankstellen-HV1730. Während der Neuwagenverkauf ohne das Angebot einer Werkstatt nach Ansicht von Schultze/ Pautke/Wagener1731 unmöglich erscheine, könnten Tankstellen auch ohne angeschlosse-

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Simon EWS 2010, 497 (498); Hopt § 86 Rn 38. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 39 – Tankstellenvertreter; EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; EuG, Urt. v. 15.09.2005 – Rs. T-325/01, Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933; EuGH Rs. 40 u.a./73, Europäische Zuckerindustrie, Slg. 1975, 1663 und Rs. C-266/93, VW-Herstellerleasing, Slg. 1995, I-3477, EWS 1996, 14, Rn 19; siehe die Analyse bei Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298); Simon EWS 2010, 497 (498). T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933. Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301).

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Simon EWS 2010, 497 (498). Funke/Just DB 2010, 1389 (1391). Simon EWS 2010, 497 (498). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2271). Simon EWS 2010, 497 (498). de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Simon EWS 2010, 497 (498). Simon EWS 2010, 497 (498). BB 2009, 2266 (2271).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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nen Supermarkt betrieben werden1732. Dass der kombinierte Vertrieb mglw. lukrativer ist, spreche nicht dagegen1733. Muster der nach Vertragsende meist wertlosen1734 „geschäftsspezifischer Investitionen“ sind etwa Kosten für hersteller- und markenspezifische Ausrüstung, etwa „Corporate-Identity-Embleme“1735, spezielle Kleidung für Servicepersonal1736 oder spezifische Reperaturwerkzeuge1737. Gegenbeispiele nicht geschäftsspezifischer Investitionen bilden solche in Telefonanlage, EDV, Büromöbel oder Maschinen, die sich auch nach Vertragsende nutzen lassen1738, es sei denn, ein Verkauf der Investitionsgüter ist nur mit erheblichem Verlust möglich, z.B. bei herstellerbezogenen Maschinen wegen des kleinen Kreises potentieller Käufer (dann liegt eine verlorene Aufwendung vor)1739. Beide Gruppen von Risiken muss nach dem HV-Bild der LL grundsätzlich der Unternehmer tragen, damit ein vom Verbot des Art. 101 AEUV „freigestellter“ HV-Vertrag vorliegt. Trägt dagegen – leitbilduntypisch – der HV jene Risiken in mehr als unbedeutendem Umfang (die Übernahme geringer Risiken ist also gestattet – Tz 15 der LL1740), liegt kein HV-Vertrag sondern ein als HV-Vertrag „getarnter“ Eigenhändlervertrag vor1741, den die LL nur eingeschränkt freistellen. Das Provisionsausfallrisiko oder das wohl auch in § 87d gemeinte Risiko der Übernahme allgemeiner Geschäftskosten (z.B. Geschäftsräume und Personal) bleibt bei der Einordnung des Vertrages außer Betracht, da es sich um ein mit der HV-Tätigkeit untrennbar verbundenes Risiko handelt (Tz 15)1742. Damit stellt sich die Frage, wie sich ein vom Kartellverbot nicht erfasster HV-Vertrag 233 von einem ihm unterfallenden Vertrag unterscheidet. Einen Schwellenwert nennen die LL nicht1743. Ein HV-Vertrag im kartellrechtlichen Sinne liegt vor, sofern der HV in Hinblick auf alle vorgenannten Risiken keine oder nur unbedeutende Risiken trägt. Er setzt mithin voraus, dass der Unternehmer, so Tz 15 der LL, (fast) sämtliche in Tz 14 genannte finanziellen und geschäftlichen Risiken übernimmt, so dass der HV keine unabhängige Wirtschaftstätigkeit ausübt. Insbesondere muss die Verkaufs- und Ankauffunktion des HV Bestandteil der Tätigkeiten des Unternehmers – folglich dessen Aufgabe und Risiko – bleiben (siehe Tz 18), und zwar ungeachtet des Umstands, dass der HV ein eigenständiges Unternehmen führt. Nur dann ist der HV in das Vertriebssystem des Unternehmers „eingegliedert“. Die Rechtsform des HV ist – was als interne Organisationsmaßnahme selbstverständlich sein dürfte – für die Einordnung der Risiken und die Zuordnung zu HV- oder kartellrechtlich nicht privilegiertem Vertrag unerheblich (Tz 12)1744, ebenso die Verteilung der Risiken gemäß den einzelstaatlichen Gesetzen (in Deutschland etwa §§ 86, 87d). Nach Ansicht der Kommission in Tz 13 der LL soll es für die Abgrenzung nicht darauf ankommen, ob der HV für einen oder mehrere Unternehmer tätig ist1745. Die Richtigkeit dieser Wertung wird vor dem Hintergrund der Entschei-

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So wohl auch Simon EWS 2010, 497 (498). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2271). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 161. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 161. Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 162.

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Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 165. OLG Frankfurt/M. HVR Nr. 1086; Hopt § 86 Rn 38. Siehe Schultze/Pautke/Wagener VertikalGVO, 2001, Rn 159. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Hopt § 86 Rn 38. So auch Stancke VersR 2009, 1168 (1171) für den Versicherungsvertrieb.

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dung des EuGH in Sachen „Flämische Reisebüros“1746 bestritten1747. Jede andere Wertung als die von der Kommission eingenommene hätte die Umgehung aber zu einfach gemacht. Lubitz1748 vertritt, die Berücksichtigung allgemeiner Kosten, also der Kosten, die un234 abhängig vom konkreten Erfolg des Geschäftes eintreten, wie z.B. Transportkosten, Unterhalt eines Ersatzteillagers usw., dürften für die Einordnung als HV- oder anderem Vertrag unmaßgeblich sein. Ob die allgemeinen Geschäftskosten den HV unbillig belasteten, hänge im Wesentlichen von der Höhe seiner Grundprovision ab. Es dürfe für die rechtliche Einordnung nicht entscheidend sein, wie hoch der Anteil der allgemeinen Kosten sei. Dem dürfte nicht beizupflichten sein, weil es sich um geschäftsspezifische Kosten handelt, die üblicherweise der Unternehmer trägt und die LL die Lagerhaltung klar als relevantes Risiko benennen. Jedoch dürfen entgegen dem LG Frankfurt1749 die Kosten behördlicher Genehmigungen, die als Allgemeinkosten den Geschäftsbetrieb betreffen, nicht zur Einordnung als unechter HV führen. Möglicherweise war in dem vom LG Frankfurt entschiedenen Fall eine andere Bewertung gerechtfertigt, weil diese Kosten untypisch hoch lagen. Wer die genannten Risiken übernimmt, ist – so Tz 17 – an Hand der Umstände des 235 Einzelfalls zu untersuchen1750, und zwar unter Prüfung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und – wie Tz 17 erneut betont – unabhängig von der Rechtsform des HV. Insoweit müssen, wie der EuGH1751 anerkennt, die nationalen Gerichte die mit dem Absatz der Waren verbundenen Risiken, die Finanzierung des Lagers, sowie die Risiken berücksichtigen, welche mit den marktspezifischen Investitionen verbunden sind, d.h. Investitionen, die erforderlich sind, damit der Absatzmittler Verträge mit Dritten aushandeln und abschließen kann. Es kommt also nicht nur auf den Wortlaut des Vertrages an, sondern auch auf dessen tatsächliche Durchführung. Zumindest erlaubt die praktische Durchführung Rückschlüsse zum vertraglich Vereinbarten. Nach Auffassung der Kommission in dem partiell an die Formulierung der Weih236 nachtsbekanntmachung angelehnten Tz 16 der LL soll ein dem Art. 101 nicht unterfallender HV-Vertrag insbesondere (Regelbeispiele – Tz 17 LL) dann vorliegen, wenn das Eigentum an den gekauften und verkauften Vertragswaren nicht auf den HV übergeht (Warenvertreter)1752 oder der HV die Vertragsdienstleistungen nicht selbst erbringt (Dienstleistungsvertreter)1753 und zusätzlich der HV (bereits die Erfüllung eines Merkmals kann die Freistellung hindern) – nicht an den Kosten der Lieferung der betreffenden Waren einschließlich der Beförderungskosten (sofern sie nicht vom Unternehmer übernommen werden) beteiligt ist, – nicht auf eigenes Risiko Vertragswaren lagert oder die Lagerhaltung finanziert bzw. – außer bei Verschulden – für den Verlust der Lagerwaren haftet1754,

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EuGH, Urt. v. 07.10.1987, Amtl. Slg. 1987, 3801. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50. EWS 2003, 560 (558). EWiR 2003, 573 (Emde). Ebenroth/Lange vor § 84 Anh. II Rn 39. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437, 440 Rn 51. Dann liegt nach Ansicht Schultze/Pautke/

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Wagener, Vertikal-GVO, 2001, Rn 169 bereits kein HV-Vertrag vor. Beides ist fast nicht anders denkbar. Vor allem ist der HV durchweg nie Eigentümer der vertriebenen Waren. Schultze/Pautke/Wagener, Vertikal-GVO, 2001, Rn 178 empfehlen zur Vermeidung dieses Merkmals, der HV solle dem Unternehmer die Lagerkosten in Rechnung stellen.

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– gegenüber Dritten keine Haftung für Schäden durch das verkaufte Produkt übernimmt (Produkthaftung)1755, es sei denn, er ist als HV dafür verantwortlich, – keine Haftung dafür übernimmt, dass der Kunde seine Vertragspflichten erfüllt (Ausfallrisiko), ausgenommen den Verlust der Provision des HV (Provisionsrisiko). Bereits die Übernahme des Delkredere-Risikos soll i.d.S. schädlich sein1756, – weder mittelbar noch unmittelbar verpflichtet ist, Investitionen in die Verkaufsförderung (z.B. Werbung) zu tätigen, – keine marktspezifischen Investitionen in Ausrüstungen, Räumlichkeiten oder Personal tätigen muss (als Beispiele werden der Kraftstofftank des Mineralölvertreters1757 oder spezielle Software des VV erwähnt), und – keine anderen Tätigkeiten auf Verlangen des Unternehmers auf demselben sachlich relevanten Markt wahrnehmen muss, es sei denn, der Unternehmer übernimmt hierfür die Kosten. In der Praxis sind insbesondere die Kriterien der Investitionen in die Verkaufsförderung 237 sowie der marktspezifischen Investitionen in Ausrüstung, Räumlichkeiten oder Personal Gegenstand der Diskussion1758. Diese waren früher vom EuGH nicht als Abgrenzungsmerkmal herangezogen worden1759, werden es jedoch jetzt1760. Unter „marktspezifischen“ Investitionen versteht die Kommission solche, die nach einer Geschäftsaufgabe „verloren“ sind1761. Es kommt folglich darauf an, ob der HV diese Investitionen nachvertraglich und werthaltig verwenden (dies wäre etwa der Fall beim Erwerb von allgemein gebräuchlicher Software, nicht aber bei Vertriebssoftware1762) oder die angeschafften Investitionsgüter ohne wesentlichen Verlust wieder veräußern kann1763. Eine Kostenbelastung mit allg. Werbemitteln wäre eine schädliche Investition1764. Häufig widerspräche eine solche Belastung auch § 86a Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 HV-RL. Vor diesem Hintergrund dürfte ferner eine dem HV auferlegte Verpflichtung zum Erwerb von Musterkollektionen – je nach Einzelfall – Verbotsverdacht auslösen1765. 1755

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Es sei denn, der HV haftet aus eigener Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden, s. Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb. Wird das Vertragsprodukt durch den HV in die EU eingeführt, haftet er gegenüber dem Kunden aus Produkthaftung. Nach Ansicht Schultze/ Pautke/Wagener, Vertikal-GVO, 2001, Rn 194 fehlt das Risiko deshalb nur, wenn der Unternehmer den HV von diesem Risiko freistellt. Diese Bewertung ist zweifelhaft, weil es bei dem in Tz 16 genannten Risiko nicht um das der Eigenhaftung des HV gegenüber Dritten, etwa aus Delikt, geht, sondern um das Risiko unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis zum Unternehmer. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); Schultze/Pautke/Wagener VertikalGVO, 2001, Rn 196; aA Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257), die in der Delkredereübernahme für bestimmte – nicht alle – Geschäfte ein Zusatzgeschäft zum HV-Vertrag sehen, welches bei der kartellrechtlichen Prüfung unbeachtet bleiben müsse.

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Nur im „Extremfall“ werde der HV durch die Delkredereübernahme zu einem „unechten Vertreter“ i.S.d. Leitlinien zur GVO 330/10. Stancke VersR 2009, 1168 (1171); Leitlinien, Tz 16. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50. Lange EWS 2001, 29; Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 51. LL Tz 14. Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50. LL Tz 16; Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50.

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Nach Ansicht des EuGH gehen die Gefahren marktspezifischer Investitionen auf den Mittler (im entschiedenen Fall ein Tankstellen-HV) über, wenn er mit der Übernahme der Waren vom Lieferanten deren Besitzer wird1766. Auch der EuGH befürwortet in der Sache die Einordnung als nicht nach Art. 101 AEUV befreiter „eigenhändlergleicher“ HV, falls der Mittler Investitionen im Zusammenhang mit dem Absatz der Waren, z.B. für Räumlichkeiten oder Ausstattung wie einen Kraftstofftank1767, vornehmen sowie in Werbeaktionen investieren müsse1768. Dem Mittler, welchem die mit dem Vertrieb der Waren verbundenen Kosten, insbesondere die Beförderungskosten zugewiesen seien, trage auch das Absatzrisiko1769. Nach Ansicht von Steinhauer1770 befreit es den Unternehmer von dem kartellrechtlichen Risiko, wenn er den HV (im Beispiel von Steinhauer ein Tankstellen-HV) als Kompensation für das übernommene Risiko mit klar dafür definierten (zusätzlichen) finanziellen Vorteilen bedenkt, etwa erhöhten Provisionen oder einem Kostenzuschuss. Das ist jedoch allenfalls hilfreich, falls dieser Vorteil das finanzielle Risiko auch im denkbar schlechtesten Fall ausgleicht, das Insolvenzrisiko des Unternehmers wird ohnehin nicht abgedeckt, jedoch von der Kommission in Tz 16 lit. a und f beispielhaft nicht als schädlich angesehen. Wie dargelegt schadet auch die Übernahme des Lagerrisikos1771: Trägt der HV die Haftung für Schäden an der Ware unabhängig davon, ob er der Pflicht nachkommt, die Waren unter Bedingungen aufzubewahren, welche einen Verlust oder ihre Verschlechterung ausschließen, übernimmt er das Absatzmittlungsrisiko1772. Maßgeblich ist das mit der Bezahlung der Waren verbundene Risiko, etwa für den Fall, dass der Mittler keine Käufer findet oder später bezahlt wird1773. Wenn dem Mittler die Waren innerhalb von 9 Tagen vom Hersteller bezahlt werden, soll er das kommerzielle Risiko tragen1774. EuGH und Kommission kommen daher trotz unterschiedlicher Nomenklatur oft zum selben Ergebnis. Im Versicherungsvertrieb ist es unschädlich, wenn der Bestand der Provision an die Police geknüpft wird1775. Schädlich soll es sein, falls die Höhe der Provision am Verlauf des versicherten Risikos hängen soll1776. Zusätzliche Dienstleistungen, wie die Schadensbearbeitung1777, müssen vollständig vergütet werden1778. Soweit ein HV nur eines1779 und – erst recht – mehrere der in Tz 14, 16 genannten 239 Negativkriterien erfüllt, können – nicht müssen1780 – die im HV-Vertrag enthaltenen

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EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 52. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter. EuGH, Urt. v. 11.09.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 39 – Tankstellenvertreter; EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 59. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 53; Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 54. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 55.

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EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437, 440 Rn 56. EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437, 440 Rn 58. Leitlinien Tz 16 lit. d; Stancke VersR 2009, 1168 (1171). Stancke VersR 2009, 1168 (1171). Stancke VersR 2009, 1168 (1171). LL Tz 16 lit. a, f; Stancke VersR 2009, 1168 (1171). Undeutlich und möglw. aA Schultze/Pautke/ Wagener, BB 2009, 2266 (2271); offen de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50.

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Wettbewerbsbeschränkungen Art. 101 Abs. 1 AEUV unterfallen, falls dessen Anwendung nicht aus anderen Gründen, etwa wegen fehlender Spürbarkeit oder nach Art. 101 Abs. 3 AEUV, ausgeschlossen ist (vgl. Tz 17, 21 LL). Die Regelbeispiele des Tz 16 LL sind daher trotz der Aussage des Tz 21 LL, die Vereinbarung unterfalle dann Art. 101 AEUV, widerlegbar und besagen nicht, dass Investitionen der dort beschriebenen Art zwingend zur Erfüllung des Verbotstatbestandes des Art. 101 AEUV führen1781. Sie konkretisieren, ohne eine abschließende Regelung zu enthalten („diese Aufstellung ist nicht erschöpfend“, Tz 17 LL), lediglich die Generalklausel des Tz 15 LL, derzufolge ein „echter“ HV-Vertrag vorliegt, wenn der HV keine oder nur unbedeutende Risiken trägt. Die Regelbeispiele des Tz 16 LL nennen daher „weiße Klauseln“ („safe harbour“), bei deren Erfüllung gewöhnlich (Gegenbeweis zulässig) der Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV nicht erreicht ist, was der Kautelarjurisprudenz Rechtssicherheit geben soll. Jedoch besagen die Beispiele der Tz 16 LL nicht im Umkehrschluss, ihre Nichterfüllung leite automatisch zum Verbotstatbestand1782. Im Einzelfall mag daher die Übernahme eines der in Tz 16 LL aufgezählten Risiken gleichwohl nicht zur Anwendung des Art. 101 AEUV führen. Die Frage ist wohl von geringer praktischer Relevanz, da – sollte Art. 101 AEUV anwendbar sein – sich die Nichtanwendbarkeit des Verbots-TB des Art. 101 Abs. 1 AEUV aus Art. 101 Abs. 3 AEUV ergeben mag. Kosten, welche der HV gemeinschaftsweit leitbildtypisch zu übernehmen hat und 240 daher der HV-Tätigkeit „vertragsimmanent“ sind, können die Einordnung als eigenhändlergleicher HV kaum begründen1783. Genannt werden etwa allg. Investitionen in Personal und Geschäftsräume1784. Ist die Übernahme der in Tz 16 LL genannten Risiken „vertragsimmanent“, so fehlt es trotz der Separierung von Zivil- und Kartellrecht an einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV und es bedarf keiner Freistellung durch die LL. Pflichten des HV, die – wie die Interessenwahrnehmungspflicht in der HV-RL1785 (dort: Art. 3 Abs. 1) – europarechtlich determiniert sind, können den Vertrag als „HV-typisch“ nicht in den Bereich eigenhändlergleicher HV-Verträge und damit in den Bereich des Verbotstatbestandes führen. Denn die Kommission wollte nicht verbieten, was EU-Recht mittels der HV-RL 1986 europaweit einförmig nach einheitlichem Leitbild geschaffen hatte. Noch präziser: Der „gesetzestypische“ HV i.S.d. § 84 ff, der dem Leitbild der HV-RL folgt, unterfällt nicht dem Verbot des EU-Wettbewerbsrechts. Mit dem „echten“ HV hatten die LL exakt diesen HV-Typ im Auge und wollten ihn vom Verbot des Art. 101 AEUV ausnehmen1786. Für gesetzestypische HV ändert sich also weder durch die GVO 330/10 noch durch ihre Leitlinien viel am bisherigen Rechtszustand1787. Vertragsimmanenz halten etwa Schultze/Pautke/Wagener1788 in bestimmten Branchen bei der Übernahme der Delkrederehaftung für möglich. Gleiches mag für manche Arten von Investitionen gelten. 1781

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Rittner DB 2000, 1211 (1214); Nolte WuW 2006, 254 (257); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). Vgl. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). ABl. EG vom 31.12.1986, Nr. L 382/17, wiedergegeben bei Hopt Materialien I und Ebenroth/Hakenberg vor § 84 Anh. I. Zu den Zielen der RL ausführlich Eberstein S. 20 ff.

1786

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Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 81 – Fallgruppen Liefer- und Bezugsvereinbarungen Rn 57. Emde VersR 2001, 148 (157); ebenso Pukall NJW 2000, 1375 (1377); Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 27a; übermäßig pessimistisch noch Rittner DB 1999, 2097 (2101): Die meisten HV-Verträge würden dem Verbot des Art. 101 AEUV unterfallen. Vertikal-GVO, 2001, Rn 196.

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Bei allen Regelbeispielen der Tz 16 ist zudem zu berücksichtigen, dass geringe Beteiligungen1789, Investitionen, Risiken und Haftung, zulässig bleiben und die Freiheit von den Beschränkungen des Art. 101 AEUV nicht ausschließen (s.o.). Auf eine dahin gehende Klarstellung hatte insbesondere eine Stellungnahme des Europäischen Parlaments1790 zu den LL der GVO 2790/99 gedrängt und folglich ist dies in der Grundregel des Tz 15 LL zum Ausdruck gebracht worden („keine oder nur unbedeutende Risiken“). Dem stimmt der EuGH im Ergebnis zu: Art. 101 AEUV bleibt unanwendbar, falls der Mittler nur einen geringen Teil des wirtschaftlichen Risikos trägt1791. Risiken, die mit der HV-Tätigkeit generell zusammenhängen, sind kartellrechtlich ebenso unbeachtlich wie allgemeine Investitionen in das HV-Unternehmen, etwa in Räume und Personal (Tz 15 LL), z.B. die Beschäftigung von Untervertretern oder Angestellten1792. Nach Auffassung des OLG Hamburg1793 in einer Entscheidung, welche einen noch 242 nach den GVO 1983 und 1984/84 zu beurteilenden Altfall betraf, sollen Risiken, die – wie ein Absatzrückgang – beide Vertragspartner gleichermaßen bedrohen, ebenso wenig in die Abgrenzung einfließen wie Risiken, die – wie etwa ein Betrug – jeden Teilnehmer am Rechtsleben gefährden. Wenn sich diese Wertung, was Pohlmann1794 annimmt, auf den heutigen Rechtszustand übertragen lassen sollte, ist dem nur bedingt zuzustimmen: Zum einen macht jetzt Tz 16 lit. b LL deutlich, dass auch das Risiko des Verlustes von Lagerbeständen – wohl auch infolge einer Straftat – schädlich sein soll. Zum anderen kann die Generalisierung, beide Vertragspartner treffende Risken seien bei der Abgrenzung unmaßgeblich, so nicht richtig sein. Denn die meisten wirtschaftlichen Risiken gefährden beide Vertragspartner, so dass hierdurch die Abgrenzung der Leitlinien nivelliert würde. Das LG Frankfurt/Main1795 sah infolge der Zuweisung folgender Kosten auf den als 243 Autovermieter nach dem „Hertz“-System tätigen HV die Stellung als eigenhändlergleicher HV begründet: Ausstattung von Büro- und Vermietlokal sowie Parkflächenkennzeichnung, Signalisation, Kosten behördlicher Genehmigungen, Werbemaßnahmen, Kosten der Vertragsdokumentation (sogenannte Transaktionsgebühr), Avalkosten für eine zur Sicherheit gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft sowie die Überführungskosten der zu vermietenden Fahrzeuge. Es bestehen allerdings Zweifel, ob die Kosten einer Sicherheit tatsächlich solche sind, die typischerweise der Unternehmer zu tragen hat und die auf den HV „abgewälzt“ werden1796. Nach Ansicht des OLG Hamburg1797 widersprechen die Tankstellen-HV-Verträge von 244 ESSO nicht Art. 101 AEUV, da dem HV nicht mehr als unbedeutende Risiken in Bezug auf die für den Unternehmer geschlossenen Verträge zugewiesen worden waren. Ein nach den LL befreiter HV sei derjenige, den keine der Risiken aus den für den Geschäftsherrn vermittelten Geschäften träfe und der lediglich als Hilfsorgan in dessen Unternehmen integriert sei. Das OLG sah folgende Risiken nicht als so erheblich an, dass die Grenze zum eigenhändlergleichen HV überschritten wurde:

1789

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Zweifelnd Rittner DB 2000, 1211 (1214); Schultze/Pautke/Wagener, Vertikal-GVO, 2001, Rn 165, 171. Resolution v. 03.05.2000; siehe Rittner DB 2000, 1211 (1212). EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 61. Offengelassen von Rittner DB 1999, 2097 (2100).

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EWiR 2001, 229 (Pohlmann). EWiR 2001, 229 (230). EWiR 2003, 573 (Emde). Die Entscheidung wurde in der Berufungsinstanz aufgehoben. Emde EWiR 2003, 573. OLG Hamburg, Urt. v. 30.03.2006 – 10 U 16/05.

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– Dass der HV Schmierstoffe im geringen Umfang vorfinanzieren müsse, wenn die Höhe des dafür übernommenen Kredites mindestens einmal jährlich überprüft und angepasst werde und Absatzveränderungen zur sofortigen Anpassung des Agenturkredits führen sollten. – Die teilweise Ablehnung der Rücknahme von Schmierstoffen nach Überlagerung. Der HV müsse als Lagerhalter den Ablauf der Verfalldaten überwachen. Er dürfe bei einer Verletzung dieser Nebenpflicht keine Rücknahme der nicht mehr abzusetzenden Ware fordern. – Das Diebstahls- und Delkredere-Risiko1798. – Die Anmietung der Tankstelle: Die Anmietung von Geschäftsräumen sei typischerweise mit der Tätigkeit als HV verbunden. Der BGH1799 hat offen gelassen, ob Tankstellen-HV HV i.S.d. LL zur heutigen GVO 245 330/10 sind. Mit einem Agenturkredit sei für den Tankstellen-HV kein die Einordnung als unechter HV rechtfertigendes finanzielles Risiko verbunden. Die Mineralölunternehmen würden den Agenturkredit kostenfrei und zinslos bis zur Auflösung der Geschäftsverbindung zur Verfügung stellen1800. Eine Abgrenzung der Risiken findet sich auch in dem oben, Rn 219, bereits erwähn- 246 ten Urteil des EuG vom 15.09.20051801, mit dem das EuG die den Mercedes-Vertrieb betreffende Entscheidung der Kommission 2002/758/EG vom 10.10.2001 gegen Daimler Chrysler aufhob1802. Die Kommission hatte Mercedes-Benz Autohäuser als eigenhändlergleiche, unechte HV angesehen1803. Für diese Einordnung waren die folgenden wirtschaftlichen Risiken des HV entscheidend: Beteiligung am Preisrisiko, indem Preiszugeständnisse beim Neuwagenverkauf vollständig sowie Mengen- oder Verwerterrabatte bis zur Höhe von 6 % zzgl. Boni zu Lasten der Provision des HV gingen, Übernahme des Transport- und Transportkostenrisikos für Neufahrzeuge, erhebliche eigene Aufwendungen zur Verkaufsförderung durch Erwerb von Vorführwagen auf eigene Rechnung, Einrichtung der Werkstatt auf eigene Kosten, Unterhaltung eines Ersatzteillagers auf eigene Rechnung sowie Übersteigen der Umsätze des HV aus eigenunternehmerischer Tätigkeit gegenüber denjenigen aus der Vermittlung von Neuwagen um ein Mehrfaches. Das EuG urteilte großzügiger: Ein HV unterfalle nicht dem Verbot des Art. 101 AEUV, falls er keine finanziellen Risiken des Absatzes oder der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen habe. Der HV habe beim Aushandeln der Preise keine Befugnisse. Er müsse keine Neuwagen auf Lager halten, das Preisrisiko der Lagerhaltung entfalle also. Preisnachlässe zu Lasten seiner Provisionen bildeten kein Preisrisiko. Ein Risiko trage der HV, soweit er verpflichtet sei, Vorführwagen zu erwerben1804. Die Kfz würden 1798 1799

1800 1801

1802

AA wohl Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII R 117/06, WRP 2007, 977; siehe zu Tankstellen-HV auch EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (441). BGH, Urt. v. 18.04.2007 – VIII R 117/06, WRP 2007, 977. T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933; mit Kommentar Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 sowie kritischer Besprechung Ensthaler/ Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff. EuZW 2001, 674; hierzu Lubitz EWS

1803

1804

2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. In wesentlichen Teilen aufgehoben dürften die Leitlinien entgegen Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (300) durch diese Entscheidung allerdings nicht sein. ABlEG 2002 Nr. L257, 32 ff, aufgehoben durchEuGH, Urt. v. 15.09.2005 – Rs. T-325/01. Immerhin handelte es sich um bis zu 80 Vorführwagen/Jahr, die der HV auf eigenes Risko anschaffen und als Gebrauchtwagen veräußern musste, siehe Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (300).

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jedoch zu einem Vorzugspreis in Rechnung gestellt und nach 3 bis 6 Monaten weiterveräußert. Das Risiko sei also gering. Es sei nicht dargetan, dass die Vergütung für Gewährleistungsarbeiten des HV kaufmännisch unangemessen wäre und ein finanzielles Risiko darstelle. Diese Großzügigkeit eröffnet auch Franchisesystemen die Möglichkeit, sich als Mittel der Preisbindung HV-Systemen zuzuwenden. Kritisch äußerten sich Ensthaler/ Gesmann-Nuissl 1805: Bei zutreffender Wertung der Aufgaben des Kfz-HV hätte das EuG mglw. entscheiden müssen, dass ihr Risiko ebenso hoch wie das von Kfz-Vertragshändlern ist. Daimler/Chrysler-HV müssten sich verpflichten, Fahrzeuge nach Ablauf eines Leasingvertrages zum Restwert zurück zu nehmen und ihre Verkaufsräume entsprechend der Corporate Identity Daimler/Chryslers zu gestalten, was ein erhebliches Risiko begründe1806. Nach Ansicht von Pfeffer/Wegner1807 ist nach dem Urteil Daimler Chrysler ./. Kommis247 sion bei den finanziellen Risiken zwischen Hauptrisiken und sonstigen Risiken abzugrenzen. Hauptrisiken seien die Risiken, welche unmittelbar mit den vermittelten Verträgen im Zusammenhang ständen und sich ausschließlich für die Vermittlungs-/Verkaufsleistung amortisieren müssten. Zu den Hauptrisiken zählten neben dem Finanzierungs- und Absatzrisiko (einschließlich des Delkredere-Risikos1808) auch das Risiko der Vertragserfüllung gegenüber dem Kunden (Produkt- und Produkthaftungsrisiko). In der schwarzen Liste der LL seien diese Hauptrisiken in den Spiegelstrichen 3, 6 und 7 aufgeführt. Sie dürften auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der kartellrechtlichen Bewertung eines HV-Vertrages spielen. Bei den Hauptrisiken sei die Übernahme unbedeutender Risiken unschädlich1809. Die Absatzförderungspflicht sei die Hauptpflicht des HV. Er müsse daher in sie investieren. Sonstige Risiken seien solche, deren Verwirklichung nicht mit dem Erfolg der Vermittlungs-/Verkaufsleistung zusammenhinge, die sich daher auch nicht über die Vermittlungsleistung amortisieren müssten1810. Investitionen in die Absatzförderung seien bei begrenztem Risiko zulässig1811. Investitionen in die Werbung blieben auch im Rahmen eines echten HV-Vertrages zulässig1812. Wenn das Kriterium der Eingliederung erfüllt sei und Hauptrisiken beim Handelsherrn lägen, spreche eine Vermutung dafür, dass der HV als Hilfsorgan des Handelsherrn agiere1813. Tz 18 LL nennt wettbewerbsbeschränkende Abreden, die in HV-Verträgen stets zuläs248 sig sind. Die in Tz 18 LL genannten Beispiele der Vertragsgestaltung sollen einen sicheren Hafen bei der Formulierung dieser Verträge geben, also das – wenn auch rudimentäre – Vertragskorsett eines kartellrechtlich zulässigen HV-Vertrages. Ausdrücklich freigestellt sind gemäß Tz 18 LL: – Sämtliche Verpflichtungen des HV bezüglich der für den Unternehmer geschlossenen bzw. ausgehandelten Verträge; – Beschränkungen hinsichtlich des Gebiets, in welchem der HV die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf;

1805 1806 1807 1808

EuZW 2006, 167 (168). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2592). EWS 2006, 296 (302). AA Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257), die in der Delkredereübernahme für bestimmte – nicht alle – Geschäfte ein Zusatzgeschäft zum HV-Vertrag sehen, welches bei der kartellrechtlichen Prüfung unbeachtet bleiben müsse. Nur im „Extremfall“

174

1809 1810 1811 1812 1813

werde der Vertreter durch die Delkredereübernahme zu einem „unechten Vertreter“ i.S.d. Leitlinien zur GVO 330/10. Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (302). Eilmansberger ZWeR 1/2006, 64 (72); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (302). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (303). Rittner DB 2000, 1211 (1214); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (303). Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (302).

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

– Beschränkungen hinsichtlich der Kunden, an die der HV die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf; – Festlegung der Preise und der Bedingungen, zu denen der HV die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen oder beziehen darf. (bb) Rechtsfolgen „echter“ Handelsvertreterverträge. Tz 15, 16 und 18 LL bestimmen 249 die Rechtsfolgen kartellrechtlich akzeptierter, „echter“ HV-Verträge. Gemäß Tz 13 LL ist Art. 101 AEUV auf einen HV-Vertrag ohne finanzielles Risiko zumindest insoweit unanwendbar, als die Regelung die An- und Verkaufsfunktion des HV betrifft. Damit gemeint sind Vertragsbestimmungen, welche die vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Verträge betreffen. Den gem. Tz 18 LL von Art. 101 AEUV nicht erfassten Regelungen zur An- und Verkaufsfunktion hinsichtlich ihrer kartellrechtlichen Unbedenklichkeit gleichgestellt werden die in Tz 18, 19 LL genannten Klauseln, welche das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV regeln. Bei „echten“ HV-Verträgen sind also sämtliche dieser wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, sofern kein Fall der Kollusion (Tz 20 LL) vorliegt, nicht von Art. 101 AEUV erfasst1814. Das gilt unabhängig davon, ob der Vertrag die Voraussetzungen der GVO 330/10 einhält, er unterfällt vielmehr insoweit auch ohne die Einhaltung ihrer TB-Merkmale „ipso Leitlinie“ nicht Art. 101 AEUV. Unter diesen Umständen können – je nach Vertragsgestaltung – nicht nur wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, welche die Tätigkeit des HV bei der Werbung gegenüber den Kunden einschränken (z.B. Gebietsschutzabreden, Wettbewerbsverbote1815) vom Verbots-TB nicht erfasst sein, sondern auch solche, welche das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV regeln (z.B. Ausschließlichkeitsbindungen1816, Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen, Verpflichtung zur Gleichpreisigkeit1817, Preisvorgaben)1818. Nicht vom Verbots-TB des Art. 101 AEUV erfasst sind damit in „echten“ HV-Verträ- 250 gen – je nach den Regelungen des Vertrages – insbesondere – Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen1819 – Preis- und Konditionenvorgaben1820 – Die Verpflichtung des Unternehmers, die HV gleich zu behandeln, etwa bei den Provisionsabreden1821 – ein Verbot der Provisionsweitergabe oder -teilung (Tz 49 LL)1822. Ausnahme: Wenn der Unternehmer kein berechtigtes Interesse an der Beachtung seiner Preispolitik nachweisen kann1823

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Kapp WuW 2007, 1218 (1224); so wohl auch Ebenroth/Lange vor § 84 Anh. II Rn 40; Langen/Bunte/Baron, Einf. EG-KartellR Rn 158. Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2256 f); Kapp WuW 2007, 1218 (1223): Prüfungsmaßstab sei allein Art. 102 AEUV. Kommissionsentscheidung BIPAR. Hopt § 86 Rn 35, 36 (zum GWB). Lange EWS 2001, 18 (19). Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 48; Schultze/

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Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 155. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 51; Schultze/ Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 155. Hopt § 86 Rn 35, 36 (zum GWB). Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 51; Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257). Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257).

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

– Exklusivbindungen des HV1824 wie des Unternehmers. Wettbewerbsverbote, die sich ausschließlich gegen bestimmte Unternehmer richten, können aber unzulässig sein1825. In Tz 19 LL werden die Folgen bestimmter, das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV betreffender Bestimmungen beschrieben, zum einen Klauseln, die den Unternehmer daran hindern, andere HV im Gebiet/Kundenkreis/Bezirk des HV zu ernennen (Alleinvertreterklauseln) und zum anderen von Wettbewerbsabreden (Markenzwangoder Alleinvertreterklauseln). Tz 19 LL stellt Alleinvertreterklauseln in HV-Verträgen ausdrücklich frei1826. Für eigenhändlergleiche, „unechte“ HV-Verträge dürfte Tz 19 LL Leitbildwirkung einnehmen; dort sollten die Klauseln ebenfalls unbedenklich sein. Jedenfalls aber können sie ggf. durch die GVO 330/10 freigestellt werden. Alleinvertreterklauseln sind Regelungen, welche dem Unternehmer verbieten, andere HV für bestimmte Geschäfte, Kunden oder Gebiete zu ernennen. Alleinvertreterklauseln betreffen ausschließlich den markeninternen Wettbewerb und dürften i.d.R. keine wettbewerbswidrigen Wirkungen entfalten. Der Unternehmer kann folglich aufgrund seiner Preishoheit Wettbewerb unter seinen HV verhindern, sofern der HV nicht seine Provision mit dem Kunden teilt. Eine Exklusivbindung des Prinzipals hat also meist nur Auswirkungen auf den „Intra-Brand-Wettbewerb“, und damit keine wettbewerbsbeschränkende Wirkung. Anderes gilt gem. Tz 19 LL u.U. für vertragsbegleitende wie nachvertragliche Exklusiv251 bindungen des HV („Markenzwang- oder Wettbewerbsverbote“), also Bestimmungen, die dem HV untersagen, für einen Wettbewerber des Unternehmers tätig zu werden. Derartige Wettbewerbsverbote beträfen – so Tz 19 LL – nur den Wettbewerb zwischen verschiedenen Marken und könnten unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, sofern sie zur kumulativen Abschottung des relevanten Marktes führten, auf dem die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkauft oder gekauft würden. Auch sie können aber gem. Art. 5 GVO 330/10 befreit sein. Außerdem mögen im Einzelfall Effizienzgewinne gem. Tz 144– 148 LL gegeben sein. Tatsächlich dürfte eine Marktabschottung nur in Ausnahmefällen vorstellbar sein; z.B. wenn in bestimmten Märkten nur wenige „Spezialisten“ oder stationäre HV mit besonderer, auf den Vertrieb eingerichteter Ausstattung als HV tätig sind1827 und sie durch die Exklusivbindung an der Tätigkeit für andere Unternehmer gehindert werden. Teilweise wird vertreten1828, auch gegenüber HV dürften Wettbewerbsverbote ohne Gefährdung der kartellrechtlichen Unbedenklichkeit nicht vereinbart werden. Dem kann für den Regelfall nicht beigetreten werden, da Tz 19 LL Markenzwangklauseln leitbildartig nur im Falle der Kollusion (dies wäre ein ohnehin unbeachtlicher Umgehungsfall) dem Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV unterwirft1829. Tz 20 LL trifft mit dem Fall der Kollusion eine Sonderregelung für eine Konstellation, in der ausnahmsweise auch HV-Verträge vom Verbot des Art. 101 AEUV erfasst sind. Hieraus kann im Rückschluss entnommen werden, dass in anderen Fällen eine Befreiung eintritt. Gegenüber dem HV besteht hinsichtlich der Auferlegung eines Konkurrenzverbotes größere Vertragsfreiheit als gegenüber dem Eigenhändler. Denn beim HV trägt in erster

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Kapp WuW 2007, 1218 (1224); Hopt § 86 Rn 38; aA Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 52; unklar Schultze/Pautke/Wagener VertikalGVO, 2001, Rn 157. Kapp WuW 2007, 1218 (1227). Hopt § 86 Rn 38.

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Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 52. Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 52. Kapp WuW 2007, 1218 (1224); Langen/ Bunte/Baron, Einf. EG-KartellR Rn 158.

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Vor § 84

Linie der Unternehmer das Vertriebsrisiko1830. Nur dieses Verständnis steht im Einklang mit der Entscheidung des EuGH in der Angelegenheit Suiker Unie1831: Denn dort hatte der EuGH bei HV-Verträgen eine Exklusivitätsbindung des HV, d.h. das Verbot für konkurrierende Hersteller tätig zu werden, gestattet. Wäre man anderer Ansicht, gälte im Ergebnis nichts anderes: Die LL i.V.m. der GVO 252 können nur das vom Verbot des Art. 101 AEUV befreien, was ihm überhaupt unterfällt. Wettbewerbsverbote, welche dem HV verbieten, für einen Konkurrenten des Unternehmers tätig zu werden, sind jedoch durch Art. 3 Abs. 1 HV-RL im Verhältnis zu HV europarechtlich erlaubt1832 und dem HV-Vertrag als Konkretisierung der Interessenwahrungspflicht1833 immanent1834. Sie unterfallen nicht dem Verbotstatbestand des Art. 101 AEUV (Immanenztheorie) – siehe Rn 240. (b) Eigenhändlergleiche, „unechte“ Handelsvertreterverträge. Eigenhändlergleiche HV- 253 Verträge sind nicht durch die Tz 12 ff LL im Wege der „Bereichsausnahme“ von Art. 101 AEUV freigestellt. Sofern Art. 101 AEUV diese Verträge erfasst, bedarf es einer außerhalb der LL geregelten Freistellung, etwa nach der GVO 330/10 1835 (Tz 18 LL1836). Dies betrifft auch das Verbot der Preisbindung, mehr als 5jähriger Wettbewerbsverbote des Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/101837, welches in eigenhändlergleichen Verträgen das vertragsbegleitende Wettbewerbverbot des § 86 analog im Wege der Spezialität verdrängt1838 sowie Wettbewerbsbeschränkungen, die das wirtschaftliche Verhalten des Mittlers gegenüber den Kunden beim Verkauf (bzw. Kauf) der Vertragsprodukte betreffen (z.B. Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen, Preisvorgaben), also den Markt für die Waren und/oder Dienstleistungen, deren Verkauf der Mittler fördern soll. Auch das Verbot der Provisionsweitergabe, d.h. das Verbot der Teilung der Provision mit dem Kunden, darf gegenüber eigenhändlergleichen HV nicht vereinbart werden1839; ein solcher Mittler soll seine Vergütungshöhe gegenüber dem Kunden selbst festlegen dürfen1840. (c) Zwischenergebnis. „Echte“ HV-Verträge sind zumindest hinsichtlich der Vertrags- 254 bestimmungen zur An- und Verkaufsfunktion des HV sowie den in Tz 18, 19 LL gleichgestellten Bestimmungen zum Verhältnis zwischen Unternehmer und HV vom Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden des Art. 101 AEUV befreit. Dabei ist davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil der HV-Verträge dergestalt als „echt“ und nicht als „eigenhändlergleich“ anzusehen ist. Eigenhändlergleiche HV-Verträge werden hingegen nur freigestellt, wenn eine Einzel- oder Gruppenfreistellung eingreift oder der Verbotstatbestand des Art 101 AEUV aus anderen Gründen, etwa wegen fehlender Spürbarkeit, nicht erfüllt ist.

1830 1831 1832 1833 1834 1835 1836

Kapp WuW 2007, 1218 (1226). EuGH, Urt. v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478/481 ff. Kapp WuW 2007, 1218 (1224). Ebenroth/Lange vor § 84 Anhang II Rn 27. Ebenroth/Lange vor § 84 Anhang II Rn 28. Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb; Hopt § 86 Rn 38. Die partiell anders lautende, für die GVO 2790/99 eingenommene Ansicht aus

1837 1838 1839

1840

Staub/Emde 5. Aufl., Vor § 84 Rn 223 ff, wird aufgegeben. Hierzu Emde WRP 2005, 1492. Emde WRP 2005, 1492 (1495 ff). Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 5; Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257). AA Stancke VersR 2009, 1168 (1172) zum Versicherungsvertrieb.

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Vor § 84 255

1. Buch. Handelsstand

(3) Unechte Vertragshändler- oder Franchiseverträge? Von Karsten Schmidt ist die Frage gestellt worden, ob es nicht – vergleichbar „unechten“, eigenhändlergleichen HV – möglicherweise unechte Vertragshändler oder Franchisenehmer gibt, die nur nach außen als eigene Wirtschaftsstufe auftreten, aber wie „echte“ HV zu behandeln sind1841. Dann dürften ihnen gegenüber Preise und Konditionen für den Weiterverkauf vorgeschrieben werden. Das wird wohl abzulehnen sein. Sowohl nach dem Abgrenzungskriterium des wirtschaftlichen Risikos wie der Eingliederung heben sich diese Mittler von „echten“ HV ab. Eine kartellrechtliche Privilegierung, nämlich die Rechtsfigur der „echten“ HV, sollte nicht zu Lasten des Schutzgedankens des Kartellrechts unnötig erweitert werden. 2. Deutsches Kartellrecht

256

a) Einleitung. Gem. § 130 Abs. 2 GWB findet das GWB nur Anwendung auf Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Geltungsbereich des GWB auswirken, selbst wenn sie außerhalb seines Geltungsbereiches veranlasst werden. Auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen mit rein innerstaatlicher Wirkung findet lediglich deutsches Kartellrecht Anwendung. Dazu müsste die Verhaltensweise im Inland eine spürbare Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken1842. Auch mittelbare Auswirkungen genügen1843. Bei Vertragsschluss zwischen 2 ausländischen Vertriebspartnern müsste die abgestimmte Verhaltensweise den inländischen Markt regeln1844, was nicht der Fall ist, wenn das Vertriebsgebiet nicht im Inland liegt. Zum 01.07.2005 ist die 7. GWB-Novelle in Kraft getreten. Sie führte zu einem grund257 sätzlichen Systemwandel1845. Im Kartellverbot des § 1 GWB wurden die Worte „miteinander im Wettbewerb stehenden“ gestrichen. Vom Kartellverbot erfasst sind nicht mehr nur horizontale, sondern auch – zuvor von §§ 14–18 a.F. GWB geregelte – vertikale Vereinbarungen1846, die jetzt unter die Generalklausel des § 1 GWB fallen1847. Nach der Gleichstellung vertikaler und horizontaler Vereinbarungen durch die 7. GWB-Novelle ist auch bei vertikalen Verträgen, also auch bei Vertriebsverträgen, erforderlich, dass der Vertragszweck die Notwendigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Auslegung geboten sein lässt. Ein anzuerkennendes Interesse statt einer solchen Notwendigkeit reicht nicht mehr aus1848. Die bisherige Rechtsprechung hierzu ist also unmaßgeblich. § 14 GWB a.F. und § 16 GWB a.F. unterschieden noch den Gegenstand der Bindung. § 14 GWB erfasste Inhaltsbindungen, § 16 GWB Abschlussbindungen. § 14 GWB griff ein, wenn ein Vertragspartner in seiner Freiheit der inhaltlichen Gestaltung von Verträgen beschränkt wurde, die er mit Dritten einging. § 16 GWB fand Anwendung, falls der Gebundene 1841 1842

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Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (670). Stockmann in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GWB, § 130 Rn 51. Stockmann in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GWB, § 130 Rn 51. Stockmann in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GWB, § 130 Rn 52. Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1158; Kirchhain WuW 2008, 167. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U

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1847 1848

47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (416); RegE zur 7. GWB-Novelle BTDrucks. 15/3640, S. 23 ff; LG München I, Urt. v. 21.03.2006 – 33 O 24781/04, WuW 2006, 626 (628) – DE-R 1708 (1710); Karl/Reichelt DB 2005, 1436 (1437); Kahlenberg/Haellmigk BB 2005, 1509; Thomas WuW 2010, 177 (178); Stancke VersR 2009, 1168 (1169) zum Versicherungsvertrieb. Hopt § 86 Rn 34, 36. BGH, Urt. v. 10.12.2008 – KZR 54/08, NJW 2009, 1751 = WuW/E DE-R 2554.

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nicht frei darüber entscheiden konnte, ob und mit wem er Verträge abschloss1849. Diese Vorschriften sind gestrichen worden. § 1 n.F. GWB hat nach dem Willen des Gesetzgebers den gleichen Regelungsgehalt 258 wie Art. 101 Abs. 1 AEUV1850. § 2 Abs. 1 GWB enthält eine als Generalklausel formulierte Ausnahme vom Kartellverbot, die insbesondere eingreifen kann, wenn außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. 101 AEUV auf die Vereinbarung eine EU-GVO unanwendbar ist oder deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind. § 2 Abs. 1 GWB übernimmt die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Das Vorliegen der in § 2 Abs. 1 GWB n.F. genannten vier Voraussetzungen wird vermutet, wenn eine EU-GVO auf die Vereinbarung anwendbar ist und deren TB erfüllt ist. Im Vertriebsrecht sind insoweit die Schirm-Vertriebs-GVO 330/10 und die Kfz-GVO 1400/02 relevant1851. Klarstellend überträgt Art. 2 Abs. 2 GWB den Regelungsgehalt der GVO in Form einer dynamischen Verweisung in das deutsche Recht1852. An dieser Verweisung wird wegen Art. 80 Abs. 1 GG Kritik geäußert1853. Bei fehlender Freistellung durch eine GVO mangelt es an einer offensichtlichen Freistellungsfähigkeit, die aber keine Indizwirkung für eine individuelle Prüfung der Freistellungsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 GWB aufweist1854. Neben § 1 GWB kann § 138 BGB anwendbar sein1855. Eingegliederte, echte HV sind wie bei Art. 101 AEUV von den Beschränkungen des § 1 GWB befreit. Der Unternehmer darf seinem eingegliederten HV z.B. Weisungen1856 und ihm im Rahmen des § 90a Wettbewerbsverbote1857 auferlegen. Im Ergebnis hat das deutsche Kartellrecht damit gegenüber Art. 101 AEUV keinen eigenständigen Regelungsgehalt mehr. Die Rspr. zum europäischen und deutschen Kartellrecht wird sich weitgehend entsprechen, was zu begrüßen ist. Auch das deutsche Kartellrecht unterliegt nun dem System der Legalausnahme1858. Ge- 259 biets- und Kundenbeschränkungen waren nach deutschem Kartellrecht vor der 7. GWBNovelle zulässig. Jetzt stellen sie Verstöße gemäß § 1 GWB dar (Art. 4 lit. b GVO 330/10)1859. Ob der Freistellungsausschluss für Gebiets- und Kundenbeschränkungen im deutschen Kartellrecht sachgerecht ist, wird bezweifelt1860. Das deutsche Kartellrecht habe nicht die Funktion, den europäischen Binnenmarkt zu unterstützen; die Ausschaltung des Wettbewerbs sei in innerstaatlichen Fällen weniger wahrscheinlich1861. Preisbindungen sind im deutschen Kartellrecht ebenfalls unwirksam (Art. 101 AEUV, Art. 4 lit. a GVO 330/10)1862. Unverbindliche Preisempfehlungen sind jedoch wirksam1863. Höchstpreisbindungen sind zulässig, wie sich aus § 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 4 lit. a 2. Hs. GVO 330/10 ergibt1864. Voraussetzung ist, dass sich die Höchstpreisbindung nicht faktisch wie ein Fest- oder Mindestverkaufspreis auswirkt. Unzulässigkeit kann auch eintreten, wenn die Höchstpreisbindung wie ein Orientierungspreis wirkt1865. Unwirksame Höchstpreisbindungen aus Altverträgen werden nicht automatisch wirksam1866. Meist1849

1850 1851 1852 1853 1854

Rahlmeyer in: Martinek/Semler, § 25 Rn 11; Okonek in: Giesler/Nauschütt § 2 Rn 140. Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1159. Siehe Kahlenberg/Haellmigk BB 2005, 1509 (1510). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 729. Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1160. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 731.

1855 1856 1857 1858 1859 1860 1861 1862 1863 1864 1865 1866

BGH, Urt. v. 10.12.2008, WuW DE-R 2554; Thomas WuW 2010, 177 ff. Hopt § 86 Rn 35. Hopt § 86 Rn 37. Kirchhain WuW 2008, 169. Kirchhain WuW 2008, 170. Kirchhain WuW 2008, 170. Kirchhain WuW 2008, 171. Kirchhain WuW 2008, 172. Kirchhain WuW 2003, 167 (175). Kirchhain WuW 2008, 172. Kirchhain WuW 2008, 173. Kirchhain WuW 2008, 174.

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1. Buch. Handelsstand

begünstigungsklauseln verstoßen auch innerstaatlich gegen das Kartellverbot1867. Meistbegünstigungsklauseln zu Lasten des Lieferanten sind freigestellt, wenn der Marktanteil des Lieferanten 30 % nicht übersteigt (§ 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 S. 2, Art. 3 Abs. 1 GVO 330/10)1868. Mehr als fünfjährige Wettbewerbsverbote sind wie im EU-Kartellrecht unzulässig (§ 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 5 Abs.1 lit. a 1. Hs. GVO 330/10)1869. Für Altverträge soll das Wettbewerbsverbot mit einer geringeren Laufzeit aufrechterhalten werden1870.

260

b) Bagatellbekanntmachung. Die Freistellung eines Vertriebsvertrages kann nach deutschem Recht auch nach der Bagatellbekanntmachung 2007 und der Bekanntmachung KMU 2007 des BKartA erfolgen1871. Das Bundeskartellamt ist nicht nur für die Anwendung des GWB sondern auch des Art. 101 AEUV zuständig1872. Die EU-Bagatellbekanntmachung gilt ausschließlich im Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV, d.h. nur dann, wenn die Wettbewerbsbeschränkung spürbare Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel haben kann. Keine Anwendung kann die Bagatellbekanntmachung 2007 des BKartA finden, falls die Vereinbarung nicht in den Anwendungsbereich des § 1 GWB/ Art. 101 AEUV fällt oder von §§ 2, 3 GWB, einer GVO oder Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt ist1873. In diesem Fall besteht kein Aufgreifermessen des BKartA. Bei einer nicht horizontalen Vereinbarung liegt der insgesamt maximal zulässige 261 Marktanteil auf allen betroffenen Märkten bei 15 %. Kann die Einordnung nicht zweifelsfrei vorgenommen werden, gilt die geringere 10 %-Schwelle1874. Besteht der Verdacht, dass auf einem betroffenen Markt der Wettbewerb durch einen kumulativen Marktabschottungseffekt von Vereinbarungen beschränkt wird, beträgt die Marktanteilsschwelle jeweils 5 %. Ein solcher kumulativer Abschottungseffekt liegt vor, wenn 30 % oder mehr des betroffenen Marktes von nebeneinander bestehenden Netzen von Vereinbarungen verschiedener Lieferanten für den Verkauf entsprechender Waren/das Angebot entsprechender Dienstleistungen abgedeckt werden. Unzulässige Kernbeschränkungen bilden die Festsetzung von Preisen oder Preisbestandteilen beim An- oder Verkauf von Erzeugnissen/Dienstleistungen in Bezug auf mit Dritten ausgehandelten Verträgen sowie die Beschränkung von Produktion, Bezug oder Absatz von Waren oder Dienstleistungen, insbesondere durch die Aufteilung von Versorgungsquellen, Märkten oder Abnehmern. Auf vertikale Vereinbarungen werden dieselben strengen Maßstäbe wie auf horizontale Vereinbarungen angewendet1875. Insbesondere erlaubt das Bundeskartellamt nicht die gängigen Ausnahmen in vertikalen Vereinbarungen zur Beschränkung des Gebiets- oder Kundenkreises, in das oder an den der Käufer die Vertragswaren oder Dienstleistungen verkaufen darf1876. Es kann nicht angenommen werden, dass eine Vereinbarung, die nach der Bagatellbekanntmachung des BKartA nicht freigestellt ist, regelmäßig über § 2 GWB i.V.m. einer GVO automatisch freigestellt wäre. In den allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen einer GVO, wie z.B. im Bereich des Automobilvertriebs, können verschiedene – rein zivilrechtliche – Voraussetzungen enthalten sein, die eine Vereinbarung erfüllen muss, wenn sie die GVO in Anspruch nehmen will. Diese brauchen die Herstel1867 1868

1869 1870

Kirchhain WuW 2008, 175. Kirchhain WuW 2008, 175; Bar, WuW 2004, 259 (264); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212); Ackermann, EuZW 1999, 741 (743); Semler/Bauer, DB 2000, 193 (197). Kirchhain WuW 2003, 167 (176). BGH, Urt. v. 10.02.2004, RdE 2004, 260 (261); Kirchhain WuW 2003, 167 (177).

180

1871 1872 1873 1874 1875 1876

Dazu Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173. Art. 3 Abs. 1 VO 1/2003, § 50 GWB; vgl. Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1174). Vgl. Bagatellbekanntmachung 2007, Rn 3; Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1174). Bagatellbekanntmachung 2007, Rn 8 bis 10. Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1173). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1174).

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ler/Importeure, deren Marktanteil unter 5 % liegt, im europäischen Recht nicht zu erfüllen, ohne hierdurch mit dem Kartellrecht in Konflikt zu geraten. Fällt eine solche Vereinbarung mangels Zwischenstaatlichkeit nicht mehr in den Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV, was z.B. bei einer Vereinbarung zwischen einem Kfz-Händler und einem ausschließlich regional tätigen Unterhändler in Betracht kommen kann, so wäre nicht die EU-Bagatellbekanntmachung sondern die Bagatellbekanntmachung 2007 des BKartA anwendbar. Ein solcher Händler könnte sich bei identischer Vertragsgestaltung nach deutschem Recht nicht darauf verlassen, dass seine Vereinbarung vom Bundeskartellamt nicht aufgegriffen würde1877. Vereinbart er ein selektives Vertriebssystem, welches das Verbot des Verkaufs an Wiederverkäufer beinhaltet, könnte dies, als „Beschränkung des Absatzes“, der Anwendung der Bagatellbekanntmachung 2007 entgegenstehen. Zwar folgt aus der Nichterfüllung der Voraussetzungen der Bagatellbekanntmachung 2007 nicht, dass das Bundeskartellamt nun zwingend jegliche Vereinbarung, die die Bagatellbekanntmachung im Ansatz oder im Detail nicht erfüllt, verfolgen wird1878. Sinnvoll ist ein derartiges Auseinanderfallen der Beurteilung aber nicht1879. Denn es führt die weitgehende Anpassung des GWB an die europäische Systematik ad absurdum, wenn gerade bei Vereinbarungen mit geringfügiger Auswirkung auf den Wettbewerb die schwierige Abschätzung vorgenommen werden muss, ob eine Vereinbarung dem Art. 101 AEUV unterfällt oder nicht1880. Das Merkblatt KMU 2007 des BKartA ersetzt das entsprechende Merkblatt des BKartA zur Kartellnovelle vom 16.12.1998. Nicht anwendbar ist das Merkblatt auf zwischenbetriebliche Kooperationen, welche geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel spürbar zu beeinträchtigen1881. Zulässig bleiben Vertriebskooperationen, die sich darauf beschränken, Aufträge in Abhängigkeit der Frachtkosten zu vergeben1882. Preisabreden können ausnahmsweise zulässig sein, sofern sie zwingend mit dem Rationalisierungserfolg verbunden sind, etwa bei einer Vertriebsgemeinschaft1873. c) § 20 GWB aa) Einführung. (1) Bedeutung des § 20 GWB. Nach wie vor besondere Bedeutung 262 hat im Vertriebsrecht § 20 GWB1884. Auch Vertriebsmittler, insb. HV1885 und auch Versicherungsvertreter1886, können sich bei entsprechender Marktstärke des Unternehmers auf das Diskriminierungsverbot der § 20 Abs. 1, Abs. 2 GWB berufen, angeblich jedoch nicht, falls der Vertriebsmittler in seinem Gebiet keinem Wettbewerb ausgesetzt ist1887. Die Anwendbarkeit ist nicht ausgeschlossen, weil der HV weder Anbieter noch Nachfrager hinsichtlich der vom Unternehmer vertriebenen Produkte ist1888 oder die §§ 84 bis 92c eine in sich geschlossene, § 20 Abs. 2 GWB vorgehende und verdrängende Sonderregelung beinhalten1889. Nach denjenigen, die in den §§ 84 ff eine verdrängende Sonder-

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Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Rissmann EuW 2006, 884; Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1176). Merkblatt KMU 2007, Rn 33. Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1177). Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 943. Immenga/Mestmäcker/Markert § 26 Rn 125; Martinek/Semler/Flohr § 9 Rn 33;

1886 1887 1888 1889

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 32; Wellenhöfer-Klein ZIP 1997, 774 (776); offengelassen in BGH, Urt. v. 26.02.1970 – KZR 17/68, LM BGB § 138 Bb Nr. 28 = NJW 1970, 855. Stancke VersR 2009, 1168 (1177). OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834 (zwh.). So aber Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 55. OLG Düsseldorf OLGR 1998, 11; Rittner WuW 1993, 592 (602 ff); Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 55; Carlhoff in: Frankfur-

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regelung sehen, bestimmt sich die Entschließungs- und Dispositionsfreiheit des Unternehmers gegenüber dem HV nur nach HV-Recht und endet erst bei Willkür oder Absicht bewusster Schädigung des HV. Darüber hinaus soll sie durch § 20 Abs. 2 GWB nicht weiter eingeschränkt sein1890. Tatsächlich ist der Regelungsgegenstand der §§ 84 ff nicht kartellrechtlich, so dass er der Anwendung des § 20 GWB nicht im Wege der Spezialität entgegensteht. Die Analyse von Jacobsen1891, es sei kaum vorstellbar, dass ein Unternehmer seinen HV diskriminiere oder unbillig benachteilige, dürfte unzutreffend sein. Allerdings will auch die die Anwendbarkeit des § 20 GWB ablehnende Meinungsgruppe eine Anwendung des § 20 Abs. 2 GWB vor Abschluss des HV-Vertrags oder nach dessen Beendigung zulassen1892. Der Begriff der geschützten Unternehmen i.S.d. § 20 GWB ist weit gefasst1893. Nach 263 § 20 GWB Verpflichtete sind etwa die meisten Kfz-Hersteller1894. Auch die Herausgeber des amtlichen Telefonbuches, die zugleich die „Gelben Seiten“ verlegen, unterliegen mit Rücksicht auf die von ihnen ausgeübte Marktmacht erhöhten Anforderungen, wenn sie sich weigern, die ihnen von im eigenen Namen handelnden Werbevermittlern angedienten und geworbenen Anzeigenaufträge entgegenzunehmen1895. § 20 Abs. 1 und 2 GWB sind auch auf mittels GVO freigestellte Vertriebssysteme an264 wendbar1896, weil eine solche Freistellung nichts über die in § 20 GWB geregelten Fragen aussagt. Die Gegenansicht verneint die Anwendbarkeit des § 20 GWB insb. bei der Prüfung der Aufstellung und Anwendung von Selektionskriterien im Rahmen selektiver Vertriebssysteme1897. Selektive Vertriebssysteme stellten Vereinbarungsgeflechte und keine einseitigen Handlungen des Herstellers dar, welche in Abgrenzung zum europäischen Kartellrecht allein von § 20 GWB erfasst seien1898. § 20 Abs. 1 und 2 GWB seien daher nur auf einseitige Handlungen des Herstellers gegenüber seinen gebundenen Vertriebshändlern und einseitige Handlungen gegenüber außenstehenden Dritten anwendbar, etwa falls der außenstehende Händler nicht zum selektiven Vertriebssystem zugelassen

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ter Kommentar zum GWB § 26 Rn 162; aA Immenga/Mestmäcker/Markert § 26 Rn 125; Martinek/Semler/Flohr § 9 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 32; Wellenhöfer-Klein ZIP 1997, 774 (776). BGH, Urt. v. 07.03.1989 – KZR 15/87, BGHR GWB § 26 Abs. 2 Behinderung 5; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 55. In: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 1278. Vgl. BGH, Urt. v. 21.02.1989 – KZR 3/88, EBE 1989, 263 = EWiR 1989, 783; Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, LM GWB § 26 Nr. 22 = NJW 1973, 280; Urt. v. 22.10.1973 – KZR 22/72, LM GWB § 26 Nr. 24 = NJW 1974, 141; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 55. Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht/ Rixen § 20 Rn 403. BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109, 111 = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); zuvor bereits BGH, Urt. v. 23.02.1988 – KZR

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20/86, WuW/E 2491, 2493 – Opel-Blitz; Beschl. v. 19.01.1993 – KVR 25/91, WuW/E 2875, 2878 ff – Herstellerleasing; Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983, 2988 – Kfz-Vertragshändler; OLG Celle, Urt. v. 22.06.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581, 2001, 65 = OLGR Celle 2001, 126. OLG Bremen, Urt. v. 18.12.2003 – 2 U 71/03, OLGR 2004, 202. Weitbrecht EuZW 2003, 72; aA LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“ (zur quantitativen Selektion); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); Wirtz WuW 2003, 1039 ff. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“; Schultze/Pautke/ Wagener BB 2009, 2266 (2267); HarteBavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (688). Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (689).

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werde, obwohl er die Selektionskriterien erfülle1899. Zutreffend hat der BGH jedoch ausgesprochen, auch im Geltungsbereich europäischen Kartellrechts ließen sich aus § 20 GWB Ansprüche auf Belieferung und Vertragsschluss herleiten1900. Zur Systematik der Vorschrift: § 20 Abs. 1 GWB enthält den Verbotstatbestand. Erste 265 Voraussetzung der Anwendbarkeit ist, dass das Unternehmen, gegen welches vorgegangen werden soll, zu dem in § 20 GWB genannten Normadressatenkreis gehört. Zweitens ist erforderlich, dass es sich um einen gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr handelt. Drittens muss entweder eine unbillige Behinderung oder eine gegenüber gleichartigen Unternehmen unterschiedliche Behandlung ohne sachlich gerechtfertigten Grund vorliegen. § 20 Abs. 2 GWB erweitert den Normadressatenkreis um die Fälle der relativen Marktmacht, bei denen die Marktmacht nicht absolut wie bei den marktbeherrschenden Unternehmen festgestellt wird, sondern relativ in Bezug auf ihre Anbieter oder Nachfrager. Die relative Marktmacht ergibt sich aus der Abhängigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen von der Marktgegenseite in Form des Fehlens ausreichender und zumutbarer Ausweichmöglichkeiten. Diese Abhängigkeit wird nach § 20 Abs. 2 S. 2 GWB vermutet, sofern bestimmte Nachfrager regelmäßig bevorzugt werden. In der Praxis wird kaum noch auf die Marktbeherrschung abgestellt, da sich eine Abhängigkeit aufgrund relativer Marktstärke leichter begründen lässt1901. Dem selektiven Vertriebssystem mit qualitativer Selektion steht § 20 Abs. 1 GWB 266 nicht im Wege, vorausgesetzt, es wird seinerseits nicht diskriminierend angewandt und die Qualifikationsanforderungen sind sachgerecht und angemessen1902. Selbst wenn die Qualifikationsanforderungen nicht sachgerecht und angemessen sein sollten, besteht nur ein Aufnahmeanspruch, wenn die weiteren TB-Voraussetzungen des § 20 GWB erfüllt sind (dazu im Folgenden). Hierzu zählen insbesondere Marktmacht sowie ggf. die TBVoraussetzungen des § 20 Abs. 2 GWB (Spitzenstellungsabhängigkeit und Spitzengruppenabhängigkeit). (2) Kündigungsschutz? § 20 GWB greift insb. ein, wenn die Unwirksamkeit einer 267 Kündigung geltend gemacht werden soll1903. Im Grundsatz gilt: Der Unternehmer ist auch als Adressat des § 20 GWB in der Gestaltung seines Vertriebssystems frei1904. Angeblich bestehen auf dem Markt der Vertriebsleistungen sogar weitergehende Beschränkungsmöglichkeiten als auf dem Markt der vertriebenen Produkte1905. Einmal bestehende Lieferbeziehungen können für die Zukunft nicht unabänderlich gestaltet werden; die Kündigung eines Vertriebsvertrages erfordert aus kartellrechtlicher Sicht keine besondere Rechtfertigung1906. Dies würde dem Wesen des Wettbewerbs als einem dynamischen Prozess, der steter Veränderung unterworfen ist, widersprechen. Die Kündigung gegenüber einem Vertriebsmittler kann gerade Ausdruck des Wettbewerbs sein, um einen günstigeren Dienstleister zu wählen. Die Kündigungsmöglichkeit hindert eine Wettbe1899 1900

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Wirtz WuW 2003, 1039 (1044). BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = EWiR 2006, 273 (Emde); Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/95, BB 1998, 2353 = NJW-RR 1999, 189. Westphal II Rn 416. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. II, § 20 Rn 91. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834; Canaris § 17 Rn 87; Niebling WRP 2002, 310.

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BGH, WuW/E DE-R 1151, 2003, 395; OLG Celle, Urt. v. 29.03.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864 = WuW 2002, 504 (Kfz-Vertragshändler). OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2859); OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834.

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werbserstarrung. Das Freihaltebedürfnis des Unternehmers ist gegen das Schutzbedürfnis des Mittlers1907 unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes1908 abzuwägen. Dabei fällt auf Seiten des Händlers dessen Interesse an der Belieferung ins Gewicht. Zugunsten des Unternehmers ist zu berücksichtigen, dass § 20 GWB ihm unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seines Vertriebssystems belässt und nur den Missbrauch von Marktmacht verhindern will. Eine innerhalb der Frist des § 89 erklärte Kündigung ist regelmäßig wirksam und 268 wird durch § 20 GWB nicht ausgeschlossen1909. Dem Unternehmer steht die Vertragsbeendigung grundsätzlich frei (§§ 89, 89a). Nach Kündigung existiert grundsätzlich kein Anspruch auf Fortsetzung des Vermittlungsvertrages. IdR ist die von § 89 als angemessen beurteilte Kündigungsfrist genügend, um dem Mittler eine ausreichende Anpassungs- und Umstellungszeit zuzubilligen. Insbesondere ist eine ordentliche Kündigung des Herstellers gegenüber dem Vertragshändler trotz § 20 GWB zulässig, selbst wenn ein Kündigungsgrund und eine sachliche Rechtfertigung fehlen1910. Sie muss auch nicht begründet werden.1911 Nur bei Existenz eines Kontrahierungszwanges gilt anderes: Die ordentliche Kündigung eines einzelnen oder eines Teils der Vertriebsmittler ist dann – aber nur dann – regelmäßig ausgeschlossen1912 (Verbot der Ungleichbehandlung). So auch das OLG München: Ergebe sich aufgrund der umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall ein Kontrahierungszwang zu gleichen Vertragsbeziehungen, so könne sich die Kündigung eines bereits bestehenden Mittlervertrages als unbillige Behinderung darstellen, sofern für jene – an sich als ordentliche, ohne besonderen Grund zulässige – Kündigung kein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt1913. Der Händler sei in diesem Fall nicht auf Schadensersatzansprüche beschränkt. Vielmehr sei bereits die sich als unbillige Behinderung darstellende Kündigung selbst als einseitige – infolge Fehlens eines sachlichen Grundes – sachlich nicht gerechtfertigte Maßnahme unwirksam, so dass es bei der Fortsetzung des Vertrages verbleibt1914. Grundsätzlich ist anerkannt, dass ein Unternehmer den geschlossenen Vertrag bei Eingreifen des Kontrahierungszwanges gem. § 20 GWB nur aus wichtigem Grund außerordentlich kündigen darf 1915. Jedenfalls für die Fallgruppe der Vertragshändlerverträge hat der BGH aber einen solchen generellen Kontrahierungszwang abgelehnt: Der Hersteller sei nicht grds. verpflichtet, mit einem (oder gar mit jedem) Bewerber in ein Vertragshändlerverhältnis einzutreten1916. In jedem Fall möglich bleibt die Struktur-

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OLG Celle, Urt. v. 22.06.2000 – 13 U 137/98 – WuW DE-R 581 = WuW 2001, 65 = OLGR 2001, 126. BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); Urt. v. 23.02.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491, 2493 – Opel-Blitz; Beschl. v. 19.01.1993 – KVR 25/91, WuW/E 2875, 2878 ff – Herstellerleasing; Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983, 2988 – Kfz-Vertragshändler. Vgl. Langen/Bunte/Schultz § 20 Rn 173 f. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834; Niebling WRP 2002, 310. BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93 NJW-RR 1995, 1260.

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BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 16; Ensthaler/Gesmann – Nuissl BB 2009, 618 (622); AA Nolte WRP 2005, 1124 (1128). OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 15, n.v. OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v. Siehe BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v.; Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (622). BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263).

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kündigung aller Vertriebsmittler, sofern deren TB-Merkmale vorliegen1917. Dann mangelt es an einer Ungleichbehandlung1918. Die Kündigung steht allerdings unter dem Vorbehalt Treu und Glaubens1919. Eine Grenze liegt außer im Schikane- und Diskriminierungsverbot des § 20 GWB in dem Verbot sittenwidrigen Handelns. Die Tendenz der Gerichte liegt darin, eine ordentliche Kündigung nur bei Schikane und widersprüchlichem Verhalten wie – bezogen auf die Kündigungserklärung – zeitnahen Aufforderungen des Herstellers gegenüber dem Händler zu investieren (Investitionsschutz) für rechtswidrig zu halten1920. Wird von einem Unternehmer die ordentliche Kündigung eines HV-Vertrages angedroht, um eine Änderung der Zusammenarbeit zu erreichen, so bestehen meist weder vertragliche noch gesetzliche (§§ 138, 826 BGB, § 20 GWB) Schadensersatzansprüche, falls die ordentliche Kündigung keines besonderen Grundes bedarf und die Kündigungsfrist nicht unangemessen kurz ist1921. Ein Kündigungsschutz kann sich ergeben, falls der HV auf Veranlassung des Herstellers besondere Investitionen erbracht hat. Dieser Kündigungsschutz unter Investitionsgesichtspunkten folgt aber nicht aus § 20 GWB, sondern aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) oder den §§ 627 Abs. 2, 671 Abs. 2, 712 Abs. 2, 723 Abs. 2, 2226 Abs. 2 BGB analog1922. Deshalb brauchen die strengen Voraussetzungen des § 20 GWB in einem solchen Fall nicht vorzuliegen. Dazu bei § 89. Nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper1923 hinterlässt § 20 GWB bei Existenz eines sachlichen Grundes seine Wirkung dahin, dass er dem Händler eine angemessene Auslauf- oder Umstellungsfrist zuspricht. Im außereuropäischen Bereich ist wegen der möglichen Verkürzung der Kündigungsfristen nach § 92c von Fall zu Fall zu entscheiden, wobei das Leitbild des § 89 einen Anhalt bieten kann. In investionsintensiven Branchen mögen Besonderheiten gelten (s.u.). Hat ein Händler die in § 89 genannte Zeitspanne ungenutzt verstreichen lassen, obwohl Anlass bestand, sich um Ausweichmöglichkeiten zu bemühen, so kann Abhängigkeit zu verneinen sein1924. Der Händler ist gehalten, sich um die Vertretung einer anderen Marke zu bemühen und während einer gewissen Zeit die dafür erforderlichen Investitionen vorzunehmen sowie seinen Kundenstamm umzustellen1925. Nur bei Erfüllung aller TB-Merkmale des § 20 GWB trifft den Unternehmer ein Diskriminierungsverbot und kann der Abbruch der Vertragsbeziehungen ohne angemessene Umstellungsfrist – die bei erheblichen Investitionen des HV ausnahmsweise über die Kündigungsfristen des § 89 hinausgehen darf – unzulässig sein1926. (3) Beweislast. Wer Ansprüche aus §§ 33, 20 GWB geltend macht, trägt die Darlegungs- und Beweislast nicht nur für die Normadressateneigenschaft des Behindernden, sondern auch für das Vorliegen eines gleichartigen Unternehmens üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehrs und einer Behinderung oder unterschiedlichen Behandlung 1917 1918

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Vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). AA mglw. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. Niebling WRP 2002, 310. Niebling WRP 2002, 310. OLG Hamburg, Urt. v. 20.02.2003 – 3 U 26/99, GRUR-RR 2003, 325 (TankstellenHV-Vertrag). Immer ist allerdings zu prüfen, ob eine unzulässige Schikanekündigung vorliegt (siehe BGH, NJW 1970, 855).

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S. Creutzig NJW 2002, 3430 (3432). DB 2003, 257 (260). KG v. 03.12.1974, (Kart) 37/74, WuW/E OLG 1548, 1541; OLG Düsseldorf v. 21.02.1978 – (Kart) 16/76, WuW/E OLG 1913 (1918) – Allkauf, Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 43. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 43. Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht/Rixen, § 20 Rn 178.

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gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund1927. Er muss darlegen und beweisen, dass er die Merkmale erfüllt, die der Lieferant für das qualitative selektive Vertriebssystem festgelegt hat1928.

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(4) Unterschiedliche Behandlung. Maßgeblicher Gesichtspunkt des § 20 GWB ist die Gleichbehandlung. Bei Eingreifen der TB-Voraussetzungen des § 20 GWB kann daher ein Gleichbehandlungsgebot eingreifen1929: Im Normbereich des § 20 GWB folgt der Ungleichbehandlung eine Schadenersatzpflicht aus § 33 GWB1930. Der Unternehmer ist zwar nicht daran gehindert, ein Mischsystem eigener Niederlassungen mit einem Vertrieb durch Mittler zu kombinieren. Ihn trifft aber nach Ansicht des BGH eine Pflicht zur Gleichbehandlung der selbständigen Mittler mit den eigenen Vertriebsgesellschaften1931. AA war der BGH in seiner kartellrechtlichen Entscheidung zur Auskehrung von Einkaufsvorteilen in Franchisesystemen: Konzerneigenen Betrieben dürfen günstigere Konditionen eingeräumt werden als konzernfremden. Niemand sei verpflichtet, zu seinen Lasten fremden Wettbewerb zu fördern1932. Auch nach Auffassung des OLG Düsseldorf verstößt eine Franchisegeberin weder gegen das Diskriminierungsverbot noch gegen das Verbot unbilliger Behinderung, sofern sie eigenen Filialen Ware zu günstigeren Konditionen als ihren Franchisenehmern zur Verfügung stellt. Es handele sich bei eigenen Filialen und Franchisenehmern nicht um gleichartige Unternehmen i.S.d. § 20 Abs. 1 GWB1933. Die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen müssten „andere“ Unternehmen seien. Die sei nicht der Fall, falls die Vergleichsunternehmen mit dem unterschiedlich behandelten Unternehmen eine unternehmerische Einheit bildeten, also Konzernunternehmen seien1934. Auch eine Behinderung gem. § 20 GWB scheide aus. Die Bevorzugung konzernmäßig verbundener Unternehmen könne sich zwar als Behinderung von Wettbewerbern darstellen. Jedoch sei jene idR nicht unbillig1935. Etwas anderes gelte nur dann, wenn sich die Außenwirkung der konzerninternen Vorgänge auf dem Markt zwischen den Konkurrenten auswirkten und zu einer wettbewerbswidrigen Schieflage führe1936. Bei einer solchen Betrachtungsweise würde § 20 GWB jedoch innerhalb von Vertriebssystemen kaum eingreifen. Da dem Unternehmer die Freiheit seiner Disposition auch dergestalt zusteht, dass er eigene Vertriebsgesellschaften einsetzen darf, wo er zuvor unabhängige Mittler beschäftigte, dürfte jedoch zumindest eine Kündigung zum Zweck, den Mittler durch konzerneigene Vertriebsstätten zu ersetzen, kaum an § 20 GWB scheitern1937. Jedoch kann sich der Unternehmer vertraglich verpflichten, ein Vertriebssystem 1927

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OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; BGHZ 96, 337 = NJW 1986, 1877. OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121. Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (258). BGH NJW-RR 2003, 834. BGH WuW/E DE-R 1151, 2003, 395; wohl auch OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; Hopt § 86a Rn 15. BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738, 740 = EWiR 2007, 395 (Emde);

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wohl zu Recht den BGH ablehnend Oechsler LMK 2009 276152. OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). BGH v. 24.09.2002, KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051/1083 – Vorleistungspflicht.

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ausschließlich mit unabhängigen Mittlern zu unterhalten. Die Klausel „Der Vertrieb erfolgt … nur über XX-Vertragshändler“ schließt etwa den Verkauf des Herstellers durch konzerneigene Gesellschaften aus1938. Den Verstoß gegen dieses Versprechen kann auch ein Händler geltend machen, dem nicht im eigenen Vertriebsgebiet, aber in dessen unmittelbarer Nachbarschaft (hier: 20–30 Autominuten) als Konkurrent entgegengetreten wird1939. Der BGH entschied im Opel-Blitz-Urteil1940, von einem Unternehmer, der der überwiegenden Zahl seiner Vertragshändler die Fortsetzung des Vertrages angeboten habe und lediglich einem oder wenigen den Abschluss verweigere, dürften letztgenannte nach § 20 Abs. 2 GWB Vertragsschluss fordern, weil sie in dem fraglichen Markt „Geschäftsverkehr mit dem Unternehmer“ gegenüber anderen Händlern, denen der Vertragsschluss offen stehe, diskriminiert würden. Dies gilt auch im HV-Recht. Voraussetzung ist aber, dass der Vertriebsmittler seinen Geschäftsbetrieb so stark auf die Produkte des Herstellers ausgerichtet hat, dass er nur unter Inkaufnahme erheblicher Wettbewerbsnachteile zur Vertretung eines anderen Herstellers wechseln könne. Möglicherweise ist daran auch zu denken, sofern der vom Mittler aufgebaute Kundenstamm auf die zuvor vertriebenen Produkte fixiert ist. Kündigt der Hersteller allen Vertriebsmittlern im Wege der Strukturkündigung, fehlt es an einer Ungleichbehandlung1941. Eine Ungleichbehandlung darf nicht unbillig sein. Ob sie ausscheidet, wenn eine GVO 274 die inkriminierte Bestimmung freistellt, hat der BGH offen gelassen1942. Jedenfalls sei die Wertung des Gemeinschaftsrechts in die Abwägung nach § 20 Abs. 1 GWB einzubeziehen1943. Ordnet ein Kfz-Hersteller sein Vertriebsnetz neu und einigt er sich mit der Interessen- 275 vertretung der Händler auf einen für die ausscheidenden Händler als angemessen anzusehenden Ausgleichsanspruch analog § 89b, muss der Hersteller einen ausscheidenden Händler auch dann gleichbehandeln, wenn dieser mit der Beendigung des Vertragshändlervertrages nicht einverstanden war1944. Der Hersteller dürfe von seiner gleichmäßigen Übung gegenüber früheren Vertragshändlern nicht willkürlich abweichen, weil dies gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB verstoße und einen Schadenersatzanspruch gemäß § 33 GWB auslöse, der nach § 249 BGB im Ergebnis zur Gleichbehandlungspflicht führt. Im Einzelnen: bb) Zu § 20 Abs. 1 GWB (1) Gleichartigen Unternehmern zugängiger Geschäftsverkehr. Die Behinderung oder 276 Ungleichbehandlung muss sich auf einen Geschäftsverkehr beziehen, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. In diesem TB-Merkmal kommt das Prinzip 1938

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1940 1941

OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. WuW BGH 2491. AA mglw. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834.

1942

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BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209) = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209) = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.01.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRURRR 2008, 324; OLG München, Urt.v. 8.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner. OLG Celle, Urt. v. 29.03.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864, 866 = 2002, 504.

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der Gleichbehandlung zum Ausdruck1945. Dabei muss die wirtschaftliche Funktion der zu vergleichenden Unternehmen im Wesentlichen übereinstimmen. Im Allgemeinen sind Unternehmen gleichartig, welche auf derselben Wirtschaftsstufe, etwa als Vertriebsmittler, stehen1946. Die qualitative Einschränkung bei der Auswahl der Vertriebsmittler schließt die übliche Zugänglichkeit nicht aus1947.

277

(2) Maßgeblicher Markt. In seiner Rolex-Entscheidung hat das OLG Düsseldorf 1948 als für die Beherrschung relevanten Markt den Angebotsmarkt betreffend den Bezug hochwertiger Luxusuhren durch den Facheinzelhandel angesehen. Der in geografischer Hinsicht relevante Markt sei nach Maßgabe der räumlich gegebenen tatsächlichen Austauschmöglichkeiten aus der Sicht der nachfragenden Einzelhändler zu bestimmen. Kann der Mittler wegen dort bestehender Vertriebsbindungen nicht auf andere Gebiete ausweichen, ist sein Vertriebsgebiet der räumlich relevante Markt1949. Bei höherwertigen Verbrauchsgütern, wie Luxusuhren, sei die Kundennachfrage im Allgemeinen nicht regional oder örtlich gebunden, sondern entfalte eine hohe Mobilität. Dementsprechend sei eine das Gebiet Deutschlands unterschreitende Marktabgrenzung nicht geboten. Die Marktabgrenzung ist Sache des Tatrichters, da sie wesentlich von seinen tatsächlichen Gegebenheiten abhängt. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, ob er alle für die Abgrenzung wesentlichen Umstände hinreichend in Betracht gezogen hat und ob seine Entscheidung im Einklang mit den Gesetzen und einschlägigen Erfahrungssätzen steht1950.

278

(3) Ermessen des Unternehmers bei der Gestaltung des Vertriebssystems. Der Unternehmer ist durch § 20 Abs. 1 GWB grundsätzlich nicht daran gehindert, sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für richtig und wirtschaftlich sinnvoll hält1951. Er muss dabei aber nach sachlichen Gesichtspunkten vorgehen und das System konsequent und nicht willkürlich durchführen. Die Freiheit zur Ausgestaltung des Absatzsystems beinhaltet auch die Freiheit zu seiner Umgestaltung, jedenfalls sofern 1945 1946 1947

1948 1949 1950 1951

Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 60. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 61. BGH, Urt. v. 04.11.2003 – KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203 (1204) – Depotkosmetik im Internet; OLG Celle, Urt. v. 22.07.2000 – 13 U 137/98 (Kart), WuW/E DE-R 581 – VAG-Vertrieb; OLG München v. 23.05.1996, U (K) 1951/95, WuW/E OLG 5659 – Versand-Parfümerie – OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.09.1995 – 6 U 102/95, WuW/E OLG 5652; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 65. Urt. v. 29.10.2003 – XI-U (Kart) 30/00, WuW DE-R 1480. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196. BGH, Urt. v. 24.09.2002, KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051/1053 – Vorleistungspflicht; v. 27.04.1999, KZR 35/97,

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WuW/E DE-R 357 – Feuerwehrgeräte; BGH v. 17.03.1998, KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel; BGH v. 25.10.1998, KVR 1/87, WuW/E BGH 2535/2540 – Lüsterbehangsteine; v. 24.03.1981, KZR 2/80, WuW/E BGH 1793/1797 – SB-Verbrauchermarkt; v. 08.05.1979, KZR 13/78, 1587/1590 – Modellbauartikel I; BGH v. 10.10.1978, KZR 10/77, WuW/E BGH 1527/1530 – Zeitschriften-Grossisten; v. 30.09.1971, KZR 13/70, WuW/E BGH 1215 – Kraftwagen-Leasing; v. 27.09.1962, KZR 6/61, WuW/E BGH 502/508 – Treuhandbüro; OLG Stuttgart v. 16.06.2003, 2 U 144/02, WuW/E DE-R 1191/1195 – TelefonbuchInserate; OLG Düsseldorf v. 19.03.2003, U (Kart) 20/02, WuW/E DE-R 1184/1186 – InfraCard-Tarif; OLG Hamburg v. 19.06. 2002 – 5 U 28/02, WuW/E DE-R 1076/1080 – Online-Ticketshop; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 89.

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sachliche Gründe (etwa: Rationalisierung, die Ertragssituation, Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung oder gesteigerter Wettbewerbsdruck) dafür sprechen1952. Eine solche Umstellung rechtfertigt auch den Abbruch bestehender Lieferbeziehungen1953. Allerdings kann es erforderlich sein, den bisher belieferten Abnehmern eine angemessene Umstellungsfrist einzuräumen1954. Dabei ist die konkrete Marktstärke des Normadressaten zu berücksichtigen. Je größer die Marktmacht des Normadressaten, desto höher das Maß an Rücksichtnahme, welches von ihm verlangt werden muss1955. Die Gestaltungsfreiheit bezieht sich namentlich auf die unternehmerische Grundent- 279 scheidung, ob ein Hersteller sich eines unternehmenseigenen Absatzsystems oder eines Systems fremder Absatzmittler bedienen will1956. Zulässig ist auch der Ausschluss von Marktstufen im Absatzsystem. § 20 Abs. 1 GWB steht dem Direktvertrieb an Einzelhändler unter Ausschaltung des Großhandels oder unmittelbaren Endverbrauchers nicht entgegen1957. Der Unternehmer ist weder nach HV-Recht noch nach Kartellrecht, auch nicht nach § 20 Abs. 1 GWB, daran gehindert, sich einen besonderen Vertriebsweg, etwa den Internetvertrieb, gegenüber seinen HV selbst vorzubehalten1958. Zu Eigenhändlern siehe Rn 151. Entscheidet sich ein Unternehmen für ein unternehmenseigenes Absatzsystem, so besteht grundsätzlich kein Anspruch unternehmensfremder Händler auf Belieferung1959. Werden unternehmensfremde Absatzmittler in das Absatzsystem eingeschaltet, so entsteht eine grundsätzliche Pflicht, gleichartige Unternehmen bei der Belieferung gleich zu behandeln. Eine Auswahl ist nur unter sachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt1960. Der Normadressat ist aber kartellrechtlich nicht verpflichtet, seinen Vertragspartner vor Wettbewerb zu schützen, um ihm die Existenz oder ein auskömmliches Einkommen zu sichern. Eine solche Pflicht kann sich nur aus der Treubindung ergeben. Die Zielsetzung des Kartellrechts verbietet es, bestehende Wettbewerbsstrukturen dauerhaft festzuschreiben1961. (4) Alleinbezugsverpflichtung. Die für eine 5jährige Vertragslaufzeit vereinbarte Allein- 280 bezugsverpflichtung eines Mittlers – dort eines Franchisenehmers – stellt auch dann keine unbillige Wettbewerbsbehinderung i.S.v. § 20 Abs. 1 GWB dar, wenn sie das gesamte Warensortiment umfasst und dazu dient, die Einheitlichkeit eines Franchisesystems und seiner Qualitätsstandards zu sichern. Das folgt aus Art. 4 lit. a Schirm-GVO 330/10, auf 1952

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BGH, Urt. v. 10.11.1998, KZR 6/97, WuW/E DE-R 220 – U-Bahn-Buchhandlung; v. 17.03.1998, KZR 20/96, WuW/E DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel. BGH v. 17.03.1998, KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel; v. 10.02. 1987, KZR 6/86, WuW/E BGH 2360 – Freundschaftswerbung; v. 08.03.1983, KZR 1/82, WuW/E BGH 1995/1996 – Modellbauartikel III; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 89. BGH, Urt. v. 12.02.1980, KRB 4/79, WuW/E BGH 1729/1730 – Ölbrenner. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 89. BGH, Urt. v. 24.09.2002, KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051/1083 – Vorleistungspflicht.

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Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 90. BGH, Urt. v. 04.03.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376, 1379 = WM 2008, 1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 90. BGH, Urt. v. 24.09.2002, KZR 28/99, WuW/E DE-R 1051/1053 – Vorleistungspflicht; Loewenheim in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 90. OLG Frankfurt, Urt. v. 11.05.2004, 11 U (Kart) 27/03, GRUR-RR 2004, 276, 277 – Autobahn-Raststätte; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 91.

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die im Rahmen der Billigkeitsprüfung zurückgegriffen werden kann. Der Franchisegeber, der seinen Franchisenehmer als Großhändler mit der Vertragsware beliefert und diesem nicht sämtliche Einkaufsvorteile weitergibt, erfüllt nicht den TB einer unbilligen Behinderung iSv § 20 Abs. 1 GWB. Auch die Kombination einer 100 %-igen Bezugsbindung mit der Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile stellt nicht per se eine unbillige Behinderung des Franchisenehmers dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Franchisegeber seinen Franchisenehmer als Großhändler mit der Vertragsware beliefert und für diese Großhandelstätigkeit einen Teil der Einkaufsvorteile einbehalten darf1962 (Rn 417 ff). Sollte die Laufzeit der Alleinbezugsverpflichtung 5 Jahre übersteigen, kann ein Verstoß (nach Art. 101 AEUV) vorliegen und der Mittler einen Anspruch auf Vertragsänderung geltend machen1963. Ein Verstoß liegt insb. vor, falls die Alleinbezugsvereinbarung nicht erforderlich ist, um das Erhalt oder Funktionieren des Franchisesystems zu sichern1964.

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(5) Verkaufsanreize. Marktbeherrschende Unternehmen dürfen Mitarbeitern von Vertriebsmittlern grundsätzlich keine Anreize für den Verkauf der Produkte des Marktbeherrschers gewähren. Verkaufsanreize sind nur insoweit zulässig, als sie durch Kostenvorteile oder andere wirtschaftliche Gründe objektiv gerechtfertigt sind und auf transparenten Bedingungen beruhen. Anreize für nicht exklusive Händler sind ab einer Größenordnung von 15 EUR (Daumenregel des Jahres 2005) nicht den beim Vertriebsmittler tätigen Verkaufsangestellten, sondern dem Mittler zu gewähren. Von der Veranstaltung von Verkaufswettbewerben sollte abgesehen werden. Anreize für nicht exklusive Absatzmittler dürfen nicht dazu führen, dass der Mittler seinen Kunden das betreffende Produkt ohne Beachtung objektiver Kriterien und ausschließlich wegen der Prämie empfiehlt1965.

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cc) Zu § 20 Abs. 2 GWB. § 20 Abs. 2 GWB wird vor allem in Vertragshändlerverträgen regelmäßig anwendbar sein1966. Die relative Marktmacht muss hier im Vertikalverhältnis zwischen verschiedenen Marktstufen vorliegen. Sie ist aus der Sicht desjenigen Unternehmens zu bestimmen, dessen Abhängigkeit geprüft werden soll1967. Vertriebsvertragstypisch ist die unternehmensbedingte Abhängigkeit. Sie liegt vor, wenn sich ein Abnehmer aufgrund längerer, regelmäßig vertraglich abgesicherter Lieferbeziehung auf einen Händler festgelegt hat1968. Hauptbeispiel sind Vertriebsmittler1969. Die Abhängig1962

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BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.01.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRURRR 2008, 324; Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; hierzu etwa Flohr BB 2009, 2159 ff. Damit hob der BGH den „Praktiker-Beschluss“ (v. 08.05.2006 – B 9 –149/04, ZIP 2006,1007) des BKartAauf. OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.04.2007 – VI-U kart 13/06; hierzu Flohr BB 2009, 2159 (2161). Flohr BB 2009, 2159 (2161 f). Lorenz WRP 2005, 992 ff; zu diesem Thema auch Heermann WRP 2006, 8 ff. Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 943. BGH, Urt. v. 12.11.2002 – KZR 11/01, WuW/E DE-R 1087, 1091; Urt. v. 24.09. 2002 – KZR 34/01, WuW/E DE-R 1011,

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1012; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 23. Siehe OLG Frankfurt, Urt. v. 08.06.1978 – 6 U (Kart.) 132/77, WuW-E OLG 1998, 1999; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 41. Vgl. BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 6/09, BB 2011, 1361 m. Anm. Schultze/Oest (Zulassungsanspruch einer Kfz-Werkstatt), dort abgelehnt; Urt. v. 01.07.1976 – KZR 34/75, WuW-E BGH 1455 – BMW-Direkthändler; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.03.1979 – 2 W (Kart) 8/79, WuW/E OLG 2103 – Porsche-Vertragshändler; OLG Düsseldorf v. 16.10.1979 – U (Kart) 7/79, WuW/E OLG 2133 – Premiumbier; KG, Urt. v. 28.11.1979 – (Kart) 12/79, WuW-E OLG 2247 – Parallellieferteile; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 41.

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keit ergibt sich vor allem daraus, dass der Kundenstamm des Mittlers nicht ohne weiteres auf eine andere Marke umgestellt werden kann1970, da der Mittler einen bedeutenden Teil seines Betriebskapitals durch die auf die Marke spezialisierten Ersatzteile, Spezialwerkzeuge und Spezialmaschinen gebunden hat und die Umstellung auf neue Einrichtungen dieser Art eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen würde. Der Wechsel zu einer anderen Marke stellt häufig keine ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeit dar1971. Bei einer sortimentsbedingten Abhängigkeit kommt es darauf an, welche Bezugsalternativen für jenes Unternehmen bestehen (etwa Tätigkeit für andere Marken1972), bei einer nachfragebedingten Abhängigkeit darauf, welche Absatzalternativen das Unternehmen hat. Die Merkmale der sortimentsbedingten Abhängigkeit, nämlich Spitzenstellungsabhängigkeit1973 und Spitzengruppenabhängigkeit1974 ergeben sich nicht aus dem Vertriebsvertrag sondern aus der Art der vertriebenen Produkte. Eine Spitzenstellungsabhängigkeit liegt vor, falls der Hersteller auf Grund der Qualität und Exklusivität seiner Produkte ein solches Ansehen und eine solche Bedeutung besitzt, dass der Repräsentant darauf angewiesen ist, gerade diese Ware anzubieten1975. Ein hoher Marktanteil spricht für eine solche Abhängigkeit1976, nicht jedoch ein solcher von 4–5 % bei Umsatzzuwächsen von 20 % und einem Anteil der fraglichen Produkte am Gesamtumsatz von 1 %1977. Wenn trotz hoher Distributionsrate (80 % der Händler führten die Produkte des Herstellers) 20 % der Händler ohne jene Ware auskommen, spricht dies gegen eine Spitzenstellungsabhängigkeit1978. Das OLG Düsseldorf 1979 verneinte im Einklang mit der Rspr. des BGH1980 einen aus Art. 101 AEUV i.V.m. §§ 823 Abs. 2, 249 BGB hergeleiteten Belieferungsanspruch gegen den Hersteller von „Rolex-Uhren“ wegen einer „Spitzenstellungsabhängigkeit“ eines Händlers von diesen Uhren. Es könne aber Schadenersatz in Gestalt einer Belieferungsverpflichtung aus § 20 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 33 S. 1 GWB und § 249 BGB geschuldet sein, wenn ein marktbeherrschendes oder jedenfalls marktstarkes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, einem anderen, insbes. einem von ihm abhängigen Unternehmen, Geschäftsbeziehungen ohne einen sachlich gerechtfertigten Grund oder in einer unbillig behindernden Weise verweigert. Ob eine unbillige Behinderung oder eine sachlich ungerechtfertigte ungleiche Behandlung erfolgt, ist auch hier anhand einer Abwägung der individuellen Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs 1970

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OLG Stuttgart, Urt. v. 23.03.1979 – 2 W (Kart) 8/79, WuW/E OLG 2103-PorscheVertragshändler; OLG Düsseldorf v. 16.10.1979 U (Kart) 7/79, WuW/E OLG 2133 – Premiumbier; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 41. AA nach den Verhältnissen im Werkstattbereich von Nutzfahrzeugen BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 6/09, BB 2011, 1361 m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09 (Zulassungsanspruch einer Kfz-Werkstatt). BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 6/09, BB 2011, 1361 m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09 Rn 27 (Zulassungsanspruch einer KfzWerkstatt). Hierzu BGH, Urt. v. 09.05.2000 – KRZ 28/98, GRUR 2000, 1108 (1109). Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 34.

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LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082) – „JPG Le Male“. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082) – „JPG Le Male“. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082/3083) – „JPG Le Male“. BGH, Urt. v. 09.05.2000 – KZR 28/98, NJW-RR 2000, 1286 (Leitsatz dort unrichtig wiedergegeben). OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2003, VI-U (Kart) 30/00, WuW 2005, 244 = DE-R 1480. BGH, Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/95, BB 1998, 2332 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485.

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gerichteten Zielsetzung des GWB einschließlich der Wertung des europäischen Kartellrechts zu ermitteln. Im entschiedenen Fall fehlte eine Belieferungspflicht wegen des geringen Distributionsgrades (von 10.000 Uhren- und Schmuckfachgeschäften führten lediglich 140 Rolex-Uhren) und der mangelnden Erwartung der beteiligten Verkehrskreise, die Fachgeschäfte müssten diese Uhren führen. Bei einer Ware, die nicht über ein selektives Vertriebssystem abgesetzt wird, geht eine Spitzengruppenabhängigkeit im Allgemeinen mit einer hohen Distributionsrate einher1981. Eine Spitzengruppenabhängigkeit liegt vor, wenn der Händler zwar nicht einen bestimmten, aber mehrere allgemein anerkannte Marken aus einer Spitzengruppe im Sortiment führen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben1982. Die hohe Präsenz der Produkte (Distributionsrate von 80 %) dokumentiert, dass sie von den meisten Fachhändlern als unverzichtbarer Bestandteil eines entsprechenden Sortiments angesehen werden und eine Spitzengruppenabhängigkeit vorliegt1983, nicht aber bei einer Distributionsrate von 64 %1984. Nur in besonders gelagerten Fällen kann eine Distributionsrate von 5–10 % genügen1985. Ein Anspruch auf ein Vollsortiment besteht nicht ohne Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen1986. Der Begriff der Abhängigkeit wird durch das Fehlen ausreichender und zumutbarer 283 Ausweichmöglichkeiten definiert1987. Auch das eigene Verhalten des abhängigen Unternehmens ist zu berücksichtigen, etwa wenn das Unternehmen in zurechenbarer Weise seinen Betrieb einseitig auf die Geschäftsbeziehung mit einem anderen Unternehmen ausgerichtet hat (selbstverschuldete Abhängigkeit)1988. Bei einem Verschulden können dem abhängigen Unternehmen größere Opfer und Risiken zugemutet werden, als einem Unternehmen, welches ohne eigenes Zutun in Abhängigkeit geraten ist1989. Die Zurechnung zu Lasten des abhängigen Unternehmens darf jedoch nicht erfolgen, wenn die einseitige Ausrichtung der Geschäftsbeziehungen marktüblich ist oder vom Geschäftspartner verlangt wurde1990 (Beispiel: Ausrichtung auf die CI des Unternehmers). Die Erhöhung des Werksabgabepreises von Kfz gegenüber den Vertragshändlern stellt 284 keine unbillige Behinderung i.S.d. § 20 Abs. 1, 2 GWB dar, weil Händler Fahrzeuge an Kunden wegen der jenen gewährten Rabatte regelmäßig unterhalb der UPE des Herstellers verkaufen und die Erhöhung des Werksabgabepreises kompensieren können, indem sie ihren Kunden geringere Rabatte gewähren1991. Allerdings darf ein vereinbarter Rabatt nicht einseitig geändert werden.

285

dd) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot. Gegen einen Verstoß nach § 20 Abs. 1 GWB kann die Kartellbehörde im Unter1981 1982

1983 1984

1985

BGH, Urt. v. 09.05.2000 – KZR 28/98, NJW-RR 2000, 1286. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082) – „JPG Le Male“. BGH, Urt. v. 09.05.2000 – KZR 28/98, NJW-RR 2000, 1286. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3083) – „JPG Le Male“. BGH, Urt. 24.09.1979 – KZR 16/78, WuW/E BGH 1671 = WuW 1980, 415; KZR 20/78, WuW/E BGH 1629 = WuW 1980, 127; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3083) – „JPG Le Male“.

192

1986

1987 1988 1989 1990 1991

LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3083) – „JPG Le Male“. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 24. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 35. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 35. Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 35. OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1261).

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sagungsverfahren vorgehen. Sie kann ferner ein Bußgeldverfahren nach §§ 81 ff GWB einleiten. Ebenso besteht die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch die Kartellbehörde gem. § 34 GWB. Nach §§ 33 GWB können zivilrechtliche Unterlassungs-, Schadenersatz- und Beseitigungsansprüche geltend gemacht werden, und zwar sowohl von den Betroffenen als auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Denkbar ist ein Schadenersatzanspruch gemäß §§ 33, 20 GWB, gerichtet auf Rücknahme einer Kündigung bzw. auf Wiedereingliederung in das Absatzsystem der Beklagten1992. Aus § 33 Abs. 1 GWB i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB kann sich auch ein Anspruch auf Vertragsschluss, insbesondere auf Belieferung oder Aufnahme ergeben1993. Die Rspr. gewährt diesen Anspruch in der Regel als Schadenersatzanspruch. Dafür ist das Verschulden des Normadressaten Voraussetzung, welches aber bereits dann anzunehmen ist, wenn er erkennen konnte, dass keine Gründe zur Abschlussverweigerung vorlagen. Ein Abschlusszwang kann sich aber auch aus dem Unterlassungsanspruch ergeben, der ein Verschulden nicht voraussetzt1994. Gemäß § 134 GWB sind Vertragsbestimmungen nichtig, die Dritte beim Marktzugang unbillig behindern. Dagegen sind Rechtsgeschäfte, durch die die Marktpartner unterschiedlich behandelt werden, grundsätzlich nicht nichtig, da die Gleichbehandlung in der Regel durch entsprechende Abänderung der Vereinbarung möglich ist und die dem Beeinträchtigtem zur Verfügung stehenden Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche meist zur Durchsetzung seiner Interessen ausreichen1995. ee) Kontrahierungs- und Belieferungsanspruch aus § 20 GWB. (1) Einleitung. Unterliegt der Hersteller gemäß § 20 GWB einem Kontrahierungs- 286 zwang, so ist er zum Abschluss des Vertriebsvertrages und zur Belieferung verpflichtet. Bei bestehendem Vertrag darf der Unternehmer die Annahme von Aufträgen nicht ohne sachlichen Grund ablehnen1996. Betreibt der Unternehmer ein Vertragshändler- oder Vertragswerkstättennetz, soll aber ein außerhalb des Vertriebssystems stehender Dritter von dem Unternehmer nicht unternehmensbedingt abhängig i.S.d. § 20 GWB sein1997. Der Hersteller sei nicht grds. verpflichtet, mit einem (oder gar mit jedem) Bewerber in ein Vertragshändlerverhältnis einzutreten1998. Auch eine sortimentsbedingte Abhängigkeit fehlt regelmäßig1999. Besteht dennnoch ein Kontrahierungszwang nach § 20 GWB, gilt er zugunsten aller Vertriebsmittler, gleich ob HV2000, Vertragshändler oder Franchisenehmer. Besteht ein Kontrahierungszwang, darf der Unternehmer den Vertrag zudem nur bei 1992

1993

1994

OLG Celle, Urt. v. 22.06.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581, 2001, 65 = OLGR Celle 2001, 126 (im dortigen Fall abgelehnt). BGH, Urt. v. 24.06.2003 – KZR 32/01, WuW/E DE-R 1144, 1146 – Schülertransporte; BGH, Urt. v. 24.09.1979, KZR 20/78, WuW/E BGH 1629, 1630 – Modellbauartikel II; Urt. v. 08.05.1979 – KZR 13/78, 1587 (1588) – Modellbauartikel I, Urt. v. 20.11.1975, KZR 1/75, WuW/E BGH 1391 – Rossignol; Loewenheim in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, § 20 Rn 107. OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.03.1980 – 6 U 223/77, WuW/E OLG 2217; AG v. 12.10. 1979 – (Kart) U 540/79, WuW/E OLG 2210; OLG Karlsruhe v. 08.11.1978 – 6 U 192/77, WuW/E OLG 2085 (2091); offen

gelassen in BGH v. 08.05.1979 – KZR 13/78, 1587. 1995 BGH, Urt. v. 24.06.2003, KZR 32/01, WuW/E DE-R 1144 (1145) – Schülertransporte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.03.2003, U (Kart) 20/02, WuW/E DE-R 1184; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, § 20 Rn 105. 1996 OLG Brandenburg, Urt. v. 31.03.2099 – Kart U 4/08, WuW DE-R 2824 – Lotteriegesellschaft. 1997 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09. 1998 BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263). 1999 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09. 2000 Zum Versicherungsvertrieb etwa Stancke VersR 2009, 1168 (1177).

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Vorliegen wichtiger Gründe außerordentlich kündigen2001. Die ordentliche Kündigung eines einzelnen oder eines Teils der Vertriebsmittler ist regelmäßig ausgeschlossen2002 (Verbot der Ungleichbehandlung). Möglich bleibt die Strukturkündigung aller Vertriebsmittler, sofern deren TB-Merkmale vorliegen2003. Dann mangelt es an einer Ungleichbehandlung2004. Insbes. darf das Vertragsverhältnis nicht aus Gründen beendet werden, aus denen der Abschluss eines Vertrages nicht verweigert werden kann2005. Das Nichterreichen vereinbarter Verkaufs- und Absatzziele soll nach Ansicht von Nolte eine Kündigung rechtfertigen2006. Teilweise wird vertreten, in einem selektiven Vertriebssystem, welches sich allein auf qualitative Kriterien stützt, solle der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung gegenüber Händlern, die alle selektiven Kriterien erfüllen, aber keinen wichtigen Grund zur Kündigung gesetzt hätten, nicht wirksam erfolgen dürfen. Entweder sei die Kündigung unwirksam oder der Händler habe Anspruch auf Abschluss eines identischen Neuvertrags2007. Diese Ansicht ist, wie insbesondere die Rolex-Entscheidung des OLG Düsseldorf 2008 sowie die Vertragswerkstätten-Entscheidungen des BGH2009 dokumentiert, im allgemeinen Vertriebsrecht (zum Sonderfall des Werkstattvertrages s.u.) nicht die Auffassung der Rechtsprechung. Man wird also nicht generell sagen können, dass eine ordentliche Kündigung in einem selektiven Vertriebssystem ausgeschlossen ist. Jedoch kann der Mittler Neuaufnahme fordern, falls andere Händler, die wie er die Selektionskriterien erfüllen, aufgenommen wurden. Besteht ein Kontrahierungszwang, darf der Neuabschluss nur verweigert werden, wenn 287 Gründe vorliegen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen. Teilweise wird jeder sachliche Grund als ausreichend angesehen2010. Aber das entwertet den Kontrahierungszwang und führt zu einem Auseinanderfallen von Vertragsverweigerungs- und Kündigungsgründen. Angesichts des Kontrahierungszwanges darf nur demjenigen die Aufnahme verwehrt werden, dem bei Annahme eines gedachten Dauerschuldverhältnisses außerordentlich gekündigt werden könnte2011. Die Frage des Wiederauflebens des Aufnahmeanspruchs nach berechtigter Kündigung und anschließender „Abkühlungsphase“ ist mit Hilfe einer Beweislastumkehr zu lösen. Der eine Wiederaufnahme begehrende Anspruchssteller soll nachweisen müssen, dass künftiges Fehlverhalten ausscheidet2012. Daran mag man wegen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses (Regel: Kontrahierungszwang) zweifeln.

288

(2) Aufnahme als Vertragswerkstatt in das Werkstattnetz des Unternehmers. Ein Seitenstück des Kontrahierungszwanges bildet der Streit um das Recht einer Werkstatt, als 2001

Siehe BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v.; Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (622). 2002 AA Nolte WRP 2005, 1124 (1128). 2003 Vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). 2004 AA mglw. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. 2005 Nolte WRP 2005, 1124 (1129). 2006 Nolte WRP 2005, 1124 (1128); aA Frage 9 des Fragenkatalogs im Leitfaden zur GVO 1400/02. Nolte, a.a.O., rügt insoweit fehlende Regelungskompetenz der EU-Kommission und Mangel der Rechtsqualität des

194

Fragenkatalogs. Der Entscheidung BGH, Urt. v. 22.02.2005 – KZR 28/03, NJW 2005, 1660 dürfte sich aber ein Verbot der außerordentlichen Kündigung bei mangelnder Zielerreichung entnehmen lassen. 2007 Creutzig BB 2002, 2133 (2147); Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (396). 2008 Urt. v. 29.10.2003, WuW 2005, 244. 2009 BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = EWiR 2006, 273 (Emde). 2010 Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (397); vgl. Nolte WRP 2005, 1129. 2011 Vgl. ansatzweise Nolte WRP 2005, 1129. 2012 Nolte WRP 2005, 1124 (1130); Bechtold NJW 2003, 3729 (3734).

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zugelassene Vertragswerkstatt in das Werkstattnetz des Unternehmers aufgenommen zu werden. In der Sache gibt es hier nur wenig Abweichungen zum Aufnahmeanspruch in anderen Bereichen des Vertriebsrechts, nur mehr Literatur. Auch ein Werkstattvertrag enthält vertriebsrechtliche Elemente, nämlich hinsichtlich des Vertriebs von Ersatzteilen und Werkstattleistungen2013. Nach bis zu den Entscheidungen des BGH v. 30.03.20112014 h.M. durften Kfz-Hersteller Betrieben, die autorisierte Werkstatt des Vertriebsnetzes des Herstellers werden wollen, den Abschluss eines Werkstattvertrages nur aus Gründen verweigern, die in der Qualität der Werkstatt begründet waren2015. Es wurde vertreten, wegen Überschreitens des Marktanteils von 30 % gem. Art. 3 Abs. 1 GVO 1400/02 sei im Werkstattbereich (Schwellenwert) durch alle Hersteller eine Begrenzung der Zahl der Werkstätten (sog. „quantitative Selektion“) nicht nur kartellrechtlich sondern auch zivilrechtlich unzulässig2016; der Kontrahierungszwang bestehe auch unter der neuen GVO 461/10, wohl unabhängig vom Marktanteil2017. Das Verbot der quantitativen Selektion erfasse auch mittelbare Quantifizierungsvorgaben, etwa verbindliche Mindestumsatzzahlen2018. Oberhalb dieser Marktanteilschwelle im relevanten Markt – sie wird im Ersatzteil- und Service-Markt regelmäßig überschritten2019 – sei nur ein qualitativ-selektives System zulässig (Art. 3 Abs. 1 GVO 1400/02)2020. Aus Art. 101 AEUV i.V.m. der GVO 1400/02 folgt kein Kontrahierungszwang des 289 Kfz-Herstellers zum Abschluss eines Werkstattvertrages, sondern bei einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV lediglich das Entfallen der Freistellung2021. Ebenso wenig folgt der Kontrahierungszwang aus der Verpflichtung, sämtlichen Beteiligten Zugang zu den für Instandsetzung und Wartung erforderlichen Informationen zu geben2022. Ein Aufnahmeanspruch kann nur aus § 20 GWB hergeleitet werden. Nach bis 2011 h.M. waren KfzHersteller nicht nur im Verhältnis zu ihren Vertragshändlern und -werkstätten (dies gilt weiter) sondern auch im Verhältnis zu den Bewerbern um Vertragshändlerverträge und Vertragswerkstättenverträgen jedenfalls marktstarke Unternehmen i.S.d. § 20 Abs. 2 GWB, von denen diese als kleine oder mittlere Unternehmen unternehmensbedingt

2013

Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202). BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 6/09, BB 2011, 1361 m. Anm. Schultze/Oest; 7/09; Anmerkung zu beiden Urt. von Bechtold BB 2011, 1610. 2015 Niebling WRP 2010, 1454 (1458). 2016 Niebling WRP 2010, 1454 (1458). 2017 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 44, 70; Wagner BB 2010, 1867 (1872). 2018 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 44. 2019 OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/ Spenner; Ensthaler WuW 2002, 1042 (1050) (bei komplexen Reparaturen regelmäßig über 50 %); Wendel WRP 2002, 1395 (1408); Niebling WRP 2003, 609 (610/611); zur Marktanteilsabgrenzung WegnerBB 2010, 1803 (1804 f). Gegen eine Einbeziehung der Garantieleistungen in die Marktabgrenzung Wegner BB 2010, 1803 (1805). 2020 BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109, 111 = GRUR Int. 2006, 2014

57 = EWiR 2006, 273 (Emde); Frage 72 des Leitfadens zur GVO 1400/02; Reufels/ Laufen WuW 2004, 392 (393); Creutzig EuZW 2002, 560 (562); Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 571: Reimann Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung 2004 Rn 113. 2021 BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; Nolte WRP 2005, 1124; aA Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung für den KfzSektor, Rn 1503; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (622); BB 2005, 1749 (1757). 2022 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336 (1337).

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abhängig seien2023. Aus § 20 GWB ergebe sich in einem qualitativ-selektiven Werkstattsystem daher ein einklagbarer Kontrahierungsanspruch auf Abschluss eines Werkstattvertrages2024. Außerhalb der genannten Marktanteilsschwelle von 30 % schreibe die Kfz-GVO keinen Kontrahierungszwang vor, welcher die Hersteller verpflichten würde, jeden interessierten Abnehmer zu beliefern2025. Zunächst schien es so, als billige der BGH diese h.M. Er verneinte 20052026 nach den Besonderheiten des Einzelfalls einen Aufnahmeanspruch aus § 20 GWB wegen einer sachlich gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Aufnahme begehrenden Werkstatt: Nutze der Hersteller ein Vertriebssystem, in welchem er nur eine begrenzte Anzahl an Werkstätten zulasse, werde ein Bewerber nicht ungleich behandelt und es fehle ein Aufnahmeanspruch aus der 2. Alt. des § 20 GWB. Der Kfz-Hersteller praktizierte hier bis zum Ablauf einer kartellrechtlichen Übergangsfrist ein quantitativ-selektives System, welches exklusiv an bestimmte Werkstätten vergebene Gebiete vorsah. Selbst wenn dieses System kartellrechtlich unzulässig sein sollte, ergab sich nach Ansicht des BGH keine die Aufnahme rechtfertigende Ungleichbehandlung i.S.d. § 20 GWB, weil die Werkstattverträge dann (insgesamt) kartellrechtlich nichtig seien und gleichfalls keine den Aufnahmeanspruch rechtfertigende Ungleichbehandlung eintrete. Erst mit der Einführung eines (rechtmäßigen) qualitativselektiven Systems sei der Hersteller verpflichtet gewesen, die Vertragswerkstatt zuzulassen. Zwar gestatte die GVO 1400/02 den Kfz-Herstellern für den Werkstatt- und Ersatzteilbereich nur noch eine qualitative und keine quantitative Selektion. Zivilrechtlich durchsetzbare Verhaltenspflichten des Herstellers ließen sich jedoch aus der GVO nicht herleiten. Der Hersteller bleibe auch nicht zur Vermeidung einer nach § 20 Abs. 1 GWB untersagten unbilligen Behinderung (1. Alt. des § 20 GWB) verpflichtet, die Werkstatt zuzulassen. Für die Prüfung dieses TB-Merkmals sei eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes vorzunehmen. Dabei falle auf Seiten des Werkstattanwärters sein

2023

BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109, 111 = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); hierzu Niebling WRP 2006, 1334; zuvor bereits BGH, Urt. v. 23.02.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491, 2493 – Opel-Blitz; Beschl. v. 19.01.1993 – KZR 25/91, WuW/E 2875, 2878 ff – Herstellerleasing; Urt. v. 21.02. 1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983 (2988) – Kfz-Vertragshändler; OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner (Nutzfahrzeuge); Creutzig BB 2002, 2133 (2144); Niebling WRP 2003, 609 (610). 2024 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 70; Frage 72 des Leitfadens der EU-Kommission zur KfzGVO 1400/02; BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/ Spenner; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; Urt. v. 24.04.2008 – 86 O 8/08; OLG

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Braunschweig v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10; Niebling WRP 2010, 1454 (1458); Niebling WRP 2010, 81 (82, 85); – zur Rechtslage unter der Kfz-GVO 461/10; Creutzig BB 2002, 2133 (2144); Niebling JR 2009, 393; Niebling WRP 2007, 1426 (1427); Niebling WRP 2003, 609 (610); Bauer/de Bronett Die EU-GruppenfreistellungsVO für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen 2001 Rn 17; Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 571; Reimann Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung 2004, Rn 113; zweifelnd Roniger/Hermertsberger Kfz-Vertrieb neu, Wien 2003, Art. I Rn 42; kritisch Wegner BB 2010, 1867 (1872), die darauf hinweist, der Hersteller sei nicht mehr Herr über Struktur und Dichte seines Werkstattnetzes. 2025 Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112). 2026 BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde).

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Interesse ins Gewicht, möglichst frühzeitig zugelassen zu werden. Zugunsten des Herstellers sei zu berücksichtigen, dass § 20 GWB ihm unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seines Vertriebssystems belasse und nur den Missbrauch von Marktmacht verhindern wolle. Einen solchen Missbrauch und damit eine unbillige Behinderung verneinte der BGH, da der Hersteller sich auf die möglicherweise irrige aber vertretbare Ansicht zurückziehen durfte (Rechtsirrtum), er habe die Klägerin erst ab dem 01.01.2003, also später, zulassen müssen. Fazit: Nach Auffassung der Rspr besteht, sofern die TB-Voraussetzungen des § 20 GWB eingreifen, regelmäßig ein Zulassungsanspruch aus § 20 GWB, nachdem andere Werkstätten zugelassen wurden2027 (mangelnde Gleichbehandlung i.S.d. 2. Alt. des § 20 GWB). Zudem hat der Hersteller zwecks Vermeidung einer unbilligen Behinderung die Interessen beider Vertragspartner gegeneinander abzuwägen und dem Zulassungsanspruch aus dieser Alt. des § 20 GWB regelmäßig zu entsprechen. Insbesondere muss der Hersteller das Diskriminierungsverbot2028 berücksichtigen. Nur in diesem Fall wurde der Zulassungsanspruch aufgrund seiner Besonderheiten verneint. Diese Entscheidung war noch so verstanden worden, als billige der BGH grundsätzlich einen Kontrahierungsanspruch aus § 20 GWB und habe ihn nur in diesem Einzelfall abgelehnt. Schon nach Ansicht des OLG Düsseldorf war die Rspr des BGH zum Verbot der Diskriminierung und Behinderung von Vertragshändlern durch marktstarke Kfz-Hersteller auf das Verhältnis von Herstellern und Vertragshändlern von motorisierten Zweirädern nicht ohne Nachweis der marktbeherrschenden Stellung des Herstellers zu übertragen2029. 2011 erteilte der BGH der h.M. dann eine Absage. Maßgeblich sei nicht der Marktanteil des jeweiligen Herstellers aus Sicht des Endkunden 2030. Der Marktanteil sei allein aus Sicht der Aufnahme begehrenden Werkstatt zu bestimmen; aus ihrer Warte betrachtet müsse der Hersteller marktbeherrschend oder marktstark sein. Bei dem für den Aufnahmeanspruch maßgeblichen Markt handelt es sich somit gegenüber dem Kundenmarkt um einen „vorgelagerten“ Markt. Der Markt gegenüber den Endkunden sei jenem Markt nachgelagert. Der nachgelagerte Markt könne nur ausnahmsweise Auswirkungen auf die Marktstärke im vorgelagerten Markt haben 2031. Der für den Kontrahierungsanspruch aus Werkstattsicht vorgelagerte Markt, an dem sich der Aufnahmeanspruch messen müsse, umfasse alle Produkte, Dienstleistungen und Rechte, die den Zutritt zu dem nachgelagerten Endkundenmarkt erleichterten. Dazu zählten das Angebot von Ersatzteilen, Diagnosegeräten und Spezialwerkzeugen, die Vermittlung der erforderlichen markenspezifischen Fachkenntnisse und die Zulassung als Vertragswerkstatt für bestimmte Fahrzeugmarken. Die Zulassung als Vertragswerkstatt bilde keinen eigenständigen Markt2032. Im maßgeblichen „vorgelagerten“ Markt um die genannten Dienstleistungen sei der Marktanteil entgegen bisheriger Ansicht nicht markenbezogen, sondern markenübergreifend abzugrenzen2033. Das gelte ungeachtet dessen, dass im Endkundenmarkt der Marktanteil markenbezogen zu bestimmen sei2034. Räumlich relevant sei der 2027

OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/ Spenner; Emde EWiR 2006, 273, 274; Niebling WRP 2006, 1334; Wendel/Ströbl WRP 2006, 1336 (1339); aA mglw. OLG Köln, Urt. v. 07.12.2007 – 19 U 60/07. 2028 Creutzig EuZW 2002, 560 (562). 2029 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 2030 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 6/09, BB

2011, 1361 m. zust. Anm. Schultze/Oest, KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196. 2031 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 12. 2032 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 15. 2033 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 17. 2034 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 17.

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deutsche Markt2035. Eine marktbeherrschende Stellung im vorgelagerten Markt folge nicht daraus, dass eine Zulassung als Vertragswerkstatt nur unter Mitwirkung des jeweiligen Herstellers möglich ist. Die Stellung als Vertragswerkstatt sei keine Ressource, die für den Zugang zum Endkundenmarkt in den o.g. Bereichen unerlässlich sei2036. Ein außerhalb des Vertriebsnetzes des Unternehmers stehender Bewerber ist danach, anders als ein Vertragshändler, der sich ausschließlich an einen Fahrzeughersteller gebunden hat2037, oder eine bereits zugelassene Werkstatt, die ihren Geschäftsbetrieb durch erhebliche Investitionen auf einen bestimmten Fahrzeughersteller ausgerichtet hat2038, nicht von dem Hersteller unternehmensbedingt abhängig i.S.d. § 20 GWB2039. Eine sortimentsbedingte Abhängigkeit fehle ebenfalls. Der Bewerber könne auch ohne Zulassung als Vertragswerkstatt im Werkstattgeschäft tätig sein2040. Das gelte insb., wenn er bereits zugelassene Werkstatt eines anderen Herstellers sei2041. Auch aus Art. 102 AEUV ergebe sich kein Zulassungsanspruch2042. Nach bisher wohl h.M. brauchte sich der Bewerber auf eine Tätigkeit als freie Werkstatt nicht verweisen zu lassen, weil dies zumindest bei Haltern von Kfz mit einem Alter von weniger als 2 Jahren zu einem Abwandern von Stammkunden führt2043. Damit fehlt nach dem BGH zivilrechtlich regelmäßig ein Zulassungsanspruch nach § 20 GWB2044. Bechtold 2045 erwägt einen Zulassungsanspruch nach § 33 GWB. Kartellrechtlich dürfte der Zulassungsanspruch noch immer Freistellungsvoraussetzung sein2046. Damit differieren mglw. zivilrechtliche und kartellrechtliche Lage, ein nicht unbedingt befriedigendes Ergebnis2047. Zur Marktanteilsbestimmung im Werkstattbereich oben Rn 206: er erfolgt bezogen auf die einzelne Marke, auch bei Marken eines Konzerns2048. Nach Ansicht von Wegner ist der Markt für Garantieleistungen nicht bei der Bestimmung des Marktanteils einzubeziehen2049, da er nicht vom Endkunden, sondern vom Hersteller nachgefragt werde. Sofern ein überwiegender Teil der Käufer die Ersatzteil- und Servicekosten über die Lebenszeit des Fahrzeugs hinweg bei der Kaufentscheidung einbezögen, solle es sich um einen Systemmarkt mit eigener Marktabgrenzung handeln (Tz 57 LL), etwa bei Flottenkunden2050. Wegner2051 will diesen Grundsatz auch auf Privatkunden anwenden. Sofern der Hersteller in die Werkstattverträge nur die Wettbewerbsbeschränkung aufnimmt, die Vertragsware 2035

BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 18. 2036 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 20. 2037 So: BGH, Urt. v. 23.02.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491 (2493) – Opel-Blitz; Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983 (2988) – Kfz-Vertragshändler. 2038 BGH, Urt. v. 09.02.2006 – KZR 26/04, WuW/E DE-R 1621 = NJW-RR 2006, 689 Rn 1, 16 – qualitative Selektion. 2039 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 26. 2040 Zu den Ausweichmöglichkeiten einer Markenwerkstatt auf die Tätigkeit einer unabhängigen Werkstatt bereits Ströbl/ Schumacher BB 2009, 1201 (1205 f). 2041 BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 27.

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2042

BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 7/09, BeckRS 2011, 09196, Rn 28. 2043 OLG Braunschweig v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10. 2044 Siehe Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364); wohl auch Bechtold BB 2011, 1610 (1611) zu 3. 2045 Bechtold BB 2011, 1610 (1611). 2046 Siehe etwa Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364); die nicht an eine Änderung der Kommissionspraxis glauben; Bechtold BB 2011, 1610 (1611), der auf S. 1613 diese Uneinheitlichkeit kritisiert. 2047 Bechtold BB 2011, 1610 (1613). 2048 AA Wegner BB 2010, 1803 (1804 f). 2049 Wegner BB 2010, 1803 (1805). 2050 Wegner BB 2010, 1803 (1805). 2051 Wegner BB 2010, 1803 (1804 f).

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allein an einen nach bestimmten Kriterien ausgewählten Abnehmerkreis zu verkaufen und sich die Abnehmer ihrerseits verpflichten, keine nicht zugelassene Wiederverkäufer zu beliefern, soll nach Ansicht von Wegner2052 keine Wettbewerbsbeschränkung und damit kein Aufnahmeanspruch bestehen (zweifelhaft, da dies nur Bedeutung für die Freistellung eines Systems haben kann, nicht jedoch für den Aufnahmeanspruch aus § 20 GWB). Sollten nach Wegfall der Kfz-GVO 1400/02 wieder Vollfunktionsverträge (einheitlicher Vertriebs- und Werkstattvertrag) eingeführt werden, würde sich das durch den BGH2053 relativierte Problem der Infektion des Kontrahierungszwanges auf den Gesamtvertrag stellen. Eine Trennung der Verträge wird fast immer ausscheiden, so dass sich der Kontrahierungsanspruch auf den Vertriebsvertrag erstrecken könnte, sofern der Hersteller keinen separaten Werkstattvertrag anbietet. Man mag auch die gegenteilige Ansicht einnehmen und den (durchschnittlichen) Marktanteil aller Aufgaben nach dem Vollfunktionsvertrag für maßgeblich halten, so dass wegen des dann geringeren Marktanteils ein Kontrahierungszwang in den meisten Fällen ausscheiden dürfte. Da der Anspruch an die Marktstärke und nicht an die GVO anknüpft wird die Frage des Kontrahierungsanspruchs auch dann relevant bleiben, sobald sie Kfz-GVO 1400/02 durch die SchirmGVO 330/10 und die Rumpf-Kfz-GVO 461/10 ersetzt wird. Der Hersteller darf eine Werkstatt gegenüber vergleichbaren Unternehmen im räum- 290 lich relevanten Markt der BRD2054 weder unbillig behindern noch sachlich ungerechtfertigt ungleich behandeln (§ 20 Abs. 1 GWB). Für den Aufnahmeanspruch genügt die Erfüllung der TB-Voraussetzungen einer der beiden in Anspruchskonkurrenz stehenden Alternativen. Ein üblicherweise zugänglicher Geschäftsverkehr ist anzunehmen, solange die Werkstatt objektiv die Herstellerstandards erfüllt2055. Eine dauerhafte Aufnahmeverweigerung ist nur gestattet, wenn sich ein schwerwiegender Verstoß unmittelbar gegen den Lieferanten richtet und den „Goodwill“ seiner Waren oder Dienstleistungen am Markt beeinträchtigt. Der Hersteller muss über das Zulassungsgesuch ohne ungebührliche Verzögerung und 291 in nicht diskriminierender Form entscheiden2056, was selten geschieht. Verzögerungen bei der Vertragsvergabe eines Werkstattvertrages können eine Pflichtverletzung darstellen und zu Schadensersatzansprüchen führen2057. Dabei muss der Unternehmer die ihn betreffende Rechtslage kennen; ein Verbotsirrtum ist regelmäßig nicht schuldausschließend. Wer auf Abschluss eines Händler- oder Servicevertrages klagt, hat im System des § 20 Abs. 1 und 2 GWB darzulegen und zu beweisen, dass er die Merkmale erfüllt, welche der Lieferant für das qualitativ-selektive Vertriebssystem festgelegt hat2058. Dazu genügt zunächst der Vortrag, dies sei der Fall. Der Vortrag, dass alle Qualitätsmerkmale erfüllt werden, die ein oder mehrere zugelassene Servicepartner aufweisen, ist erst auf subtantiiertes Bestreiten des Herstellers erforderlich. Dann genügt es nicht, die Erfüllung

2052

Wegner BB 2010, 1867 (1873). BGH, Urt. v. 30.03.2011 – KZR 6/09, BB 2011, 1361 m. Anm. Schultze/Oest, KZR 7/09. 2054 OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner – Revision beim BGH anhängig. 2055 Nolte WRP 2005, 1124 (1126). 2056 Creutzig BB 2002, 2133 (2144). 2057 OLG München, Urt. v. 08.01.2009 – U (K) 2053

1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/ Spenner; Niebling WRP 2006, 1334; Niebling WRP 2009, 153 (155); sehr weitgehend: OLG Stuttgart v. 22.07.2004 – 2 U 202/03, aufgehoben durch BGH v. 28.06.2005 – KZR 26/04, GRUR 2006, 57: Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der GVO. 2058 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121.

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der Standards pauschal zu behaupten2059. Insbesondere muss der die Aufnahmepflicht bestreitende Hersteller zunächst vortragen, warum der Aufnahme Begehrende die Standards nicht erfüllt oder dass es außerhalb der Erfüllung der Qualitätsmerkmale einen sachlich gerechtfertigen Grund für die Aufnahmeverweigerung gibt. Bei § 20 GWB handelt es sich um eine Generalklausel. In diese Generalklausel fließen 292 Wertentscheidungen anderer Normenwerke ein2060. Wenn die Kfz-GVO von einem grundsätzlichen Kontrahierungszwang ausgeht, ist dies auch im Rahmen des § 20 GWB zu berücksichtigen, und zwar bereits wegen des Gebots europarechtsfreundlicher Auslegung deutscher Generalklauseln. Nach der Wertentscheidung der Kfz-GVO soll bei Erfüllung der (zulässigen) Selektionskriterien grundsätzlich ein Aufnahmeanspruch bestehen. Die allg. Aufnahmegründe sind also in den Selektionskriterien enthalten. Diese müssen – schon damit die Gleichbehandlung kontrollierbar ist – sämtliche abwägungsrelevanten Umstände nennen. Die Selektionskriterien begründen damit für sich die Vermutung ihrer Vollständigkeit. Damit haben die Kfz-Hersteller in den Selektionskriterien die sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung sowie die „billigen“ Erwägungsgründe abschließend niedergelegt. Da die Selektionskriterien die sachlichen Aufnahme- und Verweigerungsgründe abschließend regeln, können im Lichte des von der EU-Kommission grundsätzlich geforderten Kontrahierungszwanges außer die Nichterfüllung der Selektionskriterien nur wichtige Gründe i.S.d. § 89a den Aufnahmeanspruch ausschließen2061. Dies gebietet eine europarechtsfreundliche Auslegung. Vor Abschluss eines Werkstattvertrages braucht der Bewerber nur Selektionskriterien zu 293 erfüllen, deren Erfüllung angesichts der Unsicherheit, ob der Vertrag gezeichnet wird, wirtschaftlich zumutbar sind. Fehlt es an der Zumutbarkeit, genügt die einseitige Erklärung oder die Verpflichtung des Bewerbers, die Selektionskriterien nach Wirksamwerden des Vertrages zu erfüllen. Dies gilt etwa für Mindestbevorratungsmengen. Ohnehin ist zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt die Selektionskriterien erfüllt sein müssen. Im Zweifel (§ 305c Abs. 2 BGB) ist dies erst der Vertragsbeginn. Angeblich unklare mietvertragliche Verhältnisse oder ein Schaden des Herstellers im Zusammenhang mit der Insolvenz einer anderen Gesellschaft reichen nicht aus, um die Verweigerung des Abschlusses eines Werkstattvertrages zu rechtfertigen. Der Abschluss eines Werkstattvertrages kann ausgeschlossen sein, wenn feststeht oder zumindest angenommen werden muss, dass das den Werkstattvertrag beanspruchende Unternehmen der faktischen Leitung von Personen untersteht, welche die Namens- und Markenrechte des Herstellers missbrauchen. Fraglich ist, ob Händlern und Werkstätten der Zugang zum Vertriebssystem mit der Begründung verweigert werden kann, ihr Vertrag sei zuvor wegen einer Vertragsverletzung gekündigt worden. In der französischen Rechtsprechung ist dies angenommen worden2062. Allerdings darf nach jener Rspr. der Zugang nur für einen angemessenen Zeitraum verweigert werden. Vereinbarungen, die dazu dienen, dem Hersteller ohne sachlichen Grund eine Vergütungsquelle zu verschaffen, indem bei Auditierungen erhebliche Kosten entstehen oder durch die unnötige Hindernisse für den Vertragsschluss aufbauen, sind unwirksam2063. Bei der Anschaffung von Testgeräten steht dem Händler Ermessen zu. Kann auch ohne ein Testgerät sachgerecht repariert werden, sind Erwerbsverpflichtungen unter Kündigungsandrohung unwirksam2064. 2059

OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; Niebling WRP 2007, 1426 (1427). 2060 Vgl. Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, § 20 Rn 69. 2061 Siehe Bechtold NJW 2003, 3729 (3734). 2062 Cour de’appel de Versailles (2. Kammer,

200

2. Sektion) v. 29.02.1996, Balluz 1997, Summaire 62; zitiert nach Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 29. 2063 Niebling WRP 2007, 1426 (1427). 2964 Niebling WRP 2009, 153 (157).

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Eine Regelungsverfügung2065, mit der der Abschluss eines Werkstattvertrages erstrebt 294 wird, ist zulässig2066 und bedarf nach bisher h.M. des Nachweises einer existenziellen Abhängigkeit der Antragsstellerin von dem Kfz-Hersteller. Sie soll nach Ansicht des LG Köln2067 fehlen, falls die Werkstatt EU-Neufahrzeuge veräußert und einen weiteren Werkstattvertrag führt. Letzteres dürfte zweifelhaft sein, da auf Grund der Markengebundenheit des Kundenstammes eine Abhängigkeit existieren dürfte und keiner der betroffenen Hersteller den Antragsteller auf die Möglichkeit des Vertragsschlusses mit dem anderen Hersteller verweisen darf. Tatsächlich bedarf es einer Notlage oder Existenzgefährdung nicht in jedem Fall. Ausreichend ist es, wenn die Leistungsverfügung zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vermögensnachteils oder zur Abwendung eines endgültigen Rechtsverlustes erforderlich ist2068. Gerade bei großen Unternehmen ist eine Existenzgefährdung kaum vorstellbar2069, für Großunternehmen gibt es jedoch kein minderes Recht. Zur Vermeidung von Zahlungsausfällen muss ggf. die Lieferung gegen Vorkasse beantragt werden2070. (3) Belieferungspflicht bei kartellrechtswidriger Lieferverweigerung? (a) Zulässigkeit einer Belieferungsklage. Die Feststellungsklage eines Grauimpor- 295 teurs, die Vertragshändler eines Kfz-Herstellers seien berechtigt, an Kunden mit Wohnsitz in einem anderen europäischen Staat oder an Wiederverkäufer zu verkaufen, soll unzulässig sein, weil es an einer Rechtsbeziehung zwischen den Parteien auch dann fehlt, wenn ein Vertragshändler Schadenersatzansprüche an den Kläger abgetreten hat2071. Ein Leistungsantrag, gerichtet auf zukünftige Belieferung des Händlers, soll gemäß 296 § 253 ZPO unzulässig sein2072. Ein Urteil, welches einem Antrag auf Lieferung von Gegenständen, die erst nach Typ und genauer Stückzahl durch zukünftige Bestellungen konkretisiert werden sollen, stattgebe, könne keine hinreichend bestimmte Grundlage für die ZV bilden. Eine Klage auf Feststellung der Belieferungspflicht soll aber zulässig sein2073. Das Gleiche gilt für einen Leistungsantrag des Händlers auf Abschluss eines Händlervertrages. Mit der Rechtskraft des Urteils, welches den Hersteller zum Abschluss des Händlervertrages verpflichtet, wird die zur Erfüllung dieser Verpflichtung erforderliche Willenerklärung nach § 894 ZPO fingiert 2074. Als „Minus“ zu einem Antrag auf Abschluss eines Vertrages oder Belieferung könnte die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung beantragt werden. (b) Belieferungsanspruch im Verhältnis zum Schadenersatz. Zu unterscheiden ist der 297 Belieferungs- und Kontrahierungsanspruch. Der Kontrahierungsanspruch ist auf Vertragsschluss gerichtet, der Belieferungsanspruch auf „weniger“, nämlich die bloße Belieferung. Beide Ansprüche sind gegeben, wenn die Voraussetzungen des § 20 GWB erfüllt sind. Das ist unstrittig. Allerdings wird es an einer unbilligen Ungleichbehandlung iSd § 20 GWB fehlen, sofern der Hersteller andere Absatzmittler nur nach Abschluss eines Rahmenvertrages beliefert, etwa eines Vertragshändler- oder Franchisevertrages und der 2065

2069

2066

2070

Hierzu Kessel/Koch BB 2009, 1032 ff. OLG Braunschweig v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10. 2067 Urt. v. 24.04.2008 – 86 O 8/08. 2068 OLG München GRUR-RR 2003, 56; GRUR-RR 2002, 181; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176; Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036).

Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). OLG Braunschweig v. 01.09.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10. 2071 OLG Schleswig, Urt. v. 09.07.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378. 2072 Rheinländer WRP 2007, 501 (503). 2073 Rheinländer WRP 2007, 501 (503). 2074 Rheinländer WRP 2007, 501 (503).

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Antragsteller nicht den Abschluss eines Rahmenvertrages begehrt oder auf ihn keinen Anspruch besitzt. So hat die Rspr. einen Belieferungsanspruch abgelehnt, wenn einem Vertragshändler gekündigt werden sollte, um einen ruinösen Wettbewerb zwischen ihm und einem neu eingesetzten Händler zu verhindern. Nach Kündigung durch den Hersteller scheitere ein Belieferungsanspruch daran, dass der Händler nicht mehr zum selektiven Vertriebssystem des Herstellers gehöre2075. Aus diesem Grund kann ein Kontrahierungsanspruch begründet sein, der scheinbar weniger belastende Belieferungsanspruch jedoch nicht. Ein aus Art. 102 AEUV, § 20 GWB begründeter Belieferungsanspruch wegen Ungleichbehandlung mag auch fehlen, sofern andere Mittler nach Vertragsende nicht mehr beliefert werden2076. Umstritten ist, ob der Belieferungsanspruch außer aus § 20 GWB auch aus § 823 298 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV begründet sein kann. Das verneint die hM. Mglw. wird § 20 GWB als spezieller angesehen; der Belieferungsanspruch soll nur bei Eingreifen seiner TB-Merkmale gegeben sein. So steht nach Ansicht des BGH2077 – geäußert ohne Vorlage nach Art. 267 AEUV – einem Belieferung fordernden Wiederverkäufer, welchem der Warenhersteller die Aufnahme in ein selektives Vertriebssystem verweigert, obgleich der Wiederverkäufer die nach europäischem Kartellrecht zulässigen qualitativen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Vertriebssystem erfüllt, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV kein unmittelbarer, auf Vertragsschluss oder Belieferung gerichteter Anspruch zu. Die Frage einer Belieferungspflicht müsse für jeden Einzelfall entschieden werden. Maßgeblich sei nicht die Wirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens, sondern ob der Anspruchsteller zu dem geschützten Personenkreis gehöre und ob gerade ein Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, gewährt werden solle2078. Bei Wiederverkäufern sei ein Anspruch auf Belieferung nicht vom Schutzzweck des Art. 101 AEUV erfasst. Die Beschränkung auf Geldersatz wird also mit Schutzzweckerwägungen begründet. Der BGH konnte deshalb sogar offen lassen, ob ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vorlag. Würden Wiederverkäufer vom Hersteller nicht beliefert, obwohl alle qualitativen Voraussetzungen für die Aufnahme in ein selektives Vertriebssystem beständen und unterbindet der Hersteller gleichzeitig den Warenbezug der Außenseiter durch lieferbereite Depositäre, könne ihnen lediglich ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV als Schutzgesetz zustehen2079. Beliefere der Hersteller Wiederverkäufer diskriminierungsfrei, die seinen qualitativen Ansprüchen genügten, scheide der Belieferungsanspruch aus. Jedoch könne ein Schadensersatzanspruch aus §§ 20 Abs. 2 GWB i.V.m. 33 GWB und 249 BGB im Ausnahmefall hergeleitet werden, wenn ein marktstarkes Unternehmen den einem gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglichen Geschäftsverkehr mit einem von ihm abhängigen Unternehmen oder eine Geschäftsbeziehung ohne sachlich gerechtfertigten Grund ver2075

OLG Celle, Urt. v. 29.03.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864, 2002, 504. 2076 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2077 BGH, Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/95, BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. V. 29.10.2003 – VI-U(Kart.) 30/00, WuW DE-R 1480; kritisch Rheinländer Selektives Vertriebssystem und Belie-

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ferungsansprüche ausgeschlossener Händler; Rheinländer WRP 2007, 501; Rheinländer GRUR 2007, 383; Haffinger WuW 1998, 456; Jäger in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Art. 81 Abs. 2 Rn 44; vgl. hierzu auch Haslinger WRP 2007, 926. 2078 BGH, Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/96, ZIP 1998, 2070 (2072). 2079 BGH, Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/96, ZIP 1998, 2070 (2072); Westphal II Rn 413.

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weigere2080. Zur Prüfung dieser Frage wurde das Verfahren an das OLG zurückverwiesen. Birk2081 stimmt dem BGH zu: Eine allgemeine Belieferungspflicht sei abzulehnen. Händlerwie Herstellerinteressen blieben gleichwertig2082. Die Zulässigkeitskriterien für ein selektives Vertriebssystem regelten den Interessenausgleich zwischen beiden Vertriebspartnern: Der Hersteller dürfe sein System frei wählen. Er habe dabei Freiheit und Chancengleichheit auf Marktzutritt anderer zu beachten2083. Ein Belieferungsanspruch sei gegeben, wenn das System zulässig und der Händler alle qualitativen Voraussetzungen erfülle2084. Gleiches gelte, falls die Kriterien dazu dienten, den Händler auf versteckte Weise zu disziplinieren2085. Berücksichtigt werden dürften Kapazitätsüberlegungen, Bonität, Bedeutung der Ware u.a. Die Anforderungen an den Hersteller wüchsen mit der Marktmacht; die Freiheit anderer dürfe möglichst wenig beeinträchtigt werden (mildestes Mittel)2086. Geldersatz gewährte der BGH auch in einem weiteren Urteil: Ist ein nicht zum selek- 299 tiven Vertriebssystem eines Herstellers zählender Wiederverkäufer fabrikneuer Kfz aufgrund der Weigerung ausländischer Vertragshändler unfähig, Neufahrzeuge an systemfremde Wiederverkäufer zu liefern und Bestellungen seiner Kunden für Neuwagen auszuführen, kann ihm ein Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 Abs. 1 AEUV zustehen, wenn in der fraglichen Zeit eine Freistellung des beanstandeten Verhaltens nach einer GVO ausscheidet2087. In anderen Fällen, etwa im Zusammenhang mit der Aufnahme in das Vertragswerkstattnetz eines KfzHerstellers2088 (Rn 288 ff) hat der BGH die Ansprüche des Außenstehenden nicht auf Schadenersatz beschränkt, sondern den weitergehenden Aufnahmeanspruch aus § 20 GWB zumindest dem Grunde nach geprüft. Dies bestätigte er auch in der vorgenannten Entscheidung vom 12.05.19982089. Dem BGH wird mglw. zu Recht widersprochen: Wenn ein Schadensersatzanspruch 300 gem. §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV in Betracht käme, dürfe der Ausgeschlossene entgegen dem BGH auch Aufnahme im Wege der Naturalrestitution fordern2090. Der dem Aufnahmeanspruch mglw entgegenstehende Gedanke, man könne den Hersteller nicht dauerhaft an einen Händler binden oder eine Belieferungspflicht sei mit der Vertragsschlussfreiheit des Initiators des Vertriebsbindungssystems unverträglich2091, weil der Unternehmer sein Vertriebssystem umstellen dürfe, ist nicht überzeugend. Ein Zivilurteil stellt immer eine Momentaufnahme auf der Basis des Sachstandes zur Zeit der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung dar2092. Spätere Änderungen des Systems im Wege der Strukturkündigung werden nicht verhindert. Ein Händler wird zudem (außer durch statistischen Nachweis der Durchschnittsgewinne anderer Händler) idR nicht in der Lage sein, einen Schadenersatzanspruch darzulegen, insbes. welche Umsätze und 2080

BGH, Urt. v. 12.05.1998 – KZR 23/96, ZIP 1998, 2070, 2072; BGHZ 49, 90, 98 – Jägermeister; BGH, Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E 1238 (1245) – Registrierkassen; BGH, Urt. v. 17.01.1979 – KZR 1/78, WuW/E 1567 (1569) – Nordmende; siehe auch Mäsch ZIP 1999, 1507. 2081 Birk EWS 2000, 485. 2082 Birk EWS 2000, 485. 2083 Birk EWS 2000, 485. 2084 Birk EWS 2000, 485. 2085 Birk EWS 2000, 485. 2086 Birk EWS 2000, 485. 2087 BGH, Urt. v. 30.03.2004 – KZR 24/02,

EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. 2088 BGH, Urt. v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109, 111 = EWiR 2006, 273 (Emde). 2089 BB 1998, 2353 = NJW-RR 1999, 189. 2090 Mäsch ZIP 1999, 1507; zustimmend: Emde VersR 2001, 148 (158). 2091 Haslinger WRP 2007, 926. Gegenargument: Auch aus § 20 GWB kann ein Kontrahierungszwang folgen. 2092 Mäsch ZIP 1999, 1507; zustimmend: Emde VersR 2001, 148 (158).

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Gewinne er mit dem Verkauf des Systemprodukts hätte erzielen können und wie sich dies auf seinen Umsatz mit substituierenden Produkten ausgewirkt hätte2093. Für eine rechtswidrige Weigerung, den Händler aufzunehmen, kann der Hersteller folglich schwer belangt werden. Wird ein qualifizierter Händler, der einen preisaggressiven Wettbewerb betreibt, unter den Vorwand, er erfülle die Selektionskriterien nicht, vom Produktvertrieb ausgeschlossen, so stellt dies einen Verstoß gegen die gleichmäßige Anwendung der festgesetzten Selektionskriterien dar. Das gesamte Vertriebssystem verstößt dann aufgrund der von der Vertriebsbindung ausgehenden Wettbewerbsbeschränkung im markeninternen Wettbewerb gegen Art. 101 AEUV2094. Erfolgt die ungleichmäßige Handhabung systematisch auf der Grundlage einer Absprache über wettbewerbswidrige Vertriebspraktiken zwischen allen Systembeteiligten, so ist das Vertriebssystem bereits in seiner vertraglichen Ausgestaltung wettbewerbswidrig und nach Art. 101 Abs. 2 AEUV nichtig2095. Ein Belieferungsanspruch existiert nicht. Dasselbe gilt, wenn der diskriminierte Händler ursprünglich selbst an einer wettbewerbswidrigen Absprache über eine bestimmte Geschäftspolitik beteiligt war und erst später aus dieser Politik ausschert und deshalb nicht mehr beliefert wird2096. Wird ein in seiner vertraglichen Ausgestaltung zulässiges selektives Vertriebssystem aufgrund einer Willensübereinstimmung zwischen dem Hersteller und einzelnen Händlern über die Durchsetzung einer bestimmten, kartellrechtswidrigen Geschäftspolitik ungleichmäßig gehandhabt, so folgt jedoch aus Art. 101 Abs. 2 AEUV ein Belieferungsanspruch des diskriminierten Händlers2097. Ein Parfümhersteller, der ein selektives Vertriebssystem betreibt, ist nicht deshalb 301 nach § 20 Abs. 2 GWB zur Belieferung reiner Internethändler verpflichtet, weil er den Mitgliedern seines selektiven Vertriebssystems neben dem stationären Handel auch den Internethandel erlaubt. Denn dass der stationäre Handel auch per Internet vertreiben darf, wird durch Art. 4 lit. b GVO 330/10 vorgeschrieben. Es liegt daher eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor2098.

302

(c) Belieferungspflicht bei quantitativen Vertriebsbindungssystem. Noch nicht sicher geklärt ist, ob ein Händler, dem die Belieferung verweigert wird, im Rahmen eines quantitativen Vertriebsbindungssystems eine Belieferungsklage auf der Grundlage des § 20 GWB erheben kann2099. Dies wird mit der Argumentation verneint, der Hersteller habe mit Implementierung eines quantitativen Systems zu erkennen gegeben, dass sein System nicht die Voraussetzungen eines für alle gleichermaßen qualifizierten Händler allgemein zugänglichen Geschäftsverkehrs i.S.d. § 20 GWB erfüllt. Das gilt zumindest, wenn weitere sachliche und objektive Gründe für die Verweigerung der Belieferung genannt werden2100. Einem quantitativen System sei immer eine gewisse Willkür immanent, da nicht jeder Händler beliefert werden müsse2101. Der Hersteller dürfe seine quantitative Selektion jederzeit ändern, so dass mit dem Wesen der Freistellung quantitativer Systeme ein individueller Zulassungsanspruch, gestützt auf eine Diskriminierung, unvereinbar 2093

Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Mäsch ZIP 1999, 1507. 2094 Rheinländer GRUR 2007, 383 (385). 2095 Rheinländer GRUR 2007, 383 (385). 2096 Rheinländer GRUR 2007, 383 (385). 2097 Rheinländer GRUR 2007, 383 (386). 2098 BGH, Urt. v. 04.11.2003, KZR 2/02, DB 2004, 311; ähnlich OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (420) – Scout-Schulranzen.

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Hierzu LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04. 2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3084) – „JPG Le Male“ (dort abgelehnt); Haslinger WRP 2007, 926 (927). LG Nürnberg-Fürth, Urt. v.16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“. Bechtold EG-Kartellrecht VO 2790/99, Art. 1 Rn 18 ff; vgl. auch Haslinger WRP 2007, 926 (927).

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sei2102. Zudem werde ein quantitatives System von der Vertriebs-GVO gestattet, ein Zulassungsbegehren scheitere auch daran2103 (sehr zweifelhaft, denn die GVO trifft zum Aufnahmebegehren keine Aussage). Richtig ist: Beruht ein Vertriebssystem ausschließlich auf quantitativen Voraussetzungen, muss es eine nachvollziehbare und eindeutige Festlegung geben, woraus sich die zahlenmäßige Beschränkung der Händlerzahl im System ergibt bzw. woran sie festgemacht wird2104. Bewerber müssen, sofern das Gebiet noch unbesetzt ist, eine klar definierte und realistische Chance auf Beitritt haben. Auch kommt es darauf an, ob das erstrebte Ziel durch die Wahl milderer, weniger beeinträchtigender Mittel erreicht werden kann2105. Die quantitativen Selektionskriterien müssen im Voraus eindeutig durch den Hersteller festgelegt sein, sie dürfen zwar geändert werden2106; jedoch nicht von Fall zu Fall oder willkürlich an Hand eines Autorisierungsbegehrens angewendet werden2107. (d) Belieferungspflicht mit Ersatzteilen. Eine weitere Ausnahme von der Dispositions- 303 freiheit des Unternehmers ist in der Rspr. anerkannt worden, nämlich die Verpflichtung des Unternehmers zur Lieferung von Ersatzteilen: Das Interesse eines Herstellers, die Wartung der vertriebenen Produkte ausschließlich selbst oder durch verbundene Unternehmen ausführen zu lassen, bildet i.d.R. keine Rechtfertigung für die Verweigerung der Belieferung anderer Unternehmen mit Original-Ersatzteilen2108. Sofern der Unternehmer den Markt beherrscht, muss er einen ausgeschiedenen Händler oder HV2109 gem. § 20 GWB mit Ersatzteilen beliefern. Der für die Untersuchung der Marktbeherrschung maßgebliche Markt ist der für Ersatzteile2110. Ob der vergleichbare Geschäftsverkehr anderen Unternehmern zugänglich ist, bestimmt sich nicht nach dem mglw. diskriminierenden Verhalten des Unternehmers sondern danach, was innerhalb der in Betracht kommenden

2102 2103

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AA wohl Harte-Bavendamm/Kreutzmann DB 2003, 682 (691). LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“. Haslinger WRP 2007, 926 (928); aA LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3084) – „JPG Le Male“; Bechtold NJW 2003, 3729 (3730) (bestimmte Kriterien der quantitativen Selektion brauchen nicht im Voraus festgelegt werden; die Festlegung erschöpfe sich in der quantitativen Selektion als solcher). BGHZ 81, 322. LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3084) – „JPG Le Male“; Bechtold NJW 2003, 3729 (3731); ders. EG-Kartellrecht, VO 2790/99 Rn 19. Haslinger WRP 2007, 926 (928); offen gelassen von LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.04.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“. BGH, Urt. v. 26.10.1972, WuW/E BGH 1238, 1243 f „Registrierkassen“; Urt. v. 23.02.1988, WuW/E BGH 2479, 2482 f

2109 2110

„Reparaturbetrieb“; Urt. v. 27.04.1999, WuW/E DE-R 357, 360 = GRUR 2000, 95 „Feuerwehrgeräte“; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991, WuW/E OLG 4901 (4905 f) „Dehnfolien-Verpackungsmaschinen“; OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997, WuW/E DE-R 6 (7 f) „Kennzeichnungsgeräte“; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.08.1997, WuW/E DE-R 79 (81 f) „Feuerwehr-Drehleitern“; Immenga/ Mestmäcker, GWB, § 20 Rn 172; enger KG, Urt. v. 23.01.1992, WuW/E OLG 4951 (4968 ff) „Kälteanlagen-Ersatzteile“; OLG München, 06.06.1991, WuW/E OLG 5032 (5033 f) „Wartung von Reanimationsgeräten“; Hopt § 86 Rn 37. OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. BGH, Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E BGH, 1238 (1442) – Registrierkassen; KG, Beschl. v. 23.01.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4965) – Kälteanlagen-Ersatzteile; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991 U (Kart) 12/91, WuW/E OLG 4901 (4904) – Dehnfolien-Verpackungsmaschinen; OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11. 1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233.

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Kreise bei natürlicher wirtschaftlicher Entwicklung2111 üblich bzw. angemessen ist2112. Wenn andere Unternehmer, Ersatzteile liefern, ist dies als üblich und angemessen maßgeblich. Mit dem Bestreben, den Wartungs- und Reparaturdienst auf das eigene Unternehmen zu konzentrieren, kann das diskriminierende Unternehmen nicht bestimmen, was ein üblicherweise zugänglicher Geschäftsverkehr ist2113. Bei der Frage, ob die Lieferverweigerung unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund erfolgt, sind die beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB gegeneinander abzuwägen2114. Maßgeblich für das Unbilligkeitsurteil sind alle Umstände des Einzelfalls. Dabei fällt einerseits das Interesse des ausgeschiedenen Mittlers ins Gewicht, seine Kunden weiterhin zu betreuen2115; andererseits das Interesse des Unternehmers, den Absatz seiner Erzeugnisse nach eigenem Ermessen zu gestalten2116. Die Unbilligkeit wird nach h.A. weder beseitigt, weil Kunden ggf. beim ausländischen Unternehmer bestellen können2117, noch weil auf andere Bezugsquellen im Ausland verwiesen werden kann2118. AA ist das KG2119: Es hält die Nichtbelieferung mit Ersatzteilen durch das inländische Tochterunternehmen des Herstellers für keine unbillige Behinderung, wenn den Nachfragern andere Bezugsquellen, insbesondere der Direktbezug beim ausländischen Hersteller oder ausländischen Händlern möglich ist. Der Vorteil des Anspruchstellers reduziere sich dann auf die schnellere Belieferung aus dem Inland infolge der Lagerhaltung des deutschen Tochterunternehmens2120. Dies sei, so das KG, kein schützenswerter Umstand. Es ist jedoch zu prüfen, ob der Bezug von anderen (deutschen) Händlern eine zumutbare Ausweichmöglichkeit darstellt2121. Für die Billigkeitsabwägung irrelevant ist die Befürchtung des Unternehmers, durch eine unsorgfältige Ausführung von Reparaturarbeiten werde sein Ruf beeinträchtigt2122. Auch der Wunsch des Herstellers nach Einbeziehung der Belieferten in das betriebsinterne Qualitätssicherungssystem rechtfertigt keinen Belieferungsausschluss2123. Die persönliche Zuverlässigkeit und die Erfahrung des vormaligen Mittlers und Anspruchstellers sind bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen2124. Sofern die Parteien z.B. 46 Jahre erfolgreich und ohne Beanstandung zusammengearbeitet haben, darf sich der Unternehmer nicht darauf berufen, dem Mittler fehle die erforderliche Qualifikation und Zuverlässig2111

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KG, Beschl. v. 23.01.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4967) – KälteanlagenErsatzteile. BGH, Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E BGH, 1238 (1442) – Registrierkassen. OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991 U (Kart) 12/91, WuW/E OLG 4901 – Dehnfolien-Verpackungsmaschinen. BGH, Beschl. v. 23.02.1988 – KZR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482); Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E BGH, 1238 (1443) – Registrierkassen; OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. KG, Beschl. v. 23.01.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4968) – KälteanlagenErsatzteile. OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U

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73/96, WuW/E DE-R 6 (8) – Kennzeichnungsgeräte. OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 73/96, WuW/E DE-R 6 (8) – Kennzeichnungsgeräte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991 U (Kart) 12/91, WuW/E OLG 4901 – Dehnfolien-Verpackungsmaschinen. Beschl. v. 23.01.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4970 ff). Beschl. v. 23.01.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4970 ff). BGH, Beschl. vom 23.02.1988 – KVR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482). BGH, Beschl. v. 23.02.1988 – KVR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482). OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 73/96, WuW/E DE-R 6 (9) – Kennzeichnungsgeräte. BGH, Beschl. v. 23.02.1988 – KVR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482).

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keit2125. U.U. ist die Belieferungsverpflichtung auf einen angemessenen Zeitraum zu befristen. Wie lange diese Anpassungsfrist zu bemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich nach der Zumutbarkeit für die Vertragspartner2126. Bei einer Lebensdauer der vertriebenen Produkte von 20 Jahren muss eine unbegrenzte Lieferfrist ausgesprochen werden2127. Sehr weit geht ein Urteil des OLG München2128, welches angesichts der vorgenannten Entscheidungen eine Minderansicht bilden dürfte: Danach darf ein gekündigter Vertragshändler keine fortdauernde Belieferung fordern, wenn der Unternehmer Wert darauf legt, dass in einem bestimmten Bezirk nur ein Unternehmen sowohl als Vertragshändler wie als Reparaturbetrieb tätig wird. Soweit Belieferung geschuldet ist, muss diese diskriminierungsfrei zu den in den maßgeblichem Abnehmerkreis üblichen Preisen erfolgen.

V. Wettbewerbsrecht Das UWG ist auch auf HV2129, Vertragshändler und FN2130 anwendbar, insb. die 304 Generalklausel des § 3 UWG2131. Verstößt ein Vertriebsmittler gegen § 3 UWG, darf er gemäß § 8 UWG auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden. § 9 UWG begründet einen Schadenersatzanspruch. Den Schutz des UWG genießen nur kartellrechtlich zulässige selektive Vertriebssysteme (Rn 120 ff). Ein kartellrechtlich unzulässiges selektives Vertriebssystem genießt keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz2132. Es ist entweder rechtlich unwirksam, so dass zu seinem Nachteil keine wettbewerbsrechtlich unzulässige Maßnahme möglich ist. Oder es ist den gebundenen Händlern nicht zuzumuten, sich an das System zu halten, weil der Unternehmer keine ausreichende Vorsorge gegen Missbräuche getroffen hat. Liegt ein geschütztes System vor, ist es wettbewerbswidrig, einen gebundenen Händler zum Vertragsbruch gegenüber dem Unternehmer zu verleiten (1. Alt.). Das bloße Ausnutzen des Vertragsbruchs eines so gebundenen Händlers ist hingegen wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Von einem Verleiten zum Vertragsbruch kann nur ausgegangen werden, wenn der ungebundene Händler den Vertragsbruch außerhalb des Üblichen in einer Intensität fördert, die geeignet ist, den gebundenen Händler über die Verletzung seiner vertraglichen Pflichten ernsthaft nachdenken zu lassen. Die einfache Lieferanfrage eines außerhalb eines Vertriebsbindungssystems stehenden gewerblichen Abnehmers bei einem gebundenen Mittler stellt ebenso wenig wie die Entgegennahme des Angebots ein wettbewerbswidriges Verleiten zum Vertragsbruch dar2133. Neben der 1. Alternative ist die zweite wettbewerbsrechtlich unzulässige Alternative die des Schleichbezugs2134. Er liegt vor, wenn ein Wettbewerber gegenüber einem gebundenen Händler so tut, als sei er ebenfalls gebundener Händler oder aus anderen Gründen zum Bezug der gebundenen Ware zum Zwecke des weiteren Vertriebs berechtigt. Durch das Wettbewerbsrecht zur Abwehr der unzulässigen Handlung aktiv legitimiert ist der Verletzte. Der Exklusivhändler eines nachgeahmten Produkts kann als 2125 2126 2127 2128 2129 2130

OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. Vom 06.06.1991 – U (K) 6631/90, WuW/E OLG 5032. Köhler WRP 2009, 898 (900). Köhler WRP 2009, 898 (900).

2131 2132 2133

2134

Martinek/Flohr § 9 Rn 35. Omsels in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig GWB 2. Aufl. § 4 Nr. 10 Rn 124 ff. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.04.2002 – 20 U 15/02, GRUR-RR 2003, 89; Sosnitza WRP 2009, 373 ff. BGH WRP 2009, 177 (179 f) – bundesligakarten.de; GRUR 2000, 724 (726) – Außenseiteranspruch II; GRUR 1999, 1113 (1114) – Außenseiteranspruch.

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unmittelbar Verletzter gegen vermeidbare Herkunftstäuschungen geschützt sein, wenn durch die Nachahmung nicht nur über die Herkunft von einem bestimmten Hersteller, sondern zugleich auch über die Herkunft aus seinem Unternehmen getäuscht wird2135. Vertriebsbindungssysteme sind keine Verhaltenskodizes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UWG2136. Nicht jeder schuldrechtliche Austauschvertrag und Vertriebsvertrag hat das Gewicht eines Verhaltenskodex. Insb. ist dies bei einseitig vom Unternehmer gestellten Selektionskriterien abzulehnen, bei deren Nichtbeachtung bestenfalls ein Vertragsverstoß gegenüber dem Unternehmer vorliegt, Verbraucherinteressen jedoch unberührt bleiben2137.

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1. Fehlende Wettbewerbswidrigkeit. Nicht wettbewerbswidrig sind: – Die Abwerbung eines HV durch einen Wettbewerber des Unternehmers. Etwas anderes gilt, wenn der HV von dem Wettbewerber zum Vertragsbruch verleitet wird2138. Ein Unternehmer, der durch Beschäftigung eines bei einem Mitbewerber tätigen HV, dem wegen eines Wettbewerbsverbots eine Tätigkeit für Konkurrenten nicht gestattet ist, den Vertragsbruch des Mitarbeiters lediglich ausnutzt, ohne ihn zu dem Vertragsbruch zu verleiten, handelt auch nicht deshalb unlauter, weil er das Wettbewerbsverbot kennt oder kennen muss2139. – Unangekündigte Hausbesuche eines HV, selbst wenn sie schriftlich nicht angekündigt oder vereinbart wurden2140. Denn der Betroffene braucht den HV nicht zu empfangen. Ein „erzwungener Zutritt“, also hartnäckiges bzw. aufdringliches Verhalten des Vertreters, ist jedoch ebenso wettbewerbswidrig wie die Nichtbeachtung des an der Haustür angebrachten Hinweises, Vertreterbesuche seien unerwünscht2141. Wettbewerbswidrig kann ein unerbetener Vertreterbesuch sein, falls der Interessent nur Prospektmaterial angefordert hatte2142. – Nutzung der Marke oder des Logos des Unternehmers mit dessen Zustimmung. Auch zum Verkauf von Gebrauchtfahrzeugen darf eine Händler die Marke des Herstellers nutzen: Die Leuchtreklame eines ehemaligen Vertragshändlers und jetzigen freien KfzBetriebs mit den Aufschriften „VW“ und „Audi“ und dem Zusatz „Spezialist“ ohne Verwendung des Originalschriftzuges dieser Marken wird als Anpreisung der eigenen Tätigkeit in Bezug auf solche Fahrzeuge verstanden, die marken- und wettbewerbsrechtlich zulässig ist2143. Noch weitergehend judizierte der BGH2144, Mitsubishi habe keinen berechtigten Grund i.S.v. § 24 Abs. 2 MarkenG, dem nicht in sein Vertriebssystem eingebundenen Wiederverkäufer der Markenware bei dessen Werbung, die keine besondere Geschäftsbeziehungen (etwa als Vertragshändler 2145) zu ihr vortäuscht, die Verwendung des Firmenlogos zu untersagen und ihn auf die bloß namentliche Nennung des Produktes (Wortmarke) zu beschränken. Auch ein nicht als Vertragshändler eingesetzter Kfz-Händler kann daher mit dem Logo des Herstellers

2135

2136

2137 2138

BGH GRUR 1994, 630 (634) – CartierArmreif; 1991, 223 (225) – Finnischer Schmuck; 1988, 620 (621 f) – Vespa; Omsels in: Harte-Bavendamm/HenningBodewig GWB 2. Aufl. § 4 Nr. 9 Rn 237. Schmidhuber WRP 2010, 593 (596 ff); aA Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 ff; Hoeren BB 2008, 1182; ders. WRP 2009, 789. Schmidhuber WRP 2010, 593 (596 ff). OLG Oldenburg, Urt. v. 15.02.2007 – 1 U 97/06, WRP 2007, 460.

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2139 2140 2141 2142 2143

2144 2145

BGH, Urt. v. 11.01.2007 – I ZR 96/04, WRP 2007, 951. BGH GRUR 1959, 277. LG Hamburg WRP 1987, 272. BGH GRUR 1968, 648; ZIP 1990, 199. Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 30.01.2002 – 4 C.142/01, GRUR-Int. 2002, 946. Urt. v. 07.11.2002 – I ZR 202/00, WRP 2003, 534 = GRUR 2003, 340. Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480).

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werben. Wenig später ergänzte der BGH2146, Audi dürfe einem freien Kfz-Vermittler nicht verbieten, mit ihrer Wort-/Bildmarke für die vermittelten Produkte zu werben. Der Händler könne sich auf die markenrechtliche Erschöpfung des § 24 Abs. 1 MarkenG berufen. Auch zugelassenen Vertragswerkstätten eines Händlers darf die Verwendung des Markenlogos eines Herstellers beim Angebot von Neufahrzeugen dieses Herstellers, die der Werkstatt – ohne Schleichbezug – etwa als EU-Importe angeboten worden sind, nicht verwehrt werden, sofern die Verwendung nur im Zusammenhang mit dem beworbenen Fahrzeug geschieht und nicht in einer Weise, die geeignet ist, einen Irrtum dahingehend hervorzurufen, dass die Werkstatt autorisierte Vertragshändlerin wäre2147. Daran mangelt es, wenn sich der Mittler als EU-Mittler bezeichnet oder eine Vielzahl unterschiedlicher Marken vertreibt2148. 2. Wettbewerbswidriges Verhalten. Wettbewerbswidrig ist: 306 – die Werbung eines Mittlers in dem einem anderen Mittler exklusiv zugewiesenen Gebiet, sofern die Exklusivität wechselseitig gewährt wurde. Der HV verstößt zudem gegen die zwischen den HV bestehenden Treupflichten. Der geschützte HV kann ihn auf Unterlassung in Anspruch nehmen. – wenn ein Außenseiter in ein geschlossenes Vertriebssystem eindringt: Ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG ist aber nur gegeben, falls der Käufer einen gebundenen Vertragshändler oder eine gebundene Vertragswerkstatt entweder bewusst zum Vertragsbruch verleitet oder ihn über die Wiederverkaufsabsicht täuscht (Schleichbezug), z.B. sich als Verkaufsvermittler ausgibt, einen Strohmann vorschiebt oder mit ungetreuen Angestellten des Vertragshändlers zusammenwirkt. Fehlt es dagegen an einer dieser Voraussetzungen (Verleiten zum Vertragsbruch oder Schleichbezug), bestehen Ansprüche nach §§ 3, 8 Abs. 1 UWG nicht2149. Der Hersteller/Importeur, der gegen einen gewerblichen Wiederverkäufer vorgehen will, stößt oft auf Beweisschwierigkeiten. Einen Schleichbezug wird er kaum nachweisen können. Etwas besser sieht die Situation beim Verleiten zum Vertragsbruch aus2150. Ein solches kann im Einzelfall bestehen, weil es dem Vertragshändler eines selektiven Vertriebssystems vertraglich untersagt ist, die Ware an nicht autorisierte Wiederverkäufer zu verkaufen. Es genügt jedes bewusste Hinwirken darauf, dass der andere einen Vertragsbruch begeht, wenn auch dessen Widerstand noch so gering ist. Legt der Hersteller dar, dass er ein gedanklich lückenloses Vertriebssystem unterhält, soll eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass der Außenseiter die Ware nur auf wettbewerbsrechtlich unzulässige Weise erworben haben kann2151. Das ist schon deshalb zweifelhaft, weil der Außenseiter die Bindungen innerhalb des Vertriebssystems nicht kennen muss, schon gar nicht außerhalb seines Heimatlandes.

2146

2147 2148

BGH, Urt. v. 17.07.2003 – I ZR 256/00, GRUR 2003, 878 = NJW-RR 2003, 1402; ebenso OLG Naumburg GRUR-RR 2001, 297 (298) – Mitsubishi; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2001, 299 (300) – MercedesStern; hierzu auch Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480). LG Köln, Urt. v. 06.03.2008 – 84 O 159/07, S. 10; Niebling WRP 2010, 81 (84). BGH, Urt. v. 17.07.2003 – I ZR 256/00, GRUR 2003, 878 = NJW-RR 2003, 1402

2149

2150 2151

(1403); Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480). BGH BB 1999, 1888; Busche WRP 1999, 1231; Ensthaler NJW 2000, 2482; Köhler BB 1999, 1892; Sack WRP 2000, 447; Tiemann WRP 2004, 289; Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1343). Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1343). WRP 2000, 734 (736); OLG Thüringen WRP 1997, 980; Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1344).

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– Nutzung der Marke oder des Logos des Unternehmers ohne dessen Zustimmung: Ist eine Marke ohne Zustimmung ihres Inhabers für seine Agenten oder Vertreter eingetragen worden, darf der Markeninhaber gem. §§ 11, 17 MarkenG Löschung, Übertragung, Unterlassung oder Schadenersatz fordern. Agent oder Vertreter iSd § 11, 17 MarkenG ist jeder Absatzmittler, der dem Inhaber der Marke so zur Wahrnehmung seiner Interessen verpflichtet ist, dass er die Marke nicht ohne dessen Zustimmung eintragen lassen darf 2152. Markenrechtlichen Ansprüchen kann jedoch Rechtsmissbrauch entgegengehalten werden, wenn ein Vertriebspartner nach 7jähriger Vertragsdauer Rechte aus den noch während der Vertragsbeziehung und ohne Einverständnis oder Kenntnis des Unternehmers in Behinderungsabsicht angemeldeten Marken geltend macht, um dem Unternehmer von einer weiteren Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit den vertriebenen Produkten auszuschließen2153. – die Nutzung vorgefertigter Kündigungsschreiben, je nach Sachverhaltsgestaltung. Ob die Nutzung vorgefertigter Kündigungsschreiben unlauter im Sinne des § 3 UWG ist, ist allerdings umstritten: Das OLG Köln vertrat in seiner Entscheidung vom 16.03.19902154, bei einer Lebensversicherung reiche das bloße Abwerben von Kunden eines Wettbewerbers nicht für die Annahme unlauteren Verhaltens iSd § 3 UWG aus, sofern nicht sonstige unlautere Momente hinzuträten. Ein unlauteres Abwerben könne vorliegen, wenn ein Konkurrent oder ein das Unternehmen wechselnder Vertreter den Kunden des bisherigen Prinzipals Kündigungshilfe mittels vorgedruckter oder sonst mechanisch vervielfältigter Formularschreiben leiste. Nach aA soll die Hilfe des Versicherungsvertreters bei der Fertigung von Kündigungsschreiben der Versicherungsnehmer für sich betrachtet noch kein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen2155. Träten jedoch weitere Umstände hinzu, etwa die Förderung des Vertragsabschlusses mit einem Wettbewerber, gelte anderes. In diesem Fall dürfe der Unternehmer wegen entfallender Billigkeit zumindest einen Teil des Ausgleichs zurückfordern2156. Das OLG Nürnberg judizierte mit Urt. v. 24.07.19902157, eine Kündigungshilfe sei unlauter, falls sich der Kunde bereits zum Vertragsschluss mit dem Abwerbenden entschlossen habe. Denn in diesem Fall werde der Entschluss durch die Hilfeleistung bei der Kündigung gefördert. Zudem nehme der Abwerbende den Kunden durch die Mitnahme und das Absenden der Kündigungsschreiben die Möglichkeit, sich nochmals mit der Frage der Kündigung auseinander zu setzen. Dem stimmt das OLG München2158 zu: Die Kündigungshilfe sei auch dann, wenn die Entscheidung des Kunden für einen Wechsel getroffen sei, unlauter, weil der Kunde auf diese Weise „bei der Stange“ gehalten werde, ohne dass er die Frage der Kündigung nochmals überdenken könne. Das OLG Brandenburg hatte in seiner Entscheidung vom 12.06.20012159 über die Kundenabwerbung durch einen ehemaligen Mitarbeiter, der als Versicherungsvertreter für das Unternehmen tätig gewesen war und nach der Kündigung eine selbstständige Tätigkeit als Versicherungsmakler aufgenommen hatte, zu entscheiden. Das OLG war der Ansicht, es stehe einem ehemals als HV für ein Unternehmen Tätigen auch nach Beendigung des Vertreterverhältnisses grundsätzlich frei, dem Unternehmen, für welches er bisher tätig gewesen war, 2152

2153 2154 2155

BGH, Urt. v. 26.06.2008 – I ZR 190/05, NJW-RR 2009, 114 (118); GRUR 2008, 611 = WRP 2008, 940 Rn 21. BGH, Urt. v. 26.06.2008 – I ZR 190/05, NJW-RR 2009, 114 (116). GRUR 1990, 536. OLG Rostock, Hinweisbeschl. v. 04.12.2008 – 1 U 57/08.

210

2156 2157 2158 2159

OLG Rostock, Hinweisbeschl. v. 04.12.2008 – 1 U 57/08. NJW-RR 1991, 233. GRUR 1994, 136. Urt v. 24.06.1993, VersR 2002, 759.

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auch in dem Bereich Konkurrenz zu leisten, in welchem er es vorher vertrat. Einen generellen Anspruch auf Erhaltung seines Kundenstammes besitze der Unternehmer nicht. Wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sei ein solches Verhalten nur, wenn unlautere Mittel angewendet würden. Unlauter sei es nicht, wenn Kündigungshilfe unter Verwendung von Formularen geleistet werde. Das OLG Celle nahm in seiner Entscheidung vom 13.09.20012160 an, die Aufforderung an den Kunden zur Kündigung von Verträgen mit Wettbewerbern bei gleichzeitiger Vorlage eines vorgefertigten Kündigungsschreibens sei unlauter, wenn es sich um eine außerordentliche Kündigung handele. Der BGH2161 entschied zum Franchiserecht, die Abwerbung von vertraglich gebundenen Kunden durch Vorlage vorformulierter Kündigungsschreiben, die nach Einfügen des Kündigungstermins nur noch zu unterschreiben seien, bliebe auch dann zulässig, falls die Abwerbung durch den ehemaligen Angestellten des HV erfolge und dieser Angestellte nun im Rahmen seiner Tätigkeit als Franchisenehmer handele. Möglicherweise wäre der Fall anders zu beurteilen, wenn es sich bei dem Abwerbenden nicht um einen vormaligen Angestellten, sondern um den HV selbst handelte. Denn dann läge bei Nutzung von Geschäftsgeheimnissen des Unternehmers ein gemäß § 90 unzulässiger Geheimnisbruch des HV vor. Sollte der Vertreter Sach-, HUK- und Rechtsschutzversicherungen vermitteln, war die Verwendung von vorgedruckten oder sonst auf mechanischem Wege vervielfältigten Kündigungsschreiben bislang gemäß Ziff. 56 der alten Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft vom 15.12.1977 unzulässig. Fischer2162 vertritt in einer Besprechung des BGH-Urteils, die Kündigungshilfe sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände wettbewerbswidrig. Solche seien etwa die Gefahr der Irreführung (§ 5 UWG), sofern der Abwerbende den Akzent auf die Kündigungshilfe lege und dabei dem Abzuwerbenden entscheidungserhebliche Angaben zum eigenen Leistungsangebot vorenthalte, die dieser als Informationsgrundlage benötige, um eine sachgerechte Entscheidung in Bezug auf Kündigung und Wechsel treffen zu können. Gewähre der Abwerbende die Kündigungshilfe nur, wenn der Kunde zu ihm wechselt, so müsse dieser auf die Verknüpfung hingewiesen werden. Von einer unzumutbaren Belästigung (§ 7 Abs. 1 UWG) durch das Eindringen in die Privatsphäre sei auszugehen, falls dem Kunden im Rahmen einer unangekündigten Haustürwerbung das Kündigungsschreiben vorgelegt werde. Eine „Überrumpelung“, vor der § 7 UWG ebenfalls schütze, komme bei unangekündigter Haustürwerbung in Betracht, wenn der Abwerbende sich die Kündigung sofort unterschreiben lasse und mitnehme. Die Einordnung der Kündigungshilfe als unangemessene unsachliche Beeinflussung (§ 4 Nr. 1 UWG) durch übertriebenes Anlocken oder Verschaffen einer psychischen Zwangslage sei kaum denkbar. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 7, Nr. 8 UWG komme in Betracht, wenn der Konkurrent herabgesetzt, verunglimpft oder durch Behauptung nicht erweislich wahrer Tatsachen in seinem Ruf geschädigt werde. Eine sonstige gezielte Behinderung eines Wettbewerbers i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG werde in der Regel verneint werden können, da ein lauterkeitsrechtlicher Schutz vor der Abwerbung der eigenen Kundschaft durch Konkurrenten nicht bestehe. Der Abwerbung durch ehemalige Mitarbeiter könne durch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots vorgebeugt werden. Unlauter sei es allerdings, falls Kundendaten verwendet werden, die auf unlautere Weise erlangt wurden. Die Feststellung eines Zuwiderhandelns gegen eine privatwirtschaftliche Wettbewerbsrichtlinie ersetze nicht die Prüfung, ob ein unlauteres Verhalten im Sinne des UWG vorliege. 2160 2161

13 U 46/01. BGH, Urt. v. 07.04.2005 – I ZR 140/02, ZIP 2005, 1380 = WRP 2005,

2162

874 m. Bespr. Fischer WRP 2005, 1230. WRP 2005, 1230.

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1. Buch. Handelsstand

– Die Versendung von Schreiben an vormalige Kunden, mit denen wegen „wichtiger Vertragsinformationen“ um einen Anruf beim Mittler gebeten wird, wenn hierdurch die Kunden abgeworben werden sollen und der Eindruck hervorgerufen wird, es handele sich um ein Schreiben des vormaligen Unternehmers2163. – unangekündigte Telefonanrufe zu Wettbewerbszwecken sowohl im privaten wie im gewerblichen Bereich2164. Dies gilt namentlich, wenn zu dem Inhaber des Telefonanschlusses keine geschäftliche Beziehung bestand2165. Nichts anderes kann angenommen werden, sofern der Vertreter seinen Anruf vorher schriftlich ankündigte2166. Ausnahme: der Angerufene hat zuvor sein (stillschweigendes) Einverständnis mit dem Anruf erklärt2167. Ein in AGB enthaltenes Einverständnis mit telefonischer Werbung ist unzulässig2168. Entsprechende Grundsätze gelten für Fernkopien. – Unverlangte E-Mails, mit denen ein HV versucht, Mitarbeiter eines anderen Unternehmens abzuwerben, solange nicht (zumindest) eine mutmaßliche Einwilligung für deren Zusendung vorliegt. Ein HV, der in einem Strukturvertrieb wirbt, ist Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG. Ein Unternehmen, das wie der HV Produkte im Direktmarketing verkauft, und der HV sind Mitbewerber i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, soweit sie als Nachfrager nach gleichartigen Dienstleistungen auftreten. Das ist der Fall, wenn sowohl das Unternehmen als auch der HV Vertriebspartner für den Direktvertrieb suchen. – die Verwendung unwirksamer (formularmäßiger) Vertragsbestimmungen, z.B. Wettbewerbsverbote, etwa nach § 90a, oder unwirksamer Beschränkungen des Ausgleichs2169, ebenso die ohne Zustimmung des Händlers erfolgte Gegenüberstellung von unverbindlicher Preisempfehlung mit dem tatsächlichem Preis, wenn dem Händler ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt wurde2170 oder die Verwendung von Klauseln, die nach Art. 101 AEUV nichtig sind2171. – sofern ein gebundener Versicherungsvermittler im Wege der Ventillösung konkurrierende Versicherungsprodukte mehrerer anderer Versicherer anbietet (unzulässige geschäftliche Handlung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG)2172. – Wenn der HV heimlich eine weitere Vertretung für einen Wettbewerber übernimmt, ohne den Wettbewerber von der Heimlichkeit in Kenntnis zu setzen2173. – der HV lässt trotz bestehenden Vertragsverhältnisses einen Wettbewerber des Unternehmers in bereits angebahnte Geschäfte mit Kunden eintreten2174. – Geschäftsgeheimnisse: Ein HV verwertet unzulässig eine Kundenliste des Unternehmers als Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 17 Abs. 2 UWG, wenn die Namen der Kunden im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit in die persönlichen Unterlagen des Vertreters gelangt sind und von ihm bei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit außerhalb des Unternehmens verwertet werden2175. Dem Unternehmer ist das Verhalten des HV nicht 2163 2164 2165

2166 2167 2168 2169

LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. Emde VersR 2001, 148 (151). BGH DB 1970, 1583; WRP 1991, 470; BB 1990, 301; GRUR 1989, 753/754; BGHZ 54, 188. BGH WM 1989, 1396 = ZIP 1989, 1258. BGH ZIP 1990, 199; BB 1991, 1140; 1995, 1211. BGH BB 1999, 1130. Koch WM 2001, 1016 (1019); Martinek/ Flohr § 9 Rn 35.

212

2170 2171

2172 2173 2174 2175

BGH, Urt. v. 28.06.2001 – I ZR 121/99, BB 2001, 1973. LG Frankfurt/Main, Urt. v. 15.11.2002 – 3–11 O 87/02, EWiR 2003, 573 (Emde). Die Entscheidung wurde angeblich vom OLG Frankfurt aufgehoben. OLG Schleswig, Urt. v. 13.07.2010 / 6 U 26/10, VersR 2011, 115. Martinek/Flohr § 9 Rn 35. Martinek/Flohr § 9 Rn 35. BGH GRUR 2003, 453 (454).

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über § 8 Abs. 4 UWG zuzurechnen, weil es um eine wettbewerbswidrige Verwertung von Geheimnissen des früheren Unternehmers und damit nicht um eine von § 8 Abs. 4 UWG vorausgesetzte Gefährdung durch das arbeitsteilige Zusammenwirken von HV und Unternehmer geht. Der Unternehmer kann jedoch eigenverantwortlich als Störer oder als Tatbeteiligter am Geheimnisverrat haften. Eine Haftung des Unternehmers aus § 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 2 UWG kommt insbesondere in Betracht, sofern der Unternehmer dem HV für „mitgebrachte“ Kunden eine recht hohe Zusatzprovision von 15 % verspricht2176. Mithin haftet der Inhaber eines hiervon profitierenden Betriebs für Spionage oder Geheimnisverrat eines HV, falls er den Verstoß fördert2177. Ähnlich entschied das OLG Saarbrücken: Der HV handelt wettbewerbswidrig, wenn er nach seinem Ausscheiden Kundenlisten des früheren Unternehmers, welche er unbefugt an sich gebracht hat, zum Zwecke des Wettbewerbs für ein Konkurrenzunternehmen nutzt. Dieser durch § 17 Abs. 2 UWG und nicht durch § 90 eröffnete Anspruch ist hinsichtlich sämtlicher Kunden begründet, gleich ob es sich um Stammkunden oder sonstige Kunden des Unternehmers handelt. Nicht zu entscheiden sei der Fall der Verwertung von Kundenadressen, welche dem HV bei seinem Ausscheiden im Gedächtnis blieben. Greife der HV unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 UWG auf Kundenlisten seines früheren Unternehmers zurück, so sei ihm jegliche Verwertung untersagt2178. – Erweckt ein Kfz-Hersteller in Kundenanschreiben den unzutreffenden Eindruck, die Kunden könnten Nachteile bei der Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen erleiden, sollten sie ihre Wartungs- und Reparaturarbeiten nicht bei einem Vertragshändler des Herstellers durchführen lassen, so kann darin eine unbillige Behinderung eines aus dem Vertragshändlernetz ausgeschiedenen freien Händlers nach § 3 UWG in Form einer boykottähnlichen Maßnahme liegen2179. – Vortäuschen der Vertragshändlereigenschaft: Niemand, der nicht Vertragshändler des Unternehmers ist, darf sich als solcher gerieren2180. Eine Werkstatt oder ein Händler dürfen z.B. keinen Vertriebsvertrag mit einem Kfz-Hersteller vortäuschen, der nicht existiert. Der Werbehinweis „Kfz-Meisterbetrieb speziell für Mercedes-Benz“ ist aber als zulässig angesehen worden2181, ebenso die Werbung mit „Mercedes-Benz SpezialAbteilung“ durch einen Autoreparaturdienst2182. Die Angabe „Porsche-Spezial-Werkstatt“ für eine Kfz-Werkstatt ohne Vertragsbeziehungen zu Porsche wurde hingegen untersagt, weil der Verkehr nicht hinreichend zwischen „Vertragswerkstätten“ und „Spezialwerkstätten“ für Porsche-Fahrzeuge unterscheidet2183. Wettbewerbsrichtlinien privater Verbände – etwa die Wettbewerbsrichtlinien der Ver- 307 sicherungswirtschaft – können die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise wiedergeben, in welchen Fällen eine Wettbewerbswidrigkeit vorliegt 2184. Sie sind daher bei der Bewertung eines Verhaltens eine Auslegungshilfe, können jedoch nur bei allseitiger Überzeugung ihrer Richtigkeit durch die maßgeblichen Verkehrskreise entscheidend sein. 3. Zurechnung. Vgl. zunächst oben, Rn 306, Stichwort „Geschäftsgeheimnisse“, zur 308 Verwertung der Kundenliste. Die Strafvorschrift des § 17 UWG gilt nicht für den HV, da 2176 2177 2178 2179 2180

BGH GRUR 2003, 453 (454). Dittmer EWiR 2003, 731 (732). OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.07.2002 – 1 U 901/01, GRUR-RR 2002, 359. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 03.08.2004 – 11 U 17/04 (Kart), GRUR-RR 2005, 197. OLG München, Urt. v. 28.01.1988 – 29 U 6053/86, GRUR 1988, 708.

2181 2182 2183 2184

OLG Hamm GRUR 1989, 285 (287). KG GRUR 1977, 537. KG WRP 1978, 54. BGH GRUR 1969, 474 (476); 1991, 462 (463).

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er als Selbständiger kein tauglicher Täter ist2185, er kann jedoch Teilnehmer sein. HV sind jedoch als Beauftragte im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG anzusehen, so dass der Unternehmer für Wettbewerbsverstöße des HV auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann2186. Für die wettbewerbswidrige Handlung eines Franchisenehmers haftet der Franchisegeber grundsätzlich nicht auf Schadenersatz. Eine Störerhaftung kann nur Abwehransprüche begründen2187. Hingegen hat ein Vertriebshändler, der Schuldner einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist, für die in einer auch in seinem Namen gezeichneten, von dem Hersteller geschalteten Werbeanzeige liegende Zuwiderhandlung einzustehen, wenn er dessen Praxis zur Veröffentlichung zentraler, mit den Händlern im Detail nicht abgestimmter Werbeaktionen kennt und seine Haftungserklärung beim Hersteller nicht aktenkundig gemacht hat2188.

VI. Das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) 309

Am 18.08.2006 trat das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Das AGG ist im nachfolgend dargestellten Umfang auf Vertriebsverträge anwendbar2189, auch auf die von HV, Vertragshändlern oder Franchisenehmern. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG finden sämtliche Vorschriften des AGG zum Schutze der Beschäftigten vor Benachteiligungen auf Selbständige Anwendung, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Dies sind gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG Selbständige – zu ihnen zählen die vorgenannten Mittler –, die nicht persönlich sondern lediglich wirtschaftlich abhängig sind. Maßgebend ist, dass der Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bei einem Auftraggeber liegt und die hieraus entstehende Vergütung die wesentliche Existenzgrundlage darstellt. Da die Vorschrift § 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 ArbGG weitgehend entspricht, kann die diesbezügliche Rspr. herangezogen werden2190. Abzulehnen ist die Ansicht2191, derzufolge selbstständige Absatzmittler, die nur für einen Unternehmer tätig sind, immer unter diese Vorschrift fallen2192. Allerdings werden HV, die nur für einen Unternehmer tätig sind, häufig derart einzuordnen sein, da sie faktisch wirtschaftlich und sozial von ihm abhängig sind2193. Eine Verdienstgrenze ist nicht maßgeblich. Das gleiche gilt für Franchisenehmer und Vertragshändler2194. Nach aA gilt das AGG für HV insgesamt nur hinsichtlich seiner Zugangsbedingungen, nicht jedoch hinsichtlich der Ausübungsbedingungen2195. Nach beiden Meinungsgruppen finden auf Vertriebspartner jedenfalls die Normen des AGG Anwendung, welche nach § 6 Abs. 3 AGG für Selbständige gelten. Gem. § 6 Abs. 3 AGG sind Absatzmittler, die lediglich für einen Auftraggeber tätig werden bzw. mit denen eine Alleinbezugsverpflichtung (etwa beim Vertragshändler) vereinbart wurde, den arbeitsrechtlichen Vorschriften des AGG unterworfen2196. Auf sie anwendbar sind die Vorschriften, welche den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg regeln2197. Der sachliche Anwendungsbereich 2185

2186

2187 2188

RG LZ 1914, 399; JW 1927, 2387; Martinek/Flohr § 9 Rn 35; Köhler/Piper UWG § 17 Rn 12; Schmidt-Rimpler S. 88; aA RG MuW 1932, 235 (237); Schlegelberger/ Schröder § 90 Rn 12. OLG Köln, Urt. v. 08.10.2010 – 6 U 69/10, MMR 2011, 321; Martinek/Flohr § 9 Rn 35; für Franchiseverträge Giesler/ Nauschütt § 3 Rn 90. BGH BB 2000, 1959. OLG Köln, Urt. v. 30.03.2007 – 6 U 207/06, WRP 2007, 1272.

214

2189 2190 2191 2192 2193 2194 2195 2196 2197

Budde BB 2007, 731 (732); Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11; Hopt § 86 Rn 10. Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. Budde BB 2007, 733 (732). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. Budde BB 2007, 731 (732). Budde BB 2007, 731 (735). Bauer/Göpfert/Krieger DB 2005, 595 (597). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. Budde BB 2007, 731 (732); Hopt § 86 Rn 10.

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des AGG ist zwar grundsätzlich in § 2 AGG geregelt. Er wird jedoch durch § 6 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG für Selbstständige beschränkt auf die „Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie für den beruflichen Aufstieg“. Dagegen sind gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG die dort geregelten Bereiche ausgeschlossen, weil hier die Existenz eines Beschäftigungsverhältnisses vorausgesetzt wird2198. „Beruflicher Aufstieg“ ist für Absatzmittler unpassend und kann auf die vergleichbaren Sachverhalte „Karriere im System“, Erweiterung des Sortiments bzw. des Geschäftskonzepts, des Vertragsgebietes, des Rechts zur Eröffnung eines weiteren Systembetriebs, die Zuteilung eines zusätzlichen Vertragsgebietes, eine mit diesen Erweiterungen verbundene finanzielle Besserstellung etc. erstreckt werden2199. Umstritten ist, ob der sachliche Anwendungsbereich auf Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Beendigung des Vertragsverhältnisses auszuweiten ist2200. Es ist kein Grund ersichtlich, warum während des Vertrages Benachteiligungsverbote bestehen, während die Beendigung eines unter Umständen langjährigen Vertragsverhältnisses ohne einen Diskriminierungsschutz möglich sein soll2201. Die Anwendung des AGG ist auch zu bejahen, wenn mehrere Vertriebspartner als Personengesellschaft tätig werden. Sie können sogar als arbeitnehmerähnliche Personen angesehen werden, wenn sie wirtschaftlich vom Auftraggeber abhängig sind. Dann gilt für sie das AGG insgesamt. Anderenfalls gelten für sie lediglich die Bestimmungen über Zugang und Aufstieg2202. Die Anwendung des AGG auf als juristische Person organisierte Vertriebsmittler ist ausgeschlossen. Es kann aber damit gerechnet werden, dass die Rspr. Ausnahmen für Fälle der „Ein-PersonenGesellschaft“ bilden wird2203. Die Anwendbarkeit der Vorschriften aus dem zivilrechtlichen Abschnitt des AGG ist gemäß § 19 Abs. 1 AGG beschränkt auf Massengeschäfte, vergleichbare Schuldverhältnisse und zivilrechtliche Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben. Diese Vorschriften sind auf Vertriebsverträge mit HV, Vertragshändlern und Franchisenehmern unanwendbar2204. In § 1 AGG werden sechs Merkmale aufgeführt, auf die sich das Benachteiligungsver- 310 bot bezieht, nämlich Alter, Behinderung, ethnische Herkunft bzw. Rasse, Geschlecht, Religion und Weltanschauung sowie sexuelle Identität. Beispiel für eine unmittelbare Benachteiligung ist es, wenn einem Bewerber wegen des Geschlechts eine Absage erteilt wird. Eine mittelbare Benachteiligung liegt gemäß § 3 Abs. 2 AGG vor, falls durch ihrem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt werden, es sei denn, ein rechtfertigender Grund liegt vor. Bei Franchiseverträgen kann das Benachteiligungsverbot etwa bei der systemtypischen Kleidung bedeutsam werden, sofern bestimmte, eine religiöse Überzeugung begründende Kleidungen nicht getragen werden können2205. Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Regelungen in Vereinbarungen unwirksam, die gegen das AGG verstoßen. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass eine diskriminierende Vereinbarung über Provisionskürzungen oder Gebietsverkleinerungen unwirksam ist. Gem. § 15 Abs. 1 AGG bleibt der Unternehmer verpflichtet, bei 2198

2201

2199

2202

Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12). 2200 Budde BB 2007, 731 (733); Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, 2007, S. 41, Rn 96; aA Bauer/Göpfert/Krieger AGG, 2007, § 2 Rn 30, § 6 Rn 31; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, 2007, § 6 Rn 16; Wilemsen/Schweibert NJW 2006, 2583 (2584).

Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12). Budde BB 2007, 731 (732). 2203 Budde BB 2007, 731 (732); Hopt § 86 Rn 10. 2204 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12/13). 2205 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12/13).

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einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot den entstandenen Schaden zu ersetzen, falls der Unternehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Ein abgelehnter Bewerber hat keinen Anspruch auf Abschluss eines Vertriebsvertrages (§ 15 Abs. 6 AGG)2206. Der Schadenersatzanspruch gem. § 15 Abs. 1 AGG umfasst die bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder einer Festlaufzeit, bei Franchiseverträgen leicht eine fünf- bis zehnjährige Vertragslaufzeit2207, entgehenden Gewinne. Diskutiert wird, diesen Schadensersatzanspruch auch im Falle einer zu erwartenden Festlaufzeit auf den bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gem. § 89 entstehenden Schaden zu beschränken2208, was regelwidrig sein dürfte. Gemäß § 22 AGG muss der Benachteiligte lediglich Indizien beweisen, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Dann kehrt sich die Beweislast um. Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das AGG vorliegt. Empfohlen wird, bei Strukturkündigungen sollten Anhaltspunkte vermieden werden, 311 die auf die Anwendung unzulässiger Kriterien schließen ließen2209. Potenzielle Auftraggeber sollten Stellenausschreibungen z.B. für HV oder Franchisenehmer möglichst neutral formulieren2210. Auch die Auswahlentscheidung bei einer Erweiterung des Vertriebsgebietes kann gegen das AGG verstoßen2211. So könnte die Voraussetzung einer langjährigen ununterbrochenen Beschäftigung für die Erweiterung des Vertrages zu einer mittelbaren Benachteiligung weiblicher Vertriebspartner führen, bei denen eine Unterbrechung ihrer beruflichen Tätigkeit wesentlich häufiger eintritt als bei männlichen Kollegen2212. Selbst die Höhe des Provisionsanspruches darf nicht an das Alter des HV geknüpft werden2213. Die Beendigung eines Vertriebsvertrages sollte nachweisbar nach den Kriterien des § 1 AGG getroffen werden.

VII. Versicherungsrechtliche Repräsentanteneigenschaft 312

Der HV ist hinsichtlich der Kfz-Versicherung versicherungsrechtlicher Repräsentant des Unternehmers, wenn er aufgrund einer mit dem Unternehmer getroffenen Vereinbarung das durch den Unternehmer geleaste und vorfinanzierte Kfz zu eigenen Zwecken nutzen durfte, der Pkw nicht in den Geschäftsbetrieb des Unternehmers eingegliedert war und der HV nach Ablauf der Leasingzeit das Fahrzeug auszulösen bzw. bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen zu übernehmen hatte2214.

VIII. Wehr- und Ersatzdienst 313

Zu den Folgen von Wehr- und Ersatzdienst auf das HV-Verhältnis siehe Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 8.

IX. Berufsverbote 314

Dem HV kann die Tätigkeit in anderen Berufen untersagt sein. So verbietet etwa § 17 SpG BW2215 HV nicht öffentlich-rechtlicher Unternehmen, die gewerbsmäßig Bank-, Finanzdienstleistungs- oder Versicherungsgeschäfte betreiben oder vermitteln, und deren Zusammenschlüsse die Zugehörigkeit zum Verwaltungsrat der Sparkasse. 2206

2212

2207

2213

Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (13). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (13). 2208 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (14). 2209 Budde BB 2007, 731 (733). 2210 Budde BB 2007, 731 (735). 2211 Budde BB 2007, 731 (735).

216

2214 2215

Budde BB 2007, 731 (735). Budde BB 2007, 731 (735). OLG Koblenz, Urt. v. 22.12.2000 – 10 U 508/00, VersR 2001, 1507. I.d.F. v. 19.07.2005 (GBl. S. 587) BWGültV Sachgebiet 7640.

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Vor § 84

X. Beweislast Die Beweislast für die Anwendbarkeit der vorgenannten Normen trägt derjenige, der 315 sich auf sie beruft2216.

F. Zwingendes Recht Das HV-Recht 1897 kannte nur dispositives Recht, wenngleich die Parteien natürlich 316 von Anfang an nicht darüber disponieren konnten, ob der Mittler nun HV war oder nicht. Im Grundsatz ist das HV-Recht noch immer disponibel2217, so dass die grundgesetzlich geschützte Gestaltungs- und Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)2218 außer an den nachfolgend näher dargestellten zwingenden Vorschriften der §§ 84 ff nur ihre Grenzen an den §§ 242, 134, 138 BGB2219 sowie an den §§ 305 ff BGB findet. Insbesondere die HV-RL 1986 brachte jedoch eine weitgehende Einschränkung dieser Gestaltungsfreiheit2220. Ihre Rechtfertigung findet sie in der Schutzbedürftigkeit des HV, der rechtstatsächlich oft einem Arbeitnehmer gleicht2221. Eine Vereinbarung, die gegen eine zwingende Vorschrift verstößt, ist gem. § 134 BGB unwirksam. Jedoch wird, sofern nicht das gesamte Vertragsgefüge, d.h. das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung auseinander fällt, regelmäßig anzunehmen sein, dass der HV-Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre (§§ 139 BGB, 306 Abs. 3 BGB)2222. Gemäß § 92c kann von den zwingenden Regeln abgewichen werden, sofern der HV seine Tätigkeit außerhalb des Gebietes der EU oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum ausübt oder mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut wird, welche die Befrachtung, Abfertigung oder Ausrüstung von Schiffen oder die Buchung von Passagen auf Schiffen zum Gegenstand haben (i.E. s. Kommentierung zu § 92c). Zwingend sind folgende Bestimmungen: § 85 (Urkundsanspruch), § 86 Abs. 1, 2 317 (Interessenwahrnehmungs- und Benachrichtigungspflicht des Vertreters), § 86a Abs. 1, 2 (Überlassungs- und Unterrichtungspflicht des Unternehmers), § 86b Abs. 1 (Delkredereprovision), § 87a Abs. 1 (Vorschussanspruch), § 87c (Abrechnungs- und Informationsanspruch des Vertreters), § 88a (Zurückbehaltungsrecht), § 89a Abs. 1 (außerordentliche Kündigung). Halbzwingend sind die §§ 87a Abs. 2 (Nichtleistung des Kunden), 87a Abs. 3 (Nicht- 318 ausführung des Geschäfts), 87 Abs. 4 (Fälligkeit des Provisionsanspruch), 89 Abs. 1 (Mindestkündigungsfristen), 89b Abs. 1–3 (Ausgleichsanspruch), 90a Abs. 1–4 (nachvertragliche Wettbewerbsabrede), 92a (Mindestentgelt) und 92b (Kündigungsfrist beim Handelsvertreter im Nebenberuf; hier muss die Kündigungsfrist für beide Vertragspartner gleich lang sein). Bei den halbzwingenden Vorschriften ist eine Abweichung zum Nachteil des Vertreters nicht gestattet.

2216 2217 2218 2219

Für das Kartellrecht OLG Hamburg EWiR 2001, 229 (Pohlmann). Hopt § 86 Rn 7. BVerfGE 8, 274 (328); 88, 384 (403); st. Rspr.; Cornils NJW 2001, 3758. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1.

2220

Siehe etwa Eberstein S. 17; Küstner/Thume I Rn 307 ff; Westphal I Rn 16. 2221 Man denke etwa an Versicherungsvertreter. 2222 Küstner/Thume I Rn 309; Westphal I Rn 14; Hopt § 86 Rn 11; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 5.

Raimond Emde

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G. Spannungsverhältnis zwischen gesetzlichem Leitbild und rechtstatsächlicher Erscheinungsform 319

Die §§ 84 ff und die genannten Vorschriften des „Nebenrechts“ gelten für alle HV, unabhängig von ihrem rechtstatsächlichen oder gesetzlichen Erscheinungsbild2223. Regelungsgegenstand der § 84 ff ist trotz ihres vielleicht missverständlichen Wortlautes das Vertragsverhältnis2224, nicht die Person des Mittlers. Im Grundsatz spielt es folglich für das HGB keine Rolle, ob der Vertreter groß oder klein2225, neben- oder hauptberuflich tätig, Einzelkaufmann oder Handelsgesellschaft ist. Ein allenfalls vor Umsetzung der EURL 1986 auf europäischer Ebene2226 existierender Leitbild-Pluralismus2227, sollte ihn das HGB angesichts der von ihm bezweckten Regelung des Vertragsverhältnisses, nicht des Status des HV, überhaupt gekannt haben, ist für die Gesetzesanwendung unerheblich. Nur muss jeweils geprüft werden, ob § 242 BGB oder eine an §§ 133, 157 BGB orientierte Vertragsauslegung die konkrete Anwendung des Gesetzes beeinflusst. Paradigma ist § 89a. Dasselbe Verhalten mag gegenüber einem HV ein Kündigungsrecht geben, gegenüber einem anderen nicht.

H. Andere Formen von Absatzmittlern 320

1. Handelsvertreterähnliche Mittler. Die Vorschriften der §§ 84 ff sind auf Verträge mit Vertriebsmittlern entsprechend anwendbar, wenn ihre rechtliche und tatsächliche Position der eines Handelsvertreters gleicht oder ähnelt2228. Die analoge Anwendung des HV-Rechts als Fundament im Bausteinsystem des Vertriebsrechts2229 wird deshalb im gesamten ungeregelten handelsvertretergleichen Vertriebsmittlerrecht zugunsten handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler befürwortet, wenn die nachfolgend genannten Analogiekriterien erfüllt sind, nämlich – der Vertriebsmittler selbständig ist, – sich die vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler nicht in einer reinen Verkäufer-Käuferbeziehung erschöpfen, der Vertriebsmittler vielmehr nach Gestaltung und/oder Handhabung des Vertrages durch Pflichten, wie sie in einer Käufer-Verkäuferbeziehung nicht bestehen, auf Dauer so in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in großem Umfang einem HV vergleichbare Aufgaben zu erledigen, insbesondere den Absatz des Unternehmers laufend zu fördern hat und insgesamt den HV-typischen Bindungen unterliegt2230. 2223

Bei der HV-GmbH: Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 52 ff. 2224 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 64. 2225 Krusche EWS, 2001, 523. 2226 Ebenroth/Hakenberg vor § 84 Anh. I Rn 2. 2227 Martinek/Flohr § 8 Rn 18. 2228 Zur Ausgestaltung von Vertriebssystemen, Einheitsgesellschaft, Handelsvertretersystem, Kommissionsagentur, Vertragshändler- und Franchisesysteme Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff. 2229 Emde VersR 1999, 1464. 2230 Zum Vertragshändler: BGH, Urt. v. 13.07.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWIR 2007, 661 (Emde) (Analogie

218

dort verneint); Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919; NJW 1984, 2101; BB 1988, 1770; BB 1967, 44; NJW 1962, 1107; OLG Köln BB 1997, 2451; OLG München BB 1997, 595, Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 22; Manderla in: Martinek/Semler, Handbuch des Vertriebsrechts, § 14 Rn 29; Ullrich in: Martinek/Semler, Handbuch des Vertriebsrechts, 1996, § 14 Rn 7; Westphal Vertriebsrecht II: Vertragshändler, 2000, Rn 131; Emde WRP 2003, 468 ff; Emde WRP 2006, 449 ff; Ostendorf MDR 2008, 1377; Siegert NJW 2007, 188 f.

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Vor § 84

Die schlagwortartige Verkürzung der „HV-ähnlichen Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers“ ist problematisch, weil bereits beim HV eine Einbindung in das Vertriebssystem nicht TB-Merkmal des § 84 ist2231. Es muss also ein Innenverhältnis ähnlich dem eines HV-Vertrages existieren2232. Bedeutsam ist dabei, dass es auf die wirtschaftliche Vergleichbarkeit ankommt, die eher gegeben sein dürfte als eine rechtliche Vergleichbarkeit. Sie wird – was unten Rn 325 ff näher ausgeführt wird – durch eine dem Mittler auferlegte Vertriebspflicht indiziert. Da die Vertriebspflicht jedoch häufig nicht ausdrücklich geregelt wird, muss die HV-ähnliche Einbindung anderen Indizien entnommen werden. Häufig spielt dieses Kriterium in der oft auf Kfz-Vertragshändler bezogenen Rspr. eine geringe Rolle, weil es dort zweifelsfrei ist2233. 2. Handelsvertreterähnliche Stellung. Siehe auch § 89b Rn 31 ff. In Literatur und 321 Rechtsprechung werden folgende vertraglich, ggf. konkludent2234 begründete oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung gefundene2235 Indizien genannt, aus denen auf die HV-ähnliche Eingliederung zu schließen sein soll2236. – Förderung des Absatzes und der Interessen des Herstellers im Vertragsgebiet2237 = Vertriebspflicht – Absatzrisiko des Mittlers2238 – Alleinvertriebsrecht2239 – ständige Wahrnehmung der Interessen des Herstellers, verbunden mit einer besonderen Treupflicht, der Interessenwahrungspflicht2240 – Verpflichtung zum Besuch potentieller und bestehender Kunden2241 – Kontroll- und Überwachungsbefugnisse des Unternehmers2242

2231

Canaris § 17 Rn 14. Hopt § 84 Rn 13. 2233 Ostendorf MDR 2008, 1377. 2234 Canaris § 17 Rn 18. 2235 Canaris § 17 Rn 18. 2236 Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 35; Ullrich in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 20 Rn 8; Westphal II Rn 131; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 75; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2237 BGH, Urt. v. 10.02.1993, BB 1993, 2399; Urt. v. 21.01.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint); Urt. v. 03.03.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816 = BB 1983, 997; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/ Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2238 LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449. 2232

2239

BGH, Urt. v. 03.03.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816; Urt. v. 21.06.1972 – VIII ZR 96/71, MDR 1972, 1028; BGHZ 89, 206; BGH MDR 1993, 520; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau Rn 772; Graf von Westphalen FG Jürgen Gündisch, S. 77 ff; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; jedoch soll dieses Merkmal nicht allein genügen BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2240 BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWIR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 214 ff; Ostendorf MDR 2008, 1377. 2241 BGH, Urt. v. 03.03.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816. 2242 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379).

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1. Buch. Handelsstand

– vertragliches2243 oder nachvertragliches2244 Konkurrenzverbot – Wenn ein Vermittlungsvertrag nicht nur die HV-Tätigkeit, sondern gleichermaßen den Absatz in Form von Eigengeschäften vorsieht. Dann liegt die Substituierbarkeit und damit die HV-gleiche Einbindung nahe2245. In diesem Fall ist es dem Unternehmer gleich, ob der Mittler als HV oder Vertragshändler vermittelt2246 – Einsatz des Händlers für die Marke/Ware auf eigene Kosten2247 – die Verpflichtung des Unternehmers, die Tätigkeit des Mittlers zu unterstützen und die Geräte zu einem marktgerechten Preis zu liefern2248 – eine Gesamtbetrachtung der Verpflichtungen zur wirksamen Absatzförderung, zu den Anforderungen an die Geschäftstätigkeit, das Auftreten, zum Vorhalt eines Bestandes aus der Produktpalette des Herstellers, zu Anforderungen an Größe, Ausstattung etc. des Geschäftsbetriebs, Datenaustausch sowie zuVorgaben betreffend das Rechnungswesen2249 – Pflicht zur Beachtung einer einheitlichen Corporate Identity2250 – Zuweisung eines bestimmten Vertrags- oder Marktverantwortungsgebietes2251, auch wenn kein Gebietsschutz besteht2252 – die Pflicht, keine Angebote in das Ausland abzugeben2253 – andererseits wieder die Möglichkeit des Absatzes der Herstellerprodukte auch außerhalb des Vertragsgebietes – Pflicht zur Befolgung angeblich auch allgemeiner2254 – also wohl nicht vertriebsbezogener – Weisungen des Unternehmers2255, Richtlinien und Empfehlungen des Herstellers für den Verkauf – Berechtigung des Herstellers zu Weisungen bezüglich des zu beliefernden Kundenkreises2256; zu Vorgaben hinsichtlich der gegenüber den Abkäufern zu verwendenden Zah-

2243

BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 72; Hopt § 84 Rn 13. 2244 BGH, Urt. v. 21.01.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint). 2245 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2246 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2247 Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75. 2248 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2249 OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09 – BMW. 2250 Flohr BB 2007, 1866.

220

2251

BGH, Urt. v. 03.03.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816; Urt. v. 21.01.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2252 BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520. 2253 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2254 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2255 BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); Urt. v. 07.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378, 1379). 2256 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

– – – – – – – – – – – – –

Vor § 84

lungs- und Lieferbedingungen2257 (kartellrechtlich wohl unzulässig) bzw. für Kontaktaufnahme und Verhandlungen mit Endkunden Einrichtung von geeigneten Geschäfts- und Werkstatträumen, Vorgaben zu deren Ausstattung2258 Hervorhebung, Wahrung und Pflege des Markennamens des Herstellers2259 Verpflichtung zur Werbung durch den Händler2260, ggf nach Vorgaben des Unternehmers2261, auch hinsichtlich der Werbekosten2262 Verpflichtung zur Schulung der Mitarbeiter durch den Händler2263 oder Hersteller2264 Verpflichtung zur technischen Schulung des Händlers durch den Hersteller2265 Durchführung von Kundendienst- und Reparaturleistungen2266 Übernahme der dem Unternehmer obliegenden Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen des Kunden2267 Einrichtung und Betreuung von Vertragswerkstätten im Vertragsgebiet Vorhaltung von Lagerware2268, insbesondere eine Lagerpflicht für Ersatzteile2269 Vorhaltung von Produkten zu Ausstellungs- und Vorführzwecken, insbesondere die Pflicht zum Erwerb von Vorführgeräten2270 Mindestabnahmepflicht von Herstellerprodukten2271 Orientierung an vorgegebenen Listenpreisen2272 oder Verpflichtung zu Preisnachlässen2273, wobei kartellrechtlich allein unverbindliche Preisempfehlungen zulässig sind2274 Abstimmungspflichten bei der Preisgestaltung des Händlers2275

2257

BGH, Urt. v. 07.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2258 Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2259 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2260 BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; Wauschkuhn in: Schultze/ Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772. 2261 BGH, Urt. v. 07.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2262 BGH, Urt. v. 07.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951. 2263 BGH, Urt. v. 03.03.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816 = BB 1983, 997; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/ Dau, Rn 772. 2264 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2265 BGH, Urt. v. 10.02.1993, BB 1993, 2399. 2266 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2267 LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449. 2268 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2269 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/

Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2270 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2271 BGH, Urt. v. 09.10.2002 – VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003, 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); BGH, Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520; Ullrich in: Martinek/Semler/ Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 20 Rn 8; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Graf von Westphalen FG Jürgen Gündisch, S. 80 ff; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2272 BGH, Urt. v. 07.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951. 2273 BGH, Urt. v. 10.02.1993, BB 1993, 2399; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2274 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Kirchhain WuW 2008, 167 (172). 2275 BGH, Urt. v. 21.01.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint).

Raimond Emde

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

– Kontroll- und Überwachungsrechte des Unternehmers2276, insb. Berechtigung des Herstellers, jederzeit Zutritt zu den Geschäfts- und Lagerräumen des Vertragshändlers zu verlangen2277 – einheitliche Buchführung nach Vorgabe des Herstellers2278 – Hinweis auf die Vertragshändlereigenschaft2279, ggf im Firmennamen – gemeinsame Markt- und Messepolitik mit dem Hersteller2280, insb. Verpflichtung zum Besuch von Messen2281 – eine ins Einzelne gehende Unterrichtung des Unternehmers über Entwicklungen am Markt, die Geschäftsabschlüsse2282 sowie sonstige für den Absatz wesentliche Umstände – HV-ähnliche Berichtspflicht2283, insbes. wenn über Kundennamen vierteljährlich zu berichten ist2284 – Pflicht zur Wahrung der Betriebsgeheimnisse des Unternehmers2285 – die Übersetzung von anfallenden Texten in die Landessprache 2286 (als Indiz von zweifelhaftem Wert) – Verpflichtung zum Vorhalten eines Verkäufers für die Vertragsprodukte2287 – Einsichtsrechte in die Geschäftsunterlagen des Händlers2288. 322 Keinesfalls müssen alle vorgenannten Kriterien gleichzeitig erfüllt sein2289, noch nicht einmal ihr überwiegender Teil. Sie haben zudem unterschiedliches Gewicht2290. Auch ist nicht erforderlich, dass alle nur denkbaren vertretertypischen Kriterien vorliegen2291. 323 Dagegen soll es gegen eine handelsvertretergleiche Einbindung sprechen, wenn – zwar ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt und eine Alleinbezugsverpflichtung begründet wurde sowie der Händler das Markenzeichen des Herstellers zu verwenden hatte, ihm aber hinsichtlich des Vertriebs keine konkreten Vorgaben gemacht wurden2292

2276

BGH, Urt. v. 13.07.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWIR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); Urt. v. 09.10.2002 – VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 772; Genzow Rn 11, 65, 67–71, 73–76, 79; Manderla in: Martinek/ Semler § 14 Rn 24, 34. 2277 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2278 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2279 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2280 BGH, Urt. v. 03.03.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816 = NJW 1983, 1789. 2281 BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; Wauschkuhn in: Schultze/ Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2282 BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592. 2283 BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993,

222

520; Urt. v. 07.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; Urt. v. 03.03.1983, BB 1983, 997; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 241; Canaris § 17 Rn 17; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378, 1379). 2284 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2285 Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 236 ff. 2286 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2287 BGH, Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520. 2288 BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592. 2289 Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 36; Canaris § 17 Rn 18; Westphal II Rn 137; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/ Dau, Rn 772. 2290 Westphal II Rn 138. 2291 OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12. 2009 – 7 U 3071/09 – BMW. 2292 BGH, Urt. v. 08.06.1988 – I ZR 244/86, BB 1988, 1770 = NJW-RR 1988, 1305.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

– eine Verpflichtung des Händlers zur nachdrücklichen Absatzsteigerung sowie zu einem vierteljährigen Erfahrungsaustausch über die Marktsituation sowie Preisgestaltung vereinbart war, ebenso Mindestabnahmemengen und Informations- und Berichtspflichten betreffend die Geschäftsentwicklung, jedoch eine Pflicht zur Information über einzelne Geschäftsabschlüsse fehlt2293. – ein Absatzgebiet zugewiesen wurde, der Mittler einer Abnahmeverpflichtung sowie einem Konkurrenzverbotes unterlag, jedoch eingehende Informations- und Berichtspflichten fehlten2294 – eine Verpflichtung zur Ausrichtung auf die Organisation des Herstellers nicht vereinbart wurde2295 – Kontroll- oder Überwachungsrechte – von der Nachprüfung von Reklamationen abgesehen2296 – des Herstellers nicht existieren2297 – eine enge Kooperation durch persönliche Kontakte, Verkaufsgespräche, gegenseitige Besuche, Besprechungen sowie Strategietreffen als auch durch die Kooperation bei der Entwicklung neuer Produkte und die Überlassung von Verkaufs- und Besuchsberichten bestand, der Händler aber nicht wie im HV-Recht verpflichtet war, die Interessen des Herstellers wahrzunehmen, ein Konkurrenzverbot zu achten oder einen Mindestbezug einzuhalten und keine generelle Richtlinienkompetenz des Herstellers bestand2298 – der Unternehmer keine Absatzorganisation am zugewiesenen Markt unterhält2299. Im entschiedenen Fall gab es auf dem zu bearbeitenden Markt nur einen Kunden als Monopolisten; eine weitergehende Absatzförderung habe nicht erfolgen können2300 – der Vertriebsmittler (ein Markenlizenznehmer) keine Waren des Unternehmers oder mit ihm verbundener Unternehmen vertrieb, sondern nur solche, die er sich von dritter Seite beschaffte und mit der Marke des Unternehmers versah2301 – bei einem Markenlizenzvertrag der Markeninhaber und Lizenzgeber auf dem Gebiet vom Lizenznehmer vertriebenen Waren selbst nicht tätig sei2302. Aus dem Vergleich mit Franchisingverträgen ergäbe sich nichts anderes. Dort sei eine vergleichbare Interessenlage nur in Fallgestaltungen angenommen worden, in welchen dem FN der Vertrieb von Produkten des FG zugewiesen war und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die während der Vertragslaufzeit vom FN neu geworbenen Kunden dem FG allein zustehen sollten2303

2293

OLG Hamm, Urt. v. 9.06.2004 – 35 W 5/04, NJW-RR 1996, 226; zweifelhaft. 2294 OLG Hamm, Urt. v. 15.05.1995, NJW-RR 1996, 226; zweifelhaft. 2295 OLG Köln, Urt. v. 20.05.1994 – 19 U 237/93, BB 1994, 1881. 2296 BGH, Urt. v. 8.06.1988 – I ZR 244/86, BB 1988, 1770 = NJW-RR 1988, 1305 = MDR 1988, 1026. 2297 BGH, Urt. v. 8.06.1988 – I ZR 244/86, BB 1988, 1770 = NJW-RR 1988, 1305 = MDR 1988, 1026; OLG Köln, Urt. v. 20.05.1994 – 19 U 237/93, BB 1994, 1881. 2298 OLG München, Urt. v. 08.01.1997 – 7 U 4334/96, BB 1997, 595. 2299 BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 =

EWiR 2007, 661 (Emde); aA OLG Hamburg DB 1980, 972; Hopt § 84 Rn 15. 2300 Richtigerweise kann ein Kunde genügen,OLG Hamburg DB 1980, 972; Hopt § 84 Rn 15. 2301 BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09 Rn 26 (kein Urteil des Vertriebsrechtssenats), zweifelh., da auch der Produktionsfranchisenehmer oder der mit Arbeitnehmern (Dritten) arbeitende Dienstleistungsvertreter einen Ausgleichsanspruch erhält. Zudem wird auch hier das Produkt mit dem Markennamen des Unternehmers assoziiert; der Kundenstamm fällt ihm zu. 2302 BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09 Rn 32 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats. 2303 BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09 Rn 32 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats.

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223

Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

– zwar Absatzförderungspflicht und Wettbewerbsverbot vereinbart sind, jene Pflichten aber im unmittelbaren Zusammenhang damit standen, dass die Mittler ein exklusives Vertriebs- und Verkaufsrecht eingeräumt erhielten und der Hersteller deshalb darauf angewiesen war, dass der Händler hiervon Gebrauch macht2304 – sofern die die Einbindung und die Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes mglw. begründenden Vorschriften nur den Hauptzweck des Vertrages, im entschiedenen Fall eine Markenlizenzvereinbarung, unterstützen sollen2305 (zweifelhaft, da es auf den Zweck auch beim HV nicht ankommt) – ein Alleinvertriebsvertrag einem Händler neben einem Wettbewerbsverbot u.a. allgemeine Verkaufsförderungspflichten, eine systematische Verkaufsschulung sowie eine allgemeine, abstrakte Marktdaten betreffende Berichtspflicht zur laufenden Unterrichtung des Herstellers über den Ausbau der Organisation und die Einstellung der Kunden zu den Erzeugnissen des Herstellers auferlegt2306 – Absatzziele sowie die Verpflichtung zur intensiven Bearbeitung des Vertragsgebietes vereinbart sind, jedoch nähere Einzelheiten zu der dabei einzuhaltenden Vorgehensweise und den verbundenen Kontroll- und Weisungsbefugnissen der Herstellerin fehlen2307 – der Vertrag erst mit dem Abschluss des ersten Verkaufsgeschäfts in Kraft trat, und deshalb keine Pflicht zum Tätigwerden regelt2308 – der Mittler keinen vertriebs-, produkt- oder tätigkeitsbezogenen Weisungen des Unternehmers unterlag, vielmehr in der Ausgestaltung des Verkaufs frei blieb2309 – Einsichtsrechte des Herstellers in die Geschäftsunterlagen fehlen2310 (aber das betrifft das dritte Analogiekriterium). Entscheidend ist das Gesamtbild des Vertrages2311. Bei Franchiseverträgen soll sich 324 die Einbindung aus der Systemeingliederungs- und -förderungspflicht ergeben2312. Irrelevant ist, ob die Vergütung händler- oder HV-typisch ist. Dies ist erst für die Berechnungsgrundlage des Ausgleichsanspruchs bedeutsam2313. Tatsächlich dürfte es entgegen dem BGH in der oben zitierten Entscheidung2314 auf die Existenz einer Absatzorganisation des Unternehmers nicht ankommen. Die Worte von der „Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers“ leiten in die falsche Richtung. Vertriebsrecht ist vertrags-, nicht systembezogen. Selbst wenn der Unternehmer kein Vertriebssystem unterhält und nur einen einzigen Mittler beschäftigt, kann dieser eine eigene Absatzorganisation des

2304

BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2305 BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09 Rn 29 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats. 2306 OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508 (dort letztlich offen gelassen und Ausgleich wg. Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes verneint). 2307 OLG Köln, Urt. v. 12.01.2007 – 19 U 11/97, IHR 2007, 200 (207). 2308 BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 Rn 18 = EWiR 2007, 661 (Emde).

224

2309

2310

2311 2312 2313 2314

BGH, Urt. v. 08.06.1988 – I ZR 244/86, MDR 1988, 1026; Urt. v. 21.01.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542. BGH, Urt. v. 08.06.1988 – I ZR 244/86, MDR 1988, 1026; in BGH, Urt. v. 10.02. 1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520 wegen der Existenz von Berichtspflichten für überflüssig gehalten. Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Canaris § 17 Rn 18. Canaris § 18 Rn 23. LG München I, Urt. v. 17.04.2009 – 3 HK.O 2148/07, S. 8. BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

Unternehmers ersetzen2315. Noch weniger kommt es auf die Absatzorganisation des Mittlers selbst an. Ferner ist das Bestehen von Kontroll- und Überwachungsrechten nicht zwingend, soweit sich die Einbindung aus anderen Kriterien ergibt2316. Die Einräumung eines Alleinvertriebsrechts oder eines Gebietschutzes ist gleichfalls keine notwendige Voraussetzung der Analogie2317; ebenso wenig der Einsatz eigenen Kapitals oder die Unterhaltung eines Lagers2318 bzw. die Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers2319. Nach Ansicht des BGH2320 führt eine Vertriebspflicht nicht zur HV-gleichen Einbindung, wenn die Vertriebspflicht nur das Gegenstück zur gewährten Exklusivität darstellt. Schon zuvor war der BGH zurückhaltend, aus der Vertriebspflicht eine Einbindung herzuleiten2321. Dies ist sehr zweifelhaft, weil unter solchen Bedingungen einem Vertragshändler, dem Exklusivität zugesichert wurde und der damit einen besonderen Schutz erlangen will, grundsätzlich kein Ausgleichsanspruch mehr zusteht, soweit nicht weitere Analogiekriterien vorliegen. Vielmehr deutet die wechselseitige Exklusivität eher auf eine engere Einbindung hin. Vor allem steht auch dem Leitbild der Analogie, dem Ausschließlichkeitsvertreter, ein Ausgleich zu. Es kann nicht sein, dass durch eine vertiefte Einbindung in das Vertriebssystem der Ausgleichsanspruch entfällt2322. Die vom BGH2323 betonte Freiheit im Verkauf trifft fast alle Vertragshändler. Das Merkmal ist daher kaum greifbar und würde bei strikter Anwendung zu einer weitgehenden Ausgleichsfreiheit führen. Die Ansicht des BGH2324 weist in die falsche Richtung. Sofern eine Vertriebspflicht existiert, spricht dieses klare Indiz für eine Einbindung, die der Pflicht des HV zur Werbung und (beim Abschlussvertreter) zum Abschluss entspricht. Von den o.g. für die Einbindung sprechenden Kriterien sind neben der nach §§ 84, 86 325 im Vordergrund des HV-Rechts stehenden Vertriebspflicht – hinter dieser leitbildtypischen Pflicht zurücktretend – wahrscheinlich allenfalls die ständige Wahrnehmung der Interessen des Herstellers, verbunden mit einer besonderen Treupflicht, die Unterrichtung des Unternehmers über Entwicklungen am Markt, Kontrollrechte des Unternehmers2325 und in geringerem Umfang ein Konkurrenzverbot (dieses obliegt zwar dem HV kraft Gesetzes, es gibt jedoch zahlreiche HV, die von ihm befreit sind), die Zuweisung eines Vertragsgebietes (ein solches gibt es aufgrund kartellrechtlicher Vorgaben allerdings nicht einmal beim typischerweise ausgleichsberechtigten Kfz-Vertragshändler) sowie die Verfolgung von vertriebstypischen Weisungen, Richtlinien und Empfehlungen des Händlers, die Pflicht zur Wahrung der Betriebsgeheimnisse sowie eine Berichtspflicht relevant2326, wobei letztere für den Vertragshändler als eher untypisch empfunden wird. Allerdings unterliegt der Vertragshändler einer Informationspflicht (§ 86 Rn 145). Er ist also verpflichtet, den Unternehmer über die Marktverhältnisse zu informieren. Diese Pflicht ist

2315 2316 2317 2318 2319 2320

2321 2322 2323

Emde EWiR 2007, 661 (662). BGH BB 1992, 596; Westphal II Rn 139. BGH DB 1983, 2412; BB 1988, 1770; Westphal II Rn 139; Hopt § 84 Rn 13. BGH NJW 1977, 896. BGH NJW 1977, 896. BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). BGH, Urt. v. 08.06.1988, BB 1988, 1770. Emde EWiR 2007, 661 (662). BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde).

2324

2325

2326

BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). BGH, Urt. v. 08.06.1988, BB 1988, 1770; v. 07.11.1991, BB 1992, 596; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 775. BGH, Urt. v. 07.11.1991, BB 1992, 596; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 775; Ostendorf MDR 2008, 1377.

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1. Buch. Handelsstand

jedoch ebenso wie ein Konkurrenzverbot Rechtsfolge und nicht Rechtsgrund der Analogie2327, auch der HV erhält einen Ausgleichsanspruch, ohne dass ihm ausdrücklich ein Wettbewerbsverbot auferlegt werden muss. Jedes weitere Kriterium dürfte irrelevant sein, weil es auch beim HV typischerweise nicht vorzufinden ist. Die vorgenannten Kriterien bilden üblicherweise die Rechtsfolge, nicht den Rechtsgrund der Statusfrage, und das auch beim HV-ähnlichen Mittler. Ihre vertragliche Regelung lässt allenfalls den Rückschluss zu, dass der Mittler wie ein HV in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden werden sollte. Diejenigen, die mehr als die vorgenannten Merkmale als Voraussetzung der Analogie 326 fordern2328, verlangen für die Analogie mehr, als beim gesetzestypischen HV für dessen Einordnung als HV und ein Ausgleichsrecht erforderlich ist. HV-Recht ist weitgehend dispositiv. Ein HV-Vertrag kann sogar formfrei geschlossen werden (§ 85) und oft wird in diesem Fall nicht mehr vereinbart, als dass der HV für den Unternehmer vermittelnd tätig sein soll und als Gegenleistung eine bezifferte Provision erhält. Die Rechtsfolge ergibt sich dann aus dem Gesetz, nämlich die Provisions- (§§ 87 ff) und Ausgleichspflicht (§ 89b). Für die Einordnung als HV nicht gefordert werden hingegen die oben genannte Analogiekriterien, insbes. die Zusicherung eines Alleinvertriebsrechts, die Gewährung eines Bezirksschutzes oder die Verpflichtung zur Lagerhaltung. Ganz sicher gilt das für die Verpflichtung zum Kundendienst, die HV-untypisch ist, erst recht nachdem die KfzGVO 1400/02 im das Vertragshändlerrecht stark prägenden Kfz-Handel eine zwingende Trennung von Verkauf und Kundendienst vorschreibt. Analogiebegründend kann nur sein, was in § 84 geregelt ist. Soweit der Vertriebsmittler selbständiger Gewerbetreibender ist und wie der HV einer Vertriebspflicht unterliegt (für den HV: mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut, beim HV-ähnlichen Mittler: mit dem Vertrieb betraut) ist das wichtigste Analogiekriterium die einem HV vergleichbare Verpflichtung zum Vertrieb (Absatzförderungspflicht) 2329. Liegt sie vor, ergibt sich das auf einen solchen Mittler anzuwendende Recht aus der analogen Anwendung des HV-Rechts einschließlich seines § 89b. Die häufig auf Zufälligkeiten beruhende Bezeichnung des Vertrages als HV-, Vertrags327 händler- oder Franchisevertrag ist für diese Rechtsfolgen unerheblich2330. Entscheidend ist allein die Aufbauleistung des Vertriebsmittlers in Hinblick auf den Kundenstamm, in welchem Rechtskleid auch immer. Bei gleicher Verpflichtung zum Vertrieb dem HV einen Ausgleich zu gewähren, den mit höherem Risiko – weil mit eigenem Kapitaleinsatz – arbeitenden Vertragshändler, Franchisenehmer oder Markenlizenznehmer mit Vertriebspflicht jedoch nicht, bedürfte einer sehr eingehenden Erklärung. Die Vertriebs- oder Absatzförderungspflicht bildet damit das bedeutendste – aber 328 nicht das einzige – Analogiekriterium2331. Weisungsgebundenheit oder Interessenwahrungspflicht als Analogietatbestände treten hinter ihr als Indikator zurück2332. Die letzt-

2327

AA BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2328 Typisch Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 968. 2329 Eingehend Emde WRP 2006, 449 ff; ebenso Wagner/Wexer-Uhlich BB 2011, 519 (520). 2330 BGH, Urt. v. 23.09.1975, BB 1976, 6 (7); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 8.

226

2331

2332

BGH, Urt. v. 31.01.1991 – I ZR 142/89, BB 1991, 1210; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 19; Emde WRP 2003, 468 ff; Emde WRP 2006, 449 ff; Emde EWiR 2007, 661, 662; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. AA Ostendorf MDR 2008, 1377 ff.

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Vor § 84

genannten Pflichten sind vielen Rechtsverhältnissen immanent, als Treupflicht etwa Geschäftsbesorgungs- (§§ 675, 665 BGB) und Dienstverträgen. Sie bestehen z.B. auch zwischen GmbH-Geschäftsführer und Gesellschaftern. Beide Pflichten sind – anders als die ständige Vermittlungspflicht – also nicht HV-typisch. Dies gilt insbes. für die in den §§ 84 ff nicht einmal normierte Weisungsfolgepflicht. Eine hier nicht gefasste Pflicht ist als vorrangiger Indikator einer Gesetzesanalogie ungeeignet2333. Die Weisungsfolgepflicht wird zwar oft geregelt und ergibt sich bei Existenz vertriebsrechtlicher Vertragsteile als Rechtsfolge konkludent aus dem Vertrag. Sie wird teils aus § 86 Abs. 1 (Interessenwahrungspflicht) entnommen2334, richtigerweise aber wohl aus §§ 675, 665 BGB2335. Diese Herleitung aus allgemeinem Zivilrecht zeigt, dass auch die Weisungsgebundenheit nicht nur den Typus des HV prägt und nicht aus sich heraus analogiebegründend wirken kann. Die Interessenwahrungspflicht ergibt sich als Rechtsfolge aus dem durch die ausdrückliche oder stillschweigende Vertriebspflicht indizierten vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages und ist selbst ohne dahingehende, ausdrückliche Abrede wegen der Verpflichtung des Mittlers zur Loyalität gegenüber dem Prinzipal stillschweigend vereinbart. Die Vertriebspflicht hingegen grenzt den HV vom nicht ausgleichsberechtigten, jedoch ebenfalls einer Interessenwahrungspflicht unterliegenden2336 Handelsmakler nach §§ 93 ff ab2337. Sie ist HV-typisch, weil leitbildprägend, und das auch im Bereich des Vertriebs durch HV-ähnliche Mittler2338. Allerdings lässt sich die Existenz der Vertriebspflicht häufig nur aus Indizien herleiten und hier gewinnt die vertragliche Vereinbarung HVtypischer Rechtspflichten und Rechtsfolgen, etwa eines vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots, das eigentlich Rechtsfolge und nicht Rechtsgrund der Statusfrage ist, Bedeutung2339. Eine Vielzahl vertraglich vereinbarter Pflichten, die den Mittler dem Leitbild des HV nähern, deuten daher auf eine HV-gleiche Einbindung hin. Verträge, die eine Vertriebspflicht enthalten, substituieren einen Eigenvertrieb des 329 Unternehmers durch HV, Vertragshändler oder andere ausgleichsberechtigte Vertriebsmittler. Ein zwingendes Analogiekriterium ist diese Substitution nicht, nur ein weiterer Indikator. Dass um den vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages – insbesondere die Vertriebspflicht – herum nicht dem Vertriebsrecht zugehörige Klauseln, etwa markenrechtliche Regelungen oder eine Produktionspflicht gelegt werden, ist kein analogieausschließender Umstand, ebenso wenig, wie es weitere um den Vertriebsrechtskern gruppierte Regelungen sind, etwa kaufrechtliche Bestimmungen (zumal die Kaufverträge meist unter dem Rahmenvertrag geschlossene, separate Einzelverträge bilden) 2340 bzw. die Pflicht zur Zahlung von Lizenz- oder Franchisegebühren2341. Sie könnten wirtschaftlich besehen auch in einem geringeren Vertragshändlerrabatt enthalten sein2342. Wie wenig bedeutsam solche Nebenabreden sind, zeigt schon das heutige Erscheinungsbild der anerkannt ausgleichspflichtigen, samt Anlagen oft mit dreistelliger Seitenzahl und

2333

AA Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378). Küstner/Thume I Rn 561; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 20. 2335 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31; kritisch hierzu Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378). 2336 Hopt § 93 Rn 24. 2337 Küstner/Thume I Rn 91; Karsten Schmidt 2334

Handelsrecht, 5.Aufl., § 27 I 2d; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene vor § 84 Rn 7; Emde DB 2003, 981 (982). 2338 Niebling WRP 2010, 631 zum Kfz-Vertragshändler. 2339 Emde EWiR 2007, 661 (662). 2340 Wagner/Wexer-Uhlich BB 2011, 519 (520). 2341 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 250. 2342 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 250.

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zahlreichen vertriebsuntypischen Abreden versehenen Tankstellen- und Kfz-Handelsvertreterverträge (Mercedes-Benz), Kfz-Vertragshändlerverträge2343 oder Franchiseverträge. Gerade die letztgenannten Verträge beinhalten umfassende Regeln zur Nutzung der Marke des Unternehmers sowie zum Systemauftritt und ein ausgleichspflichtiger Produktionsfranchisevertrag neben den vertriebsrechtlichen Klauseln nicht wenige Bestimmungen zu Produktion und Produktionsverfahren. In Vertragshändlerverträgen schließen sich den vertriebsrechtlichen Regelungen solche zu den Kaufverträgen zwischen den Vertragspartnern an2344. An der Analogie ändert sich durch diese Zusatzregelungen nichts: Sie ergänzen den zur Analogie führenden Vertriebskern, schließen die Charakterisierung als Vertriebsvertrag jedoch nicht aus. Dass z.B. ein Produktionsfranchise- oder Markenlizenzvertrag neben dem Vertrieb die Produktion des Unternehmers ersetzt, berührt die Anwendung der §§ 84 ff auf die vertriebsrechtlichen Regelungen des Gesamtvertrages nicht. Einem Mischvertrag ist immanent, dass verschiedene Teile des Vertrags unterschiedlichem Regime unterstehen können. Die Übertragung von Know-How, wie sie beim Franchisevertrag geschieht, ist gleichfalls keine Analogievoraussetzung. Sie ist nicht HVtypisch. Eine angeblich gegebene „pachtvertragliche Komponente“2345 etwa von Marken330 lizenzverträgen oder Vertragshändlerverträgen2346 kann die Analogie nicht beiseite setzen. Vielleicht zeigt dies außer der Diskussion um die pachtvertragliche Einordnung des ausgleichspflichtigen Franchisevertrages bereits der Vergleich zum Tankstellen-HV 2347, bei dem die Analogie befürwortet wird und der oft als Tankstellenpächter bezeichnet wird. Das Pachtrecht enthält zwar kein Ausgleichsrecht – weshalb ein reiner Pachtvertrag nicht ausgleichspflichtig wäre. Andererseits regelt es aber auch keinen Ausschluss der Ausgleichsberechtigung. Die pachtrechtliche Komponente vervollständigt den vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages. Bei dem dann gegebenen Mischvertrag bliebe nach wie vor eine Regelungslücke bestehen: Ein Pächter unterliegt keiner Vertriebspflicht und muss deshalb keine Kunden werben. Die seine Vertriebspflicht erfüllende Aufbauarbeit am Kundenstamm wird durch das Pachtrecht nicht honoriert, weshalb sich ohne Analogie zum Vertriebsrecht möglicherweise eine Vergütungspflicht aus § 354 HGB oder § 812 BGB2348 ergäbe. Auch in Franchiseverträgen wird nach einer Meinungsgruppe auf die

2343

Vgl. zum extensiven Inhalt solcher Verträge beispielhaft BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW–RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus, NJW 2006, 15; BGH, Urt. v. 13.07.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 2344 Emde DB 2003, 981 (983). 2345 Martinek/Wimmer-Leonhardt WRP 2006, 204 (207, 219); Canaris § 18 Rn 17. 2346 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336: Es handelt sich nur um eines vieler Elemente des Vertrages. 2347 BGH NJW 1985, 862; NJW 1998, 66; 1998, 71; NJW-RR 2002, 1548; BGH, Urt.

228

v. 08.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180; OLG Köln OLGR 2003, 170; VersR 2001, 1234; Westphal OLGR-Kommentar 12/2002, K 35; Küstner/Thume I Rn 131; Semmler Die Rechtsstellung des Tankstellenhalters zwischen Handelsvertreter und Vertragshändler, Baden-Baden 1995; Heyer Rechtsfragen an Tankstelle und Garage, Würzburg 1964; Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung, Berlin 1971; aA English Court of Appeal; Entsch. v. 23.07.1999, ZEuP 2002, 823 m. Anm. Westphal. 2348 Siehe BGH, Urt. v. 05.10.2005 – XII ZR 43/02, ZflR 2006, 92 = NZM 2006, 15 = EWiR 2006, 101 (Eckert).

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lizenzvertraglichen Vertragsteile Pachtrecht angewandt2349. Gleichwohl besteht dort eine Ausgleichsberechtigung. 3. Vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes. Als drittes Ana- 331 logiekriterium wird die spätestens bei Vertragsende2350 ggf konkludent2351 begründete Verpflichtung des Mittlers gefordert, dem Unternehmer während oder zum Ende des Vertragsverhältnisses seinen Kundenstamm durch Übermittlung der Kundendaten so zu überlassen, dass dessen Vorteile bei Vertragsende sogleich für den Unternehmer nutzbar sind2352. Dieses Analogiekriterium ist jedoch nur für die Gewährung des Ausgleichsanspruchs analog § 89b erforderlich, weshalb es dort näher dargestellt wird (§ 89b Rn 37 ff). Bei der Analogie zu anderen Vorschriften des HV-Rechts braucht es hingegen nicht vorzuliegen2353. Denn anders als bei der Gewährung des Ausgleichs muss kein Kundenstamm übergeben werden, um die analoge Anwendung anderer Regelungen der §§ 84 ff zu rechtfertigen2354. 4. Beispiele. Diese Analogiekriterien sind etwa bei folgenden Typen von Vertriebs- 332 mittlern erfüllt: – Vertragshändlern2355, insbesondere Kfz-Vertragshändler2356 – Franchisenehmern2357 – Kommissionsagenten2358 – Markenlizenznehmern2359

2349

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2353

2354 2355

Plassmeier in: Heide/Pauly/Amend, Anwaltsformulare, Franchiserecht, Rn 24, S. 876. BGH NJW-RR 1992, 421 (423). BGH DB 1986, 1067 (1070); Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 23. BGH NJW 1983, 2877 (2878); BB 1993, 2399; NJW 1996, 2159 (2160); OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 106; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 23; BGHZ 29, 83 (90); 34, 282 (286); BGH NJW 1964, 1952; NJW-RR 1994, 99; BGHZ 135, 14; BGH WM 1998, 1256; OLG Saarbrücken NJWRR 1999, 106; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 23; aA Karsten Schmidt DB 1979, 2357 (2359 f); Eckert WM 1991, 1237 (1243 f); Küstner/Thume, Außendienstrecht III, 2. Aufl. 1998, Rn 1820. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 36; Emde DB 2003, 981 (985). Emde DB 2003, 981 (985). BGH NJW 1983, 2877 (2878); BB 1993, 2399; NJW 1996, 2159 (2160); OLG Köln, ZIP 2002, 420 (426); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 2; Hopt § 84 Rn 11 ff; kritisch

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Kirsch NJW 1999, 2779 (Kommentar zu Kirsch bei Emde VersR 2001, 148 (163). BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630). Besonders plastisch: OLG Köln, Urt. v. 15.11.2002 – 19 U 94/02, VersR 2003, 105. Siehe BGH NJW-RR 1997, 170 (175); OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, DB 2002, 2433; LG Hanau, Urt. v. 28.05. 2002 – 6 O 106/01, unveröffentlicht; Martinek Franchising, S. 353, 366 ff; Niebling, Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 205 ff; Giesler ZIP 2000, 2098 ff; Giesler WM 2001, 1441 ff; Haager NJW 2002, 1463 (1471); Martinek ZIP 1988, 1362 (1378). Canaris § 16 Rn 13; Karsten Schmidt § 28 III 1 b aa; wohl auch BGH BB 1964, 823 wonach eine Analogie wohl eher als beim Eigenhändler bejaht werden kann. Emde WRP 2003, 468; Emde WRP 2006, 449; Prasse MDR 2008, 122 (127); aA BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09; OLG Hamburg, Urt. v. 27.11.2008 – 3 U 146/06 m. Anm. Imhof GWR 2009, 286654; Martinek/Wimmer-Leonhardt, WRP 2006, 204 ff.

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– Service-Provider, die Netzkapazitäten von Netzbetreibern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreiben2360.

I. Vertragshändler (Eigenhändler) Schrifttum v. Brunn Die Händlerverträge in der Kraftfahrzeugwirtschaft (1949); ders. Ausgleichsansprüche beim Eigenhändlervertrag, DB 1961, 419; ders. Zum Recht des Eigenhändlers, Festschrift 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965) 327; Buchwald Vertragshändler – Handelsvertreter? Zur Auswirkung des § 89b HGB, GmbHR 1957, 102; Evans-v. Krbek Die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts auf den Vertragshändler, 1976; Finger Die Stellung des Vertragshändlers bei Beendigung des Vertrages, DB (1970) 141; Glaser Steht dem Generalvertreter ein Ausgleichsanspruch zu? DB (1957) 1173; Habersack/Ulmer Rechtsfragen des Kraftfahrzeugvertriebs durch Vertragshändler, (1998); Kreifels/Lang Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, NJW 1970, 1769; Martiny Zustandekommen von Gerichtsstandsvereinbarungen und stillschweigende Rechtswahl bei Vertragshändlerverträgen, AWD (1972) 165; Mücke Ist § 89b HGB auf Vertragshändler anwendbar? MDR 1956, 641; Nies Kann einem Eigenhändler der Ausgleichsanspruch des § 89b HGB zustehen? MDR 1961, 556; Hans-Carl Nipperdey Handelsvertreter und Eigen-(Vertrags-)händler. Der Ausgleichsanspruch des § 89b HGB, Festschrift Hedemann (1958) 207; Ostendorf Grenzen der analogen Anwendung von § 89b HGB auf Händler außerhalb des Kfz-Vertriebs, MDR 2008, 1377; Renz Das Rechtsverhältnis zwischen dem Vertragshändler und seinem Lieferanten, Diss. Heidelberg (1966); Sandrock Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers: der Bundesgerichtshof auf den Spuren von Odysseus, Festschrift Rob. Fischer (1979) 657; Karsten Schmidt Kundenstammüberlassung und „Sogwirkung der Marke“: taugliche Kriterien für den Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers? DB 1979, 2357; Schröder Steht ein Ausgleichsanspruch auch einem Eigenhändler (Vertragshändler) zu? BB 1958, 252; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers (Vertragshändlers), BB (1961) 809; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers, DB (1966) 449; Schuler Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers? NJW 1959 649; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers und des Handelsvertreters, NJW 1961 758; Steffens Der Alleinverkaufsvertrag, Diss. Hamburg (1960); Stumpf/Zimmermann Zu den Voraussetzungen des Anspruchs des Vertragshändlers auf Zahlung eines Ausgleichs, BB (1978) 429; Sturm Der Eigenhändler im Außenprivatrecht, Festschrift Wahl (1973) 207 ff; Peter Ulmer Der Vertragshändler, 1969 (dazu Rittner ZHR 135 [1971], 62).

I. Übereinstimmungen und Unterschiede in der Funktion Der unselbständige (angestellte) Reisende und der selbständige HV sind, abgesehen vom Aufbau eines Filialnetzes, nicht die einzigen Vertriebsformen, welche ein Unternehmer wählen mag. Er kann sich auch des Absatzes durch selbständige Mittler bedienen, die auf eigene Rechnung arbeiten, gleichwohl aber in seinen Vertriebsorganismus fest eingegliedert sind. Diese Erscheinung findet sich oft bei Markenartikeln (Kraftfahrzeugen, Möbeln, Büromaschinen, Elektrogeräten, aber auch in der Getränkeindustrie – Vertrieb durch Abfüllunternehmer –). Die Belieferung des Marktes erfolgt dann oft unter regionaler Aufteilung durch Händler, die jeweils, meist mit Alleinvertriebsrecht, einen bestimmten Bezirk zugewiesen erhalten. Der Vertragshändler ist zunächst einmal Eigenhändler. Eigenhändler ist der selbstän334 dige Kaufmann, der im eigenen Namen und für eigene Rechnung kauft sowie verkauft und weder rechtlich noch wirtschaftlich für einen anderen Unternehmer tätig ist2361. Der Eigenhändler wird zum Vertragshändler, wenn er mit einem Unternehmer einen Bezugsvertrag mit ständiger, HV-ähnlicher Bindung schließt, durch den er in dessen Vertriebs-

333

2360

Pollklesener DB 2003, 927.

230

2361

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 72.

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und Absatzorganisation eingegliedert wird, mit der Verpflichtung, den Vertrieb der Ware des Unternehmers in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu fördern (Vertriebspflicht, siehe Rn 324 ff). Gerade zum bloßen Eigen- oder Großhändler besteht der Unterschied in dem (auch) geschäftsbesorgenden Charakter des Vertrages zugunsten des Unternehmers2362. Beschränken sich die Bindungen hingegen auf eine bloße VerkäuferKäufer-Beziehung, liegt kein Vertragshändlervertrag vor2363. Ob es zwischen dem Vertragshändler und dem als Großhändler tätigen Eigenhändler 335 noch die Gruppe der Fachhändler gibt, ist Gegenstand der Diskussion und wird vertreten2364. Der Fachhändler kann sich vom Vertragshändler durch die fehlende Vertriebspflicht unterscheiden. Zwingend ist dies nicht, da der Begriff des Fachhändlers weniger auf die vertriebsrechtliche Einbindung als die fachliche Spezialisierung zielt. Auch der Vertragshändler vertreibt die Produkte auf eigene Rechnung mit eigenem Namen, ist jedoch in das Vertriebssystem des Herstellers enger eingebunden, weil er regelmäßig der quantitativen, gegebenenfalls auch der qualitativen Selektion unterliegt und den Endverbrauchern gegenüber zur Beratung hinsichtlich des Produktes – spiegelbildlich gegenüber dem Hersteller zur Teilnahme an Schulungen etc. – verpflichtet ist. Nicht anders als beim Vertragshändler müssen die Verkaufsräume des Fachhändlers bestimmten im Fachhändlervertrag vereinbarten Voraussetzungen entsprechen. Auf Grund dieser Einbindung kann, wollte man dem Begriff des Fachhändlers rechtliches Eigenleben zubilligen, die Geltung der §§ 85, 86 Abs. 1 und 3, 86a Abs. 2, 89, 89a und 90a diskutiert werden2365. § 89b ist hingegen ohne HV-gleiche Einbindung unanwendbar, zum einen mangels Erfüllung des ersten Analogiekriteriums (fehlende Vertriebspflicht), zum anderen, weil die Namen der Abkäufer dem Unternehmer nicht mitgeteilt zu werden pflegen (Fehlen des zweiten Analogiekriteriums). Vertragshändler beziehen die Ware käuflich vom Hersteller, um sie im Wege des Wei- 336 terverkaufs abzusetzen. Grund des Vertriebes durch Kfz-Vertragshändler ist u.a., dass sie den Herstellern Vertriebskosten in Höhe von 15 % der unverbindlichen Preisempfehlung ersparen2366. Vom Großhändler unterscheiden sich die Vertragshändler dadurch, dass sie mit dem Hersteller durch einen Dauer- oder Rahmenvertrag2367 verbunden sind, der ihnen analog § 84 Abs 1 (dort: Vermittlung und Abschluss) eine Vertriebspflicht auferlegt. Damit ist der Vertragshändlervertrag ein auf Dauer gerichteter Rahmen- und Geschäftsbesorgungsvertrag eigener Art, durch den sich der Vertragshändler verpflichtet, die Produkte des Unternehmers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auf Grund besonderer Kaufverträge zu beziehen und weiterzuvertreiben, und durch den der Vertragshändler in die Vertriebsorganisation des Unternehmers eingegliedert wird2368. Der 2362 2363

2364 2365

Canaris § 17 Rn 5. Vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1958 – II ZR 73/57, BGHZ 29, 83, 87 = NJW 1959, 14; Urt. v. 16.02.1961 – VII ZR 239/59, BGHZ 34, 282 (286) = NJW 1961, 662; Urt. v. 14.04.1983 – I ZR 20/81, NJW 1983, 2877; OLG Köln NJW-RR 1995, 29; Canaris § 17 Rn 1 ff; Westphal II Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 8; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 20; Alff Rn 328. Flohr in: Martinek/Semler, § 22 Rn 6, 10; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 77. Flohr in: Martinek/Semler, § 22 Rn 80, 83,

2366 2367 2368

85, 108, 113, 117, 133, 146, 142, 143, 153 ff, 168; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 77. Creutzig BB 2002, 2133. Habersack/Ulmer S. 23; Canaris § 17 Rn 10 f. BGHZ 29, 83 (87) = NJW 1959, 144; 34, 282 (285) = NJW 1961, 662; 54, 338 (341) = NJW 1971, 29; 68, 340 (343) = NJW 1977, 896; 74, 136 (139) = NJW 1979, 1783; Urt. v. 09.10.2002 –VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003, 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 937.

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Vertragshändlervertrag kann kaufrechtliche Elemente2369 beinhalten, sofern bereits in ihm die Bedingungen für die später aufgrund des Rahmenvertrags mit dem Unternehmer abzuschließenden Einzelkaufverträge festgelegt werden. Regelmäßig sind die in Ausführung des Vertrages getätigten Geschäfte eigenständig2370. Die Bezeichnung des Vertrages als Vertragshändlervertrag oder etwa als Konzessio337 närs- oder Großhändlervertrag ist für die rechtliche Einordnung nicht anders als beim HV-Vertrag irrelevant. Zwar kann dem Händler nach der Abschaffung der Preisbindung zweiter Hand für Markenartikel durch die Kartellnovelle 1973 nicht mehr rechtsgültig die Innehaltung bestimmter Preise und Konditionen beim Weiterverkauf auferlegt werden2371. Wohl aber sind „Empfehlungen“ zulässig. Daneben bleibt ein breiter Bereich zulässiger Weisungsgebundenheit. Der Händler kann verpflichtet werden, auf Anfordern Vertriebsschwerpunkte zu bilden, an Vertriebskonferenzen teilzunehmen, Einsicht in seine Bücher und Bilanzen zwecks Vergewisserung über seine Leistungsfähigkeit zu gestatten (zur Unwirksamkeit in AGB Rn 42 „Einsichtsrechte“). Berichtspflichten mehr oder weniger großen Umfangs pflegen das Bild der Integration in das Vertriebsnetz zu runden. Das Vertriebsnetz kann auch mehrstufig organisiert sein – weshalb im Folgenden dem „Hersteller“ der „Lieferant“ an die Seite gestellt wird –, etwa in der Automobilbranche. Es gibt auch Vertriebsmittler, die teils als HV, teils als Vertragshändler für denselben Hersteller tätig sind2372. Die Integration oder Eingliederung in das Vertriebsnetz des Herstellers bei Existenz 338 einer Vertriebspflicht, ist das, was dem Vertragshändler und dem HV gemeinsam ist. Beide haben die Pflicht, den Absatz der Erzeugnisse ihres Unternehmers (Herstellers) zu fördern. Konkurrenzware dürfen sie nicht führen. Von den Dispositionen des Unternehmers (Herstellers) sind sie, obwohl selbständige Kaufleute, wirtschaftlich, von seinen (zulässigen) Weisungen – auch hier besteht ein Weisungsrecht2373 – rechtlich abhängig. Zulässig sind in erster Linie Weisungen zur Vertriebspolitik und weniger zur Unternehmensorganisation des Vertragshändlers und zu den Verkaufsvorgängen des Händlers2374. Es gelten insoweit die § 86 Rn 184 ff für den HV dargelegten Maßstäbe. Auch die rechtliche Struktur ihres Tätigkeitsfundaments ist die gleiche: den Rahmen ihrer Arbeit gibt ein mit dem Unternehmen (Hersteller) geschlossener Rahmenvertrag; in Ausführung desselben haben die einzelnen Vertriebsakte sich zu vollziehen. Dennoch gibt es erhebliche Unterschiede. Der Vertragshändler „reist“ meist nicht, 339 sondern ist eher ortsfest, wobei auch dies kein festes Abgrenzungsmerkmal ist, da es stationäre HV (etwa: Tankstellen-HV und Mercedes-Benz-HV) gibt, aber auch reisende HVähnliche Vertriebsmittler („Eismänner“). Die Dienste des HV sind auch oft weniger kapitalintensiv. Die Geschäfte, die ein HV vermittelt oder abschließt, vermittelt oder schließt er ab für seinen Unternehmer, der sie ausführt. Für die danach ausgeführten, auf seine erfolgreiche Vermittlung zurückzuführenden Geschäfte wird er vom Unternehmer entlohnt in Gestalt von Provisionen, berechnet nach einem meist festen Prozentsatz vom Abschluss. Andere Risiken als die, dass der Unternehmer das vermittelte Geschäft nicht abschließt, ein Geschäft aus vom Unternehmer nicht zu vertretenden Gründen nicht zur

2369

Genzow Rn 5, 23; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 74; Manderla in: Martinek/Semler § 14 Rn 7; aA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 40; Ebenroth S. 33 („auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag“). 2370 Canaris § 17 Rn 11 nimmt einen Vorvertrag an.

232

2371

KG NJW 1981, 2823. BGH DB 1974, 233. 2373 Ulmer S. 417; Canaris § 17 Rn 44. 2374 Canaris § 17 Rn 44. 2372

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Durchführung gelangt oder der Kunde nicht zahlt (§ 87a Abs. 2, 3), trägt er normalerweise nicht. Dies ist Grund dafür, dass die EU-Kommission in den Leitlinien zur GVO 330/10 (Rn 223 ff) HV und Eigenhändler durch das übernommene finanzielle Risiko abgrenzt. Es bleibt das Provisionsrisiko des HV, welches seiner Tätigkeit immanent ist. Dieses liegt zwar außerhalb seiner Einwirkungsmöglichkeit. Er kann sich aber dadurch schützen, dass er sein Risiko verteilt, indem er mehrere Vertretungen für verschiedene Unternehmer in nicht konkurrierenden Waren übernimmt und dadurch Sortiment und Tätigkeitsfeld auf breitere Basis stellt. Die Risiken des Vertragshändlers sind wesensbedingt andere. Der Vertragshändler 340 arbeitet auf eigene Rechnung. Er kauft und verkauft, muss Werbung im eigenen Namen betreiben, unterliegt Mangelgewährleistungsrecht und muss ggf. Service anbieten. Für alles benötigt er eigenes Kapital. Das Risiko des Vertragshändlers erfährt nicht nur gegenüber dem eines HV sondern auch gegenüber dem eines ungebundenen Händlers eine Verschärfung, da der Vertragshändler wegen der eingeschränkten Sortimentsfunktion nur mit Einschränkungen einen Risikoausgleich zwischen den Artikeln anstreben kann2375 und sich dem Schicksal der Produkte „seines“ Unternehmers unterordnen muss. Ferner darf sich der Vertragshändler aufgrund der Vertriebs- und Absatzförderungspflicht2376 nicht frei entscheiden, ob er von Fall zu Fall tätig werden will. Vielmehr hat er sich analog § 84 ständig um den Absatz der Herstellerprodukte zu bemühen2377. Er trägt die Risiken der Umschlagsaufgaben des Handels, etwa der Vorausdisposition, der Transportgefahr, der Lagerhaltung und einer etwaigen Kreditierung des Verkaufspreises an den Abnehmer, während sich der HV auf die Markterschließungs-, Marktbeobachtungs- sowie die Kundenberatungsfunktion konzentrieren kann2378. Wenngleich auch der Vertragshändler bei der Absatzförderung Dienste persönlicher Art einzusetzen hat, so doch zu einem mindestens gleichgewichtigen Teil im Interesse seines eigenen unternehmerischen Kapitalwagnisses. Wird der Vertragshändlervertrag beendet, so sind die Folgen für den Vertragshändler oft einschneidender als für den HV: Er kann sein Kapital aus seinem Betrieb, dessen Warenbestand er nun nicht mehr vertreiben darf und dessen Kundendienstabteilung mit meist nicht unerheblich hohen Investitionen nutzlos geworden ist, nur unter Verlust herausziehen. Auch die Kunden gehen ihm verloren. Gerade als Letztverbraucher bleiben sie zu einem erheblichen Teil der „Marke“ treu; ihr Stamm kommt also dem Nachfolger zugute, wofür trotz des automatischen Übergangs des Kundenstammes („Sogwirkung der Marke“) nach h.M. kein Ausgleich zu zahlen ist, sofern dem Unternehmer die Kunden des HV-ähnlichen Vertriebsmittlers nicht ausdrücklich namhaft gemacht wurden. Deshalb ist die Zahl bekannter Händlerinsolvenzen erheblich, insbesondere im kapitalintensiven Kfz-Vertragshändlerbereich. Insolvenzen von HV, außer Verbraucherinsolvenzverfahren, sind hingegen eher selten. Zu weit dürfte die für den Kfz-Vertrieb gestellte Analyse gehen, die ehemals mittelständischen Händler seien zu Filialen des Herstellers mutiert2379. Unter dem Druck eines „freien Kündigungsrechts“ seien den Händlern kaufmännisch unvertretbare Investitionen in DM-Milliardenhöhe (1999: 3 Mrd.) abverlangt worden2380. Es sei nicht nachvollzogen worden, was andernorts gelte: Ausübung von Macht sei mit Haftung verbunden. Es stelle sich die

2375

Westphal II Rn 7. Sie steht im Vordergrund, siehe Niebling WRP 2010, 631. 2377 Westphal II Rn 18; Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2255. 2378 Westphal II Rn 37.

2379

2376

2380

Ensthaler BB 2002, 313 (314); ders. BB 25/2002, „Die erste Seite“. Ensthaler BB 2002, 313 (314); ders. BB 25/2002, „Die erste Seite“.

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Frage nach der Anwendung des Konzernrechts mit Verlustausgleichspflicht (§§ 302 f. AktG)2381.

II. Vertragsschluss und anwendbares Recht 341

Der Vertragshändlervertrag ist als Typus gesetzlich nicht geregelt. Er unterliegt keiner Form2382 und kann auch durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden2383. Der Vertrag unterfällt wie der Franchisevertrag (Rn 396) einem zwingenden Schriftformerfordernis nach §§ 510, Abs. 1, 512, 355 BGB, wenn er die regelmäßige Lieferung von Waren der gleichen Art oder die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen zum Gegenstand hat und es sich bei dem Vertragshändler um einen Verbraucher handelt2384. Verbraucher ist der Vertragshändler, wenn der Vertragsschluss zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit dienen soll 2385. Der Verbraucher ist über sein Widerrufsrecht zu belehren. Bei Unterlassen verlängert sich die Widerrufsfrist auf unbegrenzte Zeit (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit der kreditähnlichen Elemente des Vertrages, also insbesondere der Bezugsverpflichtung2386 und damit gemäß § 139 BGB gegebenenfalls zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages2387. Dem Vertragshändlerverhältnis liegt durchweg ein detaillierter schriftlicher Vertrag, in aller Regel unter Nutzung eines vom Hersteller allgemein verwendeten Vertragsformulars (AGB)2388, zugrunde. Angesichts des Fehlens gesetzlicher Bestimmungen erhebt sich die Frage, an welchen gesetzlichen Maßstäben der Vertrag zu messen ist bzw. welches dispositive Recht eingreift. Die Einordnung des Vertragshändlervertrages in gesetzliche Kategorien ist umstritten. Die Rechtsbeziehungen des Händlers zum Hersteller – bei mehrstufigem Vertragshändler-Einsatz: zum Lieferanten – wurden früher 2389 als solche eigener Art auf der Basis der Interessenverknüpfung angesehen, in welchen Elemente der Geschäftsbesorgung, der Abnahmeverpflichtung (gegenüber dem Hersteller bzw. Lieferanten) und schließlich Bindungen verschiedenen Inhalts und verschiedener Gerichtetheit sich mischen. Der Vertragshändlervertrag ist ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag im Sinne der §§ 611, 675 BGB2390. Allerdings muss der Begriff der Geschäftsbesorgung auf die Wahrnehmung der Interessen eines anderen2391 präzisiert werden. Das eigene Interesse des Vertragshändlers an der gegebenen Interessenverknüpfung mindert das die Geschäftsbeziehung prägende Gewicht der Inpflichtnahme für den Hersteller/Lieferanten deshalb

2381 2382 2383 2384

2385

2386

Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (258). Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 51. BGH WM 1987, 962; Westphal II Rn 44. Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 54; Westphal II Rn 48. BGH NJW 1986, 1988 (1989); Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 55. BGH BB 1995, 217; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 57; Westphal II Rn 50; aA Manderla in: Martinek/Semler, § 14 Rn 58; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 130, die Gesamtnichtigkeit des Vertrages annehmen.

234

2387

BGH BB 1995, 217 (219); Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 57. 2388 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 938; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 52. 2389 So noch BGH DB 1979, 165. 2390 P. Ulmer S. 264 f; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 937; Evans-v. Krbek S. 94; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 23; Graf von Westphalen DB 1999, 2553. 2391 P. Ulmer S. 266; hier: die Absatzförderungspflicht.

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Vor § 84

nicht, weil es nicht mehr ist als das Motiv, welches den Vertragshändler dazu bestimmt, die selbständige Vertretung der „Marke“ für das Vertragsgebiet zu übernehmen. Entscheidend und für die Folgerungen beim Ausgleichsanspruch grundlegend sind die von P. Ulmer herausgearbeiteten Erkenntnisse hinsichtlich der Entgeltlichkeit des Vertragshändlervertrages. Das Entgelt für die Absatzförderungsförderungspflicht des Vertragshändlers liegt meist nicht oder jedenfalls nicht wesensnotwendig in besonders günstigen Konditionen für den Bezug der Vertragsware2392. Es liegt in der Eröffnung der günstigen Verdienstchancen beim Weiterverkauf, die der good will der „Marke“ begründet, an dem der Hersteller bzw. Lieferant den Vertragshändler damit teilhaben lässt2393 und den der Händler weiter fördert. Hingegen bildet ein Vertragshändlervertrag abweichend von den zu seiner Durchführung abgeschlossenen Einzelverträgen keinen Kaufvertrag i.S.d. UNKaufrechts2394 ebenso wenig wie Franchiseverträge2395. Auch im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts beurteilen sich etwa die Auswirkungen der Unwirksamkeit oder der Kündigung eines Vertriebsvertrages auf die einzelnen Kaufverträge nach nationalem Recht.2396 Er bildet regelmäßig kein Dauerschuldverhältnis in der Form des Sukzessivlieferungsvertrages2397. Anders ist es, wenn im Rahmenvertrag bereits feste Lieferabsprachen getroffen werden2398. Damit ist auch der Vertragshändlervertrag ein Dienstvertrag mit Geschäftsbesor- 342 gungscharakter2399. Soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts Abweichendes ergibt, sind die oben genannten Regeln des Geschäftsbesorgungsrechts (Rn 81 ff) anwendbar. Insbesondere hat der Unternehmer entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. durchaus ein Interesse an einer Information nach § 666 BGB. Er kann sich dabei jedoch auch auf §§ 242, 259 ff BGB stützen. Anwendbar sind auch die Auslegungsregeln der §§ 672 bis 674 BGB über den Einfluss des Todes des Auftraggebers und des Beauftragten. Hier wird aber immer im Einzelfall zu prüfen sein, ob diese Regeln nicht nach der Art oder Größe des Geschäftes stillschweigend abbedungen sind. Das ist beim Vertragshändler tendenziell eher als beim HV anzunehmen, weil bei ihm häufiger der Kapitaleinsatz und die Geschäftsausstattung und weniger die persönliche Vermittlungsleistung im Vordergrund stehen mag. Unanwendbar sind meist – im Einzelfall mag sich nach der Art der Geschäftsausführung Gegenteiliges ergeben – die §§ 667 BGB (Herausgabepflicht des Beauftragten), 668 BGB (Verzinsung verwendeten Geldes), 669 BGB (Vorschusspflicht) und 670 BGB (Aufwendungsersatz). Anwendbar ist wieder § 665 BGB über das Abweichen von erteilten Weisungen und § 666 BGB hinsichtlich der Pflicht zur Erstattung der erforderlichen Nachrichten. Seinem Regelungstyp nach ist auf den vertriebsrechtlichen Teil eines Vertragshändlervertrages in erster Linie HV-Recht analog anwendbar. Tatsächlich steht das Regelungsregime des HV-Rechts den vertriebsrechtlichen Inhalten eines

2392

A.a.O. S. 285. A.a.O. S. 288. 2394 BGH, Urt. v. 04.04.1979, BGHZ 74, 136; BGH, Urt. v. 26.11.1980, NJW 1981, 1156 zum Haager Kaufrecht; Schlechtriem/ Schwenzer Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl. 2004, Art. 1 Rn 31; Piltz NJW 2003, 2056 (2058); Piltz NJW 2000, 553 (555); ICC Arbitration Case 8908 of 1989; ICC International Court of Arbitration Bulletin 10, 83, Handelsgericht Zürich, IHR 2001, 45; United States District Court for the Eastern 2393

District of Pennsylvania, IHR 2002, 28; aA Corte Suprema di Cassazione, European Law Forum (EuLF) 2001, 11. 2395 Schlechtriem/Schwenzer Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl. 2004, Art. 1 Rn 32. 2396 Piltz NJW 2000, 553 (556). 2397 AA Kirsch NJW 2002, 2520 (2522). 2398 Piltz NJW 2003, 2056 (2058); Helsinki Court of Appeals, Urt. v. 26.10.2000, CISG-Pace, CISG-online; Canaris § 17 Rn 12. 2399 Habersack/Ulmer S. 22.

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Vertragshändlervertrages am nächsten2400. Es ersetzt daher auch bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln des Vertragshändlervertrages die unwirksamen Regelungen2401. Fraglich ist, inwieweit insbesondere die zwingenden Bestandteile des HV-Rechts auch 343 für das Recht des Vertragshändlers als unabdingbar zu gelten haben. Sieht man von den Bestimmungen ab, die für das Vertragshändlerverhältnis seiner 344 Eigenart wegen kaum passen (etwa: §§ 86b – Delkredere –2402, 87 Abs. 1, – § 87 Abs. 3 ist anwendbar2403 – 87a und 87c2404 (jedoch kann dem Vertragshändler ein Auskunftsanspruch nach § 666 BGB und § 242 BGB zustehen2405) – Provision2406 und sie betreffende Kontrollrechte2407 –, 91, 91a2408 – Abschlüsse in Vollmacht des Unternehmers –, 922409 – Versicherungs- und Bausparkassenvertreter –, 92a2410, 92b2411 – Kleinvertreter und HV im Nebenberuf –), wohl auch § 86a Abs. 12412 (jedenfalls in den meisten Fällen), so ist die grundsätzliche Analogiefähigkeit des HV-Rechts heute wohl eher allgemeine Ansicht. In Betracht gezogen wurde historisch die Annahme einer Rechtsanalogie, welche die allgemeinen Rechtsgedanken des HV-Rechts auf das Vertragshändlerrecht ausgedehnt hätte. Konsequenz wäre gewesen, alle Grundgedanken des HV-Rechts auf das Vertragshändlerrecht anzuwenden. Eine Prüfung hinsichtlich der Analogiefähigkeit einzelner Vorschriften des HV-Rechts wäre überflüssig geworden. Eine solche Rechtsanalogie wurde jedoch mit dem Argument abgelehnt, das HV-Recht enthalte solch analogiefähige allgemeine Rechtsgedanken nicht2413. Stattdessen wurde eine Gesetzesanalogie zu einzelnen Vorschriften vorgezogen2414. Dies ist zutreffend: Wie der HV unterliegt der Vertragshändler analog § 84 einer Absatzförderungspflicht, der zufolge er sich nachhaltig für den Absatz der Vertragswaren einzusetzen hat2415. Die Absatzförderungspflicht, auch als Vertriebspflicht bezeichnet, begründet die Vertragshändlereigenschaft sowie die Analogie und ist zugleich die wichtigste Hauptpflicht des Vertragshändlers. Zum ständigen Kauf ist der Vertragshändler ohne dahingehende Regelung nicht verpflichtet2416; lediglich zu bestmöglichen Absatzbemühungen. Gleichwohl darf er nicht durch ständig überhöhte Preise den Absatz der Vertragswaren gefährden2417. Die Vorschriften des HV-Rechts, welche die Innenbeziehung zwischen HV und Unternehmer regeln, sind analogiefähig, 2400

BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1100) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 2401 BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1100) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 2402 Hopt § 84 Rn 11. 2403 BGH NJW 1984, 2411; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 37; Ullrich in: Martinek/Semler § 17 Rn 3; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 76; aA Hopt § 84 Rn 11. 2404 Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 76; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 20a; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 333 (für § 87c Abs. 2 und 3). 2405 BGH, Urt. v. 02.04.1957 – VIII ZR 60/56, NJW 1957, 1026; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 76. 2406 BGH, Urt. v. 09.02.1984 – I ZR 226/81, NJW 1984, 2411; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 320, 388 ff; Hopt § 84 Rn 11.

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Hopt § 84 Rn 11. Hopt § 84 Rn 11. 2409 Hopt § 84 Rn 11. 2410 Hopt § 84 Rn 11. 2411 Hopt § 84 Rn 11. 2412 Westphal II Rn 158. 2413 BGHZ 29, 83 ff. 2414 BGHZ 29, 83 ff; NJW 1962, 1107; BB 1967, 44; NJW 1977, 896, BB 1983, 997; DB 1983, 2412; NJW 1984, 2101; BB 1988, 1770, BB 1992, 596; BB 1993, 2399; BB 1996, 1458; OLG Hamm NJW-RR 1996, 226; OLG Köln BB 1997, 2451; OLG München BB 1997, 595. 2415 Habersack/Ulmer S. 24; Westphal II Rn 446; Niebling WRP 2010, 631 (zum Kfz-Vertragshändler). 2416 AA Canaris § 17 Rn 32. 2417 Canaris § 17 Rn 32; Westphal II Rn 451. 2408

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Vor § 84

wegen des Eigenverkaufs des Vertragshändlers jedoch nicht die Regelungen, die das Außenverhältnis des HV zum Kunden betreffen2418. Der Unternehmer darf dem Vertragshändler aber trotz der dem Händler obliegenden Absatzförderungspflicht keine unbestellte Ware liefern, in Rechnung und in die Kreditfinanzierung einstellen2419. HV wie Vertragshändler stehen in einem Dauerrechtsverhältnis zum Unternehmer (Hersteller/Lieferanten), sie sind seinem Vertriebsorganismus eingegliedert und von seinen Dispositionen zur Produktpalette abhängig. Das Gebot der Zusammenarbeit bringt hier wie dort für beide Vertragsteile Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Teils mit sich. Anwendbar sind namentlich § 852420, §§ 86 Abs. 12421, Abs. 3, 86a Abs. 2 S. 3 sowie die aus § 86a Abs. 2 hergeleitete allgemeine Informationspflicht2422, die Pflicht zur Gewährung der üblichen Vergütung (§ 86b Abs. 1)2423, § 87d2424, § 88a, soweit der Vertragshändler bzw. bei § 88a Abs. 2 der Unternehmer in einem handelsvertreterähnlichen Vertragsverhältnis stehen2425 und es um Ansprüche geht, die unmittelbar aus der Geschäftsbeziehung resultieren2426, etwa Boni und Prämien2427, die Kündigungsvorschriften der §§ 892428, 89a2429, 90a2430 und § 92c2431, aber auch die Bestimmungen über den Aufwendungsersatz (§ 87d) und über die Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 90)2432. Im Zentrum der Erörterungen schließlich steht die Analogiefähigkeit des § 89b zum Ausgleichsanspruch.

2418

Westphal II Rn 140. LG Frankfurt/Main – 3/14 O 131/09, BB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer. 2420 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 37, 53; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 134 ff; Westphal II Rn 156; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75. 2421 BGH NJW 1984, 2101; Westphal II Rn 146. 2422 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 290; Westphal II Rn 159; Stumpf/Jaletzke/Schultze, Rn 287; Ulmer S. 433. 2423 Habersack/Ulmer S. 45. 2424 BGH NJW 1984, 2101; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 37; Westphal II Rn 161; aA Hopt § 84 Rn 11. 2425 Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 16; Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 8. 2426 Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 8. 2427 Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 8. 2428 BGH, Urt. v. 09.10.2002 – VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde); EBE 1995, 259; BB 1967, 94; Urt. v. 05.04.1962 – VII ZR 202/60, DB 1962, 2419

635 = NJW 1962, 1107; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 37; Westphal II Rn 150; Hopt § 84 Rn 11; aA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 622 ff; Manderla in: Martinek/Semler § 14 Rn 25, 26, 30 bis 40; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 75; zu den Kündigungsfristen: v. Westphalen FG Jürgen Gündisch S. 83 ff. 2429 BGH DB 1962, 635; NJW 1982, 2432; Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 48/92, NJW-RR 1993, 682 (683); OLG Saarbrücken NJWRR 1999, 1339; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 37; Westphal II Rn 152; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 75; Hopt § 84 Rn 11. 2430 BGH, Urt. v. 12.11.1986, NJW-RR 1987, 612 (zum Franchisevertrag); Stumpf/ Jaletzke/Schultze Rn 132, 492, 717; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 37, 58; Westphal II Rn 155 f; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; Hopt § 84 Rn 11; Hermes RIW 1999, 81 (82). 2431 Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 886; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 75. 2432 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 37; Stumpf/ Jaletzke/Schultze Rn 44, 236 ff; Westphal II Rn 162; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75.

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345

Die Interessenwahrungspflicht des Vertragshändlers geht in analoger Anwendung des § 862433 positiv auf Unterrichtung über die Entwicklung des Vertriebs und die am Rande desselben gewonnenen, das gemeinsame Interesse berührenden allgemeinen Erkenntnisse über die gebotenen verkaufsfördernden Maßnahmen, Werbung oder Kundendienst. Darin ähnelt sie der Informationspflicht des HV. Der Vertragshändler muss etwa sein Augenmerk auf die Verletzung der Schutzrechte der von ihm vertretenen Marke im Vertragsgebiet richten und Tatbeständen dieser Art nachgehen. Die Herleitung der Informationspflicht aus einer Analogie zu § 86 ist gegenüber derjenigen aus § 666 BGB die überzeugendere insofern, als sie sich auf die Interessenwahrung im Dauerverhältnis bezieht, während § 666 BGB den Einzelauftrag im Auge hat, zudem ist § 86 lex specialis. Aus § 86 wird auch die Pflicht des Vertragshändlers entnommen, sich des Vertriebs von Konkurrenzware zu enthalten. Was insoweit für den HV gilt, gilt in gleicher Weise, verstärkt durch ein eventuelles Privileg des Alleinvertriebsrechts2434, für den Vertragshändler. Wie der HV darf der Händler allerdings nicht-konkurrierende Erzeugnisse ohne Zustimmung seines Vertragspartners, des Herstellers/Lieferanten, in sein Sortiment aufnehmen2435. Dies hat die GVO 1400/02 für den Kfz-Vertragshändler auf das Recht zur Übernahme des Vertriebs eines Konkurrenzprodukts erweitert (Rn 197). Die Interessenwahrungs-, allgemein ausgedrückt: die Loyalitätspflicht des Vertragshändlers, gebietet es ferner, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Herstellers nicht preiszugeben, und zwar in gleicher Weise wie beim HV auch über das Vertragsende hinaus in analoger Anwendung des § 902436; ein Verstoß kann wie beim HV die außerordentliche Kündigung rechtfertigen2437. Ebenfalls aus der Interessenwahrungspflicht ergibt sich, dass der Vertragshändler die „Marke“ und ihren Schutzbereich sorgsam zu beachten und ihre Verwässerung durch unsachgemäßen Gebrauch nicht nur zu vermeiden, sondern innerhalb der Sphäre seiner Verantwortung nach seinen Möglichkeiten und Kräften zu verhindern hat2438. Ganz allgemein hat er jedes den Unternehmer oder das vertriebene Produkt schädigende Verhalten zu unterlassen. Insoweit besteht eine nach Vertragsende nachwirkende Pflicht des Vertragshändlers. Wenn ihm eine bestimmte Marke zum Alleinvertrieb überlassen worden war, geht es aber zu weit, anzunehmen, er müsse sich des Gebrauchs einer ähnlichen Marke für ein anderes, nunmehr von ihm vertriebenes Erzeugnis enthalten2439, solange eine Verwechslungsgefahr ausscheidet. Der Vertrieb eines Wettbewerbsprodukts steht ihm nach Vertragsende in Abwesenheit einer Wettbewerbsabrede (mit Karenzentschädigung) jedoch frei. In Analogie zu § 86a existieren im Spannungsverhältnis zur Dispositionsfreiheit des 346 Unternehmers2440 (§ 86a Rn 44 ff) stehende, auf Grund der hohen Eingliederung möglicherweise stärker als gegenüber dem HV ausgeprägte2441 Förderungs- und Loyalitätspflichten (Treupflichten) des Herstellers/Lieferanten im Verhältnis zum Vertragshändler2442. Sie ergeben sich aus der Natur des auf engen Austausch von Leistung und

2433

BGHZ 54, 338 (341); 68, 340 (343); 74, 136 (139); 93, 29 (39); Genzow Rn 90; Habersack/Ulmer S. 22 für den Kfz-Vertrieb. 2434 BGH LM § 1 UWG Nr. 57. 2435 AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. und P. Ulmer S. 423 ff. 2436 Westphal II Rn 458 ff. 2437 Westphal II Rn 460.

238

2438

P. Ulmer S. 425. BGH BB 1967, 54. 2440 Westphal II Rn 518. 2441 Habersack/Ulmer S. 26/27. 2442 OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262); Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 271; Habersack/Ulmer S. 26/27; Westphal II Rn 516. 2439

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Vor § 84

Gegenleistung ausgerichteten Vertragsverhältnisses, wobei die Interessenwahrungspflicht des Händlers wie beim HV die Treupflicht des Herstellers überwiegt. Der Umstand, dass der Händler nicht nur seine Tätigkeit, sondern auch seinen Geschäftsbetrieb und das von ihm investierte Kapital weitgehend den Interessen des Herstellers unterordnet, verpflichtet den Hersteller, den schutzwürdigen Belangen des Händlers angemessen Rechnung zu tragen und dessen Interessen nicht ohne begründeten Anlass zuwider zu handeln2443. Aufgrund der hohen Investitionen des Händlers können die dem Unternehmer obliegenden Treupflichten die gegenüber dem HV bestehenden übersteigen2444. Die Gewinnchance darf der Hersteller dem Vertriebsmittler also nicht ohne gerechtfertigten Grund verkürzen. Dem Bemühen der Händler, die Vertragsprodukte bestmöglich und unter den strengen Vorgaben des Herstellers an den Endkunden zu bringen, steht die Pflicht des Herstellers gegenüber, im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit (§ 86a Rn 42 ff) alles zu unterlassen, was die Marktposition und die Gewinnaussichten seines Vertriebspartners beeinträchtigen könnte2445. Grundsätzlich wird man daher eine Pflicht des Unternehmers zur Belieferung des Händlers annehmen müssen2446, sie ist geradezu Kern des Vertrages. Soweit eine solche Verpflichtung nicht ausdrücklich geregelt ist, ergibt sie sich aus Treu und Glauben2447. Sie ist die Kehrseite der oft mit enormen Kosten verbundenen Marketingverpflichtungen der Händler2448. Auch ohne Kapitaleinsatz des Mittlers schützt ihn die dem Unternehmer auferlegte Treupflicht, da sie aus dem Dauerschuldverhältnis selbst entspringt. Sie verstärkt sich jedoch durch den Kapitaleinsatz. Zwar ist der Unternehmer nicht verpflichtet, den Vertragshändler so zu beliefern, wie dieser es jeweils wünscht und abruft (zur Belieferungspflicht § 86a Rn 34 f). Der Vertragshändlervertrag stellt keinen Vorvertrag auf Abschluss demnächstiger Lieferverträge dar 2449. In dem Fehlen einer bedingungslosen Lieferpflicht gegenüber dem Vertragshändler liegt die Parallele zum Fehlen der Abschlusspflicht gegenüber dem HV, der das Geschäft bis zur Abschlussreife vermittelt hat. Der Hersteller unterliegt auch hier einer gewissen Dispositionsfreiheit. Allerdings darf er Lieferwünsche des Vertragshändlers nicht grundlos ablehnen2450, insb. wenn er die Ware vorrätig hat oder sie unschwer produzieren oder erwerben kann2451. Selbst eine befristet ausgesprochene Kündigung des Vertragshändlervertrages durch den einen oder anderen Teil ist kein zureichender Grund, für die Restdauer des Vertrages die Entgegennahme von Bestellungen zu verweigern2452. Verletzt ein Hersteller die vertraglich zugesagte Exklusivität des Händlers, etwa indem er im zugewiesenen Bezirk andere Händler einsetzt, hat der verletzte Händler gemäß §§ 249, 252 BGB Anspruch auf Ersatz

2443

OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 2444 Canaris § 17 Rn 35. 2445 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1753); OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 2446 BGH BB 1958, 540 (541); BB 1972, 193; OLG Bremen BB 1966, 756; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 284; Manderla in: Martinek/ Semler/Habermeier, § 18 Rn 15; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. 9–11, Rn 888; Genzow Vertragshändlervertrag Rn 82; Canaris § 17 Rn 34; Ebenroth/

Löwisch § 84 Rn 75; Rheinländer WRP 2007, 501 (502); aA Stumpf/Jaletzke/ Schultze Rn 341 (müsste ausdrücklich vereinbart werden). 2447 Manderla in: Martinek/Semler/Habermeier, § 18 Rn 17; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2448 Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2449 Nach Ansicht von Canaris § 17 Rn 36 ist die Rechtslage aber zugunsten des Händlers ähnlich fest. 2450 BGH NJW 1958, 1138. 2451 Canaris § 17 Rn 36. 2452 Einschränkend P. Ulmer S. 488.

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des Gewinns, der ihm entgangen ist2453. Zur Vorbereitung des Ersatzanspruches darf der Händler, will er seinen Schaden nicht aus dem Rohertrag der Vergangenheit berechnen, Auskunft über die vertragswidrigen Verkäufe des Herstellers an andere Händler im geschützten Gebiet verlangen2454. Auskunft und Schadenersatz können im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden. Einen gewichtigen Anhalt für den Umfang der dem Händler entgangenen Geschäfte stellen die Geschäfte dar, welche in der fraglichen Zeit im geschützten Vertragsgebiet durch den Hersteller oder von ihm eingesetzte Händler gezeichnet werden2455. Dies schließt es nicht aus, bei der Schadensberechnung einen besonderen Einsatz der anderen Händler oder deren spezielle Betriebssituation zu berücksichtigen2456. Der Hersteller ist allgemein zur Wahrung der Interessen des Händlers verpflichtet, etwa durch Überlassen der für den Vertrieb notwendigen speziellen Hilfsmittel, Sicherstellung gleichbleibender Qualität der Ware, jedoch nur im Ausnahmefall zu angemessener Werbung für das Produkt2457. Führt der Vertragshändler Gewährleistungsoder Garantiearbeiten aus, steht ihm voller Aufwendungsersatz einschließlich eines angemessenen kalkulatorischen Gewinns zu (Rn 44). Zur Rückkaufpflicht hinsichtlich der Lagerware s.u. Ein Vertragshändlervertrag begründet weder aus den §§ 20, 33 GWB, wegen schuld347 hafter Verletzung von Treuepflichten, § 313 Abs. 1 BGB oder den §§ 675, 670 BGB eine Verpflichtung des Herstellers zum Ausgleich der Einbußen, welche der Händler erleidet, weil der Hersteller die Preise für Vertragswaren senkt (hier Kfz) und der Händler infolge dessen Kfz, die der Vertragshändler als Neufahrzeuge an Autovermieter veräußert und dann auf Grund einer gegenüber dem Hersteller übernommenen Rückkaufverpflichtung zurückgekauft hat, nicht mehr mit Gewinn absetzen kann2458. Auch soll sich aus dem Vertragshändlerverhältnis keine Pflicht des Herstellers ergeben, die Belieferung des Vertragshändlers mit mangelhafter Ware zu vermeiden, um ihn vor Schäden durch Verlust von Kunden zu bewahren2459. Die mit dem Hersteller/Lieferanten abgeschlossenen einzelnen Kaufverträge sind rechtlich selbständig, auch (wie sich insbesondere in der Zeit nach ausgesprochener Kündigung des Vertragshändlerverhältnisses zeigt) selbständig abzuwickeln. Der Vertragshändler ist auf die Gewährleistungsansprüche für die jeweilige einzelne Lieferung beschränkt. Allenfalls anhaltend schlechte Lieferungen mögen dem Vertragshändler das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertragshändlervertrages geben2460.

2453

BGH, Urt. v. 17.04.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. 2454 BGH, Urt. v. 17.04.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. 2455 Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden bestimmt sich nach den Beweiserleichterungen des § 287 ZPO: Es genügt eine auf gesicherter

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Grundlage bestehende Wahrscheinlichkeit. Der Kläger hat Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, welche für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten; so BGH, Urt. v. 03.12.1999 – IX ZR 332/98, VersR 2001, 246; siehe auch Freitag/Leible RIW 2001, 287. 2456 BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. 2457 AA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 295; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75. 2458 OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 18.11.2003 – 11U (Kart) 35/03, GRUR-RR 2004, 120 = OLGR 2004, 134. 2459 BGH wie vor; zweifelhaft. 2460 Finger S. 144.

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Grundsätzlich unterliegt es der Dispositionsfreiheit des Herstellers, wie er seine Pro- 348 duktion gestalten will. In dem Waschmaschinenfall BGH BB 1972, 193 hatte der Hersteller die Produktion einer neuen Serie entwickelt und konnte deshalb vorübergehend nicht mehr die vereinbarte Mindestmenge des bisherigen Typs liefern. Selbst hierauf hatte – so der BGH – der Vertragshändler Rücksicht zu nehmen; der Sachverhalt gab ihm kein Recht zur fristlosen Kündigung, wenn der Hersteller ihm für den vorübergehenden Ausfall an den Lieferungen des bisherigen Typs die entsprechende Menge des neuen Typs zur Verfügung stellte. Denn das wiederum verlangte die Rücksichtnahme auf die Belange des Vertragshändlers. Überhaupt erheischt die Loyalitätspflicht des Herstellers analog § 86a Abs. 2, dem Vertragshändler vorausschauend Nachricht zu geben, wenn wegen Produktionsengpässen Lieferung nicht uneingeschränkt möglich sein wird oder wenn Umstellungen in der Produktion anstehen. Auch der Vertragshändler muss seine eigenen Dispositionen entsprechend treffen können. Wird bei P. Ulmer2461 doch sogar mit Recht angenommen, dass der Hersteller/Lieferant den Vertragshändler rechtzeitig zu unterrichten hat, wenn er einen befristeten Vertragshändlervertrag nicht verlängern will: dem Vertragshändler muss Gelegenheit gegeben sein, seine Lagerbestände so rechtzeitig abzubauen, dass er bei dem demnächstigen Vertragsende keinen größeren Kapitalverlust erleidet. Die Unterrichtung muss so früh wie möglich, mindestens jedoch binnen der Kündigungsfristen des § 89 analog erfolgen (Rechtsfolge bei Unterlassen: Schadenersatz). Die Ansprüche auf Information durch den Unternehmer sind für den HV durch die 349 zusätzliche Bestimmung des § 86a Abs. 2 S. 2 Hs. 2 als zwingende gestaltet. Damit stellt sich hier – und zugleich für spätere Zusammenhänge, in denen die Analogie von zugunsten des HV zwingenden Rechtssätzen zur Erörterung stehen wird – das Problem, wie weit die Analogie des Grundgehalts der einzelnen Norm auch deren zwingende Geltung mit sich führt. Das wiederum hängt davon ab, ob der Vertragshändler generalisiert – auf den konkreten Vertrag wird man schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abstellen dürfen – in gleicher Weise wie der HV als schutzbedürftig angesehen werden kann. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es die Figur „des“ schutzbedürftigen HV nicht gibt. Wollte man die Analogie für die Unabdingbarkeit davon abhängig machen, ob der Vertragshändler im Einzelfalle schutzbedürftig sei, dann trüge das nicht nur einen Bruch in den Analogievollzug hinein, der dogmatisch nicht vertretbar wäre2462. Man lieferte sich darüber hinaus auch kaum lösbaren Schwierigkeiten aus, nach welchen Kriterien sich die Schutzbedürftigkeit bemessen solle. Im Gegenteil: In vielen Fällen dürfte der Vertragshändler schutzbedürftiger als der HV sein, da er mit erheblichem Kapitaleinsatz arbeitet. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung zu § 89b zweimal einen Ansatz gemacht, eine spezifische Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers aus diesen und anderen Merkmalen zu bestimmen: er hat beim dritten Mal seine Bemühungen aufgegeben (Rn 366). Die Analogie zum HV-Recht ist immer da gerechtfertigt, wo der Vertragshändler einem HV vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist. Wird dieses Analogiekriterium angenommen, ist der Vertragshändler entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. bei generalisierender Betrachtungsweise auch einem HV vergleichbar schutzbedürftig. Die zwingenden Vorschriften des HV-Rechts sind grundsätzlich auf ihn anwendbar, soweit sich nicht aus ihrer Natur etwas anders ergibt. Das zeigen klassische Abgrenzungsfälle, in denen der Absatzmittler formell als Ver- 350 tragshändler unter Vertrag genommen wird, obwohl er der Sache nach wie ein HV gestellt ist2463. In solchen Fallgestaltungen wird ohnehin HV-Recht auch gegen die rein 2461 2462

S. 434. So auch Kreifels/Lang S. 1774.

2463

BGH WM 1975, 1107 und BB 1981, 871.

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äußerliche Eingruppierung des betreffenden Absatzmittlers als Vertragshändler angewandt. Die bloße Etikettierung entscheidet nicht. Zwingend ist auch die Bestimmung des § 86a Abs. 1. Auch sie ist analog anwendbar. Danach ist der Hersteller/Lieferant verpflichtet, dem Vertragshändler Unterlagen und Hilfsmittel für den Vertrieb zu überlassen. Dazu gehören Werbematerialien, Kundendienstanleitungen, aber auch die Ausrüstung für die Durchführung des Kundendienstes. Wenn P. Ulmer2464 betont, die Lieferung könne im Gegensatz zum HV nicht unentgeltlich verlangt werden, gibt es dafür wenig Begründungsansätze. Denn die Interessenlage ist durchaus der beim HV vergleichbar, und nicht nur bei der Erstausstattung. Von Bedeutung ist namentlich die aus der gebotenen Förderung der Absatztätigkeit des Vertragshändlers grundsätzlich erwachsende Pflicht des Unternehmers, seine Vertragshändler unter sich gleich zu behandeln, nicht einem von ihnen ohne rechtfertigenden Grund bessere Konditionen einzuräumen und ihm dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen2465; dies auch unabhängig von den besonderen Voraussetzungen des Diskriminierungsverbots aus § 20 Abs. 2 GWB. Als rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung nennt P. Ulmer2466 etwaige besondere Verhältnisse während der Anlaufzeit oder Standortnachteile. Bei eingeschränkter Liefermöglichkeit wird der Hersteller seine Vertragshändler gleichmäßig zu berücksichtigen haben2467. In engem Zusammenhange mit der Loyalitätspflicht des Herstellers nach § 86a stehen die Fragen der Sicherung des Vertriebsrechts des Vertragshändlers. Oft – nicht immer – wird eine sogenannte Absatzbindung des Herstellers vertraglich vereinbart. Sie bedeutet, dass der Hersteller nicht direkt in das Vertragsgebiet liefern darf, vorbehaltlich bestimmter Abnehmergruppen, die von dem Verbot ausgenommen werden. Gekoppelt sein kann damit ein Alleinvertriebsrecht – der Hersteller lässt in einem bestimmten Vertragsgebiet nur diesen einen Vertragshändler zu – und/oder ein Gebietsschutz – der Hersteller verpflichtet sich gleichzeitig, Vertragshändlern in anderen Bezirken die Beschränkung ihres Tätigwerdens auf ihre Bezirke aufzuerlegen (Zum Kartellrecht s. Rn 148). In der einen oder der anderen Form sind solche Sicherungen in den Vertragshändlerverträgen häufig enthalten. Allerdings muss der Vertrag sich hierüber schon aussprechen; die Bezeichnung „Generalvertreter“ kann auch untechnisch gemeint sein und besagt jedenfalls noch kein Alleinvertriebsrecht2468. Die Rechtsstellung eines so geschützten Vertragshändlers erinnert an die des Bezirksvertreters nach § 87 Abs. 2. Indessen kann diese Bestimmung nicht analog anwendbar sein2469. Dem Unternehmer sind meist Direktgeschäfte überhaupt nicht gestattet. Tätigt er sie, kann er sich schadenersatzpflichtig machen und § 87 Abs. 2 ist nicht maßgeblich. Ein Alleinvertriebsrecht erfasst – neben seinem Hauptinhalt, der Nichtzulassung weiterer Vertragshändler im Vertragsgebiet – die Pflicht des Unternehmers, sich nicht selbst als Konkurrent des Vertragshändlers im Vertragsgebiet durch Direktbelieferung zu betätigen2470. Der Schadensersatz geht alsdann auf die entgangene Weiterverkaufsspanne abzüglich der darauf liegenden Unkosten. Außerdem kann Herausgabe des durch den

2464

S. 433. P. Ulmer S. 434. 2466 S. 437 Fn 133. 2467 V. Brunn Händlerverträge S. 85 ff, anders anscheinend P. Ulmer S. 437 Fn 134; zum Handelsvertreter RG JW 1914, 403/404. 2468 BGH DB 1970, 872. 2465

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2469

BGH NJW 1984, 2411; Canaris § 17 Rn 21 (Vertrieb erfolgt im Eigeninteresse des Händlers, nicht als Geschäftsbesorgung für den Unternehmer); Hopt § 87 Rn 29. 2470 RG Recht 1920, Nr. 715, P. Ulmer S. 428, Peterek BB 1966, 353.

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Direktverkauf erzielten Reinerlöses nach § 687 Abs. 2 BGB verlangt werden2471. Gleichermaßen verpflichtet es zum Schadensersatz, wenn der Hersteller/Lieferant dem Vertragshändler dadurch im Vertragsgebiet Konkurrenz macht, dass er die Absatzbindungsoder Alleinvertriebsklausel unterläuft und ein gleiches Erzeugnis wie die Vertragsware, nur unter anderer äußerer Aufmachung und anderer Bezeichnung, unmittelbar vertreibt2472. Sind dem Unternehmer einzelne Direktgeschäfte gestattet, begeht er weder eine Ver- 355 tragsverletzung noch ist § 87 Abs. 2 anwendbar. Denn der Unternehmer behält sich die Direktgeschäfte gerade vor, damit er jene schließen darf, ohne um Zustimmung des Händlers nachzusuchen oder ihm verpflichtet zu sein. Zutreffend fordert der BGH2473 jedoch für die mit einem Direktbelieferungsvorbehalt verbundenen Beeinträchtigungen einen angemessenen Ausgleich, falls dem Händler ein Alleinvertriebsrecht zugesagt wurde. Liegt eine echte Gebietsschutzabrede vor, so können, wenn andere Vertragshändler 356 den Gebietsschutz durch Lieferungen in das geschützte Vertragsgebiet verletzen, Schadensersatzansprüche gegen den Unternehmer begründet sein, sofern dieser seiner Verpflichtung aus der Gebietsschutzklausel, dem konkurrierenden Vertragshändler die Respektierung des Vertragsgebiets aufzuerlegen (Vertragsstrafe), nicht gehörig nachgekommen ist oder sie durchsetzt. Eine darüber hinausgehende allgemeine Einstandspflicht des Unternehmers, dem Vertragshändler Schäden aus Verletzung des geschützten Gebiets durch Belieferung gebietsansässiger Kunden von dritter Seite zu ersetzen, ist aus der Gebietsschutzabrede jedoch nicht herzuleiten. Auch so weit würde eine Analogie zu § 87 Abs. 2 nicht gezogen werden können. Ob wiederum die Alleinvertriebsabrede auch einen Gebietsschutz oder einen Kundenschutz in dem Sinne, dass kaufwillige Kunden an den zuständigen Vertragshändler zu verweisen seien, mitenthalte, ist Sache der Auslegung des Vertrages2474. Allgemein wird sich das nicht sagen lassen, auch wenn es in früheren Urteilen2475 gelegentlich so gesehen worden war. Denn anders als beim Vertrieb durch HV, wo sämtliche vermittelten Bestellungen beim Unternehmer zusammenlaufen und von ihm ausgeführt werden, hat im Vertragshändlervertrieb der Hersteller/Lieferant keine unmittelbare Möglichkeit, die Lieferung in das Vertragsgebiet des einen, obwohl von ihm für dieses Gebiet „konzessionierten“ Vertragshändlers durch den Vertragshändler eines anderen Gebiets zu unterbinden oder mindestens den „übergangenen“ Vertragshändler an diesem Geschäft in der einen oder anderen Form zu beteiligen – unterbinden könnte er das höchstens mittelbar durch die obigen Vertragsstrafeklauseln oder einen Kündigungsvorbehalt. Das Risiko, dass sein Alleinvertriebsrecht für einen bestimmten Bezirk von außen und ohne Mitwirkung des Unternehmers unterlaufen wird, trägt grundsätzlich der Vertragshändler2476. 2471

Offengelassen in: BGH NJW 1964, 151; aA Staub/Brüggemann und P. Ulmer S. 429/430; OLG Celle Recht 1908, Sp. 491 Nr. 2809. 2472 BGH BB 1972, 1204: Der Kunde ist geneigt, unter der veränderten Aufmachung und Bezeichnung eine technische Verbesserung zu vermuten. 2473 BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

2474

Vgl. BGH NJW 1966, 1117 (1118). OLG Colmar PucheltsZ 1906, 24 (26 ff); OLG Hamburg HansGZ 1911, Hauptblatt 275 Nr. 123. 2476 Vgl. OLG Köln DB 1975, 49 – die dortige Kurzinformation lässt allerdings nicht erkennen, welche Schutzabrede im konkreten Falle getroffen worden war – und OLG Stuttgart BB 1966, 798 – Vertragshändler. Sehr weit in der Frage einer schuldhaft mittelbaren Begünstigung solchen Unterlaufens durch den Hersteller geht BGH DB 1961, 601 (Handelsvertreter). 2475

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Enthält ein Vertragshändlervertrag keine Bestimmung über die Rabatte, ist analog § 87b Abs. 1 von der branchenüblichen Handelsspanne auszugehen. Lässt sich diese nicht feststellen, ist die Lücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen2477. Keine Probleme bietet die analoge Anwendung des § 87d über den Ausschluss des Aufwendungsersatzes. Trägt schon der HV, obwohl er für fremde Rechnung arbeitet, die Kosten seines Geschäftsbetriebs selbst, so muss das erst recht für den auf eigene Rechnung arbeitenden Vertragshändler gelten2478. Es gilt im Grundsatz – vorbehaltlich der anerkannten Grundsätze zum Invesitionsschadensersatzanspruch – für ihn selbst dann, wenn er besondere Aufwendungen in seinen Betrieb investiert hat, die bei Vertragsende sich noch nicht haben amortisieren können. Insb. scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch des Händlers aus2479, solange er im eigenen Interesse tätig wird. Die Möglichkeit der Kündigung des Vertragshändlervertrages pflegt keiner der bekannt gewordenen und von P. Ulmer 2480 untersuchten Formularverträge ungeregelt zu lassen. Unter dem Gesichtspunkt der analogen Anwendbarkeit des HV-Rechts ist daher nur zu fragen, ob dessen Kündigungsbestimmungen bei Fehlen oder der Unwirksamkeit einer vertraglichen Abrede ergänzend eingreifen, und wie weit zwingendes Kündigungsrecht (§§ 89 Abs. 3, 89a Abs. 1 S. 2) sich auch gegenüber vertraglicher Regelung zugunsten des Vertragshändlers durchsetzt. Dass Dauerrechtsverhältnisse kündbar sein müssen, ergibt sich bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die in den Regelungen für andere Dauerrechtsverhältnisse ihren Niederschlag gefunden haben (aus dem BGB: §§ 314, 573, 620 Abs. 2, 723). Für die ordentliche Kündigung liegt dann allerdings, wenn vertragliche Abreden fehlen, die Schwierigkeit in der Bestimmung der Kündigungsfrist. Hier hilft nur die analoge Anwendung der Kündigungsfristen des HV-Rechts nach § 89 Abs. 1 und 22481, bei aller durch die Kürze der Frist für den HV und damit auch für den Vertragshändler und seine Abwicklungsschwierigkeiten bedingten Härte. § 627 Abs. 2 BGB wird man nicht anwenden dürfen2482. Auch § 89 Abs. 3 ist analog anzuwenden2483; ebenso das Verbot der Teilkündigung2484. Bei Vertragshändlern in investitionsintensiven Geschäftsbereichen wird man verlängerte Kündigungsfristen von 1–2 Jahren annehmen müssen (§ 89 Rn 64 ff). Problemlos wiederum ist die analoge Anwendung des § 89a für die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde2485. Diese Kündigungsmöglichkeit ist bei allen Dauerschuld2477

Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 953. 2478 AA wohl Hopt § 84 Rn 11: Aber er wird dem Vertragshändler wohl keinen gegen den Unternehmer gerichteten Anspruch auf Aufwendungsersatz zubilligen? 2479 Ulmer S. 416; Canaris § 17 Rn 22; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 4. 2480 A.a.O. S. 127 ff. 2481 P. Ulmer S. 448/449; für Anwendung des § 89 Abs. 1: BGH LM § 89 HGB Nr. 1, RG WarnRspr. 1929, Nr. 52; OLG Stuttgart BB 1972, 548; OLG Colmar LZ 1913, Sp. 948 – die beiden letztgenannten Entscheidungen zu § 92 Abs. 1 a.F. –; Emde DB 2003, 981 (982); Westphal OLGRKommentar 16/2000, K 35; Canaris § 17

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Rn 23; Westphal II Rn 556; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 21; Hopt § 84 Rn 11; ablehnend Evans-v. Krbek S. 109 ff, wo allerdings nicht deutlich wird, welche Kündigungsfristen denn nun zu gelten hätten; für Anwendung des § 89 Abs. 2: Mücke S. 642. 2482 Für dessen Anwendung allerdings implizit RGZ 95, 166. 2483 AA Staub/Brüggemann Vor § 84 Rn 22. 2484 BGH BB 2000, 59 m. Anm. Emde; Westphal II Rn 553. 2485 BGH DB 1962, 635; BGH NJW 1982, 2432; BGH, Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 48/92, NJW-RR 1993, 682 (683); OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339; Westphal II Rn 152; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 75; Hopt § 84 Rn 11.

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verhältnissen rechtens (§ 314 BGB). Man könnte sich sogar fragen, ob nicht auf § 314 BGB als allgemeine Vorschrift zurückzugreifen wäre, nicht auf § 89a. Das ist jedoch wegen der größeren Sachnähe des Handelsvertreterrechts abzulehnen, woraus sich auch die Nichtanwendbarkeit der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB im Vertragshändlerrecht ergibt2486. Vielmehr gilt hier, wie im HV-Recht, eine angemessene Überlegungsfrist (§ 89a Rn 38 ff). Das außerordentliche Kündigungsrecht ist auch im BGB zwingend (vgl. etwa § 723 362 Abs. 3 BGB). Seine im HV-Recht zwingende Geltung (§ 89a Abs. 1 S. 2) ist deshalb auch im Vertragshändlerrecht anzuerkennen. Die Kündbarkeit aus wichtigem Grund war schon vom RG unter der Geltung des § 92 Abs. 2 a.F. zugelassen worden2487; der BGH hat sich dem angeschlossen2488. Kündigungsgründe sind in mannigfacher Form denkbar. Es können hierzu gehören: Wiederholte Belieferung mit mangelhafter Ware trotz Abmahnung, nachhaltige Verletzung der Informationspflichten, Zahlungsschwierigkeiten beim Vertragshändler, unerlaubte Konkurrenz oder wettbewerbliche Benachteiligung von Seiten des Herstellers, unerlaubtes Führen von Konkurrenzware durch den Vertragshändler (im Einzelnen § 89a Rn 26). Da das Vertragshändlerverhältnis auf vertrauensvoller Zusammenarbeit beruht, stellt vor allem der Missbrauch dieses Vertrauens einen Grund zur fristlosen Kündigung dar. Im Falle BGH BB 1978, 982, hatte der Vertragshändler, bisher Einzelkaufmann, die Umstrukturierung seines Unternehmens zur GmbH & Co. KG über längere Zeit nicht mitgeteilt und dadurch das Kreditrisiko seines Lieferanten, der ihm bereits Ware im Werte von 100.000 DM bis 200.000 DM auf Kredit geliefert hatte, unangemessen erhöht, ohne dass dieser Gelegenheit hatte, sich hierauf, ggf. durch einen neuen Vertragshändlervertrag, einzustellen. Dass die Umgliederung des Vertragshändler-Unternehmens im Handelsregister eingetragen worden war, entband nicht von der sich aus der vertraglichen Loyalitätsbindung ergebenden Pflicht zur Mitteilung. Im Falle des OLG Karlsruhe, DB 1978, 2049, bezog der Vertragshändler von seinem Lieferanten Kopierautomaten, die er aber nicht verkaufte, sondern nur vermietete und für deren Bezahlung ihm vom Lieferanten deshalb gestattet war, den Fakturenbetrag ohne Mehrpreis in Raten entsprechend den einkommenden Mieterlösen zu begleichen: der Vertrauensbruch wurde darin gesehen, dass der Vertragshändler nach einiger Zeit ohne Mitteilung an seinen Lieferanten dazu überging, die Geräte nunmehr zu verkaufen, sie aber gleichwohl weiterhin nur so in Raten bezahlte, als habe er sie vermietet, obwohl er den Wiederverkaufspreis längst in Händen hatte. Die durch schuldhaftes Handeln veranlasste fristlose Kündigung seitens des anderen 363 Teils verpflichtet den Kündigungsgegner nach § 89 Abs. 2 zum Schadensersatz, und dies in analoger Anwendung auch im Vertragshändlerverhältnis. Zum Anspruch auf Rücknahme der Lagerware Rn 379 ff. Von Staub/Brüggemann 4. Aufl. ist zudem – unabhängig von Anlass und Form der 364 Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses – die analoge Anwendung des § 87 Abs. 3 in Erwägung gezogen worden2489. Diese Bestimmung sei der Sache nach ein Anwendungsfall des § 3542490. Auch der Vertragshändler habe, in Erfüllung seiner Pflicht zur 2486

BGH DB 1994, 728; Westphal II Rn 153 f. RG WarnRspr. 1929, Nr. 52, RG DR 1942, 1226. 2488 BGH NJW 1967, 825 1982, 2432. 2489 Vor § 84 Rn 25; ebenso P. Ulmer S. 488/489, der allerdings die aus § 87 Abs. 3 in analoger Anwendung abzuleitende Verpflichtung des Unternehmers, einem nachfolgenden 2487

Vertragshändler die Beteiligung des ausscheidenden Vertragshändlers an dem Verdienst aufzuerlegen, außer Betracht lässt und deshalb der Analogie nur einen geringen praktischen Spielraum zubilligen will; aA BGH VersR 1960, 653 (655); Finger S. 147. 2490 A.M. Evans-v. Krbek S. 117.

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Absatzförderung dem Hersteller/Lieferanten Dienste geleistet, wenn er den Weiterverkauf erfolgreich so weit angebahnt habe, dass es nach Auslaufen des Vertragshändlervertrags zu einem Abschluss mit seinem Nachfolger (oder mit dem Unternehmer im Wege des Direktverkaufs) komme. Der Unternehmer habe analog § 87 Abs. 3 dem Nachfolger die Verpflichtung aufzuerlegen, den bisherigen Vertragshändler an der Verdienstspanne teilhaben zu lassen (§ 328 BGB) oder, wenn er selbst den Verkauf abwickele, dem bisherigen Vertragshändler einen angemessenen Teil der Verdienstspanne zu vergüten. Davon kann in Einzelfällen auszugehen sein, jedoch nur als gemäß § 242 BGB bestehender Anspruch. Regelmäßig dürfte kein solcher Anspruch bestehen. Ein Wettbewerbsverbot nach Ende des Vertragshändlerverhältnisses kann in gleicher 365 Weise wie bei einem HV vereinbart werden. Bei diesem erfordert § 90a ebenso wie beim Vertragshändler die Schriftform2491. Auch die bezahlte Karenz des HV bei einer mit dem Vertragshändler getroffenen Wettbewerbsabrede ist gemäß § 90a Rn 15 zwingend2492. Für die Beschränkung des Wettbewerbsverbots auf zwei – früher drei Jahre – (§ 90a Abs. 1 S. 2) gilt gleiches2493. Zu kartellrechtlichen Problemen § 90a Rn 15. Der Ausgleichsanspruch insbesondere. Am umstrittensten ist die Frage, ob dem Ver366 tragshändler in analoger Anwendung des § 89b auch ein Ausgleichsanspruch zusteht. Das wird heute fast allgemein befürwortet2494. Schröder2495 hat schon früh festgestellt, es sei vorauszusehen gewesen, dass alsbald andere Gruppen von Vertriebsmittlern bestrebt sein würden, sich an das „Schutz“modell des Ausgleichs anzuhängen. P. Ulmer 2496 hat erwogen, ob dem Vertragshändler ein Ausgleichsanspruch im Wege ergänzender Vertragsauslegung zustehen könne. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung nicht weniger als zweimal gewechselt, wobei infolge Wechsels der Geschäftsverteilung jeweils andere Senate beteiligt waren. In den beiden anfänglichen Entscheidungen BGHZ 29, 83 und BGHZ 34, 282 stellte er es auf eine konkrete Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers ab, die ihn für eine Zubilligung des Ausgleichs als dem „schutzbedürftigen“ HV gleichstehend erscheinen lasse. Im erstgenannten Falle wurde die Schutzbedürftigkeit darin gesehen, dass der Vertragshändler sich einem Formularvertrag des Herstellers hatte unterwerfen müssen; im zweiten Falle – unter Verwerfung des früheren Kriteriums – nunmehr darin, dass er ohne Eigenkapital gearbeitet habe. Diesen Anknüpfungspunkt – und damit den der Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers überhaupt – hat der BGH dann in der Entscheidung BGHZ 68, 340 aufgegeben und auch den Vertragshändler mit Eigenkapital als ausgleichsberechtigt anerkannt 2497. Jetzt wurde nur noch als entscheidend angesehen, dass der Vertragshändler in den Vertriebsorganismus des Herstellers eingegliedert sei und dass er2498 vertraglich verpflichtet sei, dem Hersteller den Stamm der von dem Vertrags2491

BGH WM 1987, 512 (Franchisenehmer); Hopt § 90a Rn 5; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 26. 2492 Canaris § 17 Rn 23; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 26. 2493 OLG München BB 1963, 1114. 2494 Ablehnend: P. Ulmer S. 449 ff; Evansv. Krbek S. 105; Nipperdey S. 235/236; Kroitzsch S. 1634 – mit kartellrechtlicher Begründung –; Mücke S. 642 ff; Glaser S. 1173; Schuler NJW 1959, 649. Befürwortend Sandrock (in Gierke/Sandrock § 28 C IV 2 S. 496 und FS Robert Fischer S. 676; Schröder BB 1961, 809 (mit Ein-

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schränkungen); Buchwald GmbH-Rundschau 1957, 102; Maier NJW 1958, 1330; Kreifels/Lang S. 1773, 1775; Finger S. 145; v. Brunn FS Heymann-Verlag S. 338 ff; Nies S. 537 ff; Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 3a, 13. 2495 BB 1961, 809. 2496 S. 450 ff. 2497 Zustimmend Hopt § 84 Rn 16. 2498 Dieser Gesichtspunkt war bereits in den zwischenzeitlichen Entscheidungen des BGH NJW 1964, 1952 und BB 1969, 1370 angeklungen.

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händler geworbenen Kunden zu überlassen. Der BGH präzisierte dann2499, es genüge, wenn der Vertragshändler schon während des Vertragshändlerverhältnisses gehalten sei, dem Hersteller einen solchen Einblick in seine Kundendaten zu geben, der es dem Hersteller ermögliche, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses sich in den Besitz des Kundenstammes zu setzen. Die rein tatsächliche Möglichkeit hierzu, etwa auf Grund bloßer Kenntnis des Kundenstammes als Folge der Gestaltung der Belieferung des Vertragshändlers (Streckengeschäft) solle nicht ausreichend sein2500. Die Kritik an dieser Rechtsprechung2501 dürfte heute vorwiegend rechtshistorisches Interesse finden. Zu fragen ist vielmehr, ob die Analogie nicht erweitert werden muss. Der Ausgleich wird dem HV dafür gewährt, dass er mit der Schaffung des Kundenstammes dem Unternehmer eine Leistung erbracht hat, die während der Vertragszeit noch nicht abgegolten worden ist, weshalb der Begriff der Ausgleichsvergütung treffender ist. Der Kundenstamm repräsentiert, über die Vermittlung der jeweiligen einzelnen Abschlüsse hinaus, einen eigenen Wert; er realisiert sich durch die Folgegeschäfte. Der HV hätte an ihm bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses durch Folgeprovisionen verdient und sich daraus für seine Bemühungen um die erstmalige Gewinnung des Kunden voll bezahlt gemacht: diese Möglichkeit ist ihm durch die Beendigung des Vertragsverhältnisses genommen, während der Kundenstamm dem Unternehmer verbleibt. Bis dahin hatten beide Teile, Unternehmer und Handelsvertreter, aus dem Kundenstamm je ihren Nutzen gezogen. Die Gleichgewichtigkeit des Nutzungsverhältnisses ist nun zerschnitten und an ihrer Stelle eine leitbildtypisch nur noch einseitige Nutzungsmöglichkeit durch den Unternehmer getreten. Dieses nicht gerechtfertigte Ungleichgewicht wieder auszugleichen, ist Zweck und Rechtsgrund des Ausgleichsanspruchs. Jener Gedanke trifft auch auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler, unter ihnen Vertragshändler, zu: Der Vertragshändler wird nicht schon während der Vertragszeit für das, was er an werbendem und kundenbetreuendem Einsatz schuldet, entschädigt2502. Die Handelsspanne ist lediglich Gegenleistung für die Erfüllung der Vertriebspflicht und Gegenleistung für die Ausführung des einzelnen Geschäfts, aber ebenso wenig wie beim HV Gegenleistung für den Aufbau des Kundenstammes. Zwar gibt es weder im bürgerlichen Recht noch im Handelsrecht einen Grundsatz, dass wirtschaftliche Vorteile und Chancen, die eine Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen als bloße Nebenfrucht dem anderen Teil über das vertraglich zu Beanspruchende hinaus zuwachsen lässt, neben einer geschuldeten Vergütung gesondert abgegolten werden müssten. Derartiges ist deshalb auch nicht aus § 354 abzuleiten. P. Ulmer 2503 erwähnt das Beispiel des Pächters eines Handelsunternehmens, der durch geschickte Geschäftspolitik das Ansehen der Firma und deren good will gemehrt hat: er hat während der Pachtzeit den Nutzen daraus gezogen und kann nicht verlangen, die Mehrung des good will nach Vertragsende besonders vergütet zu erhalten, sofern das nicht besonders vertraglich vereinbart wurde. Der Pächter unterliegt jedoch keiner Vertriebspflicht, in deren Ausübung er den Kundenstamm werben soll. Die Gegenleistung – Ausgleichsanspruch – steht deshalb keine Vertriebspflicht als Hauptleistung gegenüber. Der Analogie steht nicht entgegen, dass dem HV Provision gezahlt wird, während der Vertragshändler sich, aus der beim Weiterverkauf verdienten Handelsspanne bezahlt 2499

BGH WM 1979, 1391; bestätigt in NJW 1981, 1961 (1962). 2500 BGH WM 1975, 1243 und ihm folgend OLG Nürnberg BB 1979, 1979. 2501 Nachweise bei Staub/Brüggemann 4. Aufl.,

Vor § 84 Rn 28 ff; auch Staub/Brüggemann hat eine Analogie verneint. 2502 AA Staub/Brüggemann Vor § 84 Rn 31. 2503 S. 454.

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macht. Die Rückführung des Ausgleichs in § 89b Abs. 2 auf die gezahlt gewesenen Provisionen ist nur ein Berechnungsmodus2504. Er ist vom BGH überbrückt worden, indem eine fiktive Provision angesetzt wird; die Befürchtungen von v. Brunn2505 und Evansv. Krbek 2506, mit der Berechnung eines Vertragshändlerausgleichs auf der Basis der Handelsspanne würden schwer tragbare Belastungen auf den Unternehmer zukommen, sind deshalb unbegründet. Einzelheiten sind in der Kommentierung zu § 89b behandelt.

III. Die Entlohnung des Vertragshändlers 371

Was dem Vertragshändler der einzelne Abschluss einbringt, ist nicht eine Provision, sondern ist seine Handelsspanne („Rabatt“, „Marge“ oder „Differenz zwischen VK und EK“), aus der er sich bezahlt macht2507. Der Vertragshändler braucht als kaufmännischer Geschäftsbesorger nicht unentgeltlich tätig zu werden. Er ist schon nach § 354 berechtigt, vom Unternehmer für die Übernahme der im Interesse des Unternehmers liegenden Vertragspflichten ein Entgelt zu verlangen2508. Der Unternehmer schuldet dem Vertragshändler aber nicht die Zahlung bestimmter Beträge für den Vertrieb der Vertragswaren, sondern die Einräumung einer realistischen Handelsspanne2509. Als Gegenleistung für die Absatzförderungspflicht des Vertragshändlers ist daher die Eröffnung einer weitgehend gesicherten Verdienstmöglichkeit durch die Teilnahme am Vertrieb zu qualifizieren2510. Der Unternehmer soll verpflichtet sein, dem Vertragshändler einen Grundrabatt oder vergleichbare Vergütungen zuzusichern. Denn sonst stände der Leistung des Vertragshändlers allein der Wettbewerbsvorsprung durch die Teilnahme am Goodwill des Herstellers und die Beschränkung des Absatzes der Vertragswaren gegenüber. Damit würde sich der Vertragshändler, wenn er weitgehend in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert und von dessen Weisungen und Entscheidungen abhängig ist, hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Existenz völlig in die Hände des Herstellers begeben2511. Jedenfalls für Fälle enger Einbindung ohne wirtschaftlichen Bewegungsraum ist dem zuzustimmen. Genzow 2512 vertritt die Sittenwidrig- wie Nichtigkeit von Händlerverträgen mit unzureichenden Verdienstmöglichkeiten. Möglicher Erwerb aus dem Werkstatt- und Gebrauchtwagengeschäft dürfe bei Kfz-Händlerverträgen in die Gesamtbetrachtung der Verdienstmöglichkeiten nicht einbezogen werden, da die Kardinalpflicht des Neuwagenvertriebs allein im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der aus ihm stammenden Vergütung steht2513, soweit dieser Rabatt überhaupt vom Hersteller geleistet wird (nur dann kann ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis bestehen). Die Handelsspanne besteht entweder in der Differenz zwischen dem Verkaufspreis des Unternehmers an den Vertragshändler einerseits und dem vom Vertragshändler festgesetzten Preisen bzw. einer unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers andererseits. Gelegentlich wird sie in Höhe eines Abzuges von der 2504

Nipperdey S. 230 ff. DB 1961, 429. 2506 S. 15. 2507 Eingehend Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 115 ff; s.a. Habersack/Ulmer S. 14. 2508 Ulmer S. 282; Habersack/Ulmer S. 25. 2509 Ulmer S. 282; Habersack/Ulmer S. 22, 25. 2510 BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 2505

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(Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; BGHZ 124, 351 (362); Ulmer S. 282, 426 ff; Habersack/Ulmer S. 25. BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24. Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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üblichen Preisliste des Herstellers vereinbart. Dieser Rabatt wird als „Vertragshändlerrabatt“2514 bezeichnet. Das Recht zur Festsetzung der (ggf. unverbindlichen) Verkaufspreise folgt aus der Organisationsautonomie des Unternehmers, soweit es sich nicht um „Mondpreise“ handelt2515. Hinzu treten oft Zusatzleistungen mit verhaltensbezogenem oder absatzorientiertem lenkenden Charakter, meist als „Bonus“ oder „Gratifikation“ bezeichnet2516. Bei den Zuschüssen, Gratifikationen und Boni kann es sich um Nebenleistungen handeln, wenn diese für andere Leistungen als die Erfüllung der Vertriebspflicht gewährt werden2517. Mit zunehmender Bekanntheit und Ausdifferenzierung des Vertriebssystems wird die eigentliche Marge oft zu Gunsten der lenkenden Boni und Gratifikationen zurückgefahren2518. Die Handelsspanne liegt meist höher als die Provision eines HV, weshalb sie bei der Ausgleichsberechnung auf die Provision eines HV zurückgeführt wird. Im Kfz-Bereich dient etwa ein erheblicher Teil der Handelsspanne (8,5–11%) der Erfüllung der CI-Kriterien der Hersteller sowie der Ausstattung der Werkstatt 2519. Hersteller sind bei der Gestaltung der Preise gegenüber ihren Vertragshändler nicht frei. Nimmt der Hersteller durch Abgabe einer echten unverbindlichen Preisempfehlung (UPE) i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 2 GWB Einfluss, darf er die Preise, zu denen er die Händler beliefert, nicht so festsetzen, dass ihnen keine angemessene Gewinnspanne verbleibt. Der Abgabepreis an die Händler und die UPE müssen entsprechend harmonisiert werden2520. Einen Schwerpunkt hat die Rechtsprechung zum Vertragshändlerrecht und insbesondere zum Leistungs-/Gegenleistungsverhältnis in ihren Entscheidungen zu Kfz-Vertragshändlern gefunden2521. Wegen ihrer hohen Investitionen nehmen diese Händler eine Sonderstellung ein. Die zu ihnen ergangene Rechtsprechung lässt sich daher nicht in jedem Fall übertragen2522. An Sonderaktionen der Hersteller, mit denen z.B. besonders ausgestattete oder besonders günstige Sondermodelle oder -aktionen vorgestellt werden, müssen sich Vertragshändler nicht beteiligen2523. Besteht ein faktischer Beteiligungszwang verstößt dies gegen die dem Hersteller obliegende Treupflicht, sofern sich daraus spürbar nachteilige Auswirkungen auf die Verdienstmöglichkeiten des Händlers ergeben2524. Eine solche Treupflichtverletzung kann angenommen werden, falls die dem Händler obliegende Beteiligung an der Sonderaktion der Höhe seiner Marge nahe kommt oder entspricht2525. Ansonsten sind Sonderaktionen zulässig, sofern dem Vertragshändler die freie Entscheidung über die Beteiligung zusteht2526.

IV. Preisanpassung – Anpassung des Händlerrabattes Da zwischen Vertragsabschluss und möglichem Abschluss eines Einzelgeschäfts ein 372 langer Zeitraum, ggf. Jahrzehnte, liegen kann, hat der Unternehmer ein besonderes Interesse, Preisänderungsklauseln in Vertragshändler- oder Franchiseverträge einzufügen2527. Deshalb behält sich der Unternehmer regelmäßig die Neufestsetzung der unverbindlichen 2514

Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 117 f. 2515 Habersack/Ulmer S. 34. 2516 Westphal II Rn 484. 2517 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 121. 2518 Vgl. Habersack/Ulmer S. 14. 2519 Habersack/Ulmer S. 18. 2520 OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262).

2521

Westphal II Rn 28. Westphal II Rn 28. 2523 Habersack/Ulmer S. 58. 2524 Habersack/Ulmer S. 58. 2525 Habersack/Ulmer S. 58. 2526 Habersack/Ulmer S. 58. 2527 Vgl. Nagel in: Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl., Rn 398 ff; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 124 ff. 2522

Raimond Emde

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Vor § 84

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Preisempfehlung vor2528. Die Rspr. muss diesem Bedürfnis entgegenkommen und darf nicht zu einer Erstarrung der Preisfindung führen oder die Parteien auf die von keiner Partei gewollte Änderungskündigung verweisen. Leitbild ist § 315 BGB, dessen Voraussetzungen soweit als möglich in der Preisanpassungsklausel konkretisiert werden müssen (s.u.). Wird der Anfangspreis in irgendeiner Weise im Rahmenvertrag genannt, erfordert die einseitige Preisanpassung eine vertragliche Abrede innerhalb der Rahmenvereinbarung2529. Oft werden dort Listenpreisklauseln gefasst, nach denen der jeweils geltende Listenpreis des Herstellers gelten soll2530. Das Thema der Preisanpassung ist sensibel, weil der Hersteller durch übermäßige 373 Preiserhöhungen die Weiterführung des Vertrages im Sinne einer „stillen Kündigung“ verhindern kann. Grenzen setzen sein Eigeninteresse am Verkauf und die Treupflicht, die willkürlich unangemessen unterschiedliche Preise zwischen den Vertragshändlern eines einheitlichen Vertriebssystems ausschließen. Die strengen Voraussetzungen, welche die Rspr. an einseitige Änderungen der Handelsspanne (Händlerrabatt) stellt (regelmäßig nur durch konsensuale Einigung möglich, zu AGB siehe Vor § 84 Rn 42 „Einseitige Leistungsänderungsrechte“), gelten für die Festsetzung der Verkaufspreise der Waren nur bei Festlegung im Rahmenvertriebsvertrag, obwohl nicht zu verkennen ist, dass auch durch Änderungen der Verkaufspreise der Kernbereich des Vertrages mittelbar betroffen werden kann (s.o.). Der Hersteller wird, anders als bei der Reduzierung der Händlerspanne, schon deshalb bei Preisänderungen zurückhaltend sein, weil seine eigenen Absatzchancen bei übermäßigen Preiserhöhungen betroffen sind. Willkürliche Preisanpassungen überschreiten das Dispositionsrecht des Unternehmers und sind unwirksam. Der Vertragshändlervertrag muss nicht notwendig die Bedingungen der Einzelge374 schäfte nennen2531. Vermeidet er dies, bestimmen sich die Preise der Einzelgeschäfte nach dem Prinzip von Angebot und Annahme bei Abschluss des Einzelgeschäftes und für Preisanpassungen wegen der Treu- und Rücksichtnahmepflichten aus dem Händlervertrag – schon um nicht zu dem Gestaltungshinweis einzuladen, über die Preisanpassung im Rahmenvertrag zu schweigen – die nachfolgenden Regeln. Zudem liegt oft eine zumindest konkludente Einigung auf einen bestimmten Anfangspreis vor, ggf. durch Ausführung mehrerer Einzelgeschäfte. Individualvertraglich vereinbart unterliegen Preisanpassungsklauseln nur den Grenzen 375 der §§ 138, 315 BGB. Ob sich der Unternehmer ein an § 315 BGB orientiertes Leistungsbestimmungsrecht vorbehalten kann, ist umstritten. Das OLG Stuttgart2532 hat dies zugelassen. Fiat dürfe aufgrund des Fehlens einer Rabattvereinbarung im Vertragshändlervertrag nach § 316 BGB die Rabatte für ihre Produkte gem. § 316 BGB bestimmen. Allerdings ist, wie ausgeführt, eine konkludente Margenvereinbarung denkbar2533, etwa wenn über längere Zeit hinweg eine bestimmte Marge gewährt wurde und Einigkeit über den Ausschluss einer Preiserhöhung bestand. Da die Marge im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Vertriebspflicht des Vertragshändler steht, fragt sich allerdings, ob nicht in Wahrheit der Vertragshändler das Bestimmungsrecht i.S.d. § 316 BGB besitzt2534. Außerdem wäre

2528

Habersack/Ulmer S. 14. Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 108. 2530 Vgl. Horn NJW 1985, 1122. 2531 Vgl. Manderla in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, § 18 Rn 18. 2529

250

2532

Urteil vom 26.04.1996 – 2 U 35/95, zitiert nach Habersack/Ulmer, S. 38; die Revision wurde vom BGH durch Beschluss vom 07.05.1997 – VIII ZR 175/96 – nicht angenommen. 2533 Habersack/Ulmer S. 39. 2534 Habersack/Ulmer S. 43.

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an eine Analogie zu § 87b Abs. 12535 oder an eine ergänzende Vertragsauslegung unter Rückgriff auf den hypothetischen Parteiwillen2536 zu denken. In jedem Fall schuldet der Unternehmer unter Treupflichtgesichtspunkten eine angemessene Ankündigungsfrist, damit sich der Vertragshändler auf Preisänderungen einstellen kann. Eine Ankündigungsfrist, die der Frist zur ordentlichen Vertragskündigung entspricht, ist immer zulässig. Sie ist aus Sicht des Unternehmers aber regelmäßig zu lang. Die Angemessenheit der Ankündigungsfrist bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Werden Preisänderungsklauseln in AGB vereinbart, ist die Rechtslage diffiziler. Wenn 376 Verkaufspreise im Händlervertrag genannt wurden, eine an § 242 BGB orientierte Auslegung diese Preise als fix erscheinen lässt und eine Preisänderungsklausel insgesamt fehlt oder unwirksam ist, wird eine Preisänderung unzulässig sein. Es gilt dann der Grundsatz „pacta sunt servanda“. Bleibt der Teil der Klausel wirksam, der eine Preisänderung generell zulässt und ergreift die Unwirksamkeit nur den Teil der Klausel, der die Bedingungen der Preiserhöhung regelt, gilt das dispositive Recht, also §§ 138 und ggf. 315 BGB (s.o.). Dessen Geltung ist angesichts des Umstandes, dass kein Händler von jahrelanger Preisstabilität ausgehen darf, das mglw. sachgerechte Ergebnis. Teilweise wird für AGB in Anlehnung an § 309 Nr. 1 BGB (Ausstrahlungswirkung) eine viermonatige Bindungsfrist an die Preise für erforderlich gehalten2537. Zwar trifft § 309 Nr. 1 BGB den vorliegenden Fall nicht, da die Vorschrift nur die Preiserhöhung zwischen Vertragsschluss und Lieferung regelt, nicht jedoch den bei Preisänderungsklauseln meist allein relevanten Fall der Preisänderung zwischen Abschluss des Vertragshändlervertrages und ihn ausführendes Einzelgeschäft (Kaufvertrag). Zudem würde zumindest die im zweiten HS enthaltene Ausnahme für Dauerschuldverhältnisse den Händlervertrag selbst treffen2538. Bei abstrakt genereller Betrachtung sind aber Deckungslücken zu befürchten, wenn der Hersteller die Preise innerhalb eines kürzeren Zeitraums als vier Monate erhöht, der Händler diese Preiserhöhung aber wegen § 309 Nr. 1 BGB nicht an den Endverbraucher weitergeben darf. Denn der Händler kann seinen Gewinn wegen des möglicherweise geänderten Einkaufspreises nicht sicher kalkulieren, sofern er sich gegenüber dem Kunden bindet und erst dann bestellt. Dem mag er möglicherweise durch eine Voranfrage beim Hersteller oder einen Vorvertrag mit ihm entgegenwirken. Daher sollte der Viermonatszeitraum im Falle einer in AGB enthaltenen Preisanpassungsklausel als Regelankündigungsfrist angesehen werden, es sei denn, die ordentliche Kündigungsfrist ist kürzer oder der Sachverhalt fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB (Änderungsfrist dann ca. 4 Wochen). Sollen Preiserhöhungsklauseln auch Preise in bereits abgeschlossenen Kaufverträgen zwischen Hersteller und Händler ergreifen, so kann der Änderungsvorbehalt im Hinblick auf die Bindung des Händlers an § 309 Nr. 1 BGB für die ersten vier Monate nach Vertragsschluss nur vereinbart werden, falls er Waren ausnimmt, welche der Händler im Zeitpunkt der Preisänderung seinerseits schon weiterverkauft hat2539. Eine Ausnahme vom Verbot einseitiger Preisänderungen soll für freiwillige Leistungen des Unternehmers gelten2540, also wohl solche, die ohne Gegenleistung erbracht werden (woran es im Zweifel mangelt). Die bloße Freiwilligkeit der Gewährung ist ein schlechter Maßstab. Denn jede vertragliche Leistung wird freiwillig erbracht.

2535

Habersack/Ulmer S. 43. Habersack/Ulmer S. 46. 2537 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 129. 2538 Vgl. Nagel in: Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Auflage, Rn 405. 2536

2539

Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGBRecht, 10. Aufl., Anhang, § 310 BGB, Rn 953. 2540 BGHZ 124, 351 (362); Habersack/Ulmer S. 35.

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Ein Preisänderungsrecht besteht bei Existenz schwerwiegender Änderungsgründe, etwa plötzlicher Preiserhöhungen des Vorlieferanten und für Rohstoffe. Zudem gelten auch bei Beachtung der viermonatigen Ankündigungsfrist die allgemeinen Anforderungen an Änderungsvorbehaltsklauseln. Weiter ist das einseitige Recht der Preisanpassung in Rahmenvereinbarungen nach § 308 Nr. 4 BGB nur wirksam, wenn es unter Berücksichtigung der Interessen des Vertragshändlers zumutbar ist2541. Der Vorbehalt ist nur wirksam, sofern er genau eingegrenzt ist und sich im Rahmen des Angemessenen hält2542. Die Eingrenzung muss in der das Preisänderungsrecht gebenden Klausel benannt sein. Es müssen konkrete Regeln vorgesehen werden, wann und wie der Änderungsvorbehalt ausgeübt werden kann und soll 2543. Die Klausel muss konkrete schwerwiegende Änderungsgründe nennen und in ihren Voraussetzungen die Interessen des Vertragshändlers angemessen berücksichtigen2544. Die Preisänderung ist bei entsprechender Vereinbarung z.B. im Falle von Preissteigerungen bei Vorprodukten zulässig2545. Auch ist sie zulässig, wenn das Produkt nach seinem Wert verbessert wird (Modellpflege). Wird ein neues Produkt eingeführt, dürfen die Preise im angemessenen Rahmen neu bestimmt werden. Ein Preisänderungsrecht scheidet nur aus, wenn sich aus dem Vertragshändlervertrag hinreichend klar das Verbot einer Preiserhöhung ergibt, etwa bei Vereinbarung eines Festpreises. Will der Hersteller dann die Preise erhöhen, muss er den Weg der Änderungskündigung einschlagen. Bei widerspruchsloser Hinnahme angemessener Preiserhöhungen in der Vergangenheit kann eine konkludente Preisänderungsklausel nach dem Maßstab des § 315 BGB vereinbart worden sein. Ein der Preiserhöhung folgendes Lösungsrecht des Vertragshändlers vom Vertrag ent378 sprechend den für Endverbraucher geltenden Entscheidungen, BGH ZIP 1984, 330 (333) und BGH ZIP 1989, 1196 (1198), besteht nicht2546. Allerdings kann eine nicht gerechtfertigte Preiserhöhung dem Vertragshändler nach Abmahnung einen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach §§ 89a, 89b Abs. 3 S. 2 geben. Maßgeblich sind die konkreten Umstände des Einzelfalls2547. Sieht sich ein Hersteller schwer kalkulierbaren Schwankungen der Rohstoffpreise ausgesetzt, kann für diesen Fall eine konkrete Preisanpassungsklausel im Vorwege kaum formuliert werden2548. Sie darf dann auch nicht erwartet werden. Auch die Anforderungen an die Abstrahierung der Preisänderungsfaktoren in AGB können in diesem Fall herabgesetzt sein.

2541

Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 109. 2542 BGH, Urt. v. 26.11.1984, ZIP 1985, 161 (163); Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 110. 2543 BGH, Urt. v. 26.11.1984, ZIP 1985, 161 (163); Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 110. 2544 BGH NJW 1994, 1060 (1063); ZIP 2000, 138 (145); Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 131. 2545 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 131.

252

2546

Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 130. 2547 BGH, Urt. v. 16.01.1985, BB 1985, 1223; 1985, 260, Nagel in: Stumpf/Jaletzke/ Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl., Rn 408. 2548 BGH, Urt. v. 16.01.1985, BB 1985, 1223; 1985, 260, Nagel in: Stumpf/Jaletzke/ Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Auflage, Rn 408.

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V. Rückgaberecht/Rücknahmepflicht für Vertragsware nach Vertragsende Eine eher nur beim Vertragshändler akut werdende Förderungspflicht des Herstellers 379 besteht darin, dass er bei Vertragsende gehalten sein kann, den Händler beim Absatz der noch vorhandenen Lagerbestände zu unterstützen, etwa die Überleitung der Bestände auf den Nachfolger zu vermitteln (ggf. unter Abschlägen vom Einstandspreis) oder auch sie zurückzunehmen, sofern sie aus sachlich vertretbaren Vorausdispositionen herrühren2549. Dies gilt besonders dann, wenn der Vertragshändler ein Lager oder bestimmtes Depot zu unterhalten gehabt hatte2550. Auch im Teilegroßhandel besteht eine Rücknahmeverpflichtung2551. Der Unternehmer ist selbst ohne ausdrückliche Rücknahmeverpflichtung verpflichtet, 380 Lagerware und Ersatzteile nach Beendigung des Händlervertrages2552 oder eines Werkstattvertrages2553 zurückzunehmen. Die Rücknahmepflicht ergibt sich nicht aus den §§ 985, 667, 675 BGB oder einer analogen Anwendung des HV-Rechts sondern aus der nachvertraglichen Treupflicht des Unternehmers2554, ggf. aus einer vertraglichen Vereinbarung2555. Der Händler hat, wenn die Vertragsbeendigung nicht aus einem von ihm zu vertretenden Grund erfolgte, einen Anspruch auf Rücknahme der Vertragswaren und Ersatzteile, die er aufgrund der Vorgaben des Herstellers in seinem Lagerbestand gehalten hat, sofern er zur Lagerhaltung verpflichtet war2556. Nur der Händler, der dem Hersteller/Lieferanten Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben hat, verliert seine Ansprüche auf Rücknahme2557 und es kann für jene Situation jede Rücknahme auch formularvertraglich ausgeschlossen werden. Hat der Händler das Vertragsende allein oder überwiegend vertreten, ohne dass ein wichtiger Kündigungsgrund besteht, dürfte die Rücknahmepflicht aus Treupflicht bestehen bleiben2558. Nach aA ist ein Rekurs auf die Treupflicht des Unternehmers zumindest ausgeschlossen, wenn der Händler die Vertragbeendigung allein verschuldet hat2559. Eine ordentliche Kündigung bildet als gesetzlich gestattetes Verhalten kein Verschulden des Händlers2560. Im umgekehrten Falle, bei außerordentlicher Kündigung des Händlers wegen schuldhaften Verhaltens des Herstellers, drohen dem Hersteller/Lieferanten Schadensersatzansprüche des Vertragshändlers aus § 89a Abs. 2 analog. Unbeschadet weitergehender Verpflichtung zum Ersatz des dem 2549

P. Ulmer S. 472. BGHZ 54, 338 (343 ff); Canaris § 17 Rn 48. 2551 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJWRR 2010, 353 = WRP 2010, 393; aA OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 04.03.2008 – 11 U 42/07; 11 U 45/07. 2552 BGH NJW 1995, 524 = ZIP 1995, 1222; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01; VersR 2002, 886; OLG Saarbrücken NJWRR 1999, 106; Schriefers BB 1992, 2158; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (621). 2553 Niebling WRP 2006, 1334 (1335). 2554 BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078; BGH BB 1995, 113 ff = WM 1994, 1121 (1130); WM 1988, 1344, 1349 f = ZIP 1988, 1182; 2550

BB 1970, 1458; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 173. 2555 BGH ZIP 1988, 1182; ZIP 1994, 461 ff; NJW-RR 1999, 106. 2556 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2557 BGHZ 54, 338 (346); BGH NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 175. 2558 AA Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 176; offen gelassen von BGHZ 128, 67. 2559 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 401. 2560 BGH BB 1988, 2201; BGH BB 1995, 113 (114); Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 401; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 177.

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Vertragshändler entstehenden Umstellungsschadens muss der Warenbestand gegen Erstattung des Einstandspreises oder gegen Verzicht des noch ausstehenden Kaufpreises zurückgenommen werden2561. Für den Fall, dass der Hersteller die Vertragsbeendigung zu vertreten hat bzw. den Händler keine Verantwortung trifft2562, ist eine Beschränkung des Rücknahmeanspruchs im Formularvertrag unzulässig. Haben beide Parteien die Vertragsbeendigung verschuldet, wird die Rücknahmepflicht unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verursachungsanteile eingeschränkt2563. In diesem Fall bleibt die Rücknahmepflicht in vollem Umfang bestehen; die Rücknahmevergütung ist jedoch angemessen herabzusetzen2564. Hat keiner der Parteien die Vertragsbeendigung zu vertreten, steht dem Händler ein Anspruch auf Rücknahme der Lagerwaren zu. Individualvertraglich dürfen die Parteien den Rücknahmeanspruch innerhalb der Grenzen der §§ 138, 242 BGB festsetzen oder ausschließen2565, es sei denn, die unberechtigte Vertragsbeendigung erfolgte mit Vorsatz. Zu Formularklauseln Rn 42, 43. Der Händler kann sich darauf beschränken, nur einen Teil der Lagerbestände zurückzugeben2566. Übermäßige Bestände, die aufgrund von Dispositionsfehlern des Händlers gehalten werden, müssen nicht zurückgenommen werden2567. Verweigert der Händler eine Rücknahme, steht dies einem Dispositionsfehler gleich2568. Im Grundsatz bezieht sich die Rücknahmepflicht auf alle vertragsgemäß eingelagerten und neuwertigen Waren, egal welchen Alters, insbesondere auch auf Tageszulassungen bei Kfz, je nach Alter auch auf Vorführwagen. Die Rücknahmepflicht erstreckt sich auch auf Waren, die der Händler zum Zwecke der Eigenfinanzierung an eine konzerneigene Bank des Herstellers sicherungsübereignet hat2569. Dies gilt auch, wenn die Rücknahmepflicht nur für „im Eigentum des Händlers stehende Ware“ vereinbart wurde2570. Ob auch unbenutzte Spezialwerkzeuge, die vom Händler auf Veranlassung des Unternehmers angeschafft wurden, ohne vertragliche Regelungen rücknahmefähig sind, wird uneinheitlich beurteilt2571. Die Rücknahme wird in diesem Fall als Naturalrestitution nur über einen Investitionsersatzanspruch (§ 89 Rn 64 ff) erfolgen können2572, notfalls kann der Rücknahmeanspruch auch hier aus Treupflichten hergeleitet werden. Darauf, dass die Vertragsware originalverpackt ist, dürfte es nicht ankommen2573, es 2561

BGHZ 54, 338 = BB 1970, 1458; BGH BB 1995, 113 (114); Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 f; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 173; die Kritik von Finger in der Anmerkung zu BGHZ 54, 338 in NJW 1971, 555 verkennt, dass der BGH hier nur den Grundsatz der Naturalrestitution angewandt hat. 2562 BGHZ 128, 67; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 178. 2563 BGHZ 54, 338 (346 f); BGH ZIP 1988,1182 (1187 f); Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 402. 2564 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 402. 2565 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 407. 2566 Unentschieden Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 399; differenzierend nach Anspruchspruchsgrundlagen Stumpf/Jaletzke/Schultze 689 f; dagegen: LG Frankfurt am Main BB 1977, 1475.

254

2567

OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 106. Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (788). 2569 KG BB 1999, 1518 mit Anm. Graf von Westphalen; Emde VersR 2001, 148 (165). 2570 KG BB 1999, 1518 mit Anm. Graf von Westphalen. 2571 Dagegen: LG Köln, Urt. v. 08.11.2001 – 86 O 120/99, n.v.; LG Frankfurt am Main BB 1982, 209; Westphal II Rn 660; Stumpf/ Jaletzke/Schultze Rn 702. 2572 Genzow Rn 135; Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 397. 2573 AA wohl BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697; OLG Frankfurt, Urt. v. 05.04.2006 – 2110/06, BeckRS 2006, 12472; OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 1962/01, NJOZ 2002, 2175; OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.07. 2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2568

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genügt, dass sie in neuwertigem und unbenutztem Zustand ist2574. Ein Entfernen der Verpackung, die für die Rechtsdurchsetzung erforderlich ist, etwa durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen, bleibt ohnehin irrelevant. Der Rücknahmepreis ist grds. der Zeitwert, im Zweifel der Einkaufspreis im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung, mindestens jedoch der vom Händler entrichtete Kaufpreis2575. Ein Anspruch des Händlers auf Ersatz des ihm durch den Rückkauf entgangenen Gewinns kommt nur bei Vertretenmüssen des Herstellers in Bezug auf die Vertragsbeendigung und als Schadenersatzanspruch in Frage2576. Durch eine lange Lagerdauer kann eine erhebliche Wertminderung der Ware eintreten. Fehler oder Wertminderung der zurückzugebenden Gegenstände stehen der Rücknahmepflicht zwar nicht grds. entgegen, begründen aber bei vom HV verschuldeter Verschlechterung einen Schadensersatzanspruch2577. Da der Händler das Lagerrisiko trägt, wird ein Abzug vom Einkaufspreis für die Wertminderung insbesondere gebilligt, sofern der Händler die Beendigung des Vertrages verschuldet hat2578. Es besteht aber keine Vermutung dafür, dass bei der zurückzugebenden Lagerware eine Wertminderung eingetreten ist2579. Eine Reduzierung des Rückkaufspreises in Höhe von 10 % des Netto-Einkaufspreises wegen zu erwartender Verwertungsverluste ist auch mittels AGB zulässig. Da Grund des Abzuges von 10 % der mit der Neueinlagerung zahlreicher Einzelteile verbundene Verwaltungsaufwand des Hersteller ist, kann diskutiert werden, ob die Reduzierung bei der Rückgabe von Vertragsware angemessen ist, die in leicht überschaubarer Anzahl erfolgt2580. Möglicherweise wird man Andeutungen des BGH entnehmen können, dass die Rückkaufpflicht auf einen vorgegebenen Mindestlagerbestand begrenzt werden darf 2581. Befindet sich der Hersteller mit der nach Vertragsende geschuldeten Rücknahme der 381 Teile im Annahmeverzug, darf der Händler gemäß § 304 BGB i.V.m. § 354 HGB für die Dauer des Annahmeverzugs des Herstellers die ortsüblichen Lagerkosten beanspruchen2582. Die eine Rücknahmepflicht regelnde Klausel eines Händlervertrages darf nicht „ein- 382 schränkend“ bzw. „ergänzend“ so ausgelegt werden, dass die Rücknahme ausscheidet, falls sich an den beendeten Händlervertrag ein neuer Händlervertrag anschließt2583 bzw. die Rücknahmepflicht nur besteht, sofern der Händler im Einzelfall auf Grund der veränderten Verhältnisse nicht mehr oder nicht mehr im zumutbaren Maße, insbesondere innerhalb eines angemessenen Zeitraumes, die Möglichkeit hat, das Ersatzteillager zu amortisieren2584. Die Rücknahmepflicht besteht also auch dann, wenn sich ein neuer Händlervertrag anschließt2585 oder der vorherige Händler danach autorisierte Werkstatt 2574

OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2575 KG BB 1999, 1518. 2576 Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789, 791). 2577 Schriefers BB 1992, 2161. 2578 BGHZ 54, 338. 2579 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 409; Westphal II Rn 662. 2580 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 414. 2581 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08 Rn 19; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393.

2582

BGH, Urt. v. 22.03.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403. 2583 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJWRR 2010, 353 = WRP 2010, 393; Urt. v. 18.06.2008 – VIII ZR 154/06, DB 2008, 1913. 2584 BGH, Urt. v. 18.06.2008 – VIII ZR 154/06, DB 2008, 1913. 2585 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJWRR 2010, 353 = WRP 2010, 393.

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des Herstellers2586 bleibt. Eine Beendigung des Vertrages liegt nicht nur vor, wenn zwischen den Parteien überhaupt keine Vertragsbeziehungen mehr bestehen2587. Dass der BGH die Rücknahmepflicht auch aus Treupflichten hergeleitet hat, weil Sinn und Zweck der auferlegten Lagerhaltung entfallen seien und dem Händler eine Veräußerung des Lagerbestandes wegen der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr zumutbar sei, rechtfertigt nicht den Umkehrschluss, das Vorhalten eines Ersatzteillagers sei weiterhin im vollen Umfang sinnvoll 2588. Damit hob der BGH die Vorinstanz OLG Frankfurt/M.2589 auf, nach der eine ergänzende Vertragsauslegung den Rückkaufanspruch ausschloss, weil bei Abschluss der Rückkaufklausel die Möglichkeit der Fortsetzung des Händlervertrages durch einen Werkstattvertrag nicht vorherzusehen war. Gleichwohl bestand auch nach Ansicht des OLG Frankfurt der Rücknahmeanspruch, falls die Werkstatt nicht oder nicht mehr in zumutbarem Maße die Möglichkeit besitzt, das Ersatzteillager zu amortisieren. Für eine Rücknahmepflicht spricht bereits das Formulierungsrisiko (§ 305c BGB) des Herstellers, der „Mitzieheffekt“ des Verkaufs für das Werkstattgeschäft und die nach Wegfall des Verkaufs reduzierten Reparaturaufträge. In jedem Fall kann der Rückkaufanspruch nur ausscheiden, wenn die Zusammenarbeit auf der Grundlage eines im Wesentlichen übereinstimmenden Vertrags fortgesetzt wird2590. Ein solcher Ausnahmefall ist nicht schon gegeben, sobald sich an den bisherigen Vertrag, der sowohl das Neuwagen- als auch das Werkstattgeschäft umfasste, ein neuer Händlervertrag (für den KfzVertrieb) und ein Werkstattvertrag anschließen. Es kommt vielmehr auf die konkrete Ausgestaltung der neuen Verträge, d.h. darauf an, ob die Geschäftsbeziehung auch hinsichtlich des Ersatzteilgeschäfts im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird. Dazu dürfen dem weiteren Absatz der Ersatzteile durch den Händler im Vergleich zur bisherigen Geschäftsbeziehung keine unzumutbaren Schwierigkeiten entgegenstehen. Solche Schwierigkeiten treten aber ein, wenn unter dem neuen Vertrag der Ersatzteilgroßhandel entfällt, welcher 70 % des Geschäftes erfasst2591. Ausgenommen von der Rückkaufpflicht sind Teile, zu deren Bevorratung als Mindestbestand der bisherige Händler nach dem neuen Servicevertrag verpflichtet ist2592. Der Anspruch wird mit Beendigung des Händlervertrags fällig2593. Eine Ausschlussfrist 383 für die Geltendmachung des Rückkaufes existiert kraft Gesetz nicht. Der Händler braucht den Rückkauf noch nicht einmal binnen angemessener Frist zu fordern2594. Die Verjährungsfrist für den Rückkaufanspruch beginnt mit Beendigung des Händlervertrags zu laufen.

2586

BGH, Urt. v. 18.06.2008 – VIII ZR 154/06, DB 2008, 1913; Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078, Rn 24; OLG Frankfurt, Urt. v. 01.08.2006 – 11 U 13/06 (Kart), WRP 2006, 1387 = WM 2007, 2078; Niebling WRP 2010, 81 (82). 2587 BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 = NJW-RR 2008, 1371, Rn 25. 2588 BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 = NJW-RR 2008, 1371, Rn 27. 2589 Urt. v. 31.03.2006 – 21 U 25/05, WRP 2006, 1384; zustimmend Wendel/Ströbl WRP 2006, 1336 ff. 2590 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08

256

Rn 15; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393. 2591 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08 Rn 17; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393. 2592 BGH, Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 93/08; Urt. v. 09.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJWRR 2010, 353 = WRP 2010, 393; BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Rn 37; Urt. v. 18.06.2008 – VIII ZR 154/06, WM 2008, 2076. 2593 OLG Frankfurt/Main, Hinweisbeschl. v. 23.03.2010 – 11 U 5/10 (Kart.) BeckRS 2010, 21415. 2594 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 188.

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Nur weil der Hersteller den Rücknahmeanspruch ablehnt, handelt es sich um keine zweifelhafte Rechtsfrage, für die die Verjährung zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen beginnt2595. Ohne (wirksame) Fristregelung zur Rücknahme kann der Rückkauf innerhalb der allgemeinen Verjährungs- oder Verwirkungsfrist gefordert werden2596; vor Ablauf der Verjährungsfrist ist eine grundsätzlich denkbare2597 Verwirkung kaum denkbar. Ohne vertragliche Regelung kommt ein Ausschluss binnen eines Jahres nach Vertragsende nicht in Betracht2598. Der Händler muss bei Vertragsbeendigung einen kompletten Geschäftsbetrieb abwickeln. Deshalb sind keine strengen Voraussetzungen zu stellen. Ein gekündigter Kfz-Vertragshändler verwirkt seinen Anspruch gegen den Hersteller auf Rückkauf des Ersatzteillagers nicht deswegen gemäß § 242 BGB, weil er den Anspruch erst nach rechtskräftigem Abschluss eines zwischen den Parteien geführten Rechtsstreites über die Wirksamkeit der Kündigung des Händlervertrages geltend macht2599. Vor Entscheid des Rechtsstreites habe der Händler keinen Anlass, den Rückkauf zu fordern, weil er von dem Fortbestehen des Vertrages ausgehe. Ältere Ersatzteile könnten noch für die Reparatur älterer Kfz verwendet werden2600. Es ist grundsätzlich Sache des Händlers, das Vorliegen der Voraussetzungen für einen 384 Rückkaufanspruch darzulegen und zu beweisen2601. Die Originalverpackung sowie die Fabrikneuheit der Ersatzteile darf der Hersteller bestreiten2602, allerdings wohl nur nach einer Überprüfung2603. Unterlässt er die Überprüfung, kann das Bestreiten unsubstantiiert sein2604. Alle zum Rückkauf angebotenen Ersatzteile sind aufzulisten und dem Unternehmer mitzuteilen, und zwar – soweit zur Identifikation erforderlich (und nur dann) – nach Nummer, Teilebezeichnung, Bestandszahl und Preis2605. Die Bezugsquelle braucht nicht benannt zu werden2606. Nach der vom BGH abgelehnten Ansicht des LG Frankfurt, derzufolge bei einem auf den Vertragshändlervertrag folgenden Servicevertrag nur die für den Weiterverkauf vorgesehenen Teile zurückzunehmen waren, sollte der Händler nachweisen müssen, dass die von ihm zum Rückkauf geforderten Teile nicht für den Werkstattbereich vorgesehen waren2607. Der Tatrichter muss ggf. durch Beweisaufnahme die Rücknahmefähigkeit der Ersatzteile feststellen2608. Dass der Hersteller nach der Honda-

2595

OLG Frankfurt/Main, Hinweisbeschl. v. 23.03.2010 – 11 U 5/10 (Kart.) BeckRS 2010, 21415. 2596 OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 2597 Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 416; Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789). 2598 AA Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 188. 2599 OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 2600 OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 2601 BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 = NJW-RR 2007, 1697 Rn 45; BGH, Urt.

v. 20.09.2006 – VIII ZR 127/04, BeckRS 2006 12687, II 1 b; Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (621). 2602 BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1702) Rn 47. 2603 OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 2604 OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 2605 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (621). 2606 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (621). 2607 LG Frankfurt, Urt. v. 20.06.2007 – 3–4 O 187/06, BeckRS 2010, 00576. 2608 BGH, Urt. v. 18.07.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078, Rn 48.

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1. Buch. Handelsstand

Entscheidung des BGH2609 auch verpflichtet ist, nicht vom Hersteller bezogene Lagerware zurückzunehmen, dürfte eine Folge des Rechts auf Querbelieferung sein und wird deshalb von Kleinmann/Siegert 2610 zu Unrecht bemängelt. Letztlich stammt die Ware auch hier vom Unternehmer. Das Bestreiten des Herstellers, dass die Ware von ihm bezogen wurde, ist auch deshalb irrelevant. Er kann aufgrund seiner eigenen Aufzeichnungen feststellen, ob er die Ware veräußert hat 2611 (soweit dieses Bestreiten nach dem Vorstehenden überhaupt bedeutsam ist). Bei Vorhandensein von Originalvertragsware soll zudem ein Anscheinsbeweis dafür bestehen, dass der Händler die Ware beim Unternehmer erworben hat 2612. Für den Rücknahmeanspruch gelten die §§ 346 ff BGB analog2613. Bei Vorführwaren 385 liegt die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme im Vorführzweck. Dieser Gebrauchsvorteil führt nicht zu einer Ersatzpflicht des Händlers gemäß § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB2614. Spiegelbildlich zur Rückkaufverpflichtung des Unternehmers soll dem Händler eine 386 Rückverkaufspflicht auferlegt werden dürfen, weil er Kaufverträge mit seinen Abkäufern vor der Eigenkündigung oder dem Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist erfüllen könne. Er wird also angeblich nicht zum Vertragsbruch gezwungen, weil der Hersteller nach Vertragsende die Rückgabe der Lagerware fordert. Dies ist zweifelhaft und kann sicher nicht für den Fall der vom Unternehmer verschuldeten Kündigung gelten.

J. Franchiserecht Schrifttum Jacobsen/Schäfer Vorvertragliche Aufklärungspflichten – Darstellung am Beispiel des Franchising, ZAP 2008, 1085.

387

Die deutsche Franchise-Wirtschaft wächst stetig. 870 Franchise-Systeme haben zusammen mit 48.700 Franchise-Unternehmen im Jahre 2005 einen Umsatz von 32,3 Milliarden EUR erwirtschaftet2615. Gastronomiesysteme wie McDonald oder Burger-King wurden geradezu zum Aushängeschild des Franchising. Aber auch in anderen Branchen ist Franchising weitverbreitet, etwa bei der Getränkeabfüllung, im Bereich der Automaten-Videotheken2616 oder der Zahnarztpraxen2617. Selbst im Kfz-Vertrieb wären sie zulässig 2618. Das Franchiserecht bildet damit einen interessanten Teil des Vertriebsrechts 2619. Gleichwohl gibt es kein kodifiziertes Franchiserecht, abweichend von vielen

2609

2610 2611

2612 2613

BGH ZIP 2005, 1785; aA OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.07.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628. BB 2006, 785 ff. OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; OLG Köln, Urt. v. 01.03.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 397. BGH NJW 1972, 1191; NJW 1994, 1060 (1067).

258

2614 2615 2616

2617 2618

2619

Vogels/Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 411. Gajo AG-Report 15/2006, R 363. Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.06.2008 – 4 U 72/08, GRUR-RR 2009, 30 = NJW-RR 2009, 392. BGH, Urt. v. 26.02.2009 – I ZR 222/06, BeckRS 2009, 21885. Niebling WRP 2010, 1454 (1456); aA Niebling WRP 2010, 81 (83) zum Rechtszustand unter der GVO 1400/02 (schon seinerzeit zwh.). Emde VersR 2001, 148 (154).

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anderen Ländern2620. Insbesondere fehlt, anders als beim HV-Recht, vereinheitlichtes europäisches Recht. In Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und Schweden gibt es Gesetze zum Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflichten. In Deutschland wird das Franchiserecht durch die §§ 84 ff, die Regelungen des allgemeinen Zivil-, Handels-, Gesellschafts-, Wettbewerbs-, Kartell-, Verbraucherschutz-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts sowie die Rechtsprechung geprägt2621. Franchisesysteme wurden erstmals in den USA eingeführt, und zwar 1889 von Gene- 388 ral Motors und im Jahr 1902 von Rexal. Franchising ist ein Vertriebssystem, durch das Waren und/oder Dienstleistungen und/oder Technologien vermarktet werden. Es gründet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich sowie finanziell selbstständiger und unabhängiger Unternehmen, dem Franchisegeber (FG) und seinem Franchisenehmer (FN). Der FG gewährt seinem FN das Recht und legt ihm gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entsprechend seinem Konzept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet den FN gegen ein direktes oder offen vereinbartes indirektes Entgelt im Rahmen und für die Dauer eines zu diesem Zweck zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchisevertrags per laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den FG den Systemnamen und/oder das Warenzeichen und/oder die Dienstleistungsmarke und/oder andere gewerbliche Schutz- und Urheberrechte sowie das Know-How, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftsordnungssystem des FG zu nutzen2622. Nach der Definition der Tz 43 LL zur GVO 330/10 gewährt der FG dem FN neben der Lizenz für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums an Marken- oder sonstigen Zeichen und von Know-How zum Zwecke der Nutzung und des Vertriebs von Waren bzw. Erbringung von Dienstleistungen für die Nutzung dieser Rechte während der Laufzeit der Vereinbarung fortlaufend kommerzielle oder technische Unterstützung in Form von Beschaffungsleistungen, Schulungsmaßnahmen, Immobilienberatung, Finanzplanung usw. Die Lizenzunterstützung sei Bestandteil der Geschäftsmethode, für die die Franchise erteilt werde. Das Franchisesystem kennzeichnet sich daher durch die Stichworte „Know-How“, „geheim“, „wesentlich“ und „genau beschrieben“2623, bei bestehender Gegenleistungspflicht des FN zur Leistung der Franchisegebühren. Der FG muss das dem FN zur Verfügung gestellte Know-How nachweisen2624. Dies ist für die Angemessenheit der Franchisegebühren wichtig2625. Der Franchisevertrag bildet keinen Gesellschaftsvertrag, weil sich der FN nicht am Unternehmensträger des FG beteiligt. Zur Frage, ob Franchisesysteme einen selektiven Vertrieb bilden Rn 136. Insb. im Ärztebereich werden berufsrechtliche Zweifel an der Zulässigkeit von Franchisesystemen geäußert. Es ist jedoch mit dem Grundrecht der freien Berufsausübung nicht vereinbar, einem niedergelassenen Zahnarzt die Verwendung eines Logos zu untersagen, mit dem schlagwortartig auf die Einhaltung geprüfter Qualitätsstandards

2620

2621

Wer etwa die regelmäßigen Länderberichte des Newsletter „International Franchising“ der IBA Legal Practice Division durchsieht, wird feststellen, dass sogar Länder wie Vietnam ein kodifiziertes Franchiserecht kennen (Decree on Franchising v. 31.03.2006, vgl. Holmes Newsletter International Franchising May 2007, 13). Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 51.

2622

Siehe etwa BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 3/08 R, BeckRS 2010, 66915 Rn 26. 2623 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 4. 2624 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 9. 2625 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 10.

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1. Buch. Handelsstand

eines Franchise-Unternehmens hingewiesen und zugleich die Internetadresse angegeben wird, die nähere Informationen über die Standards und ihre Kontrolle enthält2626.

I. Die unterschiedlichen Franchisesysteme 389

Unterschieden wird zunächst nach der Art der vertriebenen Produkte. Werden Sachgüter abgesetzt, handelt es sich um Waren- oder Produktfranchising. Beim Absatz von Dienstleistungen spricht man von Dienstleistungsfranchising2627. Nach der Art des Systems unterscheidet Martinek Subordinationsfranchising und Partnerschaftsfranchising in den Formen des Koordinations-, Koalitions- und Konföderationsfranchising2628. Subordinationsfranchising ist eine Fortentwicklung des Vertragshändlervertriebs2629 und kennzeichnet sich durch eine weisungsabhängige Stellung des FN auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit zahlreichen Elementen des HV-Rechts. Es ordnet sich am ehesten in das klassische Vertriebsrecht i.S.d. eines auf den §§ 84 ff fußenden Rechtsgebiets ein. Der FN hat sein Unternehmen nach den vertriebspolitischen Weisungen und Vorgaben des zur Kontrolle befugten Franchisegebers zu führen2630 (darauf beruht gerade die Uniformität des Systems), bleibt aber – wie der HV – selbständig. Die oben dargestellten Analogievoraussetzungen zum HV-Recht sind auf Grund der Eingliederungstiefe in die vertriebspolitischen Vorgaben der Systemzentrale beim Subordinationsfranchising qua Natur übererfüllt. Gleichwohl darf die Selbständigkeit des Subordinationsfranchisenehmers nicht verletzt werden. Eher untypisch für das heutige Verständnis des Franchising ist das sog. Partnerschaftsfranchising2631. Hier soll ein durch Weisungsunterworfenheit geprägtes Unterordnungsverhältnis fehlen. Das System wird durch partnerschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage von Austauschverträgen gekennzeichnet2632, Abstimmung und Mitbestimmung betreffend den Absatz der angebotenen Waren oder Dienstleistungen treten unter Nutzung des vom FG zur Verfügung gestellten KnowHows/Franchisepakets, für welches der FN die Franchisegebühren zahlt, an die Stelle von Weisungen. Der geschäftsbesorgende Charakter des Systems ist im Vergleich zum HV-Vertrieb schwach ausgeprägt; eine Vertriebspflicht des FN fehlt hier meist2633. Da es sich bei dem Partnerschaftsfranchising nicht um klassisches Vertriebsrecht im o.g. Sinne handelt, können die §§ 84 ff nur im Ausnahmefall angewandt werden2634. Dies gilt insbes. für § 89b. Gedacht werden könnte allenfalls an die Analogie zur einzelnen Vorschriften, etwa §§ 85 und 89. In erster Linie ist jedoch GbR-Recht anwendbar, ggf. ergänzt durch das Recht der stillen Gesellschaft2635. Abgegrenzt werden die verschiedenen Formen nach dem Inhalt der Verträge, wobei die Bezeichnung wie im HV-Recht

2626

BVerwG, Urt. v. 24.09.2009 – 3 C 4/09, NJW 2010, 547 = GRUR-Prax 2009, 293766 = GRUR-Prax 2009, 42. 2627 Martinek in: Martinek/Semler/Habermeier § 3 Rn 23; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 79; Wolf/Horn/Lindacher § 9 AGBG Rn 102. 2628 Martinek in: Martinek/Semler/Habermeier § 3 Rn 25; Martinek ZIP 1988, 1362 (1369 f); ders. ZHR 161 (1997), 67, 85 ff; kritisch und aA Skaupy NJW 1992, 1785 (1788). 2629 Martinek in: Martinek/Semler/Habermeier § 3 Rn 52, 54.

260

2630

Martinek in: Martinek/Semler/Habermeier § 3 Rn 55, 56, 57, 59. 2631 Skeptisch gegenüber dieser Sonderform Canaris § 18 Rn 22. 2632 Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 81. 2633 Martinek in: Martinek/Semler/Habermeier § 3 Rn 27, 64 f; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 81. 2634 Martinek in: Martinek/Semler/Habermeier, § 19 Rn 91, § 20 Rn 65; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 83. 2635 Martinek in: Martinek/Semler § 19 Rn 97, Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 83.

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irrelevant ist2636. Bei Mischformen bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Schwerpunkt der einzelnen Regelungen, auf unterschiedliche Regelungen des einheitlichen Vertrages darf verschiedenes Recht angewandt werden. Bei dem Koordinationsfranchising (Austauschfranchising) werden gleichförmige Aus- 390 tauschverträge ohne die Pflicht des FN zur Befolgung von Weisungen sowie zur Wahrung der Interessen des Unternehmers geschlossen2637. Die gegenseitigen Treupflichten sind schwächer ausgeprägt als beim Subordinationsfranchising. Der Franchiseeffekt wird durch Koordination der einzelnen Verträge der Vertragspartner erreicht2638. Das Koalitionsfranchising bildet eine atypische zweigliedrige Innengesellschaft zwischen FN und FG. Die Partner haben den vereinbarten Gesellschaftszweck zu fördern, um den Vertrieb nach Maßgabe des gemeinsamen Franchisekonzepts zu fördern. Durch die Parallelität der Innengesellschaftsverträge wird der Franchiseeffekt erreicht2639. Im Konföderationsfranchising (Bündnis- oder Blockfranchising) schließen sich alle Beteiligte im Wege eines Dauerschuldvertrages, dem Systemvertrag, zu einer GbR zusammen, deren Gegenstand die Pflicht zur Betriebseingliederung und Absatzförderung durch alle Gesellschafter ist. Daneben bestehen die separaten, auf Bildung einer (weiteren) Innengesellschaft gerichteten Koalitionsfranchiseverträge zwischen FG und dem einzelnen FN2640. Klassisches Vertriebsrecht im vorgenannten Sinne bilden auch diese Systemformen nicht. Häufig sind auch mehrstufige Franchisesysteme. Ein Master-Franchisenehmer erhält das Recht, ein bestimmtes Gebiet durch Vergabe von Unter-Franchiseverträgen zu erschließen2641 (wobei Regelungen zu den Folgen der Beendigung des Master-Vertrages auf die Subverträge getroffen werden sollten – etwa die Verpflichtung zu deren Übertragung auf den FG). Die Bedeutung der vorgenannten Unterscheidungen darf nicht überschätzt werden.

II. Abgrenzung vom Unselbständigen Die Abgrenzung bestimmt sich analog § 84 nach dem Merkmal der Selbständigkeit 391 des FN2642. Wird sie missachtet, handelt es sich beim „Franchisenehmer“ analog § 84 Abs. 2 um einen Angestellten2643 bzw. die die Selbständigkeit verletzenden Bestimmungen sind unwirksam (vgl. § 84 Rn 7). Die unternehmerische Selbständigkeit des FN fordert, dass diesem ein Kernbereich eigener wirtschaftlicher Entfaltungsmöglichkeiten und Entscheidungsfreiheit verbleibt2644. Dem Franchisevertrag sind intensive Weisungsund Bindungsrechte des Franchisegebers ggü. dem Franchisenehmer immanent2645. Dies ist keine Frage der AN-Eigenschaft sondern der Kontrolle nach den §§ 134, 138, 242,

2636

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 84. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 81. 2638 Martinek in: Martinek/Semler § 4 Rn 63 ff; § 19 Rn 88 ff; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 81. 2639 Martinek in: Martinek/Semler § 4 Rn 67 ff; § 19 Rn 92 ff; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 81. 2640 Martinek in: Martinek/Semler § 4 Rn 71 ff; § 19 Rn 98 ff. 2641 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 57. 2642 Canaris § 18 Rn 13. 2643 BGH, Beschl. v. 04.11.1998 – VIII ZB 2637

12/98, BGHZ 140, 11 = ZIP 1998, 2104; BAG ZIP 1997, 1714; OLG Düsseldorf, ZIP 1997, 624 und 1039; Wolf/Horn/Lindacher § 9 AGBG Rn 101; Weltrich DB 1988, 806; Matthiessen ZIP 1988, 1089; Skaupy NJW 1992, 1785 (1789, 1790); Horn/Henssler ZIP 1998, 589; Hopt DB 1998, 863 (866); Braun NZA Sonderheft 1999, 3. 2644 LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; OLG München BB 2002, 2521. 2645 BGH, Urt. v. 05.10.1981, NJW 1982, 1817; v. 03.10.1984, NJW 1985, 1894.

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307 BGB2646. Dienen Bestimmungen lediglich der Durchsetzung systemkonformen Verhaltens können sie als vertragsimmanent keine Arbeitnehmereigenschaft begründen. Probl. ist deshalb vor allem der Fall, dass der FN allein ohne eigene Mitarbeiter tätig ist2647. Für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht, wenn dem FN bestimmte Arbeitszeiten vorgegeben werden, ohne dass dies zwingend für die Ausführung des Geschäfts erforderlich wäre2648, ebenso wenn der FN nur unwesentl. auf die Höhe des Umsatzes und die Gestaltung seiner Tätigkeit Einfluss nehmen kann sowie dem FG umfangreiche Kontrollrechte eingeräumt werden2649. Nicht für die Arbeitnehmereigenschaft sprechen: – Die Erfolglosigkeit des FN: Der erfolglos operierende FN wird jedoch nicht allein wegen seiner Erfolglosigkeit zum AN2650; – Weisungsrecht des FG hinsichtlich der Ausstattung der Räumlichkeiten2651; – Verpflichtung des FN, ein bestimmtes Warensortiment zum Zwecke der Vermarktung über den FG zu beziehen, zumal, wenn weitere Waren von Dritten bezogen werden können2652; – Verpflichtung, ausschließlich das vom FG zur Verfügung gestellte Werbematerial zu verwenden2653; – Verpflichtung, den Firmensitz an einem bestimmten Ort zu führen2654; – Verpflichtung, das Ladengeschäft im Rahmen der gesetzlichen Ladenschlusszeiten möglichst lange offen zu halten, selbst wenn damit eine Öffnungszeit von wöchentlich 52 Stunden vorgegeben war. Denn über die Pflicht zum persönlichen Einsatz in diesem Zeitrahmen sei hiermit nichts gesagt2655; – Vertragswidrige Beschränkungen, weil dadurch niemand zum Arbeitnehmer wird2656. Gegen die Arbeitnehmereigenschaft sprechen: – Die Berechtigung, Arbeitnehmer selbst einzustellen2657; – dass dem FN über den eigentl. Vertragszweck des Franchising hinaus keine weiteren Weisungen erteilt werden, insb. hins. Verkaufszeiten, sondern sich die Vertragspflichten auf den Kern des Franchising beschränken2658; – dass der FN seinen Betrieb weitgehend selbst organisiert, über Anzahl und Personen, die er zur Erbringung der Dienstleistung einsetzt, frei entscheiden kann2659; 2646

Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 2647 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 2648 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 2649 LAG D, Urt. v 20.10.1987, LAGE BetrVG 1972 § 5 Nr. 16; s. LSG BE v. 27.10.1993, NZA 1995, 139. 2650 LAG RP 12.07.1996 LAGE BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 32. 2651 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 2652 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 2653 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285.

262

2654 2655 2656 2657 2658 2659

BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. BGH, Urt. v. 27.01.2000, NZA 2000, 390; BAG, Urt. v. 21.02.1990, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 57; vgl. zuvor schon v. 24.04.1980, AP BGB § 84 Nr. 1.

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– die Nichteinbindung in das Abrechnungssystem des FG2660; – das uneingeschränkte Verbot jedweder anderer Tätigkeit2661. Wenn ein FN eigenständig sein Geschäft führt, sein Geschäftslokal selbst anmietet, 392 selbständig Arbeitnehmer einstellen und die Endpreise bestimmen kann, ist er auch keine arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG2662.

III. Rechtsnatur Bei dem Subordinations-Franchisevertrag schließt sich der FN im Rahmen eines verti- 393 kal-kooperativ organisierten Absatzsystems rechtlich selbstständiger Unternehmen2663 einem meist eingeführten, einheitlichen Vertriebssystem des Franchisegebers fast immer gegen Zahlung von Franchisegebühren an. Das System tritt am Markt uniform auf und wird geprägt durch das Leistungsprogramm des Systempartners sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem zur Gewährleistung eines systemkonformen Verhaltens2664. Zwar ist der FN selbständiger Unternehmer und bietet seine Leistungen eigenständig am Markt an. Charakteristisch ist aber, dass der FN wegen des Auftretens unter dem Markennamen des FG, für dessen Nutzung sowie die Nutzung der überlassenen Rechte – Warenzeichen-, Schutz-, Namensrechte, Rechte an technischer Ausstattung, Know-How – (Franchisepaket) er die Franchisegebühren zahlt, und das zu einheitlichem Auftreten von FG und FN nach außen führen soll, wenig als eigenständiger Marktteilnehmer wahrgenommen wird. Beide Parteien ziehen Nutzen aus dem Marktauftritt des FN, da die Tätigkeit des FN – auch – den Markennamen und die Interessen des FG stärkt (deshalb analoge Anwendung des § 89b). Der Franchisevertrag kann Elemente des Dienst-, Geschäftsbesorgungs-, wie des Pacht-2665 und Kaufvertrages enthalten, wobei der Geschäftsbesorgungsgedanke, ebenso wie beim Vertragshändler, weniger ausgeprägt als beim HV auftritt. Der vertriebsrechtliche Charakter des Vertrages steht jedoch im Vordergrund, im Gegensatz zum Pachtvertrag beschränkt sich die Rolle des FG nicht auf die Überlassung des Pachtobjekts. Er unterliegt vielmehr stärkeren Treu- und Förderpflichten, das partnerschaftliche Element ist umfassend ausgeprägt2666. Der Vertrag bildet keinen gesetzlich ausgeformten Typ, und er wurde – auch wegen seines relativen kurzen rechtstatsächlichen Auftritts – nicht gesetzlich erfasst. Dies ist auch nicht geplant. Vielmehr kommt es im besonderen Maße darauf an, was die Parteien im Einzelfall vereinbart haben2667. Dem übereinstimmenden Verständnis des Gewollten gebührt dabei der Vorrang vor einer objektiven Auslegung von AGB2668. Ob es sich bei dem Franchisevertrag um einen Sukzessivlieferungsvertrag handelt, ist eine Frage des Einzelfalls. Wenn der Vertrag die Verpflichtung zur fortlaufenden Abnahme von Vertragswaren enthält, mag dies der Fall sein2669. Die Einräumung von Nutzungsrechten an Marken, Gebrauchsund Geschmacksmustern, gelegentlich Patenten, Geschäftsbezeichnungen und Urheberrechten sowie die Überlassung von Know-How spielt beim Franchising eine bedeutsame

2660

BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 2661 LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487. 2662 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 2663 Hänlein DB 2000, 374. 2664 Hänlein DB 2000, 374.

2665

Canaris § 18 Rn 17. Yanakakis International Franchising Newsletter 5/2009, 20 (22). 2667 BGH NJW-RR 2000, 1159 (1160). 2668 BGH NJW-RR 2000, 1159 (1160). 2669 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 70. 2666

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Rolle2670. Dies ist allerdings kein im Kern vertriebsrechtliches Problem. Zu Master-Franchise-Verträgen liegt eine Empfehlung des UNIDROIT vor2671.

IV. Abgrenzung zu anderen vertriebsrechtlichen Verträgen 394

Die Abgrenzung zum Vertragshändlervertrag ist oft fließend, insb. falls der Händler – wie im Kfz-Vertrieb – mittels Selektionskriterien zur Eingliederung in die Betriebsorganisation des Unternehmers gezwungen wird und daher auch bei ihm ein einheitlicher Systemauftritt vorliegt. Das sichtbarste Unterscheidungsmerkmal bildet die Pflicht zur Zahlung von Franchisegebühren2672 – aber auch der Vertragshändler mag etwa Werbekostenbeiträge zahlen. Zum HV-Vertrag ist die Abgrenzung einfacher: Ein FN veräußert anders als der HV meist im eigenen Namen. Wenngleich auch ein HV-Vertrag mit einer franchiseähnlichen Eingliederungspflicht begründet werden kann, liegt bei Vermittlung oder Abschluss im Unternehmernamen ein HV-Vertrag vor 2673. Die analoge Anwendung der §§ 84 ff ist dann überflüssig, das HV-Recht ist unmittelbar anwendbar.

V. Abschluss 395

Der Franchisevertrag kommt durch konsensuale Willenserklärungen zustande. Er kann grundsätzlich formfrei geschlossen werden2674, Rückschluss aus § 85 analog. Für Franchiseverträge, die unter die Bestimmungen des Verbraucherkreditrechts fallen, gilt für den gesamten Vertrag samt Nebenabreden (Miet- und Darlehensverträge)2675 ein Schriftformerfordernis gemäß § 510 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB (bis 2010: 505 Abs. 1 S. 2 BGB)2676. Das Offenlassen von Lücken führt zur Formnichtigkeit, etwa wenn vergessen wurde, den Standort oder das Eröffnungsdatum einzusetzen2677 oder eine im Vertragstext zitierte Anlage nicht beigefügt wurde2678. Bei Verfehlung dieser Form sind nach § 510 Abs. 2 zunächst nur die kreditrechtlichen oder kreditähnlichen Teile des Franchisevertrages unwirksam2679. Nach aA ist von einer Gesamtunwirksamkeit des Franchisevertrages auszugehen2680. Im Regelfall ist auch nach der erstgenannten Ansicht gemäß § 139 BGB eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages anzunehmen2681. Franchiseverträge sind in der Regel Formularverträge2682. Zu einzelnen Klauseln siehe Rn 42 f. 2670

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 83. 2671 UNIDROIT, Guide to International Master Franchise Arrangements 2. Aufl. 2007. 2672 Canaris § 18 Rn 7. 2673 Canaris § 18 Rn 5. 2674 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 122. 2675 Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 479 f. 2676 Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 479; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 286. 2677 LG Berlin, Urt. v. 29.11.1999 – 99 O 63/99, unveröffentlicht; ähnlich KG Berlin, Beschl. v. 11.02.1993 – 2 W 706/93, unveröffent-

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licht; Böhner NJW 1992, 3135 (3137); Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 289. 2678 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 290. 2679 BGH, Urt. v. 14.12.1994, ZIP 1995, 105 (107) = NJW 1995, 722; Urt. v. 16.04.1986, ZIP 1986, 781 (783). 2680 OLG Hamm, Urt. v. 28.07.1992, ZIP 1992, 1224 (1226); Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 291; Giesler WM 2001, 1441. 2681 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 201. 2682 Liesegang BB 1991, 2181; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 211.

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VI. Widerrufsrecht Die Anwendbarkeit des Verbraucherkreditrechts auf Franchiseverträge kann sich in 396 erster Linie aufgrund einer Bezugsverpflichtung i.S.d. § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB (früher: 505 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ergeben („wiederkehrender Erwerb oder Bezug von Sachen“)2683, auch wenn ein Rückgaberecht des FN vorgesehen ist. Die meisten Franchiseverträge enthalten eine derartige Bezugsbindung2684; es handelt sich um ein „verstecktes“ Entgelt2685. Ausreichend ist es, wenn sich die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen aus dem Franchisevertrag mittelbar ergibt2686. Franchiseverträge können dann gem. §§ 510 Abs. 1, 512, 355 BGB (früher: 505 Abs. 1, Abs. 2, § 355 BGB) widerrufen werden2687. Für den Fall des Widerrufs ist im Regelfall von der Einheitlichkeit der mit dem Franchisevertrag im Zusammenhang stehenden Nebenverträge auszugehen2688. Notwendig ist die Widerrufsbelehrung, wenn der FN Verbraucher i.S.d. § 13 BGB ist. Davon ist bei der Unterzeichnung eines Franchisevertrages regelmäßig nicht auszugehen2689. Der gesetzlich vorformulierte Text sollte wegen der damit verbundenen Gefahr der Unwirksamkeit nicht abgeändert werden.2690 Nach § 512 BGB gilt für Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung § 510 BGB entsprechend, und damit auch das Widerrufsrecht des § 355 BGB sowie das Schriftformgebot des § 510 Abs. 2 BGB, es sei denn, die in § 512 BGB genannte Wertgrenze von 75.000 EUR wird überschritten2691. Ist der Franchisevertrag ein Existenzgründungsvertrag, wird damit § 512 BGB anwendbar. Das gilt (erst recht) bei Rechtsgeschäften zur Vorbereitung einer Existenzgründung2692. Die Verpflichtung zum Bezug der Erstausstattung führt zur Anwendbarkeit der §§ 512, 510 Abs. 1, 355 BGB, sofern die Erstausstattung in Teilleistungen geliefert wird und in Teilleistungen zu bezahlen ist2693. Gemäß §§ 512, 510 BGB ist eine Widerrufsbelehrung notwendig, falls ein Existenzgründungsvertrag vorliegt, es sei denn, die Investitionssumme des Franchisenehmers übersteigt einen Betrag von 75.000 EUR2694.

2683

Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 486. 2684 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 267; vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. 2685 Canaris § 18 Rn 39. 2686 BGH, Urt. v. 14.12.1994, ZIP 1995, 105 (107); OLG Hamm, Urt. v. 28.07.1992, ZIP 1992, 1224 ff; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 267. 2687 BGH, Urt. v. 16.04.1986, BGHZ 94, 226 = NJW 1985, 1544 zum AbzG; OLG Hamm, Urt. v. 28.04.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 2688 BGH, Urt. v. 05.11.1997, WM 1998, 126; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.01.1987, WM 1987, 599 (600) (Auswirkung der Nichtigkeit des Franchisevertrages auf einen Mietvertrag); OLG Nürnberg, Urt. v.

03.02.1998 – 3 U 3361/96, unveröffentlicht (Auswirkung eines Widerrufs nach VerbrKrG); Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 198. 2689 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 2690 Zur Fehlerhaftigkeit der früher vorgegebenen Widerrufsbelehrung u.a. Woitkewitsch MDR 2007, 630. 2691 Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 486; aA für §§ 13, 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB BGH, Urt. v. 15.11.2007 – III ZR 295/06, ZIP 2008, 27 = NJW 2008, 435; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 641; Kulke EWiR 2008, 485. 2692 BGH, Urt. v. 15.11.2007 – III ZR 295/06, ZIP 2008, 27 = NJW 2008, 435. 2693 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 268. 2694 BGH, Beschl. v. 24.02.2005, ZIP 2005, 622 = NJW 2005, 1273; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100).

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1. Buch. Handelsstand

Die Wertgrenze von 75.000 EUR unterliegt nach einer Meinungsgruppe der teleologischen Reduktion, wenn ein Franchisegeschäft von einem Existenzgründer neu gegründet wird2695 oder ein Existenzgründer oder Kleingewerbetreibender tätig wird2696. Bleibt zweifelhaft, ob die Investition diesen Betrag übersteigt, sollte eine Widerrufsbelehrung erfolgen. Nach dem OLG Brandenburg2697 kommt es zur Bestimmung der Wertgrenze nicht auf den Wert des Gesamtengagements an. Vielmehr sei jede Willenserklärung gesondert zu bewerten, was den Schutz des Existenzgründers betont. Da in der Regel eine Eintrittsgebühr die Wertgrenze von 75.000 EUR nicht erreicht, bedeutet dies, dass auch beim Existenzgründungsfranchisenehmer von der Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung auszugehen wäre2698. Beim Warenfranchising wird die Wertgrenze von 75.000 EUR gelegentlich überschritten, gerade beim Dienstleistungsfranchising ist dies zweifelhaft. Ungeklärt bleibt, wann beim Dienstleistungsfranchising ein Widerrufsrecht besteht. Rechtsprechung und Lehre nehmen zutreffend ein Widerrufsrecht an, falls der FN vertraglich verpflichtet ist, seinen Vertrieb jederzeit nach den Änderungen unterliegenden Systemvorgaben des FG umzugestalten2699 oder im Falle der Weiterentwicklung der Franchise zusätzliche Gebühren zu entrichten hat 2700. Besteht ein Widerrufsrecht kann der Franchisevertrag innerhalb einer Frist von zwei Wochen widerrufen werden (§ 510 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB)2701. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der FN eine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerrufsrecht erhalten hat (§ 355 Abs. 1 S. 1 BGB). Fehlt eine Widerrufsbelehrung oder entspricht sie nicht den gesetzlichen Vorschriften, kann zeitlich unbefristet widerrufen werden (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB)2702. Durch den Widerruf entsteht ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 357, 346 ff BGB)2703. Die Rückabwicklung erfolgt nicht nach den §§ 812 ff BGB. Eine Rückgewähr erhaltenen Know-Hows ist nicht möglich. Deshalb ist Wertersatz zu leisten2704. In Höhe des Wertersatzanspruches des FG ist seine Forderung mit den Gebührenrückzahlungsanspruch des FN zu saldieren2705. Das KnowHow bildet keinen Wert, sofern es ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des FG genutzt werden kann, welche der FN nicht mehr erhält2706. Wertlos ist etwa ein Franchisehandbuch, das nicht auf die Belange des Systems zugeschnitten ist2707. Ein weiteres Problem stellt der Nutzungsanspruch (§§ 346 Abs. 1, 347 BGB) dar, wenn der Widerruf erfolgt, nachdem der FN aus der Franchise bereits vorzeitig Nutzungen gezogen hat. Nutzungen sind nur so weit zu ersetzen, wie das Recht durch den Gebrauch im Wert gemindert wird. Franchise nutzt sich jedoch nicht ab, gelegentlich gewinnt sie durch Aufwendungen des FN sogar an Wert, weil die Marke im Vertragsgebiet bekannt wird.

2695

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 263. 2696 Giesler ZIP 2002, 420. 2697 Urt. v. 31.08.2005, NJW 2006, 159. 2698 Flohr BB 2006, 389 (394). 2699 OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 18.04.1997 – 18 O 115/96, zitiert nach Giesler ZIP 2002, 420 (422). 2700 Giesler ZIP 2002, 420 (422). 2701 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 272. 2702 OLG Hamm, Urt. v. 28.04.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708); Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 211; Giesler/Kroll in:

266

Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 273. 2703 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 281. 2704 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 282. 2705 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 282; Giesler ZIP 2002, 420 (423). 2706 BGH, Urt. v. 14.12.1994 – VIII ZR 46/94, ZIP 1995, 105 (107 f); Giesler WM 2001, 1441 (1442); ZIP 2002, 420 (423). 2707 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 284; Flohr WiB 1995, 1010; aA OLG Dresden, Urt. v. 28.09.1995, NJW-RR 1996, 1013.

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Vor § 84

VII. Anwendbare Vorschriften Die §§ 842708, 852709, 86a Abs. 12710 sowie die Unterrichtungspflicht des § 86a 397 Abs. 22711 (wobei die Informationspflichten des FG über die im HV-Vertrag hinausgehen)2712, 87d2713, 88a2714, 892715, 89a2716 einschl. seines Abs. 22717, 902718, 90a2719, 92b, 92c2720 sind auf Subordinations-Franchiseverträge analog anzuwenden2721; § 89b gleichfalls2722 (§ 89b Rn 48). Voraussetzung ist die HV-ähnliche Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers. Sie wird angenommen, wenn der ganze Vertrag unter

2708

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR 2008, 122 (123). 2709 Canaris § 18 Rn 26; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR 2008, 122 (123). 2710 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR 2008, 122 (123). 2711 Höpfner in: Giesler, Franchiserecht, § 7 Rn 20; aA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 296. 2712 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 97. 2713 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; aA Canaris § 18 Rn 25. 2714 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR 2008, 122 (123). 2715 BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; Canaris § 18 Rn 27; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 318; Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K35 (K37); Westphal II Rn 109, 150; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 36; Oetker/Busche § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene §89 Rn 6. 2716 Prasse MDR 2008, 122 (123). 2717 Canaris § 18 Rn 45. 2718 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR 2008, 122 (123); nach Giesler ZIP 2004, 744; OLG Frankfurt, Urt. v. 13.11.2009 – 2 U 76/09, BeckRS 2009 86480 ist § 314 BGB anwendbar. 2719 BGH, Urt. v. 12.01.1986 – I ZR 209/84, NJW-RR 1987, 612 = MDR 1987, 556 = DB 1987, 1039; KG MDR 1974, 144; Canaris § 18 Rn 26; Giesler/Kroll in: Giesler,

Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR 2008, 122 (123). 2720 AA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2721 Giesler Franchiseverträge, Rn 143 f m.w.N. 2722 OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1864); OLG Dresden, Urt. v. 27.09.2001 – 19 U 881/01, OLGR 2003, 298; OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (2523); OLG Naumburg, Urt. v. 28.04.2006 – 10 U 45/05; LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; LG Hanau, Urt. v. 28.05.2002 – 6 O 106/01, n.v.; LG Frankfurt/Main, Urt. v. 19.11.1999 – 3–8 O 28/99 (bestätigt durch OLG Frankfurt/Main, Vergl. v. 16.09.2003 – 11 U 13/00), EWiR 2004, 69 (Albicker); LG Berlin, Urt. v. 06.09.2004 – 101 O 23/04; LG Kiel, Urt. v. 09.12.2003 – 16 O 56/02; Bodewig BB 1997, 637; Canaris § 18 Rn 29 (HV-ähnliche Eingliederung angesichts des einheitlichen Außenauftritts stets gegeben); Flohr Franchisevertrag, 3. Aufl., S. 243 (244); Ekkenga Die Inhaltskontrolle von Franchise-Verträgen, S. 179 f; Emde in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 539; Prasse NJW 2008, 122 (126) – im anonymen Massengeschäft auch ohne vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes –; Jacobsen/Prasse, NWB 2002, 2877 (2887) Loseblattsammlung Fach 19, 1119; Hopt § 84 Rn 10, § 89b Rn 4; Graf von Westphalen Vertragsund AGB-Klauselwerke, Franchising, Rn 41; MünchKomm. HGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 24; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 89b Rn 29; Thume in: Küstner/Thume, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2, Rn 150; Metzlaff Praxishandbuch Franchising, § 8 Rn 411 ff; Martinek in: Martinek/ Semler/Habermeier, Handbuch Vertriebs-

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dem Verdikt des einheitlichen Auftretens nach außen (Systemanwendungspflicht) und unter qualitätssichernden Maßnahmen des Unternehmers steht, der FN die seitens des FG entwickelten Richtlinien anwenden, an Fortbildungen teilnehmen und Kontrollen durch den FG dulden muss. Weitere Indizien sind ein Vertriebsschutz für das zugewiesene Gebiet sowie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot2723. Für die analoge Anwendung des § 89b – aber nur für diese – muss als zweites Analogiekriterium die vertragliche Verpflichtung des FN zur Übertragung des Kundenstammes hinzutreten. Auch ein Dienstleistungsfranchisingvertrag2724, bei dem der FN die Dienstleistungen selbst erbringt, kann ausgleichspflichtig sein, wenn in Ausführung der Vertriebspflicht ein Kundenstamm aufgebaut wird. Gleiches gilt für einen Produktionsfranchisevertrag, bei welchem der FN die Waren selbst produziert. Das ausgleichspflichtige Leistungs-Gegenleistungsverhältnis wird allein durch die Vertriebspflicht einerseits und den Aufbau des Kundenstammes andererseits definiert. Umstritten ist die Anwendbarkeit von § 862725. Richtigerweise wird in dieser Frage differenziert, d.h. die analoge Anwendung von § 86 Abs. 1 wird angenommen2726, während § 86 Abs. 2 von der Analogie ausgenommen wird2727. Aufgrund der analogen Anwendung des § 86 Abs. 1 unterliegt auch der FN einem Wettbewerbsverbot2728. Die Vorschriften über die Provision des HV, §§ 872729 Abs. 12730 und 32731, 87a2732, 87b2733, 87c2734 sowie die Bestimmungen der §§ 86a, 912735, 91a2736, 922737 bis 92a sind unanwendbar. Das Auftragsrecht des BGB ist überwiegend anwendbar, so die §§ 664, 666, 672 bis 674 und § 670 i.V.m. § 683 BGB2738 (hierzu unten, Rn 81 ff).

recht, 2. Aufl., § 25 Rn 78; Kroll in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, 2. Aufl., S. 578 ff; Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 468 ff; Köhler NJW 1990, 1689 (1691 f); Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, § 16 Rn 200; Giesler Die Rückabwicklung gescheiterter Rückabwicklungsansprüche, in: FS Dahs, S. 412–414; Liesegang Der Franchisevertrag, 6. Aufl., S. 46 Fn 56 mit der Betonung der Prüfung in jedem Einzelfall; aA Höpfner in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, 1. Aufl., § 7 Rn 47 ff; dies. 2. Aufl., S. 854; offengelassen in BGH, Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96, NJW 1997, 3304 (3308 f) – Benetton. 2723 LG Hanau, Urt. v. 28.05.2002 – 6 O 106/01, unveröffentlicht. 2724 Hierzu Giesler/Kroll in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 53 ff. 2725 Martinek Franchising, S. 319; aA Herrfeld S. 288. 2726 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 151. 2727 Höpfner in: Giesler/Nauschütt § 7 Rn 17 ff; aA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 161. 2728 OLG München, Urt. v. 15.05.1999 – 29 U 4446/98, EWiR 1999, 595 (Martinek),

268

Canaris § 18 Rn 42; Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 45; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 152; Teutsch in: Küstner/Thume, Band 3, Rn 1794; Skaupy Franchising, 2. Aufl. S. 180. 2729 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2730 OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1863); Flohr BB 2007, 1866. 2731 OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1863). 2732 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2733 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2734 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2735 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2736 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2737 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 295. 2738 Martinek in: Martinek/Semler § 19 Rn 57 ff; Böhmer NJW 1998, 109.

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Vor § 84

VIII. Leistungsinhalt 1. Leistungspflichten des Franchisenehmers. Wie andere Vertriebsmittler unterliegt 398 auch der FN, der meist spätestens mit Vertragsschluss Kaufmann und Unternehmer wird2739, einer Vertriebs- oder Absatzförderungspflicht2740. Meist ergibt sie sich aus der Systemanwendungspflicht2741. Nicht anders als beim Vertragshändler ist sie doppelrelevant: Zum einen begründet sie vermöge der durch sie hervorgerufenen Einbindung in das Vertriebssystem die analoge Anwendung des HV-Rechts. Zum anderen ist sie Rechtsfolge des Franchisevertrages. Dies gilt jedenfalls für die meisten Franchiseverträge und für diejenigen, bei denen die §§ 84 ff analog anzuwenden sind. Als Ausdruck seiner Absatzförderungspflicht unterliegt der FN der Betriebseingliederungs2742 – oder Systemanwendungspflicht. Er muss das Franchisekonzept anwenden2743. Folge ist die Quasi-Filialität. Gerade deshalb wird Franchising in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen2744. Franchisesysteme wollen nicht erkannt werden2745. Aus dieser Quasi-Filialität resultiert die Gefahr einer Rechtsscheinhaftung jedenfalls der Systemzentrale in direkter oder analoger Anwendung des § 56 2746, jedoch kaum eine Haftung eines FN für die Erklärung eines anderen. Der FN ist zur persönlichen Dienstleistung verpflichtet (§§ 613, 664 BGB). Er darf seine Tätigkeit nur mit Zustimmung des FG auf einen Dritten, auch eine von ihm gegründete Gesellschaft, übertragen2747. Grundsätzlich muss das Recht des FN zur Erteilung von Sub-Franchiseverträgen im Franchisevertrag geregelt werden. Ohne eine vertragliche Regelung besteht es wegen der Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung nicht. Der FN darf sich zwar Hilfskräfte bedienen. Sub-Franchisenehmer darf er jedoch ohne vertragliche Gestattung nur mit Zustimmung des Unternehmers bestellen. Je nach Vertrag unterliegt der FN im Regelfall einer Betriebsführungspflicht2748. Er muss den Franchisebetrieb aufbauen, eröffnen und unterhalten2749. Sofern nicht wirksam anderweitig vereinbart, hat der FN sein Geschäftslokal nicht pausenlos zu öffnen, jedoch so, wie es seiner Absatzförderungspflicht entspricht. Gleich dem HV ist er zur Berichterstattung über die wesentlichen Ereignisse im Vertriebsgebiet und über seine Vertriebsbemühungen verpflichtet. Die Berichte sind unverzüglich zu erstatten, sobald dies notwendig ist. Die Notwendigkeit hängt von den konkreten Bedürfnissen der Parteien ab. Die Berichtspflicht kann jedoch auch vertraglich vereinbart werden, wobei der FN nicht übermäßig eingeengt werden darf. Wochen- oder Tagesberichte sind regelmäßig mit der Selbstständigkeit eines FN unverträglich und daher unzulässig. Es gilt im Grundsatz das in § 86 Rn 159 ff zur Berichtspflicht des HV Gesagte entsprechend. Der FN ist zur Auskunft gem. §§ 675, 666 BGB sowie § 86 Abs. 2 verpflichtet2750; der FG soll zudem Ein-

2739 2740

2741 2742 2743 2744

OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001 – 9 SchH 12/01, BB 2001, 2499. Martinek S. 260 ff; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 141; Canaris § 18 Rn 15; Dutta in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2082; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 80. Vgl. Canaris § 18 Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 80. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 144. Siehe Pasderski in: Giesler/Nauschütt § 6

2745 2746 2747 2748 2749 2750

Rn 11 ff; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 145. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 145. Vgl. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 146. Martinek in: Martinek/Semler § 19 Rn 57. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 154. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 154. Canaris § 18 Rn 37.

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1. Buch. Handelsstand

sichtsrechte in die Bücher des FN haben2751 (dann bestände bereits deshalb eine ausgleichsbegründende Verpflichtung zur Bekanntgabe des Kundenstammes). Grundsätzlich ist der FG und nicht der FN zur überregionalen Werbung verpflichtet. Die regionale Werbung kann – wenn dies vertraglich vereinbart wurde – dem FN auferlegt werden, zu ihr dürfte der FN auch ohne vertragliche Vereinbarung berechtigt und – je nach Üblichkeit des Einzelfalls – im Rahmen seiner Vertriebspflicht auch verpflichtet sein. Meist verpflichtet sich der FN im Franchisevertrag zur Zahlung von Franchisege399 bühren2752. Diese Gebühren separieren sich häufig in Eintrittsgebühren, laufende Gebühren sowie Marketing- und Werbegebühren2753. Mit der Eintrittsgebühr soll die Teilhabe an dem Franchisesystem sowie die im Zusammenhang mit der Betriebseröffnung erbrachte Ausstattungs- und Systemeingliederungsleistung abgegolten werden, mit den laufenden Franchisegebühren die Systemeingliederungs- und Betriebsförderungsleistungen des FG2754. Die Eintrittsgebühr soll nach § 307 BGB zulässig sein, sofern ihr wirtschaftliche und rechtliche Vorteile gegenüberstehen2755. Zur Rückerstattungspflicht bei vorzeitigem Vertragsende unten Rn 407. Möglicherweise handelt es sich bei den Gebühren um eine kontrollfreie Hauptleistung (Vor § 84 Rn 40). Die Angemessenheit bestimmt sich nach den §§ 138, 242 BGB2756. 82 % der FG berechnen ihre laufenden Gebühren prozentual vom Umsatz. Teilweise werden Spannen angegeben, innerhalb derer sich umsatzabhängige Franchisegebühren regelmäßig bewegen sollten, um eine Unangemessenheit zu vermeiden. Es werden Spannen von 2 % bis 5 %, 1 % bis 10 %2757, 2 % bis 20 %2758 oder 14 %2759 genannt. Es kommt jedoch jeweils auf den Einzelfall an; die Angemessenheit ist durch Sachverständigengutachten festzustellen. 40 % der Franchisesysteme erheben eine monatliche Fixgebühr. Sie betrug um 2007 im Durchschnitt 230 EUR. Häufig ist eine Kombination beider Gebührenarten zu verzeichnen2760.

400

2. Leistungspflicht des Franchisegebers. Der FG muss dem FN die nötige Unterstützung und Rücksicht2761 (Förderungspflicht) angedeihen lassen2762. Es handelt sich auch im Franchiserecht um eine Neben-, nicht um eine synallagmatische Hauptpflicht2763. Da wechselseitige, auch den FG verpflichtende2764 Treupflichten existieren, hat der FG alles zu tun, um die Aufgaben des FN zu fördern und dessen Interessen nicht zuwiderzuhandeln, sogar vor Betriebseröffnung2765. Diese Pflicht folgt auch aus der besonders engen Einbindung beider Parteien in den Franchisevertrag. Ihr Ausdruck ist etwa die Verpflichtung zur Einarbeitung der FN in das Systemkonzept2766 (je nach Bedeutung u.U. Hauptpflicht), die Pflicht zur zentralen Steuerung des Systems2767, zur überregionalen

2751 2752 2753 2754

2755

2756

2757 2758

Canaris § 18 Rn 37. Canaris § 18 Rn 34; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 80. Canaris § 18 Rn 34. Canaris § 18 Rn 34; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 182. Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 134. Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 136 ff.b Skaupy S. 135. Martinek S. 301.

270

2759 2760

2761 2762 2763 2764 2765 2766 2767

Vgl. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 178. Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 140. Canaris § 18 Rn 57. Canaris § 18 Rn 16, 44. Für die Einordnung als Hauptpflicht Canaris § 18 Rn 16. Canaris § 18 Rn 57. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 103. Canaris § 18 Rn 16. Canaris § 18 Rn 16.

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Werbung2768, zu Unterstützungsleistungen bei Bankgesprächen, öffentlich-rechtlichen Genehmigungen2769 oder bei der Erstellung eines Muster-Buisinessplans2770. Es gilt im Wesentlichen das Gleiche wie bei HV und Vertragshändler. Eine Pflicht, das Franchisesystem beliebig zu erweitern (Systemaufbaupflicht), trifft den FG nicht2771. Er darf das System jedoch nicht bewusst lückenhaft lassen, wenn er zuvor andere Erwartungen geweckt hat. Gleiches gilt, sofern eine gewisse Zahl von Franchisebetrieben für die Funktionalität erforderlich ist2772. Der FG muss werthaltiges Know-How an den FN übertragen2773, etwa durch Schulungen oder ein Systemhandbuch2774. Wenn im Franchisevertrag die Übertragung eines besonderen Know-How vereinbart wird, ohne dass sich der FG vergewissert hat, ob das System überhaupt über Know-How verfügt, führt dies zum Einwand des nicht erfüllten Vertrages2775. Das Know-How muss Unterscheidungskraft und Abgrenzbarkeit besitzen. Geheim braucht es nicht sein2776, solange es werthaltig ist. Auch nicht Geheimes kann zu einem Mix komponiert werden, der Geldwert besitzt. Häufig wird das Know-how in Richtlinien oder einem Betriebshandbuch wiedergegeben, welches nur bei Vereinbarung bindender Vertragsbestandteil wird. Mit angemessener Umstellungsfrist, deren Länge nach der Notwendigkeit und der Eilbedürftigkeit der Umstellung zu bestimmen ist (regelmäßig wird eine an § 89 angelehnte Umstellungsfrist von 6 Monaten nicht zu beanstanden sein), können die Richtlinien des FG an aktuelle Bedürfnisse angepasst werden. Dafür besteht insbesondere im Franchisebereich Bedarf. Zum Teil wird eine Pflicht des FG zur Fortentwicklung des Know-How angenommen. Fehlt es an Know-How oder erfüllt das Know-How nicht die vereinbarten Anforderungen, muss zwischen Äquivalenz- und Leistungsstörungen unterschieden werden2777. Eine Äquivalenzstörung liegt vor, falls die Übertragung von Know-How nicht ausdrücklich vereinbart wurde oder ausdrücklich nur öffentliches Know-How übertragen werden sollte und die Gegenleistung des FN orientiert an dieser Leistungserwartung unangemessen hoch erscheint2778 Ein Fall der Leistungsstörung tritt ein, wenn vertraglich zugesichertes Know-How fehlt oder es den vereinbarten Anforderungen nicht entspricht2779. Die Rechtsfolge ergibt sich aus den §§ 320, 280, 138 BGB sowie den Gewährleistungsvorschriften2780. Da auch das Lizenzelement eine Gegenleistung der Franchisegebühr bilden kann, wird die jeweilige Bedeutung der auf das Know-How begrenzten Leistungsstörung zu bewerten sein. Ob die Konkurrenzschutzpflicht des FG eine vertragsimmanente Pflicht darstellt, ist umstritten2781. Die Konkurrenzschutzpflicht ist Spiegelbild der Hauptpflicht zur Überlassung des Know-Hows2782 und existiert, jedenfalls hergeleitet aus der Treupflicht und § 3 UWG2783, in ihrem Kern – begrenzt auf einen im Einzelfall zu bestimmen-

2768

Canaris § 18 Rn 16. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 103. 2770 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 104. 2771 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 117. 2772 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 117. 2773 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 84 ff. 2774 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 93. 2775 Giesler ZIP 2003, 1025. 2776 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch 2769

Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 92; Giesler ZIP 2003, 1025. 2777 Giesler ZIP 2003, 1025 (1031). 2778 Giesler ZIP 2003, 1025. 2779 Giesler ZIP 2003, 1025. 2780 Giesler ZIP 2003, 1025. 2781 Dafür: Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 125; Liesegang BB 1999, 857; hierzu Emde VersR 1999, 1464 (1468); aA Fritzemeyer BB 2000, 472. 2782 Liesegang BB 1999, 857. 2783 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 126.

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den Nahbereich – als Rücksichtnahmepflicht unabhängig von einer Gebietsschutzregelung2784 zumindest in Form des Schutzes vor existenzbedrohendem Wettbewerb2785. Das gilt umso mehr, je stärker sich der FN in die Betriebsorganisation des FG eingegliedert und seine wirtschaftlichen Dispositionen durch Einsatz von Kapital, Arbeitskraft und Personal ausgerichtet hat2786. Der FN muss seine Investitionen amortisieren und angeblich einen angemessenen Gewinn (mindestens 30 % über der Vergütung eines angestellten Managers) erzielen können. Selbst Fritzemeyer, der eine Konkurrenzschutzpflicht ablehnt, nimmt eine Schadenersatzpflicht des FG an, wenn er das Franchise ungerechtfertigt häufig vergibt. Richtig dürfte die Existenz einer Leistungstreuepflicht sowie eines Schädigungsverbots des FG sein, welche es verbieten, einem „Kannibalismus“ der FN untereinander Vorschub zu leisten. Will sich der FG trotz Zubilligung von Gebietsschutz an den FN einen parallelen Direktvertrieb vorbehalten, muss dies ausdrücklich vereinbart2787 und eine angemessene Kompensation geleistet werden. Teilweise wird auch dann ein solcher Vorbehalt für unwirksam gehalten2788. Kommt ein FG den vertraglich übernommenen Beratungs- und Werbepflichten nicht nach, steht dem FN kein Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrecht zu2789. Der FG ist zur überregionalen Werbung berechtigt und innerhalb der Üblichkeiten wohl auch verpflichtet. Er darf sich diese überregionale Werbung auch vorbehalten. Für eine das Vertriebssystem schädigende Werbung kann der FG wegen der Verletzung der Rücksichtnahmepflicht haften2790. Gegebenenfalls muss der FN den FG auf das Problem hinweisen2791. Der FN soll sich nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen dürfen, solange die Äquivalenzstörung nicht existenzgefährdend wirkt. Nach Vertragsende besteht nach den oben Rn 379 ff zum Vertragshändler wiedergegebenen Grundsätzen eine Rücknahmepflicht des FG hinsichtlich der dem FN zum Vertrieb überlassenen, von ihm aber nicht mehr abzusetzenden Produkte, sofern der FN zur Lagerhaltung verpflichtet war2792.

2784

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 125. 2785 OLG Schleswig, Urt. v. 18.01.1994 – 6 U-Kart 46/92, bestätigt durch Nichtannahmebeschluss des BGH v. 04.04.1995 – KZR 33/94 und durch Zurückweisung der dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerde durch Beschl. v. 06.07.1995 – BvR 1034/95; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 125; Rauser in: Metzlaff (Hrsg.), § 16 Rn 83 ff. 2786 BGH, Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96, NJW 1996, 3304 (3307 f); Ende NJW 1999, 326 ff. 2787 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 130. 2788 LG Berlin, Urt. v. 21.06.2001 – 14 O 177/01, n.v.; hiergegen BGH, Urt. v. 04.03.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376, 1379 = WM 2008, 1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f.

272

2789

LG Braunschweig, Urt. v. 14.07.2004 – 22 O 289/04, zitiert nach Haager NJW 2005, 3394 (3396) unter Berufung auf OLG Frankfurt/Main, NJWE – WettbR 1996, 142. 2790 BGH, Urt. v. 06.07.1995, ZIP 1995, 1286 = BB 1995, 1792 (1794) (Benetton); Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 123; aA BGH, Urt. v. 29.06.1959, NJW 1959, 1964; Urt. v. 30.01.1986, NJW 1986, 1931; Urt. v. 06.05.1993, WM 1993, 1725; Urt. v. 21.06.1972, WM 1972, 1092; Urt. v. 10.02.1993, WM 1993, 1464; BGH, Urt. v. 19.01.1972, BB 1972, 193. 2791 BGH, Urt. v. 23.07.1997, BGHZ 136, 295. 2792 BGH, Urt. v. 05.11.1997 – VIII ZR 351/96, NJW 1998, 540; Martinek in: Martinek/ Semler § 21 Rn 56 bis 60.

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IX. Gleichbehandlungsgebot Im Gegensatz zum HV-Recht wird im Franchiserecht überwiegend vertreten, dass der 401 Franchisegeber zur Gleichbehandlung seiner Franchisenehmer verpflichtet sei2793. Diese Abweichung rechtfertigt sich möglicherweise aus der systembedingt engeren Einbindung des FN in das Vertriebssystem des Unternehmers, als sie gegenüber dem HV praktiziert wird. Der FG darf angesichts des Preisbindungsverbots beim Abnehmer des FN keine Preiserwartungen wecken. Wirbt daher ein FG, der Waren- oder Dienstleistungen teils über ein Franchise-System, teils über eigene Filialen vertreibt, unter Angabe fester Endverkaufspreise, ohne die Preisangaben auf die eigenen Filialen zu beschränken oder auf deren Unverbindlichkeit für die Franchisebetriebe hinzuweisen, so kann von dieser Werbung ein wirtschaftlicher Druck auf die FN zur Übernahme der beworbenen Preise ausgehen, der einer verbotenen Preisbindung gleichkommt2794. Der FG muss entweder in seiner Werbung zwischen Filial- und Franchisebetrieben differenzieren oder deutlich herausstellen, dass er eine unverbindliche Preisempfehlung bewirbt. Nicht ausreichend sind Zusätze „ab“ oder „bis zu“2795. Fraglich ist auch, ob die übliche Formulierung „nur bei teilnehmenden Betrieben“ klar genug ist. Der durch eine unberechtigte Preisbindung entstehende Schaden des FN errechnet sich aus der Spanne zwischen den Verkaufspreisen, welche er infolge des faktischen Drucks durch die Werbung gewähren muss und den Preisen, welche ohne diesen Druck erzielt worden wären, wobei gemäß §§ 252 S. 2 BGB, 287 ZPO zu schätzen ist. Möglicherweise besteht eine vom FG zu widerlegende Vermutung eines Schadens in Höhe der Differenz zwischen beworbenen und vom FN gesetzten Preisen. Dass sich durch die Werbung möglicherweise die Absatzchancen erhöhen, bleibt unberücksichtigt2796.

X. Vertragliche Vereinbarung Wie dargestellt, werden die vertraglichen Pflichten der Parteien meist umfassend ge- 402 regelt. Nicht anders als beispielsweise Kfz-Vertragshändlerverträge sind Franchiseverträge für ihren extensiven Inhalt bekannt. Der FG kann sich wirksam verpflichten, nicht in Wettbewerb zum FN zu treten, der FN darf u.a. Verpflichtungen zum Qualitätsmanagement, zu einem Mindestsortiment, zur Zahlung von Werbekosten, Vertraulichkeit, Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen, zum einheitlichen Erscheinungsbild der Betriebsstätte oder zu Kontrollen durch den FG übernehmen2797.

XI. Leistungsstörungen Die Rechtsfolgen einer Schlechterfüllung des Franchisevertrages bestimmen sich da- 403 nach, welche Pflicht verletzt ist. Bei vertriebsrechtlichen Pflichten stehen in erster Linie die analoge Anwendung des §§ 89a einschließlich seines Abs. 2 sowie des § 280 BGB in

2793

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 116. 2794 BGH, Urt. v. 20.05.2003 – KZR 27/02, BB 2003, 2258 = WuW/E DE-R 1170, WuW 2003, 1192 = DB 2003, 2435 = WRP 2003, 1454 = NJW-RR 2003, 1624.

2795 2796 2797

Giesler ZIP 2004, 744. Kiethe WRP 2004, 1004 (1010 f). Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (404); Emde VersR 2001, 148 (157).

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Frage. Die Maßstäbe des HV-Rechts gelten auch hier. Die dienstvertraglichen Rechtsfolgen entsprechen dem oft, treten allerdings meist zurück, da ihre Verletzung i.d.R. auch eine Verletzung der vertriebsrechtlichen Absatzförderungspflicht bilden wird2798. Soweit die Erstausstattung oder die Belieferung der Vertragswaren zwischen den Vertragspartnern in Frage steht, kann Kaufrecht Anwendung finden, etwa die §§ 434, 437 ff BGB2799. Insbesondere für die Kaufverträge über die Belieferung mit Vertragswaren gelten unzweifelhaft die §§ 434, 437 ff BGB2800. Der Rücktritt nach Kaufvertragsrecht erfasst möglicherweise analog § 139 BGB den gesamten Franchisevertrag, wenn nach Sinn und Zweck und dem Interesse der Vertragspartner anzunehmen ist, dass der Gesamtvertrag keine Geltung behalten soll 2801. Die Regelungen über das Miet- und Pachtrecht treten meist zurück. Die §§ 137 ff, 581 Abs. 2 BGB sind daher im Regelfall unanwendbar2802. Das gilt auch hinsichtlich der Überlassung von Franchise- und Betriebshandbüchern, weil dieser Fall durch analoge Anwendung des § 86a gelöst werden kann2803. In erster Linie auf ggf. separat geschlossene Miet- und Pachtverträge, etwa über Betriebsräume, ist Miet- oder Pachtrecht anwendbar. Im Fall der Nicht- oder Schlechtleistung des FG hat der FN folgende Rechte: ZBR 404 gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder gemäß § 273 Abs. 1 BGB; Androhung einer außerordentlichen Kündigung sowie Gewährleistungsrechte. Ein Minderungsrecht des FN lässt sich den §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1, Hs. 2, 441 Abs. 3 BGB (Teilunmöglichkeit) entnehmen. Voraussetzung ist Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB). Sie liegt in der Regel vor, da der überwiegende Teil der Leistung des FG den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes einnimmt. Bei mangelhaften Know-How-Transfer kommt ein Minderungsrecht analog §§ 581 Abs. 2, 537 BGB in Betracht. Die Aushändigung des Franchisehandbuchs stellt eine vertragliche Hauptpflicht dar. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages kann auch im Falle völliger Fehlerhaftigkeit des Handbuchs erhoben werden2804. Diskutiert wird, ob der FG gemäß §§ 581 Abs. 2, 537 BGB Gewähr für die Geeignetheit des Marketingkonzepts zur Erreichung des Zweckes leistet2805. Im Fall einer Nicht- oder Schlechtleistung steht den Vertragspartnern zudem Schadenersatz nach §§ 280 Abs. 1, 241 BGB zu. Führt die Änderung der Systemvorgaben im laufenden Franchisevertrag zu unverhältnismäßig hohen Investitionen, die sich nicht mehr amortisieren, kann der FN die Einwendung nach § 275 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BGB erheben und gegebenenfalls analog § 87d Ersatz der Aufwendungen fordern. Angeblich haftet der FG nicht, falls die Tätigkeit des FN einen zu hohen Kapitaleinsatz fordert2806, zudem nicht für das Fehlen eines Pilotbetriebes, weil das System auch ohne einen solchen anwendungstauglich sein kann2807. Für die wettbewerbswidrige Werbung eines FN haftet der FG grundsätzlich nicht auf 405 Schadenersatz. Sofern der FG die im Streite stehende Werbung nicht veranlasst hat, 2798

AA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 192, die §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Hs. 2, 441 Abs. 3, 434, 437 BGB entsprechend anwenden wollen. 2799 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 193. 2800 LG München I, Urt. v. 22.01.2001 – 8 HKO 1156/00, unveröffentlicht; Giesler/ Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 193. 2801 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 193.

274

2802

Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 194; aA Canaris § 18 Rn 46. 2803 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 194. 2804 Giesler ZIP 2000, 2098. 2805 So Kroll Informationspflichten im Franchising, 2001, S. 109 ff. 2806 Canaris § 18 Rn 49. 2807 Canaris § 18 Rn 49.

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kommt allenfalls ein durch Unterlassen begangener Verstoß in Betracht. Dieser setzt eine Erfolgsabwendungspflicht voraus, welche sich insbesondere nicht aus der Überlassung von „good will“ ergibt. Eine möglicherweise in Betracht kommende Störerhaftung kann nur Abwehr-, nicht aber die geforderten Schadenersatzansprüche begründen2808.

XII. Nichtigkeit Ein Franchisevertrag kann u.a. gem. §§ 134, 138 BGB2809, § 306 BGB, Art. 101 406 AEUV oder § 34 GWB a.F.2810 (§ 85 Rn 7) nichtig sein2811. Eine sittenwidrige Knebelung wird bei Franchiseverträgen angenommen, sofern der FN fast vollkommen dem Willen des FG unterworfen und faktisch zum Angestellten im eigenen Betrieb wird2812. Indiz dafür können Weisungs- und Zustimmungsrechte des FG sowie deren Umfang sein2813. Weiter kann eine Anzahl einseitig belastender Klauseln im Vertragswerk, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff BGB nicht standhalten, den Franchisevertrag bei der gebotenen Gesamtschau als sittenwidrig erscheinen lassen2814. Gewisse Weisungsund Kontrollbefugnisse sind allerdings franchisetypisch, um auch im Interesse des FN die Einhaltung der systemtypischen Qualitätsstandards zu gewährleisten und die korrekte Anwendung des vom FG zur Verfügung gestellten Know-How sicherzustellen2815. Weiter wird auf die einseitige Risikoverteilung abgestellt2816. Das OLG Düsseldorf2817 untersucht die Nichtigkeit wie folgt: Zunächst werde das Vorhandensein einer auffälligen Vielzahl einseitig belastender Klauseln geprüft, die den Anforderungen der Inhaltskontrolle nicht standhielten. Erschienen die dem FG eingeräumten Weisungs- und Zustimmungsrechte, Eingriffs- und Kontrollbefugnisse weitgehend und engten den dem FN verbleibenden unternehmerischen Spielraum sehr stark ein, werde geprüft, ob die aus dem Vertrag herzuleitenden Verpflichtungen des FG ebenfalls von einigem Gewicht seien und unternehmerisches Risiko beließen. Sei das der Fall, ließe dies unter Berücksichtigung der Franchise-typischen Interessenlage beider Vertragspartner und der beiderseitiger Risiken und Chancen die Bewertung zu, dass eine zur Nichtigkeit führende Sittenwidrigkeit fehle. Nach diesem Maßstab sah das OLG Düsseldorf 2818 die unternehmerische Freiheit des FN durch das vorgeschriebene Sortiment und die Bezugspflicht beim FG i.V.m. einer preis2808

BGH, Urt. v. 06.04.2000, I ZR 67/98, NJW-RR 2000, 1710 = NJW 2001, 441 (LS) = MDR 2001, 163. 2809 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857; OLG Naumburg, Urt. v. 28.04.2006 – 10 U 45/05, BeckRS 2007, 03091; Giesler ZIP 2003, 1025. 2810 OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 HKO 4/05, BeckRS 2007, 01074. 2811 Giesler WM 2001, 1441. 2812 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Hamm, Urt. v. 13.03.2000 – 8 U 113/99, NZG 2000, 1169 (1170 f), OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 ff.

2813 2814 2815

2816

2817 2818

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466.

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gebundenen Bezugsverpflichtung ohne nennenswerten gestalterischen Spielraum und ohne eigenes Marketing als kaum gegeben an. Dessen unternehmerische Freiheit beschränke sich im Wesentlichen auf die Bestimmung der Bestellmengen. Auch Buchhaltung, Kassenführung und Zahlungsverkehr unterlägen Reglementierungen. Letzteres sei jedoch franchisetypisch, den Beschränkungen ständen Verpflichtungen des FG von bedeutendem Gewicht gegenüber, etwa die Übergabe eines komplett eingerichteten Geschäftslokals sowie die systemtypischen Leistungen mit Know-How. Bei einer Kombination mehrerer unwirksamer AGB-Klauseln kann ein Franchisevertrag gemäß § 306 BGB unwirksam werden2819. Die Wirksamkeit des Vertrages darf ex tunc beseitigt werden (Anfechtung, außerordentl. Kündigung). Ein Franchisevertrag soll sittenwidrig sein, wenn die realen, durch die Systemwertschöpfung zu erwirtschaftenden „Lizenzanalogiesätze“ durch die Belastung mit den laufenden Franchisegebühren um mehr als 100 % überschritten werden2820. Unterwirft sich ein FN einem System, welches eine nahezu 100 %ige Kooperation mit dem FG verlangt, kann hieraus nicht ohne weitere Anhaltspunkte auf eine Sittenwidrigkeit des Vertrages geschlossen werden, solange unternehmerische Gestaltungsräume verbleiben2821. Die „Unterwerfung“ ist oft Geschäftszweck. Bei vereinbarten Mindestgebühren müssen diese, so wird vertreten, am Standort des FN mit den lokalen Fixkosten auf Dauer zu „rechnen“ sein2822. Dies bedeute, dass ein break-even-point nach 18 Monaten erreicht sein müsse 2823. Ergebe sich aus dem Vergleich mit den Durchschnittserträgen der Branche, dass der durchschnittliche Ertrag der Standorte einer Branche wesentlich unter den Mindestfranchisegebühren liege, so könne sich auch daraus eine unangemessene Überbelastung ergeben 2824. Im Fall der Unwirksamkeit ist gem. §§ 812 ff BGB rückabzuwickeln, und zwar entsprechend der Saldotheorie. Beide Vertragspartner müssen empfangene Leistungen zurückgewähren. Folglich hat der FG erhaltene Zahlungen unter Abzug von Warenlieferungen, Nebenkosten und Fernsprechgebühren zurückzuerstatten. Schulungskosten werden nicht angerechnet. Probleme bereiten immaterielle Leistungen des FG, insbesondere Know-How. Es ist festzustellen, ob das erhaltene Fachwissen einen saldierungsfähigen wirtschaftlichen Wert besitzt, was der FG darzulegen und zu beweisen hat. Von einer Werthaltigkeit ist regelmäßig nicht auszugehen (insbesondere, wenn die Leistungen ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des FG genutzt werden können), sofern die Leistungen nicht Ausdruck des franchise-spezifischen Know-Hows sind. Nicht anwendbar ist die Saldotheorie, wenn der Franchisevertrag mit Wirkung ex nunc beseitigt wird. Je nach Situation kann der FN Ansprüche, ggf. in Anspruchskonkurrenz, auf Vertragsaufhebungsschaden analog § 89a Abs. 2, Rücknahme und Vergütung von Vertragswaren (Ausnahme: Kündigung wg. schuldhaften Verhaltens des FN), Investitionsschutz (unklar ob als Kündigungs- oder Schadenersatzanspruch, nach Ansicht Gieslers vorrangig als finanzielle Ersatzleistung)2825 sowie Zurückbehaltungsrecht an gemieteten Geschäftsräumen geltend machen. Hat der FN eine Eintrittsgebühr gezahlt, hängt es von den Umständen des Einzelfalls 407 ab, ob sie bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nach den Grundsätzen zu Einstandszahlun-

2819

OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857; LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487. 2820 Dehe/Meeth BB 2002, 2524. 2821 OLG Naumburg, Urt. v. 28.04.2006 – 10 U 45/05, BeckRS 2007, 03091.

276

2822

Dehe/Meeth BB 2002, 2524. Dehe/Meeth BB 2002, 2524. 2824 Dehe/Meeth BB 2002, 2524. 2825 Richtigerweise wohl beides, nach Wahl des Franchisenehmers. 2823

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gen (§ 89b Rn 344) pro rata temporis gemäß § 812 BGB zurückzuzahlen ist. Das ist anzunehmen, sofern der Vertrag vor der nach den Umständen zu erwartenden Vertragszeit endet2826. Musste der FG für das vertragsgegenständliche Know-How keine eigenen Vorleistungen aufbringen und handelte es sich um ein am Markt noch nicht erprobtes Geschäftskonzept, spricht dies für eine Rückzahlungspflicht2827. Ein FN darf nach § 812 BGB Rückzahlung geleisteter Franchisegebühren fordern, 408 wenn der Franchisevertrag in wesentlichen Teilen der Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB nicht standhält und deshalb nach § 306 Abs. 3 BGB insgesamt unwirksam ist2828. Eine Gesamtunwirksamkeit und keine geltungserhaltende Reduktion ist anzunehmen, falls die Unwirksamkeit zahlreiche, die unternehmerische Betätigung des FN regelnde Klauseln, aber auch die vereinbarte Vergütungsregelung betrifft, so dass ein der Ausfüllung durch dispositives Recht und ergänzende Vertragsauslegung zugänglicher Rest nicht mehr verbleibt2829. In Anwendung der Saldotheorie muss sich der Anspruchsteller einen Abzug gefallen lassen, dessen Höhe mit 2/3 Reduktion vom OLG München2830 nicht beanstandet wurde. Das zur Verfügung gestellte „Know-How“ stellt keinen Wert dar, wenn es ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des FG genutzt werden kann, die nach dem Scheitern des Franchiseverhältnisses nicht mehr zur Verfügung stehen2831. Die Nichtigkeit eines Franchisevertrages führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der in seiner Ausführung geschlossenen Kaufverträge2832.

XIII. Aufklärungspflichten und Täuschung Dogmatisch abzugrenzen sind Täuschungshandlungen einerseits und unvollständige 409 Aufklärung andererseits2833. Im Ergebnis führt beides zu denselben Rechtsfolgen. Der FG muss vollständig und richtig aufklären und darf aufklärungsrelevante Informationen nicht zurückhalten2834. Beispielhaft sind die vorvertraglichen Aufklärungspflichten nach US-amerikanischem Recht, die einzelstaatlich geregelt sind. So sieht das US-amerikanische Recht vor, dass der FG die Vertragsbedingungen in einem 20 Punkte umfassenden Auskunftsformular eingehend erläutert. Ob dies als Vorbild für das deutsche Recht gesehen werden kann, ist Gegenstand der Diskussion2835. Das internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (Unidroit) hat ein Modellrecht über die Offenlegungspflichten beim Franchising (Model franchise disclosure law) entwickelt2836. Über ihren Inhalt existieren ferner Richtlinien des deutschen Franchise-Verbandes zur vorvertraglichen Aufklärung2837. Beide sind jedoch nicht zwingend.

2826

Für die Rückerstattungspflicht Canaris § 18 Rn 35. 2827 OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2002 – 5 U 220/01, DB 2003, 1054. 2828 OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 2829 OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 2830 OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 2831 OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 2832 BGH, Urt. v. 16.04.1986, NJW 1986, 1988;

Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96, EWiR 1997, 985 (Schlechtriem); OLG Brandenburg, Urt. v. 28.09.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 53. 2833 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099. 2834 Vgl. bereits BAG DB 1980, 2039. 2835 Dafür Hibt/Siemens RIW 2000, 597. 2836 Wiedergegeben mit Explanatory Report in Unif.L.Rev. 2002, 1066; dazu Czerwenka IHR 2003, 53; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 7. 2837 Wiedergegeben in: Jahrbuch Franchising 1999/2000, S. 243 ff.

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Vor § 84 410

1. Buch. Handelsstand

Aufklärungspflichten existieren, wenn ein Wissens- oder Informationsgefälle existiert. Sie beginnen mit dem ersten Kontakt2838 und verdichten sich mit der Vertragsfortführung. Der FG darf einen (potentiellen) FN nicht über vertragswesentliche Umstände täuschen und ihn in die Irre führen. Er muss ihn über Umstände aufklären, die allein ihm bekannt sind und von denen er weiß oder wissen muss, dass die Entscheidung der anderen Partei durch deren Kenntnis beeinflusst wird2839. Der FG lässt den FN an ihm unbekannten Know-how partizipieren; dieser unterwirft sich einer vom FG vorgegebenen Marketingstrategie und besitzt ein Informationsmonopol2840. Der FG hat folglich aufgrund seiner besseren Informationslage und Kenntnis des Systems den FN über sämtliche Umstände aufzuklären, die für dessen Vertragsschluss erkennbar von besonderer Bedeutung sind, namentlich über die Erfolgschancen2841, Funktion, Wirkungsweise2842, Leistungen, Vorteile und Entwicklung des Franchisesystems, die Zahl der Franchisebetriebe2843, die Anforderungen an den FN, die Konkurrenz- und Marktsituation, den intrabrand-Wettbewerb2844, das erforderliche Mindest- und Startkapital, die durchschnittlich erforderlichen Finanzmittel, die durchschnittliche Umsatz- und Ertragserwartung, vergleichbare Betriebe2845, bei Bezugspflichten alle Preise2846, generell über Gebühren und Kosten einschließlich verdeckter Preisaufschläge2847, berufliche Zulassungsvoraussetzungen2848, den fehlenden Schutz vertragswesentlicher immaterieller Rechte, sofern sie Gegenstand gerichtlicher bzw. ernsthafter außergerichtlicher Auseinandersetzungen sind 2849, das mangelnde Recht des FN, anzuschaffende Einrichtungen (etwa wegen entgegenstehender Schutzrechte des FG) zu nutzen2850, die Zahl der neugewonnenen Franchisepartner innerhalb des letzten Jahres2851, die „Scheiterungsquote“, also den Anteil gescheiterter FN2852 sowie die durchschnittlichen Kosten eines Franchisebetriebs2853. Sofern ein bestimmter Franchisebetrieb trotz anonymisierter Daten zu identifizieren wäre, ist eine Bekanntgabe seiner Daten ohne seine Zustimmung unzulässig2854. Wenn der FG über betriebswirtschaftliche Kennzahlen vergleichbarer Franchisebetriebe informiert, darf er nicht lediglich Höchstwerte vergleichbarer Unternehmen angeben2855. Angesichts einer möglichen Streuung genügen auch Durchschnittswerte nicht 2856. 2838

Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 96. 2839 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.01.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64; OLG Köln, Beschl. v. 16.05.1994 – 2 W 14/94, n.v.; LG Hamburg, Urt. v. 06.06.1995 – 312 O 519/94, n.v.; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1091). 2840 Schäfer, Die Pflicht des Franchisegebers zur vorvertraglicher Aufklärung, Diss. iur. 2007, S. 77, Peters Vorvertragliche Informationspflichten des Franchisegebers, 2002, S. 78; Jacobsen/Schäfer ZAP 2085 (1091). 2841 OLG München, Urt. v. 24.04.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; Canaris § 18 Rn 53. 2842 OLG München, Urt. v. 24.04.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; Hibt/Siemens RIW 2000, 597. 2843 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 2844 Liesegang BB 1999, 857.

278

2845

Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099, 3100. Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1094); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 2847 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1094). 2848 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1094). 2849 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1095). 2850 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1095). 2851 Richtlinien des deutschen Franchiseverbandes, zweifelnd Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1098). 2852 OLG München, Urt. v. 24.04.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; aA Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1097); Schäfer S. 171; Czerwenka IHR 2003, 53 (57). 2853 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 27. 2854 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 2855 LG Hamburg, Urt. v. 06.06.1995 – 312 O 519/94; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 2856 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 2846

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

Der FG muss aber nicht über jeden einzelnen denkbaren Punkt aufklären, da das 411 unternehmerische Risiko grundsätzlich beim FN liegt. Die Aufklärungspflicht hat allein die Funktion, das Risiko besser überschaubar und eingrenzbarer zu machen. Realisiert sich ein gut geprüfter Plan nicht, ist dem FG kein Vorwurf zu machen2857. Beruhen Umsatzanalysen auf einer unsicheren Basis, ist der FG verpflichtet, den FN darauf hinzuweisen2858. Der FG darf sein System nicht erfolgreicher darstellen, als es tatsächlich der Fall ist und gegenüber dem FN unzutreffende Vorstellungen über die Rentabilität erwecken. Der FG muss den FN befähigen, den Umfang der über das Startkapital hinaus anfallenden Aufwendungen sowie den Zeitraum der Anfangsverluste abzuschätzen2859. Insbesondere falls er konkrete Akquisitionsvorgaben gibt und die Parteien ein Recht des FG zur fristlosen Kündigung für den Fall der Nichteinhaltung dieser Vorgaben vereinbaren, müssen jene auf einer realistischen und sorgfältigen, auf das konkrete Vertriebssystem bezogenen Marktanalyse beruhen2860. Der FG hat jedoch nicht die Aufgabe eines Existenzgründungsberaters. Ihm obliegt es nicht, den FN über die allgemeinen Risiken seiner beruflichen Selbstständigkeit und über die „Durststrecke“ in der Aufbauphase aufzuklären oder für ihn umfassende Kalkulationen zu erstellen, welche ein mit betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen vertrauter FN selbst fertigen kann2861. Es obliegt dem FN, sich über die Risiken und Chancen der geschäftlichen Verbindung zu informieren und sich ein eigenes Bild von den Marktchancen zu verschaffen2862. Insbesondere braucht der FG seinem FN vor Vertragsschluss keine Standortanalyse2863 (die Eignung des konkreten Standortes für das geplante Unternehmen soll nach h.M. nicht überprüft werden müssen2864), Marktanalyse 2865 oder eine Wirtschaftlichkeitsberechnung vorzulegen. Das gilt jedenfalls, falls eine solche dem FG nicht vorliegt2866. Nicht zu informieren ist über anhängige Gerichtsverfahren untergeordneter Bedeutung, die Anzahl vorzeitig beendeter Franchiseverträge oder die allgemeine Geschäftsentwicklung der Branche2867. Eine Rentabilitätsgarantie oder -vorschau2868 schuldet der FG daher

2857

Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 91. 2859 OLG Stuttgart, Urt. v. 13.07.2001 – 2 U 223/00, unveröffentlicht. 2860 OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2002 – 5 U 220/01, DB 2003, 1054. 2861 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.01.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64. 2862 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.01.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64. 2863 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.06.2004 – VI-U (Kart) 40/02, BeckRS 2004, 12148; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 51; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3101); aA OLG Köln, Urt. v. 16.05.2004 (zit. nach Flohr WiB 1996, 1137 (1140); LG Essen, Urt. v. 09.05.2005 – 18 O 238/04; Braun NJW 1995, 504 (505). 2864 OLG München BB 2001, 1759 (1760); Böhner NJW 1994, 635 (636); Schäfer 2858

S. 201; aA OLG München, Urt. v. 16.05. 1994 – 2 W 14/99, n.v.; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.07.2001 – 2 U 223/00, n.v.; OLG Rostock DB 1995, 2006, Flohr WiB 1996, 1137 (1140 f); Giesler ZIP 1999, 2131 (2136). 2865 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3101). 2866 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1097); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3101); Metzlaff in: Metzlaff, § 7 Rn 12. 2867 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1093); aA Flohr Franchisevertrag, S. 28, der Angaben zur Wettbewerbs- und Marktsituation fordert. 2868 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1097); Schäfer, S. 218; Peters S. 149; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 51 ff; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.06.2004 – VI U (Kart) 40/02, n.v.; aA Martinek in: Flohr, Franchising im Wandel, Seite 245; Liesegang in: Flohr Franchising im Wandel, Seite 233; Flohr ZAP F.6, S. 343 (350); Giesler in: Giesler/Nauschütt Kapitel 5 Rn 27.

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

nicht2869. Die sich aus dem Gebot von Treu und Glauben abzuleitenden allgemeinen Auskunfts- und Beratungspflichten des FG würden überspannt, wollte man annehmen, er müsse dem FN nicht nur das Datenmaterial für eine eigene Wirtschaftlichkeitsprognose überlassen, sondern darüber hinaus auf eigene Kosten eine ins Einzelne gehende Rentabilitätsuntersuchung durchführen und dem FN für deren Richtigkeit einstehen. Es ist Sache des FN, aus dem Datenmaterial des FG Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten des geplanten Franchise zu ziehen und zu diesem Zweck eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen2870. Täuschungshandlungen betreffen beispielsweise die Aussagen, es gebe eine große Zahl 412 erfolgreicher FN, was tatsächlich nicht zutraf 2871; man könne als FN viel Geld sicher verdienen, während utopische Umsatzzahlen als vorsichtige Schätzungen bezeichnet wurden2872; die wahrheitswidrige Behauptung, es bestehe ein bundesweites Netz von Master-Franchisenehmern und deshalb ein reichhaltiger Erfahrungsschatz 2873; falsche Angaben zur Erprobung und zu dem bisher erzielten Markterfolg des Franchisesystems2874; unrichtige Angaben dazu, ob in dem Einzugsbereich des FN bereits Kunden vorhanden sind 2875; die Anpreisung, der Erfolg sei praktisch vorprogrammiert, obwohl von 135 Franchisenehmern 28 Unternehmen wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten2876 und die Darstellung einer krisensicheren Zukunft, während in dem Franchisesystem erhebliche Schwierigkeiten bestanden2877. Der FN darf mangels gegenteiliger Hinweise davon ausgehen, dass das Franchisekon413 zept ausreichend erprobt ist2878. Wird der Geschädigte zu einem nachteiligen Vertragsschluss bestimmt, den er ohne die Pflichtverletzung des anderen Teils unterlassen hätte, steht dem Geschädigten ein Wahlrecht zu. Er darf entweder unter Aufhebung und Rückabwicklung des Vertrages seine Leistung und Ausgleich der nutzlosen Aufwendungen verlangen2879 oder den Vertrag entsprechend angepasst bestehen lassen2880. Wird etwa ein FN vor Vertragschluss vom FG über zu erwartende Umsätze getäuscht, haftet er dem FN, wenn die Prognosezahlen nicht auf einer nachvollziehbaren, realistischen Grundlage basieren und die Täuschung in Bezug auf Tatsachen erfolgt, die für die Willensbildung von ausschlaggebender Bedeutung sind 2881. Die vorvertragliche Haftung folgt aus den 2869

Böhner NJW 1994, 635 (636); derselbe BB 2001, 1749; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099; Flohr WiB 1996, 1137 (1141; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 2870 OLG Brandenburg, Urt. v. 28.09.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 51, 52; siehe hierzu auch OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.01.2005 – 11 U (Kart) 12/04; zitiert nach Haager NJW 2005, 3394 (3399). 2871 OLG München, Urt. v. 13.11.1997, BB 1988, 865. 2872 OLG München, Urt. v. 16.09.1993, NJW 1994, 667 ff. 2873 OLG Köln, Urt. v. 07.09.2001 – 19 U 83/01, unveröffentlicht. 2874 LG Hamburg, Urt. v. 02.05.1995 – 312 O 519/94, unveröffentlicht; bestätigt durch OLG Hamburg, Urt. v. 17.04.1996 – 5 U 137/95, unveröffentlicht. 2875 LG München I, Urt. v. 31.07.2001 – 4 O 2319/00, unveröffentlicht.

280

2876

OLG München v. 24.04.2001, BB 2001, 1759 (1761). 2877 OLG Köln, Urt. v. 07.09.2001 – 19 U 83/01, unveröffentlicht. 2878 OLG München NJW-RR 1997, 812 (814) = EWiR 1996, 1103 (Martinek); OLG Stuttgart, Urt. v. 13.07.2001 – 2 U 223/00, n.v.; Urt. v. 06.06.1995 – 312 U 519/94, n.v.; Böhner NJW 1994, 635 (636); Schäfer S. 150; Jacobsen/Schäfer ZRP 2008, 1085 (1095). 2879 BGHZ 69, 53 f; 115, 213 (220 f); BGH NJW 1987, 2511 (2512); 2000, 1254 (1256); WM 1990, 479 (480); Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1088); Hager NJW 1999, 2081 (2086). 2880 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1088). 2881 OLG München, Urt. v. 01.08.2002 – 8 U 5085/01, BB 2003, 443.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB2882 oder aus Deliktsrecht (§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB)2883. Die Haftung für Prognosen, etwa Umsatz und Rentabilitätsplanungen, tritt beispielsweise ein, wenn die Prognosezahlen auf keiner nachvollziehbaren, realistischen Grundlage basieren2884. Ob die Grundsätze zur Prospekthaftung oder zur Haftung im Kapitalanlagebereich anwendbar sind, ist umstritten. Teilweise wird dies verneint, weil der Erfolg des FN weitgehend von Marktlage, Einsatz und Tüchtigkeit abhängt2885. Andere wiederum bejahen die Anwendbarkeit, z.T. unter Hinweis auf die Eigenschaft des FN als Kapitalanleger2886. Die Prospekthaftung trete neben die Haftung des FG aus §§ 311 Abs. 2, 280 BGB. Ihm seien falsche Prospektangaben zuzurechnen, wenn er die Fehlerhaftigkeit kannte oder kennen musste und dennoch den Prospekt publiziert. Im Wege des Schadenersatzes ersetzt wird der Vertrauensschaden2887. Der FG hat den FN so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Richtigkeit der Aufklärung bei Abschluss des Franchisevertrages vertraut hätte (negatives Interesse)2888. Geschuldet werden die gezahlten Franchisegebühren (ggf. anteilige Herabsetzung2889), die Aufwendungen für den Bürobetrieb sowie die Kosten und Investitionen2890, welche für die Führung des Franchisebetriebs nach den Vorgaben des FG entstanden sind, jedoch unter Abzug der erzielten Einnahmen2891, Restwerte und Verwertungserlöse2892, zudem Rückgängigmachung des Vertrages2893. Den FG trifft die Beweislast dafür, dass die vorvertraglichen Angaben zutreffend sind2894 und er vollständig und wahrheitsgemäß aufgeklärt hat, da nur er hinreichend Einblick in die Umstände hat, die zu den mitgeteilten Informationen geführt haben2895 und dokumentieren kann. Die Kausalität zwischen Täuschung und Aufklärungspflichtverletzung und dem Entschluss des FN, den Franchisevertrag zu unterzeichnen, wird vermutet2896. Ein Mitverschulden des FN ist zwar nicht pauschal auszuschließen. Ein FG darf dem FN jedoch regelmäßig nicht als Mitverschulden entgegenhalten, dass er leichtfertig den Anpreisungen des FG vertraut hat2897. In einem Urteil aus 2001 geht das OLG München2898 von einem Mitverschulden des FN aus.

2882

Canaris § 18 Rn 53; Giesler/Nauschütt BB 2003, 435. 2883 Giesler/Nauschütt BB 2003, 435. 2884 BGH, Urt. v. 07.10.1987, WM 1987, 1557, 1558; LG Hamburg, Urt. v. 02.05.1995 – 312 O 519/94, unveröffentlicht; OLG Hamburg, Urt. v. 17.04.1996 – 5 U 137/95, unveröffentlicht; OLG München, Urt. v. 05.08.2002, BB 2003, 443; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 35. 2885 OLG München, Urt. v. 24.04.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749. 2886 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 46. 2887 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 40; Giesler ZIP 2000, 21 (31). 2888 OLG Brandenburg, Urt. v. 28.09.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 53. 2889 Canaris § 18 Rn 55. 2890 Canaris § 18 Rn 55. 2891 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 40.

2892

OLG München, Urt. v. 24.04.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; OLG München, Urt. v. 16.09.1993, NJW 1994, 667 ff. 2893 Canaris § 18 Rn 55. 2894 OLG München, Urt. v. 13.11.1987, BB 1988, 865 ff; LG Hamburg, Urt. v. 02.05.1995 – 312 O 519/94 unveröffentlicht. 2895 OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2002 – 5 U 220/01, DB 2003, 1054. 2896 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 37. 2897 OLG München, Urt. v. 16.09.1993, NJW 1994, 667 ff mit Anmerkung Böhner NJW 1994, 635; Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 38; differenzierend nach Geschäftserfahrung vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 108; Flohr WiB 1996, 1137 (1139); Böhner NJW 1994, 635. 2898 Urt. v. 24.04.2001, BB 2001, 1759 (1761).

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

Zum Schadensersatzprozess Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 43. Nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz sind keine Schadenersatz-Sammelklagen von FN wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten möglich2899. Das OLG Frankfurt/Main2900 verneint Schadenersatzansprüche eines FN wegen Ver414 schuldens bei Vertragsverhandlungen, falls die vom FG prognostizierten Umsatzvorgaben lediglich um rund 15 % verfehlt wurden. Nach Ansicht von Haager2901 übersieht das Gericht dabei, dass der Break-Even und damit ein rentables Betreiben des Ladenlokals erst bei einem Erreichen von mindestens 98 % des vorgegebenen Mindestumsatzes eingetreten wären. Die deutsche Tochtergesellschaft eines ausländischen FG kann als Verhandlungsgehilfe 415 des FG wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ausnahmsweise selbst haften, weil sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hat und gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie eine selbstübernommene Gewähr für die Richtigkeit einer von ihr übergebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung übernimmt, indem sie zusichert, im Falle eines Scheiterns des Projekts werde sie das Franchiseobjekt übernehmen, „wie sich das für eine große Franchisefamilie gehöre“2902. Der FN hat über seine beruflichen Fähigkeiten, persönlichen Eigenschaften und finan416 ziellen Möglichkeiten aufzuklären2903.

XIV. Teilhabe des Franchisenehmers an Einkaufsvorteilen des Franchisegebers 417

Umstritten ist, inwieweit FG zur Weitergabe von Einkaufsvorteilen (sog. „kickbacks“) an ihre FN verpflichtet sind. Zunächst: Eine generelle Verpflichtung des FG, vorteilhafte Einkaufsbedingungen auszuhandeln, fehlt2904. Verhandlungsverschulden ist nur schadenersatzträchtig, falls unternehmerisches Ermessen überschritten wurde. Einkaufsvorteile sind von der unstrittig zulässigen Handelsspanne2905 abzugrenzen, die der FG erhebt, wenn er selbst Produzent und Verkäufer ist. Der US-amerikanische Robinson-Patment-Act2906 verbietet kick-backs. 418 a) Nach einer Ansicht gibt es keinen etwa aus §§ 675 Abs. 1, 666, 667, 242 BGB hergeleiteten gesetzlichen Anspruch auf Weitergabe von Einkaufsvorteilen des FG an FN. Eine solche Pflicht könne höchstens einer Auslegung der vertraglichen Abreden entnommen werden2907. Ergäbe sie eine Weitergabepflicht, habe der FG alle systemimmanenten Vorteile des Franchisesystems offenzulegen und auszukehren2908. Insbe-

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2906

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2907

Flohr BB 2006, 389 (392/393). Urt. v. 25.01.2005 – 11 U (Kart) 12/04; zitiert nach Haager NJW 2005, 3394 (3399). 2901 NJW 2005, 3394 (3399). 2902 BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW – RR 2006, 993 = NJW 2006, 2547 (LS). 2903 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 114. 2904 Flohr BB 2007, 6 (9). 2905 Giesler/Güntzel ZIP 2006, 1792.

282

U.S.C. § 13 (c). BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.01.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRURRR 2008, 324; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740); Flohr BB 2006, 1074; ders. BB 2007, 741; ders. BB 2007, 6 (7); ders. BB 2009, 2159 ff; Prasse MDR 2004, 256; Haager NJW 2004, 1220; zum Streitstand auch Haager NJW 2002, 1463. 2908 NJW 2004, 1220.

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Vor § 84

sondere müssten Einkaufsvorteile nicht weitergegeben werden, wenn vertraglich auf den Verbleib der kick-backs beim FG hingewiesen (was die Zulässigkeit solcher Klauseln impliziert) oder die Weitergabe in den zwischen FG und Lieferanten gezeichneten Lieferverträgen ausgeschlossen wurde2909 (solche wären jedoch bei fehlender Beteiligung der FN ein Vertrag zu seinen Lasten). Diese Auffassung fühlte sich durch die Apollo-Urteile des Jahres 20032910 bestärkt. Zwar befürwortete der Kartellsenat hier Auskunfts- und Zahlungsansprüche der FN auf der Grundlage einer Auslegung des Franchisevertrages. Alle drei Entscheidungen enthielten die Formulierung, es könne offen bleiben, ob neben der vertraglichen Regelung auch andere rechtliche Gesichtspunkte als Grundlage des verfolgten Begehrens in Betracht kämen. Dies wurde als Hinweis auf die Nichtexistenz eines gesetzlichen Anspruchs interpretiert – angesichts des Vorrangs vertraglicher Ansprüche wohl eine Fehldeutung. In den Hertz-Urteilen des BGH beantwortete er die Frage nicht, ob sich Zahlungsansprüche aus den §§ 675, 666, 242, 667 BGB ergeben könnten2911, weil der BGH Ansprüche gegen eine Beklagte wegen fehlender Einkaufsvorteile ablehnte und gegen die andere schon auf Grund einer Vertragsauslegung befürwortete. Auch jenes Urteil wurde teilweise dahin verstanden, es teile die Position derjenigen, die gesetzliche Auskunfts- und Zahlungsansprüche der FN ablehnten2912. FG vereinbaren deshalb, dass Einkaufsvorteile als Gegenleistung für Listungs- und Konditionengespräche beim FN verbleiben2913, was zulässig sein soll2914. Eine solche Vereinbarung setzt in AGB (§ 307 BGB – es dürfte sich um keine kontrollfreie Hauptleistung handeln) die vom FG zu beweisende Werthaltigkeit seiner Gegenleistung voraus. Nur dann genügt die Klausel, Einkaufsvorteile verblieben beim FG, dem Transparenzgebot und benachteiligt den FN nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB2915. In Individualverträgen wären §§ 138, 242 BGB Kontrollmaßstab. Insgesamt ist es nach dieser Auffassung rechenschaftsfreies Interna des FG, in welcher Weise er seine Einkünfte erzielt. b) Nach der Gegenansicht ist die Schadenersatzpflicht und ein vorgeschaltetes Aus- 419 kunftsrecht auch ohne vertragliche Verpflichtung zur Weiterleitung der Einkaufsvorteile existent2916. Jene Ansicht vertritt, der BGH habe einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft und Zahlung nicht abgelehnt. Gemäß §§ 675, 667, 242 BGB, 20 Abs. 1, 2, 33 GWB2917 treffe den FG die Pflicht zur Herausgabe von Prämien, Rückvergütungen, Werbekosten, Zuschüssen, Provisionen und Einkaufsvorteilen, welche Lieferanten aufgrund des Warenbezugs der FN an ihn zahlten2918. Entgegenstehende Regelungen verstießen gegen § 307 BGB2919.

2909 2910

2911 2912 2913 2914

Flohr BB 2006, 389 (393). BGH ZIP 2003, 2030; ZIP 2004, 773; Urt. v. 25.05.2003 – KZR 29/02 und weitere Urteile. BGH ZIP 2006, 810 = BB 2006, 1071. Vgl. Giesler/Güntzel ZIP 2006, 1792 (1794). Flohr BB 2007, 6 (7). BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). Eine solche Klausel formuliert Flohr BB 2009, 2159 (2162).

2915 2916 2917 2918

2919

Flohr BB 2007, 6 (8). Emde EWiR 2004, 67 (68); Böhner WRP 2006, 1089 (1092); Giesler ZIP 2004, 744. Flohr BB 2007, 6 ff. OLG München BB 1997, 1430; LG Hamburg, Urt. v. 10.04.2001 – 313 O 182/99 und 313 O 184/99; Böhner NJW 1998, 109; Flohr DStR 2001, 710; Giesler in: Giesler/Nauschutt, Franchiserecht, 2002, § 5 Rn 137. AA Flohr BB 2007, 6 (8).

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420 c) Für die kartellrechtliche Praxis dürfte der Streit durch den „Praktiker-Beschluss“ des BGH2920 entschieden sein2921: FN würden nicht dadurch unbillig behindert, dass der FG, welcher ihnen gegenüber als Großhändler auftritt, nach dem Franchisevertrag nicht verpflichtet sei, Rabatte, Boni, Rückvergütungen und ähnliche Einkaufsvorteile, die ihm von seinem Lieferanten gewährt werden, in vollem Umfang an die FN weiterzugeben. Damit hob der BGH im Einklang mit der Vorinstanz2922 den „PraktikerBeschluss“ des BKartA2923 auf. Bereits zuvor hatte der BGH in seinem Urt. v. 02.02. 19992924 ausgeführt, in einem Franchisesystem bestehe keine gesetzliche Pflicht des FG, die von ihm ausgehandelten Einkaufsvorteile in vollem Umfang an die FN – ggf. anteilig den Regiebetrieben – herauszugeben. Der BGH hat eine solche Pflicht lediglich im Einzelfall dem jeweiligen Franchisevertrag entnommen2925. Der BGH hat darauf abgestellt, dass für die Erreichbarkeit optimaler Geschäftserfolge des FN im Wettbewerb mit konkurrierenden Anbietern auch und insbesondere günstige Einkaufsbedingungen von ausschlaggebender Bedingung sein können. Dem seien die Interessen des FG gegenüberzustellen2926. Je nach Ausgestaltung der Verträge besitze er ein berechtigtes Interesse, einen Teil der Einkaufsvorteile einzubehalten, um damit zusätzlich von ihm zu erbringende Leistungen vergütet zu erhalten. Das sei insb. der Fall, wenn er – wie üblich bei Vertriebsfranchiseverträgen – die Funktion eines Großhändlers übernehme. Dann mache er mit der Einbehaltung eines Teils der Einkaufsvorteile von seinem Recht zur freien Preisbildung Gebrauch. Die Einkaufsvorteile blieben Gegenleistung für den Koordinierungsaufwand, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, das Insolvenzrisiko sowie die Gewährleistungspflicht2927. Diese Leistungen würden durch die Franchisegebühr nicht abgedeckt2928. Nach beiden Meinungsgruppen sind zunächst die vertraglichen Abreden zu prüfen, ehe 421 es auf gesetzliche Ansprüche ankommt: Enthält der Franchisevertrag (hier Apollos) die Klausel, „Vorteile … zur Erreichung optimaler Geschäftserfolge“ seien an die FN weiter zu geben, verpflichtet sie den FG in ihrer nach § 305c Abs. 2 BGB maßgeblichen kundenfreundlichsten Auslegung zur Weitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile. Die FN können dann gem. § 242 BGB Auskunft über die erzielten Einkaufsvorteile fordern2929. Gleiches gilt, 2920

BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); aA BKartA, Beschl. v. 08.05.2006 – B9-149/04, ZIP 2006, 1788. mit Anmerkung Giesler/Güntzel; hierzu Flohr BB 2007, 6 f (durch den BGH aufgehoben). 2921 Siehe die Analyse von Flohr BB 2009, 2159 ff. 2922 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.01.2008 – VI – Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324. 2923 BKartA, Beschl. v. 08.05.2006 – B9-149/04, ZIP 2006, 1788. mit Anm. Giesler/Güntzel; hierzu Flohr BB 2007, 6 ff. 2924 BGH KVR 11/97, NJW 1999, 2006, 171 (175 f) = WRP 1999, 534 ff insoweit in BGHZ 140, 342 und WuW/E DE-264 nicht abgedruckt; offen gelassen in BGH, Urt. v. 20.05.2003 – KartZR 19/02, NJW-RR 2003 1635 (1637) = WRP 2003, 1448 ff – Apollo-Optik. 2925 BGH NJW-RR 2003, 1635 (1637) – Apollo-

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Optik; Urt. v. 20.05.2003 – KartZR 27/02, WuW/E DE-R 1170 (1172) = WRP 2003, 1454 ff – Preisbindung durch Franchisegeber II; ebenso BGH, Urt. v. 22.02.2006 – VIII ZR 40/04, NJW-RR 2006, 776 (778) = WRP 2006, 595 ff – Hertz. 2926 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 2927 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 2928 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 2929 BGH, Urt. v. 20.05.2003 – KZR 19/02 (Apollo), BB 2003, 2254 (2255) = DB 2003, 2434 = WRP 2003, 1448 = MDR 2003, 1344 = NJW-RR 2003, 1635 = EWiR 2004, 67 (Emde); ebenso BGH, Urt. v. 20.05.2003 – KZR 27/02, NJW-RR 2003, 1624. Zu dem Urteil Böhner BB 2004, 119.

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falls der Vertrag die Teilnahme der FN an Einkaufskonditionen und eine Auskunftspflicht über die Sonderkonditionen vorschreibt2930. Sieht der Franchisevertrag hingegen nur eine Unterstützungspflicht bei der Bearbeitung von Verfahrensweisen hinsichtlich des Erwerbs von Material und Ausrüstung vor oder die Verpflichtung, laufend zentrale Leistungen zur Verfügung zu stellen2931, ergibt sich keine Herausgabepflicht. Bei einmaliger Auskehrung ist zur Vermeidung von Folgeansprüchen besser ein Vorbehalt zu erklären2932. Auch im Lichte der BGH-Rspr. dürfte es aber dabei bleiben, dass der FG im Rahmen 422 seiner vorvertraglichen Aufklärungspflicht hinreichend transparent über den Verbleib der Einkaufsvorteile aufzuklären hat (sonst: §§ 311, 280 BGB)2933. Die Aufklärung ist für den FN auch für seine Liquiditätsplanung wichtig2934. Die Wirksamkeit einer Aufklärung mittels AGB ist umstritten2935, dürfte aber anzunehmen sein. Spricht eine Klausel dem FN Einkaufsvorteile zu, muss sie Auskunft und Rechnungslegung ermöglichen2936. Ob es dazu genügt, die Auskunft durch einen WP testieren zu lassen, erscheint zwh.2937. Im Falle fehlender Aufklärung ist an eine Haftung aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB und ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu denken2938. Das Schweigen über den Verbleib ist Betrug, die Aufklärungspflicht ergibt sich aus dem Franchisevertrag2939. Kenntnisse einer Einkaufsvorteile verhandelnden Muttergesellschaft müsse sich der FN zurechnen lassen2940. Soweit es sich bei den kick-backs um „verdeckte Franchisegebühren“ handelt, die im 423 Franchisevertrag unerwähnt blieben, wird vertreten, der Vertrag erfülle nicht das Schriftformerfordernis des § 510 Abs. 2 BGB2941. Letzteres ist zweifelhaft. Es dürfte zwischen dem Franchisevertrag und den in seiner Ausführung geschlossenen Kaufverträgen zu unterscheiden sein. Beide stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang, da die Anzahl der zu schließenden Einzelverträge und die Höhe des Gewinns aus ihnen noch unbestimmt ist. Zudem handelt es sich bei den Rabatten nicht um essentialia des Vertrages, welche dem Schriftformerfordernis unterliegen2942.

XV. Franchisenetzwerkhaftung Diskutiert wird, ob es neben dem Franchisevertragsrecht ein Franchisenetzwerkrecht 424 gibt, aus dem sich eine zusätzliche Grundlage etwa für die Weiterleitung von Einkaufsvorteilen herleiten lässt2943. Das dürfte eher zweifelhaft sein2944. Die Beziehungen der Mitglieder eines Vertriebssystems untereinander sind nicht so eng, als dass sie zur Außen2930

BGH, Urt. v. 22.02.2006 – VIII ZR 40/04, WRP 2006, 595 = ZIP 2006, 810 = WM 2006, 923 = BB 2006, 1071 m. Anm. Flohr = NJW-RR 2006, 776 = GRUR 2006, 610. 2931 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (739) = EWiR 2007, 395 (Emde). 2932 Flohr BB 2009, 2159 (2164). 2933 Flohr BB 2006, 389 (393); Flohr BB 2007, 741 (742); Flohr BB 2009, 2159 (2163); was angesichts geringer Transparenz gegen die Wirksamkeit der von Flohr BB 2009, 2159 (2162) formulierten Klausel sprechen könnte (dort auch Ausschluss der Auskunftsansprüche). 2934 Flohr BB 2009, 2159 (2163).

2935

Befürwortend Flohr BB 2007, 6 (8). Flohr BB 2009, 2159 (2162). 2937 Dafür Flohr BB 2009, 2159 (2162). 2938 Flohr BB 2007, 6 ff. 2939 Emde VersR 2004, 1499 (1504). 2940 OLG München, Urt. v. 27.07.2006 – 23 U 5590/05, BB 2007, 14; Flohr BB 2007, 6 ff. 2941 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 137; Giesler ZIP 2004, 744. 2942 Emde BB 2005, 390 (391). 2943 Siehe Böhner BB 2004, 119; Teubner ZHR 198 (2004), 1; einschränkend Giesler ZIP 2004, 744. 2944 Gegen ein Franchisenetzwerkrecht etwa Canaris § 18 Rn 20. 2936

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wirkung gegenüber Dritten führen. Im Vordergrund steht das bilaterale Verhältnis zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler, hinter das die Beziehungen der Mitglieder des Vertriebsnetzes untereinander zurücktreten2945. Sofern bei Vertragsschluss nicht weitere Umstände vorliegen, führt allein die Tatsache, dass innerhalb eines Franchisesystems Marken oder sonstige Kennzeichen einheitlich als Bestandteil zur Bildung von weitere Bestandteile enthaltenden Firmen- oder sonstigen geschäftlichen Bezeichnungen verwendet werden, typischerweise nicht zum Handeln in fremden Namen2946 oder zur Verpflichtung des FG oder anderer FN nach Rechtsscheingrundsätzen2947. Ob eine andere Beurteilung in Betracht zu ziehen ist, wenn Unternehmen im Rahmen eines Franchisesystems unter identischen Bezeichnungen auftreten, ohne dass ersichtlich wird, ob es sich jeweils um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, könne, so der BGH, offen gelassen werden2948. Dies wird jedoch zum Teil angenommen: Eine Haftung des FG für Verbindlichkeiten des FN und damit eine Franchisenetzwerkhaftung soll, etwa unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens2949, § 278 BGB als Erfüllungsgehilfe des FN2950, gem. § 831 BGB als Verrichtungsgehilfe des FN2951 oder nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter2952 möglich sein, falls der Markenname des Franchisesystems durch gemeinsame und überregionale Werbung, Systemlogo, Symbole, Slogan, Handelsnamen und sonstige Geschäftsbezeichnungen überregionale Bedeutung gewonnen habe und die Firma des FN dahinter zurücktrete2953. Der nach § 15a GewO bekanntzugebende Firmenname trete zurück, weil er von den maßgeblichen Verkehrskreisen regelmäßig unbemerkt bleibe. Die Verpflichtung des FG ergebe sich aus den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts2954 sowie der Duldungs- und Anscheinsvollmacht2955. Eine Anfechtung der Rechtsscheinsvollmacht scheide regelmäßig aus, und zwar bereits deshalb, weil sich der FG über die Rechtswirkungen des gemeinsamen Auftritts bewusst sei: Er verpflichte die FN regelmäßig dazu, ihre Stellung als selbständige und unabhängige Unternehmen kenntlich zu machen2956. Sogar die Netzwerkhaftung der anderen Franchisebetriebe wird erwogen2957, etwa weil sie rechtsgeschäftlich mitverpflichtet werden, notfalls aus Vertrauenshaftung. Professionelle Geschäftspartner, z.B. Banken, wird die wahre Rechtslage ohnehin bekannt sein2958. Das Problem stellt sich vorwiegend in den oft wirtschaftlich weniger bedeutenden Kundenbeziehungen2959. Nicht mit der Außenhaftung zu verwechseln sind die Treupflichten unter den

2945

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Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (672). Canaris § 18 Rn 59. 2947 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813); aA Canaris § 18 Rn 60. 2948 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813). 2949 Canaris § 18 Rn 60. 2950 Canaris § 18 Rn 62. 2951 Teubner ZHR 154 (1990), 311 f; Bräutigam WM 1994, 1194; Canaris § 18 Rn 64. 2952 Canaris § 18 Rn 63. 2953 Buck-Heeb/Dieckmann DB 2008, 855 (857); Martinek/Habermeier in: Martinek/ Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 23 Rn 68; Bräutigam in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising 2003, § 13 Rn 4 f.

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Heeb/Dieckmann BB 2008, 855 (856). Heeb/Dieckmann BB 2008, 855 (858); Wolf/Ungeheuer BB 1994, 1027; Pasderski in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, 2. Aufl. 2007, Kapitel 6 Rn 27 f; Bräutigam in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising 2003, § 13 Rn 6; aA Ullmann NJW 1994, 1255 (1556). Buck-Heeb/Dieckmann BB 2008, 855 (858); Wolf/Ungeheuer BB 1994, 1027; Pasderski in: Giesler/Nauschütt Franchiserecht, 2. Aufl. 2007, Kapitel 6 Rn 27 f; Bräutigam in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising 2003, § 13 Rn 6; aA Ullmann NJW 1994, 1255 (1556). Ablehnend Canaris § 18 Rn 61. Canaris § 18 Rn 58. Canaris § 18 Rn 59.

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Vor § 84

Mitgliedern des Franchisesystems, vertikal nach oben und horizontal untereinander. Sie können gerade im Franchiserecht mit erheblichem Investitionsbedarf und angesichts des Verdikts der Einheitlichkeit, welches von allen Mitgliedern Systemtreue fordert, bestehen.

XVI. Vertragsende Franchiseverträge haben häufig eine Laufzeit von fünf bis zehn Jahren2960, damit sich 425 die Investitionen des FN amortisieren können. Die in § 89 normierten Kündigungsfristen des HV-Rechts gelten analog im Franchiserecht, sofern der FN einem HV vergleichbar in das Vertriebsystem des FG integriert ist2961. § 89 gewährt dem HV Schutzfristen, binnen derer er sich um eine neue Tätigkeit bemühen kann. Die Notwendigkeit einer solchen Umstellungsfrist besteht bei einem FN zumindest dann, wenn er seinen Geschäftsbetrieb im o.g. Sinne vertragsgemäß weitgehend auf das Vertriebskonzept des FG zuzuschneiden hat2962. Nicht selten können gegenüber dem HV-Recht längere Kündigungsfristen erforderlich sein, vor allem im Falle erheblicher Investitionen2963. So soll regelmäßig eine Mindestkündigungsfrist von zwei Jahren nicht zu unterschreiten sein2964. Demgegenüber soll die analoge Anwendung des § 89a Abs. 12965 mangels Regelungslücke seit der Einführung von § 314 BGB ausgeschlossen sein2966, was wegen der größeren Regelungsnähe des HV-Rechts zweifelhaft ist2967. Geht mit dem Franchisevertrag ein Mietvertrag über die Geschäftsräume einher, wird diskutiert, ob der FN bei einem gleichzeitig endenden Mietvertrag zu einer Nutzungsfortsetzung berechtigt ist2968. Regelmäßig wird dies nicht der Fall sein. FN oder Vertragshändler sind häufig unter der Marke oder Geschäftsbezeichnung des Vertriebssystems in Telefonbüchern und Verzeichnissen eingetragen. Diese Eintragung muss nach Vertragsende in der nächsterreichbaren Ausgabe geändert werden2969. Für die Umsetzung haftet der FN nicht, wenn seine Änderungsanweisung nicht ausgeführt wird. Der Verlag ist nicht Erfüllungshilfe des Vertriebsmittlers2970.

2960

Prasse MDR 2008, 122 (123). BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, (Emde) = WM 2003, 251; Canaris § 18 Rn 27. 2962 BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, (Emde) = WM 2003, 251. 2963 Martinek in: Martinek/Semler § 21 Rn 12 ff, 39 ff. 2964 Zu ihr Martinek in: Martinek/Semler § 19 Rn 60 ff; § 21 Rn 18 ff; BGH, Urt. v. 17.12.1998 – I ZR 106/96, NJW 1999, 1177 m. Anm. Martinek EWiR 1999, 303. 2961

2965

Giesler ZIP 2002, 420 (426); Giesler ZIP 2004, 744; aA Höpfner in: Giesler/ Nauschütt § 12 Rn 44. 2966 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294. 2967 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 322; Pfeffer NJW 1985, 1241 (1247). 2968 Eingehend Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 205 ff. 2969 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 441; Giesler WM 2001, 658. 2970 Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 441; Giesler WM 2001, 658.

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XVII. Steuerrecht 426

Von FN in einen „gemeinsamen Werbeetat“ eingezahlte und zum Bilanzstichtag noch unverbrauchte zweckgebundene Werbebeiträge zur Finanzierung der dem FG obliegenden überregionalen Werbung sind beim FG erfolgsneutral zu behandeln2971.

K. Kommissionär und Kommissionsagent 427

Mit dem Kommissionär der §§ 383 ff hat der HV gemeinsam, dass er wie jener für fremde Rechnung tätig wird. Auch ist die Weite des Branchenfeldes im Prinzip die gleiche. Die entscheidenden Unterschiede zwischen HV und Kommissionär liegen im Grundsatz darin, dass der HV an seinen Unternehmer durch Dauervertrag gebunden ist, während der Kommissionär im Einzelauftrag tätig wird2972; zum anderen: dass der HV nur vermittelt, äußerstenfalls im Namen seines Auftraggebers abschließt, also erkennbar für diesen auftritt, während der Kommissionär im eigenen Namen auftritt und abschließt (das Kommissionsgeschäft ist der Hauptanwendungsfall der sog. verdeckten Stellvertretung). Außerdem kennt das Kommissionsrecht die sog. Gelegenheitskommission eines sonst in anderen Branchen tätigen Kaufmanns, die im HV-Recht keine Entsprechung hat (der HV im Nebenberuf, § 92b, ist rechtlich und soziologisch keine vergleichbare Erscheinung). Auch hat der HV nicht das Selbsteintrittsrecht in das vermittelte Geschäft, welches dem Kommissionär nach § 400 zusteht. Die eigentliche Warenkommission wiederum ist im Inlandsgeschäft bis auf geringe Reste wie im Weinhandel, Briefmarkenhandel, Kunst- und Antiquitätenhandel verschwunden; nur im Export hat sie hier noch eine gewisse Bedeutung. Während der Kommissionär im Einzelauftrag tätig wird, ist er, wenn er zur kommis428 sionsweisen Wahrnehmung von Aufträgen im Dauerverhältnis mit seinem Auftraggeber steht, Kommissionsagent2973. Der Verkauf erfolgt dann zu den vom Unternehmer vorgegebenen Preisen. Der Kommmissionsagent ist alleiniger Vertragspartner des Kunden (Abnehmers) mit allen sich daraus ergebenden Pflichten. Nur im Innenverhältnis entlastet ihn der Unternehmer meist von allen mit der Vertragserfüllung nach außen zusammenhängenden Aufgaben, z.B. Gewährleistung, Kundendienst. Er übernimmt ferner das Risiko für Absatz, Transport, Lagerhaltung, Gewährleistung. Hierdurch gewinnt der Unternehmer einen ständig beauftragten Absatzmittler mit der Stellung eines verdeckten Stellvertreters und braucht nicht selbst in direkte Vertragsbeziehungen zu dem Kunden zu treten2974. Der Typus ist im Gesetz nicht geregelt. Da die Bindung im Dauerverhältnis ihn mit dem HV, der Modus der Interessenwahrnehmung durch Abschlüsse im eigenen Namen für fremde Rechnung mit dem Kommissionär verbindet, kommt erneut die Frage ins Spiel, wieweit in den Innenbeziehungen zum Auftraggeber HV-Recht analog anzuwenden sei2975. Das ist regelmäßig der Fall2976. Auf den Kommissionsagenten entsprechend an2971

BFH, Urt. v. 22.08.2007 – X R 59/04, DB 2008, 324. 2972 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Vor § 84 Rn 10. 2973 BGH Urt. v. 26.09.1980 – I ZR 119/78, BGHZ 79, 89 (97) = NJW 1981, 918; RGZ 69, 363 (365); Martinek ZHR 161 (1997), 67 (75); Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (112); Hopt § 84 Rn 19.

288

2974 2975 2976

Martinek ZHR 161 (1997), 67 (76). Evans-v. Krbek S. 118 ff. RGZ 69, 363 (365); RG HRR 1934, 1298; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Vor § 84 Rn 11, § 383 Rn 5; Hopt § 84 Rn 19; Schröder § 84 Rn 20; Martinek ZHR 161 (1997), 67 (76); Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (113).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

wendbar sind die §§ 852977, 862978, 86a, 86b2979, 87 Abs. 22980, § 87 Abs. 32981, 87a Abs. 32982, 87d2983, 88a, 892984, 89a2985 und 89b2986, sowie §§ 90, 90a2987, 90b2988 und 92c, nicht aber die §§ 91 und 91a sowie die sonstigen Vorschriften über die Provision und deren Abrechnung.

L. Handelsmakler Vom Handelsmäkler – zur Abgrenzung zum Zivilmakler siehe BGH DB 1982, 429 5902989 – unterscheidet sich der HV durch das Merkmal der ständigen Geschäftsvermittlung2990. „Gelegenheitsagenten“ sind daher Makler und nicht „freie Mitarbeiter“2991. Die Wortwahl ist auch hier für die Abgrenzung unmaßgeblich2992. Sind Mittler sowohl als HV wie als Handelsmäkler tätig (z.B. Exportvertreter, Linienvertreter und Schiffsmakler; Makleragent in der Versicherung2993), ist für das konkrete Einzelgeschäft zu prüfen, in welcher Funktion es vermittelt oder geschlossen wurde. Folgen ungenügender Trennung gehen im Zweifel zu Lasten des Mittlers, es sei denn, der Vertrag wurde vom Unternehmer formuliert. Neben solchen Zwillingserscheinungen gibt es Zwischenbildungen zwischen HV und Handelsmakler, bei denen von Fall zu Fall zu prüfen ist, welche Regeln aus dem Recht des einen oder des anderen zu der jeweils auftauchenden Frage die größere Sachnähe haben. Entscheidend ist allein der Tatbestand, nicht die von den Parteien verwendete Terminologie2994. Wegen seiner Treupflichten gegenüber dem Unternehmer und der unausweichbaren Pflichtenkollision ist für den konkreten Geschäftsabschluss die Tätigkeit als HV der einen Partei bei gleichzeitiger Tätigkeit als Makler für die andere Partei unzulässig2995. Handelsmakler können sich nicht auf die Rechte eines HV berufen, etwa Buchauszug oder Ausgleichsanspruch. 2977

Canaris § 16 Rn 12. Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (125 ff); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71. 2979 Canaris § 16 Rn 12. 2980 RG JW 1917, 157; Canaris § 16 Rn 7. 2981 Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 103. 2982 Canaris § 16 Rn 8. 2983 Canaris § 16 Rn 8. 2984 RGZ 69, 363 (365); Canaris § 16 Rn 9. 2985 Canaris § 16 Rn 10. § 626 Abs. 2 BGB ist auch insoweit nicht anwendbar, es gilt die für HV maßgebliche Ausschlussfrist (Canaris § 16 Rn 10). 2986 Canaris § 16 Rn 13; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Vor § 84 Rn 11; Hopt § 84 Rn 19 (wie Hopt schreibt, noch eher als beim Vertragshändler); Schröder § 84 Rn 20; wohl auch BGH BB 1964, 823. Die analogiebegründende Pflicht zur Offenlegung der Kundendaten ergibt sich zumindest aus § 384 Abs. 2 HGB (Canaris § 16 Rn 14). 2987 Canaris § 16 Rn 12. 2988 Ebenroth/Löwisch § 92b Rn 2. 2978

2989

HV, tätig für Grundstücksmakler: nicht Untermakler, da dieser typmäßig nicht zum Tätigwerden verpflichtet. 2990 Zur Abgrenzung BGH BB 1982, 1877; NJW 1992, 2818 mit Anm. Dehner NJW 1993, 2225 (mit Indizien); Hopt § 84 Rn 20. 2991 AA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 69. 2992 Hopt § 84 Rn 20. 2993 Bruck-Möller Vor § 43, 26. 2994 Siehe hierzu die Fälle OLG Bamberg MDR 1966 56 (Möbelhaus bedient sich ein und desselben Mittlers für regelmäßig wiederkehrende Abschlüsse mit der Bundeswehr, aber ohne festen Dauerauftrag: Handelsmäkler trotz Bezeichnung als HV); OLG Stuttgart BB 1959 537 (Auftrag zur Herstellung von Geschäftsverbindungen als einstweilen bloßen Rahmens für spätere Abschlüsse, mit Kontaktpflege und laufender Unterrichtung über neue Muster: Mäklervertrag). 2995 BGH Urt. v. 23.11.1973 – IV ZR 34/73, NJW 1974, 137; Hopt § 84 Rn 20; vgl. auch OLG Bamberg MDR 1966, 55; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 68.

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

M. Gerichtliche Zuständigkeit und Auslegungsfragen I. Erfüllungs- und Leistungsort sowie Gerichtsstand des Erfüllungsortes Schrifttum Mankowski Commercial Agents under European jurisdiction rules, Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 ff.

Fraglich ist, wo bei Vertriebsmittlern der Erfüllungsort ihrer Leistungspflichten liegt2996. Die Antwort auf diese Frage hat auch Bedeutung für die gerichtliche Zuständigkeit in Vertriebsmittlerstreitigkeiten, insbesondere für die häufigen internationalen HVStreitigkeiten2997. Die HV-RL regelt die Frage nicht ausdrücklich, so dass diesbezüglich klare Vorgaben 431 fehlen2998. Maßgeblich ist § 269 BGB. Leistungsort ist gemäß § 269 BGB der Ort, an dem der Schuldner die Leistungshandlung vorzunehmen hat. Er wird in der juristischen Terminologie auch als Erfüllungsort bezeichnet2999 und bestimmt sich in erster Linie nach den Parteivereinbarungen3000, sofern die Parteien als Kaufleute über den Erfüllungsort disponieren dürfen. Ohne Vereinbarung richtet er sich nach dem Gesetz. Die herrschende Ansicht verneint einen einheitlichen Erfüllungsort für die Pflichten 432 beider Parteien aus einem Vertriebsvertrag3001. Der Erfüllungsort für die Pflichten des HV und Unternehmers liegt nach dieser herrschenden Ansicht jeweils am Ort der gewerblichen Niederlassung des Schuldners zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 2, 1 BGB)3002. Insbesondere BGH NJW 1988, 9663003 lehnte einen Erfüllungsortes am Sitz des HV ab und damit auch den dort belegenen Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO. Der BGH entschied durch den seinerzeit für das Vertriebsrecht zuständigen 1. Zivilsenat, der Gerichtsstand des Erfüllungsortes für die gegen einen portugiesischen Unternehmer gerichtete Informations-, Provisions- und Ausgleichsklage liege am Sitz des Unternehmers. Sämtliche geltend gemachten Ansprüche seien dort zu erfüllen. Der Umstand, dass der Schwerpunkt der vertraglichen Beziehungen am Vertriebsort liege, reiche nicht aus, jenen Ort als einheitlichen Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen anzusehen. Auf diesen Schwerpunkt habe die Rechtsprechung lediglich bei der Frage abgestellt, welches materielle Recht nach dem hypothetischen Parteiwillen anzuwenden sei3004. Gerade in Hinblick auf den gemäß § 87c zu erteilenden Buchauszug könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Unternehmer generell die Leistung am Sitz des HV zumutbar sei. Der Unternehmer sei zur Erfüllung der Buchauszugsforderung in aller Regel auf die in seiner Niederlassung befindlichen Geschäftsunterlagen angewiesen und werde bestrebt sein, jenen Anspruch, der auch das Recht auf Einsicht in Geschäftsunterlagen einschließe (§ 87c Abs 4), an seinem Sitz zu erfüllen. Ob

430

2996

Im Einzelnen: Emde RIW 2003, 505. Analyse zum Fallmaterial bei Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 ff. 2998 Emde DStR 2009, 1478 (1485). 2999 Palandt/Heinrichs, § 269 Rn 1. 3000 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 3001 OLG Karlsruhe IPRspr 1987, 112a; LG München II IPRspr 1984, 142; Geimer 2997

290

IZPR, 3. Aufl., Rn 1494 Fn 574; Eberstein Handelsvertreter-Vertrag, 8. Aufl. 1999, S. 144 Fn 1; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 53. 3002 Hopt § 86 Rn 46. 3003 Kurze Zeit später bestätigt durch NJW 1988, 1466. 3004 BGHZ 53, 332 (337); Küstner/Thume, Außendienstrecht III, 2. Aufl. 1998, Rz. 2127 ff.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

dieser Ansicht zugestimmt werden sollte ist fraglich. Durchaus diskutiert werden könnte auch ein Einheitserfüllungsort am Sitz des Vertriebsmittlers3005. Für innereuropäische Streitigkeiten hat diese Streitfrage, weil dort i.S. des Einheitsgerichtsstandes entschieden, wegen Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO keinen hohen Stellenwert. Durchaus Bedeutung hat die wenig vertriebsmittlerfreundliche h.M. aber für internationale, aber außereuropäische Streitigkeiten.

II. Erfüllungsort für die Pflichten des Vertriebsmittlers Gemäß § 269 Abs. 1 und 2 BGB ist Erfüllungsort für die Leistungen des Vertriebs- 433 mittlers grundsätzlich der Ort seiner gewerblichen Niederlassung zur Zeit der Begründung des Mittlervertrages3006, und zwar unabhängig davon, ob dieser Ort im Vertriebsgebiet liegt3007 und wie viel der Mittler an andere Orte reist. Dies gilt insbesondere für die Herausgabe- und die Aufbewahrungspflicht und auch für den nur reisend tätigen Mittler. Sofern der Mittler keinen registerlichen Niederlassungsort oder keine gewerbliche Niederlassung hat, ist als Erfüllungsort der Ort anzusehen, an welchem er seinen geschäftlichen Mittelpunkt hat, wo er seine Geschäftsräume unterhält, wohin seine Geschäftsbriefe gehen, von wo er seine Reisen antritt und wohin er von ihnen zurückkehrt3008. Jener Ort kann gelegentlich mit dem Niederlassungsort des Unternehmers zusammenfallen, ist aber grundsätzlich davon zu separieren. Dass aus der Natur des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 1 BGB) zu folgern sei, der HV habe stets am Niederlassungsort des Unternehmers seine Vertragspflichten zu erfüllen, ist nicht anzuerkennen. Der Unternehmer setzt den HV oft gerade deshalb ein, weil er mit den Verhältnissen an dem von seinem Niederlassungsort entfernten Vertriebsort nicht vertraut ist. Insbesondere die Vermittlungs- und Abschlusspflicht ist nicht immer am Sitz der Kun- 434 den zu erfüllen. Mittels moderner Kommunikationsmedien kann der HV auch insoweit von seinem Geschäftssitz aus erfüllen, etwa unter Zuhilfenahme von Telefon, Fernkopie und E-Mail. Deshalb ist heute eher davon auszugehen, dass der HV den Schwerpunkt seiner Vermittlungstätigkeit an seinem Sitz erbringt (siehe auch § 92c Rn 52 ff). Zu einem Vertriebsvertrag zwischen einem deutschen Vertragshändler und einem 435 italienischen Hersteller entschied der Kassationshof 3009 vor Geltung der EuGVVO3010, Erfüllungsort für die Verpflichtung zur Übermittlung von Kaufaufträgen sei der Ort, an dem die Aufträge zur Kenntnis des Vertragspartners zu bringen seien (Art. 15 CISG). Werde diese Verpflichtung von einem deutschen Händler zu Gunsten einer italienischen Gesellschaft übernommen, bestehe gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die Zuständigkeit der italienischen Gerichte betreffend einen Streit über eine Kündigung, welche in Folge der Verletzung dieser Verpflichtung erklärt wird. In einer Anmerkung zum Urteil referiert Braggion3011 die Grundsätze, nach denen italienische Gerichte ihre Zuständigkeit in Vertriebsmittlerstreitigkeiten prüfen. Offenbar teilt die italienische Praxis den Standpunkt der deutschen h.M., die im Vertriebsmittlerrecht einen Einheitserfüllungsort verneint.

3005

3009

3006

3010

Emde RIW 2003, 505. OLG Hamburg HVR Nr. 1221; Hopt § 86 Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 51. 3007 Hopt § 86 Rn 46. 3008 MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene § 86 Rn 22.

3011

Urt. v. 10.03.2000, RIW 2001, 308. Auch jetzt könnte nach den Maßstäben dieses Urteils ein konkurrierender Gerichtsstand zum Einheitsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO gefunden werden. RIW 2001, 309.

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Vor § 84 436

1. Buch. Handelsstand

Für folgende Pflichten des Mittlers ist sein Sitz, mangels eines solchen sein geschäftlicher Mittelpunkt3012, bei Begründung des HV-Vertrages3013 Erfüllungsort: – Für die ihm obliegenden Pflichten3014 – Für die Hauptpflicht der Vermittlung und des Abschlusses – Für die Rückgabe von überlassenen Unterlagen nach Vertragsende oder Ablauf der Überlassungszeit3015 – Für die Rückzahlung überzahlter Provisionen – Für gegen den Vertriebsmittler gerichtete Schadenersatzzahlungen – Für die Übergabe der gemäß § 86a Abs. 1 geschuldeten Unterlagen als Hilfsmittel des HV abweichend von § 269 BGB3016 nicht der Tätigkeitsort. Die Pflicht ist eine Bringschuld des Unternehmers.

III. Erfüllungsort für die Pflichten des Unternehmers 437

Nach herrschender Ansicht liegt der Erfüllungsort für Leistungen des Unternehmers an dessen Sitz. Getrennte Erfüllungsorte für die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem HV-Vertrag bestehen daher nur, wenn aus den Umständen, namentlich aus der Natur des Schuldverhältnisses, nichts Abweichendes zu entnehmen ist (§ 269 Abs. 1 BGB). Davon ist jedoch beim Vertriebsvertrag auszugehen. Der Erfüllungsort für Pflichten des Unternehmers liegt nach herrschender Meinung beispielsweise für folgende Pflichten an seinem Sitz: – Ausgleichsanspruch3017 – Vertragsdokumentation nach § 85 – Informationspflichten nach § 86a Abs. 23018 – Auskunftspflicht nach § 87c3019 – Buchauszug3020 – Provisionszahlungspflicht3021 – Schadenersatzzahlungen des Unternehmers.

3012

3013 3014 3015

3016 3017

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 6; MünchKommHGB/von Hoyningen/ Huene § 86 Rn 22. Hopt § 86 Rn 46; MünchKomm HGB/ von Hoyningen/Huene § 86 Rn 22. Hopt § 86 Rn 46. OLG München BB 1999, 2320; Küstner/Thume I Rn 615, 624; Westphal I Rn 383; Hopt § 86a Rn 6. Küstner/Thume I Rn 615; Westphal I Rn 383. BGH NJW 1988, 966; zu dem Mangel europarechtlicher Vorgaben Emde DStR 2009, 1478 (1485). Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 33. Dieser Erfüllungsort widerspricht der allgemeinen Regel, nach der der Erfüllungsort von Auskunftspflichten an den Erfüllungsort der

292

Hauptpflicht angeknüpft wird (BGH, Urt. v. 12.06.2007 – XI ZR 290/06, ZIP 2007, 1676 (1679); BGHZ 151, 5 (9) = ZIP 2002, 1238 (1239); Urt. v. 30.09.1976 – II ZR 107/74, WM 1976, 1230 (1232). Hauptpflicht ist aber die am Sitz des HV zu erfüllende Vertriebspflicht. 3019 BGH NJW 1988, 966; OLG Celle, Urt. v. 29.11.2001 – 11 U 344/00. 3020 BGH NJW 1988, 966 (967); LG Hannover, Urt. v. 26.01.2004 – 21 O 159/03; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 45; aA wohl OLG Hamburg, Beschl. v. 05.04.2005 – 6 W 15/05, S. 4, n.v. 3021 BGH NJW 1988, 966; 1466; OLG Celle, Urt. v. 29.11.2001 – 11 U 344/00; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9; Schlegelberger/ Schröder § 87a Rn 43b.

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Vor § 84

Auch der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung dürfte am Sitz des Unternehmers auszutragen sein. Denn die Entscheidung über die Vertragsfortsetzung ist dort zu treffen. Eine Gegenansicht ist vertretbar, weil der Mittler die Hauptpflicht erfüllt und die Kündigung dem Mittler an seinem Sitz zur Kenntnis gelangen muss.

IV. Einheitserfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 lit b. EuGVVO Die VO (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel I-VO oder EuGVVO) des Rates vom 22.12.2000 438 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen3022, die seit dem 01.03.2002 in Kraft ist, hat innerhalb ihres Anwendungsbereichs – die EU – die Stellung der HV entscheidend gestärkt. Die Anwendbarkeit der EuGVVO setzt die Erfüllung der zuständigkeitsbegründenden Merkmale des Art. 2 EuGVVO voraus. Im Grundsatz ist dazu ein Sitz des Beklagten in der EU erforderlich3023. Hat der Beklagte keinen Wohnsitz innerhalb der EU, bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO nach dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedsstaates, in Deutschland also nach der ZPO. Art. 22 und 23 EuGVVO sind aber unabhängig von dem Wohnsitz der Parteien anwendbar, d.h. auch dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz außerhalb der EU hat (Art. 4 Abs. 1 EuGVVO). Besonders relevant ist Art. 23 EuGVVO über die freie Wahl des Gerichtsstandes. Gemäß Art. 5 Ziff 1 lit. a EuGVVO dürfen Personen, welche ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben, am Erfüllungsort der vertraglichen Verpflichtung verklagt werden. Nach Art. 5 Ziff 1 lit. b EuGVVO gilt als Erfüllungsort für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedsstaat, an welchem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Anders als unter Geltung des Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVÜ ist der Begriff des Erfüllungs- 439 ortes nach Art. 5 Abs. 1 lit. b VO (EG) Nr. 44/2001 autonom3024 und weit3025 anhand der vertragscharakteristischen Leistung3026 sowie der Legaldefinition der EuGVVO einzuordnen. Er ist also nicht mehr aus geltendem nationalen Rechts (in Deutschland: § 269 BGB und der dazu vertretenen oben dargestellten h.M.), sondern allein aus Sinn und Zweck der EuGVVO zu entwickeln. Dabei ist, wie der BGH3027 entschied, ein einheitlicher Erfüllungsort am Schwerpunkt des Vertrages zu bestimmen und dem Zweck der EuGVVO entgegenzukommen, alle Streitigkeiten an einem Ort zu konzentrieren. Bei einem HV-Vertrag erbringt der HV die vertragscharakteristische Leistung und Dienstleistung i.S.d. Art. 5 Nr. 1 lit. b 2. EuGVVO3028. Es kommt also darauf an, wo der HV

3022

ABl.(EG) L 12 v. 16.01.2001, S. 1. Baumbach/Hartmann ZPO, EuGVVO Übers. Rn 3; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (43). 3024 EuGH EuZW 1999, 727; BGH, Urt. v. 02.03.2006 – IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806; Musielak/Weth ZPO, 3. Aufl., VO (EG) Nr. 44/2001, Art. 5 Rn 7; Thomas/Putzo ZPO, 24. Aufl., EuGVVO, Art. 5 Rn 8. 3023

3025

BGH NJW 1994, 262; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (28). 3026 Nagel/Gottwald IZPR, 5. Aufl. 2002, § 3 Rn 49. 3027 BGH, Urt. v. 02.03.2006 – IX ZR 15/05, RIW 2006, 861 (863) zu einem Anwaltsvertrag. 3028 EuGH, Urt. v. 11.03.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 34 = EWiR 2010, 355 (Mankowski).

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1. Buch. Handelsstand

erfüllt. Der Einheitserfüllungsort soll nur maßgeblich sein, wenn der Erfüllungsort in einem anderen Staat als der allgemeine Gerichtsstand des Mittlers liegt3029. Dieser Gerichtsstand des „Dienstleistungsortes“ gilt nach der EuGVVO für alle An440 sprüche aus dem Vertrag, ungeachtet ihrer Art und der Art des Vertriebsvertrages, etwa HV-3030, Vertragshändler-3031 oder Franchisevertrag. Er gilt damit nicht nur für einen Streit um die Erbringung der Dienste selbst (beim HV: um die Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit), sondern z.B. auch um Zahlungsverpflichtungen des Unternehmers als Dienstleistungsgläubiger3032. Der Verordnungsgeber hat mithin zum Zwecke der Gerichtsstandsbestimmung einen einheitlichen Erfüllungsort für Prozesse um alle Vertragspflichten postuliert3033. Der Begriff der Dienstleistung wurde in der EuGVVO nicht definiert3034. Nach Art. 57 AEUV sind „Dienstleistungen“ solche Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, insbesondere gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeiten. Gemäß Art. 57 Abs. 2 lit. d AEUV zählen hierzu insbesondere freiberufliche Tätigkeiten. Diese Definition kann bei der Bestimmung des Begriffs „Dienstleistung“ im Sinne der EuGVVO herangezogen werden3035 und sie spricht dafür, dass Vertriebsverträge Verträge über Dienstleistungen i.d.S. sind. Insbesondere kaufmännische Tätigkeiten können Dienstleistungen i.S.d. Art. 5 Abs. 1 lit. b EuGVVO darstellen3036. Gerade Geschäftsbesorgungsverträge sind solche über Dienstleistungen3037. Als Dienstvertrag über die Geschäftsbesorgung ist deshalb der HV-Vertrag als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen einzuordnen und der HV darf sich auf den Einheitsgerichtsstand des Art. 5 Abs. 1 lit. b EuGVVO berufen3038. Angesichts dessen sowie des Umstandes, dass bei Fehlen einer Regelung das Recht am Vertriebsort gilt, ist es für deutsche Mittler bei Vertragsschluss mit einem ausländischen Unternehmer oft günstiger, auf einen schriftlichen Vertrag zu verzichten, als den vom Unternehmer

3029

Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (29); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (138). 3030 EuGH, Urt. v. 11.03.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 = EWiR 2010, 355 (Mankowski); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (29). 3031 Niebling WRP 2009, 153 (158); aA Niebling WRP 2010, 1454 (1459) für die Ansprüche aus den in Ausführung des Vertragshändlervertrages geschlossenen Kaufverträge. 3032 BT-Drucks. 534/99 v. 23.09.1999 zum Vorschlag einer Verordnung (EG) des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, S. 14; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); Musielak/Weth Art. 5 Rn 7; Thomas/ Putzo Art. 5 Rn 10; zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ bei Arbeitsverträgen auch EuGH, NJW 2003, 2224. 3033 BGH, Urt. v. 02.03.2006 – IX ZR 15/05,

294

NJW 2006, 1806; ÖstOGH v. 02.09.2003, JBl 2004, 186 (187); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (139); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (29). 3034 BGH, Urt. v. 02.03.2006 – IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806. 3035 BGH, Urt. v. 02.03.2006 – VIIII ZR 15/05, NJW 2006, 1806; OLG Düsseldorf; Hinweisbeschl. v. 26.07.2007 – 16 U 203/06, Beck RS 2007, 13992; BGH NJW 2006, 1806; OLG Saarbrücken NJOZ 2007, 709 (713). 3036 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); Thomas/Putzo Art. 5 EuGVVO, Rn 8; Musielak/Weth Art. 5 Rn 7. 3037 Nagel/Gottwald IZPR, 5. Aufl. 2002, § 3 Rn 48. 3038 OLG Düsseldorf; Hinweisbeschl. v. 26.07.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992 (aA Vorinstanz LG Düsseldorf, Urt. v. 26.09.2006 – 14c 236/05); OLG Saarbrücken, NJOZ 2007, 709 (713); Emde RIW 2003, 505.

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gestellten schriftlichen Vertrag zu akzeptieren, welcher meist dem Recht und Gerichtsstand am Sitz des Unternehmers unterstellt wird. Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist auch anwendbar, falls mit der Klage gleichzeitig meh- 441 rere Ansprüche, etwa Informations- und Ausgleichsansprüche in Form der Stufenklage, geltend gemacht werden3039. Das geschieht häufig, denn die Buchauszugsklage wird meist – schon zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung – als Stufenklage (§ 254 ZPO) erhoben, verbunden mit einer Provisions- oder Ausgleichsklage3040. Durch den Einheitsgerichtsstand soll eine Konzentration aller Streitigkeiten aus einem 442 Vertrag bei dem Gericht des Erfüllungsortes erreicht werden, was deshalb sinnvoll ist, weil selbst Auseinandersetzungen über Nebenpunkte regelmäßig aus Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung der Hauptleistung resultieren3041. Auch Informations-, Provisions- und Ausgleichsklagen3042 können am Ort der Dienstleistung im Einheitsgerichtsstand erhoben werden3043; ebenso Klagen aus einem Vergleich zwischen den Parteien3044. Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist schwer zu bestimmen, wenn der 443 HV nach dem Vertrag in mehreren Staaten tätig sein soll. Hier gibt es vier Lösungsmöglichkeiten3045: 1. Die erste Möglichkeit ist, nach einem relativen Schwerpunkt, also nach dem relativ gewichtigsten Tätigkeitsort zu suchen3046. Dies ist grundsätzlich der Ort, zu dem der Streitgegenstand die engste Verknüpfung aufweist3047. Das ist die Ansicht des EuGH3048 sowie des BGH3049 (die allerdings nicht den unten favorisierten 4. Lösungsweg als Vermutung ausschließt). Maßgeblich ist nach dem EuGH der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung, welche nach dem Vertragsinhalt zu bestimmen ist3050. Kann der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nicht anhand des Vertrags ermittelt werden, weil er entweder mehrere Erbringungsorte oder ausdrücklich

3039

Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 5 Rn 10. Westphal I Rn 1338; Martinek/Flohr § 9 Rn 17; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 50. 3041 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); Musielak/Weth Art. 5 Rn 7. 3042 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (30) m. Nachw. zur ausländischen Rspr. 3043 Emde RIW 2003, 505 (508); obiter LG Köln, Urt. v. 19.09.2002 – 83 O 53/01, S. 8, n.rkr. (unveröffentlicht); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (137) m.w.N.; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (30); Hollander TBH 2000, 175 (178). 3044 OLG Koblenz, Urt. v. 13.03.2008 – 6 U 747/08; IHR 2008, 198 (200); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (31). 3045 Eingehend Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (31 ff); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, 3040

Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 139 ff. 3046 OLG Koblenz, Urt. v. 13.03.2008 – 6 U 747/08; IHR 2008, 198; OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 223; OLG Düsseldorf; Hinweisbeschl. v. 26.07.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992; Magnus IHR 2002, 45 (49); Niebling WRP 2009, 153 (158); Gottwald in: Münchener Kommentar zur ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn 8; Geimer/Schütze, Art. 5 EuGVVO Rn 87. 3047 OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 26.07.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992; BGH NJW 2006, 1806; OLG Saarbrücken NJOZ 2007, 709 (713). 3048 EuGH, Urt. v. 11.03.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 33 = EWiR 2010, 355 (Mankowski): Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung. 3049 BGH, Urt. v. 02.03.2006 – IX ZR 15/05, RIW 2006, 861 (863) zu einem Anwaltsvertrag. 3050 EuGH, Urt. v. 11.03.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 38 = EWiR 2010, 355 (Mankowski).

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1. Buch. Handelsstand

gar keinen bestimmten Erbringungsort vorsieht, hat der HV aber bereits solche Leistungen erbracht, so ist hilfsweise der Ort heranzuziehen, an dem er seine Tätigkeiten zur Erfüllung des Vertrags tatsächlich überwiegend vorgenommen hat, vorausgesetzt, die Erbringung der Dienstleistungen an diesem Ort widerspricht nicht dem Parteiwillen, wie er sich aus den Vertragsbestimmungen ergibt. Dabei können tatsächliche Aspekte, insb. die an diesen Orten aufgewendete Zeit und die Bedeutung der dort ausgeübten Tätigkeit, berücksichtigt werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der ihm vorgelegten Beweismittel über seine Zuständigkeit zu befinden3051. Lässt sich auf diese Weise kein Schwerpunkt ermitteln, ist nach dem EuGH gemäß Ziff. 4 zu verfahren. Die hier zu Ziff. 1 wiedergegebene Ansicht führt zu schwierigen Abwägungsproblemen3052 und Gewichtungsfragen (insbesondere bei der Bestimmung des Maßstabes (Einkaufs- oder Verkaufspreis [welcher Kunden?], Umsatz oder Provision3053, Arbeitszeit3054, sowie bei Beteiligung mehrerer Länder)3055. Richtigerweise dürfte auf den Ort abzustellen sein, an welchem die meisten Vermittlungstätigkeiten (Organisations-, Betreuungs- und Abwicklungstätigkeiten3056) erbracht werden, also die Niederlassung des HV3057. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich jedoch auch bei anderen Lösungswegen. 2. Die nächste Variante besteht darin, jeden Tätigkeitsort für relevant zu halten (wobei auf die Vermittlungshandlungen aus dem Vermittlervertrag, und nicht auf die Erfüllungshandlungen des Kundengeschäfts abzustellen ist3058) und zum Erfüllungsort zu erheben. Damit multiplizieren sich jedoch die Gerichtsorte3059; ein unbedeutender Erfüllungsort könnte zum Gerichtsstand werden3060. Eine Untergruppe sieht dieses Forum nicht als Einheitsgerichtsstand für alle Ansprüche aus dem Vertrag, sondern nur für die am Gerichtsort erfüllten3061. Aber die Rechtsstreitigkeiten könnten zu divergierenden Ergebnissen führen; die Abgrenzung der Vergütungs- und Ausgleichsbeiträge ist kaum handhabbar3062. Eine einheitliche Billigkeitsabwägung scheidet aus, das Billigkeitsergebnis könnte verfälscht werden. Die Lösung wäre ferner unter dem Aspekt des Einheitsgerichtsstands konzeptwidrig3063.

3051

EuGH, Urt. v. 11.03.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 40 = EWiR 2010, 355 (Mankowski). 3052 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 139. 3053 Ablehnend Mankowski EWiR 2010, 356. 3054 Dafür Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (33) jedoch mit Hinweis auf den zweifelhaften Beweiswert der Aufzeichnungen des Mittlers (S. 34). 3055 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (33). 3056 Mankowski EWiR 2010, 356. 3057 Mankowski EWiR 2010, 356. 3058 Vgl. Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (44). 3059 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 140.

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3060

Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (35). 3061 Mumelter Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im Europäischen Zivilprozeßrecht, Wien/Graz 2007, 175; Czernich in: Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, Wien 2003, Art. 5 EuGVVO Rn 15; weitere Nachweise bei Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (38). 3062 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (39). 3063 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 140; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (35).

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Vor § 84

3. Man könnte auch die Ermittelbarkeit des Erfüllungsortes verneinen3064 und über lit. c auf lit. a des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO zurückfallen. Damit gäbe man den Einheitsgerichtsstand auf3065. 4. Die vierte Variante läuft auf eine Vermutung hinaus. Unter ihr würde man den Erfüllungsort der Leistung vermutungsweise mit der (Haupt)Niederlassung des HV bzw. bei Einzelpersonen mit deren gewöhnlichem Aufenthaltsort gleichsetzen3066. Der EuGH3067 stellt auf den Wohnort ab, sachgerechter ist der Geschäfts- oder Niederlassungsort. Meist dürften beide Orte identisch sein. Immerhin dürfte dort ein großer Teil der organisatorischen Arbeit samt Aktenführung, Vertragsbearbeitung, -registrierung und -meldung an den Prinzipal erfolgen3068. Diese Vermutung ist sachgerecht und verhilft auf einfachem Wege zu einem leicht zu bestimmenden Einheitsgerichtsstand. Die Vermutung ist jedoch widerleglich3069. Richtig dürfte damit folgendes sein: In erster Linie ist gem. Ziff. 1 auf den Vertrags- 444 inhalt abzustellen. Hilft der Vertrag nicht weiter, so gilt: Da der HV den Schwerpunkt seiner Dienstleistung am Sitz seiner Niederlassung erbringt, liegt dort regelmäßig der Tätigkeitsort der Dienstleistung, also der Erfüllungsort. Nur ausnahmsweise kann der von der Niederlassung abweichende Vertriebsort die Tätigkeit des HV so prägen, dass allein auf ihn abzustellen ist, etwa bei fehlender Niederlassung. Insoweit kann auf die in § 92c Rn 52 ff wiedergegebene Diskussion zum Schwerpunkt der Tätigkeit i.S.d. Art. 28 EGBGB verwiesen werden. Fraglich ist, wie vorgegangen werden muss, wenn eine Partei die Existenz eines Ver- 445 triebsvertrages – ggf. mit Gerichtsstandsklausel – behauptet und die andere Partei dessen Existenz verneint. Meist wird die Frage nicht erheblich. Denn der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist lediglich ein konkurrierender, der – meist dem klagenden HV – einen zusätzlichen Gerichtsstand3070 gibt, ohne andere Gerichtsstände auszuschließen. Dass es sich bei Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO nur um einen konkurrierenden Gerichtsstand handelt, zeigt die Formulierung „sofern nichts anderes vereinbart ist“, zudem der Umkehrschluss aus Artt. 13, 17 und 22 EuGVVO. Wäre man aA dürfte auch eine Gerichtsstandsvereinbarung an Art. 23 Abs. 5 EuGVVO scheitern. Der klagende HV kann also an seinem Heimatgerichtsstand klagen. Einer eventuellen auf einen anderen Gerichtsstand gestützten negativen Feststellungsklage des Unternehmers steht dann der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen3071. Das Problem kann wie folgt gelöst werden: Eine Möglichkeit wäre es, nach der Theorie zum doppelrelevanten Vor3064

Dahingend Leiple in: Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 5 Brüssel I-VO Rn 55. 3065 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 140; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (36, 39). 3066 Magnus/Mankowski Brussels I Regulation, 2006, Art. 5 Brussels I Regulation Rn 121; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 141. 3067 EuGH, Urt. v. 11.03.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 42 = EWIR 2010, 355 (Mankowski).

3068

Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 141; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (41). 3069 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 142. 3070 Zöller/Geimer ZPO, Art 5 EuGVVO Rn 1; Baumbach/Albers, ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn 1. 3071 Im Anwendungsbereich der EuGVVO betreffen negative Feststellungsklage und korrespondierende Leistungsklage denselben Streitgegenstand.

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trag3072 vom Vortrag des Klägers auszugehen. Dagegen spricht, dass der Kläger im Rahmen einer negativen Feststellungsklage des den Vertriebsvertrag leugnenden Unternehmers so behandelt würde, als sei der Vertrag existent. Andererseits kann es bei Nichtanwendung zu einem schwer erklärbaren Auseinanderfallen der Beweislast zwischen Zulässigkeit und Begründetheit kommen und der den Vertrag verneinende negative Feststellungskläger müsste im Rahmen der Zulässigkeit die Nichtexistenz des Vertrages beweisen, was faktisch unmöglich ist. Würde man die Grundsätze zum doppelrelevanten Vortrag anwenden, müsste Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ausgeblendet werden, wenn der Kläger die Existenz des Vertrages verneint. Ein deutscher Unternehmer könnte z.B. in Deutschland auf Feststellung klagen, dass ein ausländischer HV-Vertrag nicht existiert3073. Würde dementsprechend Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO nicht angewandt, wären die Gedanken anwendbar, welche das LG Trier3074 entwickelt hat: die negative Feststellungsklage kann nach Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO in Fällen, in denen das Vorhandensein des Vertrags selbst im Streit steht, an jedem Ort erhoben werden, an dem die Vertragspflichten möglicherweise zu erfüllen wären. Dabei genüge es, wenn gute Gründe dafür sprächen, dass jedenfalls ein Teil der Vertragspflichten auch an dem im Bezirk des angerufenen Gerichts liegenden Sitz der Klägerin zu erfüllen würde3075. Eine vom BGH grundsätzlich befürwortete Suche nach einem Einheitsgerichtsstand3076 kann in dieser Situation nicht problemlos erfolgen, denn die Existenz des Vertrages selbst ist strittig. Es muss zunächst nach einem Forum gefahndet werden, in dem der Streit um das Bestehen des Vertrages ausgetragen wird.

446

Zwischenergebnis: Nach der EuGVVO besteht ein Einheitserfüllungsort und damit -gerichtsstand für alle Streitigkeiten am Erfüllungsort der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit des HV.

V. Einheitserfüllungsort und -gerichtsstand außerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO? 447

Die eigentlich als rein prozessuale Regel entstandene Legaldefinition des Art. 5 Abs. 1 EuGVVO könnte auch außerhalb ihres Anwendungsbereiches eine generelle, materiellrechtliche Regel bilden. Grundsätzlich bestimmt sich sowohl bei innerdeutschen Streitigkeiten wie auch bei 448 internationalen Vertriebsmittlerstreitigkeiten der Gerichtsstand nach den §§ 12 ff ZPO. Zur Sonderzuständigkeit nach der EuGVVO Rn 438 ff. Vertriebsmittler suchten schon unter der Geltung des LugÜ/EuGVÜ bei Klagen gegen Unternehmer einen Heimatgerichtsstand. Der allgemeine Gerichtsstand des § 12 ZPO, Art. 2 Abs. 1 LugÜ/EuGVÜ des Unternehmers lag an dessen ggf. ausländischem Sitz. Er half also nicht. Der nur bei

3072

Hierzu OLG Celle, Beschl. v. 04.06.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177; KG Berlin KGR Berlin 2001, 128; Gottwald in: MünchKomm ZPO, 2. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rn 45. 3073 So der Fall des LG Trier, Urt. v. 17.10.2002 – 7 HKO 140/01, NJW-RR 2003, 287. 3074 LG Trier, Urt. v. 17.10.2002 – 7 HKO 140/01, NJW-RR 2003, 287.

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3075

Court of Appeal, Entscheidung vom 19.03./02.04.1986 in Sachen Boss Group Ltd. v. Boss France S.A., All England law reports (1996) 4. All ER. 3076 Dahin tendierenden Magnus IHR 2002, 45, 49; Gottwald in: Münchener Kommentar zur ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn 8; Geimer/Schütze Art. 5 EuGVVO Rn 87.

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Auslandssachverhalten relevante, jedoch auch dort nur selten eingreifende Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO)3077 war ebenfalls nur von geringem Wert. Bei Streitigkeiten innerhalb der EU blieb er unanwendbar. Gerade in den USA sind Urteile, welche in diesem Gerichtsstand erstritten wurden, kaum anerkennungsfähig. Vollstreckt werden können sie damit nur außerhalb der USA und vor allem in Deutschland, was voraussetzt, dass hier vollstreckungsfähiges Vermögen existiert oder bekannt ist. Der Sitz der eigenen Agentur oder eines anderen Vertriebsmittlers des Prinzipals wird nicht als Gerichtsstand der Niederlassung (§ 21 Abs. 1 ZPO, Art. 5 Nr. 5 EuGVVO/LugÜ) anerkannt3078, weil es an der Aufsicht und Leitung durch den Unternehmer fehlen soll3079. Der HV mag im Außenverhältnis zu Kunden Niederlassung des Prinzipals sein und den Kunden so einen zusätzlichen Gerichtsstand gegen den Prinzipal eröffnen3080. Dies heißt aber nicht, dass seine eigene Tätigkeit ihm im Innenverhältnis zum Prinzipal einen Niederlassungsgerichtsstand gegen den Prinzipal eröffnete, weil er selber die Niederlassung (= Organisationsteil) des Prinzipals wäre3081. Der HV kann aber gemäß Art. 5 EuGVVO/LugÜ seinen ausländischen Unternehmer auf Zahlung von Provision, Ausgleich u.a. vor dem Gericht des Ortes in Anspruch nehmen, an dem sich das inländische Vertriebsbüro des Unternehmers befindet, wenn der HV Bestellungen über dieses Vertriebsbüro abwickelt3082. Vertragshändler oder HV begründen auch keine in einem Staat belegene Niederlassung des Unternehmers i.S.d. UN-Kaufrechts3083. Außer an den Gerichtsstand der Widerklage, der eine bereits in Deutschland rechts- 449 hängige Klage des Unternehmers gegen den HV voraussetzte, war deshalb nur an den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO, Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVÜ3084 zu denken. Der Erfüllungsort bestimmte sich sowohl nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVÜ wie nach § 29 ZPO gemäß den Regeln des materiellen Rechts, welches nach dem IPR des jeweiligen Forums auf das Vertragsverhältnis anzuwenden war3085. War deutsches Recht Sachrecht, galt § 269 BGB. Der Gerichtsstand des Erfüllungsort nach § 29 ZPO rechtfertigt sich aus der Sach- 450 nähe des Gerichts am Ort der Leistungshandlung3086. Ein Gerichtsstand am Leistungsort ist sachnah, wenn die betreffende Leistung dem Vertrag ihren prägenden Charakter gibt.

3077

Zu einem solchen Fall OLG München, Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). 3078 EuGH NJW 1977, 490 (491); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (142); Zöller/Vollkommer, 23 Aufl., § 21 Rn 9; Baumbach/Hartmann ZPO, 61. Aufl., § 22 Rn 9; Art. 5 EuGVÜ Rn 22; Putzo in: Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 21 Rn 2. 3079 EuGH NJW 1977, 490 (491). 3080 Mankowski RIW 1996, 1001 (1005); Gottwald in: Münchner Kommentar zur ZPO, IZPR, Art. 5 EuGVÜ Rn 52; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 142. 3081 Emde RIW 2003, 505 ff; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 142.

3082

OLG München RIW 1999, 872 = EWiR 1999, 1119 (Emde). 3083 Piltz NJW 2003, 2056 (2058); United States District Court for the Northern District of California, San Jose Division, Urt. v. 27.07.2001; OLG Köln, Urt. v. 13.11.2001, beide CISG-Pace; vgl. auch OLG Stuttgart, IHR 2001, 65. 3084 BGH NJW 1988, 966 = ZIP 1988, 436, dazu EWiR 1988, 489 (v. HoyningenHuene), Westphal Vertriebsrecht I, 1998, Rn 1330, 1355; Niebling Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 343. 3085 EuGH NJW 2000, 719; Baumbach/Albers ZPO, Art. 5 EuGVÜ Rn 8; zu dem anwendbaren Recht bei HV-Verträgen Emde MDR 2002, 190. 3086 LG Kiel NJW 1989, 841; Baumbach/Hartmann § 29 Rn 2.

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Nach h.M. ergibt sich allerdings nicht nur nach deutschem Recht (§§ 269 BGB, 29 ZPO) sondern ferner im Anwendungsbereich des LugÜ3087 gemäß Art. 5 Nr. 1 Hs. 1 LugÜ/ EuGVÜ eine doppelte Abweichung von den Regelungen der EuGVVO3088: Zum einen ist der Erfüllungsortsgerichtsstand kein Einheitsgerichtsstand für alle Ansprüche aus dem Vertrag. Vielmehr bezieht er sich nur auf die einzelne streitgegenständliche Verpflichtung. Zum anderen ist der Erfüllungsort nicht übereinkommensautonom nach Maßgabe eines eigenständigen prozessualen Erfüllungsortsbegriffs zu ermitteln, sondern unter Anlehnung an das in der Sache anwendbare materielle Recht und unter Zwischenschaltung des IPR des Forums nach Maßgabe der materiellen lex causae. Verortet diese den Erfüllungsort am Ort der Niederlassung oder am Sitz des Schuldners (wie z.B. § 269 Abs. 1 BGB), so ist seine Zahlungsklage auf Provision oder Ausgleich am Sitz des Unternehmers zu erheben3089, ein für den Mittler ungünstiger Gerichtsstand3090. Bereits unter der EuGVO hatte der EuGH allerdings entschieden, dass ein gegen den HV gerichteter Anspruch auf Zahlung von Provisionen auf Grund eines HV-Vertrages und auf Zahlung von Schadensersatz wegen missbräuchlicher Auflösung eines solchen Vertrags im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist am Sitz des HV als Erfüllungsort zu erheben war3091. Die starke europarechtliche Präformation des HV-Rechts durch die HV-RL 1986, die 451 es auch gegenüber anderen europarechtlichen Einflüssen offen lässt, spricht auch nach materiellem Recht, nämlich gemäß § 269 BGB, dafür, die werbende und vertragscharakteristische Tätigkeit des HV, die unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe gemäß Art. 28 EGBGB zur Anwendung des Rechts am Sitz des HV führt3092, als vertragsprägend anzusehen. Sie prägt den Vertrag und gibt der Vermittlung ihr vertragscharakteristisches Bild3093. Der Unternehmer erbringt jedenfalls im HV-Bereich allenfalls unterstützende Tätigkeiten. Das werbende und vermittelnde Element formt den Vertrag so sehr, dass dies im Sinne einer Schwerpunktbetrachtung für einen grundsätzlichen Einheitserfüllungsort am Tätigkeitsort, regelmäßig dem Sitz des Mittlers, spricht3094. Die h.M. ist bislang anderer Ansicht. Andere Rechtsordnungen, etwa die französische3095, sind in HV-Sachen wenig zu452 rückhaltend in der Annahme eines einheitlichen Erfüllungsorts. Entsprechend nimmt

3087

Das Lugano-Übereinkommen entspricht weitgehend dem EuGVÜ in der Fassung des 3. Beitrittsübereinkommens, insbesondere auch dessen Art. 17. 3088 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (42 f). 3089 BGH, Urt. v. 22.10.1987, NJW 1988, 966; Emde RIW 2003, 505, 507; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 143. 3090 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (43). 3091 EuGH, Urt. v. 08.03.1988 – Rs. 9/87, „Arcado/Haviland“, EuGHE 1988, 1539. 3092 BGH NJW 1993, 2753 (2754); BGHZ 127, 368 (371) = NJW 1995, 318 (319); Hermes RIW 1999, 81 (85); Palandt/Heldrich Art. 28 EGBGB Rn 15; MünchKommBGB/

300

Martiny, Art. 28 EGBGB Rn 158; Küstner/Thume I Rn 2441; Martinek/Oechsler § 55 Rn 18; Westphal I Rn 25; Ebenroth/ Lange Anh. § 92c Rn 21; Hopt § 92c Rn 2; Soergel/von Hoffmann Art. 28 Rn 258, 265; Erman/Hohloch Art. 28 Rn 53; Reithmann/Kartzke Rn 1435; Kindler RIW 1990, 358 (363). 3093 Vgl. Einsiedler NJW 2001, 1549, der selbst allerdings aA ist. 3094 Emde RIW 2003, 505 (509 ff); Niebling WRP 2009, 153 (158). 3095 Storp RIW 1999, 823/824. Anders aber offensichtlich die italienische Praxis, die die Erfüllungsorte wie die deutsche separiert, siehe Braggion RIW 2001, 309 ff sowie das von ihm besprochene Urteil des Kassationshofes v. 03.04.2000, RIW 2001, 308.

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auch das deutsche Recht zunehmend3096 einen Einheitserfüllungsort an, z.B. beim Arbeits-3097, Dienst-3098, Werk-3099 oder Architektenvertrag3100. Dem Bauherrn wird ein Einheitserfüllungsort für alle Verpflichtungen aus dem Bauvertrag am Ort, an welchem das Bauwerk errichtet wird3101, dem Architekten am Ort seines Büros für Ansprüche aus der Planungsphase3102, dem Arbeiter einheitlich am Ort der Arbeitsleistung3103, dem Verbraucher beim Vertrag über den Bezug von Strom am Ort der Energieabnahme3104 und – besonders vertriebsmittlernah – dem reisenden und angestellten Außendienstmitarbeiter an seinem Wohnsitz3105 zugebilligt. Mit diesen Vertragstypen lässt sich der Mittlervertrag vergleichen. Er ist ein Dienstvertrag, häufig – vor allem bei Einfirmenvertretern und in der Versicherungsvermittlung – mit arbeitsvertraglichen Anklängen. Nicht umsonst ist die Statusfrage vielfach Gegenstand der Diskussion3106. Auch der Vergleich mit dem Werkvertrag ist nicht fernliegend. Zwar schuldet der HV – anders als der Werkunternehmer – keinen Erfolg. jedoch hat er ein leicht erkennbares Interesse an einem solchen. Denn schließlich hängt regelmäßig seine Provision von dem Vermittlungserfolg ab (§ 87 Abs. 1 S. 1). Dieses Ergebnis ist auch bei der Bestimmung des Gerichtsortes sachgerecht: Handelt 453 es sich wie bei Ausgleich, Provision oder den Informationspflichten des § 87c um Ansprüche, deren Inhalt durch die Umstände am Vertriebsort bestimmt werden, muss dort prozessiert werden. Provision ist nur zu leisten, wenn Geschäfte am Vertriebsort geschlossen (§ 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2) oder Folgegeschäfte getätigt wurden (§ 87 Abs. 1 S. 2). Für die Zahlung des Ausgleichs sind neugeworbene Stammkunden oder erweiterte Altkunden im Vertriebsgebiet nachzuweisen. Auch bei den Informationsansprüchen des § 87c geht es um die Umstände am Vertriebsort, zudem sind die Rechte des § 87c bloß untergeordnete Hilfsrechte3107, die zudem bei Entfallen des Hauptrechts, meist des Provisionsanspruches, erlöschen3108. In allen Fällen geht es letztlich um die Verhältnisse am Tätigkeitsort. Nur ein dort situiertes Gericht liegt sachnah. Die Argumentation des BGH3109, jedenfalls die Informationspflichten des § 87c und 454 damit auch Ausgleichs- und Provisionsanspruch seien am Sitz des Unternehmers zu erfüllen, überzeugt nicht. Bereits der Ausgangspunkt ist falsch. Bis auf das Bucheinsichtsrecht sind die Informationsrechte des § 87c am Sitz des HV zu erfüllen. Zudem: Der Hinweis des BGH auf den Erfüllungsort der Informationspflicht ist nur Argument gegen einen am Sitz des HV belegenen Erfüllungsort für die Informationsansprüche. Warum der Ausgleich nicht am Sitz des HV gefordert werden darf, erklärt dieser Begründungsansatz

3096

Vgl. Palandt/Heinrichs § 269 Rz. 12: die Rechtsprechung tendiere zu einem Einheitserfüllungsort; zweifelnd Prechtel MDR 2001, 591 (592). 3097 Baumbach/Hartmann § 29 Rn 19. 3098 Baumbach/Hartmann § 29 Rn 21. 3099 OLG Celle NJW 1990, 777; Baumbach/Hartmann § 29 Rn 33. 3100 BGH, Urt. v. 07.12.2000 – VII ZR 404/99, NJW 2001, 1936. 3101 BGH NJW 1986, 935; BayObLG, 83, 64; Putzo in: Thomas/Putzo, § 29 Rn 6. 3102 LG München II NJW-RR 1993, 212; Putzo in: Thomas/Putzo, § 29 Rn 6; aA LG Tübingen MDR 1995, 1208. 3103 Thomas/Putzo § 29 Rn 6.

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Thomas/Putzo § 29 Rn 6; Riemer Recht der Elektrizitätswirtschaft, 1989, 242. Thomas/Putzo § 29 Rn 6; Schulz NZA 1995, 14; aA ArbG Regensburg NZA 1995, 96. Siehe Emde VersR 1999, 1464 ff; 2001, 148 ff; 2002, 151 ff. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 17; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4. Martinek/Flohr § 9 Rn 17; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 18; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4, 49; Palandt/Heinrichs § 261 Rn 25. BGH NJW 1988, 966.

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nicht. Es ist nicht verständlich, weshalb ein einzelner aus dem Gesamtvertrag hergeleiteter Anspruch den Gerichtsstand am Sitz des Herstellers nahelegt, und nicht umgekehrt der Schwerpunkt der Vertragsausführung einen Einheitsgerichtsstand an diesem Schwerpunkt. Bei Verträgen, die kein normiertes Informationsrecht kennen, dürfen aus §§ 242, 259, 260 BGB Auskünfte gefordert werden3110, ohne dass dieser Gesichtspunkt je gegen den Einheitserfüllungsort sprach. Die wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des Mittlers sollte zudem bei der Wahl des 455 Gerichtsstandes berücksichtigt werden. Typischerweise schutzbedürftig ist der Mittler, nicht der Unternehmer. Denn er ist meist die klagende Partei, sei es zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche auf Provision und Ausgleich oder seiner Kontrollrechte nach § 87c. Eine Klage fern dem Vertriebsort ist für ihn jedoch wirtschaftlich und tatsächlich unsinnig. Wirtschaftlich unsinnig ist sie, weil ausländische Verfahrensordnungen vielfach keine Kostenerstattung kennen. In den Vereinigten Staaten sind Prozesskosten von € 50.000 bei einer einfachen Ausgleichsklage schnell erreicht und sie erhöhen sich durch Übersetzungs- und Gutachterkosten. Dies schreckt die wirtschaftlich schwächeren3111 Vertriebsmittler ab und hindert sie entgegen dem in der zwingenden Natur des Ausgleichs sichtbar gewordenen Schutzgehalt des materiellen Rechts an der Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche, gerade in der finanziell schwächeren Zeit nach Vertragsende (Ausgleichsklage)3112. Dies wissen Unternehmer genau. Die Vertragshändlern gewiesene theoretische Möglichkeit, durch Nichtzahlung von Rechnungen auf Warenlieferungen im Wege der „Selbstjustiz“ eine Aufrechnungslage herzustellen, welche es ermöglicht, nach Vertragsende und dann eintretender Fälligkeit mit dem Ausgleich aufzurechnen, scheidet bei HV aus. Tatsächlich unsinnig ist die Klage am Sitz des Unternehmers, weil sämtliche Beweismittel am Ort der Niederlassung des Mittlers liegen und weiter dessen Recht anzuwenden wäre. Die etwa für die Berechnung des Ausgleichs maßgeblichen Dokumente, z.B. Kundenlisten, sind in der Sprache des Vertriebsorts gefasst, ebenso wie die Korrespondenz mit Abnehmern. Am ausländischen Gerichtsort wären sie teuer zu übersetzen. Ohne Abwahl gilt wegen der Sachnähe das Recht am Ort der Niederlassung des Mittlers (Art. 4 Rom I VO; Art. 28 EGBGB, § 92c Rn 52 ff), d.h. bei einem deutschen Mittler deutsches Recht3113. Die durch den Unternehmer gezahlte Vergütung ist zu wenig aussagekräftig, um sie als charakteristisch und rechtsprägend anzusehen3114. Ein ausländisches Gericht müsste also wenig übersichtliches deutsches Provisions- oder Ausgleichsrecht anwenden und wahrscheinlich kostenintensiv durch Gutachten ermitteln. Eine deutsches Recht fortbildende Entscheidung ist nicht zu erwarten3115, erst recht nicht zur komplexen Materie des Ausgleichsanspruchs, des Provisionsrechts der §§ 87 ff oder der Informationsansprüche nach § 87c. Die HV sind zudem mit den Kosten zweier Anwälte belastet, 3110 3111 3112

3113

Vgl. Palandt/Heinrichs § 261 Rn 8. AA Freitag/Leible RIW 2001, 287. Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009) 818 (836); gegen diese Berücksichtigung im Schiedsverfahren Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 ff. BGHZ 53, 332 (337); BGH NJW 1993, 2753 (2754); BGHZ 127, 368 (371) = NJW 1995, 318 (319); Hermes RIW 1999, 81 (85); Palandt/Heldrich Art. 28 EGBGB Rn 15; MünchKommBGB/Martiny Art. 28 EGBGB Rn 158; Küstner/Thume I Rn 2441; Küstner/Thume Außendienstrecht

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III, 2. Aufl. 1998, Rn 2127 ff; Martinek/ Oechsler § 55 Rn 18; Westphal I Rn 25; Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 21; Hopt § 92c Rn 2; Soergel/von Hoffmann Art. 28 Rn 258, 265; Erman/Hohloch Art. 28 Rn 53; Reithmann/Kartzke Rn 1435; Kindler RIW 1990, 358 (363). Kindler RIW 1987, 660 (662); Westphal I Rn 25; Martinek/Oechsler § 55 Rn 18; Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 21. Was aber neben der Auflösung der individuellen Streitigkeit Gerichtsaufgabe ist.

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nämlich den Kosten des zum materiellen Recht vortragenden Anwalts am Vertriebsort und eines das Verfahren führenden am Prozessort. Wenn prozesskonomische Gründe die Wahl des zuständigen Gerichts beeinflussen3116, streitet dies für den Gerichtsstand Deutschland3117. Forum und anwendbares Recht sollten einhergehen. Hinzu tritt als verständliche psychologische Komponente die Furcht vor einem aus- 456 ländischen Prozess. Sie trifft den HV härter als den Unternehmer. Der Unternehmer hat sich für den Vertrieb seiner Produkte auf den fremden Markt begeben und sich damit den lokalen Usancen und Gesetzen unterstellt. Dem HV dagegen mangelt diese internationale Erfahrung, da er den heimischen Markt bearbeitet und ihm zudem erfahrungsgemäß die wirtschaftliche Kraft zur Rechtsdurchsetzung im Ausland fehlt. Meist müssen HV zur Durchsetzung des Ausgleichsanspruches klagen. Gestaltungen, 457 die den Ausgleich behindern, sind nichtig (§ 89b Abs. 4). Zwar handelt es sich um eine Regel des materiellen Rechts. Ihre ratio, den Ausgleich zu stärken, ist jedoch auch im Verfahrensrecht der Ausgleichsklage zu beachten. Beide Körper des Rechts stehen sich nicht als Gegensätze, sondern als Teile einer einheitlichen Wertordnung gegenüber. Ist ein Anspruch materiell „stark“, ist das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, indem die materielle durch eine formelle Stärke unterlegt wird. Dies ist auch bei der Suche nach dem Gerichtsort zu beachten und der materielle Schutzgehalt so zu unterstützen, dass ein materielles Recht effektiv und schnell durchgesetzt werden kann. Der EuGH hat aus der zwingenden Natur des Ausgleichs in seinem unter § 92c Rn 73 ff erläutertem Urteil vom 9.11.2000 3118 eine Rechtswahlfestigkeit hergeleitet. Er entschied, im Vertrag eines innerhalb der Gemeinschaft tätigen Warenvertreters dürfe der Ausgleich nicht durch Wahl ausgleichsfeindlichen Drittrechts ausgeschlossen werden. Der so durch richterrechtliche Rechtsfortbildung gewährte Schutz des Ausgleichs blieb verfahrensrechtlich lex imperfecta. Nicht ausdrücklich vorgeschrieben wurde nämlich durch die EuGH-Entscheidung ein europäischer, bei heimischen HV ein „deutscher“ Gerichtsstand der Ausgleichsklage. Das ist aus der Warte des EuGH verständlich, denn die HV-RL 1986 zum HV-Recht regelt nichts Entsprechendes. Vielmehr entsprach es bis dato der vom BGH3119 geteilten herrschenden Ansicht3120, der Ausgleich sei regelmäßig am Sitz des ausländischen Unternehmers einzuklagen. Die EuGVVO hat diese Argumente aufgenommen und die für richtig erkannte 458 Rechtsfolge kodifiziert. Es entspricht im Bereich des durch die HV-RL vom 18.12.1986 getroffenen Warenvertreterrechts3121 Sinn und Zweck des EuGH-Urteils vom 9.11. 20003122, durch eine am Schutz der RL orientierte Auslegung des Prozessrechts (§§ 29 ZPO, 269 BGB) einen Einheitserfüllungsort am Vertriebsort zu schaffen. Der Regelungsappell der EuGVVO sollte daher als Ausdruck eines im gesamten Dienstleistungs- und damit auch des HV-Rechts geltenden Grundsatzes angenommen werden, schon um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Nationale Richter haben sicherzustellen, dass vom

3116 3117 3118

3119 3120

BGH MDR 1999, 1217. Ausführlich Emde EWiR 1999, 1119 (1120); Emde VersR 2001, 148 (165 f). EuGH, Urt. v. 09.11.2000 – Rs C 381/98, ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133. BGH NJW 1988, 966. Westphal Vertriebsrecht I 1998, Rn 1330,

3121

3122

1355; Niebling Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 343. Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, 1999, S. 566, 572; Ebenroth/Löwisch vor § 84 Rn 4. EuGH, Urt. v. 09.11.2000 – Rs C 381/98, ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133.

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Gemeinschaftsrecht gewährte Rechte durchgesetzt werden können3123. Eben diese Richtung weist das unter Rn 465 besprochene Urteil des OLG München3124. Es hielt eine nach Kalifornien weisende Schiedsvereinbarung für unwirksam, weil die wertsetzende Bedeutung der zwingenden Norm der HV-RL dort möglicherweise missachtet werden würde. Das Urteil hat zwar nicht explizit einen Einheitsgerichtsstand des Mittlers am Vertriebsort angenommen, schon gar nicht für Mittler, die außerhalb des Anwendungsbereichs der RL stehen. Gleichwohl geht die Intention des Urteils in die zutreffende Richtung. Man wird den dort gefundenen Gedanken fortentwickeln können und auch bei Fehlen eines am Gerichtsort liegenden Gerichtsstandes nach § 23 ZPO einen Einheitsgerichtsstand am Vertriebsort annehmen müssen. Das Urteil des EuGH v. 5.10.19993125 steht einer Wende der Rechtsprechung nicht 459 entgegen. Der EuGH entschied hier, ein Einheitserfüllungsort scheide aus, wenn nach den Kollisionsnormen des Gerichtsorts ein separater Leistungsort vorliege. Eine „deutsche“ Auslegung, welche einen einheitlichen Gerichtsstand annimmt, ist folglich gestattet3126. Zwischenergebnis: Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO sollte ein Einheitsgerichtsstand am Ort des Vertriebs angenommen werden.

VI. Gerichtsstandsklauseln 460

Das für die Prüfung der Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel maßgebliche Recht wird nach deutschem internationalen Zivilprozessrecht in den §§ 38–40 ZPO teilweise nach der lex fori, also dem Recht am Gerichtsort, teilweise nach der lex causae, also nach dem gemäß den Kollisionsnormen in der Sache selbst auf einen bestimmten Sachverhalt anzuwendenden Recht, ermittelt. Zulässigkeit, Form und Wirkung bestimmen sich nach der lex fori, während das Zustandekommen und die Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung sich nach der lex causae beurteilt3127. Lex fori wäre bei einem Verfahren in Deutschland deutsches Recht. Lex causae wäre nach deutschem IPR meist das Recht am Sitz des Vertriebsmittlers (§ 92c Rn 52 ff). Wird der Anwendungsbereich der EuGVVO nicht eröffnet, ist in Abwesenheit vorrangiger staatsvertraglicher Regelung auf das autonome Recht abzustellen3128. Gerichtsstandsvereinbarungen können im innerstaatlichen Bereich gemäß § 38 ZPO getroffen werden. Die Parteien müssen im Zeitpunkt des Abschlusses der Gerichtsstandsklausel Kaufleute sein. Die spätere Erlangung der Kaufmannseigenschaft genügt nicht, und zwar schon deshalb, weil der jederzeit mögliche Eintritt der Kaufmannseigenschaft, etwa während der Vertragsdurchführung, zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt. Der spätere Eintritt der Kaufmannseigenschaft

3123 3124

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3126

Rörig EuZW 2004, 18. OLG München, Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). Rs. C-420/97, ZIP 1999, 1773 = EWiR 1999, 117 (Mankowski) = NJW 2000, 721 = VersRAI 2000, 7 L; ähnlich bereits zuvor EuGH VersRAI 2000, 10 L. Ausführlich Emde VersR 2001, 148 (166); Emde EWiR 1999, 1119 (1120).

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BGH, Urt. v. 17.05.1972 – VIII ZR 76/71, BGHZ 59, 23 (27) = NJW 1972, 1622 ff; Urt. v. 20.01.1986 – II ZR 56/85, NJW 1986, 1438 (1439) mit Anm. Geimer; Urt. v. 24.11.1988 – III ZR 150/87, NJW 1989, 1431 f; Urt. v. 21.11.1996 – IX ZR 264/95, ZIP 1996, 2184 (2186 ff); Urt. v. 18.03.1997 – XI ZR 34/96, RIW 1997, 778 f; Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 39. Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 39.

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lässt die Schutzbedürftigkeit des Mittlers nicht rückwirkend entfallen, weil er nicht rückwirkend höhere Kenntnisse oder Fähigkeiten erwirbt. Gerichtsstandsklauseln in Existenzgründungsverträgen sind folglich unwirksam3129. Auch internationale Gerichtsstandsklauseln werden nach den allgemeinen Grundsätzen Vertragsbestandteil3130. Ausgehend von dem insoweit strengeren Art. 23 Abs. 1 EuGVVO wird allerdings gelegentlich die Auffassung eingenommen, auch bei § 38 Abs. 1 ZPO sei eine tatsächliche Willenseinigung der Parteien erforderlich. Die internationalen Gerichtsstandsklauseln hätten sehr schwerwiegende Folgen für die belastete Partei, weshalb eine größere Schutzbedürftigkeit anzunehmen sei. Diese Meinung findet im Gesetz keine Stütze3131. Die Gerichtsstandsklausel kann die gesetzliche Zuständigkeitsordnung nicht pau- 461 schal, also beispielsweise für alle Klagen aus den bestehenden Geschäftsbeziehungen der Parteien oder für alle künftigen Rechtsstreitigkeiten modifizieren. Gemäß § 40 Abs. 1 ZPO hat vielmehr eine Konkretisierung auf die Klagen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis und die aus ihm entspringenden Rechtsstreitigkeiten zu erfolgen. Die Vereinbarung muss ferner auf ein zumindest bestimmbares Gericht verweisen. Auch sind die Schranken des § 40 Abs. 2 ZPO zu beachten (auch im internationalen Verkehr)3132, wonach es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handeln muss und die ausschließlichen Gerichtsstände nicht derogiert werden können. Gerichtsstandvereinbarungen sind zudem nach Art. 23 EuGVVO bei internationalen 462 Streitigkeiten zulässig3133. Art. 23 EuGVVO ist immer anwendbar, sofern eine der Parteien ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat hat3134, also abweichend von Art. 4 Abs. 1 EuGVVO auch wenn nur der Kläger innerhalb der EU residiert. Die Norm verdrängt in ihrem Anwendungsbereich § 38 ZPO3135. Art. 15 EuGVVO kommt nicht zum Zuge, da sein persönlicher Anwendungsbereich nicht eingreift 3136. Die Gerichtsstandsvereinbarung kann allerdings nicht verhindern, dass eine Partei sich über sie hinwegsetzt und ihr zum Trotz vor einem eigentlich derogierten Gericht klagt3137. Das Risiko der Klagabweisung wird in diesen Fällen in Kauf genommen, um Vergleichsdruck zu schaffen. Ob von dem vorliegend entwickelten, zum Schutz des Dienstverpflichteten geschaffe- 463 nen allgemeinen Gerichtsstand in jedem Fall durch Gerichtsstandsvereinbarungen abgewichen werden darf, ist diskussionswürdig3138. Nach bislang h.M. fand eine Inhaltskontrolle von Gerichtsstandsklauseln in europäischen HV-Verträgen neben Art. 23 EuGVVO

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Für das Franchiserecht: Giesler/Kroll in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 226. Ansonsten: Baumbach/ Hartmann § 38 Rn 15; Zöller/Vollkommer § 38 Rn 19; OLG Köln NJW-RR 1992, 571; OLG Karlsruhe MDR 2002, 1269; aA OLG Düsseldorf NJW 1998, 2980. Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 40. Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 40. Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 41. Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (135); eingehend zu Gerichtsstandsklauseln im internationalen Rechtsverkehr und Art. 23 EuGVVO Mark/Gärtner MDR 2009, 837 ff.

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Eingehend zum Streitstand Mark/Gärtner MDR 2009, 837 ff. Mark/Gärtner MDR 2009, 837. Mankowski MDR 2002, 1352 (1353); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (135); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (44). Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136). Siehe bereits Emde RIW 2003, 505 (508 ff).

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nicht statt, auch nicht durch die §§ 305 ff BGB3139. Auch findet keine Prüfung statt, ob der HV Kaufmann im Sinne des § 38 Abs. 1 ZPO ist. Eine Kontrolle der Gerichtsstandsvereinbarungen wäre auf mindestens zwei Wegen 464 möglich: Einmal über Art. 34 EGBGB, und dies auch bei Individualvereinbarungen, und zudem über die §§ 305 ff BGB, dann jedoch nur bei AGB. Zur ersten Alternative vertritt Mankowski 3140 zutreffend, dem im Ingmar-Urteil3141 gewährten Schutz könne ein gut informierter Unternehmer ausweichen, in dem er sich bemühe, vertraglich die Wahl drittstaatlichen Rechts durch die Vereinbarung eines korrespondierenden drittstaatlichen Gerichts zu vertiefen, welches dem Vortrag unzulässiger Rechtswahl vermutlich ablehnender als europäische Gerichte gegenüberstehe. Das materielle Recht benötige eine prozessuale Absicherung. Wer ernsthaft die Schutzgebote durchsetzen wolle, müsse dies auch auf der prozessrechtlichen Ebene der Zuständigkeit tun. Zwingendes materielles Recht müsse entgegenstehenden Gerichtsstandsvereinbarungen die Wirkung nehmen. Eine richtlinienkonforme Auslegung sei nicht nur für spezifisches Umsetzungsrecht geboten, sondern für das gesamte nationale Recht. Sie würde zwar auch Individualvereinbarungen erfassen und wäre insoweit weiter als eine an den §§ 305 ff BGB orientierte Beschränkung (dazu im Folgendem). Anderseits wäre sie auch enger, weil sie jede innereuropäische Verweisung anerkennen müsste und nicht von der HV-RL 1986 erfasste Mittler, also sogar Nichtwarenvertreter und erst recht Vertragshändler und Franchisenehmer nicht schützt. Diesen Weg ist das OLG München3142 gegangen: Trotz einer nach Kalifornien weisen465 den Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarung billigte es dem klagenden HV den deutschen Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO)3143 zu. Der für § 23 ZPO erforderliche

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So Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136); aA Emde RIW 2003, 505 (508 f); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (45) mit Hinweisen auf die Gegenansicht. Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (149); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (47). EuGH, Urt. v. 09.11.2000 – Rs C 381/98, ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133. OLG München, Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde); zustimmend Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (48 f); Oetker/Busche § 92c Rn 3; ablehnend Dathe NJOZ 2010, 2196 = NJW 2010, 3194; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246; Rühl IPRax 2007, 294 (297 ff); Horn SchiedsVZ 2008, 210 (217 f); Michaels/ Kamman EWS 2001, 301 (310); Hopt § 92c

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Rn 12; i.E. auch ablehnend (aber zum Rechtszustand vor der HV-RL BGH, Urt. v. 30.01.1961, NJW 1961, 1061 (1062). Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009), 818 (829) stimmt dem OLG mit der Begründung zu, Schiedsgerichte seien nicht an die Kollisionsnormen der lex loci arbitrii gebunden. Der belgische Cour de Cassation v. 16.11.2006 (Van Hopplynus Instruments S.A. ./. Coherent Inc.), Rev. Dr. com belge 2007, 889 (890) m. Anm. Mertens sowie Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009). 818 ff hat eine im Ergebnis identische Entscheidung getroffen. Jedenfalls wäre eine klagstattgebende kalifornische Entscheidung in Europa anerkennungs- sowie vollstreckungsunfähig (Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009), 818 [832 ff]; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 [250]). Man hätte auch mit dem Verfasser (Emde RIW 2003, 505 ff) im Rahmen des § 29 ZPO einen Einheitserfüllungsort am vertrags- und rechtsprägenden (Art. 28 EGBGB) Vertriebsort annehmen können, wie ihn im innereuropäischen Rechtsverkehr Art. 5 Ziff. 1 lit. b EuGVVO geschaffen hat. Die EuGVVO selbst war

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Inlandsbezug folge aus der Tätigkeit des HV in Deutschland. Die Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarung sei aufgrund der wertsetzenden Bedeutung des zwingenden Ausgleichs nach § 89b, hergeleitet aus Art. 17–19 HV-RL 1986, unwirksam3144, sofern sie auf einen außereuropäischen Gerichtsstand verweist3145. Dazu genüge die nahe liegende Gefahr, dass das Gericht bzw. Schiedsgericht des Drittstaates die Art. 17 f. der HV-RL nicht zur Anwendung bringe, was i.d.R. vermutet werden dürfe, wenn die Rechtsordnung des Drittstaates keine Vorschriften kennt, die ihnen entsprechen3146. Der Schutz dürfte unter diesem Gesichtspunkt ausscheiden, wenn die HV-RL nach ihrem Art. 1 Abs. 2 unanwendbar ist, etwa außerhalb des Warenvertreterrechts. Auch der in Deutschland oder Polen für eine Schweizer Firma tätige HV, welcher die Geltung des Schweizer Rechts vereinbart hat, kann sich auf die Entscheidung berufen, weil ihm nach Schweizer Recht ein geringerer Ausgleich auf Kundschaftsentschädigung gemäß Art. 419 u OR zustände3147. Bei Fehlen einer Gerichtsstandsklausel wird man dem HV ebenfalls nach diesem Grundsatz einen zwingenden Gerichtsstand innerhalb der EU gewähren müssen, außerhalb des Anwendungsbereichs des § 23 ZPO wohl analog Art. 5 Ziff. 1 lit. b EuGVVO an seinem Tätigkeitsort3148. Das OLG München lehnte sich an den BGH3149 an, der bereits 1961 ausführte, die in einem HV-Vertrag getroffene Vereinbarung ausländischen Rechts und eines ausländischen Gerichtsstandes könne im Einzelfall unwirksam sein, falls sie dem Zweck diene und praktisch dazu führe, dass das Recht des prorogierten Landes vereinbart werde, obwohl die Parteien die Anwendung des ausländischen Rechts nicht wirksam vereinbaren könnten. Auf die kaum feststellbare individuelle Schutzbedürftigkeit des HV kommt es nicht an3150. Ebenso unbehelflich ist der Hinweis, bei mangelnder finanzieller Fähigkeit zur Durchführung des (ausländischen) Schiedsverfahrens dürfe der HV zu den ordentlichen Gerichten ausweichen3151. Denn ein deutscher Gerichtsstand wäre auch bei Unbeachtlichkeit der Schiedsklausel nicht gegeben. Es bleibt ferner die Frage: Soll der aus der Ingmar-Entscheidung hergeleitete Schutz auch bei ausländischem Vertriebsgebiet, aber Vertragsschluss mit einem innerhalb der EU ansässigen HV eingreifen? Das wird man bejahen müssen, wenn der HV – hierfür spricht eine Vermutung – den Schwerpunkt seiner Tätigkeit am innereuropäischen Sitz ausführt. Ein Schutz nach Art. 34 EGBGB dürfte eher abzulehnen sein, wenn es um die Wahl eines deutschen Gerichtsstandes geht. Der Schutz ausländischer Gerichtsorte obliegt Art. 34 EGBGB nicht. Nach Ansicht von Dathe 3152 führt das Ingmar-Urteil des EuGH sowie die inhaltsgleiche Regelung des Art. 9 Rom I-VO außer im Fall des Provisionsdumpings nicht dazu, dass ein am außereuropäischen Gerichtsstand erstrittenes Urteil innerhalb Europas wegen Verstoßes gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public nicht anerkannt oder vollstreckt werden kann. Für diese Ansicht spricht nach Ansicht von Dathe bereits § 92c

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unanwendbar, da die allg. Zuständigkeitsvorschrift des Art. 2 EuGVVO nicht eingriff, vgl. Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (43). OLG München, Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). Die Entscheidung liegt auf der Linie von BGH, Urt. v. 01.12.2005 – VIII ZR 191/03, RIW 2006, 144 (zu einer Gewinnzusage). Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (49).

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Dathe NJOZ 2010, 2196 (2200); im Ergebnis auch BGH NJW 1984, 2037, zu I 1. Thume IHR 2006, 69. Emde EWiR 2006, 621. BGH NJW 1961, 1061 (1062). AA Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 (249). So Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 (251). Dathe NJW 2010, 3194 = NJOZ 2010, 2196.

Raimond Emde

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

Abs. 2, demzufolge auch dem innerhalb Europas tätigen Schifffahrtsvertreter kein Ausgleichsanspruch zusteht (dieser fällt allerdings auch nicht unter die RL). Ggf. müsste die Frage nach Ansicht von Dathe auf eine Vorlage nach Art. 267 AEUV durch den EuGH geklärt werden. Sofern allerdings sowohl Unternehmer wie HV Deutsche und in Deutschland tätig sind, besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Vereinbarung eines außereuropäischen (Schieds-)Gerichtsstands3153. Eine Ausnahme soll gelten, wenn die Vertragsverhandlungen im Drittstaat stattfinden oder die überseeische Muttergesellschaft ihre Verträge durch die Tochtergesellschaft abschließen lässt3154. Eine zweite Schutzalternative ist ein Schutz durch die §§ 305 ff BGB: Wie ausgeführt 466 ist HV-Recht meist AGB-Recht3155. Allerdings liegt bei Gerichtsstandsklauseln, es sei denn, sie wurden im Vertrag „versteckt“, regelmäßig kein Fall einer überraschenden Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB vor, auch nicht bei Verwendung von Gerichtsstandsklauseln in internationalen Vertriebsverträgen3156. Bereits unter der Geltung des EuGVÜ war umstritten, ob Art. 17 EuGVÜ (= Art. 23 EuGVVO) auch die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB verdrängt3157 oder ob § 307 BGB neben dieser Norm anwendbar blieb3158. Zunächst muss bei Gerichtsstandsbestimmungen in AGB neben einem unzweideutigen Hinweis auf die AGB die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme in Form des Zugänglichmachens des Klauselwerks bestehen. Dazu reicht es nicht aus, falls die AGB auf der Rückseite eines Geschäftsschreibens abgedruckt werden; vielmehr muss die Bezugnahme eindeutig erfolgen3159. Auch ist es ungenügend, wenn sie der Gegenseite erst später zugänglich gemacht werden3160. Teilweise wird aus § 38 Abs. 1 ZPO die Zulässigkeit der internationalen Prorogation abgeleitet, weshalb eine Inhaltskontrolle nicht oder nur in Ausnahmefällen eingreifen soll3161. Andere wollen eine Ausnahme machen, wenn es sich für einen der kaufmännischen Vertragspartner um ein Privatgeschäft handelt oder der vorgeschriebene Gerichtsort keine ausreichende Beziehung zum Rechtsgeschäft aufweist3162. Eine weitere Meinungsgruppe sieht wegen der weitgehenden Akzeptanz von Gerichtsstandsklauseln eine Benachteiligung nur als gegeben an, sofern zusätzliche Umstände hinzutreten, die nicht durch das berechtigte Interesse des Klauselverwenders ausgeglichen werden3163. Es könnte angesichts der maßstabsetzenden Wertung der EuGVVO diskutiert werden, eine vom Einheitsgerichtsstand am Tätigkeitsort (Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO) abweichende AGB-Gerichtsstandsklausel für mit § 307 BGB

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Dathe NJOZ 2010, 2196 (2201); BGH NJW 1961, 1061 (1062 zu 3b – dort aus § 134 BGB hergeleitet). Dathe NJOZ 2010, 2196 (2201). Martinek/Flohr § 8 Rn 102, 112. Ebenroth/Löwisch Anh. § 92c Rn 42. Gottwald FS Firsching, S. 89, 103 f; Grüter DB 1978, 381 (384); Ebenroth/Löwisch Anh. § 92c Rn 31. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.12.1981 – 14 U 4/81, NJW 1982, 1950 f; OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.01.1989 – 16 U 77/88, NJW-RR 1989, 1330 (1332 f); Landfermann RIW 1977, 445 (448). EuGH, Urt. v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, „Estasis Safotti/RÜWA“, EuGHE 1976, 1831 (1841) = NJW 1977, 494; BGH, Urt. v. 26.03.1992 – VII ZR 258/91, RIW 1992,

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756 (758); Ebenroth/Lange Anh. § 92c Rn 35. EuGH, Urt. v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, „Estasis Safotti/RÜWA“, EuGHE 1976, 1831 (1841 f) = NJW 1977, 494; Urt. v. 14.12.1976 – Rs. 25/76, NJW 1977, 495; Sieg RIW 1998, 102 (103 f). OLG Köln, Urt. v. 28.04.1975 – 10 U 195/74, VersR 1976, 537 f; ähnlich LG Bielefeld, Urt. v. 27.01.1977 – 13 S 74/76, MDR 1977, 672. OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.12.1981 – 14 U 4/81, NJW 1982, 1950 f; LG Karlsruhe, Beschl. v. 03.09.1973 – 5 O 142/73, BB 1973, 1604; Schiller NJW 1979, 636 (637). OLG Hamburg Urt. v. 30.12.1985 – 11 U 159/85, RIW 1986, 462 (464); Ebenroth/ Löwisch Anh. § 92c Rn 43.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

unvereinbar und unwirksam zu halten3164. Das setzt aber die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO voraus, d.h. den Sitz des Beklagten innerhalb der EU. Auch wird der Schutz ausländischer Gerichtsstände vor einer nach Deutschland weisenden Gerichtsstandsklausel regelmäßig nicht Aufgabe des § 307 BGB sein. In diese Richtung geht ein Beschl. des OLG Bremen3165: Zu einem Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren nach §§ 1060, 1061 ZPO entschied es, für einen in Deutschland ansässigen FN stelle es bei Geltung österreichischen Rechts eine einseitige gröbliche Benachteiligung i.S.v. § 879 Abs. 3 östABGB dar, wenn er sich einer formularmäßigen Schiedsabrede mit einer Gerichtsstandsvereinbarung unterwerfe, nach der Streitigkeiten mit der niederländischen Franchisegeberin über einen Franchisebetrieb betreffend den Verkauf von Salaten und Sandwichs in New York auszutragen seien. Der Sitz der Muttergesellschaft rechtfertige die Gerichtsstandsvereinbarung nicht. Den Rechtsgedanken wird man auf § 307 BGB übertragen können, jedoch nur, wenn deutsches Rechts anwendbar ist. Dem widersprechen Teile der Rspr.: Gegenüber einem deutschen HV dürfe durch AGB ein ausländischer Gerichtstand am Sitz des Unternehmers (hier: Frankreich) vereinbart werden (Art. 23 EuGVVO). Das Schutzbedürfnis des HV führe auch nicht analog Artt. 15, 17, 18, 19 und 21 EuGVVO zur Unwirksamkeit der Gerichtstandsklausel, da ein HV weder einem Arbeitnehmer noch einem Verbraucher gleichstehe3166. Man könnte auch im Rahmen der AGB-Prüfung daran denken, den Prüfungsmaßstab am Ingmar-Urteil zu orientieren und trotz innereuropäischer Tätigkeit auf einen Gerichtsstand außerhalb der EU weisende Vereinbarungen wegen des mangelnden Schutzes für unwirksam zu halten3167, wobei innereuropäische Verweisungen aber auch hier wohl anzuerkennen wären. Das Ingmar-Urteil charakterisiert insoweit das Leitbild i.S.d. § 307 BGB. Jedoch müsste der Schutz wohl von der HV-RL nicht erfasste Vertriebsmittler ausnehmen. Dies gilt auch innerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO. Zwar ist der Begriff einer Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 23 VO EuGVVO im Grundsatz gleichfalls autonom auszulegen3168. Richtigerweise sind jedoch die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 Abs 1 lit. a und b EuGVVO nach dem IPR der lex fori zu prüfen3169. Damit ist auch eine Prüfung anhand des § 307 BGB möglich3170. Ebenso kann überprüft werden, ob überhaupt eine Prorogationsbefug3164

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Emde RIW 2003, 505 (508 f); ähnlich OLG Karlsruhe v. 30.12.1981, NJW 1982, 1950; OLG Düsseldorf v. 06.01.1989, NJW-RR 1989, 1330 (1331); Landfermann RIW 1977, 445 (448); vgl. zur Rechtswahlklausel Emde MDR 2002, 190 (198); aA Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (51 ff) unter eingehender Auseinandersetzung mit der Ansicht des Verfassers. OLG Bremen, Beschl. v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, OLGR 2009, 155; ähnlich die Rspr. anderer OLG, vgl. Schulz/Niedermaier SchiedsVZ 2009, 196. OLG Hamburg, Urt. v. 14.04.2004 – 13 U 76/03, NJW 2004, 3126; aA Emde RIW 2003, 505.

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Hiergegen mit beachtenswerten Argumenten Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (31 ff). Thomas/Putzo/Hüßtege Art. 5 Rn 3. OLG Saarbrücken NJW 1992, 987; MünchKommBGB/Martiny vor Art. 27 EGBGB Rn 50; Mankowski IPRax 1996, 427; Thomas/Putzo/Hüßtege Art. 5 Rn 4; für die Gerichtsstandsvereinbarung in einer Satzung auch EuGH NJW 1992, 1671. OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1330; Landfermann RIW 1977, 448; aA MünchKommZPO/Gottwald Art. 17 EuGVÜ Rn 63; Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gerichtsstandsklauseln, Rn 56.

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

nis nach § 38 ZPO vorlag3171. Sie fehlt, wenn der HV kein Kaufmann ist. Angesichts der Gleichwertigkeit der Interessen beider Parteien an einem Heimatgerichtsstand könnte aber jedenfalls bei wirtschaftlicher Parität an einer unangemessenen Benachteiligung einer Partei durch die Gerichtsstandsklausel gezweifelt werden.

VII. Schiedsabreden 467

Für Schiedsabreden gelten die zu Gerichtsstandsklauseln genannten Grundsätze entsprechend3172.

N. Allgemeines zum gerichtlichen Verfahren I. Sachliche Zuständigkeit 468

Für den Entscheid einer Vertriebsmittlerstreitigkeit sind grundsätzlich die ordentlichen Gerichte, Zivilkammern, zuständig. Nur wenn die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen begründet sind – beidseitiges Handelsgeschäft und gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG müsste der Beklagte Kaufmann sowie in das Handels- oder Genossenschaftsregister eingetragen sein – ist deren Kompetenz begründet. Nach § 84 Abs. 4 muss ein HV nicht notwendig Kaufmann sein. Ob ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegt, ist daher nicht immer sicher3173. Es gibt also keine Allzuständigkeit der Kammern für Handelssachen3174. Denn seit der Novellierung des § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG durch das HRefG v. 22.06.1998 ist den Kammern für Handelssachen ein wesentlicher Teil ihrer Zuständigkeiten entzogen worden, was zu einer Teilzuständigkeit der Zivilkammern geführt hat. Das gilt zum einen, wenn der klagende HV keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb führt (was bei lediglich zwölf oder gar nur vier jährlichen Provisionsbuchungen nicht ausgeschlossen ist) oder der beklagte Unternehmer nicht in das Handelsregister eingetragen wurde. Die dadurch hervorgerufenen Zuständigkeitsstreitigkeiten und die geringere Zuständigkeitskonzentration bei den Kammern für Handelssachen dürfen bedauert werden3175. Nach Ansicht von Kügel 3176 ist bei HV ab einem Provisionsumsatz von etwa 100.000 EUR die Kaufmannseigenschaft anzunehmen (berechnet auf Basis eines Provisionssatzes von 2 % bis 5 %). Bei Vertragshändlern müsse man auf die Umsätze abstellen und ab einem solchen von 250.000 EUR die Kauf-

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AA: autonome Auslegung nach Art. 23 VO EuGHE 1979, 3423 = NJW 1980, 1218; BGH NJW 1980, 2022; OLG München NJW 1982, 1951; Mankowski in: Hopt/ Tzouganatos, Europäisierung des Handelsund Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136); Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gerichtsstandsklauseln, Rn 54. OLG München, Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde); in diese Richtung auch OLG Bremen, Beschl. v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, OLGR 2009, 155; Mankowski Year-

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book of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (53 f); zu Rechtswahlklauseln EuGH, Urt. v. 09.11.2000 – Rs C 381/98, ZIP 2000, 2108 = BB 2001, 10; aA Cour d’appel de Paris, Urt. v. 24.11.2005, Rev. arb. 2006, 770. Dathe NJOZ 2010, 2196 (2199/2200) = NJW 2010, 3194 lehnt die Unzulässigkeit der in das außereuropäische Ausland weisenden Schiedsklauseln bei innereuropäischer Tätigkeit des HV ab. Siehe Emde VersR 1999, 1464. AA Küstner/Thume II Rn 1739. Hopt § 84 Rn 45. DB 1998, 1802 (1805).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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mannseigenschaft bejahen3177. Richtigerweise gibt eine Gesamtbetrachtung, nicht aber der Umsatz allein, Aufschlüsse über die Kaufmannseigenschaft3178. Ist der HV arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG sind die Arbeitsgerichte zuständig3179. Ob das AG oder das LG zuständig ist, bestimmt sich nach der Höhe des Streitwertes. Ist eine Tatsache doppelrelevant, also sowohl für die Zuständigkeit wie die Begründetheit der Klage erheblich, ist nach der Theorie des doppelrelevanten Vortrages zur Bestimmung der Zuständigkeit nur auf den Klägervortrag abzustellen3180. Nach einer Ansicht ist sogar dann allein auf den Klägervortrag abzustellen, wenn es sich bei den maßgeblichen Umständen nicht um doppelrelevante Tatsachen handelt3181. Es sei allein maßgeblich, ob die vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs behaupteten Tatsachen Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergäben, die in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fielen. Zwar bestehe das Risiko, dass der Kläger durch einseitigen Vortrag die Zuständigkeit der Gerichte bestimme. Hierdurch werde die jeweilige Beklagte aber nicht unzumutbar beeinträchtigt. Denn die einseitige Berücksichtigung des Klägervortrags beschränke sich auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs.

II. Schiedsfähigkeit Vertriebsmittlerstreitigkeiten sind schiedsfähig. Sieht ein Händlervertrag im Einklang 469 mit Art. 3 Abs. 6 Kfz-GVO 1400/02 ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren vor, nach dem die Vertragspartner bei fehlendem Einvernehmen über die Gültigkeit einer fristlosen Kündigung einem zügigen Verfahren zur Beilegung der streitigen Angelegenheit durch Inanspruchnahme eines Sachverständigen Dritten oder eines Schiedsrichters zustimmen müssen, dürfen sich Hersteller wie Händler einem solchen außergerichtlichen Schlichtungsverfahren nicht versagen. Sie sind allerdings nicht gezwungen, vor Inanspruchnahme staatlicher Gerichte ein solches Verfahren vorzuschalten3182. Zur Unwirksamkeit einer auf einen außereuropäischen Schiedsort verweisenden Schiedsgerichtsvereinbarung in einem zwingendem EU-Recht widersprechenden Vertrag Vor § 84 Rn 465, 467.

III. Örtliche Zuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit folgt aus den §§ 12 ff ZPO, im Anwendungsbereich der 470 EUGVVO oder des LugÜ aus diesem. Der allgemeine Gerichtsstand des Unternehmers liegt gemäß § 12 ZPO an dessen ggf. ausländischem Sitz. Zum Gerichtsstand des Erfüllungsort Rn 430 ff. Zu Gerichtsstandsklauseln oben, Rn 460 ff.

3177 3178 3179 3180

Kügel DB 1998, 1802 (1805) für den Einzelhandel. Emde VersR 1999, 1464. Küstner/Thume I Rn 1462. Hierzu OLG Celle, Beschl. v. 04.06.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177; KG Berlin

3181 3182

OLGR Berlin 2001, 128; Gottwald in: MünchKomm ZPO, 2. Aufl., Art. 5 EuGVÜ, Rn 45. OLG Celle, Beschl. v. 04.06.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177. OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713.

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

IV. Beweislast 471

Für Streitigkeiten zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler gelten die allgemeinen Regeln zur Beweislast. Der Unternehmer darf Tatsachen, über die er sich bei seinem HV erkundigen kann – etwa die Mitteilung eines Schadensfalles3183 – nicht mit Nichtwissen bestreiten3184.

V. Eilverfahren 472

Die Rechte beider Vertragspartner in Vertriebsmittlerstreitigkeiten können durch einstweilige Verfügungen gesichert werden. Besonders häufig geschieht dies bei Weiterbelieferungsverfügungen im Vertragshändlerrecht3185 oder auch als Antrag auf weitere Fortsetzung der Vermittlungsleistung im HV-Recht. Der vorherige Versuch, den Vertrag durch Verhandlungen zu retten, schließt die Eilbedürftigkeit nicht aus3186.

VI. Revisionsgerichtliche Überprüfung 473

Bei der Ermittlung des Sinngehalts der Vertragsbestimmung eines nicht den §§ 305 ff BGB unterliegenden Vertriebsvertrages geht es in erster Linie um eine dem Tatrichter obliegende Auslegung einer Individualerklärung (§§ 133, 157 BGB)3187. Das Revisionsgericht kann das Ergebnis nur darauf überprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind3188. Zu den anerkannten Auslegungsregeln zählt insbesondere die Maßgeblichkeit des Wortlauts als Ausgangspunkt jeder Auslegung sowie die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses3189. Das gleiche gilt in Ausgleichsstreitigkeiten. Hier obliegt es dem Tatrichter, Billigkeitsmomente oder die Abwanderungsquote zu schätzen. Bei Beurteilung der Frage, ob der Unternehmer ein vom HV angedientes Geschäft abschließen muss, überschreitet es die Befugnis eines Gerichts, sich in die Geschäftspolitik eines Unternehmens zu mischen und dessen Entscheidung darauf zu überprüfen, ob sie auf einen vernünftigen und einleuchtenden Grund beruhen. Daher ist jede plausible Begründung hinzunehmen3190. In erster Linie für Haftungsprozesse zwischen Unternehmer und Drittem hat eine Entscheidung des OLG München3191 Bedeutung: Ein Unternehmer, der sich für den Abschluss von Darlehensverträgen selbstständiger Vermittler bedient, kann sich nicht über deren behauptete Vorgehensweise in Unkenntnis halten und diese pauschal oder mit Nichtwissen bestreiten.

3183 3184 3185 3186 3187

LG Potsdam, Urt. v. 27.08.2007 – 2 O 485/05, VersR 2008, 1390 (1391). LG Potsdam, Urt. v. 27.08.2007 – 2 O 485/05, VersR 2008, 1390 (1391). Vgl. etwa LG Stuttgart, NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde). Vgl. etwa LG Stuttgart, NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde). BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300.

312

3188

3189 3190 3191

BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817 = BBL2009-1817-1 = WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 30. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300. LG Hamburg, Urt. v. 12.06.2006 – 415 O 17/06. OLG München, Urt. v. 27.04.2006 – 19 U 3717/04, NJW 2006, 1811.

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Vor § 84

VII. Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung Nach Kündigung eines Vertriebsvertrages kann der Mittler eine Klage auf Feststellung 474 der Unwirksamkeit der Kündigung, hilfsweise auf Neuabschluss oder Weiterbelieferung3192 bzw. Annahme vermittelter Geschäfte erheben.

VIII. Internationale Vertriebsrechtsstreitigkeiten Zum Gerichtsstand Rn 438 ff. In internationalen Vertriebsrechtsstreitigkeiten versucht 475 eine Partei häufig der ausländischen Leistungsklage der anderen Partei durch eine eigene Feststellungsklage zuvorzukommen. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. In einem Staat mit erprobt langsamer Gerichtsbarkeit kann ein Unternehmer Interesse an einer Verzögerung der Entscheidung eines Staates mit schnellerer Gerichtsbarkeit haben. Häufig geht es auch um die Sicherung der eigenen Gerichtsbarkeit. Sedes materie ist innerhalb des europäischen Raumes Art. 27 EuGVVO bzw. Art. 21 EuGVÜ/LugA. Erhebt ein deutscher HV in Deutschland Schadenersatzklage wegen unberechtigter Kündigung des Vertretervertrages und klagt der Unternehmer in Italien auf Feststellung, dass für seine Kündigung ein wichtiger Grund bestanden habe und dem HV kein Ausgleichsanspruch zustehe, setzen deutsche Gerichte das Verfahren aus, wenn die italienische Klage als erste an- und rechtshängig war3193. In dem eben zitierten Urteil entschied der BGH, die Kernpunkte des deutschen und des italienischen Verfahrens seien dieselben. Die „italienische“ Feststellungsklage, derzufolge für die Kündigung des Vertretervertrages ein wichtiger Grund bestehe, sei ein für die deutsche Zahlungsklage auf Schadenersatz wegen entgangener Provisionen vorgreifliches Rechtsverhältnis. Der Schadenersatzanspruch des Vertreters setze nach § 89a Abs. 2 voraus, dass er zu seiner eigenen Kündigung durch ein von dem Unternehmer zu vertretendes Verhalten veranlasst worden sei. Als ein solches Verhalten komme allein die Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer in Betracht, die wegen der Befristung des Vertrages nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt sei. Werde deshalb auf die Klage in Italien rechtskräftig festgestellt, für die Kündigung habe ein wichtiger Grund bestanden, so sei aufgrund der nach Art. 26 Abs. 1 EuGVÜ zu beachtenden materiellen Rechtskraft die Zahlungsklage der Klägerin ohne weiteres als unbegründet abzuweisen. Werde hingegen der Feststellungsantrag der Beklagten abgewiesen, so sei aufgrund der präjudiziellen Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung für die deutsche Zahlungsklage des HV davon auszugehen, dass die Kündigung des Unternehmers unwirksam und damit vertragswidrig sei, was eine der notwendigen Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch des HV sei. Dass bei Abweisung der Feststellungsklage des Unternehmers noch nicht feststehe, ob der Schadenersatzanspruch des Vertreters gegeben sei, weil dafür noch weitere Voraussetzungen vorliegen müssten, stehe der Annahme einer doppelten Rechtshängigkeit im Sinne des Art. 21 EuGVÜ nicht entgegen. Ausreichend sei die Möglichkeit, dass es in beiden Prozessen zu unvereinbaren Entscheidungen komme.

3192

OLG Celle, Urt. v. 22.06.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581, 2001, 65 = OLGR 2001, 126; OLG Saarbrücken NJWRR 1999, 1339 (Emde) = EWiR 1999, 1175.

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Urt. v. 06.02.2002 – VIII ZR 106/01, RIW 2002, 393.

Raimond Emde

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Vor § 84 476

1. Buch. Handelsstand

Auf die Zulässigkeit der Aufrechnung kommt es in internationalen Vertriebsstreitigkeiten häufig an, etwa bei unterschiedlichen Gerichtsständen des Mittlers und Unternehmers3194. Voraussetzung der internationalen Aufrechnung ist wie bei der Widerklage Konnexität. Eine solche dürfte bei gegenseitigen Ansprüchen aus einem einheitlichen Vertriebsvertrag regelmäßig vorliegen, etwa zwischen Ausgleich und Kaufpreisforderung beim Vertragshändlervertrag.

O. Verjährun I. Wegfall des § 88 a.F./Geltung des BGB-Verjährungsrechts 477

Die Verjährung der Ansprüche aus Vertriebsverträgen richtete sich früher nach § 88 (ggf. analog)3195. § 88 a.F. wurde durch Verjährungsanpassungsgesetz vom 28.10.2004, welches am 14.12.2004 verkündet wurde3196 und am 15.12.2004 in Kraft getreten ist, aufgehoben3197. Bisher § 88 a.F. unterfallende Ansprüche verjähren seitdem innerhalb der 3jährigen Regelverjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB3198, und dies außer im HVauch im Vertragshändler- und Franchiserecht3199. Damit hat der Gesetzgeber eine seit der BGB-Novelle 2002 erwartete3200 Angleichung des HV-Verjährungsrechts an das allgemeine Zivilrecht vorgenommen. Die Problematik, ob die bisherige lex specialis des § 88 auf die Ansprüche aus HV-ähnlich ausgestalteten Vertragsarten sonstiger Vertriebsmittler (Rn 320 ff) analog anzuwenden war, stellt sich nicht mehr, da § 195 BGB für alle zivilrechtlichen Verträge, also auch Vertragshändler- und Franchiseverträge, eine einheitliche Verjährungsfrist regelt3201. Die Übergangsregelung für die neuen Verjährungsvorschriften wurde in Art. 229 § 12 478 EGBGB normiert. Aufgrund des Verweises auf Art. 229 § 6 EGBGB findet das Übergangsrecht auf alle Ansprüche Anwendung, die vor dem 15.12.2004 (Wegfall des § 88) bestanden haben und zu diesem Zeitpunkt noch unverjährt waren3202. Gem. Art. 229 § 12 i.V.m. § 6 Abs. 1 S. 2–4 EGBGB gilt für die Verjährung der Ansprüche, die vor dem 15.12.2004 entstanden sind, folgendes: Ist die Verjährungsfrist nach dem seit dem 15.12.2004 geltenden Recht kürzer als nach § 88 a.F., ist die neue Verjährungsfrist maßgeblich, die jedoch erst vom 15.12.2004 an berechnet wird. Vorher der vierjährigen Verjährungsfrist des § 88 unterliegende Ansprüche des HV verjährten im Normalfall erst mit Ablauf des 31.12.20073203. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt, wenn die alte Frist früher auslief als die Frist nach den neuen Bestimmungen. In diesem Fall war die Verjährung mit dem Ablauf der nach dem alten Recht berechneten Frist vollendet.

3194 3195 3196 3197 3198 3199

Busse MDR 2001, 729 (731). Emde DB 2003, 981. BGBl. I 2004, 3214. Zur Genese des Verjährungsrechts vgl. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 64 ff. Wagner ZIP 2005, 558 (563); Glanegger/ Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 87 Rn 52. AA Eberstein S. 180 unter unzutreffender Inanspruchnahme des Unterzeichners.

314

3200 3201 3202 3203

Siehe Emde DB 2003, 981 ff. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 67. Eingehend Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 66. OLG München, Urt. v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 352.

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Vor § 84

II. Inhalt der gesetzlichen Regelung Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss 479 des Jahres, in welchem 1. der Anspruch entstanden ist und (kumulativ3204) 2. der Gläubiger von allen den Anspruch begründenden TB-Merkmalen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder (alternativ) ohne grobe Fahrlässigkeit objektiv erlangen müsste (verwirkungsnaher TB)3205. Vorher ist der Gläubiger bei objektiver Sicht der Dinge nicht in der Lage, die Forderung geltend zu machen und nötigenfalls verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen3206. Entscheidend für das „Entstehen“ des Anspruchs iSd Nr. 1 ist seine Fälligkeit3207, und damit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, ihn zu fordern3208 und ggf einzuklagen3209. Folglich beginnt der Verjährungslauf des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB wie zu § 88 a.F. noch immer mit Fälligkeit3210, jedenfalls im Regelfall. Denn vor der mit Fälligkeit eintretenden Durchsetzbarkeit eines Anspruchs kann – und darf – kein verjährungsauslösender Tatbestand erfüllt sein. Etwas anderes kann nur vertreten werden, wenn die Fälligkeit der Forderung ausschließlich von einer Handlung des Mittlers abhängt. Denn in dieser Situation steht die Klagereife im Belieben des Mittlers. Bei mangelnder Kenntnis bzw. mangelndem Kennenmüssen bleibt die Regelverjährungsfrist des § 195 BGB unanwendbar. Vielmehr greifen die Abs. 2, 3 und 4 des § 199 BGB ein. Die Ansprüche verjähren dann gem. § 199 Abs. 4 BGB in 10 Jahren ab dem Tag ihres Entstehens, dh regelmäßig erneut ab Fälligkeit. Bei Existenz von Schadenersatzansprüchen kann eine 30jährige Verjährungsfrist eingreifen (Rn 484, 487). Anders als die Regelverjährungsfrist wird die 10- sowie die 30jährige Verjährungsfrist des § 199 BGB taggenau berechnet und beginnt nicht automatisch erst mit dem 31.12. des jeweiligen Jahres. Das erschwert die Feststellung des Verjährungsablaufs, zumal das verjährungsrelevante Datum meist nur dem – allerdings beweisbelasteten – Unternehmer bekannt ist.

III. Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung § 195 BGB gilt für alle vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche der Parteien, auch 480 für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag oder den Schadenersatzanspruch aus Vertragsverletzung oder vorvertraglicher Pflichtverletzung3211. Dies ist eine Abweichung von § 88 a.F.: Nach einer zu § 88 a.F. vertretenen Ansicht3212 verjährten nur typisch vertriebsrechtliche Ansprüche3213 und z.B. nicht der

3204 3205 3206

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3209 3210

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 69. Eingehend Emde VersR 2009, 889 ff. Prasse in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 350; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 69. BGH, Urt. v. 19.12.1990 – VIII AZR 5/90, BGHZ 113, 188 (193); Wagner ZIP 2005, 558; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 68. OLG Hamm, Urt. v. 23.03.2001, NJOZ 2001, 2080; Genzow in: Ensthaler, § 87c Rn 13 zum Buchauszug. Glanegger/Ruß § 87 Rn 12. AA Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 3, der das Beispiel des

3211 3212

3213

Entstehens eines Provisionsanspruchs im Dezember bei Fälligkeit im Januar bildet; aA auch Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 354, demzufolge die Fälligkeit nach § 87a Abs. 4 i.V.m. § 87c Abs. 1 S. 2 erst einen Monat nach Schluss des Abrechnungszeitraums eintritt. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 67. Ströbl WRP 2008, 1423; ebenso LG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.01.2008 – 3-09 O 7/07; in diese Richtung auch BGH, NJW 1981, 918. AA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 67.

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1. Buch. Handelsstand

Rückkaufanspruch des Vertragshändlers in Bezug auf Lagerware nach der 4jährigen Verjährungsfrist des § 88 a.F. Diese Ansprüche unterlägen der 3jährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB3214. Auch bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche – etwa bei überzahlter Provision – sollten wegen des Ausnahmecharakters dieser Norm nicht von § 88 a.F. erfasst sein3215. Anders für Schadenersatzforderungen3216. Vorzuziehen war auch nach altem Recht eine einheitliche Verjährung für alle Ansprüche aus dem Vertriebsvertrag, schon um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden3217, etwa für den gegen den Unternehmer gerichteten Anspruch des Vertragshändlers auf Rückkauf der Vertragsware (Verjährungsbeginn mit Vertragsende3218).

IV. Verjährung in Einzelfällen 481

1. Provisionen. Für Provisionen, auch wenn sie nicht von einer konkreten Tätigkeit abhängen (wie z.B. Bezirks- und Dynamikprovision), einschließlich des nach § 87a Abs. 1 bis 3 verfestigten Provisionsanspruches, Provisionsvorschüsse3219 und sonstige vom Unternehmer gewährte Leistungen3220, z.B. Zuschüsse, Boni und Beihilfen3221, gilt: Die Fälligkeit aller im Abrechnungszeitraum entstandenen Ansprüche tritt nach § 87a Abs. 4 im Regelfall am letzten Tag des dem Rechtsgrund der Zahlungspflicht folgenden Monats ein3222, und zwar ipso iure und unabhängig davon, ob tatsächlich abgerechnet wird. Haben die Parteien den Abrechnungszeitraum auf die Höchstdauer des § 87c Abs. 1 S. 1 2. Hs. von 3 Monaten verlängert, wird die Fälligkeit bis zum Ende des 4. Monats nach dem Rechtsgrund herausgezögert. Eine im Laufe des Monats Januar nach § 87a endgültig entstandene Provision wird bei monatlicher Abrechnung Ende Februar, bei quartalsmäßiger Abrechnung Ende April fällig. Zwar sieht § 87a Abs. 1 vor, dass die Provision begründet wird, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Gem. § 87a Abs. 4 ist der Anspruch jedoch erst am letzten Tag des Monats fällig, in welchem über ihn abzurechnen ist. Fälligkeit nach § 87a Abs. 4 und Anspruchsbegründung nach § 87a Abs. 1 können also differieren. Die Anknüpfung an die in § 87a Abs. 1 genannte „Begründung“ und nicht die Fälligkeit kann bei Begründung im Vorjahr und Fälligkeit gem. § 87a Abs. 4 im Folgejahr zu einer Verkürzung der Verjährungsfrist von einem Jahr führen. Weder dieser Umstand noch die Tatsache, dass die Überschrift des § 87a – nicht der Normtext – für die Begründung des Provisionsanspruchs das § 199 Abs. 1 BGB spiegelnde Wort „Entstehen“ verwendet, zwingen dazu, abweichend von der oben postulierten Grundregel, unter „Entstehen“ i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB etwas anderes als den Zeitpunkt der ebenfalls in § 87a (Abs. 4) geregelten Fälligkeit zu verstehen3223. Sonst würde die Provision verjähren, ehe sie gefordert werden darf. Die Verfasser des § 199 Abs. 1 BGB werden bei Fertigung ihres Entwurfes kaum in die noch dazu vom Text abweichende Überschrift des § 87a gesehen und den Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB auf jene

3214 3215

3216 3217 3218

AA Emde DB 2003, 981 ff. OLG Koblenz, Urt. v. 12.11.1987, NJW-RR 1988, 673 = DB 1988, 497; Küstner in: Küstner/Thume, I Rn 1317; Martinek EWiR 1988, 1217. BGH, Urt. v. 28.10.1971 – VII ZR 15/70, MDR 1972, 132. Emde DB 2003, 981 ff. OLG Frankfurt a.M., Hinweisbeschl. v.

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23.03.2010 – 11 U 5/10 (Kart), BeckRS 2010, 21415. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 45. AA Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87b Rn 3.

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Titulierung bezogen haben3224. Jedenfalls existiert vor Erhalt der Abrechnung nach § 87c Abs. 1 keine Kenntnis des HV über die Provision (dazu Rn 484 ff). 2. Informationsrechte (§ 87c). Siehe § 87c Rn 32 ff.

482

3. Ausgleichsanspruch. Siehe § 89b Rn 437 ff.

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4. Kenntnis oder Kennenmüssen. Vor Kenntnis oder Kennenmüssen der Provisions- 484 ansprüche können weder das Hauptrecht noch Informationsansprüche als Hilfsrechte innerhalb der Regelverjährungsfrist verjähren. Denn ohne Kenntnis kann zwar der Lauf der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnen, nicht jedoch der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Verschwiegene Ansprüche können binnen 10 Jahren (§ 199 Abs. 4 BGB) geltend gemacht werden, bei Eingreifen deliktischer Tatbestände innerhalb von 30 Jahren (199 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Da der Unternehmer den für ihn günstigen Verjährungseintritt darlegen und beweisen muss, die zum Verjährungsbeginn führende Kenntnis oder das Kennenmüssen jedoch regelmäßig nur durch die gleichfalls vom Unternehmer zu beweisende (§§ 362, 363 BGB) Erfüllung der Abrechnungspflicht oder eine vergleichbare Informationsdichte hergestellt werden kann und hinsichtlich der Verjährung der Informationsrechte (§ 87c Rn 32 ff) bei Zweifeln über die zeitgerechte Information die Auskünfte des § 87c zu erteilen sind3225, gilt ohne Beweis des Gegenteils eine regelmäßig mindestens 10jährige Verjährungsfrist. Der Beweis kann auch durch einen Anscheinsbeweis geführt werden; die Beweislast kann sich durch Vermutungen wenden. a) Kenntnis oder Kennenmüssen bei Provisionsansprüchen. Bei Provisionsforderun- 485 gen als Hauptrecht ist neben der nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB verjährungsauslösenden Fälligkeit regelmäßig Voraussetzung des Verjährungslaufs (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dass der HV durch eine Abrechnung3226 nach § 87c Abs. 1 vollständig, unmissverständlich und deutlich Kenntnis3227 seiner Ansprüchen erhält3228. Jede andere Kenntnis hervorrufende Information muss sich am Leitbild der Abrechnung messen lassen und eine ähnliche Informationstiefe aufweisen. Fehlt eine solche Information, beginnt die Verjährung erst zum Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der HV erstmals Anlass hatte, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der übermittelten Abrechnung bzw. Provisionshöhe zu zweifeln („Kennenmüssen“ i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB)3229. Sind dem HV verdiente Provisionen, etwa aufgrund einer Abrechnung, welche einen unrichtigen Provisionssatz nennt, nach ihrem Rechtsgrund bekannt und existiert nur Streit über die Provisionshöhe, so besteht idR Kenntnis und die Verjährung beginnt zu laufen3230. Der Streit setzt Kenntnis voraus. In dieser Situation könnte der HV zumindest eine Stufenklage, in erster Stufe z.B. gerichtet auf einen Buchauszug, erheben. Etwas anderes mag vertreten werden, falls es für Kenntnis oder Kennenmüssen gerade auf die Provisionshöhe ankommt. Dass der HV auch ohne Abrechnung theoretisch „auf Verdacht“ Kontrollrechte hätte geltend 3224 3225

Emde VersR 2009, 889 (894). BGH WM 1989, 152 (153); OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 39.

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3228 3229 3230

Vgl. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 331. Der HV braucht sich die Existenz seiner Provisionsansprüche nicht zusammenzureimen. Emde VersR 2009, 889 (894). Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 45. Vgl. Küstner in: Küstner/Thume, I Rn 1316.

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1. Buch. Handelsstand

machen und eine Stufenklage3231 erheben können, reicht für Kenntnis noch Kennenmüssen nur aus, wenn der HV entweder sichere Kenntnis der Provisionsentstehung hatte oder mit ihr rechnen musste3232. Zu einer solchen Stufenklage ist der HV nicht verpflichtet und auch nicht i.S. einer Obliegenheit gehalten. Im Gegenteil: bei der unmotivierten Geltendmachung eines Informationsrechts könnte an Rechtsmissbrauch gedacht werden. Besonders strenge Voraussetzungen sind zu Lasten des Unternehmers an Kenntnis oder Kennenmüssen zu stellen, wenn es um dem HV meist unbekannte Provisionsansprüche, etwa Bezirks-3233 und Dynamikprovisionen, sowie Provisionen in den Fällen der § 87a Abs. 2 und 3 (Nichtzahlung von Kunden, Nichtausführung von Geschäften, Gutschriften und Stornos) geht. Deshalb beweist die monatliche Provisionsabrechnung nicht immer die erforderliche Kenntnis3234, gerade beim Bezirksvertreter3235. Der Unternehmer könnte im Gebiet bzw. Bezirk des HV eigene Geschäfte abschließen, von denen der HV nicht ohne weiteres Kenntnis erlangen musste und deren Fehlen auf den Provisionsabrechnungen ihm auch nicht auffallen konnte bzw. musste3236. Regelmäßig darf davon ausgegangen werden, dass Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen erst eintritt, sobald der HV über die tatsächlichen Umstände der Nicht- oder Andersausführung bzw. die Nichtzahlung hinreichend präzise informiert wurde. Das mag etwa in Buchauszugs- oder Bucheinsichtform geschehen.

486

b) Kenntnis oder Kennenmüssen beim Ausgleichsanspruch. Siehe § 89b Rn 438 ff.

487

5. Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz / § 242 BGB. Ergänzt werden die allg. Verjährungsvorschriften durch einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch aus §§ 280 BGB3237, 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB (Wiederherstellung der Verjährungslage wie zum Zeitpunkt zeitgerechter und vollständiger Information)3238. Voraussetzung: der Unternehmer muss fahrlässig oder vorsätzlich handeln. Sofern der Unternehmer den HV über Hauptanspruch und Vergütungsrecht erst nach Eintritt der gesetzlichen oder der vertraglich vereinbarten Verjährung informiert, ist er verpflichtet, im Wege des Schadenersatzes – Naturalrestitution (§ 249 BGB) – den Verjährungszustand hinzunehmen, welcher bei zutreffender und zeitgerechter Information bestände3239. Der Ersatzanspruch ist nicht auf Fälle vorsätzlichen – bewussten – Verschweigens oder des § 826 BGB3240 begrenzt. Denn § 249 BGB ist sowohl bei vorsätzlichem wie fahrlässigem Verhalten anwendbar. In Rechtsprechung3241 und Literatur3242

3231

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Die Möglichkeit, eine Stufenklage zu erheben genügt grundsätzlich, vgl. Glanegger/ Ruß § 87 Rn 12. Aber der HV muss auch Anlass haben, das Kontrollrecht einzufordern, siehe Rn 485. Vgl. Emde VersR 2009, 889 (894). OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 7; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71; wohl

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3240 3241 3242

nur bei Arglist OLG Nürnberg VersR 1982, 1099. Emde VersR 2009, 889 (895). BGH, Urt. v. 28.01.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; Stötter NJW 1978, 799; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71; Glanegger/ Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 10. AA mglw. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71. BGH, Urt. v. 28.01.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414. Küstner in: Küstner/Thume, I Rn 1311.

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genannte Fälle vorsätzlicher Begehung bilden nur (Extrem)beispiele. Die 10jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB hat damit nur in Situationen nicht zu vertretenen Verschweigens Bedeutung. Man könnte zwar diskutieren, ob die Regelung über Kenntnis und Kennenmüssen in § 199 Abs. 1 BGB jetzt jedenfalls bei fahrlässigem Verschweigen vorrangig ist, nachdem in dieser Situation die Verjährungsfrist auf 10 Jahre angehoben wurde. Da der Unternehmer bei Fahrlässigkeit oder Vorsatz jedoch nicht schützenswert ist, wird nicht ersichtlich, warum das aus der Sphäre des Unternehmers stammende Risiko selektiver Information auf den HV verlagert werde sollte. Fehlendes Verschulden muss der Unternehmer substantiiert vortragen, weil er allein unter Berücksichtigung von Gefahrenbereichen hierzu in der Lage ist. Erst wenn der Unternehmer ernsthaft die Möglichkeit mangelnden Verschuldens darlegt, hat der HV das Vertretenmüssen des Unternehmers zu beweisen. Blieben dem HV Provisionsansprüche wegen fehlender Information, insbesondere aufgrund mangelnder Abrechnung, unbekannt, darf sich der Unternehmer zudem gem. §§ 162, 242 (unzulässige Rechtsausübung3243) nicht auf Verjährung berufen. Die aus Delikt oder §§ 162, 242 BGB hergeleiteten Rechte sollen nicht eingreifen, wenn es sich um Abrechnungsfehler handelt, welche der HV durch einfache Nachprüfung hätte feststellen können3244. Zur Durchsetzung der vorgenannten Rechte dürfen alle Informationsansprüche des § 87c, zumindest aber Auskunftsrechte nach § 242 BGB, eingefordert werden. Die hier behandelten Ansprüche verjähren erneut gem. §§ 195, 199 BGB binnen 3 Jahren seit Kenntniserlangung oder Kennenmüssen der sie begründenden Umstände3245. Mangels Kenntnis verjähren die Schadenersatzansprüche unabhängig von ihrem Entstehen gem. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB spätestens in 30 Jahren nach der schadensstiftenden Pflichtverletzung (199 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Ob diese 30jährige Verjährungsfrist erneut mittels eines Schadensersatzanspruchs durchbrochen werden kann, dürfte zweifelhaft sein. Bei Dauerhandlungen, etwa langfristig fehlender Abrechnung über Provisionsansprüche oder fortdauernden Vertragsverletzungen, setzt sich die Verletzungshandlung über ihre gesamte Dauer fort. Es handelt sich um wiederholte Verletzungshandlungen, bei der für jeden Schadenszeitraum eine separate Verjährungsfrist zu laufen beginnt3246. Nichts anderes gilt, wenn man bei einer Verletzung der Exklusivität das Festhalten des Herstellers an den Verträgen mit den Wettbewerbern als eine Dauerhandlung betrachtet. In diesem Fall beginnt, sofern nicht das Alleinvertriebsrecht der Klägerin früher endet, die Verjährungsfrist nicht vor Abbruch der Lieferbeziehungen zu den Wettbewerbern3247. 6. Vereinbarungen über die Verjährungsfrist. In Abwesenheit einer Vereinbarung über 488 das auf die Verjährung anwendbare Recht gilt das BGB-Verjährungsrecht3248, ebenso bei Unwirksamkeit einer vertraglich vereinbarten, abgekürzten Verjährungsfrist3249. Es bildet auch das gesetzliche Leitbild iSd. § 307 BGB; zur Unwirksamkeit muss jedoch eine

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.03.1974, BB 1974, 904; Küstner in: Küstner/Thume, I Rn 1469; Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 7. OLG Karlsruhe, v. 23.03.1973 – 8 U 64/73, BB 1973, 1600; Teilurt. v. 23.10.1973 – 8 U 64/73, BB 1974, 713; Küstner/Thume I Rn 1469; Hopt § 88 Rn 6. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 10; Hopt § 88 Rn 6.

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3247 3248 3249

Vgl. BGH, Urt. v. 17.04.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; BGHZ 97, 97, 110; BGH NJW 1985, 1023. RGZ 80, 436 (437 f). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37. BGH, Urt. v. 12.02.2003 – VIII ZR 284/01, NJW 2003, 1670.

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unbillige Benachteiligung hinzutreten. Die Vorschriften über die Verjährung sind dispositiv3250 (vgl. § 202 BGB), auch im Vertriebsrecht3251. Ferner fallen Vereinbarungen über die Verkürzung der Verjährungsfrist nicht unter das Derogationsverbot des § 87c Abs. 5 und sind auch nach § 225 S. 3 BGB zulässig3252. Die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren kann daher – wohl auch durch AGB3253 – reduziert werden. Der BGH fordert zwar, dass „anerkennenswerte Interessen“ zumindest eines Vertragspartners die angemessene Abkürzung der Verjährungsfrist rechtfertigen3254. Solche Interessen liegen aber vor, falls die Reduzierung der Verjährungsfrist einer zügigen Abwicklung des Vertrages und baldigen Klärung der beiderseitigen Rechte und Pflichten dienen3255. Und das gilt eigentlich immer. In der Praxis ist die Verringerung der Verjährungsfrist Mittel, um vor allem bei den den Unternehmer „lästigen“ Informationsrechten des § 87c den Informationszeitraum und damit das Druckpotential des HV und das korrespondierende Risiko des Unternehmers einzugrenzen3256. Denn sind Informations- und/oder Hauptrechte sicher verjährt, können die Kontrollrechte des § 87c nicht mehr gefordert werden (§ 87c Rn 37 ff). Eine solche Risikominimierung ist gerade bei dem aufwendig zu erstellenden Buchauszug willkommen. Die Verjährung beginnt dann gemäß § 200 BGB mit der Entstehung des Anspruchs, meist spätestens mit Vertragsende, und nicht mit dem Schluss des Jahres zu laufen3257. Verjährungsverkürzende Klauseln sind unwirksam, wenn sie für den Verjährungsein489 tritt eine Haftung generell ausschließen, ohne hiervon ausdrücklich Fälle des Vorsatzes und des groben Verschuldens auszunehmen (§§ 307, 309 Nr. 7, 202 BGB)3258. Die Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr für Ansprüche aus einem HV-Vertrag ist sowohl als AGB wie als Individualvertrag unwirksam, sofern der Lauf der Verjährung ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Anspruchsinhabers von der Entstehung des Anspruchs – hier: Provisionsforderung – beginnt3259. Eine Abkürzung der Verjährungsfrist unterhalb der zwingenden 12monatigen Ausschlussfrist des Ausgleichsanspruchs ist gleichfalls unzulässig3260, ebenso eine einseitige Verkürzung der Verjährung zu Lasten des HV3261. Das Verbot einseitiger Verkürzung wurde bis zu seiner Streichung aus dem 1953 in das HGB eingefügten § 88 a.F. hergeleitet. Durch die seinerzeitige Novellierung 3250 3251 3252

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3254 3255

3256

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37; Palandt/ Heinrichs § 202 Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37; Hopt § 87 Rn 52; unzutreffend Eberstein S. 180. Emde MDR 1999, 1108 (1112); Küstner/ Thume I Rn 1404, 1503; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 8. OLG München 1999, 69 = BB 1998, 2445; wohl auch BGH MDR 1991, 115 = BB 1990, 2066. BGH, Urt. v. 12.10.1979 – I ZR 166/78, BGHZ 75, 218. BGH, Urt. v. 10.05.1990 – I ZR 175/88, BB 1990, 2066; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 8. Emde MDR 1999, 1108 (1112); Emde EWiR 2001, 631 (632); typisch das i.E. zweifelhafte Urt. OLG München v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zum Buchauszug.

320

3257 3258 3259

3260 3261

Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1302. BGH, Urt. v. 29.05.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 = BB 2008, 1529. BGH, Urt. v. 03.04.1996, VersR 1996, 848 = NJW 1996, 2097; OLG München, Urt. v. 15.11.2000 – 7 U 3545/00, OLGR München 2001, 111; v. 07.02.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991; OLG Hamm, Urt. v. 15.01.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Celle, Urt. v. 12.02.1988 – 11 U 62/87, NJW-RR 1988, 1064; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 9; aA OLG München v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zu einem Sonderfall (zwh.). Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 8. Hopt § 87 Rn 52; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 9.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

sollte die zuvor bestehende Ungleichheit der Verjährung der Ansprüche des HV nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. einerseits und des Unternehmers gem. § 195 oder § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. andererseits beseitigt werden. Das begründete die Regel verjährungsrechtlicher Gleichbehandlung von HV und Unternehmer3262, welche als Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch nach Streichung des § 88 gilt3263. Man wird das Prinzip dem Rechtsgedanken des § 89 Abs. 2 entnehmen dürfen3264. Analog § 89 Abs. 2 wird für beide Teile die längere Frist maßgeblich sein. Ist die Verjährung unzulässig verkürzt worden, hat der HV das jedoch aus Rechtsun- 490 kenntnis nicht erkannt und nach Ablauf der vermeintlichen „Verjährung“ die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs unterlassen, verstößt es gegen Treu und Glauben, falls der Unternehmer ihm nunmehr die Verjährungseinrede entgegensetzt3265. Davon ist jedenfalls auszugehen, wenn der Vertrag mit dieser (unwirksamen) Verjährungsklausel vom Unternehmer gestaltet worden war.

P. Verwirkung Ansprüche beider Parteien können infolge einer aus § 242 BGB herzuleitenden Ver- 491 wirkung ausgeschlossen sein3266. Es gelten die allg. Verwirkungsgrundsätze. Laut OLG Düsseldorf3267 ist die Verwirkung ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der strengen Anforderungen unterliegt. Jeder Schuldner müsse im Regelfall bis zum Ablauf der Verjährungsfrist mit der Geltendmachung des Anspruches rechnen. Reiner Zeitablauf und längere Untätigkeit des Gläubigers allein genügten nicht, um Verwirkung anzunehmen. Vielmehr müssten besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer sich das späte Geltendmachen als Verstoß gegen Treu und Glauben darstelle. Selbst wenn dem HV daher ein Teilbetrag, etwa berechnet nach den Grundsätzen in der Versicherungswirtschaft, gezahlt wird, ist er binnen Verjährungsfrist nicht gehindert, den ihm zustehenden Restbetrag zu fordern3268. Um Verwirkung anzunehmen müssen sowohl ein Zeit- wie ein Umstandsmoment vorliegen3269. Das einfache Untätigbleiben des HV reicht wie dargestellt nicht aus3270. Ein Umstandsmoment müsste also entsprechend stark sein, womit

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3264

3265 3266

BGH, Urt. v. 12.10.1979 – I ZR 166/78, BGHZ 75, 218 (219) = NJW 1980, 286; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 64. Hopt § 87 Rn 52; Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 9. BGH, Urt. v. 12.10.1979 – I ZR 166/78, BGHZ 75, 218; BGH, Urt. v. 12.02.2003 – VIII ZR 284/01, VersR 2003, 991 = BB 2003, 919 = NJW 2003, 1670 = MDR 2003, 701 = DB 2003, 2121 = WM 2003, 2101; OLG Hamm, Urt. v. 25.06.1987 – I U 229/86, NJW-RR 1988, 674. OLG Karlsruhe Urt. v. 26.03.1974, BB 1974, 904. Schmidt BB 1965, 732 (733); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1324; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 360; Hopt § 89b Rn 80; Schlegel-

3267

3268 3269 3270

berger/Schröder § 89b Rn 38; aA (Verwirkung generell ausgeschlossen) Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 16. OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.1958, HVRNr. 184; LG Hannover, Urt. v. 14.09.1972, RVA 1973, 101; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.03.1957, VersR 1957, 329; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.04.1957, BB 1975, 561. AA LG Münster, Urt. v. 29.08.2002; zitiert nach Küstner/Thume II Rn 1657. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 360. OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.1958, HVRNr. 184; OLG Stuttgart VersR 1957, 329; OLG Karlsruhe BB 1957, 561; LG Hannover, Urt. v. 14.09.1972 – 12 O 210/72, n.v.; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1327; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 11.

Raimond Emde

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Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

kaum zu rechnen ist. Insbesondere vor Ablauf der Verjährungsfrist ist der Verwirkungseintritt schwer vorstellbar3271. Der BGH hatte zu § 88 a.F. festgestellt, Ansprüche, welche nach dem Gesetz – wie § 88 a.F. – einer kurzen Verjährungsfrist unterlägen, könnten vor Ablauf der Verjährungsfrist nur aus besonderen Gründen verwirkt werden. Denn sonst würde die durch die Verjährung vorgesehene zeitliche Beschränkung für die Erhebung der Ansprüche gegenstandslos3272. Dies muss nach der Verkürzung der Verjährungsfrist erst recht gelten. Dem HV muss eine angemessene Überlegungsfrist zugebilligt werden, welche das Gesetz in § 195 BGB bestimmt und die früher gem. § 88 a.F. sogar 4 Jahre betrug. Während dieser Überlegungsfrist ist dem Unternehmer auch ein „Hin und Her“ des HV zumutbar und es ist dem HV zuzubilligen, widersprüchliche Signale an den Unternehmer zu senden. Denn schließlich muss der HV nicht in jedem Stadium exakt wissen, was er will. Voraussetzung der Verwirkung wäre also, dass sich der Unternehmer nach dem Gesamtbild des Verhaltens des HV schon vor Ablauf der Verjährung darauf eingestellt hatte, der HV werde den Anspruch nicht oder nicht mehr verfolgen. Praktisch hätte man sich allenfalls Fälle vorzustellen, in denen der HV zwar den Anspruch zunächst geltend gemacht hat, aber im Weiteren jenes den Unternehmer in Sicherheit wiegende Verhalten betätigt. Es könnte beispielsweise darin liegen, dass der HV mit steigendem Lauf der Verjährungsfrist untätig bleibt und dem Unternehmer gegenüber – oder Dritten gegenüber in einer Weise, dass er annehmen musste, es werde dem Unternehmer zur Kenntnis gelangen – zu erkennen gibt, er sei an der Weiterverfolgung des Anspruchs nicht mehr interessiert, etwa weil ihm das Prozessrisiko zu groß erscheine. Provisionsansprüche können ebenfalls nach allg. Maßstäben verwirken. Nach Ansicht des LG Bonn3273 soll die Verwirkung von Provisionsansprüchen in Anbetracht der gesetzlichen Wertungen des HGB, ausweislich derer ein HV verdiente Provisionen behalte, er im Übrigen keinen Erfolg seiner Tätigkeit schulde und der Unternehmer mit dem ihm eingeräumten Recht zur außerordentlichen Kündigung (§§ 89a, 89b Abs. 3 Nr. 2) sowie begleitenden Schadensersatzansprüchen aus den §§ 280 ff BGB hinreichend geschützt sei, allenfalls in besonderen Ausnahmefällen begründet sein. Ein solcher Ausnahmefall könne etwa bei groben Verstößen gegen den Unternehmer schützende Schutzoder Rücksichtnahmepflichten zu erwägen sein3274. Zur Verwirkung des Ausgleichsanspruchs § 89b Rn 447. Hier wird der Verwirkungseinwand besonders häufig erhoben3275.

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3273

Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 360; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 11; Hopt § 89b Rn 80. BGH, Urt. v. 17.02.1969 – II ZR 30/65, DB 1969, 569; Urt. v. 06.12.1988 – XI ZR 19/88, MDR 1989, 448; ebenso Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 11. LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09,

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3275

BeckRS 2010, 04041; unter Hinweis auf OLG Karlsruhe, Urt v. 18.03.1988 – 15 U 105/87 – juris; Hopt § 86 Rn 49; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 50; Oetker/Busche § 84 Rn 68. OLG Karlsruhe, Urt v. 18.03.1988 – 15 U 105/87 – juris; OLG Koblenz BB 1973, 866. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1325.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

§ 84[1] Begriff des Handelsvertreters (1) 1Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. 2 Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. (2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter. (3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein. (4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. [1] § 84 neu gef. durch G v. 6.8.1953 (BGBl. I S. 771); Abs. 4 angef. durch G v. 22.6.1998 (BGBl. I S. 1474).

Schrifttum Bogs Die Beurteilung der Selbständigkeit von Handelsvertretern als Methodenfrage der Sozialversicherungspflicht VersR 1977 197; Götz Hueck Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter DB 1955 834; Ludwig Auf welche Handelsvertreter ist das Bundesurlaubsgesetz anwendbar? DB 1966 1972; Marburger Zur Sozialversicherungspflicht von Vertretern und ähnlichen Personenkreisen DB 1979 840; Martin oHG und KG als Versicherungsvertreter VersR 1967 824; Neflin Der Industriepropagandist in handelsrechtlicher und steuerlicher Sicht DB 1961 833; Ordemann Zur Abgrenzung zwischen Handelsvertreter und Angestelltem BB 1963 498; Rewolle Die Abgrenzung des Begriffs „Handelsvertreter“ zum Arbeitnehmer und der Zuständigkeit der Gerichte DB 1954 214; Stolterfoth Die Selbständigkeit des Handelsvertreters 1973; Stötter Abgrenzung zwischen Handelsvertretern und Reisenden DB 1978 429.

Übersicht Rn A. Überblick . . . . . . . . . . . . . . .

1

B. § 84 Abs 1: Definition des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . . . .

2–4

C. Der Angestelltenstatus des nicht selbständigen Geschäftsmittlers (Abs. 2) .

5–7

D. Vertrags- nicht Personenbezogenheit der Definition . . . . . . . . . . . . . . .

8

E. Europarechtliche Präformation

. . . .

9

F. Die einzelnen TB-Merkmale des Abs. 1 I. Selbständiger Gewerbetreibender . 1. Gewerbetreibender . . . . . . a) Gewerblichkeit . . . . . . b) Handelsgewerblichkeit . . . 2. Selbständigkeit . . . . . . . . a) Begriffsbestimmung . . . . b) Einzelkriterien zur Bestimmung der Selbständigkeit .

10–74 10–46 11–16 12 13–16 17–46 17–22 23–35

Raimond Emde

Rn aa) Für Selbständigkeit sprechende Merkmale . . . . . . . . . . (1) Merkmale die nur in geringem Maße für Selbständigkeit sprechen . . . . . . . . . . (2) Merkmale die in höherem Maße für Selbständigkeit sprechen . . . . . . . . (3) Merkmale mit starker Indizwirkung für Selbständigkeit . . . . . . (4) Merkmale die zwingend für Selbständigkeit sprechen . . . . . . . . bb) Gegen die Selbständigkeit sprechende Merkmale . . . . . . . . . .

25–29

26

27

28

29

30–35

323

§ 84

1. Buch. Handelsstand Rn

(1) Merkmale mit keinem oder sehr geringem Gewicht . . . . . . . . . (2) Merkmale mit mittlerem Gewicht . . . . . (3) Merkmale, die sehr stark für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses sprechen . c) Bedeutung der SGB-Vorschriften über die Scheinselbständigkeit . . . . . . . d) Arbeitnehmerähnliche Personen . . . . . . . . . . . e) Beweislast . . . . . . . . . f) Gerichtliches Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung . . . . . . . . II. Geschäftsvermittlung und Abschluss für einen Unternehmer . . 1. Unternehmer – Bedeutung des § 84 Abs. 3 . . . . . . . . . . 2. Vermittlung und Abschluss von Geschäften . . . . . . . . a) Vermittlungsvertreter . . . b) Abschlussvertreter . . . . . c) Geschäfte . . . . . . . . . III. Ständige Betrauung . . . . . . . . 1. Betrauung . . . . . . . . . . 2. Ständig . . . . . . . . . . . . IV. Ungeschriebene Ausschlussmerkmale? . . . . . . . . . . . . . . . G. § 84 Abs. 4: Kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb . . . . . . . . . . . . .

31–32 33

34–35

Rn H. Vertragschluss, Vertragsbeginn und Vertragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . I. Abschluss des Handelsvertretervertrages . . . . . . . . . . . . . II. Vertragsbeginn . . . . . . . . . . III. Vertragsänderung und Vertragsübergang . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsänderung . . . . . . . 2. Vertragsübergang . . . . . . . I. Anfechtbarkeit und Nichtigkeit . . . .

36–42 43–44 45

46 47–64 48–54 55–64 56–60 61 62 65–74 66–67 68–73 74

J. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . K. Arten von Handelsvertretern . . . . I. Handelsvertreter und ihr Tätigkeitsfeld . . . . . . . . . . . . . II. Abgrenzung nach rechtlicher Erscheinungsform . . . . . . . . . 1. Alleinvertreter und -vertrieb 2. Arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter . . . . . . 3. Bezirksvertreter . . . . . . . 4. Ein- und Mehrfirmenvertreter . . . . . . . . . . 5. Handelsvertreter im Nebenberuf (§ 92b) . . . . . . . . 6. Vertreter mit Kundenschutz . 7. Minderjährige . . . . . . . 8. Absatz 3: Untervertreter . . a) Echte Untervertreter . . b) Unechte Untervertreter . 9. Vermittlungs- und Abschlussvertreter . . . . . . . . . . 10. Vertretergesellschaften . . .

77–87 78–80 81 82–87 82 83–87 88–93 94

.

95–131

.

96–97

. 98–131 . 99–105 . 106–107 . 108 .

109

. 110 . 111 . 112 . 113–123 . 114–121 . 122–123 . 124 . 125–131

75–76

A. Überblick 1

§ 84 Abs. 1 nennt die Tatbestandsvoraussetzungen des HV-Vertrages. Abs. 2 hebt den Begriff der Selbständigkeit hervor und definiert die Antipode zum selbständigen Vertreter, den angestellten Reisenden. Abs. 3 (zu ihm Rn 48 ff zur Unternehmereigenschaft und Rn 113 ff zu Untervertretern) stellt klar, dass der HV auch Unternehmer sein kann und als solcher echte Untervertreter für sich tätig werden lassen kann. § 84 enthält in seinen Absätzen 1 bis 3 zwingendes Recht. Der durch das Handelsrechtsreformgesetz 1998 eingefügte Abs. 4 bestimmt die Geltung der §§ 84 ff auch für den bisher minderkaufmännischen HV (Rn 75 ff). Dieser erfüllt die Voraussetzungen der Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs. 2 HGB n.F. nicht und würde außerhalb des Anwendungsbereichs der Schutzvorschriften der §§ 84 ff fallen, wenn Abs. 4 die Geltung dieses Schutzrechts nicht ausdrücklich anordnen würde.

324

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

B. § 84 Abs 1: Definition des Handelsvertreters § 84 Abs. 1 definiert den Begriff des Handelsvertreters Die Legaldefinition enthält 2 fünf TB-Merkmale (Abs. 1 S. 1), nämlich Selbständigkeit (1), Gewerbe (2), ständige (3) Betrauung (4) – wobei das Merkmal ständig im Vordergrund dieses Begriffspaares steht – sowie Vermittlung oder Abschluss von Geschäften (5). Die Vermittlung und der Abschluss von Geschäften stehen rechtstatsächlich meist im Alternativverhältnis. Für die rechtliche Einordnung als HV brauchen die letztgenannten beiden Merkmale jedoch nicht kumulativ erfüllt zu sein. Man könnte hier also von Tatbestandsmerkmalen 5a und b sprechen. Nach anderer Ansicht und gekürzt auf logische Zusammenhänge stellt das Gesetz sogar nur drei Merkmale auf, die sämtlich erfüllt sein müssen, damit ein Handelsvertretervertrag vorliegt, und zwar selbständiger Gewerbetrieb (1), ständige Betrauung (2) mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften für einen Unternehmer (3). Sämtliche dieser zwingenden Merkmale – mit Ausnahme des Alternativpaars Vermittlung oder Abschluss – müssen kumulativ vorliegen, damit das Vertragsverhältnis ein HV-Vertrag ist. Mangelt es an einem dieser Tatbestandsmerkmale, hat der Vertriebsmittler keinen HV-Vertrag geschlossen1. Eine Erlaubnispflichtigkeit der HV-Tätigkeit liegt – Sonderregeln etwa im Versicherungsvermittlungsgewerbe weggedacht – nicht vor: Weder ist eine bestimmte Ausbildung gefordert noch die Erfüllung besonderer öffentlichrechtlicher Voraussetzungen oder Vorschriften2. Sofern eine ggf. auch nur stillschweigende Abrede der Parteien existiert, die alle diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, liegt ein Handelsvertretervertrag vor. Dies gilt selbst wenn die Parteien eine oder alle Rechtsfolgen des Handelsvertreterrechts nicht wollen, solange auf der Tatbestandsseite eine Tätigkeit mit Wissen und Wollen beider Parteien vorliegt. Falls beide Parteien erkennbar den Willen haben, sich ohne ausdrückliche Absprachen oder vor Einigung über alle Einzelheiten einer abzuschließenden Vereinbarung vertraglich zu binden und tatsächlich einen auf Dauer angelegten Handelsvertretervertrag praktizieren, entsteht ein den §§ 84 ff unterliegender Vertrag3. Bei Fehlen eines Tatbestandsmerkmals mag, je nach dem, an welchem Merkmal es 3 mangelt, ein Arbeitsverhältnis (fehlendes Merkmal: „Selbständigkeit“), ein Vertragshändler- oder Franchisevertrag (fehlendes Merkmal: „Geschäftsvermittlung“ bzw. „Abschluss im fremden Namen“), eine Kommission (fehlendes Merkmal „in dessen Namen“) oder ein Maklervertrag (fehlendes Merkmal: „ständige Betrauung“) vorliegen. Jedes Merkmal kann auch aus der Gesamtschau des Vertrages hergeleitet werden4. Bei der Abgrenzung hilft eine breitgefächerte Fallgruppenbildung und eine Rechtsfolgenbetrachtung unter Einbeziehung des Schutzgedankens5 des Handelsvertreterrechts: Zieht man den Anwendungsbereich des Handelsvertreter-Schutzrechts zu eng, fallen bestimmte Verträge durch das Netz des überwiegend mittlerfreundlichen Handelsvertreterrechts. Zudem erleichtert das spezielle Handelsvertreterrecht die Rechtsfolgenfindung, mit Ausnahme der dank der Umständlichkeit des Berechnungsweges (ein von den Gerichten hausgemachtes Problem) schwierigen Ausgleichsberechnung (dazu bei § 89b). Die Legaldefinition des § 84 gilt

1 2 3

Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 3. BGHZ 62, 71 (74); BGH, Urt. v. 24.2.1983 – I ZR 14/81, NJW 1983, 1727; Urt. v. 13.11.1986 – I ZR 104/84, NJW-RR 1987, 546; Urt. v. 26.10.1989 – I ZR 20/88, NJWRR 1990, 354 (355); BGH Urt. v. 01.04.1992 –

4 5

IV ZR 332/90, WM 1992, 1193 (1195); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 26; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; vgl. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 33. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514 (1516). Canaris § 17 Rn 16.

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§ 84

1. Buch. Handelsstand

auch für das Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht. Der Hauptdefinition des Abs. 1 S. 1 stellt Abs. 1 S. 2 eine Unterdefinition zur Seite. Gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Jene Unterdefinition rückt im Normengefüge des § 84 den Begriff der Selbständigkeit in den Vordergrund, und zwar zu recht, denn in der Praxis wird ausnehmend häufig über Selbständigkeit oder Unselbständigkeit gestritten. Die besondere Stellung des Tatbestandsmerkmals wird durch die Negativabgrenzung des § 84 Abs. 2 betont: Wer ohne selbständig zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter. Diese Folge ist zwingend, sie steht nicht zur Disposition der Parteien6. Abs. 3 bestimmt aus heutiger Sicht Selbstverständliches: Unternehmer kann auch ein HV sein. Die Bedeutung des § 84 Abs. 3 liegt daher in dem mittelbar Mitgeteilten: der Vertreter darf sich nach dem gesetzlichen Leitbild Hilfspersonen bei der Vertragsausführung, insbesondere Untervertreter, bedienen (Konkretisierung der §§ 613, 664 BGB). Im Bereich handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler, bei denen eine Analogie zu § 84 4 gebildet wird, wird auch die Legaldefinition des § 84 Abs. 1 analog angewandt. Sie lautet dann: „Handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender im Vertriebssystem eines anderen Unternehmers (Unternehmer) einer auch im Interesse dieses Unternehmers auferlegten Vertriebspflicht unterliegt. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“. Ein Agent oder Vertreter i.S.d. §§ 11, 17 MarkenG kann nicht nur der HV sein. Entscheidend ist, dass es sich um einen Absatzmittler handelt, dem gegenüber seinem Vertragspartner die Pflicht trifft, dessen Interessen wahrzunehmen7.

C. Der Angestelltenstatus des nicht selbständigen Geschäftsmittlers (Abs. 2) 5

Abs. 1 kontrastiert mit seinem Gegenbild, dem des angestellten Geschäftsmittlers (Abs. 2). Die Regelung hat nur klarstellende Bedeutung. „Gilt als“ heißt „ist“. Das bedeutet: Selbst wenn die Beteiligten (etwa um einerseits den Ausgleichsanspruch auszuschalten, andererseits aber auch Sozialleistungen zu sparen) den nicht selbständigen Geschäftsmittler ungeachtet seines ständigen Betrauungsverhältnisses in einem Zwischenfeld ansiedeln und ihn entsprechend deklarieren wollten, als Verkaufsbetreuer, Firmenrepräsentant o.ä., „freier Mitarbeiter“ – ungeachtet es auch solche gibt – zur Verschleierung eines Angestelltenverhältnisses8, nutzt ihnen das nichts. Der Betreffende hat, weil und solange er nicht selbständig ist, kraft gesetzlichen Befehls Angestelltenstatus. Die zwingenden Regeln in Abs. 1 und Abs. 29 sollen Umgehungen des Gesetzes verhindern, die unselbständig Tätigen den Schutz des Arbeitsrechts vorenthalten10. Der in Abs. 2 angesprochene Angestellte ist solcher mit allen Folgen, nicht nur pri6 vatrechtlichen. Der übergreifende Ausdruck „Angestellter“, sonst dem HGB fremd und dem Arbeitsrecht angehörend, macht das deutlich. In der Tat kommt hier ein Element des Arbeits- und des Sozialrechts ins Spiel. Der als Angestellter zu klassifizierende Geschäftsmittler hat teil an allen persönlichen Zügen des abhängig Beschäftigten: er 6 7 8 9

Küstner/Thume I Rn 34. BGH, Urt. v. 10.04.2008 – I ZR 174/05, GRUR 2008, 611. BGH DB 1982 590. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 60; Heymann/

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10

Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 39; Hopt § 84 Rn 39. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 39.

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unterliegt dem Direktionsrecht des Unternehmers als seines Arbeitgebers, sein Beschäftigungsverhältnis wird bei Veräußerung des Unternehmens automatisch mit dem Unternehmensnachfolger fortgesetzt – § 613a BGB –, anders beim HV. Typmäßig ist er der auf Provisionsbasis angestellte „Reisende“, wie er in § 55 Abs. 1 apostrophiert ist. Er ist weisungsgebunden in Bezug auf Arbeitsrhythmus und Arbeitszeit. Dies äußert sich darin, dass er seine Arbeitszeit nicht selbst bestimmen kann11 und auch Weisungen über die Art und Weise, wie er seine Tätigkeit im Einzelnen zu entfalten hat, unterworfen ist12. Zu seinen Gunsten gelten die arbeitsrechtlichen Kündigungsbestimmungen einschließlich des Kündigungsschutzgesetzes. Die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfalle regelt sich nach den einschlägigen arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Es besteht Anspruch auf Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. Das Beschäftigungsverhältnis ist lohnsteuerpflichtig; es sind Beiträge zur Sozialversicherung abzuführen. Der als Angestellter geltende Geschäftsmittler ist auch für das Betriebsverfassungsrecht in den Betrieb des Unternehmers integriert. Durch Auslegung der einschlägigen Tarifverträge ist zu ermitteln, ob die dort vorgesehenen Löhne auch dem auf Provision angestellten Geschäftsmittler als Mindestvergütung zustehen. Wiederum besteht für ihn kein Ausgleichsanspruch. Die Gegenüberstellung beider Typen ist, wie die Verklammerung durch Abs. 1 S. 2 7 beweist, eine einander ausschließende. Die Vertragspartner haben es nicht in der Hand, im Formenkreis des Geschäftsmittlers den HV-Begriff nach ihrem Belieben abzuwandeln. Am wenigsten vermögen sie es durch die bloße „Etikettierung“: durch vertragliche Bezeichnung als HV für denjenigen, der die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt; häufiger freilich mit umgekehrter Zielsetzung (um die Ausgleichsvergütung nach § 89b auszuschalten) durch handelsvertreterferne Benennung dessen, der nach dem gesetzlichen Bild HV-Eigenschaft hat. Die gewählte Terminologie – „Vertreter“, „Agent“, „Reisender“, „Verkaufsleiter“, „Repräsentant“, „Subdirektor“, „Filialdirektor“, „Generalvertreter“, „Geschäftsbesorger“, „Berater“, „Consultant“ u.a. – ist nie entscheidend13. Nicht die Benennung dominiert die rechtliche Qualifikation, vielmehr der Inhalt des Vertrages und seine tatsächliche Durchführung14 (wobei im Zweifelsfall die letztere entscheidend ist15, jedenfalls soweit sie auf eine stillschweigende Vertragsänderung hindeutet). Man wird allerdings ein Wahlrecht des Mittlers annehmen können, sich bei der Statusfrage auf die tatsächliche Durchführung zu berufen oder sich im Wege der Durchsetzung des Vereinbarten in die Selbständigkeit durchzukämpfen. Es muss also an der Definition des Gesetzes genau Maß genommen werden. Das bezieht sich namentlich auf das Erfordernis der Selbständigkeit des HV. Für Klagen auf Feststellung der TB-Voraussetzungen des Abs. 2 ist im Gegensatz zu entsprechenden Klagen nach Abs. 1 das Arbeitsgericht zuständig16.

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RAG ARS 30, 40. RAG ARS 10, 597. BGH NJW 1972, 251; BAG 15, 335; BSG VersR 1961, 172; BAG, DB 1972, 2215; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 3; Wank EWiR 1997, 829 – auch nicht in der Versicherungswirtschaft –; OLG Stuttgart BB 1959, 537; OLG Bamberg BB 1965, 1167; LAG Bremen DB 1955, 535. BGH ZIP 2000, 630, 631; OLG Bremen,

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Beschl. vom 28.01.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432; Behrend NJW 2003, 1563. BSG BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 29; ArbG Hamburg, Urt. v. 03.08.2004 – 2 Ca 39/04, S. 15; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 60; Hopt § 84 Rn 45; ausführlich Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 35b.

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D. Vertrags- nicht Personenbezogenheit der Definition 8

Der Wortlaut des § 84 stellt den Begriff des HV, also dessen Person, in den Vordergrund. Inhaltlich regeln die §§ 84 ff gleichwohl ausschließlich das Vertragsverhältnis17. Das HV-Recht des 7. Abschnitts hat es nur mit diesen einzelnen HV-Verträgen zu tun. Die Kreuzpunkte mit dem Recht der Agenturfirma oder das Recht der Querbeziehungen innerhalb des Vertriebsnetzes18 hat das Gesetz vernachlässigt; erstgenannte ergeben sich überall da, wo die persönliche Dienstleistungspflicht des HV eine Rolle spielt19 (siehe Vor § 84 Rn 50 ff). Die Person des HV hat für die §§ 84 ff keinerlei rechtliche Bedeutung. Außer einer natürlichen Person darf auch jede Gesamthandsgemeinschaft oder juristische Person20 HV sein. Auch kann derselbe Außendienst-Mitarbeiter – behält man die an die Person und nicht den Vertrag angelehnte Terminologie des § 84 bei – im Verhältnis zu einem Auftraggeber HV, gegenüber einem anderen vielleicht Reisender im Angestelltenverhältnis21, Vertragshändler, Kommissionsagent oder Makler sein22. Dies wäre kaum denkbar, sollte in § 84 allein die „unteilbare“ Stellung der Person des Mittlers geregelt sein: Nicht die Person des HV, sondern das rechtliche Band zwischen HV und Unternehmer ist also Regelungsgegenstand der §§ 84 ff. Die richtige Frage lautet deshalb: „welche Vereinbarung erfüllt die Voraussetzungen eines HV-Vertrages“, nicht „wer kann HV sein“? Möglicherweise hätten die Bestimmungen – trotz der Regelung auch der Außenbeziehungen zu Dritten23 – zum HV-Vertrag daher nicht in das erste Buch (Handelsstand) sondern in das 4. Buch des HGB (Handelsgeschäfte) gepasst24. Die Einordnung als kaufmännische Hilfsperson ist schon deshalb unschlüssig, weil der Unternehmer kein Kaufmann sein muss25. Mithin regelt § 84 wann ein Handelsvertretervertrag vorliegt.

E. Europarechtliche Präformation 9

Die Definition des § 84 ist durch Art. 1 Abs. 2 RL 1986 europarechtlich determiniert26. Nach Art. 1 Abs. 2 RL ist HV, wer als selbstständiger Gewerbebetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (den Unternehmer) den Verkauf oder Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen27. Die Abgrenzung von Selbständigkeit und Unselbständig-

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Canaris § 17 Rn 5; AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 1: Regelung sowohl der Vertragsparteibezeichnung wie der Kaufmannsgewerbebezeichnung. Hierzu Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff. Im Einzelnen Brüggemann ZHR 131 [1968] 1 ff. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 1 a; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, passim; Emde GmbHR 1999, 1005; Kindler/ Menges DB 2010, 1109 (1110); Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 12. BFH HFR 1966, 465; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 60; Hopt § 84 Rn 39.

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Vgl. Küstner/Thume I Rn 112 ff; BGH VersR 1960, 462; LAG Baden-Württ. VW 1970, 57; Bruck/Möller, Anm. 431 vor §§ 43–48 VVG; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 2 und § 86 Rn 40. Siehe §§ 91 f: Probleme der Stellvertretung und Canaris § 17 Rn 6. Schmidt-Rimpler S. 1 ff; Canaris § 17 Rn 5; Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666); aA Sandrock in: FS Raisch, 1995, S. 167 ff. Canaris § 17 Rn 5. Hopt § 84 Rn 36; Hopt FS Medicus, 1999, S. 246. Kiene RIW 2007, 287 (297).

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keit28 sowie der Begriff des Gewerbes29 wurde in der RL nicht geregelt. Insoweit gilt die nationale Definition, im Zweifelsfall diejenige, welche zur Zeit des Inkrafttretens der Richtlinie in der Gemeinschaft bestand30.

F. Die einzelnen TB-Merkmale des Abs. 1 I. Selbständiger Gewerbetreibender Diese Worte grenzen zum Anstellungsvertrag ab (§ 84 Abs. 2). Scheitert die Einord- 10 nung als Vertretervertrag an der Abwesenheit jener Merkmale, bleibt der Mittler Angestellter. Das ergibt sich – zwingend 31 – aus § 84 Abs. 2. Eine Zwischenform, belegen zwischen HV und Reisendem, oder gar die Anwendung eines „Rumpfvermittlerrechts“, verfasst aus den §§ 675 ff BGB i.V.m. §§ 611 ff BGB, ist vom Gesetz nicht gewollt32. 1. Gewerbetreibender. Der HV muss Gewerbetreibender und kann Handelsgewerbe- 11 treibender sein. Da Handelsgewerblichkeit die Voraussetzung der Kaufmannseigenschaft ist, baut sie auf der Gewerblichkeit auf. a) Gewerblichkeit. Der Begriff des Gewerbes wird in einer Reihe von Gesetzen als 12 Tatbestandsmerkmal verwendet, ohne dass eine einheitliche Terminologie existiert33. Ein Gewerbe setzt als positive Tatbestandsmerkmale Selbständigkeit, Marktausrichtung, planmäßige Tätigkeit auf eine gewisse Dauer bei einer Unbestimmtheit von Geschäften, Gewinnerzielungsabsicht und als negative Abgrenzungsmerkmale das Nichtvorliegen eines freien Berufes bzw. der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens voraus34. Die Tatbestandsmerkmale des Gewerbebegriffes „Selbständigkeit“ und „gewisse Dauerhaftigkeit“ brauchen nicht ein zweites Mal geprüft zu werden, da sie bereits Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 sind (sonst: Doppelprüfung). Es bleiben die Merkmale Marktausrichtung, Planmäßigkeit, Gewinnerzielungsabsicht sowie die oben genannten negativen Abgrenzungsmerkmale. aa) Auf den Markt ausgerichtet ist die Tätigkeit des HV regelmäßig. Denn anderenfalls könnte er auf den beiden für ihn relevanten Märkten – Tätigkeit gegenüber dem Unternehmer und Tätigkeit gegenüber den Kunden – nicht agieren. bb) Auch planmäßige Gewinnerzielungsabsicht wird durchweg Motiv der Tätigkeit des HV sein, während ein freier Beruf35 oder die bloße Verwaltung eigenen Vermögens fehlt. Also ist die Vertretertätigkeit eine gewerbliche. Dass der HV im Einzelfall ohne Gewinn arbeitet, schließt die Gewinnerzielungsabsicht nicht aus36.

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Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der Europäischen Union, Diss. iur. Münster 1994, S. 39; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 12. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 11/12. Kiene RIW 2007, 287 (297). OLG Düsseldorf WM 1985; Hopt § 84 Rn 39.

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Küstner/Thume I Rn 34. Ebenroth/Kindler § 1 Rn 15 ff. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 50. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 50. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 15.

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b) Handelsgewerblichkeit. Vor dem Handelsrechtsreformgesetz v. 22.08.1998 betrieb der HV kraft Gesetz (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 a.F.) ein Handelsgewerbe37. Das hierin versteckte „Minus“, die Gewerblichkeit, war ohne weitere Prüfung anzunehmen. Jene Stellung als „Gewerbetreibender kraft Gesetzes“ und die aus ihm folgende Kaufmannseigenschaft hat die Novelle 1998 beseitigt. Sieht man Abs. 1 isoliert, wäre nur derjenige HV Kaufmann, der ein Handelsgewerbe 14 betreibt (§ 1 Abs. 1). Auf den nichtkaufmännischen Mittler blieben die §§ 84 ff nicht anwendbar. Deshalb bestimmt § 84 Abs. 4, die §§ 84 ff fänden auch Anwendung, sofern das Unternehmen des HV nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (dazu Rn 75 ff). Starre Regeln, wann die Grenze zur Handelsgewerblichkeit überschritten ist, sind 15 abzulehnen. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung der Verhältnisse, wobei folgende Umstände eine Rolle spielen: Zahl der Beschäftigten und Art ihrer Tätigkeit, Umsatz, Anlage- und Betriebskapital, Vielfalt der im Betrieb erbrachten Leistungen, Geschäftsbeziehungen sowie Inanspruchnahme von Kredit38. Deshalb darf auch nicht auf feste Provisionsgrößen abgestellt werden. Kögel39 meint, bei HV ab einem Provisionsumsatz von etwa € 100.000 (berechnet auf Basis eines Provisionssatzes von 2–5 %) könne man die Kaufmannseigenschaft vermuten. Bei Vertragshändlern, und so wird man ergänzen dürfen, Franchisenehmern, müsse auf die Umsätze abgestellt werden, man dürfe ab € 250.000 die Kaufmannseigenschaft bejahen40. Westphal 41 referiert Entscheidungen des Landgerichts Rottweil42 und des OLG Oldenburg vom 31. Januar 198543, die bei einem vermittelten Umsatz von € 250.000 und Provisionseinnahmen von € 300.000 jährlich (500 Kunden, 4 Firmen) bzw. bei jährlichen Provisionseinnahmen von € 65.000 mit einem vermittelten Umsatz von ca. € 0,5 Mio. (200 Kunden, 3 Firmen) die Vollkaufmannseigenschaft nach damaligem Recht (heute: „Kaufmann“) annahmen. Derartige feste Umsatzschwellen mögen zwar dem Wunsch nach Rechtssicherheit entsprechen. Sie versperren jedoch den Blick auf die Umstände des Einzelfalls. Auch bei hohen Provisionseinnahmen ist ein Vertreter kein Kaufmann, falls sich seine Buchführungstätigkeit im Wesentlichen auf die Verbuchung von zwölf jährlichen Provisionseinnahmen beschränkt. Jedoch ist dieser theoretische Fall kaum vorstellbar, da meist erhebliche Kosten gegenzubuchen sind. Wäre man allzu streng, schwächte man die Konzentration von Vertreterangelegenheiten bei den Kammern für Handelssachen erneut. Als Kaufmann führt der HV für seine Agentur eine Firma, ist Mitglied der Industrie16 und Handelskammer, hat Handelsbücher zu führen und Bilanzen nach Handelsrecht zu erstellen, kann Prokura erteilen und kaufmännisches Personal beschäftigen. Seine Agentur ist – ebenso wie die eines Nichtkaufmanns – ein „eingerichteter und ausgeübter Geschäftsbetrieb“, der gegen Eingriffe den Schutz des Gesetzes durch Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB genießt44.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 50. OLG Dresden NJW-RR 2002, 33. DB 1998, 1802 (1805). Kögel (DB 1998, 1802, 1805) nimmt diese Grenze für den „Einzelhandel“ an. Westphal I Rn 38.

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HO 208/74. I O 143/84. OLG Karlsruhe BB 1959, 1006: diskriminierende Rundschreiben des Unternehmers an die Kunden nach Ausscheiden des HV; Hopt § 84 Rn 33.

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2. Selbständigkeit a) Begriffsbestimmung. Nur der „selbständige“ Mittler übt eine HV-Tätigkeit aus, 17 wobei es ausreicht, dass er mit Aufnahme seiner Tätigkeit Selbständigkeit erlangt45. Das Merkmal ist – wie die gesamte Legaldefinition des Abs. 1 (Rn 9) – in Art. 1 Abs. 2 RL europarechtlich präformiert46 und zwar trotz des Umstandes, dass die Richtlinie keine Definition der Selbständigkeit vornimmt. Zuweilen wird gegen den Ansatz eines europarechtlichen Selbstständigkeitsbegriffs vorgebracht, dem RL-Geber sei bekannt gewesen, dass in den Mitgliedsstaaten bisher nicht nur unterschiedliche Konzepte der Selbstständigkeit verfolgt wurden, sondern dass die Abgrenzung zwischen unselbstständigen Vermittlern und HV mit Schwierigkeiten verbunden war. Aufgrund dieser Tatsache soll es daher Sache der Mitgliedsstaaten sein, die Interpretation nicht definierter Bestimmungen zu übernehmen47. Gegen diese Annahme spricht jedoch das Ziel, eine Angleichung der Rechtssysteme zu schaffen, um höhere Ziele der Gemeinschaft zu verwirklichen48. So fallen etwa in Frankreich durch die nationale Auslegung des Selbstständigkeitsbegriffs weniger als 10 % der Vermittler in den Anwendungsbereich der Richtlinie49, was wenig plausibel erscheint und gegen eine nationale Auslegung spricht. Der Begriff der Selbständigkeit grenzt zum materiellen Arbeitsrecht ab und hat damit zentrale Bedeutung50, auch für die Abgrenzung des Rechtsweges ordentliche Gerichte/Arbeitsgerichtsbarkeit (formelles Arbeitsrecht), wobei auch Rechtsstreitigkeiten eines selbständigen HV als arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG vor die Arbeitsgerichte verwiesen werden können51. Der Streit um Selbständigkeit oder Unselbständigkeit hat seinen vorrangigen Standort im HV-Recht. Im Vertragshändlerrecht hat er kaum Bedeutung, im Franchiserecht trotz der vertragsbedingt engen Einbindung des Franchisenehmers gleichwohl nur eine marginale. Der Streit hat dort meist keine Berechtigung, weil sich die gegenüber einem Franchisenehmer erteilten Weisungen auf die Vertriebspolitik beziehen und solche nicht zu Unselbständigkeit leiten können. Auch sind viele Vertragshändler und Franchisenehmer juristische Personen, die nicht unselbständig sein können (s.u.). Selbständigkeit liegt gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 vor, wenn der Repräsentant „im wesent- 18 lichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen“ kann52, also in beiden Punkten „sein eigener Herr“ ist. Die Selbstständigkeit ist im Vertriebsrecht der Regelfall53. Ob der Mittler von der ihm eingeräumten Möglichkeiten persönlicher Freiheit tatsächlich Gebrauch macht, ist für die Beurteilung der Selbständigkeit ohne Bedeutung54. Für die Abgrenzung zum unselbständigen Angestellten beschränkt sich das Gesetz im Bereich der Vermittlung auf diese beiden Kriterien55. Andere Legaldefinitionen ergänzen oder ersetzen § 84 Abs. 1 S. 2 folglich nicht. § 84 Abs. 1 S. 2 enthält ein typisches Abgrenzungsmerkmal, welches über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 1, 7. Hopt § 84 Rn 35. Vgl. den Hinweis bei Fock Die europäische Handelsvertreterrichtlinie, 100; ebenso Salger-Ivens Handbuch der europäischen Rechts- und Wirtschaftspraxis, § 3 Rn 47. Kiene RIW 2007, 287 (297). Kiene RIW 2007, 287 (297). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 25. Martinek/Wank § 7 Rn 39.

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Hopt § 84 Rn 35. Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (134). BAG, Urt. v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96, ZIP 1998, 612; BAG, Urt. v. 30.09.1998 – 5 AZR 563/97, ZIP 1999, 544 m. zust. Komm. Dalichau EWiR 1999, 549; LAG Nürnberg BB 1999, 793 (794). LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001 – 7 AKtE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23.

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hinaus eine auch auf andere Mittlerverträge anwendbare allgemeine gesetzgeberische Wertung erkennen lässt56. Einigkeit besteht darin, dass die knappe und unscharfe57 Legaldefinition des § 84 19 Abs. 1 S. 2 zur Eingrenzung der Selbständigkeit kaum geeignet ist und der Konkretisierung bedarf58. Gelegentlich wird sie sogar als Unsicherheitsfaktor angesehen59. Andererseits enthält Abs. 1 S. 2 keine abschließende Aufzählung der Abgrenzungsmerkmale60. Dass die gesetzlichen Kriterien unzureichend sind, hat sich sehr bald herausgestellt. Auch der angestellte Geschäftsmittler kann in Grenzfällen, etwa auf einem Außenposten, die Freiheit in einem Maße haben, dass die Art und Weise seiner Tätigkeit sich einer betrieblichen Kontrolliertheit und Kontrollierbarkeit weithin entzieht. „Selbständigkeit“ ist ein Merkmal, welches essentieller gefasst werden muss und dessen Bestimmung unter einer Fülle von Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Frühe Rechtsprechung61 und Lehre haben hierfür eine Schwerpunktbetrachtung entwickelt. Sie stellt auf das Gesamtbild von Vertragsgestaltung und Vertragshandhabung ab und verwertet für die Einordnung als selbständiger HV eine Vielzahl von Indizien62. Die Bezeichnung der Parteien als HV oder Angestellter ist weitgehend irrelevant. Der 20 Status richtet sich nicht nach den Wünschen, Vorstellungen oder Apostrophierung (letzteres schon deshalb nicht, weil die Parteien den Vertrag auch konkludent schließen können63) der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Inhalt objektiv einzuordnen ist64. Selbst wenn der Mittler im Vertrag als „Handelsvertreter“ benannt wurde, muss er kein solcher sein65. Es kommt also auf die Subsumtion unter das TB-Merkmal der Selbständigkeit an. Selbständigkeit meint die „rechtliche“ oder „persönliche“ Freiheit in Ausübung der Tätigkeit (§ 84 Abs. 1 S. 2)66 im Gegensatz zur „wirtschaftlichen“, welche bei jedem Vertragsverhältnis und auch bei selbständigen Kaufleuten und Unternehmern fehlen kann67 (man denke nur an die Abhängigkeit vieler Zulieferer von ihrem Auftraggeber). Dieses Außerachtlassen wirtschaftlicher Abhängigkeit ist grundsätzlich sachgerecht, denn rechtstatsächlich sind Vertriebsmittler – schon wegen der kurzen Kündigungsfristen i.V.m. ihrem bei Einpersonen-Vertreterunternehmen auf wenige Unternehmer konzentrierten Geschäftsfeld – meist gegenüber dem Unternehmer der schwächere Part und von ihm wirtschaftlich abhängig. In mancher Beziehung sind sie das sogar stärker als angestellte Geschäftsmittler, die wenigstens an der Sicherung des „sozialen Netzes“ teilhaben. Die mangelnde Tauglichkeit der Fragestellung: wirtschaftlich abhängig oder nicht, beweist allein schon die Existenz des § 92a. Die wirtschaftliche

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BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). Moritz DB 1987, 875 (879). Begr. zur Novelle 1953, BT-Drucks. I/3856, S. 15; Stolterfoht S. 94. Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, 1966, S. 16. RGRK-BGB/Schliemann § 611 Rn 1053. BGH VersR 1964, 331; BB 1975, 1409 (1410); BAG 18, 87, 103 und DB 1972, 2215; BSG VersR 1961, 172; BFH DB 1970, 862. Grundlegend: BAG 18, 87; OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (bei der Abgrenzung zum Maklervertrag).

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OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). OLG München, Urt. v. 21.01.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222; Hopt § 84 Rn 35. RAG 1, 253; 16, 273; RAG JW 1942, 1293; BGH VersR 1964, 331; BAG ZIP 1997, 1715; OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222; Hopt DB 1998, 861 (863); Eberstein A II 1 a; Martinek/ Wank, § 7 Rn 21; Hopt § 84 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3, 3b.

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Schutzbedürftigkeit kann nicht zum Fehlen eines HV-Vertrages und infolge des Wegfalls des Schutzes des HV-Rechts zur weiteren Schwächung der Position des HV führen. Allerdings ist das von § 84 Abs. 1 genannte Kriterium der „persönlichen Freiheit“ für 21 sich genommen gleichfalls nichtssagend68. Es soll vorliegen, falls rechtlich und tatsächlich die wesentliche Freiheit in persönlicher, fachlicher, zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht besteht69, wobei der Unternehmer, da er die Leitlinien der Vertriebspolitik bestimmt, am stärksten in die fachliche Unabhängigkeit eingreifen und sicher Anweisungen zum vertriebenen Produkt geben darf, ohne dass hierdurch die Selbstständigkeit des Mittlers tangiert wird. Grundsätzlich ordnet der HV Arbeitseinsatz und -zeit sowie Ort und Art der erledigten Arbeiten frei70. Arbeitnehmer ist hingegen derjenige, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt71. Einen HV-Vertrag begründet bereits die „wesentliche“, also überwiegende, Freiheit in der Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Die fachliche Weisungsgebundenheit ist für Dienste höherer Art nicht immer typisch72. Vollständige Freiheit, etwa Freiheit von jeden Weisungen, ist nicht erforderlich, wie der Umstand zeigt, dass HV in fachlicher Hinsicht – insbesondere in Hinblick auf die Leitlinien der Vertriebspolitik – typischerweise weisungsgebunden bleiben73 und das Weisungsrecht des Unternehmers der gesetzlichen Interessenwahrungspflicht des § 86 entnommen wird. Wenn die Ansicht eingenommen wird, die Präzision der Definition werde durch die Reduktion auf „wesentliche“ Freiheiten entwertet74, ist dies fraglich. Denn durch jene Eingrenzung sollen lediglich Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden. Ausfüllen lässt sich die Definition folglich nur durch eine Einzelfallbetrachtung unter wertendem Einfluss von Indizien. Es gilt daher: Ob Selbständigkeit vorliegt bestimmt sich unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls75, insbesondere nach der Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls76 und des Gesamtbildes der vertraglichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung77, wobei zu untersuchen ist, ob der Schwerpunkt des Vertrages entweder auf handels- oder arbeitsrechtlichem Gebiet liegt („Schwerpunkttheorie“)78. Damit ist weder isoliert auf 68 69 70 71 72 73 74 75

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Vgl. Martinek/Wank § 7 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222. Martinek/Wank § 7 Rn 66. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3. BAG ZIP 2000, 630 = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826; BAG, ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; Hopt BB 1998, 863 (865); Hanau/Strick DB 1998 Beil. 14/98, S. 4; Thume BB 1999, 2309; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b; Martinek/Wank § 7 Rn 66. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08,

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BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281 (282) Rn 12; BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455; OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); OLG Saarbrücken VersR 2005, 1388; OLG Hamm VersR 2004, 1133; Hopt § 84 Rn 5, 36. BVerfG NJW 1978, 365; BGH BB 1982, 1877; NJW 1982, 1758; WM 1991, 1474; ZIP 1998, 863, 2104; Küstner/Thume I Rn 44; Stolterfoht S. 16 ff; Canaris § 17 Rn 9; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/ Schröder § 84 Rn 3a.

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die von den Parteien gewählte Einordnung des Vertrags oder die von diesen gewählte Bezeichnung als Angestellter oder HV noch allein auf die tatsächliche Durchführung des Vertrags abzustellen79. Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit aber typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei der Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen80. Wegen der fehlenden Dispositionsbefugnis der Parteien in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses kommt dem beidseitig tatsächlich Gewollten stärkeres Gewicht zu als der schriftlichen Vereinbarung81, die bekanntlich geduldig ist. Vorrang hat damit die zumindest konkludent als Vertragsinhalt gewollte82 (bloße Hinnahme vertragswidrigen Verhaltens reicht nicht aus, s.u.) tatsächliche Vertragshandhabung83 Bei Vertragsbestimmungen ist ein abwägungsrelevanter Umstand, ob sie durchgesetzt werden bzw. ihre Nichtbeachtung mit Sanktionen verbunden ist84. Damit entsteht die Frage, ob mit einer Änderung dieser tatsächlichen Handhabung 22 sich nicht auch der Schwerpunkt verschieben könne, ja sich beliebig verschieben lasse, und das unter Umständen sogar mehrmals im Laufe der Vertragszeit, mit allen für die Rechtsklarheit misslichen Folgen. Das Vertragsverhältnis müsste dann je nach den Umständen einmal als selbständiges und dann wiederum als unselbständiges behandelt werden. Die Gefahr ist nicht unbemerkt geblieben; Stolterfoth85 hat sie als „Chameläon-Effekt“ bezeichnet und die Schwerpunkttheorie deshalb abgelehnt. Dennoch ist die Gefahr nicht so groß, wie er sie sehen zu müssen glaubt. Die Beispiele, an denen sie aufgezeigt wird, sind immer wieder: die Erteilung und Hinnahme von mit der Selbständigkeit eines HV unvereinbaren Weisungen und die Aufstockung eines Fixums unter Verschiebung des Verhältnisses zu den Provisionen. Vielleicht lassen sich sogar andere „Schiebegewichte“ denken, Zuweisungen von Lehrlingen zur Ausbildung, nachträgliche Inanspruchnahme von Kontrollrechten für Buchführung und Karteiführung. Indessen: Die reine Tatsächlichkeit solcher oder ähnlicher Übergriffe des Unternehmers entscheidet nicht immer, und ebenso wenig ihre widerspruchslose Hinnahme durch den HV. Was der Unternehmer entgegen seinen vertraglichen Befugnissen in Anspruch nimmt, bleibt immer vertragswidrig; dies auch dann, wenn der HV es zunächst hinnimmt (er wird dazu um so eher geneigt sein, je stärker seine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmer ihn bedrängt). Solche Sachverhalte vermögen rechtlich wenig zu ändern. Der Mittler könnte sich gegen eine übermäßige, vom Vertrag entfernte Gängelung mittels Feststellungs- oder sogar Leistungsklage wehren. Das Vertragsverhältnis läuft mithin mit demjenigen Charakter weiter, unter dem es begründet worden ist. Erst dann, wenn eine dem entgegenstehende Handhabung sich mit ersichtlicher Billigung beider Teile zeitlich und sachlich so verfestigt hätte, dass sich daraus eine einverständliche Änderung der seine Rechtsnatur konstituierenden Elemente 79

80 81

BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; v. 04.03.1998 – VIII ZB 25/97, NJW 1998, 2057, unter II 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 33 m.w.N. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 19; Urt. v. 25.05.2005 –

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85

5 AZR 347/04, BAGE 115, 1 unter I; ZIP 2000, 630 (631) = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826; zum Tankstellenvertreter auch Steinhauer BB 2009, 2386. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 11/12. BAG 18, 87; BAG BB 1990, 1065; DB 1994, 2502; BGHZ 59, 91; Hopt § 84 Rn 36. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray); Hopt § 84 Rn 36. S. 221 ff.

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ergäbe, könnte sich der Schwerpunkt über die Grenze hinüber verlagert haben: dergestalt, dass auch der HV daran nunmehr gebunden wäre und das Recht, Beachtung des Ursprungsvertrages zu verlangen, wirklich verloren hätte. Gegen einen häufigen Wechsel des vertraglich Vereinbarten ist jedoch nichts zu erinnern, wenn er zumindest konkludent erfolgt. Vielleicht besteht eine Vermutung (Indiz86), das einverständlich über lange Zeit durchgeführte Tätigkeitsbild spiegele die vertraglichen Abreden wieder87, notfalls als konkludenter Änderungsvertrag. Selbst dann aber müssten schon alle anderen bisher maßgebend gewesene Indizien durch das neue Faktum entkräftet sein. Die vertragswidrige Erteilung von Weisungen, ein gern gebrauchtes Beispiel, reicht dafür schwerlich aus. Beliebige „Schaukelzuweisungen“ des Vertragsverhältnisses durch schwankende Vertragspraxis sind in der Wirklichkeit kaum ernsthaft zu befürchten und wären im Übrigen, ständigen schriftlichen Vertragsänderungen gleich, hinzunehmen. Die bloße, nicht einverständlich durchgeführte Abweichung vom Vertrag führt den Mittler also nicht in die Unselbständigkeit. Um die nötige Rechtssicherheit zu schaffen, dürfen nach Ansicht des OLG Saarbrücken88 zur Abgrenzung zwischen selbstständigem HV und unselbstständigem Reisenden nur vertraglich fixierte – Schriftform ist aber nicht erforderlich, § 85 – Pflichten herangezogen werden, nicht aber solche, bei denen ein Verstoß lediglich zur Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Erfolges führt, was allenfalls zutreffend sein dürfte, wenn man auch konkludente Vertragsänderungen den vertraglich fixierten zurechnet. Es ist daher nicht in jedem Fall richtig zu sagen, werde der Vertrag abweichend von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen, sei die tatsächliche Durchführung maßgebend. Die praktische Handhabung lässt allenfalls Rückschlüsse zu, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien ausgegangen sind89. Insbesondere wird man auf den Vertragstext zurückgreifen müssen, wenn sich kein klares Tätigkeitsbild ergibt90. In Grenzfällen kann auch die von den Parteien ausdrücklich vorgenommene Einordnung des Vertrages den Ausschlag geben91, was jedoch nur dann schlüssig ist, wenn die übrige Vertragsgestaltung dem nicht widerspricht und nicht zwingendes HV-Recht unbeachtet geblieben ist. b) Einzelkriterien zur Bestimmung der Selbständigkeit. Der Streit um Selbständigkeit 23 oder Unselbständigkeit hat mittlerweile zu nahezu unübersehbaren Stellungnahmen aus Rechtsprechung und Literatur geführt92. Die für Selbständigkeit oder Unselbständigkeit sprechenden Indizien werden im Folgenden stichwortartig dargestellt. Die Merkmale sind in jedem einzelnen Vertragsverhältnis gesondert zu prüfen93. Zu berücksichtigen ist, dass jedes dieser Merkmale allenfalls ein – je nach Vertrag, beteiligten Personen und Umständen – stärkeres oder schwächeres Indiz in die eine oder andere Richtung geben kann, jedoch kaum unverzichtbar ist94. Schwerpunktbetrachtung bedeutet, dass die Zuordnung zum einen oder zum anderen Typ auch ungeachtet eines Gegensatzes der indizierenden Merkmale möglich und nötig ist. Zur Einordnung irrelevant sind Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit, welche durch zwingende Anforderungen der Geschäftsart bedingt sind95. Formelle und gewillkürte Merkmale (etwa Eintragung in 86 87 88 89

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Canaris § 17 Rn 9. Siehe Hopt § 84 Rn 36: Die praktische Handhabung soll vorrangig sein. Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222; BAGE 41, 247 (258); BAG NZA 1991, 933; 1992, 407. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2e.

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BAG Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455; OLG München NJW 1957, 1767: „Handelsvertreter i.S. des § 84“. Küstner/Thume I Rn 31 ff. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 11. Hopt § 84 Rn 36. OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270.

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Registern, Korrespondenz auf eigenen Geschäftsbögen) besitzen die geringste Aussagekraft96, weil die Parteien die rechtliche Einordnung ihres Vertragsverhältnisses nicht facto contrarium verschieben können. Gleiches gilt für dem Vertretervertrag typische und damit leitbildnahe Beschränkungen97 sowie aus der Natur der Sache folgende Vorgaben für die Vertragsausführung – z.B. hinsichtlich der Werbung und Präsentation des Vertriebsprodukts oder der Einzelheiten der Vertriebspolitik des Unternehmers98. Vertriebsvorgaben haben eine reduzierte Bedeutung, weil sie leitbildtypisch sind. Das gilt insbesondere für Versicherungsvertreter99, Bausparkassenvertreter100 und vergleichbar stark in die Betriebsorganisation des Unternehmers eingebundene HV. Wären enge Vertriebsvorgaben beachtlich, bliebe jeder Franchisenehmer und Tankstellenvertreter101 unselbständig. Abzulehnen ist daher die Aussicht, den Postagenturen der Deutschen Post AG fehle die Selbständigkeit und damit die Eigenschaft als HV (im Nebenberuf)102, da sie engen Vorgaben zum Vertrieb unterlägen. Letztlich ist die Abgrenzung anhand einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller Umstände vorzunehmen103. Infolgedessen können nicht wenige der nachfolgend für den einen oder den anderen Status aufgeführten Merkmale im Einzelfalle auch mit einer gegenteiligen Eingruppierung vereinbar sein. Ein Stadtreisender, obwohl er sich jeden Morgen bei seinem Unternehmer zur Berichterstattung einzufinden hatte, ist als selbständiger HV angesehen worden, weil er seine weitere Tätigkeit nach Inhalt und Zeit selbständig bestimmen konnte104; ebenso ein HV, obwohl dessen allmorgiger Tätigkeitsbeginn auf 8 Uhr festgesetzt worden war und er zur Sozialversicherung angemeldet und obwohl für ihn eine „Lohnsteuer“ einbehalten wurde105. Auf der anderen Seite standen der Einordnung als nicht selbständig nicht entgegen 24 Vertragsbestimmungen, die eine Verpflichtung zur Anmeldung eines „Gewerbes“, zur Eigenversteuerung der Provision, zur Tragung der vollen Sozialversicherungsbeiträge und der Spesen außerhalb der Geschäftsräume vorsahen106. Auf Grund einer einverständlichen Charakteränderung der Tätigkeit mag sich die Einordnung des Rechtsverhältnisses während der Vertragsbeziehung verschieben („Chameläon-Effekt“, s.o., Rn 22), wobei mehrmaliges Hin- und Herschaukeln auf Grund der faktischen Identität der Tätigkeit kaum ernsthaft zu befürchten ist und ohnehin kein Argument gegen die SchwerpunktTheorie wäre. 96 97 98

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AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. LAG Nürnberg BB 1999, 793 (795); Plagemann EWiR 1998, 491. BAG DB 1966, 546; OLG Düsseldorf ZIP 1998, 624 (625) m. abl. Anm. Griebeling EWiR 1998, 341 (342); OLG Düsseldorf ZIP 1998, 1039 (1040); Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 84 Rn 11; Küstner HVR Rn 56, 57; Schröder DB 1959, 817; Hopt DB 1998, 863 (846); Horn/Henssler ZIP 1998, 589 ff (600); Plagemann EWiR 1998, 491. BAG ZIP 2000, 630, BAG, Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 169/99, EWiR 2000, 969 (LS) = EWiR 2000, 968 (Emde). BAG BB 1998, 1954; BAG Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 3/99, ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 532 (Emde); LAG Nürnberg BB 1999, 793 = EWiR 1999, 362 (Plagemann). BAG, Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 770/98, BB 2000, 932.

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Auch bei ihnen bestimmt sich die Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit nach Vertrag und tatsächlicher Zusammenarbeit, vgl. hierzu Steinhauer BB 2009, 2386. LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485; wie hier OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.07.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 30; Hopt DB 1998, 863 (865); Walker EWiR 1998, 53 (54); Hanau/Strick DB 1998 Beil. 14/98 S. 4; Thume BB 1999, 2309. OLG München BB 1957, 560. OLG Nürnberg VersR 1960, 904; vgl. auch RGRK-BGB/Schliemann § 611 Rn 998; Plagemann EWiR 1998, 491. BGH DB 1982, 590.

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aa) Für Selbständigkeit sprechende Merkmale. Für die Selbständigkeit des Mittlers 25 sprechen folgende Merkmale107, wobei diese Umstände in solche mit geringem, mittlerem, starkem oder entscheidendem Gewicht untergliedert werden: (1) Merkmale die nur in geringem Maße für Selbständigkeit sprechen. In diese Gruppe 26 fallen insbesondere formelle108 und gewillkürte Merkmale, also etwa – Benennung als HV109 (auch ein konkludenter Vertragsschluss wäre nämlich möglich110); – eigene Buchführung111; – Entrichtung von Umsatz- und Gewerbesteuer112; – Mitgliedschaft in der IHK113 und Zahlung von Beiträgen114; – Eintragung in das Handelsregister115; – Eintragung in das Gewerberegister sowie Anmeldung des Agenturgewerbes nach § 14 GewO beim zuständigen Ordnungsamt116; – Auftreten unter eigener Firma117; – Benutzung eigener Briefbögen mit der Firma des HV118; – Fehlen von Dienststunden (solche sind weder für angestellte noch für selbständige Mittler typisch)119; – Kapitaleinsatz, da solcher nicht HV-typisch ist120; – Nichteinbindung in das Abrechnungssystem des Unternehmers121; – Veranlagung zur Gewerbesteuer; – nebenberufliche Tätigkeit122; – wenn sich der Mittler auf schriftliche oder fernmündliche Berichte beschränken darf 123.

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(2) Merkmale die in höherem Maße für Selbständigkeit sprechen. – Recht zum Einsatz von Untervertretern und Angestellten124; 107 108 109

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Siehe auch die umfassende Ausarbeitung von Hanau/Strick DB Beil 14/1998. Hopt § 84 Rn 36. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, Beck RS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; Urt. v. 04.12.1981 – I ZR 200/79, WM 1982, 272 (273); NJW 1982, 1757; BAG, Beschl. v. 16.07.1997 – 5 AZB 29/96, ZIP 1997, 1714; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); Hopt § 84 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 30a, Westphal I Rn 2; Jahnke ZHR 146 (1982), 616 ff. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (bei der Abgrenzung zum Maklervertrag). OLG München NJW 1957, 1767; RAG 7, 175; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/ Schröder § 84 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7. SG Detmold BB 1959, 636.

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7. OLG Celle MDR 1958, 341; OLG München NJW 1957, 1767 und BB 1957, 560; SG Detmold BB 1959, 636; Hopt § 84 Rn 36. BGH VersR 1964, 331; BAG BB 1980, 1471; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5 („sicheres Anzeichen“). OLG Celle MDR 1958, 341. BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). Hopt § 84 Rn 36; Martinek/Wank § 7 Rn 67. BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag) entnahm diesem Merkmal allerdings eine starke Indizwirkung für die Selbständigkeit (zwh.). OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). Ordemann DB 1963, 1566. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; Hopt § 84 Rn 36.

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– Freiheit in Arbeitszeit125, Arbeitsumfang und Arbeitsgestaltung126; – Falls der Mittler seine Kundenbesuche nach eigener Initiative und eigenem Gutdünken einrichten kann127 und hierbei nach Belieben auch ganze Tage auslassen darf128; – Existenz eines eigenen Unternehmens mit eigenen unternehmerischen Chancen129; – Korrelation zwischen unternehmerischen Chancen und Übernahme von Kosten und angemessenen130 und freiwilligen131 Risiken der Geschäftstätigkeit (Unternehmerrisiko)132, etwa Verlust des Einsatzes von Arbeitskraft und Geldmitteln bei Erfolglosigkeit der Vermittlungsbemühungen, keine Provision bei Stornierung des Auftrags (§ 87a Abs. 2; Abs. 3 S. 2); keine Absicherung gegen Einnahmeausfall bei Krankheit; keine Sicherheit gegen Einnahmerückgang bei Änderung der Marktsituation; Übernahme der eigenen Geschäftskosten (vgl. § 87d)133; insb. wenn der HV Kfz-, Telefon-, Reise- und Bewirtungskosten sowie Beiträge zu Vermögensschadens- und Haftpflichtversicherung (wenn auch erst ab dem 2. Jahr) trägt134; – eigene Geschäftsräume und Geschäftseinrichtung135; – falls die Kündigungsfristen des § 89 Abs. 1 gelten, nähere Bestimmungen zum Ausgleich nach § 89b getroffen werden und ergänzend die Vorschriften des HGB Anwendung finden sollen, soweit im Vertrag nichts Abweichendes bestimmt ist136 (letztlich handelt es sich aber um ein weniger aussagekräftiges, gewillkürtes Merkmal); – kein „Urlaubsanspruch“137, dass eine Abstimmung der Urlaubswünsche erwartet oder verlangt wird, verschlägt nicht; – Vorherige Forderung eines Ausgleichsanspruchs durch den HV138; – Provisionszahlungen139 (wobei es hier sehr auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommt. Denn bei gewillkürten Merkmalen ist immer Vorsicht angebracht); – Das vertragliche Versprechen, einen Ausgleichsanspruch zu leisten140.

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(3) Merkmale mit starker Indizwirkung für Selbständigkeit – Vertretung mehrerer Unternehmer141; jedenfalls wenn die einzelnen Vertretungen

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OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b. SG Karlsruhe VersR 1955, 388. OLG Celle MDR 1958, 341. Küstner/Thume I Rn 55; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b; Martinek/ Wank, § 7 Rn 67. Martinek/Wank § 7 Rn 49. Martinek/Wank § 7 Rn 48. BVerfG NJW 1978, 365; BAG AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 37; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); Hopt § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 28, 44. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG München NJW 1957, 1767. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276.

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BVerfG NJW 1978, 365; OLG München NJW 1957, 1767; SG Stuttgart VersR 1956, 318; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5; Martinek/Wank, § 7 Rn 67. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. SG Stuttgart VersR 1956, 318. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; LG Osnabrück VersR 2000, 963; LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001, 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). Begr. zu § 84 Abs. 2, BT-Drucks. 1/3856, S. 17; BAG, AP § 611 Abhängigkeit Nr. 44;

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wirtschaftlich gleich ertragreich sind und keine wirtschaftlich-faktische Identität oder gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen den Unternehmern besteht; – Unfähigkeit zur Erfüllung der Vertragspflichten ohne eigene Hilfskräfte142; – Selbst ausgesuchtes eigenes Personal143 bzw. das Recht solches einzustellen144, etwa die Erlaubnis, sich Untervertreter halten zu dürfen145. (4) Merkmale die zwingend für Selbständigkeit sprechen 29 – Vertragsschluss als juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft. In einem solchen Fall spricht das formelle Kriterium für Selbständigkeit146, es sei denn, es liegt ein Umgehungsfall vor (dann Durchgriff auf den hinter ihr stehenden ArbeitN). Die juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft ist auch als Konzernunternehmen i.S.d. § 18 AktG qua Status selbständig, weil Arbeitsrecht auf sie sinnvoll nicht angewendet werden kann147. bb) Gegen die Selbständigkeit sprechende Merkmale. Indizien, die gegen die Selbstän- 30 digkeit des Mittlers sprechen, fehlen ebenfalls nicht. Auch hier ist jedem Merkmal allenfalls indizielle Funktion beizumessen, so dass jeder Einzelfall an seinen Besonderheiten zu messen bleibt148. Dies zeigt schon die allgemeine Meinung, derzufolge es auf das Gesamtbild der vertraglichen und tatsächlichen Handhabung ankommt. (1) Merkmale mit keinem oder sehr geringem Gewicht. Zunächst wird die Gruppe 31 von Merkmalen genannt, der bei der Abwägung überhaupt kein oder nur ein sehr geringes Gewicht zukommt. Diese Merkmale sind zur Abgrenzung weitgehend ungeeignet, weil sie einen Schluss auf das Vorliegen der Unselbständigkeit kaum zulassen. In diese Gruppe fallen: – die vertragliche Bezeichnung, da die Parteien nicht durch eine formale Etikettierung 32 über die Anwendung zwingender Schutznormen disponieren können149, anders jedoch, wenn sich kein klares Tätigkeitsbild ergibt, dann ist „hilfsweise“ auf den Vertragstext zurückzugreifen150;

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OLG Celle MDR 1958, 341; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133); Hopt § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 4, 5; aA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 10. BAG DB 2002, 1610. BAG ZIP 2000, 630 = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826; DB 1997, 2437; BGH VersR 1964, 331; Hopt § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 43. BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). SG Karlsruhe VersR 1955, 388; Hopt DB 1998, 863 (864); siehe auch BGH ZIP 1998, 2176 (2178). Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 88 f; Emde GmbHR 1999, 1005 (1007); Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2a; offen gelassen von Hopt § 84 Rn 40. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 87 ff; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2 a; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (134); Martin

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VersR 1967, 824; Schuler JR 1954, 284 (285); Stolterfoht S. 260; Küstner/Thume I Rn 5; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 21, 49. Küstner/Thume I Rn 47. BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde); OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Bremen, Beschl. v. 28.01.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432; OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 3, 7, 10; Hopt § 84 Rn 5, 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6a; Martinek/ Wank § 7 Rn 31, 66. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2 e.

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– formale Merkmale151, etwa Gewerbeanmeldung bzw. Gewerbeerlaubnis gem. § 34c GewO152, Firmenführung, Buchführung, Zahlung von Umsatz- wie Gewerbesteuer153, IHK-Beiträgen, Sozialabgaben154, Übergabe von Arbeitspapieren155 etc. Denn über sie kann beliebig disponiert werden, die Abgrenzung darf jedoch nicht im Belieben der Parteien liegen156; – Modalitäten der Entgeltzahlung157; – die Zahlung von handelsüblichem Aufwendungsersatz; – die Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Unternehmers. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre158; – die Verpflichtung des Mittlers, Fixkosten wie Raummiete, Gehälter, Grundgebühr und Miete für das Telefon sowie Büromaterial, Porti, Fachzeitschriften und Telefaxkosten anteilig tragen159; – die Einbeziehung in die betriebliche Altersversorgung des Unternehmens160, weil insbesondere auch Versicherungsvertretern eine solche Altersversorgung zugesagt wird, etwa die Gewährung einer Altersversorgung161; – die Zahlung eines Provisionsvorschusses162; – geringer Verdienst163 (Arg. aus § 92a HGB; § 5 Abs. 3 ArbGG), dann aber möglicherweise prozessuale Zuständigkeit des ArbG, siehe § 5 Abs. 3 ArbGG); – die Dauerhaftigkeit des Vertragsverhältnisses164; – Die Verpflichtung zur insbesondere im Versicherungsvertrieb üblichen Bestandspflege165 mit dem Recht zur Ersatzvornahme durch den Unternehmer166; – Führung von Personalakten167; – dass der HV sein Unternehmen als Pächter oder Nießbraucher führt168; – Tätigkeit als Einfirmenvertreter, d.h. ein Tätigkeitsverbot, welches über ein Konkurrenzverbot hinausgeht, etwa ein Nebenbeschäftigungsverbot oder dem Unternehmer 151 152 153 154 155

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Hopt § 84 Rn 36. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). Martinek/Wank § 7 Rn 32. Vgl. MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 46 f; aA Schlegelberger/ Schröder § 84 Rn 5. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 47 misst diesen Merkmalen deshalb nur bei Fehlen materieller Abgrenzungsmerkmale Bedeutung bei; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 25; Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 169/99 – zu B II 2 a aa der Gründe, BAGE 93, 132; LAG Köln, Urt. v. 11.02. 2011 – 10 Sa 1207/10, BeckRS 2011, 74030.

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OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. AA BFH DB 1970, 861 (862); Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 15. Küstner/Thume I Rn 57; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 10. OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133. BFH VersR 1964, 1157; Küstner/Thume I Rn 55. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. OLG Bremen, Beschl. v. 28.01.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 5.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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zugesagte Exklusivität169. Diesem Kriterium kann aber nicht zwingend die Unselbständigkeit entnommen werden, da § 92a den Einfirmenvertreter zulässt170. Erforderlich sind ergänzende Indizien; die tatsächlich nur unzureichende Wahrnehmung der vertraglich gewährten Rechte, wenn auf den Mittler kein (auch nur indirekter) Druck zur Missachtung ausgeübt wird171; ein angeblich mit Sanktionsregelungen verbundener Karriereplan, soweit nicht klar wird, welche Sanktionen gemeint sind172; die Verpflichtung der Postagenturen, das Post-, Bank- und Fernmeldegeheimnis zu wahren173; die einheitliche Preisgestaltung bei HV174; Verpflichtung zur Teilnahme an produktbezogenen175 Schulungen, weil auch der HV einer Fortbildungspflicht unterliegt176. Schulungs- oder Weiterbildungsangebote177 lassen die Selbständigkeit zumindest unberührt, wenn keine Verpflichtung zur Teilnahme besteht178. Die Weiterbildungspflicht bringt nur eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck und reglementiert weder Arbeitsgestaltung noch Arbeitszeit des Vertreters179; wenn der Mittler an wichtigen Verhandlungen des Unternehmer teilzunehmen pflegt180; dass einem Berufsanfänger für den Beginn seiner Tätigkeit ein ausgebildeter Mitarbeiter zur Seite gestellt wird, falls nach dem Gesamtbild der Vertragsgestaltung und -handhabung die HV-Eigenschaft zu bejahen ist181; Kontrollanrufe bei 2 von dem HV besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 abgedeckt182; die Anonymität des Massen- oder Bargeschäftes183; die vertragliche Verpflichtung, allgemein die Interessen des Unternehmers (selbst mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns184) zu wahren (siehe § 86 Abs. 1); die vertragliche Vereinbarung oder die Zuweisung eines festen Vertreterbezirks (§§ 46 VVG, 87 Abs. 2) oder -gebiets (weil vertretertypisch)185; BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; LG Osnabrück VersR 2000, 963; Küstner/ Thume I Rn 53; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 8, 10; Hopt § 84 Rn 36; für stärkere Bedeutung: LAG Niedersachsen LAGE § 611 (Arbeitnehmerbegriff) Nr. 24. OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; Küstner/Thume I Rn 63; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 42. LAG Nürnberg BB 1999, 793 = EWiR 1999, 363 (Plagemann); zur Genese des Rechtsstreites Küstner BB 1999, 541 (542); LG Osnabrück VersR 2000, 963. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W

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11/02, VersR 2004, 1133; für stärkeres Gewicht wohl OLG Bremen, Beschl. v. 28.01. 2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 08.01.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939. OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 08.01.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939; OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. BGH DB 1982, 590 (zwh., weil dieser Umstand gerade auch für die Unabhängigkeit des Mittlers sprechen kann). OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 31; Urt. v. 20.09.2000 – 5 AZR 271/99 – unter II 2 b ee, BAGE 95, 324. AA LAG Nürnberg DB 2002, 1777. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 22, 29; Urt. v.

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1. Buch. Handelsstand

– Rotationsvertrieb186, d.h. Wechsel von Bezirken; – Verpflichtung zu „ständiger“ Tätigkeit (solche ist nämlich Tatbestandsmerkmal des § 84 Abs. 1, s.u.)187; – Verpflichtung, den Firmensitz an einem bestimmten Ort zu führen188; – die Zuweisung zu einer Geschäftsstelle oder einen bestimmten Zuständigkeitsbereich, solange es sich um eine bloß organisatorische Maßnahme handelt189. Es handelt sich um eine vom HV zu akzeptierende Entscheidung des Unternehmers im Rahmen der Kundenbetreuung gem. § 86a190. Sie beinhaltet keine Zuweisung eines Arbeitsorts, sondern eines bestimmten Vertriebsbezirks191; – HV-typische Berichtspflichten (§ 86 Abs. 2)192, sofern nicht übertrieben (letzteres gilt etwa für eine tägliche Berichterstattung); – dass der Mittler seine Tätigkeit, insb. seine Arbeitszeit, nach den Anwesenheitszeiten der Kunden auszurichten hat193 oder bestimmte Umstände die Tätigkeit an einem Ort (etwa: Belegenheit der Tankstelle beim Tankstellenvertreter oder des Lotto-Geschäftes) erzwingen (die so determinierte Tätigkeit entspricht lediglich der Interessenwahrungspflicht); insbes., dass der Tankstellenhalter standortgebunden ist und die Tankstellenbedienung nicht beliebig, gar auf ganze Tage, unterbrechen darf. Deshalb spricht die Verpflichtung eines Tankstellenvertreters, die Tankstelle 24 Stunden täglich offen zu halten, nicht für Unselbständigkeit. Denn im Hinblick auf die Länge der Öffnungszeiten sei auszuschließen, dass der Tankstellenvertreter persönlich an die Öffnungszeiten gebunden sein solle194. Gleiches gilt für die Verpflichtung des Franchisenehmers, das Ladengeschäft im Rahmen der gesetzlichen Ladenschlusszeiten möglichst lange offen zuhalten, selbst wenn damit eine Öffnungszeit von wöchentlich 52 Stunden vorgegeben ist, da über die Pflicht zum persönlichen Einsatz in diesem Zeitrahmen keine Aussage getroffen wird195; – wenn der Unternehmer dem HV ein Büro zur Verfügung stellt, dessen Nutzung jedoch freiwillig ist196; – die freiwillige Benutzung der Telefon- oder EDV-Anlage des Unternehmens197;

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15.12.1999 – 5 AZR 3/99 – unter II 2 b aa; BAGE 93, 112; ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2001, 857 = BB 2001, 48 = EWiR 2001, 277 (Emde); OLG Düsseldorf NJW 1998, 2978; 1998, 2981 = DB 1998, 2262; LG Krefeld, Beschl. v. 05.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679; LG Osnabrück VersR 2000, 963; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126, 131; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 10; Hopt § 84 Rn 36. Emde VersR 2001, 148 (149); Oberthür/ Lohr NZA 2001, 126, 131; aA Schaefer NJW 2000, 320 (321). BAG VersR 2001, 857 = BB 2001, 48 = EWiR 2001, 277 (Emde). BGH, Beschl. v. 16.10.2003 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 28; OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05. 2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619);

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LAG Köln, Urt. v. 11.02.2011 – 10 Sa 1207/10, BeckRS 2011, 74030. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 29; Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 3/99 – unter II 2 b aa; BAGE 93, 112; OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; LG Krefeld, Beschl. v. 05.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132); Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 9; Hopt § 84 Rn 37; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 39. OLG Köln OLGR Köln 2003, 170. BGH DB 2003, 198. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). LG Osnabrück VersR 2000, 963; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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– die Aufstellung eines unverbindlichen „Erfolgsplans“ o.ä.; – Abarbeiten von Stornogefahrmitteilungen198; – die Verpflichtung, regelmäßig vertretertypische Tätigkeiten zu verrichten (Bestandspflege199, Verwaltung etc.); – Klauseln, nach denen der Unternehmer den Vertreterbezirk durch einseitige Weisung ändern kann (jene sind ohnehin unwirksam)200; – die fehlende Befugnis, das vermittelte Produkt bzw. die Produktpalette zu gestalten (dies darf auch der HV nicht)201; – die Verpflichtung, geschlossene Verträge, Abrechnungen, Einnahmen o.ä. pünktlich an den Unternehmen weiterzuleiten; – das Fehlen eines zur Betreuung zugewiesenen Kundenkreises; – die vertraglich vereinbarte Beschränkung auf bestimmte Sparten; – Verbote, die geeignet sind, ein wettbewerbswidriges Verhalten des im Außendienst Tätigen zu verhindern202, z.B.: (1) das Verbot systematischer Telefonwerbung; (2) das Verbot des systematischen Ausspannens von Kunden; (3) das Verbot unzulässiger Kopplung von vermittelten Verträgen mit anderen Produkten; (4) das Verbot des Auftretens gegenüber potentiellen Kunden unter Verschweigen der Vertretereigenschaft; (5) das Verbot, Veröffentlichungen zu Werbezwecken vorzunehmen, die nicht mit dem Unternehmer abgestimmt wurden; (6) die Bindung an Wettbewerbsrichtlinien oder andere Standesregeln – die Verpflichtung, Inkasso-Tätigkeiten nach Richtlinien des Unternehmers wahrzunehmen203; – die Tatsache, dass dem im Außendienst Tätigen keine Kosten für seinen Geschäftsbetrieb entstehen; – die Verpflichtung, Untätigkeit (Urlaub, Krankheit) zu melden oder abzustimmen204; – wenn der Mittler sich im Verhinderungsfalle, namentlich im Krankheitsfalle205, zu entschuldigen hat206; – das Überlassen von Informationsmaterial, Formularen207 usw. für die Kunden (dies ist eine übliche Unterstützung durch den Unternehmer); – allgemein die Unterstützung durch den Unternehmer208; – Überlassung von Kundenlisten, falls es sich um eine bloße Unterstützungsmaßnahme handelt und der HV zur Abarbeitung nicht verpflichtet ist209; – Anzeigepflichten bei der Wahl von Untervertretern210;

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BAG VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer. Küstner/Thume I Rn 64; aA ArbG Nürnberg ArbuR 1996, 417. BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde).

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LG Osnabrück VersR 2000, 963. OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133. SG Karlsruhe VersR 1955, 388. RAG ARS 15, 505; 45, 34. BAG VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). BAG NZA 1995, 649; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133).

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– die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmer211, selbst wenn sie besonders ausgeprägt sein sollte212 (dann aber mglw. Nichtigkeit gem. § 138 BGB213). Dies zeigt schon § 92a214; – die ohnehin kaum bestimmbare soziale Schutzbedürftigkeit215 (sie hat gerade zu den Schutzbestimmungen des zwingenden Vertreterrechts geführt, kann folglich kein Indiz der Unselbständigkeit sein); – mangelnder eigener Kapitaleinsatz216; – ein allgemeines, auf die fachliche Tätigkeit („Betrauung“) bezogenes Weisungsrecht217. Jenem unterliegt auch der HV (§ 86 Abs. 1)218, insbesondere in Hinblick auf die Leitlinien der Vertriebspolitik219. Der Selbständigkeit tut es keinen Abbruch, wenn der Vertreter Direktiven erhält, was er im Interesse des von ihm vertretenen Unternehmens anzustreben hat; das Wie der Ausführung muss regelmäßig ihm überlassen bleiben. Deshalb dürfen dem HV Weisungen zur Preisgestaltung, Verbuchung und Abrechnung von Lieferungen, Präsentation, Vertragskonditionen, Zahlungsmodi und Produktdarstellung gegeben werden220. Schädlich sind Weisungen hinsichtlich der unternehmerischen Tätigkeit des HV und seiner Arbeitszeit221, insbesondere in ihren Kerngehalt222. Gerade in der Versicherungswirtschaft darf wegen der außerordentlichen Schwierigkeit und Vielgestaltigkeit des Versicherungsrechts und der sehr hohen finanziellen Risiken der Rahmen für gegenüber dem selbständigen HV zulässige Weisungen nicht zu eng gezogen werden223. Ein Versicherungsverteter, der vertraglich verpflichtet ist, ein Mindestarbeitsvolumen zu leisten, einmal pro Woche die Räumlichkeiten des Auftraggebers aufzusuchen und dem ein bestimmter regionaler Bezirk vorgegeben ist, ist dennoch ein selbständiger HV224. Ein Versicherungsvertreter soll den Status eines Selbständigen einnehmen, wenn er als Vergütung eine Provisionszahlung ohne festes Entgelt bezieht, die Betriebsausstattung aus eigenen Mitteln aufzubringen hat und lediglich eine bestimmte Büroorganisation und Anzahl von Vertragsabschlüssen anstreben soll225. Ein gutes Beispiel für das Überschreiten der Weisungsgrenzen, deren Respektierung der HV kraft seiner Selbständigkeit verlangen kann, bietet die Entscheidung OLG Oldenburg DB 1964, 105226; 211

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BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 6 m. Anm. Schnoor; LAG Berlin AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 50; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (130); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b; aA Beuthien RdA 1979, 2 (5); Ranke AuR 1979, 9 (15 ff); Wank Arbeitnehmer und Selbständige, S. 125 ff. AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b. OLG Düsseldorf NJW 1998, 2978 (2981) = DB 1998, 2262. Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (131). LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 23.03.2011 – 5 Ta 260/10, BeckRS 2011, 74114; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 8; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 32; aA Beuthien RdA 1978, 2 ff. Hopt § 84 Rn 36; Martinek/Wank § 7 Rn 67. Hopt § 84 Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6.

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OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); Eberstein A II 1 a; Hopt § 84 Rn 38. Hopt § 84 Rn 38; aA wohl LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. Hopt § 84 Rn 38. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6; MünchKommHGB/v.Hoyningen-Huene § 84 Rn 40. BAG NZA 1995, 649; Hopt § 84 Rn 38. BAG 18, 87 (94); LG Krefeld, Beschl. v. 05.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679. LG Krefeld, Beschl. v. 05.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679. LG Krefeld, Beschl. v. 05.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679. Die Revisionsentscheidung NJW 1966, 882, die die Sache zurückverwies, hat den Sachverhalt wegen einer möglicherweise dennoch gegebenen Ausnahmelage als klärungsbedürftig angesehen.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

– die Verpflichtung, Weisungen hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes des Büro etc. zu befolgen, insb. vertriebsspezifische Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild, etwa zur Corporate Identity227 oder zum Corporate Design228 (typisch etwa bei Franchisenehmern229 und Kfz-Mittlern, aber auch im Finanzdienstleistungsvertrieb230), solange ihre Missachtung nicht zu klaren Sanktionen führt. Sie sind meist durch die Geschäftsart bedingt und damit irrelevant231. Es liegt im legitimen Interesse des Unternehmers, dass die für ihn tätigen HV im Hinblick auf ihr Äußeres einen gewissen Mindeststandard einhalten. Gerade in der Versicherungswirtschaft ist wegen der Schwierigkeit und Vielgestaltigkeit dieser Branche und der sehr hohen finanziellen Risiken, die damit verbunden sind, selbst bei ausgebildeten HV ein großzügiger Maßstab hinsichtlich der Zulässigkeit von Weisungen anzulegen232. Bei einheitlicher Corporate Identity gilt dies etwa für eine Agenturtheke mit Terminal und Einrichtungsgegenständen im einheitlichen Design sowie ein aufwendiges EDV-System, welches der Anwender mit den sich daraus ergebenden Vorgaben anzuwenden hat233; – Werbung: Verpflichtung, ausschließlich das vom Unternehmer zur Verfügung gestellte Werbematerial zu verwenden234; – ein vertragliches Wettbewerbsverbot. Dies zeigen § 92a sowie das vertragsimmanente, aus § 86 hergeleitete Wettbewerbsverbot235, selbst der Ausschluss jeglicher Konkurrenztätigkeit für sämtliche Produkte, die vom Unternehmer vertrieben werden, spricht nicht gegen die Selbständigkeit236; – das Verbot, Produkte zu vermitteln, die nicht in der Provisionsliste des Unternehmers (hier: AWD) enthalten sind237; – allgemein personenbezogene und ablauforientierte Weisungen hinsichtlich der Umstände, unter denen die Leistung erbracht wird238, unschädlich ist etwa die Weisung, dass der Fachhandel oder Endverbraucher zu beliefern ist239; – detaillierte Pflichten eines Tankstellenvertreters hinsichtlich der Warenbevorratung, der Abrechnung und der Zahlungsmodalitäten, da sie der typischen Vertragsgestaltung im Tankstellengewerbe entsprechen sollen240. Der Bereich der Weisungsgebundenheit darf aber nicht zu eng gezogen werden241; – vertragswidrige Beschränkungen, weil dadurch niemand zum Arbeitnehmer wird242 (aber es wird auf die tatsächlichen Umstände ankommen: Die Abweichung vom Ver227 228

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OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619) – der HV durfte hier zudem frei entscheiden, ob er die ihm angebotenen Arbeitshilfen und Werbemittel nutzte. Für das Franchiserecht BGH DB 2003, 198. BGH DB 2003, 198. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). Für zwingend durch die Geschäftsart bedingte Einschränkungen OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270.

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BGH DB 2003, 198. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834; Hopt § 84 Rn 36. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 08.01.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939; OLG Bremen, Beschl. v. 28.01.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 08.01.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939; OLG Bremen, Beschl. v. 28.01.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 40. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). OLG Köln OLGR Köln 2003, 170. Steinhauer BB 2009, 2386. BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag).

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trag kann gerade Ausdruck eines „arbeitsrechtlichen Direktionsrechts“ des Unternehmers sein, s.o.).

33 – – – –

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243 244 245

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(2) Merkmale mit mittlerem Gewicht Umstände der Dienstleistung243 die zeitliche Beschränkung der Reisetätigkeit; Vom Unternehmer vereinbarte Gesprächstermine mit Kunden244; Vorgabe des Unternehmers, pro Woche 15–20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens 3–4 in den Abendstunden. Nach Ansicht des BAG245 führen solche Pflichten nicht zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem HV ein erheblicher Spielraum verbleibt. Im Übrigen liegt es für einen VV im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht; eine Anwesenheitspflicht des Versicherungsvertreters von täglich vier Stunden246; die Stellung eines Firmenwagens durch den Unternehmer247; mangelnde Innen- oder Außenorganisation des Vertreterunternehmens248; die Einordnung in eine betriebliche Hierarchie; die Verpflichtung, ein bestimmtes Mindestsoll zu erreichen, welches keinen Spielraum hinsichtlich der Arbeitszeit belässt249; vollständiger Ersatz der beruflichen Aufwendungen durch den Unternehmer250; die Verpflichtung, an bestimmten, nicht produkt- oder vertriebsbezogenen Veranstaltungen (Schulungen etc.) regelmäßig teilzunehmen251; Die Teilnahme an einem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm zum Versicherungsfachmann (BWV), wenn sie nicht mehr als 35 Arbeitstage/Jahr in Anspruch nimmt252; die Verpflichtung, dem Unternehmer regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte, über das übliche hinausgehende Berichte zukommen zu lassen (dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch der Vertreter berichtspflichtig ist253, die Betonung liegt also auf „unüblich“); Forderung nach Übermittlung einer Drei-Monats-Produktionsvorschau, aufgeteilt nach einzelnen Produktionssparten, mit einer seriösen Prognose der prozentualen Gewichtung der Abschlusse pro Kunde. Diese Weisung gehe über die Bemühungspflicht nach § 86 Abs. 1 hinaus254; die Zahlung einer echten Mindestprovisionsgarantie, wobei letztlich die Höhe entscheidend ist255; OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). OLG Hamm, Beschl. v. 07.02.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 26; v. 15.12.1999 – 5 AZR 770/98 – unter II 1 b, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; v. 26.05.1999 – 5 AZR 469/98 – AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75. BAG – 5 AZR 566/98, VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826 = EWiR § 84 HGB 2/2000 (Graf von Westphalen). Eberstein S. 39.

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250 251 252 253 254 255

BAG ZIP 2000, 630 = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826. BAG VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde); Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 8. BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 32. Küstner/Thume I Rn 60. BAG, Urt. v. 20.08.2003 – 5 AZR 610/02, NJW 2004, 461. Eberstein A II 1 a; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 9, 10; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5.

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– die Zahlung von Aufwendungsersatz über das handelsübliche Maß hinaus, insbesondere als monatliches Fixum, wobei es bei diesen Merkmalen auf den Umfang ankommt, also auf die Höhe der vom Unternehmer geleisteten Zahlungen256; – die Verpflichtung, während des Urlaubs für Ersatz zu sorgen257; – Anordnung von Urlaubsperren, weil hierdurch die Bestimmung der Arbeitszeit eingeschränkt wird258; – Statusvergleich, d.h., wenn der Mittler Tätigkeiten wahrnimmt, die zuvor oder bei Anderen unzweifelhaft Unselbständige ausführ(t)en259; – falls der Mittler regelmäßig zur Berichterstattung persönlich zu erscheinen hat. (3) Merkmale, die sehr stark für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses spre- 34 chen. Die dritte Gruppe bilden Merkmale, denen bei der Bestimmung der Unselbständigkeit großes Gewicht beigemessen wird. Sie führen zu in den Kerngehalt der Selbständigkeit eingreifenden Beschränkungen. In diese Gruppe fallen: – die uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten (Direktionsrecht nahekommend)260; – wenn der Mittler in Bezug auf seine Tätigkeit und die Art ihrer Ausübung einer umfassenden Kontrolle unterliegt261; – falls der HV in die hierarchisch gegliederte Organisationsstruktur des Unternehmers eingebunden war und seine Tätigkeit weder inhaltlich frei gestalten noch seine Arbeitszeit bestimmen kann262; – wenn Strukturvermittler in derselben Unterkunft wohnten, von wo aus sie zu ihrem jeweiligen Einsatzort gefahren werden. Sie haben dann keine andere Möglichkeit, als die vom Unternehmer gewünschten örtlichen und zeitlichen Vorgaben einzuhalten263; – sofern die Leistungen im Rahmen einer vom Unternehmer bestimmten Arbeitsorganisation mit umfassendem Weisungsrecht des Unternehmers hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Dienste erbracht werden264; insbes. fester Arbeitsplatz in den Räumen des Unternehmers265 mit fest vorgegebener Arbeitszeit im Unternehmen; – Recht zur jederzeitigen Revision, Geschäfts- und Kassenkontrolle durch den Unternehmer; – Versetzungsrecht in den Innendienst266; – Verpflichtung zur täglichen Berichterstattung267; – Tätigkeit mit Stechkarten268; 256 257 258 259 260 261 262

Eberstein A II 1 a; Hopt § 84 Rn 36. Grenzfall, siehe Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). BAG, Urt. v. 20.08.2003 – 5 AZR 610/02, NJW 2004, 461. Hopt DB 1998, 866; Hopt § 84 Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. RAG ARS 30, 40; 45, 34. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281, wobei die nicht durch SV-Vortrag unterstützte Behauptung des HV, dies sei so gewesen, nicht genügen dürfte.

263 264

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FG Sachsen, Urt. v. 15.07.2009 – 5 K 695/03, BeckRS 2011, 94073. BAG BB 1990, 779 (780); Urt. v. 12.09.1996 – 5 AZR 104/95, DB 1997, 1037; ZIP 1997, 1714; ZIP 1998, 612; LAG Düsseldorf BB 1997, 891; Hanau DB 1998, 69 (73); Horn/Henssler ZIP 1998, 589 (592); Hromadka DB 1998, 195 (197); Reinecke ZIP 1998, 581 (583); kritisch Hümmerich NJW 1998, 2615 (2630). Hopt § 84 Rn 36. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Rn 12,15. BGH BB 1989, 1076; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). OLG Koblenz, Beschl. v. 09.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223).

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– Verpflichtung oder tatsächliche Übung, in Räumen des Unternehmers zu arbeiten269 (dabei ist aber auf entsprechende Usancen in einzelnen Branchen Rücksicht zu nehmen), dessen Firmenpapier zu nutzen270 oder die sonstige Eingliederung in den Betrieb des Unternehmers271; – die Unterstellung unter die Arbeitsordnung des Unternehmers und die Maßgeblicherklärung eines Tarifvertrages für die Bezahlung272; – örtliche Weisungsgebundenheit273, etwa in Hinblick auf den Tätigkeitsort274; – die Verpflichtung, ein bestimmtes Mindestsoll – auf hohem Niveau – zu erreichen275; – Mindestzeiten276, Tages-, Dienstpläne277 und Arbeitspensen278; – wenn dem Mittler die zu besuchenden Kunden und die Besuchstour vorgeschrieben werden279; – feste Arbeits280- und Urlaubszeiten281; – die Vereinbarung über Urlaubsanspruch und Zahlung von Urlaubsgeld282; – Versetzungsrecht283; – zeitliche Weisungsgebundenheit284; – die Verpflichtung, Fehlzeiten nachzuweisen285; – Vertretung des Mittlers durch Personal des Unternehmers in Urlaubszeiten286; – die Verpflichtung, Adresslisten abzuarbeiten, insbesondere in Verbindung mit dem Verbot der Kundenwerbung aus eigener Initiative; – die Vornahme von Abzügen für Lohnsteuer und Sozialversicherung an den Bezügen des Geschäftsmittlers, mögen diese auch nur in Provisionen bestehen; – die Zuweisung von Lehrlingen zur Ausbildung; – die Einrichtung der Geschäftskonten bei Banken und Postscheckamt ausschließlich auf den Namen des Unternehmers287; – das Verbot, Untervertreter oder Mitarbeiter einzustellen288, wohl auch Zustimmungsvorbehalte, falls die Zustimmung – vertraglich fixiert – nicht unter bestimmten, keine erhebliche Hürde aufstellenden Umständen erteilt werden muss289. Diese Beschränkung setzt dem Geschäftsumfang des im Außendienst Tätigen zu enge Grenzen. Der Selbständige kann grundsätzlich nicht zu einem bestimmten maximalen oder minimalen Geschäftsumfang verpflichtet werden. Ihm muss die rechtliche Möglichkeit zu 269

270 271

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BGH MDR 1998, 920; LG Kiel VersR 1999, 485; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 8; aA LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001, 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23 (Emde). BAG AP § 92 Nr. 2; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 39. AG Neumünster VersR 1998, 1507; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3a; Martinek/Wank § 7 Rn 29. ArbG Wilhelmshaven DB 1963, 999 [Leits.]; vgl. weiter OLG München NJW 1957, 1767; auch: BFH DB 1970, 862 (863). Martinek/Wank § 7 Rn 23. Hopt § 84 Rn 36. AA OLG Düsseldorf NJW 1998, 2978; 1998, 2981 = DB 1998, 2262. AG Neumünster VersR 1998, 1507. Hopt § 84 Rn 36; Martinek/Wank, § 7 Rn 25.

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278 279 280 281 282 283 284 285 286 287 288

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RAG ARS 45, 34; Hopt § 84 Rn 35. Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132); aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. BGH MDR 1998, 920. BGH MDR 1998, 920; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 8. BFH DB 1970, 862 (863); BB 1962, 401. Hopt § 84 Rn 36. Martinek/Wank, § 7 Rn 24. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 39. BAG AP Nr. 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 43. LAG Frankfurt am Main VersR 1966, 236. Nach Ansicht des OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276 spricht es hingegen gerade für die Selbstständigkeit des HV, dass der Mittler seine Dienste in Person zu erbringen hat. Vgl. Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133).

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geschäftlicher Expansion offen stehen290. Es ist jedoch zu unterscheiden: Die Regelung, wonach der Mittler Hilfspersonen ausschließlich zu Hilfstätigkeiten im Rahmen seiner eigenen persönlichen Organisation beschäftigen darf, muss nicht unbedingt gegen die Selbstständigkeit sprechen. Denn der Unternehmer mag insb. im Bereich der Versicherungs- und Finanzberatung angesichts des Haftungsrisikos ein berechtigtes Interesse besitzen, den Kreis der für ihn tätigen HV zu überschauen und zu begrenzen291. Gleichwohl: Liegen einzelne dieser in die letztgenannte Gruppe fallende Merkmale 35 vor, hat das nicht zwingend ein Beschäftigungsverhältnis zur Folge, wenn andere Merkmale für die Selbständigkeit sprechen. c) Bedeutung der SGB-Vorschriften über die Scheinselbständigkeit. Für den HV be- 36 steht keine Sozialversicherungspflicht des Unternehmers292. Die in § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI des Gesetzes vom 19.12.1998293 eingeführte und in der zum 01.01.1999 rückwirkenden Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999294 geltende sozialrechtliche Definition der Selbständigkeit ist für die arbeitsrechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses nach § 84 ebenso ohne Bedeutung295 wie steuerrechtliche Definitionen296. Die Norm hat keine Sonderform des HV geschaffen, weswegen die Vorschrift ohne Auswirkungen auf die §§ 84 ff ist297. Sie regelt lediglich die Voraussetzungen, unter denen Sozialversicherungspflicht eintritt, beantwortet aber nicht die Frage, ob der Mittler selbständig (Handelsvertreter) oder unselbständig (Reisender) ist. Nur im Einzelfall kann den Kriterien des SGB für eine Unselbständigkeit Bedeutung als Indiz für eine Unselbständigkeit zukommen298. 290

291 292 293 294 295

Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 43; aA OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619) – sofern der HV für seine persönliche Unternehmensorganisation Hilfskräfte beschäftigen darf; LG Mannheim Beschl. v. 19.10.2001 – 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23. OLG Köln, Beschl. v. 15.09.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 47; Marburger BB 1979, 840. BGBl. I 1998, 3843, 3846. BGBl. I 2000, 2. Begr. des Gesetzentwurfs ZIP 1998, 2031, 2035 sowie Beschlußempfehlung des BTAusschusses für Arbeit und Sozialordnung ZIP 1998, 2195; BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde); VersR 2001, 857 = BB 2001, 48 = EWiR 2001, 277 (Emde); LG Mannheim ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23 (Emde); LAG Nürnberg ZIP 1999, 769; Emde VersR 2001, 148; Thume BB 1999, 2309 (2310); Martinek/Wank § 7 Rn 36; Rundschreiben der Spitzenverbände zur

296 297 298

Scheinselbständigkeit mit Einführung von Hanau ZIP 1999, 252 (255) mit den ergänzenden Hinweisen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung scheinselbständiger Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnlicher Selbständiger v. 16.06.1999 NZA 1999, 746; Buchner DB 1999, 1502; Hopt § 84 Rn 36; Canaris § 17 Rn 10; aA Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083; zu dem Gesetz ferner Berndt MDR 1999, 210 (211); Buchner DB 1999, 533; Weimar/Goebel ZIP 1999, 217; Leuchten/Zimmer DB 1999, 381 (382, 383); Kunz/Kunz DB 1999, 846 (848); Kerschbaumer/Tiefenbacher ArbuR 1999, 121; Reiserer BB 1999, 366 (367, 368); Buchner DB 1999, 146 (148, 150); Goretzki/Hohmeister BB 1999, 635; Postler NJW 1999, 925; Richardi DB 1999, 958; Küstner BB 1999, 541; Adomeit NJW 1999, 2086; Krebs DB 1999, 1602; Gaul/Wisskirchen DB 1999, 2466; Buchner DB 1999, 2514; Reiserer BB 2000, 94; kritisch: Berndt NJW 2000, 464. Martinek/Wank § 7 Rn 35. Thume BB 1999, 2309 (2310); aA Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083. Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083 (1088); Berndt DB 1999, 1162 (1166, 1167); kritisch dazu Reiserer BB 1999, 366 (367, 368).

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Gemäß §§ 2, 7 SGB IV sind Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig, wobei gemäß § 7 IV SGB IV bei Vorliegen von drei aus fünf Merkmalen die Arbeitnehmereigenschaft vermutet wird299. Auch Vertriebsmittler können zwar Arbeitnehmer sein. Der Begriff des Arbeitnehmers wird jedoch in § 7 Abs. 4 SGB IV vorausgesetzt, nicht definiert. Insbesondere hat die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 4 SGB IV nach h.M. für diese Frage Bedeutung300. Denn gemäß § 7 Abs. 4 S. 2 SGB IV sind – angeblich auf das Lobbying zuständiger Verbände hin301 – HV, die „im wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und über ihre Arbeitszeit bestimmen können“ von dem Anwendungsbereich der Vermutungsregelung ausgenommen (sog. „Bereichsausnahme“). Ein selbständiger HV kann folglich nicht in den Anwendungsbereich der Vermutung des § 7 Abs. 4 SGB IV fallen. Der Wortlaut des § 7 Abs. 4 S. 2 SGB IV lehnt sich an den des § 84 Abs. 1 S. 2 an, so 38 dass neben dem Vorrang des HGB bei der Beantwortung der Statusfrage auch dies gegen eine Bedeutung des SGB für die arbeitsrechtliche Statusfrage spricht. Eine unselbständige, an § 84 angelehnte Regelung kann kaum die Rolle einer statusbestimmenden Definition einnehmen. Zur Bereichsausnahme ist anzumerken: Sie soll dem historisch gewachsenen Verständ39 nis des HV als selbständigen und gleichberechtigten Unternehmer Rechnung tragen302. An dieser Privilegierung im Vergleich zu anderen Vertriebsmittlern oder Freiberuflern (Architekten, Anwälten) wird Kritik geübt303, teilweise von der Verfassungswidrigkeit ausgegangen304. Gleichwohl kommt wegen des Ausnahmecharakters der Bestimmung keine analoge Anwendung auf andere Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler und Franchisenehmer, in Frage305. Um diejenigen in die gesetzliche Rentenversicherung zu zwingen, die § 7 SGB VI nicht 40 erfasst306 – aufgrund der Bereichsausnahme z.B. HV307 (Auffangtatbestand)308 – hat der Gesetzgeber § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI eingefügt, demzufolge HV zwar nicht sozialversicherungspflichtig, als arbeitnehmerähnliche Selbständige jedoch nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig sind. Versicherungspflichtig waren nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI zunächst selbstständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 325 Euro (seit 01.04.2003: 400 Euro) im Monat überstieg (Buchst a), und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig waren (Buchst b). In der Folgezeit hat der Gesetzgeber § 2 S. 1 Nr 9 Buchst b SGB VI 299

300 301 302

303 304

Zusammenfassend Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, 2000, Rn 93; Emde VersR 1999, 1464 (1466). Oberthür/Lohr NZA 2001, 126. Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, 2000, Rn 99. Vgl. Buchner DB 1999, 146 (147); Küstner BB 1999, 541 (542 f); zusammenfassend Emde VersR 1999, 1464 (1466); Gaul DB 1998, 2467 (2470 f). Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, 2000, Rn 99; Reiserer BB 2000, 94 (95). Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, 2000, Rn 99; Bauer/Diller/Lorenzen NZA 1999, 169 (173); Bengelsdorf NJW 1999, 1817 (1825); Buchner DB 1999, 148; Hässler

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NWB Fach 27, S. 4959 (4967); Hohmeister NZA 1999, 337 (339); Kerschbaumer/Tiefenbacher AuR 1999, 121 (123); Rolfs NZA 2000, 188; wohl auch Hopt § 84 Rn 35. Rolfs NZA 2000, 188; aA Weimar/Göbel ZIP 1999, 217 (219); ähnlich noch Emde VersR 1999, 1464 (1466). Buchner DB 1999, 146 (149). BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 7/08 R, BeckRS 2010, 66916; SG Reutlingen, Gerichtsbescheid v. 13.07.2007 – S 8 R 4013/05, BeckRS 2010, 69988. Vgl. Berndt MDR 1999, 210 (213); Reiserer/Biesinger BB 1999 1006 (1007); Emde VersR 1999, 1464 (1466).

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(mit Wirkung vom 01.07.2006) um den Halbsatz ergänzt, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft gelten309. Ferner ist die Entgeltgrenze von 400 Euro in § 2 S. 1 Nr 9 Buchst a SGB VI (mit Wirkung ab 01.05.2007) entfallen310. Von einer Dauerhaftigkeit ist auszugehen, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines Dauerauftragverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt, wobei neben zeitlichen auch wirtschaftliche Kriterien zu beachten sind. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Betroffene mindestens 5/6 seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden selbstständigen Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten bezieht311. Nur wenn die selbstständige Tätigkeit, etwa der Auftrag bezüglich eines bestimmten Projekts, im Voraus auf einen Zeitraum von weniger als einem Jahr begrenzt ist, stellt sich überhaupt die Frage nach der Dauerhaftigkeit312. Ob ein Selbständiger im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist, ist aufgrund der erzielten Bruttoeinkünfte zu beurteilen313. In der Praxis wird von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger das Erfordernis der Wesentlichkeit als erfüllt angesehen, wenn mindestens 5/6 der Gesamteinkünfte aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber erzielt werden. In der Rechtsprechung wird demgegenüber davon ausgegangen, dass das Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit für einen der Auftraggeber jedenfalls deutlich mehr als 50 % ausmachen muss, um die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber zu rechtfertigen314. Dabei handelt es sich jeweils um einen Orientierungsrahmen. Von § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI sind auch FN erfasst315. Im Hinblick auf den politischen 41 Zweck der Neuregelungen war als Konsequenz gewollt, dass der Begriff „Auftraggeber“ weit verstanden und neben Vermittlungs- oder Agenturmodellen auch Franchise-Systeme erfasst werden sollten316. § 662 BGB ist unmaßgeblich317. Auftraggeber ist der FG, jedoch nicht die Kunden des FN, die Produkte abnehmen318. Auch ein HV, der neben seiner Beschäftigung als Angestellter ohne eigene Arbeitnehmer als selbständiger HV tätig ist, ist versicherungspflichtig,319. Der rentenversicherungspflichtige HV trägt im Gegen309 310

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Art 11 Nr 1 Buchst a des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 v. 29.06.2006, BGBl I 1402. Art 1 Nr 2 Buchst b des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung v. 20.04.2007, BGBl I 554. SG Reutlingen, Gerichtsbescheid v. 13.07. 2007 – S 8 R 4013/05, BeckRS 2010, 69988. SG Reutlingen, Gerichtsbescheid v. 13.07. 2007 – S 8 R 4013/05, BeckRS 2010, 69988. LSG Saarland, Urt. v. 01.12.2005 – Az.: L 1 RA 11/04. LSG Saarland, Urt. v. 01.12.2005 – Az.: L 1 RA 11/04; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 26.01.2006 – Az.: L1 RA 105/04; zum Ganzen SG Duisburg, Urt. v. 20.10.2009 – S 37 (34) R 345/07. BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/ Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481; aA SG Stuttgart, Urt. v. 25.03.2004 – S IX RA 23/03; zitiert nach Flohr BB 2006, 389 (391). BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 3/08 R,

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NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481; BT-Drucks 13/6549 S 7; BT-Drucks 13/8942, S 8 (zu § 7 Abs. 4 SGB VI). BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481. BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/ Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481 Rn 28. BSG, Urt. v. 04.11.2009 – B 12 R 7/08 R, BeckRS 2010, 66916; aA LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.09.2008 – L 5 R 4034/07, NZS 2009, 631 als Vorinstanz. Begründung des LSG: Der HV sei nicht i.S.d. § 2 S. 1 Nr. 9b SGB VI auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftrageber tätig, soweit wegen des Versicherungspflichtverhältnisses als Beschäftigter für die Begründung eines weiteren Versicherungspflichtverhältnisses als Selbständiger kein sozialer Schutzbedarf bestehe. Das BSG lehnt diese Begründung ab, da es auf die individuelle Schutzbedürftigkeit nicht ankomme.

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satz zu den nach SGB IV Sozialversicherungspflichtigen die Beiträge in vollem Umfang allein, § 168 Nr. 1 SGB VI320. Die Rspr. sieht in dem Einsatz von Hilfskräften zur Erfüllung der vertraglichen Pflich42 ten ein wesentliches Merkmal selbständigen Unternehmertums. Unbeantwortet bleibt, weshalb die Erfüllung des Kriteriums nur durch die Beschäftigung eines Arbeitnehmers, nicht durch die eines selbständigen Subunternehmers, widerlegt werden kann321. Die Beschäftigung des Arbeitnehmers muss regelmäßig erfolgen, um Umgehungen durch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse auszuschließen. Auch § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI trifft keine Aussagen zur Einordnung eines Vertriebsmittlers als selbständig oder unselbständig, da § 84 die speziellere Norm darstellt322.

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d) Arbeitnehmerähnliche Personen. Bei arbeitnehmerähnlichen Personen i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG tritt an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit323. Ferner muss der wirtschaftlich Abhängige auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein324. Der Bezug eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB III steht der wirtschaftlichen Unselbständigkeit nicht entgegen325. Für solche arbeitnehmerähnlichen Personen ist die Zuständigkeit der ArbG nach § 5 Abs. 1 ArbGG begründet. An dieser sozialen Schutzbedürftigkeit soll es fehlen, wenn ein Mittler eigenständig sein Geschäft führt, das Geschäftslokal selbst anmietet und selbständig Arbeitnehmer einstellt und nicht in ein Abrechnungssystem des Unternehmers eingebunden ist326. § 5 Abs. 3 ArbGG trifft allerdings für HV eine vorrangige lex specialis, die § 5 Abs. 1 44 S. 2 ArbGG verdrängt327. Nach dieser Norm sind die ArbG für Rechtsstreitigkeiten von HV zuständig, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a die untere Grenze der vertraglichen Leistung des Unternehmers festgesetzt werden kann und während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses vor Klagerhebung im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1.000 aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provisionen Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben328. Im Einzelnen siehe hierzu bei § 92a. § 5 Abs. 3 ArbGG hat damit lediglich prozessuale Bedeutung. Der Mittler bleibt HV i.S.d. §§ 84 ff und das ArbG muss das HGB anwenden. Es handelt sich hierbei also um „formelles“ Arbeitsrecht. Die Zuständigkeit der ArbG ist wenig praxisnah, da sie mit dem HGB materiell ein Gesetz anwenden müssen, welches ihnen in der täglichen Rechtspraxis eher fern steht. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG nicht erfüllt, bleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Es kommt dann nicht darauf an, ob der HV in diesen Fällen noch als arbeitnehmerähnliche Person angesehen werden kann. § 5 Abs. 3 320

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Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (127); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 4; Emde VersR 1999, 1464 (1466 ff); Emde VersR 2001, 148 ff. Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (127). AA Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083; kritisch zu dieser Ansicht bereits Thume BB 1999, 2309 (2310). BAG, Beschl. v. 21.12.2010 – 10 A2B 14/10, NZA 2011, 309. BAG, Beschl. v. 21.12.2010 – 10 A2B 14/10, NZA 2011, 309; BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). BAG, Beschl. v. 21.12.2010 – 10 AZB 14/10, NZA 2011, 309.

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BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). BAG MDR 2003, 814 (315); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); Müller-Glöge in: Germelmann/Matthes, ArbGG, § 5 Rn 23 ff; Martinek/Flohr § 8 Rn 27; näher Kapitel 3. Martinek/Flohr § 8 Rn 27. Die Vergütungsgrenze belief sich zunächst auf DM 500,–, seit dem 28.01.1968 dann auf 1000,– DM, seit dem 01.02.1976 auf DM 1500,– und seit dem 01.07.1979 auf DM 2000,–.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

ArbGG enthält eine für HV in sich abgeschlossene Zuständigkeitsregelung, die der Regelung über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für arbeitnehmerähnliche Personen in § 5 Abs. 1 ArbGG vorgeht329. e) Beweislast. Die Beweislast für Selbständigkeit oder Unselbständigkeit trägt der- 45 jenige, der daraus Rechtsfolgen herleiten will330. Macht ein Vertriebsmittler geltend, er sei Arbeitnehmer, so ist er für den fehlenden Spielraum bei der Arbeitszeitgestaltung darlegungs- und beweisbelastet331. Spiegelbildlich muss der Unternehmer die Arbeitnehmereigenschaft beweisen, wenn er hierdurch einen Ausgleichsanspruch vermeiden will. Wird eine vom Vertrag abweichende tatsächliche Übung vorgetragen, muss sie derjenige bewiesen, der sich auf jene beruft332. Die Vermutung des § 7 SGB IV gilt nicht333. f) Gerichtliches Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung. Für die Zulässigkeit des 46 Rechtsweges ist der jeweilige Streitgegenstand maßgeblich; dieser wird ausschließlich durch den Kläger bestimmt334. Liegt ein sog. sic-non-Fall vor, in dem sowohl die Zulässigkeit wie die Begründetheit davon abhängen, dass der Kläger arbeitnehmerähnliche HV oder Arbeitnehmer ist, genügt für die Zulässigkeit einer an das ArbG gerichteten Klage die Behauptung, es lägen die TB-Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG vor bzw. es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, ohne dass im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung entschieden werden muss, ob der Kläger arbeitnehmerähnlicher HV, Arbeitnehmer oder selbstständiger HV ist335. Die behauptete Zuständigkeit muss sich aber schlüssig aus dem Klagevorbringen ergeben; lediglich Beweise brauchen nicht erhoben zu werden336. Damit bestimmt sich der Rechtsweg nach dem schlüssigen Tatsachenvortrag der klagenden Partei. Dass eine Beweiserhebung in derartigen Fällen entbehrlich ist, folgt aus dem bereits vom RG und nunmehr vom BGH in st. Rspr. vertretenen Grundsatz, dass die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen im Rahmen des Zuständigkeitsstreits dann keines Beweises bedürfen, wenn sie gleichzeitig notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruchs selbst sind, wenn also die Bejahung des Anspruchs begrifflich diejenige der Zuständigkeit in sich schließt (sog. doppelrelevante Tatsachen). Dann ist für die Zuständigkeitsfrage die Richtigkeit des Klagevortrags zu unterstellen337. Damit wird eine Ver329

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OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.05.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (209); OLG Saarbrücken VersR 2005, 1388. Vgl. Hopt § 84 Rn 38: es gelten die allg. Regeln. BAG, Urt. v. 20.08.2003 – 5 AZR 610/02, NJW 2004, 461. BAG DB 1966, 546; Hopt § 84 Rn 38. Hopt § 84 Rn 38. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; BGHZ 67, 81 (84 und 90 f); 133, 240 (243); BAG NJW 1994, 604 (605); NJW 1994, 1172. OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); LAG Hamm, Beschl. v. 14.05.2007 – 2 Ta 646/06, BeckRS 2007, 47017; BAG v. 19.12.2000 – 5 AZB 16/00, NZA 2001, 285; vom 17.01.2001 – 5 AZB 18/00, NZA 2001, 341.

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BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08,NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; BGHZ 133, 249 (243 m.w.N.); OLG Schleswig, Beschl. v. 28.05.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Hamm, Beschl. v. 27.03.2008 – 18 W 23/06, BeckRS 2009, 05464; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 14. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; BGHZ 7, 184 (186); BGHZ 124, 237 (248 f); BGH, Urt. v. 09.12.1963 – VII ZR 113/62, NJW 1964, 497, unter 2; vgl. auch Stein/Jonas/Roth ZPO, 22. Aufl., § 1 Rn 24; Windel ZZP 111 (1998), 3, 20 f; jeweils m.w.N.

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einfachung und beschleunigte endgültige Erledigung des Rechtsstreits bezweckt. Der Kläger erreicht die erstrebte Prüfung der Berechtigung seiner Klage vor dem angerufenen Gericht auf seine schlüssige Behauptung hin. Er riskiert damit allerdings die endgültige Aberkennung des eingeklagten Anspruchs als unbegründet, falls sich seine Behauptungen nicht als wahr feststellen lassen, während er bei einer Abweisung der Klage nur als unzulässig diese nach Behebung des Hinderungsgrundes – etwa vor dem zuständigen Gericht – wiederholen könnte338. Maßgebend für den Rechtsweg sind die Umstände im Zeitpunkt des Entstehens des eingeklagten Anspruchs339. Handelt es sich um keinen sic non Fall oder bei den zwischen den Parteien streitigen Umständen nicht um doppelrelevante Tatsachen (Beispiel: das Fehlen der Arbeitnehmereigenschaft des Beklagten ist kein notwendiges Tatbestandsmerkmal der von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche340), ist nicht allein der Sachvortrag der klagenden Partei Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs. Vielmehr hat der Kläger die für die Begründung der Rechtswegzuständigkeit maßgeblichen Tatsachen zu beweisen, sofern der Beklagte diese bestreitet341. Nach der Gegenansicht ist sogar dann allein auf den Klägervortrag abzustellen, wenn es sich bei den maßgeblichen Umständen nicht um doppelrelevante Tatsachen oder einen sic non Fall handelt („Schlüssigkeitstheorie“)342. Auf den Einwand eines beklagten Außendienstmitarbeiters, er sei Arbeitnehmer, ist nach dieser Ansicht beispielsweise zum Zwecke der Bestimmung des Rechtswegs kein Beweis zu erheben, sondern vom Vortrag des Klägers auszugehen343. Es sei allein maßgeblich, ob die vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs behaupteten Tatsachen Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergäben, die in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fielen. Zwar bestehe das Risiko, dass der Kläger durch einseitigen Vortrag die Zuständigkeit der Gerichte bestimme. Hierdurch werde der jeweilige Beklagte aber nicht unzumutbar beeinträchtigt. Denn die einseitige Berücksichtigung des Klägervortrags beschränke sich auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs. Eine offensichtlich nicht gegebene Anspruchsgrundlage bleibt auch nach dieser Ansicht außer Betracht, ebenso willkürlicher und rechtsmissbräuchlicher Vortrag344.

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BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281. BGH, Beschl. v. 21.10.1998 – VIII ZB 54/97, NJW 1999, 648 (650 f). BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281. BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10. 2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; KG NJW-RR 2001, 1509 (1510); noch weitergehend – für Beweiserhebung auch bei allen doppelrelevanten Tatsachen: Lüke JuS 1997, 215 (217);

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Kissel/Mayer GVG, 5. Aufl., § 17 Rn 19; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 17a GVG Rn 8a. OLG Celle, Beschl. v. 04.06.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177; OLG Bremen, Beschl. vom 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834 (zur Arbeitnehmereigenschaft); OLG Köln VersR 1996, 1546; OLGR 2005, 685 (688); OLG Dresden OLGR 2005, 50 (51 m.w.N.); Kluth NJW 1999, 342 (344); Musielak/Wittschier ZPO, 7. Aufl., § 17a GVG Rn 13; wohl auch Zöller/Lückemann ZPO, 27. Aufl., § 13 GVG Rn 54. OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. OLG Bremen, Beschl. v. 01.07.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834, OLG Dresden, OLGR 2005, 50 = BeckRS 2004, 11164.

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II. Geschäftsvermittlung und Abschluss für einen Unternehmer HV ist nur, wer für einen anderen Unternehmer Geschäfte vermittelt oder in dessen 47 Namen abschließt. 1. Unternehmer – Bedeutung des § 84 Abs. 3. Der HV muss für einen anderen 48 „Unternehmer“ (das HGB verwendet diese Bezeichnung, außerhalb der Gesetzessprache finden auch die Bezeichnungen „Geschäftsherr“345, „Prinzipal“, bzw. je nach Funktion „Hersteller“ oder „Importeur“ Verwendung) tätig werden, der nicht identisch mit dem HV sein darf346. Es ist also das Bestehen eines Drei-Personen-Verhältnisses („für einen anderen“) erforderlich347. Dies soll sich aus dem Begriff der „Vermittlung“ ergeben348. Vermittlung oder Abschluss von Eigengeschäften des HV begründen keinen HV-Vertrag i.S.d. § 84349. Gedacht wird auch an Fälle, in denen der HV nach dem Eigengeschäft einen Weiterverkauf plant350. Die Provisionspflicht kann vertraglich auch auf diese Fallgestaltungen erstreckt werden351. Gesetzestypisch dürfen Kunde und HV mithin nicht identisch sein. Zumindest für die Statusfrage und wohl auch für die Provisionsfrage bleibt aber die formale Selbständigkeit der Parteien genügend352 (anders zum Courtageanspruch des Maklers). Wirtschaftliche oder rechtliche Verflechtung zwischen Unternehmer und HV353, Personenidentität der Geschäftsleitung, auch Abhängigkeit oder Konzernierung, schließen ein solches Drei-Personen-Verhältnis mithin nicht aus354, solange die wirtschaftliche Verflechtung oder Verbindung i.S.d. §§ 17 ff AktG die rechtliche Separierung der Parteien nicht beseitigt. Eine solche Verflechtung ist etwa in der Versicherungswirtschaft bekannt, wenn z.B. ein Lebensversicherungsunternehmen einen Organisationsvertrag mit einem Sachversicherungsunternehmen abschließt und damit als VV für den Sachversicherer tätig wird. Meist ist dies ohnehin kein Problem der Statusfrage. Davon ist jedenfalls auszugehen, sofern die Vermittlung an wirtschaftlich verbundene Unternehmen nicht Vertragsgegenstand ist oder nur einzelne Kunden mit dem HV verbunden sind. Allenfalls wenn von vornherein die Beratung eines verbundenen Unternehmens des HV beabsichtigt war, mag Gegenteiliges vertretbar sein. Auch hier neige ich jedoch zu einem Vorrang der formalen Betrachtungsweise, welche die rechtliche Selb-

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 41; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 28; § 87 Rn 11; Hopt § 84 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 66; § 87 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16; § 87 Rn 7; Leuchten/Zimmer DB 1999, 381 (383). Leuchten/Zimmer DB 1999, 381 (383); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 66. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50; aA OLG Hamburg OLGRspr. 36 (1912) 258; Schnitzler DB 1965, 463. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 23.

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BFH, Urt. v. 26.07.1972 – I R 138/70, BB 1972, 1489; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. BFH BB 1972, 1489; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. BFH, Urt. v. 26.07.1972 – I R 138/70, BB 1972, 1489; Emde Die HandelsvertreterGmbH, S 95; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 27; Hopt § 84 Rn 23; Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (668); aA Hopt § 84 Rn 42; Küstner/Thume I Rn 9 ff für „firmeneigene Versicherungsvermittler“ wegen wirtschaftlichen „Selbstanbietens“ (Durchgriffsgedanke) oder fehlender „ständiger“ Betrauung (wie hier zu VV LG Hannover, Urt. v. 30.06.2009 – 18 O 193/08, BeckRS 2009, 21555); auch Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, 1966, S. 76 f, falls der Unternehmer in der Geschäftsführung der Vermittler-GmbH vertreten ist.

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ständigkeit des Kunden genügen lässt. Problematisch ist eher das Provisionsrecht (aber auch hier erhält der Unternehmer wirtschaftlich die Vorteile der Vermittlung und schuldet daher Provision355) oder die Ausgleichsfrage, da aufgrund des nachvertraglichen Wegfalls des Kunden (das verbundene Unternehmen wird meist kein Stammkunde des Unternehmers bleiben) in der Regel Vorteile des Unternehmers fehlen. Im Falle des Vertragsschlusses mit einem Unternehmen in einem Versicherungskonzern, in dem mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammengefasst sind, entspricht es in der Regel dem Interesse des VV, dass der HV-Vertrag mit der Gesellschaft innerhalb des Konzerns zu Stande kommt, die Versicherer im Sinne des § 92 Abs. 2 ist. Denn allein dieser ist im Zweifel in der Lage, die Abrechnung nach § 87c vorzunehmen356. Nach dem weit auszulegenden357 und wirtschaftlich zu verstehenden Begriff358 Unter49 nehmer jeder sein, der über einen zum Vertrieb geeigneten Gegenstand oder ein geeignetes Recht verfügt. § 84 Abs. 3 bestimmt, der Unternehmer könne auch ein HV sein. Diese Klarstellung 50 ist überflüssig. Zu Abs. 3 und Untervertretern auch Rn 113 ff. Es ist anerkannt, dass der Begriff des „Unternehmers“ i.S.d. § 84 Abs. 1 weit zu fassen ist359. Für den Unternehmer stellt das Gesetz nämlich keine besonderen Voraussetzungen auf360. Unternehmereigenschaft soll jeder haben, der am rechtsgeschäftlichen Verkehr in den Formen des Privatrechts teilnimmt und dergestalt seine Aufgaben erfüllt361. Kürzer ließe sich sagen, dass Unternehmer jede am Zivilrechtsverkehr teilnehmende Person ist. Diese weite Auslegung des Unternehmerbegriffs ist geboten, damit nicht die internen Verhältnisse des Auftraggebers, auf die der Mittler keinen Einfluss haben kann, darüber entscheiden, ob er in den Schutzbereich des Vertreterrechts einbezogen wird362. Bis 1953 war HV nur derjenige, der „für das Handelsgewerbe eines anderen“, also 51 für einen Kaufmann warb363. Diese Einschränkung des Geschäftsherrenbegriffes entsprach dem Verständnis eines „Handels“gesetzbuches, wurde jedoch mit der Novelle 1953 aufgehoben, und sie war schon zuvor kaum sinnvoll, solange man keine befriedigende Antwort auf die Frage geben konnte, welchem Recht das Vertragsverhältnis im Falle der Tätigkeit für einen Nichtkaufmann unterliegen sollte. Die nahe liegende Antwort hätte auf eine analoge Anwendung des HV-Rechts verwiesen, so dass die §§ 84 ff auch unmittelbar hätten angewandt werden konnten. Nach seit 1953 geltendem Recht braucht der Unternehmer kein Kaufmann364 zu sein, er muss auch kein (Handels-) Gewerbe betreiben365 (siehe zur Handelsgewerblichkeit Rn 13 ff, zu Abs. 4 Rn 75 ff). Auch die Rechtsform ist irrelevant366, der HV braucht noch nicht einmal eine juristische Person des Privatrechts367 zu sein. Dies korrespondiert mit Art. 1 Abs. 2 der allerdings 355 356 357 358 359 360 361 362

AA OLG Celle, Urt. v. 14.11.1969, BB 1970, 51 = DB 1970, 582. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. BGHZ 43, 108 (111). BGH, Urt. v. 22.06.1972 – VII ZR 36/71, BB 1972, 938 (939). BGHZ 43, 110; BGH BB 1982, 1876; Küstner/Thume I Rn 12; Hopt § 84 Rn 27. Westphal I Rn 65; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 63. BGH BB 1965, 304; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19. Westphal I Rn 65.

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Eberstein A I; Hopt § 84 Rn 27. BGHZ 43, 108 (109) = NJW 1965, 1132; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 3, 22; Hopt § 84 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 9, 13; Westphal I Rn 66; irrig noch OLG Stuttgart BB 1959, 537. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 14. Hopt § 84 Rn 27. BGHZ 43, 108 (109); BGH DB 1981, 92; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

nur für den Warenhandelsvertreter geltenden EG-Richtlinie 1986, die nicht von einem „Unternehmer“, sondern von einer „andere[n] Person“ spricht. Die Richtlinie stellt mithin klar, dass der Unternehmer nicht Kaufmann sein muss, und diese Vorgabe wäre im Bereich des Warenvertriebs maßgeblich. Das ohnehin kaum nachweisbare und bestenfalls ihm bekannte Vertriebsmotiv des 52 Unternehmers ist belanglos368. Vom HV vermittelte Geschäfte dürfen daher z.B. der Abwendung eines Insolvenzfalls dienen369. Überhaupt braucht der Unternehmer keine eigenen Erwerbszwecke zu verfolgen370. Deshalb kann Eberstein371 und Staub/Brüggemann 4. Aufl.372, trotz der wenig hilfreichen Terminologie des Gesetzes („Unternehmer“) nicht darin zugestimmt werden, demjenigen mangele die Vertretereigenschaft, der etwa als „Zivilagent“, z.B. als Sammler für seine Akquisitionen, der Genealoge für die Beschaffung urkundlichen Materials, der Forschungsreisende für die Ausrüstung seiner privaten Expeditionsfahrten, ständig Geschäfte ausschließlich des privaten Bereichs seines Vertragspartners vermittele, so dass nur die §§ 675 ff BGB anwendbar wären. Der Unternehmer braucht daher kein „Unternehmer“ i.S.d. § 14 BGB sein373. Denn dort wird eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit des Unternehmers gefordert, die gem. § 84 gerade nicht erforderlich ist. Richtigerweise hätte das Gesetz also statt „Unternehmer“ die neutralere Fassung „Vertragspartner“ wählen sollen. Ist der Unternehmer kein Kaufmann oder fehlen gar HV wie Unternehmer die Kauf- 53 mannseigenschaft, sind zwar die §§ 84 ff, das übrige HGB aber allenfalls partiell anwendbar. Eine analoge Anwendung der eigentlich unmaßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften außerhalb der §§ 84 ff ist abzulehnen. § 84 öffnet einem jeden Unternehmer, auch wenn er nicht Kaufmann ist, die Möglichkeit, HV für sich tätig werden zu lassen: nicht mehr. Damit ist die Rechtslage nur derjenigen angeglichen, wie sie für den nichtkaufmännischen Unternehmer in Ansehung der Inanspruchnahme der Dienste von Kommissionären oder Handelsmäklern schon seit jeher bestanden hatte. Wollte man darüber hinaus das Sonderrecht der zweiseitigen Handelsgeschäfte in der ganzen Breite der Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmer und HV gelten lassen, so wäre kein Halten mehr: dann müsste das gleiche auch für die Rechtsbeziehungen zwischen dem nichtkaufmännischen Unternehmer und dem Kommissionär sowie dem Handelsmäkler rechtens sein. Das wird nicht gefordert; es wäre auch von der wohlerwogenen Begrenzung des Geltungsgrundes der Regeln über die zweiseitigen Handelsgeschäfte her nicht zu begründen. Anderenfalls müsste man dann konsequenterweise fordern, dass der nichtkaufmännische Unternehmer im Verhältnis zu seinem HV auch denjenigen Bestimmungen unterworfen sei, die dem Kaufmann als solchem einseitig gelten, nämlich den §§ 347, 350. Eine dem HV im Vertrag zugesagte Vertragsstrafe könnte nicht herabgesetzt, eine dem HV gegenüber übernommene Bürgschaft (etwa für die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs durch den in Aussicht genommenen Nachfolger im Vertreterverhältnis) könnte formlos übernommen werden und würde keine Einrede der Vorausklage begründen – alles dies, auch wenn der Unternehmer Nichtkaufmann ist.

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Hopt § 84 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19; Hopt § 84 Rn 26; aA RGZ 140, 82; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22 da nicht mehr dem Betrieb des Unternehmers dienend. Aber dessen Abwicklung dient auch dem Unternehmerinteresse.

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BGHZ 43, 108 (111); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 14. S. 35. Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 18. Hopt § 84 Rn 27: weitgehend aber nicht vollkommen identisch.

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§ 84 54 – – – – –

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1. Buch. Handelsstand

Unternehmer können beispielhaft sein: Angestellte374 Freiberufler, auch Schriftsteller, ausübende Künstler375 Genossenschaften376 Immobilienmakler377 Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, sofern sie im Rechtsverkehr in den Formen des Privatrechts auftreten und gerade in dieser Form ihre Aufgabe erfüllen378 Juristische Personen379 Künstler380 Land- und Forstwirte381 Lottounternehmen382 Tanzlehranstalten383 die Deutsche Post AG384 Öffentliche Unternehmen385, etwa ein öffentlicher Bauträger386 Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit387 Verbände und Vereine388 verbundene Unternehmen Vertragshändler oder Vertriebsmittler jeder Art Wettbewerber, selbst wenn die Aufnahme der Waren nur der Sortimentsabrundung dient389.

2. Vermittlung und Abschluss von Geschäften. HV ist nur, wer Geschäfte für den Unternehmer vermittelt oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung abschließt. Dieses Merkmal grenzt zum Vertragshändler, Franchisenehmer und Kommissionär390, aber auch zum bloßen Propagandisten oder sonstigen „Geschäftsbesorgern“ ab. Denn Vertragshändler und Franchisenehmer391 kontrahieren, anders als der HV, im eigenen 374 375

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Küstner/Thume I Rn 14. Hopt § 84 Rn 27; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 63; Hopt § 84 Rn 27; aA Hirsch FS Tiburtius S. 402. Westphal I Rn 66. BGH DB 1982 590. BGH, Urt. v. 21.01.1965, BB 1965, 304; Eberstein S. 35; Westphal I Rn 66; Hopt § 84 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 64. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 63; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff; zu Unrecht zweifelnd OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, GRUR 2006, 788. Hopt § 84 Rn 27. BGH, Urt. v 04.06.1975 – I ZR 130/73, WM 1975, 931 (besonders zur Ausgleichsberechnung); v. 22.06.1972 – VII ZR 36/71, NJW 1972, 1662; v. 21.01.1965 – VII ZR 22/63, NJW 1965, 1132; BGHZ 43, 108; 99,

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87; Küstner/Thume I Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13. LG Göttingen MDR 1956, 302. BGH WM 2001, 274 (275); OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 10 U 127/01, WM 2006, 1452; aA LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. Hopt § 84 Rn 27. Hopt § 84 Rn 27. Lohmüller/Beustien/Josten § 84 Anm. 5; Bruck/Möller Vorbem. 173 vor § 43 bis 48 VVG; Küstner/Thume I Rn 13. Küstner/Thume I Rn 13; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 64. AA Küstner/Thume I Rn 15, mit der Begründung, es fehle an einer Tätigkeit „für einen anderen Unternehmer; vielmehr würden nur eigene Interessen verfolgt (aber dies ist beim klassischen HV nicht anders). Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 20. Zu ihm: MünchKommHGB/v. HoyningenHuene vor § 84 Rn 17 ff.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

Namen und auf eigene Rechnung, der Kommissionär zwar im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung (§ 383). Ist der Kommissionär vertraglich ständig mit solchen Abschlüssen betraut, wird er zum Kommissionsagenten. Der Kommissionsagent verhält sich also zum Kommissionär wie der HV zum Handelsmakler392. Die § 84 ff finden auf seine Rechtsverhältnisse analoge Anwendung, soweit die §§ 383 ff nicht entgegenstehen393. Ebenso ist die Analogie zum HV-Recht auch im Franchise-394 und Vertragshändlerrecht (hierzu Vor § 84) anerkannt, was besonders beim Ausgleichsrecht, aber auch bei der Anwendung der Kündigungsvorschriften praktisch wird. Dagegen ist die Unterscheidung zwischen Vermittlungs- und Abschlussvertretern für die Frage, ob ein HV-Vertrag vorliegt, unerheblich. Sie betrifft – anders als die Natur des Vertrages mit dem Unternehmer – allein den Inhalt der Vertragspflichten und der Bevollmächtigung, nicht die Frage, ob überhaupt ein HV-Vertrag vorliegt395. a) Vermittlungsvertreter. Der Vermittlungsvertreter ist verpflichtet, den Abschluss von 56 Verträgen zwischen den von ihm vertretenen Unternehmer und Dritten als Kunden in die Wege zu leiten, ohne sie selbst mit Vollmacht für den Unternehmer zu schließen396. Er bildet in der Praxis des Vertriebs von Investitionsgütern gegenüber Unternehmen die Regel397. Man wird ihn als ermächtigt ansehen müssen, als Empfangsvertreter des unternehmers das Angebot des Geschäftspartners entgegenzunehmen398. In der Minderzahl der Fälle ist der HV auch Abschlussvertreter. Er kann dann das Angebot des Geschäftspartners zugleich namens des Unternehmers annehmen und den Abschluss damit perfekt machen. Eine Vermittlungstätigkeit liegt vor, wenn der HV verpflichtet ist, den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu fördern, d.h. Geschäftsabschlüsse mit einem Dritten (auch HV und Kunde dürfen also nicht identisch sein)399 vorbereitet, ermöglicht oder herbeiführt400. Dabei muss zum Zwecke des Geschäftsabschlusses auf einen Dritten, potentiellen Kunden oder Geschäftsherrn, gerichtet auf die Erteilung des konkret ins Auge gefassten und den Gegenstand der Vermittlungsbemühungen bildenden Auftrags eingewirkt werden („Zielgerichtetheit“ oder „Finalität“ der Mitwirkungshandlung). Erforderlich ist also das Bestehen eines „Drei-Personen-Verhältnisses“401 (s. Rn 48). Der Begriff der „Vermittlung“ ist im Rahmen des § 84 autonom auszulegen und es bleibt – solange der geschlossene Vertrag jedenfalls zur Vermittlung oder Abschluss als Hauptleistung verpflichtet – irrelevant, welchen Umfang die geschuldete Vermittlungsleistung einnimmt oder „wie viel“ der Vertreter vermitteln oder abschließen muss, damit er in concreto seinen Vertragspflichten nachkommt oder seine Provision verdient. Die Statusfrage und die Frage 392 393 394

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene vor § 84 Rn 9 f. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene vor § 84 Rn 12. Martinek Moderne Vertragstypen II, S. 105 ff; Mathießen ZIP 1988, 1089 (1094 ff); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene vor § 84 Rn 21. Allerdings ist dies sehr wohl auch eine Frage des Innenverhältnisses zum Unternehmer, zweifelhaft daher Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2 c. Martinek/Flohr, § 8 Rn 19. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 84 Rn 13; aA möglicherweise in dem nach Umsatzzahlen und forensischer Praxis (wegen der seltenen Ausgleichsstreitigkeiten)

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weniger bedeutendem Vertrieb von Verbrauchsgütern gegenüber Endverbrauchern, etwa Tankstellenvertrieb, Verkauf von Kosmetika etc., siehe Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666). Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18c. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 6. Auch bei Abhängigkeit oder Konzernierung des Kunden kann jedoch eine Vermittlung vorliegen, ein „Durchgriff“ zu Lasten des Vertreters ist regelmäßig abzulehnen. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 66.

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§ 84

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der Erfüllung der vertraglichen Pflichten werden nicht immer sauber voneinander geschieden. Für die Statusfrage gilt: „Vermittlung“ ist wirtschaftlich zu verstehen402, und zwar erneut zum Schutze des HV weit. Erforderlich ist nur, dass der HV verpflichtet ist, den Geschäftsabschluss durch Einwirkung auf die Willensentscheidung des Kunden in irgendeiner Weise zu fördern403. Ob der Vertreter dieser Pflicht nachkommt oder nicht, bleibt für die Einordnung des Vertragsverhältnisses als Vertretervertrag irrelevant. Er muss lediglich zu Vermittlungsbemühungen und zu keinem Vermittlungserfolg verpflichtet sein404. Wäre man anderer Ansicht könnte der Mittler durch Untätigkeit über seinen Status richten und sich dadurch auch der Vermittlungspflicht entledigen. Deshalb ist es auch irrelevant, wie beschwerlich die Tätigkeit des HV ist. Anderer Ansicht war aber das LG Dortmund: Die Postagenturen der Deutschen Post AG sollen keine HV sein405, weil sich die Produkte – Postdienstleistungen – quasi „von selbst“ verkaufen. Auch die Tatsache, dass der Mittler bei der Geschäftsvermittlung nur mitursächlich406 werden muss, schließt seine Einordnung als Vertreter nicht aus. Mitursächlichkeit bei der Vermittlung ist auch ausreichend, um dem HV einen Provisionsanspruch zu sichern. Jedoch erfüllt der HV seine Vertragspflichten mangelhaft, sollte er sich darauf beschränken, nur „Mitursächlichkeit“ für den Geschäftserfolg anzustreben. Er schuldet vollen Einsatz. Dies ist allerdings kein Thema der Statusfrage. Gleichfalls ist es ist für den Vertreterstatus unerheblich, ob erst eine letzte Handlung des Unternehmers zum Vertragsschluss führen soll407. Die Rechtsprechung zur Annahmestelle für Toto und Zahlenlotto408, „schon das Offenhalten der Annahmestelle über einen Anreiz aus, Wetten abzuschließen und fördere das Zustandekommen von Wettverträgen dadurch, dass Gelegenheit geboten werde, Lottoanträge zwecks Weiterleitung an den Lottounternehmer und Abschluss der Wettverträge einzureichen“ kennzeichnet den Pflichtenkreis stationärer HV und streift auf der Basis der wiedergegebenen Dogmatik die Untergrenze wirklicher Vermittlungstätigkeit; die Zeichnungsstellen bei der Auflegung von Anleihen und der Ausgabe von Aktien sollen deshalb nicht HV sein409. Da andererseits eine mittelbare oder unmittelbare Einwirkung auf den Kunden, dass 57 dieser das Geschäft mit dem Unternehmer abschließt410, gefordert sein soll, entspricht es überwiegender Ansicht, die Verpflichtung zum bloßen Nachweis von Geschäftsmöglichkeiten gegenüber dem Unternehmer genüge nicht, um eine HV-Tätigkeit anzunehmen411. Obwohl man dem Terminus „vermitteln“ möglicherweise ein gewisses „Hin- und Her“ („Pendeln“ bei mehrmaligem Kontakt) zwischen den Vertragsparteien und dem Parallelbild des Abschlussvertreters ebenfalls einen direkten Kontakt zum Kunden entnehmen

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Küstner/Thume I Rn 16; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36. Hopt § 84 Rn 22; Westphal I Rn 56. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67. LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. Hinsichtlich der werbenden Bemühungen der Postagenturen dürfte zukünftig auch der entstehende Wettbewerb eine Rolle spielen, zudem der Wettbewerb zu anderen Kommunikationsformen wie E-Mail, Fax etc. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301; NJW 1980, 1793; BAG BB 1971, 492; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Hopt § 84 Rn 22.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55. BGHZ 43, 108 (113); einschließlich der Bezirksstellen BGHZ 7, 59 (87). Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 22. Westphal I Rn 56 f; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Hopt § 84 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. Westphal I Rn 57; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Hopt § 84 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 57; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a.

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darf, ist die Verpflichtung zur unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkung auf den Kunden durch den Wortlaut des Gesetzes nicht geboten und ein solches Erfordernis für die Statusfrage wäre auch nicht sachgerecht. Vermittelt ist das Geschäft auch ohne eine solche Einwirkung. Es reicht, dass z.B. durch die Nennung von Kaufinteressenten unmittelbar auf den Unternehmer eingewirkt wird, konkrete Geschäfte zu zeichnen. Ohne Nennung der Geschäftsadressen wäre der Vertrag nicht zustande gekommen. Der HV ist hier Einkaufsvertreter. Nicht erforderlich ist die Einwirkung gerade auf den Kunden oder zwingend auf beide Vertragspartner. Vielmehr erfüllt es die Anforderungen, wenn auf einen der potentiellen Vertragspartner, Vertreter oder Kunden, zum Zwecke des Vertragsschlusses eingewirkt werden soll. Da der Begriff der Vermittlung wirtschaftlich und weit zu verstehen ist und die übrigen Tatbestandsmerkmale einer Vertretertätigkeit vorliegen, ist der Mittler HV. So hat der BGH wiederholt die Ansprüche an die Einwirkungshandlung herabgesetzt und, wie skizziert, sowohl bei Lotto- wie bei Tankstellenvertretern angenommen, bereits das Offenhalten der Verkaufsstelle genüge als vermittelnde Tätigkeit412. Eine konkrete Einwirkung auf den Kunden fehlt hier im klassischen Sinne, sie beschränkt sich auf die „Sogwirkung der Verkaufsstätte“. Auch die Rechtsfolge der h.M. wäre kaum wünschenswert: Würde nämlich das vermittelnde Element fehlen, bliebe der hiervon betroffene Vertrag ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag ohne die speziellen und schützenden Normen des Vertreterrechts. Die erforderliche Einwirkung auf einen der potentiellen Vertragspartner setzt auch nicht voraus, dass sie tatsächlich für den Kauf kausal wird. Auch wenn der Mittler auf bereits zum Kauf Entschlossene einwirkt, liegt eine Vermittlung vor413. Obgleich Umfang oder Schwierigkeit der vorgesehenen Vermittlung nicht statusbe- 58 gründend wirkt, Mitursächlichkeit bei der geplanten Vermittlung vielmehr ausreicht414 (auch wenn die Vermittlung leicht ist, bleibt der Mittler HV)415 und dabei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist416, begründen bloße Hilfsdienste außerhalb des Leitbilds der Vermittlung oder des Abschlusses keinen Vertretervertrag417. Die Verpflichtung zur reinen Werbung ist deshalb ebenso wenig ausreichend418 wie zur Kontaktpflege oder Betreuung. Hierdurch sollen keine konkreten Geschäfte vermittelt, sondern lediglich Kaufanreize geschaffen werden419. Sonst wäre jede Werbeagentur oder ständig betraute Handelsplattform (E-Bay) HV. Grenzfall ist der Nachweis der Gelegenheit von Geschäften, der angeblich nicht genügen soll420. Es fehlt an der angeblich erforderlichen konkreten Einwirkung auf einen der vorgesehenen Vertragspartner. Zwar zählt allgemeine Werbung u.U. zu den Pflichten eines HV. Sie ist aber nicht kennzeichnend oder bestimmend für diesen Vertragstyp421. In der Sache handelt es sich um eine teleologische Reduktion des insoweit zu weiten Wortlauts unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm. Die notwendige Abgrenzung bedarf möglicherweise noch einer vertieften Fallgruppenbildung. Nicht HV ist deshalb derjenige, dessen Tätigkeit der bloßen Weckung von Kaufanreizen im Allgemeinen zu dienen hat. Keine Vermittlungstätigkeit, mithin keine HVTätigkeit üben daher aus: 412 413 414 415 416 417

BGHZ 7, 59 (87); 43, 108 (113). Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. BGH NJW 1980, 1793; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 26; Hopt § 84 Rn 22. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. BGHZ 59, 87 (92); Westphal I Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Hopt § 84 Rn 23.

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Hopt § 84 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 58. Hopt § 84 Rn 23; zweifelhaft. BGH NJW 1983, 42; Westphal I Rn 58.

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– ein Ärzte- oder Pharma-Propagandist422, der sich nicht an Apotheken oder deren Kunden, die Patienten, wendet, sondern an Ärzte, die das empfohlene – apothekenpflichtige – Medikament verschreiben und damit zu dessen Umsatz beitragen sollen. Der Industriepropagandist423, welcher dazu bestellt ist, Kontakte zu eröffnen und die Erzeugnisse seines Auftraggebers „im Gespräch zu halten“, etwa bei Behörden, damit der Unternehmer bei Ausschreibungen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird (anders deshalb der Fall BGH NJW 1980 1179, wo echte Handelsvertretertätigkeit anerkannt wurde, falls der HV in einer konkreten Ausschreibung sich für das von ihm vertretene Unternehmen durch unmittelbare Fühlungnahme mit der ausschreibenden Stelle eingesetzt hatte, damit das Unternehmen zum Zuge kam). Es fehlt in diesen Fällen an der Förderung eines konkreten Kaufentschlusses, zudem kaufen die Beworbenen auf Grund dieser Tätigkeit keine Medikamente bei den Auftraggebern der Propagandisten. Vielmehr werden die Geschäfte in der Regel später zwischen den Besuchten und Dritten, etwa Patienten und Apotheken, geschlossen424. – Der Erbringer von Hilfsdiensten, zum Beispiel von Schreib-425 und Übersetzungsarbeiten426 (hier fehlt es an der Vermittlung als zielgerichteter Einwirkung auf Dritte) – Der reine Berater oder Betreuer (zum Beispiel Kapitalanlageberater ohne Vertragsvermittlung427) oder der bei der Abwicklung bereits geschlossener, wenn auch in ihrem Fortbestand möglicherweise gefährdeter Verträge Tätige428. Grund: Auch hier mangelt es an der auf den Geschäftsabschluss zielenden Tätigkeit des Mittlers. Solche Tätigkeiten werden auf der Basis eines Vertrages als freier Mitarbeiter (Ge59 schäftsbesorgungsvertrags gem. §§ 675, 611 BGB) erbracht429. Die §§ 84 ff sind nicht anzuwenden. Da Mitursächlichkeit ausreicht, um HV-Tätigkeit herbeizuführen, braucht der Mittler 60 nicht persönlich tätig zu werden430. Es ist ausreichend, wenn der ein Vertriebssystem aufbauende oder führende Vertriebs- oder Strukturleiter über sogenannte „unechte“ Untervertreter kraft Weisungsbefugnis als „mittelbarer Täter“ vermittelt431. Ebenso genügt die Tätigkeit von Angestellten des HV, sofern keine persönliche Tätigkeit vereinbart ist. Jedoch ist gerade beim Strukturvertrieb (Rn 96 f) die Grenze zum leitenden Angestellten fließend. Auch ist es möglich, dass sich die Aufgabenstellung schleichend von der Vermittlungstätigkeit zu der eines leitenden Angestellten verschiebt432. Problematisch ist hier die Wirkung auf den Ausgleichsanspruch. Die Anzahl der neugeworbenen oder erweiter422 423 424

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LG Dortmund DB 1971, 524; aA Neflin S. 833. LG Bielefeld BB 1977, 7: „Behördenbüro“. Küstner/Thume I Rn 80 ff; Westphal I Rn 59; BGH NJW 1984, 2695; LG Dortmund DB 1971, 524; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16a; Küstner ZIP 1988, 63; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 58; aA Neflin RVR 70, 323 (327). BGH WM 1982, 1222 (1224); OLG Düsseldorf, DB 1991, 1664 = EWiR 1991, 479; OLG Stuttgart BB 1959, 537; OLG Köln DB 1971, 327; LAG Baden-Württemberg DB 1971, 1016; LG Bielefeld BB 1975, 7; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19, 20; Hopt § 84 Rn 23; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36.

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LAG Baden-Württemberg DB 1971, 1016; Hopt § 84 Rn 23. Melcher BB 1981, 2101; Hopt § 84 Rn 26. OLG Köln BB 1971, 104; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22; Hopt § 84 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 69. Hopt § 84 Rn 22. BGHZ 56, 290 (293); 59, 87 (93); OLG München HVR Nr. 987; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2 d; Emde MDR 1999, 1108 (1109); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Hopt § 84 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 56. Küstner/Thume I Rn 18.

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ten Stammkunden wird im Laufe des Wechsels stetig reduziert. Zudem ist der Ausgleich spätestens ein Jahr nach Abschluss der „Umwandlung“ des Rechtsverhältnisses, deren Zeitpunkt sich kaum je exakt nachweisen lassen wird, anzumelden. Im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist regelmäßig Großzügigkeit angebracht und die Vermittlungstätigkeit durch unechte Untervertreter zuzurechnen, soweit dies möglich ist. b) Abschlussvertreter. Neben der Vermittlung kann der HV mit dem Abschluss von 61 Verträgen beauftragt sein, ob zusätzlich zur oder anstelle der Vermittlung ist Auslegungsfrage. Faktisch ist der Abschluss ohne vorherige Vermittlung kaum vorstellbar, jedoch denkbar, falls die Kunden auf den HV zugehen, etwa bei starker Sogwirkung der Marke. Die Abschlussvollmacht muss deutlich zum Ausdruck gebracht werden, da andernfalls nur eine Vermittlungsvertretung vereinbart ist433. Die Betrauung mit der Tätigkeit als Abschlussvertreter ist gewollt, wenn der HV im Namen des Unternehmers Angebot und Annahme des Vertrages gegenüber dem Kunden erklären darf434. Es besteht keine Vermutung, dass ein HV Abschlussvertreter ist435, zumal jedenfalls im Vertrieb von Investitionsgütern gegenüber Unternehmen der Vermittlungs- häufiger als der Abschlussvertreter anzutreffen ist436. Voraussetzung für die Tätigkeit als Abschlussvertreter ist eine entsprechende Vollmacht, die auch konkludent erteilt werden kann. Regelmäßig liegt die Bevollmächtigung bereits in der Bestellung zum Abschlussvertreter (§ 167 Abs. 1 1. Alt. BGB)437. Die Abschlussvollmacht des HV kann auf einzelne Geschäfte oder so beschränkt werden, dass die Wirksamkeit des abzuschließenden Vertrags von der Genehmigung des Unternehmers gegenüber dem Kunden abhängig gemacht wird438. Behält sich der Unternehmer die Vertragsannahme vor, wird der Mittler nicht zum Abschlussvertreter439. Duldet der Unternehmer das Auftreten eines Vermittlungsvertreters als Abschlussvertreter oder setzt er zurechenbar den Anschein seiner Bestellung zum Abschlussvertreter, mag eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht vorliegen440. Ebenso kann durch stillschweigende einverständliche Handhabung der Vertrag von einem Vermittlungs- in einen Abschlussvertrag gewandelt werden441. Ob der Abschlussvertreter zum Abschluss verpflichtet oder nur neben der Vermittlung berechtigt ist, bleibt eine Frage der Vertragsauslegung und der jeweiligen Geschäftschance. Zwar muss der Vertreter günstige Geschäftsgelegenheiten wahrnehmen, jedoch nicht zwingend vermöge eines Abschlusses im fremden Namen. Er kann sich darauf beschränken, dem Unternehmer das Geschäft zu vermitteln, muss ihn jedoch dann auf ein günstiges Geschäft hinweisen. Die bloße Berechtigung ohne Verpflichtung dürfte der zu vermutende Regelfall sein442, ständige, den Unternehmer behindernde Rückfragen müssen aber unterbleiben. Zu Vertragsänderungen oder Inkasso ist der Abschlussvertreter nur bei entsprechender Vollmacht berechtigt und verpflichtet443. Mit der Vermittlung ist der Abschlussvertreter a maiore ad 433

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Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 27, 29, bedenklich LAG Hamm DB 1959, 236 („Hereinholen von Aufträgen“ als Auftrag zur Abschlussvertretung; siehe Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 39). Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 27 und § 86 Rn 12. Etwas anderes gilt möglicherweise im Vertrieb von Verbrauchsgütern gegenüber Endverbrauchern, siehe Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666).

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 39; Heymann/Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 21, § 86 Rn 8; Hopt § 84 Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 25. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 25a. LAG Düsseldorf DB 1960, 813. AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 21.

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minus neben dem Abschluss im Zweifel ebenfalls beauftragt, sofern der Vertrag nicht ausnahmsweise deutlich die Tätigkeit auf den Abschluss begrenzt444. Zum Begriff des Abschlussvertreters siehe auch Rn 124 sowie § 86 Rn 25 ff.

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c) Geschäfte. § 84 Abs. 1 spricht von der Vermittlung oder dem Abschluss von „Geschäften“. Anders als für die EG-Richtlinie 1986, die nur den Warenhandelsvertreter erfasst445, ist die Art der vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte im Rahmen der §§ 84 ff irrelevant446. Die Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit des HV kann sich folglich auf alle Arten von Geschäften beziehen447, sogar sittenwidrige, wobei dann jedoch meist auch der HV-Vertrag sittenwidrig sein dürfte. Auch große Einzelgeschäfte (Brückenbau, Gebäudebau) können auf diese Weise vermittelt werden448, sofern der Vertrag auf eine st. Tätigkeit gerichtet ist. Im Vordergrund des gesetzlichen Leitbilds steht gleichwohl der Warenumsatz, der HV ist jedoch nicht auf die Vermittlung von Kaufverträgen beschränkt449. Vom Gesetz besonders hervorgehoben werden der Versicherungsvertreter und der Bausparkassenvertreter (§§ 92, 89b Abs. 5, 92a Abs. 2, 92b Abs. 4). Anders als beim Handelsmäkler (§ 93) brauchen die vertriebenen Produkte nicht „Gegenstände des Handelsverkehrs“ zu betreffen. Ferner fordern die §§ 84 ff keine bestimmten Kenntnisse des Handelsvertreters, etwa in Hinblick auf den Vertriebsgegenstand. Deshalb steht es einem HV-Vertrag nicht entgegen, wenn sich der Vertreter notwendige Fachkenntnisse erst mittels Schulung anzueignen hat450. Die vom Vertriebsrecht erfassten Waren werden regelmäßig im Vertrag näher be63 schrieben451. Die so bestimmte Palette kann konkludent erweitert werden452. Im Zweifel darf und muss der HV das gesamte Lieferprogramm des Unternehmens vertreiben453. Neue Artikel werden im Regelfall ohne besondere Abrede Vertriebsgegenstand454, selbst wenn sie sich an andere Kunden wenden, als sie der HV bisher bearbeitete455 (Näheres § 86 Rn 18 ff). Etwas anderes gilt möglicherweise hinsichtlich für den Mittler branchenfremder Artikel oder solcher, welche er bereits in zulässiger Weise für andere Unternehmen vertreibt456. 444

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 39; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 8; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 27; Schröder § 86 Rn 7. Vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1995 – VIII ZR 149/94, BGHR HGB § 84 – Handelsvertreterverhältnis 1. BGH WM 1982, 272 (273); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22; Hopt § 84 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 61 bis 64; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. Hopt § 84 Rn 26. BGH, Urt. v. 21.01.1965 – VII ZR 22/63, NJW 1965, 1132 (1134). Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 24; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 32.

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 40; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 40; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9: MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 24. Westphal II Rn 370; Stumpf/Jaletzke/ Schultze Rn 190 ff (für den Vertragshändlervertrag); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 40; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9, § 87 Rn 9; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24; Schröder § 86 Rn 5a. BGH Urt. v. 17.02.1981 – I ZR 39/79 – DB 1981, 1772; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24; Schröder § 86 Rn 5 a.

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Beispielhaft kommt die Vermittlung folgender Leistungen in Betracht457: 64 Adressbucheinträge458 Anlagen- und Kredite459 Anzeigengeschäfte460 Bauaufträge461 Bauspar-462 oder Versicherungsverträge463 (§ 92) Befrachtung, Abfertigung oder Ausrüstung von Schiffen und Buchung von Schiffspassagen (siehe § 92c) Bilder eines Künstler-Repräsentanten464 Dienste u.ä.465 Einkauf von Geschäften für den Unternehmer; insb. von Ware, Diensten, Mietverträgen (Einkaufsvertreter)466 Eintrittskarten467 Ferienhäuser468 Filmverleihverträge Finanzdienstleistungen469 Gesellschaftsanteile470 Immobilien471 Kabelanschlüsse472 Kapitalanlagen473 Kfz (50 % der Mercedes-Benz-Händler sind HV) Leasingverträge474 Ladegut475 Lotto-Geschäfte476 Siehe auch die Übersichten bei Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 23; Hopt § 84 Rn 26. OLG Nürnberg NJW 1957, 1720; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. BGH, Urt. v. 25.10.2007 – III ZR 100/06, VersR 2008, 352; Urt. v. 12.07.2007 – III ZR 83/06, VersR 2007, 1653 (1654); Urt. v. 14.11.1983 – II ZR 184/82, WM 1984, 127; Melcher BB 1981, 2101; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. Schröder DB 1970, 1625; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. BGH Urt. v. 20.02.1986 – I ZR 105/84, NJW-RR 1986, 709 (710). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 10. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 9. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff; aA OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, NJOZ 2006, 1543. Westphal I Rn 61. OLG Hamburg VW 1967, 788, 914, 1014; Westphal I Rn 61; Ebenroth/Löwisch § 84

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Rn 23; Hopt § 84 Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. BGH NJW-RR 1986, 709; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 23. LAG Niedersachsen HVR Nr. 1182; Hopt § 84 Rn 26. LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914; Hopt § 84 Rn 26. BFH, Urt. v. 20.07.2007 – VR 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620. BGH BB 1982, 1876; BAG, Urt. v. 22.01.1971 – 3 AZR 42/70, BB 1971, 492; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. BAG, Urt. v. 29.10.1997 – 5 AZR 624/96, BB 1997, 2376. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. Graf von Westphalen BB 2009, 2378 (2383). BGH NJW-RR 1986, 709 (710); OLG Hamm BB 1968, 1017. BGH, Urt. v 04.06.1975 – I ZR 130/73, WM 1975, 931 = BB 1975, 1409 (1410) (besonders zur Ausgleichsberechnung); v. 22.06.1972 – VII ZR 36/71, NJW 1972, 1662; v. 21.01.1965 – VII ZR 22/63, NJW

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Mietverträge477 Mineralöl (Tankstellenpächter)478 Mobilfunkkarten479 Partnerschaften/Ehen480 Patentlizenzverträge Regaldienst- oder Regalpflegetätigkeit in Kaufhäusern481 Reedereigeschäfte482 Reisen (Reisebüros)483 Sammelbestellungen für Versandhäuser484 Telefonverträge485. Bei ihnen ist, vorbehaltlich der jeweiligen Vertragsbestimmungen, nicht das einzelne Telefongespräch sondern der langfristige Telefondienstvertrag das vermittelte Geschäft486 – Verkaufsgeschäfte jeder Art, insb. alle Gegenstände des Rechtsverkehrs – Zeitschriften487. – – – – – – – – – –

III. Ständige Betrauung 65 66

Letztes Tatbestandsmerkmal des § 84 Abs. 1 ist die „ständige Betrauung“. 1. Betrauung. Was „Betrauung“ ist, erklärt das Gesetz nicht. Das Merkmal ist farblos488, versucht aber wohl klarzustellen, dass der HV verpflichtet ist („Tätigkeits-

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1965, 1132; Küstner ZIP 1988, 63; Hopt § 84 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 59. BGH, Urt. v. 26.05.1999 – VIII ZR 123/98, ZIP 1999, 1307; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 23; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 61. BGH, Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009; Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, BGHZ 42, 244 (245) = NJW 1965, 248; Urt. v. 09.06.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 (174) = NJW 1969, 1662; BGH, Urt. v. 15.12.1967 – KZR 6/66, MDR 1968, 386; BGH BB 1972, 938; BGH, Urt. v. 20.02.1981 – I ZR 59/79, NJW 1981, 1961; Urt. v. 29.11.1984 – I ZR 149/82, BB 1985, 353; BGH NJW-RR 1993, 1122; Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06 m. Anm. Emde; OLG Celle BB 1959, 898; LG Hamburg NJW 1963, 1550 m. Anm. Würdinger; Steinhauer BB 2009, 2386; Schlegelberger/ Schröder § 84 Rn 31; Ebenroth S. 26; Lange DAR 1958, 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, BeckRS 2009, 15934. LG Hamm NJW-RR 1990, 567; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 23.

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 23; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 7. BGH, Urt. v. 21.12.1973 – IV ZR 158/72, BGHZ 62, 71 (73) = NJW 1974, 852; Urt. v. 19.11.1981 – VII ZR 238/80, BGHZ 82, 219 (221)= NJW 1982, 377; Urt. v. 22.10.1987 – VII ZR 5/87, BGHZ 102, 80 (83) = NJW 1988, 488; Urt. v. 28.03.1974 – VII ZR 18/73, NJW 1974, 1242; Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 60/80, WM 1982, 1152 (1153); LG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2007 – 22 S 307/06, NJOZ 2007, 5409; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. OLG Düsseldorf OLGR 1994, 281; OLG Hamm BB 1978, 1686; Fröhler NJW 1963, 279; Müller NJW 1963, 895. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2009, 119 (Emde). BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2009, 119 (Emde) Rn 17 f. BGH, Urt. v. 16.12.1998 – VIII ZR 381/97, NJW-RR 1999, 539; vgl. aber BGH, Urt. v. 06.11.1967 – VIII ZR 175/65, BB 1968, 61; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 23; Hopt § 84 Rn 26. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 53.

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pflicht“489 – wodurch ebenfalls zum Makler abgegrenzt wird490), sich für den Unternehmer um Aufträge zu bemühen491. Der Gesetzgeber wählte den Terminus, um der Beurteilung der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses nicht vorzugreifen492. Jene ist heute als gegenseitiges, durch Treupflichten begleitetes Dauerschuldverhältnis493 mit dienstvertraglichen und geschäftsbesorgenden Elementen geklärt494. Dem Wort ist deshalb nur zu entnehmen, dass der Mittler dem Unternehmer, über eine bloße Geschäftsverbindung hinausreichend495, im Wege eines echten „Kooperationsverhältnisses“ mit dessen Wissen und Wollen vertraglich verpflichtet496 sein muss. Betraut ist nicht identisch mit „beauftragt“ iSd §§ 675 BGB497, weil dies die Bedeutung des Terminus zu sehr zu einem Rechtstypus hin verengen würde. Der HV muss im Lager des Unternehmers stehen und dessen Belange wahren, nicht diejenigen des Kunden, zu dem er – außer im Sonderfall eines meist ungewollten Auskunftsvertrages – nicht in rechtliche Beziehungen tritt498. Eine Tätigkeit als Nebenpflicht eines anderen Vertragsverhältnisses499 genügt ebenso wenig wie das Tätigwerden aufgrund einer außervertragliche Pflicht, etwa aufgrund familienrechtlicher Bindungen der §§ 1356 Abs. 2, 1360, 1618a BGB500 oder eines Gesellschaftsvertrages. Deshalb ist beispielsweise der Gesellschafter einer oHG/KG, der sich nach der internen Aufgabenverteilung um die Vermittlung von Aufträgen für das Gesellschaftsunternehmen zu bemühen hat, nicht HV. Vielleicht schwingt dem Merkmal auch, möglicherweise vom Gesetzgeber unbeabsichtigt, das Element des gegenseitigen Vertrauens mit, welches für das HV-Verhältnis wesensbestimmend ist. Nicht so sehr, dass es sich um Dienste höherer Art handelt, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (§ 627 Abs. 1 BGB), wohl aber um ein Interessenwahrnehmungsverhältnis501, welches nicht ohne einen Vorschuss von Vertrauen in die Loyalität des HV und in die auf seine Belange rücksichtnehmende Haltung des Unternehmers denkbar ist. Ob die allgemeine Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 Hs. 2 über das Wort „Betrauung“ TBVoraussetzung des HV-Vertrages ist, erscheint zweifelhaft502. Sie ist Rechtsfolge und nicht eine in § 84 definierte TB-Voraussetzung. Der HV-Vertrag ist jedoch ein auf enge Zusammenarbeit ausgerichtetes Dauerschuld- 67 verhältnis503 mit Geschäftsbesorgungselementen. Deshalb unterliegen beide Parteien besonderen Treu- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Vertragspartner, die sich auf Seiten des HV im Verhältnis zum Unternehmer zu einer Interessenwahrnehmungspflicht verdichten. Aber auch der Unternehmer unterliegt Treubindungen, die umso enger sind, 489 490 491 492 493 494 495 496 497 498

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Hopt § 84 Rn 41. Hopt § 84 Rn 41. BGH NJW 1972 251; OLG Bamberg BB 1965, 1167; Hopt § 86 Rn 12. Begr. RegE, BT-Drucks. 1/3856, S. 15. Hopt § 84 Rn 42. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10b. Hopt § 84 Rn 41. Eberstein A II 1. In diese Richtung aber Hopt § 84 Rn 41: beauftragt iSd §§ 611, 675 BGB. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 32; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 12; Hopt § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 1, 32. Etwa im Rahmen eines Geschäftsführervertrages einer juristischen Person oder in Wahrung der gesellschaftsrechtlichen Treu-

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pflicht. Jedoch kann uU ein Mischvertrag vorliegen, der auch handelsvertreterrechtliche Elemente in sich trägt. Im Bereich der Analogie zu den §§ 84 ff sind solche Mischverträge besonders häufig, etwa bei Franchisingverträgen. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67: Allerdings kann auch zwischen Angehörigen ein HV-Vertrag geschlossen werden, wenn eine über die Unterstützungspflicht hinausgehende vertragliche Bindung gewollt ist. Hopt § 84 Rn 41. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1052). Hopt § 84 Rn 42.

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je weiter er den HV in sein Vertriebssystem eingebunden und andere Verdienstmöglichkeiten des HV unterbunden hat. Deshalb sind die Treubindungen des Unternehmers gegenüber dem als Einfirmenvertreter Gebundenen besonders tief, ebenso die Treubindung eines Unternehmers, der seinen HV zu außergewöhnlichen Investitionen veranlasst. Hier können sich die Treubindungen unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes nach Wahl des HV zu einem Kündigungsverbot oder Schadensersatzanspruch erhöhen, sofern die Investitionen noch nicht amortisiert sind504. Immer hat also der Unternehmer bei seinem Handeln auch die Interessen des HV zu berücksichtigen, was über das bloße Schikaneverbot (§ 226 BGB) hinausgehend ein Rücksichtnahmegebot wie ein Verbot der Ausübung bestimmter, dem Unternehmer formal zustehender Rechte zur Folge haben kann (§ 86a Rn 29 ff). Dagegen unterliegen die Parteien eines HV-Vertrages keinen Gleichbehandlungspflichten505. Beide Parteien dürfen daher individuelle Verträge mit verschiedenen Vertragspartnern zeichnen, etwa der Unternehmer mit unterschiedlichen Vertriebsmittlern seines Vertriebsnetzes506. Jedoch kann sich der Unternehmer durch jahrelange Gleichbehandlung gegenüber allen HV gebunden haben, hiervon nicht ohne sachlichen Grund abzuweichen507. Wenn man hier keine vertragliche Einigung annimmt, ergibt sich dies zumindest aus § 242 BGB.

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2. Ständig. „Ständig“ meint, der HV müsse verpflichtet508 sein, sich während der Vertragslaufzeit laufend um die Vermittlung oder den Abschluss zu bemühen. Dies kann auch konkludent vereinbart werden. So mag sich die Verpflichtung aus einer tatsächlichen Handhabung zu einer Rechtspflicht entwickeln509, z.B. indem der Unternehmer möglichst viele Abschlüsse tätigen will und der HV dieses Bestreben teilt510. Es muss jedoch zumindest stillschweigend ein Dauerschuldverhältnis gewollt sein511, wobei die tatsächliche Dauer des Vertrages irrelevant bleibt512, mithin ein solcher von kurzer oder kurz befristeter Dauer ausreichend ist. Kennzeichnend ist eine auf längere Frist vorgesehene beidseitige Bindung mit dem Ziel einer selbständig ausgeübten Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit. „Ständig“ bedeutet also nicht „auf immer“, „auf unbestimmte Zeit“513 oder ständige, ununterbrochene Betätigung, etwa Tag und Nacht514. Dem Unternehmer muss das durch den HV abzusetzende Produkt auch nicht in unbeschränkter Zahl zur Verfügung stehen515. Ein HV-Vertrag liegt auch vor, falls der Vertrag nur für eine von vornherein bestimmte kurze Dauer, etwa eine Saison, Kampagne, Probezeit, Messe oder Ausstellung begründet wird. Er darf saisonbedingte Unterbrechungen der Tätigkeit mit sich bringen oder sogar unmittelbar nach Vertragsschluss innerhalb der Fristen des § 89 gekündigt werden516. Entscheidend ist, dass der HV in dieser u.U. kurzen Zeit verpflichtet 504

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Hierzu Creutzig Der Investitionsschutz des Vertragshändlers bei ordentlicher Kündigung des Herstellers, Diss. iur. Hamburg 2001, passim. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73. BGH BB 1971, 584; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Küstner/ Thume I Rn 6. BGH, Urt. v. 01.04.1992 – IV ZR 154/91, Tz. 12; Urt. v. 12.11.1996 – I ZR 107/84,

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Tz. 12; OLG München, Urt. v. 21.01.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. Hopt § 84 Rn 42. Hopt § 84 Rn 43; Martinek/Wank, § 7 Rn 57. BGH NJW-RR 1990, 354 (355). Küstner/Thume I Rn 6; BGH BB 1992, 2178; BGH DB 1984, 2298. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 34. Westphal I Rn 90; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 34; Hopt § 84 Rn 42; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 11a.

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ist, seinen Vermittlungsbemühungen laufend nachzukommen, und zwar in Hinblick auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften517. Eine HV-Tätigkeit fehlt, wenn es im Belieben des Mittlers steht, ob er tätig werden will518. Die Betrauung mit einem einzelnen Auftrag519, einzelnen Aufträgen520, einer von vornherein zahlenmäßig begrenzten Anzahl521 von Geschäften, einer Kette von punktuellen Einzelaufträgen, die für sich keine ständige Betrauung bewirken, ohne die Sicherheit ihrer Fortsetzung522, oder eine bloße Kundenschutzvereinbarung523 erfüllen das TB-Merkmal nicht, auch wenn deren Vermittlung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen sollte524 (der Mittler ist dann Makler). Folglich ist ein sogenannter Gelegenheitsvermittler, der vertragsgemäß für einen Unternehmer nur bei Gelegenheit vermittelt oder Bedarfsfälle nennt, kein HV525. Unerheblich bleibt, ob die ständige Vermittlung gelingt oder ein Fehlschlagen durch begrenzte Lieferungen des Unternehmers verursacht wird526. Auch hier kann der Unternehmer durch Eingriffe in den Vertrag nicht im Nachhinein dessen Rechtsnatur determinieren (§§ 162, 242 BGB). Die tatsächliche Dauer des HV-Vertrages ist also unerheblich, solange er auf die Vermittlung oder den Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften gerichtet bleibt. Entscheidend ist die Intention. Die Aufgabe dieser Intention mag als (konkludente) Vertragsänderung zu werten sein. Ebenso bleibt die Intensität der Tätigkeit für die Einordnung als HV irrelevant. Sie richtet sich nach dem Vertrag527 sowie den Umständen des Einzelfalls528. Kettenverträge, bei denen sich der Vertrag längere Zeit entweder gem. einer bereits 69 bei Vertragsbeginn getroffenen Vereinbarung oder (jedes Mal, meist ohne weitergehende Verhandlungen) unmittelbar vor Ablauf mit gleichbleibender vertraglicher Befristung vereinbart um jeweils feste Zeiträume verlängert, so dass beide Vertragsteile sich auf diese Handhabung eingespielt haben, sind als einheitliche unbefristete Verträge anzusehen (§ 89 Rn 43 ff). Die „ständige Betrauung“ grenzt zum Handelsmakler (§ 93) ab529 (zum Abgren- 70 zungsmerkmal der Betrauung, oben Rn 65 ff), der, ohne auf Grund eines Vertragsverhältnisses ständig betraut zu sein, für andere „von Fall zu Fall“530 vermittelt531. Ist der Vermittler also nicht HV, so kann er entweder Makler (Handelsmakler gemäß §§ 93 ff), Zivilmakler gemäß §§ 652 ff BGB oder theoretisch (partiarischer) Geschäftsbesorger iSd

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OLG Nürnberg BB 1959, 318; OLG Bamberg BB 1965, 1167; Westphal I Rn 90; Hopt § 84 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 11a. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10a. Eberstein S. 43; Hopt § 84 Rn 42. OLG Bamberg BB 1965, 1167; Küstner/Thume I Rn 6; Hopt § 84 Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 34. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1052); Staudinger/Reuter (2003), Vorbemerkung 21 zu § 652 ff. OLG München, Urt. v. 21.01.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 11. Küstner/Thume I Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a.

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 25. OLG München, Urt. v. 21.01.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Stuttgart BB 1959, 537; Küstner/Thume I Rn 91; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2 d; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene vor § 84 Rn 7. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene vor § 84 Rn 7. Der Handelsmakler schließt dagegen keine Verträge in eigenem oder fremden Namen, vgl. MünchKommHGB/v. HoyningenHuene vor § 84 Rn 6.

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§§ 675, 611 BGB mit Vergütungsberechtigung aus § 354 sein532. Aufgrund dieser Auswahl kann man nicht generell von einer Auffangfunktion des Maklerrechts sprechen533. Zwischenformen zwischen HV und Makler sind hingegen schwer vorstellbar534. Der Unterschied zwischen HV und Makler besteht darin, dass der HV vertraglich zu 71 ständigem Tätigwerden hinsichtlich einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften verpflichtet ist535, während der Makler trotz u.U. langjähriger Tätigkeit536 ständig tätig werden „darf“, aber nicht „muss“537. Die Dauer der Geschäftsverbindung ist für die Abgrenzung irrelevant, ebenso die Bezeichnung durch die Parteien538. Auch der Makler kann lange Zeit für seinen Geschäftspartner tätig sein, etwa im Versicherungsvertrieb539. Leitbildartig ist der Makler aber Augenblicksvermittler, während der HV in dauernder Pflichtenbeziehung zu seinem Geschäftsherrn steht540. Typisch für eine Maklertätigkeit mag daher – geprägt vom Bild des Grundstücksmaklers – eher die Begrenzung auf ein Objekt sein, während es mehr für einen HV-Vertrag spricht, wenn ein Tätigwerden über einen langen Zeitraum intendiert ist541. Für eine Maklertätigkeit spricht, 72 – falls sich die Vermittlung auf bestimmte Waren oder Leistungen begrenzt, während der HV tendenziell eher eine komplette Angebotspalette vertritt542 – das Fehlen einer Ausschließlichkeitsvereinbarung543. Für die HV-Tätigkeit ist Indiz, – die Verpflichtung zur ständigen Betreuung der Kunden544 – die Existenz von Geschäftsplänen mit Bonifikationen545 – die technische (EDV) und organisatorische Einbindung in das Vertriebsnetz des Unternehmers546. Eine Weisungsgebundenheit deutet nicht notwendigerweise auf einen HV-Vertrag hin547. Ob der Mittler einen Wettbewerber des Unternehmers vertritt, ist für die Abgrenzung zwischen Makler und HV irrelevant548. In Ausgleichsprozessen ist es häufig der Unternehmer, der die vertragliche Pflicht des Mittlers zur Maklerleistung „kleinreden“ 532

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536 537 538 539 540

BGH LM HGB § 84 Nr. 6, Urt. v. 18.11. 1971 – VII ZR 102/70; OLG Hamburg HVR Nr. 793; Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, GRUR 2006, 788; Hopt § 84 Rn 44; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051). Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051). AA OLG Stuttgart, Urt. v. 11.12.1958 – 2 U 124/58, BB 1959, 536. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047, 1050. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051) m.w.N.

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Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1053). Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1053). OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (aber solche können auch mit Maklern vereinbart werden. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. So aber BGH, Urt. v. 01.04.1992 – IV ZR 154/71, NJW 1992, 2818. Anders noch BGH, Urt. v. 18.11.1971 – VII ZR 102/70, LM HGB § 84 Nr. 6 das eine Konkurrenzvertretung noch als Indiz gegen das Vorliegen eines HV-Vertrages ansah; relativierend BGH, Urt. v. 01.04.1992 – IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818.

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will, um der Ausgleichsverpflichtung zu entgehen. Bei der Verjährungsfrage war das Maklerrecht seit 2002 bis zur Streichung des § 88 wegen der um ein Jahr kürzeren Verjährungsfrist für den in Anspruch genommenen günstiger, so dass er sich auf dessen Geltung zu berufen wünschte549. Dem HV-Vertrag angenähert ist der Maklerdienstvertrag, der den Makler – insoweit 73 gleich dem Handelsvertreter – zum Tätigwerden verpflichtet. Der Maklerdienstvertrag ist nichts anderes als ein spezieller Dienstvertrag, welcher eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Im Unterschied zum Handelsvertreter ist der Makler aber auch beim Maklerdienstvertrag nicht zum ständigen Tätigwerden in einer unbegrenzten Zahl von Fällen verpflichtet550. Es geht auch hier in der Regel nur um die Vermittlung eines Objektes. Dem Vertragspartner fehlt die ständige Beziehung zu seinem Geschäftsherrn im Sinne einer ständigen Betrauung (§ 84 Abs. 1) und die andauernde Interessenwahrungspflicht (§ 86 Abs. 1 Alternative 2).

IV. Ungeschriebene Ausschlussmerkmale? Weitere ungeschriebene Merkmale des HV-Vertrages, etwa Ausschlussmerkmale, gibt 74 es nicht. Insbesondere sind nicht besondere Mittlergruppen von der HV-Tätigkeit ausgeschlossen. Das Gesetz ist abschließend.

G. § 84 Abs. 4: Kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb Sieht man Abs. 1 isoliert, bliebe nun nur noch derjenige HV Kaufmann, der ein Han- 75 delsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1). Auf den nichtkaufmännischen Mittler wären die §§ 84 ff nicht anwendbar. Denn ein Handelsgewerbe bildet lediglich ein Unternehmen, welches einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2). Da nicht jedes HV-Unternehmen einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb benötigt, würde es bei seinem Fehlen aus dem Anwendungsbereich des HV-Rechts fallen. Dies widerspräche dem Schutzgedanken des Vertreterrechts, da gerade die wirtschaftlich schwächsten HV von der Sicherung des weitgehend zwingenden Vertreterrechts ausgenommen wären551. Die vor der Novellierung minderkaufmännischen HV sollten aber vom Schutzbereich des Vertreterrechts erfasst bleiben552. Deshalb bestimmt § 84 Abs. 4 die Anwendung der §§ 84 ff, sofern das Unternehmen des HV nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert553. § 84 Abs. 4 gilt auch für HV-ähnliche Vertriebsmittler, namentlich Vertragshändler und Franchisenehmer. Auf Mittler ohne kaufmännischen Geschäftsbetrieb sind gem. Abs. 4 zwar die §§ 84 ff anwendbar, nicht jedoch das übrige HGB554. Jene Disparität hat Folgen, wenn sich der HV auf Rechte beruft, die nur ein Kaufmann haben kann. Im materiellen Recht ist hieran etwa bei Anwendung der §§ 343 ff, 354 (bei fehlender Kaufmannseigenschaft gilt dann 549 550

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BGH LM Nr. 6 zu § 84 HGB; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2d. Dehner NJW 1992, 2225 (2226); Möller Wesen und Arten der Vermittlungsverträge, FS Raape, 1948, 341, 343; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051). BR-Drucks. 340/97, S. 62; Küstner/Thume I Rn 26. BR-Drucks. 340/97, S. 62; Ebenroth/

553 554

Löwisch § 84 Rn 2, 4; Küstner/Thume I Rn 26. Siehe BAG BB 2000, 826. Emde VersR 1999, 1464; Hopt § 84 Rn 28; aA Küstner/Thume I Rn 277; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 84 Rn 15 unter Hinweis auf BGHZ 43, 18 – aber diese Entscheidung betrifft nur Abs. 1.

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aber § 612 Abs. 1 BGB), 366555 zu denken, im Prozessrecht bei Prüfung der Wirksamkeit einer nur bei Vereinbarung durch Kaufleute wirksamen Gerichtsstandsabrede (§ 38 ZPO) bzw. der Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen, die gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG nur zur Entscheidung berufen sind, wenn das dem Streite zugrundeliegende Geschäft für beide Teile ein Handelsgeschäft ist556. Hier entzog die Neuregelung den Kammern für Handelssachen ihr „Beinahemonopol“ für Vertreterangelegenheiten, was wegen ihrer begrüßenswerten Spezialisierung557 sinnwidrig ist. Jene ist gerade in komplizierten Ausgleichsangelegenheiten wünschenswert, auch wegen der durch die Konzentration eher gewährleisteten Einheitlichkeit der lokalen Rechtsprechung. In Vertriebsmittlerstreitigkeiten muss nun häufig über die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen gestritten werden, gelegentlich auf Anstoß der Kammern selbst. Ein vergleichbares Problem ist aus der Zeit der Novelle 1953 bekannt: Während vor 76 der Novellierung des Jahres 1953 gemäß § 84 Abs. 1 a.F. nur ein Kaufmann Unternehmer sein konnte, öffnete die Reform 1953 die Position als Prinzipal auch Nichtkaufleuten. Dies führte zum Streit, ob auf solche Repräsentanten das Recht der zweiseitigen Handelsgeschäfte (analog) anzuwenden war558, was anzunehmen sein konnte, wenn sich in den beteiligten Verkehrskreisen ein entsprechender Handelsbrauch gebildet hatte (§ 157 BGB). Ein Beispiel für einen derartigen Handelsbrauch: die Vertragspartner hatten sich über Jahre wie Kaufleute behandelt. Mit Ausnahme der Erweiterung durch Handelsbrauch wurde eine Ausdehnung des Kaufmannsbegriffes oder die analoge Anwendung handelsrechtlicher Normen559 abgelehnt. Nicht anders ist im Rahmen des § 84 Abs. 4 zu entscheiden: die analoge Anwendung des übrigen Handelsrechts kommt nur in Betracht, wo sich ein entsprechender Handelsbrauch (§ 157 BGB) bildete. Davon kann nur im Ausnahmefall ausgegangen werden.

H. Vertragschluss, Vertragsbeginn und Vertragsinhalt 77

Der HV muss aufgrund eines wirksamen Vertrages tätig werden, der die eben dargestellten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Wer aus anderem Rechtsgrund tätig wird, etwa aufgrund familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher oder arbeitsrechtlicher Verpflichtungen, ist nicht HV560.

I. Abschluss des Handelsvertretervertrages 78

Der HV-Vertrag ist ein gegenseitiger Vertrag i.S.d. §§ 320 ff BGB. Sein Abschluss setzt gemäß §§ 311, 145 ff BGB übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragspartner, das Zustandekommen durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben561 oder nach § 362 BGB562 voraus.

555 556 557 558

V. Olshausen JZ 1998, 717 (720). Emde VersR 1999, 1464; Küstner/Thume I Rn 26 ff. Küstner/Thume I Rn 30. Hopt § 84 Rn 28; AcP 183 (83), 108.

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559 560 561 562

So aber Hopt § 84 Rn 28; AcP 183 (83), 108. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 24. OLG Nürnberg BB 1957, 560; BGH DB 1955, 1085 (i.E. ablehn.); Hopt § 85 Rn 2. Hopt § 85 Rn 2.

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Wie § 85 dokumentiert, unterliegt der Vertrag keiner bestimmten Form563 (näher § 85 79 Rn 5 f). Er kann daher sowohl mündlich564, sogar durch konkludentes Verhalten565, sowie in jeder anderen Form geschlossen werden566. Jedoch dürfen die Parteien ein Formgebot vereinbaren. Typisch ist der stillschweigende Vertragsschluss durch tatsächliche Tätigkeitsaufnahme in beidseitigem Einverständnis567, etwa mittels wiederholter Geschäftsvermittlung und wiederholtem Abschluss der vermittelten Verträge durch den Unternehmer568 oder sogar erstmalige Annahme der Dienste des HV, mit der Maßgabe, dies auch künftig in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu tun569. In der Praxis ist der mündliche Vertragsschluss nicht selten, zumal angesichts des in den §§ 84 ff vorgegebenen „Vertragskorsetts“ auch im Falle eines mündlichen Vertragschlusses ein durch dispositives Recht vorgeformter Standardvertrag gilt. Typisch ist etwa folgender Sachverhalt: Vertreter und Unternehmer lernen sich auf einer Messe oder anlässlich eines kurzen Kontaktes kennen, nennenswerte Umsätze des Unternehmers im künftigen Vertriebsgebiet fehlen meist. Da zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses lediglich die Hoffnung auf künftige Geschäfte existiert, verzichten die Parteien angesichts der bis dato mangelnden wirtschaftlichen Bedeutung auf schriftliche Fixierung. Entwickelt sich das Geschäft, ändert sich an diesem Umstand nichts. Ein wirksamer Abschluss fordert in solchen Situationen, dass die Vertragspartner konkludent einen Vertrag schließen, der die oben genannten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Insbesondere muss in Abgrenzung zum Maklervertrag eine „ständige“ Betrauung, d.h. ein auf die Vermittlung oder den Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften gerichteter Vertrag, gewollt sein570. Dies braucht im schriftlichen Vertrag nicht ausdrücklich niedergelegt zu werden571, muss jedoch erkennbar Wille beider Vertragspartner sein572. Anhaltspunkt hierfür ist der übereinstimmende, wenn auch stillschweigende Wunsch nach „vertretertypischem“ Verhalten, etwa: Zuweisung eines Verkaufsgebiets oder -bezirks, Einladung zu Vertreterversammlungen, regelmäßige Entgegennahme von Aufträgen, regelmäßige Zahlung von Provision und Übermittlung von Angeboten und Aufträgen573. Nicht erforderlich ist, dass sich die Parteien (arg. § 154 Abs. 1 BGB: „im Zweifel“)574 über Rechtsfolgen, etwa Provisionspflicht, Provisionshöhe und Ausgleich575 oder einen Kaufpreis für die Vertretung576 einigen. Auch die fehlende Einigung über eine Einbeziehung von Kundenschutzlisten begründet keinen Dissens, sofern der Vertrag durchgeführt wird577. Derartige Lücken 563

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BGH NJW 1983, 1727 (1728); Karsten Schmidt HandelsR § 27 III 1; Martinek/ Flohr § 8 Rn 102; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 7; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 1, 7; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 2. OLG Frankfurt/M. VW 1971, 117; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69. BGH VersR 1961, 270; OLG Nürnberg VersR 1959, 801; Martinek/Flohr § 8 Rn 102 f; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 85 Rn 3; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69. BGH NJW 1974, 852; VersR 1961, 270, 271; Küstner/Thume I Rn 311; Westphal I Rn 173. Martinek/Flohr § 8 Rn 103; MünchKomm-

568 569 570

571 572 573 574 575 576 577

HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 3. Hopt § 85 Rn 2. BGHZ 62, 74; Hopt § 85 Rn 2. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 31; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 33. BGH, Urt. v. 06.10.1989 – I ZR 20/88, BB 1990, 303. Martinek/Flohr § 8 Rn 103; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69. Hopt § 85 Rn 2. Martinek/Flohr § 8 Rn 103. BGH NJW 1983, 1727; Hopt § 85 Rn 2. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542.

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schließt das dispositive Recht. Zwar wird die Höhe der Vergütung durch die §§ 84 ff nicht vorgegeben. Jedoch gilt im Zweifel gem. § 87b Abs. 1 der übliche Satz als vereinbart. Zudem helfen die §§ 315 ff BGB. Allerdings besteht über die Provisionshöhe ohnehin meist kein Streit, falls langjährig auf der Basis eines bestimmten Provisionssatzes abgerechnet wird. Dann ist dieser Provisionssatz vereinbart und eine einseitige Änderung im Nachhinein unzulässig. Arbeitsrechtliche Zustimmungspflichten zum Vertragsschluss, insbesondere eine Zu80 stimmung des Betriebsrates, fehlen578. Der HV ist kein Arbeitnehmer.

II. Vertragsbeginn 81

Die §§ 84 ff weisen von Vertragsinhalt (§ 84) über die Vertragspflichten zum Vertragsende (§§ 89, 89a). Der Vertragsschluss selbst ist nicht geregelt. Insoweit gilt das BGB: Der Vertrag wird in dem Moment wirksam, für den die Parteien durch übereinstimmende Willenserklärungen (§§ 145 ff BGB) den Beginn der Handelsvertretertätigkeit vereinbart haben. Im Zweifel ist dies der Zeitpunkt der Unterzeichnung durch den letzten Vertragspartner. Haben die Parteien einen Vertragsbeginn bezeichnet, nehmen aber tatsächlich zuvor die Vertragsausführung auf, liegt eine konkludente Vertragsänderung vor. Der Vertrag beginnt dann mit dem Anfang der Handelsvertretertätigkeit579. Denn eine einverständliche Handhabung entgegen dem zunächst Vereinbarten wird regelmäßig selbst bei schriftlich geschlossenen Verträgen eine rechtsverbindliche Vertragsänderung bewirken580. Ein einseitiges Tätigwerden vor Vertragsunterzeichnung durch den Handelsvertreter ohne korrespondierende Absprache begründet dagegen keinen Vertretervertrag. Deshalb stehen dem Vertreter grundsätzlich für sein verfrühtes und eigenmächtiges Handeln auch keine Provisions- oder andere Vergütungsansprüche, etwa aus §§ 354, 812 BGB oder Informationsrechte aus § 242 BGB zu581. Falls der Vertreter Kaufmann ist, kann der Vertrag ferner durch widerspruchslose Hinnahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens sowie über die Annahmefiktion des § 362 zustande kommen.

III. Vertragsänderung und Vertragsübergang 82

1. Vertragsänderung. Die Parteien können jederzeit einverständlich und ggf stillschweigend582 eine Abänderung des Vertrages vereinbaren583. Wie oben skizziert liegt in der einverständlichen, vom Vertragstext abweichenden stillschweigenden tatsächlichen Übung jedenfalls dann eine konkludente Vertragsänderung584, wenn sich die Parteien der Abweichung bewusst sind. Eine Schriftformklausel hindert eine solche Vertragsänderung nicht, weil auch eine Schriftformklausel stillschweigend abbedungen werden kann585. Steht die Vertragsänderung fest, ist die nächste Frage, ob lediglich eine vorübergehende oder eine dauernde Abweichung gewollt ist, wobei weder für das eine wie das andere eine Vermutung streitet. Einseitige Vertragsänderungen586 sind nur nach wirksamer vertraglicher Vereinbarung zulässig. Entsprechende Vorbehalte in Formularverträgen sind 578 579 580 581 582 583

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 74. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 27. Siehe Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52. AA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 29. BGH BB 1961, 497; Hopt § 85 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4a.

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585 586

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52. Hierzu Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4a.

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unwirksam, falls dem Vertragspartner kein angemessener Ausgleich für dieses Recht gewährt wird587. In Individualverträgen ist der Berechtigte an das billige Ermessen des §§ 242, 315 BGB gebunden588. Vertragsänderungen können auch durch widerspruchslose Hinnahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens sowie über die Annahmefiktion des § 362 zustande kommen, nicht jedoch durch Schweigen auf ein Vertragsangebot589, sofern nicht der Fall des § 151 BGB vorliegt. Außerdem ist jederzeit eine Änderungskündigung zulässig590. 2. Vertragsübergang. Da die Dienste des HV in Person (wenngleich nicht unter Aus- 83 schluss von Hilfspersonen) zu leisten sind, ist das Vertragsverhältnis grundsätzlich an seine Person gebunden. Der HV kann seine „Vertretung“ weder durch Vertragsübertragung noch durch Veräußerung seiner Agenturfirma einseitig auf einen Nachfolger übertragen. Dazu bedürfte es nicht nur der Zustimmung, sondern der Mitwirkung des Unternehmers. Denn dieser hätte mit dem Nachfolger einen eigenen HV-Vertrag abzuschließen. Das mag zwar in der Form des „Eintritts“ des Nachfolgers in den HV-Vertrag als „Übernehmer“ der Vertretung des Vorgängers geschehen (siehe § 89b Abs. 3 Nr. 3). Aber es ist keine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne, auch wenn – firmenrechtlich – eine Firmennachfolge im Sinne des § 25 für die Agentur als Ganzes vorliegt. Was erreichbar ist und erreicht werden soll, ist lediglich eine zeitliche und organisatorische Kontinuität in der Betreuung des Bezirks oder des Kundenkreises und der inhaltliche Gleichlauf des neuen mit dem bisherigen Vertrage. Nicht etwa läuft der bisherige Vertrag ohne Einbuße seiner Identität durch bloße Auswechslung seiner Personen weiter591. Handelte es sich um einen schlichten Eintritt des Nachfolgers in den bestehenden Vertrag, so müssten die bestehenden Provisionsansprüche dem Vorgänger vorbehalten werden – es ist weder erforderlich noch, wo es geschieht, mehr als eine bloße Klarstellung –; auch erübrigte sich die ausdrückliche Abgrenzung für laufende, aber noch nicht abgeschlossene Vermittlungsbemühungen nach § 87 Abs. 3. Das Vertragsverhältnis mit dem Übernehmer schließt sich an das mit dem bisherigen HV an. Der Vertrag mit dem bisherigen HV ist einvernehmlich beendet. Er ist abzuwickeln; der Ausgleichsanspruch entsteht vorbehaltlich des § 89b Abs. 3 Nr. 3 auf Grund der einverständlichen Lösung des Vertrages, aus dem der bisherige HV damit entlassen wird. Wie jeder andere Vertrag kann damit auch der HV-Vertrag nur durch vertragliche Vereinbarung auf einen Dritten übertragen werden592, und zwar auch dann, wenn eine Handelsgesellschaft Vertreterin ist. Das gilt auch für die Übertragung auf einen Angestellten oder Untervertreter593. Im Zweifel ist der Unternehmer nicht zur Zustimmung verpflichtet, ohne Zustimmung bleibt der bisherige HV sein Vertragspartner. Die Übertragung kann ausdrücklich oder im Wege der konkludenten Vertragsänderung, auch durch schrittweise Übernahme594, erfolgen und ist i.d.R. gem. § 89b Abs. 3 Nr. 3 ausgleichsschädlich (§ 89b Rn 306 ff). Für einen Parteiwechsel ist erforderlich, dass die beteiligten Personen eine befreiende Schuldübernahme gem. § 414 BGB vereinbaren, wobei beide Parteien den Willen, den bisherigen Schuldner aus der Verpflichtung zu entlassen, deutlich erklären müssen595. Das Einverständnis mit dem Vertragsübergang kann bereits bei Vertragsschluss im HV-Vertrag erklärt werden, wie es im Kfz-Vertriebsrecht 587

588 589 590

BGHZ 89, 206 (216) = BB 1984, 233; BGH, BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4a. BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54, DB 1955, 1085. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52.

591 592 593 594 595

AA Sieg VersR 1964, 791. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14a. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 17. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621.

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durch die GVO 1400/02 vorgeschrieben ist596. So darf vereinbart werden, dass ein Vertragspartner ohne weitere Zustimmung des Anderen zur Übertragung auf einen Dritten berechtigt ist597, sofern in der Person dieses Dritten keine Gründe entgegenstehen. Zweifelhaft ist, ob dies formularvertraglich nur für eine Seite, etwa den Unternehmer, erklärt werden darf. Mögliche Missbräuche liegen nahe, etwa die Übertragung des Vertrages auf eine vermögenslose Gesellschaft, bei der kein Ausgleichsanspruch vollstreckt werden kann. Häufig geschieht ein stillschweigender Übergang im allseitigen Einvernehmen nach Gründung einer Gesellschaft598, wobei der HV grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung des Vertretervertrages auf eine von ihm neu gegründete Gesellschaft hat599. Er kann sein Unternehmen jedoch ohne Zustimmung des Unternehmers nach dem UmwG in eine Gesellschaft umwandeln, solange sich die wirtschaftlich-faktische Identität nicht ändert und der Unternehmer kein erkennbares Interesse am Vertragsschluss nur mit einer natürlichen Person hat. Ein Eintritt der neu gegründeten Gesellschaft in den Vertretervertrag kann konkludent erfolgen, wenn die andere Partei in Kenntnis des Wechsels die Vertragsbeziehungen fortsetzt600. Allerdings ist diese Kenntnis erforderlich, sie kann – sofern die Verhältnisse nicht offenbar sind – nur durch hinreichend deutlichen Hinweis der Partei, die den Eintritt eines Dritten wünscht, herbeigeführt werden. Langjährige Adressierung von Korrespondenz, Abrechnungen, Zahlungen etc. an den neuen Vertragspartner genügt meist, um eine konkludente Zustimmung erkennbar werden zu lassen601. Ist ein Vertragsübergang gewollt, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Vertrag mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Vertragspartner übergeht und der ursprüngliche Vertragspartner aus dem Vertrag entlassen wird, was eine Frage der Vertragsauslegung sein kann602. Das gilt auch für tatsächliche Anwartschaften wie die Zurechnung der Neukundenwerbung oder der Erweiterung von Altkunden im Sinne des Ausgleichsrechts. Der neue Vertragspartner kann also den Ausgleich auch für solche Kunden fordern, die im Rahmen des einheitlichen und übergegangenen Vertragsverhältnisses von dem bisherigen Vertragspartner geworben wurden. Dies ist besonders deutlich bei wirtschaftlich-faktischer Identität zwischen altem und neuem Vertragspartner, etwa bei Einbringung des bisher einzelkaufmännischen Vertreterunternehmens in eine Gesellschaft, gilt aber auch sonst. Um ein Problem des gesellschaftsrechtlichen Durchgriffs handelt es sich nicht, vielmehr um einen Vertragsübergang mit allen Rechten und Pflichten. Die Frage stellt sich nur, sollte es an einer Identität zwischen Alt- und Neugesellschaft nach UmwG oder einer Gesamtrechtsnachfolge fehlen. Denn bei Identität oder Gesamtrechtsnachfolge ist die Zurechnung zweifelsfrei. Ein Fall der konkludenten Vertragsänderung ist möglicherweise auch der „Rechtsschein der Unternehmerschaft“: Hat eine in die Abwicklung des Vertrages eingeschaltete Person, etwa innerhalb eines Versicherungskonzerns, durch ihr Verhalten vor und im Prozess den Rechtsschein begründet, sie werde den HV-Vertrag als eigene Angelegenheit durchführen (etwa durch Abrechnung und Vergleichsverhandlungen), kann sie sich der Stellung als Vertragspartner nicht ohne Verstoß gegen Treu und Glauben entziehen, weil sie sich damit treuwidrig in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen würde603. Veräußert der Unternehmer sein Unternehmen, so verneint die herrschende Ansicht 84 einen Anspruch des Vertreters gegen den Erwerber auf Vertragsfortführung604. Ein Ver596 597 598 599

In der neuen Kfz-GVO 461/10 ist diese Freistellungsvoraussetzung entfallen. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52. Martinek/Flohr § 8 Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14e.

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Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 52. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14a. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b.

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tragsübergang nach § 613a BGB wird abgelehnt (siehe auch § 613a Abs. 2 BGB)605. Die Norm finde keine entsprechende Anwendung, weil sie eine Lücke im Kündigungsschutzsystem für Arbeitnehmer schließen solle, der Vertreter jedoch kein Arbeitnehmer sei606. Gegenüber dem veräußernden Unternehmer besteht auch dann kein Anspruch auf Übertragung des Vertretervertrages an den Übernehmer, wenn sich der Unternehmer im Vertretervertrag das Recht der Übertragung auf einen Dritten vorbehalten hat607. Ein Anspruch gegen den Erwerber wird ohne seine Zustimmung nicht begründet, weil dies ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter wäre608. Damit ist noch nichts darüber ausgesagt, ob es zu einem Vertragsübergang auf den 85 Erwerber nach § 25 Abs. 1 kommen kann. Die herrschende Meinung verneint dies, wenngleich sie den Anwendungsbereich der Norm in den letzten Jahren Stück für Stück erweitert hat. Der Übergang des HV-Vertrages sei ausgeschlossen609. Diesem tradierten Verständnis des § 25 Abs. 1 setzt eine neuere Ansicht das Prinzip der Haftungskontinuität entgegen. Die Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse, welche zum Unternehmen gehören, sollen auch im Fall des Unternehmerwechsels dem jeweiligen Unternehmensträger, also dem Erwerber, zugewiesen bleiben. Deshalb könnten auch ganze Dauerschuldverhältnisse auf den Übernehmer übergehen610. § 613 BGB hindere den Übergang nicht611. Firmenfortführung oder Firmenidentität seien nicht Voraussetzung des Vertragsüberganges, solange Unternehmensfortführung oder Unternehmensidentität vorlägen612. Ist der HV-Vertrag unternehmensbezogen, so sollen vertragliche Rechte und Pflichten ohnehin mit „dem Unternehmen“ übergehen. Oft wird der bisherige Schuldner ohne die übertragenen Unternehmensmittel auch überhaupt nicht mehr fähig sein, den jeweiligen Vertrag zu erfüllen613. Richtig wäre wohl ein Wahlrecht des Mittlers auf Vertragsfortsetzung mit dem Veräußerndem oder dem Erwerber. Der vorgenannten neueren Auffassung dürfte zuzustimmen sein614. Die Gründe sind 86 von Karsten Schmidt 615 und Lieb 616 dargestellt worden. Neben der Praktikabilität spricht für sie, dass die Unternehmensfortführung bei Veräußerung oder Neugründung einer Gesellschaft durch die Überleitung der auf das Unternehmen bezogenen Verträge deutlich erleichtert wird617. Auch die Interessen des Vertragspartners werden hierdurch nicht berührt. Ein Vertragsübergang nach § 25 kann auch dem HV zugute kommen, der sein Unter- 87 nehmen an einen Erwerber veräußern oder in eine neugegründete Gesellschaft einbringen will, ohne dass aufgrund des UmwG Identität des Rechtsträgers vorliegt (dann wäre ein Vertragsübergang nicht erforderlich, weil der Vertretervertrag ohnehin beim „umgewandelten“ Rechtsträger verbliebe). Selbst bei Veräußerung des Vertreterunternehmens kann

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BGH NJW 1963, 1000 (1001); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 10. MünchKomm HGB/v. Hoyningen/Huene § 86 Rn 10. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b. Vgl. Beuthien NJW 1993, 1737 ff; Heymann/ Emmerich § 25 Rn 42. AA (ohne Nennung des § 25) offensichtlich BGH HVR Nr. 419; Schlessmann S. 32. Vgl. auch Lieb Die Haftung für Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen bei

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Unternehmensübergang, 1991, der auf Seite 16 ausdrücklich das Beispiel der Handelsvertreterverträge nennt. Karsten Schmidt HandelsR, S. 206. Karsten Schmidt HandelsR, S. 215 ff. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 151. Siehe bereits Emde Die HandelsvertreterGmbH, S. 151. HandelsR, S. 204 ff. A.a.O., passim, insbes. S. 16. Lieb stellt allerdings strengere Anforderungen an die Unternehmenskontinuität, vgl. Seite 12. Lieb a.a.O., S. 16.

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es zu einem Vertragsübergang nach § 25 kommen, falls der Übernehmer wirtschaftlichfaktisch mit dem ursprünglichen Vertragspartner identisch ist. Davon darf etwa ausgegangen werden, wenn ein Einzelkaufmann eine personenidentische GmbH gründet618. Das bedeutet nicht, dass der Vertreter nach Einbringung seines bislang einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Gesellschaft dem Unternehmer durch anschließende Abtretung der Gesellschaftsanteile wirtschaftlich-faktisch betrachtet einen nicht genehmen „Vertragspartner“ aufzwingen könnte. Hiervor ist der Unternehmer gemäß §§ 613, 664 BGB geschützt (siehe Vor § 84 Rn 50 ff). Die Anteilsübertragung bliebe zwar wirksam, wäre jedoch eine Vertragsverletzung. Kommt es bei der Einbringung des HVUnternehmens in eine Gesellschaft zu einer Veränderung des Erscheinungsbildes des Unternehmens, die etwa in dem Eintritt einer Vielzahl neuer in der Gesellschaft tätiger Gesellschafter liegen kann, mangelt es also an einer gemäß § 25 erforderlichen Unternehmenskontinuität619. Liegt in der Anteilsübertragung eine Vertragsverletzung, darf der Unternehmer nach Abmahnung gemäß § 89a kündigen (Vor § 84 Rn 58).

I. Anfechtbarkeit und Nichtigkeit 88

Für den HV-Vertrag gelten die allgemeinen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe des bürgerlichen Rechts620. Obwohl die zur Anfechtung berechtigenden §§ 119, 123 BGB regelmäßig – aber nicht immer – einen wichtigen Grund im Sinne des § 89a bilden und das bereits in Vollzug gesetzte Vertragsverhältnis nicht mit Rückwirkung beseitigt werden kann (deshalb Anwendung der Grundsätze zum faktischen Vertrag), ist eine Anfechtung möglich. § 89a bildet auch bei einem in Vollzug gesetzten HV-Vertrag keine abschließende Sonderregelung621. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung „verbrauchte“ Kündigungsgrund nach § 89a über § 142 Abs. 1 BGB zum sofortigen Vertragsende führen kann622. Denn es besteht Anspruchskonkurrenz. Nichtigkeitsgründe sind insbesondere: – Anfechtung wegen Irrtums623, etwa wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche persönliche Eigenschaft des Vertragspartners (Vertrauenswürdigkeit des Unternehmers624, Vorstrafe des HV auf vermögensrechtlichem Gebiet625, zur dauernden Berufsunfähigkeit führende Erkrankung) oder über verkehrswesentliche Eigenschaften des vertriebenen Produkts626 – Anfechtung wegen arglistiger Täuschung627 oder Drohung628. Hier ist der HV im Verhältnis zum Unternehmer nicht Dritter629 618 619 620

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Vgl. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 152. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 154. Martinek/Flohr § 8 Rn 106; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 15. Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 1; aA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 3. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 3. Martinek/Flohr § 8 Rn 106; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 30. RG WarnRspr. 1920, Nr. 185. RAG 15, 49. Vgl. RG LZ 1932, 753 (HV-ähnliches Ver-

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hältnis, Irrtum über Eigenschaften des Fabrikats); Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 85 Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 70. Martinek/Flohr § 8 Rn 106; Hopt § 84 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4, § 86 Rn 9, 48c. Küstner/Thume I Rn 383; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 28. OLG Hamburg BB 1959, 612; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 58; Hopt § 84 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 24, § 86 Rn 9, 19b, 48c; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 91.

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– Formmangel bei rechtsgeschäftlich vereinbarter Form (§§ 126, 127 BGB)630 – Nichtigkeit gemäß § 134 BGB631. Beispiele: § 51 ArzneimittelG; § 8 HeilmittelwerbungsG; Gesetzesumgehung (HV-Vertrag zur Umgehung kartellrechtlicher Bindungsverbote), jedoch nicht der Betrieb des HV-Unternehmens ohne Gewerbeerlaubnis632. Ob der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Nichtigkeit des Vertrags führt, ist, wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt, nach Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten633 – Nichtigkeit gemäß § 138 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten634, etwa in folgenden Fällen: • auf Grund einer Gesamtwürdigung des Vertrages635; etwa durch eine Kombination einer Vielzahl einseitig belastender Klauseln, die einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff BGB nicht standhalten636 • wenn der Mittler nahezu vollkommen dem Willen des Unternehmers unterworfen und faktisch zum Angestellten im eigenen Betrieb wird637 • im Falle der Verpflichtung des HV, selbst Ware in übermäßigem, durch ein fristloses Kündigungsrecht besichertem Mindestumfang zu beziehen638 • bei dem auf Täuschung von Kunden ausgerichteten Vertriebsvertrag639 • bei einseitiger Risikoverteilung640 • falls der Unternehmer dem HV ohne besondere Kompensation wesentliche Teile des Unternehmerrisikos, z.B. des Absatzrisikos, auferlegt641 • wenn der maßgebliche Inhalt der Vermittlung darauf gerichtet ist, eine Schmiergeldvereinbarung mit den zuständigen staatlichen Entscheidungsträgern herbeizuführen und Schmiergeld an sie weiterzuleiten. Die Nichtigkeit folgt auch aus § 134 StGB i.V.m. § 299 Abs. 2, 3 StGB642 • im Falle einer Nichtigkeit wegen Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB). Von ihr soll z.B. bei einer unverhältnismäßig niedrigen, sog. Hungerprovision643 oder in der Situation der „Risikoschraube“644 ausgegangen werden, insbesondere bei krassem 630 631

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Martinek/Flohr § 8 Rn 108; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71. BGHZ 127, 368 (Devisenrecht); OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514; Martinek/Flohr § 8 Rn 107; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28; Hopt § 85 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. Martinek/Flohr § 8 Rn 107. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514. BGH DB 1981, 2274; Küstner/Thume I Rn 330; Martinek/Flohr § 8 Rn 110; Hopt § 85 Rn 2; § 86 Rn 9; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71. Martinek/Flohr § 8 Rn 110. OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857; LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487. OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857. OLG Stuttgart NJW 1957, 1281; Martinek/Flohr § 8 Rn 106, 111; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 49; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 34, § 86 Rn 7. OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857. BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200. OLG Stuttgart, Urt. v. 10.02.2010 – 3 U 179/09, BeckRS 2010, 10537 zum Maklervertrag. RAG 19, 113; BAG MDR 1960, 613 = BB 1960, 1222 (Versicherung); DB 1981, 2274 (wegen des Unternehmerrisikos im Ergebnis ablehnend); OLG Düsseldorf NJW 1998, 2980; Evers BB 1992, 1365; Martinek/Flohr § 8 Rn 111; Hopt § 86 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4; kritisch Küstner/ Thume I Rn 384. OLG Stuttgart NJW 1957, 1281.

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Missverhältnis zwischen den Vertragspflichten des HV und der ihm gewährten Vergütung645, wobei immer die Risikoverteilung im Einzelfall zu berücksichtigen ist. Unangemessen niedrige Provision oder Zuweisung eines ertragsschwachen Bezirks begründen den Sittenwidrigkeitseinwand allein noch nicht; der HV trägt als selbständiger Gewerbetreibender regelmäßig selbst das Risiko, ob seine Tätigkeit verdienstbringend sein kann oder nicht. Möglicherweise gelten für den „arbeitnehmerähnlichen HV“ des § 92a strengere Maßstäbe. Hier ist der Vertrag dann sittenwidrig, falls der Bezirk „hoffnungslos“ ist und dem Unternehmer die wirtschaftliche Sinnlosigkeit des Unterfangens, ihn erneut zu vergeben, aus den Erfahrungen der Vergangenheit bekannt war646, er darüber jedoch nicht aufklärte. Keine Nichtigkeit tritt ein, wenn der Vertrag das Existenzminimum zwar nicht sichert, aber weitere HV-Tätigkeit gestattet ist647. Ansonsten gilt: Der HV ist kein Arbeitnehmer, ihm ist – sofern keine besondere Schutzbedürftigkeit vorliegt, gegenüber dem in § 92a angesprochenen HV ein größeres Risiko zuzumuten. So kann es ihm obliegen, aus dem Bezirk „etwas zu machen“ oder andere Vertretungen anzunehmen, so dass Nichtigkeit eher in Frage kommt, wenn der HV einem Wettbewerbsverbot unterliegt, da dann die Verluste des einen Vertrages nicht durch Gewinne anderer Vertretungen ausgeglichen werden können648. Im Zweifel ist in den Fällen der Hungerprovision zum Schutze des Vertreters lediglich die Provisionsabrede nichtig649. Der übrige Vertrag bleibt wirksam, da anderenfalls der Schutz des HV verfehlt würde. Verdienstmöglichkeiten aus dem Werkstattgeschäft oder dem Gebrauchtwagenhandel bleiben bei der Berücksichtigung des Leistungs-/ Gegenleistungsverhältnisses unberücksichtigt, da derartige Erträge nicht als Gegenleistung für die Vertriebspflicht erzielt werden650. Keine Nichtigkeitsgründe bilden: 89 – ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 S. 1 KWG in Verbindung mit § 134 BGB651 – bei einem deutschen Recht unterliegenden Vertrag die Verletzung des Art. 47 des Schweizer Bankengesetzes (Bankgeheimnis)652 – übermäßige Einzelanweisungen des Unternehmers653, da jene wegen Verstoßes gegen die Selbständigkeit des HV unbeachtlich bleiben. Sind von dem Nichtigkeitsgrund wegen Gesetzesverstoßes nur einzelne Bestimmungen 90 des HV-Vertrages betroffen, so ist entgegen dem bei Individualverträgen anwendbaren § 139 BGB, weil sonst der Schutzgedanke des HV-Rechts zugunsten des Mittlers verfehlt würde, nicht das ganze Vertragswerk nichtig; vielmehr erhält der Vertrag insoweit einen dem dispositiven Recht, insb. den §§ 84 ff, entsprechenden Inhalt654. Gesamtnichtigkeit 645 646 647 648 649 650 651 652

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 49; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 34. BAG MDR 1960, 613; s. auch BGH DB 1981, 2274. OLG Nürnberg BB 1960, 1261; Hopt § 86 Rn 9. Martinek/Flohr § 8 Rn 111. BAG BB 1960, 556; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. Genzow kfz-betrieb 8/2001, S. 24. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514.

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Martinek/Flohr § 8 Rn 111. BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 (238 f) = DB 1964, 28 = NJW 1964, 350; BGHZ 53, 152 (159); 129, 290 (293) – die Einschränkung wirtschaftlicher Schutzbedürftigkeit sollte heute entfallen; Martinek/Flohr § 8 Rn 106; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 13; Hopt § 85 Rn 1; § 86 Rn 11; 89 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 42a; Evers BB 1992, 1370; aA Canaris § 17 Rn 27 f– er will über das Bereicherungsrecht und den Einwand des Rechtsmißbrauches helfen.

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gem. §§ 139, 306 Abs. 3 BGB kann nur in Fällen der Unwirksamkeit einer „Kernabrede“ angenommen werden, der Vertrag wäre dann ohne die nichtige Bestimmung nicht geschlossen worden655. Bei AGB ist § 306 Abs. 3 BGB maßgeblich656. Sollte ausnahmsweise Gesamtnichtigkeit eintreten, so gilt: Trotz der Nichtigkeit ist bis zum Zeitpunkt der „Entdeckung der Nichtigkeit“ HV-Recht maßgeblich657. Denn das vollzogene Austauschverhältnis kann nicht mit Rückwirkung vernichtet werden. Deshalb findet wie im Arbeitsrecht die Lehre des „faktischen Vertragsverhältnisses“ Anwendung und treten an die Stelle der unwirksamen vertraglichen Abreden die §§ 84–92c, sofern die übrigen TBVoraussetzungen eines HV-Vertrages vorliegen658. Anwendbar sind auch die §§ 89, 89a. Der Vertrag wird, soweit die öffentliche Ordnung nicht die unverzügliche Beendigung zum Zeitpunkt der Entdeckung der Nichtigkeit fordert oder ein sonstiger wichtiger Grund zur sofortigen Beendigung iSd § 89a vorliegt, mit den Auslauffristen des § 89 beendet (§ 89 Rn 37). Gerade der Schutz des HV gebietet ein solches Verständnis. Auch im Fall der Anfechtung wegen Arglist gilt dieser Grundsatz659. Im Ergebnis wird die Anfechtung damit wie eine fristlose Kündigung behandelt660. Eine Rückabwicklung der beiderseits erbrachten Leistungen nach dem Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) ist weder erforderlich noch sachgerecht noch würde sie den durch die §§ 84 ff begünstigten HV hinreichend schützen661. Da die Parteien einen HV-Vertrag „gelebt“ haben, fragt sich auch, welches andere Regelungswerk sachgerecht ihre Rechtsbeziehungen regieren sollte. Geschäftsbesorgungsrecht i.V.m. § 812 BGB wäre kaum geeignet, interessengerechte Ergebnisse herbeizuführen662, insb. nicht zu Gunsten der Partei, die an der Nichtigkeit keine Schuld trägt. Auch muss der Unternehmer trotz der Nichtigkeit einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b zahlen663, es sei denn, der Schutzzweckgedanke oder die entsprechende Anwendung des § 89b Abs. 3 hindert den HV an der Geltendmachung des Ausgleichs. Daran ist zu denken, wenn der HV selbst – etwa durch arglistige Täuschung – die Nichtigkeit herbeigeführt hat. Ist der HV der „Bewucherte“ muss ihm schon wegen des Schutzgedankens des § 89b ein Ausgleich zugebilligt werden. Das Schadensersatzrecht hilft nur bei Verschulden. Anderenfalls könnte der Unternehmer kein besseres Geschäft machen, als einen gem. § 138 BGB wegen Hungerprovision nichtigen Vertrages zu schließen. Unter Anwendung der §§ 87b Abs. 1 HGB, 249 BGB kann die Ausgleichsbemessungsgrundlage angemessen erhöht werden. Im Recht der HV-ähnlichen Mittler, etwa im Vertragshändlerrecht, soll hingegen bei nichtigem Vertrag kein Ausgleich geschuldet sein, weil es wegen der Unwirksamkeit der vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes an einem Analogiekriterium fehlen soll. Dies ist nicht ganz konsequent, wenn man die Grundsätze des faktischen Vertrages oder des § 249 BGB anwendet. Ebenso wie Provisionen für die Vergangenheit ist auch der Ausgleich gem. § 89b eine vertragliche Gegenleistung für den in

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Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 71. Siehe Emde MDR 2006, 301; Hopt § 86 Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28. OLG Düsseldorf HVR Nr. 607; Küstner/Thume I Rn 385; Martinek/Flohr § 8 Rn 106; Hopt § 85 Rn 1; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 28; Hopt § 85 Rn 1. AA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 6.

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AA Canaris § 17 Rn 27 ff. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 20; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 33. BGHZ 129, 290 (293) = NJW 1995, 1958; BGH, Urt. v. 11.12.1996 – VIII ZR 22/96, ZIP 1997, 238, 239; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28; aA für den Fall der rückwirkenden Nichtigkeit: Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 20.

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der Vergangenheit aufgebauten Kundenstamm. Deshalb ist es folgerichtig, ihn nach Nichtigkeit zuzubilligen. Der HV ist infolge der Nichtigkeit auch nicht gehindert, für die Vergangenheit Pro91 visions-664, insbesondere Bezirksprovisions-665 oder Auskunftsansprüche, geltend zu machen, es sei denn, die Nichtigkeit wurde gerade durch diesen Anspruch herbeigeführt666. Eines Rückgriffs auf Vergütungsansprüche nach § 354667 bedarf es nicht. Im Ergebnis wird der HV daher hinsichtlich der in der Vergangenheit begründeten Ansprüche so gestellt, als wäre der Vertrag wirksam und mit zulässigem Inhalt zustande gekommen. Die Lehre des faktischen Vertrages gilt auch beim Franchisevertrag668, und zwar nicht 92 nur im Hinblick auf die ohnehin separat geschlossenen Einzelkaufverträge669. Teilweise wird angenommen, die Lehre vom faktischen Vertrag nach einer Anfechtung finde im Vertragshändlerrecht keine Anwendung: Die Rückabwicklung eines HV-Vertrages mit Provisionszahlung sei unmöglich, weshalb der Vertrag für die Vergangenheit aufrecht erhalten werden müsse. Dies gelte jedoch nicht für einen Vertragshändlervertrag, bei dem der Händler seine Marge lediglich aus den Einzelkaufvertragen erziele670. Die in der Vergangenheit ausgetauschten Leistungen, insb. die Vertriebspflicht und die zahlreichen Nebenpflichten, weichen jedoch beim Vertragshändlervertrag nach Bedeutung und „Rückabwicklungsfähigkeit“ nicht wesentlich von denen eines HV-Vertrages ab. Zudem sind die Einzelgeschäfte in Ausführung des Rahmenvertrages geschlossen worden, und sie wären zu anderen Konditionen gezeichnet worden, wenn es diesen Rahmenvertrag nicht gäbe. Eine Rückabwicklung ist daher auch beim Vertragshändlervertrag kaum möglich; die Lehre des faktischen Vertrages gilt auch hier671. Der Vertragsteil, der die Nichtigkeit nicht verschuldet hat, darf Schadenersatz verlan93 gen. Insbesondere bleiben Schadensersatzansprüche unberührt, falls die Nichtigkeit des Vertrages durch das dolose Verhalten eines Vertragsteils oder auch nur auf Verschulden bei Vertragsschluss (vgl. § 122 BGB, der selbst beim faktischen Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer entgegengehalten werden kann672) zurückzuführen ist.

J. Beweislast 94

Sämtliche TB-Merkmale des § 84 hat die Partei zu beweisen, welche sich auf die Vorteile des HV-Vertrages beruft673. Steht eine analoge Anwendung des § 84 in Frage, etwa auf einen Vertragshändler- oder Franchisevertrag, so sind die Voraussetzungen dieser Analogie ebenfalls von demjenigen zu beweisen, für den sie günstig ist. Ein HV-Vertrag soll nicht bewiesen sein, wenn der HV die Vertragschließenden nicht benennen kann, ebenso wenig einen klar vereinbarten Provisionssatz674.

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BAG MDR 1960, 613 für HV nach § 92a; Küstner/Thume I Rn 385; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 85 Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28. So Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 85 Rn 3. AA Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 457; Giesler WM 2001, 658. So aber Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 458; Giesler WM 2001, 658.

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Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 600. Küstner/Thume III Rn 1384; Westphal II Rn 649; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 374. BAG BB 1958, 232. Vgl. OLG Köln, Urt. v. 15.01.2010 – 19 U 112/09. Vgl. OLG Köln, Urt. v. 15.01.2010 – 19 U 112/09 – zweifelhaft, es wird auf die Umstände des Einzelfalls ankommen.

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K. Arten von Handelsvertretern In der Praxis gibt es kein einheitliches Bild des HV675. Vielmehr sind HV in allen 95 Bereichen der Wirtschaft vermittelnd tätig und nutzen hierbei die verschiedensten Organisationsformen. Diese faktische Uneinheitlichkeit wird auf das Gesetz übertragen und von einem Leitbild-Pluralismus gesprochen. Jedoch hat dieser Leitbild-Pluralismus, sollte es ihn zum Zeitpunkt des Entwurfs des HGB bzw. seiner Novellierungen bei den Verantwortlichen tatsächlich gegeben haben, keine Folgen bei der Gesetzesanwendung. Denn das Gesetz beschränkt seinen Wirkungsbereich gerade wegen dieser Leitbild-Vielfalt nicht auf bestimmte Vertretertypen, sondern erfasst die Lebenssachverhalte aller rechtstatsächlichen Ausprägungen. Das Erscheinungsbild der HV ist mithin außergewöhnlich vielgestaltig. Im Folgenden werden sie nach der Art ihrer Tätigkeit (hierzu unter I) und nach ihren rechtlichen Besonderheiten (hierzu unter II) dargestellt.

I. Handelsvertreter und ihr Tätigkeitsfeld Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind Mittler in folgenden Funktionen tätig: 96 – Anzeigenvertreter676. Ihre Tätigkeit ist darauf gerichtet, Interessenten für einen Werbeträger zu finden677 – Anlagevermittler678 – Autovermieter: etwa Europcar und Hertz-Vermieter679 – Auswanderungsagenten680 – Bausparkassenvertreter681. Der Gesetzgeber stellt die Bausparkassenvertreter durch die Verweisungsvorschrift des § 92 Abs. 5 den weiter verbreiteten Versicherungsvertretern gleich. – Fotorepräsentanten682

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 6. Stolterfoth Die Selbständigkeit des Handelsvertreters (1973) bescheinigt der Novelle 1953 (S. 32 ff) einen Leitbild-Pluralismus. Das gesetzliche Leitbild des HV, insb. über die verschiedenen Novellen, zu bestimmen wurde als „hoffnungslos“ (Behm Der Handelsagent, 1913, S. 1 f) oder „gefährlich“ (Stolterfoht Die Selbständigkeit des Handelsvertreters 1973, S. 54; hierzu auch Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 52 ff) bezeichnet. BGH, Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 = EWiR 1999, 653 (Emde); Küstner/Thume I Rn 129; Schröder DB 1970, 1625, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 11; Klosterfelde Anzeigen-Praxis 1968, 134 ff, sowie Lambsdorff/ Skora Handbuch des Werbeagenturrechts, Frankfurt 1975, S. 78 ff, 203 (222). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 11. BGH, Urt. v. 25.10.2007 – III ZR 100/06,

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VersR 2008, 352; Urt. v. 13.05.1993 – III ZR 25/92, VersR 1993, 1104 = NJW-RR 1993, 1114; vom 13.01.2000 – III ZR 62/99, VersR 2001, 240; v. 11.09.2003 – III ZR 381/02, NJW-RR 2003, 1690; v. 19.10.2006 – III ZR 122/05, VersR 2007, 63 (64) = NJWRR 2007, 348 (349), v. 22.03.2007 – III ZR 218/06, VersR 2007, 944 (945) = NJW-RR 2007, 925; v. 12.07.2007 – III ZR 83/06, VersR 2007, 1653 (1654) = WM 2007, 1606 (1607). LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde). Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 40; heute nicht mehr praktisch. Küstner/Thume I Rn 128; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 10; Küstner BB 1966, 269 ff. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff; aA zu Unrecht OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, GRUR 2006, 788.

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– Mercedes-Händler683 – Einkaufsvertreter684. Das sind solche Vertreter, die für den Unternehmer Einkaufsgeschäfte, d.h. Bezugsverträge, vermitteln – Energieliefervermittler685 – Grundstücksvermittler686 – Kapitalanlagevertreter687 – Kreditvermittler688, auch Investment- und Anlageberater689 – Lotto-Vertreter690. Die Vermittlungstätigkeit liegt darin, dass ein Lottostellen-Handelsvertreter das Wettgeschäft fördert, indem er die Annahmestelle offen hält, auch wenn er sonst keinerlei Werbetätigkeit entfaltet691 – Mobilfunkvermittler692 – Postagenturen693 – Post-Wettannahmestellen694 – Quelle-Shops695 – Reisebüros sind HV, die als Buchungsstelle für einen Reiseveranstalter tätig werden und ständig damit betraut sind, für den Veranstalter Reiseverträge zu vermitteln bzw. abzuschließen696 – Stationäre Handelsvertreter (früher „Platzagenten“ genannt), d.h. solche ohne Reisetätigkeit (etwa Tankstellenhalter, Exportvertreter, Reisebüros, Lotto-Annahmestellen, Kfz-Vermietagenturen, HV mit Auslieferungslager, wie die Getränkeniederlagen der Brauereien oder die nebenberuflich betriebenen Ladenagenturen der Versandhäuser). – Strukturvertreter. Das Vertriebssystem des Unternehmers kann vertikal gestaffelt sein („Strukturvertrieb“ oder „mehrstufige“ Außenorganisation). Für einen Unternehmer werden weitere HV als meist unechte Untervertreter (s.u.) tätig. Jene schließen entweder einen HV-Vertrag mit dem „Haupt- oder Generalvertreter“. Dann spricht man

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EuG, Urt. v. 15.09.2005 – T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933 = DB 2005, 2127 = EWiR 2005, 861 (Weidenbach) = EuZW 2005, 766 (LS); s.a. Kommissionsentscheidung EuZW 2001, 674; hierzu Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff; Lubitz EWS 2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. Martinek/Flohr § 8 Rn 18. LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. BGH BB 1982, 1876 = DB 1982, 590 = HVR Nr. 556 = MDR 1982, 545 = VersR 1982, 343 = WM 1982, 272; Küstner/ Thume I Rn 136. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. BGH BB 1985, 823 = WM 1984, 1633. Melcher BB 1981, 2101. BGHZ 59, 87 = BGH BB 1972, 938 = DB 1972, 1624 = HVR Nr. 459 = NJW 1972, 1662; OLG Hamburg, Urt. v. 12.08.2004 – 5 U 58/03, WRP 2005, 378 = OLGR 2005, 113.

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Küstner/Thume I Rn 133. OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401. BGH WM 2001, 274 (275); OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.07.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018; OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 10 U 127/01, WM 2006, 1452; OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270; aA LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. BGH, Urt. v. 04.03.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376, 1379 Rn 39. Pluta ZIP 2009, 1826 (1832). BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321; Urt. v. 12.05.2004 – VIII ZR 159/03, MDR 2004, 1009; Urt. v. 10.12.2002 – X ZR 193/99, NJW 2003, 743 = ZIP 2003, 216; DB 1990, 2585; DB 1974, 1156 = EBE 1974, 179 = NJW 1974, 1242; EBE 1974, 180; BGHZ 62, 71 (73); BGH BB 1975, 198; OLG München, Beschl. v. 27.01.2005 – 29 W 1400/04, GRUR-RR 2005, 205; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.02.2007 – 22 S 307/06, NJOZ 2007, 5409.

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von „echten Untervertretern“697. Häufiger ist jedoch folgende Gestaltungsform: Die Untervertreter – ebenso wie der ihnen organisatorisch „übergeordnete“ Handelsvertreter – schließen den HV-Vertrag allein mit dem vertretenen Unternehmer („unechte Untervertreter“)698. Kennzeichnend für den im Versicherungsvertrieb nicht seltenen Strukturvertrieb ist seine – oft sogar durch militärische Bezeichnungen der verschiedenen Hierarchiestufen betonte – hierarchische Gliederung, bei der in der untersten Stufe oft durch nebenberufliche Vermittler vermittelt wird und in den übergeordneten Stufen die Verwaltungstätigkeit in den Vorder- und die Vermittlungstätigkeit in den Hintergrund tritt699, und zwar umso stärker, je mehr der bisherige Vermittler auf Grund seiner Erfolge in eine höhere Stufe aufsteigt700. Der übergeordnete Vertreter, der nunmehr stärker verwaltend tätig wird, ist am Vermittlungserfolg der niedrigeren Stufe durch Superprovisionen beteiligt701. Vom Grundsatz her ist HV-Recht im Strukturvertrieb anwendbar702. Obwohl sich 97 nämlich die Tätigkeit der Vermittler höherer Stufe auf Koordinierungs- und Leitungsaufgaben konzentriert, genauer: Führung, Rekrutierung, Ausbildung und Administration, bleiben diese Handelsvertreter, wenn sie durch ihre unechten Untervertreter dauernd Geschäfte vermitteln. Eine Geschäftsvermittlung setzt voraus, dass es dem Mittler gelingt, zwei sich als mögliche Partner einer Transaktion gegenüberstehende Interessenten zusammenzuführen, d.h. – zumindest mitursächlich – eine solche bis zur Abschlussreife vorzubereiten und hierdurch den Vertragsschluss herbeizuführen. Unmittelbar, d.h. durch eigene Werbung, vermitteln die Strukturoberen meist keine derartigen Geschäfte, da sie vom eigentlichen Vermittlungsgeschäft zu weit entfernt sind, als dass sie selbst Kunden werben würden703. Allerdings wird in mehrstufigen Vertriebsstrukturen der auf niedriger Stufe eintretende Vermittlungserfolg dem Strukturhöheren als mittelbar herbeigeführter Abschluss zugerechnet. Der BGH hat aus diesem Grunde in seiner Entscheidung BGHZ 56, 290704 keine Zweifel daran gelassen, einem „Verkaufsleiter“ seien die Umsätze seiner unechten Untervertreter zuzurechnen. Der Generalvertreter könne mithin als Handelsvertreter einen Ausgleich nach § 89b verlangen. In der Literatur sind an diesem Ergebnis wenig Zweifel angeklungen. Von einem schleichenden Wandel der Aufgabenstellung eines Strukturleiters von der eines Handelsvertreters zu einem „freien Mitarbeiter“, der zu einem Entfallen der HVEigenschaft führen könnte, ist daher auch an der Strukturspitze nicht auszugehen705. Eine differenzierte Ansicht nahm – soweit ersichtlich – nur Staub/Brüggemann 4. Aufl.706 ein. Werde dem Generalvertreter eine als Superprovision bezeichnete Ver-

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Besonders problematisch ist bei echten Untervertretern die provisionsrechtliche Frage, ob dem Unternehmer Ansprüche auf Untervertreterprovisionen zustehen, wenn es nach § 87a Abs. 2 darauf ankommt, wer „Dritter“ im Sinne dieser Vorschrift ist. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.03.2009 – 4 U 168/08, GRUR-RR 2010, 51. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 61. Küstner/Thume I Rn 159. Zum Auskunftsrecht des Strukturmitglieds gem. § 87c Abs. 3 vgl. Emde MDR 1999, 1108. BGH, Urt. v. 24.06.1971 – VII ZR 223/69; BGHZ 56, 290; v. 22.06.1972 – VII ZR

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36/71, BGHZ 59, 87; OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Beschl. v. 10.03.2009 – 4 U 168/08, GRUR-RR 2010, 51 (52); Emde MDR 1999, 1108 (1109). Charakteristisch BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620. Zustimmend OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. Die steuerechtliche Entscheidung BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620 lässt sich nicht in das Vertriebsrecht übertragen. § 84 Rn 30.

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waltungsprovision als alleinige Vergütung für das Führen der Struktur gezahlt und vertraglich als Honorierung seiner ausschließlich in der laufenden Organisation des Vertretereinsatzes und der Koordinierung der Vertreteraktivitäten bestehenden, also nur noch verwaltenden Tätigkeit, ausgewiesen707, fehle die HV-Eigenschaft. Auch der BFH hat den Aufbau, die Führung und die Leitung einer Vermittlungsorganisation nicht als Vermittlungstätigkeit angesehen, da sich die Leistungen des Strukturoberen nicht auf die wesentlichen und spezifischen Funktionen einer Mittlertätigkeit in Form des Nachweises der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages, Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder auf das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen bezogen708. Aus der Warte des Vertriebsrechts besehen steht diese Ansicht im Widerspruch zur Zurechnung des Vermittlungserfolges an die Strukturspitze und wohl auch zu den zitierten Urteilen des BGH. „Berufstypische“ Tätigkeiten eines HV sind damit auch die Anwerbung, Kontrolle, Schulung wie Verwaltung der Untervertreter, soweit sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Umsatzsteigerung des Unternehmers dienen und auf den Abschluss von Verträgen gerichtet sind. – Tankstellenvertreter709, insofern sie Treibstoff und Schmiermittel im Namen und für Rechnung ihrer Mineralölgesellschaft verkaufen. In den Tankstellenverträgen werden die vertriebsrechtlichen Abreden mit Elementen der Pacht am Tankstellengrundstück und der Verpflichtung der Mineralölgesellschaft zur Vornahme oder zur Finanzierung der zum Betrieb der Tankstelle notwendigen Einbauten und beweglichen Einrichtungen, gelegentlich auch unter Einräumung einer Grunddienstbarkeit, verbunden710. Teilweise sind die Pächter für den Kraftstoffvertrieb HV, für den Schmierölvertrieb Vertragshändler und den Shop-Bereich Eigenhändler711. Die Mineralölunternehmen gewähren den Tankstellen-HV sog. Agenturkredite für erforderliche Investitionen. Die Darlehensgewährung ist problematisch. Es kann ein Widerrufsrecht gem. §§ 512, 495, 355 BGB bestehen712. Da es sich um einen Existenzgründerkredit i.S.d. § 512 BGB handelt und die Darlehenssumme 75 000 EUR nicht übersteigt, besteht gem. 707 708 709

Zu diesem Charakter der Superprovision siehe auch Westphal I Rn 691. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620. BGH, Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, BGHZ 42, 244 (245) = NJW 1965, 248; Urt. v. 09.06.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 (174) = NJW 1969, 1662; Urt. v. 15.12.1967 – KZR 6/66, MDR 1968, 368; BB 1972, 938; Urt. v. 20.02.1981 – I ZR 59/79, NJW 1981, 1961; Urt. v. 29.11.1984 – I ZR 149/82, BB 1985, 353; NJW-RR 1993, 1122; NJW 1998, 66; 1998, 71; NJWRR 2002, 1548; NJW-RR 2003, 821; Urt. v. 08.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180; Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06 m. Anm. Emde; Urt. v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 16; Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 14; Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009; OLG Celle BB 1959, 898; OLG Köln OLGR Köln 2003, 170; VersR 2001, 1234;

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LG Hamburg NJW 1963, 1550 m. Anm. Würdinger; OGH Wien, Beschl. v. 24.02.2010 – 3 Ob 212/09m; Steinhauer BB 2009, 2386; Westphal OLGR-Kommentar 12/2002, K 35; Küstner/Thume I Rn 131; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31; Ebenroth S. 26; Lange DAR 1958, 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59; Semmler Die Rechtsstellung des Tankstellenhalters zwischen Handelsvertreter und Vertragshändler, Baden-Baden 1995; Heyer Rechtsfragen an Tankstelle und Garage, Würzburg 1964; Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung, Berlin 1971; aA English Court of Appeal; Entsch. v. 23.07.1999, ZEuP 2002, 823 m. Anm. Westphal. S. darüber Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung 1971, auch Stolterfoth S. 48. Steinhauer BB 2009, 2386. Steinhauer BB 2011, 515 (517).

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§§ 512, 495, 355 BGB die Verpflichtung zur Belehrung über das Widerrufsrecht. Ein während der Laufzeit des Vertrages gewährtes Darlehen, das etwa für den Ausbau oder zur Erweiterung des betriebenen Geschäfts verwendet wird, bedarf keiner Widerrufsbelehrung. Zu dem Parallelproblem beim Franchising Vor § 84 Rn 396. Möglicherweise stellt die Darlehensgewährung ein Bankgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG dar713. Der BGH hat in seinen Tankstellenurteilen714 insbesondere die Besonderheiten der Ausgleichsberechnung betont. Einzelheiten hierzu § 89b Rn 423 ff. – Verlagsvertreter 715 – Versicherungsvertreter. Die Rechtsverhältnisse der Versicherungsvertreter sind in § 92 gesondert geregelt. Deshalb wird auf sie dort näher eingegangen. Zur Ausgleichsberechnung § 89b Rn 480 ff. – Warenvertreter sind Vertreter, die Waren im Gegensatz etwa zu Diensten, Versicherungs- oder Bausparverträgen vermitteln716. Der Warenvertreter, der für den Einoder Verkauf von Waren wirbt, formt das gesetzliche Vertreterleitbild717, was sich pointiert darin äußert, dass allein er Normadressat der EG-Richtlinie ist. Also sind die §§ 84 ff zuvörderst auf ihn zugeschnitten, ohne dass andere Vertretertypen dem Regelungsappell des Gesetzes entzogen wären. Zum Begriff der „Ware“ Vor § 84 Rn 16.

II. Abgrenzung nach rechtlicher Erscheinungsform 98

Nach der rechtlichen Erscheinungsform unterscheiden sich etwa

1. Alleinvertreter und -vertrieb. Ein Mittler ist alleinvertriebsberechtigt, etwa Allein- 99 vertreter, falls er „allein“ oder „exklusiv“ berechtigt ist, in dem ihm zugewiesenen Bezirk Geschäfte für das vertretene Unternehmen zu vermitteln oder abzuschließen. Wann dies anzunehmen ist, wird mittels der anerkannten Auslegungsmethoden ermittelt718, insbesondere durch Bewertung des Vertrages719 sowie der Vertragshandhabung. Die Existenz des Alleinvertriebsrechts hat derjenige zu beweisen, zu dessen Gunsten es gereicht; zu seinen Lasten gehen Zweifel. Abweichend hiervon trägt bei entsprechender Andeutung im Vertrag aber fehlender abschließender Klarheit wohl die Partei die Beweislast, die den Vertrag (missverständlich) formulierte. Ergibt die Auslegung, dass dem Mittler keine Ausschließlichkeit zugesichert wurde, sind Direktgeschäfte des Unternehmers im Grundsatz zulässig720. In der Entscheidung BGH, Urt. v 25.05.1988 – VIII ZR 360/86, NJWRR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 war innerhalb eines Kfz-Vertragshändlervertrages fraglich, ob die Zuweisung eines Vertragsgebietes zugleich das Verbot der Bestellung anderer Händler im Vertragsgebiet enthielt. Der BGH hat dies im Wege der Vertragsauslegung bejaht, und zwar u.a. weil der Vertrag das Verbot der Lieferung außerhalb des Vertragsgebietes enthielt und jeder Händler damit auf eine Freiheit vom Wettbewerb anderer Händler vertrauen durfte.

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Steinhauer BB 2011, 515 (518). NJW 1998, 66; 1998, 71; NJW-RR 2002, 1548; NJW-RR 2003, 821; Urt. v. 12.09. 2007 – VIII ZR 194/06 m. Anm. Emde. Küstner/Thume I Rn 130. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 8. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 8.

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Vgl. Hopt § 87 Rn 24. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81. Beispiel: BGH, Urt. v. 25.05.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 (Kfz-Vertragshändler; Alleinvertriebsecht dort bejaht). Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 52: Eigene Tätigkeit des Unternehmers gestattet.

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Die mildeste Ausgestaltung des Alleinvertriebsvertrages ist das Verbot an den Unternehmer, andere Absatzmittler im Vertragsgebiet zu beschäftigen oder zu beliefern721. Die nächst intensivere Ausgestaltung der Pflicht ist das zusätzlich an den Unternehmer gerichtete Verbot, selbst im Vertragsgebiet tätig zu werden, womit der Unternehmer weder selbst noch durch andere Vertriebsmittler aktiv werden darf, also auch Direktgeschäfte des Unternehmers ausgeschlossen werden722. Wegen der weitreichenden Folgen für den Unternehmer sowie des Ausnahmecharakters dieser Vertragsgestaltung erfordert ein solcher Schutz des Mittlers, insbesondere der Ausschluss von Direktgeschäften, eine klare Abrede723 (Warnfunktion), an die strenge Voraussetzungen zu stellen sind 724. Eine solche Abrede liegt in erster Linie vor, wenn die TB-Merkmale des Ausschlusses anderer Mittler oder des Unternehmers von werbender Tätigkeit im Gebiet/Bezirk des HV vertraglich umschrieben wurden. Die Bezeichnung als „Generalvertreter“ reicht hierfür nicht725. Fehlt im Vertrag eine hinreichend klare Regelung, liegt im Zweifel kein Kundenschutz und kein Verbot unternehmerischer Direktgeschäfte vor726. Hat sich der Unternehmer verpflichtet, Anfragen von Kunden an den HV weiterzuleiten, betrifft dies nur bei ihm eingegangene Aufträge und die Weiterleitung, muss binnen gehöriger Frist und in hinreichender Form727 geschehen. Wurde dem HV Alleinvertrieb zugesichert, darf er im Zweifel gleichwohl andere, nicht im Wettbewerb zum Unternehmer stehende Unternehmer vertreten728. Problematisch ist oft die Frage, ob dem HV tatsächlich ein Alleinvertriebsrecht zuge101 billigt wurde oder ob er „nur“ Bezirksvertreter werden sollte. Das Alleinvertriebsrecht schränkt die Handlungsmöglichkeiten des Unternehmers stärker als die Einsetzung als Bezirksvertreter ein, weil die Stellung als Bezirksvertreter lediglich die Forderung nach Bezirksprovision zur Folge hat, nicht jedoch ein Ausschließlichkeitsrecht zum Vertrieb. Die bloße Zuweisung eines Vertretungsbezirks berechtigt den HV also nicht zur Alleinvertretung des vertretenen Unternehmens729. Ob – wie in der Rspr. angenommen730 – allein die Bezeichnung als „Alleinvertreter“ 102 dem Deutlichkeitsgebot und der Warnfunktion der Abrede genügt731 und sowohl die Tätigkeit anderer Mittler wie eigene Tätigkeit des Unternehmers im versprochenen 721 722

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 67. Zu solchen Gestaltungen BGH NJW-RR 1993, 678 (682); Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601;Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 67; 276. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81. BGH, Urt. v. 18.03.1970 – VIII ZR 57/68, MDR 1970, 584; OLG Celle BB 1956, 95; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81; Schröder § 87 Rn 30a, 31d. Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 52; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 69; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43; aA

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wohl Küstner in: Küstner/Thume I Rn 146; Hopt § 87 Rn 24; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22a. BGH DB 1961, 601; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 21; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16; § 87 Rn 80; Schröder § 87 Rn 31d, 58b; Hopt ZIP 1996, 1533 (1534); Peterek BB 1966, 351; Schröder BB 1962, 738 (739). OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; Küstner/Thume I Rn 149. BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468. Dafür wohl MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80.

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§ 84

Gebiet/Bezirk untersagt, mag bezweifelt werden. Während der Bezirksvertreter kein Ausschließlichkeitsrecht besitzt, in dem ihm zugewiesenen Bezirk tätig zu werden – was letztlich unerheblich ist, da er auch für Direktgeschäfte oder für von anderen Mittlern vermittelte Geschäfte Provision erhält –, soll dem Alleinvertreter ein solches Recht zustehen732. Es soll die eigene Tätigkeit des Unternehmers, eine solche durch andere Mittler, durch nahestehende Dritte733 oder beherrschte Unternehmen ausschließen734. Da das Gewollte von dem jeweilig Vereinbarten abhängt, kann im Einzelfall eine andere Wertung gerechtfertigt sein735. In englischsprachigen Verträgen soll „exclusive agent“ den Ausschließlichkeitsvertreter bezeichnen, d.h. einen HV, dem der Unternehmer Freiheit von Direktgeschäften des Unternehmers oder der Einsetzung anderer HV garantiert haben soll. „Sole agent“ apostrophiere den HV, welchem der Unternehmer zusichere, er werde im Vertretungsgebiet keine weiteren HV einsetzen. Direktgeschäfte seien durch die letztgenannte Benennung nicht ausgeschlossen, müssten jedoch verprovisioniert werden. Der „non-exclusive agent“ bleibe am wenigsten geschützt. Hier behalte sich der Unternehmer das Recht vor, mit weiteren HV und/oder direkt tätig zu werden und habe für solche Geschäfte keine Provision zu leisten736. Deutlich dürfte der Begriff des „Alleinvertriebs“ sein, der – je nach TB – meist nicht nur die Tätigkeit anderer Mittler im zugewiesenen Gebiet sondern auch Direktgeschäfte des Unternehmers ausschließt737. Auch ohne Vereinbarung eines Alleinvertriebsrechts kann der Hersteller aufgrund sei- 103 ner Treupflicht gehindert sein, Direktgeschäfte im Vertragsgebiet vorzunehmen738 (§ 86a Rn 30). Insbesondere darf der Unternehmer nicht existenzgefährdend werbend im Gebiet oder Kundenkreis des Mittlers tätig werden. Je weitgehender der Absatzmittler dem Vertriebsinteresse des Unternehmers untergeordnet wird, um so eher sind dem Unternehmer eigene Vertriebsinteressen auf der Handelsstufe des Absatzmittlers verboten739. Der BGH740 hat ein solches Verbot in einem Vertragshändlervertrag angenommen, in welchem der Vertragshändler sich den Vertriebsinteressen des Herstellers unterzuordnen hatte. Der Mittler hatte es unter anderem übernommen, einen Teil seines Personals speziell für den Vertrieb der Herstellerprodukte einzusetzen, war Mindestabnahmeverpflichtungen sowie ein Konkurrenzverbot eingegangen und zur eingehenden Berichterstattung verpflichtet. Die Treupflicht untersagte dem Hersteller allerdings nur Direktgeschäfte im Vertragsgebiet. Weitere Vertriebsmittler hätte der Unternehmer einsetzen dürfen, soweit es zu keinem Kannibalismus unter ihnen kommt741. Das OLG München742 entschied, dass der Hersteller trotz eines Alleinvertriebsrechts 104 bereits während des Laufs der Kündigungsfrist berechtigt sein kann, einen weiteren Händler neben einem Kfz-Vertragshändler in dessen Gebiet einzusetzen. Zu einem wirtschaftlich sinnvollen Übergang von einem zum anderen Vertragshändler bedürfe es einer Übergangszeit, in der sich der neue neben dem alten Vertragshändler am Markt etablie732 733 734

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Küstner/Thume I Rn 146. BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. BGH BB 1993, 2399; BB 1970, 99; Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; Westphal II Rn 375 für den Vertragshändlervertrag. BGH BB 1970, 99; Westphal II Rn 375. Berchem H&V Journal 9/2008, 18 (19). Vgl. Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2255. BGH NJW-RR 1987, 628; BB 1984, 1313;

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NJW-RR 1993, 678; NJW 1994, 1060 (1061); OLG Zweibrücken BB 1983, 1301; Ulmer S. 428; Semler DB 1985, 2493; Genzow S. 52 f; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 279. BGH, Urt. v. 10.02.1993, BB 1993, 2399; Westphal II Rn 376. Urt. v. 10.02.1993, BB 1993, 2399. BGH, Urt. v. 10.02.1993, BB 1993, 2399; Westphal II Rn 378. Urt. v. 14.10.1993 U (K) 5333/92.

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ren könne. Eine angemessene Übergangszeit unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten sei mit einem Jahr anzusetzen. Diese Auffassung dürfte eher abzulehnen sein743, da die Kündigungsfrist eine Umstellungsfrist sein soll und dem Vertragshändler ungekürzt zur Verfügung steht. Wenn er durch den Einsatz eines anderen Händlers, der u.U. vom Hersteller besser unterstützt wird, praktisch vorzeitig zumindest „teilgekündigt“ wird, widerspricht dies dem Grundsatz pacta sunt servanda. Zudem wird der Ausgleichsanspruch, der regelmäßig auf der Basis des letzten Vertragsjahres berechnet wird, unzulässig verkürzt744. Der Unternehmer umgeht vertragswidrig ein Alleinvertriebsrecht des HV, wenn er 105 Vertragsware, etwa Kleincomputer, lediglich mit anderem Gehäuse und anderer Beschriftung vertreibt745. Er kann seine Unterlassungspflichten aber einschränken, indem er sich bestimmte Kunden oder Geschäfte vorbehält. Er muss dem Mittler hierfür jedoch eine angemessene Entschädigung gewähren746, da er im Grundsatz eine Vertragsverletzung begeht (wogegen eingewandt werden könnte, dass ein vertragliches Recht auch unter Einschränkungen erteilt werden darf). Je weiter der Vertriebsmittler in die Absatzorganisation des Unternehmers eingebunden ist, insbesondere finanzielle Verpflichtungen oder Verpflichtungen übernommen hat, umso mehr werden die Eingriffsrechte des Unternehmers eingeschränkt. Im Falle einer Verletzung seines Alleinvertriebsrechts durch den Unternehmer steht dem Mittler Schadenersatz zu747, jedoch kein Anspruch auf Vergütung in analoger Anwendung des § 87 Abs. 2 oder aus § 687 Abs. 2 BGB748. Zur Vorbereitung seiner Schadenersatzansprüche besitzt der Mittler einen Auskunftsanspruch749, den er etwa im Wege der Stufenklage – erste Stufe Auskunft, zweite Stufe Schadenersatz – geltend machen kann. Einen Anhaltspunkt für den erlittenen Schaden stellen regelm. die im fraglichen Gebiet/Bezirk geschlossenen Geschäfte dar. Notfalls ist der Schaden zu schätzen750. Zudem darf der Mittler Unterlassungsansprüche geltend machen751. Er kann auf Unterlassung der Direktgeschäfte klagen und seine Rechte im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen. Schließlich besitzt er – nach Abmahnung – ein außerordentliches Kündigungsrecht752.

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2. Arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter. § 92a i.V.m. § 5 Abs. 3 ArbGG nennt die sogenannten „arbeitnehmerähnlichen Handelsvertreter“. Die Norm verdrängt § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG753. Zu den arbeitnehmerähnlichen HV zählen Einfirmenvertreter, die wäh743 744 745 746 747

748 749

Westphal II Rn 571. Westphal II Rn 571. BGH BB 1972, 1204; Karsten Schmidt Handelsrecht, § 28 II 2c. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 276. BGH, Urt. v. 25.05.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 (Kfz-Vertragshändler); NJW 1984, 2411; BB 1975, 1409; Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601 zum Alleinvertreter; Westphal I Rn 105; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80 f. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 280. BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115; Urt. v 25.05.1988 – VIII ZR

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360/86, NJW-RR 1988, 1077 (Kfz-Vertragshändler); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41. BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41. Küstner/Thume I Rn 146; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16; Westphal I Rn 105. OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; Westphal I Rn 105; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80. BAG v. 15.07.1961, AP HGB, § 92a Nr. 1; BGH v. 25.10.2000 – VIII ZB 30/00; LAG Niedersachen v. 05.05.2003, NZA-RR 2004, 324; Müller-Glöge in: Germelmann/Matthes, ArbGG, § 5 Rn 28; Hopt § 84 Rn 46.

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rend der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses und bei kürzerer Vertragsdauer während jener im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1000 aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen erzielen754. Für gerichtliche Auseinandersetzungen solcher HV ist nur die Zuständigkeit des ArbG gem. §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 3 ArbGG begründet755. Die Norm setzt die Tätigkeit eines selbstständigen HV voraus. Es kann daher nicht dahinstehen, ob der Außendienstmitarbeiter selbstständig oder unselbstständig ist756. Zur Bestimmung der Verdienstgrenze siehe die Kommentierung zu § 92a. Bedeutung 107 hat § 5 Abs. 3 ArbGG lediglich für die gerichtliche Zuständigkeit757. Arbeitnehmerähnliche HV bleiben HV758 nach dem HGB, solange die TB-Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 erfüllt sind759. Insbesondere sind sie ausgleichsberechtigt, sofern sie nicht bloß nebenberufliche HV i.S.d. § 92b sind760. Das folgt sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Norm wie ihrem Sinn und Zweck, nach der solche HV den Rechtstreit unabhängig vom Streitwert ohne anwaltliche Unterstützung führen dürfen und im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit die Belastung mit Gebühren und Kosten geringer ausfällt (§§ 12, 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG)761. Arbeitnehmer, die materiellem Arbeitsrecht unterliegen, werden solche Mittler nur bei Fehlen der Selbstständigkeit (siehe Rn 17 ff). Ferner soll wirtschaftliche Abhängigkeit erforderlich sein und der Abhängige müsse auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein762. 3. Bezirksvertreter. Wurde einem HV ein Vertretungsbezirk oder ein bestimmter 108 Kundenkreis zur Bearbeitung zugewiesen, ist er Bezirksvertreter i.S.d. § 87 Abs. 2763. Bedeutung hat dies für die Provisionspflicht, da der Bezirksvertreter gemäß § 87 Abs. 2 einen Provisionsanspruch für alle Geschäfte geltend machen darf, welche der Unternehmer mit Kunden seines Bezirks bzw. Kundenkreises schließt, auch wenn er das Geschäft nicht selbst vermittelt hat764. Im Einzelnen siehe die Kommentierung zu § 87 Abs. 2. 4. Ein- und Mehrfirmenvertreter. Ein- und Mehrfirmenvertreter unterschieden sich 109 danach, ob sie gleichzeitig für verschiedene Unternehmen tätig sind. Soll der HV als Einfirmenvertreter nur für einen Unternehmer tätig werden, muss der Vertretervertrag dies

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OLG Saarbrücken, Beschl. v. 09.05.2005 – 5 W 92/05 – 23, VersR 2005, 1216; Martinek/Flohr § 8 Rn 27. Die Vergütungsgrenze belief sich zunächst auf DM 500,–, seit dem 28.01.1968 dann auf 1000,– DM, seit dem 01.02.1976 auf DM 1500,– und seit dem 01.07.1979 auf DM 2000,–. OLG Saarbrücken, Beschl. v. 09.05.2005 – 5 W 92/05 – 23, VersR 2005, 1216; LAG Stuttgart, Beschl. v. 23.02.2005 – 6 Ta 1/05, VersR 2005, 832; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.07.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). BAG MDR 2003, 814 (815).

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BAG MDR 2003, 814 (815); Martinek/Flohr § 8 Rn 27. Müller-Glöge in: Germelmann/Matthes ArbGG, § 5 Rn 23 ff. Küstner/Thume II Rn 89. BAG MDR 2003, 814 (815) = NJW 2003, 2627; OLG Brandenburg, Beschl. vom 14.04.2007 – 3 W 8/07, DB 2007, 1249 = VersR 2008, 1066; Hopt § 84 Rn 46. BGH DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. Martinek/Flohr § 8 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 15. Vgl. Westphal I Rn 93 f; Küstner/Thume I Rn 142 ff; Martinek/Flohr § 8 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 15.

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eindeutig bestimmen. Im Zweifel darf jeder Vertreter mehrere Unternehmer vertreten765, soweit sie nicht konkurrierende Produkte vertreiben. Der Einfirmenvertreter soll nach Hopt zum Ausschließlichkeitsvertreter werden, wenn er nur für einen Unternehmer tätig sein darf und stärker in dessen Geschäftsbetrieb eingegliedert wird, als es bei einem gewöhnlichen Einfirmenvertreter üblich ist766. Für den Einfirmenvertreter kann der Bundesminister für Justiz Mindestarbeitsbedingungen festlegen (§ 92a). Näheres dazu und zum Einfirmenvertreter bei § 92a.

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5. Handelsvertreter im Nebenberuf (§ 92b). Für den HV im Nebenberuf, der ein echter HV im Sinne der §§ 84 ff ist767, gilt § 92b. Zu den Besonderheiten dieses Phänotyps wird bei § 92 b ausgeführt.

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6. Vertreter mit Kundenschutz. Wird dem HV vertraglich Kundenschutz zugesichert, bedeutet dies im Zweifel, dass der Unternehmer nicht selbst unter Umgehung oder Ausschaltung des Vertreters mit den geschützten Kunden in Verbindung treten darf und die Kontaktaufnahme durch andere, von ihm abhängige Vertriebsmittler zu unterbinden hat768. Wird eine Provision für alle Geschäfte mit geschützten Kunden versprochen, ist dieser HV Bezirksvertreter i.S.d. § 87 Abs. 2. Handelt der Unternehmer dieser Verpflichtung zuwider, schuldet er Schadenersatz.

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7. Minderjährige. Auch Minderjährige, die das 7. Lebensjahr vollendet haben (§ 106 BGB), dürfen als HV tätig sein769. Erforderlich ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB) und des Vormundschaftsgerichts770. Zudem kann mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eine Ermächtigung nach § 112 BGB verteilt werden771. Nach Erteilung ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt (§ 112 BGB)772. Beim HV sind das alle Rechte und Pflichten, die sich aus dem Handelsvertretergeschäft ergeben können, z.B. die Unterwerfung unter Vertragsstrafen, Provisionsrückforderungsansprüche des Unternehmers773 oder Wettbewerbsabreden774 (dann ist aber gem. § 242 BGB eine verschärfte Ausübungskontrolle richtig). Die Ermächtigung ist eine einseitige, formfreie, an den Minderjährigen zu richtende Willenserklärung, die erst mit einer nach pflichtgemäßem Ermessen zu erteilenden Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam wird775. Die Wirksamkeit eines von einem minderjährigen Handelsvertreter eingegangenen Wettbewerbsverbot beurteilt sich nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§ 106 ff BGB)776. Ein Geschäftsunfähiger kann dagegen nicht Handelsvertreter sein, weil ein entsprechender Vertrag nicht geschlossen werden darf777.

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 13; Hopt § 84 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 14; ausführlich Schröder Rn 4. Hopt ZIP 1996, 1533 (1534). Martinek/Flohr § 8 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 45. BAG 15, 335; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Hopt § 84 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 19. Hopt § 84 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Münch-

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Komm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 19. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. Behrend NJW 2003, 1563, 1564. Behrend empfiehlt jedoch, von den Erziehungsberechtigten eine Sicherheit einzufordern. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. Palandt/Heinrichs, § 112, Rn 2. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84, Rn 20. AA wohl MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84, Rn 20.

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8. Absatz 3: Untervertreter. Unterschieden werden „echte“ und „unechte“ Unterver- 113 treterverträge778. a) Echte Untervertreter. Nach Abs. 3 kann Unternehmer auch ein HV sein. Die 114 Gruppe der HV mit Untervertretern wird vom Gesetz also besonders hervorgehoben. Der Hauptvertreter bedient sich dann eines oder mehrerer echter Untervertreter zur Erfüllung seiner Aufgaben. Wird der Vertretervertrag im eigenen Namen zwischen einem Ober-, Haupt- oder Generalvertreter und einem Untervertreter geschlossen, liegt ein echter Untervertretervertrag vor779, der rechtstechnisch nichts anderes als ein Vertretervertrag i.S.d. §§ 84 ff ist780, sofern die TB-Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 erfüllt sind781. § 84 Abs. 3 spricht nur diesen echten Untervertreter an782. Der Einsatz von Untervertretern widerspricht – wie § 84 Abs. 3 zeigt – regelmäßig nicht der Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung i.S.d. §§ 613, 664 BGB783, sofern der Hauptvertreter die persönliche Dienstpflicht nicht vollumfänglich überträgt, sondern lediglich unter seiner Überwachung Hilfskräfte tätig werden lässt, die einzelne, bestimmte Tätigkeiten ausführen, ohne dass eine Substitution vorliegt784. Ob und inwieweit der Hauptvertreter Untervertreter oder sonstige Hilfspersonen zur Ausführung des ihm übertragenen Auftrags beiziehen darf, bestimmt sich nach dem Vertrag zwischen Hauptvertreter und Unternehmer. Als selbständiger Kaufmann darf der HV grundsätzlich selbst die Wahl über den Einsatz von Hilfspersonal treffen. Regelmäßig besitzt der „Hauptunternehmer“ kein Mitspracherecht785, es sei denn, die Person oder Tätigkeit des Untervertreters ist dem Unternehmer unzumutbar. Jedoch kann im Ausnahmefall die vertragliche Pflicht zur persönlichen Vertragserfüllung bestehen. Im Zweifel wird der Hauptvertreter bei seiner Tätigkeit nicht ausschließlich unmittelbar persönlich tätig werden und mitwirken müssen, sondern Untervertreter einsetzen dürfen786, wobei auch Untervertretergesellschaften nicht selten sind787. Der Untervertreter ist Erfüllungsgehilfe des Hauptvertreters788. Der Obervertreter ist im Verhältnis zum Untervertreter Unternehmer i.S.d. § 84 Abs. 3. Ein Untervertreter verdient seine Provision, sobald der Auftraggeber des Hauptvertreters das vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausführt789. Der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts des Untervertreters wird dem Hauptvertreter also zugerechnet790. Sein Provisionsanspruch entfällt, wenn feststeht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Unternehmer zahlt oder der Unternehmer den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt (§ 87a Abs. 2)791.

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Siehe Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 61 ff; Küstner/Thume II Rn 77 ff. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 61. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 63. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 61; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 61. BGHZ 56, 290; BGH ZIP 1998, 420 (421); Hopt § 84 Rn 22; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 64. Martinek/Flohr § 8 Rn 20. AA Eberstein S. 53. BGHZ 56, 290; 59, 87 (92, 93); OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/Löwisch

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§ 84 Rn 64; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; Hopt § 86 Rn 18, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 39, § 86 Rn 14; Westphal I Rn 68. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 58; Westphal BB 1999, 2517 (2520); Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 61; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Martinek/Flohr § 8 Rn 20. BGHZ 59, 87 (92); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. Martinek/Flohr § 8 Rn 20.

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Die Vergütung des Untervertreters aufzubringen ist Sache des Hauptvertreters, der sie aus seiner eigenen Provision zu zahlen hat. Einen Ausgleichsanspruch besitzt der echte Untervertreter nur gegenüber dem Hauptvertreter792, wenn diesem Vorteile – etwa in Form eines eigenen Ausgleichsanspruchs gegenüber dessen Unternehmer – verbleiben. Das setzt die Durchsetzbarkeit des Ausgleichs des Hauptvertreters im Verhältnis zu seinem Unternehmer voraus, wobei es keine Rolle spielt, ob der Hauptvertreter den Anspruch tatsächlich durchsetzt (der Vorteil liegt bereits im potentiell durchsetzbaren Anspruch). Käme es auf die tatsächliche Durchsetzung an, wäre der Hauptvertreter unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht gegenüber dem Untervertreter zur tatsächlichen Durchsetzung verpflichtet. Spiegelbildlich richten sich die Vertragspflichten des echten Untervertreters einschließ116 lich der Interessenwahrungspflicht793 und des Wettbewerbsverbots794 des Untervertreters ausschließlich auf den Hauptvertreter. Vertragsbeziehungen zwischen dem Untervertreter und dem vom Obervertreter vertretenen Unternehmer existieren also nicht795, allenfalls ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis, wenn der „Hauptunternehmer“ im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen Haupt- und Untervertreter besonders hervortrat und besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nahm. Jedoch kann der Untervertreter im Untervertretervertrag auf die Beachtung der Bestimmungen des Hauptvertretervertrages verpflichtet werden, wobei dem Hauptunternehmer daraus im Zweifel kein eigenes Recht gegen den Untervertreter auf Vertragserfüllung zusteht. Auch darf der Hauptvertreter – soweit nach dem Inhalt der Rechte und dem Vertrag zwischen Hauptvertreter und Unternehmer zulässig – ihm gegenüber dem Unternehmer zustehende Rechte an seinen Untervertreter abtreten796. Fehlt es an einer solchen Regelung, sind die Bestimmungen des Hauptvertrages bei der Auslegung des Untervertrages nur zu berücksichtigen797, wenn sie dem Untervertreter bekannt waren. Jedoch gehört die Wahrung der Interessen des Hauptvertreters zu den mittelbaren 117 Vertragspflichten des echten Untervertreters, weil der Untervertreter gehalten ist, die Interessen des Hauptvertreters wahrzunehmen und es im Interesse des Hauptunternehmers liegt, die Interessen seines Unternehmers wahrzunehmen. Dadurch wird der Untervertreter mittelbar zur Interessenwahrung gegenüber dem Unternehmer seines Hauptvertreters verpflichtet798 („Durchleitung“ oder „Durchgriff“), sofern ihm jene Interessen bekannt sind. Bei Interessenkollisionen zwischen den Interessen des Hauptvertreters und denen seines Unternehmers gehen für den Untervertreter aber die Interessen seines Vertragspartners, des Hauptvertreters, vor799. Auch die Auskunftsrechte gem. § 87c stehen dem Untervertreter allein gegenüber dem 118 Hauptvertreter zu800, der aber – je nach Zumutbarkeit801 – einklagbar und gemäß § 888

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Küstner/Thume II Rn 79; Martinek/Flohr § 8 Rn 20. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. BGHZ 91, 373; Hopt § 84 Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 63. Großzügiger: Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 63: Die Bestimmungen sind immer zu berücksichtigen. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene

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§ 86 Rn 46; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47; § 84 Rn 63. AA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 63: Interessen des Unternehmers sind gegenüber denen des Hauptvertreters vorrangig. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Die Grenzen dieser Zumutbarkeit sind schwer zu bestimmen. Denn macht der Hauptvertreter Auskunftsrechte gegenüber seinem Unternehmer geltend, droht u.U. eine erhebliche Belastung der Beziehungen.

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ZPO vollstreckbar802 verpflichtet sein kann, zu deren Erfüllung eigene Auskunftsrechte gegenüber seinem Unternehmer geltend zu machen803. Ausnahmsweise kann gem. § 242 BGB ein eigenes Auskunftsrecht des Untervertreters gegenüber dem Unternehmer des Hauptvertreters bestehen804, insbesondere wenn jenem die Tätigkeit des Untervertreter auch in seinem Interesse bekannt ist. Der Hauptvertreter haftet seinem Unternehmer für Fehler des Untervertreters als 119 seines Erfüllungsgehilfen805 nach § 280 BGB i.V.m. § 278 BGB806. Die Überwachungspflichten des Hauptvertreters verdichten sich, falls er von Nachlässigkeiten des Untervertreters Kenntnis erlangt. Für mangelnde Auswahlsorgfalt bei Bestellung des Untervertreters haftet der Hauptvertreter unmittelbar nach § 276 BGB, und damit bei unsachgemäßer Auswahl auch dann, wenn ein Erfüllungsgehilfen-Verschulden aus der Person des Untervertreters im konkreten Falle nicht gegeben wäre – es sei denn, der Hauptvertreter könnte dartun, dass das gleiche (objektive) Versagen auch einem sorgfältig ausgewählten Untervertreter unterlaufen wäre. Ob der Abschlussvertreter seinem Untervertreter Abschlussvollmacht für den Unter- 120 nehmer erteilen darf, bestimmt sich nach dem Vertretervertrag zwischen Hauptvertreter und dessen Unternehmer, ist aber im Regelfall anzunehmen807. Sollte der Abschlussvertreter keine Untervollmacht erteilen dürfen, darf er eine solche dem Untervertreter nicht zum Handeln im Namen des Hauptvertreters geben808, weil dann mittelbar auch Vollmacht zur Verpflichtung des Hauptunternehmers erteilt wäre. Die Laufzeit des Haupt- und Untervertretervertrages sind getrennt zu bestimmen, der 121 Untervertretervertrag endet nicht „automatisch“ mit Vertragsende des Hauptvertretervertrages. Auch gibt es keine Vermutung, dass das Untervertreterverhältnis nicht länger als das Hauptvertretungsverhältnis dauern soll809. Dem widerspricht schon, dass anderenfalls die zwingenden Kündigungsfristen des § 89 im Untervertretervertrag nicht gelten würden, nämlich dann, wenn gegenüber dem Hauptvertreter am letzten Tag der Frist gekündigt wird, die korrespondierende Kündigung gegenüber dem Untervertreter jedoch wegen Fristversäumung fehlschlägt. Im Untervertretervertrag sollten daher kürzere Kündigungsfristen als im Hauptvertrag vorgesehen werden, damit der Hauptvertreter den Untervertretervertrag noch rechtzeitig kündigen kann, sollte ihm gegenüber gekündigt werden. Jedoch wird er dann gegenüber dem Untervertreter ausgleichspflichtig, die verbleibenden Vorteile des Hauptvertreters i.S.d. § 89b Abs. 1 Nr. 1 valutieren zumindest in Höhe der eigenen Ausgleichsberechtigung gegenüber dem Hauptunternehmer. Wird der Hauptvertretervertrag mit unzulässig kurzer Frist gegenüber dem Hauptvertreter gekündigt und schließt sich daran eine Kündigung des Haupt- gegenüber dem Untervertreter an, wird der Hauptvertreter regelmäßig unter dem Gesichtspunkt seiner ihm gegenüber dem Untervertreter obliegenden Förderpflicht (§ 86a Rn 23) gehalten sein, seine Rechte gegenüber seinem Unternehmer geltend zu machen, soweit nach pflichtgemäßem Ermessen Erfolgsaussichten bestehen. Dies kann je nach den Umständen des Einzelfalls soweit gehen, dass der Hauptvertreter sich mittels einstweiliger Verfügung auf vertragsgemäße Fortführung des Vertrages (§ 86a Rn 35) in den Stand setzen muss, vom Untervertreter 802 803 804 805 806

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. BGHZ 59, 92; OLG Köln VersR 2006, 71; Hopt § 84 Rn 31. BGHZ 59, 87 (92); OLG Hamm MDR 1959, 1016; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 65; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86

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Rn 3; Hopt § 84 Rn 31; § 86 Rn 18 f; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 96; Schröder § 84 Rn 36 ff; aA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 63. Vgl. hierzu Martinek/Flohr § 8 Rn 20. So aber Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 63.

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vermittelte Geschäfte weiter entgegenzunehmen oder – beim Vertragshändler – den Unterhändler (B-Händler) zu beliefern.

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b) Unechte Untervertreter. Möglich und nicht selten ist aber auch eine andere Art des Einsatzes von Untervertretern. Kommt der Untervertretervertrag – ggf. durch Zeichnung des in Vollmacht für den Unternehmer handelnden Generalvertreters810 – unmittelbar zwischen dem (vom Hauptvertreter) vertretenen Unternehmen und dem Untervertreter zustande, handelt es sich um einen unechten Untervertretervertrag811. Der Untervertreter ist dann allein dem vertretenen Unternehmer gegenüber berechtigt und verpflichtet, der Hauptvertreter beschränkt sich häufig auf die Überwachung der unechten Untervertreter. Unechte Untervertreterverträge werden meist dann geschlossen, wenn es für den vertretenen Unternehmer wegen der Größe der Außendienst-Organisation oder wegen der räumlichen Ausdehnung der Vertreterbezirke zweckmäßig ist, einen Teil seiner Befugnisse auf einen Hauptvertreter zu delegieren812. Das Direktionsrecht des vertretenen Unternehmers wird häufig durch den dem Untervertreter organisatorisch übergeordneten „Generalvertreter“ des Unternehmers ausgeübt813, der Hauptvertreter, Verkaufsleiter, Subdirektor (im Versicherungswesen), Generalvertreter, Generalagent oder – missverständlich – Bezirksvertreter u.ä. genannt wird814. Die Tätigkeit des Hauptvertreters beschränkt sich im Extremfall darauf, Untervertreter einzustellen, zu führen und zu überwachen815. Häufig findet sich diese Gestaltung im Strukturvertrieb (s.o.)816, der besonders von Versicherern gewählt wird. Der Generalvertreter erhält einen Anteil der insgesamt für den Abschluss ausgeworfenen Provision oder einen Anteil an der Provision des Untervertreters (Superprovision oder Provisionsspitze)817. Auch in diesen Verhältnissen wird ihm der Vermittlungserfolg des Untervertreters als eigener (mit) zugerechnet, da die Führungsund Beaufsichtigungstätigkeit des Generalvertreters über die ihm unterstellten Untervertreter als hierfür mitursächlich angesehen wird818, dem Generalvertreter obliegt auch insoweit die echte Verpflichtung zur umsatzfördernden Tätigkeit819. Ob der Hauptvertreter mit einer hohen Zahl unechter Untervertreter noch werbende 123 Tätigkeiten ausführt, also Handelsvertreter mit eigenem Ausgleichsanspruch gegenüber dem Unternehmer bleibt, ist gerade im Strukturvertrieb Gegenstand der Diskussion820. Denn die leitende Tätigkeit nimmt – je weiter man sich der Spitze der Organisation nähert – einen immer breiteren Raum ein; die werbende Tätigkeit tritt zurück821. Deshalb wird die Superprovision hier, meist mit dem Ziel sie der Ausgleichsberechnung zu entziehen, als Verwaltungsprovision bezeichnet822. Regelmäßig wird auch hier der Vermittlungserfolg der unechten Untervertreter dem Generalvertreter zugerechnet, so dass der Generalvertreter – mittelbar – werbend tätig ist.

124

9. Vermittlungs- und Abschlussvertreter. Der Vermittlungsvertreter ist verpflichtet, den Abschluss von Verträgen zwischen den von ihm vertretenen Unternehmer und Drit810

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Zu diesem Begriff: MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 18; Küstner/Thume I Rn 157. Siehe Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 62. Küstner/Thume I Rn 156. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 62. Küstner/Thume II Rn 81; Hopt § 84 Rn 32. BFH, Urt. v. 10.06.1999 – V R 10/98, DB 1999, 1988 (1989). Siehe Emde MDR 1999, 1108 ff. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U

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219/07, BeckRS 2010, 16911; Westphal I Rn 691; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 62. BGHZ 56, 290 (293); Emde MDR 1999, 1108 ff. BGHZ 59, 87 (93). Ablehnend Staub/Brügggemann 4. Aufl., § 84 Rn 30. Vgl. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – VR 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620; Küstner/ Thume II Rn 82. Westphal I Rn 691.

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ten als Kunden in die Wege zu leiten, ohne sie selbst mit Vollmacht für den Unternehmer zu schließen823. Er bildet in der Praxis des Vertriebs von Investitionsgütern gegenüber Unternehmen die Regel824. Man wird ihn als ermächtigt ansehen müssen, als Empfangsvertreter des Unternehmers das Angebot des Geschäftspartners entgegenzunehmen825. In der Minderzahl der Fälle ist der Handelsvertreter auch Abschlussvertreter. Er kann dann das Angebot des Geschäftspartners zugleich namens des Unternehmers annehmen und den Abschluss damit perfekt machen (siehe hierzu Rn 56 ff, 60 ff). 10. Vertretergesellschaften. Handelsgesellschaften dürfen HV-Geschäfte betreiben826. 125 Die Gesellschaft ist dann persönlich i.S.d. § 613 BGB verpflichtet827. Bei einer stillen HVGesellschaft wird der stille Teilhaber nicht HV, ebenso wenig mangels Rechtsfähigkeit die Erbengemeinschaft oder der nicht rechtsfähige Verein828. Da der HV – mit Ausnahme des Versicherungsvertreters, der allerdings ebenfalls als Gesellschaft werben darf (s.u.) – anders als etwa in Italien (Art. 5 Disciplina dell’ attivitá di agente e rappresentente die commercio) – keinerlei persönliche Qualifikationen zur Ausübung seines Berufes aufweisen muss829, kann deren Fehlen auch nicht die Tätigkeit durch eine Kapitalgesellschaft ausschließen, etwa weil die Kapitalgesellschaft eine derartige persönliche Qualifikation nicht besitzen kann830, wie sie teilweise bei freien Berufen vorgeschrieben wird (vgl. etwa § 3 I BÄO, § 4 I BAO). Früher wurde vertreten, es sei nach der Eigenart des Handelsvertretervertrages aus- 126 geschlossen, etwa GmbHs mit der Ausführung von Handelsvertretergeschäften zu beauftragen. So schrieb Hans Möller831 noch 1944, zu einem Zeitpunkt, als sich die VertreterGmbH ansatzweise bereits etabliert hatte832, dass „eine nähere Prüfung … ergeben (dürfte), dass Kapitalgesellschaften für die Versicherungsvermittlung nicht zugelassen werden sollten, und zwar schon deshalb nicht, weil die Versicherungsvermittlung in hohem Maße persönlichen Einsatz und die persönliche Verantwortung erheischt.“ Deshalb dürfte auch eine „Gesellschaft mit beschränkter Haftung … sich kaum jemals rechtfertigen lassen.“ Es darf gefragt werden, ob sich diese Äußerung lediglich auf die Versicherungsvermittlung bezog; auch hier ist jedoch die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft zulässig833. Jedoch

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Martinek/Flohr § 8 Rn 19. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 13; aA möglicherweise in dem nach Umsatzzahlen und forensischer Praxis (wegen der seltenen Ausgleichsstreitigkeiten) weniger bedeutendem Vertrieb von Verbrauchsgütern gegenüber Endverbrauchern, etwa Tankstellenvertrieb, Verkauf von Kosmetika etc, siehe Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666). Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18c. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.05.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814 (für eine GmbH); Emde Die Handelsvertreter GmbH S. 16; Canaris § 17 Rn 7; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1110); Emde GmbHR 1999, 1005 (1006 ff); Martin VersR 1967, 824; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 57; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 6; Hopt

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§ 84 Rn 8 f; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5 f; Küstner in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 86 Rn 4. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 6; Hopt § 84 Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 3. Kritisch hierzu Ahlers AnwBl 1991, 226 ff; Henssler JZ 1992, 697 (707 ff); Kremer S. 184 ff; ablehnend OLG Düsseldorf AnwBl 1992, 133. Recht und Wirklichkeit der Versicherungsvermittlung, Hamburg, 1944, S. 74; vgl. aber derselbe in: ZfV 1955, 2 ff. Vgl. die statistischen Angaben bei Hans Möller, a.a.O., S. 73 f. Siehe etwa LG Hannover, Urt. v. 30.06.2009 – 18 O 193/08, BeckRS 2009, 21555.

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lässt sich die Zulässigkeit einer Vermittler-Kapitalgesellschaft im erlaubnisfreien Vermittlungsgeschäft nicht nach der Art des vermittelten Produktes befürworten oder ablehnen. Da im gesamten Vertreter-Gewerbe immer wieder das Erfordernis persönlichen Einsatzes und persönlicher Verantwortung834 betont wird, lassen sich die Bedenken Möllers nicht auf den Sonderfall der Versicherungsvermittlung und die hier in den Vordergrund tretende, mit der Auslegung der § 81 Abs. 2 S. 3 VAG verbundene Problematik beschränken835. Trotz der geschickt auf Zeitgeist836 und Gedanken der Begründung zum GmbH-Gesetz zugeschnitten Worte Möllers sind die von ihm geäußerten Bedenken nicht zu teilen. So ist es schwierig zu erklären, warum gerade im Vertretergewerbe, in welchem die Wirkungen eines vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts allein den Unternehmer treffen, nur letzterer mithin Vertrags- oder Schadensersatzforderungen von Kunden ausgesetzt sein könnte, den Vertreter gegenüber den Kunden eine besondere persönliche Verantwortung treffen soll, die, etwa wie bei Ärzten837, einen Ausschluss der Haftungsbegrenzung auf ein Gesellschaftsvermögen rechtfertigen könnte. Das Schadensrisiko des Unternehmers im Verhältnis zum HV kann wegen des Fehlens finanzieller Vorleistungen und der geringen Insolvenzquote unter HV sogar niedriger als bei anderen längerfristigen Verträgen eingestuft werden, so dass es auch unter fairer Beachtung der Unternehmerinteressen keine Beschränkung der Rechtsformwahl rechtfertigt. Gleiches gilt angesichts des „persönlichen Elements“ des Handelsvertretervertrages. Auch zu einer juristischen Person kann ein enges Vertrauensverhältnis bestehen. Es bezieht sich dann auf die Person oder besser das Unternehmen dieser Gesellschaft838. So wird bei Vertragsschluss mit einer GmbH das Vertrauen regelmäßig an die für sie handelnden natürlichen Personen anknüpfen839, so dass jedenfalls zu ihnen ein „persönliches“ Vertrauensverhältnis bestehen könnte. Ohnehin dürften die Gedanken zur Unzulässigkeit angesichts der grundgesetzlich garantierten Vereinigungsfreiheit sowie Handlungsfreiheit ohne ausdrückliches und gerechtfertigtes Verbot kaum Bedeutung haben und auf einem Missverständnis beruhen: Der Handelsvertretervertrag ist schuldrechtliches Band und nicht Ausdruck der Eigenschaft einer Person, nämlich des HV. Auch besteht kein Spannungsverhältnis zwischen gesetzlichem Leitbild und Vertrags127 ausführung durch eine Kapitalgesellschaft840. Zwar ist das gesetzliche Bild des HV auf den Einzelkaufmann zugeschnitten, schon wegen des hierzu gehörenden Betrautseins mit persönlicher Dienstleistung. Handelsvertretergesellschaften sind gleichwohl häufig841, 834 835

Vgl. nur CDH (Hrsg.), Sie wollen Handelsvertreter werden, S. 2. Möllers Ausführungen zielen erkennbar nicht auf den spezifisch-versicherungsrechtlichen Problemkreis der firmeneigenen Vermittlungsgesellschaften und des in § 81 Abs. 2 S. 3 VAG normierten Verbots der Provisionsabgabe an Versicherungsnehmer ab, das durch ein „Verstecken“ der Versicherungsnehmer als Gesellschafter „anonymer“ Kapitalgesellschaften umgangen werden könnte, eine – außer bei firmeneigenen Vermittlungsgesellschaften – tatsächlich angesichts der regelmäßig geringen Kapitalbeteiligung möglicher Versicherungsnehmer wohl kaum praktische Befürchtung. Gegen die Anwendung des § 81 Abs. 2 S. 3 VAG auf Vermittlungsgesellschaften, Selke ZfV

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1966, 142, zusammenfassend: Gärtner VersR 1967, 1118; Hopt § 84 Rn 8, verneint zu Unrecht die Vertretereigenschaft der selbstständig Vermittlungsaufgaben wahrnehmenden firmeneigenen Vermittlungsgesellschaften. Die Nationalsozialisten betrachteten „anonyme“ Kapitalgesellschaften mit Skepsis. Vgl. etwa Taupitz NJW 1992, 2317. Im Einzelnen: Emde Die HandelsvertreterGmbH, 1994, S. 30 ff. BGH NJW 1990, 388 (390). Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 62; Emde GmbHR 1999, 1004 (1006 f). Rechtstatsächliches Material bei Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 52 ff; Stolterfoth S. 45, 53 ff; Tiefenbacher BB 1981 85 (86/87).

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und zwar sowohl als Personen- wie als Kapitalgesellschaften. Bei den Kapitalgesellschaften steht die Handelsvertreter-GmbH im Vordergrund842. Handelsvertreter-AGs sind eher selten843. Sowohl Personen- (etwa OHG844, KG845) wie Kapitalgesellschaften846 können HV847 sein, selbst GbRs848 im Anwendungsbereich des § 84 Abs. 4 (sonst wäre die Gesellschaft gem. §§ 1 Abs. 2, 105 Abs. 1 eine OHG849). Die §§ 84 ff gelten für die Vertragsausführung durch Vertretergesellschaften ebenso 128 wie für jeden anderen Vertretervertrag850, da die Normen nicht die persönliche Stellung des HV sondern das rechtsformunabhängige Vertragsverhältnis regeln. HV ist eine Gesellschaft auch dann, wenn sie als Tochterunternehmen im Vertriebssystem ihres Mutterunternehmens eingeschaltet, also im gesellschaftsrechtlichen Sinne ein abhängiges Unternehmen im Sinne des § 17 AktG ist851. Eine Vertreter-Kapitalgesellschaft ist kraft Rechtsform „selbständig“ im Sinne des § 84 Abs. 1852. Die §§ 92a853, § 92b854 sowie § 630 BGB855 finden auf sie Anwendung, auch der Ausgleichsanspruch des § 89b steht ihr wie einer natürlichen Person zu856, da er als vertragliche Gegenleistung unabhängig von der Rechtsform des Vertragspartners geschuldet wird. Die auf der 102. Sitzung des wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestags vorgeschlagene Fassung des § 89b, derzufolge eine HV-Gesellschaft keinen Anspruch auf einen Vertreterausgleich haben sollte857, wurde nicht Gesetzesrecht858. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die HV-Gesellschaft für das Vertreterrecht nur eine geringe Herausforderung bildet. Tiefenbacher weist darauf hin, dass Neugründungen von Gesellschaften seltener sind 129 als die spätere Ausweitung von einzelkaufmännischen Agenturen zu Vertretergesellschaften859. So insbesondere, wenn ein alt gewordener HV einen Juniorpartner aufnimmt, um 842

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Emde Die Handelsvertreter GmbH, 1994; Emde GmbHR 1999, 1005; Beispiele auch bei Stolterfoth S. 53; Henschel/Beine/Buchwald S. 272. Brüggemann ZHR 131, [1968], 6, und für die frühere Zeit Schmidt-Rimpler S. 58 Fn 4. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Hopt § 84 Rn 8. LG Essen MDR 1982, 852; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 22. Emde Die Handelsvertreter-GmbH passim; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 57; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 21. Martinek/Flohr § 8 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 21, § 86 Rn 5 ff. Nachdem der BGH die Rechtsfähigkeit der GbR anerkannte (NJW 2001, 1056), kann auch eine solche Handelsvertreter sein (Boin GmbHR 2001, 513; Hopt § 84 Rn 9); aA noch Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 6, 15. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Emde VersR 2002, 152; Hopt § 84 Rn 9; siehe auch MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 57.

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Karsten Schmidt Handelsrecht § 27 I I 2a; Beispiel: LG Hannover, Urt. v. 30.06.2009 – 18 O 193/08, BeckRS 2009, 21555. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 87; Emde GmbHR 1999, 1004 (1007). Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 66; Emde GmbHR 1999, 1004 (1008); aA Heymann/Sonnenschein § 92a Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 92a Rn 1; Brüggemann ZHR 131 (1968, 1, 9). Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 69; Emde GmbHR 1999, 1004 (1008); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 57; aA Brüggemann ZHR 131 (1968), 1, 9 ff. Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 75; Emde GmbHR 1999, 1004 (1009); aA Schlessmann Kündigung von Handelsvertreterverträgen, 1966, S. 236. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 57. Kurzprotokoll der 202. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik des Deutschen Bundestages v. 07.05.1953. Vgl. Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 77 ff; Emde GmbHR 1999, 1004 (1009 f). Zu den steuerlichen Auswirkungen der Übertragung der Vertretung auf eine neu gegründete GmbH BFH, Urt. v. 15.10.1998 – III R 75/97, BB 1999, 249= GmbHR 1999, 190.

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sich demnächst zur Ruhe setzen zu können und die Kontinuität der Agenturgeschäfte zu wahren, oder durch Hereinnahme der Ehefrau als Kommanditistin. Bei den Personen- wie bei den Kapitalgesellschaften ist die Gesellschaft selbst Ver130 tragspartner860. Die Gesellschafter oder Organe sind regelmäßig nicht zur Leistung oder zur Unterlassung verpflichtet861, und zwar hinsichtlich der persönlichen Haupt- und Nebenpflichten wegen §§ 613, 664 BGB entgegen § 128 auch nicht bei den Personengesellschaften862, da dies der persönlichen Dienstpflicht durch die Gesellschaft widerspräche. Für Verschulden ihrer Organe haftet die Gesellschaft gem. § 31 BGB863. Die Tätigkeit bestimmter Personen für die Gesellschaft kann jedoch als Vertragspflicht formuliert864 und deren Ausscheiden oder Tätigkeit als Bedingung der Vertragsfortführung formuliert werden865, wenn der Unternehmer hieran ein schützenswertes Interesse hat. Ob der HV Gesellschafteränderungen bei der Gesellschaft zu dulden hat, bestimmt 131 sich nach den oben Vor § 84 Rn 50 ff dargestellten Maßstäben.

§ 85 Vertragsurkunde 1 Jeder Teil kann verlangen, daß der Inhalt des Vertrages sowie spätere Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde aufgenommen werden. 2Dieser Anspruch kann nicht ausgeschlossen werden.

Übersicht Rn A. Inhalt und Tragweite des § 85 . . . . . B. Bedeutung der Vorschrift

. . . . . . .

1–3 4

C. Die Form des Handelsvertretervertrages

5–7

D. Einführung der Schriftform . . . . . .

8

E. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Jeder Teil . . . . . . . . . . . . . II. Verlangen . . . . . . . . . . . . . III. Aufnahme des Inhalt des Vertrages sowie spätere Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde . . . F. Wirkung der Beurkundung

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11–12 13

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5 f. MünchKommHGB/v. Hoyningen/Huene § 86 Rn 6. AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5.

400

Rn G. Erfüllung

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H. Fortbestehen des Anspruchs . . . . . .

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I. Erfüllungsort

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K. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . .

18

J. Verjährung

L. Nicht- und Schlechterfüllung

. . . . .

M. Abtretung und Zurückbehaltungsrecht

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N. Prozessuale Durchsetzung . . . . . . .

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O. Zwangsvollstreckung

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P. Zwingende Natur . . . . . . . . . . .

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Q. Analoge Anwendung

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 7. BGH, Urt. v. 10.12.1997 – VIII ZR 329/96, ZIP 1998, 420; Westphal BB 1999, 2517 (2518). Westphal BB 1999, 2517 (2518).

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A. Inhalt und Tragweite des § 85 Die 1953 in das Gesetz eingebettete und weitgehend Art. 13 RL 1986 entsprechende 1 Vorschrift (Folge: im Anwendungsbereich Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV) dient der Klarstellung der vertraglichen Abmachungen1, da sich bei einem mündlich geschlossenen und langjährig durchgeführten Vertrag leicht Unklarheiten und Streitigkeiten ergeben können2: Den Parteien soll es ermöglicht werden, sich Beweisunterlagen zu beschaffen3. Das Recht auf Dokumentation ist zwingend (S. 2). Man unterscheide: § 85 setzt einen gültigen Vertragsschluss voraus. Er bezieht sich 2 auf ein Verlangen nachfolgend nach Zustandekommen des Vertrages. Wird das Verlangen nach schriftlicher Festlegung von einem der Vertragsteile schon während der Vertragsverhandlungen geäußert, so schließt das im Zweifel seinen Bindungswillen ohne diese Form aus. Erst recht gilt im Zweifel der Vertrag als nicht geschlossen, falls eine Beurkundung zuvor verabredet worden ist, § 154 Abs. 2 BGB. Ob der Anspruch auf Vertragsbeurkundung auch dann besteht, wenn ein inländischer 3 Handelsvertreter für einen ausländischen Unternehmer tätig wird oder ein inländischer Unternehmer einen im Ausland tätigen Handelsvertreter beauftragt hat, hängt davon ab, ob für dieses Rechtsverhältnis deutsches Recht maßgebend ist (dazu § 92c Rn 32 ff; 49 ff). Beurteilt sich das Verhältnis nach ausländischem Recht, welches einen Anspruch auf Beurkundung des Vertrages nicht kennt, so verstößt dieses Recht nicht gegen den deutschen ordre public, obgleich § 85 zwingendes Recht darstellt.

B. Bedeutung der Vorschrift In der Praxis ist der Beurkundungsanspruch weitgehend bedeutungslos, wie die recht 4 geringe Durchdringung der Materie mittels gerichtlicher Entscheidungen zeigt. Solange Einvernehmen besteht, wird keine Partei die Zusammenarbeit durch die Forderung nach einer mit keinen unmittelbaren Vorteilen verbundenen Beurkundung belasten. Meist wird der Beurkundungsanspruch erst interessant, wenn über den Vertragsinhalt Streit besteht4. Zu diesem Zeitpunkt aber ist der Anspruch kaum durchsetzbar und die Erfüllung der auf Zahlung gerichteten Leistungspflichten (Provision, Ausgleich) wichtiger. Denn derjenige, der Beurkundung fordert, trägt die Beweislast für den von ihm behaupteten Vertragsinhalt5. Dieser Beweis wird sich selten führen lassen, allenfalls durch Dokumente. Existieren solche, bedarf es aber keiner Beurkundung. Hinzu treten die verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten der Rechtsdurchsetzung: Da die h.M. einen Einheitserfüllungsort am Sitz des Vertriebsmittlers ablehnt (Vor § 84 Rn 430 ff), müsste der mit einem ausländischen Unternehmer verbundene HV seinen Beurkundungsanspruch am Sitz des ausländischen Unternehmers einklagen, sofern man nicht – wie zu § 89b vertreten6 – aus der bereits von Art. 13 Abs. 1 S. 2 HV-Richtlinie vorgegebenen zwingenden Natur des § 85 einen gleichfalls zwingenden Gerichtsstand am Vertriebsort herleitet. Schließt die anwendbare ausländische Verfahrensordnung den Zeugenbeweis aus, ist der Anspruch kaum durchsetzbar. 1 2 3

Hopt § 85 Rn 5. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 1. Martinek/Flohr § 8 Rn 101; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 1.

4 5 6

Küstner/Thume I Rn 370; Westphal I Rn 181. Küstner/Thume I Rn 371. OLG München, Urt. v. 17.05.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde).

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§ 85

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C. Die Form des Handelsvertretervertrages § 85 ist keine Formvorschrift7, auch nicht für künftige Vertragsänderungen, wenn zuvor bereits der Beurkundungsanspruch durchgesetzt wurde8, und dient allein Beweiszwecken9. Der HV-Vertrag bedarf nach deutschem Recht, um gültig zu sein, keiner Form10. Er kann mündlich abgeschlossen11 oder geändert12 werden, sogar durch schlüssiges Verhalten13, durch wiederholte Geschäftsvermittlung und Abschluss der vermittelten Verträge durch den Unternehmer14 (s.a. § 84). So kann sich die HV-Tätigkeit aus einer tatsächlichen Handhabung zu einer Rechtspflicht entwickeln15. Sofern sich die Parteien noch nicht über alle Punkte des Vertrages geeinigt haben, etwa über die Höhe einer Einstandszahlung, jedoch gleichwohl Geschäfte vermittelt und vom Unternehmer angenommen werden, hat die Möglichkeit des konkludenten Vertragsschlusses besondere Bedeutung. Zwar gilt im Zweifel ein Vertrag nicht geschlossen, solange sich nicht die Parteien über alle Fragen geeinigt haben. Dies gilt aber nicht, falls bereits ein Vertrag in Vollzug gesetzt wird16. Von der grundsätzlichen Formfreiheit gibt es drei Ausnahmen. Erstens können die 6 Parteien für Vertragschluss oder -änderung eine Form vereinbaren, ggf. auch nur für einzelne Klauseln17. Solange die Parteien sich dann nicht – u.U. auch konkludent – auf die Derogation der dergestalt vereinbarten Form geeinigt haben, hängt die Wirksamkeit des Vertrages oder der Vertragsänderung gem. §§ 125 S. 2, 126, 12718, 154 Abs. 219 BGB von der Einhaltung der gewillkürten Form ab20. Das Schriftformerfordernis darf auch für nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrags vereinbart oder ausgeschlossen werden21. Vertragsänderungen können gleichwohl mündlich vorgenommen werden, weil das Schriftformgebot mündlich, u.U. sogar konkludent22, abbedungen werden kann23. Zum zweiten bedarf gemäß § 86b Abs. 1 S. 3 die Verpflichtung des HV, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus einem Geschäft einzustehen (Delkredere), der Schriftform. Ebenso formbedürftig ist zum dritten nach § 90a Abs. 1 S. 1 eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede, dergemäß der HV nach Vertragsende nicht für einen Wettbewerber des Unternehmers tätig sein darf.

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Würdinger JR 1953, 437; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 1, 7; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 2a. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 1. OLG München VersR 1954, 97; Küstner/ Thume I Rn 379. BGH NJW 1983, 1727 (1728); Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111); Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 30; Hopt § 85 Rn 2. OLG Frankfurt/M. VW 1971, 117; Hopt § 85 Rn 2. BGH BB 1961, 497; Hopt § 85 Rn 2. BGH NJW 1958, 180; VersR 1961, 270; BB 1987, 220; 1990, 303; WM 1991, 1474; NJW 1992, 2818; OLG München, Urt. v. 21.01.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740; OLG Nürnberg VersR 1959, 801; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111); Hopt § 85 Rn 2. Hopt § 85 Rn 2. BGH, Urt. v. 01.04.1992 – IV ZR 154/91,

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Rn 12; Urt. v. 12.11.1996 – I ZR 107/84, Rn 12; OLG München, Urt. v. 21.01.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. BGH NJW 1983, 1727; siehe auch BGH BB 1987, 220 = NJW-RR 1987, 546; BB 1990, 303 = NJW-RR 1990, 354; Hopt § 85 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 3. Hopt § 85 Rn 5. BGH NJW 1983, 1727 (1728); BGH WM 1992, 1193 (1195); WM 1991, 1472. OLG Frankfurt a.M. MDR 1997, 1139; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 30; Hopt § 85 Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 3. OLG Frankfurt MDR 1997, 1139. LAG Düsseldorf BB 1960, 1075. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 4.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 85

Das Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. wurde durch die Novelle zur Ände- 7 rung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26.08.1998 – BGBl. I 1998, 2521 mit Wirkung zum 31.12.1998 aufgehoben24. Enthielt ein Vertretervertrag wettbewerbsbeschränkende Abreden i.S.d. §§ 18, 20 und 21 GWB a.F., so unterlag er gem. § 34 GWB a.F. einem Schriftformerfordernis25, mit der Folge der Nichtigkeit der betreffenden Klausel gem. § 125 BGB26 (Folge: u.U. Gesamtnichtigkeit nach § 139 BGB). § 34 GWB a.F. galt auch in Fällen, in denen ein konzernverbundenes Unternehmen in den Vertriebsvertrag eines anderen Konzernunternehmen eintrat27. Für vor 1998 geschlossene Altverträge gilt § 34 GWB a.F. weiterhin28, es sei denn, sie wurden neuem Recht unterstellt oder nach diesem Recht gem. § 141 BGB bestätigt29. Das ist mglw. der Fall, wenn der Vertriebsvertrag von 1999 an 10 Jahre lang durch die Parteien täglich praktiziert und dadurch konkludent als gültig anerkannt wird30, sofern den Parteien die Formnichtigkeit bekannt war31. Deshalb kann auch ein unter der Altregelung vor dem 01.01.1990 gezeichneter Franchisevertrag zum jetzigen Zeitpunkt noch gem. § 34 GWB a.F. nichtig sein, falls er eine zur Schriftform nach § 34 GWB a.F. führende Ausschließlichkeitsabrede enthält und die zu gewährenden Rabattsätze auf einem gesonderten, mit dem Vertrag nicht fest verbundenen Blatt aufgeführt sind, welches nicht unterschrieben ist und auf das in dem unterschriebenen Teil des Vertrages nicht Bezug genommen wird. Nur ausnahmsweise kann sich eine Partei gegen den Formverstoß auf Treuwidrigkeit berufen32, etwa bei Existenzgefährdung33 oder schwerer Treupflichtwidrigkeit34. So mag das Verhalten eines Vertragspartners, sich 10 Jahre nach Wegfall der Formvorschrift auf Formnichtigkeit zu berufen, gegen Treu und Glauben verstoßen35. Selbst wenn es dem Franchisegeber nach Treu und Glauben verwehrt sein sollte, sich gegenüber dem Franchisenehmer auf die Formnichtigkeit zu berufen, ist der Franchisegeber möglicherweise mit Schadensersatzforderungen wegen des nicht ausreichenden Bezugs an Waren aus diesem Vertrag ausgeschlossen36. Grds. stellt es aber keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn

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Zu seiner Anwendung auf Handelsvertreterverträge noch Martinek/Flohr § 8 Rn 104, vgl. auch Bunte BB 1998, 1600; ders., DB 1998, 1748; Kahlenberg BB 1998, 1593 (1596). OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81; Martinek/Flohr § 8 Rn 104; § 9 Rn 31. OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81; Martinek/Flohr § 8 Rn 106. BGH BB 2003, 1463 (1464). BGH, Urt. v. 02.02.1999 – KZR 51/97, BB 1999, 865 m. Bespr. Bunte BB 1999, 866; Urt. v. 09.03.1999 – KZR 23/97, ZIP 1999, 857; OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2855); OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81 = BeckRS 2007, 01074. BGH, Urt. v. 02.02.1999 – KZR 51/07, WuW/E DE-R 261; LG Hannover, Urt. v. 13.05.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294); Bunte BB 1999, 866 (867).

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LG Hannover, Urt. v. 13.05.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294) – aufgehoben durch OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853. OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853; LG Hannover, Urt. v. 13.05.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294). OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). LG Hannover, Urt. v. 13.05.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294); aufgehoben von OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81 = BeckRS 2007, 01074.

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1. Buch. Handelsstand

sich eine Partei auf die Nichtigkeit des Vertrages nach mehreren Jahren beruft. Die sich auf die Formnichtigkeit berufende Partei hat zwar eine gewisse Zeit Vorteile aus dem Vertrag gezogen. Dem steht jedoch der Gewinn gegenüber, den die andere Partei in derselben Zeit erzielt hat37.

D. Einführung der Schriftform 8

Die Einführung der gesetzlichen Schriftform wäre europarechtskonform, da Art. 13 Abs. 2 EG-HV-Richtlinie 1986 diese Option eröffnet38. Sie wurde vom deutschen Gesetzgeber jedoch nicht genutzt. In den Verfahren Bellone/Yokohama39 sowie in dem Verfahren Centrosteel Srl/Adipol GmbH40 führte der EuGH aus, nationales Recht dürfe keine weitergehenden Voraussetzungen an die Wirksamkeit des Vertretervertrages stellen als die so gestattete Schriftform. In diesen Verfahren stritten die Parteien um die Wirksamkeit eines HV-Vertrages nach italienischem Recht. Italienisches Recht sah neben dem schriftlichen Abschluss des Vertrages die Eintragung in ein Register vor, die fehlte. Der EuGH erkannte die Handelsvertreterverträge gleichwohl als wirksam an. Art. 13 Abs. 2 der HV-RL 1986 sehe nur die Möglichkeit vor, die Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung eines HV-Vertrages zu normieren. Da der Gemeinschaftsgesetzgeber die Frage in Art. 13 HV-RL abschließend geregelt habe, dürften die Mitgliedstaaten außer der schriftlichen Abfassung des Vertrages keine weiteren Bedingungen – hier die Eintragung – postulieren. Diese Rechtsprechung führte in Italien zur Änderung der entsprechenden Vorschriften41, in Deutschland zur Einführung des § 84 Abs. 4. Was unter Schriftform i.S.d. Art. 13 HV-Richtlinie zu verstehen ist, bestimmt die Richtlinie nicht42. Der Rechtsprechung lässt sich entnehmen, dass die Erklärungen in einem Schriftstück verkörpert43, lesbar44 und eigenhändig unterschrieben sein müssen45. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist ein HV-Vertrag zwingend schriftlich abzuschließen, wenn von der Ermächtigung in Art. 13 Abs. 2 HV-Richtlinie Gebrauch gemacht worden ist46. Nach Ansicht von Fock 47 folgt aus Art. 13 Abs. 2 HV-Richtlinie nicht, dass dort die zulässigen Wirksamkeitserfordernisse abschließend geregelt seien. Seine Auffassung stützt Fock darauf, dass es Einschränkungen der Gültigkeit eines Vertrages gebe, die nicht aus der Formgütigkeit des Vertragsabschlusses herrühren. Für jene sei Art. 13 Abs. 2 HV-Richtlinie nicht einschlägig. Fock trennt also – im Gegensatz zu Laumann48 – die Registereintragung und den Abschluss des Vertretervertrages. 37

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OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81 = BeckRS 2007, 01074. Eberstein S. 67. EuGH, Urt. v. 30.04.1998 – Rs. C-215/97, Barbara Bellone/Yokohama SpA., Slg. 1998, I-2191, EWS 1998, 215, Rn 20 = EuZW 1998, 409 mit Anm. Fock ZEuP 2000, 106. EuGH, Urt. v. 13.07.2000 – Rs. C-456/98, Centrosteel Srl/Adipol GmbH, Slg. 2000, I-6007, EWS 2000, 358, Rn 8. Laumann EWS 2005, 554 (558). Laumann EWS 2005, 554 (557). EuGH, Urt. v. 11.10.2001 – Rs. C-77/99, Kommision/Oder-Plan Architektur, NCC und espensen consulting, Slg. 2001, I-7355.

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Mankowski Formvorschriften und Europäisches Privatrecht, in: Schulze/Schulte – Nölke (Herausgeber), Europäisches Vertragsrecht in Gemeinschaftsrecht, 2002, S. 202. Laumann EWS 2005, 554 (557). EuGH Rs. C-456/98, Centrosteel Srl/Adipol GmbH, Rd. 8; EuGH Rs. C-215/97, Barbara Bellone/Yokohama SpA, Rn 14. EG-Handelsvertreterrichtlinie und gewerberechtliche Registrierungspflicht, Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes v. 30.04.1998, ZEuP 8 (2000), 106 (114). EWS 2005, 554 (557).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 85

E. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 I. Jeder Teil Jede49 Partei des HV-Vertrages, HV wie Unternehmer oder ihre Rechtsnachfolger50, 9 etwa Erben51, können die Fixierung des Vertragsinhaltes in einer vom anderen Teil unterzeichneten Urkunde fordern. Anspruchsvoraussetzung ist die Existenz eines wirksamen Vertrages i.S.d. §§ 84 ff52 (dies ist vorrangig zu prüfen). Die Person des Anspruchstellers ist irrelevant, solange ein HV-Vertrag vorliegt. Insbesondere sind die Rechtspersönlichkeit oder das rechtstatsächliche Auftreten für Art und Umfang des Anspruchs irrelevant53. Gem. § 84 Abs. 4 darf auch ein nicht kaufmännischer HV die Beurkundung verlangen ohne die Eintragung in das Handelsregister betreiben müssen54.

II. Verlangen Der Anspruch wird als verhaltener, ebenso wie etwa der nach § 87c Abs. 2, mit 10 Zugang des empfangsbedürftigen Verlangens als Willenserklärung der einen Vertragspartei bei der anderen fällig und ist binnen einer angemessenen Frist nach Zugang, regelmäßig wie beim Buchauszug wohl innerhalb von 4 Wochen (abhängig von den Umständen des Einzelfalls, etwa ob Rückfragen und Hilfe der anderen Partei erforderlich sind), zu erfüllen (§ 362 BGB). Die verpflichtete Partei befindet sich nicht im Verzug, falls sie auf die erforderliche Mithilfe der anderen Partei angewiesen ist. Der Anspruch auf Beurkundung besteht unbefristet und auch nach Vertragsende, sofern ein Rechtsschutzbedürfnis an der Perpetuierung besteht (dazu Rn 15). Er darf jederzeit geltend gemacht werden. Das Verlangen kann bei Vertragsschluss und nach jeder noch nicht beurkundeten Vertragsänderung55 gestellt werden; eine zum Zeitpunkt der Änderung unterbliebene schriftliche Fixierung des Ursprungsvertrages kann verlangt werden, ist aber nicht Voraussetzung der Forderung nach Dokumentation des Nachtrages.

III. Aufnahme des Inhalt des Vertrages sowie späterer Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde Gerichtet ist der Anspruch auf Ausfertigung, Unterzeichnung und schließlich Aushän- 11 digung (sonst Verfehlung des Beweiszwecks)56 eines Vertragsstückes, welches alle zwischen den Parteien getroffenen Abreden vollständig, verständlich und zutreffend wieder-

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Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 5. Hopt § 85 Rn 6. Hopt § 85 Rn 6. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 7. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene

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§ 85 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 5. Laumann EWS 2005, 554 (558). Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 1; Schröder § 85 Rn 6.

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gibt57, auch unwesentliche Nebenbestimmungen58 und Anlagen59. Einseitige Weisungen des Unternehmers60 sind in dem Dokument nicht zu nennen. Der Schuldner hat ein Wahlrecht, ob er eine eigene oder vom Fordernden vorgegebene Urkunde unterzeichnet61, solange diese die Abreden zutreffend wiedergibt. Gab es eine Vertragsänderung, ist der Vertrag in seiner geänderten Fassung zu dokumentieren62. Liegt eine schriftliche „Altfassung“ vor, ist der Anspruch insoweit teilerfüllt, so dass nur die geänderten Regelungen dokumentiert werden müssen63, es sei denn, es besteht ein besonderes Interesse am Erhalt einer konsolidierten Fassung64 (etwa: fehlende Klarheit). Die Vertragsurkunde bedarf der Schriftform des § 126 BGB65, wobei eine Unterzeichnung durch den Anspruchsgegner genügt66. Der Anspruchsteller kann die vom Verpflichteten unterzeichnete Urkunde selbst unterzeichnen, ohne ihre Gültigkeit oder Beweiskraft zu gefährden; er muss es, wenn der Anspruchsgegner dies verlangt67. Er darf ihren Inhalt auch gemäß § 151 BGB annehmen, wovon im Zweifel auszugehen ist. Dass § 85 lediglich die Unterzeichnung durch den Anspruchsgegner fordert, liegt daran, dass der in § 85 gemeinte Anspruch nur gegen den Vertragspartner gerichtet ist, d.h. ein Anspruch auf Unterzeichnung durch den Berechtigten sinnlos wäre. Insbesondere besteht ein Anspruch auf Dokumentation der nachfolgenden Abreden68: – Aufgaben des HV – Bezirk des HV – Provisionsanspruch – Vertragsdauer – Kündigungsmöglichkeiten – Wettbewerbsabreden – Datum und Ort des Wirksamwerdens des Originalvertrages sowie eventueller Nachträge. Was sich aus dispositivem Recht ergibt, braucht nicht noch einmal dokumentiert zu 12 werden69, weil sonst das gesamte dispositive Recht und wohl auch die dazu ergangene Rechtsprechung (samt Literatur und unterschiedlicher Ansichten?) zu dokumentieren wäre. Jedoch kann gefordert werden zu beurkunden, dass „im Übrigen“ dispositives Recht gilt70.

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BGH, Beschl. v. 21.02.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056; Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 16. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 6a. BGH, Beschl. v. 21.02.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. Küstner Außendienstrecht I Rn 340; Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 1. Hopt § 85 Rn 6. Martinek/Flohr § 8 Rn 101; Hopt § 85 Rn 6.

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Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 10. Hopt § 85 Rn 6. Hopt § 85 Rn 6. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 5. Hopt § 85 Rn 6. I.E. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 6a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 5; aA wohl Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 7. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 3.

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F. Wirkung der Beurkundung Die gemäß § 85 erstellte Urkunde hat keine konstitutive, sondern nur deklaratorische 13 Wirkung71. Bei vorbehaltsloser Annahme begründet die Privaturkunde i.S.d. § 416 ZPO72 eine widerlegbare73 Vermutung, dass der Vertragsinhalt so, wie er in der Urkunde niedergelegt wurde, richtig, vollständig74 und dem beiderseitigen Parteiwillen entsprechend ist75. Der Gegenbeweis ist zulässig, wenn nicht dem Verhalten der Parteien der unzweideutige Wille zu entnehmen ist, den Vertragsinhalt verbindlich und gegebenenfalls in Abänderung oder Ergänzung früher getroffener Absprachen abschließend festzulegen76, wobei hierfür ebenfalls der Begünstigte beweispflichtig ist. Anders gewendet: Abreden, die nicht in die Urkunde aufgenommen wurden, bleiben wirksam77, wobei die widerlegliche Vermutung ihre Beweisbarkeit erschwert. Aus Gründen der Rechtssicherheit nimmt die h.M. eine konstitutive Wirkung an, falls der Vertragsinhalt in der Urkunde zwar falsch wiedergegeben, aber von dem anderen Vertragspartner akzeptiert wurde. Der bisherige Vertragsinhalt soll durch die „falsa demonstratio“ abgeändert werden, die neu gefertigte Urkunde den bisherigen Vertragsinhalt ändern bzw. ergänzen78. Eine solche Vertragsänderung darf jedoch nur durch eine konsensuale, ggf. konkludente Vertragsänderung zustande kommen79, die nicht allein in dem Schweigen einer Partei auf die unzutreffende Dokumentation liegt. Richtig wäre die h.A. nur, wenn die Neuausstellung den Willen zur Vertragsänderung beinhaltet80. Davon ist jedoch allein auszugehen, sofern den Parteien die Abänderung bewusst ist und sie jene wollen, was i.d.R. ein eindeutiges Angebot und eine ebenso unzweideutige Annahme der Vertragsänderung voraussetzt81. Auch mag durch längere Akzeptanz und Durchführung des „neuen“ Vertragstextes eine Vertragsänderung eintreten. Auf Grund der Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien steht der Vertragstext zwischen den Parteien auch nach einem rechtskräftigen Urteil auf eine Klage nach § 85 fest. Denn inter partes erwächst der neue Vertragsinhalt dann in Rechtskraft. Der nicht unterzeichnete Entwurf hat diese Wirkungen nicht82. Er kann aber ein Indiz für das Gewollte bilden. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen gewinnt, falls es die getroffenen Abreden nicht zutreffend wiedergibt, wenn von einer Partei mit Kaufmannseigenschaft herrührend, bei unterbliebenem Widerspruch des anderen Teils und über § 85 hinausgehend konstitutive Kraft, insofern der Vertrag nunmehr als mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens abgeschlossen gilt (§ 346).

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 8. Hopt § 85 Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 6; Hopt § 85 Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 85 Rn 8. OLG München VersR 1957, 97; LAG Bremen DB 1960, 1212; Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 6; Hopt § 85 Rn 10. Küstner/Thume I Rn 372; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 8.

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Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 6. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 7. Küstner/Thume I Rn 372; Westphal I Rn 182; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 85 Rn 8; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 7. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 7, 9. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 6. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 6.

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G. Erfüllung 14

Der Anspruch auf Beurkundung erlischt durch Erfüllung (§ 362 BGB)83, falls sämtliche getroffenen Abmachungen in einem Schriftstück, auch einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben84, niedergelegt sind, dieses zumindest von dem Verpflichteten unterzeichnet und dem Anspruchsteller ausgehändigt wurde85, ebenso, wenn bereits bei Vertragsschluss ein ausgefertigter schriftlicher Vertrag existiert86 (Vorauserfüllung vor Verlangen).

H. Fortbestehen des Anspruchs 15

Eine Meinungsgruppe vertritt, der Anspruch bestehe nur, solange ein wirksamer HVVertrag existiert87. Nur bis zum letzten Tag des Vertrages, also auch während laufender Kündigungsfrist, dürfe der Anspruch geltend gemacht werden, und zwar ohne Rücksicht auf die bereits zurückgelegte Vertragsdauer88. Eine andere Meinungsgruppe ist der Ansicht, der Beurkundungsanspruch bestehe nach Vertragsbeendigung bis zur vollständigen Abwicklung des Vertrages fort, weil auch in diesem Fall ein Interesse an der Fixierung des Vertragsinhaltes bestehen kann89; er wird dann auch durch eine Kündigung nach § 89a nicht berührt90. Gedacht wird insbesondere an nachvertragliche Wettbewerbsabreden, Provisions- oder Ausgleichsansprüche91, bei Vertragshändlern etwa auch Rückkaufansprüche betreffend die Vertragsware. Dieser zweiten Meinungsgruppe ist zuzustimmen. Sie steht am ehesten mit dem Rechtsgedanken des § 195 BGB im Einklang. Wäre man aA könnte etwa der durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gebundene HV den Umfang seiner Verpflichtung nicht bestimmen, weil sie sich nur auf die nach dem Vertrag vertriebenen Produkte erstrecken darf (§ 90a). Das nachvertragliche Beurkundungsrecht besteht gerade, wenn aus einer nachvertraglichen Unsicherheit das Interesse an einer Beurkundung folgt. Der Anspruch ist zwar unabdingbar, aber im Einzelfall verwirkbar92. Während der Vertragslaufzeit ist eine Verwirkung des letztlich selbst aus § 242 BGB hergeleiteten Anspruchs nach dieser Vorschrift kaum vorstellbar93, die Beurkundung kann regelmäßig auch dann gefordert werden, sofern nur noch einzelne Ansprüche aus dem HV-Vertrag im Streite stehen, weil Beweissicherheit auch für zukünftige Streitigkeiten bezweckt ist oder der Vertreter, etwa als Vorlage für andere Verträge, eine schriftliche Dokumentation wünscht. Der Beurkundungsanspruch darf geltend gemacht werden, solange ein Rechtsschutzbedürfnis an der Dokumentation besteht94, 83 84 85 86 87

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Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 17. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 11. Küstner/Thume I Rn 373; Westphal I Rn 183; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 10. Küstner/Thume I Rn 373; Westphal I Rn 183. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 3; Hopt § 85 Rn 6, 9; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 10; MünchKommHGB /v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 18.

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Hopt § 85 Rn 9. Hopt § 85 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 1; aA (keine Verwirkung während der Vertragslaufzeit) MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 20: die vertragsbegleitende Verwirkung ist aber nur in Ausnahmefällen vorstellbar. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 20 lehnt vertragsbegleitende Verwirkung wegen der zwingenden Natur gänzlich ab. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 3.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 85

nicht länger. Das Rechtsschutzbedürfnis kann fehlen, falls die Beurkundung aus sachfremden Motiven gefordert wird: Wie beim Informationsanspruch aus § 87c sind derartige Motive denkbar, wenn mit dem Anspruch Druck auf den Anspruchsgegner ausgeübt werden soll, z.B. zur Durchsetzung anderer Forderungen.

I. Erfüllungsort Da die h.M. einen Einheitserfüllungsort am Sitz des HV ablehnt (Vor § 84 Rn 430 ff), 16 liegt der Erfüllungsort des Dokumentationsanspruchs nach h. M. am Sitz des Unternehmers. Dort befindet sich nach dieser Ansicht auch der Gerichtsstand des § 29 ZPO. Im Anwendungsbereich der EuGVVO darf sich der Vertreter auf dessen Art. 5 lit. a berufen (Wahlgerichtsstand am Vertriebsort).

J. Verjährung Der Beurkundungsanspruch verjährt gemäß § 195 BGB innerhalb von 3 Jahren nach 17 dem Jahr des Vertragsendes (Kenntnis vorausgesetzt)95, nicht dagegen seit Anspruchstellung96, weil sich der Anspruch während der Vertragslaufzeit ständig erneuert97. Nicht hingegen verjährt der Anspruch erst drei Jahre nach Vollbeendigung aller vertraglichen Ansprüche (z.B. eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots)98 (Problem: mangelnde Klarheit des Datums).

K. Kosten Die Kosten der Beurkundung sind in Ermangelung einer gegenteiligen, zuvor getroffe- 18 nen Regelung (Beweislast bei dem, der sie behauptet) von den Vertragspartnern nach Köpfen zu tragen99. Eine Gegenansicht, nach welcher die Kosten von dem Unternehmer als Verpflichtetem zu tragen sind, wäre vertretbar.

L. Nicht- und Schlechterfüllung Weigert sich ein Vertragspartner, den Anspruch zu erfüllen, macht er sich aus § 280 19 BGB schadenersatzpflichtig100. Zudem wird die Weigerung – nach Abmahnung – regelmäßig einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gem. § 89a darstellen101. Der Unternehmer gibt dem HV spätestens begründeten Anlass zur ausgleichs95 96 97 98 99 100

Hopt § 85 Rn 7. So aber MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 85 Rn 21. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 8. So aber Hopt § 85 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 4. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 25; Hopt § 85 Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13.

101

BGH, Beschl. v. 21.02.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056; OLG München VersR 1957, 97; Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 2; Hopt § 85 Rn 10; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13.

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409

§ 85

1. Buch. Handelsstand

erhaltenden Kündigung, wenn er dem Anspruch aus § 85 trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachkommt102. Einem solchen Kündigungsrecht kann allerdings entgegenstehen, dass der HV bereits mehrere Jahre für den Unternehmer tätig war, ohne in dem Fehlen einer Vertragsurkunde einen Anlass zur Kündigung gesehen zu haben103.

M. Abtretung und Zurückbehaltungsrecht 20

Der Anspruch ist als bloßes Hilfsrecht nicht eigenständig abtretbar und pfändbar104. An der Urkunde darf der Verpflichtete kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen105.

N. Prozessuale Durchsetzung 21

Der Anspruch auf Dokumentation ist einklagbar106, bei Dringlichkeit und schweren Nachteilen wohl ausnahmsweise auch nach §§ 935, 940 ZPO durchsetzbar. Geklagt wird auf Abgabe einer Willenserklärung, nicht pauschal auf „Ausstellung, Unterzeichnung und Aushändigung einer den Vertragsinhalt richtig wiedergebenden Urkunde“107; die Klage ist auch nach Vertragsende zulässig (s.o.); der Anspruch wird auch durch eine Kündigung nach § 89a nicht berührt108. Der Klagantrag muss den vollständigen Inhalt des Vertrages, präziser: die vom Anspruchsgegner abzugebende Willenserklärung, bezeichnen109, ggf. mit den vereinbarten Verweisungen auf dispositives Recht110. Zulässig ist auch Klage auf Feststellung, dass der Vertrag den im Klageantrag genannten Inhalt hat; das Feststellungsinteresse folgt aus § 85111. Die Leistungsklage ist schon deshalb nicht vorrangig, weil sie nach einer bedeutenden Meinungsgruppe (s.u.) umständlicher, nämlich nach § 888 ZPO, zu vollstrecken ist, während die Feststellungswirkung ohne Vollstreckung eintritt. Der Feststellungsantrag erwächst zudem unzweifelhaft in Rechtskraft, während die nach § 85 erteilte Urkunde lediglich eine widerlegliche Vermutung ihrer Richtigkeit begründet112. Notfalls mag ein Hauptantrag auf Feststellung und ein Hilfsantrag auf Leistung gestellt werden. Jeder Vertragspartner, der den Anspruch nicht im Vorwege anerkannt hat, muss verklagt werden, mehrere Streitgenossen sind notwendige i.S.d. § 62 ZPO. Die Beweislast für Bestehen und Inhalt des Vertrages trifft den Kläger113. Soweit Abreden nicht nachgewiesen wurden, ist die Klage abzuweisen114 und es tritt an ihre Stelle dispositives Recht, notfalls ergänzende Vertragsauslegung115 (sie

102

103

104 105 106 107

BGH, Beschl. v. 21.02.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. BGH, Beschl. v. 21.02.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 5. Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111). AA Küstner/Thume I, Nr. 376; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 9.

410

108 109 110 111

112 113

114 115

Hopt § 85 Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7. BGH, Urt. v. 04.11.1998, ZIP 1998, 2152 = BB 1999, 71 m. Anm. Escher; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; ablehnend Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13. Vgl. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 12. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 85

wird durch die Dokumentation nach § 85 ebenso wenig ausgeschlossen wie bei Unterzeichnung eines Vertrages durch beide Parteien).

O. Zwangsvollstreckung Die Zwangsvollstreckung erfolgt gem. § 894 ZPO, das rechtskräftige Urteil ersetzt 22 die Beurkundung116. Eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO ist überflüssig117. Sie wäre nicht nur umständlich, sondern ginge auch am Rechtsschutzziel vorbei. Es geht dem Klagenden nicht darum, eine Urkunde zu erhalten, die notwendigerweise von dem Beklagten stammt, sondern vielmehr um Rechtssicherheit, die er auch durch ein Urteil erhält. Es ist dem Kläger nicht zuzumuten, bei dem möglicherweise vollstreckungsunempfindlichen Beklagten so lange durch Zwangsgeld oder Zwangshaft die Durchsetzung des Beurkundungsanspruches zu versuchen, bis sich dieser bequemt, die Erklärung abzugeben. Geht es nur um Herausgabe der Urkunde, soll auch gem. 883 ZPO vollstreckt werden können118.

P. Zwingende Natur Die Durchsetzung des Anspruchs darf nicht erschwert werden; der Anspruch ist 23 unverzichtbar (§ 85 S. 2)119. Er darf nach § 92c ausgeschlossen werden. Dies beruht auf europarechtlicher Präformation. Siehe auch Rn 15.

Q. Analoge Anwendung § 85 ist im Recht handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler analog anwendbar, etwa 24 auf Vertragshändler120, Kommissionsagenten oder Franchisenehmer121.

116

117

MünchKommHGB /v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 24; Küstner/Thume I Rn 377; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 9; aA (Vollstreckung nach § 888 ZPO) Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 7; Hopt § 85 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 12. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 85 Rn 8; aA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 7; Hopt § 85 Rn 9.

118 119

120 121

Hopt § 85 Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 85 Rn 1; Hopt § 85 Rn 8; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 85 Rn 19; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 11. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 2.

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411

§ 86

1. Buch. Handelsstand

§ 86 Pflichten des Handelsvertreters (1) Der Handelsvertreter hat sich um die Vermittlung oder den Abschluß von Geschäften zu bemühen; er hat hierbei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen. (2) Er hat dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluß unverzüglich Mitteilung zu machen. (3) Er hat seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. (4) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Schrifttum Birkhahn Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter auch ohne vertragliche Grundlage, BB 1961, 1351 und BB 1962, 1106; v. Brunn Unzulässige Verhandlungen über die Nachfolge eines Handelsvertreters vor Kündigung seines Vertrags, DB 1964, 1841; ders. Das Wettbewerbsverbot im Handelsvertreterrecht beim Fehlen einer Vereinbarung, AcP 163 (1964), 487; Hohn Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer und Handelsvertreter, DB 1963, 1500 und 1538, 1967, 1852 und 1895; ders. Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern und Handelsvertretern, DB 1971, 94; Hopt Wettbewerbsfreiheit und Treuepflicht des Unternehmers bei parallelen Vertriebsformen, ZIP 1996, 1533; Keller Konsignationslager – Probleme aufgrund von Vereinfachungsregelungen in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, UR 2000, 61; Kieninger Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten beim Abschluss von Versicherungsverträgen, AcP 199 (1999), 190; Kreis Ausschließlichkeitsbindung in Tankstellenverträgen, BB 1967, 942; Leo Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter auch ohne vertragliche Vereinbarung, BB 1962, 1106; ders. Das Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters im Lichte des § 18 GWB, WRP 1969, 85; Maier Das gesetzliche Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter, BB 1979, 500; Möschel Absatzmittler und vertikale Preisbindung, BB 1985, 1477; Oehler „Umgekehrte“ Preisbindung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter in Agenturvertriebssystemen, BB 1987, 765; Ordemann Die Berichtspflicht im Handelsvertreters, DB 1963, 1565; Rasch Ausschließlichkeitsbindung im Handelsvertreterrecht, WuW 1958, 208; Riesenkampff Die Ausschließlichkeitsbindung des Tankstellenhalters für Treib- und Schmierstoffe, BB 1968, 732; ders. Die „derivativen“ Wettbewerbsverbote und Wettbewerbsbeschränkungen unter besonderer Berücksichtigung des Kommissions- und Agenturvertrags, BB 1984, 2026; Rittner Die Wettbewerbsverbote des Handelsvertreters und § 18 GWB, ZHR 135 (1972), 289; ders. Das Wettbewerbsverbot im Handelsvertreterverhältnis, FS Reinhardt, 1972, S. 301; ders. Handelsvertreterverhältnis und Preisbindungsverbot, DB 1985, 2543; Rumpf Wirtschaftsrechtliche Vertrauensgeschäfte, AcP 119 (1921), 1; Schmidt/Thiele Die Ausschließlichkeitsbindung des Tankstellenhalters für Treib- und Schmierstoffe, BB 1968, 886; Schriefers Lagerrücknahme bei Vertragsbeendigung des Händlervertrags, BB 1992, 2158; Seifert Vermittlung von Versicherungen durch angestellte und selbständige Vertreter, NZA Sonderheft 1999, 6; Thume Die Musterkollektion des Handelsvertreters, BB 1995, 1913.

Übersicht Rn A. Übersicht

. . . . . . . . . . . . . . .

1–6

B. Entstehungsgeschichte und Europarecht

7

C. Unterteilung der Vertreterpflichten

. .

8

. . . . . . . . . . . . .

9

E. Berechtigter . . . . . . . . . . . . . .

10

D. Verpflichteter

412

Rn F. Dauer der Pflichten

. . . . . . . . . .

11

G. Die einzelnen in § 86 geregelten Pflichten I. Absatz 1: Hauptpflicht: Vermittlungs- oder Abschlusspflicht . . . 1. Räumliche Begrenzung der HV-Tätigkeit . . . . . . . .

12–180

Raimond Emde

12–40 16

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Rn 2. Bezirksvertreter . . . . . . . 17 3. Gegenständliche Begrenzung 18–22 4. Inhalt der Hauptpflichten . . 23–40 a) Vermittlungspflicht . . . . 23–24 b) Abschlusspflicht und Abschlussvollmacht . . . . . 25–29 30 c) Vertragliche Vereinbarungen d) Gesetzliche Regelung . . . 31–40 aa) Umfang der Vollmacht 31–37 bb) Vollmacht des Versicherungsvertreters . 38 cc) Vollmachtsmissbrauch 39 dd) Beweislast . . . . . . 40 II. Nebenpflichten . . . . . . . . . 41–137 1. Herausgabepflicht . . . . . . 41–46 2. Interessenwahrnehmungspflicht . . . . . . . . . . . 47 a) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . 48–50 aa) Ein- und Mehrfirmenvertreter . . . . . . . 49 bb) Interessenwahrungspflicht zwischen Hauptund Untervertreter . . 50 b) Zeitlicher Anwendungsbereich und vorvertragliche Treupflichten . . . . . . . 51–55 aa) Vorvertragliche Treupflichten . . . . . . . 53–54 bb) Nachvertragliche Treupflichten . . . . . . . 55 c) Inhalt der Interessenwahrungspflicht . . . . . . . . 56–58 d) Untergruppen der Interessenwahrungspflicht . . . . 59–137 aa) Aufbewahrungspflicht 60–62 63–67 bb) Bonitätsprüfungspflicht cc) Förder- und Loyalitätspflicht . . . . . . . . 68–69 dd) Informationspflicht . 70 ee) Marktbeobachtungspflicht . . . . . . . . 71 ff) Organisationspflicht . 72 gg) Prüfungspflicht . . . 73 hh) Verbot der Nachteilszufügung . . . . . . . 74 ii) Verbot der Nutzung von Geschäftschancen des Unternehmers . . 75 jj) Wettbewerbs- oder Konkurrenzverbot . . 76–132 (1) Wettbewerb im Allgemeinen . . . . . . . . 76–77 (2) Europarechtliche Präformation . . . . . . 78 (3) Genese des Wettbewerbsverbots . . . . . 79–82 (4) Anspruchsinhaber . . 83 (5) Verpflichteter . . . . 84–87 (a) Wettbewerbsverbot des HV . . . . . . . . 84

§ 86 Rn

(b) HV-ähnliche Vertriebsmittler . . . . . . . . (aa) Wettbewerbsverbot des Vertragshändlers . . . (bb) Wettbewerbsverbot des Franchisenehmers . . (6) Umfang des Wettbewerbsverbots . . . . . (a) Wettbewerbslage . . . (b) Sachlicher Geltungsbereich . . . . . . . . (c) Räumlicher Geltungsbereich . . . . . . . . (d) Zeitlicher Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots . . . . . (7) Nachträgliches Entstehen einer Wettbewerbssituation . . . . (a) Allgemeines . . . . . (b) Konzernfälle, Spaltung, Entflechtung und Verschmelzung . . . . . (8) Vertragliche Regelung des Wettbewerbsverbots (a) Gestattung der Wettbewerbstätigkeit . . . (b) Vertragliches Wettbewerbsverbot . . . . . (9) Grenzen des Wettbewerbsverbots nach deutschem oder EUKartellrecht . . . . . (10) Umgehungstatbestände (11) Beweislast . . . . . . (12) Folgen unberechtigter Konkurrenz . . . . . kk) Treupflichten innerhalb eines Vertriebssystems III. Nachrichtspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 2) . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . 2. Abgrenzung von der allgemeinen Informationspflicht . 3. Abgrenzung von der Berichtspflicht . . . . . . . . . . . . 4. Abgrenzung von der Auskunftspflicht nach § 242 BGB 5. Inhalt der Nachrichten . . . 6. Verpflichteter . . . . . . . . 7. Dauer der Nachrichtspflicht . 8. Zeitpunkt der Nachrichten . 9. Form der Nachrichten . . . . 10. Weisungen zu den Nachrichten 11. Vertragliche Vereinbarung zur Nachrichtspflicht . . . . 12. Untergruppen der Nachrichtspflicht . . . . . . . . . . . a) Verpflichtung zur Mitteilung über Vermittlung und Abschluss . . . . . . . . .

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85–87 86 87 88–106 93–95 96–101 102–105

106–108

109–116 109–114

115–116 117–124 118–121 122–124

125 126–137 131 132–137 137 138–177 138 139 140 141 142–144 145 146 147 148 149 150 151–177

152

413

§ 86

1. Buch. Handelsstand Rn

b) Allgemeine Informationsoder Offenbarungspflicht aa) Geltungszeitraum . bb) Zeitpunkt der Information . . . . . . . cc) Umfang . . . . . . c) Berichtspflicht . . . . . aa) Zweck . . . . . . . bb) Verpflichteter . . . cc) Berichtsturnus . . . dd) Inhalt . . . . . . . ee) Form der Berichte . ff) Vertragliche Vereinbarungen zu den Berichten . . . . . . (1) Zur Häufigkeit der Berichte . . . . . . (2) Zum Inhalt der Berichte . . . . . . (3) AGB . . . . . . . . (4) Details . . . . . . . gg) Weisungen zu den Berichten . . . . . . hh) Folgen fehlerhafter Berichterstattung . . IV. Sorgfaltspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 3) . . . . . .

. .

153 154

. 155 . 156 . 159–177 . 161 . 162 . 163–164 . 165–167 . 168

K. Verschwiegenheitspflicht während der Vertragsdauer und nach Vertragsende .

.

195 196

M. Zwingende Natur des § 86 . . . . . . 199–206 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . 199–201 II. Vertragliche Erweiterung der Pflichten . . . . . . . . . . . . . 202–206 N. Folge der Verletzung der Pflichten des Mittlers . . . . . . . . . . . . . . . . I. Haftung des Mittlers . . . . . . II. Haftung des Mittlers gegenüber dem Kunden . . . . . . . . . . . III. Haftung des HV nach dem Produkthaftungsgesetz . . . . . . IV. Haftung des Vertragshändlers nach dem Produkthaftungsgesetz V. Haftung des Mittlers gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . VI. Haftung des Mittlers gegenüber dem Unternehmer . . . . . . . . 1. Haftung des Mittlers gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) . . . 2. Haftung des Mittlers gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten 3. Haftung des Mittlers gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten . . . . VII. Haftung von Dritten . . . . . . .

169

. 170 . 171 . 172–177 . 173–176 .

193 194

L. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . 197–198

. 169–172

177

. 178–180

H. Persönliche Dienstleistung . . . . . . . I. Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB)

Rn VI. Vertraglich vereinbartes Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . VII. Fehlende Weisungen . . . . . . . VIII. Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung von Weisungen . . . . . . . . .

181

. . 182–183

J. Weisungsfolgepflicht . . . . . . . . . 184–195 I. Umfang der Weisungsgebundenheit . . . . . . . . . . . . . . . 184–186 II. Billiges Ermessen und Rücksichtnahmegebot . . . . . . . . . . . 187–189 III. Zwingende Natur des Weisungsrechts . . . . . . . . . . . . . . 190 IV. Folgen zulässiger Weisungen . . . 191 V. Folgen unzulässiger Weisungen . 192

207–220 209 210–211 212 213–214 215 216–219

217

218

219 220

A. Übersicht 1

Der HV-Vertrag und die ihm nahen Vermittlerverträge bilden ein klassisches Dauerschuldverhältnis mit Geschäftsbesorgungscharakter1, bei dem sich als Hauptpflichten auf Seiten des HV die Vermittlungs- oder Abschlusspflicht, auf Seiten des Unternehmers einerseits die Zahlung der Vergütung (Provision, Festvergütung) und andererseits die Ausgleichsvergütung nach § 89b gegenüberstehen. Die Hauptpflichten sind eingebettet in gegenseitige Treu- und Interessenwahrungspflichten2, die sich verstärken, wenn eine Partei der anderen Ausschließlichkeit verspricht. Meist ist es der HV, welcher Ausschließlichkeit verspricht.

1

Hopt § 86 Rn 1; für partiarischen Einschlag Canaris, § 17 Rn 54.

414

2

Küstner/Thume I Rn 248.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86

Der HV schuldet Haupt- und Nebenpflichten. § 86 handelt von den Pflichten des HV, 2 § 86a von denen des Unternehmers. § 86 ist wenig gelungen. Die Bestimmung macht nicht einmal den Versuch einer erschöpfenden Behandlung ihres Gegenstandes3 (so wenig das im Letzten vielleicht möglich wäre). Die Pflicht, den Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten, lässt sie unerwähnt; man muss sie aus § 665 BGB, der noch dazu auch sie nur mittelbar ausspricht, interpolieren. Die Pflicht zur Tätigkeit, zum Bemühen um die Vermittlung und den Abschluss von Geschäften, würde sich bereits aus § 84 ergeben, wird dort aber nur für die Statusfrage geregelt. Dass der HV „hierbei“ das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen hat, ist wiederum unvollständig formuliert. Denn die Interessenwahrungspflicht geht über die konkreten Bemühungen um das Hereinholen von Aufträgen hinaus. Sie erweitert sich zu der Pflicht, sich beruflich dem Unternehmer gegenüber in allem loyal zu verhalten. Auch die Berichtspflicht des Abs. 2 wiederholt bis in den Wortlaut hinein diejenige des § 666 BGB über die zu gebenden „erforderlichen“ Nachrichten; allenfalls eine Teilkonkretisierung ergibt sich aus Abs. 2 Hs 2. Die in § 86 beschriebenen Pflichten ziehen einen Kreis von den im HGB gegebenen – 3 Pflicht zum Tätigwerden mit dem Ziel des Hereinholens von Abschlüssen, Pflicht zur Beobachtung des Marktes, Pflicht zur Berichterstattung – über diejenigen ergänzenden bürgerlichen Rechts – Befolgung von Weisungen, Rechenschaft, Herausgabe – bis zu der allgemeinen Loyalitätspflicht, die wieder auf die besondere, dem HV durch § 84 zugewiesene Stellung zurückführt und welche in einzelnen Ausformungen – Verschwiegenheit, Unterlassen von Wettbewerb – sichtbar wird. § 86 regelt beides und bestimmt die Pflichten des HV, die „gesetzestypisch“, also ohne weitergehendes vertragliches Versprechen, des HV bestehen. Die Norm bildet damit ein „gesetzliches Vertragskorsett“, geht also über eine „Klarstellung“4 hinaus. Jedoch ist sie ausfüllungsbedürftig und nicht abschließend5, insbesondere bei der Benennung der recht selektiv erwähnten Nebenpflichten6. Die Parteien dürfen also über das in § 86 Geregelte hinaus weitere Haupt- und Nebenpflichten vereinbaren, um ihren Vertrag an die individuellen Verhältnisse anzupassen7. Der bedeutendste Abschnitt des § 86 ist sein Abs. 1, der wie Abs. 3 mit der HV- 4 Novelle 1953 Teil der Norm wurde8. § 86 Abs. 1 Hs. 1 regelt die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht, die Bemühenspflicht um Vermittlung oder Abschluss von Geschäften, § 86 Abs. 1 Hs. 2 die wichtigste Nebenpflicht, die über die allgemeine Treupflicht hinausgehende, durch § 266 StGB sanktionierte9 (nicht aber bei bloßen Ver-

3

4 5

6 7 8

9

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3; Schröder § 86 Rn 1. So aber Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1; Schröder § 86 Rn 4a. Siehe Begr. zum RegE, BT-Drucks. 1/3856, S. 18; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 1. RGSt 71, 366; BGH, Urt. v. 29.10.1991 – 1 StR 513/91, wistra 1992, 60; Urt. v. 29.09.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74

(bei Verletzung der Pflichten aus der Verwaltung eines Konsignationslagers, wobei der BGH offen lässt, ob der normale Vermittlungsvertreter ohne Hinzutreten weiterer Umstände § 266 StGB untersteht); OLG Hamm, JMBlNW 1956, 58; 1964, 1399; OLG Koblenz, Urt. v. 13.02.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (Nichtweiterleitung kassierter Gelder selbst ohne Inkassobefugnis); OLG Köln, Urt. v. 20.06.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (Nutzung einer konkretisierten Geschäftchance des Unternehmers durch den HV für einen anderen Unternehmer); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 2; Fischer StGB, § 266 Rn 21; Perron in: Schönke/Schröder/Lenckner § 266 Rn 25.

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

tragswidrigkeiten10, im Einzelnen Rn 47 ff) Interessenwahrungspflicht des HV, welche als schwächere, einfache Treupflicht auch in umgekehrter Richtung fließt. Das in § 86 Abs. 2 Geregelte ist hingegen untergeordneter Natur und Ausfluss bzw. 5 Konkretisierung des in Abs. 1 Bestimmten. Gemäß § 86 Abs. 2 hat der HV dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihn von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Hierbei handelt es sich um eine gesetzlich vorgegebene Nebenpflicht. Sie folgt eigentlich schon aus den §§ 665 S. 2 und 666 BGB, wurde jedoch wegen ihrer Bedeutung noch einmal in § 86 hervorgehoben11. § 86 Abs. 3 determiniert den allgemein geltenden Pflichtenmaßstab: Der HV hat 6 während der gesamten Vertragsausführung, jedoch nur bei dieser, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu handeln. Die Norm hat nun, nachdem HV nicht notwendigerweise Kaufleute sein müssen (vgl. §§ 1 ff, 84 Abs. 4), gegenüber § 347 eigenständige Bedeutung und gibt nicht lediglich eine unter Kaufleuten ohnehin geltende Selbstverständlichkeit wieder12. Denn der Sorgfaltsmaßstab des § 86 Abs. 3 gilt auch, sollte der HV kein Kaufmann sein (siehe § 84 Abs. 4). Gem. § 86 Abs. 4 sind die Abs. 1 und 2 zwingend.

B. Entstehungsgeschichte und Europarecht 7

In der bis 1953 geltenden Fassung des HGB war das heute in § 86 Geregelte im Wesentlichen in § 84 enthalten. Die Abs. 1–3 wurden erst durch die Novelle 1953 eingefügt. Hierdurch sollte das Bemühen um Geschäftsvermittlung und -abschluss als wesentliche Hauptpflicht des HV normiert werden13. Sie war zuvor aus dem dienstvertraglichen Charakter der Tätigkeit abgeleitet worden. Zudem war bezweckt klarzustellen, dass der HV der Interessenswahrer des Unternehmers und nicht neutraler Makler zwischen jenem und der Kundschaft ist14. § 86 wurde durch das Durchführungsgesetz zur EG-RL 1986 vom 23.10.1989 ergänzt. Von der ursprünglich geplanten Umsetzung der Art. 3 und 5 RL in Form der Streichung des Abs. 3 und Ergänzung des Abs. 1 um die Verpflichtung, sachgerechten Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten15, wurde abgesehen, wohl weil der Gesetzgeber bemüht war, den alten Text des § 86 Abs. 1–3 so weit als möglich beizubehalten16. Zum Teil wird deshalb von einer unzureichenden Umsetzung der RL gesprochen17 und eine RL-konforme Auslegung angemahnt18. Weitgehend ähnlich der RL wurde im HGB die Interessenwahrnehmungspflicht formuliert. Der Begriff findet sowohl in der RL wie in § 86 Verwendung, § 86 Abs. 1 Hs. 2; Art. 3 Abs. 1 Hs. 1 RL.

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OLG Koblenz, Urt. v. 13.02.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (780); OLG Köln, Urt. v. 20.06.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (1027); zweifelnd wohl auch BGH, Urt. v. 29.09.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1. AA wohl Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 1. Begründung zum RegE, BT-Drucks. 1/3856,

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S. 18 f; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 1. Noch vorgesehen vom RegE, BT-Drucksache 11/3077. Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 50. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 2; aA Canaris § 17 Rn 21. Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 50; aA Canaris § 17 Rn 21.

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Die RL verpflichtet den HV auf Treu und Glauben (Art. 3 Abs. 1 Hs. 2), ebenso wie gem. Art. 4 Abs. 1 den Unternehmer. Eine ausdrückliche Umsetzung unterblieb wegen § 242 BGB19. Dies dürfte europarechtskonform sein20, weil es keine Rolle spielt, ob der Inhalt der RL im HGB oder BGB geregelt ist, solange § 242 BGB existiert. Jedoch muss auch zu dieser Frage ein Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV zulässig sein21. Auch wenn der HV während seiner ganzen Tätigkeit der Interessenwahrungspflicht verhaftet bleibt, ist jedoch nicht das gesamte HV-Recht als Umsetzung der RL und der Interessenwahrungspflicht anzusehen22. Die in § 86 Abs. 3 vorgesehene Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wird in der RL nicht genannt. Dem stehen keine Bedenken entgegen23, weil sich aus der Verpflichtung zur Interessenwahrnehmung und zu Treu und Glauben die Verpflichtung zu diesem Sorgfaltsmaßstab ergeben dürfte. Während die RL in Art. 3 Abs. 2 vorsieht, dass sich der HV „in angemessener Weise für die Vermittlung und den Abschluss der ihm anvertrauten Geschäfte einsetzen“ muss, braucht er sich nach § 86 Abs. 1 nur darum zu „bemühen“. Dies ist als Synonym zu akzeptieren. Andererseits verlangt die RL, soweit es die Informationen an den Unternehmer betrifft, nicht die unverzügliche Mitteilung von jeder Geschäftsvermittlung und jedem Geschäftsabschluss, wie § 86 Abs. 2 dies tut. Auch dem stehen Bedenken nicht entgegen, weil die unverzügliche Mitteilung der Interessenwahrnehmung wie auch Treu und Glauben entspricht. Die in Art. 3 Abs. 2 lit. c RL geregelte Pflicht des HV, den vom Unternehmer erteilten angemessenen Weisungen nachzukommen, hat kein Abbild in § 86 gefunden. Darin liegt eine mangelnde Umsetzung der RL24. Die Rspr., nach der das Weisungsrecht aus der Interessenwahrungspflicht und § 665 BGB folgt, kann die Normierung nicht ersetzen25. Sie hätte auch die Selbständigkeit des HV nicht berührt26. Das Verbot abweichender Parteivereinbarungen in § 86 Abs. 4, der Art. 5 RL umsetzen soll, erstreckt sich nur auf § 86 Abs. 1 und 2, nicht hingegen auf die von der RL vorgeschriebene Weisungsfolgepflicht. Das wird ebenfalls als Umsetzungsmangel empfunden27.

C. Unterteilung der Vertreterpflichten Die Pflichten des HV werden unterschieden in 8 – Gesetzlich vorgegebene, im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflichten i.S.d. §§ 320 ff BGB, d.h. Vermittlungs- und Abschlusspflicht – Gesetzlich vorgegebene Nebenpflichten – Durch separates vertragliches Versprechen übernommene Haupt- und Nebenpflichten. Hiervon regeln § 86 Abs. 1 und 2 nur die gesetzlich vorgegebenen Haupt- und Nebenpflichten, während § 86 Abs. 3 zugleich den Sorgfaltsmaßstab für vertraglich übernommene Pflichten bestimmt.

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BT-Drucks. 11/3077, S. 7; vgl. auch Canaris § 17 Rn 21. Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 51. Hopt § 86 Rn 22; aA Canaris § 17 Rn 21. Hopt § 86 Rn 22. AA Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 51. Westphal FS Meyer-Marsilius, 1993, S. 12;

25

26 27

Ankele DB 1987, 569 (570); Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 53; aA Ankele DB 1989, 2211. EuGH, Urt. v. 19.09.1996 – Rs. C-236/95, „Kommission/Griechenland“, EuGHE 1996 I, 4459; Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 53. AA Kindler RIW 1990, 358 (359). Ebenroth/Hakenberg § 86 Rn 54.

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D. Verpflichteter 9

Verpflichtet ist der HV, auch als Untervertreter28, egal in welcher Rechtsform er tätig ist29. Sowohl eine Gesamthandsgesellschaft wie natürliche oder juristische Personen dürfen HV sein (§ 84 Rn 125 ff) und sind Normadressaten des § 8630. Es darf – außer in AGB des HV – vereinbart werden, dass der HV ohne weitere Zustimmung des Unternehmers zur Übertragung des Vertrages auf einen Dritten berechtigt ist31, sofern in der Person dieses Dritten keine Gründe entgegenstehen. In der Regel dürfte dann der ursprüngliche Vertragspartner aus dem Vertrag entlassen sein, was jedoch eine Frage der Vertragsauslegung bleibt. § 86 ist auf HV-ähnliche Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler32, Kommissionsagenten33 sowie Franchisenehmer34 entsprechend anwendbar. Beim Franchisenehmer ist die Anwendung des § 86 allerdings umstritten35. Richtigerweise wird in dieser Frage differenziert, d.h. die analoge Anwendung von § 86 Abs. 1 wird angenommen36, während § 86 Abs. 2 von der Analogie ausgenommen wird37.

E. Berechtigter 10

Gläubiger der dem HV obliegenden Pflichten ist der Unternehmer, mit welchem der HV-Vertrag geschlossen wurde38. Der Unternehmer darf seinen Anspruch gegen den HV nicht ohne Zustimmung des HV auf Dritte übertragen (§ 613 S. 2 BGB)39. Der Anspruch gegen den HV geht auch im Fall einer Betriebsveräußerung nicht automatisch auf den Erwerber über40. § 613a BGB findet keine entsprechende Anwendung (Vor § 84 Rn 62). Auch hier kann vereinbart werden, dass der Unternehmer ohne Zustimmung des HV zur Übertragung auf einen Dritten berechtigt ist41, sofern in der Person dieses Dritten keine Gründe entgegenstehen, jedoch nicht in vom Unternehmer gestellten AGB.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 3. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 6. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14. BGH, Urt. v. 07.07.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); Schulz NJW 1959, 649 (652); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; Hopt § 84 Rn 11; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3. Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (126, 129 ff) für Wettbewerbsbeschränkungen; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3. Martinek Franchising, S. 319; aA Herrfeld S. 288. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 151. Höpfner in: Giesler/Nauschütt § 7 Rn 17 ff; aA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 161. MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene § 86 Rn 9. MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene § 86 Rn 9. BGH NJW 1963, 100 (101); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 10. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14 fordert eine weitere Zustimmung des Vertreters zum Zeitpunkt der Übertragung.

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F. Dauer der Pflichten Grundsätzlich bestehen die Pflichten des HV nur vertragsbegleitend (Grundregel)42. Er 11 kann jedoch vor- und nachvertraglichen Pflichten, insbesondere vor- und nachwirkende Treupflichten, unterliegen. Zudem kann eine Auslegung oder der Wortlaut einer Bestimmung, etwa § 90 (Geheimnisschutz) oder § 90a (nachvertragliches Wettbewerbsverbot), ergeben, dass sie über den Vertrag hinaus Nachwirkung zeitigt.

G. Die einzelnen in § 86 geregelten Pflichten I. Absatz 1: Hauptpflicht: Vermittlungs- oder Abschlusspflicht Als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende43 vertragliche Hauptpflicht, die im Zen- 12 trum der vom HV geschuldeten Aktivitäten steht44, schuldet der HV gemäß § 86 Abs. 1, 1. Hs Vermittlung oder bei entsprechender Vollmacht das ständige – nicht nur gelegentliche45 oder gar fehlendes46 – Bemühen (HV-Richtlinie: „Einsatz“)47 um den Abschluss von Geschäften48. Das ergibt sich nicht erst aus der Stellung als Beauftragter49 sondern aus Abs. 1. Auch § 84 spricht die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften an, jedoch mit anderer Rechtsfolge. In § 84 sind die TB-Voraussetzungen des HV-Vertrages geregelt (Statusfrage), in § 86 Abs. 1 die Hauptpflichten des HV50. Maßgeblich für den Umfang der geschuldeten Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit 13 ist zuvörderst der Vertrag51. Die Parteien dürfen den Umfang der geschuldeten Leistung bis zur Grenze des Kernbereichs der Selbständigkeit des HV (§ 84 Abs. 1) sowie zu den allgemeinen Grenzen (§§ 134, 138, 307 ff BGB)52 beschreiben. Regelmäßig exakt umschrieben wird der Umfang der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit nach vertretenem Produktprogramm wie dem räumlichen Ausdehnungsbereich der Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit. Gesetzestypisch schuldet der HV so viel Tätigkeit, wie es für die ordnungsgemäße 14 Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist53, inbes. das Auffinden54 und die Werbung von Neukunden, das Entdecken und Nutzen von Marktlücken55, die Beratung von Kunden56 aber auch die Pflege des Altkundenstammes57. Er hat sich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (Abs. 3) um das Hereinholen von Abschlüssen zu bemühen und darf seine Tätigkeit selbst dann nicht einstellen oder auf ein Minimum herabsetzen, falls der Unternehmer sich nicht vertragsgerecht verhält58. Besitzt der HV Kenntnis von

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OLG Düsseldorf DB 1969, 2077; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen/Huene § 86 Rn 11. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 23. BGHZ 30, 98 (102). Hopt § 86 Rn 12; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 5. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 52. Martinek/Flohr § 8 Rn 19; Hopt § 86 Rn 12. Diese Stellung betont Hopt § 86 Rn 12.

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AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. Hopt § 86 Rn 8 f. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6. OLG Celle BB 1970, 228; Hopt § 86 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. OLG Hamm HVR (70) 432; Hopt § 86 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 23. OLG München BB 1955, 714.

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potentiellen Neukunden, etwa aufgrund von Hinweisen des Unternehmers59, muss er mit ihnen Kontakt aufnehmen, sie für den Abschluss interessieren und endgültig geneigt machen60. Der HV hat sich im Rahmen seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten um angemessene Umsätze zu bemühen61, schuldet vollen Einsatz, darf nicht untätig bleiben62 und kein Geschäft ohne guten Grund zurückweisen63 (sofern ihm diese Entscheidung überhaupt obliegt, denn regelmäßig trifft sie der Unternehmer). Der HV ist also zum Tätigwerden verpflichtet, nicht nur berechtigt64. Geringer Umsatz bei Vertragsbeginn allein ist kein Indiz für mangelhaften Einsatz65. Hingegen ist der HV nicht verpflichtet, so viele Abschlüsse hereinzuholen, wie es ihm bei größter Anstrengung möglich wäre66; er ist lediglich gehalten, nach den jeweiligen Gegebenheiten sich um angemessene Umsätze zu bemühen67. Alle Kunden, die überhaupt in Betracht kommen, braucht er nicht zu besuchen. Er kann sich vielmehr auf jene beschränken, bei denen die Vermittlungstätigkeit Aussicht auf Erfolg hat68. Ein Einfirmenvertreter (§ 92a) hat im typischen Fall sich voll der Vertretung zu widmen. Ob an ihn generell höhere Anforderungen gestellt werden dürfen69 erscheint aber zweifelhaft, wenn dies nicht im Vertrag zum Ausdruck gekommen ist. Ist der HV nicht als Einfirmenvertreter eingestellt worden, muss der Unternehmer es hinnehmen, dass er noch andere Vertretungen übernimmt oder sonstige Erwerbstätigkeiten ausübt. Auch der Mehrfirmenvertreter ist jedoch nicht berechtigt, die Tätigkeit für einen Unternehmer zu Lasten eines anderen zu vernachlässigen. Nie dürfen die Mindestanforderungen an die objektiv nach kaufmännischer Sorgfalt zu verlangende Betreuung der Unternehmerinteressen vernachlässigt werden; es ist Sache des HV, zu beurteilen, welchen Umfang an Aktivitäten er sich aufbürden kann, um allem gerecht zu werden. Eine allgemeine Pflicht des HV, den Unternehmer um Erlaubnis anzugehen, eine weitere Vertretung oder eine sonstige Tätigkeit zu übernehmen, ist jedoch nicht herzuleiten. Der Unternehmer, dem es hierauf ankäme, mag sich Entsprechendes im Vertretervertrag ausbedingen. Im Übrigen richtet sich die Intensität der einzusetzenden Bemühungen nach den Umständen. Der HV hat: – da er allein dem Unternehmer und nicht dem Kunden verpflichtet ist, den Abschluss zu günstigsten Bedingungen zu erreichen70, selbst wenn sich das auf seine Provision auswirkt – Hinweisen des Unternehmers auf die Möglichkeit zu Geschäftsabschlüssen nachzugehen71 – den Kunden über das gewünschte Geschäft so aufzuklären und zu beraten, wie es dem Geschäftsherrn obliegt72, dabei aber die Geschäftsförderungspflicht nicht zu vergessen

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Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 28. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10. OLG Celle NdsRPfl. 1959, 109 (110); Hey-

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mann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. OLG Celle NdsRpfl. 1959, 109. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4. Küstner/Thume I Rn 442; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7; Schröder § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 28. Kieninger AcP 199 (1999), 190; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7.

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– eine von seinem Vorgänger mglw. sogar überwiegend eingeleitete Vermittlung zu Ende zu führen, selbst wenn er hierfür keine Provision zu beanspruchen hat, weil sie noch dem Vorgänger zufällt (§ 87 Abs. 1 S. 2, Abs. 3) – insbesondere in der Versicherungsvermittlung, den Schwerpunkt nicht auf das Hereinholen von Verträgen mit ungünstigen Risiken zu legen, weil diese erfahrungsgemäß leichter zu vermitteln sind – den Kunden umfassend über das Produkt aufzuklären73 – sich der Vermittlung oder des Abschlusses zu enthalten, wenn anderenfalls, etwa durch persönliche Animositäten des Kunden gegen den HV, das Zustandekommen des Geschäfts gefährdet würde74 – bestehende Kundenbeziehungen zu pflegen75; jedoch sich nicht ausschließlich auf die Pflege solcher bestehenden Beziehungen zu beschränken, sondern in angemessenem Verhältnis zu den Bemühungen, Folgeaufträge von bisherigen Kunden zu erhalten (sie erfordern erfahrungsgemäß einen geringeren Einsatz), zu versuchen auch neue Kunden zu gewinnen. Ein Anreiz hierfür bietet die Anwartschaft auf den entsprechend höheren Ausgleich nach § 89b – branchenübliche Fach- und Verkaufsmessen zu besuchen – Kundenwünsche und Anregungen entgegenzunehmen sowie Hinweisen des Unternehmers auf mögliche Geschäftsabschlüsse nachzugehen – es zu unterlassen, dem Kunden die Auflösung des Vertrages und Schadenersatzansprüche gegen den Unternehmer zu empfehlen76 – bei der Gestaltung seiner Preise Rücksicht zu nehmen, falls sich durch ständige preisüberhöhte Angebote eine Gefährdung des Absatzes der Vertragswaren ergibt77. Dagegen verpflichtet die Vermittlungs- und Abschlusspflicht den HV nicht 15 – die Abwicklung des vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts durchzuführen oder zu begleiten. Deshalb darf der HV ohne wirksame vertragliche Vereinbarung weder mit dem Inkasso78, der Warenauslieferung, der Gewährleistung oder der Führung von Prozessen aufgrund der ausgeführten Geschäfte belastet werden79; er muss jedoch ggf. Gewährleistungsforderungen des Kunden aufnehmen und an den Unternehmer weiterleiten – tatsächlich feststehendes strafbares Verhalten des Unternehmers oder eines Kunden zu verschweigen80 – Angebote des Unternehmers mit eigenen Angeboten zu bündeln, etwa eigene DSLAnschlüsse mit vermittelten Mobilfunkverträgen81 – Lagerhaltung vorzunehmen82 – zu prüfen, ob öffentlich-rechtliche Erlaubnisse des Vertragspartners vorhanden sind83, z.B. der Kraftverkehrsunternehmer die Erlaubnis nach GüKG besitzt84

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Kieninger AcP 199 (1999), 190; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 7. Schröder DB 1958 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 45. OLG Koblenz BB 1973, 866; Hopt § 86 Rn 21. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 172.

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OLG Stuttgart DB 1962, 405; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. OLG Köln VersR 2002, 482. OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, BeckRS 2009, 15934. Hopt § 86 Rn 13. Hopt § 86 Rn 13. OLG Hamm BB 1968, 1017; Hopt § 86 Rn 13.

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– umfangreiche Vergleichsverhandlungen und Prozessinformationen vorzunehmen85 – Werbung i.S. allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit oder die allg. Produktwerbung und -pflege sowie Kunden- und Marktpflege zu betreiben86. Dies ist Aufgabe des Unternehmers87. Der HV hat sich lediglich um den Abschluss des einzelnen Kundengeschäfts zu bemühen; er schuldet ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung keine Bemühungen, die sich auf die über den einzelnen Abschluss hinausreichende Marktpflege beziehen88, also etwa keine Marktanalyse89.

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1. Räumliche Begrenzung der HV-Tätigkeit. Ist der räumliche Ausdehnungsbereich der geschuldeten Vertretertätigkeit bestimmt, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der HV nur Gebiets- oder – ihm stärkere Rechte gebend – Bezirksvertreter ist bzw. ihm sogar Exklusivität zugesichert wurde. Dazu siehe unten, § 87 Rn 97 ff. Bei Vertragshändlern kommt es für die Frage, ob das Geschäft innerhalb des dem Vertragshändler zugewiesenen Gebietes geschlossen wurde, auf den Ort des Vertragsschlusses und nicht den Sitz des Kunden an, ansonsten auf den Sitz des Kunden. Denn die Abschlüsse eines Vertragshändlers werden meist in seinen Räumlichkeiten getätigt90. Teilweise wird vertreten, der Unternehmer dürfte das dem Mittler zugewiesene Gebiet eigenmächtig ändern, jedenfalls wenn dies individualvertraglich vorgesehen war91. Dies ist zweifelhaft, weil hierdurch das Leistungs-Gegenleistungsverhältnis geändert und dem Mittler ein Vertrag aufgedrängt wird, den er so nicht geschlossen hat oder möglicherweise auch nicht geschlossen hätte. Eine derartige Regelung steht einer unzulässigen Teilkündigung gleich und ist daher nur zulässig, wenn das Änderungsrecht zuvor genau beschrieben wurde, nicht zu einer Verschlechterung der Vertragsbedingungen führt, weil das neue Gebiet gleichwertig ist und anderenfalls eine angemessene finanzielle Kompensation gewährt wird. Ansonsten ist der Unternehmer auf die Änderungskündigung zu verweisen. Zu AGB Vor § 84 Rn 42 „Änderungsvorbehalte“.

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2. Bezirksvertreter. Von dem Bezirksvertreter gemäß § 87 Abs. 2 (§ 87 Rn 97 ff) darf wegen seiner von einer Kausalität für den Abschluss unabhängigen Vergütung besonderer Einsatz erwartet werden92. Er hat den zugewiesenen Bezirk laufend und in besonderer Weise zu pflegen93. Er darf94 einen ihm zugewiesenen Bezirk nicht liegen lassen oder auch nur gegenüber anderen Tätigkeiten nachhaltig hintansetzen. Anderenfalls macht er sich aus § 280 BGB dem Unternehmer gegenüber schadensersatzpflichtig; dieser kann bis zur Höhe des Schadens eine geschuldete Provision zurückhalten95. Lehnt der HV sogar ab, für die Hereinholung eines in seinem Bezirk zu vergebenden Auftrags tätig zu wer-

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OLG Hamburg JW 1936, 2939; Hopt § 86 Rn 13. BGH, Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96, EBE 1997, 290 (292); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9, 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b, 44d; Hopt § 86 Rn 51; Koller/Roth/Morck § 86 Rn 3, 11; Bruck/Möller VVG Vor §§ 43–46 Anm. 224; Herschel/Beine Handbuch zum Recht des Handelsvertreters 1954 S. 44; Rittner DB 1999, 2097 (2099).

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Hopt § 86 Rn 13. Hopt § 86 Rn 13. Hopt § 86 Rn 13. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 80. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 82. Hopt § 86 Rn 12. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). OLG Düsseldorf DB 1969, 435. OLG München BB 1975, 714.

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den, so verwirkt er den Anspruch auf die Bezirksprovision (§ 87 Abs. 2), wenn der Unternehmer daraufhin unmittelbar abschließt96. 3. Gegenständliche Begrenzung. Den Gegenstand der hereinzuholenden Aufträge be- 18 stimmt in erster Linie der HV-Vertrag97. Meist werden die zu vertretenden Produkte in einer Anlage zum HV-Vertrag definiert. Die Festlegung der Vertragsprodukte ist deshalb wichtig, da ihr Lebenszyklus kürzer als die Laufzeit des Vertragsvertrages sein kann. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten: Die am häufigsten gewählte ist die, dass das gesamte Produktprogramm des Unternehmers zum Gegenstand der werbenden Tätigkeit bestimmt wird. Fehlt eine Beschreibung der zu vertreibenden Produkte, so gilt folgendes: Mangels 19 anderweitiger vertraglicher Bestimmung ist der HV berechtigt und verpflichtet, das gesamte Sortiment des Unternehmers zu vertreiben98. Dann fragt sich, ob hiermit das gegenwärtige oder auch das zukünftige zu verstehen ist, wobei im Zweifel99 letzteres anzunehmen ist, jedenfalls bei Vertragspflicht „zur Betreuung des gesamten Warensortiments“100. Erweitert oder ändert der Unternehmer sein Programm, so werden damit – wurde nicht klar das Gegenteil vereinbart – neu eingeführte Produkte von der Vermittlungs- bzw. Abschlusspflicht erfasst, vorausgesetzt, die neuen Produkte sind mit dem ursprünglichen Sortiment verwandt101. Etwas anderes gilt hinsichtlich der für den Mittler branchenfremder Artikel oder solcher, welche er bereits in zulässiger Weise für andere Unternehmen vertreibt102. Nicht verwandte Produkte braucht und darf der Händler also nicht zu vertreiben. In das Vertriebsrecht einbezogen sind insbesondere Weiterentwicklungen des ur- 20 sprünglichen Vertragsproduktes103 und dies angeblich auch, wenn der HV solche Produkte schon für einen anderen Unternehmer vertreibt104. Tatsächlich dürfen Mittler oder Unternehmer die Einbeziehung eines neuen Produktes in den Vertriebsvertrag ablehnen, wenn sie unzumutbar wäre. Diese zumindest im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu findende Einschränkung greift aber nicht ein, wenn der Vertrag die Pflicht zum Vertrieb des fraglichen Produktes ausdrücklich vorsieht. Unzumutbarkeit kann etwa vorliegen, falls die Übernahme den Mittler oder den Unternehmer zu einer Vertragsverletzung gegenüber einem Vertragspartner zwingt105, zudem bei unrealistischen Absatzverpflichtungen und erheblichen Reduzierungen der für den Vertrieb gewährten Gegenleistung106. In jedem Fall muss der Mittler eine eingetretene Wettbewerbssituation auflösen (hierzu unten Rn 109 ff). Der HV muss sich nach Ausweitung der Produktpalette ggf. um einen neuen Abnehmerkreis bemühen107, wobei fehlende Identität der Produkte Indiz für mangelnde Verwandtschaft ist. Zur Übernahme der Vertretung für Artikel anderer Branchen,

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OLG Hamm NJW 1959, 677. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 6. Hopt § 86 Rn 12; Westphal I Rn 210; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 6; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. BGH DB 1981, 1772. Westphal I Rn 210; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a.

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103 104 105 106 107

Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24; Schröder § 86 Rn 5a. Westphal II Rn 369. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 101. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 101. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24.

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die der Unternehmer aufnimmt, ist der HV nicht berechtigt oder verpflichtet108. Er kann hierzu auch durch Weisungen des Unternehmers nicht angehalten werden; der Unternehmer müsste sich schon im HV-Vertrag ausbedungen haben, dass der HV das jeweilige Sortiment zu vertreten habe. Jedoch hat er unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrungspflicht im Rahmen des Angemessenen auch solche Anfragen an den Unternehmer weiterzuleiten, die nicht die von ihm vertretenen Produkte betreffen109. Die Freistellung durch die GVO 330/10 wird nicht dadurch gehindert, dass neue Pro21 dukte automatisch vom Vertriebsrecht erfasst werden. Zwar sieht die GVO 330/10 vor, dass die Freistellung nur für den Vertrieb „bestimmter“ Waren oder Dienstleistungen erteilt wird. Dieses Bestimmtheitskriterium ist auch gewahrt, wenn sämtliche neue Produkte durch den Vertriebsvertrag erfasst werden110. Im Falle eines ersetzenden Produkts, welches mit einem Ursprungsprodukt voll austauschbar ist, wird die Einbeziehung des Ersatzprodukts ohnehin als hinreichend bestimmt und damit von der GVO 330/10 freigestellt angesehen111. Die Vertriebspflicht darf gegenüber dem so beschriebenen dispositiven Recht beschränkt werden, und zwar nach Sortiment und Kundenkreis112. Das bietet sich an. Denn hinsichtlich der Aufnahme neuer Produkte hat der Hersteller oft ein Interesse daran, erst später zu entscheiden, ob sie in den Vertriebsvertrag einbezogen werden sollen113. Im Einzelfall kann eine Auslegung ergeben, dass nur branchenspezifische Produkte Vertragsgegenstand sind. Ist ausdrücklich lediglich das gegenwärtige Produktionsprogramm Vertragsgegenstand, so werden neue Produkte nicht ohne separate Vereinbarung Vertragsgegenstand. Den Vertrieb von Altprodukten darf der Unternehmer einstellen, sofern er hierbei 22 nicht willkürlich oder treuwidrig über die Interessen des HV hinweggeht. Für die Fortentwicklung des Programms gilt das Gleiche (Zum Dispositionsrecht des Unternehmers § 86a Rn 44 ff). 4. Inhalt der Hauptpflichten

23

a) Vermittlungspflicht. Die Betrauung des HV kann zum Inhalt haben, dass Aufträge (nur) vermittelt werden sollen. Dann hat der HV, falls ein neuer Kunde zu gewinnen ist, mit jenem Kontakt aufzunehmen, ihn für den Abschluss zu interessieren und endgültig geneigt zu machen, was normalerweise in der Abgabe eines formellen Vertragsangebots an den Unternehmer seinen Ausdruck findet. Der HV ist verpflichtet, den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu fördern, d.h. Geschäftsabschlüsse mit Dritten114 vorzubereiten, zu ermöglichen oder herbeizuführen115. Er muss zum Zwecke des Geschäftsabschlusses auf die potentiellen Kunden einwirken („Zielgerichtetheit“ oder „Finalität“ der Einwirkungshandlung)116. Die Art und Weise dieser Einwirkung steht dem HV regel-

108 109 110 111 112 113

Westphal I Rn 210. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5. AA Westphal II Rn 370. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 99. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 6. Westphal II Rn 369.

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114 115 116

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 6. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 55 ff; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16, 18a.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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mäßig frei117, etwa mittels zulässigerweise beschäftigter Hilfspersonen. Die Einwirkung muss für den Willen des Kunden zum Vertragsschluss zumindest mitursächlich werden118. Das wird er auch dann, wenn etwa der Unternehmer dem HV Adressen von Kunden mitteilt. Denn auch dann müssen die Kunden vom Geschäftsabschluss noch überzeugt werden119. Die Kunden eines zugewiesenen Gebiets oder Bezirks hat der HV, soweit nicht eine andere Art der Kontaktaufnahme tunlich ist oder genügt (auch angesichts moderner Kommunikationsmittel ist meist ein persönlicher Besuch angezeigt), regelmäßig zu besuchen und bei ihnen für den Absatz der Erzeugnisse des Unternehmers zu werben120. Ein Mehrfirmenvertreter hat im Zweifel, falls die Interessen oder der Wunsch des Kunden nicht etwas anderes gebieten, Folgeaufträge grds. dem Unternehmer zuzuführen, zu welchem der Kunde bereits in vertraglichen Beziehungen gestanden hat121. Auch den bereits auf andere Weise, z.B. durch öffentliche Ausschreibung122, über die Möglichkeit des Vertragsschlusses informierten oder infolge Produktwerbung oder Listung daran interessierten Kunden kann der HV auf diese Weise vermitteln123. Für nähere Details wird auf die Kommentierung zu § 84 Rn 56 ff verwiesen. Der Vermittlungsvertreter ist berechtigt und verpflichtet Angebote potentieller Kun- 24 den entgegenzunehmen und an den Unternehmer weiterzuleiten124. Gem. § 91 Abs. 2 ist er – nicht anders als der Abschlussvertreter nach § 55 Abs. 4 – zur Entgegennahme der Anzeige von Mängeln an einer Ware, die Erklärung, dass eine Ware zur Verfügung gestellt werde sowie ähnlichen Erklärungen, durch die ein Dritter seine Rechte aus mangelhafter Leistung geltend macht oder sich vorbehält, berechtigt und unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrnehmungspflicht auch verpflichtet. Er darf die Rechte auf Sicherung des Beweises geltend machen. b) Abschlusspflicht und Abschlussvollmacht. Entweder ausschließlich oder neben der 25 Vermittlung kann der HV auch mit dem Abschluss von Verträgen beauftragt sein. Die Betrauung mit der Tätigkeit als Abschlussvertreter ist gewollt, wenn der HV im Namen des Unternehmers Angebot und Annahme des Vertrages gegenüber dem Kunden erklären darf125. Es besteht keine Vermutung dafür, dass ein HV Abschlussvertreter ist126. Der Abschlussvertreter ist – außer im Geschäft mit Verbrauchern (Tankstellenvertreter u.a.) schon in der Praxis die Ausnahme. Er ist es auch aus der Sicht des Gesetzes: solange keine Abschlussvollmacht vorliegt, bleibt der HV lediglich Vermittlungsvertreter. Der Abschlussvertreter hat alle Rechte und Pflichten eines Vermittlungsvertreters127, besitzt jedoch zusätzlich die Abschlussvollmacht. Sie verleiht den erhöhten Status des Handlungsbevollmächtigten (§ 55)128.

117 118

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120 121

Hopt § 84 Rn 22. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301; NJW 1980, 1793; BAG BB 1971, 492; LAG BW DB 1971, 1016; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19; Hopt § 84 Rn 22. LG Bielefeld, Urt. v. 19.04.1985, HVR Nr. 608; aA OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.08.2007 – 15 U 56/07, Beck RS 2007, 14360. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). LG Lübeck VersR 1950, 182 m. Anm.

122 123

124 125 126 127 128

Bronisch; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 15; Hopt § 86 Rn 24. BGH NJW 1980, 1793. BGHZ 43, 108 (113); BGH NJW-RR 1986, 709 (710); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6a. Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 27. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 7. Eberstein S. 48.

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Die Vollmacht des Abschlussvertreters kann ausdrücklich oder konkludent erteilt werden. Die Bevollmächtigung ist meist im Vertretervertrag enthalten, oder sie wird nachträglich erteilt129, was auch durch schlüssiges Verhalten, nicht zuletzt in Gestalt der Anscheins- oder Duldungsvollmacht geschehen kann. Regelmäßig liegt die Bevollmächtigung bereits in der Bestellung zum Abschlussvertreter (§ 167 Abs. 1 BGB)130. Der Abschlussvertreter hat den Abschluss vorzubereiten131. Ob er daneben zu einem 27 Abschluss verpflichtet oder nur neben der Vermittlung berechtigt ist, bleibt eine Frage der Vertragsauslegung132. Teils wird eine Pflicht angenommen, wenn nicht Art oder Risiko des Geschäftes eine Rückfrage erfordert133. Tatsächlich dürfte die bloße Berechtigung ohne Verpflichtung der zu vermutende Regelfall sein134. Der HV ist nach pflichtgemäßem Ermessen zum Abschluss berechtigt und verpflichtet, darf jedoch Rückfrage beim Unternehmer halten. Dafür spricht bereits, dass der HV nicht gezwungen werden kann, ohne Rückfrage und Weisung des Unternehmers das Haftungsrisiko eines Fehlabschlusses zu tragen. Der HV darf sich also mangels ausdrücklich gegenteiliger Vereinbarung auf die Vermittlung beschränken und dem Unternehmer den Abschluss überlassen, es sei denn, es wurde vertraglich etwas Abweichendes geregelt oder es existiert eine (Einzel-)Weisung zum Abschluss. Die Berechtigung kann sowohl in die eine wie die andere Richtung im Vertrag geregelt werden und dem HV etwa pflichtgemäßes Ermessen eingeräumt135 werden. Falls der Abschlussvertreter vor Abschluss keine Rückfrage hält, ist er zur besonderen 28 Sorgfalt verpflichtet. Bekannte Probleme des Unternehmers muss er berücksichtigen, etwa Lieferschwierigkeiten136. Im Zweifel oder bei Geschäften mit außergewöhnlichen Risiken hat er vor deren Abschluss die Weisung des Unternehmers einzuholen137. Der Unternehmer muss sich behandeln lassen, als hätte er einen Abschlussvertreter 29 bestellt, wenn die Grundsätze der Anscheins- oder Duldungsvollmacht eingreifen.

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c) Vertragliche Vereinbarungen. Der Umfang der Abschlussvollmacht ist gesetzlich geregelt. Vertragliche Abreden gehen jedoch vor, da der gesetzlich bestimmte Umfang parteidispositiv ist. So können dem HV über den gesetzlichen Umfang hinausgehende Rechte, aber auch interne Beschränkungen, auferlegt werden. Dem HV darf etwa auferlegt werden – nur nach Rückfrage mit dem Unternehmer abzuschließen – nur Geschäfte ab einer oder bis zu einer bestimmten Größenordnung abzuschließen138 – nur Geschäfte einer bestimmten Art abzuschließen139 – mit bestimmten Kunden nicht abzuschließen140 – Weisungen des Unternehmers zu den Abschlüssen zu beachten.

129 130 131 132

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LAG Düsseldorf DB 1960, 813. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 38. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 27. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 12. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 7.

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134 135 136 137 138 139 140

AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 12. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 8. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 7. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a, b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a.

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Solche Beschränkungen regeln mangels entgegenstehender Abreden sowohl die interne Berechtigung zum Handeln wie den Umfang der Vollmacht im Außenverhältnis, wobei der Schutz Dritter gem. §§ 54, 55 unberührt bleibt. Selbstverständlich können die Parteien zwischen beiden Rechten differenzieren. d) Gesetzliche Regelung aa) Umfang der Vollmacht. Haben die Parteien nur allgemein das Recht des HV zum Abschluss im Namen des Unternehmers bestimmt, ergibt sich der Umfang der Abschlussvollmacht aus §§ 54 und 55. Der Unternehmer wird durch den Abschluss des HV berechtigt und verpflichtet, als hätte er selbst das Geschäft geschlossen141. § 91 Abs. 1 stellt klar, dass § 55 auch eingreift, wenn der Unternehmer kein Kaufmann ist. § 91 Abs. 2 regelt den Fall des Vollmachtsmissbrauchs durch den HV. Gemäß § 54 erstreckt sich die Abschlussvollmacht auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Hierzu gehören beim HV die zum Geschäftsabschluss führenden Verhandlungen, die Abgabe der nötigen Willenserklärungen und die Entgegennahme und Abgabe vertragsbegleitender Willenserklärungen, auch Mahnungen, Fristsetzungen und Entgegennahme von Mängelrügen142. Nach § 54 Abs. 2 ist der Abschlussvertreter zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung grundsätzlich nicht ermächtigt. Gemäß § 55 Abs. 1 u. 2 ist der HV insbesondere nicht bevollmächtigt, abgeschlossene Verträge zu ändern und Zahlungsfristen zu gewähren. Zahlungen darf der Vertreter gem. § 55 Abs. 3 nur annehmen, wenn er hierzu ausdrücklich bevollmächtigt wurde. § 55 Abs. 4 spezifiziert, welche der in § 54 Abs. 1 genannten Geschäfte und Rechtshandlungen von der Vollmacht eines Vertreters umfasst sind. Danach gilt der HV als ermächtigt, die Anzeige von Mängeln einer Ware, die Erklärung, dass eine Ware zur Verfügung gestellt werde sowie ähnliche Erklärungen, durch die ein Dritter seine Rechte aus mangelhafter Leistung geltend macht oder sie vorbehält, entgegen zu nehmen. Zudem darf der HV die dem Unternehmer zustehenden Rechte auf Sicherung des Beweises geltend machen. Diese Beweissicherungsrechte umfassen sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Rechtshandlungen, insb. fällt hierunter das selbständige Beweisverfahren der §§ 485 ff ZPO und die Einholung von Sachverständigengutachten143. Der Unternehmer ist berechtigt, die Abschlussvollmacht über diese im Gesetz genannten Fälle hinaus zu beschränken144. Die Beschränkungen verpflichten den HV bei Überschreitung nur zum Schadensersatz gegenüber dem Unternehmer. Das gilt namentlich für den Abschluss unter Vorbehalt der Aufgabe des Dritten145: der im Namen des Unternehmers getätigte Abschluss bindet diesen; zu einer solchen Handhabung ist der HV im Innenverhältnis aber nur befugt, falls ihm das besonders gestattet ist. Ein Dritter muss die Beschränkungen nur gegen sich gelten lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste (§ 91 Abs. 2 S. 2). Das Kennen oder Kennenmüssen bestimmter Umstände durch den HV wird dem Unternehmer gem. § 166 BGB zugerechnet146.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 8, 8a. Westphal I Rn 69. Ebenroth/Weber § 55 Rn 16.

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Westphal I Rn 74. Schröder § 86 Rn 11. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 8.

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Die Abschlussvollmacht kann jederzeit widerrufen147 oder durch Weisungen beschränkt148 werden, sofern sich aus dem Vertretervertrag nichts anderes ergibt (§ 168 Abs. 2 BGB). Wann sich aus der Mittlervertrag „etwas anderes“ i.S.d. § 168 Abs. 2 BGB ergibt, ist ungeklärt. Ein Ausschluss der Widerruflichkeit soll anzunehmen sein, falls die Bevollmächtigung auch den Interessen des Mittlers dient149. Die Bestellung als Abschlussvertreter dient oft auch den Interessen des Mittlers. Denn ihm soll das Werben für den Unternehmer und damit der Provisionsverdienst erleichtert werden. Das Merkmal ist also kaum ergiebig. Richtigerweise ist das Ganze eine Frage der Vertragsauslegung: Wurde dem HV – ggf. konkludent – in dem Vertrag zugesagt, er dürfe als Abschlussvertreter tätig werden, hat er grundsätzlich ein Recht auf Beibehalt der Vollmacht und auf eine solche Tätigkeit. Das gleiche gilt dann, wenn eine solche Vollmacht üblich ist (Beispiel: Tankstellenvertreter). Ein isolierter Widerruf der Vollmacht wäre unzulässig und unwirksam (pacta sunt servanda). Der Vertreter braucht also nicht erst den Unternehmer auf Wiedererteilung der Vollmacht in Anspruch zu nehmen und gem. § 894 ZPO zu vollstrecken, wobei ihm jedoch jederzeit das Recht einer Feststellungsklage offen steht. Will der Unternehmer in solchen Fällen die Vollmacht des HV beseitigen, muss er den Vertretervertrag kündigen, bei Bestehen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 89a ggf. außerordentlich. Deshalb ist äußerste Vorsicht bei der Erteilung von Abschlussvollmachten angebracht. Der Unternehmer sollte sich darauf beschränken, die Vollmachtserteilung außerhalb des Vertrages vorzunehmen. Nur aus wichtigem Grund kann die vertraglich versprochene Vollmacht widerrufen 36 werden150. Obwohl Teilkündigungen problematisch sind151 (hierzu unten), können es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Treupflicht gebieten, dass der Unternehmer allein die Vollmacht widerruft (= „Teilkündigung“) und nicht den gesamten Vertrag kündigt152. Dazu hat er bei Bestehen eines wichtigen Grundes ein Recht. A maiore ad minus darf der Unternehmer sich auf die Kündigung der Vollmacht beschränken, falls der wichtige Grund so erheblich wäre, dass der gesamte Vertrag außerordentlich gekündigt werden könnte. Hat der HV Inkassovollmacht und soll er berechtigt sein, sich wegen seiner Provisionen durch Einbehaltung aus den eingezogenen Geldern zu befriedigen, darf ohne zwingenden Grund diese Vollmacht nicht einseitig widerrufen werden153. Etwas schwieriger zu beantworten ist die Frage des Weisungsrechts. Vertragskonkreti37 sierende Weisungen sind bereits nach allgemeinen Grundsätzen zulässig. Aber sofern der Unternehmer bei eigener Willenserklärung über Annahme oder Nichtannahme eines Geschäftes entscheiden kann, darf nichts anders gelten, wenn er einen Abschlussvertreter bestellt hat. Er darf den HV anweisen, ein bestimmtes oder eine Gruppe von Geschäften zu unterlassen. Die Vollmacht bleibt bestehen, der Umfang der Ausübung wird jedoch mittels Weisung konkretisiert. Dieses Weisungsrecht geht soweit, wie der Unternehmer über Annahme und Ablehnung des durch einen Vermittlungsvertreter vermittelten Geschäfts entscheiden darf. Werden die Geschäfte des Abschlussvertreters hierdurch unbillig behindert, darf er ausgleichserhaltend gem. § 89b Abs. 3 kündigen.

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147 148 149 150 151

Westphal I Rn 75. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a ff. Palandt/Heinrichs § 168 Rn 6. BGH WM 1969, 1009; 1985, 646; Palandt/Heinrichs § 168 Rn 6. Siehe etwa OLG Köln NJW-RR 2002, 602

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152 153

(603); großzügig Kießling/Becker WM 2002, 578 ff. Angedeutet auch von Kießling/Becker WM 2002, 578 ff. OLG Celle DB 1961, 369.

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bb) Vollmacht des Versicherungsvertreters. Die Vollmacht des Versicherungsvertreters 38 regeln die §§ 69 bis 73 VVG. Versicherungsvertreter ist, wer mit Wissen und Willen des Versicherers einen Versicherungsvertrag vermittelt oder abschließt154. Einzelheiten § 92 Rn 30 ff. cc) Vollmachtsmissbrauch. Schließt der HV ohne Abschlussvollmacht Geschäfte oder 39 überschreitet er den Umfang der Vollmacht, liegt ein Vollmachtsmissbrauch vor. Hierfür gelten die allgemeinen, aus den §§ 138, 242, 177 ff BGB hergeleiteten Regeln155. Näheres § 91a Rn 31 ff. § 91a trifft eine Sonderregelung der Missbrauchsfolgen im HV-Recht156. Siehe hierzu die Kommentierung zu § 91a.

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dd) Beweislast. Zur Beweislast für die Vertretungsmacht des HV § 91a Rn 39.

II. Nebenpflichten 1. Herausgabepflicht. Gemäß §§ 675, 667157, 812 BGB muss der HV alles, was er im 41 Rahmen des Vertrages, auch von dritter Seite158, erhalten hat unverzüglich nach Erledigung der Geschäftsbesorgung an den Unternehmer herausgeben159 und ggf. hierüber abzurechnen (s.u., Rn 41 ff, 182 ff). Nicht anlässlich des Vertrages Gewährtes braucht der HV nicht herauszugeben. Soweit das Eigentum an den Gegenständen bei dem Unternehmer verbleibt, wie im Zweifel bei Mustern, konkurriert der Anspruch mit dem aus § 985 BGB. Während der vertraglichen Nutzungszeit – im Zweifel die Vertragslaufzeit160 – besteht ein Recht zum Besitz nach § 986 BGB. Zur Ausführung des Auftrags empfangen hat der HV zum einen das, was ihm der Unternehmer nach § 86a ausgehändigt hat, zum anderen aber auch von Dritten, etwa Kunden, Erhaltenes161. Herauszugeben sind sowohl Gegenstände wie Rechtspositionen. Hinsichtlich der vom HV herauszugebenden Unterlagen besteht eine Rücknahmepflicht des Geschäftsherrn162. Soweit an den Unternehmer herauszugebende Geschäftsunterlagen nicht nach § 90 geschützt sind, darf der HV vor der Herausgabe Kopien fertigen, jene jedoch nicht an Dritte weitergeben163, wohl auch nicht an seinen Rechtsnachfolger164. § 90 betrifft das Verwertungsrecht, die Herausgabepflicht die Verpflichtung zur Übergabe an den Unternehmer165. Im Insolvenzverfahren sind vor Eröffnung des Verfahrens begründete Herausgabeansprüche einfache Insolvenzforderungen166.

154 155 156 157

158 159

Kollhosser in: Prölss/Martin, § 43 Anm. 1; Westphal I Rn 83. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6d. Martinek/Flohr § 8 Rn 19, § 9 Rn 40. LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Genzow in: Ensthaler, § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. BGH NJW 2003, 743; OLG Stuttgart DB 1962, 405; Hopt § 86 Rn 17. OLG Celle OLGZ 1970, 6, 8; Ebenroth/

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Löwisch § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. Vgl. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 87. Hopt § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 38. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 38. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 38. Hopt § 86 Rn 17. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 86.

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Herauszugeben sind: – Bestellschreiben167 – Bestechungsgelder, deren Entgegennahme dem HV ungeachtet der Herausgabepflicht auf Grund seiner Loyalitätspflicht nicht gestattet ist168. Ist das aber geschehen, so hat er sie dem Unternehmer abzuliefern und ist über den Tatbestand rechenschaftspflichtig. Das Gleiche gilt für andere von Dritte zugewandte Leistungen169. – Elektronische Dateien170, etwa mit herausgabepflichtigen Informationen. Die Speicherung geschieht im Interesse des Unternehmers. Selbst wenn sie im (auch) Interesse des HV erfolgt, muss er sie herausgeben171 – Geschäftswagen172 – Kassierte Gelder oder Prämien173 – Kopien des Schriftwechsels mit Kunden, insbesondere über angebahnte Geschäfte – Kundenanschriften und -listen174, wohl auch vom HV selbst festgehaltene (vgl. § 90 Rn 11), soweit deren Inhalt dem Unternehmer nicht aufgrund der Mitteilungspflicht des HV bereits bekannt ist175 (sonst Erfüllungseinwand) – Kreditkartengebühren, die der HV weisungswidrig erhoben hat176 – Die vom Unternehmer übergebene Kundenkartei177 oder vom Unternehmer übergebene Bücher178 – Muster179, Zeichnungen180, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen181. Die Rechtsverhältnisse an Musterkollektionen und Musterlagern, wie sie insbesondere Exportvertreter unterhalten, werden in der Regel vertraglich geregelt. Im Zweifel gelten folgende Grundsätze: Das Eigentum an den Mustergegenständen bleibt beim Unternehmer; zur Verfügung über sie oder zum Selbstverbrauch182 ist der HV nicht befugt. Den HV trifft jedoch eine mit kaufmännischer Sorgfalt zu erfüllende Ver-

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35. RGZ 146, 205; 164, 98; LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37. LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 510; Palandt/Sprau § 667 Rn 3. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 510. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. OLG Stuttgart DB 1962, 405; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. BGH, Urt. v. 26.02.2009 – I ZR 28/06, BeckRS 2009, 09800 = DB 2009, 839 =

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WRP 2009, 613; vgl. BGH, Urt. v. 10.05.1995 – VIII ZR 144/94, ZIP 1995, 1260; Urt. v. 28.01.1993 – I ZR 294/90, ZIP 1993, 703 mit krit. Anm. Oellers EWiR 1993, 421; aA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 86 Rn 17 (Kundenlisten müssen nur zugänglich gemacht, aber nicht herausgegeben werden). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. OLG Düsseldorf WM 1992, 913 (915); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55. BGH EBE 1999, 204 (206); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 44. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. Thume BB 1995, 1913 (1916); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 44; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. LAG Düsseldorf DB 1960, 813.

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§ 86

wahrungspflicht; sie umfasst auch die Pflicht des HV, das Kopieren der Muster durch Dritte tunlichst zu verhindern. Nach Handelsbrauch beurteilt es sich, ob und gegen welche Gefahren der HV zur Versicherung der Muster verpflichtet ist; im Übrigen finden die Grundsätze der §§ 388, 390 analoge Anwendung. Die Unterhaltung der Musterlager dient sowohl den Interessen des HV wie jenen des Unternehmers. Die Unterhaltungskosten sind daher nicht ohne weiteres als Aufwendungen im Interesse des Unternehmers anzusehen. Ob sie im Hinblick auf § 87d dem HV zu erstatten sind, beurteilt sich nach Handelsbrauch; grundsätzlich nicht anwendbar ist § 354. Es besteht auch keine aus Handelsübung entspringende Verpflichtung des HV, die Musterkollektionen bei Beendigung der Saison käuflich zu übernehmen. Für Auslieferungslager gelten diese Grundsätze entsprechend. Mit Wert und Gefahr steigen die Anforderungen an die erforderliche Sorgfalt183 – Proben mangelhafter Lieferungen, die der HV bei Entgegennahme einer Mängelrüge nach §§ 55 Abs. 4, 91 Abs. 2 vom Kunden mit ausgehändigt erhalten hat – Protokolle über ein von ihm beantragtes Beweissicherungsverfahren, die dem HV vom Gericht zugestellt worden sind – Schriftsätze aus Gerichtsverfahren, auch Beweissicherungsverfahren184, die für den Unternehmer bestimmt sind185 (Schriftsätze, bei denen der Vertreter selbst Partei ist, brauchen nicht herausgegeben zu werden, ggf. besteht ein Informationsrecht des Unternehmers aus § 242 BGB) – Ursprungszeugnisse von Waren – verbotswidrig angefertigte Kopien von Geschäftsunterlagen des Unternehmers186 – Vertragsformulare187 – Vorführgeräte188 – Waren189 – Warenproben190, insbes. beim Einkaufsvertreter – Wechsel und Schecks, die erfüllungshalber übergeben wurden191. Ohne besondere Umstände nicht herauszugeben sind: 43 – Die eigene kaufmännische Buchführung des HV192. Es ist also immer objektiv zu prüfen, ob der HV die Dokumente für die eigene Buchführung benötigt193. Ist das der Fall, besteht ggf. ein Informationsanspruch des Unternehmers aus § 242 BGB über deren Inhalt und ggf. ein Anspruch auf Herausgabe von Ablichtungen194 – Ein Auftragskontrollbuch, solange der HV dies noch zur Kontrolle der Abrechnungen benötigt195 – Schriftwechsel mit dem Unternehmer. Dieser muss dem Unternehmer bekannt sein196 (nur ausnahmsweise Herausgabeanspruch aus § 242 BGB)

183 184 185 186 187 188 189 190

BGH WM 1993, 1596; Hopt § 86 Rn 44. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 43. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 43.

191 192 193 194 195 196

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 511. RGZ 103, 393; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35.

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– Originale des Schriftwechsels mit den Kunden oder zwischen HV und Unternehmer197. Sofern diese dem Unternehmer bekannt sind, versteht sich das von selbst (mangelndes Informationsinteresse)198. Der HV schuldet insoweit gem. § 242 BGB nur Information, wenn der Unternehmer entschuldbar über den Inhalt eines Rechts im Unklaren ist und der HV die Auskunft unschwer geben kann, etwa durch Übersendung von Kopien oder auf andere Weise geben kann199. Die Herausgabepflicht fehlt insb. bei Dokumenten, welche der HV als selbständiger Unternehmer als Teil der eigenen Geschäftskorrespondenz aufbewahren muss (gg. Übermittlung von Kopien). Der Unternehmer muss von ihm empfangene Schreiben selbst dokumentieren und bedarf keiner Information durch den HV – Kleinere Gelegenheitsgeschenke der Kunden, welche bestimmungsgemäß für den HV gedacht waren200 und die objektiv die Willensentschließung des HV nicht beeinflussen können, deren Annahme gegenüber dem Unternehmer also nicht treuwidrig erfolgt201 – Provisionen, die der HV infolge einer verbotswidrigen Tätigkeit von einem Wettbewerber des Unternehmers eingenommen hat (Rn 136). Sie wurden nicht im Rahmen des HV-Vertrages gewährt – Miles & More-Gutschriften oder Vorteile aus Bonusprogrammen, soweit der HV die den Vorteilen zugrunde liegenden Kosten selbst getragen hat202. Um herauszugeben, muss der HV das Herauszugebende tatsächlich erlangt haben203. 44 Was der HV pflichtwidrig nicht erlangt hat, kann nicht herausverlangt werden204. Möglicherweise ist aber Schadenersatz geschuldet205. Zu welchem Zeitpunkt die Herausgabepflicht zu erfüllen ist, bestimmt sich nach der 45 Art des Erhaltenen. War es für die gesamte Vertragslaufzeit bestimmt (wovon im Zweifel auszugehen ist206, insbesondere, wenn die Sachen für eine Vielzahl von Geschäften bestimmt waren207), etwa überlassene Muster208 oder Preislisten209, ist es erst nach Vertragsende herauszugeben210. War es nur für den einzelnen Abschluss oder eine einzelne Vermittlung bzw. eine begrenzte Zeit bestimmt, ist es nach deren Ende herauszugeben211, Preislisten ggf. auch nach Ablauf ihrer Geltungsdauer. Ist etwas von Dritten zur Weiterleitung an den Unternehmer erlangt worden, hat der HV es im Regelfall unverzüglich weiterzugeben212. Das gleiche gilt, wenn der HV etwas überhaupt nicht hätte erhalten 197 198

199 200 201 202

203 204

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; aA (immer Herausgabepflicht) Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. OLG Hamm VersR 2001, 1154; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37. Die zu Arbeitnehmern ergangene Entscheidung BAG, Urt. v. 11.04.2006 – 9 AZR 500/05, MDR 2007, 161 ist nicht übertragbar, weil der HV die Kosten der Reisen regelmäßig selbst trägt – siehe § 87d. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37a. RGZ 55, 330; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37a.

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205 206 207

208 209 210

211

212

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37a. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 87. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36. Hopt § 86 Rn 17. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36, 37. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86

dürfen213, etwa Schmiergelder214. Das Recht zur Überlassung steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kenntnis des Unternehmers von der Eröffnung des InsV215. Eingenommene Gelder sind, wenn der HV nicht regelmäßig derartige Gelder einnimmt, unverzüglich nach der Einnahme216, ansonsten in regelmäßigen, zeitnahen Abständen217 abzuführen. Der HV braucht aber Inkassobeträge nicht vorzufinanzieren, entsprechende Abreden wären nach § 307 BGB unwirksam218. So brauchen mit dem Inkasso beauftragte HV, die ständig kleinere Summen entgegennehmen, jene wegen der anfallenden Kosten und des Arbeitsaufwands im Zweifel nicht kurzfristig, gar täglich, sondern nur in periodischen Abständen an den Unternehmer abzuführen, es sei denn, der Unternehmer erstattet die anfallenden Mehrkosten219 und es gibt gute Gründe für den entstehenden Arbeitsaufwand. Bis zur Herausgabe sind die eingenommenen Gelder getrennt von anderen Geldern aufzubewahren220. Sofern vertraglich nicht ausgeschlossen, darf der HV mit eigenen Forderungen aufrechnen oder wegen solcher zurückhalten221, falls nicht ausnahmsweise nach § 242 BGB der Unternehmer mit der sofortigen vollständigen Abführung rechnen durfte222. Bei Existenz einer Inkassobefugnis wird der HV regelmäßig berechtigt sein, von den eingezogenen Geldern seine hierauf entfallenden Provisionsanteile einzubehalten und mit seinen fälligen Ansprüchen aus dem HV-Vertrag aufzurechnen, wenn nicht diese Rechte des HV im Einzelfall abbedungen sind 223. Dabei kommt es aber auf die Vertragsauslegung im Einzelfall an. Da der HV alle vorgenannten Unterlagen nach Beendigung des HV-Vertrags heraus- 46 zugeben hat, beinhaltet das eine Herausgabe in einem Zustand, der einer sorgfältigen Behandlung in der Zwischenzeit entspricht. Maßgebend ist wieder die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Werden die herauszugebenden Sachen beschädigt oder die Rückgabe unmöglich, so besteht eine Haftung des HV gem. § 280 BGB. Da der Verlust oder die Beschädigung aus der Sphäre des HV resultiert, muss er darlegen, welchen Grund es für den Verlust gab. Kann er keinen Grund darlegen, der fehlende Fahrlässigkeit plausibel erscheinen lässt, ist diese zu Lasten des HV indiziert224. Sofern die Gegenstände nicht zum Verkauf vorgesehen waren, valutiert der Schaden nicht in Höhe ihres Verkaufswertes sondern in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises225. Wird Herausgabe vereinnahmter Gelder gefordert, soll dem Unternehmer bei Kassenfehlbeständen kein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegengehalten werden können226. Die Herausgabe erfolgt am Geschäftssitz des HV (Erfüllungsort)227. Die Kosten der reinen Herausgabe bis zur Tür seines Geschäftssitzes dürfte regelmäßig der HV zu tragen haben, die Kosten der Abholung und des Transports hingegen der Unternehmer. 2. Interessenwahrnehmungspflicht. Bei der Vermittlungs- und der Abschlusstätigkeit 47 macht sich die Pflicht des HV, die Interessen des Unternehmers gebührend zu wahren, in 213 214 215 216 217

218 219 220 221 222

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35. Hopt § 86 Rn 17, 23. AA Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 88. Schröder § 87 Rn 54a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 56. Hopt § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35. AA Hopt § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; aA OLG

223 224 225 226 227

Hamm NJW-RR 1994, 158. Grund: treuhänderische Verwahrung. Aber Geld gegen Geld darf immer aufgerechnet werden (Gleichwertigkeit). So Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35. Ähnlich LG Darmstadt HVR Nr. 8; Küstner/Thume I Rn 618. LG Darmstadt HVR Nr. 8, Küstner/Thume I Rn 618. OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452 (1455). Küstner/Thume I Rn 624.

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herausgehobenem Maße geltend. Sie wird deshalb in diesem Zusammenhange auch eigens von HGB (Abs. 1 Hs 2) und RL (Art. 3 Abs. 1 Alt. 1, s.o.) genannt und ist für den HV-Vertrag wesensbestimmend und zwingend228. Aus ihr hat die Rspr. durch Fallgruppenbildung Unterpflichten abgeleitet, u.a. das Konkurrenzvertretungsverbot, die Bonitätsprüfungspflicht und die Verschwiegenheitspflicht. Schon der Wortlaut des § 86 Abs. 1 ergibt, dass es sich bei der Interessenwahrungspflicht um eine Nebenpflicht handelt. Gleichwohl ist sie eine der bedeutendsten Pflichten des HV überhaupt und zugleich seine wichtigste Nebenpflicht.

48

a) Persönlicher Anwendungsbereich. Die Interessenwahrungspflicht trifft ausschließlich den Mittler (s.o.). Dem Unternehmer obliegt eine (regelmäßig schwächere) Treupflicht (Art. 4 Abs. 1 HV-Richtlinie), nicht jedoch die Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB, Art. 3 Abs. 1 HV-Richtlinie. Grund ist, dass der zur Geschäftsbesorgung Verpflichtete stärkere Treupflichten innehat als derjenige, der nur Geld (Provision) schuldet. Die Interessenwahrungspflicht obliegt auch dem wie ein HV in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Vertriebsmittler, etwa dem Franchisenehmer und Vertragshändler. Hat sie in vertraglichen Bestimmungen solcher Verträge Niederschlag und Konkretisierung gefunden, ist sie – obwohl grundsätzlich Rechtsfolge und nicht TBVoraussetzung – neben der vertraglich vorgeschriebenen Vertriebspflicht geradezu Indikator der Analogie.

49

aa) Ein- und Mehrfirmenvertreter. Auch als Mehrfirmenvertreter schuldet der HV jedem seiner Unternehmer Interessenwahrung und damit dieselbe Loyalität wie der Einfirmenvertreter229. Allerdings darf der Unternehmer von einem Mehrfirmen-HV naturgemäß nicht den gleichen zeitlichen Einsatz wie von einem Einfirmenvertreter erwarten, ggf. ist jedoch eine dahingehende (konkludente) Abrede denkbar. Interessenkollisionen sind möglich230, aber nach dem Veranlasserprinzip aufzulösen. In jedem Fall muss auch der Mehrfirmen-HV den übernommenen Pflichten gerecht werden231. Vor- und Nachteile der möglw. konkurrierenden Ware muss er gegenüber dem Kunden jedoch wahrheitsgemäß darstellen232.

50

bb) Interessenwahrungspflicht zwischen Haupt- und Untervertreter. Der echte Untervertreter ist in erster Linie zur Wahrung der Interessen des Hauptvertreters verpflichtet233. Deswegen soll er während des bestehenden Vertragsverhältnisses zu dem Hauptvertreter nicht hinter dessen Rücken Absprachen mit dem Unternehmer zur Übernahme der Handelsvertretung des Hauptvertreters treffen dürfen, jedenfalls solange jener noch ungekündigt ist und der Vertrag auch nicht infolge Befristung ausläuft234. Das kann zweifelhaft sein, weil auch das HV-Recht Verträgen keine Statusgarantie gibt und der Untervertreter die Möglichkeit haben muss, rechtssichere Anschlussverträge zu zeichnen. Unmittelbare Pflichten gegenüber dem Unternehmer, mit welchem er nicht in vertraglichen Beziehungen steht, treffen den echten Untervertreter nicht235. Im Zweifel liegt es 228 229 230 231 232

BGHZ 97, 326; 112, 222; Hopt § 86 Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 8; Hopt § 86 Rn 24. Hopt § 86 Rn 24. BGH, Urt. v. 27.02.1981 – I ZR 39/79, DB 1981, 1772. BGH, Urt. v. 27.02.1976, NJW 1979, 2491; Hopt § 86 Rn 24.

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233

234 235

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46. BGHZ 42, 59 mit abl. Bespr. v. Brunn DB 1964, 1841; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 48. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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jedoch im Interesse des Hauptvertreters, dass der Untervertreter auch die Interessen des Unternehmers, für welchen der Hauptvertreter tätig ist, wahrnimmt236. Eine Verletzung der Pflichten oder der Interessenwahrungspflicht des HV gegenüber seinem Untervertreter und vice versa kann zugleich pflichtwidrig gegenüber dem Unternehmer sein, wenn hierfür ein sachlicher Grund fehlt und der Unternehmer geschädigt wird237. b) Zeitlicher Anwendungsbereich und vorvertragliche Treupflichten. Gem. § 86 Abs. 1 51 Hs 2 hat der HV „bei“ der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen. Jedoch ist die Interessenwahrnehmungspflicht nicht nur bei oder bis zur Ausführung der Hauptpflichten sondern in jeder Situation wahrzunehmen238, etwa auch während der Geschäftsabwicklung239. Es handelt sich um eine beispielhafte Hervorhebung. Die Interessenwahrungspflicht besteht vertragsbegleitend. Sie beginnt mit Vertragsbe- 52 ginn (nicht Vertragsabschluss) und endet mit Vertragsende240. Vor Vertragsbeginn und nach Vertragsende241 treffen die Parteien (meist schwächere) Treupflichten aus der Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) sowie ebenfalls schwächere nachvertragliche Treupflichten242, möglicherweise auch gesondert im Vertrag niedergelegte Pflichten, die Verschwiegenheitspflicht des § 90 bzw. ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, nicht jedoch die vertragsbegleitende Interessenwahrungspflicht. aa) Vorvertragliche Treupflichten. Die von der Interessenwahrungspflicht zu separie- 53 rende vorvertragliche Treupflicht verpflichtet den HV bereits vor Vertragsschluss zur Loyalität gegenüber dem Unternehmer, sofern durch die Verhandlungen Schutzpflichten erwartet werden dürfen. Sie beginnt spätestens mit Aufnahme ernsthafter Vertragsverhandlungen243. Bei Scheitern der Verhandlungen besteht eine Verschwiegenheitspflicht analog § 90 in Bezug auf die dem HV anlässlich der Vertragsverhandlungen bekannt gewordenen und anvertrauten Geheimnisse244. Insbesondere muss der HV – alles unterlassen, was den vorgesehenen Vertragszweck vereiteln oder erschweren könnte – über vorvertraglich mitgeteilte Vertragsgeheimnisse Vertraulichkeit bewahren245 – Den Unternehmer vor Vertragsschluss vollständig über alle wesentlichen, auch persönlichen Umstände unterrichten, die bei objektiver Würdigung aus der Sicht des Unternehmers für dessen Entscheidung zum Abschluss des HV-Vertrags von Bedeutung sein können246, z.B. über solche, die der Vertragsdurchführung entgegenstehen könnten247. 236 237 238

239 240

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46. BGH WM 1992, 2026; Hopt § 86 Rn 25. OLG Koblenz BB 1973, 866; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 48; Hopt § 86 Rn 20; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 1; Hopt § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 31. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 9; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 11.

241 242 243 244

245 246 247

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2; Hopt § 86 Rn 20, 45. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 12. Hopt § 86 Rn 45; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2.

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Vorvertragliche Aufklärungspflichten können daher, je nach der Natur des HV-Vertrages bestehen über • Verschuldung248 • Stellung im Kundenkreis249 • Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung250 • Mangelnde oder bestehende Kenntnisse und Fähigkeiten251 • Konkurrenzvertretungen252 • die Absicht, die HV-Tätigkeit alsbald aufzugeben wohl aber nicht über: • Vertragsverhandlungen mit Wettbewerbern253, es sei denn, der Unternehmer äußert Vertrauliches und würde dies in Kenntnis möglicher Wettbewerbstätigkeit nicht tun.

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bb) Nachvertragliche Treupflichten. Die nachvertragliche Treupflicht fordert etwa – nichts zu unternehmen was den Vertragszweck, insbesondere den vertraglich vorausgesetzten Erfolg oder den Bestand der vermittelten Geschäfte vereiteln oder erschweren könnte254, selbst wenn der Unternehmer dem HV die Provision vorenthält255 – anfragende Kunden auf das Ende des HV-Vertrages hinzuweisen256. Sie fordert nicht – nach Vertragsende das Abwerben von Kunden oder die nachvertragliche Tätigkeit für einen Wettbewerber zu unterlassen257, soweit diese Tätigkeit nicht wettbewerbswidrig erfolgt. Denn dem HV obliegt ohne gesonderte Vereinbarung kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (arg. e § 90a).

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c) Inhalt der Interessenwahrungspflicht. Die Interessenwahrungspflicht ist weitergehend als die bloße Treupflicht, die bei einem HV-Vertrag – über das in § 241 Abs. 2 BGB Geregelte hinaus – beide Parteien zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Vertragspartners verpflichtet. Gleichzeitig begründet sie eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB258, vor allem beim Abschlussvertreter. Die Treupflichten obliegen beiden Vertragspartnern, die Interessenwahrungspflicht dagegen nur dem HV. Dies ist auch sachgerecht. Die vertragstypische Leistung erbringt der HV, nämlich die Vermittlungs- und Abschlusspflicht. Hierbei sind die Schädigungsmöglichkeiten gegenüber dem Unternehmer größer als reziprok, weil der HV den Unternehmer nach außen repräsentiert, während sich die Verpflichtung des Unternehmers zuvörderst auf die Zahlung von Geld beschränkt. Dass es gleichwohl einen großen Anwendungsbereich für die Treupflicht des Unternehmers gegenüber dem HV gibt, ist allerdings unbestritten. 248 249 250 251 252

253 254

255 256

OLG Nürnberg BB 1960, 956; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2. Hohn DB 1971, 94 (96); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. AA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a. OLG Köln MDR 1967, 1026; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 9. LG Düsseldorf WRP 1969, 462 (463); Eben-

436

257

258

roth/Löwisch § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 11. BGH, Urt. v. 19.11.1970 – VII ZR 47/69, BGHZ 55, 45 (57, 58) = NJW 1971, 462; BGH, Urt. v. 28.01.1993 – I ZR 294/90, ZIP 1993, 703 (704); BGH, Urt. v. 14.01.1999 – I ZR 2/97, EBE 1999, 204 (206); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 9. RGSt 71, 366; OLG Hamm JMBlNW 1956, 58; 1964, 1399; OLG Koblenz MDR 1968, 779; OLG Köln MDR 1967, 1026; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 2; Perron in: Schönke/ Schröder/Lenckner § 266 Rn 25.

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Der HV ist infolge der Interessenwahrungspflicht zur umfassenden Wahrnehmung der 57 Belange des Unternehmers verpflichtet, wobei er auch außervertraglich den Unternehmer nicht schädigen darf259. Er muss alles tun, was im Interesse des Prinzipals erforderlich ist und alles unterlassen, was dessen Interessen widerspricht oder widersprechen kann260 und sich jederzeit ihm gegenüber loyal verhalten261. Unerheblich ist dabei, ob er einen oder mehrere Unternehmer vertritt. Der HV steht nicht als „ehrlicher Makler“ unparteiisch zwischen Unternehmer und Kunden oder gar im Lager des Kunden262. Er ist vielmehr einseitig nur Interessenswahrer des vertretenen Unternehmens263. Dass der HV gegenüber eigenen Interessen, insb. dem Provisionsinteresse, grundsätz- 58 lich den Interessen des Unternehmers Vorrang zu geben hat264 mag als Grundregel oder besser „Vermutung“ richtig sein. Gleichwohl kann der Vorrang nur für gleichgewichtige Interessen gelten. Es ist also in jedem Einzelfall abzuwägen, welches Gewicht die Interessen des Unternehmers und des HV einnehmen265. Überwiegen die Interessen des HV auch im Lichte der ihm gegenüber dem Unternehmer obliegenden Pflichten erheblich, kommt ihnen Vorrang zu. Will der HV in diesem Fall seinen eigenen Interessen Vorrang einräumen, muss er kündigen266. Ein Vorrang des Unternehmerinteresses scheidet nicht erst dort aus, wo sich der Unternehmer willkürlich und ohne Grund über die schutzwürdigen Belange seines HV hinwegsetzt267. Ein Vertragspartner, der sich selbst treuwidrig verhält, kann sich auf eine Pflichtverletzung des anderen Vertragspartners, die aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens erfolgt, nicht berufen268. d) Untergruppen der Interessenwahrungspflicht. Die Interessenwahrnehmungspflicht 59 muss durch konkrete Pflichten ausgefüllt werden269. Es gibt eine weitverzweigte Kasuistik. Folgende Neben- oder Unterpflichten des Vertreters werden aus der Interessenwahrnehmungspflicht abgeleitet: aa) Aufbewahrungspflicht. Als Ausprägung der Interessenwahrungspflicht270 hat 60 der HV die vom Unternehmer für die Vertragstätigkeit überlassenen Gegenstände, insbesondere eingenommene Gelder, Muster, Preislisten, Geschäftsunterlagen, Werbematerial und Vorführgeräte, sorgfältig aufzubewahren271 und vor unbefugtem Zugriff zu 259

260

261

262 263 264

Missverständlich Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16: Interessenwahrungspflicht nur im Rahmen der Diensteistungspflicht. BGHZ 42, 59 (61); BGH DB 1988, 751; EBE 1999, 13 (15); OLG Koblenz, BB 1973, 866; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 3; Oetker/ Busche § 86 Rn 13; Thume in Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 14; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 1; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 29; Schröder § 86 Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16, 29. BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. OLG Koblenz BB 1973, 866; Küstner/ Thume I Rn 456; Westphal I Rn 215. OLG Koblenz BB 1973, 866; Küstner/ Thume I Rn 457; Westphal I Rn 215; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86

265 266 267 268 269 270

271

Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16, 18. Vgl. Küstner/Thume I Rn 457. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7. Zu dieser Grenze BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219. OLG München, Urt. v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08. Westphal I Rn 216. BGH WM 1993, 1596; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54: Rechtsgrundlage ist „Treu und Glauben“. BGH, Urt. v. 07.04.1993 – VIII ZR 133/92, NJW-RR 1993, 926; OLG Celle BB 1958, 894; Hopt § 86 Rn 17; Thume BB 1995, 1913 (1916) für Musterkollektion; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 16; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54; Schröder § 86a Rn 6.

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sichern272. §§ 388, 390 gelten entsprechend273. Eine Versicherungspflicht besteht ohne gesonderte Vereinbarung nicht274, wobei umstritten ist, ob § 86a Abs. 3 der Vereinbarung einer Versicherungspflicht entgegensteht – wofür einiges spricht275. Die Anforderungen an die zu beachtende Sorgfalt steigern sich mit dem Wert der Gegenstände276. Vertragswidrig wäre insbesondere: 61 – die unsichere Verwahrung, welche es ermöglicht, dass Dritte Kenntnis von Geschäftsgeheimnissen erlangen277 oder Eigentum des Unternehmers stehlen können278 – wenn der HV eine ihm überlassene Schmuckkollektion im Wert von rund 35.000 EUR über die Mittagszeit in einem Fahrzeug ohne besondere Sicherungsvorkehrung belässt, welches auf einem unbewachten Parkplatz in der Nähe einer Fußgängerzone abgestellt ist, und sich für etwa 40 Minuten entfernt279 – die Nutzung oder Duldung des Kopierens überlassener Unterlagen durch Dritte280 – der Selbstverbrauch281 – die Veräußerung der verwahrten Gegenstände282. Wird die Aufbewahrungspflicht verletzt oder die Rückgabe (s.u. zur Herausgabe62 pflicht) unmöglich, so kann der HV gemäß § 280 BGB haften.

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bb) Bonitätsprüfungspflicht. Einen Unterfall der Interessenwahrungspflicht bildet auch die Bonitätsprüfungspflicht283. Allerdings ist sie im Lichte des dem HV Zumutbaren und Möglichen auszulegen284. Der Grundsatz ist, dass der HV im Rahmen des Zumutbaren die Bonität, Kreditwürdigkeit und kaufmännische Zuverlässigkeit jedes Kunden zu prüfen285 und das Ergebnis dem Unternehmer unverzüglich, spätestens bei Meldung des Geschäfts286, mitzuteilen hat. Je nach Sachlage muss der HV eine Auslieferung der Ware ohne Prüfung verhindern287. Das gilt in erster Linie für neu geworbene Kunden288. In der Praxis ist diese Pflicht schwach entwickelt. Nachträglich erhaltene Informationen und Bedenken sind unverzüglich weiterzuleiten. Insbesondere hat der HV solche Informationen einzuholen, die ohne Kosten und Schwierigkeiten zugänglich

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 16. Hopt § 86 Rn 17. Thume BB 1995, 1913 (1914 f); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 16; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 6; aA LG Hannover MDR 1984, 1028. AA Hopt § 86 Rn 17. BGH NJW-RR 1993, 926; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 16; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64. BGH BB 1993, 1105; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54. LAG Düsseldorf DB 1960, 813; Küstner/ Thume I Rn 617; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64.

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IHK Berlin, Handelsbrauch- u. HV-Recht, 1952, Gutachten Nr. 183; Küstner/Thume I Rn 617; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64; Schröder § 86a Rn 6. RGZ 18, 112; OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Rumpf AcP 119 (1921), 1, 92; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; Hopt § 86 Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 14; Hopt § 86b Rn 1; Schröder § 86 Rn 17; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 86b Rn 1. RGZ 18, 112; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; Hopt § 86 Rn 21; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 17. OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Hopt § 86 Rn 21. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10.

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sind289. Das allerdings sagt noch nichts über den Umfang der Prüfungspflicht im Detail. Der HV hat sich nur in seinem geschäftlichen Umfeld über die Bonität des Kunden zu erkundigen. Ein HV ist kein Detektiv, sondern (regelmäßig) Kaufmann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht verpflichtet, detektivische Ermittlungen einzuleiten, um die Bonität des Kunden zu sondieren. Insb. ist er nicht verpflichtet, kostenpflichtige Auskünfte, etwa Creditreform oder Schimmelpfeng-Auskünfte einzuholen, sofern entsprechendes nicht ausdrücklich vereinbart wurde290. Ob er bis zum Beweis des Gegenteils der allgemeinen Meinung folgen darf291, ist angesichts seiner Untersuchungspflicht fraglich. Da er andererseits Zweifeln über die Bonität des Kunden nachzugehen hat (auch wenn er sie nicht selbst teilt)292, mögen solche Auskünfte gefordert sein, falls es konkrete Zweifel gibt. Aber was der HV ohne Kosten und Schwierigkeiten über die Kreditwürdigkeit des neuen Kunden in Erfahrung bringen kann, darum hat er sich zu bemühen. Möglicherweise kommen ihm Informationen insoweit auch ungefragt zu. Ungünstige Informationen hat er in jedem Falle weiterzugeben, aber auch Hinweise auf Quellen, die ihm einstweilen nicht zuverlässig erscheinen: das Urteil über die Stichhaltigkeit hat er dem Unternehmer zu überlassen293. Bleibt er ohne solche, hat er den Unternehmer bei seinem Bericht über das vermittelte Geschäft (§ 86 Abs. 2, zweite Alt.) darauf hinzuweisen, dass die Kreditwürdigkeit nicht geprüft sei, um dem Unternehmer Gelegenheit zu geben, seinerseits diesem Punkt nachzugehen. Der Mittler hat insbes. auf Zweifel hinweisen, damit der Unternehmer von sich aus das Erforderliche veranlassen kann294. Er ist auch gehalten, aus seiner besseren Kenntnis heraus eine beim Unternehmer erkennbar vorhandene Fehlvorstellung über die Kreditwürdigkeit des Kunden richtigzustellen. Auch muss der HV deutlich auf den Verdacht hinweisen, der Kunde werde Zahlungsziele nicht einhalten oder säumig werden295, auch auf Einschätzungen oder Zweifel Dritter, sogar Gerüchte, selbst wenn sie der HV nicht teilt296. Höchstkredite für einen Kunden darf er nur aufgeben, wenn sichere Anhaltspunkte für deren Vertretbarkeit bestehen297. Einer solchen Prüfung bedarf es nur dann nicht, sofern sich der HV aufgrund seiner 64 Erfahrung auf den äußeren Anschein der Solvenz verlassen kann298 oder wenn eine ständige Geschäftsbeziehung ohne Beanstandungen dafür spricht, der betreffende Kunde werde seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen wie bisher ordnungsgemäß nachkommen299. Gleiches gilt bei Kenntnis des HV, ein neugeworbener Kunde habe bei anderen

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. AG Coburg HVR Nr. 95; Küstner/Thume I Rn 451; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. So OLG Düsseldorf HVR (54) Nr. 59; Hopt § 86 Rn 21. BGH BB 1969, 1196; OLG 11, 23; Küstner/ Thume I Rn 451; Hopt § 86 Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Vgl. hierüber RG LZ 1927 Spalte 1269 (dort war der Verpflichtung genügt worden) und BGH BB 1969, 1196 (der HV kann sich nicht damit entlasten, dass er, falls das Geschäft wegen der ausbleibenden Zahlung des Kunden „platzt“, ja auch keine Provi-

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sion erhalte, er also wegen des einschlagenden eigenen Interesses nur für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einzustehen brauche). BGH BB 1969, 1196; OLG 11, 23; Küstner/ Thume I Rn 451; Hopt § 86 Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Küstner/Thume I Rn 451. BGH, Urt. v. 19.06.1969 – VII ZR 39/67, DB 1969, 1787 = BB 1969, 1196; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 29; Hopt § 86 Rn 21. LG Heidelberg BB 1955, 942; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. AG Coburg HVR Nr. 95; Küstner/Thume I Rn 449. Küstner/Thume I Rn 449; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10.

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vom HV vertretenen Unternehmen pünktlich gezahlt300. Eine Prüfungspflicht besteht aber im vorgenannten Umfang bei Geschäftsaufnahme mit neuen Kunden, besonders, wenn der HV sie warb301. Einer ständigen Überprüfung muss der HV bekannte Kunden nicht unterziehen302. Die Bonitätsprüfungspflicht lebt jedoch wieder auf, falls der HV eine entsprechende Weisung des Unternehmers oder Hinweise auf eine Verschlechterung der Bonität erhalten hat303. Solchen Hinweisen hat der HV nachzugehen und den Unternehmer selbst dann unverzüglich vom Ergebnis zu unterrichten, wenn das vermittelte Geschäft bereits abgeschlossen ist304. Insbesondere nachträglich aufgetretene Bedenken wegen der Kreditwürdigkeit hat der HV dem Unternehmer zu unterbreiten305: möglicherweise hat dieser den vermittelten Abschluss noch nicht bestätigt, möglicherweise steht er unmittelbar vor weiteren Abschlüssen mit dem Kunden. Sogar Informationen, welche der HV erst nach Geschäftsabschluss erhält, hat er an den Unternehmer weiterzuleiten306. Rechtstechnisch zählt dies zur Nachrichtspflicht307. Nach der Abwicklung des Geschäfts kann die Prüfung und Unterrichtung unterbleiben, sofern Folgegeschäfte mit dem Kunden nicht anstehen308. Ist der HV zur Prüfung der Bonität unfähig oder ergibt jene kein klares Bild, ist dies dem Unternehmer mitzuteilen. Der Unternehmer mag dann entscheiden, ob er das Geschäft schließt oder selbst forscht. Die Bonitätsprüfungspflicht obliegt dem HV auch bei kleineren Aufträgen309. Sie ver65 größert sich proportional zur Höhe der finanziellen Gefährdung des Unternehmers310. Besonders hohe Auftragssummen erfordern eine außergewöhnlich sorgsame Prüfung. Da der Unternehmer die Bonität des Kunden nicht untersuchen kann, wenn der HV als Abschlussvertreter vor Abschluss keine Rückfrage beim Unternehmer hält, muss der HV in einer solchen Situation gerade bei Neukunden besonders sorgsam sondieren311. Im Falle von Zweifeln hat der Abschlussvertreter beim Unternehmer rückzufragen und Weisungen einzuholen312 oder sich auf die Tätigkeit als Vermittlungsvertreter zu beschränken. Bei Verletzung seiner Bonitätsprüfungspflicht haftet der HV313, auch für Fahrlässig66 keit314. Jedoch haftet der HV nicht für die unbedingte Richtigkeit einer Bonitätsauskunft315, sondern nur für pflichtwidriges, der verkehrsüblichen Sorgfalt widersprechendes316 Verhalten. Haftungsfälle stehen kaum im Mittelpunkt gerichtlicher Entscheidungen. 300

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LG Bonn HVR Nr. 60; Küstner/Thume I Rn 450; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 14; Schröder § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 59. Hopt § 86 Rn 21. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. Hopt § 86 Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. AG Coburg HVR Nr. 95; Küstner/Thume I Rn 451.

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Vgl. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. RG JW 1919, 450; OLG Düsseldorf HVR Nr. 59; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 11; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 86b Rn 1. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17.

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Leitet ein HV eine ungünstige Kreditauskunft nicht weiter, weil er sie für bedeutungslos hält, besteht eine zum Schadenersatz317 sowie zur außerordentlichen Kündigung318 berechtigende Pflichtwidrigkeit. Die Grenze zur Pflichtwidrigkeit ist eher höher anzusetzen319, und zwar weil der HV – wie ausgeführt – kein Detektiv ist. Zudem bleibt dem HV der Beweis alternativer Kausalität wie der Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB)320. Hätte er selbst bei pflichtgemäßem Verhalten kein zutreffendes Bild über die Vermögenslage des betreffenden Kunden gewinnen können, so fehlt es an einem vorwerfbaren Schaden321. Das Gleiche gilt, sofern der HV nachweisen kann, der Unternehmer hätte auch nach Warnung oder Information über die nicht vorgenommene Prüfung das Geschäft mit dem Kunden geschlossen. Wenn der Unternehmer in vergleichbaren Fällen geliefert hat, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, er hätte gleiches auch im streitigen Fall getan. Der Umfang der Prüfungspflicht darf vertraglich erweitert werden, mittels AGB je- 67 doch in mehr als unerheblichem Umfang nur bei angemessener Vergütung322. Kommt die vertragliche Erweiterung einer Delkrederehaftung nahe, gilt § 86b. Die zu weitgehende Einstandspflicht kann den HV zum „unechten HV“ i.S.d. LL zur GVO 330/10 machen (Vor § 84 Rn 223 ff). cc) Förder- und Loyalitätspflicht. Die Förder- und Loyalitätspflicht ist der Kern der 68 Interessenwahrungspflicht. Der HV steht zum Unternehmer im Verhältnis gegenseitiger Loyalität, die vom BGH323 und auch sonst oft mit dem auch aus dem Gesellschaftsrecht bekannten Ausdruck der Treupflicht bezeichnet wird, welche allerdings durch die stärkere und speziellere Interessenwahrungspflicht, deren Ausprägung die Loyalitätspflicht ist, überlagert wird. Ein HV ist kein unparteiischer Makler zwischen den Parteien324 sondern parteiischer Interessenwahrer des Unternehmers. Daraus erwachsen für den HV einige allgemeine Pflichten, Handlungspflichten und – praktisch fast noch wichtiger – Unterlassungspflichten. Der HV hat die Interessen und Geschäfte des Auftraggebers mit voller Kraft zu fördern, günstige Geschäfte für ihn herbeizuführen325 und ihm loyal zur Seite zu stehen, und zwar vertragsbegleitend während der gesamten Laufzeit des Vertrages326. Ziel seiner Tätigkeit muss es sein, sich um das Optimum des geschäftlichen Erfolges für den Unternehmer zu bemühen. Einen „Dienst nach Vorschrift“ verbietet nicht nur die Verpflichtung zur Vermittlung und zum Abschluss selbst, sondern auch die Interessenwahrnehmungspflicht. Gleichwohl darf er den Kunden nicht bewusst schädigen (zur Haftung des HV gegenüber dem Kunden Rn 210 f). Der allgemeinen Förderungs- und Loyalitätspflicht sind folgende Pflichten des HV zuzuordnen. Der HV darf nicht (siehe auch oben zur Vermittlungs- und Abschlusspflicht sowie unten zum Verbot der Nachteilszufügung): – einen anderen HV des Unternehmers abwerben327, auch nicht für einen Dritten, der kein Wettbewerber ist 317

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BGH, Urt. v. 19.06.1969 – VII ZR 39/67, DB 1969, 1787; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10. Wohl auch Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61. OLG Düsseldorf HVR Nr. 59; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 11.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. BB 1966, 999. BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. BGH MDR 1977, 644; Hopt § 86 Rn 21.

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– Bestechungsgelder fordern oder annehmen328. Der HV kann sich bei deren Annahme gem. §§ 299 StGB strafbar machen329. Der Einwand, der Abschluss wäre ohnehin nicht zu besseren Konditionen zustande gekommen, leugnet nur den Schaden, rechtfertigt jedoch nicht den Vertrauensverlust330 – zugleich als Makler für einen Kunden tätig sein, weil der Unternehmer dann nicht mehr der uneingeschränkten Loyalität des HV sicher sein kann331 – seinen Einsatz in Kleinaufträgen verzetteln, wenn darüber die Möglichkeit eines lohnenden Großauftrages vernachlässigt wird – als Bezirksvertreter mit Abschlussvollmacht, falls sein Vertragsverhältnis sich dem Ende nähert – etwa in der Zeit nach ausgesprochener Kündigung –, vermehrt sog. Jahresverträge mit den bezirksansässigen Kunden vermitteln und abschließen, d.h. solche Verträge, deren Abwicklung sich noch längere Zeit nach Ende seines HV-Verhältnisses hinziehen und ihm hierfür weitere Provisionen sichern wird, weil er dadurch die kontinuierliche Betreuung des Bezirks zu seinem eigenen Nutzen blockiert und dem Unternehmer die Gewinnung eines Nachfolgers erheblich erschwert – spiegelbildlich als Versicherungsvertreter Verträge mit untypisch kurzer Laufzeit vermitteln, um nach Ende der Laufzeit und des HV-Vertrages die Verträge auf einen neuen Versicherer umzudecken. Hat der Unternehmer solche Verträge angenommen wird es an einem Schaden fehlen – als Vermittlungsvertreter, dem gegenüber Mängelrügen, Zurverfügungstellungen und ähnliche rechtswahrende Akte des Kunden mit Wirkung gegen den Unternehmer erklärt werden können (§ 91 Abs. 2; das gleiche gilt für den Abschlussvertreter nach § 55 Abs. 4), die Entgegennahme solcher Erklärungen verweigern (selbst wenn er das mit rechtlicher Wirkung vermöchte) und den Kunden an den Unternehmer verweisen. Er muss sich hierfür bereithalten, schon um den Kunden nicht noch mehr zu verärgern. Ob er, weil er es darf, auch verpflichtet ist, von sich aus die Rechte des Unternehmers auf Sicherung des Beweises geltend zu machen, wird von dem Grade der bei ihm vorauszusetzenden rechtlichen Gewandtheit abhängen. Bei HV im Nebenberuf wird das im Allgemeinen nicht der Fall sein, eher schon beim Inhaber einer kaufmännischen Agenturfirma. Wo nicht, setzt dann aber jedenfalls die sofortige Berichtspflicht über die Bemängelung des Kunden ein; der HV wird daraufhin zum Unternehmer zu den zu ergreifenden Schritten angewiesen werden können, mindestens zur Beauftragung eines vom HV an Ort und Stelle auszuwählenden Anwalts. Dagegen fordert die Förder- und Loyalitätspflicht vom HV etwa: 69 – Handelsbücher zu führen332 – den Unternehmer vor Schäden zu bewahren333.

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dd) Informationspflicht. Die allgemeine Informationspflicht wird überwiegend aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitet. Nach der hier eingenommenen Ansicht handelt es sich um einen Unterfall der Nachrichtspflicht des Abs. 2. Als solcher Unterfall

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7; Hopt § 86 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 38. Hopt § 86 Rn 23. Hopt § 86 Rn 23. BGH NJW 1974, 137; Hopt § 86 Rn 20;

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 32. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7.

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wird die allgemeine Informationspflicht hier systematisch eingeordnet und daher unten, Rn 138 ff behandelt. Sie trifft analog § 86 auch den Vertragshändler334 und FN335. ee) Marktbeobachtungspflicht. Der HV ist nicht nur dazu berufen und bestellt, sich 71 um Geschäftsabschlüsse zu bemühen. Er ist zugleich der Außenposten des Unternehmers am Markt, dessen Puls er fühlt und dessen Strömungen ihm vor allem einsehbar werden. Seine nicht geringste Aufgabe ist es, ständig den Markt zu beobachten und zu prüfen. Marktlücken ausfindig zu machen336; Aufnahmefähigkeit, Wünsche oder Geschmacksrichtung des Interessentenkreises aufzuspüren, gesetzliche Schranken, die sich dem Vertrieb entgegenstellen, zu verfolgen, das Auftauchen von Konkurrenzfabrikaten im Auge zu behalten, Verletzungen gewerblicher Schutzrechte des Unternehmers zu registrieren und über alles dem Unternehmer zu berichten. Gerade hier wird seine Stellung als die eines Wahrers der Interessen des Unternehmers am reinsten sichtbar337. Wieweit er die Möglichkeiten der Verwertung technischer Neuerungen in seine Beobachtungen einzubeziehen hat, ist Tatfrage und wohl nur dann zu bejahen, wenn die Verhältnisse gerade in seinem Vertreterbezirk das nahe legen und seinem Urteil das entsprechende technische Verständnis unterstellt werden darf; sonst aber wird derartiges nicht zu seinen Aufgaben gehören. ff) Organisationspflicht. Der HV muss seinen Geschäftsbetrieb so organisieren, ein- 72 richten und ausstatten (insbes auch technisch), dass er die vertraglich übernommenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann338. Erforderliches Personal hat er einzustellen339. Ggf. hat er das Unternehmen an den Wettbewerb anzupassen. gg) Prüfungspflicht. Teil der aus der Interessenwahrungspflicht hergeleiteten Neben- 73 pflichten ist auch die Pflicht zur Prüfung340 der Umstände des Geschäfts, die terminologisch unzureichend von der Nachrichtspflicht abgrenzend auch als Informationspflicht bezeichnet wird. Gemeint ist nicht die Erteilung von Informationen an den Unternehmer, sondern die Einholung von Informationen durch den Vertreter. Die hier angesprochene Prüfungspflicht ist Vorstufe der Nachrichtspflicht. Denn ohne vorherige Prüfung kann es keine substantiellen Nachrichten an den Unternehmer geben. Der HV muss sich über alles informieren, was für den Vertrag und den Unternehmer relevant sein könnte, wobei – nicht anders als bei der Bonitätsprüfungspflicht – keine detektivischen Ermittlungen geschuldet sind. Ausprägung dessen ist etwa die Bonitätsprüfungspflicht, die ihrer Bedeutung wegen oben Rn 63 ff gesondert beschrieben wurde. Eine Nachforschungspflicht besteht insbesondere bei sich aufdrängenden oder konkreten Verdachtsmomenten. Nicht zu den Prüfungspflichten des Vertreters gehört es ohne entsprechende Regelung im HV-Vertrag regelmäßig, sich nach öffentlich-rechtlichen Erlaubnissen des Geschäfts-

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 290; Westphal II Rn 159; Stumpf/Jaletzke/Schultze, Rn 287; Ulmer S. 433. Höpfner in: Giesler, Franchiserecht, § 7 Rn 20; aA Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 296. OLG Celle BB 1970, 228; Rumpf AcP 119 (1921), 1 (89); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86

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Rn 19; Hopt § 86 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 45. Rumpf AcP 119, 89/90. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 4; Schröder § 86 Rn 3. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62.

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partners zu erkundigen341 (der HV ist kein Rechtsanwalt). Die Grenze wird bei den rein kaufmännisch-wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden zu ziehen sein. Die Prüfungsobliegenheit kann stillschweigend vereinbart sein, wenn der Unternehmer einen HV mit ausgewiesenen Rechtskenntnissen und Erfahrung auf diesem Gebiet beauftragt342. Weiß der HV jedoch um öffentlich-rechtliche Hindernisse, wird er solche Kenntnis dem Unternehmer gegenüber nicht unterdrücken dürfen. Der HV muss auch diesbezüglich konkreten Verdachtsmomenten nachgehen343.

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hh) Verbot der Nachteilszufügung. Aufgrund seiner Loyalitätspflicht muss der HV Nachteile vom Unternehmer abwenden344, Rücksicht nehmen und schädigendes Verhalten unterlassen345. Denn wenn von ihm Interessenwahrnehmung gefordert ist, darf er dem Unternehmer keine Nachteile oder Schäden zufügen, sondern hat solche abzuwenden346. Der Übergang zur mehr das aktive Verhalten betonenden Förderungs- und Loyalitätspflicht ist fließend. Häufig ist eine verbotene Nachteilszufügung aber nichts anderes als unterlassenes Fördern bzw. unterlassene Loyalität. Will der HV die gebotene Rücksichtnahme nicht nehmen, muss er den Vertrag (außerordentlich) kündigen347. Eine verbotene Nachteilszufügung bildet insbesondere – der Abschluss nachteiliger, risikobelasteter oder solcher Geschäfte, an denen der Unternehmer kein Interesse haben kann (etwa wegen bekannter Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Kunden)348 – Geschäfte anzubahnen, bei denen Bedenken hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit der Kunden bestehen. Von solchen Geschäften ist im Zweifel Abstand zu halten349 – das leichtfertige Äußern strafrechtlicher Vorwürfe gegenüber einem wichtigen Kunden des Unternehmers350 – die Herabsetzung des Ansehens des Unternehmers oder des zu vertreibenden Produkts351, jedoch darf der HV das Produkt wahrheitsgemäß mit seinen Vor- und Nachteilen darstellen352 – die Konkurrenz des HV zum Unternehmer (Rn 76 ff)353. Insbesondere darf der HV Geschäfte mit Kunden, auf die sich seine Vertriebspflicht bezieht, nicht auf eigene Rechnung abschließen354 oder Dritten vermitteln355 – Kunden dazu zu bewegen (oder damit zu drohen), geschlossene Verträge zu stornieren und Schadenersatz vom Unternehmer zu fordern356

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OLG Hamm BB 1968, 1017; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5; Hopt § 86 Rn 13; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62. BGH, Urt. v. 18.06.1964 – VII ZR 254/62, BGHZ 42, 59 (61) = NJW 1964, 1621; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6; Hopt § 86 Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. BGH, Urt. v. 18.06.1964 – VII ZR 254/62, BGHZ 42, 59 (61) = NJW 1964, 1621; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 7; Schröder § 86 Rn 17. OLG Köln VersR 2002, 482. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6. Hopt § 86 Rn 24; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6. OLG München NJW-RR 1995, 1186 (1187); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6. OLG Koblenz BB 1973, 866; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 6; Hopt § 86 Rn 21.

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– die Abwerbung von Personal des Unternehmers, gleich ob Angestellte oder HV357 – Personal oder Mitarbeitern des Unternehmers Hilfestellung bei einer Kündigung zu leisten358 – eigenes Provisionsinteresse ggf. gegenüber den Interessen des Unternehmers voranzustellen – gegenüber Dritten oder Kunden geäußerte Kritik an den Waren des Unternehmers359 – eine Absprache des Untervertreters mit dem Unternehmer betreffend die Kündigung des Hauptvertreters und die Übernahme seiner Vertretung360 – das Verhindern von Geschäftsabschlüssen: Der HV darf potentielle Kunden nicht vom Vertragsschluss mit dem Unternehmer abhalten, wenn hierfür keine zwingenden Gründe existieren361 – Wettbewerbswidriges Verhalten, so dass Verstöße gegen das UWG regelmäßig auch eine Verletzung der Interessenwahrnehmungspflicht darstellen. Überholt dürfte es nach heutigem Verständnis von der Selbständigkeit des Vertriebsmittlers sein, die ohne Zustimmung erfolgte Umwandlung eines Mittlers, etwa eines Vertragshändlers, vom Einzelkaufmann in eine haftungsbeschränkte Gesellschaft als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu werten, weil durch die Umwandlung die Gefahr bestehen konnte, dass die Forderungen des Unternehmers ohne die vormals bestehende unbeschränkte, nun aber beschränkte Haftung des Vertragshändlers gefährdet wären362. Hier kann sich der Unternehmer genügend durch Vorkasse, ggf. durch die gerade im investitionsintensiven Bereichen häufige Einforderung einer Bürgschaft des vormaligen Einzelkaufmanns und nunmehrigen Gesellschafters sichern, wobei es von Seiten des Unternehmers nicht unangemessen ist, angesichts der vormaligen persönlichen Haftung des Einzelkaufmanns derartige Sicherungsrechte einzufordern. ii) Verbot der Nutzung von Geschäftschancen des Unternehmers. Der HV darf keine 75 Geschäftschancen des Unternehmers wahrnehmen, d.h. Geschäfte mit Kunden, die er dem Unternehmer zuzuführen hat, nicht auf eigene Rechnung abschließen oder Dritten vermitteln363. Es handelt sich um eine Gruppe, die auch als Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot begriffen werden könnte. Jedoch wird unter dem Gesichtspunkt „Wettbewerbsverbot“ heute überwiegend die unzulässige Übernahme von Konkurrenzvertretungen diskutiert (hierzu im Folgenden). jj) Wettbewerbs- oder Konkurrenzverbot (1) Wettbewerb im Allgemeinen. Das vertragsbegleitende Konkurrenzverbot ist die in 76 der Praxis bedeutendste aus der Interessenwahrungspflicht abgeleitete Unterlassungspflicht. Das Wettbewerbsverbot vertraglich vorzuschreiben ist nicht erforderlich, da es

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BGH MDR 1977, 644; BGH, Urt. v. 01.06.1983 – I ZR 78/81, BB 1983, 2136; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. OLG München BB 1994, 1104; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 6.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. BGHZ 42, 61; Hopt § 86 Rn 25. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. BGH BB 1978, 982. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 6; OLG München NJW-RR 1995, 1186 (1187).

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sich bereits aus der Interessenwahrnehmungspflicht ergibt364. Jedoch darf es konkretisiert werden. Das vertragsbegleitende Wettbewerbsverbot ist von dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot des § 90a zu separieren, welches einer besonderen Vereinbarung bedarf. Anders als dem Handlungsgehilfen (§ 60) ist es dem HV gesetzlich nicht untersagt, im 77 Geschäftszweig seines Unternehmers, d.h. in dessen ganzer Ausdehnung, für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen365. Im Gegensatz zum Makler366 muss der HV als Ausfluss der Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 Hs 2367 jedoch selbst ohne vertragliche Vereinbarung alles unterlassen, was ihn in einen Interessenwiderstreit oder eine Wettbewerbssituation zum Unternehmer bringen und dessen Interessen dadurch beeinträchtigen kann368. Die Interessenwahrungspflicht369 gebietet es dem HV aber nur, sich vertragsbegleitend desjenigen Wettbewerbs zu enthalten, der auf dem Gebiet der von ihm zu betreuenden Interessen des Unternehmers liegt370. Außerhalb dieses engen Bereichs darf der HV jede weitere Tätigkeit ausüben, solange ihm genügend Zeit und Ressourcen für die Erfüllung seiner Pflichten gegenüber dem Unternehmer bleibt371. Zweifelsfälle muss der HV mit dem Unternehmer klären372.

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(2) Europarechtliche Präformation. Die RL enthält keine ausdrückliche Regelung über das vertragsbegleitende Wettbewerbsverbot. Jedoch beruht das Wettbewerbsverbot auch auf der Treue373- und Interessenwahrungspflicht des HV, die in Art. 3 Abs. 1 RL festgeschrieben ist. Ob den HV ein Wettbewerbsverbot treffen kann, kann daher nach Art. 267 AEUV Gegenstand einer Vorlage beim EuGH werden374 Nach Ansicht von Canaris375 ist die Zulässigkeit eines Wettbewerbsverbots offensichtlich, so dass nach der acte-claireTheorie376 von einer Vorlage abgesehen werden könne. Aber auch Inhalt und Gegenstand des vertragsbegleitenden Wettbewerbsverbots unterfallen der Vorlagepflicht377.

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BGH, Urt. v. 18.06.1964, BGHZ 42, 59 (62); 52, 177; BGH NJW 1984, 2101; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Thume WRP 2000, 1033 ff; Küstner/Thume I Rn 459; Canaris § 17 Rn 41 ff; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 254; Hopt § 86 Rn 26; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 23. BGH BB 1954, 647. Er ist allenfalls verpflichtet nicht während einer laufenden Vermittlungsbemühung abzuwerben, s. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 18. BGH, Urt. v. 30.01.1963 – VIII ZR 256/61, BB 1963, 448; Urt. v. 15.12.1967 – KZR 6/66, DB 1968, 211; Urt. v. 09.06.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 (172) = NJW 1969, 1662; Urt. v. 25.11.1998 – VIII ZR 221/97, EBE 1999, 13 (15); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 18; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 16; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 33, 34; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a; aA früher OLG Hamburg MDR 1955, 422; enger Birkhahn BB 1961, 1351. Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, § 12 Rn 64; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 18; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. Brunn AcP 163 (1964), 487; Birkhahn BB 1961, 1351; BB 1962, 1108; Leo BB 1962, 1106; Hohn DB 1971, 94; Maier BB 1979, 500; Rittner FS Reinhardt, S. 301; DB 1999, 2097; Hopt § 86 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 18; Schröder § 86 Rn 40a. Eberstein S. 71; Hopt § 86 Rn 27. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 44. Canaris § 17 Rn 46. § 17 Rn 46. EuGH Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257. Hopt § 86 Rn 22; aA Canaris § 17 Rn 47.

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(3) Genese des Wettbewerbsverbots. Dass der HV, der die Interessen seines Unterneh- 79 mens wahrzunehmen hat, diesem keine Konkurrenz machen darf, wurde von Staub/ Brüggemann 4. Aufl.378 als „schlichte Selbstverständlichkeit“379 empfunden und auf die Rechtsprechung des ROHG380 zurückgeführt. Tatsächlich war dieser Befund nicht uneingeschränkt gerechtfertigt. Vor Inkrafttreten des HGB war ein grundsätzliches Verbot der Konkurrenzvertretung 80 unbekannt. Trotz der dauernden Beziehung zu seinem Geschäftsherrn vertrat der HV meist mehrere Unternehmer381. Es war für jeden Einzelfall zu untersuchen, ob sich die Konkurrenztätigkeit mit der Interessenwahrnehmungspflicht des HV vereinbaren ließ382. Im Rahmen des Entstehungsprozesses des HGB wurde das Verbot der Konkurrenzvertretung bzw. ein allgemeines Konkurrenzverbot für den HV eingehend diskutiert. Abweichend von der Handhabung der Praxis sah der erste Entwurf eines HGB von 1895 (RJAE I) ein strenges Wettbewerbsverbot des HV vor. Ihm sollte grundsätzlich verboten sein, im selben Geschäftszweige wie der Geschäftsherr – etwa durch Übernahme weiterer Agenturen – tätig zu werden (§ 64 RJA-E I)383. Jenes strenge Wettbewerbsverbot stieß auf heftigen Widerspruch. Schon in den Beratungen der Kommission zur Begutachtung des Entwurfes eines HGB (sog. „Kommission Handel“) wurde diese Regel als zu weitgehend und für eine große Anzahl von Fällen evident unpassend kritisiert384. In vielen Fällen müsse der Agent, schon um den Kunden überhaupt eine hinreichende Auswahl anbieten zu können, gleichzeitig mehrere Produzenten vertreten dürfen. Zudem könne es sein, dass verschiedene Unternehmer auf ein und denselben HV angewiesen seien. Auch wurde darauf hingewiesen, dass zahlreiche HV, insbesondere Berufsanfänger, in der Tätigkeit nur für einen Unternehmer keinen ausreichenden Verdienst fänden. Zur kompletten Streichung der Vorschrift über die Konkurrenzvertretung konnte man sich zunächst im Interesse der Rechtssicherheit nicht durchringen385. Mehrere Kommissionsmitglieder sprachen sich – quasi als Kompromiss – dafür aus, am Grundsatz des § 64 RJA-E I, d.h. an der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Konkurrenzvertretung, festzuhalten, aber einen ausdrücklichen Vorbehalt zu Gunsten abweichender Handelsbräuche oder abweichender Parteivereinbarungen aufzunehmen. Einige Mitglieder schlugen sogar vor, den Grundsatz umzukehren und den Konkurrenzbetrieb nur dann als unzulässig zu erachten, wenn dies ortsüblich oder vereinbart sei. Die Regelung in § 76 des Entwurfs eines HGB von 1896 (RJA-E II) nahm diese Anregung auf. § 76 Abs. 2 RJA-E II enthielt die Klarstellung, dass die Einwilligung zur Konkurrenz- 81 tätigkeit als erteilt gelten solle, falls dem Geschäftsherrn beim Abschluss des Vertrages mit dem Handlungsagenten bekannt war, dass dieser in dem betreffenden Handelszweige für eigene und fremde Rechnung Geschäfte mache und der Geschäftsherr die Aufgabe dieses Geschäftsbetriebs nicht ausdrücklich vereinbarte. Aber selbst das entschärfte Verbot der Konkurrenzvertretung des § 76 RJA-E I, da es den damalig vorherrschenden Ver-

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Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 86 Rn 33. Rittner S. 304. Nachweis bei Rittner S. 305. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1054). Crome Partiarischen Rechtsverhältnisse, 1897, S. 403 f. Siehe Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (RJA-E I), S. 58.

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Protokolle über die Beratungen der „Kommission“ Handel bei: Schubert/Schmiedel/ Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 1, 1987, S. 259 ff (366 f). Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1055).

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kehrsgeflogenheiten widersprach, traf weiter auf entschiedenen Widerstand. Während der Verhandlungen der 23. Plenarsitzung des Deutschen Handelstages vom Oktober 1896386 wurde mit großer Mehrheit die Streichung der Konkurrenzklausel gefordert. Sie entspreche nicht der bestehenden Übung. Es gäbe eine Reihe von Branchen, in denen der Agent neben dem eigentlichen Geschäftsherrn auch für andere auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte mache387. Aus dem gleichen Grunde standen auch zahlreiche Landesregierungen dem grundsätzlichen Konkurrenzverbot des § 76 RJA-E II ablehnend gegenüber388. Bayern sprach sich dafür aus, das Regel-Ausnahme-Verhältnis umzukehren und eine Tätigkeit für andere Firmen nur dann zu untersagen, wenn in dieser Richtung ein Handelsbrauch bestehe oder eine entsprechende Vereinbarung getroffen sei. Lübeck, Bremen und Hamburg beantragten, die Vorschrift ganz zu streichen. Die letztgenannte Forderung setzte sich durch. § 76 RJA-E II wurde in der Bundesratsvorlage und der Reichstagsvorlage gestrichen. In der Begründung heißt es389, aus der Pflicht des Agenten, das Interesse des Geschäftsherren zu wahren, ergäbe sich von selbst, dass er diesem nicht durch anderweitige Geschäfte, die er in demselben Handelszweige mache oder vermittle, eine unmittelbare schädigende Konkurrenz bereiten dürfe. Eine so weitgehende Beschränkung, wie sie nach § 59 die Handlungsgehilfen träfe, ließe sich dem Agenten nicht auferlegen. Da der Gehilfe der Regel nach seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des Prinzipals zu stellen habe, könne ihm überhaupt nicht gestattet sein, eigenen Handel zu treiben und in den Handelszweigen des Prinzipals irgendwelche Geschäfte zu machen. Der Agent hingegen finde in der Vertretung eines einzigen Hauses nur selten eine ausreichende Beschäftigung und sei deshalb von vornherein auf die Übernahme weiterer Agenturen oder auf einen sonstigen Handelsbetrieb angewiesen. In manchen Fällen werde er sogar, um dem Kunden die erforderliche Auswahl zu bieten, genötigt sein, gleichzeitig mehrere Produzenten oder Großhändler zu vertreten, deren Waren, wenn sie auch bestimmte Unterschiede aufwiesen, doch derselben Gattung angehörten. Das Gesetz müsse auf dieses Verhältnis Rücksicht nehmen und der Entwurf sehe deshalb von einer besonderen Bestimmung über die Unzulässigkeit eines Konkurrenzbetriebes durch den Agenten ab. Die allgemeine Vorschrift über die Pflicht des Agenten, das Interesse des Geschäftsherrn zu wahren, werde ausreichen, um im einzelnen Falle unter Berücksichtigung der Art und des Zweckes der Geschäftsverbindung und der im betreffenden Geschäftszweig bestehenden Übung die Grenzen festzustellen, welche von dem Agenten hinsichtlich der Vertretung anderer Handlungshäuser sowie hinsichtlich des eigenen Handelsbetriebes eingehalten werden müssten. Rückwirkend mag sich diese Enthaltsamkeit des Gesetzgebers als falsch darstellen. 82 Denn es ist eine Entwicklung zu beobachten, die sich – nach anfänglich weitherziger Zulassung ungenehmigter Konkurrenztätigkeit – durch eine immer restriktivere Haltung zunehmend von der Vorstellung des Gesetzgebers entfernt hat390. Das Verbot der Kon386

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Protokolle bei: Schubert/Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 1, 1987, S. 567 ff (599 f). Protokolle bei: Schubert/Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 1, 1987, S. 567 ff (599 f). Äußerungen der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuches von 1896 (RJA-E II), abgedruckt bei: Schubert/

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Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 2, 1988, S. 745 ff (776 f). Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuches und eines Einführungsgesetzes (RTVorl.), S. 69. Vgl. dazu von Brunn Das Wettbewerbsverbot im Handelsvertreterrecht beim Fehlen einer Vereinbarung, AcP 163 (1963) 487, 504 ff; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1055).

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kurrenzvertretung ist daher kein unumstößliches Dogma391. Ausschlaggebend sind stets die Umstände des Einzelfalls. (4) Anspruchsinhaber. Anspruchsinhaber ist allein der Unternehmer392. Dritte kön- 83 nen keine Ansprüche gegenüber dem Vertriebsmittler geltend machen393. Auch Konkurrenten des HV besitzen keinen Anspruch auf Beachtung des gesetzlichen oder vertraglichen Wettbewerbsverbots394, es sei denn, der HV handelt wettbewerbswidrig i.S.d. UWG395. (5) Verpflichteter (a) Wettbewerbsverbot des HV. Das Wettbewerbsverbot trifft den HV, unabhängig 84 davon, ob es sich um einen Einfirmen- oder Mehrfirmenvertreter handelt396. Denn auch den Einfirmenvertreter trifft die Interessenwahrungspflicht und das aus ihr hergeleitete Wettbewerbsverbot. Zudem verstößt er gegen die übernommene Verpflichtung, keinen anderen Unternehmer zu vertreten (Anspruchskonkurrenz). Konkurrenztätigkeiten seines Hilfspersonals, etwa eines Angestellten oder Untervertreters, hat sich der Mittler zurechnen zu lassen397. Außerdem muss er solches Verhalten verhindern. (b) HV-ähnliche Vertriebsmittler. Verpflichtet sind auch HV-ähnliche Vertriebsmitt- 85 ler, etwa Vertragshändler, Franchisenehmer und Kommissionsagenten. (aa) Wettbewerbsverbot des Vertragshändlers. In Analogie zu § 86 Abs. 1398 gilt auch 86 ohne vertragliche Vereinbarung eines Konkurrenzschutzes jedenfalls für den einem HV vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Vertragshändler399 – das weitere Analogiekriterium „Übertragung des Kundenstammes ist hier nicht erforderlich400 – mit Alleinvertriebsrecht ein vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot401. Der BGH402 leitet daraus ab, die Übernahme einer Konkurrenzvertretung durch den Vertragshändler stelle regelmäßig einen schweren Verstoß gegen die ihm obliegenden Treuepflichten dar, der die außerordentliche Kündigung des Vertrages rechtfertige. Wahrscheinlich gilt dies auch für den Vertragshändler ohne Alleinvertriebsrecht403. Dafür spricht zum einen, dass auch beim HV die Konkurrenzschutzpflicht unabhängig von einer zugewiesenen Exklusivität besteht. Zum anderen darf der Unternehmer nur unter

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Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1056). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 26. BGH, Urt. v. 27.06.1975 – I ZR 97/74, WM 1975, 1214; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 27. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 201. Zu den Analogievoraussetzungen Emde WRP 2003, 468 ff. BGH, Urt. v. 07.07.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 201.

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BGH, Urt. v. 07.07.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); BGH LM Nr. 57 zu § 1 UWG, Emde WRP 2005, 1492 (1496); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 201; Stumpf/Jaletzke/Schultze Der Vertragshändlervertrag, 3.Aufl., Rn 483; Manderla in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 18 Rn 64, 68; Hopt § 86 Rn 26; aA Thume in: Küstner/Thume III, 2. Aufl. 1998, Rn 1339. BGH NJW 1984, 2102; WM 1993, 1464. Zum Meinungsstand Manderla in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 18 Rn 69.

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Geltung eines Wettbewerbsverbots auf die unvoreingenommene Anpreisung seines Produktes durch den Händler vertrauen. Dieses Interesse besteht gleichfalls gegenüber dem Mittler ohne Alleinvertriebsrecht404. Hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Vertragsgebietes kann nichts Abweichendes als beim HV gelten. Auch beim Vertragshändler erstreckt sich daher das Konkurrenzverbot auf das gesamte Vertriebsgebiet des Unternehmers. Nach Art. 5 Abs. 1 der bis 2013 gültigen Kfz-GVO 1400/02 sind Wettbewerbsverbote grundsätzlich unzulässig (siehe Vor § 84 Rn 197). Damit soll die Möglichkeit gefördert werden, Fahrzeuge unterschiedlicher Marken zu verkaufen, instand zu setzen und zu warten405. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 sind die Wettbewerbsverbote auf 5 Jahre zu begrenzen (Vor § 84 Rn 159 ff).

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(bb) Wettbewerbsverbot des Franchisenehmers. Auch im Franchising gilt ein aus § 86 Abs. 1 abgeleitetes Verbot, demzufolge der Franchisenehmer während der Vertragsdauer zu dem Franchisegeber nicht gegenständlich und räumlich in Konkurrenz treten darf, und zwar weder selbst noch über Dritte406. Meist wird ein solches Wettbewerbsverbot vertraglich unterstützt oder verstärkt. Beim Franchising steht insbesondere der Schutz des Know-hows des Franchisegebers im Vordergrund407. Gerade um des Schutzes des Know-hows Willen gilt dieses Wettbewerbsverbot im gesamten Vertriebsgebiet des Franchisegebers und nicht nur in dem dem Franchisenehmer gegebenenfalls vertraglich zugewiesenen Gebiet408. Rauser409 weist darauf hin, es bedürfe nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass ein gut geschulter, mit systemspezifischen Know-how ausgestatteter Franchisenehmer leichter dazu in der Lage sei, das erworbene Wissen selbst oder durch Dritte zum Schaden des Franchisegebers und des gesamten Franchisesystems ohne örtliche Bindung gewinnbringend einzusetzen.

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(6) Umfang des Wettbewerbsverbots. Der Umfang des Wettbewerbsverbots ist einzelfallbezogen im Lichte der Treu- und Interessenwahrungspflicht410 und des mit der Tätigkeit einhergehenden Vertrauensverstoßes411 zu bestimmen. Mangels Anhaltspunkten, die eine abweichende Bewertung rechtfertigen, darf der HV ohne Zustimmung des Unternehmers keinen weiteren Unternehmer vertreten, der mit dem bereits vertretenen Unternehmer im Wettbewerb steht412. Ist eine solche Wettbewerbslage nicht gegeben, darf der HV andere Unternehmer auch ohne Einverständnis des Unternehmers vertreten.

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Emde WRP 2005, 1492 (1496). Vgl. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 677. OLG München, Urt. v. 15.05.1999 – 29 U 4446/98, EWiR 1999, 595 (Martinek), Canaris § 18 Rn 42; Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 45; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 152; Teutsch in: Küstner/Thume, Band 3, Rn 1794; Skaupy Franchising, 2. Aufl. S. 180. Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 48. Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 50.

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Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 50. Canaris § 17 Rn 42; wobei es nach Ansicht von Canaris eine Rolle spielen kann, ob der HV Abschluss- oder Vermittlungsvertreter ist. Döpfer EWiR 2010, 328. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 26; MünchKommHGB/ v. HoyningenHuene § 86 Rn 33; Martinek/Flohr § 8 Rn 64; Westphal I Rn 217 ff; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42; von Brunn AcP 1964, 487; Birkhahn BB 1961, 1351 und 1962, 1108; Leo BB 1962, 1106; Küstner/ Thume I Rn 458 ff.

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Grundsätzlich ist dem HV anderweitige wirtschaftliche Tätigkeit gestattet413, auch als Vertragshändler, Franchisenehmer oder sonstiger Vertriebsmittler. Ein gesetzliches Tätigkeitsverbot für andere Unternehmen gibt es nicht414. Der HV muss ausdrücklich als Einfirmenvertreter mit einem Tätigkeitsverbot verpflichtet werden, falls der Unternehmer sich die vollständige Arbeitskraft des HV sichern will415. Ein Wettbewerbsverbot greift nur ein, soweit die Tätigkeit geeignet ist, die Interessen des Unternehmers zu verletzen416. Davon ist zum einen auszugehen, wenn der HV selbst als Unternehmer im selben Bereich (Rn 93 ff) tätig wird417, weil ihn dies in einen Interessenwiderstreit bringen könnte, zum anderen, wenn er einen Wettbewerber unterstützt und schließlich durch jedes Handeln, welches mittelbar oder unmittelbar die Interessen eines Konkurrenten stärkt418. Konkurrenztätigkeit liegt mithin nicht nur im Vertrieb des Konkurrenzprodukts, sei es mit oder ohne förmliche Übernahme einer Konkurrenzvertretung, sondern in jeder sonstigen Hilfeleistung oder Unterstützung des Wettbewerbers und seines Produkts419. Die Geringfügigkeit einer Wettbewerbstätigkeit oder etwa der Umstand, dass der Unternehmer an den an ein Konkurrenzunternehmen vermittelten Kunden kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, kann in Einzelfällen zwar zur einschränkenden Auslegung eines vertraglichen Konkurrenzverbots oder auch zu einem Anspruch auf Zustimmung zur Aufnahme der Konkurrenztätigkeit führen420. Dass auch wirtschaftlich untergeordnete Vermittlungstätigkeiten für Konkurrenzunternehmen gegen § 86 bzw. vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote verstoßen, entspricht gleichwohl einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur421. Weil das Wettbewerbsverbot das vertragliche Vertrauensverhältnis sichern soll, reicht schon die Möglichkeit oder der Anschein422, dass die Interessen des Unternehmers durch Aufnahme der Konkurrenzvertretung berührt werden könnten aus, um eine Erlaubnis des Unternehmers erforderlich zu machen. Beispiele: Bürogemeinschaft mit dem Mittler eines Konkurrenten423, das Angebot, für die Produkte eines Konkurrenten zu werben424 oder die Handelsvertretung zu übernehmen425. Dann liegt zudem der einen Wettbewerbsverstoß begründende Versuch einer Konkurrenztätigkeit vor. Darauf, ob die Dinge bis zu einer Schädigung, d.h. zu einem Absatzrückgang beim Unternehmer, gediehen sind, kommt es nicht an426. Ein wettbewerbsförderndes Verhalten erfasst Versuch wie Vollendung. Dem Unternehmer, der aus seiner Sicht sich ein Urteil über die etwaigen

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3a, 40. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 254. BGHZ 42, 49 (61) unter Anführung der vorausgegangenen Entscheidungen; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3a, 40a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. BGH VersR 1974, 570; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 = EWiR 2010, 327 (Döpfer).

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OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 = EWiR 2010, 327 (Döpfer); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19 m.w.N. BGH, Urt. v. 20.01.1969 – VII ZR 60/66, VersR 1969, 372 (373); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 = EWiR 2010, 327 (Döpfer); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 29. BGH VersR 1969, 372 (373); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 28. OLG Nürnberg BB 1961, 64; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 22; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 28. BGH DB 1968, 211.

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Konkurrenzsituationen bei Erteilung der Erlaubnis zu bilden hätte, kann billigerweise nicht zugemutet werden, abzuwarten, ob und in welchem Umfange die Konkurrenzvertretung des HV zu einem Absatzrückgang führen wird; und dies um so weniger, als er nicht in der Lage zu sein pflegt, die Werbetätigkeit des HV bei dem Absatz der konkurrierenden Artikel zu kontrollieren427. Allenfalls kann bei einem „Rücktritt vom Versuch“ ein zur Kündigung berechtigender Vertrauenswegfall fehlen. Bereits das Angebot auf Übernahme einer Wettbewerbsvertretung parallel zur Tätig89 keit für den anderen Unternehmer bildet eine Vertragsverletzung und nicht erst die tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit428. Die Übergänge zum allgemeinen Schädigungsverbot sind fließend. Das Wettbewerbsverbot regelt zudem nur das Wettbewerbsverhältnis zum Unternehmer, nicht zu dessen Kunden429. Aus der Interessenwahrungspflicht kann sich – je nach der Situation – jedoch die Pflicht ergeben, Kunden des Unternehmers nicht zu schädigen430. Zu weit geht die Auffassung von Schröder431, der HV müsse zu einer jeden Erwerbs90 tätigkeit – also auch einer solchen ohne wettbewerblichen Einschlag –, die er neben seiner Vertretung übernehmen wolle, den Unternehmer um Erlaubnis fragen, wenn die Ausübung jener Tätigkeit den vollen Einsatz des HV beeinträchtigen könne. Diesen Inhalt hat die Loyalitätspflicht nicht. In der Entscheidung BGH MDR 1954, 606, auf die Schröder sich bezieht, ist das nicht gesagt. Der HV ist selbständiger Kaufmann und in seiner wirtschaftlichen Betätigung grundsätzlich unbeschränkt. Der HV-Vertrag als solcher verpflichtet ihn nicht dazu, so viel an Aufträgen hereinzuholen, wie ihm dies bei größter Anspannung möglich wäre: er hat sich um die Erzielung angemessener Ergebnisse zu bemühen. Solange er dies gewährleistet, ist der HV nicht gehindert, durch Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit sich sogar ein „Übersoll“ an Arbeit zuzumuten432, es sei denn, die ordnungsgemäße Tätigkeit für die bisherigen Unternehmer wird offensichtlich beeinträchtigt433. Das hat er selbst zu beurteilen und zu vertreten; Zwang zur vorsorglichen Einholung einer Erlaubnis beim Unternehmer, woraufhin er eine fristlose Kündigung nach § 89a zu gewärtigen hätte, falls sie nicht eingeholt worden ist, wäre mit seiner Selbständigkeit unvereinbar. Ob der HV dem Unternehmer jede andere Tätigkeit mitzuteilen hat434, ist ebenso fraglich. Dafür spricht, dass der Unternehmer eventuelle – dem HV möglw. nicht erkennbare – Loyalitätskonflikte einschätzen möchte. Dagegen, dass der HV mangels entgegenstehender Abrede nicht als Einfirmen-HV beschäftigt wurde. Im Zweifel – aber nur dann – spricht mehr für eine Mitteilungspflicht, zumal der HV bei vertragsgemäßem Verhalten nichts zu befürchten hat. Ganz sicher hat die Information bei erkennbarer Berührung der Unternehmerinteressen zu erfolgen. Die unterlassene Nachricht bildet zwar eine Pflichtverletzung. Naheliegend ist aber fehlendes Verschulden, insb. Rechtsirrtum. Deshalb ist nur in krassen Fällen Schadenersatz und Kündigung nach § 89a gerechtfertigt. Zu großzügig ist andererseits die Ansicht von Birkhan435, das Wettbewerbsverbot be91 ginne erst dort, wo der HV die Waren des einen Unternehmers herabsetze. Nach Meinung von Birkhan kann es im Sinne des Geschäftsherrn liegen, wenn der HV ein mög-

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Leo S. 1107. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 259; Hopt § 86 Rn 28. Hopt § 86 Rn 26. Strenger zu Lasten des Unternehmers wohl OLG Köln HVR (02), 978; Hopt § 86 Rn 26.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a, 41. OLG Frankfurt/Main MDR 1979, 761. Eberstein S. 70. Dafür BGH WM 1977, 319; Hopt § 86 Rn 28. S. 1353, 1354 (unter Berufung auf OLG Hamburg MDR 1955, 422).

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lichst breites Sortiment – auch von anderen Unternehmern – vertritt und dem Kunden vorzulegen in der Lage ist, weil die dadurch gegebene Verbreiterung der Kontaktbasis letzten Endes allen beteiligten Unternehmern zugute komme. Gegen seine Ansicht sprechen zum einen Nachweisschwierigkeiten. Zum anderen muss der Unternehmer seinem HV uneingeschränkt vertrauen und jeden Informationsfluss zum Wettbewerber ausschließen können. Die Entscheidung des OLG Hamburg, auf die Birkhan sich berief, war problematisch und auch vereinzelt geblieben; ihre Bestätigung durch den BGH 436 ist denn auch nur im Hinblick auf die Besonderheit des Einzelfalles erfolgt, nicht dagegen wegen ihrer übrigen allgemein gehaltenen Thesen, die der BGH, wie die Fassung der Entscheidungsgründe des Revisionsurteils ergibt, eher ablehnen zu wollen scheint. Auch die grundsätzliche Kritik von Steindorff 437 am Wettbewerbsverbot, es könne nicht richtig sein, dass der Unternehmer ein Geschäft des HV zurückweisen dürfe, ohne dass der HV nun einen Wettbewerber vertreten könne, ist zwar auf den ersten Blick charmant, geht jedoch zu sehr vom Einzelfall aus438, zumal der Unternehmer eben nicht schlechthin frei ist in der Ablehnung des vermittelten Geschäfts, sondern nur aus unternehmerisch vertretbaren Gründen ablehnen darf (zum Dispositionsrecht des Unternehmers § 86a Rn 44 ff), was wiederum der HV als sein Provisionsrisiko tragen muss. Will der HV eine gegen das Wettbewerbsverbot verstoßende Tätigkeit aufnehmen und verweigert der Unternehmer seine Zustimmung, darf der HV nicht aus wichtigem Grunde gem. § 89a kündigen439. Gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen etwa folgende Tätigkeiten: 92 – Abwerben anderer HV oder von Personal des Geschäftsherrn zugunsten eines Wettbewerbers440 – Nutzung der von einem Unternehmer zur Verfügung gestellten Adressen für die Werbung von Kunden zu Gunsten eines Wettbewerbers441 – Angebot der Übernahme einer Wettbewerbstätigkeit442 – Handeln als Aufkäufer auf eigene Rechnung, etwa wenn der HV Einkaufsvertreter ist (deshalb auch nicht durch „Selbsteintritt“ in das vermittelte Geschäft – keine analoge Anwendung des § 400) – Belieferung von Kunden eines Wettbewerbers443 – Beratung eines Wettbewerbers444 – Beteiligung an Wettbewerbern445, auch als stiller Gesellschafter446, wohl aber nicht bei rein kapitalmäßiger Beteiligung, z.B. mit unbedeutender Aktienbeteiligung – Bürogemeinschaft mit Wettbewerber oder dessen Vertriebsmittler447 – Gründung eines Wettbewerbsunternehmens – Handeln als Großhändler oder Händler gleicher Vertriebsstufe

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LM Art. 7 f EGBGB [Deutsches Internationales Privatrecht] Nr. 1. S. 84 ff. Kritisch auch Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 27. Differenzierend Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811.

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BGH WM 1977, 318; OLG Nürnberg BB 1961, 64; Hopt § 86 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. BGH VersR 1969, 372 (373); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 261; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 28.

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– Hilfsdienste für einen Wettbewerber448, etwa Nachrichten, Beratung449 – Kritik an der Ware des Geschäftsherrn, verbunden mit gleichzeitigem Lob der Ware des Konkurrenten450 – Tätigkeit als Organ einer Wettbewerbsartikel vertreibenden oder produzierenden Gesellschaft – Tätigkeit als Produzent451 – Überlassen von Kundenlisten oder sonstigen der Geheimhaltung unterliegenden Informationen an einen Wettbewerber452 – Überlassung von Geschäfts- oder Lagerräumen an einen Wettbewerber oder dessen Vertriebsmittler453 – Umdecken von Kunden des vertretenen Versicherers zu Lasten eines Wettbewerbers454 oder Unterstützung dabei455 – Vertretung eines Wettbewerbers456 – Vorschieben anderer Personen zu Wettbewerbshandlungen, etwa der Ehefrau oder eines sog. Strohmannes457 – Handeln als Werbeunternehmer oder in sonstigen Hilfsfunktionen458 für Konkurrenzunternehmen – sonstige (mittelbare) Förderung des Wettbewerbers459 – Zuführung von HV an den Wettbewerber460 (bei bloßen Freundschaftsdiensten fraglich). Nicht gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen: – die Beteiligung an einem ruhenden Unternehmen ohne Vermittlungstätigkeit461. (a) Wettbewerbslage. Das Konkurrenzverbot besteht, sofern sachlich, räumlich und zeitlich in nicht unerheblichem Maße462 eine Wettbewerbslage existiert463. Jene ist nicht subjektiv aus der Sicht des Unternehmers, sondern objektiv zu bestimmen. Denn sonst regelten übertriebene Befindlichkeiten des Unternehmers den Umfang des Wettbewerbsverbots und nicht die tatsächliche Sachlage. Der Eintritt einer Schädigung beim Unternehmer ist nicht erforderlich, da dem Unternehmer ein Abwarten bis zu deren Eintritt unzumutbar wäre464. Die h.A. ist strenger zu Lasten des HV: Da der HV eigene Interessen gegenüber denen 94 des Unternehmers zurückzustellen habe, sei in Zweifelsfällen eine eher großzügige Wertung zugunsten des Unternehmers angebracht. Deshalb legt die Rechtsprechung bei der Beurteilung, ob eine Konkurrenzsituation existiert, einen strengen Maßstab an465. Unter Umständen genügt der Anschein einer Konkurrenztätigkeit466 und die Möglichkeit einer

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. Hopt § 86 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. BGH DB 1958, 512. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Blankenburg VersR 2010, 581. Blankenburg VersR 2010, 581. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Hopt

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§ 86 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. Maier S. 500. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 260; Hopt § 86 Rn 28. Hopt § 86 Rn 28. LG Hamburg, Urt. v. 08.08.2008 – 332 O 351/07, n.v. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 255. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. BGH DB 1968, 211. Küstner/Thume I Rn 464; Westphal I Rn 218. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20.

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Interessenberührung; in Zweifelsfällen entscheidet der Unternehmer467, dem der Sachverhalt vollständig mitzuteilen und dessen Zustimmung einzuholen ist468. Bei der Beurteilung solcher Zweifelsfälle ist zu berücksichtigen, dass weniger die Möglichkeit einer tatsächlichen Schädigung entscheidend ist als vielmehr die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmer und HV469. Jedoch muss auch aus der Warte der h.A. die Wertung des Unternehmers objektiv nachzuvollziehen sein (Korrektiv)470, nicht anders als etwa der Befangenheitsantrag gegenüber einem Richter, der aus subjektiver Wertung der Parteien objektiv durch einen Dritten nachvollzogen werden muss. Besteht keine Wettbewerbslage oder vertritt der HV mehrere Unternehmer mit in 95 Wettbewerb stehenden Produkten, hat der HV die Produkte jedes Unternehmers in gleicher Weise zu fördern und zu präsentieren471. Er braucht aber nicht sein Urteil über Vorund Nachteile zu unterdrücken472. Der HV ist in der Zuweisung des Geschäfts zu einem oder dem anderen Produkt nicht frei473, sondern muss alle Unternehmer grundsätzlich gleich behandeln. (b) Sachlicher Geltungsbereich. Eine Konkurrenzlage besteht bei Austauschbarkeit – 96 Substituierbarkeit – der Produkte aus der Sicht des Verbrauchers (Kunden)474 auf dem sachlich relevanten Markt475, oder umständlicher: Die Wettbewerbslage besteht in sachlicher Hinsicht zwischen den vom HV vertragsgemäß zu vertreibenden Produkten (Waren oder Dienstleistungen) des Unternehmers und denjenigen seiner Konkurrenten, welche aus Sicht potentieller Abnehmer die Aufgaben und Zwecke der Produkte des Unternehmers ebenfalls erfüllen können476 (gattungsmäßige Gleichheit). Absolute Identität, Gleichartigkeit oder Vergleichbarkeit der Waren nach Preis, Aussehen oder Qualität bzw. Überschneidung der Angebotspalette sind nicht erforderlich477. Entscheidend bleibt, ob aus Sicht der Kunden Wettbewerb besteht, weil diese bereit sein können, anstelle der Produkte des Unternehmers auf diejenigen des Konkurrenten zuzugreifen478. Damit scheidet eine Konkurrenzlage in sachlicher Hinsicht nur hinsichtlich solcher Waren aus, bei denen die Gefahr einer Verdrängung des Unternehmers vom Markt nicht in Betracht kommt479, etwa weil sie von der Funktion her ganz unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen oder sich an verschiedenartige, nicht austauschbare Kundenkreise wenden480. Ferner greift die auch aus § 90a bekannte Beschränkung auf die

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Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 258; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. BGH DB 1958, 512; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 25. BGH BB 1968, 60; Westphal I Rn 218. Siehe Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 25 „der subjektive Standpunkt des Unternehmers müsse eine beachtliche objektive Grundlage haben“. Hopt § 86 Rn 24. BGH, Urt. v. 27.02.1976; zit. nach v. Gamm NJW 1979, 2491; Hopt § 86 Rn 24. Hopt § 86 Rn 24. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 255; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. OLG München BB 1955, 714; OLG Celle BB 1970, 228; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 35. BGH DB 1958, 512; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 27. OLG Düsseldorf HVR Nr. 1044; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 27. Ebenroth/Löwisch§ 86 Rn 19; Schröder § 86 Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35.

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Geschäfte ein, welche der HV nach dem Vertrag zu vermitteln oder abzuschließen hat481. Das Verbot bezieht sich daher nicht auf sämtliche Artikel und Leistungen des Unternehmers482. Nach der kartellrechtlichen Definition des Art. 1 Abs. 1 lit. b GVO 330/10 sind Wettbewerbsverbote alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Vertriebsmittler veranlassen, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen sowie alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen des Mittlers, mehr als 80 % seiner auf der Grundlage des Einkaufswertes der vorherigen Kalenderjahre berechneten gesamten Einkäufe von Vertragswaren oder -dienstleistungen sowie ihrer Substitute auf dem relevanten Markt vom Unternehmer oder einem anderen vom Unternehmer bezeichneten Unternehmen zu beziehen. Diese kartellrechtliche Regelung ist im HV-Recht nicht unmittelbar maßgeblich, kann aber in Zweifelsfällen bei der Auslegung berücksichtigt werden. Durch den Absatz nicht miteinander konkurrierender Produkte in einem gleichartigen Vertriebssystem entsteht keine Konkurrenzlage483. Nach einer Ansicht genügt die Überschneidung oder besser: Substituierbarkeit hin97 sichtlich einzelner Teile des Sortiments484 aus der Sicht des Verbrauchers, und zwar sogar dann, wenn das konkret vertriebene Sortiment vom Unternehmer nicht produziert wird485. Richtig ist, dass gegenständlich und wirtschaftlich unbedeutende Überschneidungen nach Abnehmerkreis, Qualität, Preis und Verwendungszweck486 außer Betracht bleiben. Positiv gewendet: Genügend ist die Substituierbarkeit hinsichtlich einzelner, jedoch nicht ganz unbedeutender Teile487 des Sortiments488. Identität, Gleichartigkeit, Vergleichbarkeit der Waren nach Abnehmerkreis, Preis, Ausstattung, Güte oder Qualität sind dabei Indikatoren für die Substituierbarkeit, absolute Gleichheit ist nicht erforderlich489. Werden die Produkte an völlig separate Kundenkreise vertrieben und besteht keine Chance der Umwerbung, existiert keine Wettbewerbslage490. Ist der HV mit der Vertretung nur eines Sektors aus dem Lieferprogramm seines Unternehmers betraut, bleibt er an der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit für die übrigen Bereiche nicht gehindert491. Bei überschneidenden Produktionsprogrammen des Unternehmers fehlt mithin eine Wettbewerbstätigkeit, falls der HV für einen Unternehmer, der die Artikel A, B und C herstellt, nur den Artikel A und für den Konkurrenten, der die Artikel B, C und D herstellt, nur den Artikel D verkauft492. Will der Unternehmer auch derartiges unterbinden, muss er sich das im Vertrag ausbedingen. Allerdings sind auch hier besondere

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. OLG München NJW-RR 1995, 292 (293); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. OLG Düsseldorf HVR Nr. 1044; OLGR 1999, 53; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 27; aA MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38. Hopt § 86 Rn 27; aA MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38 (wohl zu weitgehend). Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 255; Hopt § 86 Rn 27. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 24.

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BGH HVR Nr. 164; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 53; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. OLG Celle BB 1970, 228; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 204; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35; aA wohl Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 37. Maier BB 1979, 500 (501); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38; aA OLG Düsseldorf OLGR 1999, 53; Hopt § 86 Rn 27; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 19.

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Fallgestaltungen denkbar, in denen die erwerbswirtschaftliche Betätigung des HV auf anderen Feldern die Belange des Unternehmers so empfindlich schädigt, dass dies auf die Bereiche „durchschlägt“, mit deren Vertretung im engeren der HV betraut ist: dann hat er auch einen so sich auswirkenden Wettbewerb zu unterlassen493. Die zur Neukundenwerbung nach § 89b ergangene Entscheidung des BGH, derzufolge es an der Substituierbarkeit bei unterschiedlichen Branchenverzeichnissen desselben Verlags fehlt494, wird sich nicht übertragen lassen. Entscheidend ist nicht, welche Waren der Wettbewerber „sonst noch“ vertreibt, sondern ob – wenn auch nur in einem nicht unwesentlichen Teilbereich – eine Wettbewerbslage existiert. Anderenfalls wären Wettbewerber mit breiter Produktpalette bevorzugt. Immer ist aber auf die Produkte des jeweils vertretenen Unternehmens abzustellen, nicht auf die Produktpalette eines mit ihm verbundenen Unternehmens. Denn sofern der HV keine Vorteile aus der Vertretung der verbundenen Unternehmen ziehen kann, darf ihm auch nicht der Nachteil des Wettbewerbsverbots obliegen. Bleiben die vom HV vertriebenen anderen Artikel wettbewerbsneutral, so wird der Vertrieb noch nicht ohne weiteres dadurch unzulässig, dass er den fremden Auftraggeber wirtschaftlich gegenüber dem eigenen Unternehmer des HV zu stärken vermag495. Bei sachlicher Überschneidung ist die räumliche Nähe der Wettbewerbshandlung zu 98 dem Geschäftslokal des Mittlers irrelevant: Zum Wettbewerbsverstoß genügt etwa der Vertrieb eines Wettbewerbsprodukts in einer 70 km entfernten Werkstatt an einem nicht mehr im Einzugsbereich der für den Unternehmer betriebenen Tankstelle belegenen Ort. Entscheidend bleibt die Störung des Vertrauensverhältnisses zum Unternehmer496. Ob zukünftige Produkte des Unternehmers durch das Wettbewerbsverbot geschützt sind, hängt davon ab, ob sie zu den vom HV zu vertreibenden gehören. Das ist, wie oben, Rn 18 f ausgeführt, regelmäßig der Fall497. Nach diesen Maßstäben soll in folgenden Fällen eine Überschneidung vorliegen: 99 – Bei einer Blusenkollektion, die sich im Hinblick auf mehrere Artikel mit den vom vertretenen Unternehmen vertriebenen Blusen in Genre und Preisklasse überschnitt498 – Bei Doppelvertrieb der Zubehörteile des Unternehmers A und B, selbst wenn die Teile weder mengen- noch preismäßig ins Gewicht fallen499 (zwh., da wohl nur eine unbedeutende Überschneidung der Produktpalette vorlag). Zumindest kann es nach den Umständen des Einzelfalles Treu und Glauben widersprechen, falls der Unternehmer den HV-Vertrag im Falle einer lediglich geringen Überschneidung außerordentlich kündigt500 – bei der Vermittlung von Rostschutzfarben, selbst wenn der Unternehmer seine Rostschutzfarbe auf unterschiedlicher Rohstoffgrundlage herstellte501 – Beim Vertrieb von Konkurrenzware, bei der es sich um eine „Marktlücke“ handelt, weil der entsprechende Abnehmerkreis vom bisher vertretenen Unternehmen nicht bearbeitet wird. Denn es sei die Pflicht des HV, derartige „Marktlücken“ in werbender Tätigkeit für die Erzeugnisse des vertretenen Unternehmens nutzbar zu machen502. Jedoch dürfte anders zu entscheiden sein, falls der Unternehmer nach Hinweis des HV

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42, 42a. BGH, Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2670) = ZIP 1999, 1094. Maier S. 501. BGH MDR 1977, 289. Siehe Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. BGH HVR Nr. 164.

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BGH, Urt. v. 21.10.1963 – VII ZR 103/62; zitiert nach Küstner/Thume I Rn 474; ähnlich OLG Celle BB 1970, 228. BGH BB 1968, 60 = DB 1968, 211. BGH, Urt. v. 21.03.1966 – VII ZR 116/64; zit. nach Küstner/Thume I Rn 480. OLG Celle BB 1970, 228.

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auf die Nutzung der Marktchance verzichtet. Denn dann liegt ein bewusster Verzicht auf die Vertriebschance vor – Im Falle des Vertriebs von Weinen der unteren und mittleren Mosel503. Eine Konkurrenztätigkeit wurde dagegen verneint: 100 – Beim Vertrieb einerseits von Kühlschränken für Privathaushalte und andererseits von Kühlschränken für die Gastronomie504 – Wenn der HV einerseits von dem Wettbewerber A lediglich das Produkt 1 vertritt, von dem Wettbewerber B jedoch nur das Produkt 2505. Begründung: Auch hier interessiert nicht, welche Produkte der Wettbewerber „ansonsten“ außerhalb des vertraglich zum Vertrieb vorgesehenen Programms herstellt. Eine unzulässige Konkurrenz liegt jedoch vor, sofern der HV auch Waren übernimmt, die beide Unternehmer herstellen – Bei Vertrieb einerseits eleganter Damenschuhe mit hohen Absätzen und andererseits Damenschuhen sportlicher Machart mit flachen Absätzen (unterschiedlicher Verwendungszweck)506 – Bei nicht austauschbaren Kundenkreisen, etwa Handfertigung für exklusive Käufer im Vergleich zu maschineller Produktion507. Wie auch sonst gilt: Im Zweifel gebieten Interessenwahrnehmungspflicht sowie 101 wechselseitige Treupflichten es dem HV, den Unternehmer zu fragen, ob gegen die beabsichtigte Übernahme der Vertretung etwas einzuwenden ist508 und bis zu einer unverzüglichen Antwort die Vertretung des anderen Unternehmers zu unterlassen. Ohne ggf. konkludent erklärte Zustimmung des Unternehmers (Rn 118 ff) begeht der HV eine Vertragsverletzung. Jedoch kommt es auf die tatsächliche Rechts- und Sachlage und nicht das subjektive Befinden des Unternehmers an, ob die Wettbewerbstätigkeit zulässig oder unzulässig ist. Da jedoch bereits der Anschein einer Verletzung der Interessenwahrnehmungspflicht schädlich ist, und ein Verstoß schon in Zweifelsfällen vorliegen kann, muss der HV vorsichtig sein. Dass jedoch in allen Zweifelsfällen, in denen der Unternehmer die Tätigkeit des HV nicht gestattet, jene (auf Dauer) zu unterlassen ist509, verkürzt die Rechtsposition des HV zu sehr. Zeigt der Unternehmer sich nach gehöriger Aufklärung darüber, dass der beanstandete Vertrieb in Wahrheit wettbewerbsneutral ist, unnachgiebig und beharrt er auf seiner ablehnenden Haltung, so hat der HV Grund, nach ergebnisloser Abmahnung fristlos zu kündigen. Er darf aber statt dessen auch die Weigerung des Unternehmers als unverbindlich behandeln und sie unbeachtet lassen, tut das allerdings, wenn der Unternehmer daraufhin Konsequenzen zieht und es darüber zum Prozess kommt, auf sein Risiko.

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(c) Räumlicher Geltungsbereich. Nach h.A. soll sich das Wettbewerbsverbot räumlich auf das gesamte Gebiet, in welchem der Unternehmer seine Produkte vertreibt und

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OLG München HVR Nr. 107; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. OLG München BB 1983, 1835; Thume BB 1994, 2358. Küstner/Thume I Rn 477. BGH, Urt. v. 25.04.1966 – VII ZR 89/64; zitiert nach Küstner/Thume I Rn 480; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 37; Begründung: Es bestehe immer die Gefahr, dass der Käufer der Damensportschuhe

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wegen ihrer guten Qualität sich später auch für die von B hergestellten oder demnächst herzustellenden hochhackigen Damenschuhe interessiere. Hopt § 86 Rn 27. BGH v. 25.03.1985, BB 1985, 425, DB 1958 512, ähnlich schon MDR 1954, 606; OLG München BB 1956, 20; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 22.

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über das eigene Einzugsgebiet oder den Bezirk510 des HV hinaus erstrecken511. Erkennbar bevorstehende512 und naheliegende513 Produkt-, Gebiets- oder Kundenerweiterungen werden mitumfasst; jedoch nicht unbestimmte „potentielle“ Produkterweiterungen514. Auch Vertriebsgebiete, in denen der Unternehmer zwar bislang nicht tätig ist aber eine solche Tätigkeit plant, können damit für den HV gesperrt sein, nämlich dann, wenn dem HV die baldige Aufnahme des Vertriebs in diesem Bereich erkennbar ist515. Diese weite räumliche Erstreckung erscheint prima vista ungerecht, weil der Unter- 103 nehmer über den örtlichen Geltungsbereich des Vertriebsvertrages (mit)bestimmt und es daher auch ihm zuzurechnen ist, falls ein einzelner HV lediglich einen Teilbereich des gesamten Vertriebsbereiches betreut. Die Ansicht bildet zudem eine nicht erklärte Abweichung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot des § 90a. Vertretbar wäre auch Folgendes anzunehmen: Sofern der HV nur einen kleinen Bezirk bearbeitet und lediglich aus ihm Vorteile ziehen kann, soll er nicht daran gehindert sein, an anderer Stelle für einen Wettbewerber des Unternehmers akquisitorisch tätig zu werden516. Jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass Vertrauen unteilbar ist. Bei realistischer 104 Betrachtung könnte nämlich ein objektiver Dritter nicht ausschließen, der HV werde die in einem Vertriebsgebiet erhaltenen internen Informationen zu den Produkten eines Wettbewerbes in dem anderen Vertriebsgebiet nutzen oder ein Geschäft dorthin verlagern, wo es für ihn am vorteilhaftesten ist. Das gilt insbesondere, wenn das Vertriebssystem des Unternehmers auf spezifischem Know-Hows aufbaut, etwa in franchiseähnlichen Vertriebssystemen. Folglich hat ein objektiver Unternehmer durchaus ein Interesse daran, dass „sein“ HV Waren eines Wettbewerbers überhaupt nicht, also auch nicht in anderen Vertriebsgebieten, vertreibt517. Ausnahmen sind vorstellbar, jedoch wenig praktisch. Zu denken wäre an eine Ausnahme etwa dann, wenn die betroffenen Märkte vollkommen verschieden und die Informationen eines Vertriebsgebietes deshalb in dem anderen Vertriebsgebiet wertlos sind. Im Ergebnis kommt es auf den Einzelfall an, weil die Interessenwahrungspflicht trotz zulässiger, geringer Generalisierungen immer auf den Einzelfall abstellt. Außerhalb des Vertriebsgebiets seines Unternehmers darf der HV – als Grundregel – 105 für einen anderen Unternehmer tätig werden. Jedoch könnte man auch hier je nach den maßgeblichen Tatsachen eine gegenteilige Ansicht vertreten. Denn der HV erhält aus seiner Tätigkeit für den einen Unternehmer Informationen, mit denen er die Geschäfte des anderen Unternehmers außerhalb des Vertriebsgebietes des ersten Unternehmers fördert. Dass er dessen wirtschaftliche Stärke („economy by scale“) unterstützt, was die Wettbewerbsfähigkeit auch außerhalb des dem HV zugewiesenen Bezirks stärkt, ist dagegen grundsätzlich zulässig. Es liegt zwar eine generelle Förderung der Geschäfte des zweiten Unternehmers vor, die mittelbar die Wettbewerbsposition auch auf dem von beiden Unternehmern beworbenen Markt unterstützt, sie ist jedoch grundsätzlich nicht zu beanstanden. Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei angesichts

510 511

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43a. BGH, Urt. v. 19.11.1976 – I ZR 84/75, MDR 1977, 289 (290); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 255; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 17; Hopt § 86 Rn 27; Schröder § 86 Rn 43a; Westphal I Rn 227; aA (nur auf den Vertreterbezirk) Maier BB 1979, 500 (501); Münch-

512 513 514 515 516 517

KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 37. Hopt § 86 Rn 27. AA Hopt § 86 Rn 27. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. Ähnlich Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. So auch MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 37. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19.

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der bewussten Beschränkung des ersten Unternehmers auf einen kleineren Markt eine Vermutung dafür sprechen sollte, dem HV die Werbung für die Produkte des zweiten Unternehmers mit größerem Vertriebsgebiet zu gestatten.

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(d) Zeitlicher Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots. Das gesetzliche Konkurrenzverbot greift wie die gesamte Interessenwahrnehmungspflicht nur vertragsbegleitend ein. Es endet daher mit der rechtlichen Vertragsbeendigung518. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot dagegen muss von den Parteien vereinbart werden519. Wurde der HV-Vertrag unwirksam gekündigt, hat der HV gleichwohl das Wettbewerbsverbot zu beachten, weil er weiterhin allen Vertragspflichten unterliegt520. Das gilt auch (aber § 242 BGB) falls der Unternehmer eindeutig unberechtigt kündigt und die Dienste des HV ablehnt521. Will der HV diese Folge vermeiden, muss er die unwirksame Kündigung (ggf. nach Abmahnung) selbst zum Anlass einer – ausgleichserhaltenden – Kündigung aus wichtigem Grund nehmen. Ebenso trägt der HV das Risiko und die Folgen einer verbotenen Wettbewerbstätigkeit, sofern er eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt, obwohl der Unternehmer die vom HV ausgesprochene außerordentliche Kündigung für unwirksam hält522. Bleibt der HV nach der Kündigung eines Vertriebsgebietes noch in einem anderen Vertriebsgebiet für den Unternehmer tätig, unterliegt er auch im ehemaligen Vertriebsgebiet selbst ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot einem aus der Interessenwahrungspflicht hergeleiteten Wettbewerbsverbot (Rn 102 ff). Denn wie ausgeführt erstreckt sich das aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitete Wettbewerbsverbot auf das gesamte Verkaufsgebiet des Unternehmers. Auch im Falle einer Freistellung des HV von weiterer Tätigkeit gilt das Wettbewerbsverbot bis zum Vertragsende523. Keine Wettbewerbshandlung stellt die vertragsbegleitende Suche nach einer Nach107 folgetätigkeit sowie der Abschluss eines sie betreffenden Vertrages dar. Diese Vorsorge für die Zeit nach Vertragsende muss der Unternehmer hinnehmen; ein Misstrauensbeweis ist hierin nicht zu finden, weil der HV ohne dahingehende Vereinbarung keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt und einen Anschlussvertrag suchen darf und muss, um einen nahtlosen Übergang sicherzustellen. Auch Treffen des HV mit künftigen Kollegen und Vorgesetzten sind hinzunehmen. Dies ist gerade Zweck der Kündigungsfrist, wobei der HV mit seiner Suche nicht auf die Kündigungsfrist beschränkt ist. Der HV darf die beabsichtigte Konkurrenztätigkeit aber erst nach Beendigung seines Vertrags aufnehmen524. Die Befürchtung des Unternehmers, der sich um einen Folgevertrag bemühende HV werde bis zum Vertragsende seine Interessen nicht mehr mit vollem Einsatz wahrnehmen, rechtfertigt die Annahme einer Pflichtverletzung nicht525.

518 519 520

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 23. Küstner/Thume I Rn 459; Westphal I Rn 217. BGH, Urt. v. 30.06.1954 – II ZR 26/53, BB 1954, 647 (648); BGH NJW-RR 1992, 481 (482); BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJW-RR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60, § 86 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Schröder § 89a Rn 6a, 20a § 86 Rn 42a; Hoss DB 1997, 1818 ff.

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AA OLG Köln HVR (02) Nr. 978; Hopt § 86 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 23. Küstner/Thume I Rn 513. BGH, Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); BGHZ 42, 59 (62); OLG München VersR 1957, 97; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 21, § 89 Rn 29; Hopt Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43b, § 89 Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 21.

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§ 86

In Vertragshändlerverträgen, Franchiseverträgen oder unechten HV-Verträgen (dazu 108 Vor § 84 Rn 158 ff) verstößt ein Wettbewerbsverbot gegen Art. 101 AEUV. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 stellt lediglich Wettbewerbsverbote bis zu einer Höchstdauer von fünf Jahren von dem Verbot des Art. 101 AEUV frei. Dass in Deutschland § 86 ein unlimitiertes, vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot entnommen wird, schließt die Nichtigkeit nach Art. 101 AEUV nicht aus. Art. 101 AEUV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 verdrängt das zeitlich unbegrenzte Wettbewerbsverbot des § 86 im Wege der kartellrechtlichen Spezialität526. Nach Ablauf der Fünfjahresfrist setzt sich deshalb ein vertragliches Wettbewerbsverbot auch nicht als solches dispositiven Rechts fort527. Die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots wird nur abgewendet, falls gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV die positiven Effizienzgewinne die aus dem Wettbewerbsverbot entstehenden Nachteile überwiegen. Mögliche Fallgruppen hat die Kommission in Tz. 106 ff, 122 ff der Leitlinien zur GVO 330/10 beschrieben. In echten HV-Verträgen (Vor § 84 Rn 223 ff) ist hingegen auch ein fünf Jahre übersteigendes Wettbewerbsverbot unbedenklich. (7) Nachträgliches Entstehen einer Wettbewerbssituation (a) Allgemeines. Konkurrenzsituationen können sich auch nachträglich und ohne 109 Zutun des HV entwickeln. Der HV hat, als Beispiel, zwei Unternehmen zu vertreten, deren Erzeugnisse (noch) nicht im Wettbewerb stehen; nachträglich nimmt einer von beiden Artikel in sein Produktionsprogramm auf, die nunmehr mit denen des anderen Unternehmers konkurrieren528. Das Risiko des nachträglichen Entstehens der Wettbewerbssituation ist im Verhältnis zwischen dem seine Produktpalette erweiternden Unternehmer und dem HV zu klären, wobei das Veranlasserprinzip zu beachten ist: Das Risiko der Produkterweiterung trägt in erster Linie der erweiternde Unternehmer, erst in zweiter Linie der mit ihm in Vertragsbeziehungen stehende HV. Der nicht erweiternde Unternehmer ist hingegen in keiner Beziehung „Risikoveranlasser“. Diese Wertung ist bei der Untersuchung der Rechtsfolgen einer solchen Erweiterung zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist der HV – je nach den Verhältnissen des einzelnen HV-Vertrags – 110 berechtigt und verpflichtet, bei Ausweitung der Produktpalette eines Unternehmers auch die neu eingeführten Produkte zu vertreiben, wenn sie mit den bisher vertriebenen Produkten verwandt sind (Rn 19). Nur im Falle einer solchen Verwandtschaft und der Verpflichtung zur Übernahme der Vertretung dieser Produkte kann es zu Konfliktsituationen kommen. Nicht verwandte Produkte braucht der HV nicht zu vertreiben. Hier muss dem HV von dem Unternehmer, dessen Artikel die zeitliche Priorität in der Vertretung genießen, Gelegenheit gegeben werden, das Vertragsverhältnis zu dem sein Sortiment erweiternden Unternehmer, etwa durch Aufhebungsvertrag529, zu ordnen, notfalls durch Kündigung (aus begründetem Anlass infolge eines Verhaltens des Unternehmers: § 89b Abs. 3 – ausgleichspflichtig! –) zu lösen, ehe er seinerseits Maßnahmen wegen nicht gestatteten Wettbewerbs ergreift530. Der HV muss zunächst versuchen, dass Einverständnis beider betroffener Unternehmer zur Vertretung einzuholen531. Sind die Unternehmer nach Rückfrage nicht bereit, die neu eingetretene Wettbewerbssituation zu dulden, muss 526 527 528

Emde WRP 2005, 1492 ff. Emde BB 2006, 1061 (1066). Siehe BGH DB 1960, 1305 und LG Frankfurt/Main DB 1966, 499; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 36.

529 530

531

Hopt § 86 Rn 28. BGH, Urt. v. 27.02.1976 – I ZR 16/75, zitiert bei v. Gamm NJW 1979, 2491 zu Fn 21. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42.

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der HV entscheiden, welche Vertretung er kündigt, um die Wettbewerbssituation aufzulösen532. Die Entscheidungs- und Abstimmungsfrist ist gerade bei nachträglichem Entstehen der Wettbewerbssituation nicht zu gering zu bemessen. Denn der HV muss ggf. die Entscheidung der konkurrierenden Unternehmer abwarten, etwa bei Kollision kraft Erbteilung533. Dabei ist der HV nicht nach dem Prioritätsprinzip gehalten, immer die später über111 nommene Vertretung oder die des erweiternden Unternehmens zu kündigen534. Der so verstandene Gesichtspunkt der Priorität ist kein sachgerechter, um den Konflikt aufzulösen. Der HV darf vielmehr jedem Unternehmer ordentlich kündigen, sofern das ordentliche Kündigungsrecht nicht wegen einer Festlaufzeit ausgeschlossen ist. Je nachdem, wem der HV kündigt, kann er jedoch seinen Ausgleichsanspruch verlieren: Kündigt er die Vertretung mit dem nicht erweiternden Unternehmer, so verliert er seinen Ausgleichsanspruch (§ 89b Abs. 3 Nr. 1)535. Kündigt der HV gegenüber dem seine Produktpalette erweiternden Unternehmer, stellt die Produkterweiterung für eine solche Kündigung dagegen einen begründeten Anlass im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 1 dar, so dass der HV seinen Ausgleich nicht verliert536. Nur für die Ausgleichsfrage entscheidend ist also, welcher Unternehmer den Konflikt herbeigeführt hat. Ihm gegenüber darf als Risikoveranlasser ausgleichserhaltend gekündigt werden537. Wusste der HV von einer bevorstehenden Produkterweiterung eines Unternehmers, darf er keine Zweitvertretung für solche Produkte aufnehmen, in die der Unternehmer erweitern will. Insbesondere steht ihm dann kein ausgleichserhaltendes Kündigungsrecht gegenüber dem erweiternden Unternehmer zu. Ein ausgleichserhaltender begründeter Anlass zur Kündigung durch den HV besteht 112 nach Ansicht des BGH538 selbst dann, wenn der erweiternde Unternehmer dem HV anbietet, das im Wettbewerb stehende Produkt durch einen anderen HV vertreiben zu lassen. Eine konfliktfreie Doppelvertretung sei in diesem Fall ausgeschlossen. Zudem muss der HV befürchten, dass durch die Tätigkeit des anderen HV der Vertrieb auf diesen übergeleitet wird. Bei der Ausgleichsberechnung ist unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 89b Abs. 1 Nr. 3) die Vertretung des Konkurrenten gegebenenfalls zu berücksichtigen539. Gegenüber dem erweiternden Unternehmer ist meist eine außerordentliche Kündi113 gung nach § 89a zulässig540. Der nicht erweiternde Unternehmer muss dem HV Gelegenheit zu einer solchen Kündigung gegenüber dem Risikoveranlasser geben, ehe er dem HV wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot kündigt. Erst nach Ablauf dieser Zeit532 533 534

535 536 537 538 539 540

Vgl. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19. OLG Zweibrücken HVR Nr. 327; Hopt § 86 Rn 28. So aber Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 257; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 27. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a, 42. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 36. BGH BB 1987, 221 = MDR 1987, 376 = NJW 1987, 778. BGH VersR 1961, 52 (54). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19; Heymann/

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Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 17; Hopt § 86 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 36; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 5a; aA LG Frankfurt/Main DB 1966, 499 = HVR Nr. 371: Unzulässigkeit der Kündigung. Der erweiternde Unternehmer hat gleichwohl keinen Anspruch auf Schadenersatz, weil sich der Vertreter unter dem Gesichtspunkt der Druckkündigung in einer notstandsähnlichen Situation befunden hat, so dass es zumindest am Verschulden des Vertreters fehlt. Denn das Risiko der Erweiterung des Produktprogramms trägt allein der erweiternde Unternehmer (s.o.).

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spanne läuft die Monatsfrist, binnen derer die Kündigung nach § 89a regelmäßig zu erklären ist. Wartet der HV zu lange und ist dieses Zuwarten dem nicht erweiternden Unternehmer unzumutbar, riskiert der HV die ausgleichsschädliche außerordentliche Kündigung durch den nicht erweiternden Unternehmer. Regelmäßig ist der HV also zur außerordentlichen Kündigung gehalten, es sei denn, dem Unternehmer ist ein Zuwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Der erweiternde Unternehmer, der den Konflikt herbeigeführt hat, darf ohnehin nicht kündigen (Rechtsgedanke der §§ 242, 161 BGB). Natürlich können auch andere Gesichtspunkte bedeutend sein, etwa die wirtschaftliche Bedeutung der Vertretung für den Mittler. Eine feste Regel gibt es nicht. Letztlich entscheidet der HV, wem er kündigt. Er muss aber die Folgen (ggf. Ausgleichsverlust) tragen. Da es für einen wichtigen Grund nicht auf ein schuldhaftes Verhalten ankommt, kann ein solcher sogar gegenüber beiden Unternehmer bestehen541. Schadenersatzansprüche gegenüber dem kündigenden HV darf der sein Produktions- 114 programm erweiternde, außerordentlich gekündigte Unternehmer nicht erheben. Dies gilt wohl auch in Fällen, in welchen der Mittler die den Konflikt auslösende Vertretung in Kenntnis des entstehenden Konfliktes übernahm. Zumindest darf ihm die (keine Schadenersatzansprüche auslösende) ordentliche Kündigung nicht verwehrt sein. (b) Konzernfälle, Spaltung, Entflechtung und Verschmelzung. Eine Wettbewerbssitua- 115 tion kann nachträglich durch Konzernierung, Spaltung eines Unternehmens oder dessen wirtschaftliche Entflechtung entstehen. Vertritt beispielsweise ein HV im allseitigen Einvernehmen zwei Unternehmen, die durch einen gemeinsamen Gesellschafter und einen gemeinsamen Geschäftsführer verbunden sind und entwickeln sich diese Unternehmen auseinander, so dass nicht nur formell sondern auch wirtschaftlich eine Wettbewerbssituation entsteht542, obliegt es den Unternehmen die Wettbewerbssituation aufzulösen, notfalls durch Kündigung des HV-Vertrages543. Der HV braucht nicht zu handeln und verstößt auch nicht gegen das Wettbewerbsverbot. Denn ursprünglich akzeptiertes und damit vertragsgemäßes Handeln wird durch eine allein im Einflussbereich des Unternehmers liegende Strukturmaßnahme nicht unrechtmäßig. Kündigt der Unternehmer, fehlt es an einem die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden schuldhaften Verhalten des HV i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 2, so dass der HV den Ausgleich fordern kann. Verschmelzen zwei HV-Unternehmen, so haben sie im Falle einer ergebnislosen Ab- 116 stimmung mit den Unternehmern einen aus der Verschmelzung resultierenden Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot durch – ausgleichsvernichtende – Kündigung einer der im Wettbewerb stehenden Vertretungen zu beenden. Ob im Falle einer Konzernierung und Steuerung beider Handelsvertretungen lediglich durch eine gemeinsame Holding gleich zu entscheiden ist, hängt von den tatsächlichen Umständen ab. Im Zweifel spricht einiges dafür, dass auch bei einer solchen Struktur das Vertrauen des Unternehmers beeinträchtigt ist, mithin ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eintritt. Dem kann durch personell-wirtschaftliche Separierung beider Vertretungen entgegengewirkt werden. Treten sich beide HV-Gesellschaften auf dem Markt wie unabhängige Wettbewerber gegenüber, mag eine Verletzung des Konkurrenzverbotes ausscheiden.

541 542

AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 19: Nur gegenüber dem das Sortiment Erweiternden. Siehe Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 29 f.

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OLG Zweibrücken HVR Nr. 327; Küstner/ Thume I Rn 511.

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(8) Vertragliche Regelung des Wettbewerbsverbots. Vertragliche Regelungen des Wettbewerbsverbots sind zulässig, da sie nicht den Kernbereich der Interessenwahrungspflicht und damit den Unabdingbarkeitsgrundsatz berühren. Solche Vereinbarungen unterteilen sich in die vertragliche Gestattung des Wettbewerbsverbots (Rn 118 ff) und die spiegelbildliche vertragliche Begründung des Wettbewerbsverbots (Rn 122 ff).

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(a) Gestattung der Wettbewerbstätigkeit. Der Unternehmer darf dem HV die Tätigkeit für Wettbewerber gestatten544, und zwar sowohl ausdrücklich wie konkludent545. Sofern nicht anders erklärt, handelt es sich bei einer Gestattung nach Vertragsschluss im Zweifel rechtstechnisch um eine Vertragsänderung, die nicht einseitig zurückgenommen werden kann546. Ein Anspruch des HV auf Erlaubnis existiert nicht547, auch nicht, wenn erhebliche Schäden des HV drohen548. Der Unternehmer darf seine Zustimmung aber nicht willkürlich versagen und muss die schutzwürdigen Interessen des HV bei seiner Entscheidung berücksichtigen549. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Gestattung der Wettbewerbstätigkeit nur unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 GWB, 242 BGB. Es existiert kein grundsätzlicher Anspruch auf Gleichbehandlung gegenüber einem anderen HV, dem die Konkurrenztätigkeit erlaubt wurde550. Das Gleichbehandlungsgebot des Arbeitsrechts ist nicht entsprechend anwendbar551. Dem HV steht daher ohne besondere Umstände des Einzelfalls kein Anspruch auf eine Genehmigung der Zweitvertretung zu, nur weil einem anderen HV diese bereits gestattet wurde552. Im Vertragshändler- und Franchiserecht mag wegen des dort vertretenen (§ 86a Rn 38 ff) Gleichbehandlungsgebots Gegenteiliges anzunehmen sein. Verweigert der Unternehmer einem HV jedoch ohne sachlichen Grund eine Wettbewerbstätigkeit, die er einem anderen HV bewilligt hat, kann hierin je nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine Treuepflicht- und damit eine Vertragsverletzung, ferner eine Selbstwiderlegung der Beeinträchtigung des Unternehmers553 oder der Wettbewerbslage554 liegen, was insbesondere bei einem Streit um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung zu prüfen sein wird. Verbietet der Unternehmer zu Unrecht den Vertrieb eines Zweitfabrikats, kann dies dem HV nach Abmahnung einen begründeten Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1 geben. Vertritt ein HV mit Genehmigung des vertretenen Unternehmers einen Wettbewerber, ist er bei Verlust dieser Vertretung nicht automatisch berechtigt, die Vertretung eines anderen Wettbewerbers ohne erneute Erlaubnis des Unternehmers zu übernehmen555. Eine konkludente Gestattung liegt etwa vor, falls der Unternehmer dem HV die Ver119 tretung in Kenntnis seiner Tätigkeit für einen Wettbewerber überträgt. Auch gibt es Branchen, in denen das Wettbewerbsverbot stillschweigend derogiert ist, etwa wegen der

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 24; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 28, 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40, 65. Die Zustimmung muss also nicht immer ausdrücklich erfolgen; eine stillschweigende Zustimmung genügt, Hopt § 86 Rn 30; aA mglw. OLG Hamm NJW-RR 1992, 364. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 24. Hopt § 86 Rn 30. Hopt § 86 Rn 30; offen BGHZ 52, 181. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 258.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 24; Hopt § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 40. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. Hopt § 86 Rn 28; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. BGH NJW 1984, 2101; Hopt § 86 Rn 30. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2056.

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Üblichkeit oder Notwendigkeit des Vertriebs von Konkurrenzprodukten556. Man könnte hier auch annehmen, dass die Interessenwahrungs- und Treupflichten zurücktreten und kein Wettbewerbsverbot fordern557. So kann es im Interesse des Unternehmers liegen558, branchentypisch oder sogar erforderlich559 sein, dass der HV Produkte von Wettbewerbern anbietet; in diesem Fall ist spiegelbildlich eine Gestattung des Unternehmers anzunehmen. Dies mag etwa anzunehmen sein, wenn ein Tankstellen-HV aufgrund der Empfehlung der Automobilhersteller für die Motoren ihrer Erzeugnisse zur Verwendung bestimmter Öle gezwungen ist560, wobei dieser Fall auch unter dem Gesichtspunkt der Pflichtenkollision geführt wird. Der HV darf dann nur nicht für diese Erzeugnisse werben561. Anders, wenn der Stationär in gleicher Lage die Wahl hat zwischen dem Motorenöl der Konkurrenz und demjenigen seines Unternehmers, der Kfz-Hersteller nicht die Marke des Wettbewerbers, sondern nur eine Ölsorte mit bestimmten Eigenschaften empfohlen hat (die die beiden konkurrierenden Ölsorten gleichermaßen aufweisen) und der Tankstellenstationär in seiner Werkstatt daraufhin das Konkurrenzöl nur deshalb verwendet, weil es preisgünstiger ist: keine Pflichtenkollision, daher Wettbewerbsverstoß562. Weiter kann eine konkludente Gestattung bei Künstler-Repräsentanten563 angenommen werden, die traditionell ebenso mehrere Unternehmer repräsentieren wie Reisebüros564. So vertreten etwa mittlere und größere Reisebüros üblicherweise zwischen fünfzig und hundert Reiseveranstalter565. Eine vergleichbare Gestattung ist gegenüber Radio- und Fernsehhändlern anzunehmen566, wobei es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Der Vertrieb von Wettbewerbsprodukten ist dann vertragsimmanent. In diesen Fällen muss das Wettbewerbsverbot ausdrücklich vereinbart sein (Problem: § 307 BGB in AGB), soll es gelten. Widrigenfalls steht zu vermuten, es entspreche den Interessen des Unternehmers, dass sein HV – um für Kunden attraktiv zu bleiben – eine möglichst breite Palette an Produkten vertreibt. Auch sonst mag der HV einen Vorteil z.B. für seine Absatztätigkeit darin finden, dass 120 er seinen Kunden eine Auswahl unter Fabrikaten verschiedener Herkunft bieten kann, und auf der anderen Seite ist es nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsherr seinerseits mittelbare Vorteile daraus zieht, wenn das Wirkungsfeld des HV durch größere Breite des Angebots sich verbreitert. Aber das Urteil hierüber darf außer in offensichtlichen Fällen (wie den vorgenannten) nicht der HV sich selbst beilegen, falls er den Vorwurf vermeiden will, ohne die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu Werke gegangen zu sein. Vielmehr ist die Frage objektiv zu beantworten. Die Interessenwahrungspflicht fordert zudem die Neutralität zwischen den Produkten der verschiedenen Unternehmer567, also insbesondere die neutrale Beratung des Kunden.

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BGH DB 1968, 211; BGHZ 52, 171 (178); BGH, Urt. v. 25.09.1990 – KVR 2/89, BGHZ 112, 218 (222) = NJW 1991, 490; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. Canaris § 17 Rn 42. Kapp WuW 2007, 1218 (1225). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. BGH BB 1968, 60 = DB 1968, 211. Gibt es keine derartige Empfehlung des Herstellers,

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fehlt es an einer konkludenten Gestattung oder an einer Pflichtenkollision. BGH – Kartellsenat – DB 1968 211. BGHZ 52, 171 (179). Siehe Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff. Kapp WuW 2007, 1218 (1225). BGH, Beschl. v. 25.09.1990 – KZR 2/89, BGHZ 112, 218 (223). Vgl. Westphal I Rn 231. Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1050).

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Liegt eine Erlaubnis zur Wettbewerbstätigkeit vor, handelt es sich um eine Ausnahme von der Regel. Sie ist daher eng auszulegen568 und der HV ist für sie beweispflichtig, wobei auch hier im Einzelfall eine abweichende Betrachtung geboten sein kann.

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(b) Vertragliches Wettbewerbsverbot. Der Unternehmer darf dem HV – soweit kartellrechtlich zulässig (Art. 101 AEUV Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10, dazu Vor § 84 Rn 159 ff) – durch Vertrag ein Wettbewerbsverbot auferlegen, welches über das aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitete hinausgeht569. Zudem kann der Unternehmer das gesetzliche Konkurrenzverbot konkretisieren570. Wird das Wettbewerbsverbot vertraglich begründet, handelt es sich um einen eigenständigen vertraglichen Anspruch i.S.d. § 241 BGB, nicht um eine Ausprägung der Interessenwahrungspflicht. Der Unternehmer darf aber auf das in Anspruchskonkurrenz stehende gesetzliche Wettbewerbsverbot rekurrieren, etwa nach Unwirksamkeit des vertraglichen Wettbewerbsverbots. Jedes Wettbewerbsverbot und seine Ausübung muss auf die schutzwürdigen Belange des HV Rücksicht nehmen571. Ziel des Verbots muss die Ausschaltung von Konkurrenz sein572. Wird lediglich die Behinderung der Tätigkeit des HV oder dessen Kontrolle gewünscht, kann die Durchsetzung eine unzulässige Rechtsausübung bilden573. Dem HV darf etwa – individualvertraglich jede andere Tätigkeit untersagt574 (Problem: § 307 BGB, siehe Rn 119, 124575) und das Verbot durch Vertragsstrafe abgesichert werden576, wobei die Vertragsstrafe bereits mit dem Abschluss des Wettbewerbsvertrags verwirkt sein kann577 – verboten werden, weitere Vertretungen zu übernehmen, selbst wenn diese zu den vertriebenen Produkten nicht in Wettbewerb stehen. Dann ist der HV Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a578 – auferlegt werden, weitere Vertretungen oder eine andere Tätigkeit nur mit Zustimmung des Unternehmers aufzunehmen. Es ist eine Frage der Auslegung, ob dem HV dann jede andere Betätigung untersagt werden soll oder nur eine solche, die zu einer Beeinträchtigung der Interessen des Unternehmers führen kann579. Die Zustimmung hat der Unternehmer nach billigem, gerichtlich nachprüfbarem Ermessen zu erteilen (§ 315 BGB)580. Er hat dabei seine eigenen gegen die Interessen des HV abzuwägen und die Gründe darzulegen und zu beweisen, welche zu einer ablehnenden Entscheidung berechtigen581. Wurde ausdrücklich eine Verweigerung der Zustimmung nur bei Interessengefährdung vereinbart, so darf auch nur in jener Situation die Zustimmung

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570

571 572 573

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; MünchKommHGB/ v. HoyningenHuene § 86 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. BGH, Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 41. BGH BB 1968, 60; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25; Hopt § 86 Rn 26. OLG Düsseldorf DB 1990, 1960; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25. BGHZ 52, 171 (180, 181); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 19.

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574 575 576 577 578 579 580

581

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40, 41. Hopt § 86 Rn 33. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. OLG Nürnberg BB 1961, 64; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. Siehe Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. OLG München BB 1993, 1835; Ebenroth/ Obermann DB 1981, 829; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40; Ebenroth/Obermann DB 1981, 829; zum Arbeitsrecht: BAG DB 2002, 1507: Arbeitgeber darf Zustimmung nicht willkürlich verweigern. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86

verweigert werden. Der Unternehmer ist darlegungs- wie beweispflichtig für die Existenz einer Interessengefährdung582, wobei ein gewisser Beurteilungsspielraum besteht – eine weitere Tätigkeit oder Wettbewerbstätigkeit nur bis zum Widerruf gestattet werden583. Der HV muss dann nach Widerruf (Grenze: Schikane584) die Tätigkeit für den Wettbewerber einstellen585. Jedoch muss ihm der Unternehmer zur Kündigung eine angemessene Zeit, jedenfalls die gesetzliche Kündigungsfrist, geben. War der Unternehmer mit einer längeren Kündigungsfrist einverstanden, muss er auch jene gewähren. Ob der Widerruf dem HV das Recht gibt, den „Erstvertrag“ ausgleichserhaltend aus begründetem Anlass zu kündigen586, erscheint zweifelhaft. Ist der HV aufgrund seiner Arbeitsbelastung rein faktisch an einer Tätigkeit für einen 123 anderen Unternehmer gehindert, handelt es sich um kein vertragliches Konkurrenzverbot587. Ein über die gesetzliche Bindung aus der Interessenwahrnehmungspflicht hinausge- 124 hendes vertragliches Wettbewerbsverbot soll von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweichen (§ 307 Abs. 2 S. 1 BGB) und damit in AGB vereinbart nur bei Vorliegen besonderer Umstände wirksam sein588. Das erscheint zweifelhaft, weil sich der Existenz des § 92a ein anderweitiges gesetzliches Leitbild entnehmen lässt. Zudem handelt es sich bei der Erweiterung des Wettbewerbsverbots lediglich um eine Konkretisierung der gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht, die innerhalb eines Vertriebsnetzes durch AGB erfolgen darf. Gleichwohl können auch hier Treupflichten und § 242 BGB die Rechte des Unternehmers im Einzelfall einschränken589. (9) Grenzen des Wettbewerbsverbots nach deutschem oder EU-Kartellrecht. Vertrag- 125 liche und sogar aus dem Gesetz (Interessenwahrungspflicht) hergeleitete gesetzliche590 Wettbewerbsverbote sind stets auf ihre Konformität mit dem Kartellrecht zu überprüfen591. Dabei darf die Rechtsprechung zu § 86 das europäische Kartellrecht nicht binden, zumal sie nur eine Interpretation des § 86 und keine ausdrückliche Regelung bildet. Hinsichtlich der kartellrechtlichen Wirkungen sind Art. 101 AEUV und die GVO 330/10 zudem spezieller. Vertragsbegleitende Wettbewerbsverbote können, sofern sie spürbar sind, Art. 101 AEUV widersprechen. Gegenüber unechten HV kann das aus § 86 entnommene oder ein vertraglich begründetes Wettbewerbsverbot nicht für länger als fünf Jahre vereinbart werden592 (s.o. Rn 122). Ob die so zum Ausdruck gekommene Entscheidung der EU-Kommission Leitbildwirkung auch für die zivilrechtliche Lage hat, ist noch nicht ausdiskutiert, aber wohl abzulehnen. Hinsichtlich der für Kfz-Händler geltenden Kündigungsfristen der „Alt-GVO“ 1475/95 von zwei Jahren wird eine vergleichbare Leitbildwirkung des EU-Rechts in der Literatur befürwortet593. Der BGH594 hat es offen gelassen, ob eine derartige Leitbildwirkung bei Bierbezugsverträgen besteht. 582 583 584 585 586 587

588

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. Dafür: Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; aA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. OLG München NJW-RR 1995, 292; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25; aA für den Ver-

589 590 591 592 593 594

sicherungsvertreter OLG München BB 1993, 1835; s.a. BGH BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 25. BGH, Urt. v. 07.07.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102). Hopt § 86 Rn 34; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 256. Hierzu Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214). Siehe Emde BB 2000, 63 (65) m.w.N. ZIP 2001, 1245 (1247).

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1. Buch. Handelsstand

(10) Umgehungstatbestände. Die Praxis zeigt, dass sowohl das gesetzliche wie das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot für Umgehungsversuche anfällig sind595. Einigkeit herrscht in der Zielsetzung, sie umgehungsfest zu machen596. Der Verstoß gegen die Loyalitätspflicht ist auch hier aus der Sicht eines verständig denkenden Unternehmers zu beurteilen. Loyalität und Vertrauen lassen sich nicht manipulieren. Ob die Maßstäbe von den früher anzuwendenden abweichen, erscheint zweifelhaft597. Nicht jede Tätigkeit nahestehender Personen bildet einen Umgehungsfall598. Grundsätzlich gilt, dass der HV keine Tätigkeiten ausüben darf, die dem vereinbarten oder gesetzlichen Wettbewerbsverbots widersprechen oder eine Umgehung des Verbots darstellen599. Das Konkurrenzverbot darf z.B. nicht umgangen werden durch – Vorschieben von Angehörigen oder Dritten als Mittelspersonen600 – Vorschieben anderer „Strohmänner“601 – Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen602 (die Beteiligung an einem ruhenden Unternehmen ohne Vermittlungstätigkeit soll aber wegen der fehlenden Gefahr für den Unternehmer keinen Verstoß bilden; der in das HR eingetragene Satzungszweck soll irrelevant sein603) – Beteiligung als stiller Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen604 – Gründung eines Konkurrenzunternehmens, an dem Familienangehörige, nahe Verwandte oder Angestellte des Vertreterunternehmens wesentlich beteiligt sind605 – Gründung einer formal selbständigen HV-Gesellschaft606 – Untervertretungen607 – eine Geschäftsraumpartnerschaft oder Bürogemeinschaft608 ohne ausreichende, die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen ausschließende Trennung der Büros609.

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Vgl. BGH VersR 1969, 372; BGH, Urt. v. 06.07.1970 – II ZR 18/69, BB 1970, 1374; MDR 1977, 644; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Emde Die HandelsvertreterGmbH, S. 162; Emde GmbHR 1999, 1005 (1012); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 29; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 90a Rn 10. OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Gallus Wettbewerbsbeschränkung im Recht der Handelsvertreter, 1971, S. 126; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 261; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42a. AA wohl Hopt § 86 Rn 29. Hopt § 86 Rn 29. Küstner/Thume I Rn 489. BGH VersR 1969, 372; OLG Düsseldorf DB 1959, 435; Gallus. a.a.O., S. 126; Küstner/ Thume I Rn 489; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 261; Eben-

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roth/Löwisch § 86 Rn 26; Hopt § 86 Rn 29; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28. MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 33; Küstner/Thume I Rn 489. LG Hamburg, Urt. v. 08.08.2008 – 332 O 351/07, n.v. – zu § 90a. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 260; Küstner/Thume I Rn 490; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 20; Schröder § 86 Rn 42a. Küstner/Thume I Rn 490. BGH, Urt. v. 20.01.1969 – VII ZR 60/66, VersR 1969, 372 (373); BGH, Urt. v. 06.07.1970 – II ZR 18/69, BB 1970, 1374; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 162 ff; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 26. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 261. BGH VersR 1969, 372; Küstner/Thume I Rn 494; Hopt § 86 Rn 28.

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Schwierig ist zu beantworten, wann eine unzulässige Umgehung vorliegt. Die Diskussion 127 weist Parallelen zur „Durchgriffsprüfung“ im Gesellschaftsrecht auf. Kein Umgehungsfall sondern eine unzulässige Förderung des Wettbewerbes liegt vor, falls der HV die Tätigkeit des Umgehenden unterstützt, etwa durch Überlassung von Räumen, Hilfe, Urlaubsvertretung, gemeinsame Telefon- und Faxnummer bzw. E-Mail-Adresse, Homepage und Ähnlichem oder von ihr profitiert610. Unzureichende Trennung der Sphären kann, nicht anders als eine Vermögensvermischung im Gesellschaftsrecht, für Umgehung sprechen, zumal sie zumindest die Befürchtung der Illoyalität begründet611, ist aber eigentlich eher der Fallgruppe unzulässiger Förderung zuzuschlagen. Dem HV obliegt dann der Beweis fehlender Umgehung, was auch wegen der Sachnähe richtig ist. Bei Trennung der Vertriebsbereiche ohne Umgehungstatbestand, etwa von dem Vater unabhängige Vertretung eines Wettbewerbers durch den Sohn, liegt kein Verstoß vor612. Auch wäre der Vater nicht verpflichtet, auf den Sohn mit dem Ziel einzuwirken, den Wettbewerb einzustellen613. Das widerspräche schon dem Recht des Sohnes auf freie Berufswahl (Art. 12 GG). Insbesondere der Wettbewerb durch Gesellschafter einer HV-Gesellschaft ist Gegen- 128 stand der Diskussion614. Paradigma ist der Wettbewerb des Alleingesellschafters oder geschäftsführenden Gesellschafters615 einer HV-Gesellschaft oder durch einzelne Mitglieder von HV-Ketten, die häufig in GmbH-Form organisiert sind616. § 86 Abs. 1 2. Hs. verpflichtet die HV-Gesellschaft, umfassend die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen. Hierzu zählt das Unterlassen eigenen, aber auch das Bekämpfen fremden Wettbewerbs. Das nach § 86 Abs. 1 2. HS zu schützende Unternehmerinteresse wird durch einen Wettbewerb aus dem Umfeld des HV nicht geringer beeinträchtigt als durch einen solchen Dritter oder der Vertretergesellschaft selbst. Hat die HV-Gesellschaft eigenen Wettbewerb zu unterlassen und muss sie fremden bekämpfen, so darf der Unternehmer darauf vertrauen, dass Wettbewerb aus den Reihen der Gesellschafter mit gleicher Konsequenz wie fremdem Wettbewerb entgegengetreten wird617. Vertriebsrechtliche Treu- und Interessenwahrungspflichten dürfen nicht mit Hilfe Dritter umgangen werden618. Der Unternehmer will vor jedem Wettbewerb geschützt sein. Die HV-Gesellschaft ist daher zu jedem rechtlich zulässigen und möglichen Einwirken auf den konkurrierenden Gesellschafter verpflichtet. So ist sie verpflichtet, gegenüber ihrem Gesellschafter jeden Anspruch geltend zu machen, der ein Recht auf Unterlassen des Wettbewerbs gibt, insb. Unterlassungsansprüche aus Treupflicht, §§ 3 UWG, 826 BGB, u.U. i.V.m. § 1004 BGB. Ggf. muss die HV-Gesellschaft das sie schützende Wettbewerbsverbot im Verhältnis zu ihrem Gesellschafter oder Geschäftsführer durchsetzen oder an ihn weitergeben619. Denn jene sind zumindest unter Treupflichtgesichtspunkten, der Geschäftsführer auch aus seinem Anstellungsvertrag – zudem auf Weisung – gegenüber der GmbH verpflichtet, Wettbewerb zu unterlassen620. 610 611 612 613 614

615 616

Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28. Hopt § 86 Rn 29. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 28. BGH, Urt v. 19.01.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 (TankstellenHV); Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 162 ff; Emde GmbHR 1999, 1005, 1012. BGH, Urt v. 19.01.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 (Tankstellen-HV). Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 163.

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Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 186 f; Emde GmbHR 1999, 1005, 1012; aA wohl Brüggemann ZHR 131 (1968), 1, 19. OLG Köln, BB 2000, 2595 = NJW-RR 2001, 1178 = EWiR 2001, 23 (Emde). BGH, Urt v. 19.01.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 (Tankstellen-HV). Im einzelnen: Emde Die HandelsvertreterGmbH, S. 167; zu einem Durchgriff zu Lasten des Unternehmers OLG Düsseldorf, OLGR 2000, 425 = GmbHR 2000, 1205; OLG Köln, BB 2000, 2595 = NJW-RR 2001, 1178 = EWiR 2001, 23 (Emde).

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Sollte sich der Gesellschafter, was oft geschieht, im Verhältnis zu dem Unternehmer zur Unterlassung von Wettbewerb verpflichtet haben621, so besitzt der Unternehmer einen Direktanspruch gegenüber dem Gesellschafter. Bei Wettbewerb durch die Gesellschaftergesamtheit oder den Alleingesellschafter spricht ein Anschein für eine Umgehung622. Regelmäßig besteht allerdings kein Direktanspruch gegen den vertraglich nicht mit 129 dem Unternehmer verbundenen, Wettbewerb ausübenden Dritten, etwa einen Angehörigen des HV623. Prasse fordert „individuelle“ Lösungen624. Die Gesellschaftergesamtheit kann im Wege des Durchgriffs das Wettbewerbsverbot der HV-Gesellschaft treffen625. Da für die HV-Gesellschaft die hinter ihr stehenden Personen handeln (gerade im Vertriebsbereich ist die Einpersonengesellschaft typisch), kommt es dem Unternehmer auch darauf an, dass die für die Gesellschaft tätigen Personen das Wettbewerbsverbot achten. Ein nur die Gesellschaft, nicht aber die für sie agierenden Gesellschafter („Schlüsselpersonen“) treffendes Konkurrenzverbot wäre faktisch wertlos626. Bei einer personalistischen Gesellschaft, deren Gesellschafter in die Vertragserfüllung eingebunden sind, trifft die Gesellschafter ohne weiteres persönlich eine Unterlassungspflicht. Der BGH hat dies zu einem Subunternehmervertrag angenommen, bei dem der Gesellschafter nicht nur Alleingesellschafter war sondern als Geschäftsführer das gewerbliche Handeln seiner GmbH bestimmte627. §§ 1 Abs. 1 S. 2 AktG, 13 Abs. 2 GmbHG stehen nicht entgegen. Es geht nicht um die Erstreckung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf die Gesellschafter, sondern darum, dass der Vertragspartner einer solchen Gesellschaft erwarten darf, deren Gesellschafter würden nicht bewusst seinen Interessen zuwiderhandeln (§ 242 BGB, aus dem der Durchgriffsgedanke entwickelt wurde). Neu eintretenden Gesellschaftern darf diese Verpflichtung ebenfalls entgegengehalten werden, sofern sie selbst in Ausführung der Verpflichtungen der HV-Gesellschaft tätig sind und ihre personalistische Struktur bei Eintritt erkannten. Denn dann wissen sie um die besonderen Treu- und Interessenwahrungspflichten, die es ihnen verbieten, ihre Loyalität gegenüber dem Unternehmer in eine solche der Tätigkeit für die HV-Gesellschaft und in eine außergesellschaftliche aufzuspalten. Auch wenn den Gesellschafter die Verpflichtung zur Unterlassung von Wettbewerb 130 nicht persönlich treffen sollte, darf der Unternehmer den Vertrag mit der HV-Gesellschaft bei Schädigungsgefahr und Schädigungswahrscheinlichkeit außerordentlich kündigen628. Außerdem ist der Wettbewerb eines Gesellschafters beim Ausgleichsanspruch unter Billigkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen629. Eine Schädigungsgefahr ist regelmäßig durch die Gesellschafterstellung indiziert630. Eine Schädigungswahrscheinlichkeit besteht vor allem, falls der Gesellschafter die Konkurrenztätigkeit in den Vordergrund seiner wirtschaftlichen oder persönlichen Interessen stellt, etwa wenn er an dem finanziellen Erfolg des Wettbewerbers in gleichem Maße oder stärker interessiert ist, als er das am Erfolg oder Misserfolg der HV-Gesellschaft ist631. Zweifelsfälle sind im Lichte der Interessenwahrungspflicht zugunsten des Unternehmers zu entscheiden. Denn da für die Zubilli621 622 623 624 625

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Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 169. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 170. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 261. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 261. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 171, insb. S. 177 f; BGH, Urt. v. 30.11.2004 – X ZR 109/02, ZIP 2005, 296 (298) für einen Subunternehmervertrag. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 178.

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BGH, Urt. v. 30.11.2004 – X ZR 109/02, ZIP 2005, 296 (298) = WRP 2005, 349 m. krit. Anm. Quiring, WRP 2005, 813 ff zu einem Reinigungsvertrag. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 212 ff. BGH, Urt v. 19.01.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 31 f (TankstellenHV) – dort mit 10 %. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 213. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 214.

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gung eines fristlosen Kündigungsrechts gem. § 89a der Eintritt eines Schadens nicht Voraussetzung ist, vielmehr bei objektiver Grundlage bereits eine nachhaltige Erschütterung des Vertrauens in die Loyalität des Vertragspartners ausreicht632, wird man dem Unternehmer im Zweifel keine Geschäftsbeziehung zumuten können, in der objektive Anhaltspunkte für eine unvermittelt drohende Schädigung gegeben sind. Weil der befürchtete Interessenkonflikt jederzeit, also auch im Laufe der in § 89 vorgesehenen Kündigungsfrist, eintreten kann, ist dem Unternehmer ein Abwarten bis zu deren Ende oft nicht zumutbar633. Kündigt der Unternehmer den HV-Vertrag aufgrund der Konkurrenz durch den Gesellschafter außerordentlich, so verliert die HV-Gesellschaft den Ausgleichsanspruch wegen Fehlens eigenen schuldhaften Verhaltens nur dann (§ 89b Abs. 3 Nr. 2), wenn sie es entgegen ihren Vertragspflichten unterließ, auf den Gesellschafter mit dem Ziel einzuwirken, dass dieser die Konkurrenz einstellt. Denn der Ausgleichsanspruch (Kontrollfall!) wird auch nicht bei einer fristlosen Kündigung wegen Konkurrenz durch einen Ehegatten ausgeschlossen634. (11) Beweislast. Derjenige, der sich auf ein Wettbewerbsverbot beruft, ist für den 131 Wettbewerbsverstoß beweispflichtig635. Indizien können ein einheitliches, ungewöhnliches Layout der beim Unternehmer eingegangenen Kündigungen sowie in ihnen enthaltene ungewöhnliche Formulierungen sein, z.B. der geäußerte Wunsch, jegliche Vertreterbesuche zu unterlassen636. Auch ein Vergleich der Bestandszahlen vor, während und nach der Konkurrenztätigkeit kann hilfreich sein, wobei – um Einflüsse der allgemeinen Marktentwicklung auszuschließen – Vergleichszahlen aus den Gebieten anderer Mittler in einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorgelegt werden sollten637. (12) Folgen unberechtigter Konkurrenz. Verstößt der HV gegen das Wettbewerbsver- 132 bot, ist dies eine Vertragsverletzung. Verletzt der HV die in § 86 niedergelegten oder die vertraglich vereinbarten Pflichten, darf der Unternehmer vertragsgemäßes Verhalten, also Erfüllung oder Unterlassung fordern638. Der Anspruch darf im Hauptverfahren eingeklagt und im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden639. Bei erheblicher, sofort eintretender Gefährdung640 ist er im Eilverfahren sicherbar641. Beides gilt auch für den Anspruch auf Geschäftsvermittlung und -abschluss642. Zudem ist der Unternehmer – je nach den Umständen des Einzelfalls – zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 89a berechtigt643. Grundsätzlich ist vor der Kündigung eine Abmahnung erforderlich, und zwar sowohl in Fällen der Verletzung des Vertrauens- wie des Leistungsbereiches644. Entbehrlich wird sie nur, falls – bei objektiver Betrachtung – die Vertrauensgrundlage auch durch Abmahnung und anschließendes Wohlverhalten nicht wieder hergestellt werden

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BGH DB 1956, 136; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 215. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 215. OLG Braunschweig VW 1968, 860. Zu den Beweismitteln, insbesondere im einstweiligen Verfügungsverfahren, Blankenburg VersR 2010, 581 ff. Blankenburg VersR 2010, 581 (582). Blankenburg VersR 2010, 581 (582). Blankenburg VersR 2010, 581 (zum Versicherungsvertreter); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67.

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Die nach Ansicht von Blankenburg VersR 2010, 581 rglm. vorliegen soll. Blankenburg VersR 2010, 581 (zum Versicherungsvertreter). AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67. Hopt § 86 Rn 32; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 42; Canaris § 17 Rn 43. BGH VersR 2001, 370 = NJW-RR 2001, 677 = MDR 2001, 637.

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kann645. Hiervon soll in Fällen unerlaubter und – auch – heimlicher Konkurrenz als „Erfahrungssatz“ auszugehen sein646. Tatsächlich wird man solches als Regel nicht feststellen können, da es sehr auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art der Wettbewerbstätigkeit – etwa: Verschulden des HV, Rechtsirrtum u.ä. – ankommt647. Auch nach Verletzung des Wettbewerbsverbots kann eine Abmahnung erforderlich sein (Grundsatz)648, vor allem wenn Unklarheit über die Sach- und Rechtslage besteht649, d.h. ein Rechtsirrtum des HV nahe liegt. Eine Konkurrenztätigkeit, welche der Unternehmer trotz Kenntnis längere Zeit (etwa: 133 zwei Monate) geduldet hat, kann nicht zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung genommen werden. Das Kündigungsrecht ist dann verwirkt650 (erste Grenze des Kündigungsrechts). Eine über die Verwirkung hinausgehende konkludente Vertragsänderung (zweite Grenze) liegt in der Duldung jedoch nur, sofern dem HV sowohl die Kenntnis des Unternehmers von der Wettbewerbstätigkeit wie die Duldung bekannt sind. Dann kann der Mittler durch Fortsetzung der HV-Tätigkeit in Kenntnis der Duldung des Unternehmers dessen Angebot auf konkludente Vertragsänderung annehmen. Im Zweifel muss der HV das Einverständnis des Unternehmers mit der Konkurrenztätigkeit beweisen651, ebenso wie die Voraussetzungen einer Verwirkung. Größerer Umsatzrückgang eines HV zu einer Zeit, in der dieser eine unzulässige Tätigkeit für einen anderen Unternehmer ausgeübt hat, kann den Anscheinsbeweis rechtfertigen, dass die Vertragsverletzung für den Umsatzrückgang ursächlich gewesen ist652. Das gilt im Rahmen eines Kündigungs- wie eines Schadenersatzprozesses. Die pflichtverletzende Wettbewerbstätigkeit des HV begründet im Falle der Kündi134 gung eine Schadensersatzverpflichtung nach § 89a Abs. 2, bei fehlender Kündigung gemäß § 280 Abs. 1 BGB653, im Falle der Kündigung jedoch nur für Schäden bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin654. Nach dem Schutzzweck der Norm kann der HV den Schaden nicht mit dem ohnehin kaum beweisbaren Einwand negieren, bei eigenem Unterlassen hätte ein anderer HV die verbotene Tätigkeit ausgeführt. Durch bloße Duldung des Unternehmers und daran anknüpfende Verwirkung des Kündigungsrechts ist – soweit keine konkludente Gestattung oder Vertragsänderung (s.o.) vorliegt – der Schadenersatzanspruch nicht gesperrt, da in der bloßen Verwirkung keine Billigung des Verhaltens des HV liegt. Doch werden §§ 60 Abs. 2, 112 Abs. 2 analog anzuwenden sein; der Unternehmer hat keine Schadensersatzansprüche und keine Kündigungsmög-

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BGH NJW-RR 2001, 677 = BB 2001, 645 = EWiR 2001, 483 (Emde); NJW 1992, 496; VersR 1981, 190 = DB 1981, 987; Küstner/ Thume I Rn 1750; Westphal I Rn 797. BGH NJW-RR 2001, 334; VersR 1999, 1270 = EWiR 1999, 705 (Emde); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765; Westphal Vertriebsrecht 1, Rn 797. Siehe zum gutgläubig konkurrierenden HV BGH NJW-RR 2001, 677 = BB 2001, 645 = EWiR 2001, 483 (Emde). Tendenziell bereits Emde EWiR 2001, 484. BGH NJW-RR 2001, 677 = BB 2001, 645 = EWiR 2001, 483 (Emde). BGH NJW-RR 1992, 1059; Küstner/Thume I Rn 520; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 42.

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OLG Hamburg DB 1973, 1214; Küstner/ Thume I Rn 524. LAG Stuttgart BB 1970, 127; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 49. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811; Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097 unter A I 2 b; OLG Hamm, Urt. v. 19.03. 2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Rostock, Urt. v. 04.04.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 31; Hopt § 86 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 31.

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§ 86

lichkeit, wenn ihm bei Abschluss des Vertrages mit dem HV bekannt war, dass jener die jetzt beanstandete Tätigkeit bereits wahrnahm655. Bei fortlaufendem Vertrag ist der Schaden nicht leicht zu beweisen. Der zu beanspru- 135 chende Schadensersatz geht auf den Gewinn, welchen der Unternehmer hätte erzielen können, falls der HV nicht die Artikel der Konkurrenz beworben hätte. Er liegt zumindest in der Differenz zwischen den Gewinnen aus den konkreten Geschäften mit und ohne Wettbewerbstätigkeit656. Der Unternehmer hat gegenüber dem HV zwar ein Auskunftsrecht über den für den Schadenersatzanspruch relevanten Umfang der vertragswidrig für den Wettbewerber getätigten Aktivitäten, Geschäfte und Umsätze657 (§§ 242, 259, 260 BGB), wegen fehlender Pflicht zur Auskehrung (Rn 136) angeblich jedoch nicht über die Provisionshöhe658 bzw. über das dabei von ihm Verdiente659. Der Grund hierfür liegt darin, dass sich der Schadensersatzanspruch des Unternehmers nach seinen Verlusten infolge der unzulässigen Wettbewerbstätigkeit des HV bestimmt, nicht nach dessen Einkünften, kein Eintrittsrecht des Unternehmers besteht und er auch nicht die Herausgabe des Verdienten fordern darf. Die Auskunft setzt den dem Unternehmer obliegenden Nachweis eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot voraus660. Dem Anspruch soll der HV einen vertraglich versprochenen Schutz der Daten der Kunden oder des anderen Unternehmers entgegenhalten dürfen661 (zwh). In jedem Fall muss der HV jedoch substantiiert zu einer Schweigepflicht vortragen662. Der Einwand des Geheimnisschutzes ist nicht valide, falls der Geschützte Kenntnis des Vertragsbruchs hatte. Denn er muss dann als „Mittäter“ mit der Offenlegung und dem Auskunftsverlangen rechnen. Richtigerweise ist Geheimnisschutz nicht anzuerkennen, wenn er nur auf Grund einer vertraglichen – nicht gesetzlich als Leitbild vorgesehenen – Geheimhaltungsabrede geschuldet ist, weil solche Abreden nicht zu Lasten des Geschädigten gehen können663. Allzu strenge Maßstäbe sind im Interesse des Geschädigten kaum angebracht. Ggf ist die Auskunft zum Schutz des Wettbewerbers – wenn der HV ihm, was er zu beweisen hat, Geheimnisschutz schuldet – zu anonymisieren oder geeignet zu beschränken664, mglw. durch Anordnung der Herausgabe der Bücher nur an einen der Schweigepflicht unterliegenden Sachverstän-

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Maier S. 502. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. BGH, Urt. v. 23.01.1964 – VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097; OLG Hamm, Urt. v. 14.05.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114; OLG Rostock, Urt. v. 04.04.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560; Eberstein S. 72; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 51; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 39; Hopt § 86 Rn 32, 51; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. OLG Hamm, Urt. v. 14.05.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114; OLG Rostock, Urt. v. 04.04.2009 – 1 U 57/08,

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NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); LG Stralsund, Urt. v. 18.12.2007 – 4 O 220/07, n.v.; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 51; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43; vgl. auch BGH, Urt. v. 23.01.1964 – VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; Urt. v. 23.01.1964 – VII ZR 133/62, 1996, 2097; Hopt § 86 Rn 32. BGH NJW 1964, 817; 1996, 2097; OLG Hamm, Urt. v. 14.05.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114; Hopt § 86 Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 45. OLG Rostock, Urt. v. 04.04.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde). OLG Rostock, Urt. v. 04.04.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde). AA möglicherweise Hopt § 86 Rn 32. Vgl. BGHZ 10, 387; Hopt § 86 Rn 32.

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digen665. Die Umsätze mit den Produkten des Wettbewerbers geben allerdings – außer im Fall der weitgehenden Vergleichbarkeit der Produkte – keinen sicheren Nachweis der Schadenshöhe, möglicherweise jedoch ein Indiz für die gem. §§ 252 BGB, 287 ZPO zulässige Schätzung der dem Unternehmer durch die vertragswidrige Konkurrenztätigkeit entgangenen Gewinne. Notfalls ist, sofern der Schadenersatzanspruch dem Grunde nach feststeht, gem. § 287 ZPO unter Abzug ersparter Kosten ein Mindestschaden zu schätzen, es sei denn, die Schadensschätzung hinge mangels konkreter Anhaltspunkte ausnahmsweise völlig in der Luft666. Bei unerlaubter Konkurrenz des Untervertreters zum Hauptvertreter valutiert dieser Mindestschaden in Höhe der dem Hauptvertreter entgangenen Provision667. Außerdem kann der Schaden in Höhe der Differenz der Umsätze aus einem repräsentativen Tätigkeitszeitraum ohne Wettbewerbsbemühungen des Mittlers zu den Umsätzen eines vergleichbar repräsentativen Zeitraums mit Konkurrenztätigkeit bemessen werden. Nach Kündigung ist die Schadensermittlung einfacher: Gehen in Folge der Kündigung die Umsätze in dem Vertretergebiet zurück, darf der Unternehmer den Durchschnittsgewinn der vergangenen Jahre mit dem nach „Ausfall“ des HV erzielten tatsächlichem Gewinn (bei Totalausfall möglicherweise Null) vergleichen und als Schaden fordern (§§ 252 BGB, 287 ZPO)668. Die fehlende Betreuung des Gebiets hat der HV durch die Provokation der Kündigung hervorgerufen. Ein Mitverschulden (§ 254 BGB) ist dem Unternehmer nicht vorzuwerfen. Denn die Kündigung war eine adäquat-kausale Folge des vertragswidrigen Verhaltens des HV, der Unternehmer ist nicht gehalten, zur Schadensminderung den Vertrag mit einem Mittler fortzusetzen, zu dem er das Vertrauen verloren hat. Die Ausübung des Kündigungsrechts ist daher legitim und dem Unternehmer nicht als Mitverschulden vorwerfbar. Der Unternehmer ist nicht berechtigt, neben Schadenersatz in entsprechender Anwen136 dung der §§ 61, 113 HGB, 667 BGB vom HV Herausgabe der durch die vertragswidrige Konkurrenztätigkeit erzielten Vergütung zu verlangen669; ebenso wenig besitzt er ein Eintrittsrecht670. Die Aufnahme einer einen solchen Anspruch gewährenden Regelung in das Recht des HV sei, so der BGH671, im Rahmen der Novellierung 1953 bewusst unterblieben. Das Gesetz enthalte deshalb keine Lücke. Das mag sachgerecht sein, denn der Gewinn des HV kann den Schaden des Unternehmers übersteigen und auf einen solchen Vorteil hat der Unternehmer keinen Anspruch. Neben Schadenersatz kann eine Vertragsstrafe verfallen sein672, hierfür genügt – je nach Fassung des Vertragsstrafeversprechens –

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Hopt § 86 Rn 32. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811; s. bereits BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. BGH, Urt. v. 23.01.1964 – VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; BGH, Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008) = NJW 1996, 2097; OLG Hamm, Urt. v. 14.05.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR

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1987, 1114 (1115); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 51; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 32 (missverständlich aber Rn 23); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 39; aA Canaris § 17 Rn 44: Analoge Anwendung der Normen; Präventionsgedanke, dass sich Verstoß nicht lohnen soll, deshalb Pflicht zur Herausgabe des Gewinns. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. BGH HVR Nr. 311. Hopt § 86 Rn 32.

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regelmäßig schon das Anerbieten unzulässigen Wettbewerbs673. Die Aufnahme der Konkurrenztätigkeit ist also nicht erforderlich674. kk) Treupflichten innerhalb eines Vertriebssystems. Das Recht der Querbeziehungen 137 der Mitglieder des Vertriebnetzes untereinander, also das Netzwerkrecht, vernachlässigen die §§ 84 ff 675. Nicht nur gegenüber dem Unternehmer obliegen dem HV Treupflichten. Richtigerweise bestehen sie auch – im Verhältnis zu der gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht in abgeschwächter Form – zwischen den verschiedenen Mitgliedern eines einheitlichen Vertriebssystems, nicht anders als unter Gesellschaftern676. Am weitesten fortgeschritten ist diese Diskussion im Franchiserecht, wo sie unter dem Stichwort „Franchisenetzwerkhaftung“ diskutiert wird677 (Vor § 84 Rn 424). Die Mitglieder eines Vertriebssystems sind zwar einerseits Wettbewerber jedoch auch Systemnachbarn. Daraus resultieren im Einzelfall zu bestimmende Förder-, jedenfalls aber Rücksichtnahmepflichten. Zu ihnen zählt etwa die Pflicht, bei wechselseitig gewährter Exklusivität die einem Systemnachbarn zugebilligte Ausschließlichkeit zu respektieren. Der Umfang dieser Rücksichtnahmepflicht ist im Einzelfall festzulegen. Ein Wettbewerbsschutz ergibt sich aus ihnen ohne gesonderte Vereinbarung wegen der Konkurrenz unter den Mitgliedern des Vertriebsnetzes nicht, wie auch das Kartellrecht zeigt. Die Einheitlichkeit des Vertriebssystems und die Querbeziehungen der Mitglieder des Vertriebssystems untereinander führen auch nicht zur gemeinsamen Außenhaftung gegenüber Dritten678; das Vertriebsystem wird insoweit als keine Einheit angesehen.

III. Nachrichtspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 2) 1. Allgemeines. Nach § 86 Abs. 2 hat der HV dem Unternehmer unverzüglich jede 138 Geschäftsvermittlung oder jeden Geschäftsabschluss mitzuteilen. Die so normierte Nachrichtspflicht des HV, die auch als „Informationspflicht“679 oder Mitteilungspflicht680 beschrieben werden könnte, ist nach der Interessenwahrungspflicht die bedeutendste Nebenpflicht. Sie existiert kraft Gesetzes, also ohne dass sie einer vertraglichen Regelung bedarf 681. § 87c berechtigt ausschließlich den HV und ist auch nicht analog zugunsten des Unternehmers anwendbar. Ihren Grund hat die Nachrichtspflicht in dem Informationsgefälle zwischen dem HV, der als „Außenposten des Unternehmers“ den lokalen Markt am besten kennt682 sowie dem Unternehmer. Wegen ihrer Bedeutung im Dauerschuldverhältnis wurde die Nachrichtspflicht in § 86 Abs. 2 hervorgehoben. Zwar folgt die Nachrichtspflicht des Abs. 2 bereits aus den §§ 675, 666 BGB683. Dort wird jedoch eher das einzelne Geschäft geregelt, im Dauerschuldverhältnis „Vertriebsvertrag“ kann das Informationsbedürfnis stärker sein. Für die Praxis ist die Herleitung irrelevant. Der Wert des § 86 Abs. 2 liegt in erster Linie in seiner Funktion als „Merkposten“ besonders 673

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OLG Nürnberg BB 1961, 64; Hopt § 86 Rn 32; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 44. OLG Nürnberg BB 1961, 64. Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff, insbes. 671 ff. Siehe OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 m. Anm. Flohr S. 741 zur Franchisenetzwerkhaftung. Flohr BB 2007, 741; ders., BB 2006, 1074; Böhner BB 2004, 119; Teubner ZHR 198 (2004), 1 ff.

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BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813); zweifelnd wohl Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (672). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1, 34; Hopt § 86 Rn 40.

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naheliegender Auskunftsfälle. Zudem konkretisiert § 86 Abs. 2 die §§ 675, 666 BGB, indem der HV verpflichtet wird, namentlich von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich (zeitliche Komponente) Mitteilung zu machen.

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2. Abgrenzung von der allgemeinen Informationspflicht. Von der Nachrichtspflicht des Abs. 2 wird teils terminologisch, teils inhaltlich, die unter Rn 70, 153 ff behandelte allgemeine Informationspflicht abgegrenzt684, wobei eine solche begriffliche Separierung überflüssig ist, weil sich die in Abs. 2 niedergelegte Nachrichtspflicht auf alle Informationen (Abs. 2 Hs. 1) bezieht und damit wohl mit der allgemeinen Auskunftspflicht identisch ist. Zumindest aber handelt es sich bei der als allgemeine Informationspflicht behandelten Fallgruppe um einen Unterfall der Nachrichtspflicht des Abs. 2.

140

3. Abgrenzung von der Berichtspflicht. Die Abgrenzung erfolgt in erster Linie nach dem Inhalt der Nachrichten. Die Nachrichtspflicht des Abs. 2 betrifft tendenziell eher punktuelle Informationen. Berichte werden hingegen meist als zusammenhängende Informationen über ein umfassenderes Thema verfasst, etwa über die Gesamtsituation eines Kunden oder eine bestimmte Kundenreise. Die Übergänge sind fließend, die Dogmatik für die Praxis irrelevant.

141

4. Abgrenzung von der Auskunftspflicht nach § 242 BGB. Neben das allgemeine Informationsrecht des Unternehmers kann als in jedem schuldrechtlichen Vertrag geltendes allgemeines Rechtsinstitut ein aus §§ 242, 259, 260, 810 BGB hergeleiteter Auskunftsanspruch treten, falls der Unternehmer im Einzelfall auf eine Auskunft angewiesen ist, welche der HV unschwer erteilen kann. Diese Auskunftspflicht kann nach Vertragsende fortbestehen. Während des Vertrages sind kaum Fälle vorstellbar, in denen ein Anspruch aus §§ 666 BGB, 86 Abs. 2 nicht eingreift und allein ein solcher aus §§ 242, 259, 260 BGB gegeben sein könnte. Ein Verzicht auf die allgemeine Berichtspflicht lässt den Anspruch aus §§ 242, 259, 260 BGB im Zweifel unberührt. Ein ausdrücklicher Verzicht auf den Auskunftsanspruch ist aber nach Entstehen des Anspruchs zulässig685, etwa im Rahmen eines Vergleiches.

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5. Inhalt der Nachrichten. Die Nachrichtspflicht besteht hinsichtlich aller erforderlichen und bekannten Informationen, auch außervertraglich oder außerhalb des Vertriebsgebiets686 erlangten bzw. für das Verhalten des Unternehmers außerhalb des Vertriebsgebiets relevanten Informationen687 (denn die Interessenwahrungspflicht ist unteilbar). Erforderlich sind alle Informationen, die bei objektiver, die Interessen des Unternehmers berücksichtigender Würdigung für ihn, seine Willensbildung und sein geschäftliches Verhalten von Bedeutung sein können688. Die Nachrichtspflicht ist zwingend. Auf „erforderliche“ Nachrichten i.S.d. § 86 Abs. 2 kann der Unternehmer nicht verzichten (§ 86 Abs. 4 i.V.m. § 86 Abs. 2)689. Jedoch darf auch hier konkretisiert werden, was der Unternehmer als „erforderlich“ ansieht690 und insbesondere die Berichtspflicht (s.u.) ist abdingbar, soweit nach der Natur des Vertrages Berichte nicht „erforderlich“ sind. Eine Erforderlichkeit ständiger Berichterstattung wird nicht bestehen, falls der HV den Unternehmer mittels Übersendung ständiger Einzelinformationen informiert hält. 684 685 686 687 688

Hopt § 86 Rn 40. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 15; aA Schröder § 86 Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 21a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a, 21. AA (ohne Begründung) Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 13. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65.

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Der HV hat die Nachrichten wahrheitsgemäß, also „ungeschminkt“ zu übermitteln. 143 Spiegelbildlich muss sie der Unternehmer vertraulich behandeln, darf sie also nicht an Kunden weiterleiten691. Ein Zurückbehaltungsrecht des HV scheidet angesichts der Bedeutung der Nachrichten aus, wenn jene „erforderlich“ sind692. Der HV ist insbesondere verpflichtet, dem Unternehmer Nachrichten zu geben über: 144 – alle wesentlichen Vorgänge im Vertriebsgebiet – die Annahme von Schmiergeldern693 – den Inhalt der von dem HV selbst gefertigten Kundenlisten694 – den Eingang von Provisionen – die Einzelheiten von Kundenwünschen695 – die Aussichten auf Abschlüsse696, den Stand der Bemühungen und Geschäfte (§ 666 BGB)697. Je nach Bedarf ist unverlangt ein Zwischenbericht zu geben698 – die bei Vermittlung oder Abschluss getroffenen bzw. künftige Abschlüsse vorbereitenden Abreden699 – Vertragsverletzungen durch Kunden700, selbst wenn das für den HV nachteilig ist701 – die Kreditwürdigkeit von Kunden702 – die aus der Marktbeobachtung gewonnenen Erkenntnisse, etwa Berichte über Konkurrenzangebote, Anregungen für die Produktion, Beobachtungen aus den Kundenbesuchen703 – die allgemeine Absatzlage und die Geschmacksrichtung des Publikums704 – die Aufnahme von Konkurrenztätigkeiten705, falls erforderlich sogar die Absicht dazu706 – für die Vermittlung wichtige persönliche Umstände, z.B. Erkrankungen707 oder sonstige Verhinderungen des HV708 – die angewandten Werbemethoden709. Der Abschlussvertreter hat zusätzlich über das getätigte Geschäft durch eine geordnete Zusammenstellung, welcher die dazugehörigen Belege beizufügen sind, Rechenschaft abzulegen710. 6. Verpflichteter. Die Informationen muss der HV übermitteln, jedoch nicht persön- 145 lich. Es genügt, wenn er sie durch einen Mitarbeiter fertigen und an den Unternehmer

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LG Freiburg BB 1966, 999; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 28a; Küstner in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 86 Rn 15. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28. Hopt § 86 Rn 41. Hopt § 86 Rn 17. OLG Köln BB 1971, 543; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. OLG Köln BB 1971, 543; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49. Hopt § 86 Rn 40. Hopt § 86 Rn 40. Hopt § 86 Rn 41. BGH BB 1979, 242; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 42. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. BGH LM § 89a Nr. 11; BGH, ZIP 1996, 1006; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 50. Hopt § 86 Rn 41. Hopt § 86 Rn 41. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 50. Hopt § 86 Rn 41. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53; Schröder § 86 Rn 34.

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senden lässt, sofern es hierdurch nicht zu einem Qualitätsverlust kommt. Die Nachrichtspflicht trifft auch den HV-ähnlichen Mittler, z.B. Franchisenehmer und Vertragshändler, wobei der Unternehmer hier – außer im Falle einer vertraglichen Verpflichtung (sie ist Indiz für die HV-gleiche Einbindung in das Vertriebssystem) – nicht über jeden Abschluss unterrichtet werden muss, weil er nicht Verpflichteter des Geschäfts ist. Die im zweiten Hs. des Abs. 2 apostrophierte Information über die Geschäftsvermittlung (Vermittlungsvertreter) und den Geschäftsabschluss (Abschlussvertreter) bezieht sich mithin nur auf die vom HV für den Unternehmer vermittelten Geschäfte. Ohne vertragliche Vereinbarung ist der Vertragshändler folglich nicht verpflichtet, dem Unternehmer über jeden Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu geben, auch nicht zur Erfüllung der Analogievoraussetzung „Einbindung in das Vertriebssystem“. Die Informationspflicht bezieht sich in dieser Situation auf die allgemeinen Marktgegebenheiten und ähnliches.

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7. Dauer der Nachrichtspflicht. Zeitlich besteht sie von Vertragsbeginn bis zum Vertragsende711. Davor und danach kann eine Informationspflicht aus § 242 BGB712, zudem aus vor- oder nachwirkenden Treupflichten eingreifen. Zu unterscheiden ist die Nachrichtspflicht damit von der vorvertraglichen Informationspflicht. Jene leitet sich nicht aus der Interessenwahrungspflicht ab, die nur vertragsbegleitend bestehen kann, sondern aus dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis, s.o. und §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (früher: cic). Hat der HV während der Vertragslaufzeit nicht informiert, muss er nach Vertragsende erfüllen und ferner gem. § 280 i.V.m. § 249 BGB als Schadenersatz in Form der Naturalrestitution nachleisten713. Die Nachrichtspflicht ist einklagbar, der Unternehmer ist also nicht (nach Abmahnung) auf eine außerordentliche Kündigung beschränkt.

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8. Zeitpunkt der Nachrichten. § 86 Abs. 2 verpflichtet, unverzüglich von jeder Geschäftsvermittlung bzw. jedem Geschäftsabschluss Mitteilung zu machen. Das bedeutet ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB714. Diese zeitliche Festlegung ist eine generelle Regel715. „Unverzüglich“ sind alle erforderlichen Informationen abzugeben, ungeachtet der Rechtsgrundlage der Informationspflicht. Letztlich entscheiden die Bedürfnisse des Unternehmers über den Zeitpunkt, zu dem die Nachrichten übermittelt werden müssen. Erforderlich sein kann die Benachrichtigung in jedem Vertragsstadium, etwa bei Einleitung der Geschäftsvermittlung716, vor Beendigung717, nach Abschluss der Vermittlung718 und in Ergänzung vorhandener Nachrichten719. Erscheint bei objektiver Würdigung eine sofortige Information des Unternehmers erforderlich, muss der HV unverzüglich informieren720. Bei Großobjekten kann unter Umständen eine Information über den Stand laufender Vermittlungsbemühungen erforderlich werden721. Dies besonders dann, wenn dem Unternehmer Gelegenheit gegeben werden muss, sich einzuschalten, unterrichtete Personen für technische Aufschlüsse zu entsenden, evtl. auch schon vorbereitende Maßnahmen für eine demnächstige Ausführung des Auftrags anlaufen zu lassen. Die Nachrichten über die Kreditwürdigkeit des Kunden werden in aller Regel mit der Berichterstattung über den Auftrag zu verbinden sein. Auch kann die mangelnde

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 15. AA wohl Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 13. Westphal I Rn 278; Hopt § 86 Rn 40. Martinek/Flohr § 8 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 26.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 22. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11. Ordemann S. 1566.

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Information über länger laufende, erfolgversprechende Geschäftsanbahnungen Schadensersatzansprüche hervorrufen, falls der Unternehmer ohne Kenntnis der Initiative des HV demnächst mit dem Kunden direkt abschließt und bei seiner Preiskalkulation die Provision, sofern er sie nicht als eine Bezirksprovision in Rechnung zu stellen hätte, außer Betracht lässt722. Ansonsten wird der HV entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. das Ende einer Besuchstour abwarten dürfen, um die Berichte gesammelt zu erstatten. Obwohl er verpflichtet ist, so rasch wie möglich zu informieren, darf er Informationen von nicht herausragender Bedeutung in den regelmäßig zu übermittelnden Berichten zusammenfassen723 (zur Berichtspflicht s.u.). Spätestens bei Vertragsende hat der HV über noch nicht Mitgeteiltes zu informieren724. 9. Form der Nachrichten. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Die Form 148 muss jedoch so gewählt sein, dass der Unternehmer Kenntnis von allen maßgeblichen Tatsachen erhält725. Meist wird Textform geschuldet sein, zumal der Unternehmer ein Interesse an einer Perpetuierung der Informationen haben kann. Wenn die Schnelle der Information bedeutsam ist, ist eine (fern)mündliche Mitteilung vorzuziehen, wobei die Schnelligkeit auch per Fax oder E-Mail gesichert sein kann. Durch Individualvertrag oder AGB darf eine bestimmte Form vereinbart werden726, soweit der HV durch sie nicht treuwidrig bzw. unbillig benachteiligt wird. Der Abschlussvertreter hat durch eine geordnete Darstellung unter Beifügung von Belegen Rechenschaft über das geschlossene Geschäft abzulegen727. 10. Weisungen zu den Nachrichten. Weisungen zur Nachrichtspflicht können erteilt 149 werden, sofern hierdurch die Erforderlichkeit konkretisiert und die Selbständigkeit des HV nicht ausgeschlossen728 wird. Sondersituationen erlauben einengendere Weisungen, etwa nach starkem Umsatzrückgang729 oder bei hohen Risiken und bedeutenden Einzelgeschäften730. Was vertraglich nicht vereinbart werden kann, darf auch nicht durch Weisungen vorgeschrieben werden. 11. Vertragliche Vereinbarung zur Nachrichtspflicht. Die Konkretisierung der Nach- 150 richtspflicht durch Vertrag ist zulässig731. Sie verletzt den Kernbereich der durch § 86 Abs. 4 geschützten Rechte und Pflichten nicht. Beim HV ist eine solche Erweiterung auch kartellrechtlich unproblematisch; beim unechten HV und HV-ähnlichen Mittler können zu weitgehende, nicht produktbezogene sondern auf das HV-Unternehmen bezogene Informationsrechte des Unternehmers, insb. Einsichtsrechte in die Buchführung, Art. 101 AEUV widersprechen732. Sie sind auch nicht von Art. 2 Abs. 1 GVO 330/10 freigestellt733. Ein völliger Verzicht auf erforderliche Nachrichten ist hingegen nicht möglich. Die vertragliche Erweiterung findet ihre Grenze dort, wo sie entweder den Kreis der erforderlichen Übermittlung von Nachrichten völlig verlässt oder den Kernbereich der Selbständigkeit des HV beeinträchtigt 734.

722 723 724 725 726 727 728

Schröder § 87 Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 38. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 34. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17.

729 730 731 732 733 734

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37. Wiemer WuW 2009, 750 ff. Wiemer WuW 2009, 750 (756 ff). BGH BB 1966, 265 = DB 1966, 375 = NJW 1966, 882; Küstner/Thume I Rn 543.

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12. Untergruppen der Nachrichtspflicht. Untergruppen der Nachrichtspflicht sind die Allgemeine Informationspflicht, die in § 86 Abs. 2 beispielhaft genannte Verpflichtung zur Mitteilung von Vermittlung und Abschluss und die Berichtspflicht. Für diese Untergruppen, deren Anwendungsbereiche verschwimmen, gilt das Vorstehende entsprechend, soweit nichts Abweichendes ausgeführt wird.

152

a) Verpflichtung zur Mitteilung über Vermittlung und Abschluss. Ausdrücklich regelt § 86 Abs. 2, der HV müsse unverzüglich von jeder Geschäftsvermittlung bzw. jedem Geschäftsabschluss Mitteilung geben. Insoweit wird der Mindeststandard der Nachrichtspflicht festgelegt. Mitzuteilen hat der Mittler den Namen des Kunden sowie den Umfang und die Konditionen des Angebots bzw. des Geschäftsabschlusses einschließlich schriftlicher und mündlicher Nebenabreden, Zusicherungen und Erklärungen, egal ob wirksam oder unwirksam735. Er muss unverzüglich benachrichtigen, also – wie dargestellt – ohne schuldhaftes Zögern736.

153

b) Allgemeine Informations- oder Offenbarungspflicht. Die allgemeine Informationspflicht, auch Offenbarungs- oder Auskunftspflicht737 benannt, ist als vertragsbegleitende Pflicht wie die Berichtspflicht Unterfall der Nachrichtspflicht des Abs. 2. Zur Abgrenzung von der Nachrichtspflicht s.o., Rn 139. Ergänzend leitet die allgemeine Informationspflicht sich aus § 242 BGB sowie der Interessenwahrungspflicht her: Der HV ist gehalten, dem Unternehmer eintretendenfalls Umstände offenzulegen, die das Vertragsverhältnis in seiner Vertrauensbasis berühren.

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aa) Geltungszeitraum. Auch die allgemeine Informationspflicht besteht nur während des laufenden Vertrages und erlischt mit seinem Ende. Danach hat der HV den Unternehmer nur dann ungefragt über seine Erfahrungen oder Erkenntnisse zu informieren, wenn er vor Vertragsende seiner Informationspflicht vertragswidrig nicht hinreichend nachgekommen ist738. Auf Verlangen des Unternehmers muss er aber nachträglich erfüllen. Bei außergewöhnlichen Gefährdungen des Unternehmers kann der HV auch nach Vertragsende unter dem Gesichtspunkt der nachvertraglichen Treupflicht (Rn 55) zu einer Warnung an den Unternehmer verpflichtet sein, sofern nicht bei Abwägung mit einer Verschwiegenheitspflicht aus einem neuen Vertrag das Schweigen geboten ist.

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bb) Zeitpunkt der Information. Allgemein hat der HV den Unternehmer unverzüglich zu unterrichten. Grundsätzlich bestimmt die Dringlichkeit der Kenntnisnahme den Zeitpunkt der geschuldeten Unterrichtung739. Fehlt ein Bedürfnis nach unverzüglicher Information, genügt eine periodische Auskunft in festen Abständen740, z.B. hinsichtlich laufender Beobachtungen und Erfahrungen. Bei dieser periodischen Informationspflicht dürfte es sich regelmäßig um die unter Rn 159 behandelte Berichtspflicht handeln. Der HV hat den Unternehmer auf Nachfrage zu informieren741, es sei denn, es fehlt das erforderliche Informationsinteresse742 oder die Nachfragen beruhen auf Schikane, wofür allerdings der HV beweispflichtig wäre. Zudem hat der HV den Unternehmer ungefragt über alles bekannt gewordene zu informieren, was bei objektiver, die Interessen beider 735 736 737 738 739

Westphal I Rn 277; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 34. Westphal I Rn 278. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11; Heymann/

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740 741 742

Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 48; Hopt § 86 Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86

Seiten berücksichtigender Würdigung743 für den Unternehmer und sein geschäftliches Verhalten von Bedeutung sein kann744. Ob der HV Einzelnes unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit oder Diskretion745 gegenüber dem Kunden verschweigen darf, hat er zu prüfen; es kann auch im Interesse des Unternehmers liegen, dass ein Kunde Vertrauen zum HV hat. Im Zweifel hat das Informationsinteresse des Unternehmers Vorrang. cc) Umfang. Der HV hat über alle Umstände zu informieren, die für die Vertragsaus- 156 führung und die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Vertragspartner erheblich sind 746. Aufgrund seiner allgemeinen Informationspflicht muss der HV z.B. folgende Tatsachen mitteilen: – Anregungen und Empfehlungen, etwa für die Produktion747 – Arbeitsunfähigkeit748 – seine Arbeits- und Werbemethoden749, insbesondere wenn er von verbindlichen Vorgaben oder dem in der Branche allgemein Üblichen abweicht750 – Außergewöhnliche Risiken eines Geschäftes751, insbesondere wenn der HV als Abschlussvertreter das Geschäft für den Unternehmer abschließen will – Bedarf von Kunden innerhalb und außerhalb des Bezirks752 – Erklärungen von Kunden, z.B. Reklamationen753 – Erfahrungen, die der HV innerhalb und außerhalb des Vertriebsgebiets mit Produkten des Unternehmers und dessen Konkurrenten gemacht hat einschließlich der Reaktionen von Interessenten und Kunden754 – dass der HV die zusätzlich zur Provision gezahlte Mehrwertsteuer ordnungsgemäß an das Finanzamt abgeführt hat, um den Unternehmer in den Stand zu setzen, seinerseits den Vorsteuerabzug geltend machen zu können755. Diese Mitteilung wird sammelweise und jeweils abgestimmt auf die Termine für die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen erfolgen dürfen (diese Information ist wohl nur auf Nachfrage geschuldet) – Gründe für den Absatz von Konkurrenzprodukten756 – Daten der durch den HV verbotswidrig für einen Wettbewerber des Unternehmers vermittelten Geschäfte757 – die Absicht, weitere Vertretungen zu übernehmen, falls die zusätzliche Vertretung eine Konkurrenzvertretung ist758 oder die Übernahme weiterer Vertretungen der Zustimmung des Unternehmers bedarf759

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BGH, Urt. v. 13.01.1966 – VII ZR 9/64, NJW 1966, 882 (883). LAG Bremen DB 1955, 123; Ordemann DB 1963, 1565; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 48; Schröder § 86 Rn 20a. Hopt § 86 Rn 41. Küstner/Thume I Rn 548. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 14. OLG Köln DB 1971, 865; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 22. Martinek/Flohr § 8 Rn 61. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 45, 50. LAG Bremen DB 1955, 123; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 10. OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.05.1975 – 6 W 31/75, zitiert nach Küstner/Thume I Rn 548. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10. BGH DB 1996, 1279 = NJW 1996, 2097; NJW 1964, 817 = HVR Nr. 311; Küstner/Thume I Rn 1520. Küstner/Thume I Rn 550. Küstner/Thume I Rn 551.

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– Konditionen eines geschlossenen oder vorgesehenen Vertrages unter Übermittlung eines ggf. existierenden Vertragsentwurfs760 – Informationen zu Konkurrenzprodukten761 und Wettbewerbstätigkeit762 – Informationen zur Kreditwürdigkeit eines Kunden, insbesondere: bei Zweifeln an ihr763 – Kundenwünsche764 – Krankheit, Verhinderung oder Abwesenheit: Bei länger dauernder Krankheit oder Verhinderung wird der HV seinem Unternehmer Mitteilung zu machen haben, wer ihn als Mitarbeiter oder Handlungsbevollmächtigter in der Agenturfirma vertritt, oder ob eine Vertretung nicht möglich ist, damit der Unternehmer für eine anderweitige Betreuung der Kundschaft oder des Bezirks Sorge tragen kann765 – Markt- und Kundenbeobachtungen766 – Mitarbeiter: ihre Tätigkeit767 und ihren Aufgabenbereich (aber wohl nur auf Nachfrage) – Namen und Adressen von Kunden768 – Mängelrügen – Pflichtverletzungen von Kunden, auch wenn dies für den HV nachteilig sein sollte769 – Reaktionen von Interessenten und Kunden770 – Reklamationen – längere Verhinderung771 – Vermögensverhältnisse des Kunden: Informationen, die für den Unternehmer von Interesse sind, etwa zum Vermögensverfall772 (siehe auch zur Bonitätsprüfungspflicht) – Vermittlungsbemühungen: Die unterlassene Unterrichtung des Unternehmers über Vermittlungsbemühungen des HV kann je nach den Umständen des Einzelfalls zum Verlust des Provisionsanspruchs führen, wenn der Unternehmer in Unkenntnis der Bemühungen des HV mit dem Kunden ein Direktgeschäft abschließt und bei der Preisvereinbarung einen Provisionsanspruch nicht berücksichtigt773. Zu prüfen ist aber immer, ob der HV mit einem Direktgeschäft des Unternehmens rechnen musste – Vertragsverletzungen von Kunden774 – Vertretungsregelung bei längerer Krankheit – Werbemethoden775 – Wünsche des Kunden776 oder Dritter777.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23, 24. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. AA OLG Köln DB 1971, 865; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 10; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 14; Hopt § 86 Rn 41; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 22.

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Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 2. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23, 24. BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 14. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Hopt § 86 Rn 41. Martinek/Flohr § 8 Rn 61; Hopt § 86 Rn 41. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 10.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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Keine Informationspflicht besteht regelmäßig über 157 – den Wunsch des HV, vertragsbegleitend Vertretungen zu übernehmen, die keine Konkurrenzvertretungen sind, es sei denn, es wurde eine Zustimmungspflicht des Unternehmers vereinbart778 oder dessen Belange werden in besonderer Weise erkennbar berührt. Dies gilt erst recht nach Vertragsende779. Denn der HV unterliegt außerhalb des o.g. Wettbewerbsverbots keinem Tätigkeitsverbot und braucht über ihm gestattete Tätigkeiten daher keine Informationen zu erteilen. Es empfiehlt sich gleichwohl, die Abstimmung mit dem Unternehmer zu suchen. Grundlage für Schadensersatzansprüche oder Kündigungsmaßnahmen des Unternehmers wäre ohnehin in erster Linie die nicht genehmigte Tätigkeit, und nur in zweiter Reihe das Ausbleiben der Mitteilung über deren Vorhaben – den Wunsch des HV, nachvertraglich einen Wettbewerber780 oder ein anderes Unternehmen781 zu vertreten. Eine Offenbarungspflicht ist in diesem Zusammenhang von Staub/Brüggemann, 4. Aufl., diskutiert worden, wenn der HV bei einem gekündigten oder wegen Befristung auslaufenden Vertragsverhältnis die Absicht hat, demnächst als HV oder auch im Angestelltenverhältnis in die Dienste der Konkurrenz zu treten. Der Unternehmer müsse die Möglichkeit haben, den Einsatz des HV in dieser Zeit so zu gestalten, dass er nicht mehr als unvermeidbar Nutzen hieraus für die demnächstige Tätigkeit bei der Konkurrenz ziehen kann. Auch der Ausschluss des HV von Betriebsgeheimnissen werde dann aktuell. Schon Staub/Brüggemann, 4. Aufl., zweifelte allerdings, ob der HV diese Absicht (ab wann?) wirklich in jedem Falle und von sich aus dem Unternehmer mitzuteilen habe. Allenfalls könne eine Pflicht hierzu angenommen werden, falls der HV mit dem künftigen Konkurrenzunternehmer bereits einen festen Vertrag abgeschlossen habe. Sonst aber wird es Sache des Unternehmers sein, den HV über seine Absichten zu befragen, falls er Klarheit zu haben wünscht. Dann freilich hat der HV seine Pläne wahrheitsgemäß offenzulegen – eine fristlose Kündigung in einem früheren Beschäftigungsverhältnis782, es sei denn, hieran besteht (z.B. wegen des Grundes – Vertrauensposition) ausnahmsweise ein erhebliches Interesse. Der HV muss auf eine zulässige Nachfrage des Unternehmers wahrheitsgemäß ant- 158 worten783, es sei denn, es besteht in Abwägung mit dem Informationsinteresse des Unternehmers ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse oder der HV kann sich auf Notstand berufen (§ 228 BGB). Auch unzulässige Nachfragen wird der HV regelmäßig wahrheits-

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BGH, Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, ZIP 1995, 1001 (1003); BGH, Urt. v. 25.03. 1958 – VIII ZR 90/57, DB 1958, 512; auch im Fall BGH, Urt. v. 19.11.1976 – I ZR 84/75, MDR 1977, 289, 290 = WM 1977, 319 lag eine Konkurrenzlage vor; Küstner/ Thume I Rn 552; aA wohl OLG Düsseldorf BB 1969, 330 = DB 1969, 435; OLG Nürnberg BB 1965, 809; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Begründung: Die Mitteilungspflicht diene nicht der Genehmigung oder dem Verbot einer solchen Tätigkeit, sondern solle dem Unternehmer einen Überblick über die

779 780

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Aktivitäten seines HV mit ihren möglichen Auswirkungen auf den Vertrag sowie die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten des HV geben. Vgl. auch Hohn DB 1967, 1897; DB 1971, 94 (96). Hopt § 86 Rn 42; aA MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 14; aA OLG Saarbrücken RVR 1973, 100 mit Anm. Schröder RVR 1973, 161 (164); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 14. AA Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1871. Küstner/Thume I Rn 557.

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gemäß beantworten müsse. An einen Notstand und ein Recht zur Lüge ist zu denken, wenn der HV weiß, dass sein rechtmäßiges Verhalten den Unternehmer zu einer unzulässigen Schikanekündigung oder anderen Nachteilen motivieren könnte.

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c) Berichtspflicht. Die Berichtspflicht ist ein Unterfall der Nachrichtspflicht und europarechtlich anerkannt784. Überwiegend wird sie aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitet. Wie die Nachrichtspflicht ist auch die Berichtspflicht Neben-, nicht Hauptpflicht785. Das zur allgemeinen Informationspflicht Gesagte (Rn 153 ff) gilt entsprechend. Der Übergang zwischen Information, Nachricht und Bericht ist fließend. Allgemein wird man sagen können, die Nachricht sei eine kurze, punktuelle Information während der Bericht umfassender ausführt und zudem meist – nicht notwendigerweise – in einer gewissen Regelmäßigkeit erteilt wird. Ob überhaupt eine Teilung zwischen Informations- und Berichtspflicht sinnvoll ist, bleibt eine berechtigte Frage. § 86 erwähnt in Abs. 2 lediglich die Verpflichtung zur Übergabe der „erforderlichen 160 Nachrichten“, nicht aber der Abgabe von Berichten. Aus diesem Grunde kann die Verpflichtung zur Abgabe regelmäßiger Berichte auch abbedungen werden, § 86 Abs. 4 steht wegen fehlender Normierung der Berichtspflicht nicht entgegen786. Gleichwohl besteht auch bei Derogation der Berichtspflicht eine zwingende Verpflichtung zur Information, wenn die Übermittlung der Information „erforderlich“ (§ 86 Abs. 2) sein sollte. Dann handelt es sich um eine Erfüllung der allgemeinen Nachrichtspflicht (s.o.).

161

aa) Zweck. Die Berichtspflicht dient dem Unternehmer dazu, einen Überblick über die Marktsituation, den Wettbewerb, die Absatzlage, die Wünsche und Erwartungen der Kunden sowie eine mögliche Produktverbesserung zu erhalten787. Der Unternehmer soll sich über die Marktverhältnisse ein eigenes Bild schaffen. Zudem soll sich der Unternehmer ein Bild über die Tätigkeit des HV machen können788. Auch der HV hat Interesse an der regelmäßigen Information des Unternehmers. Mangels einer solchen bleibt der Unternehmer ohne Kontakt zum Markt und produziert an dessen Bedürfnissen vorbei.

162

bb) Verpflichteter. In erster Linie ist der HV, nicht der Unternehmer, zu Berichten verpflichtet. Das bedeutet nicht, dass der Unternehmer nicht gehalten sein kann, ebenfalls zu berichten und zu informieren, falls dies objektiv erforderlich sein sollte. Dann resultiert diese „Berichtspflicht“ jedoch nicht aus der stärkeren, nur dem HV obliegenden Interessenwahrungspflicht oder der allgemeinen Nachrichtspflicht sondern aus der allgemeinen Treu- und Informationspflicht (§ 242 BGB). Die Verpflichtung zur Erteilung erforderlicher Informationen durch den Mittler besteht auch im Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler, wohl aber nicht die typische Berichtspflicht des HV-Rechts. Deshalb sind Berichte im Franchise- und Vertragshändlerrecht eher untypisch. Sie können jedoch auch dort gefordert sein, sofern der Unternehmer Informationen in Berichtsform über den Markt erwarten darf und eine solche Pflicht kann – innerhalb der unten genannten Grenzen – auch hier vertraglich vereinbart werden.

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Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 40, 45. AA Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 12. AA Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 1.

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Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 13. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 13.

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cc) Berichtsturnus. Über die Häufigkeit der Berichte enthält § 86 keine ausdrückliche 163 Regelung. Wie jede Information müssen auch Berichte unverzüglich vorgelegt werden, falls sie erforderlich sind, also ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB789. Das gilt insb. im Falle der Eilbedürftigkeit790. Der Berichtsturnus ist in erster Linie aus dem Vertrag791 und in zweiter Linie aus der gesetzlichen Regelung unter Würdigung der Interessen des Unternehmers abzuleiten. Die Bedürfnisse des Unternehmers sowie des Marktes bestimmen über die Häufigkeit der Berichte792. So können Berichte, die in einem Fall zeitlich (und inhaltlich) erforderlich und für den Unternehmer von größter Bedeutung sind, in anderen Fällen entbehrlich sein793. Eine starre Regelung zum Berichtsturnus gibt es nicht, insbesondere keine Verpflichtung zu regelmäßigen Berichten oder Tages- oder Wochenberichten794. Auch braucht der HV nicht über jeden Kundenbesuch schriftlich Mitteilung zu geben795 oder über „jeden seiner Schritte und Besuche“ Bericht zu erstatten796, weil dies nicht erforderlich wäre. Eine Berichtspflicht hinsichtlich jeder einzelnen vom HV beabsichtigten oder vorgenommenen Vertriebsmaßnahme oder jedes Geschäfts sieht das Gesetz nicht vor797. Sie kann nur bestehen, wenn der HV ein unübliches Geschäft tätigen will und dem Unternehmer Gelegenheit gegeben werden muss, Weisungen zu äußern798. Entscheidend ist: Berichte müssen abgegeben werden, sobald sie objektiv erforderlich sind, dann aber auch unverzüglich, und zwar so zeitig, dass sie der Unternehmer zum benötigten Zeitpunkt verwerten kann799. Wann dies ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls800 und dem Handelsbrauch. Ein Bericht ist erforderlich, wenn ihn der Unternehmer objektiv betrachtet erwarten und ihn der HV als ordentlicher Kaufmann (§ 86 Abs. 3) erstatten müsste. Unter Umständen können periodische Berichte erforderlich sein, jedoch nicht immer und ohne Grund. Nimmt der Unternehmer die Berichte des HV nicht zur Kenntnis, indiziert dies ihre fehlende Notwendigkeit801. Besteht eine Berichtspflicht, muss der HV so rechtzeitig berichten, dass der Unternehmer ggf. durch Weisungen das Geschehen steuern kann802. Besonders Bedeutsames, etwa Risiken, muss sehr rasch mitgeteilt werden803. Ein bedeutendes Geschäft kann einen Zwischenbericht erfordern804, insbesondere, falls sich der Unternehmer einschalten oder Vorbereitungen treffen, etwa die Produktionsplanung an den in Aussicht stehenden Geschäftsabschlüssen ausrichten muss805 und oft dann über den Stand des Geschäfts, 789 790 791

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Westphal I Rn 278. Hopt § 86 Rn 42. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 16. Küstner/Thume I Rn 535; ebenso Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 16. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52. OLG Köln BB 1971, 543 = DB 1971, 865; AG München HVR Nr. 147; Küstner/ Thume I Rn 538; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49. OLG Köln BB 1971, 543 = DB 1971, 865; Küstner/Thume I Rn 538; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37; Schröder § 86 Rn 23. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52. BGH BB 1966, 265 = DB 1966, 375 = NJW 1966, 882; Küstner/Thume I Rn 535; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 16. Vgl. Küstner/Thume II Rn 1403. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 22. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37.

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wenn der HV Provisionsvorschüsse erhalten hat806. Weniger Bedeutsames kann in Sammelberichten mitgeteilt werden807. Tägliche Berichte ohne besonderen Anlass werden kaum erforderlich sein; diesbezüglich werden sogar Zweifel an der Vereinbarkeit mit der Selbständigkeit des HV geäußert808. Hat der Unternehmer begründeten Anlass, am Einsatz des HV zu zweifeln oder liegen besondere Umstände, z.B. starke Umsatzrückgänge809, vor, darf er einen engeren Berichtsturnus erwarten, jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem bei vernünftiger Betrachtung die berechtigten Zweifel ausgeräumt sind, angeblich jedoch nicht zu dem Zweck, den HV und seinen Arbeitseinsatz zu kontrollieren (zwh.)810. Er kann daraufhin Berichte in dichterer und auch regelmäßigerer Folge verlangen, um beurteilen zu können, ob die Ursache in einer nachlassenden Tätigkeit des HV oder in einer sich kontinuierlich verschlechternden Marktlage zu suchen ist. Dem darf der HV dann nicht die Wahrung seiner Selbständigkeit entgegenhalten. Der BGH hat in diesem Zusammenhang sogar die Forderung nach wöchentlichen Kundenbesuchsberichten gebilligt811. Besonders häufig entstehen Diskussionen über die Berichtspflicht nach Kundenbesu164 chen. Grundsätzlich wird der HV nicht über jeden Kundenbesuch berichten müssen, sondern nur zusammenfassend über Besonderheiten, die ihm während seiner Besuche mitgeteilt wurden und über welche der Unternehmer erwarten darf, informiert zu werden. Deshalb gibt es auch keinen Handelsbrauch, demzufolge periodische Kundenbesuchsberichte zu erstatten sind812, da es auf die Erforderlichkeit im einzelnen Vertrag und den konkret existierenden Bedarf ankommt. Der Unternehmer muss einen Marktüberblick erhalten.

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dd) Inhalt. Der HV hat dem Unternehmer die „erforderlichen“ Berichte zu geben, um ihm ein möglichst präzises und zuverlässiges Bild über die Marktsituation813 und die Tätigkeit des HV814 zu geben, wobei letztgenannter Zweck in die zweite Linie zurücktritt815. Die Erforderlichkeit bestimmt also nicht nur über die Häufigkeit der Berichte (Rn 163) sondern auch über ihren Inhalt. Was nötig ist, ordnet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Der Bericht muss so informativ sein, dass er alle Umstände, die für die Disposition des Unternehmers erforderlich sind, richtig und vollständig in zutreffender Gewichtung mitteilt. In jedem Fall muss der HV alles ihm Bekannte zu den Marktgegebenheiten und dem Kundenverhalten weitergeben, ebenso die Informationen, die er von Kunden erhält. Umgekehrt sind die Berichte von Überflüssigem und Wiederholungen freizuhalten, weil das Gebot der Klarheit gilt. Der HV braucht deshalb auch nicht in Details zu jedem Kundenbesuch zu schwelgen. Vermutungen sind als solche zu kennzeichnen. Der HV darf eine Marktsituation nicht deshalb „geschminkt“ darstellen, weil eine wahrheitsgemäße Berichterstattung den Unternehmer dazu veranlassen könnte, die Produktion derjenigen Artikel, die der HV vertreibt, einzustellen – nur weil der HV sich eine letzte Chance nicht entgehen lassen zu können glaubt, dass die Lage sich viel-

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AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. Hopt § 86 Rn 42. BGH NJW 1966, 882; WM 1988, 33; Hopt § 86 Rn 42; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11.

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811 812 813 814 815

BGH NJW 1966, 882; WM 1988, 33; zust. Hopt § 86 Rn 42. Ordemann S. 1566. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 13. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 14. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 15.

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leicht noch wieder bessern möchte. Die Parteien können durch ihre tatsächliche Übung deutlich machen, was sie für erforderlich halten. Moniert der Unternehmer nicht, dass der HV über Jahre lediglich über außergewöhnliche Vorkommnisse berichtet oder begnügt er sich über lange Zeit mit fernmündlichen Berichten, darf er bei gleich bleibenden Verhältnissen nicht plötzlich regelmäßige oder ausführliche schriftliche Berichte fordern. Denn die Parteien haben sich dann meistens konkludent auf diese Berichtsform geeinigt, so dass eine hiervon abweichende Regelung nur mittels Vertragsänderung erfolgen kann. Auch die mangelnde Forderung gegenüber anderen HV nach vergleichbaren Berichten indiziert fehlende Erforderlichkeit. Anders ist es, wenn sich der Markt verändert hat. Denn dann darf sich der HV nicht 166 damit begnügen, auf das Vergangene hinzuweisen, sondern muss auf die Marktveränderung reagieren. Hierzu kann auch eine extensivere Berichtspflicht gehören. Da das Gesetz namentlich die Berichtspflicht hinsichtlich der Geschäftsvermittlung oder Geschäftsanbahnung hervorhebt, sind an die Berichtspflicht zudem größere Anforderungen zu stellen, falls es sich um die Anbahnung und Vermittlung eines umfangreichen Geschäfts handelt, welches auf Unternehmerseite besondere Investitionen erforderlich macht. Andererseits können inhaltlich (und zeitlich) geringere Anforderungen gestellt werden, wenn es sich um den Vertrieb von gut eingeführten Artikeln des täglichen Bedarfs handelt816. Zur Beweislast beim Streit um die Erforderlichkeit der Berichtspflicht: Ordemann DB 1963, 1566. Berichte müssen insbesondere erteilt werden wenn: 167 817 – außergewöhnliche Umstände, etwa Großobjekte und Risiken , dies erfordern – Zweifel an der Kreditwürdigkeit eines Kunden mitgeteilt werden müssen818 – Mängelrügen von Kunden vorliegen – Eine Ergänzung der Berichte erforderlich ist819. ee) Form der Berichte. Weil das Gesetz die Berichte selbst nicht erwähnt, wird auch 168 ihre Form nicht vorgeschrieben820. Zunächst einmal gilt das oben zur Nachrichtspflicht Gesagte. Auch die Form sowie der Inhalt der Berichte wird in erster Linie durch das zulässigerweise Vereinbarte bestimmt821, hilfsweise durch die „Erforderlichkeit“. Es kommt also darauf an, was das Interesse des Unternehmers objektiv im Lichte der Besonderheit und Dringlichkeit des Falles erfordert822. Ist die Angelegenheit eilbedürftig, kann ein telefonischer Bericht erforderlich und genügend sein, z.B. dann, wenn die Berichterstattung so schnell und umfangreich erfolgen muss, dass eine solche per Fernkopie oder E-Mail ausscheidet. In der Praxis gibt es alle Formen, nämlich telefonisch, persönlich, per Fernkopie, per Brief und sogar per Diktat, welches im Hause des Unternehmers geschrieben wird823. Berichte in Textform sind daher nicht zwingend vorgeschrieben, wenngleich dies vertreten wird824. Meist wird jedoch in Textform berichtet und ein solcher Bericht wegen der notwendigen Perpetuierung oft auch erforderlich sein. Die Erforderlichkeit mag durch eine bestimmte Übung mglw. sogar konkludent vereinbart worden sein. Besteht etwa eine Übung zur Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Besprechun-

816 817 818 819 820

Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 25. Hopt § 86 Rn 43.

821 822 823 824

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 51. Hopt § 86 Rn 42. Küstner/Thume I Rn 539. Für Schriftform: Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 12.

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gen mit dem Unternehmer, kann die Berichtspflicht in deren Rahmen mündlich erfüllt werden825. Jedenfalls ist, sofern dies erforderlich ist und dem keine besonderen Gründe entgegenstehen, der Bericht auf Verlangen des Unternehmers in Textform vorzulegen826. Dies gilt insbesondere bei einer Vielzahl von Kunden oder berichtspflichtigen Vorgängen827, es sei denn, die Forderung erfolgt rechtsmissbräuchlich oder sie behindert den HV auch im Lichte des berechtigten Informationsinteresses des Unternehmers ungebührlich. Denn die Entwicklung des Marktes lässt sich nach Jahren oft nur noch aus den Akten nachvollziehen, weshalb Berichte in Textform erforderlich sein können. Bei berechtigtem Interesse des Unternehmers mag er Mitteilung unter Verwendung von ihm entworfener Formulare, Vordrucke oder Formulare oder in der EDV des Unternehmers verlangen dürfen828. ff) Vertragliche Vereinbarungen zu den Berichten

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(1) Zur Häufigkeit der Berichte. Die zeitliche Abfolge der Berichte darf vereinbart werden. § 86 Abs. 4 steht nicht entgegen, weil die Berichte im Gesetz nicht erwähnt und eine bloße Konkretisierung den Kernbereich der durch § 86 Abs. 4 geschützten Rechte und Pflichten nicht berührt. Ein völliger Verzicht auf erforderliche Informationen ist nicht möglich, allerdings auf turnusmäßige Berichte829. Deshalb ist ein Verzicht auf solche Berichte nicht als Derogation des allgemeinen Informationsrechts auszulegen830. Eine periodische Berichterstattung darf vereinbart werden. Der Klarstellung halber ist eine solche Vereinbarung angeraten. Ihre Grenzen findet sie an der Selbständigkeit des HV, weiter an den §§ 138, 242, 307 BGB, wobei bei der Bestimmung der Grenzen einer individualvertraglich vereinbarten Berichtspflicht Großzügigkeit angebracht sein sollte. Die Regelung überschreitet die Schwelle zur Unzulässigkeit, wenn die Anforderungen an die vereinbarte Berichterstattung den HV daran hindert, seine Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten und seine Arbeitszeit selbst zu bestimmen831. Zudem findet die vertraglich vereinbarte Berichtspflicht ihre Grenze in dem Verbot der Schikane (§ 226 BGB). Ob feste Berichtstermine (zum Wochenende, vierzehntägig, zum Monatsende) und Berichtspflichten über jeden Kundenbesuch die Selbständigkeit des HV bei der Erfüllung seiner Obliegenheiten im Kern beeinträchtigen würden, erscheint entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. sehr zweifelhaft. Eine vereinbarte zweiwöchige Berichtspflicht kann nach den Verhältnissen des Einzelfalls noch angemessen sein832. Kürzere Berichtspflichten können bei begründetem besonderen Bedarf mittels Individualvereinbarung im Einzelfall festgelegt werden833. Eine vertraglich vorgeschriebene tägliche oder für jeden einzelnen Kundenbesuch vorgeschriebene Berichtspflicht ist mit der Stellung des HV als selbständiger Kaufmann kaum vereinbar834.

825 826 827 828 829 830 831 832 833

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 12. OLG Braunschweig NJW-RR 1996, 1316; Hopt § 86 Rn 43. Hopt § 86 Rn 43. BGH VersR 1964, 331; WM 1988, 33; BAG DB 1966, 546; Hopt § 86 Rn 43. Vgl. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 27. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. Küstner/Thume I Rn 543. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86

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Rn 52; einschränkend für wöchentliche Berichtsfristen: Hopt § 86 Rn 42; OLG Oldenburg DB 1964, 105. BGH, Urt. v. 16.02.1989 – I ZR 185/87, NJW-RR 1989, 862 (863) = BB 1989, 1076 = WM 1989, 1060; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11; Hopt § 86 Rn 16; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; aA OLG München BB 1957, 560.

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(2) Zum Inhalt der Berichte. Auch die Konkretisierung des Inhalts und der Berichts- 170 form im Vertrag ist grundsätzlich zulässig835. Eine vertragliche Erweiterung der gesetzlichen Berichtspflicht findet stets ihre Grenze dort, wo sie entweder den Kreis der „erforderlichen“ Übermittlung von Nachrichten völlig verlässt oder den Kernbereich der Selbständigkeit des HV beeinträchtigt836 (Rn 169). Der Unternehmer darf neue „Berichtsrichtlinien“ erlassen, sofern sie die gesetzliche Regelung nicht überdehnen und nicht überzogen sind. Solchen Richtlinien wird eigen sein, dass sie von allen HV zu beachten sind. Weisungen an einzelne HV sind aber zulässig. Zur kartellrechtlichen Problematik erweiterter Informationsrechte des Unternehmers außerhalb des Bereichs „echter HV“ siehe Rn 150. (3) AGB. Auch mittels AGB dürfen die Berichtspflichten ausgestaltet werden, und 171 zwar nicht nur gegenüber HV hochwertiger Produkte sondern auch gegenüber solchen von Massenware837. Erfolgt die Regelung durch AGB (Vor § 84 Rn 42) muss die Regelung aber in allen denkbaren und üblichen Fällen bei abstrakt-genereller Betrachtung noch angemessen sein. (4) Details. Folgende Berichtspflichten dürfen regelmäßig nicht vereinbart werden 172 und sind für den HV unverbindlich: – Berichtspflicht über jeden Besuch des HV – Tägliche Berichterstattung838 – Wöchentliche Berichterstattung839 (bei Besonderheiten der Branche oder starkem Umsatzrückgang840 ist eine Gegenansicht vertretbar) – Kontrollberichte, die der Unternehmers allein deshalb fordert, um die Tätigkeit des HV zu kontrollieren, nicht dagegen, um über den Markt informiert zu sein841 (mangelndes Informationsinteresse) – Vertraglich vereinbarte Berichte solchen Umfanges, dass sie der Unternehmer nicht mehr auswerten kann oder will842. Diese Eingrenzung ergibt sich zwar nicht daraus, dass der Unternehmer eine Auswertungspflicht hat843 (eine solche Pflicht besteht nicht, vielmehr handelt es sich um eine Obliegenheit des Unternehmers), sondern deshalb, weil nicht ausgewertete Berichte nicht „erforderlich“ sein können. Folgende vertragliche Vereinbarungen über die Berichtspflicht sind hingegen regelmäßig gestattet: – eine zweiwöchige Berichtspflicht, bei besonderem Anlass auch eine kürzere844 – Bericht auf Formularen des Unternehmers (Rn 175)845, sofern der HV hierdurch nicht unbillig belastet wird (s.o.) 835 836 837 838

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37. BGH BB 1966, 265 = DB 1966, 375 = NJW 1966, 882; Küstner/Thume I Rn 543. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 37. BGH, Urt. v. 16.2.1989 – I ZR 185/87, NJW-RR 1989, 862 (863) = BB 1989, 1076 = WM 1989, 1060; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11; Hopt Rn 16; Küstner in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 86 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; aA OLG München BB 1957, 560. OLG Oldenburg DB 1964, 105; Graf von Westphalen DB 1984, 2335 (2336);

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Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 19. BGH NJW 1966, 882; WM 1988, 33; Hopt § 86 Rn 42; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19. Küstner/Thume I Rn 545; OLG Oldenburg DB 1964, 105. Küstner/Thume I Rn 547. So Küstner/Thume I Rn 547. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 12.

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– Regelmäßige Kurzberichte über Kundenbesuche, in denen die besuchten Kunden benannt sind und über mitteilungswerte Informationen, welche die Besuche ergaben, berichtet wird.

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gg) Weisungen zu den Berichten. Hinsichtlich des Inhalts und der zeitlichen Abfolge der Berichte besteht Raum für ein Weisungsrecht des Unternehmers846, allerdings nur sofern hierdurch die Erforderlichkeit konkretisiert oder eine vertragliche Regelung nicht überdehnt wird. Ansonsten existiert ein Weisungsrecht nur soweit dies vertraglich vereinbart ist. Entgegen der gesetzlichen („Erforderlichkeit“) oder der vertraglichen Regelung dürfen zu den Berichten keine Weisungen gegeben werden, weil dies dem Vertrag oder der Interessenwahrungspflicht widerspricht. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, etwa erheblicher Umsatzrückgänge im Vertriebsgebiet des HV, dürfen darüber hinausgehend Berichte vom Unternehmer vorübergehend einseitig verbindlich angeordnet werden847. Eine Verpflichtung des Unternehmers zu Weisungen besteht nicht848. In Abwesenheit von Weisungen muss der HV den Interessen und dem mutmaßlichem 174 Willen des Unternehmers gemäß handeln849. Dagegen kann dem HV mittels Weisungen nicht vorgeschrieben werden, „Übermaßberichte“ zu übermitteln, weil solche nicht erforderlich und damit vertragswidrig sind. Sondersituationen erlauben einengendere Weisungen, etwa in der Situation starken Umsatzrückgangs850. Was vertraglich nicht vereinbart werden darf, kann auch nicht durch Weisungen vorgeschrieben werden. Hinsichtlich des Zulässigen gelten daher die Ausführungen zu vertraglichen Vereinbarungen (Rn 169 ff). Allgemeine Kundenbesuchsberichte soll der Unternehmer angeblich durch Weisung dem HV auferlegen dürfen, wenn er ihm einen Spesenzuschuss zahlt851. Ob der HV verpflichtet ist, auf Weisung oder vertragliche Vereinbarung, Formulare 175 des Unternehmers für seine Berichte zu nutzen oder jene computergerecht aufzuarbeiten852, ist ungeklärt. Nach einer Ansicht soll der Unternehmer durch Weisung die Einhaltung bestimmter Formalien (genannt werden die Verwendung von Vordrucken, Formularen) verbindlich vorschreiben dürfen853. Macht dies keine besonderen Umstände und/ oder erleichtert dem Unternehmer die Arbeit, ohne sie für den HV ungebührlich zu erhöhen, entspricht es der Interessenwahrungspflicht des HV, die gewünschte Form zu verwenden. Sind für den HV dagegen besondere Schwierigkeiten mit der Nutzung dieser Formulare verbunden, kommt es darauf an, ob das Formularwesen „erforderlich“ im Sinne des § 86 Abs. 2 ist. An diesen Maßstäben orientiert sich auch die nachträgliche Einführung von Formularen. Grundsätzlich kann – wie oben ausgeführt – eine bestimmte Form der Berichte stillschweigend vereinbarte Vertragspflicht sein, insbesondere nach jahrelanger Übung. Wie ausgeführt, ist der HV aber unter dem Gesichtspunkt der Inte-

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19, 51; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a, 32 (aA aber Rn 21: nur bei vertraglicher Vereinbarung eines Weisungsrechts welches dann aber konsequenterweise in Konflikt mit der zwingenden Natur des § 86 geraten dürfte). BGH, Urt. v. 13.01.1966 – VII ZR 9/64, NJW 1966, 882; BGH, Urt. v. 24.09.1987 – I ZR 243/85, NJW-RR 1988, 287; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11.

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AA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. SG München VersR 1963, 921. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 51. BGH NJW-RR 1988, 287; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 12; Hopt § 86 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 51.

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ressenwahrungspflicht gehalten, den Unternehmer zu unterstützen. Es sind also – trotz vorher abweichender Übung – Formulare des Unternehmers zu verwenden, sofern dies entweder dem Vertreter keine Mühe macht oder erforderlich sein sollte. Immer ist das Schutzbedürfnis des HV zu berücksichtigen. In diese Richtung geht ein 176 Urteil des BGH vom 24.09.1987854. Der Unternehmer hatte den HV angewiesen, Wochenberichte zu übersenden, die in einer bestimmten Form abgefasst werden sollten. Der HV kam dieser Aufforderung nicht nach und verwendete nach einer Mahnung des Unternehmers für die Wochenberichte nicht die gewünschten Formulare, sondern gab weiterhin Nachrichten in der bisher von ihm geübten Form ab. Der Unternehmer kündigte außerordentlich aus wichtigem Grunde. Der BGH verneinte einen wichtigen Grund zur Kündigung, weil die Weigerung des HV, seiner Berichtspflicht in der geforderten Form nachzukommen, das Vertragsverhältnis nicht in so erheblichem Maße erschüttert habe, dass dem Unternehmer ein Festhalten am Vertrag unzumutbar geworden sei. Denn der HV hatte – wenn auch nicht in der verlangten Form – berichtet, und durch die Berichte des HV erhielt der Unternehmer in ausreichender Weise Kenntnis von den Marktvorgängen. hh) Folgen fehlerhafter Berichterstattung. Die fehlerhafte oder mangelhafte Bericht- 177 erstattung ist eine Vertragsverletzung, die zum Schadenersatz berechtigt. Dies gilt sowohl auf Seiten des Unternehmers, wenn dieser „Übermaßberichte“ fordert, wie auf Seiten des HV, falls er unzureichend berichtet. Entsteht dem Unternehmer durch unzureichende Berichte ein Schaden, so ist er nach § 280 BGB schadenersatzberechtigt855. Der Unternehmer darf im Falle unzureichender Berichterstattung aus wichtigem Grund kündigen856, jedoch nur nach ergebnisloser Abmahnung. Der HV verliert dann seinen Ausgleichsanspruch. Umgekehrt kann die Forderung des Unternehmers nach Übermaßberichten den HV – je nach Schwere des Vertragsverstoßes des Unternehmers – einen Grund zur außerordentlichen Kündigung geben, zudem einen begründeten Anlass zur Kündigung im Sinne des § 89b, in beiden Fällen jedoch jeweils nur nach vorheriger Abmahnung.

IV. Sorgfaltspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 3) Wenngleich der HV bei der Ausführung seiner Tätigkeit i.d.R. über einen bedeuten- 178 den Freiraum verfügt857, hat er bei der Erfüllung aller ihm obliegenden Haupt- und Nebenpflichten die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu wahren858. Dies ist seit dem HGB-Reformgesetz 1998 nicht mehr bloße Wiedergabe des ohnehin nach § 347 Abs. 1 Geltenden859, da der HV nun nicht mehr notwendigerweise Kaufmann ist (§ 84 Rn 14, 75 ff). Für den Unternehmer ist die Kaufmannseigenschaft ohnehin nicht zwin-

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DB 1988, 41 = MDR 1988, 286 = NJW-RR 1988, 287. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 41, 43. So aber Hopt § 86 Rn 44; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58 unter Berufung auf RegE, BT-Drucks. 11/3077, S. 7.

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gend, weshalb das Fehlen einer Abs. 3 entsprechenden Regel in § 86a unverständlich bleibt. Der Sorgfaltsmaßstab des Abs. 3 gilt dort aber entsprechend, da beide Parteien an denselben Maßstab gebunden sind. § 347 Abs. 2 hat keine Entsprechung in § 86 Abs. 3 gefunden und gilt daher im HV-Recht nicht860. § 86 Abs. 3 bildet eine lex specialis. In § 86 Abs. 3 wird ebenso wie in § 347 Abs. 1 nur der Sorgfaltsmaßstab, nicht der 179 Inhalt der Pflichten bestimmt861. Der HV schuldet die Sorgfalt, welche ein ordentlicher HV bei objektiver Würdigung im konkreten Einzelfall aufzuwenden hat862. Je größer Risiko, Wert oder Gefahr, umso höher die Sorgfaltsanforderungen863. Wirkt der HV an einem besonders bedeutenden Geschäft mit oder verwahrt er wertvolle Ware, Musterkollektionen oder ein Auslieferungslager des Unternehmers864, so steigen die ihn treffenden Sorgfaltsanforderungen865. Zur Sorgfaltspflicht des HV gehört es: 180 – vor dem Geschäftsabschluss oder einer Geschäftsvermittlung die Kreditwürdigkeit des Geschäftspartners zu überprüfen866 – Zusicherungen über die Kreditwürdigkeit nur zu geben, wenn sichere Beweise hierfür vorliegen867. Die Ermittlungspflicht des HV ist aber auf Umstände begrenzt, die er ohne Kosten und Schwierigkeiten über die Kreditwürdigkeit des Kunden in Erfahrung bringen kann868 – Handelsbücher nach §§ 238 ff zu führen869 Deshalb darf der HV eine Abrechnung gegenüber dem Unternehmer nicht mit der Begründung verweigern, dieser enthalte ihm Belege vor, sofern er bei ordnungsgemäßer Buchführung die zur Abrechnung notwendige Kenntnis gehabt hätte870.

H. Persönliche Dienstleistung 181

Der HV ist gem. §§ 613, 664 BGB im Zweifel verpflichtet, die Dienstleistung persönlich zu erbringen871. Substitution ist unzulässig872. Denn Dienstleistungsverträge mit Geschäftsbesorgungscharakter, zu denen HV-Verträge zählen, werden aufgrund des Ver-

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46. BGH, Urt. v. 07.04.1993 – VIII ZR 133/92, NJW-RR 1993, 926 = WM 1993, 1596; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46; Hopt § 86 Rn 44; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 58; Schröder § 86b Rn 2. BGH, Urt. v. 07.04.1993 – VIII ZR 133/92, NJW-RR 1993, 926 = WM 1993, 1596; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46. RGZ 18, 112; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 59; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10 f.

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LG Heidelberg BB 1959, 942; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 59. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 63. OLG Köln BB 1971, 760; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 63. Hopt § 86 Rn 18; MünchKommHGB/ von Hoyningen/Huene, § 86 Rn 8. Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 99; Küstner/Thume I Rn 432; aA Albrecht/Tentler Das Recht der Agenten nach deutschem Handelsrecht, 1908, S. 35; Stolterfoht S. 77; Trinkhaus Handbuch der Versicherungsvermittlung I, 1955, S. 356; Staudinger/Wittmann § 664 Rn 13.

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trauens in die Fähigkeiten der zur Geschäftsbesorgung verpflichteten Person geschlossen. Näheres oben, Vor § 84 Rn 50 ff.

I. Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB) Das Interesse des Unternehmers an erschöpfender Unterrichtung wird zunächst und 182 hauptsächlich durch die aus § 86 Abs. 2 hergeleitete Auskunfts- und Berichtspflicht des HV abgedeckt. Doch kann das Informationsbedürfnis unter Umständen auch weiter gehen. Gemeint sind zwar nicht unvollständige Berichte: hier verlangt der Unternehmer bis zur Erfüllung (§ 362 BGB) Vervollständigung. Gemäß § 675, 666 BGB ist der HV verpflichtet, Rechenschaft abzulegen873, jedoch nur, falls hierzu ein Anlass besteht. Das bezieht sich hier vor allem auf Angelegenheiten im Anschluss an die Vermittlung oder den Abschluss und erfasst in eigentlich unnötiger Abgrenzung zu § 86 Abs. 2 (der dort geregelte Anspruch umfasst – falls nötig auch die Rechenschaft) die neben die Hauptpflicht tretenden Nebentätigkeiten des HV und weniger die Marktgegebenheiten, welche von der Nachrichtspflicht getroffen werden. Gedacht wird z.B. an die Abrechnung der Gesamtheit von Einnahmen, etwa kassierte Gelder, oder die Rechenschaft über die Verwendung umfangreicher Musterkollektionen zum Zeitpunkt ihrer Rückgabe; ferner an das Ergebnis eines vom HV beantragten Beweissicherungsverfahrens oder die Rechenschaft darüber, dass und warum von einem Antrag hierauf abgesehen worden ist, die Verwaltung eines Musterlagers oder eines Auslieferungslagers, bei Versicherungsvertretern die Bestandspflegetätigkeit oder die Rechenschaft über das dem HV übertragene Inkasso; Schmiergelder874; überhaupt über alles das, was der HV in Ausführung seiner Obliegenheiten von dritter Seite erhalten hat. Eine Auskunft über Werbemethoden dürfte der Nachrichtspflicht des § 86 Abs. 2 unterfallen875. Bei einer Umsatzbeteiligung mag dem HV gegenüber dem Unternehmer ein Rechnungslegungsanspruch entsprechend § 666, 675, 259 BGB zustehen876. Dann gelten die §§ 259, 260 BGB. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete und nachprüfbare877 Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, dem Unternehmer878 Belege vorzulegen (§ 259 Abs. 1 BGB). Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen (§ 260 Abs. 1 BGB). Notfalls muss der HV gem. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB die Richtigkeit eidesstattlich zu versichern879. Wann die Rechenschaft abzulegen ist, bestimmt sich in erster Linie nach den vertrag- 183 lichen Vereinbarungen880, hilfsweise nach dem konkreten Gegenstand der Rechenschaftslegung. Da zwischen Unternehmer und HV ein Dauerschuldverhältnis besteht, ist der HV nicht nach jedem einzelnen Geschäftsabschluss zur Rechenschaft verpflichtet, sondern

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Hopt § 86 Rn 41; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. Hopt § 86 Rn 41. AA Hopt § 86 Rn 41. OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 34. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53.

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jeweils – falls erforderlich – periodisch881. Der Monatszeitraum des § 87c Abs. 1 S. 1 Hs 1 dürfte nicht analog anzuwenden sein882. Über eingenommene Gelder wird periodisch abgerechnet883, meist monatlich884 oder vierteljährlich. Sind Gegenstände herauszugeben, etwa umfangreiche Musterkollektionen, ist das Verzeichnis des Bestandes am Ende der Saison, also am Ende der Überlassungsdauer, vorzulegen. Im Zweifel gilt die „Unverzüglichkeit“ des § 86 Abs. 2 analog, wobei die Analogie nicht erforderlich ist, falls man die Rechenschaft als von Abs. 2 erfasst ansieht.

J. Weisungsfolgepflicht I. Umfang der Weisungsgebundenheit 184

HV sowie HV-ähnliche Mittler, etwa FN und Vertragshändler885, unterliegen trotz ihres erheblichen Freiraums im Rahmen ihrer Tätigkeit886 der Pflicht, zulässigen Weisungen ihres Unternehmers zu folgen. Das Thema „Weisungen“ hat zwei Seiten, nämlich auf der Seite des Unternehmers das Weisungsrecht und auf Seiten des HV die Weisungsfolgepflicht. Die Weisungsfolgepflicht des HV wird üblicherweise in Zusammenhang mit der Interessenwahrungspflicht gebracht887. Sie ist beim eingegliederten ,„echten“ HV sowohl nach Art. 101 AEUV wie nach § 1 GWB kartellrechtlich unbedenklich888 (Vor § 84 Rn 249 ff). Nicht vertragskonforme Weisungen wären als einseitige Maßnahme ohnehin nicht von Art. 101 AEUV erfasst. Der HV muss als Interessenswahrer des Unternehmers dessen Weisungen nachkommen889. Richtigerweise ergibt sich die Weisungsfolgepflicht, falls eine vertragliche Regelung dieser Frage besteht, aus der Interessenwahrungspflicht; in Ermangelung einer vertraglichen Regelung zudem aus den §§ 675, 665 BGB890. Denn § 665 BGB setzt ein Weisungsrecht des Auftraggebers voraus. De facto kann der Unternehmer beim Abschlussvertreter Vertriebs- und Preisbindungen nicht nur mittels Weisungen, sondern auch durch die Beschränkung der Vollmacht, beim Vermittlungsvertreter durch Ablehnung nicht gefälliger Geschäfte auferlegen891, wobei jedoch zumindest eine willkürliche Ablehnung vertragswidrig wäre. In jedem Fall besteht Einigkeit über die Existenz eines Weisungsrechts des Unternehmers. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Übernahme von Art. 3 Abs. 2c der HV-Richtlinie nicht für erforderlich gehalten, demzufolge der HV „angemessene“ Weisungen beachten sollte. Vorgesehen war eine Ergänzung des Abs. 1 um die Verpflichtung, sachgerechten Weisungen Folge zu leisten892, welche jedoch unterblieb. Daraus und aus der Stellungnahme der BT-Drucks. 11/4559, S. 9, derzufolge der HV sich vom Angestellten durch die Weisungsungebundenheit abgrenze, 881 882 883 884 885 886

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MünchKommHGB /v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. Ulmer S. 417; Canaris § 17 Rn 44. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42. Küstner/Thume I Rn 561; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 20.

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Hopt § 86 Rn 35. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42; OLG München NJWRR 2003, 401 (402); Hopt § 86 Rn 15. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. Canaris § 17 Rn 39. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 2; Canaris § 17 Rn 34.

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§ 86

folgt schon wegen Art. 3 Abs. 2 lit. c RL, 675, 665 BGB kein Entfallen des Weisungsrechts. Die Stellungnahme verwechselt das arbeits- mit dem auftragsrechtlichen Weisungsrecht893. Die in der RL zum Ausdruck gekommene Beschränkung auf „angemessene“ Weisungen ist wegen des Gebots europarechtsnaher Auslegung innerhalb ihres Anwendungsbereiches (Warenvertreter) gleichwohl für Gerichte maßgeblich894 und wegen Abs. 4 sogar zwingend895. Deshalb darf der HV-Vertrag nichts Abweichendes regeln896. Außerhalb des Schutzbereichs der RL ergibt sich die Beschränkung des Unternehmers auf angemessene oder gebotene Weisungen aus dem Wechselspiel der Treuepflichten („Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“)897 und der Regel, dass nicht ausdrücklich vereinbarte Nebenpflichten nur im Rahmen der Erforderlichkeit eingefordert werden können. Je größer das dem Unternehmer drohende Risiko, desto weiter die Grenzen des Weisungsrechts898. Folglich ist das Weisungsrecht gegenüber einem Abschlussvertreter tendenziell umfassender als gegenüber dem Vermittlungsvertreter899, angeblich auch gegenüber Versicherungsvertretern900. Weisungen sind einseitige, nicht empfangsbedürftige und bis zu ihrer Ausführung ein- 185 seitig widerrufliche, ggf. konkludent abgegebene Erklärungen901 des Unternehmers, mit denen er Anordnungen für die Ausführung der Vertragspflichten für den Einzelfall oder eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle902 gibt903. Nicht anders als beim Direktionsrecht des Arbeitgebers darf der Unternehmer nur bereits bestehende Pflichten des HV präzisieren904. Was nur durch Vertragsänderung oder mittels Änderungskündigung erreicht werden kann, ist nicht mit Weisung durchzusetzen: Verkleinerung, Verlegung des Vertreterbezirks, Herabsetzung des Provisionssatzes, Untersagung einer weiteren Erwerbstätigkeit (sogar bei einem Einfirmenvertreter nicht; dieser ist nur gehindert, eine weitere Erwerbstätigkeit in Gestalt einer hinzukommenden Vertretung zu übernehmen). Zu Tätigkeiten, die dem HV nach dem Vertrag nicht obliegen, darf er nicht angewiesen werden, wobei sich viele Pflichten aus der Interessenwahrungspflicht ergeben. Grenzen findet das Weisungsrecht daher am Vertragsinhalt905. Das Weisungsrecht darf einzelne Vertragspflichten des HV nur konkretisieren, nicht abändern906. Was konsensual vereinbart wurde, kann nicht durch einseitige Willenserklärung abgeändert sondern allenfalls – Zweifel gehen zu Lasten des Unternehmers – detailliert werden907. Deshalb kann etwa der Bezirk des HV nicht mittels Weisung verkleinert oder verlegt bzw. die Provision reduziert oder per Weisungsrecht der Umfang der Tätigkeit des HV verändert werden908. Mithin sind Weisungen in den nachfolgend Rn 188 f beispielhaft genannten Fällen nur zulässig, wenn der Vertrag keine abweichenden Regelungen trifft.

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Canaris § 17 Rn 34. Canaris § 17 Rn 37. Canaris § 17 Rn 35. Zum alten Recht abweichend Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 19. Canaris § 17 Rn 37; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 33. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 22. BGH BB 1960, 574; Küstner in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 86 Rn 22. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; Schröder § 86 Rn 32a.

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. BSG BB 1981, 2074; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 13. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13.

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§ 86 186

1. Buch. Handelsstand

Das Weisungsrecht darf die Selbständigkeit des HV nicht im Kern berühren909. Solche Weisungen wären unbeachtlich910. Damit dürfen sich die Weisungen weniger auf die Interna der Büroorganisation des HV beziehen (z.B. Festlegung einer Reiseroute, Form und Intervalle der Berichte) und die Festlegung der Arbeitszeit, als vielmehr darauf, welche Richtlinien der Vertriebspolitik einzuhalten, welche Schwerpunkte hierbei zu bilden, welche technischen Aufschlüsse den Angeboten beizugeben seien. Manche Unternehmer hochtechnisierter Geräte stellen für Kundenbesuche technische Berater zur Verfügung; der HV kann dann etwa die Weisung erhalten, sich mit jenen wegen einer gemeinsamen Reiseroute abzustimmen. Gedacht ist in erster Linie an produktbezogene, aber auch tätigkeitsbezogene911 Weisungen. Generell lässt sich sagen, dass Weisungen, welche die vom Unternehmer bestimmte Vertriebspolitik oder die Tätigkeit des HV gegenüber Kunden912 betreffen, gestattet sind. Eher problematisch sind dagegen Weisungen in Bezug auf die unternehmerische Tätigkeit913, die Büroorganisation, insbesondere die Ausgestaltung des Vertreterunternehmens914, und die Arbeitszeit915 des HV. Mit einem solchen Inhalt im Vertrag festgelegt oder in solcher Beschränkung gehandhabt, wäre das Weisungsrecht dann ein Indiz gegen die Selbständigkeit des HV. Wirksame, die Selbstständigkeit tangierende, vertraglich vereinbarte Weisungsrechte bedingen eine Angestelltentätigkeit. Erforderlich ist hierzu aber immer eine Vereinbarung, d.h. eine notfalls konkludente Akzeptanz der in die Unselbstständigkeit leitenden Abrede. Einseitige Weisungen, welche die Selbstständigkeit ausschließen würden, sind schlicht unzulässig. Es besteht ein Abwehrrecht des HV. Ohne vertragliche Akzeptanz und deren Wirksamkeit – Problem AGB, hier bestimmt sich das Leitbild nach dem Schwerpunkt des Vertrages – ist die einseitige Maßnahme unwirksam. Gegenüber Abschlussvertretern ist die Weisungsgebundenheit eine schärfere, da sie den Unternehmer durch die Abschlüsse binden916. Überhaupt wird der Rahmen der zulässigen Weisungen je weiter zu ziehen sein, je größer das geschäftliche Risiko des Unternehmers ist oder sein kann. Das gilt insbesondere für die Tätigkeit von Versicherungsvertretern wegen der Schwierigkeit der Materie und der Längerfristigkeit der zu übernehmenden Risiken917. Fehlen Weisungen, muss der HV dem mutmaßlichen Willen und den Interessen des Unternehmers gemäß handeln918.

II. Billiges Ermessen und Rücksichtnahmegebot 187

Das Weisungsrecht des Unternehmers stellt ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht gemäß § 315 BGB dar. Deshalb hat der Unternehmer die Bestimmung nach billigem Er-

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BGH, Urt. v. 13.01.1966 – VII ZR 9/64, MDR 1966, 495 = NJW 1966, 882 (883); BSG Urt. v. 29.01.1981 – 12 RK 63/79, BB 1981, 2074; OLG Nürnberg DB 1974, 144; SG München VersR 1963, 921 (922); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; Hopt § 86 Rn 16; MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene, § 86 Rn 14; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 20; Schröder § 86 Rn 31a–32b. MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene, § 86 Rn 14. Hopt § 86 Rn 15.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. Großzügiger offenbar Hopt § 86 Rn 15. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. BGH VersR 1960, 414 – hier kam hinzu, dass der zum Abschluss bevollmächtigte HV zugleich das Auslieferungslager unterhielt, der Unternehmer also sein Absatzengagement überhaupt nur durch Weisungen steuern konnte. BAG 18, 87 (94); SG Köln VersR 1962 1150 (1151). Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32a.

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messen zu treffen919 und darf das Weisungsrecht nur innerhalb der Grenzen der §§ 242, 134 und 138 BGB ausüben. § 307 BGB ist hingegen auf Weisungen nicht anwendbar, jedoch auf Klauseln, die ein Weisungsrecht postulieren. Der Unternehmer hat weiter von seinem Weisungsrecht maßvoll Gebrauch zu machen920. Die Weisung muss durch berechtigte Belange geboten sein und er hat auf die Interessen des HV Rücksicht zu nehmen921 (Ausübungskontrolle). Zulässig sind Weisungen zu folgenden Gebieten, wobei die Besonderheiten des Einzel- 188 falls eine abweichende Betrachtung erfordern können: – Abschlussvollmacht: Zu ihrem Inhalt922 – Berichtspflicht923: Eine Grenze bildet die Erforderlichkeit des Weisungsinhaltes. So dürfen sich die Weisungen auf die computergerechte Gliederung und Ausgestaltung der routinemäßigen Berichte beziehen sowie auf Gesichtspunkte, über die bei der Marktbeobachtung der Unternehmer besonders unterrichtet zu werden wünscht – Bestandsverwaltung, Rückübertragung924 – Eintragung der Preise in Auftragsscheine925 oder Ausfüllung von Versicherungsanträgen926 – Geschäftskonditionen927: Vorgaben hinsichtlich des Vertragsinhaltes der zu vermittelnden oder zu schließenden Verträge928 bzw. dazu, welche Geschäftsbedingungen zu beachten sind 929 – Geschäftspolitik, etwa ob ausschließlich der Fachhandel oder Endverbraucher zu betreuen sind930 – Zur Person des Geschäftsgegners931 sowie konkreten Kunden und ihre Behandlung, etwa die Weisung, mit bestimmten Kunden überhaupt nicht mehr, zu bevorzugten Konditionen oder nur noch gegen Vorkasse oder Barzahlung abzuschließen932, auch dazu, mit welchen Kunden der Unternehmer sich direkte Abschlüsse vorbehalten will. Solche Weisungen sind auch dann für den HV verbindlich, wenn sie seine Provisionsaussichten schmälern, solange der Unternehmer nicht die Tätigkeit des HV im ganzen oder in wesentlichen Teilen dadurch lahm legt, sondern die Weisungen sich auf Ausnahmen beschränken – Zur technischen Durchführung der Vermittlung (Verwendung von Auftragsformularen, Art der Ausfüllung derselben933 – dies erleichtert dem Unternehmer die büromäßige Behandlung)

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Zum Franchiserecht Giesler/Nauschütt § 5 Rn 92. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 33. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a. BGH, Urt. v. 24.09.1987 – I ZR 243/85, BB 1988, 12; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 11, 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19; Schröder § 86 Rn 32. BGH VersR 1968, 642; Hopt § 86 Rn 15. OLG Nürnberg MDR 1974, 144; Hopt § 86 Rn 15. BGH VersR 1986, 1072; Hopt § 86 Rn 15. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17. BGH, Urt. v. 14.03.1960 – II ZR 79/58, BB

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1960, 574; OLG Nürnberg MDR 1974, 144; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. Küstner/Thume I Rn 566. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). BGH BB 1960, 574; Hopt § 86 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. OLG Nürnberg MDR 1974, 114.

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– Tourenpläne: ihre Beachtung934 (aber Grenze zur Unselbständigkeit schnell überschritten) – Produktbezogene sowie die Selbständigkeit des HV nicht berührende tätigkeitsbezogene Weisungen935 – Zur Handhabung des Vertragsschlusses936 – Zur Marktbeobachtung und Kundenpflege937 – Den Schwerpunkt der Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit auf bestimmte Erzeugnisse zu legen938 – Dass sich die Tätigkeit des HV auf einen bestimmten Kundenkreis zu konzentrieren habe939 – Verbot von Vertragsverhandlungen mit bestimmten Kunden940 – Vertriebspolitik: Weisungen des Unternehmers zur Vertriebspolitik (Vertriebsschwerpunkte941, Kundenschwerpunkte) – Die Einhaltung bezeichneter Zahlungsziele und Zahlungsbedingungen942 – dazu, sämtliche Altkunden innerhalb einer Frist zu erfassen und in gewissen Zeitabständen mehrmals zu besuchen943, wobei die Fristen jedoch nicht zu eng gesetzt werden dürfen – Zur Werbung, insbesondere ihrer Gestaltung944. Im Ganzen gesehen darf der HV nicht durch Weisungen einer kleinlichen Kontrolle 189 und Gängelung unterworfen werden945, er verfügt bei der Ausführung seines Auftrags i.d.R. über einen bedeutenden Freiraum946. Allerdings sind auch nicht sachgerechte Weisungen maßgeblich947, weil es das Recht des Unternehmers ist, selbst die Sachgerechtigkeit innerhalb der Grenzen der §§ 134 (analog), 138, 242 BGB festzulegen. Nur missbräuchliche, insbesondere schikanöse Weisungen sind unbeachtlich. Unzulässig wären Weisungen in folgenden Fällen: – Arbeitszeit: Sie betreffende Weisungen sind regelmäßig unzulässig, weil solche Weisungen die Selbständigkeit tangieren948. In bestimmten Branchen, in denen ständige Anwesenheit erforderlich ist, mag Abweichendes gelten – Bezirksumsetzung: Ob der Unternehmer dem HV durch Weisungen einen anderen Bezirk zuweisen darf, hängt sehr von den Umständen ab949. Derartiges ist unzulässig, wenn dem HV im Vertrag ein bestimmter Bezirk zugewiesen wurde, weil dann ein vertragliches Recht auf diesen besteht. Auch sonst ist die Umsetzung durch bloße Weisung

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; Hopt § 86 Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 18. Küstner/Thume I Rn 566; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17. Küstner/Thume I Rn 566; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 20. BGH HVR Nr. 211; Küstner/Thume I Rn 566. BGH DB 1981, 1772. Vgl. BGH BB 1960, 574; Küstner/Thume I Rn 566. BGH, Urt. v. 28.11.1963 – VII ZR 90/62,

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zitiert nach Küstner/Thume I Rn 566; äußerst zweifelhaft. BGH, unveröffentlichtes Urt. v. 25.03.1963 – VIII ZR 250/61, v. 05.11.1962 – VII ZR 160/61; zitiert nach Küstner/Thume I Rn 566; OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 18. OLG Stuttgart BB 1960, 956. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42. AA Hopt § 86 Rn 16. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. Für die Zulässigkeit Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15.

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wegen des aus der Treupflicht entspringenden Schädigungsverbots problematisch. Denn die Umsetzung lässt keine Kundenbindungen entstehen, was die Werbung ausgleichspflichtiger Stammkunden erschwert einen Bericht über jeden der Schritte und Besuche des HV anzuordnen950, und zwar selbst bei erheblichem Umsatzrückgang (jedoch sind in diesem Fall erhöhte Anforderungen an die Berichtspflicht zulässig; sie dürfen jedoch nicht in den Kernbereich der Selbständigkeit eingreifen) den Besuch jedes Kunden innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorzuschreiben951 die Bestellung des Geschäftsführers einer HV-Gesellschaft anzuordnen952 falls der Betrieb des HV durch Übermaßweisungen erheblich gestört oder gar lahmgelegt werden soll, um das Entstehen von Provisionsansprüchen zu verhindern953. Allerdings dürfen zulässige Weisungen im Einzelfall auch negative Auswirkungen auf die Provisionsaussichten des HV haben954 Gerichtsverfahren: die Weisung, Gerichtsverfahren mit Kunden oder für den Unternehmer zu führen Kfz: der Unternehmer darf dem HV nicht vorschreiben, welchen Kfz-Typ er für seine Geschäftsfahrten zu benutzen habe (höchstens die Wagenklasse kann der Unternehmer aus Gründen der Außenwirkung durch Weisung festlegen) Mindestumsatz: Sollvorgaben für einen zu erzielenden Mindestumsatz darf der Unternehmer dem HV nicht durch Weisung auferlegen, am wenigsten einseitig und nachträglich955: Der HV ist nicht verpflichtet, so viel Abschlüsse hereinzuholen, wie es ihm bei größter Anstrengung möglich wäre956; er ist nur verpflichtet, angemessene Umsätze zu erzielen bei Missbräuchlichkeit957 Nachfolger: Weisung, einen Nachfolger einzuarbeiten958 (wobei jedoch eine angemessene Unterrichtung des Nachfolgers von der Interessenwahrungspflicht umfasst sein kann) Nicht geschuldete Tätigkeiten: Der Unternehmer darf den HV nicht zu nicht geschuldeten Dienstleistungen anweisen959 Niederlassungsort960: Ist der Ort der Niederlassung des HV nicht im Vertrag bestimmt, darf er dem HV nicht mittels Weisung vorgeschrieben werden Personal: Weisungen, welches und wie viel Personal der HV einzustellen habe961; Weisungen, die zur Einstellung von Hilfspersonal verpflichten (auch hier handelt es sich um Pflichten, die vertraglich vereinbart werden müssten)962 Prozesse zu führen. Wozu der HV als Abschlussvertreter nach § 55 Abs. 4, als Vermittlungsvertreter nach § 91 Abs. 2 gesetzlich ermächtigt ist und was ihn deshalb ein-

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Küstner/Thume I Rn 569; AG München HVR Nr. 147. OLG Nürnberg BB 1964, 866; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 30; aA wohl Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b. Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 96 ff; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; Schröder § 86 Rn 32. OLG Düsseldorf WM 1991, 913 für die Weisung, keine Kreditkartengebühren zu erheben; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 17.

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OLG Nürnberg BB 1964, 866 für einen Extremfall; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 21; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. OLG Celle NdsRpfl. 1959, 109. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a; Ebenroth/Löwisch § 86, Rn 30.

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tretendenfalls im Zweifel zum Tätigwerden verpflichtet, wird auch Gegenstand einer Weisung sein können, so zum Beispiel die Beantragung eines Beweissicherungsverfahrens Reiseroute: welche Reiseroute der HV zu nehmen habe Urlaub: Weisungen, wann der HV Urlaub nehmen darf, etwa, dass er seinen Urlaub nur in den Betriebsferien nehmen dürfe Vereitelung von Provisionsansprüchen: diesbetreffenden Weisungen sind nur zulässig, falls sie die Interessen beider Seiten berücksichtigen, wobei wegen der Interessenwahrungspflicht des HV im Einzelfall Weisungen auch negative Auswirkungen auf die Provisionsaussichten haben dürfen963 Verhandlungen mit Behörden zu führen.

III. Zwingende Natur des Weisungsrechts 190

Nicht aus der HV-Richtlinie übernommen wurde die zwingende Natur des Weisungsrechtes. Hierbei handelt es sich um einen Umsetzungsfehler964, der wegen der fehlenden Erwähnung der Weisungsfolgepflicht durch Abs. 4 nicht geheilt wird. Im Anwendungsbereich der Richtlinie ist durch eine richtlinienkonforme Entscheidungspraxis der Gerichte zu helfen965. Ihrer bedarf es nicht, sofern man die Weisungsfolgepflicht auch aus der zwingendem Interessenwahrungspflicht herleitet. Deshalb wird man nicht sagen können, dass, soweit die HV-Richtlinie nicht entgegensteht, das Weisungsrecht disponibel bleibt.

IV. Folgen zulässiger Weisungen 191

Weisungen, die der Unternehmer zulässigerweise gegeben hat, sind vom HV bei Meidung der Schadensersatzpflicht und in schwerwiegenden Fällen – nach ergebnisloser Abmahnung – einer fristlosen Kündigung zu befolgen966. Auch nicht sachgerechten Weisungen muss der HV grundsätzlich nachkommen. Abweichen darf er nur gem. § 665 BGB, wenn er den Umständen nach annehmen kann, dass der Unternehmer bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen werde und wegen der mit einem Aufschub verbundenen Gefahr eine Entscheidung des Unternehmers nicht vorab einholen kann967. Auch diese Beurteilung ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (Handelsvertreters) vorzunehmen. Damit sind strenge Voraussetzungen an eine Abweichung gestellt. Will der HV ohne diese Voraussetzungen abweichen, muss er den Unternehmer über die Gründe für die Nichtbefolgung der Weisung unterrichten und dessen Entscheid abwarten (§ 665 S. 2 BGB)968. Besteht der Unternehmer auf Befolgung der Weisung, so hat es damit für den HV sein Bewenden. Schadenersatzforderungen des Unternehmers wegen fehlerhafter Einschätzung setzen Pflichtwidrigkeit und Verschulden voraus. Bei der Bewertung beider Umstände ist ggf. die Eilbedürftigkeit der Entscheidung zu berücksichtigen. Stellt sich eine Entscheidung des HV im Nachhinein als unzutreffend heraus, ist er gleichwohl von der Haftung frei, falls er bei seinem Entschluss, wegen Dringlichkeit nicht zuvor den Unternehmer gefragt zu haben, mit gehöriger Sorgfalt vorgegangen ist. 963 964 965 966

BGH HVR Nr. 211; Küstner/Thume I Rn 566; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 53. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 53. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 31.

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Hopt § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32b. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 16; Schröder § 86 Rn 32b.

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V. Folgen unzulässiger Weisungen Unzulässige Weisungen und Übermaßweisungen sind unverbindlich969. Dennoch darf 192 der HV sie nicht einfach unbeachtet lassen. Er muss den Unternehmer wegen der ihm obliegenden Interessenwahrnehmungspflicht – soweit zumutbar – von der Nichtausführung verständigen970, insbes. auch dazu, warum er die Weisung nicht zu befolgen gedenke. Eine neue Entscheidung und eine zulässige Weisung braucht er nicht abzuwarten971. Ohne Mitteilung macht der HV sich schadensersatzpflichtig, zwar nicht auf das Erfüllungsinteresse, wie bei der verweigerten Befolgung einer zulässigen Weisung, wohl aber auf das negative Interesse. Der Unternehmer kann verlangen, so gestellt zu werden, als sei ihm das Unzulässige der Weisung vor Augen geführt worden und als ob er sein weiteres Verhalten darauf einstellen hätte können. Das Mitverschulden des Unternehmers, welches in der unzulässigen Weisung liegt und den Schaden mit herbeigeführt hat, ist zu berücksichtigen. Ein Grund zur fristlosen Kündigung wird aus dem Unterlassen dieses Hinweises meist nicht hergeleitet werden können. Unzulässige Weisungen können dem Vertreter bei notwendiger Schwere und nach Abmahnung, von der Weisung abzusehen, einen Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grund972 oder einen ausgleichserhaltenden begründenden Anlass zur Kündigung (§ 89 Abs. 3 Nr. 1) geben973.

VI. Vertraglich vereinbartes Weisungsrecht Da Rechtsgrund § 665 BGB und nicht die Interessenwahrnehmungspflicht ist, darf 193 das Weisungsrecht außerhalb des Anwendungsbereichs der HV-Richtlinie – aber nur dort (Rn 184, 190) – vertraglich erweitert oder eingeschränkt werden (siehe auch Rn 199)974, jedoch nur innerhalb des Rahmens der §§ 138, 242, 307 BGB. Zudem dürfen Weisungen auch nach vertraglicher Erweiterung des Weisungsrechts – ebenso wie im Rahmen des gesetzestypischen Weisungsrechts – den Kernbereich der Selbständigkeit975 nicht verletzen und nicht in die Geschäftspolitik des HV eingreifen976. Unterhalb dieser Grenze kann durch Vertrag, angeblich auch mittels AGB977, das Weisungsrecht eingeschränkt, erweitert, modifiziert und näher ausgestaltet werden, insbesondere dem Unternehmer eine konkrete und ins einzelne gehende Weisungsbefugnis hinsichtlich der dem HV zur Erledigung übertragenen Aufgaben eingeräumt werden978. Über das im Vertrag festgelegte oder für den vertraglichen Pflichtenkreis gebotene Maß dürfen Weisungen nicht hinausgehen. 969

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 31; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 31; Hopt § 86 Rn 15 f; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 31. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. Küstner/Thume I Rn 574. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 32. Vgl. hierzu etwa die Beispielsfälle BGH NJW 1966, 882 (883); OLG Stuttgart DB 1970, 1112 (Regelung der Kundenbesuchs-

976

977 978

intervalle) und OLG Karlsruhe DB 1971, 572 (sogenannte Sollvorgaben für den Umsatz; dort aus anderen Gründen als gegen Treu und Glauben verstoßend und daher unbeachtlich beurteilt; ebenso Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 32. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Küstner/Thume I Rn 565; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 30, 32; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a, 32. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 32.

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VII. Fehlende Weisungen 194

Im Falle anfänglich fehlender Weisungen muss der HV in erster Linie gemäß dem Vertrag, in zweiter Linie nach den auf eine Rückfrage erteilten Weisungen und in dritter Linie nach dem mutmaßlichen Interesse des Unternehmers handeln. Wenn möglich hat er Rückfrage zu halten und die Antwort abzuwarten.

VIII. Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung von Weisungen 195

Die Nichtbeachtung zulässiger Weisungen bildet eine Vertragsverletzung, die zum Schadenersatz berechtigt979, nach ergebnisloser Abmahnung auch zur fristlosen Kündigung980. Wie ausgeführt ist eine Abmahnung dann nicht erforderlich, wenn bereits die einmalige Missachtung der Weisung zu einem die Vertragsfortsetzung ausschließenden Vertrauensfortfall führt. Der HV muss beweisen, dass er im Einzelfall von einer verbindlichen Weisung abweichen durfte981.

K. Verschwiegenheitspflicht während der Vertragsdauer und nach Vertragsende 196

Gemäß § 90 darf der HV Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die ihm anvertraut oder als solche durch seine Tätigkeit für den Unternehmer bekannt geworden sind, „auch“ nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen, soweit dies nach den Gesamtumständen der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns widersprechen würde. Zu den Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 90 verwiesen.

L. Beweislast 197

Im Rahmen eines Streites hat der Unternehmer die bestehende Pflicht, die Pflichtverletzung des HV982 sowie die TB-Voraussetzungen der Rechtsfolge, etwa den Schaden beim Schadenersatz, darzulegen und zu beweisen983. Die Pflichtverletzung indiziert das Verschulden (s.u.). Bei Schadensersatzklagen darf der Unternehmer sich auf die Beweiserleichterungen der §§ 287 ZPO, 252 BGB berufen984. Das Nichtvertretenmüssen ist gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ein Einwendungstatbestand, für welchen der Schuldner beweispflichtig ist985. Obwohl die Sorgfaltspflicht in § 86 Abs. 3 als vertragliche Nebenpflicht formuliert wurde, muss der HV – wie bei jeder Pflichtverletzung – das Fehlen einer objektiven Pflichtverletzung nicht nachweisen986. Nicht etwa liegt die Beweislast für die Einhaltung

979 980 981 982 983

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32d. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32d. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 49. Hopt § 86 Rn 44. BGH MDR 1954, 606; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 49; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 25; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58, 70.

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984 985

986

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70. Palandt/Heinrichs, § 280 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. AA OLG Brandenburg OLGR 2007, 202; OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Hopt § 86 Rn 44.

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der Sorgfalt beim HV987. Sonst bestände praktisch im gesamten HV-Recht eine vom sonstigen Recht abweichende Beweisverteilung, auch im Rahmen eines Prozesses um § 89a müsste der HV dann sein pflichtgemäßes Handeln nachweisen. Man wird eine gegenteilige Verteilung der Beweislast auch nicht aus der Rechenschaftspflicht (§§ 666, 675 BGB) des HV herleiten können. Steht die Pflichtverletzung des HV aber fest, muss er sich exkulpieren988. Er hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft und er damit die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes beachtet hat989. Von dieser Beweislastverteilung ist in erster Linie dann abzuweichen, wenn der in 198 Anspruch Genommene seine Erfüllung beweisen muss, weil der Anspruchsteller die Leistung nicht als Erfüllung angenommen hat (§ 363 BGB). In den meisten Fällen werden Pflichtverletzungen erst im Nachhinein entdeckt, so dass der Unternehmer die Leistung des HV als Erfüllung angenommen hat. Folglich bleibt es hier bei der vorgenannten Beweislastverteilung. Stellt der HV in Abrede, vor seinem Ausscheiden angebahnte Geschäfte zu einem anderen Versicherer umgedeckt zu haben und trägt er vor, die Kunden seien zu ihm gekommen, weil sie der Meinung gewesen seien, sie hätten ungünstige Verträge abgeschlossen, so reicht dieses Bestreiten nicht aus, falls der Unternehmer konkrete Vorgänge unter Nennung der Vertragsnummern und der genauen Anschriften der Kunden mitgeteilt hat. Unter diesem Gesichtspunkt obliegt es dem HV, präzisen Vortrag dazu zu halten, ob es sich um Kunden handelt, die an ihn mit dem Wunsch nach einem Wechsel wegen günstigerer Konditionen herantraten. Lässt sich dem Vorbringen des HV kein derartig präziser Vortrag entnehmen, ist er mangels Substanz unbeachtlich990.

M. Zwingende Natur des § 86 I. Allgemeines Seit der Novellierung 1989 sind die in § 86 geregelten Haupt991- und Nebenpflichten 199 zwingend, insbesondere die Interessenwahrungspflicht992. Sie können nach dem Vorbild des Art. 5 RL nicht erweitert oder beschränkt werden (Amtl. Begründung), auch nicht zum Vorteil des HV993. Dem HV-Vertrag soll dadurch eine feste Kontur gegeben werden994. Ob dies sinnvoll ist, braucht angesichts der europarechtlichen Präformation nicht diskutiert zu werden. Die zwingende Natur trifft jedoch nur den kodifizierten Kern- oder Wesensgehalt995 (Wortlaut des § 86 Abs. 4996) der in § 86 geregelten Rechte und Pflichten997 und damit nur die in Abs. 1 und 2 niedergelegten gesetzlichen Nebenpflichten des HV (dessen Hauptpflicht zur Vermittlung oder zum Abschluss allerdings bereits nach 987 988 989

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AA OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Hopt § 86 Rn 44. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 25; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 70. OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. Entgegen Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47 ergibt sich auch die zwingende Natur der Vermittlungs- und Abschlusspflicht aus § 86 Abs. 4.

992 993 994 995

996 997

BGHZ 97, 326; 112, 222; Hopt § 86 Rn 20. Hopt § 86 Rn 50. Canaris § 17 Rn 30. BGHZ 112, 218 (222); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 27; Hopt § 86 Rn 50; nach Canaris § 17 Rn 31 läge sonst wegen der Zementierung des gesamten Vertragsinhaltes ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot (Unverhältnismäßigkeit) vor. Canaris § 17 Rn 31. Hopt § 86 Rn 50.

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§ 84 unabdingbar ist), nicht aber für die sonstigen dem HV durch andere gesetzliche Bestimmungen oder durch Vertrag zusätzlich auferlegten Pflichten. Vor der Untersuchung einer Verletzung des Abs. 4, steht die Prüfung, ob ein HV-Vertrag vorliegt. Denn einen Typenzwang begründet Abs. 4 nicht998. Die übrigen vertraglichen Pflichten sind also innerhalb der allgemeinen Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB dispositiv999, insbesondere der Sorgfaltsmaßstab des Abs. 31000. Die zwingende Natur gilt sowohl für Abweichungen zu Gunsten1001 wie zu Lasten des HV. Das Verbot von Abweichungen zu Gunsten des HV ist bemerkenswert, weil hierdurch nicht der bei sonstigem zwingendem HV-Recht maßgebliche Schutz des HV sondern der des Unternehmers erstrebt wird. Die Vereinbarung zusätzlicher Pflichten des HV widerspricht nicht § 86 Abs. 4, so200 weit hierdurch die in § 86 niedergelegten Pflichten in ihrem Kernbereich nicht erweitert oder eingeschränkt werden. Bei der Interessenwahrnehmungspflicht ist nur der Grundsatz der Pflicht zur Interessenwahrnehmung unabdingbar. Die Parteien dürfen aber regeln, welche Interessen des Unternehmers vom HV im Einzelfall auf welche Weise wahrzunehmen sind und auf die Wahrung welcher Interessen der Unternehmer im Einzelfall für Vergangenheit oder Zukunft verzichten will1002. Das Recht des Unternehmers zu bestimmen, was im Einzelfall seinem Interesse entspricht, nimmt Abs. 4 ihm also nicht1003. Der Unternehmer darf den HV aber nicht aus der unabdingbaren Vertrauensstellung und der Pflicht entlassen, sein Handeln an dem vorrangigen Interesse des Unternehmers auszurichten1004. In jedem Fall dürfen die in § 86 Abs. 2 niedergelegten und § 86 Abs. 1 konkretisierenden Pflichten vertraglich ausgestaltet werden. Deshalb darf der Unternehmer über die aus der Interessenwahrnehmungspflicht hergeleiteten Pflichten, etwa zu Verschwiegenheit, Bonitätsprüfung, Bericht und Information oder Einhaltung eines Wettbewerbsverbots, disponieren1005. Das ist auch erforderlich. Denn trotz ihrer Erläuterung durch die Rechtsprechung einiger Jahrzehnte bleiben die unbestimmten Rechtsbegriffe des § 86 auslegungsbedürftig. Die Parteien mögen etwa regeln, welche Interessen des Unternehmers durch den HV im Einzelfall auf welche Weise wahrzunehmen sind1006, wie das Wettbewerbsverbot1007, die Unterrichtungs- oder Bemühungspflicht1008 im Einzelnen auszugestalten ist und auf die Wahrung welcher Interessen oder die Übermittlung welcher Nachrichten1009 der Unternehmer für Vergangenheit oder Zukunft verzichten will1010, solange die Interessenwahrungs- oder Nachrichtspflicht nicht in ihrem Kernbereich derogiert wird. Da lediglich der Kernbereich der Interessenwahrnehmungspflicht geschützt ist, darf der Unternehmer auch den Inhalt der einzelnen aus ihr hergeleiteten Unterpflichten, etwa zum Konkurrenzverbot, zur Verschwiegenheit, Bonitätsprüfung, Berichts- und Informationserteilung sowie zu den Weisungen regeln, konkretisieren, sie derogieren oder erweitern1011. Denn auch sie fallen nicht in den zwingenden und damit unantastbaren Kernbereich. Der Spielraum dispositiver Gestaltung gleicht folglich dem bei der Bestimmung außerordentlicher Kündigungsrechte. Das außerordentliche Kündigungsrecht kann nicht eingeschränkt werden. Jedoch dürfen die 998 999 1000 1001

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Canaris § 17 Rn 32. Hopt § 86 Rn 50. Hopt § 86 Rn 51. Ankele DB 1989, 2211; Küstner/v. Manteuffel BB 1990, 291 (294); Hopt § 86 Rn 50; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 26, nach dem Abweichungen zu Gunsten des Unternehmers nicht verboten sind. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47.

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1004 1005 1006 1007 1008 1009 1010 1011

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Hopt § 86 Rn 50. Hopt § 86 Rn 50. Hopt § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65.

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Parteien konkretisieren, welche Gründe als „wichtige“ zur außerordentlichen Kündigung berechtigen sollen. Es ist folglich zulässig, 201 – Regelungen zur Art und Weise der Erfüllung zu treffen, solange der Kernbereich der Interessenwahrungspflicht unangetastet bleibt1012 – die in § 86 normierten Pflichten auszulegen1013, zu modifizieren1014, zu konkretisieren1015, zu ergänzen oder auszugestalten – neue Pflichten zu begründen, sofern sie § 86 nicht widersprechen1016.

II. Vertragliche Erweiterung der Pflichten Zu weiteren als in §§ 84, 86 normierten Haupt- und Nebentätigkeiten ist der HV 202 nur verpflichtet, falls der Vertretervertrag das besonders bestimmt1017, was zulässig ist1018. Ohne vertragliche Vereinbarung besteht daher insbesondere keine Verpflichtung – zur Abwicklung der vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte1019 – zum Inkasso der vom Kunden dem Unternehmer geschuldeten Beträge1020 – zur Bestandspflege bei Versicherungsvertretern – zur allgemeinen, dem Unternehmer obliegenden Markt-, Produkt- und Kundenpflege1021 – Gerichtsverfahren mit Kunden für den Unternehmer zu führen1022 – zur umfangreiche Beschaffung von Prozessinformationen1023 – zu Vergleichsverhandlungen1024 – zur Lagerhaltung1025 – zur Auslieferung von Waren an Kunden1026 – zum Einstehen für Verbindlichkeiten aus einem Geschäft1027 – zur Mangelgewährleistung1028 – zur Abwehr von Mängelrügen des Kunden1029 – zu einem Mindestumsatz (Umsatzgarantie)1030. Was mit einer Umsatzgarantie genau

1012

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BGHZ 112, 218 (222); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 27; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 47. Westphal I Rn 206. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 1. Westphal I Rn 212; Küstner/Thume I Rn 442; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 47. Hopt § 86 Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. OLG Stuttgart DB 1962, 405; Küstner/Thume I Rn 442; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4a; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. Hopt § 86 Rn 13.

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OLG Hamburg JW 1936, 293937 (2340); Küstner/Thume I Rn 442; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 5; Hopt § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4a. Küstner/Thume I Rn 442; OLG Hamburg, JW 1936, 2939. Küstner/Thume I Rn 442; Hopt § 86 Rn 13. Küstner/Thume I Rn 442; Hopt § 86 Rn 13, 51; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 7. Küstner/Thume I Rn 442; Hopt § 86 Rn 51; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47. Küstner/Thume I Rn 442; BGHZ 30, 98 = NJW 1959, 1430. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. BGH BB 1962, 1345. Hopt § 86 Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47.

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gewollt war, ist durch Auslegung festzustellen. Gewollt sein kann bspw., dass bei Nichterreichen des Umsatzes der HV für alle Schäden einsteht, die dem Unternehmer hieraus erwachsen, er auf die vermittelten (den Garantiebetrag nicht erreichenden) Geschäfte keine oder nur eine verminderte Provision erhält oder der Unternehmer gemäß § 89a außerordentlich kündigen darf 1031, wobei der Ausgleich gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 nur im Falle eines Verschuldens des HV entfällt. Die Formvorschrift des § 86b Abs. 1 S. 3 gilt nicht1032. Eine Jahreszielvereinbarung ist jedoch nicht notwendigerweise als Garantie anzusehen, jene Zahlen zu erreichen1033. Siehe auch Rn 205. – zur Montage der vertriebenen Produkte1034 – zur umfassenden Einarbeitung eines Nachfolgers (aber zur Vorstellung seines Nachfolgers und zur nicht zu arbeitsintensiven Erklärung des Tätigkeitsbereichs) – zum Service1035 – zur Prüfung, ob das vertriebene Produkt öffentlich-rechtlicher Erlaubnisse bedarf1036 – zur Werbung1037: Sie obliegt dem Unternehmer, nicht dem HV, soweit sie als eine allgemeine, nicht auf bestimmte potentielle Kunden gezielte sich darstellt – zu Verhandlungen mit unternehmens- oder marktpolitischer Zielsetzung – Zwangsvollstreckungen gegen Kunden zu betreiben1038. Diese Aufstellung kennzeichnet das gesetzliche Leitbild im Sinne des § 307 BGB. Der 203 Unternehmer darf den HV ohne wirksame vertragliche Vereinbarung nicht zu den o.g. Tätigkeiten anweisen. Jedoch ist der HV unter dem Gesichtspunkt der Nachrichtspflicht gehalten, die Notwendigkeit zum Tätigwerden dem Unternehmer mitzuteilen. In Notfällen muss er auch ohne vertragliche Verpflichtung eingreifen, sofern ihm dies zumutbar ist. Die vom Gesetz vorgesehenen Haupt- und Nebenpflichten sind nicht abschließend. 204 Die Parteien können – soweit der Wesensgehalt des § 86 nicht verändert wird (§ 86 Abs. 4) – durch hinreichend deutliche Vereinbarung (Hinweise in ausgelagerten AGB genügen oft nicht1039) weitere Pflichten vereinbaren und das gesetzliche Leitbild ergänzen. Dabei dürfen dem HV auch solche Aufgaben übertragen werden, welche an und für sich handelsvertreteruntypisch (etwa die Leistungserbringung, „Produktionshandelsvertreter“) sind oder dem Unternehmer obliegen1040. Erst recht kann der HV nicht gehindert werden, neben seiner Aufgabe als HV völlig andere Tätigkeiten zu übernehmen, die mit dem Vertrieb i.S.d. §§ 84, 86 keine Berührung besitzen. Die vertragliche Dispositionsbefugnis stößt lediglich an die Grenzen – der zwingenden Vorschriften des HV-Rechts (einschließlich der HV-Richtlinie) – der zwingenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts (insbesondere §§ 134, 138, 305 ff BGB) – der zwingenden Vorschriften des sonstigen Rechts – des Verstoßes gegen die Selbständigkeit des HV1041.

1031 1032 1033 1034 1035 1036 1037

Zu den verschiedenen Möglichkeiten: Hopt § 86 Rn 14. Hopt § 86 Rn 14. OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 17, n.v. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 7. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5. BGH EBE 1997, 290 (292); Hopt § 86

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1038 1039 1040

1041

Rn 51; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b, 16. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 39; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 47; Schröder § 86 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 39.

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Leitbilduntypische Verpflichtungen dürfen, sofern sich das Unbilligkeitsverdikt nicht 205 widerlegen lässt (was jeweils im Einzelfall zu prüfen ist), nicht durch AGB geregelt werden (§ 307 BGB), es sei denn, es handelt sich um eine kontrollfreie Leistung. Immer setzt das teilweise zwingende Leitbild der §§ 84, 86 einen Kontrollmaßstab. Innerhalb der vorgenannten Grenzen dürfen die Parteien – zumindest individualvertraglich (zu AGB vor § 84 Rn 36 ff) etwa Regelungen über die nachfolgenden Gegenstände treffen: – Allgemeine Markt-, Bestands- und Kundenpflege1042 – Arbeitszeit: Vereinbarungen über die für die Tätigkeit aufzuwendende Zeit1043, sofern hierdurch die Selbständigkeit nicht über Gebühr eingeschränkt wird – Auslieferungslager: Ohne vertragliche Verpflichtung ist weder ein HV noch ein Franchisenehmer oder Vertragshändler zur Lagerhaltung verpflichtet1044. Die Verpflichtung zur Lagerhaltung dient auch dem Absatzinteresse, weil der Bestellzyklus kurz gehalten wird. Der HV kann aber die Unterhaltung und Führung eines Auslieferungslagers1045 oder die Auslieferung1046 übernehmen. Im Zweifel trägt der Unternehmer die Kosten dieses Auslieferungslagers1047. Kennt der Unternehmer die Namen und Adressen der Abkäufer der Lagerware nicht, muss der HV ihm jene bekannt geben1048. Bei Vertragsende sind Warenbestand und Lager, wenn es vom Unternehmer gestellt wurde, an ihn zurückzugeben; der Unternehmer hat das Warenlager zurückzunehmen. Muss der Mittler den Warenbestand vertragsbegleitend erwerben und handelt er als Vertragshändler, besteht die Vor § 84 Rn 379 ff erörterte Rückkaufpflicht des Unternehmers. Für einen Warenfehlbestand haftet der HV nur, falls eine Pflichtwidrigkeit vorliegt1049 – Beratungspflicht: Pflicht des HV, den Kunden zu beraten – zu eventuellen Besprechungen mit dem Unternehmer, etwa betreffend eine verbindliche Vorgabe der Teilnahme des HV1050 – Delkredere1051 (§ 86b) – Mitwirkung bei der Gewährleistungs- und Schadensregulierung1052 – Hilfspersonal: Mit dem HV kann vereinbart werden, dass bestimmte Personen seines Unternehmens in die Vertragsausführung eingeschaltet bleiben müssen1053. Auch dürfen ihnen bezeichnete Tätigkeiten zugewiesen werden. Bei Vertragsschluss mit einer HV-GmbH wird häufig der Gesellschafterbestand und die Tätigkeit eines bestimmten Geschäftsführers vorgeschrieben1054. Auch darf eine Mindestanzahl von Mitarbeitern vereinbart werden1055, ohne dass die Selbständigkeit des HV in ihrem Kernbereich berührt ist. Der Unternehmer mag darauf Wert legen, einen HV von bestimmter Marktstärke oder Größe mit der Vermittlung oder dem Abschluss zu betrauen. Darf er 1042 1043 1044 1045

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 257. BGHZ 30, 98 (102); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 41; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44a; zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Konsignationslagern im grenzüberschreitenden Warenverkehr innerhalb der EU Keller UR 2000, 61. Hopt § 86 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 41; Schröder § 86 Rn 11a.

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AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44a: generelle Haftung. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40. Hopt § 86 Rn 50. BGH, Urt. v. 04.05.1959 – II ZR 81/57, BGHZ 30, 98 (102) = NJW 1959, 1430; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 42; vgl. auch Schröder § 86 Rn 44c. Martinek/Flohr § 8 Rn 36. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44c.

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wegen zu geringer Größe des HV von dem Vertragsschluss absehen, so darf er erst recht die Mindestgröße zur Bedingung der Vertragsfortführung erheben. Austausch oder Reduzierung dieser Hilfspersonen ist dann nur mit Zustimmung des Unternehmers zulässig1056, die er nach billigem Ermessen erteilen muss1057. Ein Zustimmungsrecht des Unternehmers hinsichtlich der Tätigkeit von Untervertretern, die im Geschäft für den Unternehmer tätig werden, wird wohl vereinbart werden dürfen und gerät nicht in Konflikt mit der Selbständigkeit des HV. Jedoch wird kein Weisungsrecht des Unternehmers zur Einstellung von Personal vereinbart werden können, höchstens genaue Spezifikationen, unter welchen Umständen für welche Tätigkeit eingestellt werden muss1058. Eigene Rechte und Pflichten dieser Hilfspersonen gegenüber dem Unternehmer entstehen nicht automatisch und müssten durch Vertrag der Hilfspersonen mit dem Unternehmer begründet werden1059 zu den Informations- und Berichtspflichten des HV1060 Interessenwahrungspflicht: ihre Ausgestaltung1061 Inkasso1062 (§ 87 Abs. 4) verbindliche Vorgaben für Kundenbesuche in bestimmten Zeitabständen1063 Messeveranstaltungen1064: Teilnahme Mindestumsatz: Der Vertragshändler unterliegt einer allgemeinen Abnahmepflicht, die jedoch nicht mengenmäßig bestimmt ist1065. Individualvertragliche Mindestabnahmemengen sind zulässig1066, sofern sie nicht gemäß § 138, § 242 BGB zur Knebelung und damit zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen1067. Die unternehmerische Selbstständigkeit wird durch sie meist nicht berührt1068. Dies gilt auch im HV-Recht1069. Im KfzBereich bezieht sich die Mindestabnahmepflicht nur auf Neufahrzeuge, nicht auf Vorführ- oder Gebrauchtwagen1070. Mindestabnahmeverpflichtungen können wegen der Unzulässigkeit des kartellrechtlichen Verbots von Querlieferungen problematisch sein, und zwar sowohl nach der GVO 330/10 wie nach der GVO 1400/02 (Vor § 84 Rn 156, 193). Sie können auch gegen Art. 1 Abs. 1 lit. b GVO 1400/02 verstoßen1071. Zu prüfen ist, ob es sich bei ihnen um Empfehlungen oder rechtlich verbindliche Verpflichtungen handelt1072. Zur fristlosen Kündigungsmöglichkeit § 89a Rn 26; zur AGB-Kontrolle Vor § 84 Rn 42 f. Die Formvorschrift des § 86b Abs. 1 S. 3 gilt nicht1073. Gewollt sein kann:

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Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 42. Ähnlich Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 42: Verweigerung der Zustimmung nur bei Vorliegen triftiger Gründe zulässig. Großzügiger wohl Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 42. Zur kartellrechtlichen Problematik außerhalb des Bereiches echter HV Wiemer WuW 2009, 750 ff. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40; Hopt § 86 Rn 50; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40. OLG Stuttgart BB 1970, 1112; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40; Hopt § 87d Rn 4.

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1068 1069

1070 1071 1072 1073

Ulmer S. 309; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 220. Niebling WRP 2010, 631. BGH NJW 1959, 144; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 221. Niebling WRP 2010, 631. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 43; Hopt § 86 Rn 14; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44e; aA Eberstein S. 75 unter Hinweis auf OLG Stuttgart NJW 1957, 1281. Niebling WRP 2010, 631. Niebling WRP 2010, 631. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 224. Hopt § 86 Rn 14.

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§ 86

• die automatische Vertragsbeendigung (auflösende Bedingung) bei Nichterreichen dieser Umsätze. Vereinbart werden darf aber nur ein Vertragsende innerhalb der Fristen des § 89, wobei unterschieden werden muss, ob die Folge an verschuldetes oder unverschuldetes Nichterreichen geknüpft wird • Schadenersatz- oder Erfüllungspflicht bei Nichterreichen der Umsatzschwelle1074, und zwar gemäß §§ 280 Abs. 1, 281, 286 BGB1075. Vorausgesetzt wird jedoch ein Verschulden des HV, das oft fehlt. Von einem Verschulden müsste sich der Mittler entlasten • Außerordentliche Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers bei Nichterreichen1076. Sie ist problematisch (§ 89a Rn 26). Der Ausgleich entfällt aber nicht automatisch nach § 89b Abs. 3. Denn das Nichterreichen des Schwellenwerts muss kein ausgleichsschädliches, schuldhaftes Verhalten des HV bilden1077 • Andere an das Nichterreichen geknüpfte Rechtsfolgen, etwa Vertragsstrafe oder geringere (bei Unterschreiten) oder höhere (bei Überschreiten) Provisionszahlungen1078 • ein unverbindliches Richtmaß für die Tätigkeit des HV ohne konkrete Rechtsfolgen, wobei Unverbindlichkeit im Zweifel anzunehmen ist1079, etwa bei der Zahlung eines Bonus oder eines höheren Provisionssatzes für das Überschreiten des Mindestumsatzes1080. Konkrete Rechtsfolgen müssen also ausdrücklich vereinbart sein, sollen sie Geltung beanspruchen – Schadensregulierung1081: Abreden hierzu – Schulung: Vertragliche Vereinbarungen über Schulungsmaßnahmen des Mittlers sind zulässig, falls sie keine der beiden Vertragsparteien in ihren Vertriebsaktivitäten unzulässig einschränken1082 – Pflicht zu Serviceleistung: Der Vertragshändler kann zu Serviceleistungen, insbesondere Gewährleistungsarbeiten und Garantieleistungen verpflichtet sein (zu seinem Rückgriffsanspruch Vor § 84 Rn 44). Bei der Gewährleistungsverpflichtung handelt es sich um eine eigene Verpflichtung; bei der Verpflichtung zum Abarbeiten von Garantiearbeiten meist um eine Verpflichtung des Unternehmers, sofern der Unternehmer und nicht der Händler eine Garantiezusage gegeben hat. Die Garantiezusage durch den Unternehmer bildet einen selbständigen Garantievertrag1083. Die Verpflichtung zu Garantiearbeiten für den Unternehmer ist dem Vertragshändlervertrag nicht immanent. Sie muss separat vereinbart werden1084. Zivilrechtlich ist eine Bezugsbindung des Händlers hinsichtlich der Originalersatzteile des Unternehmers zulässig1085. Zum möglichen Inhalt einer solchen Servicevereinbarung vgl. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht Rn 242.

1074 1075 1076 1077 1078 1079

Hopt § 86 Rn 14. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 225. Hopt § 86 Rn 14; vgl. Niebling WRP 2010, 631. Hopt § 86 Rn 14. Hopt § 86 Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44e. RGZ 65, 86 (90); BGH Urt. v. 2.7.1992 – I ZR 181/90, NJW-RR 1992, 1386 (1388); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44e.

1080 1081 1082 1083 1084 1085

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 43. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 308. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 238. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 239. BGH BB 1982, 391; BGH BB 1962, 1396; Keese BB 1972, 817 (819).

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

– Tourenpläne: deren Einhaltung1086. Derartige Tourenpläne sind allerdings Indiz für die Unselbständigkeit des HV (§ 84 Rn 34) – Versicherungsvertreter: Die Vereinbarung einer Bestandspflege einschließlich der Mitwirkung bei der Schadensregulierung in der Haftpflicht-, Sach- und Unfallversicherung. Hierfür ist dann eine besondere Vergütung zu leisten (so ausdrücklich für das Inkasso § 87 Abs. 4). Auch sie wird meist in Gestalt einer Provision gezahlt (vgl. § 87 Abs. 4) und sollte getrennt von der eigentlichen Provision für das Hereinholen von Abschlüssen ausgeworfen werden, zumal sie nicht ausgleichsfähig im Sinne des § 89b ist – Zuweisung eines Vertriebsgebiets: Erfolgt eine solche Zuweisung gegenüber einem echten HV, darf ihm aktive Werbung außerhalb dieses Gebiets untersagt sein. Passive Verkäufe wird er entgegennehmen dürfen, der Unternehmer braucht solche Aufträge jedoch nicht anzunehmen – Vorgaben zu Kundenbesuchen für bestimmte Zeitabstände1087 (innerhalb angemessener Grenzen) – Allgemeine Produkt- oder Unternehmenswerbung1088 oder Werbeaufwendungen1089. Kommt ein Franchisegeber den vertraglich übernommenen Beratungs- und Werbepflichten nicht nach, steht ihm kein Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrecht zu1090. Der Franchisenehmer darf sich nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, solange die Äquivalenzstörung nicht existenzgefährdend ist. Eine Vielzahl vertraglicher Einschränkungen kann in ihrer Kumulation zur Unselb206 ständigkeit führen (§ 84 Rn 17 ff). Dies gilt insbesondere bei vertraglichen Regelungen zur Arbeitszeit oder Festschreibung von Tourenplänen.

N. Folge der Verletzung der Pflichten des Mittlers 207

Ein Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Pflichten konstituiert eine Pflichtverletzung. Verletzt der HV die in § 86 niedergelegten oder die vertraglich vereinbarten Pflichten, darf der Unternehmer auf Erfüllung klagen und den Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen1091. Das gilt auch für den Anspruch auf Geschäftsvermittlung und -abschluss1092. Denkbare weitere Folgen einer Pflichtverletzung sind: 208 – Beim Bezirksvertreter ist die Verwirkung (nach § 242 BGB) des Rechts auf Bezirksprovision denkbar1093 – nach vergeblicher Abmahnung eine außerordentliche Kündigung gemäß § 89a1094, bei völliger Zerstörung des Vertrauensverhältnisses auch ohne Abmahnung, jedoch nur 1086 1087

1088

1089 1090

Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. Rittner DB 1999, 2097 (2099); Hopt § 86 Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44d. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40. LG Braunschweig, Urt. v. 14.07.2004 – 22 O 289/04, zitiert nach Haager NJW 2005, 3394 (3396) unter Berufung auf OLG Frankfurt/Main, NJWE-WettbR 1996, 142.

510

1091 1092 1093

1094

Hopt § 86 Rn 47; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67. AA MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 67. OLG Hamm NJW 1959, 677; Hopt § 86 Rn 47; vgl. auch OLG Koblenz BB 1973, 866: Verwirkung bei gravierendem Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht. BGH WM 1988, 34; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 86 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 42, 69.

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§ 86

innerhalb einer angemessenen Frist (§ 314 Abs. 3 BGB), die spätestens zwei Monate nach Kenntnis des Kündigungsgrundes abgelaufen ist. Für Verstöße gegen die Mitteilungs- oder Berichtspflichten soll das nur gelten, wenn der Unternehmer die geschuldeten Informationen nicht auf andere Weise erhält1095 und der Verstoß so schwer wiegt, dass er das Vertrauensverhältnis zerstören kann das Entstehen eines Zurückbehaltungsrechts des Unternehmers1096, je nachdem ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 273 BGB1097 Auskunftsrechte nach § 242 BGB, etwa im Falle eines Wettbewerbsverstoßes, um den Umfang der Wettbewerbstätigkeit kennen zu lernen1098 Fristsetzung gemäß § 323 BGB (früher: § 326) BGB1099, danach ein Rücktrittsrecht1100 die Fälligkeit einer Vertragsstrafe1101, sofern sie vereinbart war. Sie muss hinreichend bestimmt sein1102, der Höhe nach angemessen1103, wird auf einen Schadensersatzanspruch angerechnet1104 und kann neben einem Ordnungsmittel nach § 890 ZPO geschuldet sein1105. Zu Vertragsstrafeversprechen in AGB vgl. vor § 84 Rn 42 der Einbehalt der Provision1106, wenn der Provisionsanspruch gem. § 242 BGB verwirkt ist, was z.B. bei mangelnder Bezirksbetreuung hinsichtlich der Bezirksprovision als Ausnahme1107 anerkannt ist1108. Das Recht wurde etwa angenommen, falls der Unternehmer in Unkenntnis der Bemühungen des HV ein Direktgeschäft abschließt und bei der Preisvereinbarung einen Provisionsanspruch nicht berücksichtigt1109 (zweifelhaft, weil der HV nicht zur ständigen Information über jede Vermittlungsbemühung verpflichtet ist. Zudem handelt es sich rechtstechnisch um einen Schadenersatzanspruch, mit dem aufgerechnet wird). Grundsätzlich behält der HV allerdings auch bei schweren Vertragsverfehlungen seinen Provisionsanspruch1110 ein Unterlassungsanspruch, etwa bei verbotenem Wettbewerb1111 Recht auf Verzugsschaden gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB

1095 1096 1097 1098 1099 1100 1101

1102 1103

BGH NJW-RR 1988, 287 (288); Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 44. OLG München BB 1955, 714; Hopt § 86 Rn 47. Für Franchiseverträge Giesler, ZIP 2002, 420 (424). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Martinek/Flohr § 9 Rn 45 ff. Hopt § 86 Rn 47. BGH, Urt. v. 04.10.1984 – I ZR 151/82, BB 1985, 823 (824); Urt. v. 10.5.1995 – VIII ZR 144/94, ZIP 1995, 1260; BGH, Urt. v. 28.01.1993 – I ZR 240/90, ZIP 1993, 703; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 25; Hopt § 86 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 44. OLG Celle EWiR 1998, 157; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 44. OLG Hamm MDR 1984, 404; OLG Düsseldorf DB 1992, 86; OLG München BB

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1994, 1104; OLG Celle EWiR 1998, 157; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. BGH, Urt. v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. BGH, Urt. v. 05.02.1998 – III ZR 103/97, EBE 1998, 90; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. Regelmäßig bleibt ein verdienter Provisionsanspruch erhalten, siehe Hopt § 86 Rn 49; weitergehend OLG Koblenz BB 1973, 866 bei gravierendem Verstoß gegen die Interessenswahrungspflicht. OLG Hamm NJW 1959, 677; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 86 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43.

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

– Herausgaberecht gem. § 667 BGB. Verlangt der Unternehmer nach § 667 BGB vom HV Erstattung eines Kassenfehlbetrages, ist § 254 BGB nicht anwendbar.1112 Verschulden des Personals seiner Agentur, aber auch seiner Unteragenten hat der HV nach § 278 BGB zu vertreten. Relevant wird eine Verletzung meist im Streit um außerordentliche Kündigungsgründe, bei denen sich die Frage stellt, ob es sich im einen wichtigen Grund i.S.d. § 89a handelt. Im Einzelnen unten Rn 209 ff zur Haftung des HV.

I. Haftung des Mittlers 209

Der HV kann aus seiner Tätigkeit gegenüber dem Unternehmer und Dritten haften. Im Einzelnen sind bei der Haftung des HV folgende Konstellationen zu unterscheiden:

II. Haftung des Mittlers gegenüber dem Kunden 210

Eine Haftung des HV gegenüber dem Kunden ist grundsätzlich ausgeschlossen, da der Kunde nur in Vertragsbeziehungen zum Unternehmer, nicht zum HV, tritt1113. Darin unterscheidet der HV sich vom Handelsmäkler. Der HV ist nicht, wie es für den Handelsmäkler zutrifft, Mittler zwischen den Parteien mit der Aufgabe, deren entgegengesetzte Interessen zum Ausgleich zu bringen, sondern er wahrt die Interessen des Unternehmers, für den er tätig ist. Andererseits ist für alle Vertreter zu beachten, dass sie, auch soweit kein Vertrag zwischen HV und Kunden existiert, zur Gegenpartei in nahen Geschäftsverkehr treten. Das Gesetz trägt in § 91a dem Rechnung, indem der Dritte damit rechnen darf, dass der Unternehmer das Handeln des HV, sofern er sich in dem ihm zugewiesenen Geschäftsbereich bewegt, wie eigenes Handeln auffassen und es nicht verleugnen werde. Die Abschlussvollmacht des HV lässt ebenfalls keine vertraglichen Beziehungen des HV zum Kunden entstehen1114. Denn auch dann, wenn der HV seine Vollmacht nutzt, handelt er im Namen des Unternehmers, den die damit verbundene Haftung trifft. Selbst die Beratung des HV gegenüber dem Kunden erfolgt grundsätzlich im Namen des Unternehmers und begründet keine Eigenhaftung des HV aufgrund eines konkludent geschlossenen Beratungsvertrages1115. Vereinbarungen des Unternehmers mit dem HV oder Kunden, denen zufolge der Kunde dem Vertreter die Provision zu zahlen hat, begründen selbst bei einem unmittelbaren Zahlungsanspruch des HV gegen den Kunden keine eigenständigen vertraglichen Beziehungen zwischen beiden1116, allenfalls im Einzelfall. Insbesondere Schadenersatzansprüche wegen Verschuldens des HV bei seinen Verhandlungen mit dem Kunden über den zwischen jenem und dem Unternehmer abzuschließenden Hauptvertrag richten sich grundsätzlich allein gegen den Unternehmer, der für den HV als seinen Erfüllungsgehilfen einstehen muss (§ 278 BGB)1117. Der Anlagevermittler schuldet richtige und vollständige Information über die tatsächlichen Umstände, welche für den Anlageentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung waren1118. Auch die hierdurch entstehende Haftung trifft der regelmäßig nur den Unternehmer und nicht den Mittler. Der Anlagevermittler muss das Anlagekonzept, 1112 1113

1114 1115

OLG Koblenz, Urt. v. 30.01.2006 – 10 U 127/01, WM 2006, 1452. Abram VersR 2002, 1331 (1332); Martinek/ Flohr § 9 Rn 40; Hopt § 84 Rn 49; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19, 48a. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58.

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1116 1117 1118

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58. BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322). BGH, Urt. v. 05.03.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); Urt. v. 12.07.2007, WM 2007, 1608 = NJW-RR 2007, 1692 Rn 8; BGHZ 158, 110 (116) = WM 2004, 631.

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§ 86

bezüglich dessen er Auskunft erteilt, wenigstens auf Plausibilität, insbesondere wirtschaftliche Tragfähigkeit überprüfen. Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen1119. Unterlässt er diese Prüfung, hat der Anlagevermittler den Interessenten hierauf hinzuweisen1120. Im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung des Prospektes muss der Anlagevermittler den Prospekt darauf überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und ob die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbarem Aufwand überprüfen kann, sachlich vollständig und richtig sind1121. Über Rückvergütungen und übliche Provision muss ein nicht ausschließlich mit einer Bank verbundener HV, anders als die Bank selbst1122 oder ein nur in ihrem Namen tätiger HV, soweit nicht § 31d WpHG eingreift, nicht aufklären, wenn dem Kunden die Tätigkeit als HV bekannt ist. Denn ein freier HV erhält typischerweise Provision; der Kunde weiß dies und rechnet damit1123. Die gesamten Provisionsvereinbarungen mit allen Details wären auch schwer kommunizierbar1124. Das gilt jedenfalls, falls offen Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen werden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden1125 und die Provision nicht unüblich hoch liegt, so dass bei einer Provision von mehr als 15 % der Beteiligungssumme aufzuklären ist1126. Im Bereich der fondsgebundenen Lebensversicherung soll angeblich auf Kickbacks nicht hingewiesen werden müssen; dem Versicherer stehe es frei, in welche Fonds er die Versicherungsbeiträge investiere1127. Eine Eigenhaftung des Mittlers kommt daher im Ausnahmefall lediglich nach folgenden Anspruchsgrundlagen in Betracht: – Positive Forderungsverletzung (§ 280 BGB), sollten ausnahmsweise vertragliche Beziehungen zwischen HV und Dritten existieren (im Regelfall fehlen sie)1128 und Pflichten aus ihnen verletzt werden1129. Das setzt einen zumindest konkludent geschlossenen Beratungsvertrag voraus1130. Er soll vom Anlagevermittlungsvertrag abzugrenzen sein, der nur ein vollständiges Bild der Chancen und Risiken bieten soll und keine individuelle, pointierte und gewichtige Beratung1131. Ob der HV berechtigt ist, Vertragsbeziehungen

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BGH, Urt. v. 05.03.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); Urt. v. 12.05.2005, WM 2005, 1219 (1220); v. 13.01.2000, WM 2000, 426 (427); Beschl. v. 21.05.2008 – III ZR 230/07 Rn 5. BGH, Urt. v. 05.03.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); Urt. v. 12.05.2005, WM 2005, 1219 (1220); v. 13.01.2000, WM 2000, 426 (427). BGH, Urt. v. 05.03.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); v. 22.03.2007, WM 2007, 873 = NJW-RR 2007, 925, Rn 5; Beschl. v. 21.05.2008 – III ZR 230/07, Rn 5; BGHZ 158, 110 (116) = WM 2004, 631. BGHZ 170, 226 (234 f) Rn 23 = NJW 2007, 1876; Urt. v. 20.01.2009 – XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416 (1417) Rn 12. BGH, Urt. v. 03.03.2011 – III ZR 170/10, DB 2011, 761; Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 196/09, DB 2010, 1056 = ZIP 2010, 919; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2010 – 3 U 200/09, NZG 2010, 995 = ZIP 2010, 1386 (1388 f); OLG Celle, Urt. v. 11.06.2009 –

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11 U 140/08, NZG 2010, 73; Schlick WM 2011, 154 (158); aA OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.07.2010 – I-6 U 136/09, EWiR 2010, 697 (Bendermacher). Zum englischen Recht Voigt BB 2011, 451. Schlick WM 2011, 154 (158). BGH, Urt. v. 15.04.2010 – III ZR 196/09, DB 2010, 1056 = ZIP 2010, 919. BGH, Urt. v. 03.03.2011 – III ZR 170/01, DB 2011, 761; BGHZ 158, 110 (118 f) = ZIP 2004, 1055; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.05.2010 – 3 U 200/09, NZG 2010, 995 = ZIP 2010, 1386 (1389 f). OLG Köln, Beschl. v. 29.10.2010 – 20 U 100/10, VersR 2011, 248 (249). Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49. Befürwortet von BGH ZIP 2000, 355 (Anlagevermittler); LG Köln, Urt. v. 29.07.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226; Hopt § 84 Rn 49; offen gelassen von BGH NJW 2003, 745. LG Köln, Urt. v. 29.07.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226.

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§ 86

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1. Buch. Handelsstand

zu Kunden einzugehen (regelmäßig nur mit Zustimmung des Unternehmers), ist eine separate Frage1132. Bei der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Interessenten und dem Vermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Mittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt1133 zudem, wenn die Auskunft für den Empfänger von erheblicher Bedeutung ist und der Auskunftsgeber sachkundig ist sowie ein eigenes wirtschaftliches Interesse besitzt1134. Sachkunde allein genügt nicht1135. Ein Entgelt für die Beratung muss nicht geleistet werden1136 nach § 179 BGB1137 wegen Verletzung der Versicherungsvertretern gegenüber VN obliegenden Beratungspflichten nach § 63 VVG1138. Allerdings muss der VV den VN nicht gem. § 63 VVG eine Vollkaskoversicherung empfehlen, wenn der VN Versicherungsschutz für ein Ersatzfahrzeug begehrt, das bisherige Fahrzeug nur haftpflicht- und teilkaskoversichert war und der Kunde den konkreten Wunsch äußert, das Ersatzfahrzeug wie bisher zu versichern1139 nach § 823 BGB, § 3 UWG1140 nach § 826 BGB1141, etwa falls der Kunde durch arglistige Täuschung oder Betrug zum Vertragsschluss veranlasst wurde1142 (dann auch §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB1143). Diese Haftung greift aufgrund der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte wegen eines deutschen Deliktsorts auch gegenüber ausländischen Mittlern ein1144. Beispiel: Ein Vermittler kann aus §§ 826, 830 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) wegen unzureichender Risikoaufklärung eines Anlegers haften, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln1145 § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen unter den engen Voraussetzungen einer Vertreterhaftung gem. § 280 Abs. 1, 3 BGB oder einer Sachwalterhaftung nach § 311 Abs. 3, § 241 Abs. 2 BGB1146 wegen der

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Hierzu Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49. BGH. Urt. v. 23.11.2010 – VII ZR 244/09, VersR 2011, 216 (218); v. 22.03.2007 – III ZR 218/06, VersR 2007, 944 (945); v. 19.10.2006 – III ZR 122/05, VersR 2007, 63 (64); v. 04.03.1987 – IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117 (118). BGH NJW 1979, 1449; 1993, 2433; LG Köln, Urt. v. 29.07.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226. LG Köln, Urt. v. 29.07.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226. BGH NJW 1987, 1815 (1816); LG Köln, Urt. v. 29.07.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226. Abram VersR 2002, 1331 (1332); Martinek/ Flohr § 8 Rn 19; Hopt § 84 Rn 49; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6d, 48d. OLG Hamm, Urt. v. 04.12.2009 – 20 U 131/09, VersR 2010, 1215 (dort Haftung abgelehnt). OLG Hamm, Urt. v. 04.12.2009 – 20 U 131/09.

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1142 1143

1144 1145 1146

AA BGH NJW 1974, 1503; 1983, 2494; Hopt § 84 Rn 52: UWG geht als Spezialgesetz vor. BGH, Urt. v. 08.06.2010 – XI ZR 41/09, DB 2010, 2441 (2444); RGZ 120, 252; Abram VersR 2002, 1331 (1332); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19, 48b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. BGH BB 1971, 543 (Vertrieb wertloser Zertifikate); OLG Köln BB 1965, 768; Hopt § 84 Rn 51. BGH, Urt. v. 08.06.2010 – XI ZR 41/09, DB 2010, 2441 (2444). BGH, Urt. v. 08.06.2010 – XI ZR 41/09, DB 2010, 2441 (2444). BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); Hopt § 85 Rn 1; das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 2002 hat an dieser Rspr. nichts geändert (OLG Celle, Urt. v. 05.02.2009 – 8 U 186/08, VersR 2009, 1205).

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§ 86

Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens1147 oder wegen eines unmittelbaren eigenen wirtschaftlichen Interesses1148. Regelmäßig muss der HV die Verhandlungen oder den Vertragsschluss dabei erheblich beeinflusst haben1149. Die berufliche Sachkunde und Provisionsinteresse1150 des HV oder die Vermittlung einer Mehrzahl von Versicherungsverträgen1151 begründen die Haftung wegen Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, so dass ein derartiger Anspruch meist ausscheidet1152. Vielmehr muss ein über das Provisionsinteresse hinausgehendes Interesse des HV bestehen, welches ihn quasi als wirtschaftlichen Herrn des Geschäftes erscheinen lässt. Beispiel: Der HV vermittelt den Eindruck, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftes gewährleisten, selbst wenn der Vertragspartner dem Unternehmer nicht oder nur wenig vertraut1153. Beide Voraussetzungen sind nach dem BGH1154 etwa bei einem Reisebüro üblicherweise nicht gegeben. Dass das Reisebüro mit seiner Sachkunde wirbt, bedeutet keine Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens. Erforderlich ist vielmehr, dass es dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, es werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, falls der Kunde dem Geschäftsherrn nur wenig vertraut1155. Der HV muss also über das allgemeine Verhandlungsvertrauen hinaus eine zusätzliche von ihm ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäftes übernehmen1156. Verletzt werden kann vorvertragliches Vertrauen der Kunden auch, wenn es der HV unterlässt, sie über Umstände aufzuklären, die der Vertragserfüllung entgegenstehen können, etwa mangelnde Bonität des Unternehmers1157 oder fehlende Tauglichkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des Produktes1158. Steht der dann erforderlichen Aufklärung eine Vertraulichkeitsabrede des HV-Vertrages entgegen, muss der Repräsentant die Vermittlung einstellen1159 oder auf andere Weise rechtmäßiges Verhalten sicherstellen, wozu er in diesem Einzelfall auch im Verhältnis zum Unternehmer berechtigt und sogar verpflichtet ist. Die dem Mittler im Verhältnis zum Unternehmer verpflichtende Vertraulichkeitsabrede darf sich nicht zum Schaden eines Kunden auswirken. Zu eigenen Nachforschungen ist der HV nur im Falle eindeutiger Anhaltspunkte auf vertragshindernde Umstände, falls dies der Verkehrssitte entspricht, oder im Falle einer regelmäßig unzulässigen (nicht gestattete Doppeltätigkeit) Vereinbarung mit dem Kunden verpflichtet1160.

1147

1148 1149

1150

1151 1152

BGHZ 14, 318 und BGH LM § 278 [Fa] Nr. 4; OLG Celle BB 1963, 1142; OLG Düsseldorf VersR 1970, 126 [Versicherungsvertreter]; Martinek/Flohr § 9 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 48a. BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322). BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); OLG Celle, Urt. v. 05.02.2009 – 8 U 186/08, VersR 2009, 1205. BGH WM 1971, 498 (499); Martinek/Flohr § 9 Rn 37; aA OLG Düsseldorf VersR 1970, 126. OLG Celle, Urt. v. 05.02.2009 – 8 U 186/08, VersR 2009, 1205. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49.

1153 1154 1155 1156

1157 1158 1159 1160

Martinek/Flohr § 9 Rn 38. BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322). BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322). BGH WM 1984, 128; MDR 1992, 232; ZIP 1990, 43 (Anlagevermittler); OLG Hamm VersR 1995, 167; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 395; Martinek/Flohr § 9 Rn 38; Hopt § 84 Rn 50. OLG Hamm VersR 1993, 227; Martinek/ Flohr § 9 Rn 39. Martinek/Flohr § 9 Rn 42. OLG Hamm DB 1993, 2229; Martinek/ Flohr § 9 Rn 39. OLG Hamm VersR 1993, 227; Martinek/ Flohr § 9 Rn 39.

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

– wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, etwa dann, wenn den HV ein Organisationsverschulden beim Vertrieb oder dem Aufbau eines eigenen (Unter)Vertriebssystems trifft – im Falle eigenständiger Gewährübernahme1161. In diesem Sinne kann ganz ausnahmsweise zwischen HV und Kunden ein meist stillschweigender Beratungs- oder Auskunftsvertrag zustande kommen, der den HV persönlich zu sachlich zutreffenden Angaben und zur Richtigstellung fehlerhafter Angaben verpflichten kann und mit der Folge der persönlichen Haftung für Pflichtverletzungen1162. Im Zweifel wird kein solcher Vertrag zwischen Kunden und HV gewollt sein1163. Dagegen scheidet eine Haftung gegenüber dem Kunden regelmäßig unter folgenden 211 Gesichtspunkten aus: – aus §§ 280, 281 BGB (Positive Forderungsverletzung, c.i.c)1164 – aus Mangelhaftung. Da der HV in keinem Vertragsverhältnis zum Kunden steht, obliegt ihm keine Mangelhaftung nach §§ 437 ff BGB. Insbesondere entsteht gegenüber dem Vertreter kein Anspruch auf Nachbesserung1165 i.S.d. §§ 437, 439 BGB. Hat der HV nicht nur auf seine besondere Sachkunde hingewiesen, sondern zugleich zu erkennen gegeben, dass er im Falle von Sachmängeln auch bereit sei, für die Gewährleistung einzustehen, so liegt ein eigenständiges vertragliches Versprechen vor, welches eine Eigenhaftung des HV begründet1166 (s.o.). Hierzu bedarf es aber einer ausdrücklichen Verpflichtung. Im Zweifel ist von ihrem Fehlen auszugehen. Einen Regressanspruch gegenüber dem Unternehmer besitzt der Vertreter dann nur, wenn das Vertragsverhältnis zum Unternehmer die Übernahme der Gewährleistungsverpflichtung forderte. Fehlt es hieran, haftet der HV ohnehin nach den Rechtsgedanken des § 179 BGB alleine – Wer als Versicherungsvertreter ohne die Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 2 RBerG einen Versicherungsnehmer berät und zur Änderung des bestehenden Versicherungsverhältnisses veranlasst, haftet nicht für den diesem hierdurch entstehenden Schaden gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a RBerG als Schutzgesetz1167. Die Beratung des Kunden durch den Versicherungsvertreter in Bezug auf die Versicherungsverträge, welche mit dem vom ihm vertretenen Versicherer geschlossen werden, ist durch das Berufsbild des Versicherungsvertreters gedeckt und verstößt nicht gegen § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a RBerG. Anders ist es bei Verträgen, die der Kunde mit einem Versicherer schließt, der vom Versicherungsvertreter nicht vertreten wird.

III. Haftung des HV nach dem Produkthaftungsgesetz 212

Weder der Abschluss- noch der Vermittlungsvertreter haften nach den Regeln der Produzentenhaftung1168. Insbesondere haftet der HV nicht nach dem Produkthaftungsgesetz. Etwas anderes soll gelten, falls der HV die Auslieferung des Produktes vornimmt, insbesondere ein Warenlager unterhält, von dem aus die Auslieferung des fehlerhaften Produktes erfolgt1169. Beschränkt sich die Tätigkeit des Vertreters jedoch auf den Abschluss 1161 1162

1163 1164

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 59. BGH ZIP 1998, 1735; ZIP 2000, 355; Urt. v. 28.09.2000 – III ZR 43/99, EBE 2000, 346; OLG Köln MDR 2000, 99; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 59. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 59. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19.

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1165 1166 1167 1168 1169

Vgl. Martinek/Flohr § 9, Rn 40. Vgl. Martinek/Flohr § 9, Rn 41. OLG Nürnberg, Urt. v. 02.02.2004 – 8 U 110/03, VersR 2005, 1237. Martinek/Flohr § 9 Rn 42. Martinek/Flohr § 9 Rn 43.

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§ 86

oder die Vermittlung des Vertrages und erfolgt die Lieferung des Produktes unmittelbar vom Unternehmer an den Kunden (echter Vertretervertrag im Sinne des EU-Kartellrechts, siehe Vor § 84 Rn 223 ff) ist der Vertreter nicht Lieferant im Sinne des § 4 Abs. 3 Produkthaftungsgesetz und unterliegt keiner Haftung1170.

IV. Haftung des Vertragshändlers nach dem Produkthaftungsgesetz Ein Vertragshändler kann gemäß § 4 ProdHaftG als Quasihersteller haften, sofern er 213 im Geschäftsverkehr den Eindruck erweckt, Hersteller des vertriebenen Produkts zu sein. Zudem haftet er, wenn er als Importeur Produkte aus einem Land einführt, welches nicht zur EU gehört. Schließlich haftet er, falls er nicht in der Lage ist, dem anfragenden Anspruchsteller den Hersteller oder Vorlieferanten des Produkts binnen eines Monats unter Mitteilung der Anschrift zu benennen1171. Den Vertragshändler trifft zudem eine Produktbeobachtungspflicht, die zu einer Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB führen kann. So haftet er, wenn er die Prüf- und Beobachtungspflicht missachtet, die sich darauf richtet, die Vertragsware durch eine hinreichende Sichtkontrolle daraufhin zu prüfen, ob von ihr Gefahrenquellen ausgehen, welche ihre Ursachen im Verantwortungsbereich des Händlers haben1172. Auf Herstellungs- und Fabrikationsfehler des Unternehmers braucht der Vertragshändler die Ware regelmäßig nicht zu überprüfen1173. Im Falle einer Warnund Rückrufaktion hat der Vertragshändler den Hersteller zu unterstützen. Er muss ihm bekannt gewordene Beanstandungen der Vertragsprodukte überprüfen1174 und die möglichen Mängel feststellen sowie ggf. kenntlich machen1175. In der Regel ist der Produktbeobachtungspflicht Genüge getan, sofern Reklamations- und Schadensfälle gesammelt und an den Unternehmer unter Hinweis auf mögliche Serienfehler weitergeleitet werden1176. Ein Vertragshändler muss nicht ohne weiteres deliktsrechtlich für alle Schäden auf- 214 kommen, die durch von ihm vertriebene Produkte entstehen, selbst dann nicht, wenn kapitalmäßige Verknüpfungen zum Hersteller bestehen1177.

V. Haftung des Mittlers gegenüber Dritten Die unterlassene, fehlerhafte oder verspätete Erstinformation i.S.d. § 11 Abs. 1 Vers- 215 VermV bildet ein wettbewerbswidriges Verhalten gem. § 8 Abs. 1 und 3, 4 Nr. 11 UWG und kann zu Schadenersatzansprüchen nach § 11 VersVermV i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB führen1178.

1170 1171 1172 1173

Martinek/Flohr § 9 Rn 43. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 212. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 214. BGH VersR 1960, 855; BGH VersR 1977, 839 (840); BGH NJW 1980, 1219; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 214.

1174 1175 1176 1177 1178

Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 217. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 217. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 219. Kollmann NJW 2000, 1912 (1915). Hansen VersR 2011, 119.

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

VI. Haftung des Mittlers gegenüber dem Unternehmer 216

Eine Haftung des HV gegenüber dem Unternehmer ist ebenso wie in der spiegelbildlichen Konstellation „Haftung des Unternehmers gegenüber dem HV“ (§ 86a Rn129 ff) vor- wie nachvertraglich und vertragsbegleitend denkbar1179. Vorvertraglich oder bei nichtigem Vertrag1180 haftet der HV dem Unternehmer gem. §§ 242, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo), vertragsbegleitend aus § 280 Abs. 1, zudem ebenfalls nach § 89a Abs. 2. Auch aufgrund der Schlechterfüllung nachvertraglicher Treupflichten kann eine Haftung entstehen, und zwar auch hier gemäß § 280 Abs. 1 BGB. In jedem Fall muss sich der HV gegenüber dem Unternehmer sorgfältig verhalten1181 (Abs. 3). Der Hauptvertreter haftet dem Unternehmer für Fehler seines Untervertreters oder des Personals nach diesen Anspruchsgrundlagen i.V.m. § 278 BGB1182. Hinzu treten mögliche deliktische Anspruchsgrundlagen, etwa § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Denn der HV ist gegenüber dem Unternehmer treupflichtig, so dass der TB des § 266 StGB erfüllt sein kann1183. An den MissbrauchsTB ist in erster Linie bei dem Abschlussvertreter, an den TreuebruchTB in den übrigen Fällen zu denken. Die Vermögensbetreuungspflicht folgt aus der Interessenwahrungspflicht (Rn 56). Es muss sich aber um eine Verletzung gerade dieser spezifischen Vermögensbetreuungspflicht handeln, was bei bloßen Vertragswidrigkeiten ausscheidet1184, etwa dem verbotswidrigen Abschluss von Eigengeschäften1185 oder der Verletzung des Konkurrenzverbotes1186. Nach Veruntreuung eingezogener Gelder ist das Delikt erfüllt1187, ggf. auch durch Unterlassen1188. Werden eingezogene Gelder lediglich nicht fristgemäß weitergeleitet, liegt zwar eine Verletzungshandlung vor, möglicherweise jedoch kein Nachteil (aber: Zinsschaden). Hier wird man auf die Zeitspanne abstellen müssen und darauf, ob der HV Anlass zur Überprüfung von Abrechnung und Weiterleitung hatte, etwa nach zweimaligem Verstreichenlassen der Abrechnungsfrist. Der Unternehmer muss sich ein eventuelles Mitverschulden gem. § 254

1179 1180 1181

1182

1183

Zum Regelungsstand vor der Schuldrechtsnovelle Martinek/Flohr § 9 Rn 44. Hopt § 85 Rn 1. Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 03.06.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 41, 43. OLG Hamm MDR 1959, 1016; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 65; Küstner in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 86 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14, 46. RGSt 71, 366; BGH, Urt. v. 29.10.1991 – 1 StR 513/91, wistra 1992, 60; Urt. v. 29.09.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74 (bei Verletzung der Pflichten aus der Verwaltung eines Konsignationslagers, wobei der BGH offen lässt, ob der normale Vermittlungsvertreter ohne Hinzutreten weiterer Umstände § 266 StGB untersteht); OLG Hamm JMBlNW 1956, 58; 1964, 1399; OLG Koblenz, Urt. v. 13.02.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (Nichtweiterleitung kassierter Gelder selbst ohne Inkassobefugnis); OLG Köln, Urt.

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1184

1185

1186 1187 1188

v. 20.06.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (Nutzung einer konkretisierten Geschäftschance des Unternehmers durch den HV für einen anderen Unternehmer); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 2; Fischer StGB, § 266 Rn 21; Perron in: Schönke/Schröder/ Lenckner § 266 Rn 25. OLG Koblenz, Urt. v. 13.02.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (780); OLG Köln, Urt. v. 20.06.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (1027); zweifelnd wohl auch BGH, Urt. v. 29.09.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74. OLG Braunschweig, Beschl. v. 17.09.1964 – Ws 76/64, NJW 1965, 1193; wohl aA Perron in: Schönke/Schröder/Lenckner § 266 Rn 25. OLG Köln, Urt. v. 20.06.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (1027). OLG Koblenz, Urt. v. 13.02.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779. Die Tat kann auch durch Unterlassen begangen werden.

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§ 86

BGB zurechnen lassen1189. Begeht der insolvente Mittler gegenüber dem Unternehmer eine Vertragsverletzung, entsteht eine Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO1190. 1. Haftung des Mittlers gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB 217 (culpa in contrahendo). Eine Haftung des HV wegen vorvertraglichen Verschuldens kommt insbesondere in folgender Konstellation in Betracht: – Mangelnde Aufklärung, etwa über Risiken des Vertrages1191. Derartige Aufklärungspflichten bestehen beispielsweise, wenn ein Wissens- oder Informationsgefälle besteht1192. 2. Haftung des Mittlers gemäß § 280 Abs.1, Abs. 3 BGB wegen Schlechterfüllung 218 vertragsbegleitender Pflichten. Dem Unternehmer kann ein Schadenersatzanspruch gegen den HV entweder nach § 280 Abs. 1 BGB oder § 280 Abs. 2 BGB1193 zustehen. Ggf. ist ein Mitverschulden des Unternehmers zu berücksichtigen1194. Eine Haftung wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten gemäß § 280 Abs. 1 (positive Forderungsverletzung) kommt in folgenden Fällen in Betracht1195: – Abschlussvertreter: Abschluss trotz bekannter Lieferschwierigkeiten des Unternehmers1196; mangelnde Rückfrage bei Risikogeschäften und fehlender Risikobereitschaft des Unternehmers – Aufbewahrungspflicht: Ihre Verletzung – Bezirksvertreter: Vernachlässigung des Bezirkes – Bonitätsprüfungspflicht: Bei Verletzung seiner Bonitätsprüfungspflicht haftet der HV1197, und zwar grundsätzlich auch für Fahrlässigkeit1198 – Berichtspflicht: Schadenersatz bei fehlenden oder mangelhaften Berichten1199 – Falschberatung des Kunden1200 – Geldanlage: Bei Unmöglichkeit der Herausgabe vereinnahmter Gelder durch den Mittler infolge der Geldanlage bei einer nicht dem Einlagesicherungsfond angehörigen Bank haftet der Mittler gem. §§ 280, 283, 667 BGB (zu einem Makler)1201 – Herausgabe von Unterlagen: Verzögerung1202 (hier ist der Unternehmer nicht auf seine Rechte aus den §§ 286 ff BGB beschränkt, denn die Rückgabepflicht ist eine Nebenpflicht1203)

1189 1190 1191

1192 1193 1194 1195

1196

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 89. Martinek/Flohr § 8 Rn 124 f; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30; zum Franchisevertrag Giesler ZIP 2002, 420 (426). Giesler ZIP 2002, 420 (426). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. Hopt § 86 Rn 47. Siehe Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 8.

1197

1198 1199

1200 1201 1202 1203

RG JW 1919, 450; OLG Düsseldorf HVR Nr. 59; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 86b Rn 1. AA Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 29. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58. BGH, Urt. v. 21.12.2005 – III ZR 9/05, VersR 2006, 360. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44.

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

– Herausgabepflicht: Beschädigung oder Zerstörung der herauszugebenden Gegenstände – Hilfspersonen: Nichteinstellung von Hilfspersonen, deren Beschäftigung der HV versprochen hatte, sofern sich ein Schaden, etwa aus entgangenem Gewinn, nachweisen lässt1204 – Informationspflichten: Verletzung. Entgangene Einnahmen werden nur ersetzt, wenn dem Nichtinformierten auf Grund der Nichtinformation oder Fehlinformation eine Einkommensposition entgangen ist1205 – Kaution: Fehlende Forderung des HV nach einer Kaution des Kunden für dessen Leistung aus dem vermittelten Geschäft, falls eine solche Kautionseinforderung im HV-Vertrag vorgesehen ist (häufig bei Stationskartenausgabe im Tankstellenbereich)1206 – Kündigung: Die unberechtigte Kündigung durch den HV bildet eine Pflichtverletzung: Nach einer solchen kann, so der BGH1207, der Unternehmer den entgangenen Gewinn in der Weise abstrakt berechnen, dass er aus den im Einzelnen aufgeführten Umsätzen in den der Kündigung vorausgehenden 18 Monaten jeweils den monatlichen Durchschnittssatz ermittelt, daraus den Umsatzausfall für den Zeitraum von der fristlosen Kündigung bis zum Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung errechnet und die vertraglich geschuldete Provision und den Warenabsatz abzieht. Im Anschluss an sein Urteil DB 2000, 9671208 bestätigte der BGH Beweiserleichterungen bei der Schadensschätzung, die sowohl Mittlern wie Unternehmern zugute kommt: Gemäß § 252 S. 2 BGB gelte der Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge als entgangen vermutet werden könne. Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, sei nicht erforderlich. Es genüge der Nachweis einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Dem Ersatzpflichtigen obliege der Beweis, dass er nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht erzielt worden wäre. Dabei dürften keine zu strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten gestellt werden. Stehe eine Schadenersatzforderung dem Grunde nach fest und sei lediglich ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln, dürfe das Gericht die Klage nicht einfach abweisen, sondern müsse prüfen, in welchem Umfang der Sachverhalt eine Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens biete. Dem Unternehmer sei eine gewisse Übergangszeit einzuräumen, in der er sich nach geeigneten Vertretern umsehen dürfe – Pflichtwidriges Unterlassen von Geschäftsabschlüssen1209. Der Unternehmer hat Anspruch auf Ersatz des ihm entgangenen Gewinns1210, falls er nachweist, dass pflichtgemäßes Verhalten zum Erfolg geführt hätte1211 – Rückzahlungen an Kunden, wenn sie vertragswidrig geschehen1212 – Schlechterfüllung oder Nichterfüllung der Haupt- oder Nebenpflichten des HV-Vertrages, insbesondere der in § 86 niedergelegten1213

1204 1205 1206 1207

1208 1209 1210

Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44c. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 44. Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. Hierzu Emde VersR 2001, 148 (165). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. BGH BB 1985, 823 (824); Urt.

520

1211 1212 1213

v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 43. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44. BGH NJW 2003, 743 (744). Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 68.

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§ 86

– Schmiergelder, Annahme oder fehlende Weiterleitung an den Unternehmer1214, auch durch den HV geleistete Bestechungsgelder1215. Insbes. schuldet der HV Ersatz, falls er bessere Geschäfte unterließ1216. Der Einwand, das Geschäft wäre ohnehin nicht anders zustande gekommen, leugnet nur den Schaden und beseitigt die Pflichtverletzung nicht1217 – Serviceleistungen/Kundendienst: Nichterbringung von im Vertragshändlervertrag versprochenen Serviceleistungen1218 – Treupflichten: Verletzung der Treupflichten durch den Vertreter1219 – Vermittelte Geschäfte: Obwohl der HV dem Unternehmer grundsätzlich nicht für Erfolg und Erfüllung des getätigten Geschäfts einzustehen hat, begründen pflichtwidrig vom HV vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte, die bei pflichtgemäßem Verhalten des HV nicht zustande gekommen wären, einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens1220 – Verzögerung und Langsamkeit bei der Tätigkeit – Verschwiegenheitspflicht: Verletzt der HV die Verschwiegenheitspflicht, so macht er sich gemäß § 280 BGB schadenersatzpflichtig, zudem gemäß § 280 Abs. 1 BGB, § 826 BGB, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder § 3 UWG – Vertragsstrafe: Haftung des HV, falls dem Unternehmer durch Verschulden des Vertreters eine Vertragsstrafe auferlegt wird1221 – Vollmacht: Geschäftsabschluss trotz fehlender Vollmacht1222 – Weisungen: Nichtbeachtung zulässiger Weisungen1223 – Werkstatttest: Besteht eine Werkstatt einen Werkstatttest nicht, sind die Kosten, die der Kfz-Lieferant infolge des Nichtbestehens des ersten Werkstatttests durch die Vertragswerkstatt für weitere Nachtests aufgewendet hat und aufwenden durfte, nach § 280 BGB erstattungsfähig1224 – Wettbewerbstätigkeit: die pflichtwidrige Wettbewerbstätigkeit des HV begründet im Falle der Kündigung durch den Unternehmer eine Schadensersatzverpflichtung nach § 89a Abs. 2, bei fehlender Kündigung gemäß § 280 Abs. 1 BGB1225; aber bei außerordentlicher Kündigung nur für Schäden bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin1226. Als Schadenersatz wird regelmäßig der Gewinn anzusetzen sein, den der Unternehmer erzielt hätte, wenn der HV nicht mit Artikeln der Konkurrenz Geschäfte

1214 1215 1216 1217 1218 1219 1220

1221 1222 1223

Hopt § 86 Rn 23. Hopt § 86 Rn 23. Hopt § 86 Rn 23. Hopt § 86 Rn 23. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, Rn 243. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43c. OLG Düsseldorf OLGR 1994, 281; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Schröder § 86 Rn 47. KG JRPrV 41, 199; Recht 1941, Nr. 43, 68; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6d, 13. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32d.

1224

1225

1226

OLG Bremen, Urt. v. 23.04.2010 – 2 U 92/09, BB 2010, 1819 (LS) m. zust. Anm. Lamberti/Ströbl. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811; Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097 unter A I 2 b; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 31.

Raimond Emde

521

§ 86a

1. Buch. Handelsstand

geführt hätte1227. Ggf. ist gemäß § 287 ZPO zu schätzen1228, uU ein Mindestschaden1229. Zudem besteht eine Auskunftspflicht des HV1230. Einzelheiten siehe oben zur Kündigung.

219

3. Haftung des Mittlers gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten. An eine Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1 BGB aufgrund der nachvertraglichen Pflichtverletzung kann ebenfalls gedacht werden. Beispiel: – Die Versendung von Schreiben an vormalige Kunden, mit denen wegen „wichtiger Vertragsinformationen“ um einen Anruf beim Mittler gebeten wird, wenn hierdurch die Kunden abgeworben werden sollen und der Eindruck hervorgerufen wird, es handele sich um ein Schreiben des vormaligen Unternehmers1231.

VII. Haftung von Dritten 220

Auch Dritte können ausnahmsweise haften. – Der Leiter einer Struktur eines HV-Vertriebs haftet den Anlegern aus § 826 BGB, sofern er ins Blaue hinein erklärt, die Anlage erfolge bei einer renommierten ausländischen Bank, die einem Einlagensicherungssystem angehöre, und er damit rechnet, dass diese Aussage an die Anleger weitergegeben wird1232 – Ausgleichsanspruch – fehlende Geltendmachung: Die Nichtgeltendmachung eines Ausgleichsanspruches nach § 89b durch einen Wettbewerber, der das anspruchsberechtigte Autohaus übernimmt, kann ein zum Schadenersatz verpflichtender existenzvernichtender Eingriff in den Betrieb des Autohauses sein, der zur unbegrenzten Haftung des Gesellschafters des Unternehmers verpflichtet1233. Es gibt also eine schadensersatzrechtlich sanktionierte Pflicht zur Geltendmachung des Ausgleichs, die allerdings auch aus dem Haupt- und Untervertreterverhältnis bekannt ist.

§ 86a Pflichten des Unternehmers (1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen. (2) 1Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. 2Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nicht1227 1228 1229 1230

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811. BGH, Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43.

522

1231 1232 1233

LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. OLG Celle, Urt. v. 15.12.2005 – 11 U 107/05, OLGR 2006, 209. BGH, Urt. v. 13.12.2004 – II ZR 206/02, GmbHR 2005, 225 mit Komm. Schröder.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86a

ausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. 3Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte. (3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Schrifttum V. Brunn Unzulässige Verhandlungen über die Nachfolge eines Handelsvertreters vor Kündigung seines Vertrags, DB 1964, 1841; Fruhmann Dispositionsfreiheit des Unternehmers gegenüber seinem Vertragshändler – nur ein Lippenbekenntnis?, MDR 1995, 433; Höft Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters und geschäftliche Dispositionsfreiheit des vertretenen Unternehmers, VersR 1969, 875; Hopt Moderne Vertriebsformen und Einzelheiten ihrer handelsrechtlichen Zulässigkeit, ZIP 1996, 1809; ders. Wettbewerbsfreiheit und Treuepflicht des Unternehmers bei parallelen Vertriebsformen, ZIP 1996, 1533; Küstner Verstoßen „Rennlisten“ gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, BB 1984, 1906; Matthiessen Arbeits- und handelsvertreterrechtliche Ansätze eines Franchisenehmerschutzes, ZIP 1988, 1089; Schriefers Lagerrücknahme bei Vertragsbeendigung des Händlervertrags, BB 1992, 2158; Thume Die Musterkollektion des Handelsvertreters, BB 1995, 1913; Steindorff Vereitelte Ansprüche und Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters, ZHR 130 (1968), 82.

Übersicht Rn A. Gesetzgebungsgeschichte

. . . . . . .

1

B. Europarechtliche Präformation . . . .

2

C. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . D. Unterteilung der Pflichten des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . . . E. Aktiv- und Passivlegitimation . . . . . I. Handelsvertreter . . . . . . . . II. Handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler . . . . . . . . . . . F. Zeitdauer und Fälligkeit . . . . . I. Vertragsbegleitende Pflichten II. Vor- und nachvertragliche Pflichten . . . . . . . . . . III. Vorvertragliche Pflichten . . IV. Nachvertragliche Pflichten . G. Die in § 86a nicht ausdrücklich geregelten Nebenpflichten des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . . I. Treu-, Loyalitäts- und Unterstützungspflicht . . . . . . . 1. Herleitung . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen . . . . . . . II. Rücksichtnahmepflicht . . . 1. Einleitung . . . . . . . . 2. Kasuistik . . . . . . . . . 3. Beweislast . . . . . . . . III. Belieferungspflicht des Unternehmers . . . . . . . . . . . IV. Gleichbehandlungspflicht . .

3–4 5–12 13–15 13 14–15

. . . .

16–21 16

. . . . . .

17 18–20 21

. .

22–43

. . . . . . . .

. . . . . . . .

23–28 23–24 25–27 28 29–33 29 30–32 33

. . . .

34–35 36–40

Rn V. Organisationspflicht des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . H. Dispositionsfreiheit des Unternehmers I. Einleitung . . . . . . . . . . . . II. Willkür . . . . . . . . . . . . . III. Objektiver Maßstab . . . . . . . IV. Steigende Schutzpflichten je nach Gefährdung des Mittlers . . . . V. Kündigung vor Umsetzung der Dispositionsmaßnahme? . . . . VI. Rechtzeitige Information des Mittlers . . . . . . . . . . . . . VII. Abwägungsgebot . . . . . . . . VIII. Kasuistik . . . . . . . . . . . . IX. Rechtsfolgen von Dispositionsmängeln . . . . . . . . . . . . . X. Vertragliche Erweiterung des Dispositionsrechts . . . . . . . . XI. Vertragliche Beschränkung des Dispositionsrechts . . . . . . . . I. Die in § 86a besonders geregelten Nebenpflichten . . . . . . . . . . . . I. Zeitdauer und Fälligkeit . . . . . II. Zu den einzelnen Pflichten des § 86a: . . . . . . . . . . . . . . 1. Überlassung von Unterlagen (§ 86a Abs. 1) . . . . . . . . a) Unterlagen . . . . . . . . b) Erforderlichkeit . . . . . . c) Beispiele . . . . . . . . . . d) Fälligkeit . . . . . . . . . e) Kosten . . . . . . . . . . f) Eigentum an den Hilfsmitteln

Raimond Emde

41–43 44–64 44–52 53 54–55 56 57 58 59 60–61 62 63 64 65–115 68–71 72–115 72–87 72 73 74–76 77 78 79

523

§ 86a

1. Buch. Handelsstand Rn

2.

3.

4.

5.

g) Pflicht zur sorgsamen Verwahrung . . . . . . . . . h) Herausgabepflicht . . . . . i) Erfüllungsort . . . . . . . j) Haftung des HV . . . . . . k) Haftung des Unternehmers l) Rückkauf nach Vertragsende m)Beweislast . . . . . . . . . § 86a Abs. 2: Informationspflicht des Unternehmers . . . a) Allgemeines . . . . . . . . b) Allgemeine Informationspflicht . . . . . . . . . . . c) Zweck . . . . . . . . . . . d) Zeitlicher Umfang und Fälligkeit . . . . . . . . . e) Sachlicher Umfang der Informationspflicht . . . . f) Vertragliche Erweiterung der Informationspflichten . Mitteilung der Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts (§ 86a Abs. 2 S. 2, 1. Hs) . . a) Aktivlegitimation . . . . . b) Zweck . . . . . . . . . . . c) Inhalt . . . . . . . . . . . d) Zeitpunkt der Information Mitteilung der Nichtausführung abgeschlossener Geschäfte (§ 86a Abs. 2 S. 2, 2. Hs) . . a) Zweck . . . . . . . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . Unterrichtung über Abschlussbeschränkungen (§ 86a Abs. 2 S. 3) . . . . . . . . . . . . . a) Zweck . . . . . . . . . . . b) Inhalt . . . . . . . . . . . c) Fälligkeit . . . . . . . . .

80 81 82 83 84–85 86 87

121

O. Durchgriffserwägungen zu Lasten des Unternehmers . . . . . . . . . . . . . 122–125 P. Pflichten des Unternehmers im Verhältnis zu Dritten . . . . . . . . . . .

126

Q. Abs. 3: Zwingende Natur . . . . . . .

127

88–100 89–90

R. Rechtsfolgen der Verletzung der Unternehmerpflichten . . . . . . . . .

128

91 92

S. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Vertriebsmittler . . . . . . . I. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß §§ 280 I, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) . . . . . . . . . . II. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler nach § 280 Abs. 1, 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten (Positive Forderungsverletzung) . . . . . . . . . . . III. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß § 280 I BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten . . . . . . . . . . . . IV. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus Delikt V. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus anderem Rechtsgrund . . . . . . VI. Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . 1. Haftung wegen eigener Rechtspflichtverletzung . . . 2. Haftung wegen zugerechneter Pflichtverletzung des Mittlers 3. Fehlende Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten . . VII. Haftung von Dritten . . . . . . VIII. Beweislast in Haftungstatbeständen . . . . . . . . . . . .

93 94–99 100

101–108 102 103–105 106–107 108

109–111 110 111

112–115 113 114 115

J. Erfüllungsort und Kosten . . . . . . .

Rn N. Erfüllungsort der Unternehmerpflichten . . . . . . . . . . . . . .

116

K. Rechtsfolgen der Verletzung der Informationspflichten des § 86a Abs. 2 117–118 L. Informationserteilung an Dritte, AVAD

119

M. Vertragliche Erweiterung der Nebenpflichten des Unternehmers . . . . . .

120

129

130

131–132

133 134

135–136 137–141 138 139–140 141 142 143

A. Gesetzgebungsgeschichte 1

§ 86a in seiner heutigen Form beruht auf der Novelle 1989. Sie fügte in Abs. 2 S. 2 die Worte „und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts“ sowie in Abs. 2 S. 3 „unverzüglich“ ein. An die Stelle der früheren Fassung in Abs. 2 S. 3 „als nach den Umständen zu erwarten ist“ trat die Formulierung „als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte“. Abs. 3 wurde neu in das Gesetz aufgenommen. Zuvor war gemäß dem letzten S. des Abs. 2 nur der Anspruch nach Abs. 2 S. 3 unabdingbar. Die Neufassung gilt gem. Art. 29 EGHGB ab dem 01.01.1990 für danach geschlossene und seit dem 01.01.1994 für sämtliche Verträge.

524

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86a

B. Europarechtliche Präformation § 86a dient der Umsetzung der Art. 4 und 5 HV-RL. Gemäß Art. 4 Abs. 1 HV-RL hat 2 sich der Unternehmer als allgemeiner Rahmen1 seiner Verhaltenspflicht gegenüber dem HV zwingend entsprechend den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten. Nach Art. 4 Abs. 2 HV-RL hat der Unternehmer dem HV die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, welche sich auf die betreffenden Waren beziehen. Er muss zudem die für die Ausführung des HV-Vertrages erforderlichen Informationen geben und den HV binnen angemessener Frist benachrichtigen, sobald er absieht, dass der Umfang der Geschäfte erheblich geringer sein wird, als der HV normalerweise erwarten darf. Gemäß Art. 4 Abs. 3 HV-RL muss der Unternehmer dem HV binnen angemessener Frist von der Annahme oder Ablehnung und der Nichtausführung der vom HV vermittelten Geschäfte Kenntnis geben. Art. 5 HV-RL bestimmt die zwingende Natur des Art. 4 HV-RL: Die Parteien dürfen keine Vereinbarung treffen, welche von Art. 4 HV-RL abweicht. Nicht anders als in § 86 wurde der Hinweis auf Treu und Glauben nicht in das HGB übernommen, weil er sich aus § 242 BGB ergibt2. Dies ist hinnehmbar. Allerdings können Fragen der Ausübung dieser Treupflicht, da auf der RL beruhend, gem. Art. 267 AEUV dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt werden3. Die deutsche Regelung zu den Unterlagen sowie zur Informationspflicht ist etwas detaillierter als die HV-RL. Auch dies ist akzeptabel. In § 86a Abs. 2 S. 3 wurde Art. 4 Abs. 2 lit. b HV-RL umgesetzt, derzufolge der Unternehmer den HV zu unterrichten hat, wenn der Umfang eines Geschäfts voraussichtlich erheblich geringer wird als dies der HV normalerweise hätte erwarten können. Damit wurde ein subjektiver Maßstab im Gegensatz zu dem früher geltenden, objektiven eingeführt4. Der HV erhält damit die Informationen, die er nach früherem Recht nur über den Buchauszug nach § 87c Abs. 2 hätte erwarten können5.

C. Einleitung Das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV ist auf Vertrauen und Zusammen- 3 arbeit aufgebaut. Den wegen der vertragsprägenden Leistung des HV in der §§-Folge vorangestellten und damit hervorgehobenen Pflichten des HV (§ 86) entsprechen solche des Unternehmers. So wenig wie diejenigen des HV, lassen sich die Pflichten des Unternehmers in einem gesetzlichen Katalog erschöpfend aufzählen6. Auch § 86a ist hier nur Ansatz und Ausschnitt. Die Tätigkeitspflicht des HV hat ihre Entsprechung in der Pflicht des Unternehmers, das Tätigwerden des HV nach Kräften zu fördern. Insoweit und auch in Bezug auf die hier gleichermaßen für den Unternehmer bestehende Treue-7 und Loyalitätspflicht – sie ist allerdings weniger ausgeprägt als die Interessenwahrungspflicht des HV8 – ist kaum etwas problematisch. Das eigentliche Problem liegt dort, wo das Unternehmerinteresse und die Interessen des HV in Widerstreit geraten können: in der Frage, wie weit der Unternehmer in seinen unternehmerischen Dispositionen durch Rücksichtnahme auf Provisionschancen des HV gebunden sein kann. Gerade diesen Fragenkreis 1

2 3

Hopt § 86a Rn 1: Wegen dieser bloßen Rahmenordnung sind nicht die gesamten Regeln des HGB über die Unternehmerpflichten als Umsetzung des Art. 4 Abs. 1 RL anzusehen, siehe Hopt a.a.O. BT-Drucks. 11/3077, S. 7. Hopt § 86a Rn 1.

4 5 6 7 8

Ebenroth/Hakenberg § 86a Rn 43. Ebenroth/Hakenberg § 86a Rn 43. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1. BGH, Urt. v. 25.04.1960 – II ZR 130/58, BB 1960, 605, 606. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 2.

Raimond Emde

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§ 86a

1. Buch. Handelsstand

beschneidet das Gesetz nicht. Es geht zwar allgemein von der in Abs. 2 S. 2 und 3 nur unvollkommen umschriebenen9 Pflicht des Unternehmers zur gebührenden Berücksichtigung der Interessen des HV aus (Rücksichtnahmepflicht), ohne welche die Pflichten des HV, die Interessen des Unternehmers zu wahren (u.U. sogar unter Hintansetzung der eigenen Interessen zu wahren), der rechtfertigenden Ausgewogenheit entbehrten. Sie fordert vom Unternehmer, den HV vor Schäden zu bewahren10. Aber gerade in dem Urteil über die „gebührende“ Rücksichtnahme liegt die besondere Schwierigkeit, welche nicht zuletzt über das Tatbestandsmerkmal der Billigkeit auch auf die Bemessung des Ausgleichs nach § 89b ausstrahlt11. Betrachtet man die Literatur zum HV-Recht, legt der Vergleich des Umfangs ihrer 4 Ausführungen zu den Nebenpflichten des HV und des Unternehmers (auch in diesem Werk) nahe, die Nebenpflichten des HV seien zahlreicher als jene des Unternehmers. Das entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Ihren Grund hat die ausdifferenziertere Literatur zu den Nebenpflichten des HV vorwiegend in dem Umstand, dass mit Unternehmern häufiger über deren Hauptpflichten (Provision, Ausgleich unter Einschluss der Kontrollrechte als Hilfsrechte), mit den Vertretern dagegen eher über eine Verletzung ihrer Nebenpflichten, meist in Zusammenhang mit Auseinandersetzungen über die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung, gestritten wird. Seine Ursache hat dieser Umstand darin, dass Unternehmer, soll der Vertretervertrag beendet werden, zur Vermeidung einer Ausgleichszahlung nach wichtigen Gründen für eine außerordentliche Kündigung wegen schuldhaften Verhaltens des Vertreters suchen. Jene „finden“ sich dann in einer angeblichen Verletzung von Nebenpflichten und diese Fälle stehen im Fokus von Literatur und Rechtsprechung. Das reichert sowohl Literatur und Rechtsprechung zu den Nebenpflichten der HV ungemein an, was sich in der Relation in einer geringeren Erfassung des Rechtsgebietes der Nebenpflichten des Unternehmers äußert.

D. Unterteilung der Pflichten des Unternehmers 5

Wie die Pflichten des HV werden auch die des Unternehmers in gesetzliche und vertragliche und innerhalb dieser Untergruppen in Haupt- und Nebenpflichten unterteilt. Gesetzliche Hauptpflichten des Unternehmers sind: 6 • Die Provisionszahlungspflicht (§§ 87 ff)12 • Die Ausgleichspflicht (§ 89b)13. Gesetzliche Nebenpflichten des Unternehmers sind etwa: 7 • Treuepflicht14 • Auskunftspflicht15 • Überlassungspflicht • Informations- und Mitteilungspflicht 9 10

11

Hopt § 86a Rn 1. BGH, Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96, BGHZ 136, 295; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 17, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17, 46; Schröder § 86a Rn 1. Siehe Steindorff ZHR 1930 (1967) S. 88 ff.

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12 13 14 15

Westphal I Rn 369. Westphal I Rn 369. BGH, Urt. v. 25.04.1960 – II ZR 130/58, BB 1960, 605 (606). Martinek/Flohr § 8 Rn 124; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 2; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 1.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86a

• Allgemeine Unterstützungspflicht – Förderpflicht • Rücksichtnahmepflicht • Verschwiegenheitspflicht. Eine Fürsorge- oder Beschäftigungspflicht des Unternehmers i.S.d. Arbeitsrechts besteht nicht16. In § 86a, der in nichtamtlicher Fassung die Überschrift „Pflichten des Unternehmers“ trägt, werden nur diese Nebenpflichten geregelt17. Oberster Grundsatz der Zusammenarbeit im HV-Vertrag ist die Pflicht, sich so zu verhalten, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit beider Parteien gewährleistet ist und dem HV die Ausübung seiner Tätigkeit entsprechend den übernommenen Verpflichtungen möglich wird. Haupt- und Nebenpflichten des Unternehmers können weitgehend frei vereinbart werden. Das Leistungs-Gegenleistungsverhältnis soll so weit als vertretbar der Parteidisposition unterliegen. Einschränkungen ergeben sich auch hier aus den allgemeinen Grenzen (§§ 134, 138, 242 BGB), weiter aus § 307 BGB (Vor § 84 Rn 36 ff). So kann sich der Unternehmer beispielsweise verpflichten, folgende Haupt- oder Nebenpflichten zu erfüllen: • Einrichtung eines Büros- oder einer Betriebsstätte für den HV • Zahlung einer Fixprovision • Gewährung eines Dienstwagens, etc. • Schulung des Personals des HV18 • Werbung für das Produkt oder den Vertriebsmittler19 • Ausstellung der Vertragsprodukte auf Messen20 • Belieferung des Vertreters mit Ersatzteilen21. Die Provisions- (§§ 87 ff), Ausgleichs- (§ 89b) und Auskunftspflicht (§ 87c) des Unternehmers wurden wegen ihrer hervorgehobenen Bedeutung in eigenen §§ geregelt. In § 86a werden weitere, nicht gesondert normierte gesetzliche Nebenpflichten des Unternehmers angesprochen, die hervorgehoben werden sollten22. Wegen der Paarbildung zu § 86 geschah dies bemerkenswerter weise vor den Vorschriften zu den Hauptpflichten des Unternehmers. Sämtliche dem Unternehmer obliegende Nebenpflichten hat der Unternehmer mit der üblichen Sorgfalt, als Kaufmann mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 Abs. 1), zu erfüllen23. Sie sind einklagbar und können ggf. – sofern es sich nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt – im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden24. Der HV ist im Falle einer Verletzung durch den Unternehmer nicht auf Schadenersatzansprüche beschränkt.

16 17 18 19 20

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 2; Schröder § 86a Rn 1 und 22. Hopt § 86a Rn 1. Westphal I Rn 371. Westphal I Rn 371. Westphal I Rn 371.

21 22 23 24

Westphal I Rn 371. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 40. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37.

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11

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§ 86a

1. Buch. Handelsstand

E. Aktiv- und Passivlegitimation I. Handelsvertreter 13

Aktivlegitimiert ist der HV. Damit gilt § 86a auch für Hauptvertreter im Verhältnis zu ihren Untervertretern. Passivlegitimiert ist der Unternehmer. Wie allgemein ist auch hier die Rechtsform oder der rechtstatsächliche Auftritt der Parteien grundsätzlich unerheblich. Die Nebenpflichten bilden regelmäßig keine höchstpersönlichen Pflichten. Der Unternehmer darf sie auch durch Dritte erfüllen25. So kann der Unternehmer etwa eine Gesellschaft gründen, deren einziger Zweck darin besteht, den Vertretern die zur Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben benötigten Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen26.

II. Handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler Auf sie findet die Förderpflicht des Unternehmers, die allgemeine Informationspflicht des Abs. 2 S. 1 sowie Abs. 2 S. 3 entsprechende Anwendung, etwa auf Vertragshändler27, Kommissionsagenten28 oder Franchisenehmer beim Subordinationsfranchising29. Zudem hat der Unternehmer einem solchen Vertriebsmittler die produktspezifischen Unterlagen des Abs. 1 zu übergeben, soweit sich nicht ausnahmsweise aus den Besonderheiten der jeweiligen Vertragsverbindung etwas Abweichendes ergibt und die Bereitstellung von Unterlagen nicht erwartet werden kann. Generell ist es einem Vertragshändler eher als einem HV zuzumuten, eigene Werbeunterlagen zu fertigen. Deshalb wird hier zum Teil die analoge Anwendung der Überlassungspflicht von Unterlagen abgelehnt, da der Händler die Vertragsware anders als der HV nicht erwirbt30. Der Händler werde abweichend vom HV Eigentümer der Ware; er müsse daher die den Warenabsatz unterstützenden Unterlagen erwerben. Diese Ansicht unterscheidet zu wenig zwischen dem Vertriebsvertrag und dem einzelnen Kaufvertrag. Die Überlassungspflicht hinsichtlich der Unterlagen ergibt sich aus dem vertriebsrechtlichen Rahmenvertrag und der Absatzförderungspflicht, die HV und Vertragshändler teilen. Im Franchiserecht ergibt sich meist aus der Einbindung in das Vertriebssystem des 15 Unternehmers, dass allein die Unterlagen des Unternehmers Verwendung finden dürfen. Häufig wird vereinbart, dass der Mittler lediglich die vom Unternehmer übermittelten Werbemittel nutzen darf. Nur Abs. 2 S. 2 hat im Recht der Vertragshändler und Franchisenehmer keinen Anwendungsbereich, weil sie die Geschäfte selbst schließen und damit der dort geregelten Information nicht bedürfen. Soweit die in § 86a bestimmten Pflichten analoge Anwendung finden, gilt gleiches für die zwingende Natur gem. Abs. 3.

14

25 26 27

28

Zur Überlassungspflicht nach § 86a: Küstner/Thume I Rn 609. Küstner/Thume I Rn 609. BGH BB 1957, 452; BGH NJW 1958, 1138; BGH EBE 1997, 290 (292); Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 39. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1.

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30

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1; eingeschränkt Matthiessen ZIP 1988, 1089 (1095). Westphal II Rn 538; Küstner/Thume III Rn 1307.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86a

F. Zeitdauer und Fälligkeit I. Vertragsbegleitende Pflichten Sämtliche Nebenpflichten bestehen vertragsbegleitend während der gesamten Vertrags- 16 dauer, also auch in der Zeit zwischen Kündigung und Vertragsende31. Sie werden fällig, sobald nach Vertrag oder Verkehrsanschauung objektiv mit ihrer Erfüllung zu rechnen ist. Nach Fälligkeit sind die Nebenpflichten unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern im Sinne des § 121 Abs. 1 S. 1 BGB, zu erfüllen. § 86a Abs. 2 S. 2 ist insoweit Ausdruck einer allgemeinen Regel.

II. Vor- und nachvertragliche Pflichten Die in § 86a geregelten Nebenpflichten sind Vertragspflichten. Sie bestehen daher ver- 17 tragsbegleitend. Dies bedeutet jedoch nicht, dass vor- und nachvertragliche Pflichten des Unternehmers nicht existieren. Zu denken ist in erster Linie an Schutzpflichten, wobei auch hier Informationspflichten im Vordergrund stehen.

III. Vorvertragliche Pflichten Vorvertragliche Nebenpflichten gewinnen vor allem als Treu- und Rücksichtnahme- 18 pflichten Bedeutung. Vorvertraglich oder bei nichtigem32 und noch nicht durchgeführten Vertrag (Nichtigkeit tritt nur ex nunc ein, siehe § 84 Rn 90) bestehen deshalb Schutzpflichten des Unternehmers, deren Verletzung zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 BGB) führen. Der Unternehmer hat bereits vor Vertragsschluss vermeidbaren Schaden vom HV abzuwenden. Folgende Ausprägungen dieser vorvertraglichen Schutzpflicht sind hervorzuheben: Ihren wichtigsten Anwendungsfall hat die Schutzpflicht in der Pflicht zur vorvertrag- 19 lichen Information33 (zu den Aufklärungspflichten des Franchisegebers Vor § 84 Rn 409 ff). In der Sache geht es um eine Verletzung der Aufklärungspflicht bzw. der Wahrheitspflicht34, wobei die Verletzung der Aufklärungspflicht von aktiven Täuschungshandlungen zu separieren ist35. Der (prospektive) Vertragspartner trägt zwar im Zweifel das wirtschaftliche Risiko des Vertrages36, ist aber vor Vertragsschluss über alle entscheidungserheblichen Umstände zu informieren. Die Informationspflicht des § 86a Abs. 2 besteht nur vertragsbegleitend. Der HV darf aber auch fordern, vor Vertragsschluss ungefragt über alle für ihn zu diesem Zeitpunkt wesentlichen Punkte wahrheitsgemäß sowie vollständig unterrichtet zu werden37. Insbesondere sind alle Umstände unaufgefordert zu offenbaren, die für die Entscheidung des HV, den Vertrag abzuschließen, erkennbar von Bedeutung sind38. Ihm offensichtlichen Fehlvorstellungen hat der Unternehmer entgegen-

31 32 33 34 35 36

Küstner/Thume I Rn 610. Hopt § 86a Rn 2. Hopt § 86a Rn 2. Schipper NJW 2007, 734. Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099. Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 46; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 7. OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; ebenso zum Franchise-Vertrag OLG München BB 1988, 865; Schipper NJW 2007, 734 (735).

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wirken. Der HV muss abschätzen können, ob sich seine Tätigkeit lohnen wird39. Falsch ist es zu sagen, solange der Unternehmer nichts in sittenwidriger Weise verschweige, brauche er von sich aus Nachteiliges nicht zu offenbaren oder vorzeitig über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens Aufschluss zu geben40. Wird dem HV zugesichert, ein guter Kundenstamm sei vorhanden, so haftet der Unternehmer aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Schadenersatz, wenn sich die später übergebene Kundenliste mit 13 Namen bis auf einen Kunden als wertlos erweist41. Zudem liegt nach Ansicht des OLG Nürnberg42 ein gemäß § 826 BGB zur Schadenersatzpflicht führender Verstoß gegen die guten Sitten vor. Es sei dem HV nicht zuzumuten, dass er sich auf die HV-Tätigkeit im Vertrauen auf den ihm zugesicherten Kundenstamm einlasse, falls ein solcher tatsächlich fehle. Die Einschätzung der Erfolgsaussichten nach wahrheitsgemäßer und vollständiger Aufklärung ist Sache des Mittlers43. Er darf nicht blind auf unglaubwürdige Informationen des Unternehmers vertrauen44. Konkrete Prognosen darf der Unternehmer nur nach sorgfältiger Prüfung abgeben45. Dabei müssen eventuelle Risiken mit berücksichtigt und auch offenbart werden. Ohne Daten kann keine zuverlässige Prognose aufgestellt werden46. Daraus folgt, dass ein Unternehmer bei Vorlage einer Prognose zugleich konkludent erklärt, jene sei sorgfältig erstellt worden47, es sei denn, das Gegenteil ist offensichtlich. Über dem Unternehmer unbekannte Umstände muss er nicht aufklären48, außer ihm sollte sich eine Untersuchung aufdrängen. Im Zweifel ist auf die unsichere Tatsachengrundlage hinzuweisen. Beispiele: 20 – Der Unternehmer muss den HV über den ihm nicht bekannten Einsatz anderer HV in seinem Gebiet aufklären49. – Er hat den HV über die maßgeblichen Tätigkeitsbedingungen aufzuklären50. – Der Unternehmer darf dem HV nicht zusichern, er werde in dem in Aussicht genommenen Gebiet als alleiniger HV tätig sein, wenn bereits ein anderer HV dort aktiv ist oder tätig werden soll51. – Der Unternehmer hat den HV auf eine in naher Zukunft beabsichtigte Betriebstilllegung52 oder andere wesentliche Änderungen, etwa hinsichtlich Sortiment und Preisgestaltung53, hinzuweisen. – Es hat eine Aufklärung über dem HV unbekannte Risiken der Vertretung zu geschehen54.

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OLG Nürnberg BB 1956, 352 = HVR Nr. 153; Schipper NJW 2007, 734. So aber Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 19; Schröder § 86a Rn 23c. OLG Nürnberg BB 1956, 352 = HVR Nr. 153. BB 1956, 352 = HVR Nr. 153. OLG Frankfurt DB 1979, 1178. Hopt § 86a Rn 2. LG Hamburg, Urt. v. 14.04.2004 – 418 O 52/01, unveröffentlicht, bestätigt durch OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2004, 6 U 96/04, unveröffentlicht, zitiert nach Schipper NJW 2007, 734; Hopt § 86a Rn 2. LG Hamburg, Urt. v. 14.04.2004 – 418 O

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52/01, unveröffentlicht, bestätigt durch OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2004, 6 U 96/04, unveröffentlicht, zitiert nach Schipper NJW 2007, 734. Schipper NJW 2007, 734 (735). Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3102). OLG Nürnberg BB 1956, 352; Hopt § 86a Rn 2. Hopt § 86a Rn 2. Hopt § 86a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b. Hopt § 86a Rn 2. Hopt § 86a Rn 2.

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– Es muss eine Information über das Auslaufen eines bedeutsamen Lizenzvertrages erfolgen, soweit dies eine für den Vertrieb wichtige Information darstellt55. – Auf geplante Umstellungen im Sortiment und in der Preisgestaltung ist hinzuweisen56. – Der Unternehmer hat von sich aus mitzuteilen, dass er seinen Betrieb veräußern will57. – Über die für das übergebene Vertriebsrecht relevante eigene wirtschaftliche Lage muss der Unternehmer aufklären58. Das gilt insbesondere, falls der Interessent eine gewinnbringende Tätigkeit aufgeben muss, um für den Unternehmer tätig zu werden59.

IV. Nachvertragliche Pflichten Selbst nachvertraglich bestehen fortwirkende Treupflichten aus dem beendeten HV- 21 Vertrag, insbesondere Rücksichtnahmepflichten. Sie verpflichten den Unternehmer, auch nachvertraglich vermeidbaren Schaden vom HV abzuwenden, sofern dies unschwer möglich ist. Die entsprechende Pflicht reduziert sich allerdings mit zunehmendem Abstand vom Vertragsende. Bedeutsam ist auch hier die Informationspflicht. Der Unternehmer hat den Vertreter nachvertraglich über Umstände zu informieren, die für den Vertreter erheblich sein können. Es ist daher insbesondere eine nachvertragliche Informationspflicht über solche Angelegenheiten anzunehmen, deren Kenntnis Schaden vermeiden kann, sofern die Information dem Unternehmer zumutbar ist und sie ohne Schwierigkeiten gegeben werden kann. Unzumutbar ist die Informationserteilung, wenn sich die Parteien nachvertraglich als Wettbewerber gegenüberstehen und es sich um Auskünfte handelt, die unter Wettbewerbern üblicherweise nicht erteilt werden. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an und auf die Schwere des möglicherweise drohenden Schadens. Beispiele nachvertraglicher Pflichten sind: – die Pflicht, nachvertraglich eine ungebührliche Behinderung des HV in seiner neuen Tätigkeit zu unterlassen60. Behindern darf der Unternehmer den HV nur, soweit dies wettbewerbsüblich ist61. – den Mittler nachvertraglich über drohende Schäden zu informieren.

G. Die in § 86a nicht ausdrücklich geregelten Nebenpflichten des Unternehmers Die einzelnen Nebenpflichten des Unternehmers werden in § 86a nur unvollkommen 22 geregelt. Die dort niedergelegten Pflichten bedürfen der Ergänzung durch allgemeine Regeln und der an anderer Stelle bestimmten Pflichten.

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OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; Schipper NJW 2007, 734 (735); Hopt § 86a Rn 2. OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; ebenso zum Franchise-Vertrag OLG München BB 1988, 865; Schipper NJW 2007, 734 (735). Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b; Schipper NJW 2007, 734 (735).

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Schipper NJW 2007, 734 (735). Schipper NJW 2007, 734 (735). Hopt § 86a Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 17; Hopt § 86a Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 46.

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I. Treu-, Loyalitäts- und Unterstützungspflicht 23

1. Herleitung. Die wichtigste Nebenpflicht des Unternehmers ist dessen in Abs. 1 sowie Abs. 2 S. 1 geregelte Treu-, Loyalitäts- und Unterstützungspflicht. Sie wird auch als Förderpflicht benannt und bezeichnet die Pflicht, die Arbeit des HV oder jedes anderen Vertriebsmittlers, etwa Vertragshändler62 oder Franchisenehmer, auch ohne dahingehende vertragliche Abrede im Rahmen des branchenüblichen zu unterstützen und nach Möglichkeit zu fördern63 bzw. von seinen vertraglichen Möglichkeiten und Rechten loyal unter Beachtung der Belange des HV Gebrauch zu machen64. Sie steht nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Vermittlungstätigkeit des HV65. Die Förderpflicht setzt die aus Art. 4 Abs. 1 HV-Richtlinie sowie § 242 BGB hergeleitete Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers um. Der Umstand, dass der HV in die Vertriebsorganisation des Unternehmers eingebunden ist und daher seine Tätigkeiten und das investierte Kapital den Interessen des Unternehmers unterzuordnen hat, verpflichtet den Unternehmer im Gegenzug dazu, den schutzwürdigen Belangen des HV im besonderen Maße Rechnung zu tragen und dessen Interessen nicht ohne begründeten Anlass zuwiderhandeln66, auch im Verhältnis zu den nicht alleinvertriebsberechtigten Vertragshändler67. Die Treupflicht bildet das Korrelat zur Interessenwahrungs- und Absatzförderungspflicht des HV. Dessen Bemühen, die Vertragsware bestmöglich und nach den Weisungen des Unternehmers zu vermitteln, steht die Pflicht des Unternehmers gegenüber, die Position des HV zu fördern und alles zu unterlassen, was ihm schaden könnte. Der HV hat gegen den Unternehmer keinen Anspruch auf „Beschäftigung“ – eine Fürsorge-68 oder Beschäftigungspflicht69 des Unternehmers i.S.d. Arbeitsrechts besteht also nicht –, sondern dahin, dass der Unternehmer ihn fördert und nicht behindert70. Besonders die Rücksichtnahmepflicht schränkt die Dispositions- und Entschließungsfreiheit des Unternehmers (Rn 44 ff) ein. Der Vertriebsvertrag ist ein unabdingbar durch gegenseitiges Vertrauen geprägtes Dauerschuldverhältnis mit beidseitigen Treupflichten71. Die Treupflicht des Unternehmers wurde in den §§ 84 ff nicht ausdrücklich geregelt, wird von ihnen aber vorausgesetzt und findet in § 86a Abs. 1 und 2 sowie § 242 BGB ihre Ausprägung72. Gleichwohl ist die Förderungspflicht nur in ihrer in § 86a genannten Ausprägung nach Abs. 3 zwingend und kann daher mangels Normierung in § 86a erweitert73 und innerhalb der Grenzen

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110) – Kfz-Zweiräder; OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262) – BMW-Vertragshändler. OLG München MDR 1958, 105; KG BB 1969, 1062; LAG Hamm, Urt. v. 03.02.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 17; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 27; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 2; Schröder § 86a Rn 14b. Missverständlich Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 –

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VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110); OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1; aA OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 iSe Schädigungsverbots. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 2. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22. BGH NJW 1985, 623 (625); 1060 (1061); NJW-RR 1993, 678 (681); Manderla in: Martinek/Semler/Habermeier, § 18 Rn 16 (zum Vertragshändlerrecht); Ebenroth/ § 86 Rn 1. Hopt § 86a Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 13.

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der §§ 138, 307 BGB auch eingeschränkt werden. Dies entspricht dem gesetzlichen Regelungstypus, der die einem langfristigen Austauschvertrag immanenten Treupflichten grundsätzlich nicht ausdrücklich ausspricht. Die Treupflicht wird meist in separate Pflichten, Treu- oder Loyalitätspflicht, Unter- 24 stützungspflicht sowie Rücksichtnahmepflicht unterteilt74. Das ist nicht zwingend, weil es sich in der Sache um eine einheitliche Pflicht handelt, die sich kaum randscharf separieren lässt. 2. Inhalt. Es handelt sich bei der Treupflicht um eine über § 242 BGB und die Treu- 25 pflichten in längeren Austauschverträgen hinausgehende Fürsorgepflicht75, die sich ebenso wie beim Schädigungsverbot76 oft als Unterlassungspflicht ausprägt. Sie gebietet dem Unternehmer im Rahmen des Branchenüblichen alles zu tun, was nach Treu und Glauben erforderlich und zumutbar ist, damit der HV den ihm gestellten Aufgaben und Pflichten gerecht werden kann, also etwa die für die Vermittlung erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen77 (Leistungsgebot). Zudem hat der Unternehmer alles zu unterlassen, was die Zusammenarbeit beeinträchtigen und den HV benachteiligen oder schädigen könnte78 (Unterlassungspflicht, meist in Form der Rücksichtnahmepflicht). In welchem Maße aufgrund der besonderen Treuepflicht auf die Interessen der Mittler Rücksicht zu nehmen ist, hängt entscheidend davon ab, welchen Pflichten und Beschränkungen der Hersteller die Mittler in seinem Vertriebsinteresse unterworfen hat. Je mehr die Mittler sich in die Vertriebsorganisation eingliedern und diese durch den Einsatz von Kapital und Personal unterstützen müssen, umso mehr Rücksicht auf ihre legitimen Marktinteressen dürfen sie erwarten79. Ausdruck der Förderpflicht ist etwa die Verpflichtung des Unternehmers, den Mittler über das Produkt zu informieren und ihn diesbetreffend zu schulen. Für den Bereich des Kfz-Vertragshändlerechts entschied das OLG München80, den 26 Hersteller BMW treffe eine gesteigerte Treupflicht gegenüber seinen Händlern. Der Umstand, dass der Händler nicht nur seine Tätigkeit, sondern auch seinen Geschäftsbetrieb und das von ihm investierte Kapital weitgehend den Interessen des Herstellers unterordne, verpflichte den Hersteller, seinen schutzwürdigen Belangen und Interessen angemessen Rechnung zu tragen und ihnen nicht ohne begründeten Anlass zuwider zu handeln. Die Treupflicht wird durch eigene Interessen des Unternehmers und sein Dispositions- 27 recht in Wechselwirkung mit den Interessen des HV begrenzt, wobei jede Partei den schutzwürdigen Interessen der anderen Partei Rechnung tragen muss81. Besonders bedeutende Interessen des Unternehmers können seine Treupflicht reduzieren, es sei denn, es sind wieder überwiegende Gegeninteressen des HV zu berücksichtigen. Welchen Inhalt die Treu- und Unterstützungspflicht im Einzelfall hat, ist jeweils im Lichte der Würdi-

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Küstner/Thume I Rn 670 ff; Hopt § 86a Rn 1. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. BGHZ 42, 59 (62); Hopt ZIP 1996, 1533 (1538); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1. LAG Hamm, Urt. v. 03.02.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632. BGHZ 42, 59 (62); OLG München, Urt.

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v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1; Hopt ZIP 1996, 1533 (1538). OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Vertragshändler eines Motorradherstellers. OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). Küstner/Thume I Rn 670, 675.

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gung der Interessen beider Vertragspartner zu bestimmen. Die Rechtsform der Vertragspartner ist bei der Untersuchung des Umfanges der Treupflichten unerheblich. Je nach rechtstatsächlichem Zuschnitt kann die Treupflicht unterschiedlich ausgeprägt sein.82 Ein wirtschaftlich schwacher HV, der neu in das Vertriebssystem des Unternehmers eintritt, bedarf u.U. eines stärkeren Schutzes als ein bereits seit langem eingeführter und wirtschaftlich satuierter.

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3. Rechtsfolgen. Die Rechtsfolgen einer Treupflichtverletzung entsprechen denen jeder Vertragsverletzung: Unterlassung, Erfüllung, Schadenersatz83 (mit vorgeschaltetem Auskunftsrecht zur Bestimmung der Höhe des Ersatzanspruchs84) oder Recht zur fristlosen Kündigung85. Für das Auskunftsrecht reicht der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung aus86. Vorsätzliche Verstöße gegen das Schädigungsverbot sind unwirksam (§§ 138, 242 BGB, Rechtsgedanke des § 86a Abs. 3); fahrlässige (und auch vorsätzliche) können im Wege der Naturalrestitution einen Anspruch auf Beseitigung der Folgen geben. Ein Vertragspartner, der sich selbst treuwidrig verhält, kann sich auf eine Pflichtverletzung des anderen Vertragspartners, die aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens erfolgt, nicht berufen87.

II. Rücksichtnahmepflicht 29

1. Einleitung. Die Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers gegenüber den Belangen seiner Vertriebsmittler ist eine Untergruppe der Förderungs- bzw. Treupflicht des Unternehmers. Die dogmatische Herleitung der Rücksichtnahmepflicht wird teilweise aus dem Vertragsinhalt88, zum Teil aus der dem Unternehmer obliegenden Treupflicht (Art. 4 Abs. 1 RL, § 242 BGB)89 oder aus der analogen Anwendbarkeit des § 86a hergeleitet. Sie fordert vom Unternehmer, den HV im Rahmen des Zumutbaren bei seiner vertraglichen Tätigkeit zu unterstützen90, vor Schaden zu bewahren91 und ihm da, wo es nötig ist, Schutz zu gewähren, etwa vor einer Beeinträchtigung des Vertriebs durch vom Unternehmer abhängige Dritte92. Den Umfang der Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern erreicht die Rücksichtnahmepflicht angesichts der Selbständigkeit des HV nicht93. Die Zahlung von Bezirksprovision entbindet den Unternehmer nicht von der Rücksichtnahmepflicht (kann aber bei der Abwägung zu berücksichtigen sein), weil es dem HV auch um künftige erhöhte Provisionschancen und eine Erweiterung des Kun-

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Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110). OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110). Siehe etwa Habersack/Ulmer S. 102/103. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. OLG München, Urt. v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08. BGH BB 1972, 1204; NJW 1985, 623, 625; Ulmer S. 433; Genzow Rn 81. OLG Zweibrücken BB 1983, 1301 (1302);

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Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 15. Hopt § 86a Rn 15. BGHZ 26, 161 (164, 165); 58, 145; 124, 354; BGH BB 1968, 60; OLG München MDR 1958, 105; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20; Hopt § 86a Rn 15; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20; vgl. auch BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. OLG München BB 1958, 247; Hopt § 86a Rn 15.

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denstamms mit der Chance auf Ausgleichszahlung gem. § 89b gehen mag, die der HV nur durch eigene Tätigkeit schaffen kann94. 2. Kasuistik. Die Ausfüllung dieser allgemeinen Regeln ist Kasuistik. Die Treu- und 30 Unterstützungspflicht fordert beispielsweise: – Anfragen: Der Unternehmer hat dem HV nicht nur bei zugesichertem Kundenschutz Kundenanfragen unverzüglich zuzuleiten95 – Keine systematischen Direktgeschäfte auszuführen, die den Unternehmer zu einem ernsthaften Wettbewerber des HV werden lassen. Zwar sind Direktgeschäfte grundsätzlich erlaubt. Sie dürfen jedoch kein solches Ausmaß annehmen, dass es dem HV wesentlich erschwert wird, bei Kunden Geschäfte zu vermitteln96 – EDV-Verbindung: Dem Versicherungsvertreter muss ebenso wie anderen VV der Zugang zur EDV-Beratungstechnologie zur Verfügung gestellt werden; dieser Anschluss darf nicht gesperrt werden97 – Ersatzteile: Bei Vertragshändler- und Franchiseverträgen wird man aus der Förderpflicht sowie aus § 242 BGB die Verpflichtung des Unternehmers zur Lieferung von Ersatzteilen herleiten müssen, es sei denn, das gelieferte Produkt ist preiswert und von allgemein kurzer Lebensdauer bzw. Ersatzteile werden in ausreichender Menge von anderen Lieferanten am Markt vertrieben98. Ob die Bevorratungsdauer unter Heranziehung der steuerlichen Abschreibungsdauer zu ermitteln ist99, erscheint zweifelhaft. Maßgeblich ist die gewöhnliche Betriebs- und Nutzungsdauer des Produktes100. Nach Vertragsende ist der Hersteller nicht mehr zur Lieferung von Ersatzteilen verpflichtet101. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Hersteller mangelhafte Ware geliefert hat, so dass der Händler auf die Ersatzteile angewiesen ist, um selbst seinen Gewährleistungspflichten gegenüber dem Kunden nachkommen zu können102. Weiter ergibt sich eine Belieferungspflicht, falls die Vertragsbeendigung vom Hersteller verschuldet worden ist. Als Teil seiner Schadensersatzpflicht muss der Hersteller den Vertragshändler insoweit mit Ersatzteilen versorgen, wie er ihm solche vertragsgemäß bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder zu Gewährleistungs- oder Reparaturarbeiten hätte liefern müssen103. Schließlich kann im Einzelfall eine Belieferungspflicht aus § 20 GWB folgen (s. Vor § 84 Rn 303)104 – Eingriff in den Geschäftsbetrieb des HV: Der Unternehmer darf nicht in den Geschäftsbetrieb des HV eingreifen105, etwa in das Organisationsrecht des HV. Hierdurch würde auch die Selbständigkeit des HV unzulässig berührt werden – Fehlinvestitionen: Der Unternehmer muss den HV warnen, wenn er Fehlinvestitionen erkennt, etwa den HV durch rechtzeitige und vollständige Information über künftige 94

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 13; Schröder § 86a Rn 22a. Westphal I Rn 411; Hopt ZIP 1996, 1809 (1819); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29. OLG München, Urt. v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 103 f.

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Rodig BB 1971, 854 (855). Kühne BB 1986, 1527 (1529); AG München NJW 1970, 1852; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 106. Westphal II Rn 671. Westphal II Rn 671. Westphal II Rn 672. OLG Brandenburg, Urt. v. 31.03.2009 – Kart U 4/08, WuW DE-R 2824. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29.

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Entwicklungen oder eine beabsichtigte Kündigung vor Fehlinvestitionen schützen106. Zum Investitionsschadenersatz § 89 Rn 64 ff Formulierungsverantwortung: Den Unternehmer trifft eine Formulierungsverantwortung jedenfalls für von ihm entworfene Mittlerverträge107. Er muss daher ggf. auch Nachteile tragen, die sich aus dieser Formulierungsverantwortung ergeben108 (s. auch § 305c Abs. 2 BGB). Vom Mittler entworfene Verträge muss er angemessen prüfen, wobei es sich nur um eine Obliegenheit, keine Pflicht, handelt. Die Verletzung der Obliegenheit führt gleichwohl zur Schadenersatzverpflichtung Gelegenheit zur Vermittlung: Der Unternehmer hat den HV auf ihm bekannte Gelegenheiten zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit hinzuweisen109. Eine Pflicht zur Suche nach solchen Gelegenheiten trifft den Unternehmer nicht; dies ist Sache des HV Genehmigungsvorbehalt: Der Unternehmer ist gehalten, von Genehmigungsvorbehalten, die er im Vertrag sich hat zugestehen lassen, loyalen, die Interessen seines HV berücksichtigenden Gebrauch zu machen. Hauptfall ist der Vorbehalt der Genehmigung zur Übernahme von Zweitvertretungen. Soweit es um Konkurrenzvertretungen geht, ist er unbedenklich. Im Übrigen darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn sonst beachtenswerte Interessen des Unternehmers verletzt sein könnten, etwa infolge der Gefahr, der HV werde durch die Zweitvertretung von seinen für den Unternehmer übernommenen Aufgaben unvermeidlich und über Gebühr abgezogen werden. Im Zweifel wird er das Urteil hierüber aber dem HV als selbständigem Kaufmann überlassen müssen. Will er das nicht, muss er ihn als Einfirmenvertreter unter Vertrag nehmen. Eine „Weisung“, sich der beabsichtigten Zweitvertretung zu enthalten, könnte er vollends nicht geben. Noch weitergehend unter dem Gesichtspunkt und für den Geltungsbereich des § 20 Abs. 2 GWB: Ebenroth/Obermann DB 1981 829 Gewährung günstigerer Konditionen an andere Vertriebsmittler und Firmen: Gewisse Differenzierungen darf der Unternehmer vornehmen, denn es besteht kein Gleichbehandlungsgebot gegenüber allen Vertriebsmittlern innerhalb des Vertriebssystems110. Der Unternehmer darf einzelne Mittler aber nicht systematisch ausgrenzen, etwa durch schlechtere Konditionen (näheres Rn 36 ff). Treuwidrig kann es sein, andere Vertriebspartner im Gebiet oder Kundenkreis des Mittlers unter Gewährung günstigerer Konditionen tätig werden zu lassen111. Auch dürfen Vertragswaren über andere Firmen nicht zu günstigeren Preisen in das Gebiet des HV eingeführt werden112 Großhandel, keine Belieferung: Der Verkauf an den Großhandel, der dann Kunden des HV beliefert, kann einen mittelbaren Eingriff in das Vertriebsrecht des HV darstellen, welcher der Treupflicht widerspricht. Denn wirtschaftlich entspricht die Belieferung des Großhandels für den HV einer Direktbelieferung113. Der Unternehmer darf aller-

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BAG, Urt. v. 24.04.1980 – 3 AZR 911/77, ZIP 1980, 777 für Franchisegeber; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19. Semmler WRP 2007, 247 (256). Semmler WRP 2007, 247 (256). AA Küstner/Thume I Rn 671. Hopt ZIP 1996, 1538; Hopt § 86 Rn 10, 30; § 86a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 73.

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LG Stuttgart HVR Nr. 668, Küstner/ Thume I Rn 677. OLG Bremen BB 1967, 430; Westphal I Rn 410. BGH, Urt. v. 21.12.1964 – VII ZR 31/63 – unveröffentlicht, zitiert nach Küstner/ Thume I Rn 699.

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dings die Lohnfertigung für einen Wettbewerber vornehmen, auch falls hierdurch mittelbar der Vertrieb dieses Wettbewerbers gestärkt wird114 Der Unternehmer darf keine Handlungen vornehmen, welche den geschäftlichen Erfolg, die Tätigkeit oder die Vermittlungsbemühungen des HV gefährden, erschweren, vereiteln oder wirtschaftlich entwerten könnten115 Informationen: Der HV muss vom Unternehmer über alles Relevante so früh wie möglich informiert werden. Diese Pflicht entspricht der Treupflicht, ist aber wegen ihrer Bedeutung in § 86a Abs. 3 normiert (dazu unten) Kritik, keine Weitergabe an Kunden: Kritik am HV hat sich der Unternehmer gegenüber Kunden nach Möglichkeit zu enthalten. Der Unternehmer hat – sollte Kritik erforderlich sein – jene möglichst schonend anzubringen116. Er darf den HV nachvertraglich nicht über die bloße Mitteilung des Vertragsendes hinaus bei der Kundschaft bloßstellen117. Wird unberechtigte Kritik gegenüber Dritten geäußert, hat der HV einen Anspruch auf Unterlassung und Widerruf, wobei er allerdings Bagatellen wegen seiner Interessenwahrnehmungspflicht ungeahndet lassen muss118 Leasinggesellschaften, Zuschüsse: Gewährt der Unternehmer unternehmernahen Vermiet- und Leasinggesellschaften Zuschüsse, z.B. sogenannte Werbekostenzuschüsse, die er mittlernahen Unternehmen nicht zubilligt (Konditionenspreizung), kann hieran eine Treupflichtverletzung liegen119. Der Unternehmer tritt dem Händler als Wettbewerber entgegen, was seiner Schutzpflicht sowie dem Gedanken der Gleichbehandlung widerspricht120. Dem darf im Kfz-Vertrieb nicht entgegengehalten werden, die Maßnahmen beträfen unterschiedliche Märkte für Kfz-Leasing bzw. Vermietung sowie für Gebraucht- und Vorführwagen121. Zugleich liegt hierin eine Verletzung des § 20 Abs. 2 GWB122. Dies gilt allerdings nur insoweit, als kleine und mittlere Unternehmen geschützt sind123 Der Unternehmer muss alles unterlassen, was die Marktposition und Gewinnaussichten des HV beeinträchtigt124 Mindestverdienst: der Unternehmer hat dem Mittler ein Mindestmaß an Verdienstmöglichkeiten zu gewähren. Ob sie sich dann materialisieren ist eine sich anschließende Frage. Es stellt einen erheblichen Verstoß des Unternehmers gegen die aus dem Vertriebsvertrag resultierende Treue- und Fürsorgepflicht dar, wenn der Unternehmer den Vertrag so ausgestaltet, dass er für den Mittler nur ohne Gewinn oder sogar defizitär erfüllt werden kann125. Der Unternehmer schuldet dem HV jedoch lediglich die Chance, einen hinreichenden Verdienst zu realisieren. So entschied das OLG München, Kfz-Hersteller seien bei der Gestaltung der Preise gegenüber ihren Vertragshändlern

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BGH DB 1972, 524; Küstner/Thume I Rn 700. Westphal I Rn 410; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 28; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 43; Schröder § 86a Rn 1, 22. OLG Karlsruhe BB 1959, 1006; Küstner/ Thume I Rn 679; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 45; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 19. OLG Karlsruhe BB 1959, 1006; OLG Düs-

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seldorf HVR Nr. 113; Nr. 1148; LG Dortmund HVR Nr. 44; Hopt § 86a Rn 16. OLG Karlsruhe BB 1959, 1006; Westphal I Rn 409. Habersack/Ulmer S. 132. Habersack/Ulmer S. 96, 101. Habersack/Ulmer S. 132. Habersack/Ulmer S. 132. Habersack/Ulmer S. 132. Zum Vertragshändler: Ensthaler/GesmannNuissl BB 2003, 533 (535). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 270.

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nicht frei. Nehme der Hersteller durch Abgabe einer unverbindlichen Preisempfehlung (UPE) Einfluss, dürfe er die Preise, zu denen er die Händler beliefere, nicht so festsetzen, dass ihnen keine angemessene Gewinnspanne verbleibe. Der Abgabepreis an die Händler und die UPE müssten entsprechend harmonisiert werden126. Ein Vertragshändlervertrag hat deshalb hinreichende Grundrabatte oder vergleichbare Vergütungen vorzusehen127. Die Erhöhung des Werksabgabepreises von Kfz gegenüber den Vertragshändlern stellt aber keine unbillige Behinderung i.S.d. § 20 Abs. 1, 2 GWB dar, weil Händler Fahrzeuge an Kunden wegen der ihnen gewährten Rabatte regelmäßig unterhalb der UPE des Herstellers verkaufen und die Erhöhung des Werksabgabepreises kompensieren können, indem sie ihren Kunden gette gewähren128 Preisgestaltung: Der Unternehmer hat – abgesehen von der kartellrechtlichen Unzulässigkeit der Preisbindung (Vor § 84 Rn 147) – die Preisgestaltungsfreiheit des Eigenhändlers zu respektieren; eine nach außen als freiwillig hingestellte Preissenkungsaktion unter wirtschaftlichem Druck, ausschließlich zu Lasten des Mittlers, verstößt gegen die Treupflicht, zumal wenn zu antizipieren ist, dass nur wenige Mittler sich anschließen129 Preisunterbietung oder dessen Zulassung bzw. Förderung durch einen anderen HV130 hat der Unternehmer zu unterlassen, und zwar selbst dann, wenn dem HV kein Alleinvertriebsrecht gewährt wurde131 Schutz der Stellung des HV bei Kunden: den Unternehmer trifft die Verpflichtung, die Stellung des Vertreters bei Kunden nicht zu untergraben132 Untervertreter: Ein Hauptvertreter muss bei Vertragswidrigkeiten seines Unternehmers ggf. gegen diesen – u.U. nach §§ 935, 940 ZPO – vorgehen, um sich in die Lage zu versetzen, den Vertrag mit seinem Untervertreter fortzusetzen (§ 84 Rn 118, 121) Wettbewerbsverbot und Abschirmpflicht: Ein Wettbewerbsverbot des Unternehmers ist dem HV-Vertrag nicht zwingend immanent133. Ob es existiert, hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa dem Inhalt des jeweiligen Vertrages, den berechtigten Erwartungen der Vertragspartner und der Ausgestaltung des konkreten Vertriebssystems134. Dem Unternehmer sind angemessene Direktgeschäfte im Gebiet oder Bezirk des HV folglich nicht ohne ausdrückliche oder ausnahmsweise auch konkludente Verpflichtung verboten135. Er darf grds. in dem einen HV zugewiesenen Gebiet konkurrierende HV einsetzen, falls sich nichts Gegenteiliges aus dem Vertrag ergibt136. Die Grenze bildet die dem Unternehmer gegenüber dem HV obliegende Treupflicht, welche den Unternehmer verpflichtet, die Erwerbschancen des HV nicht unter das im jeweiligen Einzelfall zu Erwartende zu beeinträchtigen. Damit konkretisiert sich das „Wettbewerbsverbot“ des Unternehmers zu einem Schädigungsverbot, nicht mehr. Für ein Wettbewerbsverbot des Unternehmers können ausnahmsweise – außer einer klaren vertraglichen Abrede – etwa folgende Umstände sprechen: Erhebliche Investitionen des

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OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJWRR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. OLG München, Urt. v. 22.01.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1261). BGH NJW 1970, 855; LG Frankfurt/Main BB 1969, 1326; Hopt § 86a Rn 16.

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OLG Bremen NJW 1967, 254; Hopt § 86a Rn 17. BGHZ 97, 327. Westphal I Rn 408. Canaris § 17 Rn 77; Hopt § 86a Rn 17. Canaris § 17 Rn 77; Hopt § 86a Rn 17. Canaris § 17 Rn 78; Hopt § 86a Rn 17. Hopt ZIP 1996, 1553; Hopt § 86a Rn 17.

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HV, die sich nicht anders als mittels Wettbewerbsverzichts des Unternehmers amortisieren lassen, erheblicher und untypischer Einsatz von Kapital und Personal durch den Mittler137; außerordentlich enge Eingliederung in die Vertriebsorganisation des Unternehmers138 (eher selten anzunehmen) oder konkludent oder ausdrücklich gewährter Bezirks- oder Kundenschutz139. Je tiefer also der Mittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist und je höher seine Investitionen sind, umso umfassender sind die Schutzpflichten des Unternehmers und umso eher ist ein Wettbewerbsverbot anzunehmen. Auch Direkt- und Parallelimporte des Unternehmers sind dann kritisch140. Das Problem ist vielschichtig. So vertritt das OLG Düsseldorf, habe sich ein Vertragshändler nicht den Vertriebsinteressen des Herstellers weitgehend untergeordnet (etwa seine Ausstellungsräume nicht auf das Produkt des Unternehmers abgestellt141) und sei ihm bei Fortbestand der Vertragsbeziehung der unbeschränkte Vertrieb von Konkurrenzprodukten gestattet, dürfe er nicht erwarten, dass der Hersteller Rücksicht auf seine Marktinteressen nehme und keine weiteren Vertragshändler in seiner Nähe einsetze. Auch das OLG Schleswig142 verneint die Konkurrenzschutzpflicht eines Kfz-Herstellers gegenüber seinem Vertragshändler. Der Hersteller dürfe auch in unmittelbarer Nähe (im entschiedenen Fall wenige hundert Meter und an der zuleitenden Hauptverkehrsstraße in exponierterer Lage) einen weiteren Vertragshändler einsetzen. Dies sei Gegenstück zum Recht des Vertragshändlers, auch an anderer Stelle Verkaufs- und Auslieferungsstellen zu eröffnen. Soweit ein aus Vertrag oder Treupflichten hergeleitetes Wettbewerbsverbot zu befürworten ist, besteht eine umfassende Schutzpflicht des Unternehmers vor eigenem Wettbewerb, aber auch vor solchem Dritter143, insbesondere nahestehender Dritter, z.B. verbundener Unternehmen144, von dem Unternehmer belieferter oder geförderter Dritter145, Gesellschafter oder Angehöriger146. Die Intensität der Schutzpflicht ist gestaffelt nach den objektiven Bedürfnissen der Mittler147. Am stärksten ist diese Pflicht gegenüber dem Alleinvertreter148 (hierzu § 84 Rn 99 ff), schwächer, jedoch gleichwohl bestehend gegenüber dem Bezirksvertreter oder dem „einfachen“ Mittler ohne Wettbewerbsverbot149. Die Zusage einer Alleinvertretung kann den Unternehmer je nach Abrede entweder nur zum Schutz vor der Bestellung weiterer HV im Gebiet oder Kundenkreis des HV oder zu einem umfas137

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BGHZ 124, 355; BGH WM 1993, 1464; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Motorrad-Vertragshändler; HVR Nr. 950, Hopt § 86a Rn 17. Hopt § 86a Rn 17. Hopt § 86a Rn 17. BGHZ 124, 355; 164, 15; BGH WM 1993, 1464; OLG Düsseldorf HVR 950; Hopt § 86a Rn 17. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Motorrad-Vertragshändler. Beschl. v. 18.08.2008 – 6 U 10/08 – BMW. BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, DB 1961, 601; BGH, Urt. v. 23.03.1966 – VIII ZR 295/63, BB 1966, 469; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22b; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43.

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Zum Vertragshändlerrecht: BGH BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255. BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. Küstner/Thume I Rn 674; Emde EWiR 2002, 1037; ders., Die HandelsvertreterGmbH, 1994, S. 162 ff; ders., GmbHR 1999, 1005 (1013), die beiden letztgenannten Quellen zum Fall des Verstoßes durch den Mittler. Vgl. bereits Emde GmbHR 1999, 1005 (1013). BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; vgl. Küstner/ Thume I Rn 674. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Motorradhändler.

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senden Verbot von Direktgeschäften verpflichten, also auch zu Schutz vor Wettbewerb durch den Unternehmer (§ 84 Rn 99 ff). Spiegelbildlich darf sich der Unternehmer Wettbewerbshandlungen, etwa Direktvertrieb, durch Individualvereinbarung ausdrücklich vorbehalten150; bei versprochener Exklusivität ist ein angemessener Ausgleich zu gewähren. Entscheidend ist auch hier eine Vertragsauslegung. Bei Unklarheiten zu berücksichtigen ist, wer den Vertrag formuliert hat. Ist dies – wie meist – der Unternehmer, wird die für ihn ungünstigere Wertung zu favorisieren sein. Überhaupt sollte bei Zusage einer Alleinvertretung eine Vermutung für ein Verbot von Direktgeschäften des Unternehmers bestehen. Denn kaum ein HV wird bei Vereinbarung einer Alleinvertretung erwarten, er sei vor Konkurrenz nur „halb“ geschützt, nämlich nur vor dem Wettbewerb anderer HV und nicht vor der unter Umständen viel gefährlicheren Konkurrenz des Unternehmers. So hat z.B. der BGH151 in einem besonderen Fall entschieden, ein Direktabschluss des Unternehmers verstoße gegen dessen Vertragspflichten und führe zu einem Schadenersatzanspruch des HV. Selbst bei Fehlen eines vertraglichen Wettbewerbsverbotes darf der Unternehmer den HV nicht mit eigenem Wettbewerb systematisch und erheblich schädigen, insb. sofern er den Eindruck hervorgerufen hat, er werde ein solches Verhalten unterlassen. Erst recht darf der Unternehmer nicht selbst eine Vertretung in Konkurrenzartikeln übernehmen152. Auch insoweit kommt es auf den Einzelfall an. Bedeutend kann die für den HV bei Vertragsaufnahme erkennbare Vertriebssituation sein sowie die Qualität des Wettbewerbs durch den Unternehmer (Preisspaltung oder kein stärkerer Wettbewerbs als durch andere HV?). Beispiele: Übertragung eines uneingeschränkten Vertriebsrechts an einen Dritten als Treupflichtverstoß gegenüber dem HV, sofern hierdurch die Erwerbschancen im Gebiet/Bezirk des HV erheblich reduziert werden153; Abwerbung von Stammkunden des HV154; ebenso wenig dürfen Kunden, mit denen der HV Vertragsverhandlungen führt, am Vertragsschluss gehindert werden155; Ausspannen oder Versuch des Ausspannens von Untervertretern (dazu unten) oder Angestellten des HV156: Der Unternehmer darf nicht systematisch im Wege der Preisspaltung die Angebote seiner eigenen HV auf deren Arbeitsgebiet durch Direktlieferungen unterbieten157, soweit derselbe Interessentenkreis angesprochen wird158. Insb. darf er ein dem HV eingeräumtes Alleinvertriebsrecht nicht unterlaufen, indem er einer Konkurrenzfirma durch Mitteilung seiner Konditionen Möglichkeit und Gelegenheit gibt, unterbietend in das

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BGH, Urt. v. 15.04.1986 – KVR 3/85, BGHZ 97, 317 (327, 328) = NJW 1986, 2954; OLG Bremen NJW 1967, 254 (255); LG Frankfurt BB 1969, 1326; Hopt ZIP 1996, 1533 (1538); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44. BB 1975, 1409. Hopt § 86a Rn 17. Siehe Küstner/Thume I Rn 701 ff. BGH BB 1959, 720; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; Hopt § 86a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44.

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21. BGHZ 42, 62 mit abl. Bespr. v. Brunn DB 1964, 1841; BGH BB 1982, 1626; OLG Düsseldorf HVR-Nr. 151; OLG München BB 1958, 247; Küstner/Thume I Rn 700; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44; Hopt § 86a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21. OLG Bremen NJW 1967, 254; ähnlich im Falle LG Frankfurt/Main BB 1969, 1326. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 28.

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Vertragsgebiet des HV einzudringen159. Für den Begriff des Konkurrenzartikels wird das in § 86 Rn 96 ff Gesagte zu gelten haben. Hat der HV einen bestimmten Bezirk oder einen bestimmten Kundenkreis zugewiesen erhalten, so ist der Unternehmer zwar nicht gehindert, Direktgeschäfte in diesem Bezirk oder Kundenkreis durchzuführen. Er darf aber nicht systematisch durch eigene Abschlusstätigkeit die Vermittlungsarbeit des HV lahm legen160. Dass dem HV die Provision auch aus solchen Direktgeschäften zusteht (§ 87 Abs. 2), vermag den Loyalitätsbruch des Unternehmers weder auszuräumen noch aufzuwiegen. Der HV soll gerade durch eigene Tätigkeit die Betreuung des Bezirks (Kundenkreises) in der Hand behalten und die Gelegenheit erwerben, geschaffene Beziehungen zum Vorteil künftiger erhöhter Provisionschancen auszubauen; außerdem würde ein späterer Ausgleich sich nach einer Meinungsgruppe (§ 89b Rn 194) nur auf der Basis der durch eigene Tätigkeit vermittelten Geschäfte berechnen, nicht dagegen auf der der Bezirksprovisionen des § 87 Abs. 2. Ferner ist es die Pflicht des Unternehmers, die Tätigkeit seines HV gegen Einbrüche in sein Tätigkeitsfeld, hier einen geschützten Bezirks- oder Kundenkreis, von Seiten anderer HV (desselben Unternehmers) abzuschirmen. Er hat gegen solche Versuche Dritter im Rahmen des üblicherweise Geschuldeten vorzugehen, auch durch entsprechende Vertragsgestaltung mit der Gesamtheit seiner HV Vorsorge zu treffen, dass bei zugesagtem Gebietsschutz derartige Praktiken, überhaupt: Überschneidungen rechtens unterbunden werden. Das gilt jedoch nur bei Zusage eines Gebietsschutzes; ohne ein solches Versprechen darf der Unternehmer – soweit dies nicht zu treupflichtwidrigem „Kannibalismus“ der Mittler untereinander führt – beliebig viele Mittler einsetzen (s.u.). Ein vorbeugend verlässliches Mittel kann das Ausbedingen einer Vertragsstrafe sein. Ferner liegt ein unerlaubter wettbewerblicher Einbruch in das Tätigkeitsfeld des HV vor, wenn der Unternehmer ihm seinen Untervertreter ausspannt, indem er mit diesem bewusst zusammenwirkt, ihn zum (Haupt-)Vertreter bestellt und daraufhin nach abgesprochenem Plan der HV-Vertrag mit dem überspielten HV (und in der Folge der Untervertretervertrag) gekündigt wird161. Über das Unerlaubte des Ausspannens von Untervertretern besonders in der Versicherungswirtschaft: OLG München BB 1958, 247. Der BGH hat offen gelassen, ob der Unternehmer den Untervertreter ansprechen darf, falls sowohl der Untervertreter wie der Unternehmer bereits unabhängig voneinander gekündigt haben. So lange keine psychische Bestärkung des noch unentschlossenen Untervertreters vorliegt, ist dies zu bejahen. Schwierig ist allerdings die Beweislastverteilung. Es liegt nahe, den schwer zu führenden Beweis nach Gefahrensphären dem Unternehmer aufzubürden. Ist der Wettbewerb zulässig, kann der Unternehmer gleichwohl verpflichtet sein, den HV über die Wettbewerbshandlungen – rechtzeitig – zu informieren162, damit sich der HV auf die Konkurrenzsituation einstellen kann. Be-

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BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, DB 1961, 601; vgl. aber auch BGH, Urt. v. 23.03.1966 – VIII ZR 295/63, BB 1966, 469; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 28; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22b. Hopt ZIP 1996, 1809 (1819); Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 29; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43. BGHZ 42, 59 (gegen die Verallgemeinerung dieses in mancher Beziehung extrem gelager-

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ten Einzelfalles v. Brunn DB 1964, 1841); BGH BB 1982, 1626; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44; Hopt § 86a Rn 16; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21; aA Canaris § 17 Rn 80: dann hätte der Untervertreter keine Möglichkeit die Position des Hauptvertreters zu erlangen. Hopt § 86a Rn 17.

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treibt der Unternehmer verbotenen Wettbewerb, besitzt der HV ein Recht auf Schadensersatz163; der HV darf zur Vorbereitung einer Schadenersatzklage Auskunft über etwaige Wettbewerbshandlungen fordern164. Dies hat die Rspr insb. für den Vertragshändlerbereich mehrfach entschieden: So verletzt ein Hersteller die Exklusivität seines Vertriebsmittlers, wenn er verbundene Unternehmen zu Direktgeschäften in dem dem Vertriebsmittler exklusiv zugewiesenen Bezirk veranlasst165. Wegen der Verletzung der Ausschließlichkeit forderte der klagende Mittler von dem beklagten Hersteller auf erster Stufe Auskunft und auf zweiter Stufe Schadensersatz, wobei sich die Auskunft auch auf Geschäfte verbundener Unternehmen der Beklagten im Bezirk der Klägerin erstrecken sollte. Das OLG Hamburg wies die Auskunftsklage insoweit ab, als Auskünfte über die Geschäfte verbundener Unternehmen begehrt wurden. Der BGH hingegen gab der Klägerin teilweise Recht. Im Grundsatz gelte: Der Mittler habe gem. § 242 BGB Anspruch auf Auskunft über die Exklusivität verletzende Geschäfte des Herstellers. Solle die Auskunft einen vertraglichen Schadensersatzanspruch belegen, müsse dieser nicht bereits dem Grunde nach feststehen. Vielmehr reiche der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung aus166. Jedoch fehle ein Auskunftsanspruch hinsichtlich solcher Geschäfte, welche mit dem Unternehmer verbundene Unternehmen (§§ 15 ff AktG) ohne dessen Veranlassung im Bezirk des Mittlers ausgeführt hätten. Die Auskunftspflicht beschränke sich auf Lieferungen der mit der Beklagten verbundenen Unternehmen, welche auf Veranlassung der Beklagten im Bezirk der Klägerin erfolgten. Der Konzernverbund für sich allein stelle keinen Grund dar, einem Betrieb Aktivitäten verbundener Unternehmen zuzurechnen. Auch in einem weiteren Fall gewährte der BGH einem Vertriebsmittler einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung einer Schadenersatzklage. Gem. §§ 249, 252 BGB habe der Mittler Anspruch auf Ersatz des Gewinns, der ihm entgangen sei, weil der Hersteller unter Verletzung des Alleinvertriebsrechts Vertragswaren an andere Händler verkauft habe. Zur Vorbereitung des Ersatzanspruches dürfe der Mittler Auskunft über die vertragswidrigen Verkäufe des Herstellers an jene Händler im geschützten Gebiet verlangen. Der Einsatz anderer Mittler sei keine einmalige Verletzungshandlung. Sie erschöpfe sich nicht im Abschluss des Vertrages mit den Wettbewerbern, sondern setze sich in Durchführung und Aufrechterhaltung der Vertragsbeziehung fort. Sehe man zutreffend in der vertragswidrigen Belieferung der Wettbewerber wiederholte Verletzungshandlungen, so beginne für jeden Schadenszeitraum eine separate Verjährungsfrist zu laufen167 – Keine Hilfeleistung gegenüber Wettbewerbern: Dritte dürfen nicht unterstützt werden, mit Kunden eines HV Geschäfte zu schließen168

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BGH NJW 1984, 2411; BB 1975, 1409; Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601 zum Alleinvertreter; Westphal I Rn 105; Hopt § 87 Rn 24. BGH BB 1957, 452; HVR-Nr. 926 (Vertragshändler); OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U (Kart) 1/08, GRURRR 2009, 109; Hopt § 86a Rn 17. BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.08.2008 – VI-U

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(Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109; Palandt/ Heinrichs §§ 259 ff Rn 10, Soergel/Wolf BGB, 12. Aufl., § 260 Rn 25, 28; MünchKommBGB/Krüger 4. Aufl., § 260 Rn 16; BAG DB 1996, 2182. BGHZ 97, 97 (110); BGH NJW 1985, 1023. BGH DB 1961, 601 = HVR Nr. 261 zum Bezirksvertreter. Der Klage des HV auf Zahlung der Bezirksprovision aus dem von dem Dritten abgeschlossenen Geschäft wurde daher stattgegeben.

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– Verschwiegenheitspflicht: Eine Pflicht zur Verschwiegenheit ist Ausdruck der gegenseitigen Vertrauensbindung169, zudem Spiegelbild des § 90. Persönliche oder Unternehmensdaten des HV, z.B. Umsätze, Provisionen oder Bilanzen, sind vertraulich zu behandeln und dürfen nur mit Einverständnis des HV Dritten bekannt gegeben werden170. Da die Existenz des HV auf einem guten Verhältnis zu seinem Kunden beruht, hat sich der Unternehmer herabsetzender oder störender Urteile über den HV zu enthalten171. Selbst Tatsachen, die für den HV nicht ungünstig sind, hat er nach Möglichkeit nicht an die Kunden weiterzugeben, soweit keine vorrangige Schutzpflicht die Information der Kunden gebietet. Der Unternehmer verletzt beispielsweise die Verschwiegenheitspflicht, wenn er sich über seinen HV abfällig gegenüber der Kundschaft äußert, vertrauliche Kundenberichte des HV mit ungünstigen Urteilen über den Kunden diesem zugänglich macht172 oder Betriebsgeheimnisse des HV offenbart, auch gegenüber einem Nachfolgevertreter. Zum Teil wird aus der Förderpflicht eine Qualitätssicherungspflicht des Herstellers 31 abgeleitet173. Diese Ansicht geht möglicherweise zu weit. Schlechtlieferungen bilden grundsätzlich keine schadenersatzbegründende Treupflichtverletzung, es sei denn, sie beruhen auf Vorsatz oder Willkür174. Generell hat der HV keinen „Anspruch“ darauf, dass der Unternehmer „gut liefert“. Er ist auch hier mit dem Ansehen und der wirtschaftlichen, damit aber auch der qualitativen Leistungsfähigkeit des von ihm vertretenen Unternehmers, im Guten wie im Schlechten verbunden. Sieht er sich hierin enttäuscht, mag er aus wichtigem Grunde fristlos kündigen und hätte alsdann einen Verlust des Ausgleichsanspruchs nicht zu besorgen175. Eine Pflichtverletzung liegt allerdings vor, sofern der Unternehmer trotz Mahnung des HV und der Möglichkeit, mangelfrei zu liefern, gleichwohl mangelhaft liefert176, insbesondere willkürlich, ohne sachlichen Grund oder in Schädigungsabsicht177. Auch wenn die Schlechtlieferung des Unternehmers im Verhältnis gerade zu seinem HV einen Verstoß gegen die Vertragspflichten darstellt, etwa falls dringende Vorstellungen des HV wegen der schlechten Qualität in den Wind geschlagen werden178 oder eine „sinnlose Misswirtschaft“179 vorliegt, ist der HV in seinen vertraglichen Rechten beeinträchtigt und kann über die Kündigungsmöglichkeit hinaus aus § 280 BGB für die entgehenden Provisionschancen Schadensersatz verlangen.

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Küstner/Thume I Rn 678; Küstner BB 1984, 1906; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 30. Küstner BB 1984, 1906; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 30. OLG Karlsruhe DB 1959, 1006 = HVR Nr. 224; Küstner/Thume I Rn 679; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 45; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 19. LG Freiburg/Breisgau BB 1966, 999; Küstner/Thume I Rn 678; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19; Hopt § 86a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene

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§ 86a Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 28a. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 299. BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265; Küstner/Thume I Rn 706; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 12. OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265. OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265; Küstner/Thume I Rn 707. BGHZ 26, 161; BGH NJW 1958, 1138; OLG Celle DB 1962, 94; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 12. OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265. BGHZ 26, 165.

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Weitere Förderungspflichten können dem Unternehmer durch Vertrag auferlegt werden180. Abs. 3 steht nicht entgegen181. Die Förderungspflicht des Unternehmers verlangt nicht, dass der Unternehmer an allen erreichbaren Fachmessen teilnimmt182. Letztlich kommt es hier auf die Verkehrsüblichkeiten an.

33

3. Beweislast. Beruft sich der HV im Rahmen eines Schadenersatzprozesses oder zur Begründung einer von ihm ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung nach § 89a auf eine Verletzung der Treu- oder Förderpflicht, muss er diese Verletzung ebenso beweisen wie eine Überschreitung der Dispositionsrechte des Unternehmers. Insbesondere hat der HV mangelnde Sachgerechtigkeit oder Willkür als Beschränkung der Unternehmerfreiheit sowie ein bewusst schädigendes Verhalten des Unternehmers nachzuweisen183.

III. Belieferungspflicht des Unternehmers 34

Schon aus der Treupflicht des Unternehmers folgt die Verpflichtung, den wirtschaftlichen Interessen des Mittlers nicht zuwiderzuhandeln. Solange es keine sachlichen Gründe für eine gegenteilige Entscheidung gibt (etwa Übermaßbestellungen des Vertragshändlers kurz vor Vertragsende, § 89 Rn 51), hat der Unternehmer die vermittelten Geschäfte auszuführen und die vom Mittler geworbenen Kunden zu beliefern. Auch Bestellungen des Vertragshändlers184 oder Franchisenehmers185 darf der Unternehmer nicht willkürlich und ohne sachlichen Grund ablehnen. Sonst könnte er entgegen den zwingenden Kündigungsfristen des § 89 die Kündigung auf „kaltem Wege“ erreichen. Eine Lieferpflicht des Unternehmers ist für den Fall anerkannt worden, dass dem Vertragshändler sowohl eine Mindestabnahmeverpflichtung als auch ein Konkurrenzverbot auferlegt wurde186. Soll der HV Service- und Reparaturaufgaben durchführen, hat der Unternehmer ihn zu diesem Zweck mit Ersatzteilen beliefern. Die Belieferungspflicht ergibt sich dabei als Nebenpflicht aus der auferlegten Verpflichtung, entsprechende Aufgaben zu übernehmen (Leistungstreuepflicht des Unternehmers). Im Übrigen kann eine Belieferungspflicht aus § 20 Abs. 2 GWB folgen187 (s. Vor § 84 Rn 303). Für unverschuldete Lieferengpässe trifft den Unternehmer keine Schadensersatzverpflichtung188. Bei Produktknappheit steht einem Mittler nur ein Recht auf anteilige Belieferung zu, womit eine ins Belieben des Unternehmers gestellte Verteilung ausscheidet189. Auch eine Bearbeitung in der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Bestellung kann nach den Umständen des

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 13; aA KG BB 1969, 1062. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41; BGHZ 26, 161 (166). BGH BB 1958, 540 (541); BGH BB 1972, 193; OLG Bremen BB 1966, 756; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 284; Manderla in: Martinek/Semler/Habermeier, § 18 Rn 15; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. 9 bis 11, Rn 888; Genzow Vertragshändlervertrag Rn 82; Canaris § 17 Rn 34; Eben-

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roth/Löwisch § 84 Rn 75; Rheinländer WRP 2007, 501 (502); aA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 341 (müsste ausdrücklich vereinbart werden). Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 132. BGH BB 1972, 193. OLG Brandenburg, Urt. v. 31.03.2009 – Kart U 4/08, WuW DE-R 2824. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 286. BGH NJW 1982, 644; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 287.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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Einzelfalls sachgerecht sein190. Wurde mit einem Teil der Händler eine Alleinbezugsverpflichtung vereinbart, sind diese Händler unter Umständen bevorzugt zu beliefern191, sofern andere Händler ihre Produkte frei einkaufen können. Besonders wichtige Vertragshändler dürfen nach den Umständen des Einzelfalls bevorzugt beliefert werden192. Die Belieferungsklage muss die Bedingungen des Vertrages im Antrag nennen, etwa durch Bezugnahme auf Konditionenempfehlungen193. Droht unberechtigt der Abbruch der vertraglichen Beziehungen, darf der Mittler eine 35 Regelungsverfügung nach § 940 ZPO auf Fortsetzung des Vertrages und ggf. Belieferung erwirken194, (s.a. § 89a Rn 58) auch – und gerade (Eilbedürftigkeit) – kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist und nach längeren Verhandlungen195. Sie ist ihrem Antrag nach auf vertragsgemäße Fortsetzung des Vertriebsvertrages gerichtet, meist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens196. Dies gilt jedenfalls, wenn von der Belieferung die Existenzgrundlage des Mittlers betroffen und er glaubhaft macht, dass die vom Hersteller erklärte Kündigung verfristet ist. Die Existenzbedrohung ergibt sich oft aus der Identifikation des Mittlers mit den Produkten des Unternehmers infolge der engen Einbindung in das Vertriebssystem (etwa Corporate Identity). Tatsächlich bedarf es einer Notlage oder Existenzgefährdung nicht in jedem Fall. Ausreichend ist es, wenn die Leistungsverfügung zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vermögensnachteils oder zur Abwendung eines endgültigen Rechtsverlustes erforderlich ist197. Gerade bei großen Unternehmen ist eine Existenzgefährdung kaum vorstellbar198, für Großunternehmen gibt es jedoch kein minderes Recht. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf199 muss der eine Leistungsverfügung beantragende Händler ohne die beantragte Eilverfügung lediglich wesentliche Nachteile, etwa erhebliche wirtschaftliche und nicht wieder gut zu machende Nachteile, erleiden, wobei sich die Anforderungen an diese Nachteile reduzierten, falls die Erfolgsaussichten in der Hauptsache besonders klar sind. Ein Vertragshändler ist nicht verpflichtet, klagweise Einzelanträge auf Belieferung zu stellen. Denn der Händler kann gegenüber seinen Kunden nicht auftreten, wenn er in jedem Einzelfall den Belieferungsanspruch durchsetzen muss. Er darf sich darauf beschränken, einen gem. § 890 ZPO zu vollstreckenden Unterlassungsantrag zu stellen, mit dem Ziel, die Verfügungsbeklagte solle es unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die einer Weiterbelieferung entgegenstehen. Ein auf Weiterbelieferung und Betreuung gerichteter Leistungsantrag ist unnötig, weil durch das Zwangsgeld bei fehlender Unterlassung der Rechtsschutz hin-

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OLG München WM 1985, 362; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 288. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 288. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 288. OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2854). OLG Saarbrücken, Urt. v. 10.02.1999 – 1 U 35/99-15, NJW-RR 1999, 1339 = EWiR 1999, 1175 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2002, 1284; LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde); LG Köln, Beschl. v. 25.01.2007 – 86 O 7/07 (zum Kfz-Ver-

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tragshändlerrecht), n.v.; Genzow Vertragshändlervertrag 1996, Rn 128. LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde); Emde VersR 1999, 1471. Beispielhaft etwa LG Köln, Beschl. v. 25.01.2007 – 86 O 7/07 (zum Kfz-Vertragshändlerrecht), n.v. OLG München GRUR-RR 2003, 56; GRUR-RR 2002, 181; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176; Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). Urt. v. 20.09.2006 – VI-U (Kart) 29/05, n.v.; ebenso i.E. LG Köln, Urt. v. 24.04.2008 – 86 O 8/08, n.v.

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reichend verwirklicht wird200. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf fehlt die Eilbedürftigkeit, sofern der Antragsteller eine nicht unerhebliche Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und bewilligt erhält201. Ein Kfz-Händler, der gegen den Hersteller auf Grund des Baues eines anderen Autohauses in unmittelbarer Nähe vorgehen will, widerlegt die Dringlichkeitsvermutung nicht, indem er einen Antrag auf Erlass einer solchen Verfügung nicht bereits bei Baubeginn vornimmt. Die Bauarbeiten stellen keine Vorbereitungshandlung dazu dar, nach Fertigstellung des Gebäudes in Wettbewerb zum Händler zu treten202. Zu den Schwierigkeiten der Vollstreckung vgl. Spehl BB 2010, 267.

IV. Gleichbehandlungspflicht 36

Ob der Unternehmer gehalten ist, alle seine Vertriebsmittler, ggf. unterteilt nach Rechtsverhältnissen (HV, Vertragshändler, Franchisenehmer), in vergleichbarer Situation gleich zu behandeln, etwa hinsichtlich der ihnen eingeräumten Provisions- und sonstigen Konditionen, wird diskutiert. Einen Gleichbehandlungsgrundsatz wie im Arbeitsrecht („gleicher Lohn für gleiche Arbeit“) als generellen Grundsatz gibt es nicht203. Ein Unternehmer ist grundsätzlich nicht gehindert, mit seinen HV, die rechtlich selbstständige Kaufleute sind, voneinander abweichende Verträge zu schließen und braucht Vergünstigungen, die er – durch den Vertrag oder über die vertraglichen Vereinbarungen hinaus – dem einen einräumt, nicht in gleicher Weise auch dem anderen zu gewähren204. Dazu können die Verhältnisse etwa in den einzelnen Vertreterbezirken allzu unterschiedlich liegen und Geschäftstüchtigkeit des Unternehmers durch das Heraushandeln besonders vorteilhafter Konditionen gegenüber einem HV ist nicht untersagt. So muss es dem Unternehmer gestattet sein, einem Einführungsvertreter ein Fixum zuzulegen oder einen seiner angestellten Reisenden, den er für das Überwechseln in die selbständige HV-Tätigkeit bewegen will, durch übergangsweise höhere Provisionszusagen als Ausgleich für die Aufgabe der sozialen Sicherheiten zu gewinnen. Unbestritten findet das Recht des Unternehmers auf Ungleichbehandlung aber eine Grenze an Willkür oder der Absicht, den Mittler zu schädigen205, im Einzelfall auch an schützenswertem Vertrauen206 sowie der Treupflicht207. Andererseits ist zu bedenken, dass – würde man ein Gleichbehandlungsgebot in allen 37 Situationen ablehnen – es der Unternehmer in der Hand hätte, durch Gewährung günstigerer Konditionen gegenüber einem HV dessen Geschäft zu Lasten der anderen HV zu fördern. Eine solche Ungleichbehandlung widerspräche den dem Unternehmer obliegenden Treupflichten. Das streitet für eine partielle Gleichbehandlungspflicht, wobei den Besonderheiten des Vertriebsrechts mit seiner im Verhältnis zum Arbeitsrecht größeren Gestaltungsfreiheit des Unternehmers durch einen breiteren Raum der „sachlichen Gründe“ für eine Ungleichbehandlung Raum gegeben werden könnte. Richtigerweise 200 201 202 203

OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.09.2006 – VI-U (Kart) 29/05, n.v. und i.E. zweifelhaft. OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 01.07.2007 – 6 U 10/08. BGH, Urt. v. 28.01.1971 – VII ZR 95/69, WM 1971, 561= DB 1971, 1055; Hopt ZIP 1996, 1538; Canaris § 17 Rn 81; Westphal I Rn 420; Heymann/Sonnenschein/Weite-

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meyer § 84 Rn 34; Hopt § 86 Rn 10, 30; § 86a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73; Schröder § 86 Rn 1; aA Ebenroth S. 112 ff. BGH, Urt. v. 07.07.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); BGH WM 1971, 561 (562). Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 8. BGH BB 1971, 484; Hopt § 86 Rn 10. Hopt § 86 Rn 10.

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wird man das Spannungsverhältnis durch eine Fallgruppenbildung auflösen müssen. Außer in der Situation der Gebundenheit nach § 20 GWB (Rn 38) wird man Gleichbehandlung in maßgeblichen Fragen verlangen dürfen, wenn die Bezirke der verschiedenen Vertreter aneinander grenzen und sich die Kundenkreise überschneiden oder sogar mehrere HV innerhalb desselben Gebiets tätig werden dürfen und eine Ungleichbehandlung zu einer erheblichen Schädigung des benachteiligten HV führen würde. Unzulässig ist es, die Provision – z.B. für Versicherungsvertreter – in einem einheitlichen Vertriebsgebiet nach der Nationalität des HV zu staffeln208. Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung können etwa eine unterschiedliche Marktsituation in verschiedenen Vertriebsgebieten sein, z.B. ein niedrigeres Preisniveau im Vertretungsgebiet des einen, das günstigere Preise erfordert, möglicherweise aber auch einen geringeren Provisionssatz, außerdem unterschiedliche Konditionen in zu verschiedenen Zeiten geschlossenen Verträgen. Ob im Vertragshändlerrecht wie im HV-Recht außerhalb des Anwendungsbereiches 38 des § 20 GWB ein Gleichbehandlungsgebot ausscheidet, ist wegen des erhöhten Kapitaleinsatzes des Vertragshändlers, seiner oft durch die CI-Richtlinien des Unternehmers i.V.m. dem Wettbewerbsverbot bedingten besonders engen Einbindung in das Vertriebssystem sowie des vom Unternehmer konzipierten horizontalen Wettbewerbsverhältnisses zweifelhaft209. Damit gehen erhöhte Treupflichten des Unternehmers einher. Gleiches gilt im Franchiserecht210. Es muss dem Vertragshändler wie dem FN möglich sein, dieses Kapital zu amortisieren, was es ausschließen kann, dass der Hersteller durch eine Ungleichbehandlung einzelner Mittler einigen bessere Möglichkeiten zur Amortisation des Kapitals einräumt als anderen. Eine Ungleichbehandlung in wesentlichen Punkten ist nur aus sachlichen Gründen möglich. Allerdings besteht keine Pflicht zur absoluten Gleichbehandlung, nur das Verbot der Ungleichbehandlung in wesentlichen Fragen aus unsachlichen Gründen. Auch die Marktverantwortungsgebiete der Vertriebsmittler können unterschiedlich geschnitten sein211; Mengenrabatte sind zulässig. Die Verkaufsbedingungen des Herstellers für seine Vertragshändler und FN sollen sich aber gleichen müssen212. Auch hier wird man dem Unternehmer nicht verwehren können, zu verschiedenen Zeiten Vertriebsverträge mit unterschiedlichen Konditionen zu schließen. Ist der Unternehmer Normadressat des § 20 GWB, besteht grundsätzlich eine Gleich- 39 behandlungspflicht (Vor § 84 Rn 262 ff). So entschied etwa das OLG Celle213, ordne ein Kfz-Hersteller sein Vertriebsnetz neu und einige er sich mit der Interessenvertretung der Vertragshändler auf einen für die ausscheidenden Händler als angemessen anzusehenden Ausgleichsanspruch analog § 89b, müsse der Hersteller einen ausscheidenden Händler auch dann gleichbehandeln, wenn dieser mit der Beendigung des Vertragshändlervertrages nicht einverstanden gewesen sei. Der Hersteller dürfe von seiner gleichmäßigen Übung gegenüber früheren Vertragshändlern nicht willkürlich abweichen, weil dies gegen das Diskriminierungsverbot des § 20 GWB verstoße und einen Schadenersatzanspruch auslöse, der nach § 249 BGB im Ergebnis zur Gleichbehandlungspflicht führe. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung kann sich auch ergeben, wenn der Unternehmer 40 mittelbar oder unmittelbar selbst als Vertriebsmittler im selben Vertriebssystem wie seine HV tätig wird, etwa mittels verbundener Unternehmen (dazu Vor § 84 Rn 273). 208

209

Vgl. Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen vom 12.10.1995 – FAZ 10.11.1995. Genzow Rn 86; Manderla in: Martinek/ Semler, § 14 Rn 17; Habersack/Ulmer S. 28; gegen die Gleichbehandlungspflicht Canaris § 17 Rn 49.

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Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 116. Genzow Rn 86; Westphal II Rn 522. Westphal II Rn 522. OLG Celle, Urt. v. 29.03.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864 (866), 2002, 504.

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V. Organisationspflicht des Unternehmers Den Unternehmer trifft gegenüber dem HV die Pflicht, das Vertriebssystems so auszugestalten, dass es dem HV eine hinreichende Einnahmemöglichkeit bietet. Rechtstechnisch handelt es sich um eine Untergruppe der Treu- und Unterstützungspflicht und sie wird teilweise nicht von ihr separiert. Diese Pflicht folgt aus der Entscheidung des Unternehmers für ein Vertriebssystem unter Einschaltung von Vertriebsmittlern. Die Pflicht erhöht sich, je stärker der Vertriebsmittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden ist und je größer seine Investitionen sind. Leitbildtypisch am stärksten ist diese Pflicht in investitionsträchtigen Vertriebssystemen wie dem Kfz-Vertrieb und in Franchisesystemen. Ihre Grenze findet die Pflicht an der Dispositionsfreiheit des Unternehmers (Rn 44 ff) und vor allem dort, wo ihre Erfüllung zu eigenem, unzumutbaren Schaden des Unternehmers führen würde. Aufgrund der Interessenwahrungspflicht des HV ist den Interessen des Unternehmers tendenziell der Vorrang einzuräumen (s.o.). Ausdruck dieser Pflicht ist es, 42 – nicht zu viele Mittler einzusetzen, um „Kannibalismus“ unter den Mittlern zu verhindern – dem Vertreter eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu verschaffen214 – die Gewährung von Konkurrenzschutz, soweit er zur Erhaltung oder Herbeiführung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage erforderlich ist (dazu Rn 30, Stichwort „Wettbewerbsverbot“). – Keine bewussten Schädigungen des Vertriebssystem vorzunehmen, um Schaden der Vertreter zu vermeiden (Stichwort etwa „Benetton215“). Diese Pflicht soll angeblich bei Mitgliedschaft des Unternehmers in der umstrittenen Scientology-Sekte verletzt sein216 (zwh. wegen Glaubensfreiheit) – Die Systemförderung und die Verpflichtung zur Weiterentwicklung des Vertriebssystems. Nicht jedoch 43 – Die Pflicht zur Werbung durch den Unternehmer, es sei denn, eine solche ist besonders vereinbart.

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H. Dispositionsfreiheit des Unternehmers I. Einleitung 44

Die Pflichten des Unternehmers aus dem Vertrag gehen dahin, dem HV die Möglichkeit zu eröffnen, sich Provisionen durch Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit zu verdienen. Beim Vermittlungsvertreter hängt der Provisionsanspruch davon ab, ob der Unternehmer das ihm als vermittelt angetragene Geschäft auch abschließt (§ 87). Geht die Förderungspflicht des Unternehmers so weit, die Provisionschance des HV sich zum Provisionsanspruch verdichten zu lassen, wenn nur der HV durch erfolgreiche Vermittlung „das seinerseits Erforderliche“ getan hat (Problem der Freiheit des Unternehmers, ein vermitteltes Geschäft im Einzelfall abzulehnen)? Und geht sie so weit, dem HV die unge-

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Giesler in: Giesler/Nauschütt § 5 Rn 139. BGHZ 136, 295; Vorinstanz OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1997, 170; BGH BB 1995, 1792 = ZIP 1995, 1286 = BB 1995, 1792.

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Giesler in: Giesler/Nauschütt § 5 Rn 144.

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minderte Fortdauer seiner Provisionschancen bereitzuhalten ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit betrieblicher Umstrukturierungen beim Unternehmer oder auf das sonstige Schicksal des Betriebes (Problem des Annahmeverzuges im weiteren Sinne)? Wo verläuft die Grenze zwischen der Förderungspflicht des Unternehmers und seiner unternehmerischen Dispositionsfreiheit? Diskutiert wird im Zusammenhang mit § 86a das Dispositionsrecht des Prinzipals. 45 Der Mittler ist wie der Prinzipal Unternehmer und auch er hat damit ein Dispositionsrecht bei der Organisation von Betrieb und Vertrieb. Nur ist dies wegen der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht stärker eingeengt. Im Folgenden geht es in erster Linie um das Dispositionsrecht des Prinzipals. Vieles davon gilt auch für den Mittler. Zunächst wäre aber zu prüfen, ob die inkriminierte Handlung tatsächlich eine Dis- 46 positionsmaßnahme des Unternehmers darstellt. Dies setzt ein willentliches Verhalten des Unternehmers voraus. So mag es dem Unternehmer etwa freistehen, sein Vertriebssystem zu organisieren, indem er z.B. bestimmte Vertragspflichten ins Ausland aussourct. Ergeben sich daraus Pflichtverletzungen, etwa eine mangelhafte Belieferung von Tankstellen oder Vertragshändlern aufgrund der Verlagerung der Abteilung „Belieferung“, so war diese Folge meist nicht intendiert, d.h. keine Dispositionsmaßnahme. Immerhin mag es sich um eine mangelhafte Erfüllung der Organisationspflicht des Unternehmers handeln. Jedenfalls nach Abmahnung hat der Unternehmer auf Grund seiner Organisationspflicht die Mängel so rasch als möglich zu beseitigen, widrigenfalls er schadensersatzpflichtig wird. Einem Hersteller von Waren steht es grundsätzlich frei, den Absatz seiner Erzeugnisse 47 so zu organisieren, wie es ihm am zweckmäßigsten erscheint217. Er hat die Dispositionsfreiheit über sein Unternehmen, dessen Öffentlichkeitsdarstellung218 und die Geschäftspolitik219, soweit Gesetz oder Sozialbildung (Art. 14 GG) nicht zulässigerweise etwas Gegenteiliges bestimmen oder der Hersteller sich nicht vertraglich in einer bestimmten Weise gebunden hat. Wegen der allein ihm zustehenden Entschließungsfreiheit bleibt es seine Sache, ob und in welchem Umfang er eine Produktreihe oder seinen Betrieb umgestalten oder völlig einstellen220, ob er eine andere Herstellungsmethode verwenden oder ob er in der Qualität der Ware oder in der Preisgestaltung von Konkurrenzerzeugnissen abweichen will, insbesondere, sofern er dies aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen für erforderlich hält221. Der Unternehmer braucht – anders als der HV, der die Interessen des Unternehmers zu fördern hat – seine Interessen also nicht denjenigen des HV unterzuordnen und darf frei entscheiden, was in seinem geschäftlichen Interesse liegt222. Aus Rücksicht auf den HV muss er eine unternehmerische Entscheidung weder unterlassen noch zurückstellen. Dies gilt unabhängig davon, ob er zur Dispositionsmaßnahme gezwungen ist oder nicht223. Der HV-Vertrag gibt dem HV nicht das Recht, auf Entscheidungen des Unternehmers Einfluss zu nehmen, die dessen unternehmerische Sphäre betreffen224. Dieser unternehmerischen Gestaltungsfreiheit begibt sich der Unternehmer im

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 16. BGH EBE 1997, 290 (292). BGH, Urt. v. 09.11.1967 – VII ZR 40/65, BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; OLG München NJW-RR 2003, 401 (403). BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; BGH, Urt. v. 21.12.1964 – VII ZR 31/63 – unveröffentlicht; zitiert nach Küstner/Thume I Rn 682.

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BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 3. Hopt § 86a Rn 13. BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 3.

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gewissen Umfang, wenn er sich entschließt, seine Produkte durch Vertriebsmittler vermarkten zu lassen. Dann ist er verpflichtet, neben seinen eigenen unternehmerischen Interessen auch die Interessen seiner Mittler gebührend zu berücksichtigen und ihnen gegenüber obliegende Treu- und Förderungspflichten zu beachten (Rn 23 ff)225. Der Unternehmer muss sich fragen, ob er den schutzwürdigen Belangen des Mittlers oder den notwendigen betrieblichen Entscheidungen, die zu einer Beeinträchtigung der Rechte des Mittlers führen können, Vorrang einräumen will226. Diese Interessenabwägung führt nicht selten zu Schwierigkeiten, weil die Interessen beider Vertragsteile zwar im Hinblick auf die Gewinnmaximierung und den dazu erforderlichen Zwischenschritt, möglichst weitgehende Marktdurchdringung, übereinstimmen, im Hinblick auf die Details der Zusammenarbeit jedoch oft gegensätzlicher Natur sind227. Der Unternehmer möchte etwa Maßnahmen treffen, die die Kosten mindern und den Umsatz heben oder den Umsatzschwerpunkt verlagern, der Mittler möchte so tätig werden, wie ihm dies den bestmöglichen Gewinn bringt. Außerdem hat der HV Interesse an einem hohen Provisionssatz, der Unternehmer nicht. In der Tat geht es um ein Prinzip: Der HV ist von dem Wohl und Wehe des Betriebes 48 seines Unternehmers abhängig; er ist Hilfsperson des Unternehmers. Der HV hat aber keine Garantie des Erfolges seiner Hilfstätigkeit und ihrer Fortdauer zu beanspruchen. Darin liegt das Risiko, welches er selbst eingegangen ist, indem er sich mit dem Schicksal des Unternehmens verbunden hat. Weil der HV in dieser Weise wirtschaftlich abhängig bleibt und er Arbeit und Kosten in eine auf längere Zeit geplante Vermittlungstätigkeit investiert, hat der Unternehmer bei seinen unternehmerischen Entschließungen auch auf die Belange des HV gebührend Rücksicht zu nehmen. Damit steht die Dispositionsfreiheit des Unternehmers228 im Spannungsverhältnis zwischen Unternehmer- und HV-Rechten229, zudem im Wechselspiel mit den Treupflichten des Unternehmers, welche seine Dispositionsfreiheit begrenzen230. Die enge Verknüpfung zeigt sich daran, dass dieselben Fälle zum Teil unter dem Titel Treupflicht, zum Teil aber auch unter der Überschrift Dispositionsfreiheit geführt werden. Auch das Recht des Unternehmers auf Ungleichbehandlung der HV in seinem Vertriebssystem (Rn 36 ff) findet an diesen Gegenrechten seine Grenze231. Weil § 86a Abs. 2 in S. 2 davon spricht, dass der Unternehmer den HV über An49 nahme oder Ablehnung eines vermittelten Geschäfts zu unterrichten habe, so setzt es die grundsätzliche Freiheit der Entschließung des Unternehmers über den Geschäftsabschluss voraus. Sonst wäre der Unterschied zwischen Vermittlungs- und Abschlussvertreter nur ein ganz formaler. Abs. 2. S. 3 spricht davon, dass der Unternehmer den HV zu unterrichten habe, wenn er Geschäfte in Zukunft nur in erheblich geringerem Umfange abschließen könne „oder will“: auch damit ist ein Entschließungsspielraum des Unternehmers vorausgesetzt. Wenn § 86a Abs. 2 S. 3 lediglich eine Unterrichtung über die Verringerung der Geschäfte vorschreibt, wird daraus im Umkehrschluss zu entnehmen sein, dass keine Verpflichtung des Unternehmers zu gleichbleibender Lieferung besteht232. Der 225

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BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; BGHZ 136, 295; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17. BGH, Urt. v. 27.01.1972 – VII ZR 300/69, BGHZ 58, 140 (145) = NJW 1972, 1046; BGH Urt. v. 06.05. 1993 – I ZR 84/91,

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227 228 229 230 231 232

NJW-RR 1993, 1122 (1123); Küstner/ Thume I Rn 680. Thume in: Küstner/Thume I Rn 680. Küstner/Thume I Rn 606. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7. BGHZ 42, 59 = BB 1964, 823. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 8. Küstner/Thume I Rn 709.

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Unternehmer soll im Grundsatz frei darüber entscheiden dürfen, ob er den vermittelten Auftrag annimmt233. Weitergehend soll den vorgenannten Vorschriften der Grundsatz zu entnehmen sein, dass allein dem Unternehmer die Entschließungsfreiheit zustehe, wie er seinen Geschäftsbetrieb und seine kaufmännische Betätigung gestalte und dem HV kein Einfluss oder Mitspracherecht auf die Geschäftspolitik des Unternehmers zuzubilligen sei. Innerhalb des von Abs. 2 garantierten Kernbereichs ist die unternehmerische Dispositionsfreiheit zwingend234. Außerhalb dieses Kernbereichs ist die Selbstbestimmung des Unternehmers zumindest durch § 138 BGB geschützt Das Fehlen jeder Grenzen der Dispositionsfreiheit lässt sich § 86a Abs. 2 S. 3 aller- 50 dings nicht entnehmen. Dagegen spricht schon die immanente Begrenzung jedes Rechts, auch der Unternehmerrechte, durch Treupflichten, die in einem Dauerschuldverhältnis besonders intensiv sind. § 86a Abs. 2 S. 3 sagt nichts darüber aus, unter welchen Bedingungen eine Reduzierung des Geschäftsvolumens und eine Änderung der Geschäftspolitik möglich ist, sondern regelt in erster Linie für einen Spezialfall zulässiger Disposition die Informationspflicht. Die Frage der Grenzen der Dispositionsfreiheit blieb in dieser Norm ungeregelt und beantwortet sich alleine nach allg. Grundsätzen unter Berücksichtigung der Treupflichten. Danach bestimmt zwar der Unternehmer die Leitlinien der Vertriebspolitik. Solange er sich allerdings für ein Vertriebssystem mit unabhängigen Mittlern entscheidet, muss er bei seiner Vertriebspolitik auch Rücksicht auf deren Interessen nehmen. Es ist ihm also nicht bedingungslos alles gestattet, was die Interessen der Mittler berührt. Will er seine Dispositionsfreiheit in vollem Umfang wieder herstellen, hat er – soweit zulässig – die Vertriebsverträge zu kündigen, dann allerdings auch einen Ausgleich nach § 89b zu leisten. Scheut er dies, etwa weil er den Ausgleichsanspruch oder die Folgen eines unbetreuten Bezirkes meiden will, muss er seine eigenen Pflichten mit denen der Mittler in Konkordanz bringen. Die Rechte des Unternehmers finden also an den im Folgenden näher bestimmten Rechten des Mittlers ihre natürliche Grenze, insbesondere an der Rücksichtnahme- und Förderpflicht (Wechselwirkung)235. Dies gilt im gesamten Vertriebsmittlerrecht, also sowohl im Recht des HV wie der HV-ähnlichen Vertriebsmittler (z.B. Vertragshändler, Franchisenehmer). Hat sich der Unternehmer in bestimmten Branchen – etwa gegenüber Tankstellenvertretern oder allgemein bei der Tätigkeit von Abschlussvertretern – der Entscheidungsfreiheit über das einzelne Geschäft begeben, wird 86a Abs. 2 S. 3 nichts zu entnehmen sein. Es entspricht dann der Verkehrsüblichkeit, dass der Unternehmer die kontinuierliche Belieferung des HV zu sichern hat. Auch aus § 87a Abs. 3 lässt sich eine Begrenzung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit ableiten. Denn nach dieser Norm ist es dem Unternehmer jedenfalls nach Abschluss des Kundengeschäfts mit Wirkung gegen die Provision des HV untersagt, das bereits geschlossene Kundengeschäft aufzuheben. Danach gilt während der Vertragslaufzeit: Die seinen Betrieb betreffende kaufmänni- 51 sche Entschließungsfreiheit steht grundsätzlich allein dem Unternehmer zu236, selbst wenn er Normadressat des § 20 GWB ist237 (dazu Vor § 84 Rn 262 ff). Aus dem Umstand, dass der Provisionsanspruch und die Verdienstmöglichkeiten des HV von den geschäftlichen Maßnahmen des Unternehmers abhängig sind, rechtfertigt sich keine Einflussnahme des HV238. Der Entscheidungsspielraum des Unternehmers deckt sogar Maß233 234 235 236

BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 (1301) Rn 17. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7. BGHZ 26, 161; 49, 39; 93, 38 (Vertragshändlervertrag); BGH WM 1987, 595; 1993,

237 238

1464; 1725; OLG Düsseldorf HVR Nr 949; Hopt § 86a Rn 13. BGH WuW/E DE-R 1151, 2003, 395. BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Küstner/ Thume I Rn 681.

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nahmen, die objektiv gesehen unzweckmäßig sind oder sich im Nachhinein als verfehlt herausstellen. Der HV kann auch sonst keine Rechte aus angeblich oder wirklich mangelhafter Organisation oder Betriebsführung seines Unternehmers herleiten, sofern ihm dadurch Provisionschancen entgehen239. Jedoch finden die Rechte des Unternehmers ihre Grenzen an den zwischen den Parteien bestehenden vertraglichen Treupflichten, dem Rücksichtnahmegebot und dem Schikaneverbot (§ 226 BGB), Willkür240 sowie Treu und Glauben (§ 242 BGB), insbesondere an dem aus Treu und Glauben abgeleiteten Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Dabei können die Grenzen bei einzelfallbezogenen Dispositionen, etwa der Weigerung vorrätige Ware zu liefern, geringer sein als bei generellen Entscheidungen, etwa die fehlende Belieferung von Kunden aus vertriebspolitischer Grundsatzentscheidung241. Werden diese Grenzen nicht beachtet, wäre eine Disposition des Unternehmers gesetzwidrig und verletzte dessen Pflichten aus dem HV-Vertrag242. Der Unternehmer darf zwar nicht zum Abschluss des Geschäftes gezwungen werden. Er kann sich aber gegenüber dem HV schadenersatzpflichtig machen, wenn er aus unsachlichen Gründen den Abschluss eines vermittelten Geschäftes verweigert243. Dann wäre der Mindestschaden die Pflicht des Unternehmers, sich auf diese Maßnahme nicht zu berufen. Der BGH hatte, was die Frage von Annahme oder Ablehnung des vermittelten Ge52 schäfts anlangt, ursprünglich in BGHZ 26, 161 ff sich noch nicht ganz widerspruchsfrei geäußert. Hieß es dort auf S. 165, es müssten „vernünftige und einleuchtende Gründe“ vorliegen, wenn der Unternehmer durch Ablehnung des vermittelten Geschäfts den HV um den Lohn seiner Bemühungen verkürzen dürfe, so wenig später mit deutlicher Akzentverschiebung auf S. 166, der Unternehmer dürfe „nicht willkürlich, ohne vertretbaren Grund“ bei seinen geschäftlichen Dispositionen den Interessen des HV zuwiderhandeln. Die letztere Linie hat sich in der späteren Rechtsprechung des BGH durchgesetzt. Seit BGH BB 1960, 1222 herrscht, auch in der Literatur244, die Formel, dass die Entschließungen des Unternehmers nicht willkürlich oder in der Absicht, den HV zu schädigen245, getroffen werden dürfen. Der BGH betont, dass die Entschließungsfreiheit des Unternehmers keinen Freibrief für eine sinnlose Misswirtschaft darstelle246 und ihre Grenze finde, wo sich der Unternehmer willkürlich und ohne vertretbaren oder sachlichen Grund über die schutzwürdigen Belange seines HV hinwegsetze247 oder ihnen zuwiderhandele248. Der HV müsse ihm nachteilige betriebsändernde Maßnahmen des Unternehmers nicht nur dann hinnehmen, falls der Unternehmer zu diesen Maßnahmen wirtschaftlich gezwungen sei249. Vielmehr gelte dies für jede Maßnahme des Unternehmers, die ihm wirtschaftlich und sinnvoll erscheine, mit der er aber nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund den Interessen des HV zuwiderhandele.

239 240 241 242

243

BGH BB 1960, 1222. Westphal I Rn 418. Canaris § 17 Rn 36. BGHZ 26, 161; BGHZ 58, 140; BGH NJWRR 1993, 1122 (1123); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 8; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 20; Schröder § 86a Rn 14, 15, 21. BGH BB 1960, 1221 (1222); OLG Düsseldorf OLGR 1998, 11 (13); Hopt § 86a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17.

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244 245 246 247

248 249

Statt vieler: Schröder § 87 Rn 70a. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 10. BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Küstner/Thume I Rn 683. BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; BGH NJW 1959, 1964 = HVR Nr. 209; BGH DB 1972, 524. Küstner/Thume I Rn 683. BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 494.

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II. Willkür Die jede Disposition des Unternehmers begrenzende Willkür soll nach heute wohl 53 h.M. vorliegen, wenn die vom Unternehmer getroffene Entscheidung ohne Prüfung und Abwägung der Gegebenheiten erfolgt, dass ihm eingeräumte unternehmerische Ermessen also nicht ausgeübt worden ist250, oder die Entscheidung bereits aus subjektiver Sicht des Unternehmers nicht durch wirtschaftlich vernünftige und sinnvolle251, sondern allein durch sachfremde Erwägungen veranlasst worden ist, im Extremfall um den HV zu schädigen252. Diese Abgrenzung dürfte das subjektive Element zu sehr betonen.

III. Objektiver Maßstab Man wird die Grenzen der Dispositionsfreiheit weitgehend von subjektiven Elemen- 54 ten befreien und das in dem Begriff der Willkür liegende, ohnehin kaum nachweisbare subjektive Element beiseite setzen müssen: Unzulässig ist bereits eine aus der Sicht eines vernünftigen Unternehmers unvertretbare Maßnahme. Auch sonst ist in Dauerschuldverhältnissen kein Vertragspartner bis zur Grenze der Willkür frei; regelmäßig schadet schon einfache Fahrlässigkeit. Dessen ungeachet: Nicht willkürlich sind wirtschaftlich vertretbare und sinnvolle oder jedenfalls aus der Sicht eines ordentlichen Kaufmanns noch nachvollziehbare und verständliche Entscheidungen253. Fehler in Organisation und Abläufen im Betrieb des Unternehmers sind kein Indiz für Willkür254. Die Frage, ob eine unvertretbare Maßnahme vorliegt, bleibt – wie richtigerweise auch die Frage, ob Willkür existiert, aus der Sicht eines objektiven Dritten mit optimaler Tatsachenkenntnis zu bestimmen wäre – objektiv zu beantworten. Der Maßstab der Unrechtmäßigkeit ist damit nicht die (allein subjektive) Sicht der Dinge des Unternehmers im Zeitpunkt seiner Entscheidung255. Doch auch subjektive Elemente sind nicht völlig auszublenden: Willkür und unsachliche Gründe sind ausgeschlossen, sofern der Unternehmer aus beachtlichen Gründen ein Dispositionsrecht annahm und aus der Sicht eines vernünftigen Unternehmers auch annehmen durfte256. Beachtliche Gründe, die eine unsachliche Ablehnung eines Geschäftes ausschließen, können etwa in der Überlastung des Betriebs, in Materialknappheit oder in der Person des Geschäftspartners bestehen257. Willkür und Unsachlichkeit liegen vor, wenn der Unternehmer ein Geschäft lediglich deshalb ablehnt, um dem HV die weitere Tätigkeit zu verleiden258. Es überschreitet keinesfalls die Befugnis eines Gerichts, sich insoweit in die Geschäftspolitik eines Unternehmens zu mischen und dessen Entscheidung darauf zu überprüfen, ob sie auf einem vernünftigen und einleuchtenden Grund beruht259. Auch ist nicht jede plausibel klingende Begründung hinzunehmen260. Deshalb liegt eine unrechtmäßige Maßnahme nicht schon dann vor, wenn eine Abwägung des Für und Wider durch den Unternehmer überhaupt nicht stattgefunden hat261: es kommt auf 250 251 252 253

254 255

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70a. BGH NJW 1959, 1964 (1965); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 10. BGHZ 49, 39 (42); BGHZ 58, 140 (145); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 9. So Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 3.

256 257 258 259 260 261

MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. AA LG Hamburg, Urt. v. 12.06.2006 – 415 O 17/06. AA LG Hamburg, Urt. v. 12.06.2006 – 415 O 17/06. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 21.

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das vertretbare Ergebnis an. Der Vergleich zum Ermessensfehlgebrauch durch Ermessensnichtgebrauch im Verwaltungsrecht liegt angesichts des objektiven Kontrollmaßstabs fern. Um beurteilen zu können, ob eine Maßnahme rechtmäßig war, darf der Mittler vom Unternehmer Auskunft über die Gründe der Maßnahme fordern262. Willkürlichen oder unvertretbaren Entscheidungen gleichen Umgehungsgeschäfte 55 zwecks Ausschaltung der Rechte des HV263, z.B. die Einstellung des Betriebs bei gleichzeitiger Verlagerung auf ein vom Unternehmer neu gegründetes Unternehmen264. Übernimmt etwa eine GmbH die Geschäfte ihrer Tochtergesellschaft, einer KG, und beliefert sie Kunden mit Produkten, für welche die Tochtergesellschaft einem HV Provision zu zahlen hätte, so ist es objektiv missbräuchlich, wenn sich die GmbH auf die rechtliche Selbständigkeit der Unternehmen beruft265. Der Unternehmer darf mittels abhängiger Dritter Treupflichten nicht umgehen266.

IV. Steigende Schutzpflichten je nach Gefährdung des Mittlers 56

Je erheblicher die Investitionen des Mittlers umso höher ist die Schutzpflicht des Unternehmers ausgeprägt. Deshalb hat der BGH267 die Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Unternehmers auch mit den Aufwendungen an Zeit und Geld des HV begründet. Besonders eng sind die Schranken der Dispositionsfreiheit in für die Mittler investitionsintensiven Branchen. Paradigma ist das Kfz-Vertragshändler- sowie das Franchiserecht. Auch im HV-Bereich kann der Vertrieb ähnlich kostenintensiv sein, wie die Existenz von Kfz-HV (Mercedes-Benz) zeigt.

V. Kündigung vor Umsetzung der Dispositionsmaßnahme? 57

Der Grad des Verstoßes gegen die Grenzen der Dispositionspflicht bestimmt über die vom Unternehmer geforderten Umsetzungsmaßnahmen. Liegt ein Verstoß gegen Rücksichtnahmepflichten vor, darf der Unternehmer die Maßnahme nicht einfach umsetzen. Er hat sich vielmehr von seinen Rücksichtnahmepflichten durch Kündigung der Mittlerverträge zu befreien und zum (investitionsintensiven) Eigenvertrieb überzugehen. Schon wegen des Verbots der Teilkündigung und der stillschweigenden Aushöhlung von Vertragsrechten durch tatsächliche Maßnahmen wird man von der Möglichkeit der Kündigung nicht a maiore ad minus zum Recht auf Umsetzung der Dispositionsmaßnahme schließen dürfen; das verbieten die aus dem bestehenden Vertrag herrührenden Treupflichten, derer sich der Unternehmer zuvor wirksam (durch Vertragsbeendigung) entledigen muss. Bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hat er mit der Realisierung der inkriminierten Maßnahme zu warten. Er darf auch mit der Kündigung einen

262

263 264

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70. Hopt § 86a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18; anschaulicher Fall BGH, Urt. v. 30.01.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785 (1786).

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267

OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2000 – 16 U 32/99, OLGR Düsseldorf 2000, 425 = GmbHR 2000, 1205. OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219.

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neuen Vertrag anbieten, der die beabsichtigte Maßnahme gestattet, soweit die Vereinbarung nach §§ 84 HGB, 242 BGB, 305 ff BGB zulässig ist (Änderungskündigung). Ist dem Unternehmer eine Umsetzungszeit bis zum Ende der Kündigungsfrist objektiv unzumutbar, muss er außerordentlich – jedoch ausgleichserhaltend, weil ein schuldhaftes Verhalten des Mittlers nicht vorliegt – kündigen. Unzumutbarkeit besteht bei Existenzgefährdung: Der Unternehmer kann in dieser Situation nicht gehalten sein, nur wegen der Verdienstmöglichkeiten des HV mit Verlust weiterzuproduzieren268. Ohne Kündigung bleibt die Durchführung vertragswidrig; der HV darf Unterlassung und ggf. Schadenersatz verlangen. Reicht die Unzweckmäßigkeit der Maßnahme so weit, dass der Bereich einer willkürlichen Schädigung erreicht ist, dürfte auch eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein. Die Treupflichten führen zu einem Kündigungsausschluss, weil auf andere Weise der Schutz des HV vor derart willkürlichen Entscheidungen nicht zu erreichen ist. In diesem Fall wäre die Umsetzung und damit auch eine sie vorbereitende Kündigung unzulässig. Sie käme einer unzulässigen Schikanekündigung nahe. Eine bereits ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Ob in der Information des Unternehmers über eine bestimmte Maßnahme, etwa dass er die Herstellung aller dem HV zum Vertrieb übertragenen Produkte einstellt oder die Kunden des HV nicht mehr beliefert, eine Kündigungserklärung liegt, ist nach §§ 133, 157 BGB zu bestimmen. Hierzu muss der Wille zur Vertragsbeendigung deutlich zum Ausdruck kommen269. Im Zweifel fehlt eine Kündigung270. In der Mitteilung des Unternehmers, er stelle die Herstellung des dem HV zum Vertrieb gegebenen Produkts ein, werde den Kundenkreis des HV nicht mehr beliefern oder zum Vertrieb durch Angestellte übergehen, kann je nach Situation (§§ 133, 157 BGB) eine Kündigungserklärung liegen, falls der rechtsverbindliche Wille zur Vertragsbeendigung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt271. Der HV kann die Information des Unternehmers über die Dispositionsmaßnahme zum Anlass einer ausgleichserhaltenden Kündigung aus begründetem Anlass gem. § 89b Abs. 3 Nr. 1 nehmen.

VI. Rechtzeitige Information des Mittlers Ist eine Disposition zulässig, hat der Unternehmer so früh als möglich über sie zu 58 informieren272. Unterlässt er die rechtzeitige Information, so darf der HV den bei zeitgerechter Information vermeidbaren Schaden ersetzt verlangen273. Je nach Eingriffsgewicht verlängert sich die Frist zwischen Information und Vornahme. Vor Maßnahmen, die wirtschaftlich an eine Kündigung heranreichen, entspricht der Zeitraum zwischen Information und Maßnahme den Fristen des § 89. Die Frist wird dann Auslauffrist genannt; sie muss angemessen sein274. Ende275 befürwortet eine Frist von 3–6 Monaten. Bei derart erheblichen Eingriffen ist es oft mit einer Dispositionsmaßnahme nicht getan. Vielmehr ist eine (Änderungs-) Kündigung erforderlich. Erfolgt eine Maßnahme aufgrund vernünftiger kaufmännischer Erwägungen, unterlässt der Unternehmer jedoch die Mitteilung, darf der HV i.d.R. nur Ersatz der Aufwendungen verlangen, die bei ordnungsgemäßer

268 269 270 271

BGH BB 1959, 864 = NJW 1959, 164; Küstner/Thume I Rn 687. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 36; Schröder § 86a Rn 14b. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 36; Schröder § 86a Rn 14b.

272 273 274 275

Hopt § 86a Rn 14. BGHZ 49, 39. Vgl. DIS-Schiedsgericht DB-Beil. Nr. 11/1999, 13; Ende NJW 1999, 326. Ende NJW 1999, 326.

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Unterrichtung nicht entstanden wären276. Schadenersatz wegen entgangener Provision kann in diesem Fall nicht gefordert werden. Denn die fehlende Information ist für den Provisionsausfall nicht ursächlich. Ursächlich ist vielmehr die nachvollziehbare und vernünftige Entscheidung des Unternehmers277.

VII. Abwägungsgebot 59

Auch wenn die o.g. Grenzen des Rechtsmissbrauchs, der Treupflichtverletzung oder der Schikane nicht erreicht sind, muss der Unternehmer die Vorteile für sich und die den HV treffenden Nachteile gegeneinander abwägen. Greift eine Maßnahme schwer in Rechte des Mittlers ein, ohne durch mindestens gleichwertige Interessen des Unternehmers gerechtfertigt zu sein, so hat der Unternehmer entweder das Einverständnis des Mittlers einzuholen oder die Maßnahme bis zum Wirksamwerden einer ordentlichen Kündigung zu unterlassen. Die Dispositionsfreiheit des Unternehmers erhöht sich, wenn er dem Mittler als Ausgleich eine finanzielle Vergütung zusichert. Auch dann kann jedoch ein Treupflichtverstoß vorliegen, falls der Mittler von seinem Kundenstamm ferngehalten und ihm hierdurch die Möglichkeit zu zukünftiger Kundenwerbung und damit zur Steigerung seiner Gewinne verwehrt wird (ein Problem etwa bei der Freistellung). Nicht in allen Fällen richtig ist es, dass der Unternehmer den eigenen geschäftlichen Interessen, die eine bestimmte Maßnahme als geboten erscheinen lassen, im allgemeinen den Vorrang vor den Interessen des Mittlers geben dürfe und dessen Interessen nach Treu und Glauben nur dann den Vorzug verdienten, falls sie gegenüber denen des Unternehmers wesentlich überwögen278. Bedenklich ist auch die Aussage, der Mittler müsse nachteilige betriebsändernde Maßnahmen nicht nur hinnehmen, wenn der Unternehmer zu diesen Maßnahmen wirtschaftlich gezwungen sei, sondern auch jede Maßnahme des Unternehmers, die jenem wirtschaftlich und sinnvoll erscheine und mit der er nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund den Interessen des HV zuwiderhandele279. Richtig ist vielmehr, dass es in jedem Fall auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen nach den vorgenannten Maßstäben ankommt.

VIII. Kasuistik 60

Der Unternehmer darf sein Dispositionsrecht auf jede zulässige Art und Weise ausüben, etwa durch Vertragskündigung und Weisungen280. Ausfluss der Dispositionsfreiheit sind beispielsweise folgende Rechte des Unternehmers: – Abschluss und Nichtabschluss eines Geschäfts/Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts: Wie ausgeführt, soll sich aus § 86a Abs. 2 S. 3 (= Art. 4 Abs. 3 RL) der Grundsatz entnehmen lassen, allein der Unternehmer entscheide über die Annahme oder Ablehnung des Geschäftes281. Der HV habe keinen Anspruch auf Abschluss282, selbst

276 277 278

279 280 281

Küstner/Thume I Rn 666. Küstner/Thume I Rn 666. So angeblich BGH, Urt. v. 27.10.1966 – VIII ZR 157/64 – n.v.; zitiert nach Küstner/Thume I Rn 682. So aber Küstner/Thume I Rn 684. Küstner/Thume I Rn 686. BGH NJW 1958, 1138 (1139); BGH, Urt.

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v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59, BB 1960, 1222; Küstner/Thume I Rn 708; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 5; Hopt § 86a Rn 13, § 87 Rn 8; Schröder § 87 Rn 70–70b. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5; Hopt § 87 Rn 8; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 16.

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wenn er das Geschäft wegen des vertragsbegleitenden Wettbewerbsverbots für keinen anderen Unternehmer vermitteln dürfe283. § 615 BGB sei insoweit nicht anwendbar284. Der BGH hat es obiter sogar für möglich gehalten, der Unternehmer dürfe – etwa weil er zukünftig nur noch Großhändler und keine Endkunden mehr beliefern wolle – alle Vertragsabschlüsse, die der HV vermittelt oder vermitteln könnte, ablehnen285. Wenn er damit ausdrücken wollte, dass auch ohne eine Kündigungsfrist eine kündigungsgleiche Wirkung durch Umstellung des Vertriebssystems hergestellt werden darf, wäre dies abzulehnen286. Tatsächlich regelt § 86a Abs. 2 S. 3 lediglich die Mitteilungspflicht, nicht aber, ob eine Verpflichtung zur Annahme besteht bzw. welchen Grenzen die Dispositionsfreiheit des Unternehmers unterliegt. Vielmehr darf der Unternehmer Geschäfte nur ablehnen, wenn hierfür den Interessen des Mittlers mindestens gleichwertige, sachliche Gründe bestehen, etwa fehlende Kapazitäten, eine Überlastung des Betriebs, eine entgegenstehende und sinnvolle Marktstrategie, Materialknappheit, ein beabsichtigter Produktionswechsel oder Zweifel des Unternehmers hinsichtlich der Person des Kunden287 etc. Alles andere wäre widersprüchliches Verhalten, nachdem der HV durch den Vertrag die Annahme seiner Vermittlungsbemühungen erwarten darf (§§ 162, 242 BGB)288. Der Unternehmer darf sich zudem durch Absprachen hinsichtlich der Annahme oder Nichtannahme eines Geschäftes binden289. Ansonsten besteht keine Pflicht des Unternehmers, das abgeschlossene Geschäft wie vermittelt auszuführen290 (das Schicksal des Provisionsanspruchs bestimmt sich dann nach § 87a Abs. 3) – Änderung des Vertriebsgebietes: ein Änderungsvorbehalt soll individualvertraglich zulässig sein291 (zur Unzulässigkeit einseitiger Änderungsvorbehalte in AGB Vor § 84 Rn 42). Dabei wird man jedoch unterscheiden müssen: Kommt der Änderung des Vertriebsgebietes kündigungsgleiche Wirkung zu, handelt es sich um eine unzulässige Teilkündigung. Sie wäre nur als Änderungskündigung zulässig. In jedem Fall müssten bei einer wesentlichen Änderung die Fristen des § 89 eingehalten werden – Änderung des Vertriebssystems, etwa Ausschluss bestimmter Abnehmergruppen292; z.B. die Umstellung der Belieferung von Endverbrauchern auf den Fachhandel293, sogar wenn es sich um feste Kunden des HV handelt294, ebenso die durch einen Versicherer vorgenommene Umstellung auf einen Vertrieb ausschließlich durch Versicherungsvertreter295 oder die Belieferung nur noch des Großhandels statt von Einzelhändlern296 – Betriebsbedingte Kündigungen: Entscheidet sich ein Unternehmer auf Grund eines schlüssigen Konzepts, ein bestimmtes Produkt nur noch durch selbstständige HV ver283 284

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286 287

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5. Höft VersR 1969, 875 (876); Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 5; aA Steindorff ZHR 130 (1968), 82 (84 ff). BGH, Urt. v. 01.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde), Rn 26. Emde EWiR 2008, 721. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. Canaris § 17 Rn 59. BGH, Urt. v. 16.12.1998 – VIII ZR 38/97, NJW-RR 1999, 539.

290 291 292 293 294

295 296

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5. Westphal II Rn 365. Westphal I Rn 424. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). BGHZ 49, 39 (42); BGH, Urt. v. 22.01.1987 – I ZR 126/85, NJW-RR 1987, 873; siehe auch Steindorff ZHR 130 (1968), 82 ff (91). OLG München, Urt. v. 10.06.2010 – U (K) 5651/09, BeckRS 2010, 27186. BGH, Urt. v. 01.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde), Rn 26.

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treiben zu lassen, ansonsten im Vertrieb aber weiterhin Arbeitnehmer einzusetzen, rechtfertigt dies eine betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers, wenn infolge dieser Umstellung Arbeitsplätze entfallen. Von den ArbG ist ein solches Konzept nicht auf seine Zweckmäßigkeit, sondern lediglich darauf zu überprüfen, ob es nicht offenkundig unvernünftig oder willkürlich ist297 Direktvertrieb etwa durch eigene Tochtergesellschaften: Selbst als Normadressat des § 20 GWB ist der Unternehmer nicht daran gehindert, zum Direktvertrieb298, auch über unternehmenseigene Tochtergesellschaften, überzugehen. Beschäftigt er jedoch unabhängige Vertriebsmittler, trifft ihn die grundsätzliche Pflicht zur Gleichbehandlung gegenüber den konzerneigenen Vertriebsmittlern299 Einsatz weiterer Vertriebsmittler: Der Unternehmer darf weitere HV oder Vertriebsmittler einsetzen, auch wenn dadurch der vertraglich nicht geschützte Arbeitsbereich des HV verkleinert wird300 Investitionen: Der Unternehmer braucht keine unrentable Investition im Interesse des HV vorzunehmen301. So hat der BGH302 den Belieferungsanspruch eines TankstellenHV abgelehnt, der trotz Unrentabilität auch mit bleifreiem Super sowie Diesel beliefert werden wollte Kauf eines Wettbewerbers: Kauft der Unternehmer einen Wettbewerber, so darf er diesen als separates Unternehmen weiterführen, falls der Wettbewerber zuvor eigenständig am Markt tätig war. Denn der HV wird nicht schlechter gestellt, falls er – wie bisher – gegen die konkurrierenden Produkte des nun konzerneigenen Unternehmens antreten muss303. Der Unternehmer muss aber auf eine saubere Trennung der Sphären der bisher mit widerstreitenden Interessen am Markt agierenden Unternehmen achten und darf vom HV erhaltene Informationen nicht zum Vorteil des Wettbewerbers und zum Nachteil des HV einsetzen. Auch darf der Unternehmer keine Geschäftsinterna des Unternehmens, für welches der HV arbeitet, zu Gunsten des anderen Unternehmers verwenden. Diskutiert werden kann, ob der bisherige Wettbewerber nach äußerem Anschein und Austauschbarkeit identische Produkte des Unternehmers veräußern darf, weil dann der Unternehmer seinem eigenen HV als Wettbewerber entgegentreten würde Kontingentierung: Der Unternehmer darf Waren kontingentieren, wenn sie knapp werden oder er sie aus anderen Gründen, etwa wegen mangelnder Finanzkraft, nicht in ausreichenden Mengen produzieren kann304. Die Kontingentierung muss jedoch diskriminierungsfrei erfolgen und den Grundsatz der Gleichbehandlung unter den HV – gleiche Umstände unterstellt – beachten. Der Unternehmer muss dem HV ggf. auf anderem Wege einen angemessenen Ausgleich für den Verlust an Provisionen bieten, etwa durch Gestattung einer Wettbewerbstätigkeit305

297 298

299 300

BAG, Urt. v. 13.03.2008 – 2 AZR 1037/06, NJW 2008, 2872. BGH, Urt. v. 04.04.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) Rn 39 f; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14, 15 und 23; vgl. MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 27; zum Ganzen Hopt ZIP 1996, 1809. BGH WuW/E DE-R 1151, 2003, 395. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21.

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301 302 303 304

305

Westphal I Rn 421. BGH DB 1983, 2122. AA Küstner/Thume I Rn 703. BGH, Urt. v. 07.10.1968 – VII ZR 21/66 – unveröffentlicht, zitiert nach Küstner/ Thume I Rn 704. BGH, Urt. v. 07.10.1968 – VII ZR 21/66 – unveröffentlicht; zitiert nach Küstner/ Thume I Rn 705.

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§ 86a

– Modellwechsel: Der Unternehmer hat das Recht einen Modellwechsel durchzuführen, etwa bei der Kfz-Herstellung306. Eine Übernahme der für den Mittler hierdurch entstehenden Kosten scheidet im Grundsatz aus307, es sei denn, bei der Mehrzahl der Mittler steht die Höhe der Kosten außer Relation zu dem Nutzen308 oder es liegt ein WGG vor309. Einzelne Mittler haben wegen des Modellwechsels – im Vertragshändlerrecht auch wegen der erforderlichen Gleichbehandlung – kein Recht auf Erhöhung der Vergütung; die Vergütung ist generell anzuheben310. Zum Vertrieb einer neuen Modellklasse mit völlig abweichenden Sortiment sind die Mittler aber nicht verpflichtet311 – Nichtbelieferung von Kleinkunden: Der Unternehmer darf sich entschließen, aus Gründen der Rationalisierung kleine und kleinste Kunden nicht mehr zu beliefern312. Er muss jedoch eine Änderungskündigung mit der gegebenen ordentlichen Kündigungsfrist aussprechen, wenn die Kunden des HV zu mehr als 30 % aus solchen Kleinkunden bestehen, weil die Maßnahme sonst kündigungsgleiche Wirkung zeitigt – Organisation des Betriebs des Unternehmers: Umstellung der Produktion, Einstellung der Produktion des bisher vertriebenen Artikels313, Aufgabe314, Veräußerung, Verpachtung des Betriebs, Änderung der Vertriebsorganisation: hier überall handelt es sich um unternehmerische Entscheidungen, die der Unternehmer aus übergeordneten betrieblichen und unternehmenspolitischen Erwägungen heraus trifft und treffen darf, selbst falls der Tätigkeitsspielraum des HV dadurch eingeengt wird oder gar zum Erliegen kommt. Der Unternehmer hat das Recht, seinen Betrieb so einzurichten und ggf. umzugestalten, wie es ihm wirtschaftlich sinnvoll und vernünftig erscheint: dass er durch betriebliche Notwendigkeiten hierzu geradezu gezwungen wurde, ist nicht zu fordern315. Insbesondere legt der HV-Vertrag dem Unternehmer nicht die Pflicht auf, seinen Betrieb in unverändertem Umfange weiterzuführen316. Kein Unternehmer ist gehalten, eine unrentabel gewordene Produktion nur deshalb fortzuführen, um dem HV weitere Gelegenheit zur Vermittlung von Geschäften zu geben317. Abermals muss der HV das hinnehmen, solange seine Interessen dabei nicht unvertretbar unbeachtet geblieben sind oder eine bewusste Schädigung seiner Interessen obgewaltet hat. Die dem HV geschuldete Rücksichtnahme wird alsdann durch die Pflicht zur rechtzeitigen Benachrichtigung geübt (Rn 58) – Produktionserweiterung: Der Unternehmer darf seine Produktion erweitern, auch wenn durch diese Produktionserweiterung der HV in eine Konfliktsituation gerät, weil ein von ihm ebenfalls vertretenes Unternehmen bereits die Produkte herstellt, die jetzt auch der erweiternde Unternehmer produziert (siehe § 86 Rn 109 ff)318. Es ist das Risiko des HV, welche Zweitvertretung und welche daraus herrührenden Risiken er übernimmt

306 307 308 309 310 311 312

Habersack/Ulmer S. 60. Habersack/Ulmer S. 60. Habersack/Ulmer S. 62. Habersack/Ulmer S. 63. Habersack/Ulmer S. 63. Habersack/Ulmer S. 62. BGH, Urt. v. 01.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde); BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; Küstner/ Thume I Rn 689.

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BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14c und § 87 Rn 71. BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219. BGHZ 49, 39 (42); BGH DB 1972, 524. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 15. BGH NJW 1959, 1964. Küstner/Thume I Rn 688, 1874.

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– Produktionseinstellung: Der Unternehmer darf seine Produktion einstellen319, ohne Notwendigkeit einer früheren Einstellung jedoch nur nach Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist320. Eine Notwendigkeit besteht im Falle der Unrentabilität der Produktionsfortsetzung. Der Vertrag darf in dieser Situation mittels außerordentlicher Kündigung beendet werden321. Angesichts einer unrentabel gewordenen Fertigung kann der Unternehmer nicht gehalten sein, nur wegen der Verdienstmöglichkeiten des HV mit Verlust weiterzuproduzieren322. Er muss nicht den wirtschaftlichen Niedergang abwarten, sondern darf den Vertrag zuvor außerordentlich kündigen323. Durch den Abschluss eines Vertrages kurz vor Produktionseinstellung übernimmt der Unternehmer kein von ihm zu tragendes Risiko. Davon könnte nur ausgegangen werden, wenn der Unternehmer in voller Kenntnis seiner eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten einen Vertriebsvertrag mit langer ordentlicher Kündigungsfrist abschließt324. Fehlt die Notwendigkeit zu einer außerordentlichen Kündigung, begründet die vorgesehene Betriebseinstellung kein außerordentliches Kündigungsrecht325, weil der Unternehmer sich sonst selbst wichtige Kündigungsgründe schaffen dürfte. Der Unternehmer muss den HV so früh als möglich über die Produktionseinstellung unterrichten326, und zwar, soweit keine zwingenden Gründe entgegenstehen, binnen der vereinbarten, hilfsweise der gesetzlichen Kündigungsfrist. Wird nicht ordentlich gekündigt, trifft den Unternehmer eine Schadensersatzpflicht, falls die Betriebseinstellung nicht durch vertretbare Gründe veranlasst wurde327. Der Unternehmer hat den HV dann für die Verdienstausfälle bis zum Zeitpunkt eines ordentlichen oder außerordentlichen Kündigungsrechts zu entschädigen328. Anderweitige Gewinne des HV sind auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen329. Denkbar sind bei Aufgabe des Betriebes Fälle, die im Zwischenfeld zwischen „betrieblich sinnvoll“ und „unvertretbar“ liegen. Eine oHG wird aufgelöst, weil die Gesellschafter aus persönlichen Gründen heillos zerstritten sind und es bei dem Ausmaß des Zerwürfnisses nicht einmal zu einem gemeinsamen Verkauf des Unternehmens kommt. Das Gleiche kann sich bei einer GmbH ereignen. Von einer unvertretbaren Maßnahme lässt sich dann nicht sprechen. Aber auch nicht davon, dass die zur Auflösung der oHG und zur Aufgabe des Betriebs führende Beschlussfassung wirtschaftlich irgend sinnvoll gewesen sei, da im Gegenteil wirtschaftliche Werte sinnlos zerschlagen werden. Der HV ist ein ebenso sinnloses Opfer dieser Zuspitzung der Dinge. Hier mag man über den von Steindorff 330 entwickelten Gedanken des Annahmeverzuges aus der Risikosphäre des Unternehmers nachdenken. Dass ein Unternehmen aus unternehmensbedingten Gründen stillgelegt wird, ist das Risiko des HV. Dass ihm die Grundlage seines Weiterbestehens entzogen wird, weil der Unternehmer

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BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; DISSchiedsgericht, DB-Beil. Nr. 11/1999, 13. Ein DIS-Schiedsgericht, DB-Beil. Nr. 11/1999, 13 (zust. Ende NJW 1999, 326) gab dem Unternehmer jedoch das Recht zur außerordentlichen Kündigung, aber nur mit einer Auslauffrist von 6 Monaten. Das wird nur ganz ausnahmsweise zulässig sein. DIS-Schiedsgericht, DB-Beil. Nr. 11/1999, 13. BGH BB 1959, 864 = NJW 1959, 164; Küstner/Thume I Rn 687. DIS-Schiedsgericht DB-Beil. Nr. 11/1999, 13.

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DIS-Schiedsgericht DB-Beil. Nr. 11/1999, 13. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23. RAG, Urt. v. 16.05.1931, ARS 12, 274 (276); vgl. BGH, Urt. v. 07.02.1974, BB 1974, 434 = NJW 1974, 795; Küstner in: Küstner/Thume, I Rn 1877. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23: Schadensersatzverpflichtung nur bei Willkür und Fehlen wirtschaftlich vernünftiger oder sinnvoller Erwägungen. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. ZHR 130 (1967) 88 ff; zust. Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 20.

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eine Personenmehrheit ist, die keinen einheitlichen Unternehmensführungswillen mehr aufzubringen vermag, liegt in der Sphäre und Risikobereich des Unternehmers. Die Unternehmergesellschaft befindet sich, falls das HV-Verhältnis bis zum Endtermin einer ausgesprochenen Kündigung noch über einige Zeit läuft, im Annahmeverzug. Die Folge ist die Weiterzahlung eines Fixums, sonst einer angemessenen Entschädigung analog § 642 BGB. Ausgleichsansprüche gegen die Liquidationsmasse bleiben unberührt, können jedoch ausscheiden, wenn infolge der Betriebsstilllegung keine Vorteile des Unternehmers verbleiben (§ 89b Rn 129) Rechenschaftspflicht: Ausfluss des Dispositionsrechts des Unternehmers soll es sein, dass er dem HV keine Rechenschaft über seine Entschließungen schulden soll331. Das kann richtig sein, soweit sich die Maßnahmen des Unternehmers nicht auf den Vertrieb auswirken. Ist dies jedoch der Fall und berühren sie die Interessen des HV, hat der Unternehmer sie auf Nachfrage zu erläutern, soweit ihr Grund nicht offensichtlich ist und kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. Insbesondere hat der Unternehmer dem HV auf Verlangen die für die getroffene Entscheidung maßgeblichen Gründe mitzuteilen, wenn der Verdacht eines unsachlichen oder willkürlichen Verhaltens besteht, weil dann ein Schadenersatzanspruch des HV eingreifen mag332. Der HV muss sein Informationsinteresse darlegen, z.B. Anhaltspunkte für ein willkürliches oder schädigendes Verhaltens des Unternehmers. Das Auskunftsinteresse ist bereits im Falle der Möglichkeit eines solchen Verhaltens begründet; des Beweises bedarf es nicht, weil die Information überflüssig wäre, sofern der HV bereits zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens Willkür oder schädigendes Verhalten beweisen könnte333 Umsetzungsrecht: Wenn dem HV ein bestimmter Bezirk oder ein Arbeitsgebiet nicht vertraglich zugewiesen ist, soll der Unternehmer ihn kraft seiner Organisationsgewalt einseitig durch Weisung in einem anderen Gebiet einsetzen dürfen334; sofern der Unternehmer die dafür anfallenden Mehrkosten erstattet oder durch entsprechend höhere Provisionszahlungen ausgleicht. Auf diese Weisungsbefugnis soll die Zulässigkeit eines nicht ausdrücklich vereinbarten Rotationssystems zurückgeführt werden dürfen, bei welchem die HV laufend in verschiedenen Bezirken tätig werden. Diese Ansicht ist zweifelhaft, weil meist eine Tätigkeit im „Ausgangsbezirk“ (ggf. konkludente) Vertragsgrundlage sein wird. Davon wird insbesondere bei langjähriger Tätigkeit des HV in einem Gebiet und der Unüblichkeit solcher „Versetzungen“ auszugehen sein Vertragshoheit: Der Unternehmer darf neue Verträge in sein Vertriebssystem einführen, etwa bei Änderung einer kartellrechtlichen GVO335 Werbung: Dem Unternehmer steht die Entscheidung darüber zu, ob, und wenn ja, wie er ggf. für sein Produkt werben will336. Die allgemeine Produktwerbung ist seine Angelegenheit337. Auf die schutzwürdigen und berechtigten Belange des Mittlers muss er

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17; Schröder § 87 Rn 70. Zu Letzterem aA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 11. Schröder § 86 Rn 15. BGH, Urt. v. 08.05.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = WuW DE-R 2045 = WuW 2007, 917 = EWiR 2007, 547 (Emde). Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 6.

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BGH, Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96, EBE 1997, 290 (292); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b, 44d; Hopt § 86 Rn 51; Koller/Roth/Morck § 86 Rn 3, 11; Bruck/Möller VVG Vor §§ 43-46 Anm. 224; Herschel/Beine Handbuch zum Recht des Handelsvertreters 1954 S. 44; Rittner DB 1999, 2097 (2099).

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bei seiner Werbung Rücksicht nehmen338. Der Unternehmer darf den Mittler bei der Werbung nicht vorsätzlich oder fahrlässig schädigen339. Der Mittler kann die Kosten für selbst veranlasste Werbemaßnahmen ohne entsprechender Vereinbarung im Vertriebsvertrag trotz §§ 675, 670 BGB nicht vom Unternehmer ersetzt verlangen340. Das Dispositionsrecht des Unternehmers ist in folgenden Konstellationen überschritten: Bestandswegnahme: Ein Versicherungsunternehmen ist nicht berechtigt, dem Versicherungsvertreter den von ihm aufgebauten Bestand an Versicherungsverträgen zu entziehen und dessen erfolgreiche Vermittlungstätigkeit zunichte zu machen, wenn die Bestandsbetreuung Vertragsbestandteil war. Vielmehr ist der Versicherer verpflichtet, im Interesse des Versicherungsvertreters alles zu tun, um den dem Vertreter überlassenen und von ihm aufgebauten oder ihm übertragenden Bestand zu erhalten341, wobei bei übertragenen Beständen eine höhere Dispositionsfreiheit angebracht erscheint. Letzteres gilt insbesondere, falls der Versicherer dem HV ohne Verpflichtung den später entzogenen Bestand zuteilte, was einen spiegelbildlichen actus contrarius eher gestattet. Der BGH hat ausgesprochen342, es fehle an einer Teilbeendigung des mit einem Versicherungsvertreter geschlossenen Vertrages, wenn der Unternehmer die Verwaltung einzelner durch Vermittlung des HV zustande gekommener Versicherungsverträge später auf einen anderen Versicherungsmakler übertrage. Hierdurch werde der Inhalt des Versicherungsvertrages nicht geändert. Dem HV stehe deshalb kein Ausgleichsanspruch zu. Dieses Ergebnis ist zweifelhaft, sofern die Bestandswegnahme in ihrer wirtschaftlichen Folge einer Teilkündigung gleich steht und die Bestandsbetreuung ggf. konkludent vereinbarter Vertragsbestandteil war Kündigungsgleiche Wirkung: falls die Disposition für den HV zu einer kündigungsgleichen Wirkung führt, ist die Rücksichtnahmepflicht berührt. Von einer kündigungsgleichen Wirkung soll bei einer Verdienstminderung von 30% infolge der Umsetzung343 oder ähnlichen, besonders schweren Folgen auszugehen sein. Eine solche Maßnahme erfordert eine Änderungskündigung, zum einen wegen des Verbotes der Teilkündigung, zum anderen zwecks Vermeidung der Umgehung der Kündigungsfristen des § 89 Organisationsrecht des Vertriebsmittlers: Die Selbständigkeit und damit das Eigenorganisationsrecht des HV darf nicht eingeschränkt werden, etwa in Hinblick auf Investitionen im Betrieb des HV344 oder der Bestellung der Organe einer HV-Gesellschaft Vertragsschluss: Der Unternehmer darf ein Kundengeschäft nicht ohne vernünftigen Grund345 oder gar willkürlich ablehnen, nachdem er den HV zuvor mit der Vermittlungstätigkeit beauftragt hat und der HV zum Tätigwerden verpflichtet ist346. Ein anschauliches Beispiel für eine willkürliche Nichtannahme des vermittelten Auftrags liefert der Fall BGH NJW 1981, 1785: Ein Einzelkaufmann ist zugleich Komplementär seiner Familien-KG, die er wirtschaftlich vollständig beherrscht; er selbst und „seine“ KG arbeiten in der gleichen Branche. Der für das einzelkaufmännische Unternehmen tätige HV bringt einen Auftrag herein, den aber sein Unternehmer nicht für die einzel-

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 6. BGHZ 136, 295; Vorinstanz OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1997, 170; BGH BB 1995, 1792 = ZIP 1995, 1286 = BB 1995, 1792; BB 1995, 1794. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 182. Küstner/Thume I Rn 710. BB 1994, 99 = NJW 1994, 193.

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BAG EWiR 2003, 203 (Diller) für einen angestellten Vermittler. BGH NJW-RR 1993, 1122; OLG Düsseldorf OLGR 1998, 11; zum Ganzen Schröder § 87 Rn 71. Hopt § 87 Rn 8. LG Hamburg, Urt. v. 12.06.2006 – 415 O 17/06.

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kaufmännische Firma, sondern für die KG annimmt, um die Provision zu sparen. Der BGH billigt den Provisionsanspruch zu, weil der Unternehmer treuwidrig gehandelt habe. Richtiger wäre wohl eine Begründung aus Schadensersatz gewesen – Wegnahme von Kunden/Produkten: Der Unternehmer darf dem HV nicht willkürlich Kunden oder Produkte entziehen und damit die Vertretung aushöhlen, beispielsweise durch Übernahme in den Eigenvertrieb oder die Beauftragung unternehmenseigener Vertriebsgesellschaften. Vielmehr steht ihm dann nur der Weg der Änderungskündigung offen. In dem von Küstner/Thume347 gebildeten Fall, in welchem der Unternehmer eine rechtlich selbständige Tochterfirma gründet, die das Vertragsgebiet beliefert, fehlt es bei Berücksichtigung der Interessen beider Parteien an einem Grund, der die Ausgliederung auf die Tochterfirma rechtfertigt. Der HV kann einen Schadenersatzanspruch geltend machen. Sein Schaden darf gem. §§ 287 ZPO, 252 BGB auf zwei Wegen geschätzt werden: Zum einen kann der HV die Differenz der Durchschnittsprovisionen vor dem schädigenden Ereignis und nach diesem fordern, zum anderen (alternativ) als Schaden die von der Tochtergesellschaft auf HV-Provisionen heruntergerechneten Gewinne (ähnlich der Herausrechnung nicht HV-typischer Bestandteile beim Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers). Dabei kann der Schaden bei der letzten Methode so bestimmt werden, dass auf alle Geschäfte der Tochtergesellschaft der Provisionssatz zu zahlen ist, welcher dem HV zusteht348.

IX. Rechtsfolgen von Dispositionsmängeln Unvertretbare, willkürliche oder in Schädigungsabsicht betätigte Entschließungen des 62 Unternehmers zum Nachteil des Mittlers können zunächst die Folgen des Annahmeverzuges auslösen; sie begründen darüber hinaus Ansprüche auf vertragsgemäßes Verhalten (Weiterbelieferung, Annahme von Aufträgen), ggf. – wenn vertragsgemäßes Verhalten nicht anders hergestellt werden kann – auf Unterlassung349. Schadensersatzansprüche (§ 280 BGB)350 bestehen gleichfalls. Schließlich kann dem HV bei vertragswidriger Ablehnung von Geschäften nach §§ 242, 162 BGB, § 87a Abs. 3 HGB analog neben dem Schadenersatzanspruch ein Provisionsanspruch zustehen351. Die Beweislast liegt beim Anspruchssteller; der Sphärengedanke rechtfertigt keine Zuweisung zum Anspruchsgegner352. Die Gründe der Maßnahme sind dem Mittler aber auf Verlangen mitzuteilen353; die unterlassene Mitteilung kann ggf. im Wege der Umkehr der Beweislast zu würdigen sein. Im Falle der unvertretbaren oder willkürlichen Ablehnung eines vermittelten Geschäfts valutiert der Anspruch in Höhe der entgehenden Provisionen aus Folgeaufträgen, die der abgelehnte Kunde sonst erteilt haben würde. Bei sonstiger Verkürzung des Tätigkeitsfeldes des Mittlers geht der Schadensersatz auf das, was er bis zum Ablauf einer – unterstellten – ordentlichen Kündigung durch den Unternehmer verdient hätte. Der Schadenersatz des HV ist nicht auf den Zeitraum bis zum nächsten Kündigungstermin des HV beschränkt354. Maßgeblich ist vielmehr die nächste Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers. Der Unternehmer hat sich während der gesamten Vertragslaufzeit gegenüber dem HV vertragsgemäß zu verhalten355. Will oder kann er dies nicht, müsste 347 348 349 350

I Rn 691. Siehe OLG Köln HVR Nr. 526; Küstner/ Thume I Rn 692. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 20. BGH BB 1959, 865; 1960, 222 (Willkür und Absicht, den HV zu schädigen); Hopt § 86a Rn 14.

351 352 353 354 355

Canaris § 17 Rn 59. Canaris § 17 Rn 61. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 20. So auch BGHZ 26, 161. Vgl. Küstner/Thume I Rn 706.

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der Unternehmer und nicht der HV kündigen, so dass es auf die Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers ankommt. Darf der Unternehmer später als der HV kündigen, kann der HV Schadenersatz für diese verlängerte Periode fordern. Die Ansprüche aus dem Annahmeverzug des Unternehmers wird der Mittler regelmäßig nicht in Anspruch nehmen, weil sie der Anrechnungspflicht aus § 615 S. 2 BGB unterliegen. Nimmt der Mittler das Vorgefallene zum Anlass, seinerseits fristlos zu kündigen, so besitzt er Ausgleichsansprüche nach § 89b, gegebenenfalls weitergehende Schadensersatzansprüche nach § 89a Abs. 2, insbesondere für seine nunmehr frustrierten Aufwendungen aus zurückliegender Zeit, die die weitere Tätigkeit hätten erfolgreich gestalten sollen.

X. Vertragliche Erweiterung des Dispositionsrechts 63

Vertragsklauseln, die dem Unternehmer bei kundenfeindlichster Auslegung einseitig Dispositionen gestatten, welche in den Kernbereich des Leistungs-Gegenleistungsverhältnis eingreifen, sind als Individualvereinbarung gem. § 242 BGB unwirksam, als AGB gem. § 307 BGB (Vor § 84 Rn 42).

XI. Vertragliche Beschränkung des Dispositionsrechts 64

Sofern nicht gesellschaftsrechtliche Gründe entgegenstehen – Eigenorganschaft, Beherrschungsvertrag etc. – darf der Unternehmer auf seine unternehmerische Entschließungsfreiheit weitgehend (vertraglich) verzichten356. Anders als in § 84 für den HV fehlt beim Unternehmer das zwingende statusbegründende Tatbestandsmerkmal der „Selbständigkeit“, welches zu weitgehende Eingriffe in das unternehmerische Selbstbestimmungsrecht ausschließt. Praktisch sind Verzichtsfälle kaum. Insbesondere darf sich der Unternehmer verpflichten, bestimmte Betriebs- und Vertriebsänderungen zu unterlassen, den HV zu beschäftigen oder von ihm angetragene Geschäfte abzuschließen357, und zwar auch ohne den Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung aufgrund veränderter Verhältnisse358. Sein Preisbestimmungsrecht darf der Unternehmer nicht völlig dem HV übertragen. In AGB vereinbart kommt es für die Wirksamkeit der Maßnahmen auf die bei abstrakt-genereller Kontrolle bestehende Benachteiligung des Unternehmers an, die bei wirtschaftlicher Überlegenheit des Mittlers als Verwender und Fehlen eines sachlichen Grundes für die Beschränkung häufig gegeben sein mag.

I. Die in § 86a besonders geregelten Nebenpflichten 65

Die vom Gesetz als regelungsbedürftig angesehenen Nebenpflichten des Unternehmers sind in § 86a hervorgehoben. Nur diese Nebenpflichten sind dort geregelt359. Die Hauptpflicht zur Provisionszahlung folgt erst in §§ 87 ff, die zur Ausgleichszahlung in § 89b. Die Nebenpflichten des § 86a sind – wie Art. 4 Abs. 2 RL klarstellt – Ausdruck der vom Gesetz vorausgesetzten Unterstützungspflicht des Unternehmers, die wiederum Ausprägung der allgemeineren Treupflicht ist360. Es sind

356 357 358

AA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7. Insoweit aA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 7.

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359 360

Hopt § 86a Rn 1. Hopt § 86a Rn 1.

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• Die Überlassungspflicht (§ 86a Abs. 1) • Die Nachrichtspflicht (§ 86a Abs. 2), sub specie • Die Verpflichtung zur Mitteilung über Annahme und Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts • Die Verpflichtung zur Mitteilung über die Nichtausführung eines vom HV vermittelten und abgeschlossenen Geschäfts • Die Verpflichtung zur Mitteilung, falls der Unternehmer Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfang abschließen kann und will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte (§ 86a Abs. 2). § 86a normiert ebenso wie § 86, der Pflichten des HV zum Inhalt hat, die Pflichten 66 des Unternehmers nicht abschließend361. Vielmehr sind nur wenige Pflichten besonders hervorgehoben, die noch dazu der näheren Konkretisierung bedürfen362. Bedauert wird insbesondere das Fehlen einer die Interessenwahrungspflicht des HV spiegelnden Pflicht des Unternehmers363. Die in § 86a Abs. 1, 2 geregelten Pflichten sind seit der Umsetzung der HV-RL 1986 67 zwingend. Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 86a Abs. 3).

I. Zeitdauer und Fälligkeit Die Pflichten des § 86a bestehen vertragsbegleitend während der gesamten Vertragsdauer und werden unverzüglich364 fällig, sobald objektiv mit einer Leistung zu rechnen ist. Unterlagen sind solange bereitzustellen, wie sie benötigt werden365. Die Überlassungspflicht des § 86a Abs. 1 endet regelmäßig mit Vertragsende. Nur im Ausnahmefall kann der Unternehmer verpflichtet sein, dem Vertreter Unterlagen über die Vertragsdauer hinaus zu überlassen. Die Informationspflicht des § 86a Abs. 2 ist gleichfalls nur eine vertragsbegleitende Pflicht. Vor Vertragsschluss kann eine Informationspflicht des Unternehmers aus vorvertraglichen Schutz- und Treupflichten über alle Umstände hergeleitet werden, die für die spätere Tätigkeit des HV relevant sind366. Zum Beispiel besteht vorvertraglich die Pflicht zur Aufklärung über die bisherige wirtschaftliche Erfolglosigkeit des Vertriebssystems, die Wertlosigkeit einer Kundenliste, über den Einsatz weiterer HV im gleichen Gebiet367, über Arbeitsbedingungen und für den Vertreter nicht ohne weiteres erkennbare Risiken der Vertretung368. Ob man diese vorvertragliche Pflicht unter den Terminus „disclosurerules“ fassen möchte oder den der „Aufklärungspflicht aus vorvertraglichem Vertrauensverhältnis“ ist eine rein terminologische Frage369. Die vorvertraglichen Aufklärungspflichten haben ihre besondere Bedeutung im Franchiserecht, jene Untergruppe wird oben, Vor § 84 Rn 409 ff, im Einzelnen behandelt. Siehe auch Rn 18 ff. Nach Vertragsende existieren nachvertragliche Treupflichten, jedoch nicht mehr die in § 86a hervorgehobenen Nebenpflichten370.

361 362 363 364 365

Westphal I Rn 373. Westphal I Rn 373. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 1. Hopt § 86a Rn 6. Hopt § 86a Rn 6.

366 367 368 369 370

Martinek/Flohr § 8 Rn 124; Hopt § 86a Rn2. OLG Nürnberg BB 1956, 352; Hopt § 86a Rn 2. Hopt § 86a Rn 2. Vgl. Martinek/Flohr § 8 Rn 125. Hopt § 86a Rn 3.

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68 69 70

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II. Zu den einzelnen Pflichten des § 86a: 72

1. Überlassung von Unterlagen (§ 86a Abs. 1). a) Unterlagen. Nach § 86a Abs. 1 hat der Unternehmer dem HV die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Zur Genese der Vorschrift vgl. Roth BB 2010, 2000 ff. Die Überlassungspflicht geht bereits auf einen Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1940 zurück371. Die durch Art. 4 Abs. 2 RL europarechtlich unterlegte Regelung ist Antipode zu § 87d, demzufolge der HV seine im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen selbst trägt. Beide Vorschriften sind also in ihrem Anwendungsbereich voneinander abzugrenzen. Von dem Begriff der Unterlagen wird alles erfasst, was dem HV zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit, insbesondere zur Anpreisung der Waren bei dem Kunden dient, und aus der Sphäre des Unternehmers stammt372. Die in Abs. 1 niedergelegte Aufzählung ist nur beispielhaft, weit zu fassen373 und nicht abschließend374 („Wortlaut: „wie“), der Begriff der Unterlagen unglücklich gewählt. Unterlage ist jeder körperliche Gegenstand und zumindest analog Abs. 1 auch unkörperliche Hilfsmittel. Folglich werden auch unkörperliche Hilfsmittel, etwa Software (s.u.) als Hilfsmittel iSd Abs. 1 angesehen. Entscheidend für die Abgrenzung zu vom Unternehmer nicht geschuldeten Hilfsmitteln wird eher das Merkmal der „Erforderlichkeit“. Die Verpflichtung trifft jeden Unternehmer, auch einen Hauptvertreter, der Untervertreter beschäftigt375. Es wird aber häufig branchenüblich sein, dass kleinere Hauptvertreter ohne eigenen, wesentlichen Geschäftsbetrieb und eigene Marke keine eigenen Unterlagen herstellen, sondern solche des Hauptunternehmers nutzen. Die Hauptvertreter müssen solche Unterlagen aber beim Hauptunternehmer anfordern. Sofern der Unternehmer erforderliche Unterlagen nicht besitzt, muss er sie sich beschaffen376. Nach aA trifft die Bereitstellungspflicht nur solche Unterlagen, welche der Unternehmer in seinem Betrieb verwendet377. Dann aber könnte der Unternehmer durch seine Lagerhaltung über die unabdingbare Bereitstellungspflicht disponieren. Die Bereitstellungspflicht trifft daher alle in Abs. 1 ausdrücklich genannten Unterlagen sowie alle produktspezifischen, in Abs. 1 nicht erwähnten Unterlagen, soweit die Verkehrsüblichkeit dem nicht entgegensteht378. Jedenfalls ist dem Unternehmer im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit379 ein Ermessensspielraum bei der Frage zuzubilligen, ob er Unterlagen fertigt und bereitstellt. Die Verpflichtung zur Bereitstellung der Unterlagen ist keine Hauptpflicht, sondern eine selbständige Nebenpflicht. Der HV kann den Erfüllungsanspruch auf Überlassung einklagen380.

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Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht, Nr. 17, § 5 Abs. 2; vgl. Roth BB 2010, 2000 (2001). BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 19. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. Anm. Hesse BB 2010, 1052 und zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09. BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 20; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 269; Westphal I Rn 376; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5; MünchKommHGB/

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v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 4; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 3. Offen gelassen von Roth BB 2010, 2000 (2002). Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 4; Thelen VersR 2009, 1025 (1030) bei engem Verständnis des Begriffs der Erforderlichkeit. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 3. Roth BB 2010, 2000 (2004). Thelen VersR 2009, 1025 (1030); Küstner/ Thume I Rn 635.

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§ 86a

b) Erforderlichkeit. Die Bereitstellungspflicht betrifft nur die zur Ausübung der Tätig- 73 keit des HV „erforderlichen“ Unterlagen. Nach wohl h.A. werden von der Überlassungspflicht nicht nur unverzichtbare Hilfsmittel erfasst. Die Gegenansicht verlangt, dass die Unterlagen für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich oder unverzichtbar sein müssen381. Nach Ansicht des BGH382 sprechen für die zuletzt genannte, restriktive Ansicht die in § 86a Abs. 1 erwähnten Beispiele zur Überlassungspflicht: Es handele sich jeweils um Unterlagen, die einen sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt besäßen und ohne die eine erfolgreiche Vermittlung unmöglich sei. Dies gälte insb. für Preislisten und Geschäftsbedingungen. Die vom BGH eingenommene Ansicht dürfte jedoch dem Wortlaut des § 86a Abs. 1 widersprechen. „Erforderlich“ meint weniger als „unerlässlich“. Insb. „Unverzichtbarkeit“ ist keine Voraussetzung, weil diese bei Werbemitteln fast nie vorliegen wird 383. Da Art. 4 Abs. 2 lit. a RL denselben Begriff verwendet, wäre diese Frage notfalls gem. Art. 267 AEUV durch den EuGH zu entscheiden. Erforderlich ist damit, was objektiv zur Ausübung der Tätigkeit (= Vertriebstätigkeit) benötigt wird384. Dies ist Ausdruck Treu und Glaubens385. Was erforderlich ist, differiert von Fall zu Fall, oder besser: von vertriebenem Produkt zu vertriebenem Produkt. Das beiderseitige Verständnis bestimmt das Erforderliche. Es geht um eine Verwendungsprognose, nicht darum, wie die übermittelten Materialien tatsächlich verwendet wurden (das kann aber ein Indiz für den Zweck sein). Nicht erforderlich ist hingegen alles, was der HV aus seiner Sicht mit guten Gründen für den Erfolg seiner Tätigkeit für notwendig hält386. Diese subjektive Sicht dürfte zu sehr die Vorstellungswelt des HV in den Vordergrund rücken387. Stellt der Unternehmer bestimmte Hilfsmittel zur Verfügung, ggf auch gegen Entgelt, spricht dies oft für die Einschätzung des Unternehmers, das Hilfsmittel sei erforderlich. Die Hilfsmittel brauchen auch keinen tatsächlichen Erfolg herbeizuführen388. Unter den Begriff können auch Unterlagen fallen, die nur für ein einzelnes Geschäft erforderlich sind, sie sind dann ohne besondere Aufforderung des HV zu übermitteln389. In Abgrenzung zu § 87d muss der Unternehmer alle produktspezifischen Hilfsmittel aus seiner Sphäre390 in ausreichender Menge391 bereitstellen, auf welche der HV objektiv besehen392 oder nach seinem pflichtgemäßen Ermessen393 zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit und zur Anpreisung der Ware394 angewiesen ist395, und zwar in einem ungefährlichen Zustand396. Der Unternehmer ist der Geschäftsherr und steht seinem Produkt näher als der HV, so 381

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BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24; LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08; Thelen VersR 2009, 1025 (1030 f.); Roth BB 2010, 2000 (2003). BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09. Begründung RegE BT-Drucks. I/3856, S. 19; Thelen VersR 2009, 1025 (1028). So aber OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 16.

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Im Ergebnis BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. AA Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 4. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 270. Roth BB 2010, 2000 (2003). Roth BB 2010, 2000 (2003); Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 15; Schröder § 86a Rn 3. Küstner/Thume I Rn 607. Westphal I Rn 376. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3.

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dass er die speziell auf die von der Vertriebspflicht erfassten Produkte abgestimmten Hilfsmittel bereitstellen und auf aktuellem Stand halten397 muss – niemand anders könnte dies. Nicht Erforderliches braucht nicht bereitgestellt zu werden. In § 87d angesprochene produktunspezifische, allgemeine Hilfsmittel, die auch ein HV benötigen würde, der andere Produkte vertreibt, muss der HV hingegen selbst anschaffen398. Die Verpflichtung des HV zur Ausstattung sowie zum Unterhalt seines eigenen Geschäftsbetriebs, sowie die Pflicht, das für seine Berufsausübung Erforderliche zu beschaffen, wird durch Abs. 1 nicht berührt (§ 87d)399. Büromaterialien und Hilfsmittel, die üblicherweise zur Einrichtung des Gewerbebetriebs des HV gehören, braucht der Unternehmer als nicht erforderlich nicht bereitzustellen. Dem HV obliegt die Ausstattung seines Betriebes400. Nach einer Auffassung401 ist das Merkmal der „Erforderlichkeit“ bei den Regelbeispielen des Abs. 1 (Muster, Zeichnungen etc.) nicht gesondert zu prüfen. Die Erforderlichkeit werde vermutet. Die Gegenansicht402 hingegen meint, die Erforderlichkeit müsse auch bei den beispielhaft in Abs. 1 genannten Materialien (im Fall des LG Bonn eine Kundenzeitschrift) vorliegen. Der Wortlaut der Norm sei unergiebig, da nicht deutlich werde, ob die in § 86a Abs. 1 genannten Beispiele exemplarisch für „erforderliche“ Unterlagen ständen oder lediglich für „Unterlagen“ (ohne „erforderliche“). § 86a Abs. 1 sei Ausdruck Treu und Glaubens und verlange wie § 242 BGB eine Einzelfallabwägung der Erforderlichkeit. Anderenfalls würde die Bereitstellungspflicht ausufern403. Es spricht viel dafür, sämtliche TB-Elemente und damit die Erforderlichkeit auch bei den beispielhaft genannten Hilfsmitteln gesondert zu prüfen. Die Gegenansicht ist aber gut vertretbar.

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c) Beispiele. Welche Unterlagen zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Branchenüblichkeit ab404. Beispiele sind: • Einheitlich gestaltetes Briefpapier, etwa bei Finanzdienstleistern405 • Von dem Unternehmer vorgesehene Datenerhebungsbögen, mit denen Kundendaten aufgenommen werden406 • Für die Werbung des HV hilfreiche Geschäftskorrespondenz mit Interessenten und Kunden, soweit sie sich nicht auf abgeschlossene Vorgänge beschränkt407 und keine Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. Nach dem BDSG wird die Weitergabe regel-

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Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 15. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 14. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914; Urt. v. 31.03.2009 – 7 O 2/09, 7 O 3/09, 7 O 4/09, 7 O 13/09; Urt. v. 03.05.2007 – 12 O 1/07; Thelen VersR 2009, 1025 (1026 ff). LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914.

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OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; Roth BB 2010, 2000 (2002); Küstner/Thume I Rn 607; Hopt § 86a Rn 5. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 27. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16.

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mäßig nicht zu beanstanden sein408. Ggf. muss der Unternehmer die Einwilligung der Kunden suchen409 Kundenlisten (soweit vorhanden und nach dem Vertragsinhalt nicht vom HV zu erstellen410). Soll der HV ein bislang unbesetztes Gebiet bearbeiten, so braucht der Unternehmer ihm keine Kundenlisten zu übergeben, ebenso wenig, falls es keine Kundenlisten gibt411. Die Ermittlung dieser Kunden ist Sache des HV412. Existieren allerdings Kundenlisten, hat der Unternehmer jene zur Verfügung zu stellen413. Schreibt der HV die Kundendatei fort, so hat er bei Vertragsende nur die Ursprungsdatei herauszugeben414. Auch hier steht das BDSG der Weitergabe an den HV als Auftragsdatenverwaltung § 11 BDSG nicht entgegen Unterlagen über existierende Kundenbeziehungen Eine vom Versicherer herausgegebene Kundenzeitschrift, sofern sie ohne nennenswerte Individualisierung vom HV an die Kunden weitergegeben wird415, auch wenn sie käuflich zu erwerben ist416. Das gilt insb., sofern sie ein Formular für die Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer enthält417, jedoch nicht, falls sie zuvörderst der Bestandspflege dient418 Musterkollektionen, -mappen u.ä.419, die kostenlose Bereitstellungspflicht soll einen Handelsbrauch bilden420 Eigens für das Produktangebot des Unternehmers entwickelte oder darauf zugeschnittene, nicht handelsübliche Computerprogramme, die der HV zur Vermittlung oder Produktdemonstration benötigt421 (etwa vom Versicherer für die Bearbeitung des Kundenstammes und Vertragsbestandes einheitlich genutzte Software422, insbes. falls mit ihr der Zu-

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. Evers/Kiene DB 2003, 2762; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 16. OLG München HVR Nr. 1124; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 16; Genzow in: Ensthaler § 86a Rn 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3; Hopt § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2, 21. LG Hamburg, Beschl. v. 16.07.2008 – 411 O 54/08. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. AA wohl Küstner/Thume I Rn 633; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 6. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88); LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928; LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 488/08, 10 O 489/08, 10 O 490/08, 10 O 491/08; aA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10 – AWD; LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08LG Bonn, Urt. v. 03.05.2007 – 12 O 1/07 (wegen fehlender Erforderlichkeit); LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v.; Thelen VersR 2009, 1025. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff

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GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914. OLG München, Urt. v. 08.08.2001 – 7 U 5118/00, HVR Nr. 991; Urt. v. 03.03.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320 = HVR Nr. 895; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; Thume BB 1995, 1913; Thelen VersR 2009, 1025 (1026); Hopt § 86a Rn 5; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 4. Roth BB 2010, 2000 (2004). BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10 – AWD; OLG Bremen, Beschl. v. 27.06.2011 – 2 U 21/11, BeckRS 2011, 17855; OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; LG Rostock, Urt. v. 25.09.2009 – 8 O 11/09 n.v. LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v.; Küstner/Thume I Rn 608; Westphal I Rn 378; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5.

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gang zum aktuellen Datenbestand des Prinzipals sowie den Vertragsdaten ermöglicht wird423 bzw. die Tarife der Produktpartner des Versicherers sowie dessen AußendienstInformationssystem aktualisiert424 bzw. hiermit Angebote geschrieben werden425 oder der Zugang zu Produktübersichten über das Programm erfolgt426. Das Gleiche gilt für solche Programme, die im Informationsinteresse des Unternehmers angeschafft wird427). Das gleiche soll gelten, wenn die Software funktionell an die Stelle der bisherigen Verkaufsunterlagen tritt, die zuvor kostenlos zu überlassen wurden428. Spezielle Software, die dem HV erst Zugang zu dem Datenbestand des Versicherers und damit zu den aktuellen Vertragsdaten seiner Kunden ermöglicht, zählt nach dem Wegfall von in Papierform übersandten Dynamiknachtragsmitteilungen zum Bereich der die Produktwerbung unterstützenden, vom Unternehmer gem. § 86a Abs. 1 kostenfrei zur Verfügung zu stellenden Mittel429. Eine einheitliche Betriebssoftware darf der Unternehmer nur vorschreiben, wenn er ihre Kosten, auch die des laufenden Unterhaltes, übernimmt 430 Bei Branchenüblichkeit kostenlos zu verteilende Probestücke431 Preislisten432 Produktbeschreibungen433 und Gebrauchsanleitungen Schulung: Der Unternehmer hat den HV kostenlos zu schulen, soweit die Schulung eine Überlassung von Unterlagen ersetzen soll434 oder allgemein der Produktschulung dient435. Richtigerweise sind in zumindest analoger Anwendung des § 86a auch sonstige vertriebsspezifische Schulungen kostenfrei anzubieten436, was sich zudem aus der Unterstützungspflicht des Unternehmers ergibt. Auch Schulungen eines Finanzberaters, die ihm Fachkenntnisse vermitteln sollen, welche er für den Vertrieb der Finanzprodukte allgemein benötigt, zählen zu den kostenfrei bereitzustellenden Unterlagen437. Der Unternehmer muss dabei das für den Vertrieb erforderliche Know-how vermitteln, von dem er Kenntnis hat, nicht jedoch sein gesamtes Know-how438. Anders kann bei Schulungen ohne spezifisch vertriebs- oder produktbezogenen Inhalt zu entscheiden sein439, angeblich auch bei Schulungen zum Verkaufstraining440. Häufig spricht das Angebot der Schulung für die Produktbezogenheit Schulungsunterlagen, die der HV zur Schulung ihm unterstellter HV benötigt, sofern der HV-Vertrag die Werbung und Schulung unterstellter Vertreter vorschreibt441.

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LG Rostock, Urt. v. 25.09.2009 – 8 O 11/09 n.v. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). OLG Bremen, Beschl. v. 27.06.2011 – 2 U 21/11, BeckRS 2011, 17855. OLG Bremen, Beschl. v. 27.06.2011 – 2 U 21/11, BeckRS 2011, 17855. Habersack/Ulmer S. 73. Habersack/Ulmer S. 73. BGH, Urt. v. 04.05.2001 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10 – AWD; OLG Köln, Urt. v. 30.09. 2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (409). Küstner/Thume I Rn 611. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. OLG Hamm NJW-RR 1990, 567; LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v.

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(im dortigen Fall verneint); Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 16. Offen gelassen von BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD. AA OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09; Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS): Schulungen seien keine Unterlagen; offen gelassen von BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD. AA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24 – AWD. Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier, § 12 Rn 70. BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD; LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v. LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v. (zwh.). OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09.

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§ 86a

Der Unternehmer hätte sonst die Kosten solcher Schulungen selbst tragen müssen442 • Unterlagen, die für die Anpreisung der Ware des Geschäftsherrn bei der Kundschaft erforderlich sind, insbesondere Werbeunterlagen und Broschüren443 • Einheitlich gebrandete Visitenkarten444 • Vertragsformulare und Geschäftsbedingungen445 • Vorführwagen bei einem Kfz-HV446 • Werbedrucksachen447. Angeblich soll hier die Bereitstellung von Mustern genügen448 • Allgemeine produktunspezifische Werbemittel und -geschenke im umfassenden Sinne449, sofern sie mit dem Logo des Unternehmers versehen sind450 (etwa Aufkleber, Kleidung, Radios451, Süßigkeiten452, Sektflaschen453, Spielsachen454, Tischleuchten455 und andere Giveaways456) insb. falls deren Verwendung vom Unternehmer erwartet oder vorgesehen ist, etwa weil ein einheitlicher Außenauftritt vorgeschrieben wurde457. Der Unternehmer hält sie im Zweifel für erforderlich, wenn er sie bereitstellt. Keine Unterlagen und damit nicht von der Überlassungspflicht sowie der korrespon- 75 dierenden Pflicht des HV zur sorgsamen Aufbewahrung erfasst sind Hilfsmittel, welche der HV nach der Verkehrsauffassung selbst anzuschaffen hat, z.B. die o.g. produktunspezifischen Hilfsmittel, etwa: • alle Gegenstände, welche zum allgemeinen Geschäftsbetrieb des HV gehören458 • Büro, Geschäftseinrichtung459 und allgemeine Büromaterialien460, etwa Poster461 und Bilderrahmen462 für das Büro des HV, sofern diese lediglich als Hilfsmittel für den

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OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. Küstner/Thume I Rn 608; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200; v. 05.02.2002 – 5 U 152/00, S. 15, n.v. Hopt § 86a Rn 5. Roth BB 2010, 2000 (2004). OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; aA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10 – AWD. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09,

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DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 28. Gail Versicherungsvertrieb 2010, 41. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 15; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 4; Hopt § 86a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v.; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 270; Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier, § 12 Rn 70; Hopt § 86a Rn 5. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); Hopt § 86a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09.

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Gewerbebetrieb des HV eingesetzt werden sollen463. Anders mglw. bei von dem Unternehmer „gebrandeten“ Büromaterialien, s.o. Geschäftsberichte des Unternehmers464 Koffer, Taschen ohne Inhalt, in denen der HV z.B. seine Muster befördert465, soweit nicht ein Spezialkoffer für das Produkt benötigt wird Kfz466 Autotelefon467 Gängiger PC nebst Hilfsgeräten468 Allgemein übliche Hardware469 und Software470. Eine abweichende Bewertung ist nicht deshalb geboten, weil der HV verpflichtet war, die Computerhardware zu leasen. Denn angesichts der praktischen Erfordernisse im heutigen Geschäftsverkehr ist eine elektronische Büroausstattung erforderlich. Wenn der HV nachweist, dass er preisgünstigere Hardware für seine Tätigkeit auf den freien Markt erhalten könnte, hat er angeblich die Mehrkosten der teureren, vom Unternehmer gestellten Hardware nicht zu tragen471 EDV-Unterstützungsleistungen, wie Intranet472, Service473, Serverdienste sowie Hotline, die sich allein auf allgemeine Hardware und Software beziehen und nicht konkret dem Vertrieb einzelner Produkte zugeordnet sind474 Kosten für eine Homepage des HV475. Es wird aber darauf ankommen, ob die Produkte des Unternehmers oder die Leistungen des HV im Vordergrund der Darstellung stehen Vorratswaren, die der Unternehmer dem HV zur Lieferung an die Kunden überlassen hat sollen nach hM keine kostenlos bereitzustellende Unterlage bilden: Sie dienten nicht der Abschluss- und Vermittlungstätigkeit, sondern der Erfüllung geschlossener Geschäfte476. Die vermittelten Produkte werden nicht an den HV sondern den Kunden geleistet, mussten also nach der Vorstellung des Gesetzgebers typischerweise nicht an den HV übermittelt werden, um die Vermittlung zu ermöglichen. Wohl deshalb wurden sie in § 86a Abs. 1 nicht erwähnt. Dem Gesetzgeber war offenbar nicht bewusst, dass Voraussetzung der Vermittlung – und auch des Geschäftsabschlusses – in bestimmte

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Küstner/Thume I Rn 608. LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08 n.v. OLG Hamburg HVR Nr. 101; Küstner/ Thume I Rn 108; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 270; Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier, § 12 Rn 70; Hopt § 86a Rn 5. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; Hopt § 86a Rn 5. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; Küstner/Thume I Rn 608. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09; Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. Anm. Hesse BB 2010, 1052; OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; Küstner/Thume I Rn 608. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88).

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OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; Urt. v. 30.09.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (409); Habersack/Ulmer S. 72 f. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.05.2008 – 13 Sa 43/07 „MLP“. LG Bonn, Urt. v. 19.05.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.02.1990 – 16 U 125/89, BB 1990, 1086 (1087) = HVR Nr. 687 (Videokassetten); Küstner/Thume I Rn 608; Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier § 12 Rn 70; Westphal I Rn 380; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Genzow in: Ensthaler § 86a Rn 4; Hopt § 86a Rn 5; wie hier Stötter Das Recht der Handelsvertreter, 3. Aufl., S. 364.

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§ 86a

Branchen die Präsenz der vermittelten Produkte ist (Tankstellen, Kfz-Vermietstationen). Hier gilt der Rechtsgedanke des § 86a „erst recht“. Diese Waren entsprechen dann Mustern und Vorführwaren, weil sie „präsent“ sein müssen, um den Kunden anzulocken. Sie sind kostenlos zur Verfügung zu stellen, Produktbereitstellungspauschalen oder die Zuweisung von Lagerkosten zum HV sind regelmäßig unzulässig, jedenfalls soweit sie nicht branchenüblich sind. Dies ergäbe sich notfalls aus § 87d, demzufolge der HV nur eigene Aufwendungen und nicht die dem Unternehmer zugewiesenen Produktbereitstellungskosten bzw. die Kosten der Geschäftsausführung trägt. Selbstverständlich sind auch solche Waren sorgfältig zu verwahren. Eine mindestens analoge Anwendung des § 86a Abs. 1, auch bei der Leitbildprüfung des § 307 BGB (soweit sie wegen der auch individualvertraglich zwingenden Kostenfreiheit der Überlassung erforderlich sein sollte), ist richtig. Für diese Deutung spricht auch der Rückschluss aus § 87 Abs. 4 sowie § 86b. Die Vorschriften zeigen, dass die Erfüllungshandlung und die damit zusammenhängenden Aufgaben grds. nicht Sache des HV sind und er, falls er sie zu seiner Sache macht, hierfür eine gesonderte Vergütung erhält. Das für die gegenteilige Auffassung in Anspruch genommene und in allen Kommentaren zitierte Urt. des OLG Düsseldorf 477 bestätigt diese Ansicht eher. Das OLG meint, Lagerware sei nicht zur Ausübung der Vermittlungstätigkeit sondern zur Erfüllung der bereits vermittelten Verkaufsgeschäfte bestimmt. Diese Unterscheidung spricht dafür, die Erfüllungshandlungen und insb. die dafür erforderliche Lagertätigkeit nicht als Aufgabe des HV einzuordnen. Die hier eingenommene Ansicht bedeutet nicht, dass der HV keine Vereinbarungen über die Lagerhaltung treffen darf. Viele HV unterhalten auch ein Auslieferungslager. Sie werden hierfür allerdings ganz ausnahmslos durch den Unternehmer zusätzlich bezahlt, was die Leitbilddeutung unterstützt. Letztlich bestätigen auch andere Entscheidungen dieses Verständnis: Das Absatzrisiko des Unternehmers darf nämlich nicht auf den HV verlagert werden478. Nach Ansicht des OLG Stuttgart479 sowie des OLG Hamburg480 ist es sogar sittenwidrig, wenn dem HV die Verpflichtung auferlegt wird, die zu vermittelnden Waren zu erwerben und er auf diese Weise das Absatzrisiko übernehmen muss. Der BGH481 teilt diese Auffassung zumindest für den Fall, in dem das Unternehmerrisiko ohne besonderes Entgelt auf den HV übertragen wird. Die Verpflichtung des HV zum Erwerb von (Vorrats)waren bzw. Produkten des Unternehmers widerspricht damit dem Wesen des HV-Vertrages und ist regelmäßig (analog) § 86a Abs. 3 unwirksam482. Soweit die Waren nicht kostenfrei bereitzustellen sein sollten, hat der Unternehmer Vorratsware, Lagerbestände, Ersatzteile oder sonstige vom HV im Einverständnis mit dem Unternehmer zur Unterstützung der ihm übertragenen Tätigkeit auf eigene Kosten erworbene Gegenstände nach Vertragsende gegen Wertersatz entsprechend den für Vertragshändlern geltenden Grundsätzen (Vor § 84 Rn 379 ff) zurückzukaufen483 • betriebsinterne Geschäftsunterlagen des Unternehmers484, welche der HV nicht für die Werbung benötigt 477 478

OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.02.1990 – 16 U 125/89, BB 1990, 1086 (1087). Vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; OLG Hamburg, Urt. v. 31.01.1940, HVR Nr. 2; OLG Stuttgart, Urt. v. 05.07.1957 – 5 U 169/56, NJW 1957, 1281; OLG München, Urt. v. 08.08.2001 – 7 U 5118/00, OLGR 2000, 82; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 60.

479 480 481 482 483 484

Urt. v. 05.07.1957 – 5 U 179/56, NJW 1957, 1281. Urt. v. 31.01.1940, HVR Nr. 2. Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 60. Ulmer/Brandner/Hensen 10. Aufl., Anhang § 310 BGB Rn 407 m.w.N. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16.

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§ 86a

1. Buch. Handelsstand

• Unterlagen, die allein das Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und HV, nicht aber zu Kunden, betreffen485 • eine vom HV selbst angelegte Kundenkartei. Mangels besonderer Vereinbarung ist der HV bei Beendigung des Vertrages demgemäß auch nicht zur Herausgabe einer solchen Kartei verpflichtet486. Regeln die Parteien vertraglich, welche Unterlagen dem HV zur Verfügung zu stellen 76 sind und werden dabei erforderliche Unterlagen nicht genannt, steht dem HV unmittelbar aus § 86a ein Anspruch auf die erforderlichen Unterlagen zu487. Wegen der zwingenden Natur des Überlassungspflicht gilt dies selbst dann, wenn die Aufzählung erschöpfend sein sollte. Die Überlassungspflicht ist keine höchstpersönliche Pflicht. Der Unternehmer kommt ihr auch nach, indem er dem HV die Unterlagen durch Dritte, etwa Erfüllungsgehilfen, zukommen lässt488. Auch dann darf er hierfür keine Kosten berechnen, soweit die Kostenfreiheit durch Abs. 1, 3 vorgeschrieben ist. An Dritte geleistete Kosten muss der Unternehmer dem HV in dieser Situation ersetzen.

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d) Fälligkeit. Wie alle in § 86a vorhandenen Pflichten des Unternehmers besteht die Überlassungspflicht vertragsbegleitend. Fälligkeit tritt unverzüglich489 und jedenfalls bei allgemein üblichen Hilfsmitteln ohne Aufforderung490 ein, sobald der HV die Unterlagen benötigt491, etwa bei Vertragsbeginn492, spätestens unverzüglich nach Aufforderung493. Erkennt der Unternehmer die Erforderlichkeit nicht, ist die Aufforderung fälligkeitsbegründend. Benötigt der HV die Unterlagen dringend, kann er sein Recht mittels einstweiliger Verfügung sichern lassen494. Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache steht nicht entgegen. Die Unterlagen sind dem HV solange zu belassen, wie er sie benötigt495. Der Unternehmer ist mit der Rechtsfolge des § 295 BGB vorleistungspflichtig und darf die Aushändigung i.d.R. – Extremfälle ausgenommen – nicht von Bedingungen, etwa der Rückgabe anderer Gegenstände, abhängig machen, sofern der HV zur Ausübung seiner Tätigkeit auf die Unterlagen angewiesen ist496. Denn mit einer überholten oder veralteten Kollektion braucht ein HV nicht zu arbeiten497. Die Verpflichtung ist eine kontinuierliche. Der Unternehmer hat die geschuldeten Unterlagen auch ohne Aufforderung laufend auf aktuellem Stand zu halten498 sowie zu übermitteln, und zwar auf seine Kosten499; verbrauchte Unterlagen sind zu ergänzen und aufzufüllen500. Dies gilt, solange der HV für ihn tätig zu sein hat, grundsätzlich auch, wenn das Vertragsverhältnis gekündigt ist501.

485 486 487 488 489 490

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. Küstner/Thume I Rn 634. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 42. Küstner/Thume I Rn 609. Hopt § 86a Rn 6. Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 5; Schröder § 86a Rn 4. Küstner/Thume I Rn 610. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17.

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494 495 496 497 498

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Hopt § 86a Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17. OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09. Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 15. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88); Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 3. Hopt § 86a Rn 6; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 15; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 5.

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§ 86a

e) Kosten. Die in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen sind dem HV – mglw. kraft 78 Handelsbrauchs502 – kostenlos zur Verfügung zu stellen503. Diese Kostenfreiheit ergibt sich zwar nicht wörtlich aus § 86a, wird aber seit den 1950er Jahren einheitlich vertreten504. Aus dem Leitbild des HV als selbstständiger Vermittler von Geschäften folgt, dass er sich einerseits nicht an den Kosten des Unternehmers beteiligen muss, andererseits das alleinige Risiko der von ihm entfalteten Absatzbemühungen trägt. Durch eine Beteiligung an Kosten des Unternehmers für Unterlagen i.S.d. § 86a Abs. 1 wäre der HV indes verpflichtet, auch im Fall erfolgloser Absatzbemühungen für die überlassenen Unterlagen ein Entgelt an den Unternehmer zu zahlen und so letztlich einen Teil des unternehmerischen Risikos des Prinzipals zu tragen505. Die Kostenfreiheit ist gem. § 86a Abs. 3 zwingend, nicht nur betreffend die Erstausstattung506. Alle Abreden, die auf die Gewährung einer irgendwie gearteten Leistung für die Überlassung der Hilfsmittel gerichtet sind, gleich welcher Höhe und Fälligkeit, wären unwirksam507, etwa Bestellungen des HV, die Vereinbarung einer Holschuld am Sitz des Unternehmers, einer Nutzungsgebühr508, Unterlagen oder Musterkollektion nach Saison- oder Vertragsende käuflich zu erwerben509 (sowohl als AGB510 wie als Individualabrede511), generell eines Kauf-512, Mietvertrages, einer Kaution513 oder Sicherheit, letztere ist sogar bei wertvollen Kollektionen unzulässig514, und dies alles sowohl individualvertraglich wie mittels AGB. In AGB widersprechen solche Regelungen dem gesetzlichen Leitbild nach § 307 BGB515. Allenfalls die freiwillige Option zum Kauf darf vereinbart werden, jedoch keine Verpflichtung516. Diejenigen, die eine Kaufverpflichtung für zulässig halten, befürworten – auch ohne Vereinbarung – eine Rückerwerbspflicht des Unternehmers zu angemessenem Preis bei Vertragsende, weil der HV die von ihm erworbenen Gegenstände nicht mehr nutzen oder absetzen kann517. Ggf. um Kosten 502 503

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Roth BB 2010, 2000 (2004). BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR10/10 Rn 19 (allg. Ansicht); OLG Celle, Urt. v.10.12. 2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.09.2009 – 19 U 64/09; OLG Hamm NJW-RR 1990, 567 (568); OLG München BB 1999, 2320; LG Hannover, Urt. v. 23.07.2009 – 18 O 92/08, n.v.; Thume BB 1995, 1913 (1915); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3, 6; Hopt § 86a Rn 6; Oetker/ Busche § 86a Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 7; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2, 7. Roth BB 2010, 2000 (2001), der vertritt, aus § 4 Abs. 2 RL ergebe sich keine Verpflichtung zur kostenlosen Überlassung. BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR10/10 Rn19. So jedoch mglw. Roth BB 2010, 2000 (2004). OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770 (AGB); Thume BB 1995, 1913; Küstner/Thume, Rn 611. BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 30 – AWD; LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08, n.v. OLG München, Urt. v. 03.03.1999 – 7 U

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6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320 = HVR Nr. 895; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; Küstner/Thume I Rn 611. OLG Düsseldorf HVR Nr. 770; OLG München HVR Nr. 991; LG Stuttgart, Urt. v. 20.02.1990 – 3 KfH O 163/89, HVR Nr. 690; Hopt § 86a Rn 6; zu den Urteilen Roth BB 2010, 2000 (2001 f). AA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 18; aA Thume BB 1995, 1913 (1914). Thume BB 1995, 1913 (1914); Küstner/ Thume I Rn 620; aA Sieg VersR 1996, 559 (560); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12.03.1996 – 2 HKO 6793/94, HVR Nr. 842 = VersR 1997, 967 (L). OLG München OLGR 2002, 82; Urt. v. 03.03.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320; Thume BB 1995, 1913; aA bei individualvertraglicher Abrede MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 8; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16.

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für die Bereitstellung gekürzte Provisionen hat der Unternehmer ungekürzt auszuzahlen; soweit der HV unberechtigt Kom sten zu tragen hat, folgt aus § 812 BGB Abs. 1 S. 1 BGB ein ggf. erheblicher518, mit dem Anspruch auf Provisionszahlung konkurrierender Erstattungsanspruch519. Auch ein Zinsnachteil darf dem HV nicht entstehen, etwa bei einem späteren Ausgleich der Kosten. Ein entgegenstehender Handelsbrauch ist nicht gegen Abs. 3 zulässig520. Produktbereitstellungskosten, z.B. bei der Kfz-Vermietung, sind deshalb unzulässig, und zwar auch individualvertraglich. Selbst Prämien eventueller Versicherungen hat allein der Unternehmer zu tragen, weil anderenfalls Kostenfreiheit fehlt521. Die Unwirksamkeit tritt auch ein, falls nur ein Teil der Einzelelemente für die Vermittlungstätigkeit „erforderlich“ und ein Teil lediglich „nützlich“ ist. Wenn der Unternehmer erforderliche, und damit kostenfreie, zusammen mit nützlichen, und damit möglicherweise vergütungspflichtigen Arbeitsmitteln in einem Paket zu einem einheitlichen Preis zur Verfügung stellt, ist die Vergütungsvereinbarung insgesamt gem. § 86a Abs. 1, 3 unwirksam522. Grundsätzlich hat der Unternehmer auch den durch ordnungsgemäßen Gebrauch oder Abnutzung der „Unterlagen“ eintretenden Wertverlust oder die Wertminderung zu tragen523. Ersatz für verbrauchte, beschädigte und verlorene Hilfsmittel ist daher ebenfalls kostenfrei zu liefern, es sei denn, es liegt eine Verletzung der Verwahrungspflicht durch den HV vor, die der Unternehmer zu beweisen hat, wobei der HV jedoch zuvor zur sorgfältigen Verwahrung vortragen muss (dies kann nur er). Hat der HV Kosten für Materialien zu tragen gehabt, die ihm kostenfrei zu liefern waren, soll nach Ansicht des LG Hannover524 ein Bürokostenzuschuss diese Nachteile hinreichend ausgleichen, sofern der gezahlte Betrag die Kosten klar übersteigt. Es müsse lediglich eine effektive Kostenbelastung des HV unterbleiben. Dies gelte selbst bei freiwilliger Leistung des Zuschusses525. Dem widersprach das OLG Celle: Der Anspruch auf kostenfreie Bereitstellung dürfe nicht ausgehebelt werden, indem er mit freiwilligen Zahlungen aufgrund eines anderen Vertrages verrechnet werde526. Wie bei der Kaution trägt der HV zudem bis zur Zahlung das Insolvenzrisiko des Unternehmers, zudem unzulässigerweise den Zinsnachteil. Die Zweckbestimmung wird der Unternehmer zu beweisen haben.

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f) Eigentum an den Hilfsmitteln. Ohne abweichende Vereinbarung bleibt der Unternehmer regelmäßig527 Eigentümer der zur Verfügung gestellten Unterlagen528. Soweit nichts Gegenteiliges „erforderlich“ ist, genügt die Besitzüberlassung; Eigentum etwa an den für Kunden bestimmten Mustern kann der HV auch im Namen des Unternehmers übertragen; er muss hierfür zuvor nicht selbst Eigentümer werden. Indiz für den abweichend vom Regelfall vereinbarten Eigentumserwerb des HV kann die Ausstellung einer Rechnung über die Unterlagen sein, sofern es sich nicht um eine Proforma-Rechnung 518 519

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Hesse BB 2010, 1052. BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 31 – AWD; OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). OLG München, Urt. v. 03.03.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320 = HVR Nr. 895. Küstner/Thume I Rn 612; Hopt § 86a Rn 6; aA (Vereinbarungsfrage) Staub/Brüggemann 4. Aufl, § 86 Rn 25; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54: Versicherungspflicht nur „im Zweifel“ beim Unternehmer: Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 5.

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525 526 527 528

BGH, Urt. v. 04.05.2011 – VIII ZR10/10 Rn 30 – AWD; LG Hannover, Urt. v. 03.03.2009 – 24 O 40/08, n.v. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. LG Hannover, Urt. v. 23.07.2009 – 18 O 92/08, n.v.; aufgehoben durch OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. LG Hannover, Urt. v. 23.07.2009 – 18 O 92/08, n.v. OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. Küstner/Thume I Rn 616. Westphal I Rn 386; Hopt § 86a Rn 6.

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handelt, die lediglich aus internen Gründen, etwa zum Nachweis des Verbleibs oder in Hinblick auf eine Berechnung nach Vertragsende – etwa wegen fehlender Rückgabe – 529 ausgestellt wurde. g) Pflicht zur sorgsamen Verwahrung. Der HV ist unmittelbarer Besitzer der Unter- 80 lagen und nicht Besitzdiener im Sinne des § 855 BGB. Denn zwischen Unternehmer und HV besteht kein sozialrechtliches Abhängigkeitsverhältnis530. Der gutgläubige Dritte wird nach §§ 932 BGB, 366 HGB geschützt531. Werden die Unterlagen dem HV entzogen, darf er die Rechte auf Besitzwehr und Besitzkehr der §§ 861, 862 BGB geltend machen532. Der HV ist verpflichtet, die ihm ausgehändigten und im Eigentum des Unternehmers stehenden Unterlagen sorgfältig aufzubewahren (kaufmännische Verwahrungspflicht, § 86 Abs. 3, siehe § 86 Rn 60 ff)533. Die Sorgfaltspflicht wird stärker, je wertvoller die überlassenen Hilfsmittel sind. Sie verbietet insbes. Selbstverbrauch534 des HV sowie die Veräußerung an Dritte auf eigene Rechnung535. Der HV hat über den Inhalt der Unterlagen Stillschweigen zu bewahren, soweit Vertraulichkeit erwartet werden kann (§ 90)536. h) Herausgabepflicht. Da die Überlassungspflicht spätestens mit Vertragsablauf endet, 81 ist der HV gemäß § 667537, § 675, § 985, § 269 BGB verpflichtet, die Unterlagen bei Vertragsende herauszugeben538, zudem wenn Unterlagen überholt sind539 oder nicht mehr benötigt werden540. Die Rückgabepflicht entfällt (Ausnahme) lediglich, wenn die Unterlagen zum Verbrauch – bei Prospekten etwa durch Übergabe an die Kunden – vorgesehen waren. Die durch die Herausgabe entstehenden Kosten der Übersendung sind vom Unternehmer zu tragen, da die Überlassung kostenfrei erfolgen muss541. Die Rückgabepflicht darf auch nicht durch eine Kaution gesichert werden. Denn wenn eine Kaution zu zahlen wäre, fehlt die unentgeltliche Überlassung542. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kaution nach Vertragsende zurückzuzahlen oder zu verzinsen ist. Denn der HV hat bei Aushändigung der Unterlagen einen Geldabfluss zu verzeichnen, so dass aus der maßgeblichen Sicht zu diesem Zeitpunkt keine Unentgeltlichkeit vorliegt. Zudem trägt er das Insolvenzrisiko des Unternehmers sowie das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung um die Rückzahlungspflicht. Zum Zurückbehaltungsrecht des HV an den Unterlagen siehe die Kommentierung zu § 88a. i) Erfüllungsort. Erfüllungsort für Übergabe und Rückgabe ist abweichend von § 269 82 BGB der Sitz des HV543, nicht der Tätigkeitsort. Die Pflicht zur Übergabe ist also eine Bringschuld des Unternehmers544; der Unternehmer hat die Unterlagen kostenlos an den 529 530 531 532 533 534

535

Küstner/Thume I Rn 616. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 7. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 7. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 7. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 5. LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.05.1960 – 8 (3) Sa 437/59, DB 1960, 813; Küstner/Thume I Rn 617. LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.05.1960 – 8 (3) Sa 437/59, DB 1960, 813; IHK Berlin, Handelsbrauch und Handelsvertreterrecht, 1952, Gutachten Nr. 183; Küstner/Thume I Rn 617; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 5.

536 537 538 539 540 541 542 543

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Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17. Hopt § 86a Rn 6; Oetker/Busche § 86a Rn 6. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 8. Oetker/Busche § 86a Rn 6. Westphal I Rn 386. AA Westphal I Rn 386. OLG München BB 1999, 2320; Küstner/ Thume I Rn 615; Westphal I Rn 383; Hopt § 86a Rn 6; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 4. Hopt § 86a Rn 6; Oetker/Busche § 86a Rn 6.

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Sitz des HV zu verbringen545. Die Abholung im Anschluss an die Überlassungszeit gem. § 667 BGB546 ist eine Holschuld des Unternehmers547, und zwar dort, wo sich die Unterlagen nach der vertragsgemäßen Bestimmung befinden548, im Zweifel am Sitz des HV. Von dort hat sie der Unternehmer kostenfrei abzuholen549. Insbesondere die Musterkollektion ist dem HV am Ort seiner gewerblichen Niederlassung zur Verfügung zu stellen und mit Ablauf der Überlassungsperiode auch wieder abzuholen550. Die Verpflichtung zur Überlassung von Unterlagen ist eine selbstständig einklagbare Nebenpflicht551. Der Unternehmer schuldet jedoch nicht die Kosten der Verbringung der Unterlagen zu dem vom Geschäftssitz des HV abweichenden Ort, an dem der HV die Unterlagen möglicherweise während seiner Tätigkeit benötigt. Der HV muss die Unterlagen ggf. von seinem Sitz auf eigene Kosten zu einem Ort transportieren, wo er sie benötigt, etwa zum Sitz des Kunden. Nach dem Inhalt des Vertrages oder der Natur der Unterlagen, etwa wegen ihrer Sperrigkeit, kann es im Ausnahmefall aber Teil der Pflicht des Unternehmers zur kostenlosen Bereitstellung sein, jene an einen anderen Ort, etwa zum Sitz des Kunden, zu verbringen, wenn der Transport nur Aufgabe des Unternehmers sein kann.

83

j) Haftung des HV. Werden die Unterlagen beschädigt, die Rückgabe unmöglich oder erfolgt sie verspätet, so kann der HV auf Schadenersatz haften (§§ 280, 286 BGB). Weil ein Verlust oder eine Beschädigung aus der Sphäre des HV resultiert, muss er darlegen, welchen Grund es hierfür gab. Kann er keinen Grund darlegen, der fehlende Fahrlässigkeit plausibel erscheinen lässt, ist diese zu Lasten des HV indiziert552. Da die Kollektion nicht zum Verkauf vorgesehen ist, valutiert der Schaden nicht in Höhe ihres Verkaufswertes, sondern in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises553.

84

k) Haftung des Unternehmers. Das Unterbleiben der Ausrüstung des HV mit den erforderlichen Unterlagen zur Aufnahme seiner HV-Tätigkeit kann diese in einem Grade unmöglich machen, dass der Unternehmer mit der Annahme der vom HV geschuldeten Dienste in Annahmeverzug gerät. Für dessen Dauer könnte der HV dann nach § 615 BGB die vereinbarte Vergütung verlangen554. So lässt sich bei einem vertraglichen Fixum verfahren. Nicht so dagegen in Ansehung der Provision; hier bleibt eine analoge Anwendung des § 642 BGB mit der Folge, dass eine angemessene Vergütung zu zahlen ist. In der Pflicht, die Tätigkeit des HV durch Ausrüstung mit Unterlagen zu fördern, ist ja mindestens die in § 642 BGB vorausgesetzte Obliegenheit des Gläubigers (Unternehmers) auf Vornahme der zur Eröffnung der Tätigkeit des HV erforderlichen Mitwirkungshandlung enthalten. Ein Verschulden des Unternehmers ist nicht vorausgesetzt. Allerdings wird man es ablehnen müssen, den HV analog § 642 BGB auf die angemessene Entschädigung zu beschränken555. Konkurrierend besteht ein verschuldensabhängiger Schadenersatzanspruch des HV nach § 280 BGB. Die fehlende oder verspätete Übergabe der Unterlagen 545

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548 549

OLG München BB 1999, 2320; Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 5; Hopt § 86a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 6; Schröder § 86a Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17. OLG München NJW-RR 1999, 1194 (1195) = BB 1999, 2320; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 17.

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OLG München, Urt. v. 03.03.1999 – 7 U 6158/98, NJW-RR 1999, 1194; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 4. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 9. Ähnlich LG Darmstadt HVR Nr. 8; Küstner/Thume I Rn 618. LG Darmstadt HVR Nr. 8, Küstner/Thume I Rn 618. AA wohl Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7. Küstner/Thume I Rn 638.

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durch den Unternehmer soll aber ebenso wie deren Beschädigung keine abstrakten Schadenersatzansprüche des HV gem. § 280 BGB begründen556. Wenngleich der HV gem. § 252 BGB lediglich die Wahrscheinlichkeit eines Schadens darlegen muss, hat er durch die fehlende Überlassung konkret entgangene Geschäfte nachzuweisen. Wendet der Unternehmer ein, er hätte diese Geschäfte nicht abgeschlossen, eine Einwendung, die ohnehin nur gegenüber einem Vermittlungsvertreter erheblich sein kann (der Abschlussvertreter schließt selbst ab)557, so ist er für diesen atypischen Geschehensablauf darlegungs- und beweispflichtig558. Da die Nichtzurverfügungstellung von Unterlagen eine Vertragsverletzung darstellt, kann auch ein Kündigungsrecht gem. § 89a bestehen. Zuvor ist jedoch eine Aufforderung des HV zur Übermittlung erforderlich559, zudem eine Abmahnung. Insbesondere gibt die fehlende Übermittlung von Kundenlisten dem HV keinen Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung nach § 89b Abs. 3 Nr. 1560. Hinsichtlich der Kosten des Transports gilt: Der Unternehmer macht sich gem. § 280 85 BGB schadenersatzpflichtig, falls er die Unterlagen nicht an den Sitz des HV verbringt561. Eine Ersatzpflicht des HV besteht auch nicht gem. § 670 BGB, da die Transportkosten keinen Ersatz von Aufwendungen darstellen, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des HV entstehen. Für den Zustand der Sachen haftet der Unternehmer dem HV grundsätzlich gemäß §§ 618 Abs. 1, 3 BGB562. l) Rückkauf nach Vertragsende. Hat der HV Materialien, die der Unterstützung der 86 ihm übertragenen Tätigkeit dienen und die ausnahmsweise nicht kostenfrei zur Verfügung zu stellen sind, erworben, schuldet der Unternehmer den Rückkauf, regelmäßig zum Übernahmepreis563. Dies rechtfertigt sich aus der entsprechenden Anwendung der Grundsätze zur Rücknahme von Lagerwaren bei Vertragshändlern. Der Unternehmer hat einen/eine durch ordnungsgemäßen Gebrauch oder Abnutzung der Waren eintretenden Wertverlust/Wertminderung zu tragen564. m) Beweislast. Jeder Berechtigte hat seine Berechtigung zu beweisen. Der HV muss 87 beweisen, dass es sich bei dem begehrten Material um Unterlagen i.S.d. § 86a handelt, er jene benötigt bzw. sie erforderlich sind. Ein auf Rückgabe der Unterlagen oder Schadenersatz wegen Nichtrückgabe klagender Unternehmer muss beweisen, welche Unterlagen er dem HV zur Verfügung gestellt hat565, der HV Rückgabe oder Verbleib566 bzw. die bestimmungsgemäße Verwendung, insbesondere, dass er bei Weitergabe der Unterlagen hierzu berechtigt war567 und schließlich eine ordnungsgemäße Behandlung568. Der auf Rücknahme in Anspruch genommene Unternehmer hat eine Erwerbsverpflichtung des HV und den Ausschluss seiner Rückerwerbspflicht zu beweisen569. Verlangt der Unternehmer Bezahlung von Ware, die der HV als Musterkollektion erhalten haben will, hat der Unternehmer den Abschluss eines trotz § 86a Abs. 3 wirksamen Kaufvertrags zu beweisen570. Will der Unternehmer Kosten für Büromittel vom HV erheben, hat der Unterneh556 557 558 559 560 561 562 563

Küstner/Thume I Rn 636. Küstner/Thume I Rn 637. AA wohl Küstner/Thume I Rn 637. LG Hamburg, Beschl. v. 16.07.2008 – 411 O 54/08. LG Hamburg, Beschl. v. 16.07.2008 – 411 O 54/08. Küstner/Thume I Rn 615. Hopt § 86a Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 18.

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 18. BGH, Urt. v. 05.02.1997 – VIII ZR 41/96, EBE 1997, 98 (99); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41; Schröder § 86a Rn 9. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41.

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mer seine Berechtigung zu beweisen und damit insbesondere, dass es sich nicht um kostenfrei bereitzustellende produktunspezifische Unterlagen i.S.d. § 86a Abs. 1 handelt. Für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rückkaufrechtes ist der HV beweispflichtig.

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2. § 86a Abs. 2: Informationspflicht des Unternehmers. Die Informationspflichten des Unternehmers korrespondieren mit denen des HV. Das Gesetz nennt zwei Hauptgruppen (Abs. 2 S. 2, 3) und begnügt sich im Übrigen mit einer Generalklausel (Abs. 2 S. 1): Gemäß § 86a Abs. 2 hat der Unternehmer dem HV die erforderlichen Nachrichten zu geben. Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäftes und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn ferner unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte.

a) Allgemeines. § 86a Abs. 2 ist verwandt mit § 87c. Als Ausfluss der Treuepflicht571 und im eigenen Interesse obliegt dem Unternehmer gem. § 86a Abs. 2 S. 1 die Nachrichtspflicht. Die Grundnorm enthält § 86a Abs. 1 S. 1. Sie wird in § 86a Abs. 2 S. 2 für besonders offensichtliche und bedeutende Fälle, nämlich Annahme, Ablehnung oder lediglich Teilabschluss und voraussichtlich erheblich beschränkte Auftragsannahme, näher ausgestaltet572. Das Gesetz hätte es aber bei der Grundregel belassen können. § 86a Abs. 2 lässt sich trotz seiner recht umständlichen Fassung auf einen kurzen 90 Kern reduzieren. Er behandelt vertragsbegleitende Informationspflichten, nicht anders als § 87c. Die Zusammenführung in einer Norm hätte nahe gelegen. Allerdings besteht im Normzweck ein Unterschied. Die im ersten S. des § 86a Abs. 2 genannte Informationspflicht besteht auch im Interesse des Unternehmers, dem naturgemäß an einem vollständig über die Marktlage informierten HV gelegen sein muss und die Nachrichtspflicht wird vom Unternehmer meist freiwillig erfüllt. Die Kontrollrechte des § 87c finden ihren Zweck hingegen ausschließlich im Interesse des HV. Mit Ausnahme der Abrechungspflicht des § 87c Abs. 1 werden die in § 87c genannten Informationsrechte meist erst geltend gemacht, wenn das Vertragsverhältnis bereits gestört ist, insbesondere nach Kündigung des Vertrages. Soweit der HV vertragsbegleitend Auskunft nach § 87c Abs. 3, uU auch den Buchauszug nach § 87c Abs. 2, fordert, steht der Anspruch aus § 86a Abs. 2 häufig in Anspruchskonkurrenz zu diesen Ansprüchen573.

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b) Allgemeine Informationspflicht. Durch die Generalklausel in Abs. 2 S. 1 ist der Unternehmer ganz allgemein verpflichtet, dem HV die „erforderlichen“ Nachrichten zu geben. Es handelt sich um einen Ausdruck der Förderpflicht des Unternehmers574. Die Nachrichtspflicht betrifft etwa bevorstehende Änderungen des Herstellungsprogramms, erweiterte oder sonst verbesserte Liefermöglichkeiten, Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Verleihung von Preisen und Auszeichnungen für die zu vertreibenden Produkte, kurz alles, was für den Tätigkeitserfolg des HV beim Kunden von Belang sein kann und von ihm deshalb vorausschauend in die Planung der Besuchstätigkeit einbezogen werden muss (Fälle Rn 97). Die Informationspflicht betrifft lediglich das Innenverhältnis zwi-

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Siehe zu der aus der Treupflicht hergeleiteten Informationspflicht etwa BGH, Urt. v. 11.12.2006 – II ZR 166/05, ZIP 2007, 268 (zum GmbH-Recht).

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Hopt § 86a Rn 7. Hopt § 86a Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 19.

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schen HV und Unternehmer575 und ist von den Erklärungen des Unternehmers gegenüber dem vom HGB als „Dritten“ bezeichneten Kunden zu separieren576, die ggf. auch dem HV gegenüber aus der Treupflicht geschuldet sein mögen. Eine Erklärung gegenüber dem einen ersetzt nicht die an den anderen zu übermittelnde577. Die Informationspflicht schränkt die Dispositionspflicht nicht ein sondern setzt sie voraus578. c) Zweck. Die Informationspflicht soll den HV in die Lage versetzen, möglichst er- 92 folgreich seiner Tätigkeit nachgehen zu können579 und ihm Gelegenheit geben, auf vorhersehbare Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können580, seine Dispositionen für die Zukunft zu treffen581 und ihn vor nutzlosem Aufwand für eine nicht mehr aussichtsreiche Vermittlungstätigkeit bewahren582. Damit liegt die Informationserteilung auch im Interesse des an erfolgreichem Vertrieb interessierten Unternehmers. Schließlich dient die Information dazu, den HV über die Höhe seiner Provisionsansprüche aufzuklären583. Die Vorschrift ergänzt insoweit § 87c. Das BDSG steht nicht entgegen: Die Übermittlung kundenbezogener Daten von einem Unternehmer an seine HV bedarf als Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG keiner weiteren Einwilligung der Kunden584. Gleiches gilt für das Bankgeheimnis: Die Erteilung gesetzlich geschuldeter Auskünfte an einen von ihr beauftragten HV durch eine Bank stellt keinen Verstoß gegen Artikel 47 des Schweizerischen Bankengesetzes dar585. d) Zeitlicher Umfang und Fälligkeit. Die Informationspflicht besteht vertragsbeglei- 93 tend. Damit die Information den HV so rechtzeitig erreicht, dass er sein Handeln entsprechend einrichten und die Information sachgerecht verwerten kann586 ist die Informationserteilung fällig, sobald ein objektiver HV Informationen erwarten darf. Obwohl das Gesetz bei der Informationspflicht nicht ausdrücklich sagt, dass der Unternehmer die erforderlichen Nachrichten unverzüglich zu geben hat, folgt dies aus dem Begriff der erforderlichen Maßnahmen und dem Zweck der Regelung, derzufolge die Nachrichten zeitlich so gegeben werden müssen, dass der HV sie rechtzeitig auswerten kann587. Im Zweifel besteht die Pflicht zur Information also unverzüglich588 (die Unverzüglichkeit der S. 2 und 3 ist Ausdruck eines auch für S. 1 geltenden Grundsatzes); es ist so frühzeitig wie objektiv möglich und zumutbar zu informieren589, es sei denn, es besteht ausnahmsweise (Beweislast beim Unternehmer) ein objektiv berechtigtes Interesse an einer (vorläufigen) Geheimhaltung590 – etwa um den Versuch einer Sanierung nicht zu gefähr-

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 34; Schröder § 86a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 34; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 16. Westphal I Rn 390. Westphal I Rn 390. BGHZ 26, 161; BGH NJW-RR 1987, 873; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 23; Schröder § 86a Rn 14b. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 23.

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AA Westphal I Rn 390. Evers/Kiene NJW 2003, 2726 (2728). OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, WM 2007, 351. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 32; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 30; Schröder § 86a Rn 18. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 32; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26. BGH NJW 1974, 795; Canaris § 17 Rn 73; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 32; Hopt § 86a Rn 12.

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den591. Es kann – je nach Sachverhalt – erforderlich sein, Planungen mitzuteilen oder Zwischennachrichten592 zu geben und nicht erst den endgültigen Beschluss, diesen aber zumindest593. Außer im Fall überwiegender Schutzpflichten soll jedoch keine Pflicht des Unternehmers bestehen, die Entscheidungen hinsichtlich der die Informationspflicht auslösenden Umstände unverzüglich zu treffen594. Der Unternehmer schuldet die Information unaufgefordert595. Auf Anfrage hat er darüber hinaus das objektiv Erforderliche mitzuteilen596. Das gilt gerade, wenn die Auskunft über Dispositionen des Unternehmers erteilt wird, welche in Rechte des HV eingreift (siehe oben). Die vorstehenden Grundregeln gelten im Zweifel für jede Informationspflicht. Zur vor- und nachvertraglichen Informationspflicht oben, Rn 18 ff, 70.

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e) Sachlicher Umfang der Informationspflicht. Zu übermitteln sind die erforderlichen Nachrichten. Dieser Begriff ist weit auszulegen597. Nachricht ist jede Information, die an den HV gerichtet wird oder zu richten ist, gleich in welcher Form und mit welchem Umfang. Zu übermitteln sind jedoch nur erforderliche Nachrichten. Erforderlich ist grds. alles, was die Tätigkeit des HV zu fördern geeignet ist, soweit es nicht die Aufgabe des HV bleibt, die Information zu erheben598. Die Erforderlichkeit muss zum Zeitpunkt vorliegen, zu dem die Informationen bekannt sind oder bekannt sein sollten599. Alle Informationen sind zu erteilen, die der HV objektiv600 benötigt, um seiner Tätigkeit optimal nachgehen601, die Tätigkeit für den Unternehmer zu fördern602 und sich selbst schützen zu können. Dazu zählen sämtliche Informationen, die benötigt werden, um das Produkt vertreiben zu können und damit alles, was der HV wissen muss, um Fragen von Interessenten sachgerecht und sachkundig beantworten zu können603. Ist eine Produktschulung erforderlich, ist zu schulen. Die Unterrichtungspflicht greift nicht erst bei wesentlichen Änderungen mit erheblicher Bedeutung ein, sondern betrifft alle Informationen, die den HV interessieren müssen, insbesondere Änderungen, bei denen objektiv eine Nachricht erwartet werden darf604. Damit sind auch solche Informationen mitzuteilen, die sich lediglich auf die Vertriebstätigkeit des HV günstig auswirken und damit den Absatz fördern können605. Die Information durch den Unternehmer ist insbesondere erforderlich, falls der HV um eine Gegenäußerung oder um Stellungnahme gebeten hat606. Nur wenn der HV im weiten Umfang informiert ist, kann er auch Vermittlungserfolge erzielen. Ist der HV im Bilde, etwa weil er die Nachricht bereits von dritter Seite erhalten hat, oder ist sie all591

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BGH NJW 1974, 795; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 32; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 32. Westphal I Rn 390. Westphal I Rn 390. Küstner/Thume I Rn 641; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 10. Hopt § 86a Rn 8. Hopt § 86a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20; Schröder § 86a Rn 11.

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Küstner/Thume I Rn 640; Westphal I Rn 394; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 10; Schröder § 86a Rn 1. Hopt § 86a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 23; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 11 f. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11.

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gemein bekannt607, muss der Unternehmer kein weiteres Mal informieren, es sei denn, die Bestärkung erhöht die Glaubwürdigkeit der Nachricht oder der Unternehmer muss zweifeln, ob der HV informiert ist. Im Zweifel hat der Unternehmer also zu informieren608. Allgemeiner Geschäftsrückgang in der gesamten Branche, Produktionsausfälle beim Unternehmer durch Brand, Streik, Konkurs eines Zulieferbetriebes: sind diese Tatsachen dem HV bekannt, brauchen sie nicht erst mitgeteilt zu werden. Mitteilungspflichtig ist alsdann allenfalls der Umfang und die voraussichtliche Dauer der Absatzbehinderung. Kennenmüssen oder die Möglichkeit der Kenntniserlangung beim HV reichen nicht. Es kann aber ein Verschulden des Unternehmers fehlen, was für den Schadensersatzanspruch relevant wäre. Informationen, um die sich der HV selbst kümmern muss, hat der Unternehmer nicht zu erteilen609, es sei denn, er erkennt, dass sie dem HV entgangen sind. Ist ausnahmsweise ein Interesse des Unternehmers anzuerkennen, derzeit keine Informationen zu geben, sind die Interessen des HV und des Unternehmers gegeneinander abzuwägen610, wobei angesichts der besonderen Hervorhebung der Informationspflicht im Gesetz dem Informationsinteresse des HV regelmäßig leichter Vorrang zukommen dürfte. So kann auch im Lichte und in Wechselwirkung mit der dem HV obliegenden Verschwiegenheitspflicht nach § 90611 ein Interesse des Unternehmers bestehen, geheimhaltungsbedürftige Einzelheiten zur Produktentwicklung612 oder Vertriebsstrategie613 nicht mitzuteilen, etwa um eine Transaktion614 oder einen „Coup am Markt“615 nicht zu gefährden. Die Unterrichtungspflicht entsteht in einem solchen Fall, sobald und soweit die Geheimhaltung gegenüber dem HV nicht mehr erforderlich ist616. Eine gegenüber Dritten übernommene vertragliche Geheimhaltungspflicht kann den Unternehmer von seiner Informationspflicht grundsätzlich nicht dispensieren. Dagegen spricht der zwingende Charakter der Informationspflicht und der Umstand, dass wegen des Verbots von Verträgen zu Lasten Dritter vertragliche Pflichten nicht von Abreden mit Dritten abhängen können. Ein Geheimhaltungsversprechen mag aber im Rahmen der Interessensabwägung ein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Eine Willenserklärung, insbes. gegenüber Dritten, etwa Kunden, gibt der Unterneh- 95 mer mit der Information nicht ab617. Jedoch kann u.U. ein widersprüchliches Verhalten des Unternehmers vorliegen, welches eine Bindung des Unternehmers an die gegebene Information herbeiführt. Vielen Fällen, die im Zusammenhang mit der Informationspflicht behandelt werden, 96 liegen Sachverhalte zugrunde, in denen die vom Unternehmer geplante Maßnahmen unzulässig war und nicht von seinem Dispositionsrecht gedeckt war (s.o., Rn 44 ff.). Der Unternehmer durfte sie also ohne (Änderungs-)Kündigung nicht umsetzen und sich nicht auf eine bloße Information beschränken. Die Umsetzung der Maßnahme war dann eine Vertragsverletzung.

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 31. Hopt § 86a Rn 8. BGH NJW 1974, 795; Küstner/Thume I Rn 642; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35; Hopt § 86a Rn 8; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 12.

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35; Hopt § 86a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35; Hopt § 86a Rn 9. Hopt § 86a Rn 12. Hopt § 86a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 35. Küstner/Thume I Rn 654.

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§ 86a 97

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Über folgende Umstände ist eine Informationspflicht des Unternehmers angenommen worden: • potentielle neue Kunden618 • Lage und Entwicklung des Marktes619 • Maßnahmen, die Ausfluss des Dispositionsrechts des Unternehmers sind, soweit Interessen des Vertreters berührt werden. • Fehlentscheidungen des HV: Der Unternehmer muss den HV auf für ihn vorhersehbare Fehlentscheidungen und -investitionen hinweisen620 • Fertigungssituation621 • seinen Geschäftsbetrieb, wirtschaftliche Verflechtungen, Leistungs- und Lieferfähigkeit622 • Kapazitätsauslastung623 • beabsichtigte Änderungen oder Verbesserungen der Produkte624 oder Preise und der Lieferbedingungen625 • Einschränkungen der Verkaufsmöglichkeiten626: In einem vom BGH627 entschiedenen Fall hatte der Unternehmer sich entschlossen, fast nur noch einen Großunternehmer zu beliefern, so dass im nächsten Jahr fast 90 % des Gesamtumsatzes mit diesem Abnehmer abgewickelt worden wären, wodurch die Provisionseinnahmen um 75 % reduziert worden wären. In dem BGH NJW-RR 1987, 873628 zugrunde liegenden Fall hatte der Unternehmer entschieden, mit Abnehmern im Gebiet des HV keine Geschäfte mehr zu schließen. Der BGH forderte in beiden Fällen eine angemessene Informationszeit. Richtigerweise musste der Unternehmer hier nicht nur informieren, sondern eine Änderungskündigung aussprechen629. Zumindest darf er die Maßnahme erst nach Ablauf einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Ankündigungsfrist umsetzen630. Das Unterlassen der Kündigung oder der Information begründet eine Schadenersatzverpflichtung • Betriebsstilllegung631, sofern es sich um die Stilllegung wesentlicher Teile handelt632: Der Unternehmer muss den HV unverzüglich nach Beschlussfassung633 und in jedem Fall eine angemessene Zeit vor der Betriebsstilllegung unterrichten und ggf. kündigen, damit der HV sich rechtzeitig um eine Folgebeschäftigung bemühen kann. Die Pflicht zur unverzüglichen Information entfällt nicht, wenn der Unternehmer beabsichtigt, den HV-Vertrag nach der Betriebseinstellung ordnungsgemäß zu kündigen634. Hinsichtlich

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Küstner/Thume I Rn 640. Hopt § 86a Rn 8. BAG, Urt. v. 24.04.1980 – 3 AZR 911/77, ZIP 1980, 777 für Franchisegeber; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 31; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19. Küstner/Thume I Rn 640. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 19. Küstner/Thume I Rn 640. BGHZ 26, 161 (167); BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BB 1958, 60; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 19, 23; Schröder § 86a Rn 11a. Küstner/Thume I Rn 640, 648. BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; Küstner/ Thume I Rn 644.

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BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; Küstner/ Thume I Rn 644. = MDR 1987, 642 = WM 1987, 595. BAG EWiR 2003, 203 (Diller) für einen angestellten Vermittler. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26. BGH, NJW 1974, 795 = BB 1974, 434; Küstner/Thume I Rn 645; Westphal I Rn 395. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter



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des Zeitpunktes der Unterrichtung sind die Unternehmerinteressen an der Geheimhaltung der Stilllegungsabsicht mit den Interessen des HV an einer möglichst frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung abzuwägen. Besteht ausnahmsweise ein objektiv berechtigtes Interesse an einer vorläufigen Geheimhaltung, z.B. um den Versuch einer Sanierung nicht zu gefährden635, ist zu informieren, sobald die Gründe wegfallen, welche Geheimhaltung gebieten. In der Sache handelt es sich bei der „Information“ oft um eine Kündigungserklärung, so dass die Umsetzung der Maßnahme nur nach einer mit der Frist des § 89 erklärten Kündigung, zumindest aber nach einer jener Kündigungsfrist entsprechenden Informationsfrist zulässig ist636 Betriebsübertragung637: Hier gilt das zur Betriebstilllegung Gesagte entsprechend: Der Unternehmer muss den HV möglichst früh über eine (beabsichtigte) Übertragung des Unternehmens informieren, ungeachtet der rechtstechnischen Ausgestaltung der Veräußerung (etwa Verkauf, Verpachtung). Auch an einer Information über die Veränderung des Gesellschafterbestandes kann der HV ein Informationsinteresse besitzen. Der HV braucht sich im Rahmen eines Asset-Deals keinen anderen Vertragspartner aufdrängen zu lassen; der HV-Vertrag geht nicht ohne weiteres auf den Nachfolger über und die Übertragung ohne Zustimmung des HV ist daher nicht möglich638 (§ 84 Rn 83 ff). Unternehmer und Betriebserwerber können auch nicht mit Wirkung gegenüber dem HV einen Übergang des Vertrages vereinbaren639. Der Unternehmer muss ggf. rechtzeitig kündigen, mit der Folge der Ausgleichspflicht nach § 89b die Einstellung der Geschäfte mit bestimmten Einzelkunden im Bezirk/Gebiet des HV640 produktspezifische Informationen, z.B. die vollständige und zutreffende Unterrichtung über die vertriebene Ware641, technische Zusammensetzung, Einsatzmöglichkeiten, Preis(änderungen)642 und Lieferbedingungen, Auszeichnungen oder Prämierungen, ihren praktischen Einsatz, günstige Besprechungen in Veröffentlichungen, erfolgreiche Teilnahme an Messen und Ausstellungen643 qualitative und quantitative Minderlieferungen: Der Unternehmer darf dem HV nicht durch unerwartete geschäftliche Dispositionen den Erfolg seiner Arbeit nehmen. Der HV soll angesichts veränderter Dispositionen des Unternehmers wissen, wie sich seine Verdienstmöglichkeiten zukünftig gestalten werden. Dies gilt nicht nur, sofern der Unternehmer quantitative Einschränkungen durchführen will (§ 86a Abs. 2 S. 2), son-

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BGH NJW 1974, 795; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26. BGH NJW 1974, 795; NJW-RR 1987, 873; NJW 1960, 1292 = BB 1960, 606; Küstner/ Thume I Rn 646; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32 f; Schröder § 86a Rn 11c. BGH NJW 1960, 1292 = BB 1960, 606; Küstner/Thume I Rn 646; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 33.

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BGH NJW 1963, 100 (101); MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 33. BGHZ 49, 39; BGH, Urt. v. 07.02.1974 – VII ZR 93/73, NJW 1974, 795; Urt. v. 22.01.1987 – I ZR 126/85, NJW-RR 1987, 873; Küstner/Thume I Rn 647; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 35 f; Schröder § 86a Rn 11a. BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 (167) = NJW 1958, 219; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11a; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20, 24. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 20.

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dern auch dann, wenn er erkennt, dass er nur mit erheblichen qualitativen Einschränkungen liefern kann oder will644 die Gründe für die Annahme/Ablehnung/Nichtausführung eines Geschäftes645. Der HV muss wissen, warum das Geschäft nicht ausgeführt wurde, weil die Gründe für den Umfang seiner Vertriebsbemühungen erheblich sein können. Erfährt er etwa, dass der Kunde Liquiditätsprobleme hat, kann er möglicherweise weitere Vermittlungsbemühungen einstellen646 und zudem auf Zahlung drängen. Beruht die Nichtausführung auf Lieferschwierigkeiten des Unternehmers, mag der HV den Kunden für ein anderes Produkt interessieren647 mit welchen Kunden der Unternehmer nicht bereit ist, Geschäfte abzuschließen648. Grund ist gleichfalls der Schutz vor sinnlosen Akquisebemühungen eine vorgesehene Sortimentsänderung649 oder Änderung des Warenvorrats650 eingeschränkte Liefermöglichkeiten651 die Umstellung des Vertriebssystems auf andere Vertriebsformen652 drohende Zahlungsunfähigkeit mit Gefahr von Vergleich und Insolvenz653. Dem HV ist es unzumutbar, Geschäfte für einen Unternehmer zu vermitteln oder abzuschließen, die dieser möglicherweise nicht ausführen kann. Hier steht nicht nur das Provisionsinteresse des HV auf dem Spiel sondern das Geschäftsinteresse, seinen Kundenstamm durch ordnungsgemäße Lieferung zufriedenzustellen und nicht zu verlieren654. Hingegen ist der Unternehmer nicht verpflichtet, dem HV vorsorglich über eine allgemeine wirtschaftlich schwierige Lage des Unternehmens Kenntnis zu geben, sofern sie sich noch nicht zu konkreten, den HV oder Kunden berührenden Maßnahmen oder Wirkungen materialisiert hat, nur weil nicht auszuschließen ist, dass sie zu einem unbestimmten Zeitpunkt zu einem Insolvenzverfahren führen könnte655. Klare Fragen nach der wirtschaftlichen Lage seines Betriebs hat der Unternehmer aber wahrheitsgemäß zu beantworten656 in Aussicht genommene Veränderungen des HV-Vertrages657, insbesondere ob eine Verlängerung des mit fester Befristung abgeschlossenen Vertrages658 oder eine Kündigung659 (nicht) beabsichtigt ist und – soweit wirksam – über die vorgesehene Ausübung eines dem Unternehmer vorbehaltenen Rechts zu einseitiger Änderung der Vertragsbedingungen, etwa hinsichtlich Provisionssatz, Kundenkreis oder Vertretungsgebiet. Der HV ist über diese Umstände so zeitnah zu unterrichten, dass er sich auf die veränderte Situation einstellen und Konsequenzen, z.B. durch Kündigung, ziehen

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BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Küstner/ Thume I Rn 648. Westphal I Rn 392. Westphal I Rn 392. Westphal I Rn 392. Westphal I Rn 394; Hopt § 86a Rn 8. Westphal I Rn 394. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 23; Schröder § 86a Rn 11a. Westphal I Rn 394. BGH DB 1968, 35; Westphal I Rn 395. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 61; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; teilw. aA BGH BB 1960, 605 (606); Hopt § 86a Rn 12.

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26. BGH DB 1960, 636 (637) = BB 1960, 605 (606); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 13. BGH BB 1960, 605 (606); Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 26; Hopt § 86a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 22. BGH DB 1960, 636 (637) = BB 1960, 605 (606); Westphal I Rn 395; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 22; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 14; Schröder § 86a Rn 11b. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 14.

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kann660. Die Ankündigungsfrist wird man – sofern die Umstände bekannt sind – mit der Kündigungsfrist, wie sie sonst zu gelten hätte, gleichzusetzen haben, sie ist regelmäßig ausreichend661. Hat der Unternehmer frühere Kenntnis, muss er rechtzeitig informieren, es sei denn, er überlegt noch (Gegenbeweis kaum möglich) oder hat schutzwürdige Interessen an einer späteren Information, etwa weil er objektiv nachlassende Vertriebsbemühungen des HV oder Geheimnisverrat befürchten muss. § 86a Abs. 2 S. 2, 3 heben drei Beispiele der Informationspflicht hervor. Der Unter- 98 nehmer hat den HV unverzüglich – aber im Nachhinein – über seine wegen der Annahme oder Ablehnung eines vermittelten Geschäfts getroffene Entschließung zu unterrichten, ebenso über die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts. Er hat ihn weiter unverzüglich – zuvor – zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich in erheblich geringerem Umfang abschließen kann oder will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten könnte. Sämtliche Mitteilungen sind zu begründen662. Anderenfalls würden dem HV die 99 Informationen vorenthalten, derer er für die Beurteilung seiner zu erwartenden Provisionsansprüche bedarf663. f) Vertragliche Erweiterung der Informationspflichten. Der Unternehmer darf sich 100 verpflichten, Informationen zu erteilen, die über das „Erforderliche“ hinausgehen. Abs. 3 steht nicht entgegen. 3. Mitteilung der Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts (§ 86a Abs. 2 S. 2, 101 1. Hs). Der Unternehmer muss dem HV gem. § 86a Abs. 2 S. 2 Hs. 1 unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) die Annahme oder Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht geschlossenen Geschäftes mitteilen. Die Regelung ist mit S. 2 Hs. 2 verwandt. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend. a) Aktivlegitimation. Der Wortlaut der Vorschrift fordert ein vom HV vermitteltes 102 oder vollmachtlos abgeschlossenes Geschäft. Es muss also ein Geschäft vorliegen, bei dem der HV zumindest eine Vermittlungs- oder weitergehend eine Abschlusstätigkeit (diese jedoch ohne Vollmacht) entfaltet hat664. „Ohne Vertretungsmacht“ meint neben dem Vermittlungs- auch den Abschlussvertreter, der bei Abschluss des Geschäfts seine Vollmacht überschritten hat (§ 91a Abs. 2)665; ebenso den Untervertreter, dem die Untervollmacht für den Abschluss fehlte. Die Vorschrift bezieht sich damit auf den Vermittlungsvertreter, nie jedoch auf den bevollmächtigten Abschlussvertreter666. Dieser bedarf der Unterrichtung bei Existenz einer Vollmacht nicht, weil er selbst den Abschluss infolge seiner Vollmacht verbindlich tätigt667. Dem Bezirksvertreter sind die Informationen nach § 86a Abs. 2 ebenfalls nur über von ihm vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte zu geben, nicht aber zu solchen, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises abgeschlossen wurden (§ 87 Abs. 2)668. Auch dies folgt aus 660 661 662 663 664 665

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 22. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 14. Küstner/Thume I Rn 657. Küstner/Thume I Rn 657. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 19. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 20.

666 667 668

Hopt § 86a Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24; aA Küstner/ Thume I Rn 658; Westphal I Rn 399; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 11 (unklar aber Rn 14).

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dem Wortlaut: Denn § 86 Abs. 2 S. 2 nennt nur die Mitteilung über „vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte“, nicht über Bezirksgeschäfte, die ohne Mitwirkung des Bezirksvertreters zustande kommen. Auch der Zweck, den HV vor sinnloser Arbeit zu schützen, spricht für dieses Verständnis. Über Bezirks- und Folgegeschäfte kann sich der HV – dann auf Anforderung – gem. § 87c informieren. Bei besonderer Bedeutung folgt jedoch eine Pflicht zur unaufgeforderten Information aus § 86a Abs. 2 S. 1. Eine Gegenansicht ließe sich nur einnehmen, wenn man den Zweck, den HV über die Geschäftspolitik des Unternehmers zu informieren, in den Vordergrund rückt, den Worten „vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte“ nur beispielhaften Charakter zumisst669 oder in ihnen keinen Gegensatz zum Bezirksvertreter („ohne seine Mitwirkung“) erkennt, sondern sie als auf die generelle Vermittlungs- oder Abschlusspflicht bezogen ansieht, die in § 86 Abs. 1 auch für den Bezirksvertreter vorgeschrieben ist. Gleiches gilt für Folgeprovisionen, sofern die ihnen zugrunde liegenden Geschäfte ohne Mitwirkung des HV zustande kamen. Wird vertraglich die Informationspflicht des Unternehmers auf Bezirksgeschäfte ausgedehnt, bestehen im Lichte des § 86a Abs. 3 keine Bedenken, weil es sich nicht um eine abweichende Vereinbarung, sondern um eine Ausdehnung der Informationspflicht auf vom Gesetz nicht erfasste Fälle handelt670.

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b) Zweck. Die Mitteilungspflicht besteht, da dem HV ein Provisionsanspruch für abgeschlossene Geschäfte zusteht. Er muss wissen, ob seine Vermittlungstätigkeit zur Provisionspflicht geführt hat. Der HV ist ferner auf die Information angewiesen, weil er einen Überblick darüber gewinnen soll, nicht nur, ob seine Vermittlungsbemühungen Erfolg gehabt haben (beim Unternehmer „angekommen“ sind) und ggf. aus welchen Gründen nicht, sondern auch, auf welche Kunden er (namentlich im Falle wiederholter Ablehnung) seine Bemühungen künftig nicht mehr oder nur noch in zweiter Linie zu richten hätte und (gerade im Falle einer nur teilweisen Annahme), zu wann ein neuer Kontakt mit den betreffenden Kunden geplant werden muss. Der HV soll also vor sinnlosem Arbeitseinsatz geschützt werden671 und sich auf die Kundenpolitik des Unternehmers einstellen können. Ganz kann der Widerspruch zu § 87a Abs. 3 nicht erklärt werden: Vor Abschluss ist der Unternehmer in der Entscheidung über das Geschäft frei; hiernach nicht mehr. Er darf es dann noch nicht einmal aufheben, ohne dem HV Provision zu schulden. Ab dem Abschluss wird das Vertrauen des HV in sein Provisionsrecht durch § 87a Abs. 3 geschützt. Umso sorgsamer hat der Unternehmer zu überlegen, ob er das Geschäft will. Die Mitteilung nach Abs. 2 berührt nur das Innenverhältnis zwischen dem Unterneh104 mer und dem HV. Nur gegenüber dem HV und nicht gegenüber dem Kunden ist der Unternehmer zur Mitteilung verpflichtet672. Die Benachrichtigung des HV bringt weder das Geschäft mit dem Kunden zustande, noch schließt sie einen Geschäftsabschluss mit dem Dritten aus673. Das Geschäft wird grundsätzlich erst wirksam durch die Einigung zwischen Unternehmer und Dritten674. Jedoch kann im Falle des vollmachtlosen Abschlusses in der Mitteilung eine Genehmigung nach § 177 BGB liegen. Eine derartige

669 670 671 672

AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 86 Rn 6. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24.

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MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 25.

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Genehmigung darf nicht nur gegenüber dem Dritten, sondern auch gegenüber dem HV erklärt werden675. Der Regelung soll sich entnehmen lassen, dass der Unternehmer, sofern nichts Gegen- 105 teiliges vereinbart ist, frei bestimmen darf, ob er das einzelne vom HV vermittelte Geschäft abschließen will676. Einen Anspruch hierauf habe der HV nicht677, selbst wenn er das Geschäft wegen eines Wettbewerbsverbots nicht einem anderen Unternehmer antragen dürfe. Dem ist innerhalb der o.g. Grenzen des Dispositionsrechts zuzustimmen. Der Unternehmer ist also nicht gänzlich frei sondern muss auch das Interesse seines Mittlers im Auge behalten. Er darf nicht durch beständige Nichtannahme einzelner Geschäfte die Wirkungen einer Kündigung ohne Frist vorwegnehmen, was zeigt, dass der Sachverhalt im Kleinen – dem einzelnen Geschäft – nicht abweichend vom Großen – der Produktionseinstellung (Rn 60, 97) – gewertet werden darf. Beachtliche Gründe für eine Ablehnung des Geschäfts können Überlastung des Betriebs, Materialknappheit, beabsichtigter Produktionswechsel oder Zweifel des Unternehmers hinsichtlich der Person des Kunden sein678. c) Inhalt. Die Mitteilung muss dem HV die Auswirkungen auf sein Provisionsrecht 106 erkennen lassen679 und das betroffene Geschäft namentlich bezeichnen. Jedes einzelne vermittelte und nicht ausgeführte Geschäft ist mitzuteilen680. Soweit eine Begründung erwartet werden kann, ist sie zu liefern, etwa falls die Gründe der Ablehnung provisionsoder schadensersatzrelevant sind. Da der Unternehmer grundsätzlich frei über Annahme oder Nichtannahme eines Geschäfts entscheidet und ohne Annahme keine Provision entsteht, fehlt im Regelfall objektiv eine Provisionsrelevanz der Entscheidung. Der HV muss aber kontrollieren können, ob der Unternehmer sein Dispositionsrecht überschreitet und das Geschäft willkürlich (dann mit der Folge eines Schadenersatzanspruchs des HV) ablehnt. Deshalb muss zumindest bei Anhaltspunkten für eine solche Willkür und bei begründeter Nachfrage eine Erklärung gegeben werden681. Sie kann auch gefordert werden, wenn der HV aus vertriebspolitischen Gründen wissen sollte, warum abgelehnt wurde, z.B. um sich bei zukünftigen Vertriebsaktivitäten auf die Annahmepraxis des Unternehmers einstellen oder Stornierungen anderer Verträge verhindern zu können. Auch die lediglich teilweise Ausführung des Geschäftes ist mitzuteilen682. Über Ge- 107 schäfte, die nach Vertragsbeendigung abgeschlossen werden, muss gleichfalls informiert werden. Denn sie können gemäß § 87 Abs. 3 provisionspflichtig sein683. Erfolgt der Abschluss durch den HV ohne Vollmacht, ist Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts, das dieser Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen hat, ebenfalls mitzuteilen684. Die Benachrichtigungspflicht entsteht unabhängig davon, durch wen der

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MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 25. BGH NJW 1958, 1138 (1139); Urt. v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59, BB 1960, 1222; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70 bis 70b. Hopt § 87 Rn 8; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18.

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Hopt § 86a Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 9; Hopt § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 22. Westphal I Rn 398; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24; Hopt § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 22. Küstner/Thume I Rn 652. Küstner/Thume I Rn 653.

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Unternehmer Kenntnis von dem vermittelten oder vollmachtlos abgeschlossene Geschäft erhalten hat685. Hier dürfte keine Begründung erforderlich sein. Es genügt, dass der Unternehmer ohne Vertretungsmacht gezeichnete Geschäfte nicht genehmigen will. Das zielt auf § 91a Abs. 1. Der HV soll hier über die Beendigung des Schwebezustandes vergewissert werden, vor allem dann, wenn er dem Unternehmer die Mitteilung nach § 91a Abs. 1 gemacht hatte. Er muss sich im Falle der Ablehnung auf die Inanspruchnahme durch den Kunden nach § 179 BGB einstellen können686. Regelmäßig stellt die Mitteilung über die Annahme des Geschäfts zugleich dessen Genehmigung gem. § 177 Abs. 1 BGB dar, da die Genehmigung bis zur Aufforderung nach § 177 Abs. 2 BGB auch gegenüber dem HV erklärt werden darf687. Will der Unternehmer lediglich eine Information im Innenverhältnis gegenüber dem HV geben, muss er dies unmissverständlich deutlich machen. Die Verweigerung der Genehmigung hat dagegen lediglich Wirkung im Innenverhältnis zum HV, da sie gem. § 91a wirksam nur gegenüber dem Dritten ausgesprochen werden kann688.

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d) Zeitpunkt der Information. Die Mitteilungspflicht besteht nur dann, wenn der Unternehmer von der Geschäftsvermittlung oder dem ohne Vertretungsmacht erfolgten Abschluss Kenntnis erlangt hat, ungeachtet davon, von wem er diese Kenntnis erhalten hat689. Vollständige Kenntnis ist nicht erforderlich. Es genügt Kenntnis über die wesentlichen Grundzüge des Geschäfts690. Die Mitteilung ist dann unverzüglich, d.h. auch hier ohne schuldhaftes Zögern, zu geben. Diese Pflicht zur „unverzüglichen“ Unterrichtung schließt ein, dass dem HV eine Zwischennachricht zu geben ist, falls der Unternehmer sich nicht zu der alsbaldigen Annahme der Offerte des Kunden (§ 147 Abs. 2 BGB) entschließen kann, etwa weil noch Kreditauskünfte über den Kunden einzuholen sind. Denn auch hierüber muss der HV vergewissert werden. Er muss sich gegebenenfalls persönlich einschalten können, um Hemmnisse auszuräumen, Verärgerungen des Kunden im persönlichen Gespräch abzufangen oder um zu sehen, wo er in vergleichbaren, vielleicht schon laufenden Fällen von Geschäftsanbahnungen genauere und den Vorstellungen des Unternehmers entsprechendere Nachforschungen anzusetzen hat.

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4. Mitteilung der Nichtausführung abgeschlossener Geschäfte (§ 86a Abs. 2 S. 2, 2. Hs). Gemäß § 86a Abs. 2 S. 2 hat der Unternehmer die – auch teilweise691 – Nichtausführung eines von ihm vermittelten und abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Zu Zweck, Inhalt und Rechtzeitigkeit der Information gilt im Wesentlichen das Vorgesagte entsprechend.

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a) Zweck. Die Mitteilungspflicht über die Nichtausführung eines vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts ist durch das Durchführungsgesetz zur HV-Richtlinie in § 86a aufgenommen worden. Auch hier soll der HV vor sinnloser Tätigkeit geschützt werden sowie möglichst frühzeitig Klarheit gewinnen, ob er aus einem provisionspflichtigen Geschäft mit Provisionen rechnen darf692. Denn § 87a Abs. 3 S. 2 lässt den Provisionsanspruch (nur) entfallen, wenn die Nichtausführung auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. 685 686 687 688

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24; Schröder § 86a Rn 12. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 20. Küstner/Thume I Rn 655. Küstner/Thume I Rn 655.

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Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 12. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 12. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 13. Küstner/Thume I Rn 656.

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b) Inhalt. Die Vorschrift betrifft bereits zustande gekommene Geschäfte, deren ver- 111 tragsgemäßer Ausführung Hindernisse entgegenstehen, während § 86a Abs. 2 S. 2, 1. Hs lediglich die Annahme oder Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts meint693, welches noch nicht zustande gekommen ist. Der Begriff der Nichtausführung ist zum Schutze des HV weit zu fassen694. Hilfsweise wäre das allgemeine Informationsrecht einschlägig. Mitteilungspflichtig sind die vollständige wie die teilweise Nichtausführung695, wobei jedes einzelne nicht ausgeführte Geschäft namentlich zu bezeichnen ist696. Auch ist der Grund der Nichtausführung anzugeben697, weil anderenfalls nicht kontrolliert werden könnte, ob eine vom Unternehmer nicht zu vertretende und zum Entfallen des Provisionsrechts führende Nichtausführung i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 vorliegt. Die Benachrichtigungspflicht entsteht unabhängig davon, durch wen der Unternehmer Kenntnis von der Nichtausführung erhalten hat698. Auch hier sind dem HV auf Verlangen die Gründe der Nichtausführung mitzuteilen, damit der HV prüfen kann, ob ihm wegen willkürlichen, bewusst schädigenden Verhaltens oder im Hinblick auf § 87a Abs. 3 Rechte zustehen können699. 5. Unterrichtung über Abschlussbeschränkungen (§ 86a Abs. 2 S. 3). Als Ausprägung 112 der Informationspflicht hat der Unternehmer gemäß § 86a Abs. 2 S. 3 den HV ferner unverzüglich zu unterrichten, sofern er Geschäfte nur in erheblich geringerem Umfang abschließen kann oder will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte. Die Mitteilungspflicht ist vom Wortlaut her auf den Vermittlungsvertreter zu beschränken700. Sie ist jedoch objektiv nicht auf ihn begrenzt. Denn auch der Abschlussvertreter kann Weisungen zum Umfang der Geschäfte empfangen und muss wissen, falls der Unternehmer zukünftig beabsichtigt, derartige Weisungen auszusprechen. Die Nachrichtspflicht ist gem. § 86a Abs. 3 zwingend ausgestaltet. Bis zur Novelle 1989 war nur sie zwingend, was darauf hindeutet, dass sie der Gesetzgeber als besonders bedeutend ansah. Aus ihrer seinerzeit allein zwingenden Natur erklärt sich die von früherer Literatur und Rechtsprechung vertretene weite Auslegung des Tatbestandes, die seinerzeit in ungewollten Derogationsfällen gewünscht war, heute jedoch nicht mehr erforderlich ist. Viele ehemals unter S. 3 gefasste Fälle können jetzt dogmatisch treffender der allgemeinen Informationspflicht zugewiesen werden. Der TB ist immer erfüllt, wenn der Unternehmer quantitativ im geringeren Maße liefern will, insbesondere, wenn der Unternehmer einen erheblichen Teil der Geschäfte nicht mehr schließen will oder kann, sei es ein prozentualer Anteil an ihnen oder ein wiederholtes Einzelgeschäft, welches einen bedeutsamen Teil der Gesamtvermittlungsleistung des HV einnimmt701. Die Erheblichkeit ist

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Küstner/Thume I Rn 656. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 13. Küstner/Thume I Rn 657; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 24; Hopt § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24. Küstner/Thume I Rn 657; Hopt § 86a Rn 10; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 15.

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 24. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 26. AA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 26; Schröder § 86a Rn 16: Die Vorschrift greift nicht ein, wenn es nur hinsichtlich einzelner vermittelter Geschäfte zu einer Nichtannahme kommen soll, selbst wenn es sich um Einzelgeschäfte mit größerem Umsatz oder wichtigen Kunden handelt.

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nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, und zwar anhand des Verhältnisses zwischen berechtigten Erwartungen des HV einerseits, die er nach gewöhnlichem Verlauf der Dinge haben durfte, und den berechtigten Erwartungen des Unternehmers, wie sie sich aus Marktlage und Marktbeobachtung ergeben702. Als Richtschnur gilt: Ab einem zu erwartenden Umsatzrückgang von 20 %703 bis 25 %704 des bisherigen Umsatzes dürfte die Erheblichkeit gegeben sein. Auf die Höhe der aus dem Geschäftsrückgang resultierenden Provisionsverluste des HV stellt Abs. 2 S. 3, wie das Wort „Geschäfte“ dokumentiert, nicht ab705, und zwar schon deshalb nicht, weil die sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen HV und Unternehmer ergebenden Provisionsverluste nicht zu den vom Unternehmer zu berichtenden Marktgegebenheiten zählen. Die Provisionsverluste werden jedoch meist dem Umsatzverlust entsprechen. Nicht die mglw. unberechtigte, subjektive Erwartung des HV ist maßgeblich706, sondern das, was der HV aus seiner Sicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Information unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände objektiv antizipieren durfte707. Die Gründe für den Umsatzrückgang sind unerheblich, sie können sogar auf Fehldispositionen, die Geschäftspolitik des Unternehmers oder auf objektive Umstände, z.B. Rohstoffknappheit708, beruhen709.

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a) Zweck. Der HV soll nicht nutzlos tätig werden und die notwendigen Konsequenzen, nämlich ggf. reduzierten Arbeitseinsatz, aus der Information ziehen können710. Die Treuepflichten fordern vom Unternehmer, den HV zu warnen, damit er seine Vermittlungs- und Abschlussbemühungen an die verringerten Kapazitäten des Unternehmers anpassen711, unnötige Arbeit vermeiden und über weitere Dispositionen entscheiden kann, etwa eine Anpassung des HV-Vertrages an die veränderten Umstände, äußerstenfalls eine Kündigung712.

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b) Inhalt. Nach h.M. soll der Unternehmer auch darüber informieren müssen, dass er beabsichtigt, künftig in qualitativ herabgesetztem Grade zu liefern713. Diese weite Auslegung wird heute nicht mehr durch die Abdingbarkeit des allgemeinen Informationsrechts herausgefordert (Rn 112), weil es anders als früher ebenfalls zwingend ist. Richtigerweise stellt S. 3 auf die Quantität, nicht die Qualität ab714. Es lässt sich von Wortlaut und Systematik heute gut vertreten, die Information über die Qualitätsveränderung dem allgemeinen Informationsrecht des HV zuzuweisen715. Nach der h.M. gilt: Wenn der Unternehmer den HV darüber zu unterrichten hat, dass er künftig nur in quantitativ verringertem Umfange liefern kann oder will, so gilt das erst recht dann, sofern er überhaupt nicht mehr liefern kann oder will, etwa weil er die Produktion des betreffenden 702 703 704 705 706

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Hopt § 86a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 28; unklar Begründung zum RegE BT-Ds. 11/3077, S. 7. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 12; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 28. LAG Stuttgart NJW 1951, 374. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a

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Rn 14; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 29; Schröder § 86a Rn 15. Küstner/Thume I Rn 659; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 15. Küstner/Thume I Rn 659. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 26; Schröder § 86a Rn 11. BGHZ 26, 161 (167) = NJW 1958, 219; Küstner/Thume I Rn 659; Westphal I Rn 402. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25.

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Artikels einstellen716 oder sie künftig nur noch in Lohnfabrikation für andere Unternehmer herstellen717, seinen Herstellungsbetrieb einer Konzernleitung unterstellen718, überhaupt sein Vertriebssystem umstellen, also zwar weiter liefern will, aber eben nicht mehr über den Einsatz von HV719. Obgleich § 86a Abs. 2 S. 3 dem Wortlaut nach nur die Mitteilung der Entscheidung verlangt, darf der HV zumindest aus dem allgemeinen Informationsrecht bei Informationsinteresse eine Nachricht über die Gründe der Beschränkung fordern, schon um beurteilen zu können, ob es sich um eine nachhaltige Behinderung handelt720. Der Unternehmer braucht sich aber nicht zu rechtfertigen721. Er darf nicht geltend machen, der HV habe aus einer Kette erfolgter Ablehnungen ihm vermittelter Geschäfte erahnen müssen, dass der Unternehmer nur noch in erheblich geringerem Umfange abschließen wolle oder könne. Denn die Mitteilungspflicht soll den HV gerade vor unnötiger Belastung durch Vermittlungstätigkeit bewahren. Der Unternehmer muss also unzweideutig informieren, und dies rechtzeitig722. c) Fälligkeit. Die Nachrichtspflicht ist unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – fäl- 115 lig, sobald der Unternehmer die Umstände kennt, aus denen sich ergibt, dass es zu erheblich geringeren Geschäftsabschlüssen kommen wird723 und nicht erst nach dem tatsächlichen Eintritt der Verringerung724. Kennt der HV die Umstände bereits, ist eine Information überflüssig725. Eine Bestätigung kann aber nach den Umständen erforderlich sein726. Kennenmüssen lässt die Informationspflicht nicht entfallen727; ein Schadenersatzanspruch kann aber gem. § 254 BGB gemindert sein728. In allen Zweifelsfällen muss der Unternehmer den HV benachrichtigen729, allerdings unter Berücksichtigung eventueller berechtigter Geheimhaltungsinteressen730, ebenso bei Existenz glaubhafter Indizien zu informationsbedürftigen Umständen.

J. Erfüllungsort und Kosten Alle geschuldeten Informationen hat der Unternehmer dem HV auch ohne dahin- 116 gehende Vereinbarung in einer objektiv geeigneten Form und Weise dorthin zu übermitteln, wo der HV seinen vertragsgemäßen Tätigkeitsort hat, im Zweifel an den Geschäftssitz des HV731. Welche Form erforderlich ist, hängt von der Länge der Nachricht, der Effizienz, den Möglichkeiten, den HV zu erreichen sowie der Eilbedürftigkeit ab. Bei besonderer Eilbedürftigkeit ohne das Bedürfnis der Perpetuierung ist ein Anruf genügend. Wenn eine eingehende Analyse und Perpetuierung erforderlich ist, wird Textform732 gefordert sein. Grundregeln gibt es hier nicht. Die Kosten der Informationserteilung hat der Unternehmer zu tragen733.

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BGH NJW 1959, 1964. BGH DB 1972, 524. OLG Braunschweig NJW 1976, 2022. BGHZ 49, 39. AA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 25. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 30. Hopt § 86a Rn 12. Hopt § 86a Rn 12.

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Hopt § 86a Rn 12. Hopt § 86a Rn 12. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 31. BGH NJW 1974, 795; Hopt § 86a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 33; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 1; Schröder § 86a Rn 18. AA Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 33: Schriftform. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 33.

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K. Rechtsfolgen der Verletzung der Informationspflichten des § 86a Abs. 2 Die fehlende Information nach § 86a Abs. 2 ist eine Vertragsverletzung. Sie führt zum Schadenersatz nach § 280 BGB734. Die Beweislast für Pflichtverletzung, Kausalität und Schaden liegt beim HV735. Teilt der Unternehmer dem HV entgegen § 86a Abs. 2 S. 2 die Annahme eines Geschäftes nicht mit und lehnt der Dritte deshalb den Abschluss des Geschäftes wegen nicht rechtzeitiger Annahme ab, valutiert der Schaden in Höhe der entgangenen Provision736. Entgeht kein Geschäft, kann ein Schadenersatz in Höhe vergeblicher Aufwendungen entstehen737. Zu unterscheiden ist immer, ob der Schadenersatzanspruch aufgrund unterlassener 118 Mitteilung oder aufgrund des mitteilungspflichtigen Umstandes entstanden ist. Lehnt der Unternehmer beispielsweise den Abschluss eines Geschäftes ab, so gelten die oben zur Treupflicht und Dispositionsfreiheit des Unternehmers genannten Maßstäbe. Grundsätzlich entscheidet der Unternehmer über Ablehnung und Nichtablehnung. Die Ablehnung des Geschäfts führt aber zu einem Schadenersatzanspruch, falls sie ohne sachgerechten Grund erfolgte. Schadensersatzbegründend ist hier aber die Ablehnung selbst und nicht eine unterlassene Information. Der HV hat Anspruch auf Ersatz seiner nutzlosen Aufwendungen für eine erfolglose Tätigkeit, vor welcher die Information ihn bewahren sollte738, etwa wenn er infolge mangelnder Information über die Abschlussbeschränkungen sinnlose Aufwendungen tätigt739. Der Anspruch kann wie bei § 670 BGB die Entschädigung für erfolglos aufgewendete Arbeitskraft umfassen740. Voraussetzung ist, dass Benachrichtigungen unterblieben oder fehlerhaft erteilt wurden und hieran ein unter der unrichtigen Informationslage vermitteltes Geschäft im Stadium des Abschlusses oder des Vollzuges an gerade diesem Umstand gescheitert ist. Die Begrenzung auf den Vertrauensschaden rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass bei erschöpfender oder zutreffender Unterrichtung eine Vermittlung des Geschäfts nicht aussichtsreich gewesen wäre. Kann der HV dartun, dass das Geschäft alsdann zu anderen Bedingungen abgeschlossen worden wäre (wozu der enttäuschte Kunde nunmehr nicht länger bereit ist), so steht ihm als Schadensersatz die entgangene Provision zu. Der Vertreter kann zudem bei wiederholter und erheblicher Verletzung der Informationspflicht außerordentlich kündigen, wobei eine vorherige Abmahnung erforderlich ist (§ 314 Abs. 2 BGB). Die Informationsansprüche sind einklagbar741, rglm. jedoch wegen Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache nicht mittels einstweiliger Verfügung sicherbar742 (Gegenbeispiel etwa: Existenzgefährdung und evident unberechtigte Informationsverweigerung). Der HV besitzt also ein Wahlrecht zwischen Schadenersatz- und Informationsklage743.

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Küstner/Thume I Rn 663. Küstner/Thume I Rn 663. Küstner/Thume I Rn 665. Küstner/Thume I Rn 665. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 37. BGH BB 1959, 864: bevorstehende Betriebsoder Produktionseinstellung; BGH NJW 1974, 795: Absicht einer Vertriebsumstellung, die die HV umgeht; BGHZ 49, 44; 58,

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145: beabsichtigte Überlassung des Gebiets an Wettbewerber; BGH WM 1987, 595: sonstige, den HV beeinträchtigende Betriebsumstellung; BGHZ 26, 167: bevorstehende Verschlechterung der Ware; Hopt § 86a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Küstner/Thume I Rn 667. Emde ZIP 2001, 820. Küstner/Thume I Rn 667.

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L. Informationserteilung an Dritte, AVAD Grundsätzlich muss der Unternehmer über die Verhältnisse seines HV schweigen. Nur 119 dem berechtigten Auskunftsverlangen Dritter über den HV darf er wahrheitsgemäß nachkommen744. Das gilt etwa für Mitteilungen an die Außenstelle für den Versicherungsaußendienst e.V. in Hamburg (AVAD). Der Präsident des BaFin hatte gem. § 81 Abs. 2 S. 1 VAG a.F. angeordnet745, dass Versicherer vor Vertragsschluss mit einem VV Informationen über dessen Zuverlässigkeit „z.B. durch Anfrage bei der AVAD“ einzuholen haben. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der Zuverlässigkeitsvorschriften in der GewO (§ 92 Rn 48 ff) gestrichen worden. Im Kern hält das BaFin hieran gem. Rundschreiben des BaFin 9/2007 auch weiterhin fest746. Darin liegt eine mittelbare Anerkennung dieser Institution. Die Verfahrensregelungen der AVAD erlauben aber keine Überprüfung einer solchen Anzeige auf ihre inhaltliche Richtigkeit747. Gegen die Mitteilung eines Versicherers kann mittels einstweiliger Verfügung vorgegangen werden748. Passiv legitimiert ist zumindest auch der Versicherer749. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Interesse eines Versicherers von großer Bedeutung ist, andere Unternehmen der Branche möglichst frühzeitig vor finanziellen- und Imageverlusten zu wahren, die durch eine Zusammenarbeit mit rechtswidrig agierenden Versicherungsmittlern entstehen können. Ein Versicherer muss grds. schon den Verdacht auf Urkundenfälschung eines für ihn tätigen Mittlers an den AVAD zur Verbreitung in der Branche melden dürfen. Ein solcher Verdacht darf aber erst ausgesprochen werden, wenn ein Mindestbestand von Beweisen für die Begründetheit des Verdachts recherchiert wurde750. Die AVAD muss bei hinreichendem Verdacht den Steuerbehörden Sammelauskünfte erteilen751.

M. Vertragliche Erweiterung der Nebenpflichten des Unternehmers Nebenpflichten dürfen weitgehend frei vereinbart werden. So kann sich der Unterneh- 120 mer verpflichten, vom Gesetz nicht vorgesehene Nebenpflichten zu erfüllen, die je nach Auslegung der getroffenen Vereinbarung den Status einer Hauptpflicht erreichen können. Für solche Beispiele wird auf die Kommentierung oben, Rn 10, verwiesen.

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 31. R 1/90 v. 27.02.1990 – Z 3 – V – 50/90. Geschäftszeichen: VA 37 – O 1000 – 2007/287, etwa B I 1: „Weiterhin hält die BaFin die Einholung von AVAD-Auskünften über den jeweiligen Vermittler für erforderlich. Auf die hohe Bedeutung dieser Auskünfte hat die Aufsichtsbehörde in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen. Diese Bedeutung ist durch das neue Vermittlergesetz nicht geschmälert worden. Die BaFin hält es daher auch weiterhin für erforderlich, bei Beginn der Zusammenarbeit eine AVAD-Auskunft über den Vermittler einzuholen“.

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OLG Hamburg, Urt. v. 06.05.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 = VersR 2010, 1375. OLG Hamburg, Urt. v. 06.05.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 = VersR 2010, 1375. OLG Hamburg, Urt. v. 06.05.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 = VersR 2010, 1375. OLG Hamburg, Urt. v. 06.05.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 (910) = VersR 2010, 1375. FG Sachsen, Urt. v. 27.05.2010 – 2 K 2181/09; hierzu Evers VW 2011, 136.

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N. Erfüllungsort der Unternehmerpflichten 121

Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Erfüllungsort der Unternehmerpflichten grundsätzlich der Sitz des HV (Einheitserfüllungsort, s. Vor § 84 Rn 430 ff). Dies widerspricht der herrschenden Ansicht752, dergemäß für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Unternehmerpflichten § 269 Abs. 2 BGB maßgeblich ist und der Unternehmer jene am Ort seiner gewerblichen Niederlassung zu erbringen hat. Eine vertragliche Vereinbarung ist innerhalb der Vor § 84 Rn 430 ff dargestellten Grenzen möglich753.

O. Durchgriffserwägungen zu Lasten des Unternehmers Wie dargestellt ist der Unternehmer verpflichtet, den HV aktiv vor fremden Wettbewerb, erst recht vor dem durch Konzernunternehmen oder nahestehenden Dritte, zu schützen754. Dies ist nicht direkt eine Frage des Durchgriffs sondern ergibt sich als Schutzpflicht aus dem HV-Vertrag selbst, insbesondere als Nebenpflicht einer Ausschließlichkeitsbindung. Aus ihr folgt bei allen Vertriebsverträgen eine umfassende Schutzpflicht des Herstellers vor eigenem Wettbewerb, aber auch vor solchem Dritter755, insbesondere nahestehender Dritter, z.B. verbundener Unternehmen, Gesellschafter oder Angehöriger. Die Intensität der Schutzpflicht ist gestaffelt nach dem Grad der Verletzungshandlung und verbietet geordnet nach der Schwere des Verstoßes: 1. eigenen Wettbewerb 2. Veranlassung fremden Wettbewerbs, auch solchen verbundener Unternehmen 3. Umgehung der Exklusivität durch Vorschieben Dritter 4. Unterstützung fremden Wettbewerbs und 5. unterlassene Abschirmung fremden Wettbewerbs (s.o.). Die Verletzung bereits einer dieser Pflichten ist eine Schlechterfüllung des Vertriebsvertrages. Sie führt zur Schadensersatzpflicht und damit korrespondierend zur Auskunftspflicht; zudem (nach Abmahnung) zu einem Kündigungsrecht aus wichtigem Grund analog § 89a756. Der Unternehmer ist also materiellrechtlich – ebenso wie der HV in spiegelbildlicher 123 Konstellation – verpflichtet, jede Handlung zu unterlassen, die den HV schädigen könnte und verpflichtet, Schaden vom HV abzuwenden. Nicht anders als der HV darf auch der Unternehmer die ihm obliegenden Vertragspflichten keinesfalls durch Dritte, insbesondere von ihm beherrschte Gesellschaften, abhängige Unternehmen, Strohleute oder Angehörige umgehen757. Gründet oder unterhält der Unternehmer eine abhängige Gesellschaft oder eine Schwestergesellschaft, die Vertragspflichten verletzt, welche dem Unternehmer gegenüber dem HV oblegen hätten, so spricht ein Indiz für eine Umgehung der Vertragspflichten – meist Unterlassungspflichten. Dieses Indiz hätte schon wegen der Sachnähe der Unternehmer bzw. die betroffene Gesellschaft zu widerlegen. Eine Zurechnung ist nicht auf Gesellschaften begrenzt. Jede im Lager des Unternehmers, also ihm nahe stehende natürliche und juristische Person, kann Adressat solcher Pflichten sein. So werden in der Literatur Personenidentität der Gesellschafter oder der Geschäftsleitung758

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Westphal I Rn 372. Westphal I Rn 372. Zum spiegelbildlichen Fall der Umgehung vertraglicher Pflichten durch den HV Emde GmbHR 1999, 1005 (1013). Der BGH hat im Urt. v. 11.04.2003 – V ZR 323/02, NJW 2003, 3622, zu einem Wege-

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recht ausgesprochen, die Verpflichtung zur Unterlassung beinhalte die Pflicht, Verstöße durch Dritte zu verhindern. Emde EWiR 2002, 1037. Vgl. BGH, Urt. v. 30.01.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785. Küstner/Thume I Rn 691.

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und Beherrschung759 als maßgebliche Umstände angesehen, die im Falle einer Verletzung von Vertragspflichten durch Dritte zur Zurechnung beim Unternehmer führen und ihm richtigerweise sogar den Entlastungsbeweis fehlender Zurechnung zuweisen. Das OLG Köln760 entschied, es sei objektiv missbräuchlich, falls sich der Unternehmer zur Rechtfertigung einer Vertragsverletzung bei Personenidentität der Geschäftsführung auf die rechtliche Selbständigkeit einer Tochterfirma berufe. In diesen Fällen wird über die Selbständigkeit der Tochtergesellschaft hinweggegangen. In dem Urteil BGH NJW 1981, 1785761 überging der BGH die Selbständigkeit der geschäftsausführenden KG, weil der Inhaber der Einzelfirma, mit dem der HV-Vertrag bestand, gleichzeitig Gesellschafter und Geschäftsführer dieser KG war. BGH NJW-RR 1987, 547 kam zum selben Ergebnis, da der persönlich haftende Gesellschafter des Unternehmens, mit dem der HV-Vertrag bestand, gleichzeitig Gesellschafter und Geschäftsführer des geschäftsausführenden Unternehmers war. Kann eine als Unternehmer tätige Muttergesellschaft auf das Vertriebssystem ihrer Töchter, die als Haupt- oder A-Händler tätig sind, gestaltend Einfluss nehmen und bindend veranlassen, dass etwa eine Tochtergesellschaft das Vertragsverhältnis mit einem B-Händler löst, haftet die Muttergesellschaft nach Vertragsgrundsätzen762. Von der Muttergesellschaft vorgenommene Maßnahmen können eine zum Schadensersatz verpflichtende Treupflichtverletzung darstellen. In diesen Fällen darf der HV nach seiner Wahl (Gesamtschuldnerschaft) die Erfüllung 124 der Vertragspflichten, etwa Zahlung der Provision, von beiden Unternehmen, Vertragspartner wie verbundener Person, verlangen. Der HV darf also die Unternehmerpflichten zum handelnden Dritten ziehen oder das Handeln des Dritten dem Unternehmer zurechnen. Die geschäftsausführende Person kann sich nicht darauf berufen, mit ihr sei kein Vertretervertrag geschlossen worden. Der Unternehmer darf sich nicht darauf zurückziehen, er habe kein Geschäft ausgeführt. Dieses Ergebnis ist die konsequente Folge der Missachtung der rechtlichen Selbständigkeit des Vertragsverletzers. Kein Durchgriffsfall sind Konstellationen, in denen der Unternehmer einem Dritten 125 ein uneingeschränktes Vertriebsrecht einräumt, welches zur Belieferung des dem HV zugewiesenen Gebiets oder Bezirks berechtigt und dessen Gewinnchancen aushöhlt763. Dieses Verhalten kann eine Treupflichtverletzung des Unternehmers darstellen.

P. Pflichten des Unternehmers im Verhältnis zu Dritten Von den vertraglichen Pflichten im Verhältnis zwischen Unternehmer und HV sind 126 Pflichten zu unterscheiden, die den Unternehmer ggf. aus dem Rechtsverhältnis zu Dritten, etwa zu seinen Kunden, treffen können. Diese Pflichten unterliegen einem selbständigen Regelungsregime, das meist wenig mit Vertriebsrecht zu tun hat. Häufig handelt es sich um Abwicklungs- oder Gewährleistungsfragen der vermittelten Geschäfte. Zu den mit dem HV-Recht verwandten Fragen solcher Rechtsbeziehungen zählen etwa: – Datenschutz: Die Übermittlung kundenbezogener Daten von Banken an ihre HV bedarf als Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG keiner weiteren Einwilligung der Kunden764. 759 760 761 762

Küstner/Thume I Rn 691. HVR Nr. 526. Zustimmend Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 13. OLG Stuttgart, Urt. v. 15.09.1989 – 2 U

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63/88, NJW-RR 1990, 491 (492) (vom BGH ist die Revision mangels Erfolgsaussichten nicht angenommen worden). Vgl. Küstner/Thume I Rn 701. Evers/Kiene NJW 2003, 2726 (2728).

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– Beratungspflicht: Der Unternehmer kann aufgrund einer (konkludenten) Absprache mit dem Kunden dessen Beratung übernommen haben. Eine Verletzung der Beratungspflicht stellt eine Pflichtverletzung dar.

Q. Abs. 3: Zwingende Natur 127

Seit der Novelle 1989 sind die Pflichten des § 86a Abs. 1 und 2 zwingend ausgestaltet. Zuvor traf das nur auf Abs. 2 S. 3 zu. Wie in § 86 werden von der zwingenden Natur allein die in beiden Absätzen ausdrücklich normierten Pflichten erfasst. Andere als die in Abs. 1 und 2 explizit genannten Nebenpflichten des Unternehmers dürfen also innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB erweitert oder eingeschränkt werden. Möglicherweise prägen jedoch in den Abs. 1 und 2 nicht erwähnte Nebenpflichten das Leitbild des Vertrages, so dass die Erweiterung oder Beschränkung nach § 307 BGB unzulässig wäre765; dies ist im Einzelfall zu untersuchen (zur AGB-Prüfung Vor § 84 Rn 42 f.). Abs. 3 verwehrt es den Parteien auch nicht, die für unabdingbar erklärten Pflichten des Unternehmers durch Vereinbarung näher auszugestalten, zu konkretisieren oder zu präzisieren766, solange sie in ihrem Kern bestehen bleiben und insoweit nicht eingeschränkt werden. Einer vertraglichen Ausweitung der Pflichten des Abs. 1 und 2 steht Abs. 3 als Schutzvorschrift zugunsten des HV ebenso wenig entgegen767 wie einem nachträglichen, auf die Vergangenheit beschränkten Verzicht des HV auf seine Rechte aus § 86a768.

R. Rechtsfolgen der Verletzung der Unternehmerpflichten 128

Im Falle der Verletzung der Unternehmerpflichten stehen dem HV folgende Rechte zu: – Annahmeverzug: Verhindert der Unternehmer dass Entstehen der Provision, darf der HV gemäß § 615 BGB die vereinbarte Vergütung fordern769 (siehe Vor § 84 Rn 64 ff). § 615 BGB ist trotz der Entschließungsfreiheit des Unternehmers grundsätzlich anwendbar770. Der Anspruch aus § 615 BGB tritt in Konkurrenz771 zum Provisionsanspruch aus §§ 87 ff HGB, 162 BGB sowie zum regelmäßig gegebenen Schadenersatzanspruch wegen Schlechterfüllung (§ 280 BGB) – Arglistige Täuschung: Der HV darf den HV-Vertrag nach § 123 BGB anfechten, falls er von dem Unternehmer arglistig getäuscht wurde772 – Außerordentliche Kündigung nach § 89a: Bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung darf der HV außerordentlich kündigen773, etwa: – nach einem Verstoß gegen die Über-

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 44. Roth BB 2010, 2000 (2003) – zur Überlassungspflicht; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 44; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 44; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 6 und 22; wohl auch MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 42; aA Thume BB 1995, 1913 (1914).

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768 769

770 771 772 773

Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 44. Martinek/Flohr § 9 Rn 47; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 40; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 9; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 85 Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 40. Siehe Martinek/Flohr § 9 Rn 47. OLG Karlsruhe HVR Nr. 976. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 40; Hopt § 86a Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 39; Schröder § 86a Rn 21.

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§ 86a

lassungspflicht von Unterlagen774. Dieses Recht kann jedoch – wenn durch den Vertragsverstoß das erforderliche Vertrauen nicht vollkommen entfallen ist – nur nach ergebnisloser Abmahnung geltend gemacht werden (§ 134 BGB)775. Es sind jeweils die Umstände des Einzelfalles maßgeblich776. So wird etwa die Weigerung des Unternehmers, dem HV die zur Ausübung seiner Tätigkeit dringend benötigten Musterkollektionen, Preislisten etc. zur Verfügung zu stellen, eher einen wichtigen Kündigungsgrund bilden, als wenn es sich z.B. um weniger bedeutsames Werbematerial handelt777. U.U. wird eine wiederholte Verletzung eher unbedeutender Nebenpflichten erforderlich sein, ehe gekündigt werden darf. Eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung ist nur wirksam, falls durch die Nicht- oder Schlechterfüllung das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien vollkommen zerstört wird und auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte. Davon wird nur im Ausnahmefall auszugehen sein. Durch die Kündigung nach § 89a gewinnt der HV auch den gegenüber § 280 BGB spezielleren Anspruch auf Ersatz des durch die vorzeitige Auflösung des HV-Verhältnisses entstandenen Schadens (§ 89a Abs. 1, 2) – Ausgleichserhaltende Kündigung gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1: Selbst wenn der HV die ordentliche der außerordentlichen Kündigung vorzieht, etwa weil er nicht das Risiko eingehen will, in einem Prozess den Kündigungsgrund als nicht gewichtig genug für eine fristlose Kündigung beurteilt zu sehen, wahrt er bei Existenz eines begründeten Anlasses zur Kündigung nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 den Ausgleichsanspruch, der ihm sonst bei einer Eigenkündigung verloren ginge. Nur muss die Pflichtverletzung des Unternehmers dem HV zur Kündigung wenigstens einen „begründeten Anlass“ gegeben haben. Dazu werden leichtere oder einmalige Verstöße des Unternehmers nicht ausreichen; hier würde der HV sich einstweilen mit Abmahnung, allenfalls Schadensersatzansprüchen zu begnügen haben. Nicht anders als bei § 89a hängt es von der Schwere des Verstoßes ab, ob der HV ausgleichserhaltend kündigen kann, wobei im Rahmen des § 89b Abs. 3 Nr. 1 geringere Anforderungen zu stellen sind – Erfüllung: Die wichtigste Folge der Verletzung einer Haupt- oder selbständigen Nebenpflicht ist, dass sie nicht durch Erfüllung erlischt und der Erfüllungsanspruch fortbesteht778. Der HV darf also das geschuldete Handeln oder Unterlassen fordern. Die unerfüllt gebliebene Pflicht kann eingeklagt und vollstreckt werden. Im Falle der Eilbedürftigkeit und der Existenz erheblicher Nachteile (Leitbild: Existenzgefährdung) ist das Recht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbar, z.B. hinsichtlich der Überlassung von Unterlagen, die der HV für den Vertrieb dringend benötigt779. Bei den meisten Nebenpflichten des Unternehmers handelt es sich um derartige selbständige, einklagbare Nebenpflichten, etwa bei der • Treupflicht • den in § 86a genannten Pflichten780 • dem Gleichbehandlungsgebot • der Belieferungspflicht • der Organisationspflicht des Unternehmers

774 775 776 777 778

Westphal I Rn 388. Westphal I Rn 388. Küstner/Thume I Rn 639. Küstner/Thume I Rn 639. Thume BB 1995, 1913 (1915); Ebenroth/

779 780

Löwisch § 86a Rn 37; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Küstner/Thume I Rn 667.

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1. Buch. Handelsstand

– Fristsetzung nach § 323 BGB: Der HV darf dem Unternehmer eine Frist gemäß § 323 (früher: § 326) BGB setzen781 – Schadenersatz: Dazu Rn 129 ff – Vertragsstrafe: Der HV darf eine hinreichend bestimmte und angemessene Vertragsstrafe einfordern782 – Verzugsschaden: Der HV kann im Falle des Verzuges gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB den Verzugsschaden fordern – Zurückbehaltungsrecht: Der HV darf seine Leistungen zurückhalten, je nachdem ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 273 BGB783.

S. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Vertriebsmittler 129

Im Falle der schuldhaften784 Verletzung von Unternehmerpflichten, auch der aus § 86a785, darf der HV Schadenersatz fordern786. Eine Schadenersatzverpflichtung des Unternehmers gegenüber dem HV ist vor- wie nachvertraglich und selbstverständlich vertragsbegleitend denkbar. Vorvertraglich kann der Unternehmer dem HV gemäß §§ 242, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) haften. Vertragsbegleitend kommt eine Haftung aus § 280 Abs. 1 in Betracht, zudem gemäß § 89a Abs. 2. Auch aufgrund einer Schlechterfüllung nachvertraglicher Treupflichten mag eine Haftung nach § 280 BGB entstehen. Hinzu treten deliktische Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 826 BGB. Kenntnisse einer in die Vertragsausführung eingeschalteten Muttergesellschaft muss sich der Unternehmer ggf. zurechnen lassen787. Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des § 86a dürfen wegen der zwingenden Natur des Abs. 3 angeblich nicht ausgeschlossen werden788. Das ist zweifelhaft, weil der Schadenersatzanspruch selbst nicht zwingend ist.

I. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß §§ 280 I, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) 130

Eine Haftung des Unternehmers gegenüber dem HV wegen vorvertraglichen Verschuldens gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, BGB, in krassen Fällen auch nach § 826 BGB789, kommt außer bei Nichtigkeit des Vertrages790 insbesondere bei mangelnder Aufklärung, etwa über Risiken des Vertrages791, in Betracht. Derartige Aufklärungspflichten bestehen beispielsweise, wenn ein Wissens- oder Informationsgefälle besteht792. Vorvertragliche Pflichtverletzungen begründen i.d.R. einen Anspruch auf Ersatz des nega781 782 783 784 785 786 787

Martinek/Flohr § 9 Rn 45 ff. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Für Franchiseverträge Giesler ZIP 2002, 420 (424). OLG Düsseldorf OLGR 1996, 55. Hopt § 86a Rn 4. Hopt § 86a Rn 4. OLG München, Urt. v. 27.07.2006 – 23 U 5590/05, BB 2007, 14; Flohr BB 2007, 6 ff (Franchiserecht).

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788 789 790 791 792

Zur früheren Rechtslage vgl. Schlegelberger/ Schröder § 86a Rn 28. OLG Nürnberg BB 1956, 352; Schipper NJW 2007, 734 (736). Hopt § 85 Rn 1. Martinek/Flohr § 8 Rn 124 f; zum Franchisevertrag Giesler ZIP 2002, 420 (426). Giesler ZIP 2002, 420 (426).

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§ 86a

tiven Interesses793 (Differenzhypothese), sofern der Unternehmer nicht ausnahmsweise konkrete Zusicherungen abgegeben hat, bei deren Nichteintritt er auf das volle Erfüllungsinteresse haftet794. Es ist ein Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte, vorzunehmen. Der HV ist nicht lediglich auf eine „angemessene Entschädigung“ in Analogie zu § 642 BGB wegen Annahmeverzuges beschränkt795. Unbeachtlich ist, was der HV verdient hätte, wenn eine falsche Behauptung des Unternehmers zutreffend gewesen wäre oder ein verschwiegener Umstand nicht bestanden hätte (positives Interesse)796. Entgangener Gewinn aus als sicher hingestellten Geschäften muss nicht ersetzt werden. Völlig zufällige Ereignisse werden schadensrechtlich ausgeblendet, etwa eine Gebietsvergrößerung aufgrund des Unfalles eines Kollegen797. Der HV darf vollmundigen Versprechen des Unternehmens nicht blind vertrauen, sondern muss sich, wie jeder Unternehmer, informieren, bevor er in ein neues Geschäftsfeld investiert798. Der HV hat den Unternehmer z.B. nach den Erfolgschancen des Vertriebssystems zu befragen und das erforderliche Maß an Skepsis walten lassen, falls er keine Antwort erhält799. Regelmäßig kann sich der Unternehmer jedoch nicht mit dem Einwand entlasten, der HV habe der Richtigkeit seiner Angaben nicht vertrauen dürfen. Dies widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben800. § 254 BGB ist anwendbar801. Verlangt der HV Schadensersatz, weil ihm die Möglichkeit erfolgreicher Vertriebstätigkeit nicht eingeräumt oder nachträglich genommen wurde, hat er sich nach § 254 Abs. 2 BGB den Verdienst anrechnen zu lassen, der bei anderweitigem Einsatz seiner Arbeitskraft tatsächlich verdient wurde oder den er bei sachgerechtem Einsatz hätte verdienen können802. In Folge des schadenersatzbegründenden Ereignisses unterlassene Tätigkeit kann dem HV nur dann im Sinne des § 254 BGB vorgeworfen werden, sofern es sich um eine zumutbare Tätigkeit handelte803. Tätigkeiten, die bereits zeitgleich mit dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis durchgeführt wurden, können nur dann angerechnet werden, wenn die Einnahmen des HV aus den Tätigkeiten infolge des schadenersatzbegründenden Verhaltens gestiegen sind804. Ein zum Schadenersatz führendes Verschulden des Unternehmers liegt vor, falls er bei gehöriger Sorgfalt hätte voraussehen können, dass sein Verhalten, beispielsweise der erzeugte Irrtum oder der verschwiegene Umstand, die Entscheidung des Interessenten beeinflussen werde805. Eine eklatante und eingestandenermaßen auch für den Unternehmer nicht erklärbare Abweichung der prognostizierten von den realen Umsatzprognosen indiziert, dass jene nicht sorgfältig und fachgerecht erstellt wurden806.

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794 795 796 797 798 799

BGH NJW 1998, 302 (304); OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; Schipper NJW 2007, 734 (736). Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 67. Küstner/Thume I Rn 638. Schipper NJW 2007, 734 (736). BGH NJW 1998, 302 (304); Schipper NJW 2007, 734 (736). Schipper NJW 2007, 734 (736). Schipper NJW 2007, 734 (736).

800

801 802 803 804 805 806

BGH NJW 1998, 302 (305); OLG München NJW 1994, 667; Schipper NJW 2007, 734 (736). Schipper NJW 2007, 734 (736). Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37; Schröder § 86a Rn 23a. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. Schipper NJW 2007, 734 (736). OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2004 – 6 U 96/04, n.v.; Schipper NJW 2007, 734 (736).

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II. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler nach § 280 Abs. 1, 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten (Positive Forderungsverletzung) 131

Eine Haftung wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB wird in folgenden Konstellationen diskutiert: – Ablehnung eines vermittelten oder ohne Vertretungsvollmacht gezeichneten Geschäfts: Der HV darf Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Abschluss des Geschäfts getätigt hat, falls der Unternehmer das ihm angetragene Geschäft nicht rechtzeitig ablehnt807. – Abschlussbeschränkungen, nicht rechtzeitige Mitteilung: Der Unternehmer kann den Schadenersatzanspruch des HV in Höhe entgangener Provision ausschließen, indem er beweist, dass er das angetragene Geschäft ohnehin nicht angenommen hätte808. Auch dann könnte aber noch ein Verspätungsschaden für die zur Unzeit erfolgte Information geltend gemacht werden; zudem ein Anspruch wegen unvertretbarer Verweigerung des Geschäfts809. – Abschirmpflicht: Falls der Unternehmer seine Pflicht verletzt, den HV vor Wettbewerb Dritter abzuschirmen810. – Alleinvertreter: Bei Eingriffen in das Alleinvertriebsrecht des HV811. – Auskunftsrechte: Die Unmöglichkeit, Informationsrechte des § 87c zu erfüllen, führt zur Haftung nach § 280 BGB, z. B. falls der Unternehmer keine Bücher geführt hat812. Wenn ein Informationsrecht nach § 87c ergibt, dass die im Hinblick auf Richtigkeit oder Vollständigkeit von Abrechnungen geäußerten Zweifel des HV begründet waren, trägt der Unternehmer die gesamten Kosten des Kontrollrechts813. Eine Schadenersatzpflicht trifft den Unternehmer zudem im Fall der nicht rechtzeitigen Erteilung der Informationen, etwa des Buchauszugs814. Nach Verzugseintritt wird der Schadenersatz aus den §§ 284 ff BGB hergeleitet. – Dispositionsmaßnahme: Ist eine Dispositionsmaßnahme zulässig, verletzt der Unternehmer jedoch die Pflicht zur rechtzeitigen Nachricht, schuldet er lediglich Ersatz des negativen Interesses. Ist die Dispositionsmaßnahme unzulässig, schuldet er auch den entgangenen Gewinn815, jedoch nur bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin, zu dem der Unternehmer hätte kündigen dürfen. – Eingriffe in das Vertriebsrecht des HV: Besteht der Schaden in der mangelnden Gelegenheit zum Vertrieb, hat sich der HV nach § 254 Abs. 2 BGB anrechnen zu lassen, was er bei anderweitigem Einsatz seiner Arbeitskraft tatsächlich verdient hat oder bei sachgerechtem Einsatz hätte verdienen können816. Eine anderweitige Verdienstmöglichkeit fehlt regelmäßig, falls der HV-Vertrag ein Wettbewerbsverbot enthält. – Information, unterlassene817: Bei Verletzung der Informationsrechte beschränkt sich der Schadenersatzanspruch regelmäßig auf das negative Interesse: Der HV hat An807 808 809 810 811 812

Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 26. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 27. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 27. BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. BGH, Urt. v. 09.01.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 30.

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BGH, LM Nr. 1 zu § 87c sowie BGHZ 32, 302 (306); Seetzen WM 1985, 219, Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 26. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11a. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37; Schröder § 86a Rn 23a. Hopt § 85 Rn 1; § 86a Rn 2.

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§ 86a

spruch auf Ersatz seiner nutzlosen Aufwendungen für eine erfolglose Vertriebstätigkeit, vor welcher die verletzte Verpflichtung ihn bewahren sollte818. Dieser Anspruch wird durch die Höhe der sonst entstandenen Provision beschränkt819. Kann der HV nachweisen, dass er bei rechtzeitiger Information den bestehenden Vertrag gekündigt und mit einem anderen Unternehmer einen Vertriebsvertrag geschlossen hätte, so darf er gemäß § 252 BGB den im neuen Vertrag entgangenen Gewinn fordern820. Im Fall der nicht rechtzeitigen Mitteilung von der Annahme des Geschäftes kann ein Schaden nur entstehen, wenn der HV daraufhin weitere Aufwendungen für seine Tätigkeit beginnt, um das Geschäft zustande zu bringen821. – Insolvenz: Dem HV kann gegen den Unternehmer ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Eröffnung eines durch das Verhalten des Unternehmers verursachten Insolvenzverfahrens zustehen822. Dieser Anspruch ergibt sich nicht unmittelbar aus der InsO. Als Anspruchsgrundlage wird sowohl die entsprechende Anwendung von § 628 Abs. 2 BGB als auch eine Analogie zu § 89a Abs. 2 erwogen823. Auch an eine Anwendung des § 280 BGB ist zu denken. Die analoge Anwendung des § 89a Abs. 2 lässt sich damit begründen, dass der HV-Vertrag zwar nicht infolge einer Kündigung beendet wird, wie es dem Wortlaut des § 89a Abs. 2 nach Voraussetzung ist, jedoch infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes erlischt. Die entsprechende Anwendung von § 628 Abs. 2 BGB wird erwogen, weil die Norm über den Wortlaut hinaus einen allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält, wonach der Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn er den Anlass zur Auflösung des Vertrages in schuldhafter Weise herbeiführt824. Ungeachtet der dogmatischen Herleitung des Schadensersatzanspruchs handelt es sich jedenfalls um einen vertraglichen Anspruch. Hieraus folgt, dass das für die Auflösung des Vertrages kausale Verhalten des Unternehmers Pflichten aus dem HV-Vertrag verletzt haben muss825. Demzufolge kann die bloß schuldhaft verursachte Insolvenz für sich betrachtet noch kein ausreichender Grund für einen Schadensersatzanspruch sein826. Es muss vielmehr ein spezielles Auflösungsverschulden vorliegen, das über die bloße Herbeiführung der Insolvenz und die Veranlassung der Vertragsauflösung hinausgeht. Die unternehmerischen Entscheidungen, welche die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verursachen, müssen ein „HV-vertragswidriges“ Verhalten konstituieren. In der Rspr. wird darauf verwiesen, dass die vertraglichen Treupflichten des Unternehmers gegenüber dem HV dort enden, wo die unternehmerische Dispositionsfreiheit beginnt. Unternehmerische

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 25; LAG Stuttgart NJW 1951, 374. BGH NJW-RR 1988, 1060 = WM 1988, 1234 (1235); MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 38. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 26. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR Düsseldorf 1996, 55; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 62; Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (64); Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Aufl. 1994, § 23 Rn 21; Hoffstadt DB 1983, 645 (646 f); Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c; aA Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 41.

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Offen gelassen vom OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR 1996, 55. Staudinger/Preis BGB (2002) § 628 Rn 34, 41. OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR 1996, 55; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53; Küstner/Thume I Rn 1820; vgl. auch § 628 Abs. 2 BGB, der explizit ein vertragswidriges Verhalten voraussetzt. So aber Hoffstadt, DB 1983, 645 (646 f), der einen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB für möglich hält, „wenn der Konkurs auf einem Verschulden des Gemeinschuldners beruht“.

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Fehlentscheidungen allein können einen Schadensersatzanspruch daher nicht begründen. Der Unternehmer ist in der Führung seines Unternehmens grundsätzlich frei, er muss jedoch auch auf Interessen des HV Rücksicht nehmen. Entscheidend ist somit, wann der unantastbare Bereich der unternehmerischen Dispositionsfreiheit, in dessen Rahmen ein HV-vertragswidriges Verhalten ausgeschlossen ist, erreicht wird. Ein HVvertragswidriges Verhalten ist anzunehmen, falls die zur Insolvenz führenden Entscheidungen des Unternehmers willkürlich, in keiner Weise mehr sachlich zu vertreten oder in der Absicht, den HV zu schädigen, getroffen wurden827. Fraglich ist, wer für das Überschreiten dieser Grenze die Beweislast trägt. Es könnte angenommen werden, der für den Unternehmer handelnde Insolvenzverwalter trage die Beweislast dafür, dass kein spezielles Auflösungsverschulden im vorerwähnten Sinne vorliege und kein Schadensersatzanspruch gegeben ist828. Dafür streitet, dass ihm dieser Gegenbeweis leichter möglich ist, weil ihm der Unternehmer auskunftspflichtig ist. Es spricht dann eine Vermutung für eine Verletzung der Schutzpflichten des HV-Vertrages, welche der Verwalter zu widerlegen hätte. Dem klagenden HV wird es im Prozessfall allerdings obliegen, zunächst greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Auflösungsverschulden zu behaupten, damit der beklagte Insolvenzverwalter in die Lage versetzt wird, in Wahrnehmung seiner Darlegungs- und Beweislast substantiiert vorzutragen und Beweis anzutreten. Inhalt des Anspruchs sind etwa die infolge der Vertragsbeendigung für die Zukunft entgangenen Provisionsansprüche. Der Schadensersatzanspruch ist der Höhe nach auf den Zeitraum bis zum vereinbarten oder durch ordentliche Kündigung herbeiführbaren Vertragsende beschränkt829. Er ist eine einfache Insolvenzforderung, die der HV zur Insolvenztabelle anmelden muss830. – Insolvenz, Information: Informiert der Unternehmer den HV nicht über die Gefahr der Insolvenz des Unternehmers, entsteht ein Schadenersatzanspruch des HV aus § 280 BGB831. Tritt der Schaden vor Insolvenzeröffnung ein, handelt es sich um eine einfache Insolvenzforderung832. – Lieferbarkeit der Vertragswaren: Hier trifft den Unternehmer nach Ansicht von Eberstein833 eine Garantiehaftung. Das ist zweifelhaft. Bei Abschluss trotz Kenntnis der Nichtlieferbarkeit kommt ein Mitverschulden in Betracht834. – Nichtbeachtung der Treu- und Förderungspflicht: Im Falle der Verletzung der Treuund Förderungspflicht, insbesondere nach willkürlichem Verhalten835, kommt ein Anspruch auf entgangenen Gewinn in Betracht, sofern der HV beweist, dass er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Förderungspflicht bestimmte Geschäfte erfolgreich vermittelt oder abgeschlossen (was den Nachweis des Abschlusses durch den Unternehmer einschließt) oder bei vertragsgerechter Erfüllung der Treupflicht seine Arbeitskraft erfolgreich der Vermittlung bzw. dem Abschluss anderer Geschäfte gewidmet

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR 1996, 55 (56). Küstner/Thume I Rn 1718. BGH, Urt. v. 03.03.1993 – VIII ZR 101/92, BGHZ 122, 9 (12 f); Küstner in Röhricht/ Graf von Westphalen, § 89a Rn 16; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 54. Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Aufl. 1994, § 23 Rn 21; Küstner/Thume I Rn 1718; Hoffstadt DB 1983, 645 (647).

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Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 61. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 61. 9. Aufl., S. 94. BAG DB 1974, 1617; Eberstein 9. Aufl., S. 94. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37; Schröder § 86a Rn 22, 23, 27; § 87 Rn 66 ff.

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hätte836, ggf. für einen anderen Unternehmer nach Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses837. Im Hinblick auf die Entschließungsfreiheit des Unternehmers ist für einen Anscheinsbeweis des Abschlusses durch den Unternehmer kein Raum838. Ob der Ersatzanspruch zeitlich begrenzt wird bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nach dem Zeitpunkt, zu welchem der HV hätte erkennen müssen, dass der Unternehmer sein Verhalten nicht ändern werde und zur Wahrung seiner Interessen hätte kündigen müssen839, erscheint zweifelhaft. Der Unternehmer darf nicht auf eine Kündigung des HV hoffen oder sich durch sie von seinen Vertragspflichten dispensieren; er muss vielmehr sämtliche adäquat-kausal verursachten Folgen tragen. Übermaßweisungen: Sie können zu einer Haftung des Unternehmers nach § 280 BGB führen840. Mangelnde Unterlagen: Stellt der Unternehmer Arbeitsunterlagen nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung, so kann der HV gem. § 280 BGB oder unter dem Gesichtspunkt des Verzuges als Schadensersatz die ihm entgangenen Provisionen fordern841. Der HV muss beweisen, dass ihm die Unterlagen nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt worden sind und diese Unterlassung das Nichtzustandekommen bestimmter provisionspflichtiger Geschäfte zur Folge gehabt hat842. Der Beweis lässt sich auch durch Statistiken führen, etwa wenn nach Zurverfügungstellung der Unterlagen höhere Gewinne erzielt wurden und andere Gründe hierfür nicht ersichtlich sind. Unbestellte Ware: Sofern Kfz-Hersteller ihren Vertragshändlern unbestellte Ware liefern, in Rechnung und in die Kreditfinanzierung einstellen, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Kreditzinsen können die Händler gemäß § 280 Abs. 1 BGB zurückfordern843. Fehlende Verfügungsbefugnis: Mit dem Abschluss des HV-Vertrags übernimmt der Unternehmer gegenüber dem HV die haftungsrechtliche Verantwortung für die Verfügungsbefugnis über das zum Vertrieb gegebene Produkt844. Besteht die derart konkludent zugesicherte Verfügungsbefugnis nicht, können Schadenersatzansprüche die Folge sein. Vermittlung und Abschluss: Dem HV stehen Schadensersatzansprüche zu, wenn der Unternehmer ihm willkürlich die Möglichkeit zur Vermittlung oder Abschluss von Geschäften nimmt845. Wettbewerbswidriges Verhalten: Schadenersatz in Höhe seines Provisionsinteresses steht dem HV zu, sofern ihm durch wettbewerblich unzulässiges Dazwischentreten des Unternehmers eine sonst verdiente Provision entgangen ist846. Der Schadensersatz beschränkt sich auf das negative Interesse, d.h. auf den Ersatz erfolgloser Aufwendungen, falls der Unternehmer dem HV eine Qualitätsherabsetzung nicht rechtzeitig mit-

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Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41; Schröder § 87 Rn 68. BGH NJW 1974, 795; BGH, Urt. v. 03.03.1988 – I ZR 187/86, NJW-RR 1988, 1060; Thume BB 1995, 1913 (1915); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 38; Schröder § 86a Rn 25, 26, 27, § 87 Rn 66 ff. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41. So BGHZ 26, 161 (166, 167); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 37. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32.

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Prasse in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 270; Schlegelberger/ Schröder § 86a Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 24. LG Frankfurt/Main – 3/14 O 131/09, BB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 25; Schröder § 86a Rn 14. RG JW 1914, 403; JW 1921, 1238; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22. BGH DB 1961, 601.

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geteilt hatte und bei sachgemäßer Unterrichtung der HV Bemühungen für den Absatz dieses Artikels nicht mit dem tatsächlichen Aufwand vorgenommen hätte. Ein Vertragshändler hat gem. §§ 249, 252 BGB Anspruch auf Ersatz des Gewinns, der ihm entgangen ist, weil der Unternehmer unter Verletzung seines Alleinvertriebsrechts an andere Händler verkauft847. Zur Vorbereitung des Ersatzanspruches darf er Auskunft über die vertragswidrigen Verkäufe des Herstellers an Händler im geschützten Gebiet verlangen. Der Einsatz anderer Händler bildet keine einmalige Verletzungshandlung. Sie erschöpft sich nicht im Abschluss des Vertrages mit den Wettbewerbern, sondern setzt sich in Durchführung und Aufrechterhaltung der Vertragsbeziehung fort. Daher handelt es um wiederholte Verletzungshandlungen und für jeden Schadenszeitraum läuft eine separate Verjährungsfrist848. Nichts anderes gilt, wenn man das Festhalten des Unternehmers an den Verträgen mit den Wettbewerbern als eine Dauerhandlung betrachten würde. In diesem Fall beginnt, sofern nicht das Alleinvertriebsrecht des Händlers früher endet, die Verjährungsfrist nicht vor Abbruch der Lieferbeziehungen zu den Wettbewerbern zu laufen849. Einen gewichtigen Anhalt für den entgangenen Gewinn stellen die Geschäfte dar, welche in der fraglichen Zeit im geschützten Vertragsgebiet durch den Hersteller oder von ihm eingesetzte Händler gezeichnet wurden850. Dies schließt nicht aus, bei der Schadensberechnung einen besonderen Einsatz der anderen Händler oder deren spezielle Situation zu berücksichtigen. – Vertraulichkeit: Falls der Unternehmer Berichte des HV nicht vertraulich behandelt851. Eine Haftung nach § 280 BGB scheidet aus: 132 – Bei Geschäftseinstellung des Unternehmers aus nachvollziehbaren Gründen vor Ablauf der Kündigungsfristen des § 89852.

III. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß § 280 I BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten 133

Auch eine Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1 i.V.m. nachvertraglicher Pflichtverletzung ist denkbar. Hieran kann etwa bei einem Schaden wegen Verletzung der nachvertraglichen Informationspflicht gedacht werden.

IV. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus Delikt 134

Die Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts des Mittlers soll gem. § 823 Abs. 2 BGB einen deliktischen Eingriff in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar-

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BGH, Urt. v. 17.04.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. BGHZ 97, 97 (110); BGH NJW 1985, 1023. RGZ 80, 436 (437 f). Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden kann nach

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§ 287 ZPO bestimmt werden: Es genügt eine auf gesicherter Grundlage bestehende Wahrscheinlichkeit. Der Kläger hat Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, welche für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten; so BGH, Urt. v. 03.12.1999 – IX ZR 332/98, VersR 2001, 246; siehe auch Freitag/Leible RIW 2001, 287. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14c.

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§ 86a

stellen853. Bei sittenwidriger Schädigung kann eine Haftung aus § 826 BGB eingreifen854.

V. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus anderem Rechtsgrund Der Unternehmer haftet dem HV gemäß §§ 618 Abs. 1, 3 BGB wegen des Zustandes 135 übergebener Unterlagen i.S.d. § 86a855. Daneben tritt eine Haftung nach § 280 BGB. Ein Vertragshändler kann gegen den Unternehmer einen Rückgriffsanspruch nach 136 §§ 478, 479 BGB innehaben. Nach dem Recht vor der Schuldrechtsnovelle 2002 gab es keine ausdrückliche Regelung zum Rückgriff des Händlers. Die §§ 478, 479 BGB verhindern seither bis zum Ablauf der in § 479 Abs. 2 BGB genannten 5Jahresfrist eine „Regressfalle“ zu Lasten des Händlers. Im Vertragshändlerrecht bestand allerdings schon zuvor gem. §§ 675, 670 BGB ein Rückgriffsrecht des Händlers856, zudem ergibt sich ein solches mglw. aus den gegenseitigen Treupflichten, wenn der Mangel vom Hersteller zu vertreten ist857.

VI. Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten Zu unterscheiden ist eine eigene Haftung des Unternehmers sowie die zugerechnete 137 Haftung. 1. Haftung wegen eigener Rechtspflichtverletzung. In dieser Fallgruppe verwirklicht 138 der Unternehmer gegenüber dem Dritten einen eigenen Rechtspflichtverstoß. Sie liegt in folgenden Situationen vor: – Mangelgewährleistung aus den geschlossenen Kaufverträgen mit den Kunden – Ist ein nicht zum selektiven Vertriebssystem eines Herstellers zählender Wiederverkäufer fabrikneuer Kfz aufgrund der Weigerung ausländischer Vertragshändler unfähig, Neufahrzeuge an systemfremde Wiederverkäufer zu liefern und Bestellungen seiner Kunden für Neuwagen auszuführen, kann ihm ein Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEVU zustehen, wenn in der fraglichen Zeit eine Freistellung des beanstandeten Verhaltens nach einer GVO ausscheidet858. Eine einseitige „schwarze Verhaltensweise“ des Herstellers beseitigt die Freistellung nur für den Zeitraum des Verstoßes859. Dem Hersteller dürfen nicht ohne

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Zum Franchiserecht: LG München I, Urt. v. 30.09.1999 – 14 HKO 22435/ 98, zitiert nach Giesler/Nauschütt § 5 Rn 103. OLG Nürnberg BB 1956, 352; Ebenroth/ Löwisch § 86a Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 9, 47; Schröder § 86a Rn 23b, 24, 26 f. Hopt § 86a Rn 6. Graf von Westphalen DB 1999, 2553 (2555); v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721 (728).

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Siehe auch Emde kfz-betrieb 48/2001, 26. BGH, Urt. v. 30.03.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. BGH, Urt. v. 30.03.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185.

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weiteres sogenannte „schwarze Verhaltensweisen“ seiner ausländischen Vertragshändler zugerechnet werden860. – Ein FG kann für den FN nach § 10 TelemedienG haften861. – Organisationshaftung des Unternehmers: Zu den Verkehrssicherungspflichten zählt die Verpflichtung des Unternehmers, sein Vertriebssystem publikumssicher zu gestalten. Verletzt der Unternehmer jene Gestaltungspflicht, kann er wegen Organisationsverschuldens nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Grundsätzen der jeweiligen Verkehrssicherungspflichten haften862. Beispiele: • mangelnde Produktbeobachtung oder Verletzung von Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktionspflichten. Der Mittler selbst dürfte jedoch kein außenstehender Dritter und damit kein i.d.S. Anspruchsberechtigter sein. • Der Betreiber eines Strukturvertriebs ist Kapitalanlegern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die für ihn tätigen Mittler dahingehend schult, Risiken der Anlage (hier: „SecuRente“) gegenüber Anlageinteressenten zu verharmlosen oder gar nicht zur Sprache zu bringen863.

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2. Haftung wegen zugerechneter Pflichtverletzung des Mittlers. Hier verwirklicht der Unternehmer keinen eigenen Pflichtverstoß. Vielmehr wird ihm ein solcher des HV zugerechnet. Der HV ist nicht Vertragspartner des Kunden sondern lediglich Mittler. Der Kunde tritt also nur zu dem Unternehmer in vertragliche Beziehung864. Der Unternehmer muss sich Wissen oder Nichtwissen des Vermittlungs- wie Abschlussvertreters, im Zweifel auch dessen mit den Kunden getroffene mündliche Nebenabreden oder ihm gegebene Zusicherungen, nach § 166 BGB zurechnen lassen und dafür einstehen865. Nach österreichischem Recht soll eine Wissenszurechnung vom VV an den Versicherer ausgeschlossen sein, wenn es sich um Kenntnisse handelt, die vom VV nicht in Ausübung der ihm vom Versicherer erteilten Vollmacht erlangt wurden866. Dem Versicherer solle im Allgemeinen beim Abschlussagenten alles Wissen zuzurechnen sein, beim Vermittlungsagenten hingegen nur das anlässlich der Antragsentgegennahme erlangte, nicht jedoch das sog. Privatwissen867 (wohl nicht auf deutsches Recht übertragbar). Eine Wissenszurechnung scheidet in Anlehnung an die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht aus, sofern die Erklärungen die dem HV übertragene Vollmacht erkennbar überschreiten868. Der HV ist Erfüllungsgehilfe des Unternehmers i.S.d. § 278 BGB869, der Eigenhändler (Vertragshändler, Franchisenehmer) hingegen nicht, da der Eigenhändler insoweit selbst der Geschäftsherr ist. Überlässt der Unternehmer Repräsentanten die Werbung von Kunden, muss er mit der Einschaltung von Untervermittlern rechnen. Deren Verhalten bei der 860

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BGH, Urt. v. 30.03.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. OLG Hamburg, Urt. v. 29.06.2007 – 5 U 165/06. Zu Franchiseverträgen Pasderski in: Giesler/ Nauschütt § 6 Rn 35 ff. OLG Hamm, Urt. v. 25.02.2010 – 28 U 78/09, BeckRS 2010, 08021. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19a. BGH, Urt. v. 14.06.1957 – VIII ZR 73/56,

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DB 1957, 745; RG SeuffA 83 Nr. 153; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58. OGH Wien, Urt. v. 28.10.2009 – 7 Ob 94/09p, VersR 2010, 1342 (1344). OGH Wien, Urt. v. 28.10.2009 – 7 Ob 94/09p, VersR 2010, 1342 (1344). BGH DB 1957, 745; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58. BGH, Urt. v. 25.04.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); OLG Celle VersR 2003, 61; Hopt § 84 Rn 55 Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 50.

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Anbahnung von Verträgen hat sich der Hersteller gleichfalls nach § 278 BGB zurechnen zu lassen, der Mittler ist nicht Dritter i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB870. Ein HV soll aber regelmäßig kein Verrichtungsgehilfe des Unternehmers i.S.d. § 831 BGB sein871. Eine Zurechnung nach § 831 BGB scheidet damit aus. Wenn der HV jedoch den Weisungen des Unternehmers unterworfen und von ihm abhängig ist, soll der HV ausnahmsweise Verrichtungsgehilfe des Unternehmers sein872. Da nur der Unternehmer Angaben über das Abhängigkeitsverhältnis geben kann, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast873. Für die Abhängigkeit und die Einordnung als Verrichtungsgehilfe des Unternehmers spricht nach Ansicht des OLG Köln der Besitz von Unterlagen des Unternehmers (Zeichnungsschein, Personalbogen, Quittungsformular mit Namen und Anschrift), eine Duldungsvollmacht des Unternehmers sowie die Tätigkeit des HV in den Räumen des Unternehmers. Möglicherweise werden in der Entscheidung des OLG Köln zu sehr verkehrstypische Umstände als Indizien für eine Abweichung vom Regelfall, nach dem ein HV kein Verrichtungsgehilfe ist, gewertet. HV sind nicht selten räumlich in die Betriebsstätte des Unternehmers eingegliedert. Allerdings fragt sich, ob ein HV nicht regelmäßig als Verrichtungsgehilfe des Unternehmers angesehen werden sollte874. Insbesondere hat der Unternehmer für folgendes Verhalten des HV einzustehen: 140 – wettbewerbswidriges Verhalten (der HV ist Dritter i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG)875. Dem neuen Unternehmer soll dabei jedoch die wettbewerbswidrige Verwertung einer Kundenliste (Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 17 Abs. 2 UWG) des beim bisherigen Unternehmer ausgeschiedenen HV nicht gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden können, weil es um eine Verwertung von Geheimnissen des früheren Unternehmers und damit nicht um eine von § 8 Abs. 2 UWG vorausgesetzte Gefährdung durch das arbeitsteilige Zusammenwirken von HV und Unternehmer geht. Der Unternehmer kann jedoch eigenverantwortlich als Störer oder als Tatbeteiligter am Geheimnisverrat haften. Eine Haftung des Unternehmers aus § 1 i.V.m. § 17 Abs. 2 UWG kommt insbesondere in Betracht, wenn der Unternehmer dem HV für „mitgebrachte“ Kunden eine Zusatzprovision von 15 % verspricht876. Mithin haftet der Inhaber eines hiervon profitierenden Betriebs für Spionage oder Geheimnisverrat eines HV, falls er den Verstoß beispielsweise auf die vorgenannte Weise fördert877. Andererseits soll ein Vertragshändler Beauftragter des Unternehmers im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG (früher: § 13 Abs. 4 UWG) sein878. – für einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz879. 870

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BGH, Urt. v. 14.11.2000 – XI ZR 336/99, VersR 2001, 188 = ZIP 2000, 2291 = NJW 2001, 358 = EWiR 2001, 151 (Frisch) = MDR 2001, 283. OLG Köln, Beschl. v. 05.04.2005 – 15 U 153/04, WM 2006, 123; Palandt/Sprau § 831 Rn 8; MünchKommBGB/Stein § 831 Rn 39; aA Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58; Hopt § 84 Rn 55. OLG Köln, Beschl. v. 05.04.2005 – 15 U 153/04, WM 2006, 123 (125); BGH WM 1971, 906 (907). OLG Köln, Beschl. v. 05.04.2005 – 15 U 153/04, WM 2006, 123 (125). Zutreffend Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58; Hopt § 84 Rn 55.

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BGH, Urt. v. 25.09.1970 – I ZR 47/69, NJW 1970, 2294; BGH, Urt. v. 05.10.1979 – I ZR 140/77, BB 1979, 1734; BGH, Urt. v. 08.12.1994 – I ZR 189/92, NJW-RR 1995, 613; Martinek/Flohr § 9 Rn 35; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 50; anders im Franchiserecht, vgl. BGH NJW-RR 2000, 1710. BGH GRUR 2003, 453 (454). Dittmer EWiR 2003, 731 (732). RGZ 151, 287 (291); BGH BB 1958, 1002; BGH BB 1964, 55; OLG Köln GRUR 1953, 536; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 204. BGH ZIP 1998, 775 = BB 1998, 1656; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58.

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– für Täuschungshandlungen nach § 123 BGB. Hier ist der HV im Verhältnis zum Unternehmer nicht Dritter880. – gemäß § 278 BGB881 für die Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten, wie z.B. • unterlassene Aufklärung des Kunden882. • fehlerhafte Beratung beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen883. Der Unternehmer haftet insbes. für die Handlungen eines als HV tätigen Anlagevermittlers, sofern zwischen dem Unternehmer und dem Anlageinteressenten ein Auskunftsvertrag geschlossen wurde. Ein solcher Vertrag mit Haftungsfolgen kommt im Rahmen der Anlagevermittlung zumindest stillschweigend zustande, falls der Interessent deutlich macht, dass er – auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen – die Kenntnisse und Verbindungen des Mittlers in Anspruch nehmen will und der Mittler wie gewünscht die Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für die Anlageentscheidung des Interessenten von besonderer Bedeutung sind884 (siehe § 86 Rn 210). • Falschangaben gegenüber dem Kunden bei Vertragsanbahnung885. • die mangelhafte Formulierung des Bezugsrechtes eines Lebensversicherungsvertrages durch den HV886. • Untreuehandlungen eines Generalagenten des Versicherers nach § 278 BGB: Veruntreut dieser, wenn er sich auch mit der Vermittlung von Vermögensanlagen befasst, von Anlageinteressenten entgegengenommenes Geld, so entfällt die Verantwortlichkeit des Versicherers nicht allein deshalb, weil der HV keine Inkassovollmacht besaß887. – unerlaubte Handlungen des HV bei (ausnahmsweise vorliegender) weisungsgebundener Tätigkeit gem. § 831 BGB888; regelmäßig ist der HV aber kein Verrichtungsgehilfe, s.o. Eine arglistige Täuschung des Vermittlers wird einer kreditgebenden Bank zugerechnet, wenn Verkäufer oder Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken und die Unrichtigkeit der erfolgten Angaben nach den Umständen des Falles objektiv evident ist, so dass sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung

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RG Recht 1923, 1250; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58; Hopt § 84 Rn 51–55; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 24, § 86 Rn 9, 19b, 48c, 50; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 91. OLG Celle VersR 2003, 61; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 50. LG Hannover EWiR § 278 BGB 2/02, 233 (Schweiger); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50. OLG Celle VersR 2003, 61. BGH, Urt. v. 25.10.2007 – III ZR 100/06, VersR 2008, 352; BGH, Urt. v. 13.05.1993 – III ZR 25/92, VersR 1993, 1104 = NJW-RR 1993, 1114; v. 13.01.2000 – III ZR 62/99, VersR 2001, 240; v. 11.09.2003 – III ZR

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381/02, NJW-RR 2003, 1690; v. 19.10.2006 – III ZR 122/05, VersR 2007, 63 (64) = NJW-RR 2007, 348 (349), v. 22.03.2007 – III ZR 218/06, VersR 2007, 944 (945) = NJW-RR 2007, 925; v. 12.07.2007 – III ZR 83/06, VersR 2007, 1653 (1654) = WM 2007, 1606 (1607). BGH ZIP 2000, 2291; Westphal BB 1999, 2517; Kieninger AcP 199, 190; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 58. OLG Hamm, Urt. v. 14.01.2009 – 20 U 40/08, NJW-RR 2009, 1409. BGH, Urt. v. 10.02.2005 – III ZR 258/04, WM 2005, 701. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86a

geradezu verschlossen889. Für ein arglistiges Verhalten genügt es, wenn der Vermittler unrichtige Behauptungen ins Blaue hinein aufstellt890. Hier liegt mittäterschaftliche Begehung vor. – die Kenntnis oder das Kennenmüssen von Umständen, die der HV in Ausübung seiner Tätigkeit erlangt (§ 166 BGB)891. So darf sich ein Unternehmer, der sich für den Abschluss von Darlehensverträgen selbstständiger Vermittler bedient, nicht über deren behauptete Vorgehensweise in Unkenntnis halten und jene pauschal oder mit Nichtwissen bestreiten892. – für Zusicherungen und Versprechungen auch des Vermittlungsvertreters893, wenn diese vom Unternehmer trotz Kenntnis nicht berichtigt werden und der Kunde im Vertrauen auf sie den Vertrag mit dem Unternehmer schließt. Gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB gehören zur Beschaffenheit einer Sache Eigenschaften, welche der Käufer nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen erwarten kann. Westermann894 stellt die von ihm unbeantwortet gelassene Frage, ob deshalb auch für Aussagen einer unmittelbar nicht am Vertrag beteiligten Agentur oder eines Vertragshändlers gehaftet wird. Die Frage ist wohl differenziert zu beantworten895: Grundsätzlich ja, soweit der Unternehmer die Aussage kennt. Denn sowohl HV wie Vertragshändler sind als Teile des Vertriebssystem „geborene“ Quellen von Äußerungen über Eigenschaften der in Frage stehenden Sache. Jedoch nein, falls der Käufer die Äußerung nicht kannte, weil sie dann die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB letzter Satzteil). Der Unternehmer kann ggf. u.U. gem. §§ 119 ff BGB anfechten896. 3. Fehlende Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten. Im Übrigen sind Verstöße 141 des Mittlers gegen gesetzliche Verbote bei der Ausübung seiner vertraglich geschuldeten Vertriebstätigkeit dem Unternehmer im Regelfall nicht anzulasten897. So haftet der Unternehmer nicht: – Für die wettbewerbswidrige Werbung eines Franchisenehmers. Sofern der Franchisegeber die im Streite stehende Werbung nicht veranlasst hat, kommt allenfalls ein Verstoß durch Unterlassen in Betracht. Dieser setzt eine Erfolgsabwendungspflicht voraus, welche sich insbesondere nicht aus der Überlassung von „good will“ ergibt. Eine möglicherweise in Betracht kommende Störerhaftung kann nur Abwehr-, nicht aber die geforderten Schadenersatzansprüche begründen898. – Für gegen einen Franchisenehmer gerichtete vertragliche Ansprüche. Sofern bei Vertragsschluss nicht weitere Umstände vorliegen, führt allein die Tatsache, dass innerhalb eines Franchisesystems Marken oder sonstige Kennzeichen einheitlich als Bestandteil

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BGH, Urt. v. 23.10.2007 – WM 2008, 154 Rn 21; OLG München, Beschl. v. 06.09.2010 – 5 W 1997/10, WM 2010, 2223 (2224). BGH, Urt. v. 23.10.2007 – WM 2008, 154 Rn 24; OLG München, Beschl. v. 06.09.2010 – 5 W 1997/10, WM 2010, 2223 (2224). Teichler VersR 2002, 385 (389); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6c. OLG München, Urt. v. 27.04.2006 – 19 U 3717/04, NJW 2006, 1811.

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6b. NJW 2002, 241 (245). Emde VersR 2003, 419 (426). Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6b. BGH BB 1998, 1656 m. Anm. Cordes BB 1998, 1657. BGH, Urt. v. 06.04.2000 – I ZR 67/98, NJW-RR 2000, 1710 = NJW 2001, 441 (LS) = MDR 2001, 163.

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zur Bildung von weitere Bestandteile enthaltenden Firmen oder sonstigen geschäftlichen Bezeichnungen verwendet werden, nicht zur Verpflichtung des Franchisegeber oder anderer Franchisenehmer nach Rechtsscheingrundsätzen899. Wie zu entscheiden wäre, falls identische Bezeichnungen verwendet werden, ohne dass ersichtlich wird, dass es sich um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, ließ der BGH900 offen. – Gem. § 278 BGB für das betrügerische Handeln eines seiner Versicherungsvertreter, wenn der HV den ihm übertragenen Aufgabenbereich verlässt und seinen Kunden Kapitalanlagen verkauft, die einzig seiner Phantasie entsprungen sind und in keinem sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, mit welchen der HV betraut war901. – Für die vom Mittler gefertigten und verwendeten AGB902.

VII. Haftung von Dritten 142

Auch Dritte können ausnahmsweise haften. So kann die deutsche Tochtergesellschaft eines ausländischen Franchisegebers als Verhandlungsgehilfe des Franchisegebers wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten selbst haften, weil sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hat und gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie eine selbst übernommene Gewähr für die Richtigkeit einer von ihr übergebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung übernimmt, indem sie zusichert, im Falle eines Scheiterns des Projekts werde sie das Franchiseobjekt übernehmen, „wie sich das für eine große Franchisefamilie gehöre“903.

VIII. Beweislast in Haftungstatbeständen 143

Nach § 280 Abs. 1 BGB sind eine Pflichtverletzung, die Entstehung eines Schadens nach Grund und Höhe und der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden904 von dem Fordernden darzulegen und zu beweisen905. Das Nichtvertretenmüssen ist jedoch gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ein Einwendungstatbestand, für welchen der Schuldner beweispflichtig ist906. Von dieser Beweislastverteilung ist nur insoweit abzuweichen, als der in Anspruch Genommene Erfüllung beweisen muss, wenn der Anspruchsteller die Leistung nicht als Erfüllung angenommen hat (§ 363 BGB). Oft werden die Pflichtverletzungen erst im Nachhinein entdeckt, so dass die Leistung als Erfüllung angenommen wurde. Folglich bleibt es hier bei der vorgenannten Beweislastverteilung. Der HV muss zudem eventuelle Aufwendungen sowie deren Nutzlosigkeit und Entbehrlichkeit im Falle eines vertragsgemäßen Handelns des Unternehmers nachweisen. Die Schadenshöhe und der entgangene Gewinn darf gem. § 252 BGB, § 287

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BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04; DB 2008, 812 (813). BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813). OLG Hamm, Urt. v. 27.07.2004 – 4 U 63/04, VersR 2005, 104. BGH, Beschl. v. 22.07.2009 – IV ZR 74/08, VersR 2009, 1477 m. Anm. Steinkühler/Kassing zum Maklerrecht.

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903 904 905 906

BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993. BGH NJW 1974, 795; Küstner/Thume I Rn 663; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41. Küstner/Thume I Rn 663. BGH NJW 1974, 795; Palandt/Heinrichs § 280 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 45.

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§ 86b

ZPO geschätzt werden, falls sich ein konkreter Schaden nicht nachweisen lässt907. Der Unternehmer muss gegenüber einem Schadensersatzbegehren des HV wegen der Nichtausführung eines Geschäftes beweisen, dass er ein von dem Vermittlungsvertreter angetragenes Geschäft nicht abgeschlossen hätte908. Hiergegen kann der HV einwenden, eine derartige Ablehnung sei willkürlich und unvertretbar909. Ein Kfz-Händler, der gegenüber dem Hersteller einen Kündigungsschaden geltend macht, genügt seiner Darlegungslast, wenn er den Rohertrag je Fahrzeugverkauf angibt und davon die nach seiner Ansicht ersparten Betriebskosten (hier in Höhe von EUR 80 je Einheit) absetzt910. Die Beweislast für ersparte Aufwendungen des Mittlers liegt beim Unternehmer911. Die vom Hersteller behaupteten durchschnittlich ersparten912 Aufwendungen anderer Kfz-Händler darf der Händler mit Nichtwissen bestreiten913.

§ 86b Delkredereprovision (1) 1Verpflichtet sich ein Handelsvertreter, für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen, so kann er eine besondere Vergütung (Delkredereprovision) beanspruchen; der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. 2Die Verpflichtung kann nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten übernommen werden, die der Handelsvertreter vermittelt oder abschließt. 3Die Übernahme bedarf der Schriftform. (2) Der Anspruch auf die Delkredereprovision entsteht mit dem Abschluss des Geschäfts. (3) 1Absatz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer oder der Dritte seine Niederlassung oder beim Fehlen einer solchen seinen Wohnsitz im Ausland hat. 2Er gilt ferner nicht für Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausführung der Handelsvertreter unbeschränkt bevollmächtigt ist.

Schrifttum V. Brunn Weitere Zweifelsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1954, 56; Castan Rechtsfragen des Delcredere, BB 1957 1124 ff; Eberstein Zehn Jahre Rechtsprechung zum neuen Handelsvertreterrecht, BB 1964, 271; Glaser Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts, DB 1956, 297; Masing Die Delkrederevereinbarung nach § 86b Abs. 3 HGB, BB 1995, 2589; Schröder Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567.

907 908 909 910

911

BGH NJW-RR 1988, 1060 (1061); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 41. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 24. BGH, Urt. v. 22.03.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403 = NJW-RR 2006, 1328 = VersR 2006, 1640. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 72.

912

913

Es ist eine berechtigte Frage, ob solche ersparten Aufwendungen überhaupt abzusetzen sind: Denn aus den Rabatten sollen gerade die Kosten bezahlt werden. BGH, Urt. v. 22.03.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403 = NJW-RR 2006, 1328 = VersR 2006, 1640.

Raimond Emde

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§ 86b

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Übersicht Rn A. Zweck des Delkredere

. . . . . . . .

1

B. Systematische Stellung

. . . . . . . .

2

C. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . D. Rechtsnatur und Haftungsumfang

Rn

3

. .

4–7

E. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . I. Verpflichtung . . . . . . . . . . II. Handelsvertreter . . . . . . . . III. Berechtigter des Delkredereversprechens IV. Für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen . . . . . . . . . . . . . . V. Schriftform . . . . . . . . . . . VI. Nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt . . . . 1. Bestimmtes Geschäft . . . . . 2. Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt . . . . . . . . 3. Wegfall der Delkrederehaftung . . . . . . . . . . . . VII. Berechnung des Delkredereanspruchs durch den HV . . . .

8–22 8 9

VIII. Die Delkredereprovision – Rechtsgrund . . . . . . . . . .

22

F. Fälligkeit der Delkredereprovision (Absatz 2) . . . . . . . . . . . . . . .

23

G. Wegfall des Anspruchs auf Delkredereprovision . . . . . . . . . . . . . . .

24

H. Höhe . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertraglich vereinbarte Höhe . . II. Fehlende Vereinbarung . . . . .

25–27 25–26 27

I.

Unabdingbarkeit

. . . . . . . . . . .

J. Rechtsfolge der Verfehlung der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen .

10 14–15

K. Absatz 3: Ausnahmefälle . . . . . . I. Gegenständliche Reichweite der Ausnahmen . . . . . . . . . . II. Auslandsgeschäfte . . . . . . III. Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausführung der Handelsvertreter unbeschränkt bevollmächtigt ist . . . . . . . . . .

16–20 18

19

28 29

.

30–35

. .

30–32 33–34

.

35

20

L. Der Delkredereanspruch in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . .

36

21

M. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . .

37

A. Zweck des Delkredere 1

In § 86b ist die Delkredereprovision des HV geregelt. Tatsächlich hat die Norm wenig Bedeutung1, außer vielleicht im Auslandsgeschäft2. Die Übernahme der Einstandspflicht nennt das Gesetz mit einem altertümlichen, aus dem Italienischen stammenden Ausdruck der Handelssprache Delcredere (in der amtlichen Schreibweise: Delkredere). Wiewohl der HV verpflichtet ist, die Leistungs-, insbesondere die Zahlungsfähigkeit des Kunden, zu dem er in geschäftliche Verbindung tritt, zu prüfen (§ 86 Rn 63 ff), hat er ohne gesonderte, in § 86b angesprochene Abrede für die Erfüllung der Verbindlichkeit dieses Kunden aus dem für den Unternehmer vermittelten Geschäft grundsätzlich nicht einzustehen3. Er wird dem Unternehmer allenfalls schadensersatzpflichtig (negatives Interesse)4, wenn er es in diesem Punkte an der gehörigen Sorgfalt hat fehlen lassen oder falls er den Unternehmer über bestehende Bedenken nicht pflichtgemäß unterrichtet hat. Sonst aber ist es das Risiko des Unternehmers, sofern der Kunde nicht leistet, Schadensersatzansprüche gegen den Kunden nicht gegeben oder nicht durchsetzbar sind. Deswegen führt § 86b, außer in den Fällen des Abs. 3 und des § 92c, zum Schutz des HV5 für

1 2 3 4

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 1. Masing BB 1995, 2589; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 1. Hopt § 86b Rn 1. LG Heidelberg BB 1955, 942; Hopt § 86b Rn 1.

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5

BGH, Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 60/80, WM 1982, 1152; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 1; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 1; Hopt Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 2 und 36; Masing BB 1995, 2589 (2592).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86b

die Begründung der Delkrederehaftung inhaltliche und förmliche Voraussetzungen ein und der Unternehmer schuldet kraft Gesetzes eine Vergütung, die Delkredereprovision. Die Befürchtung fehlender Durchsetzbarkeit der Leistungsfähigkeit des Kunden könnte den Unternehmer veranlassen, von dem Abschluss des vermittelten Geschäfts abzusehen. Das wiederum berührt das Provisionsinteresse des HV. Dieser mag ein Interesse daran haben, die Befürchtungen zu neutralisieren, indem er selbst es übernimmt, für die Erfüllung durch den Kunden einzustehen6. Die Norm soll es dem HV ermöglichen, freier im Markt agieren zu können, ohne besondere Rücksicht auf das Vergütungsinteresse des Unternehmens nehmen zu müssen. Zudem ist der HV oft besser als der Unternehmer in der Lage, die Erfüllungsbereitschaft und die Zahlungsfähigkeit der von ihm vermittelten Kunden zu beurteilen7, so dass die Einstandspflicht auch ein Mittel der Disziplinierung des HV ist, weil er dort besonders sorgsam prüfen wird, wo er selbst eine finanzielle Verantwortlichkeit befürchten muss. Häufig will der Unternehmer die aus dem Delkredere entstehende Pflicht zur Zahlung der Delkredereprovision umgehen; stattdessen soll der HV eine Sicherheitsleistung durch den Kunden fordern. Die fehlende Forderung begründet dann eine Schadenersatzpflicht des HV8.

B. Systematische Stellung Der Gesetzeswortlaut stellt die Verpflichtung des Unternehmers auf Zahlung einer 2 gesonderten Vergütung in den Vordergrund, obwohl eigentlich der HV die vertragscharakteristische Leistung – Übernahme des Risikos – erbringt. Betont man die Leistung des HV, mag man sich fragen, ob die Vorschrift – nach ihrer Stellung von § 86 (Pflichten des Vertreters) getrennt – nicht besser als § 86a in das Gesetz eingefügt worden wäre. Sieht man eher auf die Gegenleistung des Unternehmers, wäre es wohl richtig gewesen, sie nach § 87a und vor § 87b einzufügen, zumal § 87b auch für die Delkredereprovision gilt9. § 86b trifft hinsichtlich des Anspruchsgrundes gegenüber § 354 eine Sonderregelung10.

C. Europarecht § 86b hat kein Vorbild in der HV-Richtlinie 198611.

3

D. Rechtsnatur und Haftungsumfang Das Delkredere ist im Zweifel gem. § 349 S. 1 selbstschuldnerische Bürgschaft12, wie 4 schon der § 765 Abs. 1 BGB weitgehend gleichende Wortlaut des § 86b Abs. 1 zeigt. 6

7 8 9 10

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 1; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 2, 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 1. Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). Hopt § 86b Rn 10. BGH, Urt. v. 24.10.1966 – VII ZR 219/64, LM Nr. 1 = MDR 1967, 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 13.

11

12

ABl. EG v. 31.12.1986, Nr. L 382/17, wiedergegeben bei Hopt Materialien I und Ebenroth/Hakenberg vor § 84 Anh. I. Zu den Zielen der Richtlinie ausführlich Eberstein S. 20 ff. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 2; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 4; Hopt § 86b Rn 6 (einfache Bürgschaft); RGRKBGB/Mormann vor § 765 Rn 9; Masing BB 1995, 2589; aA zwingend Bürgschaft:

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Garantiezusage oder Schuldbeitritt liegen regelmäßig nicht vor. Jedoch kann das Delkredere auch als Schuldbeitritt, Schuldversprechen oder Garantie ausgestaltet werden13, wobei diese Abweichung vom Regelfall durch denjenigen zu beweisen wäre, der sich auf sie beruft. Eine Garantieübernahme wäre nicht akzessorisch zu einer bestehenden Leistungspflicht des Kunden (diese könnte nichtig oder schwebend unwirksam sein; der Garant hätte trotzdem zu leisten und erwürbe nicht einmal immer einen Rückgriff nach Art des § 774 BGB). Der Schuldbeitritt könnte zwar auch durch Vertrag zwischen HV und Unternehmer erfolgen. Doch deckt er im Gegensatz zur Bürgschaft die zu sichernde Forderung nicht in ihrem jeweiligen Bestand, wie sich aus § 42514 ergibt. Die Einordnung als Bürgschaft hat demgegenüber den Vorzug einer klaren, nicht erst durch Auslegung festzustellenden Rechtslage. Auf sonstige schuldsichernde Vereinbarungen soll § 86b nicht anwendbar sein, höchstens im Wege der Analogie15. Unabhängig von der Rechtsnatur des Haftungsversprechens gelten – schon wegen der zwingenden Natur des § 86b – die TB-Voraussetzungen des § 86b, insb. das Schriftformerfordernis, und die Rechtsfolge, die Verpflichtung zur Zahlung einer Delkredereprovision, als lex specialis – nach aA analog16 – auch für ein Delkredereversprechen in Form einer Garantiezusage, eines Schuldbeitritts oder eines Schuldversprechens17. Regelmäßig greift also ergänzend Bürgschaftsrecht ein18 und, soweit der HV Voll5 kaufmann ist, subsidiär das Recht der Handelsbürgschaft. Für das allgemeine Bürgschaftsrecht bedeutet das insbesondere: Kraft Übernahme des Delkredere haftet der HV für die Forderung des Unternehmers gegen den Kunden in ihrem jeweiligen Bestand, deshalb auch für den an ihre Stelle tretenden Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung (§ 767 Abs. 1 S. 1, 2 BGB) und ebenso für die Kosten der Rechtsverfolgung (§ 767 Abs. 2 BGB), aber auch für Folgeansprüche, wenn das Geschäft mit dem Kunden nichtig, durch Anfechtung vernichtet oder durch Rücktritt wieder aufgehoben worden ist (Bereicherungsansprüche, Ansprüche auf das negative Interesse nach § 122 BGB19; siehe unten, Rn 11, 20). Einreden des Kunden gegen die Forderung stehen ebenso dem HV zu (§§ 768, 770 BGB)20. Der HV, der den Unternehmer befriedigt, erwirbt die Forderung gegen den Kunden nach Maßgabe des § 774 BGB. Ist der HV Kaufmann, gilt zwar (wegen Abs. 1 S. 3) nicht die Formfreiheit des § 350 6 (Rn 14). Fraglich ist, ob § 349 Geltung beansprucht, demzufolge dem kaufmännischen HV die Einrede der Vorausklage nicht zusteht. Das ist zwar eigentlich der Fall. Doch widerspräche es dem besonderen Loyalitätsverhältnis zwischen HV und Unternehmer, dass dieser, sofern er durch freiwilliges Entgegenkommen gegenüber dem Hauptschuldner (den er verklagen könnte) seine geschäftlichen Belange selbst schädigt, die dadurch entstehende Einbuße im direkten Zugriff per Delkrederehaftung auf den Vertreter abwälzen dürfte. Deshalb wird man der – von Schmidt-Rimpler S. 96 im Zweifel als ver-

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14

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 5; Castan BB 1957, 1124; vgl. auch RGZ 107, 194 (195); RG HRR 1935 Nr. 1054; offengelassen in BGH WM 1982, 1152 (1153). Kapp/Schumacher EuZW 2008, 167; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 4; Hopt § 86b Rn 6; RGRK-BGB/Mormann Vor § 765 Rn 9; Masing BB 1995, 2589. RGZ 135, 108.

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Hopt § 86b Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 6. Hopt § 86b Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 27; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 10, 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 2. Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 6. Hopt § 86b Rn 8.

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einbart anzusehenden – Einschränkung beitreten müssen, dass der Unternehmer vor Inanspruchnahme des HV wenigstens den Versuch macht, die Leistung vom Dritten zu erlangen, und dem HV gegebenenfalls die Einrede gewährt wird, der Unternehmer habe jenen Versuch gar nicht unternommen21. Eine abweichende Vereinbarung dürfte trotz der zwingenden Natur der Treupflicht angesichts ihrer Konkretisierbarkeit wohl noch zulässig sein22. Das gilt regelmäßig auch, wenn der Vertrag als Garantie einzuordnen wäre23. Klage und Vollstreckung gegen den Kunden sind gleichwohl nicht erforderlich, so weit reicht die Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers nicht24. Klagen und vollstrecken muss ggf. der HV, der mit der Befriedigung des Unternehmers nicht nur den Provisionsanspruch nach § 87a25, sondern auch die Forderung des Unternehmers gegen den Kunden nach § 774 BGB erwirbt26. Er ist allerdings den Einreden ausgesetzt, welche dem Kunden gegen den Unternehmer oder etwa unmittelbar gegen den HV zustehen27. Die Rspr. hat sich dem angeschlossen28. Schon früher hatte die kaufmännische Praxis den gleichen Standpunkt eingenommen; vgl. Gutachten der Ind.- u. Handelsk. Berlin III Nr. 240 und der Handelskammer Breslau N. F. 42; Handelsbrauch a.a.O. Nr. 206–214, wonach die Übernahme des Delkredere seitens eines HV handelsüblich sogar nur einer Ausfalls- oder Schadloshaltungsbürgschaft gleichzuachten ist, so dass der Unternehmer zunächst gegen den Kunden klagbar werden muss. Immerhin wird diese Einschränkung nur soweit Geltung beanspruchen können, wie die Loyalitätsbindung reicht. Sollte der HV kein Kaufmann sein, gilt § 349 S. 1 BGB ohnehin nicht. § 86b Abs. 1 S. 2 nennt bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Übernahme 7 des Delkredererisikos, die über diejenigen der Bürgschaft hinausgehen. Gegenüber der Bürgschaft gibt es daher im Wesentlichen drei Abweichungen, welche die Sonderregelung des § 86b rechtfertigen: – Zum einen ist eine Vergütung für die Bürgschaftsübernahme vorgeschrieben (§ 86b Abs. 1 erster Halbsatz); dieser Anspruch ist zudem zwingend – die Bürgschaft kann nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten übernommen werden, die der HV vermittelt oder abschließt (§ 86b Abs. 1 S. 2) – schließlich ist die Bürgschaftsverpflichtung zwingend schriftlich zu fassen (dies Erfordernis ist logischerweise unabdingbar29) und verdrängt § 35030. Selbst wenn der HV also Kaufmann ist, ist § 86b Abs. 1 S. 3 lex specialis, so dass die Schriftform der Übernahmeerklärung gefordert wird. Die Annahmeerklärung des Unternehmers ist dagegen an keine Form gebunden (ebenso § 766 BGB31).

21 22 23

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Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18a. Hopt § 86b Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 27; Hopt § 86b Rn 8; aA wohl Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 5 und 20; Schröder § 86b Rn 18a; Masing BB 1995, 2589 (2595); nach Castan BB 1957, 1124 (1125) nur bei Nichtverschulden des HV.

25 26

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Masing BB 1995, 2589 (2596); Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 17; Schröder § 86b Rn 18d; Castan BB 1957, 1124 (1125); Masing BB 1995, 2589 (2596). Schröder § 86b Rn 18d. RG HRR 1935 Nr. 1054 unter Berufung auf § 242 BGB. Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 10.

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E. Absatz 1 I. Verpflichtung 8

Das Delkredere muss durch eine inhaltlich eindeutige rechtsverbindliche Vereinbarung („Verpflichtung“) mit einseitiger Schriftform (Rn 14 f) begründet werden. Erforderlich ist der eindeutig feststellbare Wille beider Vertragsparteien zur Begründung der Haftung des Vertreters32; es muss eine hinreichend klare Verpflichtungserklärung des HV vorliegen. Nicht erforderlich ist, dass die Rechtsfolge des § 86b – besondere Vergütung – genannt wird. Sie ergibt sich automatisch aus der Übernahme des Delkredere selbst. Was automatisch aus einem Tatbestandsmerkmal folgt, braucht nicht besonders geregelt zu werden. Wegen der Leitbildwirkung der Delkrederevergütung und der erforderlichen Transparenz ließe sich allenfalls in AGB gemäß § 307 BGB Abweichendes vertreten. Ohne die Delkrederevereinbarung schuldet der Vertreter kein Einstehen für die Erfüllung der Verbindlichkeiten eines Kunden. Der Gebrauch des Ausdrucks Delkredere ist zwar nicht vorausgesetzt. Wohl aber ist bei Formulierungen, die nicht eindeutig auf ein Einstehen-Wollen hindeuten, stets zu prüfen, ob wirklich eine Einstandspflicht gemeint gewesen ist; z.B. ob in der Erklärung „die Firma X ist gut, ich übernehme für diese Firma die volle Verantwortung“ nur eine Kreditauskunft des Vertreters oder die Erklärung zu erblicken ist, Delkredere stehen zu wollen33. Bloße Erklärungen über Bonität, Zahlungsfähigkeit oder Erfüllungsbereitschaft eines Kunden sind noch keine Delkredereerklärung34. Im Zweifel ist die Übernahme des Delkredere zu verneinen35. Diese Verpflichtungserklärung muss der Unternehmer annehmen, notfalls als für sich günstig gem. § 151 BGB. Es handelt sich dann um einen Vertrag, bei dem das Delkredereversprechen des HV einerseits und die Delkredereprovision des Unternehmers im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Ein einseitiger „Verzicht“ des Unternehmers auf die Delkrederehaftung ist deshalb nicht möglich36. Oft aber wird der HV das darin liegende Angebot auf einen Aufhebungsvertrag annehmen, auch hier ggf. nach § 151 BGB.

II. Handelsvertreter 9

Es muss eine Verpflichtung des HV vorliegen. Zum Begriff des HV § 84. Jeder HV kann die Delkredereerklärung abgeben, sei er Verkaufs- oder Einkaufsvertreter37. Auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler, insbesondere Kommissionsagenten, Vertragshändler38 oder Franchisenehmer39, passt die Vorschrift nicht40, weil diese regelmäßig ihre Geschäfte selbst abschließen und mithin keine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Die Analogievoraussetzungen dürften daher fehlen. 32 33 34

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Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 3. OLG München JW 1930, 1427. OLG München JW 1930, 1424; Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 3; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 26. Castan BB 1957, 1124 (1125, 1127); Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 28; Hopt § 84 Rn 11; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 3.

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III. Berechtigter des Delkredereversprechens Berechtigter des Delkredereversprechens ist der Unternehmer; er ist hinsichtlich der 10 Delkredereprovision passiv legitimiert.

IV. Für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen Der HV muss sich verpflichten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Ge- 11 schäft einzustehen. Das Delkredere begründet eine Wertersatzhaftung für eine „Verbindlichkeit“41. Der genaue Inhalt der Einstandspflicht steht zur Disposition der Vertragspartner, weil § 86b Abs. 1 insoweit nicht zwingend ist. Eine Leitbildwirkung des § 86b gibt es nur bei der Prüfung von AGB. In der Regel handelt es sich bei der „Verbindlichkeit“ um den gegen den Kunden gerichteten Anspruch des Unternehmers auf Gegenleistung, d.h. auf Erfüllung42. Jedoch können auch alle anderen Ansprüche aus dem Geschäft gesichert sein43: Übernommen wird je nach Gestaltung Wertersatz für eine Zahlungs-, Sachoder Dienstleistungspflicht des Kunden. Im Zweifel erstreckt sich das uneingeschränkt übernommene Delkredere auch auf Neben-, Sekundär- und Abwicklungsansprüche des Unternehmers gegen den Kunden44, etwa aus Verzug, Schlechterfüllung, Nichterfüllung, Rückabwicklung, § 812 BGB45, Vertragsstrafe46, vorvertraglichen Ansprüchen47 etc. sowie auf Ersatz der dem Unternehmer durch die Beitreibung der Kundenforderung entstehenden Kosten48. Soll das Delkredere eine so weit gehende Wirkung nicht haben, müssen die Parteien das hinreichend deutlich regeln49. Auch kann das Delkredere auf die Primär- oder Hauptleistungspflicht des Kunden aus dem Vertrag beschränkt werden50. Die Einstandspflicht erstreckt sich nur auf Bestimmungen, die in den Verträgen mit 12 Kunden der betreffenden Branche üblich sind, wobei eine weite Auslegung zu Gunsten des Unternehmers angezeigt ist. Mit mehr braucht der HV nicht zu rechnen und auf Weiteres erstreckt sich seine Erklärung zur Delkredereübernahme im Zweifel nicht. Soll sich die Einstandspflicht auch auf außergewöhnliche Verpflichtungen beziehen, etwa auf besonders belastende Vertragsstrafeversprechen oder andere ungewöhnliche Ansprüche, muss der Unternehmer den HV unzweideutig auf das übernommene Risiko hinweisen und sich der HV zur Übernahme verpflichten, anderenfalls es von der Einstandspflicht nicht erfasst ist51. Unwirksam ist die Bestimmung, welche dem HV die Kosten des gerichtlichen Vorgehens gegen einen bestimmten Kunden oder in jedem Falle bei Zahlungsunfähigkeit oder Unwilligkeit der Kunden bis zur Höhe der Beitreibungskosten auferlegt52. Trotz des Worts „einem“ können mehrere Delkredereversprechen für verschiedene Geschäfte oder Kunden in einer Urkunde zusammengefasst werden53, solange

41 42 43 44 45 46 47 48

Masing BB 1995, 2589 (2595); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 6. Hopt § 86b Rn 7. Hopt § 86b Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6; Hopt § 86b Rn 7. Hopt § 86b Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6; Hopt § 86b Rn 7. Hopt § 86b Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6; Hopt § 86b

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Rn 4; Schröder § 86b Rn 18c; Masing BB 1995, 2589 (2595); vgl. OLG Karlsruhe VersR 1973, 857 (859); BB 1974, 904. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6. AA wohl Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6. OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Hopt § 86b Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 16; Schröder § 86b Rn 10, 11.

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die u.g. Anforderungen an die Bestimmtheit der Erklärung erfüllt sind. Anders könnte ein generelles Delkredereversprechen kaum in den HV-Vertrag eingefügt werden. Obgleich § 86b es nicht ausdrücklich sagt, bezieht die Norm sich nur auf den Fall, 13 dass der HV seinem Unternehmer gegenüber für die Erfüllung des Dritten aus einem Geschäft einstehen will. Gegenstand der Einstandspflicht iSd § 86b kann damit jede Leistung sein, welche der Kunde („Dritte“) dem Unternehmer schuldet. Pflichten des Kunden gegenüber anderen Personen als dem Unternehmer, z.B. Bürgschaft des Abzahlungskaufverträge vermittelnden HV gegenüber der Teilzahlungskreditbank für Verbindlichkeiten des Abzahlungsverkäufers54 oder Pflichten, die der Dritte (Kunde) gegenüber dem Finanzierungsinstitut bei finanzierten Geschäften eingegangen ist55, werden von § 86b nicht erfasst56. Denkbar wäre es zwar auch, dass ein HV dem Kunden („Dritten“) die Leistung des Unternehmers garantiert57. Aus einer solchen Zusage darf der Vertreter aber keinen Anspruch auf Delkredereprovision gegen den Unternehmer geltend machen, allenfalls einen solchen gegen den Dritten aus § 354, weil § 86b als lex specialis dann keine vorrangige Regelung trifft. Dagegen ist es für den Begriff Delkrederehaftung unerheblich, ob der Vertreter für die Zahlung des Dritten oder (als Einkaufsvertreter) für die Erfüllung einer Warenlieferschuld desselben einzustehen verspricht. Da der HV die Provision des § 87 für die Geschäftsvermittlung erhält, stellt jede Art Zusage eines Einstehens für die Erfüllung durch den Dritten, also jede Art von Übernahme eines Risikos, welches mit der Geschäftsabwicklung verknüpft ist und das sonst der Unternehmer zu tragen hätte, eine zusätzliche Leistung des HV gegenüber dem Unternehmer dar. Daher liegt eine Delkrederehaftung nicht nur vor, falls der HV für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit des Dritten (z.B. für Zahlung des gestundeten Kaufpreises) einzustehen verspricht, sondern auch dann, wenn er es übernimmt, gegenüber dem Unternehmer für eine bestimmte Qualität der von dem Dritten als Verkäufer zu liefernden Ware (z.B. „prima Qualität“), für rechtzeitige Ankunft der Ware oder für die Erfüllung nur einzelner Vertragsmodalitäten, für den Ausgleich nur bestimmter Arten von Schäden usw. einzustehen.

V. Schriftform 14

Die Übernahme des Delkredere bedarf der Schriftform nach § 126 BGB58 (Abs. 1 S. 3). Bei Verfehlung tritt Formnichtigkeit ein59. Trotz der hinsichtlich des zwingenden Kerns des § 86b nicht ganz klaren Bestimmung (Rn 28) lässt sich das Formgebot nicht – ggf. konkludent – abbedingen. Allerdings bezieht sich die Schriftform – wie in § 766 BGB – nur auf die Übernahmeerklärung des HV. Die Annahmeerklärung des Unternehmers ist nicht an eine Form gebunden60. In der Urkunde müssen die zwingenden Voraussetzungen für eine wirksame Delkredereerklärung enthalten und sie muss vom HV unterzeichnet sein61. Das Delkredereversprechen braucht nicht einziger Inhalt der Urkunde zu 54 55 56

57

BGH WM 1988, 1048; Hopt § 86b Rn 2. OLG Hamm VersR 1956, 113 (114). OLG Hamm VersR 1956, 113 (114); v. Brunn NJW 1954, 56 (57); Hopt § 86b Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86b, Rn 3; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 25; Schröder § 86b Rn 3.

620

58 59 60 61

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 10; Hopt § 86b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 14; Schröder § 86b Rn 10; Castan BB 1957, 1124 (1125). Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 10; Hopt § 86b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 11.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86b

sein62, sondern kann z.B. auch in schriftlichen Mitteilungen des HV an den Unternehmer enthalten sein63, ebenso im HV-Vertrag. Die Formvorschrift verdrängt § 350, weshalb auch das Delkredere des Kaufmannes der Schriftform bedarf64. Ungeachtet dessen muss die Delkredereverpflichtung des HV durch den Unternehmer angenommen werden, allerdings nicht schriftlich. Auch das entspricht dem allgemeinen Bürgschaftsrecht. Dem Unternehmer darf das Delkredere nicht aufgedrängt werden, zumal er ja dadurch für die Sonderprovision provisionspflichtig wird. Auch die weitere Folgerung des § 766 S. 2 BGB dürfte zu ziehen sein: hat der HV dem formlosen, also zunächst nichtigen Delkredere durch Befriedigung des Unternehmers genügt, wird der Mangel der Form geheilt65, ebenso, wenn der Unternehmer nach vollständiger Erfüllung der Pflichten des Kunden die Delkredereprovision leistet66. Im Übrigen gibt es auch hier noch von dem Formerfordernis Ausnahmen. Nach Abs. 3 kann in dessen persönlichem Anwendungsbereich ein Delkredere durch den HV formlos übernommen werden. Der actus contrarius bedarf nicht der Form des § 126 BGB: Die Delkredereverein- 15 barung kann durch formlos gültige Vereinbarung, die sich bereits aus den Umständen des Einzelfalls ergeben kann, jederzeit mit Wirkung für künftige Geschäfte zeitlich67, etwa durch einen Endtermin oder eine zeitliche Beschränkung für das zu sichernde Geschäft68, oder auf einen bestimmten Betrag begrenzt und wieder aufgehoben werden69.

VI. Nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt Die Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs (S. 20) erklärt es für missbilligens- 16 wert, „wenn Handelsvertreter von Unternehmern unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit gezwungen werden sollen, für unbestimmte Geschäfte oder ganz allgemein das Delcredere zu übernehmen. Hiergegen müssten die Handelsvertreter geschützt werden.“ Das Gesetz gestattet demgemäß die Übernahme des Delkredere nur bei Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes70 und unter folgenden Voraussetzungen: Einmal, wenn der HV es übernimmt, für ein bestimmtes Geschäft einzustehen; oder aber, falls der Vertreter das Delkredere allgemein übernimmt für Geschäfte mit bestimmten Dritten (z.B. die der Vertreter für solvent, der Unternehmer für zahlungsschwach hält), sofern der HV selbst – oder für ihn sein Untervertreter – das Geschäft mit ihnen geschlossen oder vermittelt hat. Aus diesem Grund wird das Delkredere faktisch kaum durch AGB begründet werden können71. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so ist nach dem aus der Amtlichen Begründung ersichtlichen Schutzzweck des Gesetzes auch eine Aufrechterhaltung als gewöhnliche Bürgschaft, geschweige denn eine Umdeutung in eine 62 63 64 65

66 67

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 11; Schröder § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 10; Hopt § 86b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 10; Hopt § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6; Schröder § 86b Rn 18d; vgl. RGZ 107, 194.

68 69

70 71

BGH, Urt. v. 30.01.1997 – IX ZR 133/96, ZIP 1997, 536 (539). BGH ZIP 1997, 536 (539); Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 7; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 11; Masing BB 1995, 2589 (2595). Hopt § 86b Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 11.

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1. Buch. Handelsstand

Garantiezusage oder einen Schuldbeitritt nicht möglich72. Der Inhalt des Kundengeschäfts muss, um die Haftung zu begründen, in den wesentlichen Punkten den Regelungen der Delkrederevereinbarung entsprechen. Unerhebliche Abweichungen sind jedoch unschädlich73. Durch das Kundengeschäft nachträglich ändernde Abmachungen zwischen Kunde und Unternehmer bleibt die Delkrederehaftung entsprechend § 767 Abs. 1 S. 3 BGB unberührt, wenn jene Änderungen noch von der Delkrederevereinbarung gedeckt sind74. Sie dürfen aber nicht dazu dienen, das Geschäftsrisiko auf den HV zu verlagern. Wird dieses Bestimmtheitsgebot verfehlt, ist das Delkredere nichtig75. Auch hier ist 17 eine abweichende Regelung nicht möglich, wenngleich sich der zwingende Teil des § 86b auf den ersten Blick nur auf das Provisionsversprechen zu beziehen scheint.

18

1. Bestimmtes Geschäft. 1. Alt. („bestimmtes Geschäft“ = konkretes Delkredere): Das „bestimmte Geschäft“ braucht noch nicht abgeschlossen zu sein. Es muss jedoch schon so konkretisierbar und von anderen gleichartigen Geschäften unterscheidbar sein, dass es nach seinen wesentlichen Merkmalen in die Delkrederevereinbarung aufgenommen werden kann76. Selbstverständlich dürfen mehrere solchermaßen „bestimmte“, abgeschlossene oder erst mit ihrem Abschluss bevorstehende Geschäfte in einer einzigen Delkredereübernahme zusammengefasst werden77, falls die Bezeichnung nicht zu allgemein wird. Ein Abschluss durch den HV selbst oder seinen Untervertreter wird – abweichend von Alt. 2 – nicht vorausgesetzt (Beispiel: Bezirksvertreter)78. Das Delkredere kann beispielsweise auch übernommen werden von einem Bezirksvertreter für bestimmte Abschlüsse, die der Unternehmer selbst in dem übertragenen Bezirk getätigt hat oder zu tätigen im Begriff steht (auch hier kann die oben geschilderte Interessenlage gegeben sein), oder für Abschlüsse, die von einem anderen HV oder noch von einem Vorgänger des HV herrühren79, etwa weil dieser intern den HV an der Provision beteiligt. Die Übernahme für eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften mit einem Kunden ist nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 1 S. 2 2. Alt. möglich80.

19

2. Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt. 2. Alt. („Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt“ = generelles Delkredere): Die allgemeine Delkredereübernahme für „Geschäfte mit bestimmten Dritten“ kann sich nur auf künftige Abschlüsse mit einem oder mehreren81 genau und zweifelsfrei bestimmten Kunden beziehen. Will der HV das Delkredere für Geschäfte mit mehreren Kunden begründen, bedarf es hinsichtlich jedes einzelnen Kunden in Bezug auf dessen Person und den Kreis der gesicherten Geschäfte einer derart präzise bestimmten 72

73 74 75

76

77

Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12; ein Fall dieser Art in der Entscheidung OLG Karlsruhe BB 1974, 904. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 14; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 6; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Schröder § 86b Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 7; Heymann/

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78 79

80 81

Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 7; Hopt § 86b Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 8; Castan BB 1957, 1124 (1125). Hopt § 86b Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 7; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 8. OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 7; Schröder § 86b Rn 8. Hopt § 86b Rn 3.

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Vereinbarung82. Unzulässig wäre z.B. die Delkredereübernahme für alle Geschäfte mit dem Kunden X, einerlei wer sie vermittelt oder abschließt83; für alle Geschäfte in einem bestimmten Bezirk (Bezirksvertreter)84; für alle vom HV in einem bestimmten Bezirk vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte85. Das Delkredere kann nur dann gegen den HV geltend gemacht werden, wenn er selbst, seine Angestellten oder sein Untervertreter das Geschäft, für das es praktisch wird, vermittelt oder abgeschlossen hat. Der Grund: In diesen Fällen ist es der HV, der die Dritten ausgesucht und sie – wohl – auf Grund eigener Prüfung für vertrauenswürdig befunden hat. Als unwirksam würde es deshalb zu erachten sein, wenn der Bezirksvertreter die Delkrederehaftung für alle in seinem Bezirk oder auch nur mit einem bestimmten Kunden geschlossenen Geschäfte übernähme, also auch für solche, deren Abschluss durch den Unternehmer selbst oder durch von diesem unmittelbar eingesetzte Untervertreter erfolgt ist86. 3. Wegfall der Delkrederehaftung. Grundsätzlich ist die Einstandspflicht des HV ab- 20 hängig vom rechtswirksamen Bestehen der Kundenverbindlichkeit gegenüber dem Unternehmer87. Ist das zwischen Kunde und Unternehmer geschlossene Geschäft daher nicht oder nicht wirksam zustande gekommen, wird es nicht durch ein Delkredereversprechen gesichert88. Jene Grundregel öffnet sich Differenzierungen: Es kommt im Einzelnen auf den Grund des Wegfalls des Kundengeschäftes an. Entsteht er durch das zu sichernde Risiko, bleibt die Delkrederehaftung bestehen. Ausnahmen gelten folglich für die unter Rn 11 genannten Ersatzansprüche. Der Anspruch entfällt, wenn der Abschluss nachträglich hinfällig wird: durch Anfechtung (§ 142 BGB)89, Rücktritt vom Vertrag90 auf Grund Gesetzes oder vertraglichen Vorbehalts, Kündigung des vermittelten Nutzungsverhältnisses vor dessen Antritt, es sei denn, dem Unternehmer stehen die unter Rn 11 genannten Ansprüche aufgrund der Rückabwicklung des bereits vollzogenen Vertrags gegen den Kunden zu und der HV hat ausnahmsweise erkennbar auch hierfür das Delkredere übernommen91. Hingegen bleibt die Einstandspflicht des HV aus der Delkrederevereinbarung und damit sein Anspruch auf die Delkredereprovision von Umständen unberührt, die den Vertrag mit dem Kunden erst nachträglich ohne Rückwirkung beenden wie z.B. spätere Kündigung92, Ausübung von Gewährleistungs- oder Zurückbehaltungsrechten des Kunden93, auflösende Bedingung94 oder die nachträglich zwischen Kunden und Unternehmer vereinbarte Vertragsaufhebung95, sofern nicht gleichzeitig einverständlich zwischen Unternehmer und HV das Delkredere aufgehoben wird96. Das betreffende Geschäft hat in der Zwischenzeit Bestand gehabt und wird nicht rückwirkend hinfällig97,

82 83 84 85 86 87 88

89 90

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 8. Hopt § 86b Rn 3. Hopt § 86b Rn 3. Hopt § 86b Rn 3. Hopt § 86b Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 15; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 19; Schröder § 86b Rn 6. Hopt § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b

91 92 93 94 95 96 97

Rn 3; Hopt § 86b Rn 11; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 28; Castan BB 1957, 1124 (1127). Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15; Schröder § 86b Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15. Schröder § 86b Rn 18c. Hopt § 86b Rn 11. Hopt § 86b Rn 11. Hopt § 86b Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15; aA Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 14.

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weil der HV zumindest interimsweise das Risiko getragen hat98. Gleiches gilt, wenn die Ausführung des Kundengeschäfts unterbleibt99. § 87a Abs. 2 und 3 gelten nicht100.

VII. Berechnung des Delkredereanspruchs durch den HV 21

In vielen Fällen besitzt der Unternehmer keine (genaue) Kenntnis zu Grund und Höhe seines Delkredereanspruchs, etwa falls der HV den gegen ihn gerichteten Anspruch errechnen muss (Beispiel: Inkasso-HV iSd § 87 Abs. 4, der für Ausfälle haftet). Der HV muss die Anspruchshöhe dann beziffern, sie dem Unternehmer mitteilen und den festgestellten Betrag an den Unternehmer leisten. Im Zweifel gelten die für die Berechnung und Abführung der Inkassoprovision des § 87 Abs. 4 genannten Maßstäbe entsprechend, nämlich die Pflicht zur unverzüglichen Abrechnung analog § 87c Abs. 1, spätestens jedoch bis zum Ende des Monats nach Entstehen des Anspruchs. Diese Pflicht begründet ebenso wie die Inkassopflicht nach § 87 Abs. 4 eine Vermögensbetreuungspflicht; die unterlassene oder verspätete Abführung (letzteres bei bedeutender Verspätung, die einen Rückschluss auf den Willen zum Einbehalt zulässt) kann je nach den Umständen des Einzelfalls die Strafbarkeit nach § 266 StGB (§ 86 Rn 56) herbeiführen. Zumindest aber führt sie zur Schadenersatzpflicht nach § 280 BGB, nicht nur nach § 286 BGB.

VIII. Die Delkredereprovision – Rechtsgrund 22

Die Delkredereprovision ist das Spiegelbild der Haftung, also ihre Gegenleistung. Die Übernahme des Delkredere – die Einstandspflicht – ist eine Sonderleistung des HV, die nicht zum gesetzlichen Umfang seiner Vertragspflichten gehört. Hierfür soll er als Gegenleistung – unabhängig von der Vermittlungs- oder Abschlussprovision101 – die neben die sonstige Provision, etwa die des § 87, tretende102 Sonderprovision – die Delkredereprovision – beanspruchen dürfen. Es handelt sich um einen Anwendungsfall des § 354. So wie dort wird auch die Delkredereprovision kraft § 86b Abs. 1 S. 1 geschuldet. Als Sonderprovision, die nicht für die Schaffung eines Kundenkreises gewährt wird, soll sie nach einer Meinungsgruppe103 nicht ausgleichsfähig sein. Das Gesetz fordert diese Bewertung nicht. Denn auch das Delkredere kann als ausgleichsfähige Provision für „abgeschlossene oder künftig zustande gekommene Geschäften“ i.S.d. § 89b Abs. 1 Nr. 2 verstanden werden104. Der HV übernimmt das Delkredere, um konkrete Kundengeschäfte herbeizuführen, die der Unternehmer ohne die Einstandspflicht des HV nicht abzuschließen bereit ist105. Das Delkredere hilft daher bei der Vermittlung und ist als werbende Provision ausgleichsfähig. In jedem Fall wird die Delkredereprovision aber in die Berechnung der Höchstgrenze nach § 89b Abs. 2 eingerechnet106. Die Informationsrechte des § 87c erstrecken sich auch auf die Delkredereprovision107, weil der Wortlaut 98 99

100

Hopt § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 29; Schröder § 86b Rn 14. Westphal I Rn 214; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 15, 19; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 16; Hopt § 86b Rn 9 und 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 32, 35; Schröder § 86b Rn 14; Castan BB 1957, 1124 (1127).

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101 102 103 104 105 106 107

Westphal I Rn 214; Hopt § 86b Rn 8. Hopt § 86b Rn 9. Küstner I Rn 567; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 86b Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 97. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10.

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des § 87c jede Provisionsart erfasst und nach Grund und Höhe das gleiche Informationsbedürfnis besteht.

F. Fälligkeit der Delkredereprovision (Absatz 2) Der Anspruch auf die Delkredereprovision wird ohne ausdrückliche oder schriftliche 23 Provisionsvereinbarung kraft Gesetzes108 sogleich mit dem Abschluss des Geschäfts fällig, aus dem die garantierte Verbindlichkeit entsteht (Abs. 2, § 271 Abs. 1 BGB)109, also sobald ein Delkrederehaftungstatbestand gegeben ist110. Die Fälligkeit kann durch Vereinbarung geregelt werden, Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz steht nicht entgegen111. Die gesetzliche Stufung, wonach die Vermittlungs- und die Abschlussprovision mit dem Abschluss des Geschäfts zunächst bedingt entsteht (§ 87), um erst unter den Voraussetzungen des § 87a zum unbedingten Anspruch zu erstarken, findet sich hier nicht. Ist der Abschluss als solcher aufschiebend bedingt, so entsteht der Provisionsanspruch mit Eintritt der Bedingung. Im Übrigen aber kann sich die Bestimmung des Gesetzes darüber, wann der Anspruch entstehen solle, sinnvollerweise nur auf Geschäfte beziehen, deren Abschluss noch bevorsteht oder, wie in der 2. Alt. des Abs. 1 S. 2, einstweilen überhaupt erst als künftig denkbare in Betracht kommen. Wird dagegen das Delkredere für ein bestimmtes, bereits abgeschlossenes und nicht unter aufschiebender Bedingung stehendes Geschäft übernommen, so entsteht der Anspruch auf die Provision mit der nunmehrigen Übernahme. Nicht etwa gilt er als mit dem Abschluss rückwirkend entstanden112. Das kann Bedeutung gewinnen in Fällen einer Globalzession „bestehender Provisionsansprüche (gegen den in Rede stehenden Unternehmer)“, wenn sie zwischen Abschluss des Geschäfts und Übernahme des Delkredere erfolgt ist.

G. Wegfall des Anspruchs auf Delkredereprovision Der Anspruch auf Delkredereprovision teilt das Schicksal der Delkrederehaftung: 24 Kommt es nicht zur rechtswirksamen Haftungsübernahme, entsteht der Provisionsanspruch nicht113. Die o.g. Ausführungen unter Rn 8, 20 gelten entsprechend.

H. Höhe I. Vertraglich vereinbarte Höhe Die Höhe der Provision unterliegt in erster Linie der Vereinbarung, die jedoch zum 25 einen wirksam und zum anderen wegen der zwingenden Natur des Provisionsversprechens nicht unterhalb des üblichen Satzes – selbstverständlich jedoch darüber – liegen darf. Die vereinbarte Provision muss dem HV einen angemessenen Ausgleich für die

108

109 110 111

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 33; Schröder § 86b Rn 13. Hopt § 86b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 19;

112 113

Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 18; Hopt § 86b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 35. Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 19; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 15.

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übernommene Haftung gewähren, indem sie in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zu dem eingegangenen Risiko steht, und zwar nach den Maßstäben des Ortes, an welchem der HV sein Gewerbe ausübt114, im Zweifel an seinem Sitz und nicht im Vertriebsgebiet. Anderenfalls liegt ein gegen die zwingende Natur verstoßender Teilprovisionsausschluss vor115. Maßgeblich für die Überprüfung der Provisionshöhe ist eine Prognose bei Vereinbarung des Delkredere für das konkrete Geschäft, bei generellem Delkredere eine Durchschnittsbetrachtung zum Zeitpunkt der Vereinbarung. Anderenfalls würde nicht die Unsicherheit bei Delkredereübernahme sondern das tatsächliche Risiko den Preis bestimmen und das prognostische Risiko zu Unrecht ausgeblendet. Eine ex post Betrachtung nach dem Geschäft ist unzulässig. Die Höhe einer möglichen Rückstellung ist irrelevant116, weil sonst bei vorsichtiger Rückstellungspraxis eine Delkredereprovision ggf. in Höhe des Risikos eines Totalverlustes zu zahlen wäre. Die Provision wird mglw. höher zu bemessen sein, falls sich das Delkredere anstatt auf ein Bargeschäft auf ein vom Unternehmer zu kreditierendes Kundengeschäft mit bei Delkredereübernahme erkennbarem höheren Risiko bezieht117. Im Falle einer nachträglichen Übernahme des Delkredere besteht die Auslegungsregel, dass die bereits gezahlte oder geschuldete Provision die angemessene Gegenleistung für die vom HV bis zur Delkredereübernahme geschuldeten Leistungen bildet und nicht zugleich das Delkredereversprechen abgelten soll118. Ist die Höhe unangemessen niedrig festgesetzt, so liegt ein Verstoß gegen § 134 BGB 26 i.V.m. Abs. 1 S. 1 Hs. 2, ggf. § 138 BGB, vor. Nach § 138 BGB ist eine Delkrederevereinbarung beispielsweise nichtig, falls der Unternehmer den HV bei Zahlung einer zu geringen, nicht kostendeckenden Vermittlungs- oder Abschlussprovision durch Versprechen einer hohen Delkredereprovision119 oder durch bewusstes Verschweigen oder Herunterspielen ihm bekannter, dem HV nicht bewusster Risiken zur Abgabe des Delkredereversprechens veranlasst hat120. An Stelle der unangemessen niedrig bemessenen Provision tritt der gem. § 87b Abs. 1 übliche Satz121, erforderlichenfalls die Ermittlung nach den §§ 315 ff BGB. Das ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Unabdingbarkeit des Anspruchs, die sich sonst unschwer aushöhlen ließe122. Bedenklich daher LG Heidelberg BB 1958, 7, wo eine unangemessen niedrige Provision als wucherisch und deshalb die gesamte Delkredereübernahme aus diesem Grunde als nichtig angesehen worden ist (die Entscheidung könnte trotzdem richtig sein, weil der mitgeteilte Sachverhalt eine sittenwidrige Ausnutzung der Lage des HV noch in anderer Beziehung vermuten lässt).

II. Fehlende Vereinbarung 27

Wird keine Abrede getroffen, greift § 87b Abs. 1123 – und nicht § 354 – subsidiär ein. Denn § 87b Abs. 1 gilt für jede Provision, auch die Delkredereprovision. Deshalb ist auch die Berechnungsgrundlage des § 87b Abs. 2 anwendbar, sofern der Satz der Delkredere114 115

116 117 118 119

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 30; Schröder § 86b Rn 17. AA Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 21. v. Brunn NJW 1954, 56 (57, 58). Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b

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120 121 122 123

Rn 8; Schröder § 86b Rn 5; LG Heidelberg BB 1958, 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 11; Masing BB 1995, 2589 (2595). Masing BB 1995, 2589 (2595); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 14. Hopt § 86b Rn 10. Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 17. Hopt § 86b Rn 10.

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provision feststeht124. Auch hier ist für die Höhe der Provision die ex ante-Betrachtung bei Delkredereübernahme maßgeblich und eine ex post-Betrachtung unzulässig (Rn 25). Das Schriftformerfordernis steht nicht entgegen. Wie bei der Überprüfung der Höhe einer vertraglich vereinbarten Delkredereprovision ist der am Niederlassungsort des HV übliche Satz zugrunde zu legen. Lässt sich ein solcher nicht ermitteln, muss eine Festsetzung nach den §§ 315 ff BGB erfolgen125. Nicht etwa ist dann die Provisionsabrede und über § 139 BGB das ganze Delkredere unwirksam, weil unvollständig. Das infolge des Vertragsschlusses mit einem zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Kunden erhöhte Risiko bleibt unberücksichtigt, sofern der Vertrag bei ordnungsgemäßer Bonitätsprüfung nicht zustande gekommen wäre126 oder der Kunde nur auf Wunsch des HV vom Unternehmer akzeptiert worden ist127.

I. Unabdingbarkeit Nach Abs. 1 S. 1 Hs. 2 kann auf den Provisionsanspruch im voraus nicht verzichtet 28 werden. Dem Wortlaut nach bezieht sich der zwingende Charakter nur auf die Verpflichtung zur Zahlung der Delkredereprovision, nicht auf die übrigen TB-Voraussetzungen. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Redaktionsversehen. Es war Wille des Gesetzgebers, den gesamten Anspruch einschließlich aller seiner Voraussetzungen zwingend auszugestalten128. Ausnahmen sind nur nach Abs. 3 und § 92c möglich. „Im voraus“ heißt: vor seiner Fälligkeit. Das kann sich nur auf erst künftig zustande kommende Abschlüsse beziehen. Zu eng wäre eine Beschränkung auf die 2. Alt. des Abs. 1 S. 2: ist für ein bestimmtes, unter aufschiebender Bedingung abgeschlossenes Geschäft das Delkredere nach Abschluss, aber vor Eintritt der Bedingung übernommen worden, so ist auch hier ein Verzicht auf die Provision vor Eintritt der Bedingung nicht wirksam möglich, weil die Fälligkeit des Anspruchs noch aussteht. Fälligkeitsabreden sind zulässig129, sofern der Anspruch nicht im Kern entwertet wird. Auf den unbedingt entstandenen Anspruch darf durch formlosen Vertrag zwischen Unternehmer und HV verzichtet werden130. Unberührt bleibt selbstverständlich das Recht, durch Vereinbarung zwischen HV und Unternehmer die Delkrederevereinbarung als solche für künftige Geschäfte wieder aufzuheben und damit den Provisionsanspruch gegenstandslos zu machen (Rn 8). Der Verzicht darf auch zugleich mit der nachträglichen Delkredereübernahme für ein bereits abgeschlossenes Kundengeschäft vereinbart werden131. Die nachträgliche Aufhebung der Delkrederevereinbarung lässt im Zweifel die bereits entstandenen Provisionsansprüche

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126

127 128

Hopt § 86b Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 22; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 17; Hopt § 86b Rn 10; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 31; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 21; Hopt § 86b Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 20;

129 130

131

Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 18; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 34. Hopt § 86b Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 20; Hopt § 86b Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 34; Schröder § 86b Rn 13a. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 34; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 18.

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§ 86b

1. Buch. Handelsstand

unberührt132, denn auch hier lag interimsweise eine im Zweifel zu vergütende Haftungsübernahme vor. Unbeachtlich bleibt der rechtlich irrelevante einseitige „Verzicht“ des Unternehmers auf die Delkrederehaftung133. Eine unzulässige Umgehung des § 86b soll in der Vereinbarung liegen, dass der HV das abzusetzende Produkt bei dem Unternehmer zu kaufen und an die Kunden weiter zu veräußern hat, obwohl er nicht Vertragshändler sein soll134. Aber hier ist die Abgrenzung zum zulässigen Mischvertrag zwischen HV- und Vertragshändler-Vertrag schwierig. Es wird sehr auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommen. Zulässig sind Fälligkeitsabreden135, soweit sie nicht auf Grund ihres belastenden Charakters oder der mit ihnen einhergehenden Unsicherheit einem Ausschluss nahe kommen.

J. Rechtsfolge der Verfehlung der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen 29

§ 86b ist hinsichtlich seiner Wirksamkeitsvoraussetzungen lex specialis und abschließend. Deshalb darf ein den TB-Voraussetzungen des § 86b nicht entsprechendes, z.B. formunwirksames Delkredere nicht in eine formlos wirksame Haftungserklärung wie Garantie, Schuldbeitritt, Schuldversprechen oder Bürgschaft gem. § 350 umgedeutet werden136. Ein nicht den Anforderungen des Abs. 1 entsprechendes Delkredere kann jedoch nach § 139 BGB wirksam sein, wenn und soweit es den gesetzlichen Anforderungen entspricht137.

K. Absatz 3: Ausnahmefälle I. Gegenständliche Reichweite der Ausnahmen 30

Die strengen inhaltlichen und förmlichen Voraussetzungen für die Übernahme des Delkredere und die damit verbundene Entstehung der Delkredereprovision kraft Gesetzes gelten in folgenden Fällen nicht: – für HV-Verträge, die deutschem Recht nicht unterfallen – wenn gemäß § 92c Abs. 1 oder 2 berechtigt eine Delkredereprovision ausgeschlossen wurde (was mit hinreichender Deutlichkeit geschehen muss) – für Delkrederevereinbarungen, die mit ausländischen Unternehmern (Abs. 3 S. 1) getroffen wurden – für Delkrederevereinbarungen über Geschäfte mit Kunden im Ausland (Abs. 3 S. 1) – für Delkrederevereinbarungen über Geschäfte, welche der HV aufgrund uneingeschränkter Vollmacht des Unternehmers in eigener Verantwortung abschließen und vollständig ausführen darf (Abs. 3 S. 2). 132

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Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 20; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 20; Schröder § 86b Rn 13.

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Hopt § 86b Rn 9. OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 23; Schröder § 86b Rn 10.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86b

In Abs. 3 werden die drei letztgenannten Fälle geregelt. Aufgrund des in Rn 34 ge- 31 nannten Gesetzeszwecks ist der HV in den in Abs. 3 genannten drei Konstellationen nicht schutzbedürftig138. Folglich benachteiligt und diskriminiert Abs. 3 inländische Unternehmer oder unter die Ausnahmeregelung fallende HV nicht in unberechtigter und unzulässiger Weise139. Das bedeutet: Die Übernahme des Delkredere bedarf in diesen Fällen nicht der Schriftform – insoweit ist kein ausdrücklicher Ausschluss erforderlich – und der Anspruch auf Delkredereprovision kann zumindest abbedungen werden140, auch durch AGB141. Bei der im Rahmen des § 307 BGB erforderlichen Leitbildkontrolle ist – nicht anders als im Rahmen des § 92c – auch das Leitbild des Abs. 3 zu berücksichtigen. Fraglich ist, ob der Anspruch auch ausgeschlossen werden muss, d.h. ob ein Anspruch auf Delkredereprovision in den Fällen des Abs. 3 existiert, wenn er nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Dann wäre die nächste Frage, mit welcher Deutlichkeit der Ausschluss zu erfolgen hätte. Sind die TB-Voraussetzungen des Abs. 3 erfüllt, „gilt“ Abs. 1 nicht. Es fehlt also eine spezielle Anspruchsgrundlage des HV-Rechts. Damit mangelt es grds. auch an einem Anspruch auf Delkredereprovision. Dem Wortlaut nach gilt aber nur Abs. 1 nicht, § 354 BGB wird nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Da Abs. 1 jedoch grundsätzlich § 354 verdrängt, dürfte auch diese spezialgesetzlich verdrängte Norm regelm. nicht wieder aufleben. Ansonsten wäre Abs. 3 überflüssig. Würde man einen ausdrücklichen Ausschluss der Delkredereprovision fordern, so wäre mit ihm142 regelmäßig auch ein Provisionsanspruch aus § 354 ausgeschlossen. Letztlich entscheidet die Fassung der Ausschlussklausel. Das Erfordernis eines ausdrücklichen Ausschlusses oder sogar ein Schriftformerfor- 32 dernis des Ausschlusses könnte jedoch vereinbart werden. Dieses Erfordernis gilt dann im Zweifel auch für die Provisionsabrede – § 154 Abs. 2143. In den Fällen des Abs. 3 darf die Einstandspflicht des HV unentgeltlich, sogar konkludent, aber nicht einseitig144, für eine Vielzahl von Geschäften übernommen werden, auch für Geschäfte mit noch nicht bestimmten Dritten. Die Geschäfte müssen jedoch wegen § 765 BGB hinreichend bestimmbar sein145. Den allgemeinen Anforderungen an die Wirksamkeit von Bürgschaftsverträgen oder den im Einzelfall ggf. einschlägigen Verträgen hat die Delkrederevereinbarung gleichwohl zu entsprechen146. Eine trotz Geltung des Abs. 3 vereinbarte Provision muss nicht in einem angemessenen Verhältnis zum übernommenen Risiko stehen, darf aber nicht gegen § 138 BGB verstoßen147. Fehlt eine Provisionsabrede, kann der Provisionsanspruch kraft örtlichen Handelsbrauchs bestehen148, wobei ein vereinbarter Ausschluss der Delkredereprovision im Zweifel auch diesen Anspruch erfasst.

138

139 140 141 142

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 23; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 36. Masing BB 1995, 2589 (2592, 2593). Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15; Masing BB 1995, 2589 (2590). AA Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 24; Schröder § 86b Rn 15. Entgegen Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15.

143 144 145 146 147 148

Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 24. Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 24. Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15 f.

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§ 86b

1. Buch. Handelsstand

II. Auslandsgeschäfte Die Ausnahme des Abs. 3 S. 1 setzt die Geltung deutschen Rechts voraus149. Gemeint sind Abschlüsse, bei denen der Unternehmer oder der Kunde150 ihre Niederlassung, bei Fehlen einer solchen hilfsweise ihren Wohnsitz, nicht in Deutschland in seinen jeweiligen Grenzen151 sondern im Ausland haben. Die Ausnahme gilt auch für das europäische Ausland152. Eine EU-rechtliche Benachteiligung liegt hierin nicht. Die Vorschrift zielt nicht auf die Benachteiligung ausländischer HV, sondern solcher – ggf. auch deutscher –, die im Ausland tätig sind. Die Regelung erleichtert die Aufnahme von Geschäften im europäischen Ausland und behindert den Binnenverkehr nicht. Dass der Gesetzgeber tatsächlich mit „Ausland“ nur das Nicht-EU-Ausland bezeichnen wollte (Redaktionsversehen), ist eher unwahrscheinlich. Denn § 86b Abs. 3 spricht von Ausland, § 92c Abs. 1 hingegen von einer Tätigkeit außerhalb der EU oder der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Wenn der Gesetzgeber in § 86b Abs. 3 eben dieses räumliche Gebiet hätte bezeichnen wollte, so hätte er 1990, als er den Wortlaut des § 92c Abs. 1 von „Ausland“ zu „außerhalb der EU oder des EWR“ umstellte, in § 86b Abs. 3 gleiches getan153. Zweck der Ausnahmeregelung ist die dem Unternehmer typischerweise fehlende, dem 34 HV hingegen zumutbare Möglichkeit zur Überprüfung von Zahlungsfähigkeit und Erfüllungsbereitschaft des Kunden154. Sie mag die dem ggf. unerfahrenen Unternehmer schon wegen der Sprachbarriere auch im europäischen Ausland fehlen, weswegen das Delkredere auch bei diesen Verträgen zwar nicht zu den typischen Vertragspflichten des HV zählt155, jedoch aufgrund der räumlichen Nähe des HV zu den Kunden ihm eher eine kostenfreie Risikoübernahme zuzumuten ist. Der Begriff der „Niederlassung“ ist unglücklich gewählt, weil er nicht klarstellt, ob eine rechtlich selbständige oder unselbständige Betriebsstätte gemeint ist. Niederlassung dürfte eher wie „Betriebsteil“, also – auch – als rechtlich unselbständige Niederlassung, verstanden werden. Entscheidend ist, ob die Niederlassung selbständig über den Vertragsschluss entscheiden darf oder weitgehend eigenständig wirtschaftet, nicht ob sie als Einheit, etwa GmbH, AG, oHG oder KG bzw. juristische Person ausländischen Rechts selbständiger Rechtsträger ist. Haben Unternehmer oder Kunde Niederlassungen im In- und Ausland, ist maßgebend, ob Delkrederevereinbarung bzw. zu sicherndes Geschäft mit der ausländischen Niederlassung geschlossen werden sollen156. Der Sitz des HV ist hingegen irrelevant157. Bei späterer Sitzverlegung in das Ausland kann die Delkrederevereinbarung mit Wirkung ab der Sitzverlegung geändert werden. Fehlt ein Delkredereversprechen im Vertrag, ist im Zweifel ab dem Datum der Sitzverlegung keine Delkredereprovision mehr geschuldet. Wird eine solche Provision im Vertrag versprochen oder aufgrund einer stillschweigenden Einigung ge-

33

149 150 151 152

153

Hopt § 86b Rn 12. Hopt § 86b Rn 12. Masing BB 1995, 2589 (2594). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 39. Nach Ansicht von Hopt § 86b Rn 12 ist dies zweifelhaft. Keinesfalls hilft es den Parteien, wie Hopt § 86b Rn 12 empfiehlt, diese Frage zu regeln, weil eine Regelung gegen die zwingende Natur des § 86b unwirksam wäre. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 39.

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Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 23; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 19; Hopt § 86b Rn 12; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 38. AA Castan BB 1957, 1124 (1126). Schröder § 86b Rn 15. Masing BB 1995, 2589 (2590); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 25; Schröder § 86b Rn 15.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86b

zahlt, bedarf es einer ausdrücklichen Vertragsänderung, die ab dem Tag der Sitzverlegung zulässig ist. Bis zur Vertragsänderung gilt die bisherige Vereinbarung unverändert weiter.

III. Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausführung der Handelsvertreter unbeschränkt bevollmächtigt ist Der hier angesprochene Abschlussvertreter, der obendrein das von ihm abgeschlos- 35 sene Geschäft selbst ausführen darf, entscheidet im Innen- wie im Außenverhältnis eigenständig über die Annahme des Geschäfts. Für den Wegfall der Delkredereprovision ist aber abweichend vom Wortlaut des Abs. 3 nicht nur die Bevollmächtigung im Außenverhältnis, sondern auch die Freiheit von der Abschlusspflicht im Innenverhältnis erforderlich, denn sonst wäre der unterlassene Abschluss eine Pflichtverletzung. Damit stellt sich die Frage, ob der Mittler überhaupt noch HV ist (denn dieser soll gem. § 84 Abs. 1 zur Vermittlung oder zum Abschluss ständig verpflichtet sein). HV bleibt der Mittler, wenn er jedenfalls ständig zur Vermittlung verpflichtet ist. Beispiele sollen sein: Tankstellenpächter158, Reisebüros, die Flugscheine für Luftverkehrsgesellschaften verkaufen159. Der HV kann das Geschäft also unterlassen, d.h. über sein Schicksal „im Wesentlichen“160 frei bestimmen161, falls er es für zu risikoreich hält, und steht insoweit dem Unternehmer gleich. Grund der Ausnahme ist das berechtigte Interesse des Unternehmers an der Einstandspflicht des HV für Geschäfte, deren Abschluss er ihm vollständig in eigener Verantwortung überlassen hat162. Es ist jedoch mit dem BGH163 keine konkrete wirtschaftliche Überlegenheit des HV über den Unternehmer gefordert; auch ist es unschädlich, dass der HV von der Ermächtigung zur Ausführung des Geschäfts tatsächlich ganz oder teilweise keinen oder nur eingeschränkten Gebrauch macht164, solange er dies könnte, also unbeschränkt dazu bevollmächtigt ist und diese Vollmacht im Innenverhältnis auch ausüben darf. Dazu hat der Unternehmer dem HV die freie Auswahl des Kunden sowie die sonst ihm zustehende Entscheidung zu überlassen, den Vertrag als Bar- oder Kreditgeschäft abzuschließen165 und den Kaufpreis ggf. zu stunden166. Die verbindlichen Vorgaben des Unternehmers hinsichtlich des Produkts und seines Preises muss der HV gleichwohl einhalten167. Die Übernahme des Inkassos durch den HV ist nicht erforderlich168. Ob man ein besonderes wirtschaftliches Bedürfnis des Unternehmers an der Übernahme des Delkredere durch den HV als Wirksamkeitsvoraussetzung fordern muss169 erscheint zweifelhaft. Gleiches gilt für die Frage, ob die Berechtigung und tatsächliche Befähigung des HV, den abgeschlossenen Kundenvertrag ohne Einschaltung des Unternehmers vollständig zu erfüllen, also sämtliche dem Unternehmer aufgrund des Kundenvertrags oblie-

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160 161 162 163 164 165

LG Essen BB 1961, 425; Castan BB 1957, 1124 (1126); Hopt § 86b Rn 14. BGH WM 1982, 1152 = BB 1982, 2009; Hopt § 86b Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 41. Hopt § 86b Rn 14. Hopt § 86b Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 23. BB 1966, 1322. BGH BB 1966, 1322; Hopt § 86b Rn 14. LG Essen BB 1961, 425; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 26; Heymann/Sonnenschein/

166 167 168 169

Weitemeyer § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 40; Masing BB 1995, 2589 (2593, 2594). Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 26. Castan BB 1957, 1124 (1126); Masing BB 1995, 2589 (2594). Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 26. BGH WM 1982, 1152 (1153); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 26.

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§ 86b

1. Buch. Handelsstand

genden Leistungen zu erbringen, unabdingbar erforderlich ist170, wie es beim Leitbild des Tankstellenvertreters der Fall ist. Auch wird der HV kaum zwingend die Verfügungsbefugnis über das vertriebene Produkt z.B. durch Einrichtung eines Auslieferungslagers oder freien Zugriff auf das Lager des Unternehmers besitzen müssen171. Deshalb darf der HV dem Unternehmer die Ausführung des notwendigerweise vom HV abgeschlossenen Geschäfts auch, ggf. teilweise, überlassen172. Denn der Unternehmer könnte nach §§ 162, 242 BGB ohnehin keine Delkredereprovision fordern, wenn er das Geschäft verhinderte. Die „unbeschränkte“ Bevollmächtigung fordert aber, dass der Unternehmer den Abschluss des Geschäfts nicht selbst (ggf. durch andere HV) tätigen darf und damit den Vertreter ohne Zahlung der Delkredereprovision zur Risikoübernahme verpflichten kann173. In einem solchen Fall müssten entweder die Voraussetzungen des Abs. 1 einschließlich Schriftform eingehalten sein (Mangel: Nichtigkeit nach § 134 BGB) oder bei Erfüllung dieser Voraussetzungen wird eine Delkredereprovision geschuldet. Eine unbeschränkte Vollmacht besteht auch bei unbeschränkter Vollmacht nur für Einzelgeschäfte174 oder, falls sie verschiedenen Bezirksvertretern je für ihren Bezirk erteilt wurde175, soweit der eine HV nicht für die von dem anderen HV geschlossenen Geschäfte haftet.

L. Der Delkredereanspruch in der Insolvenz 36

Für die insolvenzrechtliche Behandlung des Anspruchs auf Zahlung der Delkredereprovision sind die unten (§ 87a Rn 85 ff) entwickelten Regeln zum gewöhnlichen Provisionsanspruch gem. §§ 87, 87a heranzuziehen. Anders als dieser entsteht der unbedingte Anspruch auf Delkredereprovision aber bereits mit dem Abschluss des Geschäfts zwischen Drittem und Unternehmer (§ 86b Abs. 2). Im Unterschied zur insolvenzrechtlichen Beurteilung des Provisionsanspruchs gemäß §§ 87, 87a kann es von vornherein nicht darauf ankommen, ob eine Vertragsdurchführung erfolgt bzw. ob der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages wählt. Wird das Insolvenzverfahren vor Geschäftsabschluss zwischen Unternehmer und Drittem eröffnet und unterbleibt der Geschäftsabschluss endgültig, so entsteht auf Seiten des HV auch kein Anspruch auf Delkredereprovision. Schließt der eingesetzte Insolvenzverwalter dagegen anstelle des Unternehmers ein solches Geschäft mit dem Dritten ab, so entsteht der Anspruch auf Leistung der Delkredereprovision als Masseforderung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil es auf einer Tätigkeit des Insolvenzverwalters beruht.

170 171

So Masing BB 1995, 2589 (2593); Ebenroth/ Löwisch § 86b Rn 26. So Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 26; Schröder § 86b Rn 16. Nach Ansicht von Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 26; Masing BB 1995, 2589 (2596) darf der HV dann für die anlässlich der Ausführung des Geschäfts anfallenden, der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer dienenden und deshalb von ihm zu tragenden, nicht von der

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172 173 174 175

Delkrederehaftung erfassten Kosten Aufwendungsersatz nach § 87d oder § 670 BGB beanspruchen. Hierbei wird es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls ankommen. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 26. Vgl. BGH WM 1982, 1152 (1153). LG Essen BB 1961, 425 (für den Fall eines Tankstellenvertreters); Hopt § 86b Rn 14. BGH BB 1966, 1322; Hopt § 86b Rn 14.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

M. Beweislast Jede Partei muss die für sie günstigen Voraussetzungen des § 86b darlegen und bewei- 37 sen. Nimmt der Unternehmer den HV aufgrund seiner Haftungserklärung in Anspruch, muss er alle TB-Voraussetzungen des § 86b beweisen, d.h. wirksames Delkredereversprechen, rechtswirksames, jedoch nicht erfülltes Kundengeschäft sowie den erfolglos gebliebenen Versuch, den Kunden zur Erfüllung zu bewegen176. Verlangt der HV von dem Unternehmer Delkredereprovision, so hat er die rechtswirksame Delkrederevereinbarung, den Abschluss des Kundengeschäfts sowie die Höhe der geschuldeten Provision nachzuweisen177. Die Voraussetzungen des Abs. 3 muss derjenige beweisen, der sich auf diese Ausnahme beruft.

§ 87 Provisionspflichtige Geschäfte (1) 1Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. 2Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Abs. 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht. (2) 1Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. 2Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Abs. 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht. (3) 1Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn 1. er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder1 2. vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist. 2Der Anspruch auf Provision nach S. 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht. (4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge.

176 177

Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 29.

1

Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 19; aA Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22; Hopt § 84 Rn 26.

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§ 87

1. Buch. Handelsstand

Schrifttum Ahle Provision und Ausgleichsanspruch das Handelsvertreters bei Einsatz eines Nachfolgers, DB 1964, 611; v. Blomberg Rückzahlungsklauseln in Provisionsgarantievereinbarungen, VersR 1968, 328; v. Brunn Weitere Zweifelsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1954, 56; Eberstein Zehn Jahre Rechtsprechung zum neuen Handelsvertreterrecht, BB 1964, 271; Ehlers Die Aktivierung von Provisionsforderungen eines Handelsvertreters, DB 1963, 1440; Evers Die Nichtigkeit von Handelsvertreterverträgen wegen zu geringer Verdienstmöglichkeiten und ihre Rückabwicklung, BB 1992, 1365; Glaser Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts, DB 1956, 297; Höft Die provisionsrechtlichen Sonderregelungen für die Versicherungswirtschaft – Gründe und Unverzichtbarkeit, VersR 1976, 205; Hoffstadt Rechtsstellung des Handelsvertreters im Konkurs des vertretenen Unternehmens, DB 1983, 645; Holling Die Aktivierung von Provisionsforderungen und Aufwendungen für schwebende Rechtsgeschäfte der Handelsvertreter, DB 1954, 521; ders. Die rechtliche Stellung des Handelsvertreters im Konkurs des von ihm vertretenen Unternehmens, DB 1957, 349; Killinger Die Provisionsschuld des Geschäftsherrn gegenüber dem Handelsvertreter, BB 1981, 1925; Klinger Zur Bemessung und Gestaltung der Vertreterprovision, DB 1957, 975; Knütel Die Provisionsteilung bei Mitwirkung mehrerer Makler oder Handelsvertreter, ZHR 144 (1980), 289; Koch Der Kundenschutz des Vermittlers, DB 1957, 85; Kollke Die Mehrwertsteuer des Handelsvertreters, BB 1968, 1076; Krüger Der Anspruch mehrerer Handelsvertreter auf Provision, DB 1964, 1399; Maier Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters bei Bestellungen von verbundenen Unternehmen oder Zweigniederlassungen, BB 1970, 1327; Peterek Zur Bedeutung und zum Umfang allgemeiner Kundenschutzvereinbarungen, BB 1966, 351; Reinicke Auslegungsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1953, 1609; Roellecke Pfändung von Handelsvertreterprovisionen, BB 1957, 1158; Schmidt Vertragsfreiheit und EG-Handelsvertreterrichtlinie, ZHR 156 (1992), 512; Schnitzler Provision für Eigengeschäfte des Handelsvertreters, DB 1965, 463; Schröder Kundenschutz und Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1962, 738; ders. Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567; ders. außerbezirkliche Geschäfte des Handelsvertreters, DB 1963, 541; Schweizer/Heldrich Überhangprovision des Handelsvertreters für sogenannte gestorbene Geschäfte, WRP 1976, 25; Siber Zur Aktivierung der Forderungen von Handelsvertretern und Maklern, BB 1956, 916; Stötter Zur Anwendung des § 87a Abs. 3 HGB auf die Provisionsvorschuss-Rückgewähransprüche der Versicherungen in den sog. Stornofällen, MDR 1981, 269; Theis Wann muss der Handelsvertreter seine Provisionsforderungen aktivieren?, DB 1958, 1255; Treffer Pfändung von Provisionsansprüchen, MDR 1998, 384; Wauschkuhn/Fröhlich Der nachvertragliche Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 2010, 524; Wessel Provisionsanspruch des Bezirksvertreters bei Sitzverlegung eines Kunden in einen anderen Bezirk, BB 1962, 473; Westphal Provisionskollisionen durch Zusammenwirken mehrerer Handelsvertreter für einen Geschäftsabschluss, BB 1991, 2027.

Übersicht Rn A. Europarechtliche Präformation . . . .

1

B. Die Provision . . . . . . . . . . . . .

2

C. Provision und vertraglicher Leistungsumfang . . . . . . . . . . . . . . . .

4

D. Gläubiger des Provisionsanspruchs . .

5

E. Schuldner des Provisionsanspruchs . .

6

F. Analoge Anwendung auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler . . . .

7

G. Erfüllungsort

. . . . . . . . . . . . .

8

H. Form des Provisionsversprechens . . .

9

I. Geltungsdauer, Änderung und Aufhebung von Provisionsabreden . . . .

10

634

Rn J. Automatische Anpassung der Provision . . . . . . . . . . . . . . .

11

K. Widerruf gezahlter Provision . . . . .

12

L. Abweichende Vereinbarungen und weitere Vergütungsformen . . . . . . I. Beispiele abweichender Vertragsregelungen . . . . . . . . . . . . . II. Beispiele abweichender Vergütungsformen . . . . . . . . . . . . . . 1. Nicht erfolgsorientierte Vergütungsformen . . . . . . . . . 2. Erfolgsorientierte Vergütung (Leitbild: Provision) . . . . . . 3. Folgen der Vergütungsvereinbarung . . . . . . . . . .

Raimond Emde

13 14–15 16–26 17 18–24 25–26

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Rn M. Poolabreden

. . . . . . . . . . . . .

27

N. Vergütungsanspruch aus § 354 . . . .

28–29

.

30

P. Abtretbarkeit . . . . . . . . . . . . .

O. Vergütungsanspruch aus § 812 BGB

31–32

Q. Pfändbarkeit

. . . . . . . . . . . . .

33–35

R. Systematik der §§ 87 ff . . . . . . . .

36–42

S. Gesetzgebungsgeschichte

. . . . . . .

43

T. Die Provisionsanwartschaft des § 87 Abs. 1 und Abs. 2 . . . . . . . . . . . 44–162 I. Einführung . . . . . . . . . . . . 44–47 II. § 87 Abs. 1 . . . . . . . . . . . . 48–162 1. Während des Vertragsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . 49–51 2. Geschäftsabschluss . . . . . . . 52–54 3. Wirksames Geschäft . . . . . . 55–63 4. Fehlende Provisionsanwartschaft 64–65 5. Rahmenverträge über Teilleistungen . . . . . . . . . . . 66–69 a) Sukzessivlieferungsvertrag . . 67 b) Bezugs-, Liefer- oder Rahmenverträge . . . . . . . . . . . 68–69 6. Eigengeschäfte? . . . . . . . . 70 7. Die verschiedenen Provisionsarten . . . . . . . . . . . . . . 71–162 a) Tätigkeitsprovision . . . . . 71–81 aa) Kausalität . . . . . . . . 72–80 (1) Umgehungstatbestände/ Konzerngeschäfte . . . . 78 (2) Identität des Gegenstandes des Abschlusses mit dem der Vermittlung . . . . . 79 (3) Beweislast . . . . . . . . 80 bb) Abweichende Vereinbarungen . . . . . . . . 81 b) Folgeprovision . . . . . . . 82–92 aa) Geworbene Kunden . . . 86–87 bb) Geschäfte der gleichen Art . . . . . . . . . . . 88–89 cc) Während des Vertragsverhältnisses . . . . . . 90 dd) Dispositivität . . . . . . 91 ee) Beweislast . . . . . . . . 92 c) Abs. 1 S. 2 Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV . . 93–96 aa) Überblick . . . . . . . . 93–95 bb) Zwingende Natur . . . . 96 III. § 87 Abs. 2: Bezirksprovision . . . 97 1. Wer ist Bezirksvertreter? . . . . 98–100 2. Tätigkeit außerhalb des Bezirkes? . . . . . . . . . . . . 101 3. Während des Vertragsverhältnisses . . . . . . . . . . 102 4. Beteiligung des Unternehmers . 103 5. Provisionspflicht . . . . . . . . 104–114

§ 87 Rn

a) Synallagmatische Hauptpflicht . . . . . . . . b) Inhalt des Provisionsversprechens . . . . . . . . c) Höhe der Provision . . . . . 5. Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung/Gegenrechte des Unternehmers . . . . . . . . . 6. Schlechterfüllung der Bezirksvertreterabrede durch den Unternehmer . . . . . . . . . . 7. § 87 Abs. 2 S. 2: Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV . . . . . . . . . . . 8. Alleinvertreter . . . . . . . . . IV. Nachvertragliche Provision (§ 87 Abs. 3) . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . 2. Zweck . . . . . . . . . . . . . 3. Abgrenzung zur Überhangprovision . . . . . . . . . . . . 4. Erste Alternative der nachnachvertraglichen Provision: sion: Tätigkeitsprovision nach Abs. 3 Nr. 1 . . . . . . . . . . a) Tätigkeitsbezogene Komponente: überwiegende Vermittlung oder Einleitung und Vorbereitung . . . . . . aa) Vermittelt . . . . . . . . bb) Eingeleitet und vorbereitet cc) Überwiegende Verursachung . . . . . . . . . b) Geschäftsabschluss innerhalb angemessener Frist (zeitliche Komponente) . . . . . . . . 5. Zweite Alternative der nachvertraglichen Provision: Angebotseingang vor Vertragsbeendigung (§ 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2) . . . . . . . . . . . a) Zweck . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen . . . . . . 6. Dispositivität . . . . . . . . . . 7. § 87 Abs. 3 S. 2: Provisionsteilung . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . b) Allgemein: Provisionskollisionen . . . . . . . . . 8. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . 9. Derogation . . . . . . . . . . . V. § 87 Abs. 4 – Inkassoprovision . . U. Verwirkung . . . . . . . . . . . . . .

104 105–113 114

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V. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . 164–166 W. Verfahrensrecht . . . . . . . . . . . .

167

X. Steuer- und Bilanzrecht . . . . . . . . 168–169

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§ 87

1. Buch. Handelsstand

A. Europarechtliche Präformation 1

Der Begriff der Provision und das Provisionsrecht sind europarechtlich determiniert. § 87 Abs. 1 S. 1 entspricht Art. 7 Abs. 1 HV-Richtlinie 1986, § 87 Abs. 1 S. 2 Art. 9 RL. § 87 Abs. 2 füllt eine der Wahlmöglichkeiten aus, die Art. 7 Abs. 2 RL den Mitgliedstaaten eingeräumt hat, § 87 Abs. 3 S. 1 entspricht Art. 8 RL, § 87 Abs. 3 S. 2 Art. 9 RL. Die Teilung der Provision zwischen dem ausgeschiedenen und dem nachfolgenden HV wurde infolge der RL in das deutsche Recht eingeführt (§ 87 Abs. 1 und 2 am Ende; Abs. 3 S. 2). Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV sind daher möglich2.

B. Die Provision 2

Der HV entfaltet seine Tätigkeit gegen Entgelt; der HV-Vertrag ist ein Leistungsaustauschgeschäft, ein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff BGB. Die wichtigste, für den HV typische und als solche neben der Ausgleichsvergütung vom Gesetz allein geregelte Form des Entgeltes ist die Provision; sie stellt eine Erfolgsvergütung dar und ist Hauptleistung des Unternehmers für die werbenden Bemühungen des HV. Die Berechnung der Provision erfolgt in aller Regel als Prozentsatz des Geldgegenwertes für das einzelne vermittelte Geschäft (Ein- oder Verkaufspreis, Prämie, Mietzins usw.) – davon geht das Gesetz in § 87b aus –, oder – seltener – des dadurch erzielten Geschäftsgewinns3. Gem. Art. 6 Abs. 2 RL ist jeder Teil der Vergütung, der nach Zahl oder Wert der 3 Geschäfte schwankt, Provision im Sinne der RL. Eine Provision ist damit eine vom Gesetz oder Vertrag erfolgsabhängig, etwa anhand von Umsatz oder Stückzahl,4 gestaltete Vergütung, d.h. eine irgendwie nach dem Umfang vergütungspflichtiger Bemessungsgrundlagen ermittelte Zahlung als Gegenleistung für die Arbeit des HV5. Eine konkrete Ursächlichkeit für einen Geschäftsabschluss oder gar eine Tätigkeit des Vertreters ist nicht Bedingung der Provisionspflicht6. Dies zeigt die Existenz nicht tätigkeitsbezogener Provisionen, etwa der Bezirksprovision (§ 87 Abs. 2)7. Für Zusatzleistungen können ergänzende „Sonderprovisionen“ gezahlt werden, etwa die Delkredereprovision (§ 86b), Inkassoprovision (§ 87 Abs. 4) oder Provisionen für besondere Markt- oder Kundenpflege, z.B. für die Führung eines Konsignationslagers8.

C. Provision und vertraglicher Leistungsumfang 4

Dem HV-Vertrag bleibt vorbehalten, näher zu regeln, welche Leistungen des Vertreters durch die Provision als abgegolten zu gelten haben. Dies erlangt zum einen Bedeutung im Hinblick auf Aufwendungen des Vertreters (s. § 87d), sodann für die besonders beim Versicherungsvertreter, aber auch bei anderen Vertretern wichtige Frage, inwieweit der gewährte Provisionssatz zugleich die Inkasso- und sog. Verwaltungsprovision mit umfasst. Zum anderen ist es von Bedeutung für die Frage, ob durch die auf die einzelnen Geschäftsabschlüsse entfallende Provision zugleich mit entgolten sein soll, dass der HV durch seine erfolgreiche Tätigkeit dem Unternehmer neue bleibende Kunden zugeführt

2 3 4

Hopt § 87 Rn 1. RG LZ 1921, 20. Prasse in: Giesler, Handbuch des Vertriebsrechts, § 2 Rn 279.

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5 6 7 8

Westphal I Rn 430; Hopt § 87 Rn 2. Hopt § 87 Rn 2. Hopt § 87 Rn 2. Hopt § 87 Rn 3.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

und damit die Geschäftschancen des Unternehmers allgemein gesteigert hat, was eine in der Praxis kaum bedeutsame Vorauserfüllung des Ausgleichsanspruchs (§ 89b Rn 442 ff) wäre.

D. Gläubiger des Provisionsanspruchs Aktivlegitimiert ist der HV. Zum Begriff § 84. Auch der Untervertreter hat einen Pro- 5 visionsanspruch nach § 87. Entscheidend für das Entstehen seiner gegen den Hauptvertreter gerichteten Provisionsanwartschaft ist der Vertragsschluss zwischen Kunde und Unternehmer9 (vgl. auch § 87a Rn 46, 80).

E. Schuldner des Provisionsanspruchs Provisionspflichtig ist der Unternehmer, nicht der Vertragspartner des vermittelten 6 Geschäfts. Eine Überwälzung der Provisionspflicht vom Unternehmer auf den Kunden ist durch Vereinbarung zwischen beiden nach § 415 BGB zulässig10. Wenn sich hingegen der Vertreter Provision von beiden Seiten versprechen lässt, agiert er wie ein von beiden Parteien beauftragter Makler; die Stellung eines solchen, für jede Seite Tätigen ist aber mit der eines HV als Interessenswahrer des Unternehmers nicht vereinbar und damit unzulässig11.

F. Analoge Anwendung auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler § 87 ist auf Kommissionsagenten12, Vertragshändler und Franchisenehmer nicht ohne 7 besondere Begründung analog anwendbar13. Eine vorsichtige Analogie zu Abs. 2 kann möglich sein, wenn dem handelsvertreterähnlichem Mittler ein dem Abs. 2 vergleichbarer Bezirks- oder Kundenschutz eingeräumt wurde14. Auch Abs. 3 – insbesondere S. 1 Nr. 2 – kann ausnahmsweise zugunsten des Kommissionsagenten, Vertragshändlers und Franchisenehmer Anwendung finden, falls eine vergleichbare Situation vorliegt15, z.B. bei weitgehender Einleitung des Geschäfts durch den Händler. Solche Geschäfte müssen auch in die Ausgleichsberechnung einbezogen werden. 9

10 11 12 13

BGH, Urt. v. 20.06.1984 – I ZR 62/82, BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = NJW-RR 2009, 1699; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9; Schröder § 87 Rn 4a. BGH NJW 1974, 137. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 103. BGH, Urt. v. 09.02.1984 – I ZR 226/81, NJW 1984, 2411; OLG Köln BB 1975, 8; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 10;

14

15

aA Alff Rn 110; für Abs. 3 Nr. 1: Peterek BB 1966, 351 (354). BGH, Urt. v. 18.11.1963 – VIII ZR 33/62, NJW 1964, 151; Urt. v. 30.03.1975 – I ZR 143/74, WM 1975, 1107; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 62; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer vor § 84 Rn 11; Schröder § 87 Rn 30a, 39a; § 84 Rn 20; Peterek BB 1966, 351 (353); aA für Vertragshändler und Franchisenehmer: BGH NJW 1984, 2411; für Vertragshändler Hopt § 87 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 72. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 103; Martinek in: Martinek/Semler § 21 Rn 54, 55.

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G. Erfüllungsort 8

Der Erfüllungsort der Provisionszahlungspflicht liegt nach h.M. am Sitz des Unternehmers16. Siehe i.E. oben, Vor § 84 Rn 430 ff.

H. Form des Provisionsversprechens 9

Die Provisionsvereinbarung ist formfrei (§ 85): Insbesondere bleibt eine konkludente Vereinbarung möglich17. So soll die jahrelange widerspruchslose Entgegennahme geringerer als der vertraglich vereinbarten Provisionen durch einen Versicherungsvertreter und dessen rügelose Entgegennahme der monatlichen Abrechnung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 362 als Annahme eines Antrags des Versicherers zu werten sein, die ursprünglich vereinbarten Provisionssätze zu kürzen18. Auch Ansprüche des HV auf Folge- und Stehprovisionen können konkludent ausgeschlossen werden19.

I. Geltungsdauer, Änderung und Aufhebung von Provisionsabreden 10

Mangels abweichender Regelung gelten Provisionsabreden vom Vertragsbeginn bis zum Vertragsende. Vereinbarte Provisionssätze und Provisionsbemessungsabreden dürfen weder einseitig aufgehoben werden (Rn 11) noch durch Weisung oder Teiländerungskündigung abgeändert werden20. Ein entsprechender Änderungsvorbehalt in AGB ist regelmäßig unwirksam (Vor § 84 Rn 42), es sei denn, die Änderung bleibt beschränkt auf besonders schwerwiegende, im Einzelnen genau festgelegte und die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtigende Fälle21. Auch individualvertraglich dürfte ein Änderungsvorbehalt i.d.R. an § 138 BGB scheitern, weil dem HV auf diese Weise ein Vertrag mit völlig anderem Inhalt und abweichendem Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnis aufgezwungen werden könnte22. Bei Bezirksvertreterabreden erfordert etwa der Austausch des geschützten Bezirks oder Personenkreises den beidseitigen Konsens23. 16

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18

BGH NJW 1988, 966; 1466; OLG Celle v. 29.11.2001 – 11 U 344/00; ausführlich Emde RIW 2003, 505; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 43b. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 8, 56. LG Mannheim, Urt. v. 10.12.2004 – 23 O 89/04, VersR 2005, 1532. Dem soll auch eine vertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegenstehen, weil sie durch konkludentes Verhalten abgeändert werden kann Dieses Judiz dürfte im Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung betreffend die zwingende Natur der Kontrollrechte (§ 87c Abs. 5) stehen, weil der HV mit der konkludenten Einigung über das Hauptrecht auch seinen Anspruch auf die nach dieser Vorschrift zwingenden Hilfsrechte verliert.

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OLG Brandenburg, Urt. v. 21.12.2000 – 6 O 250/99, NJW-RR 2002, 1401 zu den Provisionen von Mobilfunkvermittlern. OLG Stuttgart BB 1965, 926; BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54; DB 1955, 1085; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 79; aA für Teilkündigung, OLG Bamberg NJW 1958, 1830 mit abl. Anm. Thiede NJW 1959, 1444. BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, ZIP 2000, 138 (144, 145) = BB 2000, 59 m. Anm. Emde. AA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31a. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 46; Hopt § 87 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31a.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

Ebenso kann die durch Kundenschutzvereinbarung begründete Rechtsstellung nicht durch Handelsbrauch eingeschränkt oder beseitigt werden24. Allerdings hat der BGH25 einen VV im Einzelfall für verpflichtet gehalten, sich einer angemessenen neuen Provisionsregelung im Hinblick auf die vertraglichen Beziehungen nicht zu verschließen. Befristung und/oder Beschränkung der Höhe einer Provisionsabrede oder der Bestellung als Bezirksvertreter sind aber in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zulässig26. Bei unberechtigter fristloser Kündigung besteht die Provisionspflicht bis zum ordentlichen Vertragsende fort.

J. Automatische Anpassung der Provision An das einmal abgegebene Provisionsversprechen hat sich der Unternehmer zu halten. 11 Eine „automatische“ Anpassung der Provisionsabrede oder des Provisionssatzes findet nicht statt. So das OLG München27: hat der Versicherer einen bestimmten Provisionssatz für alle Kfz-Versicherungen zugesagt, gilt dieser auch bei der Neueinführung eines besonders günstigen und wettbewerbsfähigen Kfz-Tarifs. Weder eine Gesetzesänderung noch ein nicht kostendeckendes oder verlustreiches Kundengeschäft führt zum Verlust oder zur Anpassung der Provision. Das Urteil des OLG München lädt dazu ein, separate Verträge über jedes Produkt zu schließen und neue Produkte nicht automatisch vom Vertrag erfassen zu lassen. Regelmäßig ist auch keine Anpassung der Provision oder des Vertrages nach den Grundsätzen des WGG geschuldet28. Das gilt auch dann, wenn Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen – etwa eine Verringerung der Höchstlaufzeit von Versicherungsverträgen – zu einer Verschiebung der Vergütungsgrundlagen führt – pacta sunt servanda. Solche Änderungen erfordern keinen Gleichlauf mit den Provisionsbestimmungen, das Risiko von Gesetzesänderungen trägt grds. der Unternehmer. Ein Handelsbrauch kann einen lückenhaften HV-Vertrag ergänzen, eine gesetzliche oder vertragliche Provisionsregelung aber grundsätzlich nicht abdingen oder ändern29. Nur sofern sich die Höhe der Provision nach § 87b bestimmt, passt sie sich im Falle der Marktgerechtigkeit automatisch der Höhe nach an.

K. Widerruf gezahlter Provision Wurde im Vertrag dem Unternehmer das Recht vorbehalten, die Provision oder einen 12 Teil der Vergütung zu widerrufen, so ist im Wege der Auslegung der Umfang dieses Rechts zu ermitteln. Im Allg. wird der Widerruf nur nach billigem Ermessen erfolgen darf 30. Solche Widerrufsklauseln müssen insb. als AGB hinreichend transparent sein. Zudem darf der Widerruf keine erhebliche Kündigungsbeschränkung darstellen (§ 89 Rn 73). 24

25 26 27 28

OLG Celle BB 1961, 1341; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 40. VersR 1992, 233 ff. Peterek BB 1966, 351 (354); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 46. OLG München, Urt. v. 06.02.2008, VersR 2008, 1212 = r+s 2008, 357 – Allianz. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 7.

29

30

OLG Celle BB 1961, 1341; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 40, 55a; aA wohl Hopt § 87 Rn 48. BAG, Urt. v. 16.03.1982, AP HGB § 87a Nr. 5.

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L. Abweichende Vereinbarungen und weitere Vergütungsformen 13

Die Provisionsvorschriften sind innerhalb der allgemeinen Grenzen (§§ 138, 226, 242 BGB)31 dispositiv32. Teilweise wird dies unter Hinweis auf Artt. 8, 9 RL in Hinblick auf § 87 Abs. 3 verneint: Artt. 8, 9 RL sähen die Derogation nicht ausdrücklich vor33. Dies lasse auf ein Derogationsverbot schließen. Zutreffend ist jedoch die umgekehrte Argumentation: Da die RL es regelt, falls eine Vorschrift zwingend sein soll, was bei Artt. 8 und 9 nicht geschah, ist davon auszugehen, dass abweichende Parteivereinbarungen möglich bleiben sollten34. Die Derogation ist grundsätzlich auch mittels AGB möglich35, und zwar – wohl trotz § 87b Abs. 1 – zumindest hinsichtlich der Höhe der zu gewährenden Provision bereits deshalb, weil reine Preisvereinbarungen nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei sind (Einzelheiten Vor § 84 Rn 36 ff). Die Parteien können am besten die Angemessenheit der Hauptleistung bestimmen. Der gesetzgeberische Grund ist der gleiche, der auch § 307 Abs. 2 BGB zugrunde liegt. Die Höhe der Provision darf also weitgehend frei bestimmt werden. Erst das Schicksal der entstandenen Provisionsanwartschaft ist nach § 87a Abs. 5 teilweise der Vertragsfreiheit entzogen36. Ein Provisionsrecht „nach Absprache“ schließt den gesetzlichen Provisionsanspruch nicht aus37. Eine wirksame Provisionsvereinbarung verstößt auch nicht gegen die zwingende Natur des Ausgleichsanspruchs (§ 89b Abs. 4), weil nur unmittelbar gegen den Ausgleichsanspruch gerichtete und nicht ihn lediglich mittelbar reduzierende Abreden § 89b Abs. 4 widersprechen38 (i.E. § 89b Rn 322). Vertragliche Regelungen sind namentlich deshalb angezeigt, weil das Gesetz die Fälle von Provisionskonkurrenzen nur im Blick auf die Nachfolge in der Vertreterstellung regelt, während es Fälle von gleichgearteten Überschneidungen beim Kundenschutz oder von Überlagerungen beim Tätigwerden verschiedener HV für das gleiche Vermittlungsvorhaben außer Betracht gelassen hat und hier die Gefahr einer doppelten Provisionspflicht für den Unternehmer entsteht. Insoweit kann nur eine aufeinander abgestimmte Regelung in den Verträgen mit den beteiligten Vertretern eine sinnvolle Lösung bringen.

I. Beispiele abweichender Vertragsregelungen 14

Insbesondere dürfen geregelt werden: – Anforderungen an das Herbeiführen des Kundengeschäfts39 – Aufteilung der Provision unter beteiligten HV40, insb. Fälle der Provisionskollision 31 32

33 34 35

Thume MDR 2011, 703. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Krämer VersR 2010, 1647; Eberstein S. 77; Schröder BB 1963, 567; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 4; Schröder § 87 Rn 55; aA wegen der erforderlichen Konformität mit der EG-RL 1986 Schmidt ZHR 156 (1992), 512 (519). Schmidt ZHR 1992, 512 (517, 519); Westphal Diss. Münster 1994, S. 72 ff. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 66. Thume MDR 2011, 703 (709), jedenfalls soweit dem Leitbild der HV-Provision nicht erheblich widersprochen wird (wohl zu eng); zweifelnd mglw. BGH, Urt. v. 21.10.2009 –

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VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 (2654) Rn 21 – zumindest für Überhangprovision; für ein: Derogationsverbot in AGB wohl Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; streng auch OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = NJW-RR 2009, 1699. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60. OLG Frankfurt MDR 1997, 1139. BGH, Urt. v. 21.05.2003 – VIII ZR 57/02, DB 2003, 1568 (1569) = MDR 2003, 1122 = WM 2003, 2110; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 139, § 87 Rn 60; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 194; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 57a. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60.

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– Teilweiser Provisionsausschluss (der vollständige Ausschluss ohne Kompensation wäre sittenwidrig) – Außerordentliche Kündigung: Ausschluss der Provision nach berechtigter fristloser Kündigung des Unternehmers für danach ausgeführte Geschäfte41; dies ergibt sich schon aus dem Vertragsende – Ausschluss oder Einschränkung der Abs. 1 S. 1 2. Alt.42 (Folgeprovision)43, Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 244 Abs. 3 S. 1 und 245 sowie Abs. 446 – Bezirksvertreter: Erweiterung, Einschränkung oder Ausschluss des Kunden- und Bezirksschutzes47 – Nichtverprovisionierung von Direktgeschäften (nur bei Bezirksgeschäften praktisch, da nach Abs. 1 ohnehin kein Provisionsrecht für Direktgeschäfte) – Entstehen der Provisionsanwartschaft, insb. die Verschiebung der Entstehung des Provisionsanspruches auf den Zeitpunkt des Eingangs der Kundenleistung48 bzw. engere49 oder weitere Voraussetzungen für die Begründung der Provision. So begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, Provisionsansprüche zur Werbung von Zeitschriftenabonnements nur für den Fall zu versprechen, dass die Bezugszeit zwölf Monate beträgt50 – Höhe des Provisionssatzes – Mitursächlichkeit als Vorbedingung des Provisionstatbestandes, etwa Anknüpfung der Provisionsanwartschaft an die ausschließliche oder überwiegende Herbeiführung des Geschäfts51 – Zahlungspflicht des Kunden statt des Unternehmers52, wobei aber wohl jedenfalls ein hilfsweises Eintreten des Unternehmers geregelt sein muss (sonst § 138 BGB). Macht der Unternehmer den Abschluss des geworbenen Geschäfts von dessen tat- 15 sächlicher Ausführung abhängig, greift zwingend § 87a Abs. 3 ein und der Unternehmer entgeht der Provisionspflicht nur, wenn er nachweist, dass die Nichtausführung des Kundengeschäfts von ihm nicht zu vertreten ist53.

II. Beispiele abweichender Vergütungsformen Die Vorschriften über die Provision sind nur soweit zwingend, als dies aus- 16 drücklich im Gesetz angeordnet (Rn 13) und wenn und soweit eine Provision vereinbart

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OLG München OLGZ 1966, 27. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 57; aA Schmidt ZHR 156 (1992), 512 (519). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 66. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 61. BGHZ 33, 92 (94); BGH, Urt. v. 10.12.1997 – VIII ZR 107/97, MDR 1998, 354; Westphal I Rn 452. OLG Nürnberg VersR 1959, 801; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 61a. BGH, Urt. v. 09.06.1978 – I ZR 136/76, WM

48 49 50 51

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1978, 982; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 99; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 40, 58a, b, 59, 60; aA Schmidt ZHR 156 (1992), 512 (519). Westphal I Rn 455. LAG Hamm DB 1959, 236. AG Schwerin, Urt. v. 02.03.2006 – 16 C 2711/04, BeckLSK 2007, 070308. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60.

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wurde54. Die Provision ist vom Gesetz nicht als einzige Entgeltform vorgesehen worden55. Die Parteien können deshalb jede andere Vergütung allein oder neben der Provision vereinbaren und verschiedene Formen kombinieren56. So darf etwa neben oder an Stelle der Provision eine abweichende Vergütungsform vereinbart werden, z.B. eine feste Vergütung. Jedoch ist hier zu prüfen, ob der HV alsdann nicht in Wahrheit Angestellter ist (§ 84 Abs. 2). Die Provision bleibt aber die Regelvergütung des HV. Deshalb ging der Regierungsentwurf zu § 8757 davon aus, die übliche Vergütung des HV sei die Provision.

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1. Nicht erfolgsorientierte Vergütungsformen. Beispiele abweichender, in Abgrenzung zur Provision nicht erfolgsorientierter Vergütungsformen bilden etwa: – eine betriebliche Altersversorgung – ein Fixum, d.h. ein festes Entgelt, welches unabhängig vom Vermittlungserfolg des HV geleistet wird58. Ob daneben zusätzlich Provision gezahlt wird, ist Vereinbarungsfrage. Selbst bei ausschließlicher Vereinbarung eines Fixums kann ein HV-Vertrag vorliegen. Die Gewährung einer Provision ist nicht TB-Voraussetzung sondern Rechtsfolge der §§ 84 ff. Häufig wird die Zahlung eines Fixums zusätzlich zur Provision vereinbart, um einerseits einen Tätigkeitsanreiz für den HV zu schaffen59, andererseits dem HV aber ein verlässliches Mindestentgelt zu sichern. Nicht selten ist die Koppelung von Fixum (mitunter nur Bezeichnung für einen pauschalierten Kostenersatz) und daneben versprochener Provision. Das Fixum ist grundsätzlich auch zu leisten, wenn der Vertreter nach Ansicht des Unternehmers seine Aufgaben vernachlässigt60. Nicht anders als im Falle der Untätigkeit eines Bezirksvertreters (siehe die Paralleldiskussion Rn 115 ff) kann der Unternehmer mit einer Schadenersatzforderung aufrechnen61 oder nach Abmahnung außerordentlich kündigen. Wird der Vertreter überhaupt nicht tätig, darf die Einrede des § 320 BGB erhoben werden62. Der Anspruch des HV auf die monatliche Fixprovision ist Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO, wenn es sich um die einzige Tätigkeit des HV handelt63 – fixe Entgelte für die Betreuung und Pflege eines dem HV übertragenen Kundenbestands (in Abgrenzung zur o.g. Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovision) – Kostenzuschüsse für Aufbau und Unterhalt von HV-Unternehmen, Büro oder Fahrzeug, für Reisekosten (Kilometergelder)64 oder Einstellung von Mitarbeitern65.

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2. Erfolgsorientierte Vergütung (Leitbild: Provision). Das gesetzliche Leitbild erfolgsorientierter Vergütung, der Provision nach den §§ 87 ff, kann übernommen oder variiert werden.

54 55 56 57

Prasse in: Giesler, Handbuch des Vertriebsrechts, § 2 Rn 279. Westphal I Rn 435; Küstner/Thume I Rn 712; Hopt § 87 Rn 5. Hopt § 87 Rn 5; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 279. Amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuches vom 15.11.1952, Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949, BT-Drucksache Nr. 3856 / S. 21.

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58 59 60 61 62 63 64 65

Westphal I Rn 435; Hopt § 87 Rn 5. Westphal I Rn 435. Hopt § 87 Rn 5. Hopt § 87 Rn 5. OLG Braunschweig DB 1956, 794; Hopt § 87 Rn 5. BayObLG NJW 2003, 2181. LAG Stuttgart DB 1970, 164. BGH, Urt. v. 16.03.1989 – I ZR 162/87, ZIP 1989, 632 mit Anm. v. Hoyningen-Huene EWiR 1989, 693.

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§ 87

Provision kann insbesondere geleistet werden: 19 – für die Stellung eines Akkreditivs durch den Kunden66 – für das Anwerben, Leiten, Überwachen und Betreuen von Untervertretern eine an deren Provisionseinkommen ausgerichtete Leitungs- oder Superprovision67 – für die Übernahme des Delkredere nach § 86b – als Garantieprovision: Hierbei handelt es sich um eine Mindestprovision, welche durch Vermittlungserfolge des HV erhöht werden kann. Der Unterschied zum o.g. Fixum besteht darin, dass das Fixum „fest“ ist, also grundsätzlich – eine abweichende Vereinbarung darf getroffen werden – durch erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Vertriebsbemühungen und die Provisionen weder erhöht noch reduziert wird68. Etwas anderes gilt, wenn ein Fixum zusätzlich zur Provision gezahlt werden soll. Im Zweifel ist im Verhältnis zwischen Fixum und Garantieprovision von einer Garantieprovision auszugehen69, es bedarf ggf. der Auslegung des Vertrages, auf welchen Zeitraum die Provisionsgarantie sich beziehen soll und ob innerhalb des Garantiezeitraums ein Ausgleich zwischen schwankenden Provisionseinnahmen stattzufinden hat70. Im Zweifel sind nur Mindest- und Garantieprovision auf die im selben Abrechnungszeitraum verdiente variable Provision anzurechnen, nicht aber ein Fixum sowie sonstige Zuschüsse oder feste Zahlungen71. Die Regelung „Herr Y erhält von … bis … nachträglich monatlich eine Provisionsgarantie von X €, ab dem … eine Provisionsgarantie von Y € nachträglich monatlich“ soll nach dem OLG München72 dem HV die geleistete „Provisionsgarantie“ nur dann in voller Höhe belassen, wenn er mit den daneben monatlich gezahlten variablen Provisionen nach § 87 die „Provisionsgarantie“ betragsmäßig nicht erreicht. Für Monate, in denen die variable Provision die „Provisionsgarantie“ übersteigt, ist sie zurückzuerstatten. Dafür spricht: die Reduzierung der „Garantie“ nach Ablauf der bestimmten Zeitdauer sowie ihr Wegfall nach dem 2. Jahr (kein dauerhaftes „Festgehalt“), die nachträgliche monatliche Auszahlung (beim „Festgehalt“ hätte eine Leistung zum 1. des Monats nahe gelegen), dass ein Fixum von den gesetzlichen Vorstellungen abweicht und es hierfür bestimmter Anhaltspunkte bedarf sowie die Zweckbestimmung der Überweisungen als „Provisionsvorschuss“ (ein Vorschuss wird verrechnet). Nicht gegen diese Auslegung soll sprechen, dass während der Zahlungsdauer von 2 Jahren keine Verrechnung stattfand und der Vertrag keine Verrechnungsklausel enthielt. Eine Rückforderung der Spitze 66 67

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BGH, Urt. v. 19.11.1956 – II ZR 110/55, WM 1957, 213. BGH, Urt. v. 04.05.1959 – II ZR 81/57, BGHZ 30, 98 (104) = NJW 1959, 1430; Urt. v. 24.06.1971 – VII ZR 223/69, BGHZ 56, 290 = NJW 1971, 1610; Urt. v. 22.06.1972 – VII ZR 36/71, BGHZ 59, 87 = NJW 1972, 1662; Urt. v. 06.07.1972 – VII ZR 75/71, BGHZ 59, 125 = NJW 1972, 1664; BAG, Urt. v. 28.07.1981 – 1 ABR 56/78, DB 1981, 2031; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 14; Höft VersR 1976, 205 (207). Siehe OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288.

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OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288; OLG Nürnberg BB 1964, 866; Westphal I Rn 437; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 17. Siehe OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288. BAG, Urt. v. 22.09.1975 – 3 AZR 114/75; VersR 1976, 1188; OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 6; Schröder § 87 Rn 65, 65a. OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288.

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§ 87

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zwischen verdienter Provision und Mindestprovision ist regelmäßig ausgeschlossen, selbst wenn sich ein „Unterverdienst“ ergibt73. Die Provisionsgarantie ist damit nicht zu verwechseln mit dem – festen – Provisionsvorschuss, bei welchem eine Rückzahlung nicht erreichter Provisionen stattfindet, während die Provisionsgarantie dem HV das garantierte Minimum in jedem Falle belässt74. Die garantierte Mindestprovision wird regelmäßig gewährt, sofern die Parteien erwarten, dass die Garantieprovision die übliche Provision zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum unterschreitet. Deshalb kann eine Vereinbarung, derzufolge der HV bei Kündigung des Vertrages nicht verdiente Provisionsgarantien zurückzuzahlen hat, unwirksam sein75. Denn es handele sich um eine wesentliche einseitige Erschwerung der Kündigungsmöglichkeit des HV, die gegen § 89 Abs. 2 verstoße, demzufolge die vereinbarte Kündigungsfrist für beide Parteien gleich lang sein müsse. Man könnte dieses Ergebnis ferner mit der zwingenden Natur des außerordentlichen Kündigungsrechtes nach § 89a begründen, sofern die Rückzahlungspflicht auch im Falle einer außerordentlichen Kündigung des HV eingreifen sollte (siehe § 89 Rn 73; § 89a Rn 49 ff). Verboten sind auch mittelbare Beeinträchtigungen der Rechte aus § 89a, etwa infolge finanzieller Nachteile, z.B. Vertragsstrafen, Verlust von vertraglichen Leistungen, Boni, Verfall einer vom HV gestellten Sicherheit oder Verlust der Provision aus noch nicht abgewickelten Geschäften bei Kündigung, sofortiger Rückzahlung langfristiger Darlehen, Verzinsung bislang zinsloser Darlehen, unter Umständen Verrechnung einer Einstandszahlung des Unternehmers mit ausstehenden Provisionen76. Für den HV wäre es jedoch ein finanzieller Nachteil, wenn er nach einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 89a den Zuschuss zurückzahlen müsste. Jeder HV wird es sich zweimal überlegen, ob er außerordentlich aus wichtigem Grund kündigt, falls an diese Kündigung die Rückzahlungspflicht geknüpft ist. Wenn die Klausel nicht zwischen den Fällen der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung bzw. der außerordentlichen Kündigung des Vertreters oder des Unternehmers differenziert, dürfte sie insgesamt unwirksam sein. Denn dann wäre der Vertreter faktisch an einer solchen außerordentlichen Kündigung gehindert. Es wird auf die Höhe der vereinbarten Rückzahlung und die Umstände des Einzelfalls ankommen, ob eine unzulässige Kündigungserschwernis vorliegt. Nicht anders als bei Fixum und Bezirksprovision kann der Anspruch auf Garantieprovision entfallen, wenn der Vertreter untätig bleibt. Regelmäßig wird die Garantieprovision für einen bestimmten Zeitabschnitt zugesichert. Deshalb ist es ausgeschlossen, Unterverdienste in einem Zeitabschnitt (etwa einem Monat) mit Überverdiensten in einem anderen Zeitabschnitt (z.B. in einem anderen Monat) zu saldieren77. Die Zusage eines Mindestverdienstes wäre nämlich wertlos, sofern der Bezugszeitraum nicht bestimmt wird und so langfristig bemessen ist, dass alle Mehrverdienste irgendwann einmal zum Ausgleich von Minderverdiensten herangezogen werden könnten. Außerdem spricht die Verpflichtung zur monatlichen Abrechnung (§§ 87a Abs. 4, 87c Abs. 1 S. 1) für diese Deutung78 – für das Inkasso nach Abs. 4

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Küstner/Thume I Rn 729. LAG Baden-Württemberg DB 1959, 1404. LG Frankfurt/Main VW 1975, 1551; Westphal I Rn 439.

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76 77 78

Hopt § 89a Rn 26. BAG, Urt. v. 22.09.1975; zitiert nach Küstner/Thume I Rn 734/735. Küstner/Thume I Rn 735.

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§ 87

– für die Einrichtung und Unterhalt eines Konsignations- oder Auslieferungslagers79 sowie für den Warenverkauf aus einem solchen – als Provisionsvorschuss80 (siehe § 87a Abs. 1 S. 2): Ein solcher Vorschuss stellt weder 20 ein Fixum noch eine Garantieprovision dar, weil er in der Höhe zurückzuzahlen ist, in der er nicht durch verdiente Provision abgedeckt wird81. Zur Rückzahlung § 87a Rn 31 f. Abgrenzungsschwierigkeiten treten insb. zur Garantieprovision ein82. Die Bezeichnung der Parteien ist für die Abgrenzung irrelevant83, wobei die Nutzung des Wortes Vorschusses jedoch einen Hinweis auf die Einordnung als solcher gibt84. Von einem nicht rückzahlbaren Provisionsfixum bzw. einem Mindestverdienst soll auszugehen sein, wenn eine Vorschussvereinbarung über den 6 zunächst monatigen Zeitraum auf 24 Monate verlängert wird, obwohl die Parteien erkannt haben, dass es dem HV unmöglich ist, monatlich Provisionen in Höhe des Vorschusses zu verdienen85. Zudem soll ein Mindestverdienst vorliegen, wenn die Parteien die Verrechnung der Vorschüsse mit den verdienten Provisionen geregelt haben, nicht aber die Verpflichtung zur Rückzahlung unverdienter Vorschüsse86. Selbst eine „Aufbauhilfe“ kann einen Vorschuss darstellen87, ebenso die Zahlung auf eine „Provisionsabrechnung“88. Durch eine Vorschusszahlung leistet der Unternehmer auf ein oder mehrere, später zu verprovisionierende Kundengeschäfte einen, etwa prozentual an der künftigen Provision, ausgerichteten Abschlag89. Die Zahlung braucht nicht notwendigerweise auf ein konkretes Geschäft zu erfolgen, es genügt, dass sich die Parteien zu einem späteren Zeitpunkt die Bestimmbarkeit vorbehalten. Übersteigt der Vorschuss erheblich die Höhe der späteren Provisionen, wird aber durch die Kosten der Vermittlungstätigkeit verbraucht, ist dies ein Fall der „Hungerprovision“. Geschuldet wird dann nach § 87b ein angemessener Provisionssatz, nicht aber automatisch ist der Vorschuss als Fixum oder eine Mindestvergütung einzuordnen. Ein Anspruch auf Vorschuss kann – außer nach § 87a Abs. 1 S. 2 und dem nur ausnahmsweise anwendbaren § 669 BGB (Vor § 84 Rn 87) – nur bei entsprechender Vereinbarung bestehen. Zur Höhe des Vorschusses besteht weitgehende Vertragsfreiheit90, eine Angemessenheitsprüfung findet nicht statt91, außer im Fall des § 87a Abs. 1 S. 2 zu Gunsten des HV auch nicht nach § 307 BGB (Hauptleistung und fehlendes gesetzl. Leitbild – nur Transparenzprüfung nach § 307 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB)92, mglw. aber zu seinen Lasten bei unangemessen hohem Vorschuss93. Verstößt der Unternehmer gegen die ihm obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme und Förderung, steht ihm

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80 81

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BGH, Urt. v. 28.04.1988 – I ZR 66/87, NJWRR 1988, 1061 (1062); Westphal I Rn 262, 263; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 5. Hierzu Schipper NJW 2010, 3067 (ausführlicher in: NJOZ 2010, 2096). LAG Hamm, Urt. v. 03.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194; Urt. v. 03.02.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85; Westphal I Rn 440. Küstner/Thume I Rn 738. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 49; LAG BadenWürttemberg BB 1971, 354. („Verrechnungsgarantie“); v. Blomberg VersR 1968, 328 („Provisionspauschale“, „Provisionsgarantie“). BAG VersR 1977, 188.

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86 87 88 89 90 91 92 93

OLG Hamburg OLGR 2000, 466. Im zu entscheidenden Fall war die Vorschussvereinbarung zunächst für sechs Monate getroffen und sodann auf 24 Monate verlängert worden. LG Frankfurt a.M. HVuHM 1975, 1058. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 36 ff. OLG Düsseldorf WM 1984, 1287. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 51. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 51.

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nach Treu und Glauben kein Anspruch auf Rückzahlung des Provisionsvorschusses zu94. Das Gleiche gilt, falls eine längere Aufbauphase Vertragsgrundlage war95. Unangemessen hohe Rückforderungen bei niedrigen Provisionseinnahmen können gem. § 134 BGB (Verstoß gegen das zwingende Recht zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung96; siehe § 89 Rn 73, § 89 Rn 49 ff) sowie §§ 138, 307 BGB unwirksam sein97; regelm. sind Rückzahlungsansprüche außer in Ausnahmefällen aber gem. § 817 S. 2 BGB nicht wegen der Sittenwidrigkeit der Rückzahlungsklausel ausgeschlossen98. Ein daneben vom Unternehmer – ggf. ratierlich – geleistetes, übliches Darlehen (vergleichbar einem Arbeitgeberdarlehen) ist aber zurückzuzahlen99. 21 – als Umsatzprovision: sie knüpft in der Berechnung nicht nur an die eigene Leistung des HV sondern an das Akquisitionsergebnis aller Mitarbeiter der Beklagten an100 – für Verhandlungen zur Abwehr von Mängelrügen101 – als Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovision: Sie wird insbesondere in der Versicherungswirtschaft häufig gewährt und ist möglicherweise, aber nicht zwingend, eine leistungsabhängige Vergütung für verwaltende und nicht werbende Tätigkeit. Eine Verwaltungsprovision ist nur dann zusätzlich zur erfolgsabhängigen Provision zu zahlen, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird. Fehlt eine Vereinbarung, ist davon auszugehen, dass die verwaltenden Tätigkeiten des Vertreters durch die erfolgsabhängige Vergütung mit vergütet werden; es entsteht also kein zusätzlicher Anspruch auf Zahlung einer Verwaltungsprovision. Vielmehr enthält die erfolgsabhängige Provision einen sog. „Verwaltungsanteil“, der nach h.M. bei der Ausgleichsberechnung nicht einzubeziehen ist (§ 89b Rn 189 ff). Die Relation zwischen erfolgsabhängiger, ausgleichspflichtigem Vergütungsanteil und dem verwaltenden Anteil der Provision kann nicht beliebig frei vereinbart werden, weil sonst der zwingende Ausgleich des § 89b ausgehöhlt würde. Deshalb muss die Relation angemessen sein, was ein Richter ggf. gemäß § 287 ZPO schätzen kann102. Erfolgsorientierte Vergütungsformen dürfen aber auch in einer Gestalt vereinbart 22 werden, die nicht der klassischen Provision entspricht, nämlich: 23 – Als am Leistungserfolg des HV ausgerichtete Gratifikationen, Leistungs- und Treueprämien, Boni103: Für hervortretende Leistungen, beispielsweise hohe Verkaufs- bzw. Umsatzzahlen oder die Schaffung langfristiger Geschäftsverbindungen können besondere feste Zahlungen/Gratifikationen vereinbart werden. Häufig ist diese Gestaltung 94 95 96

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LAG Hamm, Urt. v. 03.02.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85. OLG Hamm BeckRS 2010, 20949. OLG Karlsruhe BeckRS 2010, 20728 (Provisionsvorschüsse von 23,445,80 EUR bei Vertragsdauer von ca. 20 Mon. sowie Provisionseinnahmen von 695,80 EUR); LG Karlsruhe BB 1990, 1504 (1505); Schipper NJW 2010, 3067 – ausführlicher in: NJOZ 2010, 2096. OLG Naumburg, Beschl. v. 12.02.2010 – 6 U 164/09, zust. Evers VW 2010, 444; OLG Hamburg OLGR 2000, 466 (Negativsaldo von 83.000 DM); LG Osnabrück BeckRS 2010, 20977 (Negativsaldo 30.442,82 EUR); aA OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09, n.v.

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). OLG Karlsruhe BeckRS 2010, 20728. LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. BGH, Urt. v. 03.10.1962 – VIII ZR 231/61, BB 1962, 1345. Küstner/Thume I Rn 723. BAG, Urt. v. 14.11.1966 – 3 AZR 158/66, BB 1967, 501; BB 1982, 1486; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703; OLG Karlsruhe BB 1980, 226; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 6; Hopt § 87 Rn 5.

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§ 87

in Kfz-Vertragshändlerverträgen, z.B. als Zulassungs-, Werbekosten- oder CorporateIdentity-Bonus. Im Gegensatz zur Provision beteiligen Boni den HV meist nicht am einzelnen Geschäft, sondern an der Gesamtheit der Geschäfte, etwa am Umsatz, dem Unternehmenserfolg oder hohen Verkäufen. Im Zweifel entfällt der Bonus mit Vertragsbeendigung104, sofern nicht ausdrücklich nachvertragliche Leistungen erfasst sind. In AGB können Boni als freiwillige (Haupt)Leistungen weitgehend frei vereinbart werden105. – Als Umsatz- oder Gewinnbeteiligung: Der HV kann statt am einzelnen Geschäft auch 24 am Gewinn des Unternehmers, etwa in Form einer Tantieme oder eines Bonus, beteiligt werden106. 3. Folgen der Vergütungsvereinbarung. Für die vorgenannten Vergütungen gelten die 25 §§ 87, 87a und § 87b nur, soweit sie eine erfolgsabhängige Entlohnung vorsehen107. Das ist z.B. beim Fixum meist nicht der Fall. Insbesondere darf der HV für diese variablen Vergütungsformen die Kontrollrechte nach § 87c fordern. Sofern die Vergütungen unabhängig von dem konkreten Erfolg des HV bei seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit versprochen werden, bilden sie keine Provisionen. §§ 87 bis 87c gelten für sie nicht108. Erfolgt eine Anrechnung der Vergütung auf die Provision, müssen sich Grund und Höhe der Anrechnung aus Abrechnung und Buchauszug nach § 87c Abs. 1, 2 ergeben109. Der HV darf keine Gleichbehandlung mit anderen HV fordern, falls der Unternehmer Provisionen oder die vorgenannten, nicht leistungsangelehnten Vergütungen anderen HV gewährt110. Durch die Vereinbarung derartiger Vergütungen wird der HV nicht verpflichtet, wie ein fest angestellter Mitarbeiter laufend während der üblichen Arbeitszeit für den Unternehmer tätig zu sein111. Unzureichende Tätigkeit bzw. Untätigkeit des HV schließen das Recht auf diese feste Vergütung nicht aus112 und sind im Zweifel wie die Rn 115 ff genannten Fälle der Schlechtbetreuung des Bezirks durch den Bezirksvertreter zu behandeln: Bei Verschulden des HV kommen Schadensersatzansprüche des Unternehmers aus § 280 BGB in Betracht113, nicht jedoch bei unverschuldeter Untätigkeit, etwa infolge von Krankheit114, Wehrdienst115 oder bei Untätigkeit gegenüber einzelnen Kunden, z.B. aufgrund eines Hausverbotes116. Mit diesem Schadenersatzanspruch 104 105

106 107

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Küstner/Thume I Rn 727. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. Wahrscheinlich ergab sich die Kontrollunfähigkeit bereits aus dem Hauptleistungscharakter. Hopt § 87 Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 5; zu Unrecht gibt Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 6 für Verwaltungs- und Bestandspflegeprovisionen kein: Informationsrecht aus § 87c. OLG Schleswig VersR 1977, 1002; OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; OLG Naumburg HVR Nr. 1108; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 6; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 16; Hopt § 87 Rn 5; Höft VersR 1976, 205 (206). AA wohl Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 6; Schröder § 87 Rn 65.

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7. BGH, Urt. v. 09.04.1964 – VII ZR 123/62, BGHZ 41, 292 (295) = NJW 1964, 1622; OLG Braunschweig BB 1956, 226; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 97; aA für gänzliche Untätigkeit: Hopt § 87 Rn 5 und 33, vgl. aber auch Rn 31; OLG Hamm BB 1959, 682; im Erg. ebenso: Schröder § 87 Rn 37, 65b. Hopt § 87 Rn 32; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 97. Dazu OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 34 = BB 1993, 2113; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7. RGZ 109, 254 (257); OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 34 (35); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7.

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§ 87

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kann gegen den Vergütungsanspruch aufgerechnet werden. Zudem darf sich der Unternehmer auf § 320 BGB berufen. Ob die genannten Vergütungsbestandteile bei der Berechnung des Rohausgleiches zu 26 berücksichtigen sind, ist im Einzelfall zu bestimmen117. Das gilt insb., nachdem seit 2009 die Unternehmervorteile die Grundlage der Ausgleichsberechnung bilden und der Verlust von Provision nicht mehr Ausgleichsvoraussetzung ist. Sollen feste Vergütungsbestandteile werbende Bemühungen vergüten, sind sie ausgleichspflichtig. Bei einem Fixum mit Provisionsspitze kann die das Fixum übersteigende Provisionsspitze ausgleichspflichtig sein. Treueprämien stellen regelmäßig keine ausgleichspflichtige Provision dar118.

M. Poolabreden 27

Sogenannte Pool- oder Topfvereinbarungen119 betreffen nicht das Rechtsverhältnis zwischen Unternehmer und HV sondern sind interne Provisionsverteilungsabreden unter HV. Sie werden zwischen HV getroffen, die ihre Verdienste sammeln, um sie nach einem internen Schlüssel zu verteilen. In der Sache handelt es sich dabei um eine GbR in Form einer Innengesellschaft oder eine oHG120. Derartige Abreden sind zulässig. Denn es ist Sache des Vertreters, wie er seinen internen Geschäftsbetrieb organisiert und seinen Gewinn verteilt. Die eigene Unternehmensorganisation obliegt dem Vertreter. Eine Unzulässigkeit kann sich nur selten ergeben, etwa sofern die Nivellierung der unternehmerischen Risiken, präziser: des Provisionsrisikos, zu einer Gefährdung des mit der Erfolgsvergütung erstrebten Anreizes zum Vertrieb führt oder im Rahmen der Gewinnverteilung unzulässig Geschäftsgeheimnisse des Unternehmers (§ 90) offenbart werden. Davon ist nur im Ausnahmefall auszugehen, wie der Erfolg großer Wirtschaftsprüferund Rechtsanwaltssozietäten mit einem ähnlichen Poolsystem zeigt. Zudem wird keiner der Partner des Pools bereit sein, einen Vertreter über längere Zeit mitzutragen, der nicht unternehmerisch denkt. Schließlich schützen den Unternehmer auch die kurzen Kündigungsfristen des § 89.

N. Vergütungsanspruch aus § 354 28

In der Regel ist mit der Provisionszahlung die gesamte Leistung des HV abgegolten. Auch § 354 gewährt grundsätzlich keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch, und zwar bereits deshalb, weil die recht ausdifferenzierten §§ 87 ff eine weitgehend abschließende Sonderregelung darstellen. Deshalb kann ein HV rglm. keinen Anspruch aus § 354 für HV-typische Tätigkeit geltend machen, welche einen Provisionsanspruch nach §§ 87 ff (noch) nicht entstehen lässt121. Nur im Ausnahmefall, für den der HV beweispflichtig ist, gilt Abweichendes. Daran ist zu denken, falls der HV nicht durch die Provision abgedeckte, HV-untypische Leistungen erbringt. Der Unternehmer muss aber erkennen, dass die Tätigkeiten gerade für ihn geleistet werden122. Dazu bedarf es allerdings nicht in 117 118 119

120

Vgl. Küstner/Thume I Rn 721. Küstner/Thume I Rn 727. BAG, Urt. v. 03.06.1998 – 5 AZR 552/97, zit. nach Küstner/Thume I Rn 742; Hopt § 87 Rn 2. AA BAG, Urt. v. 03.06.1998 – 5 AZR 552/97, zitiert nach Küstner/Thume I Rn 742.

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 12; aA wohl BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180. Vgl. zum Maklerrecht BGH WM 1966, 621; BGHZ 95, 393 (398); BGH, Urt. v. 07.07.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574).

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jedem Fall eines gültigen Vertrages, sofern keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vermittlungsgeschäftes wegen Einigungs- oder Willensmängeln (§ 145 ff , 104 ff , 116 ff BGB) bestehen oder die Vorschrift, aus der sich die Nichtigkeit ergibt, nicht den Schutz einer Vertragspartei im Blick hat123. So kann § 354 eingreifen, wenn der Vertretervertrag unwirksam ist124 und die Grundsätze des faktischen Vertrags nicht helfen. Selbst wenn zeitraubende und mit erheblichen Kosten verbundene Vermittlungsbemühungen erfolglos bleiben, entsteht grundsätzlich kein Vergütungsanspruch aus § 354, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde125. Nur bei völlig ungewöhnlichen Belastungen mag § 354 einen über die §§ 87 ff hinausgehenden Vergütungsanspruch gewähren. Alle diese Fälle haben gemeinsam, dass der Unternehmer die Dienste des HV, wie § 354 voraussetzt, entgegengenommen hat. Deshalb entsteht keine Provisionsberechtigung des § 354, wenn der HV seine Zuständigkeit eigenmächtig überschritten hat. Praktisch kann dies werden, wo der HV unzulässigerweise außerhalb des ihm zugewiesenen Bezirks Abschlüsse tätigt 126 Beispielsweise kann sich ein zusätzlicher Vergütungsanspruch aus § 354 ergeben: 29 – für vermittelte Ersatzteilgeschäfte, falls nachträglich vereinbart wird, dass sich die Verkaufsbemühungen auch auf die Ersatzteile erstrecken sollen127 (aber dann wäre mglw. auch ein Provisionsanspruch gegeben) – Für die Vermittlung eines außerhalb der Vertragsverpflichtung liegenden Geschäfts128, z.B. wenn ein Warenvertreter dem Unternehmer ein Geschäft anderer Art (Miete eines Geschäftslokals) vermittelt – falls das Ergebnis der Vermittlungstätigkeit des HV sich zunächst nur in einem Zwischenergebnis niederschlägt (etwa: vermittelt war ein „Bezugsvertrag“ als Rahmenabkommen, wonach der Kunde sich verpflichtete, seinen Bedarf vorkommendenfalls bei dem Unternehmer zu decken, die daraufhin vorgenommene Bestellung erfolgte, nachdem der HV aus den Diensten des Unternehmers ausgeschieden war; aber wohl Spezialität des Abs. 3 Nr. 1)129 – sofern ein Einsatz des HV nach Abschluss des Geschäfts das billigerweise zu fordernde Maß überschreitet (Beispiel: außergewöhnlich umfangreiche Verhandlungen zur Abwehr von Mängelrügen)130 – nach übermäßiger Inanspruchnahme durch verwaltende und vertreteruntypische Tätigkeiten.

O. Vergütungsanspruch aus § 812 BGB Für einen Vergütungsanspruch aus § 812 BGB müssen – außer der Kaufmannseigen- 30 schaft des tätig gewordenen Vermittlers – dieselben Voraussetzungen wie für den Anspruch nach § 354 gegeben sein131. Im Maklerrecht hat der BGH132 einen Vergütungs123

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BGH, Urt. v. 07.07.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574) zum Maklerrecht. Vgl. RG JW 1929, 113111. Küstner/Thume I Rn 714. Schröder DB 1963, 542; Krüger S. 1399. OLG Düsseldorf HVR Nr. 104. BGHZ 62, 71 (74); BGH, Urt. v. 28.01.1993 – I ZR 292/90, VersR 1993, 878; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 12; Schröder § 87 Rn 6, 64; aA Heymann/Sonnen-

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schein/Weitemeyer § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 6. BGH NJW 1958, 180. BGH BB 1962, 1345; Hopt § 87 Rn 4. BGH, Urt. v. 07.07.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574) zum Maklerrecht. BGH, Urt. v. 07.07.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574) zum Maklerrecht.

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anspruch aus § 812 BGB für zweifelhaft gehalten und dies mit der Risikoverteilung des § 652 BGB begründet: Die Privatrechtsordnung kenne grundsätzlich keine Pflicht zur Vergütung ungefragt überlassener Informationen. Diese Begründung wird sich auf die Vermittlung aufgrund eines unwirksamen HV-Vertrages übertragen lassen. Im HV-Recht wird ein nichtiger Vertrag bis zur Entdeckung der Nichtigkeit als wirksam behandelt, so dass sich in diesem Fall der Vergütungsanspruch aus den §§ 87 ff selbst ergibt (§ 84 Rn 90 ff).

P. Abtretbarkeit Der HV darf über seine Provision grundsätzlich frei verfügen133. Insbesondere ist der Provisionsanspruch, auch als künftige Forderung bereits vor ihrem unbedingten Entstehen, abtretbar134, es sei denn, wegen der infolge der Abtretung als Hilfsrechte nach §§ 402 BGB mit übergehenden Informationsrechten des § 87c stehen vertragliche oder gesetzliche Geheimhaltungspflichten entgegen. Für eine wirksame und bestimmte Abtretung genügt die Abtretung der Ansprüche aus „Leistungen“135. Die Abtretung von Provisionsansprüchen sowie der Informationsrechte des § 87c eines Versicherungsvertreters, der Personenversicherungen vermittelt, ist wegen der mit der Abtretung verbundenen Pflicht der § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unterworfenen Zedenten und des Versicherers, dem Zessionar nach § 402 BGB die zur Geltendmachung der abgetretenen Forderung nötigen, jedoch der Geheimhaltung unterworfenen Auskünfte zu erteilen, nach § 134 BGB nichtig136. Die Abtretung ist gem. § 400 BGB unwirksam, soweit sie sich auf den Teil der Provisionsansprüche des HV erstreckt, die den Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff ZPO unterliegen (dazu Rn 33 ff) und sie den unpfändbaren Teil nicht ausnimmt137. Hinsichtlich ihres weitergehenden Inhalts bleibt sie gem. § 139 BGB wirksam. Der nicht pfändbare Teil der Provision kann von den weitergehenden Zahlungsansprüchen getrennt werden, notfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung138. Die Abtretbarkeit von Provisionsansprüchen kann – auch durch AGB139 – ausgeschlossen werden, wobei aber meist § 354a entgegensteht. § 81 Abs. 2 S. 4 VAG140 i.V.m. der VO des Reichsaufsichtsamtes für das Versiche32 rungswesen vom 04.06.1934 und des BAV vom 17.08.1982 gestattet es dem BaFin, Versicherungsvertretern die Abgabe oder die offene Abtretung eines Teils der Provision an den Versicherungsnehmer zu untersagen (Provisionsabgabeverbot). So sind nach § 1 der

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 34. OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 9; Schröder § 87b Rn 15. OLG Hamm, Urt. v. 05.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592. BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, NJW 2010, 2509; im Anschluss an BGHZ 115, 123 (124 ff) (Zahnarzt); 122, 115 (117 ff) (Rechtsanwalt vor Inkrafttreten des § 49b Abs. 4 BRAO); BGH, Urt. v. 05.12.1995 – X ZR 121/93, NJW 1996, 775 (Zahnarzt); v. 17.10.1996 – IX ZR 37/96, NJW 1997, 188; v. 11.11.2004 – IX ZR 240/03, NJW 2005, 507 (jeweils zur Abtretung von Honoraransprüchen eines Rechtsanwalts

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vor Inkrafttreten des § 49b Abs. 4 BRAO); ferner Beschl. v. 17.02.2005 – IX ZB 62/04, NJW 2005, 1505 (Arzt); Köpke Die Bedeutung des § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB für private Krankenversicherer, insbesondere bei der innerorganisatorischen Geheimnisweitergabe, 2003, S. 27: aA Evers/Eikelmann VW 2009, 529 f. BAG – 5 AZR 77/61, NJW 1962, 1221; OLG Hamm, Urt. v. 05.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592; Hopt § 87 Rn 49 f. OLG Hamm, Urt. v. 05.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592. AA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9. BGBl. 1993 I, S. 2.

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VO über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadensversicherung vom 17.08.1982141 insbesondere Provisionsabgaben an den Versicherungsnehmer untersagt. Ein gleichartiges Verbot gilt für den Bereich der Lebensversicherung aufgrund der Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 08.03.1934142. Der Unternehmer darf deshalb dem HV eine Provisionsweitergabe an den Kunden untersagen143 (§ 92 Rn 91).

Q. Pfändbarkeit Die Frage, ob die Provisionsansprüche des HV der Pfändung gemäß den Vorschriften 33 über die Vollstreckung in Arbeitseinkünfte nach den §§ 850 ff ZPO unterliegen, ist in früherer Zeit kontrovers beantwortet worden. Sie wurde bald von der überwiegenden Meinung bejaht144. Die Zweifel, die sich an den Begriff „Arbeitseinkommen“ in § 850 Abs. 1 ZPO anknüpften, da die Provisionseinkünfte des HV als eines selbständigen Kaufmanns nicht hierunter begriffen werden könnten145 sind durch BAG NJW 1962, 1121 ausgeräumt. Was Arbeitseinkommen iSd Forderungs-Pfändungsvorschriften ist, bestimmt § 850 Abs. 2 ZPO selbständig. Dazu zählen (neben Gehalt, Lohn, Versorgungsbezügen) auch „sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen“. Es muss sich also um die Vergütung für persönliche Dienstleistungen handeln: ob jene im abhängigen Arbeitsverhältnis oder in einem Dienstverhältnis nach allg. Dienstvertragsrecht des BGB (wie beim HV) erbracht werden, spielt keine Rolle. Erforderlich ist nur, dass die Dienste die ausschließliche oder wesentliche Erwerbstätigkeit des Dienstleistenden ausmachen. Für den Einfirmenvertreter ist das unproblematisch. Aber auch für den Mehrfirmenvertreter ergeben sich keine Probleme, solange nur die HV-Tätigkeit als Ganzes die Erwerbstätigkeit des HV ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nimmt146. Denn auch bei einem abhängigen Arbeitnehmer geht das Lohn- und Gehaltspfändungsrecht von der Möglichkeit aus, dass er seine Einkünfte aus Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern bezieht; es findet dann nach § 850e Nr. 2 ZPO eine Zusammenrechnung statt. Erst wenn der HV neben seiner Vertretertätigkeit für einen oder mehrere Unternehmer noch eine nicht unwesentliche Erwerbstätigkeit anderer (selbständiger) Art ausübt, wird § 850 ZPO unanwendbar und unterliegen seine Provisionsansprüche den allgemeinen Vorschriften über die Forderungspfändung147. Der Streit über den Anwendungsbereich des § 850 ZPO dürfte an Schärfe verloren haben, seit zum 1.7.2010 § 850i ZPO novelliert wurde. § 850i ZPO gewährt nun allen Einkünften eines

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BGBl. 1982 I S. 1243. Vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1984 – I ZR 181/82, BGHZ 93, 177, 179 = NJW 1985, 3018; OLG Celle VersR 1994, 856. Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (131 ff), und zwar nicht nur mittels Individualvertrag (aA Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 34). BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665; BAG, Urt. v. 10.02.1962 – 5 AZR 77/61, NJW 1962, 1221; OLG Hamm BB 1956, 668; 1972, 855; LG Dortmund MDR 1957, 750; LG Hamburg MDR

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1961, 856; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9; Hopt § 87 Rn 50; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn119 und 220; Schröder § 87 Rn 1; Westphal Rn 270, 271; Roellecke BB 1957, 1159; Treffer MDR 1998, 384; aA LG Bochum BB 1957, 1158. Schröder § 87b, 15a. Hopt § 87 Rn 50. OLG Hamm BB 1972, 855 und (in: einem obiter dictum) BGH Rpfl. 1978, 54; Roellecke BB 1957, 1159; Rewolle DB 1962, 936.

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Schuldners Pfändungsschutz wie Arbeitseinkommen. Da jede Änderung des Pfändungsschutzes auf die Massezugehörigkeit (§ 36 InsO) und Abtretbarkeit (§ 400 BGB) einer Forderung einwirkt und gegen unpfändbare Forderungen nicht aufgerechnet werden darf (§ 394 BGB), entfaltet die Regelung über das Zwangsvollstreckungsrecht hinausgehende Wirkungen148. Der Anspruch eines HV auf monatliche Fixprovision ist zumindest Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO, sofern es sich um dessen einzige Tätigkeit handelt149. Maßgebend für die Höhe der Einkünfte ist bei dem Mehrfirmenvertreter dessen Gesamteinkommen150. Provisionsvorschüsse dürfen ebenfalls gepfändet werden151. Voll unpfändbar können ggf. Spesenbeträge nach § 850a Nr. 3 ZPO sein152. Die erst in Zukunft entstehenden Provisionsforderungen sind als solche nach § 832 34 ZPO pfändbar153, mögen sie dem § 850 ZPO unterfallen154 oder nicht155. In diesen Fällen kann bei einem zum Inkasso berechtigten Vertreter die Frage auftauchen, ob eine zwischen ihm und dem Unternehmer im voraus getroffene Abrede, dass die Provision von den eingezogenen Geldern einbehalten werden dürfe, der später erfolgten Pfändung der Provisionsansprüche gegenüber den Vorrang genießt. Das wäre dann der Fall, wenn die Abrede eine Voraus-Aufrechnung beinhaltete, die die Provisionsforderung im Augenblick des Inkasso als kraft eben jener Aufrechnung getilgt erscheinen lassen müsste. Der Gläubiger wäre dann auf eine Pfändung der einbehaltenen Provision bei dem HV (Bargeld- oder Kontenpfändung) verwiesen. Im Ergebnis besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass ein solcher Vorrang der Ein35 behaltungsberechtigung gegenüber Pfändungen nicht anzuerkennen ist. Die Begründung ist unterschiedlich und in ihrer Unsicherheit wenig befriedigend. Am ehesten überzeugt noch das Argument, dass die „Abrede“ gar keine echte Vorausaufrechnung darstelle, sondern im Zweifel nur eine Feststellung, dass der Unternehmer die Entnahme der Provision aus den eingezogenen Geldern dulden wolle156. Jedenfalls müssten die Anforderungen an eine förmliche Aufrechnungsvereinbarung schon streng gehalten sein; es würde gefordert werden müssen, dass sie u.a. klarstellt, für welche Zeit sie gelten solle und ferner, ob und unter welchen Umständen sie vom Unternehmer widerrufen werden könne. Schon daran wird es meist fehlen und damit die Abrede auf jene schlichte Duldungsübereinkunft reduziert. Mit einem ähnlichen Gesichtspunkt arbeitet RAG 6, 204 (207). Komplizierter wäre es, die Widerruflichkeit der Duldungsübereinkunft in den Vordergrund zu stellen und zu empfehlen, außer dem Provisionsanspruch auch das Recht des HV auf Widerruf zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen, was ohnehin nicht immer helfen kann. Wiederum andere Meinungen operieren mit § 392 BGB157 und dem Gedanken, dass die „Vorausaufrechnung“ ohnehin erst im Augenblick des Inkasso wirken könne, weshalb dem die Pfändung mit dem Verfügungsverbot an den Schuldner zuvorkomme158. Doch ist das gerade die Frage, die es zu untersuchen gilt. Dass die Rechtsprechung sich mit unterschiedlich begründeten Lösungen behilft, mag den Bedürfnissen der Praxis genügen.

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Meller-Hannich WM 2011, 529. BayObLG, Beschl. v. 06.03.2003 – 5 St RR 18/03, NJW 2003, 2181. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9; Hopt § 87 Rn 50. Treffer MDR 1998, 384 (385); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 9. OLG Hamm BB 1956, 668; Hopt § 87 Rn 50. AA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 9; Hey-

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mann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 121. LG Berlin VersR 1962, 217; Hopt § 87 Rn 50. RGZ 134, 227. So etwa LG Hamburg MDR 1961, 856. LG Dortmund MDR 1957, 750. RAG 5, 136 (139).

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R. Systematik der §§ 87 ff § 87 eröffnet die Reihe der eigentlichen Bestimmungen über die Provision. § 86b über die Delkredereprovision ist insoweit etwa atypisch belegen, was damit zusammenhängt, dass die Regelung der Delkredereprovision einen Annex der Bestimmung über das Delkredereversprechen des HV bildet und sie damit in den Kontext der Bestimmungen der §§ 86 ff zu den Hauptpflichten passt. In den §§ 87 ff waren zunächst die tatbestandlichen Voraussetzungen des Provisionsanspruchs näher zu bestimmen. Der Unterschied zwischen HV und Makler liegt darin, dass die Provision nicht schon mit dem Abschluss des vermittelten Geschäfts verdient sein soll. Das Gesetz macht sie grundsätzlich noch von dessen Erfüllung abhängig. Das wiederum erfordert Detailregelungen für Fälle von Leistungshindernissen, aber auch (weil das HV-Verhältnis im Gegensatz zum Maklerauftrag noch mehr ein Dauerrechtsverhältnis ist) für die zeitliche Abgrenzung, wenn der Vertretervertrag während der Vermittlungsbemühungen vor Abschluss des Geschäfts endet. Schließlich waren Fragen des Kundenschutzes und des Bezirksschutzes – für den Bezirksvertreter – zu entscheiden. Dies alles ging über den normalen Umfang eines einzigen Paragraphen hinaus. Der Gesetzgeber hat sich deshalb entschlossen, die Voraussetzungen des Provisionsanspruchs aufzuspalten; er hat hierbei die Zäsur in den Abschluss des Geschäfts gelegt, welches er als provisionspflichtig anerkennt. Dessen Tatbestand und seine zeitliche Bezogenheit ist der Inhalt des § 87. § 87a regelt den Einfluss des weiteren Schicksals des Geschäfts im Fortgang seiner Erfüllung auf den Provisionsanspruch und zugleich den Zeitpunkt der Fälligkeit. Weil der Provisionsanspruch endgültig erst mit der Erfüllung des Geschäfts oder einem zugelassenen Erfüllungs-Ersatztatbestand begründet sein soll, ist das Verhältnis von § 87 zu § 87a dahin zu bestimmen, dass bei Gegebensein der Voraussetzungen des § 87 der Anspruch zunächst aufschiebend bedingt159, als Provisionsanwartschaft, entstanden ist, während die weiteren Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 die Bedingung darstellen, mit deren Eintritt der Anspruch sich zum unbedingten verfestigt. § 87 bestimmt damit, wofür der HV Provision erhält. Die Norm bezeichnet den Rechtsgrund des Provisionsanspruches. Gemäß Abs. 1 hat der HV entweder Anspruch auf Provision für von ihm vermittelte Geschäfte oder sog. Folgegeschäfte. Abs. 2 ordnet den Provisionsanspruch des Bezirksvertreters. Abs. 3 trifft eine Sonderbestimmung für nachvertragliche Provision. Abs. 4 regelt die Inkassoprovision. § 87a regelt, wann der Provisionsanspruch entsteht und wann er entfällt. Nach Abs. 1 hat der HV Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Gemäß Abs. 2 entfällt der Provisionsanspruch, wenn feststeht, dass der Kunde nicht leistet. Abs. 3 regelt das Schicksal des Provisionsanspruches bei wirtschaftlicher Disparität zwischen abgeschlossenem und ausgeführtem Vertrag. Abs. 4 bestimmt die Fälligkeit des Provisionsanspruches. § 87b führt aus, wie viel Provision der Vertreter erhält. Dabei bestimmt Abs. 1 die Höhe des Provisionssatzes, Abs. 2 und 3 klären die Bemessungsgrundlage, auf deren Basis der Provisionssatz errechnet wird. Daran schließt § 87c betreffend die Kontrollrechte des HV an, mit denen der HV Grund und Höhe der nach den §§ 87 ff geschuldeten Provision überprüfen darf. 159

BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Urt. v. 29.06.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388; BFH, Urt. v. 28.10.2009 – I R

28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828; BFH BFHE 107, 426, BStBl II 1973, 212; BFHE 109, 33, BStBl II 1973, 481.

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§ 87c gibt die Kontrollmittel, welche dem HV zur Überprüfung der Verprovisionierung eröffnet sind; § 87d den Aufwendungsersatz. § 92a ermöglicht die Festsetzung einer Mindestprovision. Normadressat ist jedoch der VO-Geber, weshalb die Vorschrift sich nicht direkt in den Reigen der Provisionsvorschriften einordnet. Die Entstehung des Provisionsanspruches vollzieht sich in mehreren Stadien160. 41 Gemäß § 87 Abs. 1 entsteht eine Tätigkeits- oder Folgeprovision aufschiebend bedingt auf den Fall, dass die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 eintreten, d.h. sobald und soweit der vertretene Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 1) oder der vorleistende Dritte (§ 87a Abs. 1 S. 3) das abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat161. Ab diesem Zeitpunkt ist der Anspruch entstanden; er steht nach Grund und Berechnungsfuß162 fest und ist als solcher – nicht nur als zukünftiger – abtretbar und pfändbar163. Unterbleibt die Ausführung, so entsteht der Provisionsanspruch gleichwohl, es sei denn, dass in § 87a Abs. 3 S. 2 abschließend geregelte Voraussetzungen erfüllt sind, bei denen ausnahmsweise die Nichtausführung die unbedingte Entstehung des Provisionsanspruches hindert164. Gleichwohl ist hiermit der Provisionsanspruch noch immer nicht absolut sicher. Denn es muss ein weiteres Stadium durchschritten werden. Der Provisionsanspruch kann nämlich (vom Unternehmer zu beweisende Ausnahme) entfallen, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet (§ 87a Abs. 2). Die Fälligkeit des Provisionsanspruches tritt dann am letzten Tag des Monats ein, in dem der Unternehmer über den Provisionsanspruch abzurechnen hat (§ 87a Abs. 4). Küstner/Thume I, Rn 749 bilden folgendes Beispiel: 42 1. Stadium: Das Geschäft wird abgeschlossen Folge: Der HV erwirbt einen bedingten Anspruch auf Provision (Provisionsanwartschaft). Der Anspruch ist aufschiebend bedingt auf die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer, gleichzeitig aber auch auflösend bedingt infolge der Nichteinlösung durch den Dritten. 2. Stadium: Der Unternehmer führt das Geschäft aus Folge: Die aufschiebende Bedingung entfällt, die auflösende Bedingung bleibt bestehen. 3. Stadium: Der Dritte (Kunde) leistet Folge: Der Provisionsanspruch wird dadurch zu einem unbedingten Anspruch, der nicht mehr mit Unsicherheitsfaktoren belastet ist. 4. Stadium: Die Fälligkeit Folge: Die Fälligkeit des unbedingten Anspruches tritt am letzten Tag des Monats ein, in dem über den Anspruch abzurechnen ist. Das alles ist hinreichend kompliziert und noch dazu verklausuliert, indem der Kunde eher fernliegend als „Dritter“ apostrophiert wird. Ein Beispiel für Verständlichkeit wird sicherlich nicht gegeben. Es mag ferner bemängelt werden, dass die Provisionsvorschriften zersplittert sind. Zumindest § 87 und § 87a hätten in einer Vorschrift gefasst werden können.

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BGH NJW-RR 1999, 868; Küstner/Thume I Rn 749. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Küstner/Thume I Rn 746.

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Vorbehaltlich § 87b Abs. 2 S. 1, vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). Eberstein 9. Aufl., S. 86. Küstner/Thume I Rn 746.

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S. Gesetzgebungsgeschichte Die Vorschrift stammt aus der Zeit der großen Novelle 1953. Mittels des Gesetzes 43 1989 wurden in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 die Worte „und soweit“, durch eine Neufassung des Abs. 3 dessen jetziger S. 1 Nr. 2 und S. 2 eingefügt.

T. Die Provisionsanwartschaft des § 87 Abs. 1 und Abs. 2 I. Einführung § 87 Abs. 1 und 2 regeln, wofür, d.h. unter welchen Umständen, der HV Provision 44 erhält. Die Norm regelt also, welche Geschäfte provisionspflichtige sind.165 Sind die TBVoraussetzungen der Norm erfüllt, erwirbt der HV einen aufschiebend bedingten Provisionsanspruch166 bzw. eine sogenannte Provisionsanwartschaft167. Eine zeitliche Begrenzung des Provisionsrechts eines HV, der ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, besteht grds. nicht168: Wenn der HV ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, erwirbt er hierdurch einen bedingten Provisionsanspruch für die vollständige Dauer des vermittelten Vertrages169. Wie der Rückschluss aus § 87a Abs. 1 offenbart, ist mit dem Eintritt der Voraussetzungen des § 87 die Provision noch nicht endgültig verdient. Vielmehr ist weiter die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer erforderlich. Erst dann erstarkt der Anspruch zu einem unbedingten Provisionsanspruch170. Gemäß § 87 Abs. 1 hat der HV Anspruch auf Provision für alle während des Vertre- 45 tervertrages abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind (Tätigkeitsprovision) oder mit Dritten abgeschlossen werden, welche er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat (Folgeprovision). Nach der Gesetzeskonzeption handelt es sich bei der Tätigkeitsprovision und auch der Folgeprovision um den Grundtatbestand der Provision und statistisch gesehen dürfte dies die häufigste Provisionsform bilden. Allerdings werden im Interesse des Unternehmers nicht selten die Folgeprovisionen ausgeschlossen, was zulässig ist, da § 87 Abs. 1 nicht zwingend ist. § 87 Abs. 2 regelt die Provisionsanwartschaft des Bezirksvertreters (Bezirksprovision). 46 Rechtstatsächlich wird diese Provisionsform häufig gewählt, weil sie Streitigkeiten über die Tätigkeit des Unternehmers im Gebiet des HV vermeidet. Wird Bezirksprovision vereinbart, ist der Unternehmer nämlich auch für solche Direktgeschäfte provisionspflichtig. Eine Bezirksprovision wird nur geschuldet, wenn der HV ausdrücklich oder konkludent als Bezirksvertreter eingesetzt wurde. Ist dem HV ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen worden, so hat er Anspruch auf Provision auch für

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Prasse in: Giesler, § 2 Rn 281. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Urt. v. 29.06.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388; BFH, Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828; Urt. v. 19.10.1972 – I R 50/70, DB 1973, 363; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoynin-

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gen-Huene § 87 Rn 3; Schlegelberger/Schröder Rn 1. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Küstner/Thume I Rn 745. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31 f. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31. Küstner/Thume I Rn 750.

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die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Diesen seinen Bezirk oder Kundenkreis soll der HV ständig betreuen und sich auf ihn konzentrieren. In Anerkennung solcher spezifischen Betreuungsleistungen wird bestimmt, dass dem Bezirksvertreter für alle Geschäfte mit bezirksansässigen Kunden, mag er sie vermittelt haben oder nicht, die Provision so zusteht, als wenn er selbst vermittelnd tätig geworden wäre. Seine Zuständigkeit soll sich nicht mit provisionssparendem Effekt durch Direktabschlüsse des Unternehmers ausschalten lassen. Durchgehend sind sodann in HV-Verträgen Regelungen über die Abgrenzung der Provisionsberechtigung für den Fall vorgesehen, dass ein Vertreter nach erfolgversprechender Anbahnung einer Vermittlung aus dem Vertreterverhältnis ausscheidet und das Geschäft erst im Zeichen seines Nachfolgers zum Abschluss gelangt (Abs. 3). Systemfremd im Aufbau des § 87 ist schließlich die Bestimmung in Abs. 4 über die 47 Berechtigung zur Inkassoprovision. Sie ist unechte Provision, nicht erfolgsbedingt, eine Vergütung für reine Verwaltungstätigkeit, die nicht einmal zu den wesenseigenen Aufgaben des Handelsvertreters gehört und die hier bestenfalls stellvertretend für mancherlei Verwaltungsprovisionen anderer Art, wie sie beim HV auch vorkommen können (Lagerhaltung, Regulierung von Reklamationen), ihren Ort gefunden hat.

II. § 87 Abs. 1 48

Die Anwartschaft setzt voraus, dass ein Geschäft zwischen dem Unternehmer und dem Kunden während der Laufzeit eines bestehenden HV-Vertrages abgeschlossen wird. Weiter muss das Geschäft entweder auf die Tätigkeit des Vertreters zurückzuführen sein („Tätigkeitsprovision“) oder es muss sich um ein Folgegeschäft („Folgeprovision“) handeln.

49

1. Während des Vertragsverhältnisses. Provision nach § 87 erhält der HV grds. – von den beiden Ausnahmen des Abs. 3 S. 1 abgesehen – nur für Kundengeschäfte, welche während des Bestehens des HV-Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden171. Vom HV vor oder nach Vertragsende zustande gebrachte Geschäfte sind grds. nicht nach § 87172 (bestenfalls analog), u.U. jedoch nach § 354 provisionspflichtig (s.o. Rn 28). Für § 87 Abs. 1 1. Alt. bedeutet dies, dass der HV Provision nur verlangen kann, wenn die Vermittlung während eines wirksamen173 oder will endlich von beiden Parteien faktisch174 in Vollzug gesetzten HV-Vertrags erfolgte175. Gemeint ist der Abschlusstatbestand als solcher, auch als aufschiebend bedingter176. Wann dann die Bedingung oder die Erteilung der Genehmigung bei schwebend unwirksamem Kundenvertrag177 eintritt, ist für den Provisionsanspruch ohne Belang. Tritt die Bedingung/Genehmigung nach Vertragsende ein und/oder wird das Geschäft erst nach Vertragsende ausgeführt, so ist es ebenfalls 171

172 173

174

BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Hopt § 87 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 28; Schröder § 87 Rn 11. BGH, Urt. v. 21.12.1973 – IV ZR 158/72, BGHZ 62, 71 (73) = NJW 1974, 852; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 12. Westphal Rn 276; Evers BB 1992, 1365 (1370, 1371); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 12.

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aA wohl Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 7; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 6, 20; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 28. Hopt § 87 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 28.

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provisionspflichtig178 und muss ggf. nachverprovisioniert werden. Bedeutung hat das namentlich für Sukzessiv-Lieferungsgeschäfte (Rn 67). Ist der Abschluss während des HV-Vertrages erfolgt, berührt es die Provisionsberechtigung des HV nicht, falls die einzelnen Erfüllungsakte, terminlich oder auf Abruf, erst nach Ende desselben geschehen179. Die Provision ist grds. auch nach Beendigung des HV-Vertrages bis zur Beendigung des vermittelten Vertrages zu leisten; eine Einmalprovision sieht das Gesetz nicht als Regelfall vor. Jeder der Erfüllungsakte löst nach Maßgabe des § 87a Abs. 1 die nachträglich zu berechnende Teilprovision aus. Eine Nachverprovisionierung nach Vertragsende anfallender Ausführungs- oder Teilausführungsakte des Geschäfts kann jedoch – soweit der Anwendungsbereich des zwingenden § 89a Abs. 5 nicht berührt wird180 – ausgeschlossen werden und wird nicht selten vertraglich derogiert (zur Provisionsverzichtsklausel, die insb. im Versicherungsvertrieb häufig ist s. § 89b Rn 518 f). Ebenso ist unerheblich, ob das abgeschlossene Geschäft während der Vertragslaufzeit 50 auch abgewickelt wird181. Allein entscheidend ist der Abschluss des Geschäfts. Denn gemäß § 87 Abs. 1 Alt. 1 sind auch Geschäfte provisionspflichtig, die während des bestehenden HV-Vertrags abgeschlossen werden, jedoch erst nach Vertragsschluss erfüllt werden182. Bei unwirksamen, jedoch faktisch in Verzug gesetzten Verträgen gelten die Regeln über den faktischen Vertrag. Der Vertrag ist also nur mit ex-tunc-Wirkung nichtig. Für die Vergangenheit bereits entstandene Provisionsansprüche können nach wie vor gefordert werden. Für Geschäfte, die nach Ende des HV-Vertrages geschlossen werden, besteht hingegen grundsätzlich kein Provisionsanspruch183; insbesondere bei Sittenwidrigkeit des vermittelten Vertrags ist die Vermittlungsleistung ohne Wert und nicht zu vergüten184. Eine Ausnahme bildet die nachvertragliche Provision (siehe Rn 122 ff). Der HV behält selbst bei schweren, von ihm zu verantwortenden Vertragsverletzun- 51 gen seinen einmal verdienten Provisionsanspruch185 (ausnahmsweise § 242 BGB-Einwand). Der Unternehmer darf aber mit Schadenersatzansprüchen aufrechnen. Eine bereits ausgesprochene ordentliche Kündigung bleibt für das Provisionsrecht ebenso unerheblich186 wie das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine fristlose Kündigung, solange diese nicht erklärt ist187. Ausnahmen können über § 242 BGB gebildet werden. 2. Geschäftsabschluss. Die Anwartschaft nach § 87 Abs. 1 setzt weiter voraus, dass 52 zwischen Unternehmer und Kunden des Unternehmers ein Geschäft abgeschlossen wird. Ein Anspruch auf Provision erwächst dem HV auf Grund seiner Vermittlung nur, wenn sie zum Erfolge führt, nämlich zum Abschluss von Verträgen. Der Abschlussvertreter führt diesen Abschluss selbst herbei; der Vermittlungsvertreter bleibt unterhalb dieser Schwelle. Nicht immer wird es sich so fügen, dass der HV seinem Unternehmer den mit 178

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BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Urt. v. 10.12.1997 – VIII ZR 107/97, NJWRR 1998, 629 unter II 1; BAG DB 2008, 761 – sog. Überhangprovisionen. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 282. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 282. Westphal I Rn 459.

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BGH, Beschl. v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, BeckRS 2011, 01059. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 44; Hopt § 87 Rn 49; aA wohl Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25. Ebenroth/Löwisch Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 12; Hopt § 87 Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 28; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 12; Hopt § 87 Rn 37.

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dem Kunden ausgehandelten Vertrag abschlussreif präsentiert; immer aber muss auch seine Tätigkeit in den Vertragsabschluß als ihren Enderfolg eingegangen sein. Wer von den Parteien des Geschäftsschlusses im vertragstechnischen Sinne Offerent, wer Akzeptierender nach §§ 145 ff BGB ist, spielt für den Provisionsanspruch keine Rolle. Die Provisionsanwartschaft setzt voraus, dass es sich um ein Geschäft handelt, wel53 ches der Vertreter nach dem ggf. konkludent erweiterten HV-Vertrag zu vermitteln hatte188. Insbesondere begründen die Provisionsanwartschaft nur Geschäfte, die zu dem nach dem HV-Vertrag vorausgesetzten wirtschaftlichen Vorteil des Unternehmers führen. Das muss nicht notwendigerweise eine Gegenleistung in Geld sein189. Wenn der Unternehmer den nach dem HV-Vertrag vorausgesetzten oder einen vergleichbaren wirtschaftlichen Vorteil erhält, genügt dies (§ 87a Rn 42). Unerheblich bleibt, ob das Geschäft für den Unternehmer gewinnbringend ist190. Der Unternehmer ist bezüglich der Entscheidung frei, ob er ein vom HV vermitteltes 54 Geschäft annimmt oder ablehnt191. Er darf das Geschäft allerdings nicht ohne vernünftigen Grund oder gar willkürlich ablehnen und nicht nur, um den HV um seine Provision zu bringen (§ 162, 242, 226 BGB, siehe oben, § 86a Rn 44 ff)192. Ein Verstoß führt zur Schadenersatzpflicht des Unternehmers in Höhe des entgangenen Rohgewinns des HV. Außerdem besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht des HV193. Spätestens in der Auslieferung der Ware liegt die – konkludente – Willenserklärung des Unternehmers zum Abschluss des Geschäftes. Ob das Geschäft wirksam wird, hängt dann davon ab, ob es eine korrespondierende Willenserklärung des Kunden gibt. Auf die Zusendung unbestellter Ware braucht der Kunde nicht zu antworten, so dass sein bloßes Schweigen keine entsprechende Willenserklärung wäre.

55

3. Wirksames Geschäft. Das Geschäft muss wirksam und rechtsverbindlich zustande gekommen sein194. Dazu muss der Vertrag zwischen Kunden und Unternehmer endgültig und rechtswirksam195 zustande gekommen sein196 (§ 145 ff BGB). Ein Provisionsanspruch entsteht nur, sofern der Unternehmer aus dem geschlossenen Geschäft erfolgreich auf Erfüllung klagen könnte. Ein wirksames Geschäft setzt den Zugang der letzten Willenserklärung zum Vertragsschluss voraus. Bei einem Vermittlungsvertreter gibt der Unternehmer die für ihn wirkende Willenserklärung ab. Bei dem Abschlussvertreter darf auch der HV die Willenserklärung abgeben. Keine Provision kann entstehen, falls das Geschäft von Anfang an nichtig197 ist, etwa 56 infolge von Formnichtigkeit gem. § 125 BGB oder Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB bzw. nach §§ 119, 123 BGB anfechtbar und mit Rückwirkung (§§ 142, 143 BGB) angefochten wurde198, es sei denn, es wird tatsächlich durchgeführt199 (worin meist eine Bestätigung 188

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 5. AA wohl Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 16. OLG Köln, Urt. v. 02.08.2002 – 19 U 152/01 VersR 2002, 1374 = OLGR 2002, 440. Hopt § 87 Rn 8. Hopt § 87 Rn 8 f; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 283. Hopt § 87 Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 13; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10.

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Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 283. Westphal I Rn 461; Hopt § 87 Rn 7. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 283; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; Hopt § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 25; Schröder § 87 Rn 9. Hopt § 87 Rn 7; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 14.

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des nichtigen Geschäfts zu finden sein dürfte). Denn ein unwirksames, jedoch durchgeführtes Geschäft begründet die Provisionsanwartschaft, wenn es von den Parteien wie ein wirksames Geschäft behandelt wird: Nur muss der Vertreter erhaltene Provision ggf. zurückzahlen, sofern eine Rückabwicklung des Geschäftes, etwa nach §§ 812 ff BGB, erfolgt. Ist diese Rückabwicklung absehbar, braucht der Unternehmer vorerst nicht zu leisten („dolo petit“; § 242 BGB). Der HV, der gem. vertraglicher Vereinbarung dem Unternehmer Kunden zugeführt hat, hat gegen diesen aber auch dann gem § 87a Abs. 3 analog, § 242 BGB einen rechtswirksamen Provisionsanspruch, wenn das von dem Unternehmer betriebene Anlagemodell – vom Kunden und dem HV unerkannt – wegen Betreibens eines „Schneeballsystems“ sittenwidrig ist und ein wirksamer Kundenvertrag daher nicht zustande gekommen ist200. Ist das Geschäft anfechtbar, aber noch nicht angefochten, so soll dem Unternehmer 57 gegenüber dem Provisionsanspruch des Vertreters unter analoger Heranziehung des § 770 BGB eine aufschiebende Einrede gegeben sein201, sofern das Geschäft schon soweit ausgeführt ist, dass der Provisionsanspruch überhaupt durchsetzbar ist (§ 87a Abs. 1): eine billigenswerte Einschränkung. Wird in der Insolvenz angefochten (§§ 129, 143 InsO) und muss der Unternehmer deshalb das Erlangte herausgeben, so ist die Provision nicht geschuldet202. Bereits geleistete Provision ist u.U. nach § 143 InsO zurückzugewähren, vorbehaltlich § 242 BGB203 oder § 818 Abs. 3 BGB bei Verwendung der Provision für den Lebensunterhalt204. Bedarf das zwischen dem Unternehmer und Kunden vereinbarte Geschäft zur Wirksamkeit einer behördlichen Genehmigung, so kann es – für die Provision und die Begründung des Anspruchs hierauf – erst von deren Erteilung an als zustande gekommen gelten (arg. § 87a: weil auch die Bewirkung der Leistung, wenn und solange die Genehmigung aussteht, rechtsgrundlos wäre). Wird ein Geschäft nachträglich im Gefolge von Leistungsstörungen rückgängig 58 gemacht, beurteilt sich die Frage, ob ein Provisionsanspruch besteht, nach § 87a Abs. 2 u. 3205. Eine auflösende Bedingung lässt das Geschäft rückwirkend entfallen. Die Provisions- 59 anwartschaft entfällt korrespondierend206. Die aufschiebende Bedingung führt zunächst zur Provisionsanwartschaft. Ein endgültiger Provisionsanspruch entsteht jedoch nur, wenn neben den TB-Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 auch die Bedingung eintritt207. Es liegt eine zweifach gestufte Bedingung vor. Wird vor Eintritt der Bedingung für den Abschluss das Geschäft rückgängig gemacht, kann der Provisionsanspruch nur unter den Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 BGB Bestand behalten (für dessen Anwendung dann im Hinblick auf § 87a die Ausführung des Geschäfts im Zweifel unterstellt werden muss). So insbesondere, wenn die Ausübung des Rücktritts bei Geschäftsabschluss vorbehalten worden war, etwa bei der Klausel „freibleibend“208. Bei auflösender Bedingung 200

201

202 203

OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, WM 2011, 167 m. krit. Anm. Baumert FD-InsR 2011, 313542; OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09, WM 2011, 164. Schmidt-Rimpler S. 118 (mit Reichel Die Maklerprovision [1913] S. 27); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 14. Schmidt-Rimpler a.a.O.; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 14. OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, WM 2011, 167 m. krit. Anm.

204 205 206 207 208

Baumert FD-InsR 2011, 313542; OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09, WM 2011, 164. OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09, WM 2011, 164. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 14; Hopt § 87 Rn 7; Schröder § 87 Rn 10. BGH WM 1991, 76; Küstner/Thume I Rn 854; Westphal I Rn 467; Hopt § 87 Rn 7. Westphal I Rn 467. OLG Hamburg Recht 1923 Nr. 530.

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des Geschäfts ist der Entstehungsgrund für die Provision zunächst gegeben; das Endgültigwerden des Provisionsanspruchs hängt aufschiebend bedingt von einem der Tatbestände des § 87a ab. Tritt vor oder nach dem letzteren Zeitpunkt die auflösende Bedingung für den Geschäftsabschluss ein, kommt dem HV allenfalls § 162 Abs. 2 BGB zugute, sonst ist der Provisionsanspruch hinfällig geworden. Anders nur bei Gebrauchsüberlassungs- oder Nutzungsverträgen, die bei Eintritt der auflösenden Bedingung bereits in Vollzug gesetzt gewesen waren, weil die auflösende Bedingung nur ex nunc wirkt (§ 158 Abs. 2 BGB) und die bis dahin erbrachten Leistungen mit Rechtsgrundlage erbracht bleiben. Mit dem vertraglich vorbehaltenem209 oder gesetzlichen Rücktritt wandelt sich das Geschäft nach § 346 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis um, so dass die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind. Es kann damit keine Grundlage für einen Provisionsanspruch des HV bilden210. Sofern eine Kündigung des Geschäfts zulässig ist, wird sie erst mit Zugang wirksam. Die bis dahin ausgetauschten Leistungen sind provisionspflichtig211, die danach ausgetauschten, wenn sie von beiden Parteien akzeptiert werden (konkludente oder ausdrückliche Vertragsfortsetzung). Wird die Ungültigkeit später – ohne Durchbrechung des ursächlichen Zusammenhangs des Geschäfts mit der Tätigkeit des HV – behoben (Heilung nach § 313 S. 2 BGB, formgerechter Neuabschluss), entsteht der Provisionsanspruch mit tatsächlicher Durchführung (soweit sich der Kunde nicht später wirksam auf die Unwirksamkeit beruft), mit wirksamen Vergleich212 (soweit der Provisionsanspruch nicht bereits vorher entstanden war213) oder mit Heilung214, je nachdem, welcher Zeitpunkt eher eintritt. Bei unterschiedlichen Beträgen aus den jeweiligen Heilungsschritten werden jene jeweils zum Zeitpunkt der Durchführung fällig. Hat der Unternehmer die Nichtigkeit verursacht und liegt hierin eine Pflichtwidrigkeit gegenüber dem HV, schuldet er ihm Schadenersatz215, sofern der Grund der Nichtigkeit es zulässt. Auch eine Anwendung des § 87 Abs. 3 analog wird vertreten216. Bei teilweiser Nichtigkeit eines Vertrages kommt es darauf an, ob der gültige Teil nach § 139 BGB Bestand hat. Die Provision ist dann allein aus dem gültigen Teil zu berechnen217 (bei Verstoß gegen Preisvorschriften etwa von dem gesetzlich zugelassenen Preis ohne Rücksicht darauf, was wirklich gezahlt worden ist218). 4. Fehlende Provisionsanwartschaft. Kein Provisionsrecht rechtfertigen Geschäfte, die den Abschluss verbindlicher Verträge erst in Aussicht stellen oder vorbereiten219, ohne dass er sicher ist. Dies ist eine Frage der Klagbarkeit, nicht erst der nachfolgenden hinreichenden Kausalität zwischen Werbung des HV und Einzelgeschäft. Das setzt auch eine hinreichende Bestimmtheit des vermittelten Geschäftes voraus: Eine Provisionsanwartschaft entsteht nur hinsichtlich der Geschäfte, die bereits in den Einzelheiten festgelegt sowie verbindlich bestellt und allenfalls – wenn ein fester Liefertermin nicht vereinbart ist – noch 209 210 211 212 213 214

Hopt § 87 Rn 7. Westphal I Rn 465; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 283. Westphal I Rn 466. OLG Köln NJW-RR 1992, 226. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 29.

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Hopt § 87 Rn 7. Canaris § 15 Rn 57. Westphal I Rn 464; Hopt § 87 Rn 7; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 8. OLG Düsseldorf MDR 1957, 168 [L]. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; Schröder § 87 Rn 8a.

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abzurufen sind, so dass es keiner weiteren Vertragsverhandlungen bedarf und die Handlung des HV „automatisch“ zur Gegenleistung des Unternehmers führt220. Der Vorbehalt einer Preisanpassung bei künftigen Lieferungen ist wegen § 315 BGB unbeachtlich221. Keine Provisionsanwartschaft begründen etwa: – Vorverträge222 durch die das provisionspflichtige Umsatzgeschäft noch nicht verbind- 65 lich abgeschlossen wird223. Zur Erfüllung der Anwartschaft reicht der Abschluss eines bloßen Vorvertrages nicht aus224, und zwar selbst dann nicht, wenn er zum Abschluss des Hauptvertrages verpflichtet225, es sei denn, er besitzt bereits die einem endgültigen Vertrag vergleichbare bindende Wirkung226 und führt daher quasi „automatisch“ zum Abschluss des Einzelgeschäfts (siehe Rn 66). Zwar liegt ggf. schon eine Verpflichtung des Kunden vor, demnächst den Hauptvertrag auf Lieferung abzuschließen. Dennoch ist der Güterumsatz noch nicht in der Weise effektuiert, wie das nach dem Inhalt des HV-Vertrages und der darin festgelegten Tätigkeitspflichten des HV vorausgesetzt ist. Der Unternehmer „hat“ noch nicht das, was er endgültig haben soll, vielmehr muss er Weiteres aufwenden, um zu einem durchsetzbaren Liefergeschäft zu gelangen. Der Unterschied zeigt sich, wenn es bei Beendigung des HV-Verhältnisses noch nicht zum Einzelabschluss (beim Rahmenvertrag) oder zum Abschluss des Hauptvertrages (beim Vorvertrag) gekommen ist. Erfolgen diese Abschlüsse erst jetzt, sind sie nicht mehr provisionspflichtig227. Allenfalls Provisionsansprüche aus § 354 können dann im Einzelfall begründet sein – Listungen bei Einzelhandelsketten, mit welchen der Kunde den Unternehmer durch Eintragung in „Listen“ in den Kreis seiner Lieferanten aufnimmt228 – „freibleibende Abschlüsse“, bei denen die Provision, und zwar auch die Provisionsanwartschaft, erst mit Ausführung des Kundengeschäfts entsteht229 – „Aufbauverträge“ im Versicherungsrecht230 – aufschiebend bedingte Geschäfte. Das für die Vermittlung eines aufschiebend bedingten Geschäfts Gesagte trifft auch für die Vermittlung einer Option zu231, insoweit diese als perfekter Vertragsabschluss unter einer Bedingung (der Ausübung der Option) angesehen werden kann. 5. Rahmenverträge über Teilleistungen. Bei Rahmenverträgen, die die Lieferung von 66 Teilleistungen regeln, zu deren Ausführung jedoch noch Einzelverträge geschlossen werden müssen, liegt eine für die Provisionsanwartschaft hinreichende Klagbarkeit des Einzelgeschäfts nur vor, falls der Rahmenvertrag bereits die Einzellieferungen nach Grund 220 221 222 223

224

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; Schröder § 87 Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10; Hopt § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 62. Schmidt-Rimpler 117, Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8. Bei v. Gamm NJW 1979, 2492 wird eine Entscheidung des BGH vom 30.08.1964 – VII ZR 83/62 – für das Gegenteil zitiert, ohne dass jedoch die Begründung erkennbar wird (Vorvertrag „kann“ genügen).

225 226 227 228 229 230

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Westphal I Rn 462; Hopt § 87 Rn 7. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 283. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10. BAG, Urt. v. 28.21984 – 3 AZR 472/81, VersR 1984, 897; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15. OLG Düsseldorf OLGR 1997, 146; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15.

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und Höhe regelt und deshalb bei Abschluss des Rahmenvertrages der Umfang der Einzellieferungen feststeht. Die Kontrollfrage lautet: Führt der Rahmenvertrag automatisch zum Einzelgeschäft, welches dem Unternehmer den erstrebten wirtschaftlichen Vorteil generiert? Nur wenn diese Frage mit „Ja“ zu beantworten ist, entsteht die Provisionsanwartschaft des HV. Die bloße Vermittlung eines Rahmenvertrages mit Bezugsrechten des Kunden, die erst später durch Einzelabschlüsse umgesetzt werden müssen, begründet noch keinen Provisionsanspruch, es sei denn, gerade solche Rahmenabkommen sind nach dem HV-Vertrag das zu vermittelnde Objekt232. Im Einzelnen:

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a) Sukzessivlieferungsvertrag. Ein Sukzessivlieferungsvertrag verpflichtet den Kunden, über einen bestimmten Zeitraum bereits bei Vertragsschluss nach Umfang und Menge spezifizierte Leistungen des Unternehmers in Raten abzunehmen, wobei die Leistungsmenge von vornherein bestimmt ist oder durch den Kunden im Rahmen der Gesamtmenge nach Bedarf festgelegt wird233. Meist wird auch die Leistungszeit bestimmt, zwingend ist dies nicht, solange die abzurufende Menge sicher ist. Denn der Abruf mag ggf. flexibel durch den Kunden gewünscht werden234. Es bedarf keiner weiteren Vertragsverhandlungen235, damit das Geschäft „steht“. Unbeachtlich ist der zeitliche Abstand zwischen Abschluss und Lieferung236. Da es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag mit mehreren Teillieferungen handelt, entsteht die Provisionsanwartschaft bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in voller Höhe237 und bezieht sich auf sämtliche Teilleistungen während der von vornherein vereinbarten festen Vertragsdauer, unbestimmten und fortdauernden Vertragslaufzeit oder mangels Kündigung eintretenden automatischen Vertragsverlängerungen des Dauerschuldverhältnisses, auch auf solche Teilleistungen, die erst nach Beendigung des HV-Vertrages zur Ausführung gelangen238. Das gilt auch dann, wenn die Lieferung auf Abruf erfolgen soll239, solange das „Ob“ des Abrufs sicher ist. Beispiele sind der Bezugsvertrag über Loseblattsammlungen240 oder der Vertrag über eine Aufbauversicherung, bei der sich die Versicherungssumme in regelmäßigen Zeitabständen erhöht241. Allerdings entsteht die Anwartschaft aufschiebend bedingt auf die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer242. Die Provisionsanwartschaft wird jeweils dann zum Provisionsanspruch, wenn eine Einzellieferung erfolgt243; die Ausführung des Kundengeschäftes (vor oder nach dem Ende des HV-Ver232

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BGH NJW 1958, 180 (das Urteil kennzeichnet allerdings einen Extremfall, weil der HV zur Vermittlung des fraglichen Produkts nicht verpflichtet war, deshalb wurde Anspruch aus § 354 gewährt); OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 6, anders freilich 11a. Thume MDR 2011, 703 (705); Küstner/ Thume I Rn 865, 941; Westphal I Rn 468; MünchKomm/HGB-v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. Thume MDR 2011, 703 (705). Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; MünchKommHGB v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59.

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238 239 240 241 242 243

BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180; Thume MDR 2011, 703 (705); Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527); Döpfer in: FS Thume, S. 35, (38); MünchKommHGB v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. Döpfer in: FS Thume, S. 35, 38; MünchKomm HGB v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. MünchKommHGB v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. MünchKommHGB v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60. MünchKommHGB v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 61; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15. Küstner/Thume I Rn 865, 941; Westphal I Rn 471. Küstner/Thume I Rn 942; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a.

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trages) hat also nur für die Fälligkeit der Provision Bedeutung244. Wird der Vertretervertrag beendet, ehe der Sukzessivliefervertrag in vollem Umfang ausgeführt ist, liegt kein nachvertraglicher Geschäftsabschluss nach § 87 Abs. 3 vor245 und es sind dem ausgeschiedenen HV alle in der Zeit nach der Vertragsbeendigung erfolgenden Einzellieferungen als Überhangprovision zu verprovisionieren246, sofern keine wirksame247 Provisionsverzichtsklausel vereinbart wurde248. Döpfer sieht Serienbelieferungsverträge der Kfz-Branche als dem Sukzessivlieferungsvertrag nahe249 (analoge Anwendung?). b) Bezugs-, Liefer- oder Rahmenverträge. In Abgrenzung zum Sukzessivliefervertrag 68 handelt es sich bei Bezugs- und Lieferverträgen um bloße Rahmenverträge, zu deren Ausführung noch einzelne Kaufverträge abgeschlossen werden müssen und aus denen die Provisionsanwartschaft nicht „automatisch“ entsteht 250. Es mag bei Abschluss des Rahmenvertrages eine Berechtigung des Kunden251 bestehen, jedoch mangelt es zu diesem Zeitpunkt an einer verbindlichen Bestellung252. Die Provisionsanwartschaft nach § 87a entsteht gem. § 87a Abs. 1 erst, wenn einer der Vertragspartner den Einzelvertrag ausführt253. Beispiele sind etwa Bedarfsdeckungsverträge254 (etwa Versorgungs-255 [Gas, Wasser] und Entsorgungsverträge256), bei denen die beabsichtigte Deckung des Bedarfs des Kunden bei dem Unternehmer angekündigt oder der Kunde sogar zum ausschließlichen Bezug beim Unternehmer verpflichtet257 wird, Rahmenbezugsverträge258, etwa von Kfz-Zulieferern259, Bierlieferverträge260, das Einräumen einseitiger Bezugsrechte zugunsten des Kunden261, „Kundenkarten“ etwa der Mineralölunternehmen (ihre Vermittlung ohne die von Einzelgeschäften begründet, soweit keine anderen Unternehmervorteile ersichtlich sind, auch keinen Ausgleichsanspruch262) oder Betriebsvereinbarungen und Abrufscheine263. Der entscheidende Unterschied zum Sukzessivlieferungsvertrag ist, dass es bei den Bezugs- oder Lieferverträgen an der Festlegung einer mengenmäßigen Bindung des Kunden fehlt264, weil sich die Menge nach dem Bedarf des Abnehmers richtet. Auch fallen hierunter Sachverhalte, in welchen dem Kunden einseitig das Recht zum Bezug eingeräumt wird, ohne ihn zu verpflichten265. Dieser Rahmenvertrag ist nach Abs. 1 provisionsrechtlich unbeachtlich. Zur Aus- 69 gleichspflicht § 89b Rn 216. Eine Provisionsanwartschaft entsteht erst mit Abschluss des 244 245 246 247

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Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). Hierzu BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Küstner/Thume I Rn 943; Westphal I Rn 471. Döpfer in: FS Thume, S. 35, (47). BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180 = DB 1957, 1222; Thume MDR 2011, 703 (705). Döpfer in: FS Thume, S. 35, (39). OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 15. Döpfer in: FS Thume, S. 35 (39). Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 11a.

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Thume MDR 2011, 703 (705). Thume MDR 2011, 703 (705). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527 f). BGH NJW 1958, 180; Hopt § 87 Rn 7. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; hierzu Döpfer in: FS Thume, S. 35 ff. Thume MDR 2011, 703 (705). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60. BGH, Urt. v. 12.02.2003 – VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821 = WM 2003, 2095; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 74 f. OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). Küstner/Thume I Rn 867, 944; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60.

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jeweils in Ausführung des Rahmenvertrages geschlossenen Einzelgeschäftes266, sofern der Vertreter dessen Abschluss mitursächlich förderte und der HV-Vertrag zu diesem Zeitpunkt noch besteht. Dabei reicht nach Ansicht des OLG Saarbrücken267 ein Rest an Überzeugungsarbeit für die Mitursächlichkeit aus. Da es keine feste Bindung im Hinblick auf die einzelnen Lieferungen gibt, steht dem Vertreter grundsätzlich auch keine nachvertragliche Provision zu268. Für die erst nach Ende des HV-Vertrages in Ausführung des Bezugsvertrages geschlossenen Einzelgeschäfte kann aber ein Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 entstehen, sofern die Einzelgeschäfte innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen wurden (Rn 135), weil der HV die Geschäfte vermittelt, sie eingeleitet oder so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist269. Das aus § 87 Abs. 3 hergeleitete Provisionsrecht besteht für eine angemessene Zeit während der gesamten Vertragsdauer des vermittelten Dauerschuldvertrages. Eine zeitliche Begrenzung ist insb. bei automatischer Verlängerung infolge fehlender Kündigung des vermittelten Rahmenvertrages interessant270. In einem solchen Fall kann nach Beendigung des HV-Vertrages eine Frist von 4 Jahren angemessen sein, innerhalb derer die auf Grund des Rahmenvertrages erfolgten Bestellungen einen Provisionsanspruch des HV nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 auslösen271. Außerdem soll ein Anspruch aus § 354272 denkbar sein. Eine Provisionspflicht auch bei Vermittlung von Bezugsverträgen kann nach Ansicht von Thume aber abweichend von der bisher h.M. entstehen, wenn der HV gerade Bezugsverträge, auch Versorgungsverträge über Strom, Wasser etc.273, und nicht bloß (noch nicht zustande gekommene) Einzelgeschäfte vermitteln sollte274. Aufschiebende Bedingung der Provisionspflicht wäre das Zustandekommen des Einzelgeschäfts275.

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6. Eigengeschäfte? Ob Eigengeschäfte des HV provisionspflichtig sind, ist umstritten. § 87 Abs. 1 fordert lediglich ein Geschäft, welches auf eine Tätigkeit des HV zurückzuführen ist. Das spricht für eine Provisionspflicht276. Andererseits lässt Abs. 1 bei den Folgegeschäften erkennen, dass das Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen werden muss, ebenso § 87a Abs. 2. Wie § 84 Abs. 1 zeigt, liegt nur dann HV-Tätigkeit vor, wenn der Mittler Geschäfte vermittelt oder im Namen des Unternehmers abschließt, wofür ebenfalls die Existenz eines Dreipersonenverhältnisses Voraussetzung ist. Dem HV wird seine Provision für die Vermittlungsbemühungen gezahlt, an der es möglicherweise mangelt, falls ein Insichgeschäft vorliegt277. Nach diesem Verständnis der Provision als 266 267 268 269

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60. NJW-RR 2003, 900 (901). Küstner/Thume I Rn 944. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.1977 – 23 U 82/76, DB 1977, 817; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528); Döpfer in: FS Thume, S. 35, (40); Küstner/Thume I Rn 944; Westphal I Rn 472. OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.1977 – 23 U 82/76, DB 1977, 817; Döpfer in: FS Thume, S. 35, (40). OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Döpfer in: FS Thume, S. 35, (43).

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BGH NJW 1958, 180; ablehnend Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528) – Spezialität des § 87 Abs. 3; der BGH wandte das vor 1953 geltende Recht an. Thume MDR 2011, 703 (707). Thume MDR 2011, 703 (706); siehe auch BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = MDR 2010, 35 Rn 38 zum Telefonvertrag. Thume MDR 2011, 703 (706). Für die Provisionspflicht von Eigengeschäften deshalb Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 7. So OLG Celle, Urt. v. 14.11.1969, BB 1970, 51 = DB 1970, 582; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 7.

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Erfolgsvergütung für geleistete Tätigkeit wird vorausgesetzt, dass die Tätigkeit an einem Dritten geleistet sein muss, der als Kunde für jenes Geschäft gewonnen wurde. Nur so soll die Gleichheit der Betrachtungsebene mit der 2. Alt. des Abs. 1 S. 1 hergestellt werden. Systematisch sprechen viele Gründe gegen eine Provisionspflicht278. Dem kann – so Schnitzler279 – nicht entgegenhalten werden, dass der HV grundsätzlich jeden, also auch sich selber, als Kunden werben darf. Das mag zwar richtig sein, beantwortet aber nicht die Frage der Provisionspflicht. Es fragt sich jedoch, ob dieses systematische Argument nicht hinter einer aus der Treupflicht entspringenden Pflicht des Unternehmers zurücktreten muss, die ersparte Provisionszahlung an den Vertreter weiterzugeben, zumal er den Vorteil des Geschäftsschlusses hat (§§ 812 BGB, 354 HGB). Nach vielfach bestätigtem Handelsbrauch wird dem HV aber jedenfalls Provision bewilligt, sofern er nicht etwa zu besonderem Preise bezieht280. Daran schließt sich die Folgefrage an, wie der Fall der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen HV und Kunden zu beurteilen ist. Ich neige hier zu einer formalen Betrachtungsweise, die allein auf die rechtliche Selbständigkeit des Kunden abstellt und dem HV seine Provision sichert (§ 84 Rn 48). Dafür spricht, dass der Unternehmer die Vorteile des Geschäfts erhält. Problemlos sind die Fälle, in welchen der Unternehmer von der Verbindung zwischen Kunden und HV weiß und dennoch Provision zahlt. Hier wird meist ein (konkludentes) Einverständnis mit der Provisionspflicht vorliegen. 7. Die verschiedenen Provisionsarten a) Tätigkeitsprovision. Gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 1. Alt. erwirbt der HV eine Provi- 71 sionsanwartschaft, falls der Geschäftsabschluss während des HV-Vertrages auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist. Diese Tätigkeitsprovision ist eine von drei Provisionsalternativen und der typische281 Grundtatbestand des Provisionsrechts, der allerdings rechtstatsächlich häufig durch die Bezirksprovision des Abs. 2 ersetzt wird. Neben ihr kennt § 87 in seinem Abs. 1, 2. Alt. die Folgeprovision und § 87 Abs. 2 die Bezirksprovision (siehe unten). aa) Kausalität. Die Tätigkeit des HV muss ursächlich für den konkreten Geschäfts- 72 abschluss sein. Erste Bedingung hierfür ist Kausalität iSd Äquivalenztheorie: Die Tätigkeit darf im Sinne einer conditio sine qua non282 nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Abschluss des Geschäftes entfällt283 oder zumindest zweifelhaft wäre284. Ausreichend ist jede auch mittelbare oder geringe285 objektive Mitursächlichkeit286, die das Zustandekommen des jeweiligen Geschäftes zu den abgeschlossenen Bedingungen287 (wobei geringfügige Abweichungen irrelevant sind, es kommt auf den Kern des Ge-

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Küstner/Thume I Rn 846; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 7. BB 1965, 463. OLG Hamburg OLGE 36, 258, Ind.- und Handelsk. Berlin: 1926 Nr. 126, 1930 Nr. 124; Gutachten der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin, Neue Sammlung I S. 35 Nr. 47, S. 64 Nr. 23, 24. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 4. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 33. Küstner/Thume I Rn 757. Westphal I Rn 474; Ebenroth/Löwisch § 87

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Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 33. OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 Rn 13 = WM 2006, 1358; BAG, Urt. v. 04.11.1968 – 3 AZR 276/67, DB 1969, 266; BAG, Urt. v. 22.01.1971 – 3 AZR 42/70, DB 1971, 779; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 19; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 18; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 31; Hopt § 87 Rn 11; Schröder § 87 Rn 16; Westphal I Rn 284. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 19.

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schäfts288 an) gefördert, mitbewirkt bzw. den Kunden motiviert hat. Das ergibt bereits der Gegenschluss aus Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 3. Eine überwiegende Kausalität ist nur bei Geschäften erforderlich, die erst nach Beendigung des HV-Verhältnisses abgeschlossen wurden (§ 87 Abs. 3)289. Der HV muss den Kunden in irgendeiner Weise – durch Hervorrufen des Entschlusses zum Vertrag, Beeinflussung des Kunden im Interesse des Unternehmers290 oder Beseitigung von Widerständen – zum Vertragsschluss motiviert291 und diesen dadurch gefördert haben292. Der Provisionsanspruch setzt – anders als der Ausgleichsanspruch – nicht voraus, dass der HV den Kunden für den Unternehmer neu geworben hat293. Der Abschluss braucht nicht das alleinige Verdienst des HV sein (derartiges wäre auch, zumal bei dem schwer abzuschätzenden Faktor einer hinzukommenden unternehmenseigenen Werbung oder Sogwirkung der Marke, kaum je annähernd sicher festzustellen). Der Unternehmer darf zum Beispiel einzelne Teile für eine zu liefernde Sache selbst beschaffen, wenn der HV das Geschäft über eine Gesamtsache gefördert hat294. Es bedarf auch keiner persönlichen Tätigkeit des HV295, diejenige seiner Beauftragten, Angestellten oder Untervertreter ist ihm als Mitverursacher zuzurechnen296. Auf das Maß der Mühewaltung des HV kommt es nicht an. Der Unternehmer braucht, wenn er selbst den Abschluss perfekt macht, nicht zu wissen, dass und in welcher Weise sein HV vermittelnd vorgearbeitet hat, es genügt der Direktabschluss des Unternehmers in Kenntnis (oder bei Kennenmüssen) der Mitkausalität des HV297, wobei der HV aber im Nachhinein für die Kausalität beweispflichtig ist. Selbst wenn der Unternehmer den HV ausschaltet und den Abschluss selbst herbeiführt kann bei Kausalität des HV für das Geschäft Tätigkeitsprovision geschuldet sein298. Der HV braucht nicht einmal mit dem Kunden verhandelt oder gesprochen zu haben, wenn das auch in der Rechtsprechung gelegentlich als wesentlich herausgestellt wird299. Die Art der Mitursächlichkeit ist also grundsätzlich unerheblich300. Das OLG Saarbrücken301 hat etwa „einen Rest an Überzeugungsarbeit“ genügen lassen, wobei richtigerweise noch nicht einmal Überzeugungsarbeit als solche erforderlich sein dürfte. Der Unternehmer kann sogar selbst oder durch Mitarbeiter zum Geschäftserfolg beigetragen haben302, solange nur der Vertreter ebenfalls mitursächlich war. Gleiches gilt für die Tätigkeit eines angestellten Reisenden, oder dritter Personen303. Auf die Provisionshöhe hat das ebenfalls keinen Einfluss. Es wäre schwer möglich, solche zusammentreffenden Ursächlichkeiten rechnerisch gegeneinander

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OLG Hamburg NJW-RR 1996, 869. BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779; OLG Nürnberg BB 1959, 391; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 19; Hopt § 87 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 34; Schröder § 87 Rn 16. LAG Mannheim DB 1971, 1016; Schröder § 87 Rn 15. LAG Mannheim DB 1971, 1016; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 19; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 18; Schröder § 87 Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 33. Küstner/Thume I Rn 734; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 19. OLG Braunschweig DB 1956, 794; Hopt § 87 Rn 12.

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BFH, Urt. v. 10.06.1999 – VR 10/98, DB 1999, 1988; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 19; Hopt Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 31; Schröder § 87 Rn 21. BFH DB 1999, 1988; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 19; Schröder § 87 Rn 21. OLG Nürnberg BB 1959, 391; Hopt § 87 Rn 11. RG HRR 33, 940; Hopt § 87 Rn 12. BAG DB 1969, 266 – für den angestellten Reisenden. Küstner/Thume I Rn 757. OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). BGH VersR 1971, 460; BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779; Hopt § 87 Rn 11. BAG DB 1971, 779.

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abzugrenzen. Nicht einmal eine überwiegende Ursächlichkeit der eigenen Tätigkeit des Unternehmers oder der von ihm eingeschalteten Dritten würde den Provisionsanspruch berühren (arg. Abs. 3). Wenn der Unternehmer Provisionen als Erfolgsvergütungen zusagt, soll der Erfolg auch dann honoriert werden, falls Zufall oder die Tätigkeit anderer mit oder sogar in erster Linie zum Erfolg beigetragen hat304. Bloßer Nachweis für die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages genügt nicht305; der HV ist nicht Nachweismakler. Ebenso fehlt bei einem bereits vom Kauf überzeugten Kunden eine Mitursächlichkeit des Vertreters306. Allerdings werden in einem zweiten Schritt bestimmte Fallgruppen im Wege einer 73 wertenden Typenkorrektur, vergleichbar der Einschränkung der Äquivalenz- durch die Adäquanztheorie von der Kausalität, ausgenommen. Das gilt insbesondere für Fälle der mittelbaren Kausalität. Die Tätigkeit muss in Ausführung des HV-Vertrages erbracht worden sein, d.h. zu den 74 vertraglich geschuldeten Tätigkeiten des HV gehören307, wofür bei Verursachung während eines laufenden Vertretervertrages eine Vermutung sprechen dürfte. Aus einer dem HV nicht übertragenen, vertragsfremden, die Vollmacht überschreitenden, ihm untersagten oder in sonstiger Weise nicht vertragsgemäßen Tätigkeit, mit der der Unternehmer nicht einverstanden ist, kann ein vertraglicher Provisionsanspruch nach § 87 nicht entstehen308, ebenso wenig – Typenkorrektur – die Verursachung durch eine rechtswidrige Drohung, wobei man es hier wohl dem Kunden überlassen sollte, ob er gem. § 123 BGB anficht. Wie der Umkehrschluss aus Abs. 1 Alt. 2 (Folgegeschäfte) als gesonderter Provisions-TB zeigt, ist die Mitursächlichkeit am Vorgeschäft regelm. zu fern, um eine Tätigkeitsprovision nach Abs. 1 Alt. 1 zu verdienen. Auch begrenzt sich die Ursächlichkeit auf das, was relevant ursächlich ist. Der Provisionsanspruch ist zumindest begründet, wenn sich der HV soviel betätigt hat, wie von ihm nach seinen Vertragsbedingungen an Mitarbeit erwartet werden kann309. Die Mitverursachung wird allerdings nicht dadurch ausgeschlossen, dass der HV weniger tut, als er nach dem Vertrag schuldet310. Nicht ausreichend ist aber, wenn sein Vertrag ihn verpflichtet, die Kunden nicht nur zu werben, sondern auch eingehend zu beraten und demnächst eine annahmefähige Offerte vorzulegen, er sich aber darauf beschränkt hat, einen Interessenten lediglich anzuschreiben und ihn auf Referenzen zu verweisen, daraufhin alles weitere aber ohne seine (des HV) Mitwirkung ablaufen zu lassen. Eine starke Sogwirkung der Marke311 schließt die Mitursächlichkeit nicht ohne Weiteres aus. In einem solchen Fall wird regelmäßig die Provision besonders niedrig liegen. Welche Art der Tätigkeit ausreichend ist, beurteilt sich nach Vertragsinhalt312, Bran- 75 che und Vermittler unterschiedlich. Auch kann an die Mitursächlichkeit eines Abschlussvertreters möglicherweise höhere Anforderungen zu stellen sein, als an die eines Vermittlungsvertreters313.

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BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779. LAG Hamm DB 1959, 236. OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 35; Schröder § 87 Rn 13; Westphal BB 1991, 2027 (2028). Küstner/Thume I Rn 772; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 21.

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BAG DB 1971, 779. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 36; aA wohl Westphal Rn 287. Küstner/Thume II Rn 655. BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779; Hopt § 87 Rn 11. Küstner/Thume I Rn 767.

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Ausreichende, ggf. mittelbare Mitursächlichkeit liegt in folgenden Fällen vor: – Offenhalten des Ladenlokals durch einen stationären HV – Veranlassung der zum Abschluss führenden Verhandlungen persönlich durch den HV314 – Mitwirkung an einer Ausschreibung, sofern die Tätigkeit des Vertreters für die Auftragserteilung mitursächlich war315 – Veranstaltung einer Ausstellung durch den Vertreter, um Kaufanreize zu schaffen, Kontaktaufnahme des Kunden aufgrund der Ausstellung316 – Mitwirkung des HV in einem Team von Messebetreuern, von denen derjenige, der gerade frei war, die jeweiligen Interessenten bediente317 – Selbständige Bestellungen von Filialen, die vom HV nicht betreut worden waren, wenn die Hauptniederlassung ständig besucht und betreut wurde318. Man wird hier aber eine Kausalität der Betreuung der Hauptfiliale für die Bestellung der anderen Filiale fordern müssen – Falls der HV einen Abschluss mit der Hauptniederlassung des Kunden vermittelt hat und die Hauptniederlassung die Ware für den Bereich aller Niederlassungen ausmustert, mit der Berechtigung an die Zweigstellen, daraufhin unmittelbar beim Unternehmer zu bestellen: die Bestellungen der Zweigniederlassungen sind dann provisionspflichtig319 (Fall des Abs. 1 S. 1 1. Alt., nicht 2. Alt., weil die selbständig ordernden Zweigstellen nicht mit „dem“ früher geworbenen Kunden identisch sind – von Bedeutung, wenn der Provisionsanspruch aus Nachbestellungen nach Abs. 1 S. 1, 2. Alternative vertraglich ausgeschlossen ist) – Bei einem Direktgeschäft zwischen Unternehmer und Kunde z.B., wenn sich der Kunde auf Veranlassung des HV320, seine Empfehlung321, aufgrund der Vermittlungstätigkeit des HV gegenüber einem dritten Kunden, auf eine Werbemaßnahme des HV oder seine Beratung322 unmittelbar an den Unternehmer wendet – Wachrufen des Entschlusses zum Geschäftsabschluss323 – Sofern der Unternehmer dem Vertreter Adressen potentieller Kunden mit der Weisung bekannt gibt, diese Kunden zu besuchen. Der Interessent wird erst dann Kunde, wenn es zum Geschäftsabschluss kommt. Der Besuch und die Werbung durch den Vertreter sind ausreichende mitverursachende Handlungen324. Wird das Geschäft nach Kontaktaufnahme des Vertreters geschlossen, besteht zudem die Vermutung, es sei auf dessen Tätigkeit zurückzuführen325. Die Mitursächlichkeit wird nicht durch Preisgabe des Kundenstamms oder von Kundenlisten durch den Unternehmer ausgeschlossen, damit ist der Kunde noch nicht für das konkrete provisionspflichtige Geschäft geworben326 314

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OLG Köln BB 1971, 103; BAG AP Nr. 5 zu § 65 HGB = BB 1969, 178; Küstner/Thume I Rn 754; Hopt § 87 Rn 11. BGH, Urt. v. 08.02.1980, NJW 1980, 1793. Küstner/Thume I Rn 758; Westphal I Rn 477; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14a. KG BB 1969, 1062 = HVR-Nr. 397. BGH NJW 1960, 433 = DB 1960, 85; Westphal I Rn 478. BGH NJW 1960, 433. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 20; Schröder § 87 Rn 19a.

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 18; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 20; Schröder § 87 Rn 14a; Westphal Rn 286; einschränkend Hopt § 87 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 37. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 38; Schröder § 87 Rn 14a. Küstner/Thume I Rn 754. Küstner/Thume II Rn 653 f. Küstner/Thume I Rn 762. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 19.

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– Vermittlung eines Aufbauvertrages, in dem Ausweitungen der Leistungen bereits vorgesehen oder vereinbart sind, es sei denn, dass für die Provisionspflicht eine zeitliche Begrenzung vereinbart wurde327 – Beseitigung des Widerstandes gegen einen Geschäftsabschluss328 – Bestellung beim Unternehmer nach einem auf Veranlassung des HV erfolgten Musterkauf329 – Tätigkeit des Vertreters trotz Belistung der Ware bei einem bestimmten Verband oder Abnehmer. Die Listung alleine schließt die Tätigkeitsprovision nicht aus, weil Mitursächlichkeit des Vertreters für die Bestellung ausreicht330 – Regaldienst des HV, wenn sich seine Tätigkeit darauf erstreckt, dass bestehende Fehlbestände durch Nachbestellungen wieder aufgefüllt werden oder veraltete durch neue Ware ersetzt wird331 – Weitergabe der auf den Abschluss des Geschäftes gerichteten Willenserklärungen des Kunden durch den HV332 – Falls Kunde und Unternehmer ihren geschlossenen Vertrag durch einen neuen ersetzen. Der HV erwirbt eine Provisionsanwartschaft unter den Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 1. Alt., andernfalls greift § 87a ein333. Nicht ausreichend ist (Typenkorrektur): 77 – Geschäftsabschluss lediglich aufgrund der Empfehlung eines durch den Vertreter geworbenen Kunden334 (Begrenzung des Grundsatzes, dass mittelbare Kausalität genügt). Dies ist regelmäßig auch kein Fall des Durchgriffs, weil etwa eine Beherrschung oder so enge Verbundenheit zwischen dem Altkunden des HV und dem Drittkunden besteht, dass beide iSd HV-Vertrags gleichzusetzen sind und deswegen die Bestellung/der Vertrag des Drittkunden als vom HV mitverursacht anzusehen ist, indem er zuvor den Altkunden für derartige Geschäfte geworben hatte335, etwa im Falle der Bestellung durch ein mit dem Erstkunden zusammen arbeitendes Unternehmen336. Etwas anderes soll gelten, falls der Vertreter die Empfehlung bei dem von ihm geworbenen Kunden veranlasst hatte337. Auch sonst sind Ausnahmefälle denkbar338, nämlich wenn die Kausalität der Erstwerbung fortwirkt – Eigenbestellungen des HV339 oder Bestellungen eines rechtlich oder wirtschaftlich von einem durch den HV geworbenen Kunden abhängigen Unternehmen, etwa einer Tochtergesellschaft340 (ebenfalls ungenügende mittelbare Kausalität), außer der HV

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BAG BB 1984, 1687 (Versicherung); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 20; Hopt § 87 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 61. OLG Köln BB 1971, 103. OLG Düsseldorf DB 1956, 376; Küstner/ Thume I Rn 758; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 38; Schröder § 87 Rn 14a; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.10.1957 – II ZR 129/56, DB 1957, 1068. OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.02.1988, zitiert nach Küstner/Thume II Rn 658; Küstner/ Thume I Rn 765 f. Küstner/Thume II Rn 652.

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Hopt § 87 Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 20; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10. Westphal I Rn 479; Hopt § 87 Rn 13. So aber Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 22; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 11. Hopt § 87 Rn 13. Westphal I Rn 479. Hopt § 87 Rn 13. Hopt § 87 Rn 15; aA OLG Hamburg OLGE 36, 258 (sofern er nicht Sonderkonditionen erhält). OLG Celle DB 1970, 582 = BB 1970, 51; Küstner/Thume I Rn 760; Westphal I Rn 479; Hopt § 87 Rn 13.

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hätte gerade diesen Gang der Bestellungen bei dem von ihm selbst geworbenen Kunden, der beherrschenden Firma, veranlasst341 – Wenn der Kunde als omnimodus facturus bereits zur Bestellung entschlossen war342 (Problem: Beweisbarkeit und Unsicherheiten bei Dauerkunden343). Beispiele: Falls der HV gegenüber einem schon zum Vertrag entschlossenen Dritten tätig wird, etwa weil der Unternehmer ihn veranlasst hat, ein Angebot nach Formular vom Dritten aufzunehmen, oder weil der Dritte sich nur deshalb an den HV wendet, um einige zusätzliche Auskünfte zu erhalten oder um das schriftliche Angebot bei ihm zur Weiterleitung an den Unternehmer abzugeben. Doch kommt es immer auf den Grad der Mitwirkung (= Mitursächlichkeit) des HV an und es kann in solchen Fällen ein Anspruch auf Auslagenersatz aus § 354 oder, nach Handelsbrauch, aus § 87d begründet sein – Lediglich mittelbare Unterstützung, etwa bloße Schreib344- oder Übersetzungshilfe345 des Vertreters für den die Verhandlungen selbst führenden Unternehmer (mangelnde Zielgerichtetheit werbender Bemühung) – Vermittlung eines Rahmenvertrages über die Anfertigung eines Werkzeuges, mit dessen Hilfe der Unternehmer später Produkte für den Kunden herstellen soll. Beispiel ist etwa ein Werkzeug für die Herstellung von Formteilen im Spitzgussverfahren, deren der Kunde im großen Umfang bedarf, etwa im Kfz-Gewerbe, wo zahlreiche Formteile benötigt werden346. Es ist hier keinesfalls sicher, dass die einzelnen Teile tatsächlich geordert werden.

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(1) Umgehungstatbestände/Konzerngeschäfte. Gibt der Unternehmer das Geschäft an ein mit ihm wirtschaftlich oder rechtlich verbundenes Unternehmen weiter und führt dieses das Geschäft aus, so besteht zwar kein HV-Vertrag zwischen ausführendem Unternehmer und dem Vertreter. Der Unternehmer verstößt jedoch gegen die Treuepflichten des HV-Vertrages sowie gegen seine Leistungstreuepflicht, wenn er auf diese Weise die Kausalität und die Entstehung der Provisionsanwartschaft verhindert. Folge ist eine Schadensersatzverpflichtung nach § 280, § 826 BGB, wobei der Schaden in Höhe der entgangenen Provision netto valutiert347. Ebenso erwirbt der HV einen Schadenersatzanspruch, falls er nachweist, dass der Unternehmer das Geschäft mit Drittunternehmen oder Drittkunden nur in der Absicht vorgenommen hat, den Provisionsanspruch des HV zu umgehen oder zu vereiteln348, wobei es auf objektive Durchgriffserwägungen ankommt, und nicht auf den Umgehungswillen des Unternehmers oder gar des Kunden; letzterer braucht noch nicht einmal Kenntnis des Umgehungstatbestandes zu haben349. Unternehmer und ver-

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Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14b. Canaris § 15 Rn 62; Westphal I Rn 480; nach Hopt § 87 Rn 15 Grenzfall; aA MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87 Rn 32. Hopt § 87 Rn 15. OLG Köln DB 1971, 327 = BB 1971, 103; Küstner/Thume I Rn 768; Hopt § 87 Rn 15. LAG Baden-Württemberg DB 1971, 1016; Küstner/Thume I Rn 768; Hopt § 87 Rn 15. Küstner/Thume I Rn 945. Im Ergebnis BGH, Urt. v. 30.01.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785; BGH, Urt.

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v. 04.12.1986 – I ZR 101/85, NJW-RR 1987, 547; Eberstein: 9. Aufl., S. 79; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 24, wobei z.T. ein: Provisions- und kein: Schadenersatzanspruch zugebilligt wird. BGH, Urt. v. 29.09.1976 – IV ZR 202/75, WM 1976, 1194; RG HRR 1933 Nr. 940; OLG Celle DB 1970, 582; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 22, 50. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 50.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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bundenes Unternehmen handeln als Mittäter iSd § 840 BGB und sind folglich Gesamtschuldner. Ein gegen den Unternehmer gerichteter Provisionsanspruch aus §§ 242 BGB, 87 HGB lässt sich unter Durchgriffsgesichtspunkten ebenfalls begründen350: Kommt das vom HV mitverursachte Kundengeschäft mit einem dem Unternehmer verbundenen (etwa den Unternehmer beherrschendes351) oder von ihm rechtlich oder wirtschaftlich beherrschtes Drittunternehmen zustande, soll eine Provisionsanwartschaft entstehen, sofern die Vermittlungstätigkeit bei redlicher und vernünftiger Auslegung noch vom HV-Vertrag gedeckt ist, wobei es auf den objektiven Umgehungstatbestand und nicht die subjektive Umgehungsabsicht ankommt352. Typischerweise sind auch Geschäfte mit Konzernunternehmen provisionspflichtig353. Jedenfalls besteht die Provisionspflicht im Falle der wirtschaftlich selbständigen Entscheidung des Kunden354, z.B. beim Abschluss durch ein in Produktion und Vertrieb selbständiges Schwesterunternehmen355. (2) Identität des Gegenstandes des Abschlusses mit dem der Vermittlung. Die Kausa- 79 lität für den Vertragsschluss bleibt bestehen, wenn das Geschäft im Anschluss an den kausalen Beitrag des HV abgeändert wird, solange die Identität des wirtschaftlichen Kerns besteht356. Während beim Abschlussvertreter die Identitätsfrage nicht auftaucht, weil er den Abschluss perfekt macht, kann es beim Vermittlungsvertreter vorkommen, dass er ein Geschäft vermittelt, dessen Inhalt bis zum Abschluss dann noch in der einen oder anderen Richtung abgewandelt wird. Schröder357 bildet das Beispiel, dass statt der Bezahlung in Geld ein Tauschentgelt vereinbart wird. Die sehr strengen Anforderungen an die wirtschaftliche Identität im Maklerrecht358 (Staub § 93 Rn 100) sollten nicht übertragen werden, auch wenn diese Abgrenzung dogmatisch schwer begründbar erscheint. So wird auch in der Praxis verfahren. Denn die Problematik spielt – anders als im Maklerrecht – im HV-Recht keine Rolle. Die engen Treupflichten des HV-Vertrages sowie die dort geltenden geringeren Anforderungen an die Mitursächlichkeit könnten dies Ergebnis begründen. Vor allem wird der Unternehmer durch die Annahme des Geschäfts dieses regelmäßig genehmigt haben (Staub § 93 Rn 103). Handelt es sich um einen Bezirksvertreter, schuldet der Unternehmer ohnehin Provision auf alle Geschäfte, also auch wirtschaftlich ungleichwertige. Eine inhaltliche Änderung der Sachleistungspflicht ist unschädlich, solange das Geschäft in seiner endgültig zustande gekommenen Gestalt noch auf die Vermittlungstätigkeit des HV rückführbar bleibt. Wenn die beiden Geschäftspartner zwar von dem vermittelten Objekt absehen, aber die Gelegenheit, miteinander in Kontakt gekommen zu sein, dazu benutzen, um ein ganz anderes Geschäft zu schließen, würde das einen Provisionsanspruch nicht mehr begründen können. (3) Beweislast. Den Beweis für die Tätigkeit und (Mit)Ursächlichkeit hat der HV zu 80 führen359. Zum Beweise des ersten Anscheins genügt es jedoch, sofern er nachweist, dass er sich in Richtung auf den Geschäftsschluss betätigt hat, z.B. durch einen abgestatteten Kundenbesuch360. 350 351 352

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 22. BGH WM 1987, 546; Hopt § 87 Rn 14. BGH NJW 1981, 1785; OLG Köln HVR Nr. 526; OLG München HVR Nr. 1103; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 14. Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 2. Hopt § 87 Rn 14.

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LG Münster MDR 1983, 673; Hopt § 87 Rn 14; zur Verlagerung im Konzern Maier BB 1970, 1327. Westphal I Rn 481. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 5. Fischer DB 2009, 887. Hopt § 87 Rn 16. OLG Nürnberg BB 1959, 391; Hopt § 87 Rn 16.

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bb) Abweichende Vereinbarungen. § 87 Abs. 1 S. 1 1. Alt. ist dispositiv. Abweichende Vereinbarungen sind daher zulässig361. Häufig ist eine Regelung, derzufolge ein Geschäft nur dann provisionspflichtig ist, wenn es nicht nur abgeschlossen ist, sondern darüber hinaus auch vom vertretenen Unternehmer ausgeführt wurde. Meist wird sogar vereinbart, dass nur solche Geschäfte provisionspflichtig sind, die vom Kunden durch Zahlung des Kaufpreises erfüllt werden362.

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b) Folgeprovision. Die Werbung eines Kunden durch den HV stellt darauf ab, ihn wo immer möglich als Stammkunden für den Unternehmer zu gewinnen. Ob dieses Ziel erreicht ist, zeigt sich an Folgeaufträgen (Nachbestellungen). § 87 Abs. 1 S. 1 2. Alt. will dem HV hierfür eine Gegenleistung gewähren: Er erwirbt auch ohne eine Tätigkeit, eine Mitverursachung oder eine Kausalität seiner Vermittlungsbemühungen eine Provisionsanwartschaft, falls das Geschäft mit einem Kunden abgeschlossen wird, den der HV für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Die Folgeprovision honoriert dreierlei. Zum einen die kausale Nachwirkung des ver83 mittelnden Erstauftrages, der letztlich auch für den Folgeauftrag mitursächlich war. Das Gesetz unterstellt in Abs. 1 S. 1 2. Alt. eine solche fortwirkende oder mittelbare363 Ursächlichkeit der Bemühungen des HV, die zu dem Erstauftrag geführt haben. Zum zweiten die Werbung eines Stammkunden, der für den Unternehmer besonders wichtig ist364. Zum dritten besteht die Vermutung, dass ein Stammkunde mit der Betreuung – auch durch den HV – besonders zufrieden ist, und seine Werbung einen über die Werbung des Einmalkunden hinausgehenden Einsatz fordert, der vergütet werden soll. Es handelt sich bei § 87 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. um einen gesetzlichen Fall des provisions84 rechtlichen Kundenschutzes. Die näheren Umstände, unter denen die Nachbestellung zustande gekommen ist, haben auf die Provisionspflichtigkeit zugunsten des HV keinen Einfluss. Insbesondere muss keine Mitursächlichkeit des HV für das Folgegeschäft existieren365, sie wird unwiderleglich366 vermutet. Die Tatsache einer Nachbestellung als solche entscheidet; mag selbst der Kunde die weitere Zusammenarbeit mit dem HV mittlerweise ablehnen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung ist es unerheblich, ob der Kunde die späteren Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung, im eigenen oder fremden Namen abschließt; entscheidend ist, dass er die rechtsgeschäftliche Willensentschließung trifft. Das schließt nicht aus, dass der HV sich seinerseits um die Folgeaufträge aktiv bemüht hat. Dann hat er die Provision nicht aus der 2., sondern aus der 1. Alt. des Abs. 1 S. 1 verdient367. Derartiges kann für ihn vorteilhaft sein, wenn im Vertrage die Provision für die Folgeaufträge nach der 2. Alt. anders und ungünstiger festgesetzt ist, beispielsweise niedriger oder zu sonst nachteiligeren Bedingungen (Beweislast des HV für die nachwirkende Ursächlichkeit der Erstvermittlung, Provisionsteilung mit einem mitbeteiligten HV) oder auf diese Provisionsart überhaupt im Voraus verzichtet worden ist.

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BGH, Urt. v. 11.07.1960, BB 1960, 955; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 284. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2, Rn 285. Hopt § 87 Rn 17. Westphal I Rn 484. BGH, Urt. v. 17.11.1960 – VII ZR 242/59,

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BB 1960, 1354 (1355); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 40. BGH, Urt. v. 17.11.1960 – VII ZR 242/59, BB 1960, 1354 (1355); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 23; Hopt § 87 Rn 17. Vgl. Schröder Rn 20; OLG Düsseldorf DB 1956, 376.

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Potentiellen Anspruch auf Folgeprovision368 nach S. 1 2. Alt. erwirbt der HV aber nur, sofern seine Vermittlungstätigkeit gleichzeitig eine Neuwerbung des Kunden bildet. Um die Folgeprovisionen zu erlangen müssen drei Voraussetzungen gegeben sein. Es 85 muss sich um während des HV-Vertrages geschlossene (cc) Geschäfte mit vom HV geworbenen Kunden (aa) handeln. Diese Kunden haben Nachbestellungsaufträge zu erteilen, welche sich auf Geschäfte der gleichen Art (bb) beziehen müssen. aa) Geworbene Kunden. Die Folgeprovision entsteht nur für Geschäfte mit vom HV 86 geworbenen Kunden. Es handelt sich um eine Paralleldiskussion zu § 89b, siehe dort Rn 63 ff. Geworben ist ein Kunde, wenn er zu Beginn des HV-Vertrages mit dem Unternehmer noch nicht in Geschäftsverbindung bezüglich identischer oder substituierbarer Produkte stand369, der Bezug andersartiger Produkte vom Unternehmer ist unerheblich370. Neu geworben ist auch derjenige Kunde, den der HV in das Vertreterverhältnis mit dem Unternehmer eingebracht, d.h. aus seiner früheren Vertretertätigkeit „mitgebracht“ hat. Denn entscheidend ist, ob der Kunde für den Unternehmer neu ist371. Nachbestellungen von Altkunden, welche der Vertreter übernommen hat und deren Erstbestellungen vor seiner Zeit liegen, lösen keine Folgeprovision (allenfalls bei Mitursächlichkeit Tätigkeitsprovision) aus372. Altkunden sind Kunden, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des HV-Vertrages bereits in solchen geschäftlichen Beziehungen zum Unternehmer standen, für die der Vertreter jetzt Folgeprovisionen fordert373. Eine Ausnahme besteht, sobald der Vertreter die Geschäftsverbindung zu dem Altkunden so ausgeweitet hat (Daumenregel: mindestens 100 % gegenüber dem Zustand bei Übernahme des Vertretervertrages374), dass dies wirtschaftlich der Werbung eines Neukunden entspricht375. Folgegeschäfte sind ab dann solche mit einem neu geworbenen Kunden. § 89b Abs. 1 S. 2 muss hier entsprechend anwendbar sein376. Hat der HV sich für eine von solchen Nachbestellungen seinerseits aktiv eingeschaltet, steht ihm die Provision nach Abs. 1 S. 1, 1. Alt. zu; die dann folgenden weiteren Nachbestellungen sind für ihn provisionspflichtige Folgeaufträge im Sinne der 2. Alt. des Abs. 1 S. 1 – also ohne erneute Tätigkeit – nur, sofern sein vorausgegangener eigener Einsatz den Nachbestellentschluss des Altkunden selbständig gefördert, d.h. aufrechterhalten hatte. Das wird etwa anzunehmen sein, wenn bei jener Gelegenheit die weiteren Nachbestellungen fest ins Auge gefasst wurden377. Ist der Kunde einmal über einen nicht ganz unbedeutenden Zeitraum (Daumenregel: ein Jahr) zu einem solchen „erweiterten“ Altkunden geworden, verliert er diese Gleichstellung mit einem geworbenen Kunden auch fortan nicht378. Ebenso wird ein Altkunde zu einem „geworbenen Kunden“, falls er für erhebliche 87 Zeit seine Bestellungen unterbrochen hatte (Daumenregel: vier Jahre) und aufgrund einer Werbung des Vertreters die Kundenbeziehung wieder aufnimmt. Denn auch in diesem 368

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 43. Westphal I Rn 488; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Rn 46; Schröder § 87 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 45; Schröder § 87 Rn 23a, 24. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 24; Schröder § 87 Rn 23a.

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Küstner/Thume I Rn 777. Küstner/Thume I Rn 778. Westphal I Rn 489; aA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 24. Küstner/Thume I Rn 779; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 44; Schröder § 87 Rn 23b. Schröder § 87 Rn 23b. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 20. AA Westphal I Rn 490.

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Fall steht er wirtschaftlich einem neu geworbenen Kunden gleich379. Welche Zeiträume im Einzelfall angemessen sind, bestimmt sich nach der Natur der Geschäfte. Nicht anders als im Ausgleichsrecht kommt es auf den Nachbestellzyklus an. Keine Neuwerbung nach Unterbrechung liegt vor, wenn der Kunde innerhalb des üblichen Bestellzyklus ordert. Soweit etwa Waren nur im mehrjährigen Rhythmus bestellt werden, kann von einer Unterbrechung der Kundenbeziehung nur nach einem erheblich längeren Zeitraum ausgegangen werden. Deshalb treffen die oben genannten Daumenregeln allenfalls den Geschäftstypus, bei dem regelmäßig in kürzeren Intervallen nachbestellt wird. Auch bei der Frage der Neukundeneigenschaft können Durchgriffserwägungen eingreifen380. Regelmäßig kommt es nur darauf an, ob der Bestellende Wiederholungskäufer ist. Für wessen Rechnung er handelt, ist unerheblich381. Wirtschaftliche Fragen sollen bei der an Hand der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 87 ff zu prüfenden Provisionsberechtigung keine Rolle spielen. Bestellt ein Neukunde im Namen eines Kunden, für dessen Bestellung keine Folgeprovision zu leisten wäre, kann ein Anspruch auf Folgeprovision entstehen, wenn der HV nachweist, dass der bestellende Kunde vorgeschoben wurde, um den Anspruch auf Folgeprovision zu vereiteln382.

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bb) Geschäfte der gleichen Art. Der HV muss den Kunden in Ausführung des HVVertrages – berechtigt – für Geschäfte gleicher Art geworben haben, wie sie nunmehr in den Nachbestellungen ihre Fortsetzung finden. Damit soll ein Rest von Kausalität zwischen der Kundenwerbung und späteren Nachbestellungen gewahrt werden383, wobei auch hier Mitkausalität iSd 1. Alt. des § 87 Abs. 1 genügt. Da der HV Provision nur für vertragsgemäße Tätigkeit erhält, muss sich sein Vertriebsrecht auf diese gleichartigen Geschäftsabschlüsse erstrecken384. Die Folgegeschäfte müssen sich nicht notwendig auf den gleichen Artikel beziehen; es genügt, dass sie sich innerhalb des vom HV vertriebenen Sortiments bewegen. Der Begriff des „Geschäfts der gleichen Art“ ist wirtschaftlich zu verstehen und weit auszulegen385. Maßgeblich ist – wie sich bereits aus der Amtlichen Begründung ergibt – die Verkehrsauffassung386. Änderungen der Vertrags- und Geschäftsbedingungen sind solange unerheblich, als wirtschaftlich noch ein Geschäft der gleichen Art vorliegt387. Denn die Identität des Geschäfts bestimmt sich in erster Linie anhand des verkauften Gegenstandes, welcher das Geschäft prägt. Die Konditionen des Geschäfts, insbes. der der Inflation unterliegende Preis, sind weniger bedeutend. Weniger oder fast nicht entscheidend ist damit die Höhe der Gegenleistung, jedenfalls sofern es sich um eine Geldzahlung handelt. Denn ob der Käufer ein gutes oder ein schlechtes Geschäft macht, darf für das Entstehen der Provisionsanwartschaft des Vertreters kaum eine Rolle spielen. Vollkommene Identität des Geschäfts ist nicht erforderlich, auch Nachbestellungen mit veränderten Konditionen können Geschäfte der gleichen Art darstellen, solange der wirtschaftliche Kern des Geschäfts erhalten bleibt. Geschäfte über weiterentwickelte oder Nachfolgeprodukte, welche aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise die vertriebenen Produkte ergänzen, ersetzen oder fortentwickeln, sind meist 379 380

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Küstner/Thume I Rn 778. A.A. Eberstein 9. Aufl., S. 78 unter Hinweis auf OLG Celle DB 1970, 582 für den Fall der Beherrschung und finanziellen Abhängigkeit. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 24. Küstner/Thume I Rn 780. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 48.

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Eberstein: S. 78; Westphal I Rn 492; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; Hopt § 87 Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 47; Schlegelberger/ Schröder § 87 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 25; Schröder § 87 Rn 25.

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mit denen über vorher verkaufte Ausgangsprodukte wirtschaftlich identisch, solange der Verwendungszweck der gleiche bleibt388. Wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Erst- und Folgegeschäft besteht, ist ein Folgegeschäft mit einem Produkt der ausgeweiteten Produktpalette des Unternehmers provisionspflichtig389. Das ist insbesondere anzunehmen, falls der Kunde bereits zuvor Abnehmer der gesamten Produktpalette des Unternehmers in einem bestimmten Bereich war390. Schon der zweite Vertragsschluss über ein gleichartiges Geschäft lässt die Provisionsan- 89 wartschaft entstehen391. Die Möglichkeit, Folgeprovision zu erzielen beginnt, sobald das erste vom HV vermittelte Geschäft zwischen Kunde und Unternehmer zustande gekommen ist. Fraglich ist, ob zwischen Erst- und Zweitgeschäft ein bestimmter Zeitraum zu fordern ist, nach dessen Ablauf keine Folgeprovision mehr geschuldet ist. Das Gesetz sieht eine solche Frist nicht vor. Es muss daher, anders als bei der Prognose des § 89b, kein überschaubarer Zeitraum zwischen Erst- und Zweitgeschäft vorliegen. Allenfalls in Extremfällen – Vermittlung durch eine juristische Person mit einer Zeitspanne von vielleicht 40–50 Jahren zwischen Erst- und Zweitgeschäft – wird man die vom Gesetz vermutete Ursächlichkeit zwischen Erst- und Zweitgeschäft als widerlegt ansehen müssen, bei einem Zeitraum von mehr als 10 Jahren ist die Frage zu prüfen (Beweislast für Provisionsausschluss wegen Verfristung beim Unternehmer). Der einmal begründete provisionsrechtliche Kundenschutz nach S. 1 2. Alt. dauert grundsätzlich fort, bis das Vertragsverhältnis zwischen HV und Unternehmer beendet wird. Erfolgreiche Vermittlungstätigkeiten Dritter können die Folgeprovision gleichfalls nicht zum Erlöschen bringen392. cc) Während des Vertragsverhältnisses. Die Nachbestellungen müssen in die Zeit des 90 HV-Verhältnisses fallen. Auf das oben Rn 49 Gesagte kann verwiesen werden. Bedingte Abschlüsse aus der Zeit vor Eingehung des HV-Verhältnisses (etwa solche mit demnächst „mitgebrachten“ Kunden), bei denen erst die Bedingung in der Vertragszeit eintritt, bleiben außer Betracht. dd) Dispositivität. § 87 Abs. 1 2. Alt. ist dispositiv393. Die Folgeprovision kann ganz 91 ausgeschlossen oder inhaltlich konkretisiert werden, etwa dergestalt, dass im Hinblick auf bestimmte Kunden nur für die Dauer einer bestimmten Zeitspanne Folgeprovisionen gezahlt werden394. Solange kein ausdrücklicher Ausschluss der Folgeprovision vereinbart wurde, tritt die Provisionspflicht für Folgebestellungen auch dann ein, wenn der HV-Vertrag zu dieser Provisionspflicht schweigt, sofern er sie nicht eindeutig ausschließt395. Der Anspruch steht nicht dem Versicherungsvertreter zu, § 92 Abs. 3 S. 1. ee) Beweislast. Der HV braucht lediglich geworbenes Erst- und ein Zweitgeschäft 92 nachzuweisen396, zudem die Zugehörigkeit der Geschäfte zur gleichen Art. Die mittelbare Mitursächlichkeit des HV für das Folgegeschäft wird unwiderlegbar vermutet. Der Gegenbeweis ist also unzulässig397. Sobald der HV Erstgeschäfte mit bestimmten Kun388 389 390 391 392 393

Westphal Rn 291; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 25; Schröder § 87 Rn 25. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 48. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 26. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911.

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Küstner/Thume I Rn 775. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 27; Schröder § 87 Rn 20. Baumgärtel § 87 Rn 3; Schröder § 87 Rn 23c. Hopt § 87 Rn 17.

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den benannt und bewiesen hat, muss der Unternehmer konkret darlegen, dass die vom HV bezeichneten Kunden bereits vor Abschluss des fraglichen Geschäfts ganz bestimmte, im einzelnen bezeichnete, gleichartige Geschäfte mit ihm getätigt haben398 und dies auch beweisen399. Den Provisionsausschluss nach Abs. 1 S. 2 hat der Unternehmer zu beweisen400. c) Abs. 1 S. 2 Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV

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aa) Überblick. § 87 enthält an mehreren Stellen Regelungen über die Provisionsteilung zwischen dem ausscheidendem Vertreter und seinem Nachfolger. Dazu zählt der dispositive401 § 87 Abs. 1 S. 2: Der Anspruch auf die Provision wird dann ausgeschlossen, wenn nach Abs. 3 dem Vorgänger des HV die Provision deshalb – und zwar ihm allein – zustehen soll, weil der Abschluss des Geschäfts überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist und der Abschluss angemessene Zeit nach Beendigung des Vertreterverhältnisses des Vorgängers erfolgt ist. Abs. 1 S. 2 gilt für beide Alt. des S. 1402. Da Mitursächlichkeit des HV für die Vermittlung genügt, um Tätigkeits- oder Folgeprovision auszulösen, müsste der Unternehmer ohne dahingehende Regelung jeden HV voll bezahlen und damit für einen Erfolg vielfach leisten403. Die Vorschrift greift nicht ein, wenn der Nachfolger keine Tätigkeit mehr entfaltet404. Darüber, wann die TB-Voraussetzungen des Abs. 3 vorliegen, s.u. Rn 122 ff. Abs. 3 setzt voraus, dass der HV, in dessen Vertragszeit der Abschluss fällt, der Nachfolger, nicht Rechtsnachfolger405, des ausgeschiedenen HV ist, dem die Provision – zumindest anteilig – zusteht und der Nachfolger die Vermittlung dann nur noch zu Ende führt. An sich wäre er nach dem zu Rn 72 ff Gesagten als mitverursachend ebenso provisionsberechtigt. Gleichwohl soll nicht (auch) er Provision beanspruchen dürfen, sondern allein der Vorgänger. Wenn teilweise dem Nachfolger die Provision (neben der dem Ausgeschiedenen zustehenden) unter der Voraussetzung zugebilligt wird406, dass seine Tätigkeit bei einer gedachten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses des Vorgängers als mitursächlich und damit provisionsberechtigend würde angesehen werden können, so erscheint das überspitzt und mit dem Gesetz nicht vereinbar. Es wäre, in der vorgeschlagenen Abgrenzung – Provisionsberechtigung des Nachfolgers nach Abs. 1 S. 2 ausgeschlossen dann, wenn er das Geschäft nur zum Abschluss gebracht hat –, zudem wenig praktikabel. Soweit der Nachfolger hiernach von der Provision für den Abschluss ausgeschlossen ist, hat er auch keinen Provisionsanspruch aus § 354. Der Zweck des Gesetzes, den Unternehmer nicht als Folge eines ihm vielleicht aufgenötigten Vertreterwechsels die Provision zweimal zahlen lassen zu müssen, würde sonst allzu leicht umgangen. Eine zwischenzeitliche Nichtbesetzung des Vertriebsgebietes schadet ebenso wenig wie die zeitweilige Tätigkeit eines anderen HV als Interimsnachfolger des ausgeschiedenen HV407. Die darin liegende und nicht zu leugnende Benachteiligung des Nachfolger-Vertreters 94 nimmt das Gesetz in Kauf. Hier können nur vertragliche Regelungen Abhilfe schaffen. Fehlen sie, so nötigt das dazu, den Ausschluss der Provision eng auszulegen. Er beschränkt sich, dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend, auf den Fall, dass dem Vorgän-

398 399

400

Baumgärtel § 87 Rn 3; Schröder § 87 Rn 23c. AA (Beweislast insoweit beim HV) Baumgärtel § 87 Rn 3; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63; Schröder § 87 Rn 23c. Baumgärtel § 87 Rn 3; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63.

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401 402 403 404 405 406 407

Hopt § 87 Rn 22. Hopt § 87 Rn 22. Hopt § 87 Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 37. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 35. Schröder § 87 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 35.

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ger die Provision nach Abs. 3 wirklich zusteht. Ist sie für den Vorgänger vertraglich für solche Fälle ausgeschlossen (was nicht ganz selten geschieht) oder ist schon der Tatbestand des Abs. 3 nicht gegeben, weil der Anteil des Vorgängers am Vermittlungserfolg aus welchem Grunde auch immer nicht überwiegend geworden ist oder der Abschluss des Geschäfts nicht mehr innerhalb angemessener Zeit nach Beendigung des Vertreterverhältnisses mit dem Vorgänger erfolgt ist, so kommt das dem Nachfolger zustatten. Er erhält die Provision, falls es ihm gelingt, an dem in dem endgültigen Abschluss sich darstellenden Erfolg noch irgend mitursächlich beteiligt zu sein. Der Unternehmer kommt dann also nicht etwa in den Genuss einer provisionsfreien Vermittlung. Im Gegenteil muss er unter Umständen nun doch doppelt zahlen; dann nämlich, wenn der Vorgänger ein angestellter Reisender gewesen war und dieser über § 65 Anspruch auf die Provision für die von ihm überwiegend geleistete Vermittlungstätigkeit hat. Denn hier ist der Tatbestand des Abs. 1 S. 3 nicht gegeben – kein ausgeschiedener HV, kein Provisionsanspruch nach Abs. 3. welche Tätigkeit, die von dem für das Arbeitsgebiet des bisherigen angestellten Reisenden eingesetzten HV im Anschluss geleistet worden ist, löst also einen weiteren, agenturrechtlichen Provisionsanspruch aus408. Andererseits gilt Abs. 1 S. 2 nur im Vorgänger-Nachfolger-Verhältnis. Sind auf der 95 Vorgängerebene mehrere HV nebeneinander provisionsberechtigt geworden und hätte einer von ihnen die überwiegende Vermittlungstätigkeit geleistet, um dann auszuscheiden, so schließt Abs. 1 S. 2, wenn daraufhin dessen Nachfolger die Vermittlung zu Ende führt, nur den Provisionsanspruch dieses Nachfolger-Vertreters aus. Die Ansprüche der übrigen, in der „Endrunde“ nicht mehr tätig gewordenen Vertreter bleiben unberührt409. bb) Zwingende Natur. Vertragliche Abbedingungen gehen nicht selten vor in der 96 Richtung, dass Provisionsansprüche aus Geschäften, die zwar noch vor Beendigung des HV-Verhältnisses abgeschlossen worden waren, aber erst nachher zur Ausführung kommen und damit entsprechend der Regel des Abs. 1 noch zugunsten des ausgeschiedenen HV nachträglich zu verprovisionieren wären, ausgeschlossen sein sollen (zur Provisionsverzichtsklausel § 89b Rn 518 f). Das ist zulässig; § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 1. Alt. hat gerade solche Fälle im Auge. Doch hat die Abdingbarkeit hier ihre Grenze in § 87a Abs. 3 (Abs. 5)410: Der Unternehmer kann den HV seiner Provision nicht dadurch verlustig gehen lassen, dass er (der Unternehmer) die Ausführung des Geschäfts entgegen der vertraglichen Fälligkeit über das Ende des HV-Verhältnisses hinauszögert und dadurch den Provisionsverzichtsfall schafft. Er hat das Geschäft „nicht so ausgeführt, wie es abgeschlossen worden war“ (§ 87a Abs. 3 S. 1), und ein Verzicht auf eine solchermaßen zu gefährdende Provision bliebe nichtig schon wegen Verstoßes gegen § 87a Abs. 5411. Immerhin ist jene Entscheidung auf den Fall der verspäteten Leistung zugeschnitten und auf andere Leistungsstörungen nicht übertragbar. An dem Eintritt des Provisionsverzichtsfalles und seiner wirksamen Statuierung ändert es nichts, wenn der Unternehmer seine Leistung nach Ende des Vertragsverhältnisses termingemäß, aber mangelhaft erbringt und der Kunde daraufhin wandelt. Ohne den Provisionsverzicht würde der Anspruch auf die Provision dadurch zwar nicht beeinträchtigt (§ 87a Abs. 3

408 409 410

Schröder § 87 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 16a, 28. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = EWiR 2010, 119 (Emde).

411

BGHZ 33, 92; BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = EWiR 2010, 119 (Emde).

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S. 1), und selbst eine entgegenstehende Abrede wäre nach § 87a Abs. 5 unwirksam. Doch soll damit nur sichergestellt sein, dass der HV für seine Ansprüche nicht schlechter gestellt wird, als hätte der Unternehmer vertragsgemäß erfüllt: gerade dies unterstellt, wäre wiederum der Provisionsverzichtsfall gegeben.

III. § 87 Abs. 2: Bezirksprovision 97

Die in Abs. 2 geregelte, sog. Bezirksprovision bildet neben der Folgeprovision den zweiten Fall einer Provision, die tätigkeitsunabhängig ist412, wie der EuGH413 zu Art. 7 HV-RL 1986 bestätigte. Bezirks- oder Kundenschutzprovision erhält ein HV, dem vom Unternehmer vertraglich provisionsrechtlicher Kundenschutz für einen bestimmten räumlich abgegrenzten Bezirk oder persönlich umgrenzten Kundenkreis zugesagt worden ist, und zwar für alle Kundengeschäfte mit Vertragsprodukten, welche mit vom Bezirk oder Kundenkreis erfassten Kunden wirksam während des Bestehens der Kundenschutzzusage zustande gekommen (Abs. 2 S. 1) oder dem Unternehmer angeboten worden sind (Abs. 3 S. 1 Nr. 2), sofern die Provision nicht ausnahmsweise ganz oder teilweise dem Vorgänger des Bezirksvertreters zusteht (Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2)414. Typisch für den Bezirksvertreter ist die Zuweisung eines Bezirks, weshalb sich der schlagwortartige Terminus „Bezirksvertreter“ durchgesetzt hat. Was im Folgenden für die Bezirksprovision gesagt ist, gilt sinngemäß für den vom Gesetz gleichgestellten Fall der Provision aus Geschäften in dem übertragenen Kundenkreis.

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1. Wer ist Bezirksvertreter? Bezirksvertreterprovision ist nur zu zahlen, wenn der HV Bezirksvertreter ist. Das ist der Fall, wenn er mit hinreichender Klarheit vertraglich als solcher benannt ist, ihm also für alle Geschäfte seines „Bezirks“ oder „Kundenkreises“ Provision zugesagt wurde. Meist muss tatsächlich in dieser Weise – wenig systematisch – von der Rechtsfolge (Provisionspflicht) auf den TB (Bezirkszuweisung) zurückgeschlossen werden415. Wenn einem als „Bezirksvertreter“ bezeichneten HV nach dem Inhalt des Vertrages keine Bezirksprovision zu zahlen ist, ist er in Wahrheit kein Bezirksvertreter. Die Regelung der konkreten Rechtsfolge – etwa die Vereinbarung, dass Provision nur für Geschäfte zu leisten ist, die auf die Tätigkeit des HV zurückzuführen sind – hat meist Vorrang vor der bloßen Bezeichnung als Bezirksvertreter416. Möglich ist aber auch die spiegelbildliche Herangehensweise, nach der der TB der Bezirkszuweisung entscheidend ist und der Ausschluss der Bezirksprovision anhand §§ 138, 307 BGB zu prüfen wäre. Gegenstück zum Bezirk ist die bloße Zuweisung eines Gebietes, welches zu bearbeiten ist und für dessen Bearbeitung lediglich Tätigkeits- oder Folgeprovision nach Abs. 1 für vermittelte Geschäfte versprochen wurde. Der Begriff der „Zuweisung“ ist missverständlich. Bezirksvertreter wird man nicht durch die einseitige Zuweisung sondern durch konsensuale Einigung über diese Bestellung417. Eine einseitige Benennung des

412 413

Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 16. EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643, Rn 16–19 = EuZW 1997, 248 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354.

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414 415

416 417

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 39. In diese Richtung OLG Hamm, Urt. v. 21.04.1994 – 18 U 140/93, VersR 1995, 779. OLG Karlsruhe BB 1971, 1123. Hopt § 87 Rn 25.

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Unternehmers oder Zuweisung eines geschützten Gebiets bzw. Kundenkreises an den HV kann aber ein Angebot auf Abschluss eines Bezirksvertretervertrages bilden, welches der HV im Zweifel als für sich günstig nach § 151 BGB annimmt418. Bei namentlicher Benennung als „Bezirksvertreter“ ist der HV meist ein solcher, es sei denn, es ergibt sich mit der gleichen Klarheit aus dem Vertrag, meist der Provisionsklausel, dass die Parteien etwas anderes meinten. Eindeutig liegt der Sachverhalt auch, wenn der HV zwar nicht als Bezirksvertreter benannt wurde, ihm jedoch eine Provision für alle mit den Kunden seines Bezirkes geschlossenen Geschäfte zugesichert wurde, selbst wenn der Bezirk nicht ausdrücklich als solcher, sondern etwa als Gebiet oder Erfassungsraum apostrophiert wurde. Ausreichend ist die Bezeichnung als „Bezirksvertreter“, die Gewährung von „Bezirks-“, „Kunden-“ oder „Projektschutz“419 oder das Provisionsversprechen für alle „direkten und indirekten“420 sowie „mittelbaren und unmittelbaren“ Geschäfte421. Ergibt sich die Einordnung als Bezirksvertreter nicht aus anderen Umständen, ist in der Zuweisung eines bloßen Gebietes keine Bestellung als Bezirksvertreter zu sehen422. Die Bezeichnung als „Generalvertreter“423 oder „Alleinvertreter“424 ist nicht hinreichend eindeutig. Oft werden die Begriffe „Gebiet“ und „Bezirk“ verwechselt. Meist lässt sich erst aus der Provisionsklausel entnehmen, was gewollt war. Ein Hauptvertreter kann seinem Untervertreter nur dann einen Bezirksschutz versprechen, wenn der Bezirk oder Kundenkreis innerhalb des Vertriebsgebietes des Hauptvertreters liegt425. Anderenfalls ist er schon an der Abrechnung und der Gewährung der Kontrollrechte des § 87c gehindert, schuldet aber ggf. Erfüllung bzw. Schadenersatz, wobei die Beweislast für beide Rechte beim HV liegen dürfte (Gegenansicht vertretbar, weil dem Unternehmer die Kontrollrechte aus § 87c obliegen). Die Bezirksvertreterabrede bleibt wirksam. Der Unternehmer darf den Vertrag mit dem Hauptvertreter dann gem. § 89a kündigen. Die Bestellung als Bezirksvertreter setzt die vertragliche Zuweisung eines bestimmten 99 geografischen Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises voraus426. Ob dies der Fall ist und wie der Bezirk umgrenzt ist, muss dem Vertretervertrag entnommen werden427. Trotz des Wortlautes „bestimmten“ genügt auch hier Bestimmbarkeit, schon um den HV zu schützen, der meist Verwendungsgegner der vom Unternehmer formulierten Verträge ist. Einem Formgebot unterliegt die Bezirksvertreterabsprache nicht, sofern der Vertrag nicht insgesamt der Schriftform unterworfen ist428. Deshalb darf die Abrede auch konkludent429 und durch lange Übung getroffen werden, etwa indem über längere Zeit eine Bezirksvertreterprovision für alle getätigten Geschäfte in einem Bezirk oder mit einem bestimmten Kundenkreis gewährt wird und beide Parteien die Vorstellung haben, dass die Zahlungen in Erfüllung einer Bezirksvertreterabrede geleistet sein sollen430. Auch eine Bestellung mittels kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist möglich431. 418 419 420

421 422 423 424 425 426 427

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 76. OLG Düsseldorf NJW 1982, 1231. RGZ 109, 254 (255); BGH, Urt. v. 20.10.1955 – II ZR 75/54, DB 1956, 157 = BB 1956, 95; Hopt § 87 Rn 25. BGH DB 1956, 157. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43. Hopt § 87 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 62. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 44. Hopt § 87 Rn 26.

428

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 23; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 73. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.07.1967, DB 1968, 611; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43; Oetker/Busche § 87 Rn 22. RG LZ 1911, 937; BGH, Urt. v. 15.12.1960 – VII ZR 212/59, VersR 1961, 270 (271); OLG Düsseldorf DB 1968, 611; Evers BB 1992, 1365 (1371); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43; Schröder § 87 Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 43.

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Wird eine Beurkundung des Vertragsinhaltes nach § 85 verlangt, so sind die Angaben zum Bezirk in die Urkunde aufzunehmen. Darüber, wann eine Bezirksvertretung als übertragen gilt, s. im allgemeinen OLG Frankfurt LZ 1930, 64. Nach einem Gutachten der Ind.- u. Handelsk. Berlin 1926 Nr. 256 ist, wer in Berlin zum Agenten bestellt wird, nach Handelsbrauch mangels gegenteiliger Vereinbarung Bezirksvertreter. Das dürfte heute nicht mehr gelten, wie das Regel-Ausnahme-Verhältnis der Abs. 1 und 2 zeigt. In HV-Verträgen aus der Zeit vor der Wiedervereinigung bezieht sich die Bezirkszuweisung „Inland“, „Deutschland“ oder „Bundesrepublik“ im Zweifel nicht auf das Gebiet der neuen Bundesländer432. Da es sich bei der Bestellung zum Bezirksvertreter um eine Ausnahme von der Regel handelt, muss derjenige, der sich auf die Bestellung beruft, diese beweisen. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten dessen, der die Eigenschaft als Bezirksvertreter beweisen muss. Es spielt aber auch eine Rolle, wer den Vertrag formuliert hat und damit das Formulierungsrisiko trägt. Soll die Bezirksvertreterabrede rückgängig gemacht werden, gelten für diesen actus contrarius die für die Begründung der Bezirksabrede geltenden Regeln in gleicher Wiese; es bedarf einer Vereinbarung433. Das Schweigen des HV auf ein dahingehendes Angebot des Unternehmers bildet keine Zustimmung, etwa auf die Mitteilung des Unternehmers, er werde auf Direktgeschäfte mit bestimmten Kunden keine Provision mehr leisten434. Im Hinblick auf den Vertreter mit zugewiesenem Kundenkreis gelten die für den 100 Bezirksvertreter dargestellten Grundsätze entsprechend. Der Kundenkreis kann nach beliebigen Gesichtspunkten abgegrenzt und mit einem geographischen Bezirk verbunden sein; z.B. Endverbraucher eines bestimmten Bezirks, Zwischenhändler innerhalb eines solchen; Abgrenzung nach fachlicher Zugehörigkeit, Fabrikaten bestimmter Art usw. Auch hier genügt die Bestimmbarkeit des Kundenkreises.

101

2. Tätigkeit außerhalb des Bezirkes? Dem Bezirksvertreter ist eine Betätigung außerhalb des zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises nicht ohne weiteres verwehrt435. Bezirksvertreterprovision steht dem HV aber bei Tätigkeit außerhalb seines Bezirks nicht zu, allenfalls Provision nach Abs. 1. Der Unternehmer kann frei entscheiden, ob er den aus einer außerbezirklichen Tätigkeit herrührenden Auftrag annimmt436. Im Zweifel437 – insbes., wenn mit Kenntnis des HV das gesamte Vertriebsgebiet in Bezirke aufgeteilt und mit Vertretern besetzt wurde438 – wird sich ein solches Verbot aber aus dem Wesen des Bezirksvertretervertrages ergeben439, schon damit der Unternehmer für das selbe Geschäft nicht zweifach Provision leisten muss – einmal an den außerhalb seines Bezirks tätigen Vertreter, ein anderes Mal an den Bezirksvertreter, in dessen Bezirk der andere Bezirksvertreter bezirksfremd tätig ist. In diesem Fall dürfen sich die Bezirksvertreter nicht gegenseitig durch Einbruch in fremde Bezirke Konkurrenz machen440. Der HV, der 432

433 434 435

LAG Düsseldorf ZIP 1992, 647; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 44; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 85. Hopt § 87 Rn 25. OLG Nürnberg BB 1957, 560; Hopt § 87 Rn 25. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 Rn 13 = WM 2006, 1358; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; Westphal BB 1991, 2027; s.a. BGH, Urt. v. 15.02.1971 – VII ZR 122/69, WM 1971,

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436 437 438

439 440

563; Peterek BB 1966, 351; Hopt § 87 Rn 28; aA Wessel BB 1962, 473 (474). BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 (1301) Rn 17. Wessel BB 1962, 473; Küstner/Thume I Rn 802. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 28. AA wohl Küstner/Thume I Rn 801. Schröder § 87 Rn 31b.

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einer solchen Begrenzung zuwiderhandelt, hat keinen Anspruch auf Provision für außerbezirklich vermittelte Geschäfte441. Die Provision fällt vielmehr dem zuständigen HV als Bezirksprovision an. Der im fremden Bezirk tätige Bezirksvertreter kann allenfalls Folgeoder Tätigkeitsprovisionen verdienen, sofern ihm die Tätigkeit außerhalb seines Bezirks nicht ausdrücklich verboten war und zwar selbst dann, wenn in dem anderen Bezirk ebenfalls ein Bezirksvertreter tätig ist. Folgeprovision scheidet nur aus, sofern ein außerhalb eines Bezirks getätigtes Geschäft kein „Geschäft der gleichen Art“ darstellt442. Folgeprovision ist in diesem Fall nicht ausgeschlossen, weil die Regelung über die Bezirksprovision die Bestimmung über die Folgeprovision im Wege der Konkurrenz ausschließt443, sondern da die Bestimmung tatbestandlich nicht eingreift. Gegen unzulässige Einbrüche in den eigenen Bezirk durch andere HV kann der zuständige Bezirksvertreter vom Unternehmer verlangen, geschützt zu werden. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass diesem Bezirksvertreter ein Provisionsanspruch nach Abs. 2 gebührt. Denn die Tätigkeit des bezirksfremden HV kann ihn von seinem Kundenkreis separieren. Man mag hier insoweit von Bezirksschutz sprechen. Der Unternehmer darf die Tätigkeit außerhalb des Bezirks gestatten444. Akzeptiert der Unternehmer eine solche Tätigkeit, kann darin eine stillschweigende Erweiterung des Bezirks bzw. Kundenkreises liegen. I.d.R. gewinnt ein Bezirksvertreter, der mit Zustimmung des Unternehmers außerhalb seines Bezirks bzw. des ihm zugewiesenen Kundenkreises tätig wird, auch für Geschäfte mit Kunden den vollen Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 1, die außerhalb des zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises liegen445. Die Provisionspflicht für diesen Fall darf ausgeschlossen446, jedoch auch vereinbart447 werden. 3. Während des Vertragsverhältnisses. Voraussetzung der Bezirksvertreterprovision 102 ist, ebenso wie bei der Tätigkeits- oder Folgeprovision, dass ein Geschäft zwischen Unternehmer und Kunden während des HV-Verhältnisses zustande kam (s.o., Rn 49, 90). Auf nachvertragliche Nachbestellungen erstreckt sich das Bezirksprovisionsrecht nach Abs. 2 damit nicht448. Maßgeblich für die Abgrenzung ist – wie auch sonst – das wirksame Vertragsende, nicht der Zeitpunkt der Kündigungserklärung449. Ein Abschluss vor diesem Wirksamwerden genügt450. Eine Ausnahme gilt, wenn diese Geschäfte iSd Abs. 3 vom HV vorbereitet wurde451. 4. Beteiligung des Unternehmers. Art. 7 Abs. 2, 1. Spiegelstrich der HV-RL 1986 103 über die Bezirksprovision ist so auszulegen, dass ein HV, dem ein bestimmter Bezirk zugewiesen ist, keinen Anspruch auf Provision für ein Geschäft hat, welches ein Kunde,

441 442 443 444

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OLG Düsseldorf WM 1970, 1284. Vgl. Küstner/Thume I Rn 801. So aber Küstner/Thume I Rn 833 ff. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301 = WM 2006, 1358; WM 1971, 564; Hopt § 87 Rn 28. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301 Rn 17 = WM 2006, 1358 in: Anschluss an BGH, Urt. v. 15.02.1971 – VII ZR 122/69, WM 1971, 563. BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 (1301) Rn 17 = WM 2006, 1358.

447 448

449 450 451

Eberstein Der Handelsvertretervertrag, 9. Aufl., S. 51. BGH BB 1957, 1086; Hopt § 87 Rn 37; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 47; Schröder § 87 Rn 34. BGH, Urt. v. 27.02.1976, NJW 1979, 2492; Hopt § 87 Rn 37. BGH, Urt. v. 27.02.1976, NJW 1979, 2492; Hopt § 87 Rn 37. Hopt § 87 Rn 37.

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der jenem Bezirk angehört, mit einem Dritten abgeschlossen hat, ohne dass der Unternehmer unmittelbar oder mittelbar an dem Geschäft beteiligt war452. Der HV erhält keine Provision für Geschäfte, an welchen der Unternehmer unbeteiligt war. Ob eine solche Beteiligung vorliegt, haben die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des Schutzgedankens der HV-RL sowie Treu- und Glaubens zu bestimmen453. 5. Provisionspflicht

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a) Synallagmatische Hauptpflicht. Die Bezirksprovision ist Erfolgsprovision nur noch in einem sehr mittelbaren Sinne, insofern, als sich davon ausgehen ließe, dass die Pflege des Bezirks sich mitursächlich in Kaufanreizen und in der Abschlussgeneigtheit auch solcher Kunden niederschlägt, bei denen der HV nicht selbst den Abschluss vermittelt hat. Im eigentlichen aber ist die Bezirksprovision eine synallagmatische Gegenleistung, die für die fortlaufende Betreuung und Pflege des Bezirks, Auf- und Ausbau des Marktes für den Unternehmer, die Förderung seines Absatzes sowie die Wahrnehmung seiner Interessen im besonderen Maße sowie bei entsprechender Vereinbarung für das Unterlassen des Vertriebs außerhalb des Bezirks oder Kundenkreises gewährt wird454. Hier tritt der Charakter des gegenseitigen Vertrages bei der Bestellung zum Bezirksvertreter deutlicher hervor als bei sonstigen, nicht bezirklich eingesetzten Vertretern. Deshalb sind die Bestimmungen der §§ 320 ff BGB direkt anwendbar455. Die Bezirksprovision wird aber unabhängig von einer tatsächlichen Ursächlichkeit des HV für einen Geschäftsabschluss gewährt und unabhängig von einer Tätigkeit des HV zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort456, weshalb es im Grundsatz auch irrelevant ist, weshalb die Ursächlichkeit fehlt457, solange nicht Gegenrechte des Unternehmers (z.B. Schadenersatz, Einrede nach § 320 BGB) bestehen. Zur Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung s.u., Rn 115 ff.

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b) Inhalt des Provisionsversprechens. Für die Hauptpflicht zur kontinuierlichen Pflege des Bezirks wird die Bezirksvertreterprovision als Gegenleistung gewährt. Sie braucht als Rechtsfolge der Bestellung als Bezirksvertreter nicht ausdrücklich vereinbart zu werden sondern ergibt sich als automatische Folge dieser Bestellung. Inhaltlich richtet sie sich darauf, dass der Bezirksvertreter für alle vertragsbegleitenden, in seinem Bezirk und in sein Vertriebsrecht fallenden Geschäfte mit den ihm zum Absatz übertragenen Produkten458 auch ohne Mitursächlichkeit459 und nach zeitweiser Unterbrechung der Geschäftsverbindung460, mag der HV dabei vermittelnd tätig geworden sein oder nicht, mag er für Nachbestellungen provisionsberechtigt geworden sein oder nicht, die Provision so erhält, als habe er vermittelt oder als sei er provisionsberechtigt aus den Nachbestellungen gewesen. Es handelt sich um einen weiteren Fall des provisionsrechtlichen

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EuGH, Urt. v. 17.01.2008 – Rs. C-19/07, EWS 2008, 151 = NJW 2008, 1211. EuGH, Urt. v. 17.01.2008 – Rs. C-19/07, EWS 2008, 151 Rn 22 = NJW 2008, 1211. BGH BB 1957, 9; BGH BB 1976, 1530; BGHZ 41, 292 = BB 1964, 698 = NJW 1964, 1622; Hopt § 87 Rn 28. BGH, Urt. v. 18.06.1959 – II ZR 121/57 – NJW 1959, 1490; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 40; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 69; Schröder § 87 Rn 37.

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Hopt § 87 Rn 31. Hopt § 87 Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 44. EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643, Rn 16–19 = EuZW 1997, 248 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354. BGH BB 1978, 1137; Hopt § 87 Rn 31.

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Kundenschutzes. Im Zweifel erfasst der Bezirksschutz sämtliche, auch zukünftige Kunden des Bezirks461. Die Provisionspflicht tritt, wie bei jeder Provisionsart, ohne dahingehende Abrede kraft Gesetzes ein. Für die Höhe gilt § 87b. Weder Direktabschlüsse462 des Unternehmers noch erfolgreiche Vermittlungstätigkeit eines anderen HV463 können die Bezirksprovision beeinträchtigen. Sie fällt dem Bezirksvertreter automatisch an. Der Bezirksvertreter hat sogar dann Anspruch auf Provision, wenn der Unternehmer über eine rechtlich selbständige, jedoch von ihm beherrschte Gesellschaft Geschäfte mit Abnehmern des Bezirks des Bezirksvertreters tätigt464. Extremfälle betreffen die Verpflichtung zur Leistung der Bezirksprovision nach ungerechtfertigter Kündigung des Unternehmers und nachfolgender Tätigkeitseinstellung des HV (ohne Abzüge nach § 615 S. 2 BGB)465 oder im Falle des Wehrdienstes466. In solchen Fällen sind die Grundsätze zur Schlechterfüllung oder des nicht erfüllten Vertrages zu prüfen (Rn 115 ff). Sie greifen vor allem dann nicht ein, wenn der HV schuldlos untätig bleibt467. Die Anwartschaft auf Bezirksprovision entsteht auch ohne Tätigkeit des HV. Ein 106 Rangverhältnis zur Tätigkeits- oder Folgeprovision besteht nicht468. Vor Zubilligung einer Bezirksprovision muss also nicht geprüft werden, ob der Tatbestand der Tätigkeitsoder Folgeprovision erfüllt ist. Soweit der Bezirksvertreter in seinem Bezirk eigene Vermittlungstätigkeit ausübt, hat er die Provision bereits nach Abs. 1 S. 1 in der einen oder anderen Alt. zu beanspruchen. Der Unterschied hat nach Ansicht derjenigen, welche die Ausgleichspflicht der Bezirksvertreterprovision ablehnen, Bedeutung für den Ausgleichsanspruch, zudem bei differierenden Provisionssätzen. Die Auslösung des Anspruchs auf Bezirksprovision ist jedoch regelmäßig am leichtesten feststellbar. Deshalb kann der HV seinen Anspruch auf § 87 Abs. 2 stützen, muss dies jedoch nicht. Er darf sich auch nachträglich auf den konkurrierenden Anspruch berufen. Um die Provisionspflicht auszulösen muss der bestellende Kunde seinen Geschäftssitz 107 im Bezirk des HV haben469. Gemeint ist die Bezirksansässigkeit des Kunden, also des Rechtsträgers, für den der Bestellende handeln will470. Im Zweifel kommt es auf den Hauptsitz des Kunden an, bei juristischen Personen auf deren Sitz. Dabei ist der Ort der tatsächlichen geschäftlichen Tätigkeit der juristischen Person maßgeblich471. Wird diese

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OLG Nürnberg MDR 1982, 324; Hopt § 87 Rn 26. AA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 44, der im Zweifel die Provisionspflicht nicht auf Direktgeschäfte des Unternehmers erstrecken will: Aber das Provisionsrecht gilt umfassend, Abgrenzungsschwierigkeiten sollen durch die Bezirksabrede gerade vermieden werden. Hopt § 87 Rn 35; MünchKommHGB/ von Hoyningen-Huene § 87 Rn 89. BGH, Urt. v. 30.01.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785; Genzow in: Ensthaler, § 87 Rn 13. BGH BB 1992, 1162; Hopt § 87 Rn 31. OLG Hamm HVR Nr. 964; Hopt § 87 Rn 31. Siehe BGHZ 41, 295; OLG Braunschweig BB 1993, 2113; Hopt § 87 Rn 31. AA Westphal I Rn 493.

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BGH DB 1976, 2152; NJW 1958, 180 (zusammenfassend mit Nachweisung der voraufgegangenen Rechtsprechung) Eberstein 9. Aufl., S. 80. Vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1956 – II ZR 219/55, DB 1957, 19; Urt. v. 29.11.1956 – II ZR 241/55, BB 1957, 9; WM 1976, 1193; Urt. v. 09.06.1978 – I ZR 136/76, WM 1978, 982; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 50; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 27, 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 90, 91; Schröder § 87 Rn 32, 34a; vgl. auch Maier BB 1970, 1327 (1328). EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643 = EuZW 1997, 248 Rn 25–30 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354.

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an verschiedenen Orten ausgeübt oder wird der HV in mehreren Hoheitsgebieten tätig, so können für die Feststellung des Schwerpunktes des vorgenommenen Geschäfts andere Elemente, namentlich der Ort, an dem die Verhandlungen mit dem HV erfolgt sind oder normalerweise hätten erfolgen müssen, der Ort, an den die Ware geliefert worden ist sowie der Ort der Niederlassung, die die Bestellung aufgegeben hat, berücksichtigt werden472. Sofern der Sitz in einem öffentlichen Register eingetragen wird, ist diese Eintragung maßgeblich. Bei Bestellungen für Unternehmensgruppen ist der Sitz desjenigen Unternehmens maßgeblich, welches als Besteller nach außen aufgetreten ist und für die Unternehmensgruppe handeln darf, bei selbständig abschließenden Filialen – diese brauchen nicht notwendig rechtlich selbständig zu sein – ist der bezirksgelegene Sitz der Filiale vorrangig, soweit der Bestellende wirtschaftlich besehen eine Bestellung für diese Filiale tätigen will473. Bei Behördenaufträgen kommt es auf den Sitz der wirtschaftlich für den Abschluss maßgebenden Stelle und nicht auf den formellen Sitz der Behörde an474. Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses (letzte Willenserklärung). Der Bezirksprovisionsanspruch besteht auch bei Abschluss mit einem bezirkszugehörigen Kunden, wenn die Lieferung an irgendeinen Ort außerhalb des Bezirkes geht475. Beim „Streckengeschäft“, bei welchem der Besteller den Lieferanten veranlasst, die Ware unmittelbar an seinen Kunden zu liefern, kommt es somit allein auf die Person des Bestellers an. Hingegen reicht es für die Bezirksprovision nicht aus, dass ein Kunde mit Sitz außerhalb des Bezirks die Ware unverzüglich an einen geschützten Kunden im Bezirk des HV weiterveräußert, auch wenn der Unternehmer dies weiß476. Diese Anknüpfung ausschließlich an den Sitz des Bestellers und damit leicht feststellbare äußere Merkmale dient der Praktikabilität477 und der Rechtsklarheit478. Bei nur vorübergehendem Aufenthalt des Kunden im Bezirk479 ist zu unterscheiden: Unterhält der Kunde während Abschluss und Ausführung des Kundengeschäfts eine selbständig agierende Filiale im Bezirk, entsteht eine Bezirksvertreterprovision, anderenfalls nicht. Es kann aber Tätigkeitsprovision des vermittelnden HV verdient sein. Wo und von wem die Vertragsverhandlungen geführt worden sind480, wer das Kundengeschäft herbeigeführt hat481, wo der Vertrag abgeschlossen worden ist482, der Unternehmer zu erfüllen und wohin er zu liefern hat483, oder für wen die Lieferung, etwa bei einem Streckengeschäft, bestimmt

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EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643 = EuZW 1997, 248 Rn 25–30 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354; Hopt § 87 Rn 26. So schon BGH LM § 87 HGB Nr. 1; auch: OLG Düsseldorf WM 1970, 1284; Eberstein: 9. Aufl., S. 81; aA wohl OLG Stuttgart BB 1960, 753. Eberstein 9. Aufl., S. 81. Westphal I Rn 496. BGH, Urt. v. 11.07.1960 – VII ZR 225/59, BB 1960, 956; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 50; Hopt § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 84; Schröder § 87 Rn 32. Westphal I Rn 496.

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BGH BB 1976, 1530 = DB 1976, 2152. Vgl. hierzu Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 48; Schröder § 87 Rn 32. Schröder § 87 Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 47; § 87 Schröder § 87 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 96. Eberstein 9. Aufl., S. 80; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 26. BGH NJW 1958, 180; WM 1976, 1193 = BB 1976, 1530 = DB 1976, 2152; OLG Düsseldorf WM 1970, 1284; Küstner/Thume I Rn 790; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 83, 90; Schröder § 87 Rn 32.

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ist484, hat damit keine Bedeutung485. Die Äußerlichkeit des Abschlussortes ist also unerheblich: es fallen unter die Provisionspflicht auch Geschäfte, die an dem nicht im Bezirk gelegenen Niederlassungsort des Unternehmers mit dem etwa zufällig anwesenden Kunden oder auch durch Briefwechsel zwischen dem Kunden und dem Unternehmer zustande kommen. Die verbindliche Weisung eines Bezirkskunden an nicht bezirksangehörige und nicht geschützte Niederlassungen, Betriebsteile oder vom Bezirkskunden beherrschte Unternehmen zu einer Bestellung reicht als TB-Voraussetzung der Provisionspflicht aus, wenn der Angewiesene keine Entscheidungsfreiheit besitzt und nur die vorgegebenen Produkte bestellen darf486. Dagegen fallen nicht unter Abs. 2 Geschäfte, die zwar räumlich in dem Bezirk, aber 108 nicht mit Kunden aus dem Bezirk geschlossen werden487; weiter nicht Geschäfte, die von einem im Bezirk wohnenden Kommissionsagenten488 des Unternehmers im eigenen Namen, aber für Rechnung des Unternehmers mit Kunden, die außerhalb des Bezirks wohnen, vereinbart werden489; vollends also nicht Geschäfte, für deren Abschluss der Partner seinerseits durch einen – im Bezirk residierenden – HV vertreten ist. Mit Verlegung des Sitzes eines Bezirkskunden an einen Ort außerhalb des Bezirks endet die Provisionspflicht nach Abs. 2490. Gleiches gilt, falls der Kunde dazu übergeht, Bestellungen zentral durch eine außerhalb des Bezirks ansässige Person aufzugeben491. Eine abweichende Vereinbarung darf getroffen werden; Korrekturen nach § 242 BGB können angebracht sein. Schwierigkeiten bereiten etwa Messegeschäfte. Anspruch auf Provision für während 109 einer Messe vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte hat der Bezirksvertreter, zu dessen Bezirk oder Kundenkreis der Messekunde gehört492, selbst wenn er messeabwesend ist493. Unerheblich ist, wer das Geschäft herbeigeführt hat und in wessen Bezirk die Messe veranstaltet wird494. Zwar hätte grundsätzlich auch der vermittelnde HV Anspruch auf Tätigkeitsprovision nach Abs. 1. Diese ist jedoch meist stillschweigend ausgeschlossen: Das gemeinsame Tätigwerden der HV auf dem Messestand trägt im Zweifel die stillschweigend getroffene Übereinkunft in sich, dass bei Abschlüssen mit geschützten Kunden die Provision in voller Höhe dem nach Abs. 2 berechtigten HV zustehen soll495. Die Bezirksgebundenheit der Provision kann zu Provisionskonkurrenzen führen496 110 Dies lässt sich wie folgt exemplifizieren: aa) Bei Bestellung von Unternehmensgruppen ist auf den Sitz des Unternehmens abzustellen, welches als Besteller nach außen hin aufgetreten ist497. Wird an Filialen ge-

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 47. Über die Auslegung einer Provisionsabrede hinsichtlich aller „für den Bezirk und aus dem Bezirk“ abgeschlossenen Geschäfte OLG Braunschweig LZ 1924, Sp. 4795. OLG Stuttgart BB 1960, 753; Schröder DB 1963, 541 (543); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 50. Schröder DB 1963, 543 für den Fall, dass der Bezirksvertreter eine Ausstellung von Mustern veranstaltet und bezirksfremde Ausstellungsbesucher bei ihm bestellen. RGZ 69, 363; vgl. auch den spiegelbildlich gelagerten Fall LG Bochum BB 1958, 895. RG Recht 1924 Nr. 659.

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 49; Hopt § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 93. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 49. KG BB 1969, 1062; Hopt § 87 Rn 35 (Teamvereinbarung); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 49; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 93, 94. Vgl. Schröder DB 1963, 541 ff. BGH LM § 87 HGB Nr. 5; OLG Stuttgart BB 1960, 753; Westphal I Rn 497; Schröder DB 1963, 541 ff.

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liefert, so ist lediglich der HV, in dessen Bezirk die bestellende Hauptniederlassung ihren Sitz hat, als Bezirksvertreter ungekürzt provisionsberechtigt498. Eberstein499 diskutiert für diesen Fall eine Provisionsteilung mit dem Bezirksvertreter der Zentrale. bb) Werden die Bestellungen aber von Filialen aufgegeben, entsteht ein ungekürzter Bezirksprovisionsanspruch des HV, zu dessen Bezirk die Filiale gehört500. Dabei soll es keine Rolle spielen, ob die Aufträge „im Namen und für Rechnung der Hauptniederlassung“ erteilt werden. Denn es bleibt dabei, dass die Tätigkeit der Zweigniederlassung für den Auftrag kausal werden darf501. cc) Der Kunde verlegt seinen Sitz in den Bezirk eines anderen Bezirksvertreters. War er von dem HV seines früheren Bezirks geworben worden, so steht nach einer Ansicht für Nachbestellungen aus dem neuen Bezirk nunmehr beiden Vertretern je die volle Provision zu502. Richtig dürfte es entgegen dieser Ansicht und Staub/Brüggemann 4. Aufl. sein, regelmäßig eine volle Bezirksvertreterprovision des neuen HV anzunehmen. Der „alte“ Bezirksvertreter kann jedoch Anspruch auf Folgeprovision haben, wenn er den Kunden geworben hat503. dd) Der Bezirksvertreter wechselt seinen Bezirk (zum Rotationsvertrieb s.o. § 89b Rn 215). Sofern der Bezirkswechsel nicht ausdrücklich vereinbart war, lösen sich diese Fälle durch die Einordnung als eines (partiellen) Erlöschens des HV-Verhältnisses für den alten und der Begründung eines anderweitigen für den neuen Bezirk504 bzw. eines Vertragswechsels, was zumindest eine konkludente Vereinbarung des Wechsels voraussetzt. Ob regelmäßig stillschweigend vereinbart ist, dass der einen Bezirk wechselnde Bezirksvertreter erworbene Provisionsanwartschaften nach Abs. 1 S. 1 verliert, soweit der Unternehmer dem Nachfolger im Bezirk für diese Geschäfte Provision nach Abs. 2 zu leisten hat, erscheint entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. und weiteren Stimmen505 zweifelhaft. Der Ausgleichsanspruch aus § 89b bietet keine Kompensation. Richtigerweise würde ein solches Verständnis zwei Bedingungen voraussetzen: Zum ersten einen zulässigen Bezirkstausch, was zumindest eine vertragliche Regelung voraussetzt, und zum zweiten eine dahingehende ausdrückliche Vereinbarung. Ansonsten bleibt es bei der Provisionspflicht nach Abs. 1 S. 1506. ee) Der Bezirksvertreter veranlasst einen bezirksansässigen Kunden, er möge bei seinem bezirksauswärtigen Zulieferer darauf hinwirken, dass jener gewisse, zum Fertigungsprogramm desselben Unternehmers gehörige Artikel beim Unternehmer unmittelbar bestellt. Letzteres geschieht. Nach Schröder507 soll alsdann die Provision sowohl dem Bezirksvertreter für den Kunden wie dem Bezirksvertreter für den Zulieferer zustehen, da die Tätigkeit des ersteren mitursächlich für die Bestellung geworden sei. Hier hat der Bezirksvertreter, was die Bestellung des Zulieferers anlangt, sich außerhalb seines Bezirks betätigt, so dass eine Provision nach den Rn 101 gebildeten Maßstäben nur anfällt, wenn der HV außerhalb seines Gebietes tätig werden durfte.

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BGH BB 1957, 1250 = NJW 1958, 180; Küstner/Thume I Rn 819. 9. Aufl., S. 82. BGH BB 1957, 9; Küstner/Thume I Rn 820; Westphal I Rn 497. Küstner/Thume I Rn 820. Schröder DB 1963, 541 gegen Wessel BB 1962, 473; für Teilung LG Düsseldorf HVR Nr. 16.

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Hopt § 87 Rn 35. Ähnlich Schröder § 87b Rn 14a. So Schröder DB 1963, 541; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 53. Hopt § 87 Rn 35. Schröder DB 1963, 543.

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ff) Ändert sich die Bestellpraxis eines Konzerns dahingehend, dass statt der Filialen nur noch eine im Bezirk eines Vertreters ansässige Filiale bestellt, kann es unter dem Gesichtspunkt der wechselseitig in einem Vertriebssystem bestehenden Treupflichten die Pflicht des HV sein, einem neuen Verteilungsschlüssel zu Gunsten der anderen Vertreter zuzustimmen. Falls sich der Unternehmer das Recht vorbehalten hat, im Bezirk des HV selbst tätig 111 werden zu können und nicht festgelegt wurde, wie solche Direktgeschäfte zu verprovisionieren sind, sind solche Geschäfte im Zweifel wie andere Bezirksgeschäfte bezirksprovisionspflichtig508. Ein Ausschluss der Bezirksprovision darf in diesen Fällen vereinbart werden509. Der mit der Bezirksvertretung gewährte Provisionsschutz endet nach seinem Zweck 112 dort, wo nicht Geschäfte auf dem freien, der Vermittlungstätigkeit des Vertreters geöffneten Markt in Rede stehen. Deshalb ist eine Warenabgabe des Unternehmers an Belegschaftsmitglieder – Beispiel Jahreswagen – nicht provisionspflichtig510, soweit sie der persönlichen Bedarfsdeckung der Mitarbeiter dient und ohne Zwischenschaltung von Groß-, Zwischen- oder Einzelhändler durchgeführt wird 511. Auch hat das RG512 die Bezirksprovision versagt in einem Falle, im welchem der Unternehmer, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, Notverkäufe zur außergerichtlichen Schuldenabwicklung abgeschlossen hatte. Hierbei muss es sich um einen Ausnahmefall handeln. An die Bezirksvertreterprovision mögen sich Unternehmer häufig nicht erinnern, 113 wenn die Geschäfte gut laufen. Dann werden Direktgeschäfte am HV vorbei getätigt, was als Vertragsverletzung513 nicht nur zur Provisionspflicht, sondern auch zu Ansprüchen aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB führt. c) Höhe der Provision. Angaben zur Höhe des Provisionssatzes muss der Bezirksver- 114 tretervertrag nicht beinhalten. § 87b gilt auch hier. Im Zweifel gibt die vereinbarte Höhe der Folgeprovision als ähnlich kausalitätsunabhängige Vergütung ein Indiz zur Höhe der gewollten Bezirksvergütung, hilfsweise die Höhe des für die Vermittlung vereinbarten Provisionssatzes514. Mangels abweichender Vereinbarung ist die Bezirksprovision für Geschäfte mit sämtlichen als Abnehmer in Betracht kommenden potentiellen Kunden des zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises zu gewähren, unabhängig davon, wer diese Kunden geworben hat515 und ob es sich um Endabnehmer, Zwischenhändler oder weiterverarbeitende Betriebe handelt516, sofern nicht einzelne Kunden oder Personengruppen ausdrücklich ausgenommen wurden517. Der tatsächliche Umsatz mit den geschützten Kunden im anspruchsbegründenden Zeitraum bleibt auch dann Bemessungsgrundlage der Provision, wenn der Unternehmer, seine Angestellten oder andere HV zu diesem Umsatz (wesentlich oder ausschließlich) beigetragen haben518.

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Küstner/Thume I Rn 794. Küstner/Thume I Rn 794. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 95; Schröder § 87 Rn 35a. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 52. RGZ 140, 80. Küstner/Thume I Rn 789. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 45; Schröder § 87 Rn 39.

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Schröder DB 1962, 378 (379); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 44. OLG Nürnberg MDR 1982, 324 = VersR 1982, 1099. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 96; aA OLG Düsseldorf NJW 1959, 52.

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5. Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung/Gegenrechte des Unternehmers. Die Zuweisung des Bezirks oder des Kundenkreises verpflichtet den HV, dem zugewiesenen Bereich die besondere und kontinuierliche vertreterische Pflege angedeihen zu lassen519 und seinen Teil der Gegenleistung zu erbringen (Rn 104), da nur diese besondere Betreuung eine Bezirksvertreterprovision rechtfertigt. Daraus folgt, dass der Bezirksvertreter jene Dienste auch tatsächlich erbringen muss520. Die Nichterbringung führt aber nicht ipso iure zum Wegfall der Verpflichtung, Bezirksprovision zu leisten521. Vielmehr muss der Unternehmer die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) erheben oder es entsteht ein Gegenanspruch auf Schadenersatz nach § 280 BGB522. Beide Ansprüche sind vom Unternehmer (der Schadenersatz etwa im Wege der Aufrechnung gegen die Provisionsforderungen) geltend zu machen und zu beweisen. Eine mangelnde Bezirksbetreuung kann auf Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder man116 gelnder Pflichterfüllung beruhen523. Unsicher ist, welche Folgen sie hat. Teilweise wird davon ausgegangen, der HV verliere gem. § 320 BGB524, §§ 275, 323 BGB525, §§ 162, 242 BGB526 oder im Wege der Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB den Anspruch auf Bezirksprovision527. Dabei soll die Einrede des nicht erfüllten Vertrages dem Provisionsanspruch nur entgegengehalten werden können, wenn der Bezirksvertreter jedwede Tätigkeit unterlassen hat, nicht aber schon dann, wenn dessen Bemühungen nicht ausreichten. Daran ist richtig, dass die Einrede nach § 320 BGB, schon um die Unabhängigkeit der Provisionspflicht von einer konkreten Tätigkeit und den Abstand zur Provision nach Abs. 1 nicht zu sehr zu verwischen, in erster Linie in Evidenzfällen eingreift. Daher werden Lösungen weniger über die Einrede nach § 320 BGB gesucht werden können (sie ist aber nicht ausgeschlossen und kann es angesichts ihrer gesetzlichen Normierung auch nicht) als über den angesichts der einzelfallbezogenen Höhe von Schadenersatzansprüchen gerade bei der Teileinstellung flexiblere Lösungen ermöglichenden Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB. Da die Bezirksprovision eine einheitliche Gegenleistung für die vom HV geschuldeten Bemühungen bildet, ist eine Aufteilung der Gegenrechte nach Zeitabschnitten oder einzelnen Kunden grundsätzlich unzulässig und willkürlich528 und muss auch bei Untätigkeit des HV ausscheiden529. Im Zweifel ist die Bezirksprovision zu leisten530. Die Zahlungspflicht entsteht generell, auch im Falle einer von keiner Seite verschuldeten Verhinderung der Bezirksbetreuung, z.B. bei krankheitsbedingter Schlechterfüllung531. Keine Zahlungspflicht tritt ein, falls der Unternehmer mit einem Schadenersatzanspruch aufrechnen kann (Rn 117), der Verschulden voraussetzt, während Vertretenmüssen weder im Rahmen des § 320 BGB noch der §§ 162, 242 BGB ein anspruchsbegründender Umstand wäre. Die schuldhafte Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung ist eine Vertragsverletzung, 117 die gem. § 280 BGB zum Schadenersatz berechtigt532, der – ggf. im Wege der Aufrechnung – geltend gemacht werden muss (s.o.). Eine verschuldete Pflichtverletzung liegt 519 520 521 522 523 524 525

OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). Küstner/Thume I Rn 799. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 21. Hopt § 87 Rn 32. Küstner/Thume I Rn 803. OLG Stuttgart BB 1970, 1112. Hiergegen OLG Braunschweig, Urt. v. 17.06.1993 – 2 U 36/93, NJW-RR 1994, 34 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 09.04.1964 – VII ZR 123/62, BGHZ 41,

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292 (295); Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 21. OLG Hamm NJW 1959, 677. OLG Nürnberg BB 1969, 933. BGHZ 41, 292 (295, 296); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7. OLG Stuttgart BB 1970, 1112. AA OLG Braunschweig BB 1993, 2113. Hopt § 87 Rn 32; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 22.

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auch nach lang anhaltender Erkrankung vor, sofern der HV nicht für die geeignete Wahrnehmung der Agenturgeschäfte durch einen Prokuristen oder sonstige Personen sorgt533, was seine Vertragspflicht wäre. Der Unternehmer muss dann selbst für eine anderweitige Betreuung des Bezirks Sorge tragen, möglicherweise die Interimsvertretung einem Vertreter des Nachbarbezirks übertragen, er wird diesem dadurch je nach Vereinbarung Provision nach § 87 Abs. 1 oder Bezirksprovision schuldig. Eine vorübergehende Unterbrechung der Tätigkeit (Unfall, zeitweilige Erkrankung) oder eine nicht genügend sorgfältige Betreuung des Bezirks berührt den Anspruch auf die Bezirksprovision hingegen noch nicht534. In der Bezirksprovision steckt ja stets ein Stück Abgeltung für vorgetane Arbeit. Ausnahmsweise kann der Anspruch auf Bezirksprovision nach § 242 BGB entfallen. Der Anspruch konkurriert mit den eigentlich sachnäheren §§ 320, 280 BGB. Beispiele: Der HV verwirkt den Anspruch auf die Bezirksprovision, wenn er der Weisung des Unternehmers, sich um ein bestimmtes Geschäft mit einem bezirkseingesessenen Interessenten angemessen zu kümmern, nicht nachkommt und der Unternehmer daraufhin gezwungen ist, das Geschäft direkt abzuschließen535; der HV arglistig Mühe und Kosten auf den Unternehmer abschiebt, weil er die Provision ohnehin erhält536 und schließlich, wenn er jede Tätigkeit für den Unternehmer unterlässt, nicht jedoch schon bei nicht ausreichenden Bemühungen537. Die nachhaltige Untätigkeit ermöglicht – auch ohne Verschulden, weil hier die Unzu- 118 mutbarkeit genügt – nach ergebnisloser Abmahnung (§ 314 BGB) eine außerordentliche Kündigung des Gesamtvertrages538 und a maiore ad minus wohl auch eine eigentlich unzulässige Teilkündigung der Bezirksvertreterabrede. Erfolgt die Kündigung nicht wegen schuldhaften Verhaltens des HV, begründet die Teilkündigung einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b. Seine Berechnung ist nicht unkompliziert, weil die verbleibenden Vorteile durch Tätigkeiten und Folgeprovision zu berücksichtigen sind. Am sinnvollsten ist die Berechnung auf der Basis der Bezirksprovision des letzten Vertragsjahres mit neu geworbenen Stammkunden und erweiterten Altstammkunden, abzüglich von Tätigkeitsprovisionen und Folgeprovisionen. Eine Schätzung nach § 287 ZPO wird zulässig sein, zudem ein Billigkeitsabschlag für die verbleibenden Vorteile infolge der Fortsetzung des Vertrages als „normaler“ HV-Vertrag. 6. Schlechterfüllung der Bezirksvertreterabrede durch den Unternehmer. Sperrt der 119 Unternehmer dem Bezirksvertreter vertragswidrig den Bezirk, indem er ihm die Tätigkeit unmöglich macht (Rundschreiben an die Kunden), so wird er dem HV nach § 280 BGB schadensersatzpflichtig; der Schadensersatz besteht mindestens in den entgehenden Bezirksprovisionen. Zudem schuldet der Unternehmer die Bezirksprovision für tatsächlich getätigte Geschäfte, die auf die „Sperrung“ oder mangelnde Information folgende Untätigkeit des HV kann ihm nicht vorgeworfen werden. Nach OLG Düsseldorf NJW 1959, 52 soll dann freilich der HV nur Anspruch auf diejenigen Provisionen haben, die sich bei normaler Betreuungsarbeit im Bezirk ergeben hätten; eine außergewöhnliche Steigerung durch einen zwischenzeitlich eingesetzten Nachfolgevertreter könne ihm nicht wohl zugute kommen. Dies ist eine Frage der Vertragsauslegung sowie des § 242 BGB.

533 534 535 536

Schröder § 87 Rn 38. BGHZ 41, 292 (295); BGH BB 1970, 1112. OLG Hamm NJW 1959, 677; Hopt § 87 Rn 33. RGZ 109, 256; Hopt § 87 Rn 33.

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OLG Stuttgart BB 1970, 1112; Hopt § 87 Rn 33. Hopt § 87 Rn 32; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 22.

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Der Unternehmer darf, wenn der Bezirksvertreter durch einen von dritter Seite verschuldeten Unfall ausfällt, nicht etwa vom Bezirksvertreter Abtretung der Ersatzansprüche gegen den Schädiger im Umfange der gezahlten Bezirksprovisionen verlangen: die Bezirksprovision ist auch unter diesem Gesichtspunkt tätigkeits- und unfall-unabhängig539.

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7. § 87 Abs. 2 S. 2: Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV. In gleicher Weise wie bei Abs. 1 S. 2 (s.o. Rn 93 ff) ist die Bezirksprovision insoweit ausgeschlossen, als sie einem ausgeschiedenen HV nach Abs. 3 zusteht. Auch insoweit zeigt sich der Vorrang des Provisionsanspruches des Vorgängers, was Ausdruck einer generellen Regel ist. Die Regelung bezieht sich hauptsächlich auf Fälle, in denen der ausgeschiedene Bezirksvertreter die Vermittlung eines Geschäfts durch persönliche Tätigkeit bis zu seinem Ausscheiden überwiegend gefördert hatte und unter der Ära seines Nachfolgers in der Bezirksvertretung der Unternehmer das Geschäft direkt abschließt. Dann soll die Provision nicht dem Nachfolger als Bezirksprovision zustehen, sondern nur dem Vorgänger als Tätigkeitsprovision nach Abs. 1 S. 1, 1. Alt. (würde der Nachfolger sich in der Endphase in die Vermittlung persönlich eingeschaltet haben, stünde ihm die Provision gleichfalls nicht zu). Denkbar sind aber auch Fälle, die so liegen, dass der früher tätig gewordene HV ein bezirklich nicht gebundener gewesen war oder dass der frühere HV in seinem Bezirk tätig geworden war und der Abschluss des Geschäfts infolge Umgliederung der Bezirke in den neu gebildeten Bezirk fällt. Diese letztere Fallgruppe der Bezirksumgliederung einschließlich des Bezirkstausches unterfällt ebenfalls der Regelung des Abs. 3; sie zeigt aber die Besonderheit, dass der früher zuständig gewesene und als solcher tätig gewordene Bezirksvertreter, dem nur im Fall einer überwiegend gewordenen Beteiligung an den Vermittlungsbemühungen die Provision nach Abs. 3 zustünde, immer berechtigt (wenn auch nicht verpflichtet) bleiben muss, trotz des Zuständigkeitswechsels die alte Vermittlung zu Ende zu führen. Überall gilt: Wo schon der Nachfolger trotz eigener Tätigkeit die Provision im Verhältnis zum Vorgänger und angesichts dessen überwiegender Vorarbeiten nicht mehr soll verdienen können (Abs. 1 S. 2), kann ihm die Provision angesichts einer solchen Vorarbeit des Vorgängers erst recht nicht als reine Bezirksprovision zufallen. Hingegen kommt er in den Genuss der Provision als Bezirksprovision, sobald die Voraussetzungen eines Vorrangs des Vorgängers nach Abs. 3 nicht gegeben sind und der Vorgänger damit als provisionsberechtigt überhaupt ausfällt.

121

8. Alleinvertreter. Von der Bezirksvertretung ist die Alleinvertretung oder der Alleinvertrieb zu unterscheiden540. Der Terminus der Alleinvertretung ist europarechtlich präformiert. Art. 7 Abs. 2 Spiegelstrich 2 RL gibt dem nationalen Gesetzgeber die (vom HGB nicht gewählte) Alternative, eine Bezirksvertreterprovision nur im Falle der Alleinvertretung zu gewähren. Dieser Begriff der „Alleinvertretung“ dürfte, ungeachtet dessen, dass das deutsche Recht jene Gestaltungsalternative nicht übernommen hat, auch für das HGB maßgeblich sein. Was durch die Bestellung eines „Alleinvertreters“ gewollt ist, muss eine Vertragsauslegung ergeben. Beweispflichtig ist derjenige, der sich auf die Vorteile der Alleinvertreterabrede beruft. Gewünscht sein kann entweder nur der Ausschluss der Bestellung weiterer HV oder ein Vertretungsrecht unter Ausschluss von Direktgeschäften des Unternehmers541 (dazu § 84 Rn 99 ff). Beides kann, muss aber nicht kombiniert werden542. Die Einräumung einer Bezirksvertretung bedeutet noch nicht die

539 540 541 542

BGHZ 41, 292. BGH DB 1961, 601; Hopt § 87 Rn 24. Hopt § 87 Rn 24. OLG Düsseldorf HVR Nr. 468; OLG Karls-

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ruhe HVR Nr. 1156; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87 Rn 81.

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Einräumung eines Alleinvertretungsrechts für den Bezirk543 (das eine schließt das andere nicht zwingend aus544) sondern muss zumindest stillschweigend und hinreichend deutlich vereinbart werden545. Umgekehrt muss der Alleinvertreter nicht immer Bezirksvertreter sein, ist es jedoch oft. Der geschützte Kundenkreis ist dem HV provisionsmäßig, nicht rechtlich vorbehalten546: der Kundenschutz des Bezirksvertreters bedeutet nur, dass alle Abschlüsse mit bezirksansässigen Kunden für den Bezirksvertreter provisionspflichtig sind, gleich wie diese Abschlüsse zustande gekommen sind. Jedoch darf der Unternehmer bei vertraglich zugesprochener Zuweisung eines bestimmten Bezirkes den HV nicht einfach in einen anderen Bezirk versetzen, etwa in Form des Rotationsvertriebs547. Ein Alleinvertretungsrecht besagt nicht zwingend, dass der HV die Befugnis haben soll, Abschlüsse in dem Alleinvertretungsbezirk ausschließlich tätigen zu dürfen. Nur falls die Auslegung dies ergibt, darf der Unternehmer nicht selbst548 oder durch andere Mittler im Bezirk tätig werden549. Dann hat der Unternehmer Interessenten an den Alleinvertreter zu verweisen, während er im Falle des schlichten Bezirksvertretervertrages auch selbst abschließen darf und lediglich dem HV provisionspflichtig wird. Der Verstoß gegen ein dem HV eingeräumtes Alleinvertriebsrecht begründet einen Provisionsanspruch nach Abs. 2, wenn der Alleinvertreter zugleich Bezirksvertreter ist, sowie auf Schadensersatz nach § 280 BGB, falls dem HV ein weitergehender Schaden entstanden ist550. Außerdem kann ein Recht zur außerordentlichen Kündigung nach § 89a bestehen551. Die Bezeichnung „Generalvertreter“ deutet noch nicht ohne weiteres auf Einräumung des Alleinvertretungsrechts hin552. Insbesondere Vertragshändler werden oft einem Alleinbezugsrecht unterworfen. Dieses ist, sofern der Vertragshändler nicht durch die Bagatellbekanntmachung freigestellt ist, gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 nur für einen 5jährigen Zeitraum freigestellt553. Wird der Händler einem Alleinbezugsrecht unterworfen, so muss ihm als Gegenleistung nicht zwingend Exklusivität zugesichert werden. Dies folgt bereits daraus, dass ein HV wegen der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht bereits kraft Gesetzes einem Wettbewerbsverbot unterliegt, welches einer Alleinbezugsverpflichtung nahe kommt, ohne dass er deshalb notwendigerweise Alleinvertreter sein müsste. Auch mittels AGB können Alleinbezugsrechte begründet werden, ohne dass diese Klausel unwirksam wäre, weil sie nicht mit einem Alleinverkaufsrecht verbunden ist. Das Alleinvertriebsrecht kann aber – muss jedoch nicht – im Synallagma zu einem Wettbewerbsverbot des HV stehen. Endet das Wettbewerbsverbot des Mittlers, etwa aufgrund von Vereinbarungen, Zeitablauf oder kartellrechtlicher Unzulässigkeit (Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10)554, kann vereinbart werden, dass auch das Alleinvertriebsrecht endet.

543

544 545 546 547 548

549

Schröder BB 1962, 738 (739); Peterek BB 1966, 351; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41; Schröder Rn 31d; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80. MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87 Rn 81. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15. Vgl. Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 52: Eigene Tätigkeit des Unternehmers gestattet. Schröder § 87 Rn 30d.

550

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BGH BB 1975, 1409; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 41; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80, 81. BGH WM 1974, 350; BGH, Urt. v. 21.03.1975 – I ZR 141/74, WM 1975, 856 (857). BGH, Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972, HVR Nr. 468; Hopt § 87 Rn 24; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1847; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 54. BGH NJW 1970, 1040. Emde WRP 2005, 1492. Siehe Emde WRP 2005, 1492.

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IV. Nachvertragliche Provision (§ 87 Abs. 3) 122

1. Überblick. Zum Regeltatbestand des Provisionsanspruchs gehört, dass der Abschluss des Geschäfts in die Vertragszeit des HV fällt. Deshalb müsste der Provisionsanspruch des HV entfallen, wenn er das Geschäft zwar angebahnt hat, jedoch vor Abschluss desselben durch den Unternehmer – oder vor Abschlussreife, soweit der HV als Abschlussvertreter selbst hätte abschließen können – das Vertretungsverhältnis endet. Diesem Ergebnis, wie es dem im HGB geschriebenen Rechtszustand vor der HV-Novelle 1953 entsprach555 war eine Prämie für allerdings schon gemäß §§ 162, 242 BGB unzulässige Verschleppungstaktiken des Unternehmers. Ihm wird durch Abs. 3 vorgebeugt. Sofern der HV seinen Teil, und zwar den überwiegenden, an dem demnächstigen Zustandekommen des Abschlusses geleistet hatte, soll ihm der Lohn hierfür verbleiben; er wird so gestellt, als sei der Abschluss noch in der Zeit seines Vertragsverhältnisses erfolgt. Mit dieser Maßgabe wird ihm die Provision belassen. Ihr endgültiges Schicksal entscheidet sich allerdings erst durch die Entwicklung nach dem Ende des Vertragsverhältnisses. Ausnahmsweise kann der ausgeschiedene HV also Provision verdienen, wenn der Vertretervertrag bereits beendet war. Diese nachvertragliche Provision ist in § 87 Abs. 3 geregelt. Fälle, in denen dies relevant werden könnte, sind etwa die Vermittlung eines Geschäftes durch den Vorgänger, falls das Geschäft für den Nachfolger ein Bezirksgeschäft darstellt oder der Nachfolger ebenfalls Tätigkeitsprovision verdient hat. Besondere Bedeutung hat die Vorschrift bei Dauerverträgen556. Da § 87 Abs. 3 Nr. 1 ausdrücklich eine „Tätigkeit“ des HV voraussetzt, wird dem Bezirksvertreter keine nachvertragliche Provision geschuldet, es sei denn, er hat eine derartige Tätigkeit erbracht557. 123 Gemäß § 87 Abs. 3 erhält der HV für ein Geschäft, welches erst nach Beendigung des HV-Vertrages abgeschlossen worden ist, nachvertragliche Provision, sofern er das Geschäft vermittelt oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsende abgeschlossen worden ist oder vor Vertragsende das Angebot des Kunden zum Abschluss des Geschäftes, für welches dem Vertreter Tätigkeits-, Folge- oder Bezirksprovision zusteht, zugegangen ist. Jedoch steht der Provisionsanspruch gem. dem letzten Satz des Abs. 3 ausnahmsweise (Beweislast!) dem nachfolgenden HV anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine solche Teilung der Billigkeit entspricht. Um zu verhindern, dass der Unternehmer wegen Abs. 3 sowohl an den Nachfolger wie den Vorgänger zahlen muss, regeln § 87 Abs. 1 S. 2 und § 87 Abs. 2 S. 2 einen in Wechselwirkung mit Abs. 3 stehenden Provisionsausschluss. Der Nachfolgevertreter erhält keine Provision, sofern dem ausgeschiedenen Vertreter nach § 87 Abs. 3 nachvertragliche Provision zusteht. Das Gesetz unterstellt also die Priorität des Provisionsanspruchs des Vorgängers. 124 Die nachvertragliche Provision scheint in der Wechselbeziehung von ausscheidendem HV und Nachfolgevertreter zu stehen. Dem leisten die Bestimmungen in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 Vorschub. Gleichwohl ist es nicht richtig. Abs. 3 setzt nicht voraus, dass ein Nachfolger die bis dahin überwiegend geleistete Arbeit eines Vorgängers fortsetzt und zu Ende führt. Das wird zwar oft der Fall sein – und eben hierauf bezieht sich die Regelung in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 –, aber es muss nicht so sein. Der Unternehmer kann sich entschließen, die weitere Vorbereitung des Abschlusses selbst in die Hand zu nehmen, auch ohne einen Nachfolger zu bestellen. Er kann einen Angestellten hiermit betrauen. 555 556 557

RGZ 78, 252 ff. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525);

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Küstner/Thume I Rn 883; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 32.

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Das Unternehmen kann gleichzeitig mit dem Ausscheiden des HV zum Erliegen kommen, der Vertrieb eingestellt werden und ein Liquidator oder Insolvenzverwalter das Geschäft endgültig zum Abschluss bringen. Auch dies sind Fälle des Abs. 3, in denen der ausgeschiedene HV, wenn er die überwiegende Vermittlungsarbeit geleistet hatte, demnächst die nachvertragliche Provision erhält. Übrigens kann auch ein Abschlussvertreter in ihren Genuss kommen, falls er die Vermittlungsarbeit überwiegend geleistet hatte, es aber nicht mehr zu dem ihm an sich gestattet gewesenen Abschluss gekommen ist. 2. Zweck. Der nachvertragliche Provisionsanspruch wird gewährt, weil der Vertreter 125 bis zum letzten Tag des Vertrages seine Hauptpflicht zur Vermittlung sowie die Nebenpflichten zu erfüllen hat. Da kaum wahrscheinlich ist, dass alle Geschäfte, für die der HV durch seine Tätigkeit seine Pflicht erfüllt hat558 ohne die Sonderregel des § 87 Abs. 3 vor Vertragsende provisionspflichtig würden, hätte der Vertreter seinen Teil der synallagmatischen Pflicht erfüllt, ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Diese Benachteiligung559 soll durch § 87 Abs. 3 verhindert werden. Auf der anderen Seite berücksichtigt die Vorschrift auch das Interesse des Unternehmers. Der Vertreter hätte nämlich kein Interesse an einer Tätigkeit nahe dem Vertragsende, wenn er hierfür keine Gegenleistung erhielte. Daher wären bei nahendem Vertragsende die Geschäfte des Unternehmers und die Kontinuität des Kundenstammes gefährdet, eine Gefahr, die § 87 Abs. 3 reduziert. Da die Vorschrift auch der schnellen und sicheren Abwicklung des Vertrages dient, hilft sie zudem beiden Parteien560. Schließlich soll ausgeschlossen werden, dass der Unternehmer den Abschluss von Ge- 126 schäften in die Zeit nach Vertragsbeendigung hinauszögert, um den Provisionsanspruch zu umgehen561, wobei jedoch ggf. die in Rn 136 f genannte zeitliche Grenze eingreift, die dazu dienen soll, innerhalb angemessener Frist klare Verhältnisse zu schaffen562. 3. Abgrenzung zur Überhangprovision. Der nachvertragliche Provisionsanspruch 127 nach § 87 Abs. 3, gelegentlich auch mit dem Begriff „unechte Überhangprovision“ gekennzeichnet, ist von der sog. Überhangprovision – „echte Überhangprovision“ – zu unterscheiden. Bei der Überhangprovision erfolgt der Geschäftsabschluss vor Ende des Vertretervertrages, die Ausführung des Geschäftes erst nach Beendigung des Vertretervertrages563, etwa bei Versicherungsverträgen564 (hier wird der Anspruch aus Abs. 3 meist durch eine Provisionsverzichtsklausel ausgeschlossen). Hier war der Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 1 oder Abs. 2 bereits (bedingt) entstanden; es hatte lediglich die Bedingung des § 87a hinzuzukommen, um ihn endgültig auszulösen. Das Ausscheiden des HV konnte ihm also den so begründeten Provisionsanspruch nicht mehr entziehen, vielmehr vollendete dieser sich durch Eintritt der Bedingung des § 87a ohne Rücksicht auf das Ausscheiden. Der ausgeschiedene HV hat lediglich die Bedingung abzuwarten, um den Provisionsanspruch geltend machen zu können565. Das gilt hier auch für die Ansprüche des Bezirksvertreters, des Vertreters mit zugewiesenem Personenkreis und für die Ansprüche aus Nachbestellungen, falls die entsprechenden Abschlüsse als solche noch in der Vertragszeit geschehen sind (Sukzessivliefervertrag). Nachvertragliche Provision wird 558 559 560 561 562

Küstner/Thume I Rn 882. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Küstner in: Küstner/Thume Rn 876. Küstner/Thume I Rn 876; Westphal I Rn 508. Küstner/Thume I Rn 877.

563

564 565

Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); zu einem solchen Fall BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). Thume MDR 2011, 703 (704). BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde).

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also für ein gegenüber der Überhangprovision „späteres“ Geschäft gewährt, weil bei der nachvertraglichen Provision nicht nur die Ausführung des Geschäftes nach Vertragsende liegt sondern auch der Geschäftsabschluss selbst566. Der Provisionsanspruch entsteht in den Fällen des Abs. 3 überhaupt erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, er hängt also nicht „über“567.

128

4. Erste Alternative der nachvertraglichen Provision: Tätigkeitsprovision nach Abs. 3 Nr. 1. Bei der Alternative des Abs. 3 Nr. 1 muss der HV das Geschäft vermittelt haben oder es eingeleitet und so vorbereitet haben, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist. Ob nachvertragliche Geschäfte gem. § 87 Abs. 3 Nr. 1 provisionspflichtig sind, hängt daher von zwei Voraussetzungen ab, nämlich einer tätigkeitsbezogenen und einer zeitlichen568.

129

a) Tätigkeitsbezogene Komponente: überwiegende Vermittlung oder Einleitung und Vorbereitung. Abs. 3 S. 1 Nr. 1 hat eine tätigkeitsbezogene Provision zum Gegenstand. Vorausgesetzt wird, dass der ausgeschiedene HV persönlich beim Abschluss des konkreten Geschäfts tätig geworden ist. Die nachvertragliche Provision soll dem HV den Lohn für persönliche Bemühungen um dieses abschlussfähige Geschäft sichern. Die bloße Werbung des Kunden ohne Werbung des einzelnen Geschäfts ist daher ungenügend569. Die Provision steht nicht zu dem Bezirksvertreter oder dem Vertreter mit zugewiesenem Kundenkreis aus nachträglich geschlossenen Geschäften, für welche nach Abs. 2 ohne Mitwirkung dieses HV Provision zu zahlen gewesen wäre570. Sie steht auch nicht zu für Nachbestellungen und Folgeaufträge, die gem. Abs. 1 S. 1, 2. Alt. ohne erneute Tätigkeit des ausgeschiedenen Vertreters folgeprovisionspflichtig gewesen wären und deren Abschluss in die Zeit nach seinem Ausscheiden fällt571. Tritt an Stelle des ausgeschiedenen Vertreters ein anderer Bezirksvertreter, so fallen die Provisionsansprüche aus solchen Geschäften ihm zu, soweit sie getätigt werden zu einer Zeit, da der Vertrag mit dem Nachfolger in Kraft getreten ist. Die beiden Alternativen „vermitteln“ einerseits sowie „einleiten und vorbereiten“ 130 andererseits drücken ein Rangverhältnis aus. „Vermitteln“ ist die stärkste Form der Tätigkeit, „einleiten“ und „vorbereiten“ sind etwas weniger.

131

aa) Vermittelt ist das bis Ende des Vertragsverhältnisses durch Übermittlung des Angebots des Kunden572 an den Unternehmer (Zugang573) zur Abschlussreife gebrachte Geschäft, so dass nur noch die bindenden Vertragserklärungen von Kunde und Vertragspartner ausstehen574 – schon deshalb setzt Abs. 3 das Tätigwerden eines Nachfolgers 566

567

568 569

BGH BB 1998, 391 (392); Wauschkuhn/ Fröhlich BB 2010, 524 (525); Küstner in: Küstner/Thume Rn 880; Westphal I Rn 509. Hiergegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.: Der „Überhang“ könne sich genauso gut darauf beziehen, dass der Abschluss nach Beendigung des Vertragsverhältnisses noch „hing“ und insofern ein Überhang einschließlich der Provisionschancen über die Vertragsbeendigung hinaus gegeben sei. Küstner/Thume I Rn 874. Hopt § 87 Rn 42.

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570

571 572 573 574

Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 110. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Hopt § 87 Rn 42. Amtl. Begründung. BT-Drucks. I/3856, S. 23; Wauschkuhn/ Fröhlich BB 2010, 524 (525). Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 30; Hopt § 87 Rn 41; Schröder § 87 Rn 45.

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nicht notwendig voraus. Der Zugang des Angebots kann beim Unternehmer oder HV eintreten. Vermittelt hat der HV ein Geschäft, sofern es im Wesentlichen nur noch der Annahme des von ihm herbeigeführten Vertragsangebotes bedarf, wobei auch hier Mitverursachung ausreicht575. Nach h.M. soll die 1. Alt. kaum eigenständige Bedeutung haben, weil, wenn das Angebot dem Unternehmer zugehen muss, dieser Fall auch durch die 2. Alt. erfasst wird, die 1. Alt. jedoch strengere Voraussetzungen an die erforderliche Tätigkeit sowie den zeitlichen Rahmen des Geschäftsabschlusses stellt576. bb) Eingeleitet und vorbereitet. Der HV erhält auch dann nachvertragliche Provision, 132 wenn er das Geschäft „eingeleitet und vorbereitet“ hat. Da beide Begriffe durch das Wort „und“ im Gegensatz zu dem „vermittelt“ sowie „eingeleitet“ trennenden „oder“ verbunden sind, genügt weder einleiten noch vorbereiten allein. Das Einleiten muss durch ein Vorbereiten ergänzt werden. An die Art der Handlung sind keine qualifizierten Anforderungen zu stellen577. Angesichts der weiten Definition der Vermittlung, bei der Mitursächlichkeit ausreicht, haben diese Alternativen heute nur noch einen geringen Anwendungsbereich. cc) Überwiegende Verursachung. Entscheidend ist das Wort „überwiegend“. Eine 133 überwiegende Verursachung muss sowohl bei der Alternative „Vermittlung“ wie der „Einleitung und Vorbereitung“ festzustellen sein. Eine gleichstarke Verursachung genügt nicht578. Allerdings wird sie entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. bei der Vermittlung regelmäßig vorliegen, weil der HV hierdurch seine Vertragspflicht erfüllt hat und die Leistung des Nachfolgers meist zurücktreten muss. Nur durch die überwiegende Tätigkeit rechtfertigt sich der Vorrang der nachvertraglichen Provision des Vorgängers vor dem Provisionsanspruch des Nachfolgers. Auch gleiche Mitverursachung im Verhältnis zu anderen Beteiligten ist nicht ausreichend579. Rechnerisch gesehen muss der Verursachungsanteil des HV bei jedenfalls mehr als etwa 60 % liegen580. Der Verursachungsanteil des HV hat die zusammengefassten Verursachungsbeiträge der nach ihm tätig Gewordenen, d.h. seines Nachfolgers, des Unternehmers, sonstiger Dritter, erheblich zu übersteigen, was durch einen Vergleich der zum Vertragsschluss führenden Gründe zu ermitteln ist581. Besondere Bemühungen des Unternehmers oder Nachfolgers, den Kunden zum Vertragsschluss zu bewegen, dürfen nicht mehr erforderlich sein582. Ob eine überwiegende Einleitungs- und Vorbereitungstätigkeit vorliegt, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung583. Abschlussreife des Geschäftes ist nicht erforderlich. Da kein Nachfolger bestellt zu werden braucht, um die nachvertragliche Provision 134 auszulösen, bezieht sich das „überwiegend“ als Vergleich darauf, dass der Abschluss im Gesamtbild der zu seiner Vorbereitung geleisteten Arbeit vorwiegend auf die Tätigkeit des ausgeschiedenen HV zurückzuführen ist. Das Ergebnis wäre z.B., dass die Provision,

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577 578

Westphal I Rn 512. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Semler in: Martinek/Semler/Habermeier § 16 Rn 2; Hopt § 87 Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 107. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 108.

579 580 581

582 583

Küstner/Thume I Rn 885. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 30; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 109; Schröder § 87 Rn 47a. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 30; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 15. Westphal I Rn 513.

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wenn es demnächst zum Abschluss gekommen ist, dem Nachfolger, gegebenenfalls einem Bezirksvertreter zufällt, nicht aber über Abs. 3 dem ausgeschiedenen HV. Der Versuchung, die – wiederum in dem Beispielfalle – für den Unternehmer darin liegen könnte, den Abschluss über das Ende des Vertragsverhältnisses mit dem Vorgänger hinauszuzögern, lässt sich mit einer analogen Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB entgegentreten. Auch hier hat der Gedanke auszuscheiden, Abs. 3 stelle ab auf eine Provisionskonkurrenz zwischen dem ausgeschiedenen HV und einem für das gleiche Geschäft noch bis zum Abschluss tätig gewordenen Nachfolger, und im Verhältnis zu diesem müsse die Vermittlungstätigkeit des ausgeschiedenen sich als die überwiegende darstellen. Beispielsweise könnten die – beachtlichen – Vermittlungsbemühungen des ausgeschiedenen HV in der Zeit seines Vertragsverhältnisses sich mit einer Aktivität des Unternehmers, der sich in die Anbahnung des Geschäfts zusätzlich und mit ebenso beachtlichem Aufwand eingeschaltet hatte, die Waage halten in einer Weise, dass dem Nachfolger nur noch ein unbedeutender Rest zu tun übrig geblieben war. Verglichen mit diesem hat der ausgeschiedene HV zwar überwiegend gearbeitet. Gleichwohl ist das hier nicht das Entscheidende. Fehlt eine überwiegende Verursachung wird wegen der verdrängenden Spezialität der § 87 ff meist auch ein Vergütungsanspruch aus § 354 ausscheiden584. Ob eine stillschweigende Vergütungsabrede eingreift585 ist Tatfrage. Eine überwiegende Einleitungs- und Vorbereitungshandlung liegt etwa vor 135 – bei einem Musterverkauf vor Vertragsbeendigung, der für den endgültigen Geschäftsabschluss aufgrund der gelieferten Muster nach Vertragsbeendigung ursächlich wird586. Denn ein derartiger Musterverkauf ist von vornherein auf die Veräußerung größerer Mengen gerichtet. Der HV hat die Bestellungen durch den vorausgegangenen Verkauf der Muster so „überwiegend eingeleitet und vorbereitet“, dass ihm die Provision hieraus als nachvertragliche Provision zusteht587. – Veranlassung der Listung der Produkte in einem Versandhauskatalog für die aufgrund der Bestellung der Versandhauskunden zustande gekommenen Geschäfte588. – Veranlassung der Mitglieder eines Wirtschaftsverbandes, die Produkte eines vertretenen Unternehmens bevorzugt zu beziehen, für die hierdurch zustande gekommenen nachvertraglichen Geschäfte589. – Falls der HV einen Rahmenvertrag vermittelt, auf dessen Grundlage der Unternehmer während der Laufzeit des Vertrages auf jeweilige Bestellung des Kunden liefert, ohne dass eine Bezugsverpflichtung bereits aus dem Rahmenvertrag entsteht (Beispiel: Belieferungsverträge der Kfz-Branche590). Dann entstehen Provisionsansprüche erst auf Grund der jeweiligen Einzelbestellungen. Durch die Vermittlung des Rahmenvertrages erwirbt der HV noch keinen Provisionsanspruch; jener kann sich erst auf Grund der nachfolgenden Einzelbestellungen ergeben591. Der HV erwirbt jedoch gem. § 87 Abs. 3

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AA Hopt § 87 Rn 41. Vgl. Hopt § 87 Rn 41. BGH BB 1957, 1087 = DB 1957, 1068 = NJW 1958, 180; OLG Düsseldorf DB 1956, 376; Westphal I Rn 513; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 32; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 15; Hopt § 87 Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 109; Schröder § 87 Rn 47a.

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BGH BB 1957, 1087 = BGH DB 1957, 1068; Hopt § 87 Rn 41. Küstner/Thume I Rn 888. OLG Düsseldorf HVuHM 1988, 298; LG Hamburg VersR 1991, 1240; Küstner/ Thume I Rn 888. Döpfer in: FS Thume, S. 35, (43). Hopt § 87 Rn 41.

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Nr. 1 Anspruch auf Provision für die Geschäfte, die innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen wurden592. Eine Frist von 4 Jahren kann angemessen sein, innerhalb derer die auf Grund des Rahmenvertrages erfolgten Bestellungen einen Provisionsanspruch des HV nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 auslösen593 (siehe Rn 136). Auf § 354 braucht nicht zurückgegriffen werden594. Handelt es sich bei dem Dauerschuldvertrag um einen Gebrauchsüberlassungs- oder Nutzungsvertrag iSd § 87b Abs. 3, ist zusätzlich diese Norm zu berücksichtigen. Danach differiert die Berechnung je nachdem, ob es sich bei dem vermittelten Dauerschuldvertrag um einen Vertrag mit bestimmter oder unbestimmter Dauer handelt: Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu dem der Kunde erstmals hätte kündigen könnte. Der HV hat jedoch Anspruch auf weitere Provisionen, wenn der Vertrag trotz der Kündigungsmöglichkeit fortbesteht. I.E. ist daher auch bei den von § 87b Abs. 3 erfassten Verträgen für eine angemessene Zeit Provision zu leisten, solange der vermittelte Vertrag fortbesteht. Der Anspruch ist nach Beendigung des HV-Vertrages auch nicht grundsätzlich auf den Termin zu befristen, zu dem erstmals vom Kunden hätte gekündigt werden können595. Dagegen spricht das Leitbild des § 87b Abs. 3. Es handelt sich bei der Fortsetzung nicht um einen dem provisionsrechtlich unbeachtlichen nachvertraglichen Neuabschluss gleichstehenden Sachverhalt, da der Altvertrag fortgesetzt wird596. Nicht ausreichend ist: – Die Vermittlung eines Auftrages zur Herstellung von Werkzeug für später damit durchzuführende Aufträge597. b) Geschäftsabschluss innerhalb angemessener Frist (zeitliche Komponente). Als zeit- 136 liche Komponente muss die Vermittlung, Einleitung oder Vorbereitung zu einem Geschäftsabschluss „innerhalb angemessener Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses“ führen598. Die zeitliche Einschränkung soll ausweislich der Amtlichen Begründung zur raschen Abwicklung des Vertragsverhältnisses beitragen599. Wieso freilich, verrät die Amtliche Begründung nicht: der ausgeschiedene HV hat auf den Gang der Dinge keinen Einfluss mehr, und der Unternehmer kann an der raschen Abwicklung nur deshalb, weil gerade sie die Provision noch dem ausgeschiedenen (und nicht etwa dem Nachfolger) zukommen ließe, nicht sonderlich interessiert sein. Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalls600, Art, Inhalt und Bedeutung des Geschäfts, die Verkehrssitte und -anschauung sowie die Branchengebräuche an, welche Frist als angemessen anzusehen

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594 595 596 597

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 109; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 11a, 49a. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Döpfer in: FS Thume, S. 35, (43). Für die Anwendung des § 354: BGH NJW 1958, 180; Hopt § 87 Rn 41. So aber Hopt § 87b Rn 17; hiergegen Döpfer in: FS Thume, 35 (40). Döpfer in: FS Thume, S. 35 (40). Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526);

598

599 600

Küstner/Thume I Rn 885ff; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 108. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 48. S. 24 der Amtl. Begründung. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111.

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ist601. Eine feste zeitliche Grenze fehlt602. Wird das Geschäft üblicherweise schnell durchgeführt, so ist die angemessene Frist kürzer603. Die Frist kann geräumig sein, wenn üblicherweise ein langer Zeitraum zwischen Vermittlung und Einzelgeschäft liegt604 oder langwierige Vertragsverhandlungen üblich sind605. Extreme sind auf der einen Seite der Thekenverkauf von Ware, etwa bei Tankstellenvertretern, und auf der anderen Seite die Vermittlung von Kfz-Verkäufen bei Kfz-Vertretern, von Geschäftsabschlüssen über komplexe Anlagen mit erheblicher Planungszeit oder Lieferverträgen von Zulieferern während der Produktionszeit eines Kfz-Modells (je nach den Umständen des Einzelfalls mglw. trotz jährlicher Preisverhandlungen und Planungsgespräche)606. Bei einem Rahmenvertrag maßgebend ist das rechtswirksame Zustandekommen des Rahmenvertrages einerseits und des Vertrags mit dem Kunden andererseits607. Erfolgt der Geschäftsschluss des Einzelgeschäfts unter einer auflösenden Bedingung, genügt der zeitige Abschluss. Das unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Geschäft ist hingegen noch nicht wirksam zustande gekommen und reicht nicht608. Bei einem schwebend unwirksamen Vertrag muss die Wirksamkeit noch binnen angemessener Frist eintreten, die Abgabe der Vertragserklärungen in angemessener Frist genügt auch hier nicht609. Ausreichend ist es, wenn das Geschäft nach Insolvenz vom Insolvenzverwalter abgeschlossen wird610. Beispiele: 137 • Der Abschluss über Saisonware darf nicht später als das Erscheinen der Muster für die neue Saison erfolgen611. Bis dahin aber kann die Orderfrist ausgeschöpft werden. • Bei sofort lieferbarer Stapelware wird die Frist kürzer bemessen sein dürfen als bei der Lieferung einer Maschine mit Spezialanfertigung, für die schon der Abschluss eine längere Vorlaufzeit hat. • Für den Abschluss über die Erstellung einer Beregnungsanlage hat der BGH612 einen Zeitraum von 2 Jahren noch als angemessen erachtet. Die Dauer der Frist kann auch vertraglich festgesetzt werden. • Der Vertrag betreffend die Fertigung einer Aktenförderanlage (Auftragswert 1 Mio. DM rechtfertigte einen Zehnmonatszeitraum613. • Im Falle der Einzelabschlüsse aus einem Rahmenvertrag wurde für den Provisionsanspruch aus den Einzelverträgen eine vierjährige Frist als angemessen angesehen614. 601

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Thume MDR 2011, 703 (708); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 16; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 31; Hopt § 87 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Küstner/Thume I Rn 890; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43); Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 48. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526). Döpfer in: FS Thume, S. 35 (44). Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 31. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 14; Schröder § 87 Rn 11; aA Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 32.

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 31. Westphal I Rn 516. Westphal I Rn 514; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 31; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 111; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 48. Urt. v. 30.01.1964 – VII ZR 83/62, zitiert bei v. Gamm NJW 1979, 2492, unveröfftl.; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Westphal I Rn 514. Der BGH nahm die Revision gegen das Berufungsurteil nicht an, siehe BGH, Beschl. v. 25.02.1977 – I ZR 84/76, zitiert bei von Gamm NJW 1979, 2492. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218 – Autozubehörbranche; Thume MDR 2011, 703 (708); Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

Die Frist ist ab dem Datum der Beendigung des HV-Vertrages zu berechnen615. Die 138 Ansicht, derzufolge die Frist mit der letzten Vermittlungs- bzw. Vorbereitungshandlung beginnen soll616, widerspricht dem Wortlaut des § 87 Abs. 3617 und verhindert auch keine schnelle und sichere Abwicklung618, weil § 87 gerade eine solche binnen angemessener Zeit verlangt. So i.E. auch der BGH619, wonach die „angemessene Frist“ nicht vor dem Ende des HV-Verhältnisses beginnen soll. Keine Begründung für die gegenteilige Ansicht sind die sog. gestorbenen Geschäfte, Vermittlungsbemühungen, die vor längerer Zeit zum Erliegen gekommen waren, von den Beteiligten als „gestorben“ betrachtet wurden, und auf die der Kunde später, kurz nach Ende des HV-Vertrages, unvermutet zurückkommt. Die nachvertragliche Provision soll dem HV nicht den Lohn für seine Bemühungen gegen die Gefahr absichern, dass er gerade und nur durch die Beendigung des Vertreterverhältnisses außerstande gesetzt werde, auf den weiteren Gang der Abschlussbemühungen Einfluss zu nehmen, so dass eine nachvertragliche Provision für das gestorben gewesene Geschäft nicht verdient sei. Die nachvertragliche Provision soll dem HV vielmehr die Provision sichern, die er ohne das Vertragsende verdient haben würde. Das aber wäre auch im Falle des scheinbar „gestorbenen“ Geschäfts der Fall, sobald der Kunde auf die früheren Vermittlungsbemühungen zurückkommt und deren Ursächlichkeit damit wieder aktiviert. Die zur Stützung der gegenteiligen Ansicht angeführte Entscheidung BGH DB 1957, 1068 besagt nicht das, wofür sie zitiert wird620. Sollte der Unternehmer die Annahme des Geschäfts verzögern, ist die Fristwahrung gem. §§ 242, 162, 826 BGB zu fingieren. 5. Zweite Alternative der nachvertraglichen Provision: Angebotseingang vor Ver- 139 tragsbeendigung (§ 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2). Gemäß § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 steht dem HV weiter nachvertragliche Provision zu, wenn das Angebot des Kunden zum Geschäftsabschluss vor Beendigung des HV-Vertrages beim HV oder Unternehmer zugegangen ist. a) Zweck. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 soll verhindern, dass der Unternehmer die Annahme 140 eines Kundenangebots auf die Zeit nach Beendigung des HV-Vertrages verschiebt, um den Provisionsanspruch zu vermeiden621. Die Regelung beruht auf Art. 8 lit. b HV-RL 1986 und wurde im Verlauf der Novelle 1989 Teil des § 87. b) Voraussetzungen. Der Provisionsanspruch gem. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 setzt zu- 141 nächst voraus, dass der HV nach § 87 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 2 Anspruch auf Provision besitzt, also die dort genannten TB-Voraussetzungen vorliegen. Nicht erforderlich ist ein überwiegendes oder mitursächliches Tätigwerden, eine überwiegende Verursa-

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Westphal I Rn 515; Hopt § 87 Rn 43. So Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Küstner/Thume I Rn 891. Westphal I Rn 515; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16; Hopt § 87 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111; aA Schweizer/Heldrich WRP 1976, 25 (30 f). AA Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526). BGH DB 1957, 1068. Ihr Leitsatz könnte zwar dazu verleiten. Indessen war gerade dort die Überhang-

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provision für Saisonartikel ein Vierteljahr nach Ende des Vertreterverhältnisses beansprucht worden, so dass der Abschluss ebenfalls innerhalb dieser Frist erfolgt sein musste; das aber wäre gerade der Schulfall einer Wahrung der „angemessenen Frist“ gewesen. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Küstner/Thume I Rn 897; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16a; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 104.

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chung622 bzw. überhaupt eine Verursachung623 des Geschäfts durch den HV, ebenso wenig irgendeine Tätigkeit624 des HV. Nr. 2 gilt damit im Gegensatz zu Nr. 1 auch für Kundengeschäfte, für welche dem HV Folgeprovision nach Abs. 1 S. 1 Alt. 2625 oder Bezirksprovision626 nach Abs. 2 zusteht. Nicht wird verlangt, dass – wie gem. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geschlossen wird627, wobei § 147 Abs. 2 BGB der Annahme Grenzen setzt. Allein maßgeblich ist der Zugang des verbindlichen Angebotes (bloßes Interesse genügt nicht628) beim HV oder Unternehmer gemäß §§ 130 ff629, 145 ff BGB vor Vertragsende. Weiter muss die Annahmeerklärung – deren rechtzeitige, fristungebundene Annahme dann Sache des Unternehmers ist630 – bei Beendigung des HV-Vertrags noch ausstehen und die Annahmefrist darf noch nicht verstrichen sein. Für einen nach § 150 Abs. 1 BGB zustande kommenden Kundenvertrag greift Nr. 1 ein631. Auch bei Abs. 3 S. 1 Nr. 2 reicht es aus, wenn das Angebot nach Vertragsbeendigung geringfügig modifiziert angenommen wird632, solange die Änderung nicht unter § 150 Abs. 2 BGB fällt633. Weitere Verhandlungen in Hinblick auf Einzelheiten vor Abschluss des Vertrages sind also unschädlich634. Willkürliche Modifikationen zur Umgehung des Provisionsrechts wären schon gem. §§ 242, 162, 826 BGB unbeachtlich635.

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6. Dispositivität. Die nachvertragliche Provision ist abdingbar636. In der Praxis geschieht das vielfach, etwa durch Einmalprovisionen637 oder Provisionsverzichte638. Wird sie derogiert, ist sie sicher ausgleichsfähig nach § 89b (§ 89b Rn 148). Die Beweislast für die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des Abs. 3 trifft denjenigen, der sich auf sie beruft. 7. § 87 Abs. 3 S. 2: Provisionsteilung

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a) Überblick. Ausnahmsweise steht dem nachfolgenden HV der Anspruch auf Provision nach Abs. 3 S. 2 anteilig zu, falls eine solche Teilung wegen besonderer Umstände der Billigkeit entspricht, etwa wenn der Abschluss des Kundengeschäfts auch auf die mitwirkende Tätigkeit des Nachfolgers zurückzuführen ist639. § 87 Abs. 3 S. 2 spricht von der „Teilung“ der Provision. Das bedeutet nicht notwendig eine hälftige Teilung640. Entsprechend dem Grad der Tätigkeit und der Verursachung kommen andere Teilungsmaßstäbe in Betracht641; selbst bei klar überwiegender Verursachung eines Teils ist Abs. 3 622 623 624 625

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Küstner/Thume I Rn 898. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 33. Hopt § 87 Rn 44. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16a; Hopt § 87 Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 104. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Hopt § 87 Rn 44. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Westphal I Rn 518. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 36; Hopt § 87 Rn 44; aA Küstner/ Thume I Rn 890. BGHZ 67, 275; Hopt § 87 Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 105. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 33.

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Westphal I Rn 519; Hopt § 87 Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 33. Küstner/Thume I Rn 899. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526) – die den Angebotsbegriff im wirtschaftlichen Sinne verstehen wollen; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 105; wohl auch Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16a. OLG Nürnberg BB 1963, 203. Thume MDR 2011, 703 (707) Thume MDR 2011, 703 (707) Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 24; Hopt § 87 Rn 46. Westphal I Rn 523. Westphal I Rn 523.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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S. 2 anwendbar642. Die Diskussion zu § 426 BGB findet hier eine Parallele. Da das Gesetz vom Vorrang der Provision des Vorgängers ausgeht, wird der Vorgängervertreter in der Regel den größeren Anteil erhalten. Das ergibt sich im Fall des § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 aus dem Gesetzeswortlaut, indem Anspruchsvoraussetzung wurde, dass das Geschäft „überwiegend“ auf die Tätigkeit des Vorgängervertreters zurückzuführen sein muss643. Ist der Provisionsanspruch des Vorgängervertreters begründet, weil vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Kunden zuging, bleibt die Teilung meist ausgeschlossen, da es zum Abschluss nur noch der Annahme des Angebotes bedarf und keine Tätigkeit des Nachfolgevertreters entfaltet wird644. Ein Beispiel bietet bildet der Fall, in welchem der nachfolgende HV im Rahmen des § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 noch erhebliche Änderungen an dem Angebot des Kunden verhandeln musste645. Auch kann eine andere Aufteilung gerechtfertigt sein, sofern der Nachfolger die Ausführung des Geschäftes betreuen muss646. Hingegen wird die Teilung meist ausscheiden, falls der nachfolgende HV bloß unwesentlich beim Abschluss des Geschäftes mitgewirkt hat647. Bei der Vermittlungsprovision nach Abs. 1 S. 1 kann eine Teilung nur in Betracht kommen, wenn trotz der als TB-Voraussetzung vorgesehenen überwiegenden Herbeiführung des Kundenvertrags durch den ausgeschiedenen HV (Abs. 3 S. 1 Nr. 1) die Mitursächlichkeit der Tätigkeit des Nachfolgers so erheblich ist, dass ein völliger (weitgehender) Ausschluss einer Vergütung für ihn der Billigkeit widerspricht648. Entscheidend sind auch hier sämtliche Umstände des Einzelfalls649. Mitverursachende Beiträge des Unternehmers, seines Personals oder Dritter sind dem Nachfolger schon nach dem Wortlaut der Vorschrift bei der Billigkeitsprüfung nicht zuzurechnen; es bleibt regelm. beim vollen Provisionsanspruch des ausgeschiedenen HV650. Zugunsten der Bezirksprovision nach Abs. 2 S. 1 bleibt für eine Billigkeitskorrektur kaum Raum, weil die Bezirksprovision ohne konkrete Vermittlungstätigkeit verdient wird und der Ausgeschiedene nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 Nr. 2 – mithin der vollständigen Vorbereitung des Kundengeschäfts während seiner Vertragszeit – Anspruch auf eine „nachvertragliche“ Bezirksprovision erwerben kann651. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den normalen Provisionstatbeständen 144 der Abs. 1, 2 sowie Abs. 3 S. 2 (2) folgt die Beweislast: Wer sich auf die Ausnahmebestimmung652 des Abs. 3 S. 2 beruft, muss den Beweis der Ausnahme führen. Ihrem Zweck nach soll die Regelung einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des ausgeschiedenen HV und dessen Nachfolger ermöglichen653, präziser: eine Billigkeitskontrolle. 642 643 644 645 646 647

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Hopt § 87 Rn 46; aA MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 114. Küstner/Thume I Rn 901; Westphal I Rn 523. Westphal I Rn 523. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Küstner/Thume I Rn 901. Westphal I Rn 523. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 114; aA Hopt § 87 Rn 46. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 36; Genzow in: Ensthaler, § 87 Rn 24; Hopt § 87 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 113.

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Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16b; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 113. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527); Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 36; Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16b; Hopt § 87 Rn 46. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 36. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 113.

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b) Allgemein: Provisionskollisionen. Daneben können Provisionskollisionen aber auch zwischen Vertretern desselben Vertriebssystems eintreten, von denen keiner ausscheidet. Hierin liegt ein stark umstrittenes Problem. Provisionskollisionen können nur eintreten, wenn jeder der beteiligten HV seine Tätigkeit im Verhältnis zum Unternehmer befugt entfaltet hat. Es scheiden etwa Fallgegebenheiten aus, in denen ein Bezirksvertreter sich unzulässigerweise außerhalb seines ihm zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises oder des ihm zur Vertretung ausschließlich zugewiesenen Sortiments vermittelnd betätigt hat. Beispiele bilden das Zusammenwirken mehrerer HV bei der Herbeiführung eines 146 Geschäftes654, z.B. Mitursächlichkeit bei der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses655. Oder der Unternehmer lässt eine Mehrzahl nicht bezirklich oder ressortmäßig gebundener HV konkurrierend tätig werden. Auch kann die Tätigkeits- oder Bezirksprovision des einen Vertreters für den anderen ein Folgegeschäft darstellen, da er den Kunden vorher für Geschäfte der gleichen Art geworben hatte. Die Bezirksprovision eines Vertreters mag die Tätigkeitsprovision eines anderen darstellen656. So kann etwa auf einem Messestand des Unternehmers ein Vertreter Geschäfte mit Kunden tätigen, die im Bezirk eines anderen Bezirkvertreters ansässig sind657. Schließlich können Geschäftsabschlüsse mit Hauptniederlassung und deren Filialen ebenfalls zu Provisionskollisionen führen658. Beispiele: (1) Der Unternehmer lässt neben einem Vertreter für den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis auch bezirklich oder ressortmäßig nicht gebundene Vertreter tätig werden, und einer jener hat das Geschäft mit dem bezirksansässigen oder kundenkreiszugehörigen Kunden vermittelt. (2) In einem Konzern haben die verbundenen, rechtlich selbständigen Unternehmen unabhängig voneinander das gleiche Interesse an einem bestimmten Produkt, für das sie von je ihrem zuständigen Bezirksvertreter gewonnen worden sind; die Bestellungen erfolgen zentral durch das von der Konzernleitung dafür bestimmte Tochterunternehmen, welches seinen Sitz in dem Bezirk eines anderen Bezirksvertreters hat (das Beispiel lässt sich auch auf Filialunternehmen mit alleiniger Bestellzuständigkeit der Zentrale umdenken). Endlich können zwei nicht tätigkeitsgebundene Provisionsansprüche konkurrieren, nämlich solche aus Nachbestellungen mit Bezirksprovisionen. Beispiel: In dem Bezirk bzw. Kundenkreis eines hierfür eingesetzten Vertreters fallen Geschäfte mit bezirksansässigen oder kundenkreisgehörigen Kunden an, die sich als reine Nachbestellungen darstellen, nachdem der zugrundeliegende Erstauftrag von einem anderen, für diesen Bezirk (Kundenkreis) nicht zuständigen, aber damals zuständig gewesenen HV (Sitzverlegung des Kunden, nicht allerdings Bezirkswechsel des Vertreters), abgeschlossen gewesen war – Konkurrenz von Provisionsansprüchen aus Abs. 1 S. 1, 2. Alternative und aus Abs. 2 –. Den Nachbestellungen der letztgenannten Fallgruppe werden solche Bestellungen gleichzustellen sein, die iSd Abs. 1 S. 1, 1. Alt. als noch unmittelbar ursächlich mit einer Stammorder zusammenhängend einzugruppieren sind. Braucht daraufhin der Unternehmer die Provision gleichwohl nur einmal zu zahlen 147 und muss die Provision zwischen den beteiligten HV geteilt werden, oder aber kann ein jeder von ihnen die volle Provision beanspruchen? Das Gesetz entscheidet die Frage nicht. Der BGH659 hat inzident ausgesprochen, dass jedenfalls dem Bezirksvertreter die Provision aus einem Geschäft mit einem bezirkseingesessenen Kunden nicht deshalb gekürzt werden könne, weil noch ein anderer Vertreter bei dem Abschluss mitgewirkt 654 655 656

Siehe etwa KG BB 1969, 1062. Westphal I Rn 525, zu regelungsbedürftigen Punkten siehe Küstner/Thume I Rn 816. Westphal I Rn 525.

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657 658 659

Siehe KG BB 1969, 1062 = HVR Nr. 397; Küstner/Thume I Rn 837 ff. Westphal I Rn 526. BGH DB 1957, 1222.

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habe. Das Gegenstück hierzu bildet die Entscheidung BGH VersR 1971, 464: Wird ein Bezirksvertreter außerhalb seines Bezirks mit Zustimmung des Unternehmers tätig und vermittelt er ein Geschäft, so steht ihm hieraus auch die Provision für die Folgeaufträge zu, und zwar ungekürzt. Hält man beide Entscheidungen zusammen, so würde sich freilich ergeben, dass der BGH eine Doppelung des Provisionsanspruchs (des Bezirksvertreters und des „anderen“ Vertreters) als Konsequenz hinnimmt. Denkbar sind folgende Lösungswege: Zum einen kann jedem Vertreter der volle Pro- 148 visionsanspruch zustehen660. Ebenso ist denkbar, dass die Provision nach Köpfen oder nach anderen Maßstäben aufzuteilen ist. Danach wäre die Provision unter den beteiligten HV aufzuteilen, wobei allerdings der Maßstab der Aufteilung schwer zu bestimmen ist. Begründet wird diese Ansicht mit einer analogen Anwendung des § 660 Abs. 1 S. 1 BGB, nach dem der Auslobende, wenn mehrere am Erfolg mitgewirkt haben, die Belohnung unter Berücksichtigung des Anteils eines jeden an dem Erfolg nach billigem Ermessen aufzuteilen hat661. Auch an eine Analogie zu Abs. 3 S. 2 wäre zu denken. Eine generelle Regel dahingehend, dass der Gesetzgeber eine doppelte Provisionsbe- 149 lastung des vertretenden Unternehmers vermeiden wollte, wird man Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 sowie Abs. 3 nicht entnehmen können662. Denn es handelt sich um Ausnahmen, die nicht verallgemeinert werden können. Vielmehr lautet die Grundregel, dass jeder für den Erfolg mitursächliche HV provisionsberechtigt ist. Eine dogmatische Begründung für eine Provisionsteilung lässt sich schwer finden. Genannt werden Billigkeitsgesichtspunkte oder Treu und Glauben. Die Teilungslösung muss das Kriterium der Mitursächlichkeit eliminieren, und bei Mitbeteiligung einer Bezirksprovision sich darüber hinwegsetzen, dass diese als vertragliche Gegenleistung für die Betreuung des Bezirks gewährt wird. Ihre Vertreter operieren zwar gern mit § 87 Abs. 3: aus ihm ergebe sich, dass der Unternehmer die Provision bei Beteiligung mehrerer Vertreter nur einmal zu zahlen brauche. Das Argument ist jedoch aus mehrfachen Gründen nicht triftig. Zum einen stellt Abs. 3 vom Grundsatz her gar nicht auf die Provisionskonkurrenz zwischen mehreren HV ab663. Nur im Ausnahmefalls („wenn und soweit“, Abs. 1 S. 2 sowie Abs. 2 S. 2) ist eine Teilung der Provision zwischen Vorgänger und Nachfolger vorgesehen (Rn 154). Zum anderen gibt es ohnehin keinen Grundsatz, dass der Unternehmer bei Beteiligung mehrerer Geschäftsmittler stets nur einmal Provision zu zahlen habe: das Beispiel des ausgeschiedenen angestellten Reisenden, der ein Geschäft erfolgversprechend eingeleitet hat und dessen Bemühungen nach seinem Ausscheiden durch einen nunmehr eingesetzten HV zu Ende geführt werden, beweist es. Endlich würde die Heranziehung des § 87 Abs. 3 doch allenfalls soviel ergeben, dass der Unternehmer nur einmal zu leisten brauche, nicht aber, dass die Provision unter den mehreren HV zu teilen sei. Die Lage im Falle des § 87 Abs. 3 ist eine andere, als sie hier vorausgesetzt ist. Dort schließen, wenn ein Vorgänger und ein Nachfolger in der Vermittlung ein und desselben Geschäfts tätig geworden sind, beide in ihrem Tätigwerden aneinander an. Die Tätigkeit des Vorgängers ist abgeschlossen und überblickbar. Der Nachfolger weiß, dass ein Vorgänger bereits in der Angelegenheit gearbeitet hat und hat sich darauf einzustellen, unter Umständen ohne eigenen Provisionsanspruch die Vermittlung zu Ende zu führen. In den hier behandelten Fallgestaltungen ist entweder ein Bezirksvertreter mit einer Bezirksprovision beteiligt: deren Kürzung braucht er aus den oben angedeuteten Gründen ohnehin nicht hinzunehmen; und genau das hat der BGH664 richtig gesehen. Oder aber es werden mehrere HV neben660 661

Küstner/Thume I Rn 812; Höft VersR 1967, 529; Knütel ZHR 144 (1980), 289 (295). Knütel ZHR 144 (1980), 289 (295).

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AA Küstner/Thume I Rn 879. Schröder § 87 Rn 43. BGH DB 1957, 1222.

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einander tätig. Vielfach wird keiner zuverlässig wissen, wie weit der andere schon mit seinen Bemühungen gediehen ist und bis zur Abschlussreife noch gedeihen wird. Möglicherweise weiß er nicht einmal, dass ein anderer Vertreter neben ihm tätig ist. Aber: jeder von ihnen trägt zum Erfolg ursächlich bei, in Gestalt einer nachwirkenden Ursächlichkeit auch bei Folgeaufträgen. Eine Ausnahme dahingehend, dass ihm daraufhin nur eine Teilprovision zustehe, hat das Gesetz nicht festgesetzt. Auch die Berufung auf § 420 BGB schlägt nicht durch; denn es ist ja gerade die Frage, ob die mehreren Vertreter zusammen „eine“ teilbare Leistung zu fordern haben. Schließlich: Wie sollte auch, wenn § 420 BGB nicht anwendbar ist, ein zuverlässiger Verteilungsmaßstab gefunden werden? Nach dem Gesetz führt die Erfüllung der TB-Voraussetzungen der Provisionspflicht 150 grundsätzlich zum vollen Provisionsanspruch, auch sofern weitere HV für das jeweilige Geschäft ebenfalls Provision beanspruchen können665. Es besteht volle „Provisionskonkurrenz“666. Eine Aufteilung der Provision unter mehreren HV wird – von der Ausnahme des Abs. 3 S. 2 abgesehen – nicht vorgesehen, auch nicht durch Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 S. 2667, obwohl bei der Novelle 1989 Gelegenheit zur Klarstellung bestanden hätte, falls eine Provisionsteilung dem gesetzgeberischen Willen entsprochen hätte668. Es bedürfte daher einer gegenläufigen, aber fehlenden Regelung, damit man eine Teilung, d.h. eine Reduzierung, annehmen dürfte. So hat auch der BGH669 geurteilt, eine Provisionsteilung komme bei einem Bezirksvertreter nicht in Betracht. Ein Bezirksvertreter brauche an einem Vertragsschluss überhaupt nicht mitzuwirken und habe dennoch Anspruch auf Provision. Sie dürfe nicht gekürzt werden, nur weil ein anderer HV ebenfalls mitgewirkt habe. Der Unternehmer, der in solchen Fällen eine Mehrfachzahlung vermeiden will, hat es 151 in der Hand, dem durch vertragliche Abmachungen mit seinen mehreren HV vorzubeugen670. Die Gefahr der Mehrfachzahlung mag hierfür ein heilsamer Zwang sein. Schon die Amtliche Begründung zu § 87671 hat ihn auf diesen Weg gewiesen. Sie erbringt allerdings nur den gewünschten Erfolg, wenn der Unternehmer sie mit jedem seiner HV abschließt672. Wird diese Folgerung nicht gezogen, so gilt: Das Mehrfachzahlen-Müssen ist das Risiko des Unternehmers, der sein Vertriebssystem nicht so gestaltet hat, dass Überschneidungen mit unerwünschten Folgen für die Provisionspflicht vermieden werden. Führt man den Gedanken ins Feld, nach Treu und Glauben müsste den mehreren Vertretern, die nebeneinander und um ihr Nebeneinander wissend sich bemühen, im Wege der Vertragsauslegung je die stillschweigende Einzelabrede unterstellt werden, mit einer Provisionsteilung einverstanden zu sein, so kann dieser im Einzelfalle greifen, läuft aber in seiner Verallgemeinerung auf gewagte Zweckkonstruktionen hinaus und schiebt die Folgen einer unterlassenen Vorsorge des Unternehmers für eine zweckmäßige Disposition seines Vertriebsnetzes allzu leicht auf die beteiligten Vertreter ab, zu Lasten des nach dem Gesetz zu beanspruchenden Lohnes ihrer Mühewaltung. 665

666 667

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 57; Schröder § 87 Rn 2a, 16a, 49, 61c; Westphal Rn 302; Maier BB 1970, 1327; Westphal BB 1991, 2027 (2028); krit. Hopt Rn 21; s.a. LAG Hamm BB 1993, 2236; Krüger DB 1964, 1399. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 89. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 57.

704

668 669 670

671 672

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34. BB 1960, 1250 = HVR 175. BGH, Urt. v. 11.07.1960 – VII ZR 225/59, BGHZ 33, 92 (96, 97) = NJW 1960, 1996; Westphal I Rn 527; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34; Hopt § 87 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 55, 57; Maier BB 1970, 1327 (1328); Klinger DB 1957, 975. BTDr. Nr. 3856 S. 24. Westphal I Rn 528.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

Eine stillschweigende Teilungsabrede ist nur anzunehmen, wenn der Unternehmer die 152 Vertreter von vornherein und für jeden deutlich erkennbar in einem Vertriebssystem so einsetzt, dass mitursächliche Beiträge vom System her angelegt sind673. Der Wille der Parteien muss aber so klar erkennbar sein, dass er eine regelmäßig erforderliche ausdrückliche (teilweise) Verzichtsabrede ersetzt. Bei fehlender Kenntnis eines HV von der Tätigkeit des anderen scheidet eine Teilungsabrede rglm. aus.674 Zweifel gehen zu Lasten des Unternehmers. Allein der Umstand, dass das Vertriebsgebiet des Unternehmers in zahlreiche geschützte Bezirke aufgeteilt ist675 oder ein HV von der Tätigkeit des anderen weiß676, reicht für die Annahme einer stillschweigenden Verzichtsvereinbarung nicht aus. Eine stillschweigende Teilungsabrede kann in den Fällen der Messegeschäfte vorliegen, bei denen ein HV Geschäfte mit Kunden aus dem Bezirk eines anderen Bezirksvertreters aufgrund der mehrseitigen Abrede zwischen Vertretern und Unternehmer tätigt, dass derjenige HV, der gerade auf dem Messestand unbeschäftigt ist, den jeweiligen Interessenten bewirbt677. Auch ausgleichsrechtlich hat der werbende Vertreter diesen Kunden als Neukunden geworben. Nach den Gutachten der IHK Düsseldorf 678 soll es im Bereich der Kammer jedoch üblich sein, dass Ausstellungs- und Messeaufträge einen Provisionsanspruch für den HV begründen, in dessen Bezirk der Kunde seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Ein Gutachten der IHK Essen679 kam zu dem Ergebnis, dass – sofern nichts Gegenteiliges vereinbart sei – der Provisionsanspruch davon abhänge, ob der Abnehmer im Bezirk des Bezirksvertreters sein Geschäftsitz habe. Arbeitet der vor dem Ausscheiden stehende HV seinen Nachfolger ein und überlässt ihm Vermittlungsaufgaben, soll im Zweifel stillschweigend vereinbart sein, dass der Nachfolger nur als Erfüllungsgehilfe für den Ausscheidenden tätig werden soll 680. Eine stillschweigende Regelung, dass dem Ausscheidenden alle Provisionsansprüche zustehen sollen, soll anzunehmen sein, wenn der Unternehmer dem Nachfolger für die Einarbeitungszeit eine zusätzlich zu der Provision des Ausscheidenden zu leistende feste Vergütung oder Erfolgsvergütung verspricht681. Ist eine Teilung ausnahmsweise zulässig, erfolgt die Teilbarkeit nach Verursachungs- 153 beiträgen zum Geschäft, mangels Feststellbarkeit nach Köpfen, § 420 BGB682. Hierbei handelt es sich jedoch um Evidenzfälle. Fehlt es an dieser Evidenz, kann die Teilung nicht aus § 420 BGB und auch nur in Ausnahmefällen aus § 242 BGB folgen683. 8. Rechtsfolgen. Wenn und soweit eine nachvertragliche Provision entsteht, verdrängt 154 sie die etwaige Provisionsberechtigung eines anderen Vertreters, Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2. Die Betonung liegt auf dem Wort „soweit“. Es lässt auch eine nur partielle „Teilverdrängung“, d.h. eine Provisionsteilung, zu, sollte sie angemessen sein. Der verdrängte HV kann sowohl ein gewöhnlicher Vertreter nach Abs. 1 sein (der dann bei der Vermittlung des Geschäfts sich gleichfalls betätigt hätte, etwa als Nachfolger-Vertreter), oder aber im 673

674 675 676

OLG Celle BB 1956, 61 (62); Knütel ZHR 144 (80) 295; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 20; Hopt § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 56. Canaris § 17 Rn 64. Schröder § 87 Rn 32a. AA Canaris § 17 Rn 64, der hier eine stillschweigende Teilungsabrede nach Tatbeiträgen, hilfsweise nach Köpfen, annimmt.

677 678 679 680 681 682 683

Zu solchen Fällen Küstner/Thume I Rn 837 ff; siehe auch Hopt § 87 Rn 21. Urt. v. 01.09.1959, HVR Nr. 228. Urt. v. 29.01.1950, HVR Nr. 19. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34. Ahle DB 1964, 611; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 34. Hopt § 87 Rn 21; Canaris § 17 Rn 64. Hopt § 87 Rn 21.

Raimond Emde

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§ 87

1. Buch. Handelsstand

Fall des Abs. 3 Nr. 2 ein Bezirksvertreter bzw. ein Vertreter mit zugewiesenem Kundenkreis nach Abs. 2 (namentlich sofern er den Bezirk bzw. den Kundenkreis von dem ausgeschiedenen Vertreter übernommen hat). Nur im ersteren Falle käme es darauf an, wessen Tätigkeit für den Abschluss überwiegend ursächlich geworden ist. Unabhängig hiervon und in beiden Fällen fällt die Provision dem Nachfolger zu, wenn der Geschäftsabschluss erst nach unangemessen langer Frist erfolgt oder es (aus welchen Gründen immer) an dem Merkmal „überwiegende Tätigkeit“ des ausgeschiedenen HV fehlt. Beansprucht der Nachfolger des Vertreters die dem Vorgänger nach Abs. 3 ausbezahlte Provision für sich, so kann er diesen Anspruch nur gegenüber dem Unternehmer, nicht gegen den Vorgänger selbst geltend machen.

155

9. Derogation. § 87 Abs. 3 ist nicht zwingend. Die Parteien dürfen also Abweichendes vereinbaren684, wohl auch in AGB685. So können sie die Frist, in der der Geschäftsabschluss gemäß § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nach Vertragsbeendigung getätigt werden muss, bestimmen686, ebenso die Frist, innerhalb derer das Angebot des § 87 Abs. 3 Nr. 2 eingehen muss. Die nachvertragliche Provision gem. § 87 Abs. 3 Nr. 1 kann auf die Fälle der überwiegenden oder ausschließlichen Tätigkeit des Vertreters begrenzt werden687. Schließlich darf die nachvertragliche Provision ganz ausgeschlossen werden.

V. § 87 Abs. 4: Inkassoprovision 156

Die Einziehung des von dem Kunden zu zahlenden Entgeltes gehört nicht zu den durch die Vermittlungsprovision vergüteten Aufgaben eines HV688. Deshalb ist auch ein zum Geschäftsabschluss bevollmächtigter HV zum Inkasso grundsätzlich nicht verpflichtet oder befugt689. Wird ihm jedoch ein besonderer Inkassoauftrag nach § 55 Abs. 3690 erteilt, so steht ihm für die auftragsgemäß eingezogenen Beträge Anspruch auf eine zusätzlich zur Provision nach Abs. 1–3 zu leistende691, besondere Vergütung, die sog. Inkassoprovision, zu692. Sie ist Verwaltungsprovision693 und soll deshalb bei der Rohausgleichsberechnung nicht einbezogen werden, nur bei der Bestimmung der Ausgleichshöchstgrenze694. Dabei wird es – sofern Verwaltungsprovisionen nicht ohnehin für ausgleichsfähig gehalten werden – aber darauf ankommen, ob die werbende Tätigkeit ohne das Inkasso unmöglich war – dann Einbeziehung auch in die Rohausgleichsberechnung. Ggf. ist der Anteil der Inkassoprovision an einer Gesamtprovision zu schätzen695. Der Anspruch auf Inkassoprovision setzt eine hinreichend klare Verpflichtung des HV zum 684

685

686 687 688

OLG Nürnberg BB 1963, 203; Wauschkuhn/ Fröhlich BB 2010, 524 (528); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 893; Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 26; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 115. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 60; zweifelnd Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Handelsvertreterrecht Rn 34; referierend Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528). Küstner/Thume I Rn 984; Westphal I Rn 524. Küstner/Thume I Rn 894. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 54; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 27;

706

689 690 691 692 693 694 695

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 116; Schröder § 87 Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 55; Schröder § 87 Rn 51. Hopt § 87 Rn 47; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 116. Hopt § 87 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 54. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 43. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 43. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87 Rn 43.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

Inkasso voraus, für welche derjenige beweispflichtig ist, der sich auf die Vorteile der Vereinbarung beruft696. Der Inkassovertrag kann gegenständlich, räumlich, persönlich und zeitlich begrenzt werden697. Er muss sich nicht auf Kunden des HV oder von ihm vermittelte Geschäfte gem. Abs. 1 und 2 beziehen698. Der Anspruch entsteht auch, wenn ein Provisionsrecht nach diesen Absätzen nicht entstanden ist699. Eine stillschweigende Erteilung des Inkassoauftrages bzw. der -Vollmacht ist möglich700, etwa durch wiederholte, widerspruchslose Entgegennahme der von den Kunden an den HV geleisteten Zahlungen701, längere Zahlung einer Inkassoprovision, Aushändigung einer Quittung gemäß § 370 BGB oder durch Hinweise in den Bestellscheinen auf die Möglichkeit der Zahlung an den HV702. In Abwesenheit einer abweichenden Vereinbarung entsteht der Anspruch auf Inkasso- 157 provision, wenn und soweit der HV vertragsgemäß eine Inkassotätigkeit vornimmt703, also spätestens mit der tatsächlichen Entgegennahme einer für den Unternehmer bestimmten Leistung704. Die Höhe der Vergütung bemisst sich mangels besonderer Festsetzung oder Handelsbrauchs705 nach §§ 87b706, 87d707. Wurde eine Einheitsprovision bestimmt, hat der Unternehmer die ausreichende Vergütung zu beweisen. Er besitzt meist die Formulierungshoheit. Bei eingezogenen Teilbeträgen ist ein entsprechender Teil der Provision zu zahlen708. Da der Provisionsanspruch nicht zwingend ist, kann er abbedungen werden709. Folglich entsteht er bei Existenz einer Inkassoabrede nur, wenn er entweder vertraglich vereinbart oder nicht derogiert wurde. Der mit dem Inkasso beauftragte HV muss gemäß §§ 675, 676 BGB i.V.m. den Rege- 158 lungen des HV-Vertrages710 über die eingezogenen Beträge innerhalb der vereinbarten oder üblichen Fristen abrechnen und die Beträge auskehren (siehe auch § 86 Rn 182 ff zur Rechenschaftspflicht). Einigkeit besteht über die Pflicht zur regelmäßigen Auskehrung.711 Hilfsweise gelten die Abrechnungsfristen des § 87c Abs. 1 analog, also im Zweifel unverzüglich712. Die Fälligkeit des Anspruchs des Unternehmers auf Auszahlung eingezogener Beträge tritt mangels abweichender, vorrangiger Vereinbarung spätestens mit der erforderlichen Abrechnung ein, bei unterlassener Abrechnung mit dem Ende des Zeitraums, zu dem der HV hätte abrechnen müssen, ohne Abrechnungspflicht ebenfalls unverzüglich. Bis zur Auskehrung hat der HV im Zweifel die eingenommenen Beträge getrennt von eigenen Geldern zu verwahren713. Die verzögerte Weiterleitung führt zu einer Haftung aus § 288 BGB714, insb. wenn eine zu spät eingeleitete Vollstreckung 696 697 698

699 700 701 702 703 704

705

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 55; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 55. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 55; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118; Schröder § 87 Rn 52. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 55. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a. Schlegelberger/Schröder § 91 Rn 8b. Schröder § 87 Rn 51. OLG Hamburg VersR 1963, 626; Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 56; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118; Schröder § 87 Rn 50b. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118.

706 707

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712 713 714

Hopt § 87 Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 57; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 53. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 56. Hopt § 87 Rn 47. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.07.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018. Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 56. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a. Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a. Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54.

Raimond Emde

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§ 87

1. Buch. Handelsstand

gegen den Schuldner fruchtlos bleibt715, zudem ggf. zur Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Der Unternehmer, der von seinem Inkasso-HV Herausgabe der Kassenbestände fordert, braucht lediglich nachzuweisen, dass er eine funktionstüchtige EDV bereitgestellt hat, in welche die einzuziehenden Beträge einzugeben waren. Weitere Darlegungen zur Richtigkeit der einzelnen Buchungen und Geschäftsvorfälle sind nicht erforderlich, weil der HV die Geschäftsvorfälle in das System einzugeben hat und der Unternehmer daher auf die Richtigkeit der vorgenommenen Eingaben vertrauen und sich jener zu einer schlüssigen Darlegung und zum Nachweis eines zu seinen Gunsten resultierenden Endsaldos bedienen darf716. Sache des HV ist es, den Verbleib des Kassenbestandes darzutun und sich wegen etwaiger Fehlbestände zu entlasten717. Das vom HV eingenommene Geld ist auch herauszugeben, wenn es nicht mehr vorhanden, aber nicht bestimmungsgemäß verwendet worden ist, wobei der HV die bestimmungsgemäße Verwendung zu beweisen hat718. Der Einwand einer Überforderung mit einem EDV-System ist unbeachtlich, falls es Einweisung, Handbuch und Hotline gab719. Auch der nicht näher substantiierte Hinweis auf allgemeine Sicherheitsprobleme entlastet den HV nicht720. Bei der Tätigkeit eines Inkasso-HV erwirbt der Unternehmer Eigentum an den von 159 dem HV eingenommenen Inkassogeldern, indem der Inkasso-HV als Besitzmittler des Unternehmers die Gelder entgegennimmt721. Sofern sich eigene Gelder des HV in dieser Kasse befinden, werden sie gem. §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1 BGB zu Miteigentum vermischt722. Der Kasseninhaber erwirbt nicht nach §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 2 BGB Alleineigentum an dem Gesamtbestand, weil anderenfalls der Regelfall einer Geldvermischung entgegen dem Grundgedanken des Gesetzes gerade in der Insolvenz des Kasseninhabers mit einem dinglichen Rechtsverlust verbunden wäre723. Zu den Folgen in der Insolvenz des Inkasso-HV (dort: Tankstellen-HV), insbesondere auch zur dortigen Ablehnung eines Bargeschäfts iSd § 142 InsO siehe BGH, Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 ff = BB 2010, 2721 m. Anm. Wilhelm. Die vertragswidrige Einziehung von Beträgen trotz eines Inkassoverbots kann eine 160 Strafbarkeit des HV nach § 266 StGB begründen724 (allg. § 86 Rn 56). Eine Inkassoprovision entsteht für die eigenmächtig eingezogenen Beträge nicht725. Der Unternehmer kann die Einziehung aber genehmigen. Damit löst er den Anspruch des HV auf Inkassoprovision aus726. Im Falle einer Genehmigung bisher vollmachtslosen Verhaltens kommt es auf den Inhalt der Genehmigung an, ob diese auch für die Zukunft gelten soll, was im Zweifel auszuschließen ist727. Ob der HV berechtigt ist, sich wegen seiner Provisionsforderungen aus den eingezogenen Geldern zu befriedigen, bestimmt sich nach dem Inhalt 715 716 717 718 719 720

721

Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54. OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 07.07.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018 zum EPOSSystem der Postagenturen. BGH, Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 (2010) Rn 12.

708

722 723 724 725 726

727

BGH, Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 (2010) Rn 13. BGH, Urt. v. 23.09.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 (2010) Rn 13. BGH, Urt. v. 29.10.1991 – 1 StR 513/91, wistra 1992, 60. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 55.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

des Vertrages, soll aber im Zweifel zu verneinen sein728. Insoweit wird auch auf die Kommentierung zu § 88a verwiesen. Die Inkassoabrede endet spätestens – im Zweifel729 – mit dem HV-Vertrag730. Ein 161 Anspruch auf Inkassoprovision kann dann vorbehaltlich einer Genehmigung nicht mehr entstehen, selbst wenn noch nachhängende Vermittlungsprovisionen, etwa auf Grund von Sukzessiv-Lieferungsgeschäften aus der Vertragszeit, anfallen sollten731. Ob die Abrede teilgekündigt werden darf, ist Auslegungsfrage. Regelmäßig ist eine Teilkündigung des HV-Vertrages unzulässig. Möglicherweise wird man angesichts des besonderen, mit dem Inkasso verbundenen Vertrauensverhältnisses eine Teilkündigung der Inkassoabrede zulassen müssen732, wofür die Regeln über den Entzug der nach außen wirkenden Vollmacht sprechen. Die Ansprüche an den wichtigen Grund iSd § 89a dürften hier zudem geringer liegen als bei der Kündigung des HV-Vertrages selbst. Auch die Regelung zur Inkassoprovision ist nicht zwingend, sie kann abgeändert oder 162 derogiert werden733. So wird sie häufig im Tankstellengeschäft ausgeschlossen734.

U. Verwirkung Das Provisionsrecht kann wie jedes Recht gem. § 242 BGB verwirkt werden735. Zu 163 denken ist etwa an Fälle, in denen der HV das Vermittlungs- oder Abschlussrecht entgegen seiner Interessenwahrungspflicht ausübt, etwa einen Altvertrag zunichte macht.

V. Beweislast Jede Partei trägt die Beweislast für die für sie günstigen Voraussetzungen einer Norm. 164 Der HV als Anspruchssteller muss Grund, Höhe und Berechnungsgrundlagen seines Provisionsanspruchs darlegen und beweisen736. Vom gesetzlichen Regelfall abweichende Umstände muss beweisen, wer sich auf sie beruft737. Im Einzelnen s. zur Beweislast bei den jeweiligen Provisions-TB. Es entspricht zwar nicht dem Idealbild der Prozessführung im Anwaltsprozess, wenn wesentliche Details des Sachverhaltes, insb. Provisionsforderungen sowie deren Entfallen nach § 87a Abs. 3, durch Anlagen präsentiert werden, die die Parteien selbst gefertigt haben. Betreffen sie jedoch eine so große Anzahl von Einzel-

728 729 730 731 732 733 734 735

Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 58. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117; Schröder § 87 Rn 51. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117. Dafür Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 58. Hopt § 87 Rn 47. Steinhauer BB 2009, 2386 (2387 ff). BGH, Urt. v. 31.01.1957 – II ZR 281/55, HVR Nr. 143; RGZ 109, 256; OLG München BB 1955, 714; OLG Hamm NJW 1959, 677 = BB 1959, 682; OLG Stuttgart BB 1970, 1112; OLG Koblenz BB 1973, 866; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 74; zweifelnd Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 59, der die Verwirkung jedoch anerkennt, sofern es dem

736

737

Unternehmer wegen groben Fehlverhaltens des HV unzumutbar ist, an den vertragsuntreuen HV eine Leistung zu erbringen. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 34 ff zu einer Provisionsabrede; OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87 Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63; aA OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054: Vom Unternehmer behauptete gegenteilige Vereinbarungen muss der HV auch dann ausräumen, wenn sie von der dispositiven gesetzlichen Regelung des § 87b Abs. 2 abweichen.

Raimond Emde

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§ 87

1. Buch. Handelsstand

positionen, dass es angebracht erscheint, keine ausführlichen schriftsätzlichen Darlegungen zu fordern und sind sie übersichtlich gestaltet, ist dies hinzunehmen738. Damit trägt der HV die Beweislast für folgende Umstände: 165 – Entstehen seines Provisionsanspruchs739 – Abschluss des Kundengeschäfts740 – Beim Bezirksvertreter: Bezirksabrede und Kundengeschäft741 – Folgegeschäft und Vorkauf sind vom HV zu beweisen. Näheres s. Rn 92 – Ursächlichkeit der Vermittlungsbemühung für das Kundengeschäft iSd Abs. 1 S. 1 1. Alt. Hierfür soll der Nachweis einer Tätigkeit reichen, die nach allgemeiner Erfahrung mitursächlich für einen solchen Abschluss sein kann742. Dem Unternehmer obliegt der Gegenbeweis einer ernsthaften anderen Möglichkeit – Vereinbarte Provisionshöhe743 – Für die TB-Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1744 und 2 der jeweils anspruchsstellende HV – Grund und Höhe der Inkassoprovision sowie vertragsgemäße Entgegennahme einer vom Inkassoauftrag erfassten Leistung745 – Dass ein vom Unternehmer gezahlter Geldbetrag nicht auf einen erfolgsunabhängigen Provisionsanspruch geleistet und anzurechnen ist746 (zwh.). Der Unternehmer trägt die Beweislast für folgende Tatsachen: 166 – Erfüllung des Provisionsanspruchs – Unwirksamkeit des Geschäfts747 – Bedingter Abschluss des Kundengeschäfts – Provisionsausschluss nach Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 S. 2748 oder nach § 242 BGB (Treu und Glauben) – Gegenrechte aus § 320 BGB, falls der HV zuvor konkret Art und Umfang seiner Tätigkeit dargelegt hat749 – Gegenrechte aus § 280 BGB.

W. Verfahrensrecht 167

Auch im Berufungsrechtszug darf der HV von einer Feststellungsklage zu einer bezifferten Provisionsklage wechseln750. Die Provisionsansprüche dürfen nach Abtretung durch den Zedenten für den Zessionar im Wege der Prozessstandschaft eingeklagt werden751. 738 739 740 741 742

743 744

LG München, Urt. v. 24.05.2007 – 4 HKO 1124/00. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63. Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63. Baumgärtel § 87 Rn 2; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 49, 50; Schröder § 87 Rn 19b, 27. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. OLG Düsseldorf OLGZ 1999, 453; Baumgärtel § 87 Rn 5; Schröder § 87 Rn 47a.

710

745 746 747 748 749 750 751

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63. OLG Nürnberg BB 1964, 866; Baumgärtel § 87 Rn 1; Schröder § 87 Rn 2. Schröder § 87 Rn 19b; aA Beweislast bei HV: Baumgärtel § 87 Rn 2. Baumgärtel § 87 Rn 3; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 63. Baumgärtel § 87 Rn 4. BGH, Beschl. v. 08.12.2009 – VIII ZR 92/07. OLG Hamm, Urt. v. 05.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

X. Steuer- und Bilanzrecht Zum Steuerrecht der Versicherungsvertreter § 92 Rn 103 ff. Der Provisionsanspruch 168 des HV ist erst zu aktivieren, wenn der Unternehmer das vom HV vermittelte Geschäft ausgeführt hat752. Dem entspricht es spiegelbildlich, dass der Geschäftsherr vor Ausführung des Liefergeschäfts keine Rückstellung für die künftige Forderung des HV auf Provision bilden darf 753. Beides beruht darauf, dass der Provisionsanspruch zwar gem. § 87 Abs. 1 S. 1 mit dem erfolgreichen Abschluss der Vermittlung entsteht, die Provision aber gem. § 87a Abs. 1 S. 1 erst verdient ist, sobald und soweit der Geschäftsherr das Geschäft ausgeführt hat. Die teilweise Aktivierung der Provisionsforderungen als „unfertige Leistungen“ (§ 266 Abs. 2 Buchst. B. Nr. I. 2.) kommt nicht in Betracht754. Die am Bilanzstichtag noch nicht abgerechneten Provisionszahlungen sind wie folgt zu bilanzieren755: Der HV hat den offenen Betrag als „Forderung an Provisionserlöse/USt“ zu buchen. Der Unternehmer hat demnach eine Forderung zu aktivieren, wenn er seine Leistung erbracht hat756. Der Unternehmer hat hierfür eine Rückstellung zu bilden („Provisionsaufwand an Rückstellungen“)757. Wird jedoch vereinbart, dass der Provisionsanspruch erst mit Ausführung des Geschäfts bedingt entsteht, kann vor Eintritt der Bedingung keine Forderung beim Provisionsberechtigten gebucht oder eine Rückstellung beim Geschäftsherrn nicht. Gem. § 4 Nr. 8 lit. a und f UStG sind u.a. Provisionen für die Vermittlung von Kre- 169 diten und Gesellschaftsanteilen umsatzsteuerfrei. Die Steuerfreiheit für die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen nach § 4 Nr. 8 lit. f UStG 1993 erfordert keine unmittelbare Beauftragung durch eine der Parteien des vermittelten Vertrages758. Sie setzt eine Tätigkeit voraus, die einzelne Vertragsabschlüsse fördert759. Eine der Art nach geschäftsführende Leitung in einer Vermittlungsorganisation bildet rglm. keine Vermittlung iSd Befreiungsvorschrift760. Zweck einer Vermittlungstätigkeit ist es, das Erforderliche zu tun, damit 2 Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Es fehlt eine steuerfreie Leistung, falls der Betroffene nach der Art der von ihm erbrachten Leistung keine Vermittlungstätigkeit ausübt761. Insbes. mangelt es an den

752

753

754 755 756 757 758

BFH, Urt. v. 15.01.1963 – I 259/61 S, BFHE 76, 699, BStBl III 1963, 256; v. 17.01.1963 IV 335/59 S, BFHE 76, 702, BStBl III 1963, 257; v. 03.05.1967 I 111/64, BFHE 88, 498, BStBl III 1967, 464; Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828. BFH, Urt. v. 19.10.1972 – I R 50/70, BFHE 107, 426, BStBl II 1973, 212; v. 22.02.1973 IV R 161/78, BFHE 109, 33, BStBl II 1973, 481; v. 20.01.1983 IV R 168/81, BFHE 137, 489, BStBl II 1983, 375; Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828. BFH, Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828. Thurow BC 2010, 437. Thurow BC 2010, 437. Thurow BC 2010, 437. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP

759

760

761

2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Abweichung von BFH, Urt. v. 9.10.2003 – V R 5/03, BFHE 203, 295 = ZIP 2004, 259 = EWiR 2004, 357 (Naujok). BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Abweichung von BFH, Urt. v. 9.10.2003 – V R 5/03, BFHE 203, 295 = ZIP 2004, 259 = EWiR 2004, 357 (Naujok). BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Abweichung von BFH, Urt. v. 9.10.2003 – V R 5/03, BFHE 203, 295 = ZIP 2004, 259 = EWiR 2004, 357 (Naujok). BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403.

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711

§ 87

1. Buch. Handelsstand

TB-Voraussetzungen der Steuerfreiheit, sofern sich die Leistungen auf den Aufbau762, die Führung763, Schulung764 und die Leitung765 eines Außendienstes beziehen und somit nicht auf die wesentlichen und spezifischen Funktionen einer Mittlertätigkeit in Form des Nachweises der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages, Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen, um hiermit einen Vertragsschluss zu erreichen766. Damit Steuerfreiheit eintritt, muss es sich um Tätigkeiten handeln, die sich zumindest auch auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen. Nach dem Urt. des EuGH v. 21.06.2007767 fordert der Begriff der Vermittlung allerdings nicht unbedingt, dass der Vermittler als Untervertreter eines Hauptvertreters in unmittelbarem Kontakt mit den Vertragsparteien steht, um alle Klauseln des Vertrages auszuhandeln. Auch ist nicht erforderlich, dass der HV den durch Untervertreter vermittelten Abschluss selbst prüft768. Voraussetzung ist jedoch, dass sich seine Tätigkeit nicht auf die Übernahme eines Teils der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit beschränkt. Hiervon weicht der 5.Senat des BFH769 nach Ansicht von Loritz/Wagner770 ab, wenn er verlangt, dass sowohl Haupt- als auch Untervermittler selbst den Nachweis der Abschlussgelegenheit führen müssten, wozu eine Kontaktaufnahme und ein Verhandeln mit einer Partei des Vertrages erforderlich sei. Schulung und Betreuung müssten als umsatzsteuerfreie Nebenleistung qualifiziert werden771. Die Steuerfreiheit der Kreditvermittlung iSd § 4 Nr. 8 lit. a UStG setzt kein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer der Parteien des Kreditvertrages voraus. Es genügt, dass die Tätigkeit nicht auf die Übernahme eines Teils der Sache beschränkt ist, sondern zum Abschluss eines Kreditvertrages beiträgt und ein Dritter diese Tätigkeit als eigenständige Vermittlungstätigkeit vergütet772. Die Auszahlung eines Gewinns, den ein HV im Rahmen einer Wettbewerbsauslosung seines Lieferanten erzielt hat, ist auch ohne Entgeltcharakter betrieblich veranlasst iSd §§ 4 Abs. 4, 8 Abs. 1 EStG, selbst wenn die statistische Wahrscheinlichkeit auf einen Gewinn bei 1:16000 liegt773. Sind für einen Unternehmer HV tätig, denen der Unternehmer Kfz überlässt, ist die Überlassung als steuerrechtliche Beistellung anzusehen, wenn die HV die Fahrzeuge nur für Zwecke der HV-Tätigkeit, nicht aber für private Zwecke verwenden dürfen, und dieses Verbot auch in geeigneter Weise tatsächlich überwacht wird774. Zur ertrags- und umsatzsteuerlichen Auswirkung der Fahrzeugüberlassung an den HV s.a. Altenbeck/Heinrich/Meyer BB 2010, 1887 ff.

762

763

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BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. EuGH, Urt. v. 21.06.2007 – C-453/05, DStR

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768 769

770 771 772 773 774

2007, 1160, zust. Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Urt. v. 30.10.2008 – V R 44/907, DStR 2008, 2474. Loritz/Wagner DStR 2009, 666 (668). Loritz/Wagner DStR 2009, 666 (669). FG Münster, Urt. v. 04.09.2007 – 15 K 6100/04 U, BeckRS 2007, 26024182. FG Niedersachsen, Urt. v. 13.02.2007 – 15 K 349/04, BeckRS 2007, 26023776. BFH, Urt. v. 12.05.2009, V R 24/08, BeckRS 2009, 24003832.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

§ 87a Entstehen und Fälligkeit der Provision (1) 1Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. 2Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. 3Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat. (2) Steht fest, dass der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren. (3) 1Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. 2Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. (4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist. (5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätze 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam.

Schrifttum Glaser Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts DB 1965 297; Hans Die Provision des Handelsvertreters – insbesondere des Versicherungsvertreters – bei Nichtausführung des vermittelten Geschäfts BB 1957 1060; Höft Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters bei Nichtausführung des abgeschlossenen Geschäfts durch das vertretene Unternehmen DB 1960 79; Schröder Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters BB 1963 567; Sundermann Die Provision des Versicherungsvertreters bei Nichtausführung des vermittelten Geschäfts BB 1958 542.

Übersicht Rn A. Übersicht . . . . . . . . . . . . . . .

1–10

B. Genese . . . . . . . . . . . . . . . .

11

C. Europarechtliche Präformation . . . . D. Geltungsbereich

. . . . . . . . . . .

E. Abs. 1 . . . . . . . . . . . . . . . I. Satz 1 . . . . . . . . . . . . . 1. Handelsvertreter . . . . . . 2. Anspruch auf Provision . . . 3. Geschäftsausführung . . . . 4. Leistung durch Dritten . . . 5. Teilleistungen . . . . . . . . 6. Erfüllungssurrogate . . . . . II. Satz 2: Vorschuss . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . 2. Rückzahlung des Vorschusses III. Satz 3: Provision bei Ausführung durch den Dritten = Kunden . .

12 13–14

. . . . . . . . . . .

15–37 15–27 15 16 17–22 23 24 25–27 28–32 28–30 31–32

.

33–37

Rn F. Entfallen des Provisionsanspruches (§ 87a Abs. 2, 3) . . . . . . . . . . . I. § 87a Abs. 2: Nichtleistung des Kunden . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz und Reichweite . . 2. Verhältnis zu Abs. 3 . . . . . 3. Nichtleistung . . . . . . . . . 4. Die Evidenz der Nichtleistung 5. Setzt das Feststehen der Nichtleistung eine Pflicht zur gerichtlichen Durchsetzung der Forderung voraus? . . . . . . . . . 6. Rückzahlung der Provision im Falle der Nichtleistung . . . . 7. Besonderheiten der Rechtslage, wenn das Endgültigwerden der Provision vertraglich an die Leistung des Dritten geknüpft worden war . . . . . . . . . .

Raimond Emde

38–84 39–53 39 40–41 42 43–46

47 48

49–53

713

§ 87a

1. Buch. Handelsstand Rn

II. § 87a Abs. 3: Nichtausführung durch den Unternehmer . . . . . 1. Verhältnis zu Abs. 2 . . . . . 2. Zweck . . . . . . . . . . . . 3. Die Regelungssystematik . . . 4. Der Regelfall des Abs. 3 S. 1 . 5. Ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist = Nicht- oder Andersausführung . . . . . . . . . . . . a) Erster Unterfall: Die Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … ausführt“) . . . b) Zweiter Unterfall: Die nicht vertragsgemäße Erfüllung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … so ausführt“) . . . . . . . c) Beispiele für eine zum Provisionsrecht des HV führende Nicht- oder Falschausführung . . . . . d) Konkurrierender Schadenersatzanspruch . . . . . . . e) Feststeht . . . . . . . . . . 6. Ausnahme: § 87a Abs. 3 S. 2: Keine Provision bei Nichtvertretenmüssen des Unternehmers . . . . . . . . . . . 7. Vertretenmüssen im Verhältnis Untervertreter/Hauptvertreter 8. Teilausführung des Geschäfts . 9. Rückzahlungspflicht . . . . .

Rn a) Geschäftsausführung unterbleibt endgültig . . . . . . 88 b) Notgeschäftsführung . . . 89 c) Insolvenzverwalter schließt Vertrag ab . . . . . . . . . 90 d) Geschäftsführung ohne Auftrag . . . . . . . . . . 91 2. Verfahrenseröffnung nach Vertragsschluss . . . . . . . . 92–98 a) Insolvenzverwalter lehnt Vertragsausführung ab . . . 93 b) Insolvenzverwalter wählt Erfüllung . . . . . . . . . 94–98 3. Insolvenzeröffnung erfolgt nach Vertragsschluss und -durchführung . . . . . . . . 99–102 4. Insolvenzeröffnung nach vollständiger Vertragsabwicklung zwischen Unternehmer und Dritten . . . . . . . . . . . . 103 5. Abschließende Betrachtung des Provisionsanspruchs im Insolvenzverfahren . . . . . . 104 6. § 25 . . . . . . . . . . . . . 105 II. Insolvenz des Handelsvertreters . 106 III. Insolvenz des Kunden . . . . . . 107–113

54–82 54 55–56 57–58 59

60–72

61–63

64–69

70 71 72

73–79 80 81 82

G. Fälligkeit der Provision (§ 87a Abs. 4)

83–84

H. Provisionsansprüche in der Insolvenz . I. Insolvenz des Unternehmers . . . 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Vertragsschluss . .

85–113 86–105

I.

§ 87a Abs. 5: Zwingendes Recht und abweichende Vereinbarung . . . . I. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . II. Absatz 2 . . . . . . . . . . . . III. Absatz 3 . . . . . . . . . . . . IV. Absatz 4 . . . . . . . . . . . .

J. Beweislast . I. Absatz 1 II. Absatz 2 III. Absatz 3 IV. Absatz 4

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. 114–120 . 117 . 118 . 119 . 120 . 121–126 . 121 . 123 . 124–125 . 126

87–91

A. Übersicht 1

§ 87a regelt, wann die Provisionsanwartschaft des § 87 zu einem endgültigen, nicht mehr aufschiebend bedingten Provisionsanspruch erstarkt. Das ist der Fall, wenn der Unternehmer das Geschäft ausführt (§ 87a Abs. 1 S. 1)1. Etwas versteckt offenbart § 87 Abs. 1 S. 3, dass ein fester Anspruch darüber hinaus entsteht, sobald der Kunde („Dritter“) das Geschäft ausführt. Das Verhältnis von § 87 zu § 87a ist das von Grundlegung des Anspruchs und Liquidierbarkeit des Anspruchs. 2 Der Begründungstatbestand des § 87 legt den Provisionsanspruch nach Grund und Berechnungsfuß fest. Das ist von Bedeutung, falls in der Zeit bis zum Eintritt der Bedin1

BGH, Urt. v. 14.06.2007 – IX ZR 56/06, WM 2007, 1669 (1671) Rn 19.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

gung, d.h. des den Anspruch zum unbedingten verfestigenden Tatbestandes des § 87a der Provisionssatz des HV-Vertrages geändert wird; die Änderung ergreift, sofern nichts anderes vereinbart wird, nicht die Provision aus dem bereits abgeschlossenen Geschäft. Die andere Auswirkung zeigt sich darin, dass die Provisionsberechtigung des HV für das während der Dauer des HV-Vertrages zum Abschluss gelangte Geschäft nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass in der Zeit zwischen Abschluss und Ausführung das HV-Verhältnis endet: der Eintritt der Bedingung, die Ausführung des Geschäfts oder die Schaffung eines ihr gleichstehenden Ersatztatbestandes nach § 87a, macht ihn lediglich ab jetzt durchsetzbar und lässt damit die mit der Durchsetzbarkeit verbundenen Rechte und Pflichten der Beteiligten aus § 87c insoweit nachträglich wieder aufleben. Die Regelung, die § 87a im Einzelnen getroffen hat, ist verwickelt, und das noch ganz unnötig. Sie gibt für das Unbedingtwerden des Provisionsanspruchs in Abs. 1 zwei mögliche gestaffelte Anknüpfungen – die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer und die Ausführung durch den Dritten –, von denen die erstere wirklichkeitsfremd ist und in der Praxis keine Rolle spielt. Dem muss eine differenzierte Regelung des Einflusses von Leistungsstörungen durch den einen oder den anderen Partner des Geschäfts auf den Provisionsanspruch entsprechen; das Ganze wird sodann noch zusätzlich kompliziert durch eine unterschiedliche Ausgestaltung der Abdingbarkeit. Erst § 87a Abs. 1 zeigt, dass der Provisionsanspruch mit Erfüllung der in § 87 geregelten Voraussetzungen noch nicht endgültig entstanden ist, sondern als weitere Voraussetzung die in § 87a Abs. 1 genannte Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer erfordert2. § 87 ist insoweit missverständlich3. Mit der in § 87a Abs. 1 niedergelegten Grundregel, dass der Provisionsanspruch endgültig entsteht, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat, hat es jedoch kein Bewenden. Gemäß § 87a Abs. 2 entfällt der Provisionsanspruch wieder, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet („Hin und Her“). Bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren. Die Provision steht deshalb unter der aufschiebenden Bedingung der Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 1, vorher nur Anwartschaft) und unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtleistung durch den Dritten (§ 87 Abs. 2)4. Nach § 87 Abs. 3 besitzt der HV auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen wurde. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung nur, wenn und soweit jene auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Anders gewendet: Hat der Unternehmer die Nichtdurchführung des Geschäfts zu vertreten, geht dies auf seine eigenen Kosten. Der HV erhält Provision als sei das Geschäft durchgeführt worden. Mit der Geschäftsausführung durch Unternehmer oder Kunden entsteht also der Provisionsanspruch, jedoch nur bedingt. Je nachdem, ob der Unternehmer oder der Kunde seine Leistung zuerst erbringt, ist zu unterscheiden5: – Führt der Unternehmer das Geschäft aus, entsteht der Provisionsanspruch unter der auflösenden Bedingung, dass der Dritte (Kunde) seine Leistung nicht erbringt6. – Führt der Dritte (Kunde) das Geschäft aus, entsteht der Provisionsanspruch unter der auflösenden Bedingung, dass der Unternehmer seine Leistung erbringt. Unterbleibt die 2 3 4

Hopt § 87a Rn 1. Hopt § 87a Rn 1. BGH NJW 1990, 1665; Hopt § 87a Rn 1.

5 6

Westphal I Rn 531. Küstner/Thume I Rn 956.

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3

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5

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7

§ 87a

1. Buch. Handelsstand

Geschäftsausführung aus Gründen, die der Unternehmer zu vertreten hat, entsteht hingegen ein unbedingter Provisionsanspruch des Vertreters7. Die Nichtleistung des Dritten lässt mithin den Provisionsanspruch regelmäßig verfal8 len, während die Nichtleistung des Unternehmers den Provisionsanspruch nur auflöst, wenn er die Nichtausführung nicht zu vertreten hat8. In allen Fällen – spätestens und insoweit unabdingbar – ist der Provisionsanspruch 9 also entstanden mit der Leistung des Dritten (Abs. 1 S. 3). Damit ist für den Unternehmer jener wirtschaftliche Erfolg eingetreten, dessentwegen er sich des HV bedient; nunmehr ist seine Provisionsschuld als unbedingte begründet (mag sie auch noch nicht fällig sein, Abs. 4). Die Tatsache der Leistung des Dritten entscheidet. Erbringt er sie vorzeitig, entsteht der Provisionsanspruch endgültig mit diesem Zeitpunkt, falls der Unternehmer die vorzeitige Erbringung nicht zurückweist und dazu berechtigt ist; weist er sie ohne triftige Gründe zurück, gilt der Provisionsanspruch über § 162 BGB als mit dem Leistungsanerbieten des Dritten unbedingt geworden und wäre damit durchsetzbar. Eine verspätete Leistung des Dritten lässt den Provisionsanspruch erst mit entsprechender Verzögerung endgültig werden. Einen Verzugszinsanspruch oder sonstigen Verzugsschadensanspruch kann der HV gegen den säumigen Kunden nicht herleiten, weil er zu ihm in keinem Vertragsverhältnis steht; doch kann der Unternehmer den Verzugsschaden seines HV als sogenanntes transitorisches Interesse gegen den Dritten geltend machen und der HV die Abtretung des dem Unternehmer insoweit zustehenden Anspruchs verlangen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass folgende Grundregel in § 87a Abs. 1 Aus10 druck gefunden hat: Die Provision entsteht, wenn der Unternehmer oder der Kunde das Geschäft ausführt. Diese Grundregel gilt gem. § 87a Abs. 3 S. 1 sogar, falls das Geschäft ganz oder teilweise nicht so ausgeführt wird, wie es abgeschlossen worden ist. Die Ausnahmen von der Grundregel bilden die §§ 87a Abs. 2 und 87a Abs. 3 S. 2. Gemäß § 87a Abs. 2 entfällt als Ausnahme von der Grundregel der Provisionsanspruch, sofern der Dritte nicht leistet. § 87a Abs. 3 S. 2 lässt den Provisionsanspruch auch entfallen, wenn das Geschäft durch den Unternehmer nicht ausgeführt wird, ohne dass er dies zu vertreten hat.

B. Genese 11

§ 87a stammt als so genannter „Buchstabenparagraph“ aus der Zeit der Novelle 1953. Durch die Novelle 1990 sind Abs. 1 S. 4 a.F. („Der Anspruch auf Teilprovision für ein nur teilweise ausgeführtes Geschäft kann ausgeschlossen werden, wenn vereinbart ist, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter Provision für das ganze Geschäft gewährt, sobald dieses in bestimmtem Umfange ausgeführt ist“) gelöscht worden. Abs. 3 S. 2 a.F. („Dies gilt nicht, wenn und soweit die Ausführung des Geschäfts unmöglich geworden ist, ohne dass der Unternehmer die Unmöglichkeit zu vertreten hat, oder die Ausführung ihm nicht zuzumuten ist, insbesondere weil in der Person des Dritten ein wichtiger Grund für die Nichtausführung vorliegt“) wurde neu gefasst sowie in Abs. 5 die Worte „Absatz 2 erster Halbsatz“ eingefügt und die Formulierung „können nicht getroffen werden“ durch die Worte „sind unwirksam“ ersetzt.

7 8

Küstner/Thume I Rn 926. Westphal I Rn 532.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

C. Europarechtliche Präformation § 87a setzt Art. 10 und 11 HV-Richtlinie um. RL und HGB sind trotz unterschied- 12 licher Formulierungen inhaltlich weitgehend deckungsgleich9. Aufgrund Art. 10 Abs. 1b und Art. 11 Abs. 1 2. Spiegelstrich RL wurde § 87a Abs. 3 im Zuge der Novelle 1990 novelliert: Die Provision steht dem HV jetzt auch zu, wenn das Geschäft vom Unternehmer selbst vereitelt wurde.

D. Geltungsbereich § 87a gilt schon angesichts des nicht differenzierenden Wortlauts für alle Provisionen, 13 auch für die Verwaltungsprovisionen (Inkasso-, Lagerhaltungs-, Bestandspflegeprovisionen) und für die Delkredereprovision10. § 87a macht keinen Unterschied zwischen Vermittlungs- und Abschlussvertreter und auch keinen Unterschied zwischen Provisionen, die tätigkeitsbezogen, und solchen, die es nicht sind (Bezirksprovisionen nach § 87 Abs. 2, Provisionen für Folgegeschäfte, § 87 Abs. 1 S. 1, 2. Alternative). Die Vorschrift regelt auch das Verhältnis von Haupt- und Untervertreter11. Für Versicherungs- und Bausparkassenvertreter gilt die Sonderregelung in § 92 Abs. 4 und 512. Über § 65 ist § 87a auch auf den Handlungsgehilfen anwendbar. Auf handelsvertre- 14 terähnliche Vertriebsmittler, etwa Kommissionsagenten13, Vertragshändler14 oder Franchisenehmer15, ist § 87a nicht anwendbar. Der Rechtsgedanke des Abs. 3 gilt über §§ 162, 242 BGB aber im Recht vertreterähnlicher Vertriebsmittler dann, wenn der Unternehmer den Erfolg eines Geschäftes verhindert (i.Ü. § 280 BGB).

9 10

Siehe Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 56. OLG Karlsruhe BB 1980, 226 für bestimmte Treueprämien; aA OLG Schleswig VersR 1977, 1002; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 5; Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87 Rn 3. Begründung der gegenteiligen Ansicht Brüggemanns: Bei ihnen fehle das für die Vermittlungsprovision kennzeichnende Gefälle von bedingtem Entstehungstatbestand und unbedingt gewordener Durchsetzbarkeit. Diese Provisionsansprüche entstünden unter den vertraglich festgelegten Modalitäten; sie seien allenfalls für die Abrechnung befristet.

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BGH, Urteil v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030, m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71, so auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 1188 (1189); OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.05.2005 – 8 U 288/04. BGH VersR 1983, 371; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; 1986, 461. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 54; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 54. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 54.

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E. Abs. 1 I. Satz 1 15 16

1. Handelsvertreter. Anspruchsberechtigt ist der HV. Dazu § 84. 2. Anspruch auf Provision. Gemeint ist jede vertraglich versprochene oder gesetzlich geschuldete Provision.

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3. Geschäftsausführung. Die Provision nach § 87a Abs. 1 S. 1 ist verdient, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat (aufschiebende Bedingung)16, spätestens jedoch, wenn der Dritte das Geschäft ausführt (Abs. 1 S. 3; dazu unten). Der Begriff der Geschäftsausführung in beiden Sätzen ist, abgesehen von den notwendigen, durch den Vertrag vorgegebenen Unterschieden der Leistung durch den Unternehmer oder Kunden, identisch. Es bedürfte guter Gründe, so nah beieinander liegende, identische Begriffe unterschiedlich auszulegen. Der Vertrag mit dem Dritten (Kunden) regelt, was der Unternehmer wann und wie zu leisten hat17. Entscheidend ist die Leistungshandlung, nicht der Leistungserfolg18. So ist mit dem Absenden nach § 447 BGB bei einem Versendungskauf, der Übergabe der unter EV verkauften Sache oder der Herstellung des bestellten Werks das Geschäft ausgeführt19. Bei der Geschäftsausführung durch den Unternehmer nach Abs. 1 S. 1 handelt es sich um eine Vorleistung. Doch ist diese Möglichkeit abdingbar (Abs. 1 S. 2). Ihre Abbedingung ist sogar die Regel; praktisch wird fast immer ausgemacht, dass die Provision mit der Leistung des Kunden zur Entstehung kommen soll. Kein Unternehmer wird die Provision ohne Not zuerkennen wollen, ehe er den Erfolg des vermittelten Geschäfts in Händen hat. Immerhin tritt, und dies wiederum unabdingbar, ein Anspruch auf Vorschuss in die Lücke. Ausführung bedeutet Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung, einerlei, wel18 cher Art sie ist, ob sie schon fällig ist, ob sie Mängel hat20, es sich um eine unzulässige Teilleistung oder eine andersartige Leistung (aliud) handelt oder ob eine andere als die vertraglich bedungene Ware (vgl. § 378) geliefert wird. Bei solcher nicht vertragsgemäßer Leistung des Unternehmers liegt eine Ausführung des Geschäfts nach Abs. 1 S. 1 vor, falls der Dritte (= Kunde) die Leistung uneingeschränkt als Erfüllung annimmt21. Dem ist gleichzusetzen der Tatbestand, dass der Dritte eine ihm obliegende kaufmännische Rüge (§ 377) verabsäumt und daraufhin die Gewährleistungsansprüche oder auf andere Weise Gegenrechte verloren hat. An der Ausführung fehlt es, wenn der Kunde die Leistung des Unternehmers berechtigt zurückweist, z.B. mangels Fälligkeit, als nicht vertragsgemäß oder als Teilleistung (§ 266 BGB) oder die Lieferung der i.S.v. § 378 anderen als der bedungenen Ware beanstandet – als Kaufmann im beiderseitigen Handelskauf mit unverzüglicher Rüge, als Nichtkaufmann auch ohne die scharfe Befristung – und daraufhin

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BGH, Urt. v. 14.06.2007 – IX ZR 56/06, WM 2007, 1669 (1671) Rn 19; Hopt § 87a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 3. Hopt § 87a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 44, 45; HeidelbergerKomm/Ruß § 87a Rn 2; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 5.

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nicht zahlt, angeblich sogar wenn die Zurückweisung unberechtigt erfolgt22 (in Wahrheit liegt eine Ausführung vor und der Provisionsanspruch entfällt nur bei Nichtleistung des Kunden: der Provisionsanspruch des HV ist nicht mehr aus Abs. 1, sondern nunmehr aus Abs. 3 begründbar). Die Existenz von Gewährleistungs- oder Ersatzansprüchen schließt einen Provisionsanspruch nach Abs. 1 S. 1 solange aus, als jene durchsetzbar sind, der Kunde auf sie also nicht verzichtet hat, sie begründen bereits zu diesem Zeitpunkt einen Provisionsanspruch nach Abs. 323. Bei Dauerschuldverhältnissen, etwa Sparverträgen, ist schon der Beginn der Erfüllung 19 des Vertrages, etwa durch die Bank, als Ausführung iSd § 87a Abs. 1 anzusehen24. Bei einem Sukzessivlieferungsvertrag entsteht die Provision nach Abs. 1 S. 1 mit der vereinbarungsgemäß erbrachten Einzellieferung. Bei einem Gebrauchsüberlassungsvertrag iSd § 87b Abs. 3 Nr. 1 liegt die Ausführung bereits in der ersten Gebrauchsüberlassung, nicht erst bei ihrem Abschluss zum Vertragsende25. Das Vertragsende vor Abschluss eines vermittelten Dauervertrages berührt den Provisionsanspruch des HV i.S. d. Merkmals nicht, da die Ausführung iSd § 87a mit dem Beginn des Vertrages abgeschlossen ist. Bei einem Dauervertrag mit unbestimmter Dauer erhält der Vertreter die Provision bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem erstmals von dem Dritten gekündigt werden kann26. Der Provisionsanspruch des echten Untervertreters entsteht, sobald und soweit der 20 (Haupt-)Unternehmer (der Auftraggeber des Hauptvertreters) das vom Untervertreter vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat (§ 87a Abs. 1 S. 1) bzw. im Falle der vom (Haupt-)Unternehmer zu vertretenden Nichtausführung27. Er entfällt (auflösende Bedingung), wenn feststeht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Unternehmer des Hauptvertreters zahlt oder dieser Unternehmer, mag er auch seinerseits vom Kunden Zahlung erlangt haben, den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt (§ 87a Abs. 2)28. Damit entsteht der Provisionsanspruch des Untervertreters grds. in gleicher Weise wie der Provisionsanspruch des Hauptvertreters gegen den Unternehmer durch Ausführung des Kundengeschäfts zwischen Kunden und Hauptunternehmer (Abs. 1 S. 1)29, steht jedoch unter den vorgenannten auflösenden Bedingungen. Rechtstechnisch wäre es zwar korrekt, auf die Ausführung – Vermittlungsleistung – durch den Hauptvertreter als Vertragspartner des HV abzustellen, denn dieser ist für den Untervertreter „Unternehmer“ iSd § 87a Abs. 1 (vgl. § 84 Abs. 3). Betrachtet man die Dinge jedoch wirtschaftlich, bleibt der Erfolg der Vermittlung erst gesichert, wenn der an der „Vermitt22

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 8; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 9 für berechtigte Verweigerung. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 45; HeidelbergerKomm/Ruß § 87a Rn 2. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1478 (1479). Küstner/Thume I Rn 934; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 20. Hopt § 87b Rn 17; aA OLG Düsseldorf DB 1977, 817. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 58. BGH, Urt. v. 20.06.1984 – I ZR 62/82,

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BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; LG Saarbrücken VersR 2000, 761; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 21; aA es muss sowohl kumulativ Kundengeschäft wie – aufschiebende Bedingung – Leistung des Unternehmers an den Hauptvertreter vorliegen: Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 53. BGH, Urt. v. 20.06.1984 – I ZR 62/82, BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 21.

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lungsspitze“ stehende Unternehmer das Geschäft ausführt. Das wirtschaftliche Risiko des Hauptvertreters wäre bei einer gegenteiligen Ansicht zu groß. Aus dem Untervertretungsvertrag ist der Hauptvertreter gegenüber dem Untervertreter verpflichtet, seinen Provisionsanspruch gegen den Unternehmer im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren geltend zu machen und notfalls zwangsweise durchzusetzen. Bei zu vertretender Verletzung dieser Pflicht entsteht der Provisionsanspruch des Untervertreters (Abs. 3 S. 1 und 2 analog)30. Eine Regelung, wonach von dem Unternehmer des Hauptvertreters zurückgeforderte Provisionen auch durch den Hauptvertreter vom Untervertreter zurückgefordert werden darf, widerspricht § 87a Abs. 5, soweit hierin eine Erweiterung der Rechte nach § 87a Abs. 2 und 3 liegen könnte31. Unrechtmäßige Stornierungen, die der Partner des Hauptgeschäfts vornimmt, muss der Untervertreter nicht gegen sich gelten lassen, wenn er keine Möglichkeit hat oder ihm keine Möglichkeit eingeräumt worden ist, bei dem Kunden nachzubessern32. Siehe auch Rn 46 f zum Entfallen des Provisionsanspruchs sowie Rn 80 zum Vertretenmüssen im Verhältnis des Haupt- zum Untervertreter. Der Provisionsanspruch entsteht auch, falls der nicht vorleistungspflichtige Unterneh21 mer als erster leistet33. Zahlt etwa der Kunde vor der Lieferung, entsteht der Provisionsanspruch aufgrund der Ausführung des Geschäfts durch ihn34. Etwas anderes gilt, wenn der Kunde die Leistung nicht vor Fälligkeit erbringen durfte und der Unternehmer die Leistung berechtigt zurückweist35; es sei denn, der Unternehmer nimmt die Leistung als vertragsgemäß an36. Der HV darf vom Unternehmer keine vertragsgemäße Leistung an den Kunden ver22 langen. Eine das Dispositionsrecht des Unternehmers (§ 86a Rn 42 ff) überschreitende Nichtleistung begründet aber einen Schadenersatzanspruch37. Auch eine Abnahme durch den Kunden, zu dem der HV nicht in vertraglichen Beziehungen steht, kann der Vertreter nicht fordern38. Ihm stehen aber die Rechte aus Abs. 3 zu.

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4. Leistung durch Dritten. Im Rahmen der §§ 267, 268 BGB kann auch mit gleicher Wirkung für den Provisionsanspruch ein anderer für den Dritten erfüllen39. Beispiele sind die Leistung des Insolvenzverwalters gem. § 103 InsO nach Ausübung des Wahlrechts40 oder eines mit dem Unternehmer verbundenen Unternehmens41; auch Leistung durch einen Bürgen steht die Leistung durch den Dritten gleich.

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5. Teilleistungen. Der Provisionsanspruch erstarkt gem. § 87a Abs. 1 anteilig „soweit“ der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat42. Eine Teilausführung durch den 30

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OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 53. OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. Küstner/Thume I Rn 934; Westphal I Rn 537. Westphal I Rn 537. Westphal I Rn 537. Küstner/Thume I Rn 934. AA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; Hopt § 87a Rn 23.

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 13. BGH NJW 1990, 1665; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 3. BGH, Urt. v. 30.01.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785 (1786); BGH, Urt. v. 4.12.1986 – I ZR 101/85, BB 1987, 1417; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 9; Hopt § 87a Rn 5.

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Unternehmer lässt daher eine entsprechende Teilprovision endgültig werden, sofern der Unternehmer in Teilen erfüllen durfte, anderenfalls (§ 266 BGB), wenn der Dritte sie als Teilerfüllung entgegengenommen hat. Bei der Teilprovision handelt es sich im Verhältnis zum HV nicht um eine Teilzahlung iSd § 266 BGB43. Bei Teilleistungen erstarkt der Teilprovisionsanspruch daher insoweit, wie das Geschäft ausgeführt wurde. Diese Regelung über Teilleistungen geht einher mit § 87a Abs. 3 („teilweise“ Nichtausführung, s.u., Rn 81), wobei der Regelungsbereich des Abs. 3 enger ist: Er meint lediglich den Fall vertragswidriger Teilleistung durch den Unternehmer. Nach Teilleistung des Unternehmers entsteht der Teilprovisionsanspruch unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtleistung durch den Dritten (§ 87a Abs. 2). Endgültig ist die (Teil)Provision also erst durch eine dem Vertrag wirtschaftlich entsprechende Leistung des Dritten verdient44. Hinsichtlich des nicht teilgeleisteten Teils wird das Provisionsrecht des HV entweder nach vollständiger, späterer Leistung nach Abs. 1 oder gemäß den Abs. 2 und 3 begründet. Die Ansprüche auf Teilprovision nach Abs. 1 und nach Abs. 3 sind rechtlich voneinander unabhängig. 6. Erfüllungssurrogate. Eine von der vertraglich vereinbarten Leistung abweichende 25 Geschäftsausführung kann provisionsbegründend wirken. Das ist zumindest der Fall, wenn sie wertmäßig der geschuldeten Leistung gleichsteht, also wirtschaftliche Identität und Vollwertigkeit der Ersatzleistung vorliegt45. Beispiele sowohl bei der Geschäftsausführung des Unternehmers wie des Dritten (s.u., 26 Rn 33) sind: – die Aufrechnung (§ 389 BGB)46 – eine einvernehmliche Vertragsaufhebung unter Abschluss eines neuen Vertrages über eine andere, jedoch wirtschaftlich gleichartige Leistung47 – die Leistung erfüllungshalber (etwa Hingabe von Wechseln und Schecks); hier zählt allerdings erst die Einlösung (§ 364 Abs. 2 BGB)48 – eine Leistung an Erfüllung statt (§ 364 Abs. 1 BGB)49: Hier tritt die Geschäftsausführung mit der Realisierung des erfüllungshalber übertragenen Rechts50 ein. Ist bei ihr die Surrogatleistung nicht vollwertig, nimmt aber der Unternehmer sie gleichwohl als vollwertig hin, so ist die Provision in voller Höhe geschuldet. Wechsel und Schecks gelten im Zweifel nur als erfüllungshalber hingegeben (§ 364 Abs. 2 BGB); hier tritt die Wirkung des Abs. 1 S. 3 erst mit der Einlösung ein. Immerhin wird der Unternehmer im Verhältnis zum HV als verpflichtet anzusehen sein, für gehörige Einziehung zu sorgen. Unterlässt er das schuldhaft, so muss er sich provisionsrechtlich so behandeln lassen, als sei die Einlösung zu dem gehörigen Zeitpunkt erfolgt, wenn Zahlung damals erreichbar gewesen wäre. Vgl. auch RGZ 121, 125, wo zwischen dem Verkäufer und dem Käufer – ohne Mitwirkung des HV – vereinbart worden war, dass der Kaufpreis mit bestimmten Effekten beglichen werden solle, für welche aber bei ihrer alsbaldigen Veräußerung durch den Käufer ein geringerer Erlös als der Fakturenbetrag erzielt wurde, aus welchem die Provision des HV zu berechnen war: Das Urteil befand, dass der Wert der in Zahlung erhaltenen Stücke die Ansprüche des HV nicht beeinflusse; er könne nicht als an dem Risiko von Verlusten in der Verwertung beteiligt angesehen werden, da derartiges nicht zwischen dem Unternehmer und dem Vertreter vereinbart wor43 44 45 46

Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 9. Hopt § 87a Rn 6. Hopt § 87a Rn 11. Hopt § 87a Rn 11.

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AA Hopt § 87a Rn 11. Hopt § 87a Rn 11. Hopt § 87a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 12.

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den sei; habe der Unternehmer dem Käufer gegenüber die empfangenen Stücke – infolge falscher Kalkulation oder vielleicht auch Spekulation – für gut und zur Deckung des Kaufpreises ausreichend gehalten, so müsse er dies auch dem HV gegenüber gelten lassen und sich so behandeln lassen, als wäre der Fakturenbetrag voll eingegangen eine Erfüllung durch Devisenschecks51 der Erhalt eines Ersatzanspruches, etwa die Herausgabe des Ersatzes nach § 281 BGB52, ein Schadensersatz wegen Nichterfüllung53 oder eine Ersatzleistung nach § 649 BGB, auch wenn das Geschäft nicht zur Ausführung gelangt. Unerheblich ist, ob der Schadenersatz nach dem Vertrag54 oder auf Grund einer Ausfallversicherung55 gewährt wird. Der Provisionsanspruch entsteht in Höhe des Werts, welcher der Ersatzleistung entspricht56, angeblich jedoch nur, sofern es dem Unternehmer nicht ausnahmsweise auf den Erhalt der vereinbarten Kundenleistung ankommt57. Bei teilweisem Schadensersatz oder im Falle der Unterversicherung mindert sich die Provision daher entsprechend. Auch eine Ersatzleistung in Form von Auszahlungen aus der Hermes-Kreditversicherung gilt als Substitut des geschuldeten Kaufpreises. Sie tritt anstelle der geschuldeten Leistung, soweit sie das ursprüngliche Erfüllungsinteresse deckt und der Unternehmer die Ersatzleistung von Hermes als Erfüllung annimmt58 Voller Ersatz durch eine Versicherung oder andere Dritte59, selbst wenn der Unternehmer die Versicherung selbst bezahlt60 die Hinterlegung (§ 378 BGB)61 die Inzahlunggabe eines Gebrauchtwagens bei Neukauf62 ein Selbsthilfeverkauf durch den Dritten bei Annahmeverzug des Unternehmers (§ 373 Abs. 2 u. 3). Ein Teilersatz ist wie eine Teilausführung (Rn 24) zu behandeln63.

II. Satz 2: Vorschuss 28

1. Überblick. Zum Vorschuss vgl. zunächst § 87 Rn 20. Gemäß Abs. 1 S. 2 kann der Anspruch des HV auf Zahlung der Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat, ausgeschlossen werden. Der Vorschuss dient vor allem der Deckung der Kosten und laufenden Verbindlichkeiten des HV64. So darf etwa vereinbart werden, dass der Provisionsanspruch nicht bereits mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, sondern erst mit der Zahlung des Kaufpreises durch den Kunden entsteht65. In der Praxis geschieht dies häufig, da dies für den Unternehmer günstig ist und meist er den Vertrag vorgibt. Eine derartige Regelung verhindert, dass der Unter51 52 53 54 55 56

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BGHZ 85, 138; Hopt § 87a Rn 11. Hopt § 87a Rn 11. BGH DB 1957, 185; WM 1991, 199. BGH DB 1957, 185; Holling DB 1960, 79 ff, 80. LAG Dresden ARS 29, 68. BGH NJW-RR 1991, 156 (159); OLG Hamm BB 1979, 442; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 12; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 12. OLG Köln, Urt. v. 02.08.2002 – 19 U 152/01 VersR 2002, 1374 = OLGR 2002, 440.

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BGH WM 1991, 76; OLG Frankfurt WM 1991, 867. AA Hopt § 87a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 14. Hopt § 87a Rn 11. Hopt § 87a Rn 11. Eberstein, 9. Aufl., S. 88; Schlegelberger/ Schröder § 87a Rn 14/15. Küstner/Thume I Rn 927.

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nehmer die Provision bereits entrichten muss, wenn der Kunde – etwa aufgrund längerer Zahlungsziele – selbst noch nicht geleistet hat66. Eine weitere Verzögerung des Entstehungszeitpunktes ist hingegen unzulässig, da mit der Erfüllungsleistung des Kunden der mit dem Geschäft für den Unternehmer bezweckte wirtschaftliche Erfolg eingetreten ist67. Abs. 1 S. 2 bestimmt, dass der HV zwingend Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss hat, sobald der Unternehmer das Geschäft ausführt68. Diese Doppelbelastung des Unternehmers (Geschäftsausführung und Vorschusspflicht) ist hinnehmbar, weil der Unternehmer Zug-um-Zug gegen Zahlung das Kontengeschäft ausführen kann. Der Anspruch auf Vorschuss wird – ebenso unabdingbar – fällig und pfändbar69, sobald der Unternehmer seine Handlungen zur Ausführung des Kundengeschäfts beendet hat, selbst wenn er zu einem früheren Zeitpunkt hierzu verpflichtet gewesen wäre70, gem. § 87a Abs. 1 S. 2 zwingend spätestens am letzten Tage des folgenden Monats, abweichend von der Fälligkeit des Provisionsanspruchs nach Abs. 4. Eine vertragswidrige und unabgesprochene Ausführung des Geschäfts durch den HV anstelle des Unternehmers lässt den Anspruch jedoch nicht entstehen71. Die Parteien dürfen die Höhe des Vorschusses innerhalb der Grenze der von S. 2 vor- 29 gegebenen Angemessenheit bestimmen72. Was angemessen ist, muss im Einzelfall entschieden werden73, die Höhe des Vorschusses ist unter Abwägung der Interessen beider Parteien festzusetzen74. Zu berücksichtigen ist auf Seiten des Unternehmers, welchen Vorschuss er zahlen kann und auf Seiten des HV, wann und mit welcher Sicherheit mit der Kundenleistung zu rechnen ist, welche Aufwendungen für die Vermittlung des Geschäftes er vorfinanzieren muss, welche Mittel der HV vorschussweise benötigt, um seinen Lebensunterhalt und seine Geschäftsbedürfnisse zu sichern und welche Kosten er für die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes und seines Lebensunterhaltes aufwenden muss75. Keinesfalls darf der Vorschuss so hoch festgesetzt werden, dass er den Unternehmer schädigt, etwa indem bei langfristigen Zahlungsterminen, z.B. im Großanlagengeschäft, das Kreditrisiko des Unternehmers unberücksichtigt bleibt76. Steht die abschließende Provisionszahlung kurz bevor, kann ein geringerer Betrag angemessen sein77. Andererseits mag ein der Provision fast entsprechender Betrag angemessen sein, wenn mit einer Leistung des Kunden auf längere Sicht nicht zu rechnen ist78. Hat der Unternehmer lediglich Teilleistungen ausgeführt, entsteht der Vorschussanspruch nur in Höhe des Teilbetrages79. Falls der HV am Geschäft, etwa als Bezirksvertreter, nicht mitgewirkt hat und keine Auslagen hatte, mag ein geringerer Betrag angemessen sein80. Eine generalisierende, abstrakte und in einem Durchschnittsfall angemessene Regelung darf individualvertraglich vereinbart werden, wobei in AGB eine abstrakt-generalisierende Regel nicht leicht zu finden sein wird. Härten werden durch § 315 f BGB, eine ergänzende

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Küstner/Thume I Rn 948. BGH DB 1983, 446; Westphal I Rn 50. Küstner/Thume I Rn 949; Hopt § 87a Rn 9. Treffer MDR 1998, 384 (385). Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50; Schröder § 87a Rn 14b. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50; Hopt § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 25. Küstner/Thume I Rn 949; Westphal I Rn 551; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50. Westphal I Rn 551.

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Küstner/Thume I Rn 949; Westphal I Rn 551; v. Brunn NJW 1954, 56 (58); Schröder BB 1963, 567 (570); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50; Hopt § 87a Rn 9; Schröder § 87a Rn 14c. Eberstein 9. Aufl., S. 88. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25; Schröder § 87a Rn 15. Küstner/Thume I Rn 950. Vgl. Eberstein 9. Aufl., S. 88.

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Vertragsauslegung oder § 242 BGB (Treu und Glauben) ausgeglichen. Eine generalisierende und wirksame Regelung ist schwierig zu fassen. Der Vorschuss darf nur in angemessener Mindesthöhe oder oberhalb der Angemessenheitsgrenze vereinbart werden. Gewährt eine bezifferte Vereinbarung in AGB weniger als die angemessene Vergütung, ist sie unwirksam und der Vertreter hat Anspruch auf den darüber liegenden, angemessenen Betrag. Die Prüfung der Angemessenheit ist dabei nach den zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Maßstäben vorzunehmen. Die Bemessung mit einem hälftigen Provisionsanspruch als Regelfall81 kann einen Anhalt geben und begründet bei einem Individualvertrag eine widerlegliche Vermutung ihrer Wirksamkeit. Fehlt eine Regelung im Vertretervertrag oder können die Parteien im Einzelfall keine 30 Einigung über die Höhe des Vorschusses erzielen, steht dem HV das Recht zu, die Höhe zu bestimmen (§ 316 BGB)82, vorbehaltlich der Nachprüfbarkeit durch das Gericht (§ 315 BGB). Ein Vorschussrecht besteht nicht, falls der Kunde seine Leistung vor der Geschäftsausführung durch den Unternehmer erbringt, da bereits zu diesem Zeitpunkt die aufschiebende Bedingung eintritt und die Voraussetzung für die Zahlung eines „Vorschusses“ entfällt83. Ebenso besteht kein Vorschussrecht, wenn – vom Unternehmer zu beweisen – feststeht, dass der Kunde seine Leistung nicht erbringen wird, da dann der Provisionsanspruch auch bei Geschäftsausführung durch den Unternehmer entfallen würde84. Denn bei Vorliegen der TB-Voraussetzungen des Abs. 2 entfällt auch der Vorschussanspruch85.

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2. Rückzahlung des Vorschusses. Ausgezahlte Vorschüsse muss der HV zurückzahlen, sobald – ebenso vom Unternehmer zu beweisen – ihre unberechtigte Zahlung, etwa die Nichtleistung des Kunden, feststeht. Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich auch ohne ausdrückliche Abrede86 aus § 87a Abs. 2 analog, der Vorschussvereinbarung87, aus einer – zulässigen – Rückzahlungsklausel88 sowie aus § 812 BGB89, Rückzahlungsansprüche sind gem. § 817 S. 2 BGB außer in Ausnahmefällen nicht wegen der Sittenwidrigkeit der Rückzahlungsklausel ausgeschlossen90. Da der HV um die Rückzahlung weiß, steht er – außer bei Rechtsirrtum – gem. § 819 Abs. 1 BGB dem bösgläubigen Empfänger gleich, § 818 Abs. 3 BGB gilt also nicht91. Der Rückzahlungsanspruch kann aber gem. 81 82

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Westphal I Rn 551. Küstner/Thume I Rn 949; Westphal I Rn 552; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25; Schröder § 87a Rn 15. Küstner/Thume I Rn 951. Westphal I Rn 553. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 50; Schröder § 87a Rn 14c. Im Ergebnis BAG, Urt. v. 10.03.1960 – 5a ZR 426/58, AP BGB § 138 Nr. 2; v. 31.03.1960 – 5a ZR 441/57, AP BGB § 394 Nr. 5; v. 11.07.1961 – 3a ZR 216/60, AP BGB § 614 Gehaltsvorschuss Nr. 2; v. 16.02.1962 – 5a ZR 201/61, AP HGB § 87a Nr. 1; v. 20.06. 1989, 3a ZR 504/87, AP HGB § 87 Nr. 8; BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 41; LAG München, Urt. v. 30.09.2008 – 8 Sa 697/07; LG Koblenz, Urt. v. 28.09.2009 – 15 O 190/08. BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09,

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BeckRS 2010, 70532 Rn 41; OLG Jena, Beschl. v. 28.04.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194; LG Darmstadt, Urt. v. 13.08.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646. LAG Hamm, Urt. v. 03.02.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85. LAG Hamm, Urt. v. 03.02.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06; LG Hamburg, Urt. v. 17.08.2010 – 330 O 310/09, VersR 2011, 73. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). BGH VersR 2007, 1232 = WM 2006, 1194 (1198); WM 2004, 620 (623); BB 1963, 8, BAG MDR 2000, 818; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); Sieg VersR 1993, 1198; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 52; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

§ 134 BGB wegen einer unzulässigen Kündigungserschwerung nach §§ 89, 89a ausgeschlossen sein92 (§ 89 Rn 73). Mit Fälligkeit schuldet der Vertreter Fälligkeitszinsen in Höhe von 5 %93, ab Verzug Verzugszinsen. Hierdurch wird das Vorschussrecht nicht entgegen seiner zwingenden Natur unangemessen beschnitten. Die Abrechnung ist Aufgabe des Unternehmers (§ 87c Abs. 1), eine schlüssige Rückzahlungsforderung setzt eine solche Abrechnung voraus94. Eine Verwirkung des Rückzahlungsanspruches ist nach allgemeinen Grundsätzen 32 denkbar95. Der BGH hat zu Lasten des Unternehmers eine Verwirkung angenommen, wenn die Provisionsvorschüsse 2 Jahre ohne Verrechnung mit verdienten Provisionsansprüchen bezahlt wurden und binnen eines Jahres nach Beendigung des HV-Vertrages nicht zurückgefordert wurden96. Der Entscheidung begegnen Bedenken, da innerhalb der 3jährigen Regelverjährungsfrist eine Verwirkung grundsätzlich kaum vorstellbar ist und im entscheidenden Fall wohl abzulehnen war.

III. Satz 3: Provision bei Ausführung durch den Dritten = Kunden Sobald und soweit der Dritte (= Kunde) das Geschäft ausführt, hat der HV auf jeden 33 Fall, also zwingend ohne die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung, nach § 87a Abs. 1 S. 3 die vertraglich versprochene oder ihm gesetzlich zustehende Provision verdient. Dies bildet den spätesten Zeitpunkt, in welchem der Provisionsanspruch zum unbedingten wird – durch die Leistung des Dritten. Die zwingende Natur ergibt sich aus den Worten „unabhängig von einer Vereinbarung“ (Abs. 1 S. 3), nämlich einer solchen aus Abs. 1 S. 2, die das Endgültigwerden des Provisionsanspruchs zufolge Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer bis zur Zahlung der Provision abweichend regeln kann. Es erschien dem Gesetzgeber ungerecht, die Entstehung des Provisionsanspruches trotz des wirtschaftlichen Erfolges an einen später eintretenden Umstand zu knüpfen97. Für den Begriff der Geschäftsausführung und der Erfüllungssurrogate bzw. der Leis- 34 tung durch Dritte wird auf die Ausführungen oben, Rn 17, 25 verwiesen. Ob es hier abweichend von S. 1 auf den Leistungserfolg und nicht auf die Leistungshandlung ankommt98, ist angesichts des identischen Wortlauts („ausführen“) zweifelhaft. Beide Sätze müssen einheitlich ausgelegt werden. Die mangelhafte Leistung ist auch hier eine Ausführung, wenn und soweit der Unternehmer die Leistung als Erfüllung der Kundenschuld annimmt99; es sei denn, sie steht wirtschaftlich einer Nichtleistung gleich. Gleiches gilt für die Leistung eines Dritten, falls jener nach §§ 267, 268 BGB zur Leistung berechtigt ist100 bzw. der Unternehmer die Leistung annimmt101. Weist der Unternehmer die Leistung zurück, bestimmt sich der Provisionsanspruch nach Abs. 3102. Die unbe-

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). BGH BB 1963, 8; Küstner/Thume I Rn 953. OLG Düsseldorf OLGR 1993, 197; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 52. BAG, Urt. v. 20.6.1989 – 3 AZR 504/87, DB 1989, 2385 = BB 1989, 2333; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 52. BGH, Urt. v. 30.01.1964 – VII ZR 83/62. Küstner/Thume I Rn 954. So Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 11 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 20.10.1982 – I ZR

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99/81, BGHZ 85, 134 (138) = NJW 1983, 629; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 12, Hopt § 87a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 13; Schröder § 87a Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 11; Schröder § 87a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 13.

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1. Buch. Handelsstand

rechtigte Verweigerung der Annahme der Kundenleistung löst allerdings gem. §§ 162, 242 BGB die Rechtsfolge des Abs. 1 S. 3 aus103. Abs. 3 bedarf es insoweit nicht. Die Vorausleistung des Dritten genügt104. Der Unternehmer braucht noch nicht ge35 leistet zu haben105. Deshalb kann nicht wirksam vereinbart werden, dass der Bedingungseintritt ausgeschlossen ist, sobald und soweit der Dritte das provisionspflichtige Geschäft durch Vorleistung ausführt106. Vereinbart werden darf dagegen, dass kein Provisionsanspruch entsteht, wenn der HV-Vertrag zwischen Geschäftsabschluss und dem für die Entstehung des Provisionsanspruchs maßgeblichen Umstand endet107. Dann muss die gesamte Geschäftsabwicklung während des bestehenden Vertrages erfolgen108. Regelmäßig schließt eine solche Klausel auch nachvertragliche Provisionsansprüche gemäß § 87 Abs. 3 aus109. Der HV hat – nicht anders als bei der Teilleistung des Unternehmers (Rn 24)110 – 36 auch nach einer Teilleistung des Kunden den unabdingbaren Anspruch auf eine anteilige Provision („soweit“)111. Ob der Kunde zur Teilleistung berechtigt war oder nicht (§ 266 BGB), ist ohne Belang, solange sie der Unternehmer angenommen hat. Lehnt der Unternehmer die Teilleistung befugtermaßen (unbefugte Ablehnung: §§ 162, 242 BGB, s.o.) ab, ist die Wirkung des Abs. 1 S. 3 damit noch nicht eingetreten. Die bewirkte Teilerfüllung seitens des Dritten macht die Teilprovision aber nicht, wenn sie daraufhin zur Zahlung durch den Unternehmer heransteht, zur Teilleistung auf die Gesamtprovision iSd § 266 BGB, die der HV zurückweisen dürfte: sie ist „die“ in diesem Zeitpunkt geschuldete Provisionsrate. Vereinbart werden darf, dass die Zahlung des Teilprovisionsanspruches des § 87a Abs. 1 S. 3 nach teilweiser Ausführung des Unternehmers erst zum Zeitpunkt der Kundenleistung erfolgt. Bei fehlender Geschäftsausführung besitzt der HV wegen seines eventuellen Provi37 sionsausfalls regelmäßig keinen Schadenersatzanspruch gegen den Kunden, weder aus §§ 311, 280 (fehlender Vertrag)112 noch aus Delikt, außer – kaum vorstellbar – aus § 826 BGB oder nach den Grundsätzen des direkten Eingriffs in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetriebs. Es kann aber aus Abs. 3 ein Anspruch gegen den Unternehmer gegeben sein.

F. Entfallen des Provisionsanspruches (§ 87a Abs. 2, 3) 38

§ 87a Abs. 2, 3 regeln das Schicksal des Provisionsanspruches, wenn das abgeschlossene Geschäft nicht ordnungsgemäß ausgeführt wird. Der Grundsatz ist hier, dass Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Unternehmers zu keinem Entfallen des Provisionsanspruches führen (Rechtsgedanke der §§ 162, 242 BGB). Das Gesetz geht davon aus, der Unternehmer als Geschäftsherr stehe dem Geschäft näher als der Vertreter und die Nichtausführung des Geschäfts falle regelmäßig in seinen Verantwortungsbereich.

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BGH NJW 1990, 1665 (1666); Ebenroth/ Löwisch § 87 Rn 11; HeidelbergerKomm/ Ruß § 87a Rn 4. BGHZ 85, 138; Hopt § 87a Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 11; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 12; Hopt § 87a Rn 8. Küstner/Thume I Rn 954.

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Küstner/Thume I Rn 955. Küstner/Thume I Rn 955. Küstner/Thume I Rn 955. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 14; Hopt § 87a Rn 10; Schröder § 87a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 13.

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§ 87a

I. § 87a Abs. 2: Nichtleistung des Kunden 1. Grundsatz und Reichweite. Abs. 2 bestimmt, dass der gem. Abs. 1 S. 1 entstandene 39 Provisionsanspruch „entfällt“, d.h. nachträglich untergeht, wenn und soweit feststeht, dass der Dritte (= Kunde) seine vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringt, obwohl er uneingeschränkt zur Leistung verpflichtet ist. Es handelt sich um eine auflösende Bedingung113. Die Vorschrift setzt damit voraus, dass der bis zur Nichtleistung des Kunden fortbestehende Provisionsanspruch als solcher bereits – als unbedingter – zur Entstehung gelangt ist. Gesetzestypisch kann der Provisionsanspruch vor der Leistung des Dritten (Abs. 1 S. 3) nur in der Ausführung des Geschäfts seitens des Unternehmers begründet sein. Deshalb zielt der Fall des Abs. 2 ausschließlich auf den des Abs. 1 S. 1114. Er kommt damit in der Praxis ebenso selten zum Zuge wie jener. Was außerdem wegfiele, wäre deshalb allenfalls die unabdingbare Vorschussberechtigung aus Abs. 1 S. 2. Wo dagegen, wie meist, der Provisionsanspruch nach vertraglicher Vereinbarung überhaupt erst mit der Leistung des Kunden zur Entstehung gelangen soll, ist für einen „Wegfall“ bei Nichtleistung des Dritten in unmittelbarer Anwendung des Abs. 2 kein Raum. Vielmehr bleibt die Kundenleistung auf Dauer aus, so dass der Provisionsanspruch erst gar nicht entsteht. Abs. 2 betrifft diesen Fall nicht115. Hier wie in dem gesetzlichen Fall der Bindung des Provisionsanspruchs an die Leistung des Dritten – Abs. 1 S. 3 – würde das Gesetz, hätte es in Abs. 2 nur einen Ausfall der Bedingung bezeichnen wollen, etwas Selbstverständliches gesagt haben. Ist der Provisionsanspruch noch nicht entstanden, gibt es keinen Anspruch, der aufzulösen ist. Jedoch muss der Unternehmer das Geschäft vertragsgemäß, also auch zum vertragsgemäßen Zeitpunkt, ausführen. Tut er dies nicht, greifen Abs. 3116, zudem die §§ 162, 242 BGB, ein. Der Rückgewähranspruch des § 87a Abs. 2 ist bei Rückabwicklung von Leistungen, die als Folge einer wirksamen Anfechtung eines Maklervertrages erbracht wurden und nach § 812 BGB zurückgefordert werden könnten, nicht anwendbar. Hier gibt es kein Vorleistungsrisiko, welches durch § 87a Abs. 2 ausgeglichen wird117. § 87a Abs. 2 kann analog angewandt werden118. Zu denken ist daran etwa in Fällen, in denen ein vermittelter Kunde des Telefonunternehmens nicht telefoniert und deshalb die Provisionen entfallen119. 2. Verhältnis zu Abs. 3. Das Verhältnis zwischen Abs. 2 und 3 ist nicht aus dem 40 Gesetzeswortlaut zu entnehmen. Abs. 3 betrifft ausschließlich Fallgestaltungen, in denen die Nichtausführung aus der Sphäre des Unternehmers herrührt, also entweder von ihm zu vertreten oder zurechenbar veranlasst wurde120. Nicht alle, aber viele Fälle des Abs. 2 erfasst der Merksatz, Abs. 2 gehe davon aus, dass der Dritte gegen den Willen des Unternehmers nicht leiste121: Falls der Unternehmer ohne Zwang auf die Leistung des Dritten verzichte, sei dies nicht nach Abs. 2, sondern nach Abs. 3 zu beurteilen. Um den Anwendungsbereich des Abs. 3 zu eröffnen, muss die Nicht- oder Andersausführung damit bei 113

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 14; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 27. BGH MDR 1961, 312; Hopt § 87a Rn 13. Hopt § 87a Rn 13. Hopt § 87a Rn 13. BAG NJW 2000, 2372 (2373). OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934.

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OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde). Schröder § 87a Rn 28.

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wertender Betrachtung eine solche des Unternehmers sein, nicht des Kunden (sonst: Abs. 2, außer wenn diese wiederum auf den Unternehmer zurückgeht122). Insoweit ist Abs. 3 lex specialis. Leistet etwa der Dritte nach geschehener Vorausleistung des Unternehmers deshalb nicht, weil er Rücktrittsrechte nach § 323 BGB geltend macht, ist Abs. 2 nicht einschlägig, sondern allein Abs. 3, weil dann die Leistungsstörung auf Seiten des Unternehmers das primäre ist. Gleiches gilt, falls der Unternehmer seinerseits das Geschäft nicht ausführt und der Kunde die vermittelten Verträge, z.B. Darlehensverträge, gem. §§ 700 Abs. 1 i.V.m. § 490 fristlos kündigt123. Greifen sowohl die TB-Voraussetzungen des Abs. 2 als auch des Abs. 3 ein (was nur vor der Leistung des Dritten möglich ist), bleibt Abs. 3 in den Fällen der Verantwortlichkeit des Unternehmers für die Nichtleistung des Dritten vorrangig und allein anwendbar, um dem HV in von ihm nicht zu verantwortenden Fällen mangelnder Vertragskonformität der Geschäftsausführung seine Provision zu sichern (teleologische Reduktion bzw. Vorrang des Spezialgesetzes). Wie zu Rn 39 ausgeführt, kann Abs. 2 nur in Fällen eingreifen, in welchen der Dritte 41 (Kunde) noch nicht geleistet hat. Nur dann kann feststehen, dass der Dritte nicht leistet. Hat der Dritte bereits geleistet, werden diese Fälle des Scheiterns des vermittelten Geschäfts, z.B. infolge einer Nichtleistung oder nicht vertragsgemäßen Leistung von Kunde oder Unternehmer – unabhängig von ihren Gründen – ausschließlich durch Abs. 3 erfasst124. Das gilt auch, falls die Leistung des Kunden aus Gründen unterbleibt, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind125, oder es nach der Leistung des Kunden an den Unternehmer – Abs. 1 S. 3 – zu Leistungsstörungen kommt und das Kundengeschäft zwischen Kunde und Unternehmer rückabgewickelt wird. Nach der Leistung des Kunden ist kein Raum für Abs. 2, selbst wenn die vom Kunden erbrachte Leistung an ihn zurückzugewähren ist.

42

3. Nichtleistung. Das Gesetz stellt nur auf die Tatsache der Nichtleistung ab. Der Begriff der Nichtleistung des Kunden in Abs. 2 1. Hs entspricht der Nichtausführung des Geschäfts in Abs. 3 S. 1126, auf die dortigen Ausführungen (Rn 60 ff) kann verwiesen werden. Der Provisionsanspruch nach Abs. 2 entfällt, falls der Dritte die geschuldete Leistung nicht oder nicht in vertragsgemäßer Weise erbringt und der Unternehmer die nicht vertragsgemäße Leistung zurückweist, z.B. die Leistung unmöglich wird (§ 275 BGB127; auch die Unternehmerleistung entfällt, § 326 Abs. 1 BGB). Erlangt jedoch der Unternehmer ein Surrogat (z.B. die Versicherungsentschädigung, Abtretung des dem Dritten gegen einen anderen zustehenden Schadensersatzanspruches, Vergütungsanspruch nach § 649 BGB128), so gilt dieses Surrogat, falls es geleistet wird, als Leistung des Dritten129; ebenso, wenn die Kündigung des Unternehmers den Vergütungsanspruch des Kunden beste-

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BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 16; Hopt § 87a Rn 21; Schröder § 87a Rn 28. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde). Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 4; Stötter MDR 1981, 269 (270), aA MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 50.

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 4; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 38; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 14.

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hen lässt130. Die Leistung des Versicherungsnehmers nach §§ 33 ff VVG ist als Leistungserbringung einzuordnen131 (siehe § 92 Rn 79). Nur wenn der Wert des Surrogats hinter der Kundenleistung zurückbleibt, liegt in der Höhe der Differenz eine Nichtleistung vor. Der Provisionsanspruch entfällt ferner, soweit (!) der Dritte von seiner Leistung befreit wird durch richterliche Vertragshilfe, durch einen erforderlichen Vergleich im (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleichsverfahren oder Zwangsvergleich im Insolvenzverfahren; selbst bei rechtswidriger Leistungsweigerung entfällt der Anspruch, wenn Erfüllung oder Schadensersatz endgültig undurchsetzbar sind. Er entfällt weiter, sofern der Dritte einen vorbehaltenen Rücktritt ausübt oder bei Eintritt auflösender Bedingung kondiziert – immer unterstellt, dass der Provisionsanspruch durch Ausführung des Geschäfts seitens des Unternehmers bereits entstanden war. Er entfällt schließlich, wenn der Tatbestand der Nichtleistung des Dritten sich dadurch verwirklicht, dass der Unternehmer zufolge Anfechtung des Geschäfts in der Insolvenz des Dritten etwas von diesem Geleistetes wieder herausgeben muss. Dass ein Erlass der Forderung von Seiten des Unternehmers, soweit sie durchsetzbar gewesen wäre, den Provisionsanspruch nicht berühren kann, bedarf keiner Begründung. Auch ein Teilverzicht, etwa aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs, lässt den Provisionsanspruch unter diesen Umständen nicht entfallen132. 4. Die Evidenz der Nichtleistung. Der Erlöschenstatbestand für den Provisionsan- 43 spruch ist vom Gesetz korrekt normiert: nicht das Negativum der Nichtleistung, sondern, dass die Nichtleistung positiv „feststeht“. Was feststehen muss, ist gerade die Tatsache der Nichtleistung. Solange erst feststeht, dass der Dritte nur verspätet leisten werde, ist der Erlöschenstatbestand des Abs. 2 nicht gegeben. Einbegriffen ist hier andererseits auch der Fall, dass schon vor Fälligkeit der Leistungspflicht des Dritten feststeht, dieser werde ihr nicht nachkommen133. Das bedeutet: Die Nichtleistung muss sich als endgültiges Faktum darstellen. Es steht 44 fest, dass der Kunde nicht leistet, sobald objektive Anhaltspunkte aus der Warte eines Dritten es als weitgehend sicher erscheinen lässt, dass der Kunde seiner Verpflichtung aus dem Geschäft endgültig nicht nachkommen wird134, etwa keine Zahlung leistet oder die Nichtleistung definitiv angekündigt wurde. Die Nichtleistung muss m.a.W. objektiv feststehen135, nicht aber durch (Zwischen)feststellungsurteil rechtskräftig festgestellt sein136 (zur Obliegenheit gerichtlicher Durchsetzung Rn 47). Nicht ausreichend ist trotz des notwendig prognostischen Elements die ohne objektive Feststellung gebildete subjektive Ansicht des Unternehmers oder eines Dritten, die Forderung sei uneinbringlich137 oder die kalkulatorischen Erwägungen des Unternehmers, der die Forderung als uneinbringlich abzuschreiben geneigt ist oder schon abgeschrieben hat138. Die Gründe der Nichtleistung sind unerheblich, können aber einen Anhalt für das Feststehen der Nichtleistung

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 39; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 32. Christoph/Effenberger VersR 2007, 593. Westphal Rn 563. Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 27. Westphal I Rn 558; Hopt § 87a Rn 14. OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Westphal I Rn 558; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 35.

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 35. OLG Celle BB 1972, 594; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 35; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 33; Schröder § 87a Rn 27. OLG Celle BB 1972, 594; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; LAG Baden-Württemberg DB 1955, 682.

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geben139. Erforderliche Mitwirkungshandlungen des Dritten, z.B. den Abruf bestellter Ware140 muss der Unternehmer herbeizuführen versuchen141. Eine feststehende Nichtleistung des Kunden kann angenommen werden, wenn eine 45 gegen ihn gerichtete Klage unzumutbar oder erfolglos geblieben142, eine Titulierung oder Zwangsvollstreckung wegen Zahlungsunfähigkeit bzw. Insolvenz des Kunden auf absehbare Zeit aussichtslos ist143, bei Insolvenz der Verwalter eine Erfüllung ablehnt oder der Kunde seine Rechtsfähigkeit verloren hat144. Wirtschaftliche Sinnlosigkeit einer Klage und damit Unzumutbarkeit liegt aber etwa bei Kleinverträgen vor (Rn 47). Ob der Nachweis der Nichtleistung durch die Auskunft einer anerkannten Auskunfts- oder Kreditschutzorganisation über die fehlende Liquidität des Dritten als geführt anzusehen sein wird 145, ist eine Frage des Einzelfalls. Generelle Regeln wird man hier nicht aufstellen können. Es spricht einiges gegen eine solche Ansicht, weil die Auskunft nicht die gleiche Sicherheit wie Klage und Vollstreckung aufweist. Im Falle einer Untervertretung bezieht sich der Begriff des Unternehmers bei der 46 Anwendung des § 87a im Grundsatz auf den Geschäftspartner des Hauptgeschäfts (Hauptunternehmer) und nicht auf den Hauptvertreter146 (siehe Rn 80). In konsequenter Anwendung des § 87a Abs. 2 entfällt der Provisionsanspruch des Untervertreters gegen den Hauptvertreter aber nicht nur dann, wenn feststeht, dass der Endkunde nicht an den Hauptunternehmer zahlt, sondern auch dann, wenn der Hauptunternehmer den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt147. Das soll auch dann gelten, wenn der Hauptunternehmer die ihm zustehende Vergütung vom Kunden erhalten hat148. Aus dem Umstand, dass der Untervertreter dem Hauptvertreter rechtlich gleichgestellt ist, folgt, dass der mit der Ausführung der Aufträge durch den Hauptunternehmer entstandene Provisionsanspruch des Untervertreters keinen Bestand haben kann, wenn der Hauptvertreter vom Hauptunternehmer keine Provision erhält, mag auch der Kunde des Hauptunternehmers seine Verpflichtungen diesem gegenüber erfüllt haben. Denn erhält der Hauptvertreter seinerseits keine Provision, wäre es sachlich nicht gerechtfertigt, dem Untervertreter gegen den Hauptvertreter einen Provisionsanspruch nur deshalb zuzusprechen, weil der Kunde seinen Verpflichtungen gegenüber dem Hauptunternehmer und Auftraggeber des Hauptvertreters genügt hat149. Erhält der Hauptvertreter keine Vergütung, fehlt es ihm an den Mitteln, aus denen er gegenüber dem Untervertreter dessen

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 35. BGH NJW-RR 1991, 156 (159); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 37. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 37. So Eberstein 9. Aufl., S 91; Westphal I Rn 560. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde) (zu Abs. 3); OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR

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2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1480 = DB 2007, 2199. BGH DB 1984, 2299; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1480; OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Westphal I Rn 561. BGH, Urt. v. 20.06.1984, 1 ZR 62/82, NJW 1984, 2881; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

Provisionsanspruch bestreiten soll150. Auch der Hauptunternehmer wird von seiner Provisionsverpflichtung gegenüber dem Hauptvertreter frei, wenn der Kunde den Kaufpreis nicht zahlt (§ 87a Abs. 2). In keiner anderen Situation befindet sich der Hauptvertreter gegenüber dem Untervertreter, wenn sein Auftraggeber die ihm zustehende Vergütung nicht leistet. Der Untervertreter soll nicht mehr Provision erhalten, als sie der Hauptvertreter erhalten hat151. Erweitert man die übliche Kette Vertreter – Unternehmer – Kunde um ein weiteres Glied, nämlich hin zu der Kette Untervertreter – Hauptvertreter – Unternehmer – Kunde, so stellt sich die Nichtzahlung des Hauptunternehmers an den Hauptvertreter für das Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter genauso dar, als hätte im gewöhnlichen dreigliedrigen Modell der Kunde nicht an den Unternehmer bezahlt152. Der Hauptvertreter muss aber seinen Provisionsanspruch gegenüber dem Hauptunternehmer durchsetzen, s.o., Rn 20. 5. Setzt das Feststehen der Nichtleistung eine Pflicht zur gerichtlichen Durchsetzung 47 der Forderung voraus? Es fragt sich, ob der Unternehmer gegen den Dritten gerichtlich vorgehen muss (die erfolgreiche Vollstreckung eines obsiegenden Urteils würde dem HV seinen Provisionsanspruch endgültig sichern), ehe die Nichtleistung feststeht, oder aber ob der Unternehmer von einer Klage – zu Lasten des Provisionsanspruchs, der damit endgültig ausfällt – absehen und das Geschäft abschreiben darf, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, er habe nicht alles Erforderliche zur Durchsetzung einer ordnungsmäßigen Vertragsabwicklung getan. Gerade diese Frage kann nicht ausschließlich aus dem Vertragsverhältnis zwischen HV und Unternehmer beantwortet werden; im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung darf der Unternehmer auch das eigene wohlverstandene Interesse seines Unternehmens ins Spiel bringen. Damit die Nichtleistung des Kunden feststeht müssen im Zweifelsfalle die Möglichkeiten einer zwangsweisen Realisierung ausgeschöpft sein. Regelmäßig ist auch im Verhältnis HV/Unternehmer bzw. Haupt-/Untervertreter153 (Rn 20, 46) von einer provisionsrechtlichen Obliegenheit154 des Unternehmers zur gerichtlichen Durchsetzung und Zwangsvollstreckung155 bzw. zur Anmeldung bei der Insolvenztabelle (§§ 174 ff InsO)156 auszugehen, außer es handelt sich um die Erstprämie in der Lebensversicherung (wegen § 38 Abs. 1 VVG)157; anders in der Sachversicherung158. Ein Unterlassen von Klage und Vollstreckung führt – auch beweisrechtlich – zur Behandlung analog Abs. 3 S. 2159 (Rn 75 ff), 162 BGB. Es handelt 150

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OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. BGHZ 91, 370 (372); OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; Westphal I Rn 561; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 53. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25. Holling DB 1960, 79 (80); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 25, 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 15, 26; MünchKommHGB/v. Hoynin-

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gen-Huene § 87a Rn 34f, 54; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 27. BGH NJW-RR 1991, 156 (159). BAG NJW 1968, 518; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; OLG Karlsruhe VersR 1982, 267; Fleischmann VersR 1957, 9; Sundermann BB 1958, 542 (544, 546); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 29; aA Hans BB 1957, 1060 (1061); BB 1958, 544 (546). OLG Frankfurt VersR 1986, 462; Hopt § 87a Rn 29. Differenzierend Hopt § 87a Rn 16: Die Rechtsprechung zu Abs. 3 S. 2 lasse sich nicht in jedem Fall übertragen, denn nicht jede Nichtleistung des Dritten mangels zumutbarer Klagerhebung nach Abs. 3 S. 1 sei für den Unternehmer unvertretbar.

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sich aber regelmäßig nicht um eine einklagbare160, nach Unterlassen zum Schadenersatz leitende Nebenpflicht161. Der HV ist durch den Bestand seiner Provision nach Abs. 2 hinreichend geschützt. Die Fälle, in denen sie entfällt, mangelt es an einer Schutzbedürftigkeit: Haben außergewöhnliche Umstände den Dritten erfüllungssäumig werden lassen, so kann es im Interesse der weiteren Geschäftsbeziehungen mit ihm angezeigt sein, von gerichtlichen Schritten abzusehen162. Ebenso, wenn zu befürchten steht, der Dritte werde die Geschäftsverbindung abbrechen163, falls seinem geäußerten und wegen Veränderung der Verhältnisse gerechtfertigtem Wunsch nach Streichung des Auftrages nicht entsprochen wird164, die durch die Maßnahmen zu erwartenden Kosten in keinem Verhältnis zum Umfang der Kundenleistung stehen165, gegen eine Vielzahl säumiger Kunden geringe Beträge einzuklagen wären,166 etwa bei Zeitschriftenabonnements167, die Rechtslage unsicher oder die Klage erkennbar aussichtslos ist168, der Unternehmer den Anspruch nicht sicher beweisen kann169, eine Titulierung wegen voraussichtlich dauerhafter Leistungsunfähigkeit oder Erlöschens der Rechtsfähigkeit des Kunden keine Vorteile verspricht, die Vollstreckung auf unabsehbare Zeit aussichtslos ist170, der Prozess zur Geringfügigkeit des Objekts in keinem Verhältnis stehen würde und deshalb dem Unternehmer auch unter Berücksichtigung des Provisionsinteresses des HV schlechthin nicht zumutbar ist (nachhaltige Zahlungssäumnis eines Abonnenten im Zeitschriftenbezug), angeblich sogar wenn der durch den Prozess zu erlangende Betrag im Wesentlichen nur dem HV als Provision zustehen würde, wohl aber nicht, sofern der Unternehmer (Versicherer, Unternehmer mit breitem Abnehmerkreis, Versandhaus) Gefahr läuft, in den Ruf eines „notorischen Prozessierers“ zu gelangen171. Nur ausnahmsweise kann von der Klage abgesehen werden, wenn das geschäftliche Renommé des Unternehmers bei seinen übrigen Kunden durch ein Gerichtsverfahren erheblich gefährdet werden würde, allgemeiner gesagt bei Unzumutbarkeit von Klage und/oder Vollstreckung. Beweispflichtig für diese Ausnahmefälle fehlender Klageobliegenheit ist der Unternehmer172. Sucht der Unternehmer keinen gerichtlichen Rechtschutz, darf er sich regelmäßig nicht auf § 87a Abs. 2 berufen, und zwar auch dann nicht, wenn er Klage und Zwangsvollstreckung unterlässt, um den Kunden nicht zu verlieren173. Nur in extremen Fällen ist der HV unter dem Gesichtspunkt der Treu- und Interessenwahrnehmungspflicht gehalten, sich an 160 161

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25. AA wohl OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934: Schadenersatzpflicht aus § 280 BGB. BGH VersR 1960 1109. BGH Urt. v. 13.07.1959 – II ZR 189/57; DB 1959, 940 = BB 1959, 864 (865); BGH VersR 1960, 1109 (1110). BGH LM § 87a Nr. 2. Westphal I Rn 558; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35; Hans BB 1958, 544 (546): Dieser Fall ist allerdings kaum vorstellbar, da die Gebühren der Gerichte und Rechtsanwälte feststehen und damit im Verhältnis zur Klagforderung immer im gleichen, angemessenen Verhältnis stehen. BGH, Urt. v. 21.10.1971 – VII ZR 54/70, BB 1971, 1430; OLG Hamm BB 1979, 442;

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. AG Schwerin, Urt. v. 02.03.2006 – 16 C 2711/04, BeckLSK 2007, 070308. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25; aA OLG Köln NJW-RR 1994, 226 („hinreichender Insolvenzverdacht nötig“). AA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. AA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 25. Westphal I Rn 558.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

dem Ausfall des Unternehmers durch Verzicht auf die Provision zu beteiligen. Wo immer möglich, muss der Unternehmer den Versuch gemacht haben, durch ein zumutbares Ersatzgeschäft den Belangen des Kunden entgegenzukommen174, aus welchem der HV dann provisionsberechtigt bleiben würde. Der HV kann in diesem Fall nur aus dem ersten (§ 87a Abs. 3) oder zweiten Geschäft provisionsberechtigt sein, nicht aus beiden (§ 242 BGB). Hat der Unternehmer Grund, von einem gerichtlichen Vorgehen abzusehen, so darf der HV unter Treupflichtgesichtspunkten verlangen, dass ihm in Höhe seiner Provision die Ansprüche gegen den Kunden abgetreten werden, damit er selbst gegen den Kunden, auf den er vielleicht keinen Wert mehr legt, klagbar werden kann, soweit schutzwürdige Belange des Unternehmers (etwa Gefahr des Kundenverlustes) dem nicht entgegenstehen175. Muss der Unternehmer die Leistung des Kunden gerichtlich durchsetzen, darf er die Provision des Vertreters nicht um die Kosten der Rechtsverfolgung kürzen176. 6. Rückzahlung der Provision im Falle der Nichtleistung. Liegt eine Nichtleistung iSd 48 § 87a Abs. 2 vor, hat der HV bereits geleistete Provision zurückzuzahlen, bei Teilerlöschen entsteht ein Teilrückzahlungsanspruch177. Der Rückgewähranspruch hat seine Rechtsgrundlage im Vertrag; es liegt ein Rückgewährschuldverhältnis vor, auf welches die §§ 346 BGB anwendbar sind. Die Rückgewähr ist eine Nebenpflicht des HVVertrags178. Der Rückgewähranspruch ist daher nach den §§ 353, 354 Abs. 2 zu verzinsen179. Ein Anspruch aus § 812 BGB konkurriert180. Gezahlten Provisionen stehen geleistete Vorschüsse (Abs. 1 S. 2) gleich181. Der Unternehmer kann mit dem Rückgewähranspruch gegen die Provision aufrechnen182, sofern dies vertraglich nicht ausgeschlossen wurde. Verjährung: § 195 BGB183. Es zählt zur ordnungsgemäßen Begründung des Rückforderungsanspruches, die Gründe des Rückzahlungsrechts darzulegen und zu beweisen184. Bei Gefahr einer Nichtrückzahlung wegen schlechter Vermögenslage darf der Unternehmer nach Vertragsende fällige Provisionen zurückhalten, § 321 BGB185. 7. Besonderheiten der Rechtslage, wenn das Endgültigwerden der Provision vertrag- 49 lich an die Leistung des Dritten geknüpft worden war. Abs. 2 geht aus von einer Vorleistung des Unternehmers (s.o.). Ist die Anknüpfung der endgültigen Entstehung des Provisionsanspruchs an die Ausführung des Geschäfts durch den vorleistenden Unternehmer – wie meist – vertraglich ausgeschlossen oder bleibt der Kunde nach dem Vertrage vorleistungspflichtig, so ist das Unbedingtwerden der Provision daraufhin allein auf die Leistung des Kunden gestellt (Abs. 1 S. 3). Die Frage, welchen Einfluss die Nichtleistung des Kunden in diesem Falle auf den Provisionsanspruch hat, regelt das Gesetz nicht. Es 174 175 176 177

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BGH LM § 87a HGB Nr. 2. Holling DB 1960, 80. Westphal I Rn 559. v. Brunn NJW 1954, 56 (59); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 40; Schröder § 87a Rn 26. Westphal I Rn 565. BGH NJW 1963, 1201 = BGH BB 1963, 8 („grundsätzlich“, womit wohl angedeutet sein: soll, dass die handelsrechtliche Verzinsung nicht verlangt werden kann von einem Unternehmer, der Nichtkaufmann ist); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 40; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 19; MünchKommHGB/

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v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 37; Schröder § 87a Rn 26. BGH BB 1963, 8; BAG, Urt. v. 14.03.2000 – 9 AZR 855/98, MDR 2000, 818; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 40; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 37; Schröder § 87a Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 40. Westphal I Rn 564. BGH DB 1963, 29 zu § 88; Westphal I Rn 565. Vgl. OLG Köln VersR 2003, 459. BGH WM 1975, 181.

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bedurfte dessen aber auch nicht. Der Provisionsanspruch ist mit dem Abschluss des Geschäfts bedingt entstanden. Die Bedingung ist in der hier behandelten Fallgestaltung die Leistung des Dritten (Abs. 1 S. 3). Leistet er nicht, bleibt der Provisionsanspruch deshalb zunächst in der Schwebe. Wann dieser Schwebezustand beendet wird, ergibt sich aus den allgemeinen Lehren des bürgerlichen Rechts: er endet auch hier, wenn feststeht, dass der Kunde nicht leisten wird. Denn dann ist die Bedingung ausgefallen. Der Provisionsanspruch kann endgültig nicht mehr entstehen. Darüber, unter welchen Voraussetzungen feststeht, der Dritte werde nicht mehr leisten, wird das zu Rn 42 Gesagte entsprechend zu gelten haben. Die Nichtausführung des Geschäfts ist auch dergestalt denkbar, dass beim Kauf durch Kundenfinanzierung eine Rückbelastung des Verkäufers eintritt, wenn der Käufer die Darlehensraten gegenüber dem Finanzierungsinstitut nicht einhält und dieses die Kaufsache auf Grund Sicherungseigentums an sich nimmt186. Auch hier ist die gleiche Einschränkung zu machen wie zu Rn 40 f. Wenn der Dritte 50 deshalb endgültig nicht leistet, weil auf Seiten des Unternehmers eine durchgreifende Leistungsstörung vorliegt, wird der Provisionsanspruch ausschließlich aus Abs. 3 beurteilt und gegebenenfalls nach den dortigen Regeln gewährt. Denn daraufhin liegt wiederum die Quelle der Leistungsstörung, als das Primäre, beim Unternehmer. Dieser Fall kann auch dann eintreten, falls Zug um Zug zu leisten gewesen wäre. Ist allerdings der Dritte vorleistungspflichtig und hat er keinen Grund zur Seite, sein endgültiges NichtLeisten mit einer Vertragsverletzung durch den Unternehmer (etwa weil dieser schon im voraus seinen mangelnden Erfüllungswillen oder seine fehlende Erfüllungsfähigkeit hat offenbar werden lassen) zu rechtfertigen, so käme es nicht auf Erörterungen darüber an, wieweit der Unternehmer seiner eigenen Leistungspflicht demnächst würde nachkommen können = zumutbar nachkommen müssen oder nicht; der Provisionsanspruch wäre bereits erloschen187. Denn der Unternehmer würde das Ausbleiben der Leistung des – vorleistungspflichtigen – Dritten stets zum Anlass nehmen dürfen, seinerseits nicht erfüllen zu brauchen; das ist gesetzliche Verhaltensnorm (§ 320 BGB), und mehr ist ihm nicht zuzumuten. Hier wiederum im Zug-um-Zug-Leistungsverhältnis muss der Unternehmer mindestens erfüllungsbereit gewesen sein, wenn die (endgültige) Nichtleistung des Dritten den Provisionsanspruch zum Erlöschen bringen soll, arg. § 756 ZPO. Setzt der erfüllungsbereite Unternehmer dem zunächst erst im Verzug befindlichen Dritten die Frist aus § 323 BGB, so steht die Nichtleistung des Dritten aus Rechtsgründen fest, sobald er die Frist verstreichen lässt und der Unternehmer daraufhin vom Vertrag zurücktritt; wählt der Unternehmer dagegen den Schadensersatz, so entfällt der Provisionsanspruch erst, wenn feststeht, dass auch der Schadensersatz, soweit er an die Stelle der Leistung des Dritten tritt, nicht zu realisieren ist. Hat der Dritte sich schon vor jeglicher Durchführung des Vertrages von seiner Verpflichtung losgesagt, braucht der Unternehmer erst recht weder aus § 323 Abs. 1 BGB vorzugehen (s. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) noch seine eigene Leistung bereitzuhalten. Der Anspruch auf die Provision ist endgültig dahin188. Leistet schließlich der vorleistungspflichtige Dritte nicht, weil ihm eine Einrede aus 51 § 321 BGB zu Gebote steht, wird man von einer endgültigen Weigerung noch nicht sprechen können, sondern erst dann, wenn der zur Einrede berechtigende Tatbestand des § 321 BGB sich auf unabsehbare Zeit verfestigt hat. Dann freilich wäre auch hier der Provisionsanspruch nicht mehr gegeben; anders nur, sofern die Verschlechterung in den 186

A. M., auf die formale Erfüllung des Kaufvertrages abstellend und deshalb wenig überzeugend: LG Wuppertal NJW 1958, 423.

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Schröder § 87a Rn 32. BGH MDR 1961, 312.

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Vermögensverhältnissen des vorleistungspflichtigen Unternehmers von diesem i.S. des Abs. 3 zu vertreten ist. Liegt eine bloße Schlechtleistung des (sachleistungspflichtigen) Dritten vor, so ist die 52 gesetzliche Bedingung für das Endgültig-werden des Provisionsanspruchs (hier: des Einkaufsvertreters) eingetreten, wenn der Unternehmer die Leistung nicht von vornherein zurückweist. Ungerechtfertigte Zurückweisung wegen angeblicher Schlechtlieferung lässt den Provisionsanspruch gleichwohl endgültig entstehen. Gerechtfertigte Zurückweisung der angedienten mangelhaften Ware a limine belässt das Leistungsangebot des Dritten im Stadium des bloßen Erfüllungsversuchs; ob er wiederholt werden kann, hängt vom Recht zur zweiten Andienung ab. Danach und gegebenenfalls an deren Schicksal entscheidet sich, wieweit von einer echten Nichterfüllung (Nichterfüllbarkeit) der Leistung des Dritten als feststehend gesprochen werden kann, sofern der Unternehmer nicht nach § 323 BGB (s.o.) vorgegangen ist. Erfolgreicher Rücktritt nach geschehener Annahme als Erfüllung versetzt den Erfüllungsakt des Dritten zurück in den Stand der Nichterfüllung. Sie entzieht einer etwa schon gezahlten Provision den Rechtsgrund. Gegenüber dem Anspruch auf noch nicht gezahlte Provision verteidigt der Unternehmer sich nunmehr aus Abs. 3. – Nach erfolgreicher Durchsetzung eines Minderungsverlangens nach § 441 BGB muss die Leistung des Dritten für die Provision im Umfang der Reduktion der Gegenleistung als nicht erbracht behandelt werden. Bloße Mangelfolgeschäden aus der geschehenen Schlechtlieferung des Dritten, wenn sie später auftreten und geltend gemacht werden, berühren den Provisionsanspruch jedoch nicht (der Unternehmer kann die gezahlte Provision als Teil seines Schadens liquidieren). Wie ausgeführt muss der Unternehmer aber vertragsgemäß, und damit zum vertrag- 53 lich vorgesehenen Zeitpunkt, erfüllen. Nimmt er keine solche Erfüllung vor, schuldet er gem. Abs. 3 die Provision, und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem er gegenüber dem Dritten hätte erfüllen müssen. Weiter ist der Unternehmer gem. §§ 162, 242 BGB so zu behandeln, als habe er vertrags- und damit zeitgemäß erfüllt, mit der Folge der Provisionsberechtigung des HV.

II. § 87a Abs. 3: Nichtausführung durch den Unternehmer 54

1. Verhältnis zu Abs. 2. Zum Verhältnis zu Abs. 2 siehe Rn 40 f.

2. Zweck. Störungen in der Abwicklung des Geschäfts bergen Risiken für den Unter- 55 nehmer, wenn es nicht gelingt, sie durch Schadensersatzansprüche oder durch Eintritt von außenstehender Seite abzufangen. Der Gesetzgeber hatte zu entscheiden, inwieweit an solchen Risiken der HV für seine Provision zu beteiligen sei. Dabei ergibt sich, dass die Kopplung der positiven und negativen Provisionschancen mit den allgemeinen Unternehmerchancen hier, wo die Vermittlungsbemühungen des HV ihren Erfolg in dem Abschluss des Geschäfts gefunden haben, nicht mehr in gleichem Maße gerechtfertigt ist. Der Provisionsanspruch ist bereits bedingt, auch weil der HV die Ausführung des Kundengeschäfts nicht erzwingen kann189. Er kann in seinem Fortbestand nicht mehr mit allen Risiken aus der Durchführung des Geschäfts belastet bleiben, nur weil es die Risiken des Unternehmers sind. Liegen sie in der generell beherrschbaren Sphäre des Unternehmers, geht das Risiko des Provisions-Zahlen-Müssens auf ihn über. Der Unternehmer 189

OLG Koblenz BB 1973, 866 (867); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 16.

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ist aus dem zwischen ihm und dem Kunden geschlossenen Geschäft gegenüber dem Kunden zur Ausführung verpflichtet. Gegenüber dem HV besteht eine solche Verpflichtung nicht190, die Ausführung oder Nichtausführung unterfällt im Grundsatz seiner Dispositionsfreiheit. Der Unternehmer kann das Geschäft deshalb entweder ganz unausgeführt lassen, nur zum Teil ausführen oder anders ausführen, als es abgeschlossen wurde. Die Folgen dieses Verhaltens sind für den HV (auf das einzelne Geschäft bezogen) grundsätzlich irrelevant. Denn in allen drei Fällen der Nicht-, Teil- oder Andersausführung durch den Unternehmer bleibt das Provisionsrecht des Vertreters erhalten191. Der HV hat die wesentliche Nicht-, Teil- oder Andersausführung des Unternehmers nicht zu verantworten, so dass ihm sein Provisionsanspruch erhalten bleiben soll. In die zugunsten des HV entstandene Provisionsanwartschaft darf der Unternehmer nur unter den Voraussetzungen des Abs. 3 S. 2 eingreifen192. Nachträgliche abweichende Vereinbarungen zwischen Unternehmer und Dritten berühren den Provisionsanspruch des HV193 ebenso wenig wie nach § 162 BGB, dessen Rechtsgedanken Abs. 3 ausdrückt194. Gleichfalls ist unerheblich, ob nach Abschluss des Kundenvertrags der Provisionssatz geändert worden ist195. Steht der Kundenvertrag von vornherein unter einem Änderungsvorbehalt, liegt keine von Abs. 3 erfasste nachträgliche Änderung vor196. Der HV muss dann die Ausübung der Änderungsoption durch den Kunden akzeptieren und darf keine Provision nach der vom Kunden nicht gewählten Alternative fordern. Damit der HV die Provisionsabrechnung prüfen kann, sind die Gründe der Nichtausführung im Buchauszug nach § 87c Abs. 2 mitzuteilen. Der Dispositionsfreiheit des Unternehmers, soweit sie sich in der Freiheit seiner Reak56 tion auf Leistungsstörungen von Seiten des Dritten äußert, kann nach Abschluss des durch den HV geworbenen Vertrages mit dem Dritten – anders als bei der Entschließung über Annahme oder Ablehnung des Geschäftsabschlusses oder über Produktionseinstellung und Betriebsstilllegung (§ 86a Rn 60) – ein Einfluss auf das Schicksal des Provisionsanspruchs nur mehr begrenzt zugebilligt werden. Jetzt entscheidet nicht mehr die zum Schadensersatz aus § 280 BGB leitende „willkürliche“, „schikanöse“ oder „unsachliche“ Disposition, sondern allein Abs. 3 über die Provision. Im Verhältnis zum HV engt der Entschließungsspielraum des Unternehmers sich ein auf das, was er angesichts der Leistungsstörung als ihm nicht mehr zumutbar ablehnen darf 197. Wenngleich es meist keine gegenüber dem HV bestehende Pflicht des Unternehmers zur Ausführung des Kundengeschäftes gibt, hätte sich der Rechtsgedanke des Abs. 3 auch aus §§ 162, 280 BGB entwickeln lassen. Canaris198 will dem HV nach dem Rechtsgedanken des Abs. 3 Provision auch im Falle der vom Unternehmer zu vertretenden Unwirksamkeit des Vertrages zubilligen. Nach h.M. folgt dies aus den Grundsätzen des faktischen Vertrages (§ 84 Rn 90 ff).

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3. Die Regelungssystematik. Gemäß § 87a Abs. 3 hat der HV auch dann Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise 190 191 192 193

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OLG Koblenz BB 1973, 866; Hopt § 87a Rn 20. Hopt § 87a Rn 20. OLG Celle NJW 1972, 879; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 3; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 16; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 3; Schröder § 87a Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 18, 22; aA Hopt § 87a Rn 20. Siehe dazu die (leicht verkürzende) Formel des BGH NJW 1972, 629 (636). Canaris § 17 Rn 57.

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nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Dies ist die Grundregel oder der Regelfall. Eine Ausnahme von dieser Grundregel bildet § 87a Abs. 3 S. 2. Danach entfällt ausnahmsweise der Anspruch im Falle der Nichtausführung durch den Unternehmer, wenn und soweit sie auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Hier manifestiert sich besonders augenfällig der Grundsatz, dass Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Unternehmers nicht zum Entfallen des Provisionsanspruches führen. Bei der Nichtausführung durch den Unternehmer besteht aber eine Vermutung dafür, dass sie aus von dem Unternehmer zu verantwortenden Gründen geschieht. Die Sätze 1 und 2 des § 87a Abs. 3 begründen ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. 58 Grundsätzlich bleibt die Provisionspflicht des Unternehmers im Falle der Nichtausführung des Geschäftes durch den Unternehmer bestehen, es sei denn, jene Nichtausführung beruht auf Umständen, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Greift der Regelfall ein, hat der HV einen unentziehbaren199 Anspruch auf Provision. Gemeint ist die vertragsgemäß bedungene Provision, bei Fehlen einer solchen die Provision, deren Höhe nach § 87b bestimmt wird. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis und dem Grundsatz der Beweislastverteilung nach Gefahrenssphären ergibt sich auch die Verteilung der Beweislast: Die Ausnahme des § 87a Abs. 3 S. 2 – Entfallen des Provisionsanspruchs – hat der Unternehmer darzulegen und zu beweisen. Dieser Beweis ist regelmäßig schwer zu führen. 4. Der Regelfall des Abs. 3 S. 1. Der Ausführung des Geschäfts durch den Unterneh- 59 mer – Fall des Abs. 1 S. 1 – soll nach Abs. 3 S. 1 die Tatsache der Nichtausführung durch den Unternehmer gleichstehen; genauer: die ganze oder teilweise Nichtausführung des Geschäfts oder seine Nicht-so-Ausführung, wie es abgeschlossen worden ist. Der Zeitpunkt der vom Vertrag abweichenden Ausführung ist im Grundsatz irrelevant; logischerweise muss er nach Vermittlung und Abschluss des Kundengeschäftes liegen und – da der HV sonst keine Provision verdient haben kann – auch nach Beginn des HV-Vertrages (sonst wäre der Anwendungsbereich der §§ 84 ff nicht eröffnet). Eine Analogie ist in vergleichbaren Situationen denkbar. Aber die Andersausführung kann sogar nach Beendigung des HV-Vertrages liegen und etwa Überhangprovisionen betreffen200. Gerade nach Beendigung des HV-Vertrages mögen solche Unregelmäßigkeiten nahe liegen201. Die „Nicht-so-Ausführung“, d.h. die nicht vertragsgemäße Ausführung, ist ein Unterfall („Minus“) der Nichtausführung, was wegen der fehlenden Nennung der nicht vertragsgemäßen Ausführung in S. 2 bedeutend ist. Der HV soll seiner Anwartschaft auf die durch den Abschluss verdiente Provision nicht dadurch verlustig gehen, dass die Ausführung in der Sphäre des Unternehmers unterbleibt. Gesetzgeberisch ist damit ein Negativum zur Auffangbedingung für das Unbedingt-werden des Provisionsanspruchs202 erhoben; der Eintritt dieser Auffangbedingung ist in die Form gekleidet, dass „feststehen“ muss, der Unternehmer werde nicht (nicht „so“) ausführen. Die Gründe für die nicht vertragsgerechte Leistung des Unternehmers sind für Abs. 3 S. 1 unerheblich203,

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BGHZ 33, 92 (95); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 16. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07,

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NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. BGH MDR 1961, 312. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 19; Hopt § 87a Rn 21; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 41; Schröder § 87a Rn 31.

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etwa wegen „Rücknahme“ (= Storno) des Angebotes des Dritten, einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung204, mangelnder Wirtschaftlichkeit des Geschäfts205, Insolvenz des Unternehmers206 oder weil sich der Dritte nicht vertragskonform verhält und der Unternehmer deshalb berechtigt vertragliche oder gesetzliche Gestaltungsrechte ausübt. Diese Gründe gewinnen erst für Abs. 3 S. 2 als zweiten Prüfungsschritt Bedeutung. Für Abs. 3 S. 1 als ersten, vorrangigen Prüfungsschritt kommt es lediglich auf die nicht vertragsgemäße Ausführung des Kundengeschäfts auf der Grundlage des ursprünglich vereinbarten Vertragsinhalts an207. Dabei ist das vertraglich Intendierte (der Vertragsinhalt) mit dem abgewickelten Vertrag zu vergleichen. Obwohl auch die Ausübung vertraglicher Gestaltungs- oder Gewährleistungsrechte Teil des abgeschlossenen Geschäfts sind, müssen sie bei der Prüfung des Inhalts eines „Abschlusses“ (der Vertragskonformität) ausgeblendet werden. Anderenfalls würde man zu dem Zirkelschluss gelangen, dass bei Ausübung solcher Rechte durch den Kunden, etwa wegen eines Fehlers der Ware, der Provisionsanspruch nicht nach Abs. 3 bestände sondern nach Abs. 2 entfiele, weil z.B. der Rücktritt des Kunden keine Nichtausführung entgegen dem abgeschlossenen Vertrag bildete.

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5. Ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist = Nicht- oder Andersausführung. Sie setzt voraus, dass das Geschäft überhaupt wirksam ist und der Unternehmer dem Dritten gegenüber verpflichtet ist208. Im Einzelnen:

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a) Erster Unterfall: Die Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … ausführt“). Wie sich aus dem systematischen Ort der Bestimmung ergibt, hat sie unmittelbare Bedeutung für den Fall, dass das Unbedingt-werden des Provisionsanspruchs auf die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer gestellt ist und gerade von ihr abhängt (Abs. 1 S. 1; weil er vorleistungspflichtig ist). Weit bedeutsamer aber ist die mittelbare Verknüpfung, die dort sichtbar wird, wo der Dritte gerade nicht leistet, weil der Unternehmer seinerseits nicht leisten kann oder nicht leisten will oder (bei Stornierung des Auftrags209) nicht leisten soll. Die Leistung des Dritten (= Kunden) ist in Abweichung von Abs. 1 S. 1 ganz überwiegend vertraglich vorgeschriebene Bedingung für das Entstehen des Provisionsanspruchs. Steht die Nichtleistung des Dritten fest, so würde damit die Bedingung endgültig ausgefallen sein. Hier nun gelangt die Auffangfunktion des Abs. 3 S. 1 zur Wirkung. Die Nichtleistung des Dritten, wenn und weil der Unternehmer nicht leistet, ist provisionsrechtlich unschädlich. Ob die Nichtleistung des Dritten auf einer Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) oder einem Rücktritt nach § 323 BGB beruht, ist gleichgültig. Der Unternehmer kann dem eine Provision beanspruchenden HV die Nichtleistung des Dritten nicht entgegenhalten, falls sie darauf beruht, dass der Unternehmer nicht vertragsgemäß leistet.

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BGH HVR (56) Nr. 119; Grund: Keine Einigung zu Lasten des HV; vgl. Hopt § 87a Rn 21. LG Bielefeld HVR (58) Nr. 178; sogar eigene Vertragsuntreue des Unternehmers, Hopt § 87a Rn 21. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = BB 2008, 1030 m. Anm.

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Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); RGZ 63, 69 ff. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 19. Hopt § 87a Rn 21. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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Daraus ergibt sich, dass es zu Lasten des HV geht, wenn die Leistung des Dritten aus 62 Gründen, unterbleibt, die mit der Nichtleistung oder der Nicht-so-Leistung des Unternehmers nichts zu tun haben: in diesem Falle kann ihm auch Abs. 3 S. 1 nicht zur Provision verhelfen. Erbringt der vorleistungspflichtige Unternehmer seine Leistung nicht und wäre das Unbedingt-werden des Provisionsanspruchs durch unternehmerseitige Ausführung des Geschäfts vertraglich abbedungen, so kann der HV die Provision gleichwohl nicht beanspruchen, sofern feststeht, dass auch der Dritte ganz unabhängig hiervon seine Leistung nicht erbracht haben würde, etwa weil er vor Fälligkeit derselben in Vermögensverfall geriet. Beweispflichtig hierfür wäre allerdings der Unternehmer, wie sich aus Abs. 3 S. 2 und aus den Beweisgrundsätzen zur alternativen bzw. hypothetischen Kausalität ergibt. Hat dagegen der vorleistungspflichtige Dritte (Kunde) seine Leistung erbracht, ob- 63 wohl feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft nicht ausführen wird, etwa weil der Dritte bereits die Gefahr der zufälligen Unmöglichkeit der Unternehmerleistung zu tragen hatte, so bedarf es des Rückgriffs auf Abs. 3 S. 1 nicht. Der Provisionsanspruch ist bereits zum unbedingten, zwingend und spätestens mit der Leistung des Dritten erstarkt. Hätte der Dritte nach eigener Vorleistung wegen ausgebliebener Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Rücktrittsrechte und macht er von ihnen Gebrauch, so steht damit zwar seine Nichtleistung fest, aber zugunsten des HV greift Abs. 3 S. 1 ein. b) Zweiter Unterfall: Die nicht vertragsgemäße Erfüllung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … so ausführt“). Sie ist entweder eine mangelhafte (einschließlich der aliud-Lieferung), eine teilweise oder eine verspätete. Erforderlich ist immer, dass deshalb der Kunde nicht wie vertraglich vorgesehen leistet und infolgedessen der HV ohne Abs. 3 einen Provisionsnachteil erleiden würde (weil sonst ein Provisionsrecht nach Abs. 1 S. 3 entstehen würde). Leistet der Unternehmer ein Surrogat 210, akzeptiert der Dritte dies und fehlt deshalb ein Provisionsnachteil des HV, entsteht die Provision nach Abs. 1, 2 und auf Abs. 3 kommt es nicht an. Was vertragsgemäß ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des Vertrages. Denn mit der Ausrichtung auf ihn ist der Provisionsanspruch bedingt entstanden. Spätere Änderungen können die Provisionsberechtigung des HV nicht verschlechtern, es sei denn, er hat sich damit einverstanden erklärt211. Wird die mangelhafte Lieferung vom Dritten von vornherein zurückgewiesen, so ist der Fall, dass damit die nicht vertragsgemäße Leistung „feststeht“ (Rn 72) nur gegeben, wenn die ordnungsgemäße Leistung nicht mehr möglich ist, etwa: bei Gattungsware wegen Untergangs des Restes der Gattung und gleichzeitiger Nichtbehebbarkeit des Mangels der angebotenen Lieferung; bei Spezieslieferung wegen Nichtbehebbarkeit des Mangels des angebotenen Gegenstandes; in beiden Fällen auch wegen nachträglichen finanziellen Leistungsunvermögens des Unternehmers, den Mangel zu beheben und damit eine vertragsgerechte Lieferung nachzuholen. Sonst aber muss grundsätzlich abgewartet werden, ob es noch zu einer mangelfreien Lieferung kommt; wenn ja, gelten die Grundsätze über verspätete Lieferung (s.u., Rn 68). Hat der Dritte die mangelhafte Leistung zunächst entgegengenommen, verlangt er aber Rücktritt, so hat der Unternehmer das Geschäft zwar „ausgeführt“. Aber auf Grund des Rücktritts wird sein Erfüllungshandeln in den Stand der Nichterfüllung zurückversetzt. Verlangt der Dritte Minderung, so ist es für die Provision so anzusehen, als habe der Unternehmer teilweise erfüllt: für den erfüllten Teil (und den ihm entspre210

Vgl. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17.

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Schröder § 87a Rn 30.

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chenden, dem Unternehmer verbleibenden Teil der Gegenleistung des Dritten) ist der Provisionsanspruch schon nach Abs. 1 S. 1, 3 gegeben, und im Ausmaß der Reduzierung des Kaufpreises nach Abs. 3 S. 1; der HV erhält seine Provision zum vollen Betrag. – Verlangt der Dritte Schadensersatz im Wege der Differenzrechnung, ist die Leistung des Unternehmers nur noch Rechnungsposten in der Schadensrechnung; sie wird nicht mehr erbracht und wird als nicht erbringungsfähig behandelt. Das ist dann der Fall der 1. Alt. Der HV hat ein volles Provisionsrecht. Anders liegt es, wenn der Unternehmer das Geschäft verspätet ausführt. Sieht man 68 von den Fällen des Fixgeschäfts ab (früher: § 361 BGB, § 376), bei denen die nicht termingerechte Erfüllung Nichterfüllung bedeutet und deshalb der Dritte ohne weiteres zurücktreten kann, so wird (und muss) der Dritte – sofern er nicht inzwischen den Mechanismus des § 323 BGB in Gang gesetzt hat – die wenngleich verspätete Leistung annehmen und ist auf die Geltendmachung des Verspätungsschadens beschränkt. Die aus Abs. 3 S. 1 sich provisionsrechtlich ergebende Folge ist die, dass der Provisionsanspruch in dem Augenblick zum unbedingten erstarkt ist, in welchem der Unternehmer das Geschäft hätte vertragsgemäß, d.h. termingerecht ausführen müssen. Ob der Dritte die Verspätung hinnimmt, ohne Ansprüche hieraus herzuleiten (vielleicht hat er keinen spezifischen Verspätungsschaden), spielt keine Rolle. Dass die Provision schon in dem Zeitpunkt unbedingt und damit liquidierbar wird, in welchem der Unternehmer termingemäß hätte ausführen müssen, hat Bedeutung für die Fälligkeit (Abs. 4) und über die Fälligkeit auch für eine etwaige Verzinsung (§§ 353, 354 Abs. 2, gegebenenfalls Verzugszins nach BGB). Beiden Fallgruppen ist Folgendes gemeinsam: Trifft die mangelhafte oder verspätete 69 Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer auf einen Dritten, der unabhängig hiervon ohnedies nicht geleistet haben würde, so nützt auch Abs. 3 S. 1 dem HV nichts. Es bewendet bei Abs. 2; der Anspruch auf Provision ist hinfällig. Hierfür ist der Unternehmer beweispflichtig.

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c) Beispiele für eine zum Provisionsrecht des HV führende Nicht- oder Falschausführung. – Die Leistung des Unternehmers ist objektiv unmöglich212 – Sie erfolgt vorzeitig213, andersartig214, unvollständig215, mangelhaft216 oder verspätet217 und der Kunde leistet aus diesem Grunde nicht oder teilweise – Es liegt eine zwischen Unternehmer und Kunden nachträglich getroffene Abrede vor, wonach die Kundenzahlung auf andere Forderungen des Unternehmers verrechnet werden soll218 (aber dann dürfte Abs. 1 S. 3 eingreifen) – Ein vermitteltes Dauerschuldverhältnis wird vorzeitig beendet219 – Der Unternehmer weigert sich auszuführen und der Kunde fügt sich dem und tritt deswegen vom Geschäft zurück220

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Hopt § 87a Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17. BGHZ 33, 95; BGH WM 1998, 723; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 21.

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OLG Nürnberg BB 1963, 1313 (Verrechnung auf die Kosten einer vom Dritten zusätzlich übernommenen Montage des Kaufgegenstandes; anders bei Verrechnung auf die Kosten der Teilfinanzierung des Kaufpreises). Hopt § 87b Rn 16. Hopt § 87a Rn 22.

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– Der Unternehmer wird insolvent221 – Der Dritte übt einen vorbehaltenen Rücktritt aus oder kondiziert bei Eintritt einer auflösender Bedingung – Der Unternehmer muss zufolge Anfechtung des Geschäfts in der Insolvenz des Dritten das von jenem Geleistete wieder herausgeben – Der Unternehmer erlässt die Forderung, etwa aus „Kulanz“, obwohl sie durchsetzbar gewesen wäre222 – Das Geschäft wird storniert223 – Der Unternehmer übt ein Gestaltungsrecht aus, etwa ein Kündigungsrecht224. d) Konkurrierender Schadenersatzanspruch. Auch wenn der Unternehmer aus dem 71 konkreten Geschäft nur seinem Kunden verpflichtet ist, kann die Nichtausführung eine Pflichtverletzung gegenüber dem HV darstellen. Zwar ist gerade vor dem Hintergrund des § 87a Abs. 3 S. 1 insoweit dem Unternehmer ein weites Ermessen zugebilligt, weil der HV durch die Nichtausführung regelmäßig keinen wirtschaftlichen Schaden erleidet. Zumindest dann, wenn es für die Nichtausführung des Geschäfts aus der Warte eines objektiven Dritten keine nachvollziehbaren Gründe gibt, konkurriert mit dem Provisionsanspruch aus Abs. 3 ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB225, der bedeutsam wird, falls ein über das Provisionsinteresse hinausgehender Schaden existiert. Es lässt sich sogar diskutieren, ob nicht in jeder zu vertretenden Nichtausführung eine solche Pflichtverletzung liegt, oder ob Abs. 3 insoweit eine abschließende Spezialregel bildet und außerhalb ihrer Rechtsfolge das Dispositionsrecht des Unternehmers weitergehende Ersatzansprüche ausschließt. Ein über das Provisionsinteresse liegender Schaden kann etwa in entgangenen Geschäften der Zukunft liegen, falls eine laufende Geschäftsbeziehung durch die Nichtausführung des Unternehmers unterbrochen oder verhindert wird, insb. wenn der Unternehmer in einer Vielzahl von Fällen Kundenverträge aufhebt und der HV hierdurch der Kundenbeziehungen verlustig geht. Der Schadensersatzanspruch existiert nicht nur bei entsprechender Vereinbarung oder sittenwidriger Schädigung226. Beweispflichtig für alle Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs ist der HV. e) Feststeht. Es muss objektiv227 feststehen, dass eine vollständige oder teilweise Nicht- 72 ausführung wider die vertraglichen Bestimmungen vorliegt. Die subjektive Einschätzung des HV, eine hohe Wahrscheinlichkeit oder die Erfüllungsverweigerung des Unternehmers genügen nicht228. Dies kennzeichnet die Beweislast und bestimmt zugleich den

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BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25; Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); RGZ 63, 69 ff. BGH MDR 1963, 312 zum alten Recht. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 19.

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OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; aA OLG Koblenz BB 1973, 866; Hopt § 87a Rn 2. Der Schadenersatzanspruch ist allerdings meist überflüssig, weil das Provisionsrecht nicht entfällt. So aber Hopt § 87a Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 18; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 46.

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Zeitpunkt der Fälligkeit. Der HV muss die Nichtausführung entgegen den vertraglichen Bestimmungen beweisen, was hier hervorgehoben wird. Da die materielle Beweislast gekennzeichnet wird, bedarf es keiner gerichtlichen Feststellung229, etwa mittels eines (Zwischen)Feststellungsurteils. Zur Beweislast i.E. s.u., Rn 124 f. Spätestens im Moment des Feststehens tritt, wie der Wortlaut des Abs. 3 S. 1 zeigt, auch die Fälligkeit ein230, wahrscheinlich bereits zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Unternehmer vertragsgemäß hätte leisten müssen231. Denn der Unternehmer soll durch die Andersausführung, die aus seiner Sphäre herrührt, keine Vorteile gewinnen, auch nicht beim Fälligkeitszeitpunkt. Entscheidend ist der ausbleibende Leistungserfolg, nicht die Leistungshandlung des Unternehmers232.

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6. Ausnahme: § 87a Abs. 3 S. 2: Keine Provision bei Nichtvertretenmüssen des Unternehmers. Die Handelsrechtsnovelle 1989 brachte die Einführung des § 87a Abs. 3 S. 2. Der Provisionsanspruch entfällt ausnahmsweise, wenn und soweit die Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Im Zweifel bleibt also das Provisionsrecht des HV bestehen233. Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Ausführung sind seit der Novelle 1989 nicht mehr entscheidend. Betrifft die Nichtausführung nur einen Teil des Geschäfts, bleibt ein anteiliger Provisionsanspruch erhalten („soweit“)234. Ausreichend ist auch hier, dass der Unternehmer das Geschäft tatsächlich nicht aus74 führt. Es ist also keine Unmöglichkeit iSd § 275 BGB235 oder Unzumutbarkeit der Ausführung des Geschäfts für den Unternehmer erforderlich236. Nach dem Wortlaut des Abs. 3 (ebenso Art. 11 Abs. 1 RL) scheint S. 2 im Gegensatz zu S. 1 nur bei der Nichtausführung und nicht bei nicht vertragsgemäßer Ausführung möglich zu sein237. Unter die Nichtausführung fällt jedoch auch die nicht vertragsgemäße Ausführung als Unterfall der Nichtausführung, so dass der Regelungsgehalt des S. 2 den des S. 2 spiegelt238. Es wäre a maiore ad minus nicht einzusehen, warum im schwerwiegenden Fall des totalen Vertragsbruchs, der Nichtausführung, der Entlastungsbeweis zulässig sein soll, nicht jedoch im Fall des bloßen „nicht so Ausführens“ als schlechtestenfalls partiellen Vertragsbruchs. Entscheidend ist allein das Nichtvertretenmüssen des Unternehmers. Ein Vertreten75 Müssen iSd § 87a Abs. 3 S. 2 setzt kein persönliches Verschulden voraus. Es kommt deshalb nicht immer – was allerdings regelmäßig genügt – auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit239 des Unternehmers oder seiner Erfüllungsgehilfen (§§ 276, 278 BGB) an240 oder Einstehenmüssen bei Gattungsschuld (§ 279 BGB). Vielmehr genügt wie im gesamten Handelsrecht (worauf es angesichts der europarechtlichen Präformation in Art. 11 Abs. 1 RL allerdings nicht ankommt; der Begriff ist europarechtskonform auszulegen241) Einstehen-

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17. So Schröder § 87a Rn 30. BGH VersR 1983, 371 (372). Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 23. Hopt § 87a Rn 24. Hopt § 87a Rn 25. Hopt § 87a Rn 25. So auch Hopt § 87a Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 22; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 51. Fahrlässigkeit genügt, s. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1481. Canaris § 17 Rn 69.

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müssen für zurechenbare Risiken im Lichte des vertraglich Versprochenen242. Mit Vertretenmüssen ist alles gemeint, was in die unternehmerische oder betriebliche Risikosphäre des Unternehmers fällt243. Maßgeblich ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände244. Die Praxis ist mit Recht streng: der Tätigkeit des HV, die zum Abschluss des Geschäfts geführt hat, entspricht die ungeminderte Einstandspflicht des Unternehmers für seine Sphäre, wenn es um die Ausführung geht. Nichtvertretenmüssen kommt in erster Linie bei solchen Umständen oder Verhaltensweisen in Betracht, die auf Zufall245, höherer Gewalt oder ausschließlich dem vom Unternehmer nicht zu beeinflussenden Risikobereich des Kunden beruhen246. Deshalb entlastet den Unternehmer auch eine fehlerhafte rechtliche Beratung nicht. Er muss ggf. Schadenersatz beim Berater suchen. Der Unternehmer hat z.B. folgende Risiken zu vertreten: 76 – Abspringen des Kunden wegen Lieferversäumnis des Unternehmers247 – nachträgliche Änderung, Rückgängigmachung, inhaltliche Änderung oder Aufhebung des Vertrages248 – Arbeitskräftemangel249 – Auflösung oder Änderung des Kundengeschäftes wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, soweit der Grund aus der Sphäre des Unternehmers stammt250 – unterbliebene Ausführung des Vertrages, weil der Unternehmer bei dem Geschäft wegen irriger Kalkulation oder wegen inzwischen veränderter Marktlage seine Rechnung nicht mehr findet251. Das Gleiche gilt bei Unterlassen der Ausführung des Geschäfts infolge Einstellung des Betriebes oder der Produktion252. Der Provisionsanspruch bleibt insbesondere erhalten, falls der Unternehmer den Betrieb aufgibt, nachdem er in der Erfüllung gegenüber dem leistungsbereiten Kunden säumig geworden war und das wiederholte Drängen des HV unbeachtet gelassen hatte253 – Falls der Unternehmer die ihm zumutbare gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs gegen den Kunden unterlässt (dazu oben, Rn 47), außer es handelt sich um die Erstprämie in der Lebensversicherung (wegen § 37 Abs. 1 VVG)254; anders in der Sachver242

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BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Holling DB 1960, 79; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 23; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 53. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1481; Schröder § 87a Rn 37; BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25: Einstehenmüssen für „übernommenes Risiko“. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 23; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 53. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 23. BGH BB 1961, 147. OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 356; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 18, 41; Schröder § 87a Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 27; Hopt § 87a Rn 26. Canaris § 17 Rn 69. OLG Dresden OLGE 22, 1; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6. LAG Düsseldorf BB 1960, 1075; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 28; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene§ 87a Rn 41, 54; aA LAG Stuttgart BB 1950, 674 = NJW 1951, 374 m. Anm. Reinicke. LAG Stuttgart DB 1964, 1379. BAG NJW 1968, 518; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; OLG Karlsruhe VersR 1982, 267; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160); Fleischmann VersR 1957, 9; Sundermann BB 1958, 542 (544, 546); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 29; aA Hans BB 1957, 1060 (1061); BB 1958, 544 (546).

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sicherung255. Es geht zwar streng genommen nicht um einen Fall des Abs. 3, weil die vom Unternehmer unterlassene gerichtliche Durchsetzung der Gegenleistung nicht zur Vertragsausführung zählt. Die Konstellation wird aber – auch hinsichtlich der Beweislastverteilung – analog Abs. 3 behandelt. Wird eine Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt, bestimmt § 39 VVG, welche Maßnahmen ein Versicherer zu treffen hat. Es genügt nach Ansicht von Mecklenbrauck in einem Provisionsstreit mit dem VV, wenn der Versicherer nachweist, dass er die in § 39 VVG vorgesehenen Maßnahmen ergriffen hat256 Verschulden von Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB) Fehlerhafte Kalkulation257 Hinnahme des vertragswidrigen Abspringens von Kunden ohne übliche, aussichtsreiche und zumutbare Maßnahmen zur Durchsetzung des Anspruchs258 Insolvenz des Unternehmers259 (dazu Rn 86 ff), insbesondere als Hauptvertreter gegenüber dem Untervertreter260. Kampf 261 will § 87a Abs. 3 S. 2 im Falle der Erfüllungsbereitschaft, jedoch faktischer Erfüllungsunmöglichkeit analog anwenden. Denn die unmittelbare Anwendung setze voraus, dass der InsV die volle Rechtsmacht zur Erfüllung des Geschäfts habe. Das dürfte abzulehnen sein. Die Norm gilt auch gegenüber dem InsV Kündigung des Kunden durch den Unternehmer nach § 649 BGB262 Eigene Leistungsunfähigkeit263 Lieferschwierigkeiten des Vorlieferanten264, insb. Probleme des Bezugs und Transports der Rohstoffe265. Der Unternehmer, der Grund hat, an der Leistungsfähigkeit seines Lieferanten zu zweifeln, muss sich über die Warenmenge, auf die er rechnen kann, Gewissheit verschaffen; konnte er nicht mit ausreichender Sicherheit auf die Beschaffung z.B. der zu verkaufenden Ware rechnen, so durfte er dem HV keine Verkaufsaufträge erteilen, und dieser hat aus den vermittelten Geschäften die volle Provision zu beanspruchen266. Ganz allgemein hat der Unternehmer es zu vertreten, sofern Schwierigkeiten in der Rohstoffbeschaffung, betriebliche Überlastung oder Lieferschwierigkeiten bei den Vorlieferanten auftreten und daraufhin die Ausführung des Geschäfts unterbleibt267; erst recht, wenn eine Überlastung der eigenen Kapazitäten den Grund hierfür abgibt268

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OLG Frankfurt VersR 1986, 462; Hopt § 87a Rn 29. Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160). Hopt § 87a Rn 26. Hopt § 87a Rn 26. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 23; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54; aA RGZ 63, 71 bei „schuldloser“ Insolvenz. Aber wie Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 53 zutreffend ausführt kommt es bei der Verschuldensprüfung auf die Nichtausführung und nicht die Insolvenz an.

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BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde). Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 51. OLG Koblenz DB 1994, 208. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 28. BGH DB 1959, 940. Eberstein 9. Aufl., S. 94 („Garantiehaftung“); Hopt § 87a Rn 26. BGH DB 1959, 940; LAG Bremen DB 1960, 1212. BGH DB 1959, 940; LAG Düsseldorf DB 1960, 813. LAG Bremen DB 1960, 1212.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

– Nachbearbeitung: Wenn der Unternehmer von der Beendigung bedrohte Dauerschuldverhältnisse269, insb. Versicherungsverträge270, nicht hinreichend nachbearbeitet, d.h. sich um ihre Durchführung und Aufrechterhaltung kümmert, sofern deren Bestand gefährdet ist (zu Versicherungsvertretern § 92 Rn 13 ff). Stornierungen sind folglich nur dann nicht durch den Unternehmer zu vertreten, wenn er auflösungsgefährdete Verträge im Rahmen des Zumutbaren mit dem Ziel der Vertragsfortführung so nachbearbeitet, dass die Versicherungsnehmer ernstlich und nachdrücklich zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten angehalten wurden271. Voraussetzung ist die Verkehrsüblichkeit der Nachbearbeitung. Mahnschreiben des Unternehmers an die Kunden bilden keine ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahme272, ebenso wenig bloße Besuchsaufträge ohne Nennung des Grundes273 (erst recht wenn sie ohne vertragliche Verpflichtung zum Abruf in das EDV-Berichtssystem eingestellt werden274). Vielmehr hat nach den Umständen des Einzelfalles meist eine persönliche275 oder telefonische Kontaktaufnahme mit nachdrücklichem Hinweis auf die negativen Folgen einer Vertragsbeendigung zu erfolgen276. Eine Kombination von Mahn-, Erinnerungs- und Kündigungsschreiben soll aber ausreichen277. Art und Umfang der Nachbearbeitung bestimmen sich letztlich nach der Verkehrssitte sowie den Umständen des Einzelfalls278. Der Unternehmer darf entweder eigene geeignete Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen279 oder sich darauf beschränken, dem HV durch eine an ihn gerichtete Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten280.

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 26. BGH DB 1983, 2136; OLG Frankfurt DB 1983, 1591; VersR 1986, 461; Knorn BB 1975, 111; Platz VersR 1985, 621; der Vertreter erhält durch den Unternehmer zum Zwecke der Nachbearbeitung Stornogefahrenmitteilung; OLG Köln NJW 1978, 327; OLG Schleswig MDR 1984, 760. BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 22 (zum VV); BAG VersR 1968, 166 (169); OLG Köln VersR 1976, 87. BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 22 (zum VV); BAG NJW 1968, 520; OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; OLG Karlsruhe VersR 1989, 511 (512); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.02.2007 – I-16 W 70/06 Rn 12; Ebenroth/Löwisch § 92 Rn 22; Hopt § 87a Rn 27; vgl. auch BGH, Urt. v. 25.05.2005 – VIII ZR 237/04 Rn 17; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 92 Rn 28 ff; aA OLG Frankfurt BB 1977, 1170 (1171), DB 1983, 1592, VersR 1978, 326 (327); VersR 1991, 1135; OLG Schleswig MDR 1984, 760 für den Fall wiederholter Mahnungen und Kündigungsandrohungen. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582.

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OLG Brandenburg, Urt. v. 07.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; a.A. OLG Schleswig, Urt. v. 24.04.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; offen gelassen von BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 22 (zum VV). OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71. OLG Schleswig, Urt. v. 24.04.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; LG Hildesheim VersR 1980, 331. BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 15 (zum VV); Urt. v. 25.05.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078 = DB 2005, 1961 = WM 2005, 1487 = NJW-RR 2005, 1196; VersR 1988, 490; 1983, 371; OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Krämer VersR 2010, 627. Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160). BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 15 (zum VV); Urt. v. 25.05.2005 – VIII ZR 279/04, NJWRR 2005, 1196 unter II 4, VIII ZR 237/04 Rn 14; OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Hopt § 87a Rn 27; Thume in: Röhricht/ Graf von Westphalen § 92 Rn 9–11; Sonnenschein/Weitemeyer in: Heymann § 92 Rn 16.

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§ 87a

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Dieses Wahlrecht des Unternehmers gilt auch bei beendeten HV-Verträgen281. Die Nachbearbeitung kann also durch Versendung von Stornogefahrmitteilungen an den HV ersetzt werden282, wie es insb. im Versicherungsvertrieb geschieht283. Ergreift der Unternehmer nach Beendigung des HV-Vertrages selbst geeignete Maßnahmen zur Stornoabwehr, braucht er keine Stornogefahrmitteilungen zu versenden284. Die Stornogefahrmitteilung informiert den HV über die drohende Gefährdung seines Provisionsinteresses. Inhaltlich muss sie erkennen lassen, dass der Vertrag stornierungsgefährdet285 ist und das Tätigwerden eines vernünftigen HV herauszufordern geeignet sein. Die bloße Mitteilung über nicht gezahlte Prämien reicht dafür noch nicht aus; vielmehr muss der Vertreter diejenigen Informationen erhalten, die er aus objektiver Sicht für eine sachgerechte und erfolgreiche Nachbearbeitung benötigt286. Dazu kann – je nach den Üblichkeiten – auch die Kopie einer an den VN gerichteten Mahnung genügen287; ebenso eine Mitteilung im Rahmen der Provisionsabrechnung288, nicht jedoch bloße Besuchsaufträge ohne Nennung des Auftragsgrundes289. Da der HV mit der Vermittlung oder dem Abschluss des Vertrags seine Pflichten erfüllt hat, soll keine gesetzliche Verpflichtung des HV bestehen, die Nachbearbeitung zu übernehmen oder an ihr mitzuwirken290, sofern nicht ausnahmsweise dem HV eine solche in höherem Maß als dem Unternehmer möglich und zumutbar bleibt291. Dem ist für den nachvertraglichen Zeitraum zuzustimmen. Während der Vertragsdauer entspricht es der Interessenwahrungspflicht des HV, eine zumutbare Nachbearbeitung vorzunehmen. Denn der HV muss alles tun, um stornierungsgefährdete Verträge zu retten. Die mangelnde Nachbearbeitung ist eine Pflichtverletzung, außer bei Unwirtschaftlichkeit. Die Unwirtschaftlichkeit bestimmt sich nach den gleichen Maßstäben wie beim Unternehmer. Die Nachbearbeitungspflicht des HV darf auch vertraglich begründet werden292, derartiges widerspricht nicht Abs. 5. Eine in AGB ohne angemessene Gegenleistung vereinbarte Pflicht zur nachvertraglichen Nachbearbeitung dürfte regelmäßig unzumutbar sein und § 307 BGB widersprechen. Der HV wird sich mit einer solchen Pflicht oft in Widerspruch zu dem aus einem Nachfolgevertrag entstehenden Wettbewerbsverbot setzen, so dass sogar an eine Unwirksamkeit gem. §§ 242, 138 BGB zu denken wäre. Trifft die Pflicht oder Obliegenheit zur Nachbearbeitung einen Hauptvertreter, hat er sich ein Handeln oder Unterlassen des Hauptunternehmers nach § 278 BGB zurechnen zu las-

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BGH, Urt. v. 25.05.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078 = DB 2005, 1961 = WM 2005, 1487 = NJW-RR 2005, 1196. OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; OLG Schleswig, Urt. v. 24.04.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; vgl. Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). Siehe BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 mit zahlreichen Nachw. BGH, Urt. v. 25.05.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078 = DB 2005, 1961 = WM 2005, 1487 = NJW-RR 2005, 1196. LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194 (Arbeitsrecht). OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582.

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OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; AG Karlsruhe, Urt. v. 29.03.2009 – 9 C 126/09, VersR 2010, 626. LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. BGH VersR 1983, 371 (372); aA Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54; differenzierend Knorn BB 1975, 111. Knorn BB 1975, 111. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 26.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

sen293. Eine Nachbearbeitung wird entbehrlich, wenn der HV bereits selbst Kenntnis von der Stornogefährdung hat, was im Regelfall der Fall sein wird, wenn es sich um eigene294 oder von Familienangehörigen abgeschlossene Verträge handelt295. Nach Ausscheiden eines HV besteht keine Pflicht zur Stornogefahrmitteilung296. Dem Unternehmer ist es nicht zuzumuten, dem ausgeschiedenen HV solche Mitteilungen zukommen zu lassen. Es besteht die Gefahr, dass der HV anstelle der Nachbearbeitung des stornogefährdeten Vertrages den Kunden für seinen neuen Dienstherrn abwirbt297. Der Unternehmer müsste sonst dem HV mitteilen, bei welchen Kunden sich eine Umdeckung lohnen würde, was einer Einladung zu einem solchen Verhalten gleichkäme. Niemand muss derart gegen seine Interessen agieren. Bei geringwertigen Verträgen braucht der Unternehmer Nachbearbeitungsbemühungen nicht näher darzulegen, da ein Missbrauch weder auf der Hand liegt noch ersichtlich ist298. Genannt werden Beträge bis 30299, 50300 und 100301 EUR. Ein wirtschaftlich denkender Unternehmer würde in diesem Fall angesichts des zu erwartenden Aufwandes (etwa Hausbesuch beim Kunden) keine Nachbearbeitung vornehmen. Auch wenn ein wirtschaftlich denkender HV in der für die Nachbearbeitung benötigten Zeit mit höherer Erfolgsaussicht versuchen könnte, Neugeschäft zu vermitteln, muss der Unternehmer diese Entscheidung dem HV überlassen und ihm Stornogefahrmitteilungen senden302. Für die Versendung der Stornogefahrmitteilungen trägt der Unternehmer die Beweislast303. Den (rechtzeitigen) Zugang der Stornogefahrmitteilungen braucht er jedoch nicht zu beweisen304. Sendet er Stornogefahrmitteilungen durch die Post, so darf er grds. darauf vertrauen, dass die Postsendung ordnungsgemäß befördert wird und, wenn sie im Bundesgebiet werktags aufgegeben wird, am folgenden Werktag ausgeliefert wird305. Geht eine Stornogefahrmitteilung gleichwohl ausnahmsweise auf dem Postweg verloren, so ist dies – und damit ebenso das hierauf zurückzuführende Unterbleiben von Nach-

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OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; vgl. auch BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde). OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017; OLG Schleswig, Urt. v. 24.04.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; LG Hannover, Urt. v. 16.06.2005 – 2 U 356/04, VersR 2006, 545; Emde VersR 2001, 148 (151/152); aA LG Mainz NJW-RR 2000, 915. OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71, OLG Düsseldorf, NJW–RR 1993, 1188 (1189); OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.05.2005 – 8 U 288/04. BGH MDR 1983, 728; OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267; OLG Hamm, Urt. v. 21.01.1999 – 18 U

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109/96; LAG Stuttgart, Urt. v. 28.09.2000 – 21 Sa 23/00; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). AG Karlsruhe, Urt. v. 29.03.2009 – 9 C 126/09, VersR 2010, 626. OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. Krämer VersR 2010, 627. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Ebenroth/ Löwisch § 92 Rn 21. BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV). BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV); aA OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; OLG Hamm NJW-RR 2004, 1266 = OLGR 2004, 267; Ebenroth/Löwisch § 92 Rn 21; hierzu Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1158 f). BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV); Beschl. v. 21.10.2010 – IX ZB 73/10 Rn 15; v. 20.05.2009 – IV ZB 2/08, NJW 2009, 2379 Rn 8.

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bearbeitungsmaßnahmen des VV – ein Umstand, den der Versicherer nicht iSd § 87a Abs. 3 Sa. 2 zu vertreten hat. Auch für die Nachbearbeitung306 bleibt der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig, sofern sie gefordert und nicht durch Stornogefahrmitteilungen ersetzt wurde307. Der Unternehmer muss für jeden einzelnen Vertrag konkret darlegen und beweisen, dass er entweder rechtzeitige oder vollständige Stornogefahrmitteilungen an die HV versandt hat, damit jene eine sachgerechte Nachbearbeitung des Vertrages vornehmen und sich um dessen Rettung bemühen können, oder dass der Unternehmer selbst die ihm billigerweise zuzumutenden Maßnahmen der Nachbearbeitung veranlasst und vollständig sowie mit dem nötigen Nachdruck durchgeführt hat308. Zudem muss für jedes nicht oder nicht vollständig ausgeführte Geschäft dargelegt und bewiesen werden, dass bei erfolglos gebliebener Nachbearbeitung in der nunmehr gegebenen Situation ein klagweises Vorgehen gegen den Kunden unzumutbar war309. Dieser Beweislast genügt der Unternehmer nicht, wenn er zur näheren Begründung der von ihm durchgeführten Nacharbeit auf die von seinem beauftragten Mitarbeiter nur nachlässig ausgefüllten Berichtsformulare verweist, ohne diese mit weiterem Vortrag zur konkret erfolgten Nacharbeit oder ihrer Aussichtslosigkeit zu ergänzen310. In der Praxis bereitet der Beweis Schwierigkeiten, weshalb nach Ansicht von Mecklenbrauck die von der Rspr. angesetzten Anforderungen überzogen seien311. Auch der Beweis der Versendung und erst recht des Zugangs (weshalb jener nach BGH WM 2011, 470 nicht mehr vom Unternehmer geleistet werden muss) der Stornogefahrmitteilung lasse sich kaum führen312. Die Pflicht zur Versendung von Stornogefahrmitteilungen bedeute einen erheblichen Aufwand313. Der Erfahrungssatz, dass ein Unternehmer besser als der HV zur Nachbearbeitung geeignet sei, sei abzulehnen314. Das pauschale Bestreiten des HV, es sei keine Nachbearbeitung erfolgt, bleibt, so das OLG Saarbrücken315, als Sachvortrag „ins Blaue hinein“ unbeachtlich (zweifelhaft, weil der HV keine Kenntnis von der internen Nachbearbeitungsorganisation des Unternehmers zu haben braucht). Behauptet der HV, während seiner Tätigkeit niemals Stornogefahrmitteilungen erhalten zu haben, so soll er sich auf eine derartige Pflichtverletzung des Unternehmers gemäß § 242 BGB nicht berufen können, wenn er rügelos hingenommen habe, dass Vertragsstornierungen erfolgten und Provisionsvorschüsse rückbelastet wurden316. Versendet der Unternehmer ohne rechtliche Verpflichtung Stornogefahrmitteilungen, handelt es sich um eine überobligationsmäßige Maßnahme, die provisionsrechtlich unbeachtlich ist. Auf den Beweis des Zugangs kommt es dann ohnehin nicht an317. Die Stornogefahrmitteilung muss dem HV so schnell als möglich zugehen318 und so rechtzeitig erfolgen, dass der HV sich mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung des 306

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BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 WM 2011, 470 Rn 15; OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2004 – I-16 U 64/03; LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194 (Arbeitsrecht); Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1158). OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.03.2004 – I-16 U 64/03; OLGR 1995, 19 (20); siehe auch OLG Düsseldorf OLGR 1999, 469 (470); 1999, 202 (203).

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LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194 (Arbeitsrecht). Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017 (wohl unzulässige Verschiebung der Beweislast zu Lasten des HV). OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017 (zwh., kommt auf Verhältnisse des Einzelfalls an). Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161). Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161).

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§ 87a

Vertrages bemühen kann319. Eine Bearbeitungszeit von bis zu 8 Wochen dürfte zu lang sein320. Insoweit bieten sich Internet und E-Mail-Versand an321, insb. mit Lesebestätigung. Eine Alternative ist die Einrichtung eines geschützten Bereichs im Internet, in welchen sich der HV regelmäßig einzuloggen hat322. Dann besitzt der HV den gleichen Kenntnisstand wie der Unternehmer. Es spricht nichts dagegen, den HV dazu zu verpflichten, periodisch und in kurzen Zeitabständen jene Informationen abzurufen323. Unterlässt der HV dies, hat er eine Stornierung selbst zu vertreten. In jedem Fall hat der Unternehmer angemessene Organisationsmaßnahmen zur Beschleunigung zu treffen. Ggf. muss der HV, sofern er längere Zeit keine Stornogefahrmitteilung erhalten hat, nachfragen, um herauszufinden, ob es ein Kommunikationsproblem gibt324. Eine Vermutung für einen bestimmten Prozentsatz berechtigter Stornierungen oder eine bestimmte Quote erfolgloser Nachbearbeitung ist nur zurückhaltend anzuerkennen325 Produktionsengpässe oder -schwierigkeiten im eigenen Unternehmen, auch durch zu hohe Auftragseingänge326 nachträgliche Risikoerhöhung, z.B. bei einem Versicherungsvertrag327 bei im Kundenvertrag nicht vorgesehener Rücknahme der Ware aus Kulanz328, etwa weil sie der Kunde nicht absetzen kann329. Abweichendes kann ausnahmsweise bei langjährigen Kunden oder Großabnehmern gelten, die mit einem Abbruch der Geschäftsverbindung drohen und dem Unternehmer deshalb ein Beharren auf die Erfüllung des Vertrags unzumutbar ist330 Stornierung des Geschäfts331 Schwierigkeiten im eigenen Betrieb oder bei der eigenen Finanzierung332; technische Schwierigkeiten des Betriebs333 Wegfall des Interesses an dem Kundengeschäft aus anderen Ursachen334 Weigerung des Kunden, Ware wegen zu hohen Ausschusses abzunehmen335 Eigene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung336. Das ergibt die Wertung, derzufolge ein Geldmangel generell zu vertreten ist.

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OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161); aA OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLG-R 2001, 267. Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.11.1996 – 16 U 18/96; Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267 (nicht anzuerkennen); Ebenroth/Löwisch § 92 Rn 29. RGZ 74, 167; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 28. Canaris § 17 Rn 69. BGH NJW-RR 1991, 156; Urt. v. 07.05.1998 – III ZR 319/96, NJW-RR 1998, 1561 (1562); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6.

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BGH, Urt. v. 13.07.1959 – II ZR 189/57, BB 1959, 864 (865); BGH, Urt. v. 13.10.1960 – VII ZR 224/59, VersR 1960, 1109; BAG, Urt. v. 09.12.1966 – 3 AZR 241/66, NJW 1967, 846; OLG Köln VersR 1978, 511; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 54. BGH MDR 1963, 312 zum alten Recht. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 27; Hopt § 87a Rn 26. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 28; Hopt § 87a Rn 26. BGHZ 58, 140. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1481.

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§ 87a 77

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Nicht zu vertreten hat der Unternehmer die Nicht- oder Anderslieferung insbesondere, wenn – wie es das Gesetz vor der Novelle 1990 ausdrückte – „in der Person des Dritten ein wichtiger Grund für die Nichtausführung vorliegt“, etwa Verdacht des rechtswidrigen, zum Beispiel patentverletzenden Gebrauchs des zu Liefernden337. Die hierzu ergangene Rechtsprechung kann vorsichtig übernommen werden338. Nicht verschuldet hat der Unternehmer deshalb Umstände aus der Risikosphäre des Dritten (= Kunden), welche der Unternehmer durch eigene zumutbare Maßnahmen, etwa die unten genannte Nachbearbeitung, nicht beeinflussen kann339. Ist z.B. der Vertrag nicht zustande gekommen, weil der Kunde eine notwendige Erklärung nicht abgegeben hat, so steht fest, dass den Unternehmer kein Verschulden am Nichtzustandekommen des Vertrages trifft340. Falls der Versicherungsnehmer direkt an den Versicherer mit der Bitte um Stundung oder Beitragsreduzierung sich wendet und der Versicherer hierauf eingeht, soll nach Ansicht von Mecklenbrauck 341 kein Verschulden des Versicherers vorliegen. Jener Wunsch genüge. Auch eine Nachbearbeitung bzw. die Übermittlung einer Stornogefahrmitteilung soll dann unnötig sein. Dies ist zweifelhaft, weil der Versicherer zur Vertragsänderung oder -aufhebung nicht gehalten ist und ein derart freiwilliges Verhalten in den Kernbereich des § 87a Abs. 3 fällt. Nur wenn der Versicherungsnehmer die Nichtdurchführung des Lebensversicherungsvertrages aus guten Gründen wünscht, etwa weil der abzusichernde Immobilienkauf nicht zustande gekommen war, so handelt es sich angesichts der Schutzpflichten gegenüber VN um einen nicht in die Risikosphäre des Unternehmers fallenden Nichtausführungsgrund342. Hierher gehören ferner die Ausübung eigener vertraglicher oder gesetzlicher Rechte durch den Unternehmer wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Dritten, Zurückbehaltungsrecht343, Mangelgewährleistungsrechte des einen Einkaufsvertreter beauftragenden Unternehmers, berechtigt ausgeübte vertragliche oder gesetzliche Kündigung oder Rücktritt, die Ausübung des dem Kunden in dem vom HV herbeigeführten Kundenvertrag vorbehaltenen Rücktrittsrechts sowie der gesetzlich vorgesehene Widerruf bei Teilzahlungs- oder Haustürgeschäften (§ 355 BGB)344. Ebenso darf der Unternehmer, ohne sich provisionspflichtig zu machen, ein Rücktrittsrecht ausüben, welches ihm bereits in dem vom HV herbeigeführten Kundenvertrag vorbehalten ist345. Streng wörtlich könnte man hier bereits argumentieren, der Vertrag werde nicht vertragswidrig ausgeführt (dazu oben, Rn 64 ff), weil der Unternehmer ein vertragliches Recht in Anspruch nimmt. Dem Unternehmer ist ferner die Änderung oder Einstellung des Betriebs eines Kunden oder dessen drohende oder tatsächliche Insolvenz346 nicht zurechenbar347. Gleiches gilt für eine Vermögensverschlechterung des Kunden mit Gefährdung der Kaufpreisforderung (§ 321 BGB)348. § 321 BGB 337 338 339

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Hopt § 87a Rn 28. Hopt § 87a Rn 28. Kempfler NJW 1963, 524 zu unterbliebenen notwendigen Mitwirkungshandlungen des Bestellers bei Werkverträgen; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 29. OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160). OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. AA OLG München, Urt. v. 24.05.2007 – 4 HKO 1124/00: Ein ZBR gegenüber dem Kunden rechtfertigt nicht in jedem Fall die Nichtauslieferung. Voraussetzung soll eine

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objektiv feststehende Zahlungsunfähigkeit oder ein: berechtigter Insolvenzverdacht sein. Dazu OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 1274; Rewolle DB 1964, 467 (469); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6, 19. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702) – Untervertretervertrag. Hans BB 1957, 1060 (1061); Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 29; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 55. Hopt § 87a Rn 28.

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entlastet den Unternehmer auch im Verhältnis zu seinem HV349. Leitet die Ausführung des Kundengeschäfts zu einer Straftat, einer nicht gerechtfertigten Verletzung von Rechten Dritter oder der Rechte oder Pflichten des Unternehmers (Schutzrechte), etwa bei Gefahr eines unberechtigten Weiterverkaufs durch den Kunden350, bzw. zu einem Verstoß gegen ein dem Unternehmer obliegendes Unterlassungsverbot, hat der Unternehmer die Nichtausführung des Kundengeschäfts nicht zu vertreten351. Der Unternehmer hätte das betreffende Geschäft nicht schließen dürfen, so dass dem HV auch aus jenem Grunde kein Schaden erwächst und er keinen Schadenersatzanspruch geltend machen kann. Der Unternehmer muss aber einen Sekundäranspruch, etwa einen Schadenersatzanspruch in gleicher Weise wie den Erfüllungsanspruch durchsetzen, um dem HV die Provision aus der Ersatzleistung zahlen zu können352. Soweit der Unternehmer infolge der Nichtausführung oder der nicht vertragsgemäßen Ausführung durch den Unternehmer die Gegenleistung erhalten bleibt353, etwa im Fall des § 649 BGB354, oder er ein Surrogat gewinnt, bestimmt sich das Provisionsrecht des HV nach Abs. 1 S. 3. Abs. 3 greift nur insoweit ein, als die als Provisionsbemessungsgrundlage dienende Leistung entfällt. Nicht zu vertreten sind ferner Gründe, die in der Kautelarjurisprudenz als höhere 78 Gewalt geregelt werden oder die Vertragsanpassung oder -beendigung im Falle des WGG355, Eingriffe von hoher Hand, wie Material-, Transport-, Änderungen der Rechtslage, z.B. Export- oder Importsperre356, Herstellungsverbote nach dem Abschluss357, es sei denn, diese Eingriffe sind vorhersehbar und Ausweichmaßnahmen möglich358, unvorhersehbare Betriebsstörungen, Überschwemmung359 bzw. sonstige Verkehrshindernisse360, Streiks beim Unternehmer oder Vorlieferanten361, möglicherweise aber nicht bei Aussperrung, unvermeidbare Transportschwierigkeiten, ganz erhebliche, völlig außer Verhältnis stehende Verteuerung, so dass eine kostendeckende Herstellung unmöglich wird und die Geschäftsgrundlage entfällt362, rechtskräftige Verurteilung zum Unterlassen der Lieferung363 oder falls ein Außenstehender die Lieferung (etwa aufgrund von Schutzrechten) verbietet364.

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BGH, Urt. v. 09.12.1974 – VII ZR 82/73, WM 1975, 181; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 29; Hopt § 87a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 55. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 30; Hopt § 87a Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 30; Hopt § 87a Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 29. BGH, Urt. v. 17.11.1983 – I ZR 201/83, NJW 1984, 1455; OLG Köln NJW-RR 1994, 226 (227); OLG Koblenz NJW-RR 1994, 295 = MDR 1993, 1187; LG Bückeburg MDR 1998, 665; Wolf/Ungeheuer NJW 1994, 1497; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87a Rn 19. Da der Besteller von vornherein das Kündigungsrecht nach § 649 BGB hat, liegt streng genommen kein Fall der nicht vertragsgemäßen Ausführung vor, vgl. Hopt § 87a Rn 21.

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Hopt § 87a Rn 28. Holling DB 1960, 79; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; Hopt § 87a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 53. LAG Düsseldorf BB 1960, 1075; Hopt § 87a Rn 28; aA OLG Frankfurt WM 1991, 867. OLG München BB 1995, 1559; Hopt § 87a Rn 28. Hopt § 87a Rn 28. OLG Hamburg LZ 1915, 45510. Hopt § 87a Rn 28. Hopt § 87a Rn 28; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 28; Schröder § 87a Rn 37; s.a. OLG Köln VersR 1974, 287. Hopt § 87a Rn 28. Hopt § 87a Rn 28.

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Obwohl der Unternehmer die Nichtausführung oder die nicht vertragsgemäße Ausführung nach den in Rn 75 ff gebildeten Maßstäben zu vertreten hat, kann der HV in besonderen Ausnahmefällen nach § 242 BGB oder den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung verpflichtet sein, auf sein Provisionsrecht zu verzichten365. Ein Beispiel ist etwa der o.g. Fall drohenden Abbruchs der Geschäftsverbindung. Über allem steht also der Grundsatz von Treu und Glauben, der Raum für Billigkeitserwägungen des Einzelfalls lässt.

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7. Vertretenmüssen im Verhältnis Untervertreter/Hauptvertreter. Abs. 3 gilt auch im Verhältnis von Haupt- und Untervertreter366. Regelmäßig führt nur der Auftraggeber des Hauptvertreters das Geschäft als „Unternehmer“ aus. Nicht anders als im Rahmen des Abs. 2 (Rn 46) ist deshalb Unternehmer iSd § 87 Abs. 3 im Verhältnis zum Untervertreter nicht der Hauptvertreter, sondern dessen Auftraggeber367 (oder „Hauptunternehmer“). Der Provisionsanspruch des Untervertreters gegen den Hauptvertreter entfällt wegen Nichtausführung des Geschäfts deshalb als Grundregel, wenn der Provisionsanspruch des Hauptvertreters gegen seinen (Haupt-)Unternehmer entfällt368. Aber auch der Hauptvertreter kann ausnahmsweise „Unternehmer“ iSd § 87a Abs. 3 sein: In der gewöhnlich dreigliedrigen Kette Vertreter – Unternehmer – Kunde entfällt nach § 87a Abs. 3 der Provisionsanspruch bei Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer nur dann, wenn der Unternehmer die Nichtausführung nicht zu vertreten hat. Schaltet man nun als weiteres Glied einen Hauptvertreter ein, so kann auch der Hauptvertreter zum Unternehmer iSd § 87a Abs. 3 werden. Allein die Erweiterung der dreigliedrigen Kette um ein viertes Glied darf nicht die Folge haben, dass die Frage des Verschuldens nach § 87a Abs. 3 S. 2 im Verhältnis zwischen Haupt- und Untervertreter keine Rolle mehr spielt369. Klar ist dies, sofern der Hauptunternehmer die Aufgabe der Geschäftsausführung an den Hauptvertreter delegiert. Dann gilt § 87a Abs. 3 unmittelbar für das Vertretenmüssen des Hauptvertreters. § 87a Abs. 3 gilt entsprechend, falls zwar der Auftraggeber des Hauptvertreters das Geschäft ausführen soll, es aber aufgrund eines Vertretenmüssens des Hauptvertreters anders als vereinbart ausgeführt wird370. Soweit ein auf Provisionszahlung in Anspruch genommener Hauptvertreter vorträgt, die von ihm vertretene Versicherung habe die Nachbearbeitung selbst übernehmen wollen, hat er sich deren Unterlassen nach § 278 BGB zurechnen zu lassen371.

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Vgl. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24. OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71, OLG Düsseldorf NJW–RR 1993, 1188 (1189); OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.05.2005 – 8 U 288/04. BGH, Urt. vom 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, VersR 2008, 1684 = ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (m. Anm. Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde); OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; Hopt § 87a Rn 17.

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OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1480. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. Emde EWiR 2008, 559 (560). BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 09.09.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71 (72).

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Der Provisionsanspruch eines echten Untervertreters entfällt beispielsweise, wenn – feststeht, dass der Unternehmer die Nichtausführung des vom Untervertreter herbeigeführten Geschäfts nicht zu vertreten hat (Abs. 3 S. 2)372 – der Hauptvertreter keinen Anspruch gegen den Unternehmer besitzt. Der Untervertreter kann nicht im weitergehenden Maße provisionsberechtigt sein, als der Hauptvertreter gegenüber dem Unternehmer373; er teilt das Risiko des Hauptvertreters374 – der Kunde die Provision an den Hauptunternehmer wegen Insolvenz nicht zahlt. Dies schlägt auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Untervertreter und dem Hauptvertreter durch – der Hauptunternehmer Provisionen zunächst an den Hauptvertreter erbringt und diese aufgrund Rückforderung zurückbelastet werden, indem der Hauptvertreter einen vom Hauptunternehmer erhaltenen Betrag zurückzahlt und er somit auf seinen bereits befriedigten Provisionsanspruch gegenüber dem Hauptunternehmer verzichtet375. Der Umstand, dass der Hauptvertreter bei Nichtausführung des Geschäfts durch den Hauptunternehmer kontroll- und kritiklos seinerseits erhaltene Provisionen zurückzahlt, ohne dass klar wäre, ob die Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 S. 2 vorliegen, kann nicht dazu führen, dass nun auch der Untervertreter automatisch erhaltene Provisionen zurückzahlen müsste376. 8. Teilausführung des Geschäfts. § 87a Abs. 3 S. 2 bestimmt, was im Falle der nicht 81 vertragskonformen Teilausführung mit dem Provisionsanspruch geschieht: Steht fest, dass der Unternehmer das Geschäft teilweise nicht ausführen wird, entsteht ein anteiliger Provisionsanspruch „soweit“ geleistet wurde, also entsprechend dem Wertverhältnis des gelieferten zum noch zu liefernden Teil377. Hinsichtlich des vertragskonform ausgeführten Teils s.o., Rn 24: Wird das Geschäft teilweise ausgeführt oder der Kaufpreis gemindert378, entsteht die Provision (nur) hinsichtlich des nicht ausgeführten Teils nach Abs. 3, hinsichtlich des ausgeführten Teils nach Abs. 1379. Führt der Kunde das Geschäft entgegen der Vereinbarung nur teilweise aus, ist der Restprovisionsanspruch nach § 87a Abs. 2 zu beurteilen380. Wenn der Unternehmer anstelle der nicht erbrachten Teilleistung ein Surrogat erbringt, etwa als Schadensersatz bei verschuldeter Unmöglichkeit der Erfüllung, tritt das Surrogat an die Stelle der Leistung in voller Bedeutung des Abs. 1 S. 1. Erst in Ansehung eines etwaigen Zurückbleibens hinter der ungekürzten Leistungspflicht gilt dann insoweit das in Abs. 3 S. 1 für die quantitative Teil-Nichtausführung Gesagte. Auch falls der Unternehmer eine Teilleistung erbringt, obwohl er zu einer Gesamtleistung ver372

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BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); BGHZ 91, 370 (372); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 53. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). OLG Schleswig, Urt. v. 09.01.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 19.01.2007 – 4 U 34/06, DB 2007, 2199; Canaris § 17 Rn 70; Hopt § 87a Rn 17.

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LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. Westphal I Rn 546; Hopt § 87a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 21; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 7; Hopt § 87a Rn 20; Schröder § 87a Rn 31. Westphal I Rn 546.

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pflichtet ist, ergibt sich der Provisionsanspruch für den nicht ausgeführten Teil aus § 87a Abs. 3. Der HV erhält einen Teilprovisionsanspruch im Verhältnis des Wertes der teilweisen zur vollständigen Ausführung381, der den Anspruch aus Abs. 3 ergänzt.

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9. Rückzahlungspflicht. Wegen der fehlenden Provisionspflicht nach Abs. 3 S. 2 nicht geschuldete Provisionszahlungen muss der HV analog Abs. 2 2. HS i.V.m. §§ 346 ff BGB382 und § 812 BGB i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB383 zurückgewähren. Zur Beweislast Rn 125 f.

G. Fälligkeit der Provision (§ 87a Abs. 4) 83

Die Fälligkeit jeder Provision, auch einer nicht von einer konkreten Tätigkeit abhängigen Provision, wie z.B. der Bezirksprovision384, und des nach § 87a Abs. 1 bis 3 verfestigten Provisionsanspruches tritt am letzten Tag des Monats ein, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist, also ipso iure und unabhängig davon, ob tatsächlich abgerechnet wird. Damit tritt Fälligkeit für alle im Abrechnungszeitraum entstandenen Ansprüche im Regelfall am letzten Tag des Folgemonats nach dem Entstehen des Anspruchs ein. Haben die Parteien den Abrechnungszeitraum auf die Höchstdauer des § 87c Abs. 1 S. 1 2. Hs. von drei Monaten verlängert, wird die Fälligkeit bis zum Ende des vierten Monats nach dem Entstehen herausgezögert. Eine im Laufe des Monats Januar nach § 87a endgültig entstandene Provision wird danach bei monatlicher Abrechnung Ende Februar, bei quartalsmäßiger Abrechnung Ende April fällig. Fälligkeit und Abrechnungszeitpunkt treten folglich zum selben Datum ein385. Alle in den Abrechnungszeitraum fallenden Einzelprovisionsansprüche werden ohne Rücksicht auf ihr Entstehen einheitlich fällig386. Diese Koppelung mit dem Abrechnungsturnus ist nach Abs. 5 zwingend; zur Disposition der Parteien steht einzig (87c Abs. 5, Abs. 1 S. 1 Hs. 2), den Abrechnungsturnus zwischen einem Monat und drei Monaten variieren zu lassen. Es ist also nicht möglich, die Fälligkeit etwa auf jeweils drei Monate nach Entstehen des Anspruchs festzusetzen, weil die Abrechnung auch jene Ansprüche zu umfassen hat, die etwa am letzten Tage der Abrechnungsperiode entstanden sind. Eine kalendermäßige Fälligkeit i.S.v. § 284 Abs. 2 BGB wird hierdurch nicht begrün84 det. Dies deshalb nicht, weil der Eintritt der Bedingung für das endgültige Entstehen des Anspruchs nach § 87a – man denke nur an den Tatbestand des Abs. 3 S. 1 –, von welchem ab die Fälligkeit sich allenfalls errechnen ließe, seinerseits kalendermäßig nicht fixiert ist387. Zur Herbeiführung des Verzuges bedarf es hiernach einer Mahnung. Die Verjährung einer vertragswidrig nicht abgerechneten Provision beginnt erst, sobald der HV Anlass hat, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung zu zweifeln, zumindest aber, sobald er in der Lage ist, den Provisionsanspruch dem Grunde nach gel-

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Westphal I Rn 544. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 32. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; aA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 41. Westphal I Rn 620.

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Hopt § 87b Rn 31. BGH, Urt. v. 09.04.1962 – VII ZR 162/60, DB 1962, 699 = BB 1962, 543; OLG Oldenburg NJW 1959, 888 = DB 1959, 138; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 41; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 20; Hopt § 87a Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 60; Schlegelberger/ Schröder § 87a Rn 43.

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tend zu machen388 (jetzt § 199 Abs. 1 BGB). Seit der Schuldrechtsnovelle 2002 gilt aber die 10jährige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB.

H. Provisionsansprüche in der Insolvenz Vgl. zunächst § 89 Rn 14 ff. Die insolvenzrechtliche Stellung des HV wurde in der 85 HV-RL 1986 nicht geregelt. Sie richtet sich nach nationalem Recht389.

I. Insolvenz des Unternehmers390 Vor Eröffnung des InsV begründete Provisionsforderungen sind im Grundsatz ein- 86 fache Insolvenzforderungen iSd. § 38 InsO391. Das gilt auch, falls der HV die Eröffnung des InsV nicht kennt392. Der Provisionsanspruch des HV ist immer dann privilegierte Masseforderung, wenn er auf eine Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgeht. Die insolvenzrechtliche Einordnung von Ansprüchen, die aus einer Tätigkeit des HV vor Verfahrenseröffnung hervorgehen, hängt dagegen maßgeblich vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Dritten bzw. der Vertragsdurchführung ab. Für den speziellen Fall von Bezirks- oder Kundenschutzprovisionsansprüchen nach § 87 Abs. 2 ist anzumerken, dass solche von vornherein nicht zur Entstehung gelangen, wenn die abgeschlossenen Geschäfte lediglich der Abwendung der Insolvenz des Unternehmers dienen.393 Im Übrigen sind die nachfolgend erläuterten Konstellationen zu unterscheiden394. 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Vertragsschluss. In jener Konstellation wird 87 der HV vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tätig, der von ihm vermittelte Vertrag zwischen Unternehmer und Drittem ist im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber noch nicht abgeschlossen. Innerhalb dieser Konstellation ist zu unterscheiden, ob die Ausführung des Geschäftes endgültig unterbleibt, eine Notgeschäftsführung (Rn 89) vorliegt, der inzwischen eingesetzte Insolvenzverwalter den Vertrag mit dem Unternehmer abschließt oder die Voraussetzungen einer GoA vorliegen. a) Geschäftsausführung unterbleibt endgültig. Kommt es nicht zu einer Geschäfts- 88 ausführung durch den Unternehmer, so entstehen auf Seiten des HV keine Ansprüche auf Zahlung einer Provision. Der Provisionsanspruch ist aufschiebend bedingt und die Bedingung der „Geschäftsausführung“ iSd § 87a Abs. 1 nicht eingetreten. Die insolvenzrechtliche Einordnung erübrigt sich.

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BGH, Urt. v. 28.01.1977 – I ZR 175/75, EBE 1977, 115. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 26. Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff), zur KO vgl. Holling DB 1957, 349; s.a. schon Withake JW 1935, 2915. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 46.

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Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (59); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 47; vgl. auch Hoffstadt DB 1983, 645 (646); Holling DB 1957, 349 zu Ziffer 4). RG, Urt. v. 03.03.1933 – II 276/32, RGZ 140, 80 (82 f); Löwisch, Ebenroth/Boujong/ Joost, § 87 Rn 52. Siehe Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff).

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b) Notgeschäftsführung. Die aus der Zeit einer sog. Notgeschäftsführung resultierenden Ersatz- und Vergütungsansprüche des HV ordnet die InsO als vorab zu befriedigende Masseforderungen ein (§ 116 S. 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 S. 3)395. Sonst hätte der HV keinerlei Anreiz, tätig zu werden, sofern ihm aus der Tätigkeit bloß einfache Insolvenzforderungen entstünden, deren Realisierung im InsV nicht erwartet werden kann. Zudem spricht für die Einordnung als Masseverbindlichkeit, dass der HV im Rahmen der Notgeschäftsführung im eigentlichen Verantwortungsbereich des Insolvenzverwalters tätig wird, weil er lediglich solche Geschäfte vorzunehmen hat, die der Verwalter selbst vornehmen müsste, wenn er dazu rechtzeitig in der Lage wäre. Dann aber wäre § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO einschlägig, wonach solche Forderungen Masseverbindlichkeiten darstellen, die aus einer Tätigkeit des Verwalters resultieren396.

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c) Insolvenzverwalter schließt Vertrag ab. Schließt der Insolvenzverwalter den vom HV angebahnten Vertrag mit dem Dritten ab, so ist der Provisionsanspruch des HV als vorab zu befriedigende Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO einzustufen397. Der InsV wird sich dazu entschließen, sofern der Antrag des Kunden noch nicht erloschen ist und das Geschäft für die Masse vorteilhaft erscheint. Obwohl die Leistung des HV vor Beginn des Insolvenzverfahrens erfolgt, ist dieses Ergebnis auch sachlich gerechtfertigt, da der Verwalter nicht besser gestellt sein darf als der Insolvenzschuldner. Der Insolvenzschuldner wäre im Falle des Vertragsschlusses mit dem Dritten aber zur vollumfänglichen Befriedigung der Provisionsforderung verpflichtet.

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d) Geschäftsführung ohne Auftrag. Vermittelt der HV – ggf. sogar in Kenntnis der Eröffnung des InsV – und ohne Absprache mit dem Insolvenzverwalter neue Geschäfte, so können sich Provisions- und andere Ansprüche nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben, auch sofern keine konkludente Fortsetzung des Vertrags oder lediglich ein Maklervertrag anzunehmen ist. Ob die Grundsätze des faktischen Vertrages die Vergütung des HV sichert, erscheint eher zweifelhaft. Eine Vergütung nach GoA setzt voraus, dass das vermittelte Geschäft im Interesse der Insolvenzmasse steht. In diesem Fall sind die resultierenden Ansprüche vorab zu befriedigende Masseforderungen398. Der HV ist so zu stellen, als wenn der Insolvenzverwalter ihn mit der Vermittlung des Geschäfts beauftragt hätte. Ansprüche, die auf solchen Handlungen des Insolvenzverwalters beruhen, sind Masseforderungen iSd § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Liegen die Voraussetzungen einer berechtigten GoA nicht vor, ist die Herausgabepflicht des Gemeinschuldners gemäß § 684 S. 1 BGB Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Durch die unberechtigte Geschäftsführung des HV wurde die Masse nämlich rechtsgrundlos bereichert399.

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2. Verfahrenseröffnung nach Vertragsschluss. Zur Notgeschäftsführung und GoA gelten die oben, Rn 89, 91 wiedergegebenen Ausführungen. Bei der Einordnung der in 395

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Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2458); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 49; vgl. auch Hoffstadt DB 1983, 645 (646); Holling DB 1957, 349 zu Ziffer 3. MünchKomm-InsO/Ott § 116 Rn 16. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Uhlenbruck/Berscheid § 55 Rn 9; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 61; Küstner/

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Thume I Rn 1362; Westphal Rn 705, zu § 59 KO; ebenso: Holling DB 1957, 349 zu Ziffer 2. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 49; Hoffstadt DB 1983, 645 (646). Staudinger/Wittmann (1995) § 683 Rn 8, zu § 59 Nr. 4 KO.

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§ 87a

dieser Konstellation entstehenden Provisionen ist im Übrigen danach zu differenzieren, wie der Insolvenzverwalter sich im Rahmen des ihm zustehenden Wahlrechts nach § 103 InsO entscheidet. Es ist mithin danach zu differenzieren, ob der Insolvenzverwalter die Ausführung des geschlossenen Vertrages ablehnt oder die Erfüllung des Vertrages wählt. a) Insolvenzverwalter lehnt Vertragsausführung ab. Lehnt der Insolvenzverwalter die 93 Vertragsdurchführung ab, so wirft dies zunächst die Frage auf, ob überhaupt ein Provisionsanspruch entsteht, da der Eintritt der aufschiebenden Bedingung der „Geschäftsausführung“ unterbleibt400. Grundsätzlich besteht ein Provisionsanspruch aber auch dann, falls feststeht, dass das provisionspflichtig zustande gekommene Geschäft nicht ausgeführt wird (§ 87a Abs. 3 S. 1). Der Provisionsanspruch entfällt wiederum, wenn und soweit die Nichtausführung des Vertrages auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind (§ 87a Abs. 3 S. 2). Stellt man auf die Entscheidung des Insolvenzverwalters ab, war diese vorsätzlich, d. h. zu vertreten. Andererseits ist dem InsV das Wahlrecht im alleinigen Interesse der Masse gegeben, für diese den übersteigenden Wert der Gegenleistung des Vertragspartners zu realisieren. Nicht aber ist es ihm im Interesse des HV gegeben, um jenen vor anderen Gläubigern zu bevorzugen401. Sieht man den Insolvenzeintritt als Anknüpfungsfaktor, so dürfte der Unternehmer die eigene Insolvenz zu vertreten haben402. Staub/Brüggemann 4. Aufl.403 vertrat, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers werde dieser nur dann nicht zu vertreten haben – mit der Wirkung, dass der Insolvenzverwalter eine hierauf gestützte Einwendung der Geltendmachung der Provisionsforderung im Prozess um die Berechtigung der Anmeldung zur Tabelle entgegensetzen dürfe –, wenn der finanzielle Zusammenbruch auf Umstände zurückzuführen war, die eine höhere Gewalt darstellten. Hierzu könnten auch Kettenzusammenbrüche zählen. Dass es auch eine nicht zu vertretende Insolvenz gibt, ist allerdings ebenfalls denkbar404. So hat bereits das RG die Möglichkeit einer schuldlos verursachten Insolvenz angenommen405. Dann würde in den Vordergrund gerückt, dass der Entstehungsgrund der Provisionsforderung aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung herrührt, in der er gelegt worden ist, und dass die Provision als bedingt entstandene in die Insolvenz hineingegangen ist. Grundsätzlich ist die Insolvenz

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Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff). Weiteres Argument von Staub/Brüggemann 4. Aufl.: Das Wahlrecht verlängert wirtschaftlich die durch das Wahlrecht des Verwalters substituierte Entscheidungsfreiheit des Unternehmers: Die Freiheit der Entschließung, das Vertragsangebot anzunehmen oder abzulehnen, war vor wie nach Insolvenzeröffnung, für den Unternehmer dort wie für den Insolvenzverwalter hier, in gleicher Weise gegeben. Erst nach Abschluss des Geschäfts wäre der Unternehmer nicht mehr frei gewesen; er hätte erfüllen müssen. Im Gegensatz hierzu ist dem Insolvenzverwalter auch jetzt noch das Recht der Wahl eingeräumt, ob er zum Vertrage stehen wolle oder nicht. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB

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2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Hoffstadt DB 1983, 645 (647); Westphal I Rn 703; Löwisch, Ebenroth/Boujong/Joost, § 87a Rn 31; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54. § 87a Rn 31. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, EWiR 2008, 559 (Emde); Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff); Hopt § 87a Rn 26; Küstner/Thume I Rn 1368; Hoffstadt DB 1983, 645 (647); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 31; offengelassen von BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923. Urt. v. 16.03.1906, RGZ 63, 69 (71 f); Abgrenzung in: BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = EWiR 2008, 559 (Emde).

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jedoch der Risikosphäre des Unternehmers zuzuordnen, so dass regelmäßig auch von einem Vertretenmüssen auszugehen ist, der Provisionsanspruch des HV mithin bestehen bleibt406. Eine nicht zu vertretende Insolvenz kann ausnahmsweise vorliegen, wenn sie im konkreten Einzelfall allein auf äußeren Umständen beruht, die nicht der Risikosphäre des Unternehmers zuzurechnen sind. Der Insolvenzverwalter muss in diesem Fall vortragen sowie den Beweis erbringen, dass die Insolvenz auf solchen, vom Unternehmer nicht zu vertretenden äußeren Umständen beruht407. Nur unter diesen Voraussetzungen entfällt der Provisionsanspruch ausnahmsweise gemäß § 87a Abs. 3 S. 1. Bleibt der Provisionsanspruch dagegen bestehen, so ist er einfache Insolvenzforderung iSd § 38 InsO408.

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b) Insolvenzverwalter wählt Erfüllung. Mit der vom Insolvenzverwalter veranlassten Ausführung des Vertrages tritt die aufschiebende Bedingung iSd § 87a Abs. 1 ein und sämtliche Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs sind erfüllt, vorausgesetzt, dass es keine abweichenden Vereinbarungen im Vertretervertrag gibt409. Die Frage ist, ob der so entstandene Provisionsanspruch vorweg vollumfänglich zu befriedigende Masseforderung oder bloß einfache Insolvenzforderung ist. An eine Masseforderung ist zu denken, weil eine Masseverbindlichkeit gemäß § 55 95 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorliegt, sofern der Insolvenzverwalter, wie hier, die Erfüllung eines gegenseitigen Vertrages zur Insolvenzmasse verlangt. Andererseits ist eine Forderung nach § 38 InsO einfache Insolvenzforderung, falls sie zur Zeit der Verfahrenseröffnung „begründet“ ist. Bedingt entstandene Ansprüche, wie der Provisionsanspruch, sind ebenfalls „begründete“ Ansprüche iSd § 38 InsO410. Der BGH hatte den Provisionsanspruch als einfache Konkursforderung eingestuft411, 96 weil er bereits mit Abschluss des Vertrages zwischen Unternehmer und Drittem entstanden und in diesem Zeitpunkt nach Grund und Berechnungsfuß festgelegt sei. Der HV habe zu diesem Zeitpunkt eine gefestigte Rechtsposition und das Erfüllungsverlangen des Konkursverwalters beeinflusse den Provisionsanspruch nicht412. Dieser Einschätzung wird entgegengehalten, dass der Insolvenzverwalter den Anspruch durch das ihm zustehende Wahlrecht sehr wohl beeinflussen kann, indem er sich für die Nichtdurchführung des Vertrages entscheidet413. Das Wahlrecht ist aber einzig im Interesse der Masse auszuüben, nicht dagegen im Interesse des HV, um diesem eine privilegierte Masseforderung einzuräumen. Auch bleibt der Provisionsanspruch gemäß § 87a Abs. 3 grundsätzlich bestehen, es sei denn, es liegt ausnahmsweise ein Fall einer nicht zu vertretenden Insol-

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BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 23; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene. § 87a Rn 54. BGH, Urt. v. 05.03.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Küstner/Thume I Rn 1368; Holling DB 1957, 349. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 51; Ruß in: HK-HGB, § 87a Rn 8; Westphal I Rn 703; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c; Holling DB 1957, 349 zu Ziffer 5b.

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Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff). Bäuerle in: Braun, InsO, § 38 Rn 6. Gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 6 der zum damaligen Zeitpunkt anwendbaren Konkursordnung. BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665; Uhlenbruck/Berscheid § 55 Rn 9; Weis in: Hess/Weis/Wienberg, § 55 Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c; aA: Ruß in: HK-HGB, § 87 Rn 2a; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 30; Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 2. Küstner/Thume I Rn 1370 f.

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venz auf Seiten des Unternehmers vor. Hieraus folgt, dass die Rechtsposition des HV jedenfalls im Grundsatz nicht gefährdet ist. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erscheint es richtig, die Provisionsforde- 97 rung als einfache Insolvenzforderung einzuordnen. Die wirtschaftliche Position der Gesamtheit aller Gläubiger wird dadurch verbessert, dass die Vorteile des abgeschlossenen Geschäfts der Masse zu Gute kommen, während die damit einhergehenden Nachteile, d.h. die Provisionsforderung, die Masse nicht belasten, sondern als einfache Insolvenzforderungen abgewickelt werden können. Durch die Vermittlungstätigkeit entsteht der Insolvenzmasse auch kein zusätzlicher wirtschaftlicher Vorteil414. Die Entscheidung des Insolvenzverwalters für die Erfüllung des Vertrages erhält der Insolvenzmasse lediglich den Vorteil, den der Insolvenzschuldner sowieso gehabt hätte415. Im Ergebnis ist der Provisionsanspruch auch hier als einfache Insolvenzforderung zu 98 qualifizieren416. 3. Insolvenzeröffnung erfolgt nach Vertragsschluss und -durchführung. Erfolgt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst, nachdem der vermittelte Vertrag abgeschlossen und durchgeführt wurde, so sind wiederum verschiedene Konstellationen zu unterscheiden417. Ist das provisionspflichtig zustande gekommene Geschäft im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits ausgeführt, so ist der Provisionsanspruch gemäß § 87a Abs. 3 S. 1 unbedingt entstanden, die Provisionsforderung unzweifelhaft als einfache Insolvenzforderung zu qualifizieren. Handelsvertreter und Unternehmer können in Abweichung von § 87a Abs. 3 S. 1 aber auch vereinbaren, dass nicht die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, sondern erst die Ausführung durch den Dritten die Unbedingtheit des Provisionsanspruchs herbeiführt. Leistet der Dritte nach der Geschäftsausführung durch den Unternehmer und vor der Verfahrenseröffnung, indem er etwa den vereinbarten Kaufpreis zahlt, so besteht kein Unterschied zur obigen Konstellation, der Provisionsanspruch ist unzweifelhaft einfache Insolvenzforderung. Leistet der Dritte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so wird der bis dato nur bedingt entstandene Anspruch auch erst mit der Verfahrenseröffnung unbedingt. Der resultierende Provisionsanspruch ist aber dennoch als einfache Insolvenzforderung einzuordnen. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung das vermittelte Geschäft abgeschlossen ist418. Besitzt der HV gegen seinen Unternehmer einen Anspruch auf Zahlung eines Provisionsvorschusses nach § 87a Abs. 1 S. 2, so stellt dieser Anspruch eine einfache Insolvenzforderung dar419.

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4. Insolvenzeröffnung nach vollständiger Vertragsabwicklung zwischen Unternehmer 103 und Dritten. Hiermit ist die Konstellation gemeint, dass das vermittelte Geschäft zwar vollumfänglich durchgeführt, der Provisionsanspruch des HV aber noch nicht abgerechnet worden ist. Die eigentlichen Provisionsansprüche sind auch hier wiederum nur ein414 415 416

Hopt § 87 Rn 51. BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665. So auch Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Westphal I Rn 702; Uhlenbruck/Berscheid § 55 Rn 9; Weis in: Hess/ Weis/Wienberg, § 55 Rn 33; Eickmann in: HK-InsO, 3. Auflage 2003, § 55 Rn 18.

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Vgl. hierzu insbesondere Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff); Küstner/Thume I Rn 1376 f. BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665. Küstner/Thume I Rn 1380.

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fache Insolvenzforderungen. Es sind sämtliche Anspruchsvoraussetzungen bereits vor der Verfahrenseröffnung eingetreten.

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5. Abschließende Betrachtung des Provisionsanspruchs im Insolvenzverfahren. Provisionsansprüche des HV sind nur dann vorab in vollem Umfang zu befriedigende Masseforderungen iSd §§ 53 f InsO, wenn sie aus der Vermittlung eines Geschäfts hervorgehen, welches auf einem neuen HV-Vertrag mit dem Insolvenzverwalter beruht420. Hierbei stellt sich die Frage, ob ein Insolvenzverwalter tatsächlich bereit ist, einen neuen Vertrag abzuschließen. Eine zögerliche Bereitschaft der Insolvenzverwalter zum erneuten Vertragsschluss mit den HV des insolventen Unternehmens dürfte sich daraus erklären, dass der Insolvenzverwalter sich einem zusätzlichen Haftungsrisiko aussetzt. Für die durch ihn begründeten Masseverbindlichkeiten ist er dem Massegläubiger gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, falls die Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann und der Insolvenzverwalter dies erkennen konnte (vgl. § 61 InsO). Demgegenüber kann der HV zusätzlichen Anreiz für den Abschluss eines neuen Vertrages schaffen, indem er sich flexibel zeigt. So darf er etwa im Voraus auf den Schadensersatzanspruch gemäß § 61 InsO verzichten, um das Haftungsrisiko des Insolvenzverwalters zu verringern. Denkbar ist auch eine Vertragsgestaltung derart, dass der HV Provisionsansprüche nur für so genannte „Erstgeschäfte“ mit neu geworbenen Kunden erhält. In diesem Fall entsteht kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b, so dass es nicht zu der befürchteten Unüberschaubarkeit der Masseverbindlichkeiten kommen kann. Hierin ist keine unzulässige Umgehung des Grundsatzes der Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruches zu sehen421.

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6. § 25. Der Grundsatz, dass der Erwerb eines Handelsunternehmens aus der Hand des Insolvenzverwalters die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 ausschließt, gilt auch gegenüber dem Anspruch eines HV aus § 87a422.

II. Insolvenz des Handelsvertreters 106

Sämtliche Provisionsansprüche des HV fallen gemäß § 35 InsO in die Insolvenzmasse423. Sie stellen kein insolvenzfreies Vermögen dar und stehen somit zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung. Im Unterschied zur Insolvenz des Unternehmers erfolgt die insolvenzrechtliche Einordnung unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung oder des Unbedingtwerdens des jeweiligen Anspruchs424. Der Grund liegt darin, dass die InsO auch den so genannten Neuerwerb des Gemeinschuldners, also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangtes Vermögen, in die Insolvenzmasse mit einbezieht, während unter der Geltung der KO bis zum 31.12.1998 lediglich das zum Zeitpunkt der Eröffnung vorhandene Vermögen in die Konkursmasse floss.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 123; Löwisch in: Ebenroth/Boujong/ Joost, § 87 Rn 61; Küstner/Thume I Rn 1352. Röhricht/Graf v. Westphalen/Küstner § 89 Rn 93. LG Landau, Urt. v. 19.04.2007 – 4 O 334/06, NJOZ 2007, 3401.

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Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (383). Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (383); Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, § 87 Rn 61; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 122. Zum alten Recht siehe etwa: Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 29.

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III. Insolvenz des Kunden Fraglich ist, welche Folgen es hat, wenn der von dem HV vermittelte Kunde insolvent wird. Erbringt der Geschäftspartner des Unternehmers die vertragsgemäße Leistung, so entsteht unproblematisch der Provisionsanspruch des HV gegen den Unternehmer gemäß §§ 87, 87a. Der vertretene Unternehmer hat seinerseits zur Insolvenzmasse zu leisten. Dennoch existiert auch in dieser Konstellation ein insolvenzrechtlich gelagertes Provisionsverlustrisiko425. Der Provisionsanspruch entfällt gemäß § 87a Abs. 2, wenn feststeht, dass der (insolvente) Kunde nicht leistet426; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren. Ein Fall feststehender Nichtleistung liegt vor, falls der Insolvenzverwalter im Rahmen seines Wahlrechts nach § 103 InsO die Erfüllung des Vertrages ablehnt. Die Nichtleistung des Dritten steht auch dann fest, wenn ein Vorgehen gegen ihn wegen der Insolvenz auf absehbare Zeit aussichtslos ist427. Allein die Insolvenz des Kunden vermag zwar grundsätzlich nicht zu rechtfertigen, dass der Unternehmer auf Klage und Vollstreckung zur Durchsetzung seines Anspruches verzichtet428. Jedoch steht die Nichtleistung fest, falls ein solches Vorgehen gegen den Kunden aufgrund objektiver Umstände für den Unternehmer aussichtslos erscheint oder wirtschaftlich völlig unvernünftig wäre429. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kunden erscheint ein Vorgehen als aussichtslos, weil eine Einzelvollstreckung von diesem Zeitpunkt an nicht mehr möglich, sondern rechtlich ausgeschlossen ist430. Der Unternehmer darf andererseits grundsätzlich nicht darauf verzichten, seine Forderungen gemäß § 174 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden, um auf diesem Weg deren Durchsetzung zu erreichen431. Steht die Nichtleistung des Kunden wegen dessen Insolvenz fest und erhält der Hauptvertreter daraufhin keine Provision, so entfällt damit gemäß § 87a Abs. 2 auch der Provisionsanspruch eines vom Hauptvertreter beauftragten Untervertreters432. Der Untervertreter wird lediglich im Rahmen des HV-Vertrages zwischen Unternehmer und Hauptvertreter tätig und darf nicht in weitergehendem Maße provisionsberechtigt sein als der Hauptvertreter gegenüber Dritten, weil der Untervertreter genauso am Risiko des Hauptvertreters wie an dessen Erfolg beteiligt ist433. Bei Feststehen der Nichtleistung des Kunden entfällt der Provisionsanspruch nicht zwingend in voller Höhe. Die Insolvenz des Kunden führt lediglich zu einer Teil-Nichtausführung in Höhe des durch die Insolvenzquote nicht befriedigten Teils der Forderung des Unternehmers. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer die Insolvenzquote gar nicht eingefordert hat434. Der HV hat grundsätzlich auch dann Anspruch auf Zahlung einer

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Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (385). OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.11.2002 – 16 U 26/02, OLGR Düsseldorf 2003, 79; Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, § 87a Rn 37. Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, § 87a Rn 25. Canaris Handelsrecht, § 17 Rn 67; Westphal I Rn 558. Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (385).

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Löwisch in: Ebenroth/Boujong/Joost, § 87a Rn 25. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). BGH, Urt. v. 20.06.1984 – I ZR 62/82, HVR 590; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). Canaris Handelsrecht, § 17 Rn 67; Hopt § 87a Rn 10, 14.

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Provision in Höhe der Insolvenzquote, wenn der Unternehmer statt Erfüllung Schadenersatz wegen Nichterfüllung vom Kunden verlangen kann435. Führt nicht der Kunde, sondern der Unternehmer das Geschäft nicht aus, und beruht 112 die Nichtausführung auf der Insolvenz des Kunden, so entfällt der Provisionsanspruch. Der Unternehmer hat die Insolvenz des Kunden nicht im Sinne von § 87a Abs. 3 S. 2 zu vertreten436. Dies gilt auch bei hinreichendem Insolvenzverdacht437. Provisionsansprüche gemäß § 87a Abs. 3 S. 2 können entfallen, weil der Insolvenz113 verwalter des Kunden die zwischen Drittem und Unternehmer bestehenden Verträge mittels Anfechtung nach den §§ 129 f InsO rückgängig macht. Provisionen, die aus diesen Geschäften resultierten und bereits bedingt oder unbedingt entstanden waren entfallen hierbei rückwirkend, weil mit der Anfechtung der jeweilige Vertrag mit ex tunc Wirkung erlischt und die Voraussetzungen eines Provisionsanspruches rückwirkend beseitigt werden.

I. § 87a Abs. 5: Zwingendes Recht und abweichende Vereinbarung 114

§ 87a ist teilweise zwingendes Recht, was dem Schutz des HV dient. Gem. § 87a Abs. 5 kann von den Abs. 2 1. Hs, 3 und 4 nicht zum Nachteil – wegen des bezweckten Schutzes jedoch selbstverständlich zum Vorteil – des HV abgewichen werden. Soweit die zwingende Natur des Abs. 5 reicht, sind Regelungen unzulässig und gem. § 134 BGB unwirksam, die sich in irgendeiner Weise möglicherweise438 unmittelbar oder mittelbar für den HV, ggf. auch nur beweisrechtlich439 nachteilig auswirken können440. An ihre Stelle tritt im Zweifel die gesetzliche Regelung441. Geschützt ist aber nur die vertraglich oder gesetzlich geschuldete Provision. Gegen eine zu niedrige Festlegung der Provision schützt Abs. 5 nicht sondern schützen nur die §§ 138, 242 BGB. Dabei dürfen für unterschiedliche Zeiträume auch differierende Provisionssätze geleistet werden. Bestimmungen, die lediglich die geltende Rechtslage wiedergeben und festschreiben, ohne von ihr abzuweichen, fallen nicht unter Abs. 5 und sind zulässig442. Sie stehen aber unter dem Risiko einer Änderung jener Rechtslage oder des sie mitbestimmenden Richterrechts. Vertragsfreiheit besteht für nach Vertragsende geschlossene Vereinbarungen. Gegen zwingendes Recht setzt sich auch ein abweichender Handelsbrauch nicht durch443. So muss eine Provisionsverzichtsklausel die von § 87a Abs. 5 erfassten Fälle ausnehmen, also die Provisions-TB des § 87a Abs. 2, 3444 (zur Provisionsverzichtsklausel § 89b Rn 518 ff). Wird das missachtet, bliebe die Verzichtsklausel sowohl als AGB nach § 307 BGB wie 435 436

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BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 32/89, NJW-RR 1991, 156 (159). OLG Köln, Urt. v. 27.11.1992 – 20 U 89/92, NJW-RR 1994, 226; Westphal I Rn 582; Hopt § 87a Rn 28. OLG Köln, a.a.O.; Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (385); Hopt a.a.O. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 44; aA OLG Frankfurt BB 1977, 1171; bedenklich auch OLG Karlsruhe VersR 1982, 267. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 44; Schröder § 87a Rn 44.

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Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 45; Hopt § 87a Rn 33; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 57. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 48; Schröder § 87a Rn 44. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein: = NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4.

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als Individualvereinbarung nach § 87a Abs. 5 unwirksam445. Soweit zulässigerweise von § 87a abgewichen wird, trägt diejenige Partei die Beweislast, welche sich auf die Abweichung beruft, hilfsweise der Formulierende. Zu AGB s.o., Vor § 84 Rn 42 f. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Abweichung eine unbillige Benachteiligung iSd § 307 BGB bedeutet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die §§ 87 ff einen hohen Gerechtigkeitsgehalt in sich tragen. So hat das OLG München die Klausel eines Untervertretervertrages für unwirksam gehalten, nach der der Provisionsanspruch des Untervertreters nur besteht, wenn der Hauptvertreter eine Provisionszahlung erhalten hat, und zwar unabhängig von Abschluss, Ausführung oder Erfüllung des vermittelten Geschäfts446. Das Verbot abweichender Vereinbarungen gilt von Vertragsschluss bis Vertragsende. 115 Ist ein Anspruch bereits entstanden, darf der HV auf ihn verzichten, Abs. 5 steht dem nicht entgegen447. Eine Derogation der Provisionsanwartschaft nach § 87 wird nicht durch Abs. 5 gehindert. Deshalb darf das Entstehen der Provisionsanwartschaften herausgezögert werden, etwa der Anspruch auf echte oder unechte Überhangprovision ausgeschlossen werden448. Eine solche Regelung gilt wegen des Abs. 3 jedoch nicht für Geschäfte, die vereinbarungsgemäß während der Vertragslaufzeit auszuführen gewesen wären, wenn der Unternehmer die nicht rechtzeitige Nichtausführung zu vertreten hat449. Im Einzelnen: 116

I. Absatz 1 § 87a Abs. 1 ist in Abs. 5 nicht als zwingende Vorschrift genannt, so dass es auf den 117 ersten Blick scheint, als dürfe von dieser Bestimmung vollständig abgewichen werden. Der Wortlaut des § 87a Abs. 5 steht folglich einer § 87a Abs. 1 S. 1 abändernden Vereinbarung nicht entgegen450. Deshalb darf der Anspruch innerhalb der nachfolgend aufgezeigten Grenzen individualvertraglich bis zur Grenze des § 138 BGB ausgeschlossen oder modifiziert werden451. Es ist zulässig, die Provision von der Zahlung des Kunden452 und das Zustandekommen des Kundenvertrags von dessen tatsächlicher Ausführung abhängig zu machen453. Weiter dürfen Provisionsansprüche sowie gegen den HV gerichtete Rückzahlungsansprüche aus § 87a in ein Kontokorrent gestellt werden454. Abs. 5 hindert den HV auch nicht daran, Provisionsforderungen zu erlassen, die nach §§ 87, 87a Abs. 1 S. 1 entstanden sind, weil der Unternehmer das Geschäft bereits ausgeführt hat455. Jedoch bestimmt Abs. 1 S. 2 und Abs. 1 S. 3, dass der HV mit Ausführung des Geschäfts zwingend Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss und unabhängig von einer Vereinbarung mit Ausführung des Geschäfts Anspruch auf Provision hat, so dass sich – 445

446

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BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein, NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de. BGH, Urt. v. 29.11.1995 – VIII ZR 293/94, ZIP 1996, 129, 131; BGH DB 1961, 234. BGHZ 33, 92; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Schröder § 87a Rn 1a, 8, 8a, 13a.

449 450 451

452 453 454 455

BGHZ 33, 92. BGH DB 2003, 2173. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Hopt § 87a Rn 8, 35; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21; Schröder § 87a Rn 11 ff. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 12, 13. AA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 53. AA Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 53. BGH, Urt. v. 09.07.2003 – VIII ZR 60/02, VersR 2003, 1395 = DB 2003, 2173 = WM 2003, 2112.

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§ 87a

1. Buch. Handelsstand

systematisch wenig geglückt – der zwingende Charakter dieses Teils des Abs. 1 nicht aus Abs. 5 sondern bereits aus Abs. 1 ergibt456; hiervon abweichende Vereinbarungen sind wirksam. Eine einheitliche Regelung in Abs. 5 wäre wünschenswert gewesen. Unwirksam ist die Einordnung einer Provisions- als Vorschusszahlung457 oder die zu Lasten des HV gereichende Verschiebung der in Abs. 1 genannten Entstehungszeitpunkte. Da die Regelung nicht für den HV nachteilig ist, darf vereinbart werden, dass mit Teilausführung des Geschäfts durch eine Partie der volle Provisionsanspruch entstehen soll458. Auch die Höhe des Vorschusses darf im Rahmen der von Abs. 1 genannten Angemessenheit konkretisiert werden459. Problematisch sind Klauseln, nach denen während eines befristeten Zeitraums ein garantierter Provisionsvorschuss gezahlt wird und die verdiente Provision nur zum Teil. Während eines befristeten Zeitraums darf aber eine geringere Provision versprochen werden. Denn nach Abs. 1 geschützt ist nur die tatsächlich versprochene oder gesetzlich geschuldete Provision.

II. Absatz 2 118

§ 87 a Abs. 2 über die Nichtleistung ist gem. Abs. 5 zwingend. Abdingbar ist nur die Regelung in Abs. 2 zweiter Hs., wonach bereits empfangene Beträge zurückzugewähren sind, nicht jedoch der erste Hs. (Abs. 5, 1. Alt.). Für den HV nachteilige Vereinbarungen sind insoweit unwirksam460. Daher kann nicht zum Nachteil des HV abweichend von § 87a Abs. 2 festgelegt werden, unter welchen Umständen die Kundenleistung als nicht erbracht feststeht. Unwirksam ist eine Vereinbarung, gemäß der bereits nach einer erfolglosen Mahnung des Dritten dessen Zahlungsunfähigkeit feststehen soll461 oder die Klausel „Endet die Vertragsbeziehung mit dem Kunden innerhalb von 2 Monaten nach Beginn der Energielieferung, gleich aus welchem Grund, veranlasst der Kunde die Rückbuchung der Sonderabschlagszahlung innerhalb der Widerruffrist oder erhält der Unternehmer eine negative Bonitätsauskunft, so erlischt der Anspruch auf die Abschlussprovision. Rückforderungsbeträge aufgrund stornierter Abschlussprovisionen, sind unverzüglich vom Vertriebspartner an den Unternehmer zurückzuzahlen und können mit anderen Provisionsansprüchen aus dieser Vereinbarung aufgerechnet werden“462. Das LAG BadenWürttemberg463 hatte eine Vereinbarung des Inhalts, derzufolge mit dem Ausbleiben der Leistung des Dritten die Nichtleistung als festgestellt zu gelten habe und der Unternehmer nicht beizutreiben brauche, als gültig angesehen. Der BGH464 hat demgegenüber eine solche Abrede nur zugelassen für Fälle, in denen die Einklagung und Beitreibung dem Unternehmer nicht zugemutet werden könne, nämlich bei dem Vertrieb von Massengütern des täglichen Gebrauchs mit geringem Wert des Einzelstücks; das traf in jener Streitsache für rückständige Abonnentengelder aus Zeitschriftenbezug wegen der Geringfügigkeit des Objekts im Verhältnis zu der Vielzahl der anfallenden Rückstandsfälle zu. Das OLG Hamm465 trifft die gleiche Unterscheidung: bei dauerhaften und höherwertigen 456

457 458

459

Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 44; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22; Hopt § 87a Rn 9; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25; Schröder § 87a Rn 14a, 46. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 53. Hopt § 87a Rn 12; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Hopt § 87a

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460 461 462 463 464 465

Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 25. Westphal I Rn 567. Westphal I Rn 567. AA LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. BB 1955, 682. MDR 1972, 135. VW 1979, 191.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

Gebrauchsgütern sei eine Klausel des Inhalts, dass mit der Zahlungssäumnis des Kunden seine Nichtzahlung „feststehe“ und der Unternehmer deshalb einen Versuch der Beitreibung nicht zu unternehmen brauche, unwirksam. Da lediglich Bestimmungen zum Nachteil des HV unzulässig sind, bleiben Regelungen gestattet, welche die Anforderungen an den nachträglichen Wegfall des Provisionsanspruchs nach Abs. 2 1. Hs.466 verschärfen oder diese Rechtsfolge ausschließen, den Rückzahlungsanspruch nach Abs. 2 2. Hs. im Detail regeln, ausgestalten oder ausschließen467. Unzulässig ist eine Provisionsverzichtsklausel, die auch nach Abs. 2 noch nicht unbedingt entstandene Provisionen erfassen soll (Rn 114).

III. Absatz 3 Nicht abdingbar sind die Bestimmungen in Abs. 3 über den Einfluss von Störungen in 119 der Ausführung des Geschäfts auf den Provisionsanspruch, soweit Vereinbarungen hierüber zu Lasten des HV getroffen werden (Abs. 5). Ist der Provisionsanspruch durch vertragliche Vereinbarung an die Erbringung der Leistung durch den Dritten geknüpft und erbringt der Dritte seine Leistung nicht, weil der Unternehmer seinerseits das Geschäft nicht ausgeführt hat oder nicht ausführt, so darf diese Ursache, zugunsten des HV zwingend, nicht außer Betracht gelassen werden. Wird vereinbart, dass dem HV keine Provision für Geschäfte zustehen soll, die bei Beendigung des Vertragsverhältnisses noch nicht ausgeführt sind, so ist das zwar wirksam, jedoch wegen des zwingenden Abs. 3 S. 1 nicht für den Fall, dass der Unternehmer schon vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Ausführung säumig geworden war, ohne dass ihm hierfür ein Grund nach Abs. 3 zur Seite stand468. Der Unternehmer kann zudem entgegen Abs. 3 S. 1 nicht das Risiko der Unsicherheit von Lieferschwierigkeiten bei Vorlieferanten in der damals sowjetischen Besatzungszone auf den HV abwälzen mit der Klausel, die Provision sei „in jedem Falle“ erst mit Lieferung und Zahlung des Kunden verdient: eine solche Klausel wäre, da für Abs. 3 S. 1 die Lieferschwierigkeiten im Risikobereich des Unternehmers liegen und von ihm zu vertreten sind, unwirksam469. Auch mittelbare Risikoüberwälzungen auf den HV entgegen dem Risikoverteilungsprinzip des Abs. 3 hat die Rechtsprechung korrigieren müssen. Das LG Düsseldorf470 hatte eine Abrede für zulässig gehalten, wonach der HV das Kostenrisiko des gegen den Kunden zu führenden Prozesses einschließlich der Beitreibungsversuche übernahm, und dies damit begründet, der HV sei eher als der Unternehmer in der Lage, jenes Risiko aus eigener Kenntnis des Kunden zu beurteilen; außerdem sei damit die erzieherische Wirkung verbunden, den HV zur rechtzeitigen Prüfung der Solvenz des Kunden anzuhalten. Die Vereinbarung, für den Einzelfall getroffen, mochte sich gerade noch in den Grenzen des nach Abs. 3 Zulässigen halten. Das OLG Karlsruhe471 hat demgegenüber mit Recht eine Kostenübernahmeklausel für derartige Fälle missbilligt, was auch im Falle einer anteiligen Kostentragungspflicht des HV gelten dürfte. An der Unabdingbarkeitsschranke des Abs. 5 würden ferner Klauseln über den Verzicht einer Nachbearbeitung oder Klage gegen den Kunden472 oder den Wegfall der Provision nach einer mit Verlust für den Unternehmer verbundenen Abwicklung des

466 467 468 469 470 471

Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42. BGHZ 33, 92. LAG Düsseldorf BB 1960, 813. DB 1979, 2176. BB 1974, 904; Ebenroth/Löwisch § 87a

472

Rn 44; Hopt § 87a Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 56. OLG Hamm MDR 1978, 937; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 44; Hopt § 87a Rn 33; aA LAG Stuttgart DB 1955, 682; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; OLG Frankfurt BB 1977, 1171 und VersR 1978, 326.

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1. Buch. Handelsstand

Geschäfts ihre Grenze finden473. Der Unternehmer darf dem Kunden aber einen Vertragsänderungsvorbehalt einräumen. Übt ihn der Kunde aus, wird der Vertrag nicht anders als abgeschlossen ausgeführt. Vielmehr stand er von vornherein unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen, Abs. 3 greift nicht ein474. Abs. 5 hindert den HV nicht daran, Provisionsforderungen zu erlassen, die nach Abs. 3 S. 1 bereits unbedingt wurden475. Provisionsverzichtsklauseln hinsichtlich noch nicht unbedingt entstandener (nachvertraglicher) Provision müssen aber die Fälle des Abs. 3 vom Verzicht ausnehmen476. Gestattet sind auch für den HV lediglich vorteilhafte Regelungen, welche die Anforderungen an den nachträglichen Wegfall des Provisionsanspruchs nach Abs. 3 S. 2 verschärfen, jene Rechtsfolge ausschließen477 oder die Anforderungen an das Entstehen des Anspruchs nach Abs. 3 S. 1 erleichtern478.

IV. Absatz 4 120

Abs. 4 ist ebenfalls zwingend. Eine ggf. nur mittelbare479 Verzögerung des Fälligkeitstermins verstößt gegen Abs. 5480. Das gilt etwa für die Vereinbarung, derzufolge der HV einen Teil der fälligen Provision erst zu einem späteren Zeitpunkt als Pension beziehen soll481. Vereinbarungen zur Schaffung des insbes. im Versicherungsvertrieb üblichen Stornoreservekontos sollen hingegen auch im Lichte des Abs. 4 gestattet sein482, obwohl dem Wortlaut nach ein Verstoß jedenfalls nahe liegt, falls die Stornoreserve durch einen Provisionseinbehalt aufgefüllt wird (Verschiebung des Fälligkeitszeitpunktes). Dabei wird ein Teil der fälligen Provision zur Sicherung eines Rückforderungsanspruchs des Unternehmers nach Abs. 2 2. Hs. oder wegen nicht verdienter Provisionsvorschüsse in ein Sicherungskonto – das Stornoreservekonto – eingestellt. Voraussetzung der Wirksamkeit ist die Kontogutschrift am Tag der Fälligkeit483; zudem ein angemessener Abrechnungszeitraum nach Ende des HV-Vertrages, den das OLG Düsseldorf484 gem. § 307 BGB bei einem Jahr nach Vertragsende noch als gewahrt ansah, nicht jedoch bei einer Sperrfrist der Stornoreserve bis 3 Jahre nach Vertragsende. Gegen den Anspruch des HV auf Auszahlung eines Guthabens aus dem Stornoreservekonto darf der Unternehmer sowohl vertragsbegleitend wie nachvertraglich mit allen Forderungen aufrechnen, die in dem Vertragsverhältnis ihren Rechtsgrund haben485. 473 474

475

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Schröder § 87a Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 18, 22; aA Hopt § 87a Rn 20. BGH, Urt. v. 09.07.2003 – VIII ZR 60/02, VersR 2003, 1395 = DB 2003, 2173 = WM 2003, 2112. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = EWiR 2010, 119 (Emde). Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 42; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21. OLG Düsseldorf OLGR 1993, 131. OLG Düsseldorf OLGR 1993, 131: Abrechnung des Stornoreservekontos erst, wenn alle vermittelten Verträge die Stornohaftzeit überdauert haben; OLG Düsseldorf BB 1990, 1086: Abrechnung 3 Jahre nach Ende

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481

482

483 484 485

des HV-Vertrags; Hopt § 87a Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 61. LAG Hamm BB 1985, 464; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 47; Hopt § 87a Rn 34; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 61. BGH WM 1975, 181; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 47; Schröder § 87a Rn 43a. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.01.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086. Differenzierend Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 47: während des bestehenden HV-Vertrages nur mit Forderungen, deren Sicherung das Stornoreservekonto dienen soll.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

J. Beweislast I. Absatz 1 Der HV – auch der Untervertreter im Verhältnis zum Hauptvertreter486 – hat das Ent- 121 stehen und die Fälligkeit seines Provisionsanspruches zu behaupten und im Streitfalle zu beweisen487, insbesondere dass das Geschäft vom Unternehmer ausgeführt worden ist (Abs. 1 S. 1, wo nicht, wie meist, abbedungen; in diesem Falle: dass der Dritte geleistet hat, weil damit der Provisionsanspruch spätestens entstanden ist). Hinsichtlich der Vergütungsbestandteile, für die nach § 87c Abs. 2 ein Buchauszug erteilt werden muss, kann die Darlegungslast des HV durch vom Unternehmer mit Anerkenntniswirkung gefertigte Abrechnungen nach § 87c Abs. 1 sowie durch das Verlangen nach einem vom Unternehmer erstellten Buchauszug erleichtert werden. Der HV wird deshalb – ggf. als Widerklage – eine Stufenklage erheben, in erster Stufe gerichtet auf Abrechnung und Buchauszug, in zweiter Stufe auf Provisionszahlung (§ 87c Rn 187). Ein im Wege der Ersatzvornahme gefertigter Buchauszug hat diese Wirkung nicht, er ist jedoch nach § 286 ZPO ein zulässiges Beweismittel. Hat der Unternehmer unberechtigt Provision gezahlt, gehört es zu einer ordnungsgemäßen Begründung seines Rückforderungsanspruchs, die Gründe dazulegen und zu beweisen, die zu den Stornierungen geführt haben488. Allgemein hat der Unternehmer seine Darlegungslast zur Höhe eines Rückforderungsanspruchs wegen nicht verdienter Provisionen erfüllt, wenn er eine geordnete Zusammenstellung der einzelnen Rechnungspositionen vorlegt, die rechnerisch überprüfbar ist und eine Zuordnung zu den einzelnen Geschäftsvorfällen ermöglicht489. Das pauschale Bestreiten dieses Vortrags durch den HV gibt keine Veranlassung, höhere Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrages zu stellen490. Fordert der Unternehmer eine Provision zurück, weil eine Doppelbuchung vorliegt, und tritt der HV dem nicht substantiiert entgegen, so ist das Rückforderungsverlangen angesichts der irrtümlichen Doppelbuchung begründet. Es erscheint unwahrscheinlich, dass der gleiche Kunde am selben Tag zwei Lebensversicherungen über die identische Antragssumme abgeschlossen haben könnte491. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Vorschuss nach S. 2 hat der HV zu bewei- 122 sen492; verlangt der Unternehmer dessen Rückzahlung, trägt er die Beweislast für die Höhe der an den HV als Vorschuss gezahlten Beträge. Strenger waren Instanzgerichte493: Unterbreitet der auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen klagende Unternehmer eine schlüssige und substantiierte Abrechnung, so ist es Sache des beklagten HV, detailliert vorzutragen, welche der einzelnen Positionen von ihm bestritten werden und warum sie nicht gerechtfertigt sind. Nach dieser unternehmerfreundlichen Rspr. genügt ein Versicherer seiner Darlegungslast, wenn er eine Einzelaufstellung vorlegt, aus der sich die Vertragsnr., Vor- und Zuname des Versicherungsnehmers, der Versicherungsbeginn, die vertraglich vereinbarte Beitragszahlungsdauer in Jahren, die tatsächliche Laufzeit der Versicherung bis zum Vertragsstorno in Monaten, die Stornohaftungszeit, die an den HV vorschüssig gezahlte Provision, der sich hiernach ergebende Rückforderungsbetrag in

486 487 488 489 490

BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881 (2883). LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. OLG Köln VersR 2003, 459. OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017. OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017.

491 492 493

OLG Celle, Urt. v. 28.06.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 55. LG Hamburg, Urt. v. 17.08.2010 – 330 O 310/09; LG Saarbrücken VersR 2000, 761.

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1. Buch. Handelsstand

EUR sowie das Datum der außergerichtlichen Zahlungsaufforderung ergeben494. Eine solche Substantiierungspflicht des HV wird aber die Ausnahme bleiben und nur gefordert werden können, wenn die Substantiierung dem HV überhaupt möglich ist, etwa hinsichtlich der erhaltenen Provisionszahlungen. Bezüglich der Stornierungsgründe und wohl auch der Einzelheiten des vom Unternehmer geschlossenen Kundengeschäfts ist dies dem HV regelmäßig unmöglich, insb. bei nachvertraglichen Geschehnissen. Für die rechtliche Einordnung einer Zahlung als Provision, Fixum, Garantieprovision o.ä. ist derjenige beweispflichtig, der Vorteile aus dieser Einordnung herleitet. Handelt es sich um eine betragsmäßig schwankende und offensichtlich erfolgsabhängig gezahlte Leistung, wird meist von einer Provision auszugehen sein.

II. Absatz 2 123

Unabhängig von seiner prozessualen Parteirolle muss der Unternehmer die Voraussetzungen eines Rückzahlungsanspruchs nach Abs. 2 2. Hs beweisen495. Ob der HV sich mit seiner Verteidigung auf eine Rückzahlungsklage bis zur Erteilung eines Buchauszuges darauf beschränken kann, die Vorlage eines solchen zu fordern496, ist zweifelhaft. Es genügt, dass der Unternehmer für die Darlegung seines Rückforderungsanspruchs beweispflichtig ist. Dieser Beweis muss nicht notwendig in Buchauszugsform erbracht werden. Allerdings darf sich der HV gegen ein Zahlungsbegehren des Unternehmers mit dem Beweisangebot „Buchauszug, erstellt von dem Unternehmer“ verteidigen.

III. Absatz 3 124

Die Beweislast für S. 1 liegt beim HV 497, für S. 2 beim Unternehmer. Zu S. 1 braucht der HV nur darzulegen und ggf. zu beweisen, dass die Nichtausführung für den Teil, für den er Provision verlangt, feststeht498. Dies setzt Ausführungen zum ursprünglichen Vertragsinhalt und zu der abweichenden Ausführung voraus. Das „Feststehen“ kann durch Indizien unterstützt werden, wobei die Anforderungen nicht zu hoch gelegt werden dürfen. Denn der Unternehmer kann wegen seiner Sachnähe den Gegenbeweis eher führen. Er kann die Provisionspflicht nur abwenden, indem er nachweist, dass er die Nichtausführung nicht zu vertreten hat499. Dass der Dritte nicht leistet (geleistet habe, leisten werde), braucht der HV nicht darzulegen: zu seinen Gunsten wird, wenn es sonst auf die Leistung des Dritten ankäme, vermutet, die Leistung des Unternehmers habe die Nichtleistung oder die Nicht-so-Leistung des Dritten zur Folge; Sache des Unternehmers wäre es, darzutun, dass auch unabhängig von seiner eigenen Leistungssäumigkeit der Dritte nicht geleistet hat oder haben würde.

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LG Hamburg, Urt. v. 17.08.2010 – 330 O 310/09, VersR 2011, 73. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Baumgärtel Rn 2, 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; Hopt § 87a Rn 30; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 55; MünchKomm-HGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 58; Schröder § 87a Rn 42.

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496 497

498 499

So wohl Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 55. BGH, Urt. v. 02.03.1989 – I ZR 121/87, NJW-RR 1989, 865; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. Hopt § 87a Rn 30. BGH BB 1989, 1077; Hopt § 87a Rn 30.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

Die Beweislast für die Voraussetzungen des S. 2 trägt der Unternehmer500, und zwar 125 für jede einzelne Provisionsforderung501. Dazu zählt auch die Darlegung, die Ausführung sei deshalb unzumutbar, weil er (der Unternehmer) zwar leistungsfähig und leistungswillig, aber der Dritte nicht leistungsbereit sei. Schieben also Unternehmer und Dritter sich gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern der Ausführung des Auftrages zu, so ist der Unternehmer gegenüber dem HV beweislastmäßig am Zuge: es wird auch hier vermutet, dass der Dritte nicht geleistet habe, weil der Unternehmer es an der Ausführung des Vertrages, der Bereitschaft und der Fähigkeit hierzu habe fehlen lassen; dass Grund und Folge umgekehrt liegen, hätte der Unternehmer, als einen ihn entlastenden Umstand für die Nichtausführung des Geschäfts zu beweisen. Die Gründe der nicht vertragsgemäßen Ausführung des Geschäfts sowie des Nichtvertretenmüssens hat der Unternehmer für jeden einzelnen Fall einer Rückforderung502 einschließlich Art und Umfang einer behaupteten Nachbearbeitung503 (Zeitpunkt und Art der Mahnung und der Unterrichtung des HV über die Stornogefahr) zu beweisen sowie die Höhe der zurückgeforderten Abschlussprovision zu berechnen504. Widersprüchlicher Vortrag ist unbeachtlich505. Davon soll selbst dann nicht abgewichen werden, wenn der HV auf Seiten des Kunden an einer Stornierung des Kundenvertrags mitgewirkt hat506 (Frage des Einzelfalls) oder es um die Frage geht, ob und mit welchen Provisionsansprüchen Stornos verrechnet wurden507 (denn es geht in der Sache um den Erfüllungseinwand des Unternehmers). Auf Anlagen darf der Unternehmer Bezug nehmen; sie müssen jedoch verständlich sein508. Zwischen Haupt- und Untervertreter gelten dieselben Beweismaßstäbe509; der Hauptvertreter muss gegenüber seinem Untervertreter die Gründe einer Nichtzahlung des Unternehmers beweisen510. Die vom Hauptvertreter erhobene Behauptung, er habe wegen des Scheiterns der Finanzierung, die er zudem nicht hat beweisen können, keine Provision erhalten, reicht nicht aus, um den Provisionsanspruch der Untervertreters zu Fall zu bringen511, insb. wenn der Haupt-HV keine Ausführungen dazu macht, inwiefern er Bemühungen, Provisionen zu erhalten, unternommen hat. Eine Erleichterung für die Beweislast hat der BGH512 dem Unternehmer insofern zugestanden, als bei dem Vertrieb von Massengütern des täglichen Bedarfs mit geringem Wert der Einzelstücke eine Ver500

501 502

503

RGZ 63, 69 (71); BGH NJW 1983, 629 (631); NJW-RR 1989, 865; NJW-RR 1992, 868 (869); OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Düsseldorf OLGR 1995, 19 (20); LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041; Holling DB 1960, 79; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 55. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Koblenz VersR 1980, 623; OLG Hamm, Beschl. v. 12.03.2004, 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 60. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491.

504

505 506 507 508 509 510

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OLG Hamm, Beschl. v. 12.03.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; Knorn BB 1975, 111 (112). OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. BGH NJW-RR 1989, 865. AA LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1701); LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 55. OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1701). MDR 1972, 135.

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§ 87b

1. Buch. Handelsstand

mutung dafür spreche, dem Unternehmer solle die Einklagung und Beitreibung von Zahlungsrückständen gegen nachhaltig zahlungssäumige Kunden nicht zumutbar sein. Hier habe der HV darzutun, dass und warum es im konkreten Falle anders sei. Zweifelhaft ist, ob diese Entscheidung nach der Novelle 1990 noch maßgeblich ist.

IV. Absatz 4 Der HV trägt die Beweislast für die Fälligkeit des Provisionsanspruches513.

126

§ 87b Höhe der Provision (1) Ist die Höhe der Provision nicht bestimmt, so ist der übliche Satz als vereinbart anzusehen. (2) Die Provision ist von dem Entgelt zu berechnen, das der Dritte oder der Unternehmer zu leisten hat. Nachlässe bei Barzahlung sind nicht abzuziehen; dasselbe gilt für Nebenkosten, namentlich für Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, es sei denn, daß die Nebenkosten dem Dritten besonders in Rechnung gestellt sind. Die Umsatzsteuer, die lediglich auf Grund der steuerrechtlichen Vorschriften in der Rechnung gesondert ausgewiesen ist, gilt nicht als besonders in Rechnung gestellt. (3) Bei Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen von bestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt für die Vertragsdauer zu berechnen. Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu dem erstmals von dem Dritten gekündigt werden kann; der Handelsvertreter hat Anspruch auf weitere entsprechend berechnete Provisionen, wenn der Vertrag fortbesteht.

Schrifttum Evers Die Nichtigkeit von Handelsvertreterverträgen wegen zu geringer Verdienstmöglichkeiten und ihre Rückabwicklung, BB 1992, 1365; Habscheid Das Ausgleichsrecht des Handelsvertreters, FS Schmidt-Rimpler, 1957, 335; Heckmann Die Exportabgabe nach dem Absicherungsgesetz und der Provisionsanspruch des ausländischen Handelsvertreters, DB 1969, 990; Kottke Die Mehrwertsteuer des Handelsvertreters BB 1968 1076; Klinger Zur Bemessung und Gestaltung der Vertreterprovision, DB 1957, 974; Preis/Stoffels Die Inhaltskontrolle der Verträge selbständiger und unselbständiger Handelsvertreter, ZHR 160 (1996), 442; Schröder Änderung der Vertragsbedingungen und Ausgleichsanspruch im Handelsvertreterverhältnis, DB 1958, 975; ders. Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters; BB 1963, 567; Ulmer/Habersack Zur Beurteilung des Handelsvertreter- und Kommissionsagenturvertriebs nach Art 85 Abs. 1 EGV, ZHR 159 (1995), 109.

513

Baumgärtel § 87a Rn 2, 3, 4; Ebenroth/ Löwisch § 87a Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 5; Hopt § 87a

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Rn 30; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 42.

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§ 87b

Übersicht Rn A. Übersicht B. Genese

. . . . . . . . . . . . . . . .

1

. . . . . . . . . . . . . . . . .

2

C. Europarechtliche Präformation

. . . . .

Rn 2. 3. 4. 5. 6.

Nachlässe . . . . . . . . . . . . Nachlass bei Barzahlung . . . . Nebenkosten . . . . . . . . . . Umsatzsteuer . . . . . . . . . . Abweichende Vereinbarungen zu Abs. 2 . . . . . . . . . . . . II. § 87b Abs. 3: Provisionsberechnung bei Dauerverträgen . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . 2. Verträge mit bestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 Satz 1) . . . . . . 3. Verträge mit unbestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 Satz 2) . . . . . . 4. Fortsetzung des Vertrages . . . . 5. Nicht fortgesetzter Vertrag . . . 6. Beendigung des HV-Vertrages . . 7. Vorzeitige Beendigung des Dauervertrages . . . . . . . . . . . . 8. Abweichende oder konkretisierende Vereinbarungen zu Abs. 3

3

D. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4–18 I. Dispositivität des Abs. 1 sowie vertragliche Vereinbarung der Provisionshöhe . . . . . . . . . . 5 II. Sittenwidrigkeit . . . . . . . . . . 6 III. AGB . . . . . . . . . . . . . . . . 7 IV. Konkludente Vereinbarung . . . . 8 V. Ausdrückliche Vereinbarung . . . . 9 VI. Änderung der Provisionsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . 10–13 VII. Leistungsbestimmungsrecht . . . . 14 VIII. Obrigkeitliche Festsetzung . . . . . 15–16 IX. Üblicher Provisionssatz mangels Vereinbarung und obrigkeitlicher Feststellung . . . . . . . . . . . . 17–18 E. § 87 b Abs. 2 und 3: Provisionsberechnung 19–40 I. Absatz 2 . . . . . . . . . . . . . . 20–28 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . 20–22

F. Dispositivität

23 24 25–26 27 28 29–40 29–31 32–34 35 36 37 38 39 40

. . . . . . . . . . . . . .

41

G. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .

42

A. Übersicht § 87b handelt von der Berechnung der Provision und trifft Grundregeln zu ihrer 1 Höhe und Berechnungsweise. Die Vorschrift regelt mithin „wie viel“ der Vertreter für seine Hauptleistung erhält. Die Norm trennt Höhe (Abs. 1) und Berechnungsgrundlagen (Abs. 2, 3) der Provision. Abs. 3 betrifft dabei den Sonderfall der Dauerverträge. Sie gilt für alle unter § 84 fallenden HV einschließlich der Unter-1 und Versicherungsvertreter2 sowie für sämtliche ihnen zustehende Provisionen3, auch für Folge- und Bezirksprovisionen4. Über § 65 ist § 87b auch auf den Handlungsgehilfen anwendbar. Auf Kommissionsagenten, Vertragshändler und Franchisenehmer ist § 87b regelmäßig unanwendbar5, da es sich um eine Spezialvorschrift zum HV-Recht handelt. Dass die Provision in Geld zu zahlen ist – auch wenn keine der beiderseitigen Leistungen der Geschäftspartner in Geld besteht (Tauschvertrag, Rn 21)6 –, setzt § 87b voraus. Nicht erforderlich ist, dass sie nach dem Modus des § 87b Abs. 2, 3 berechnungsbedürftig ist; sie kann auch nach der Stückzahl der vermittelten Objekte, statt in Prozenten des Entgelts, oder mit einem festen Betrag für das einzelne Geschäft vereinbart werden, woraufhin die Berechnungsweise des Gesetzes gegenstandslos wird.

1

2 3

Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 35. Bei der Anwendung sind die zwischen Hauptvertreter und Unternehmer getroffenen Vereinbarungen zu berücksichtigen, soweit sie den betroffenen Parteien bekannt sind. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 1; Münch-

4 5 6

KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 3; Schröder § 87b Rn 1. Westphal I Rn 588. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 4; Schröder § 87b Rn 1.

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§ 87b

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B. Genese 2

§ 87b wurde mit der Novelle 1953 in das HGB gebracht. Abs. 2 S. 3, betreffend die Mehrwertsteuer, ist durch die Neufassung des Umsatzsteuergesetzes vom 29.05.1967 (BGBl. I, 545) eingefügt worden.

C. Europarechtliche Präformation 3

§ 87b Abs. 1 bildet Art. 6 Abs. 1 HV-Richtlinie 1986 ab. Auch die RL sieht die Üblichkeit als subsidiären Auslegungsmaßstab vor, daneben nachrangig die Angemessenheit der Vergütung, was – obwohl vom deutschen Recht nicht übernommen – auch hier gilt. § 87b Abs. 2 und 3 sind ohne Vorbild in der RL.

D. Absatz 1 4

Zum Begriff der Provision vgl. oben, § 87 Rn 2 ff.

I. Dispositivität des Abs. 1 sowie vertragliche Vereinbarung der Provisionshöhe 5

Die übliche Provision des Abs. 1 wird nur geschuldet, wenn vertraglich nichts Abweichendes bestimmt wurde, wobei sich die Parteien auf Teilregelungen zu bestimmten Provisionsarten, Tätigkeiten oder Zeitabschnitten beschränken dürfen7, die ggf. Auslegungshilfe bei der Bestimmung des im Übrigen Gewollten bieten können. § 87b ist innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB vollständig dispositiv8, so dass – wie Abs. 1 mit dem Satzteil „ist die Höhe der Provision nicht bestimmt“ klarstellt, vertragliche, auch konkludent vereinbarte, Absprachen vorgehen. Deshalb darf auch nach Abschluss des HV-Vertrages jederzeit, wenn auch hinreichend deutlich und selbst mit Rückwirkung9, ein anderer Provisionssatz als der in § 87b Abs. 1 vorgesehene „übliche“ vereinbart werden10, und zwar – siehe § 85 – formfrei, im Zweifel aber in der vereinbarten strengeren Form11. Der vereinbarte Provisionssatz geht der in Abs. 1 angesprochenen üblichen Provision, einer ergänzenden Vertragsauslegung, oder einem Handelsbrauch12 vor, wobei in dieser Reihenfolge zu prüfen ist. Die Bestimmung der Provision, die Abs. 1 als Regel voraussetzt, erfolgt gewöhnlich in dieser Weise durch Vertrag in Form eines bezifferten Provisionssatzes. Notwendiger Bestandteil oder Wirksamkeitsvoraussetzung des HV-Vertrags ist eine solche Provisionsvereinbarung aber nicht. Bei vollständigem oder teilweisem Fehlen oder – ggf. teilweiser – Unwirksamkeit einer Absprache über Berechnung und Höhe der Provision greifen die Auslegungsmechanismen in der vorge-

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 3. BGH, Urt. v. 04.05.1959 – II ZR 81/57; BGHZ 30, 98 (109) = NJW 1959, 1430; BAG, Urt. v. 24.09.1965 – 3 AZR 231/65, DB 1965, 1917; OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 3;

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9 10 11 12

Hopt § 87b Rn 18, 19; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 2, 45. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 6. AA Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 2; Schröder § 87b Rn 2.

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§ 87b

nannten Folge ein, vorrangig Abs. 1, nicht aber § 139 BGB13. Ist die Verteilung einer vertraglich vereinbarten Provision auf einzelne Provisionsarten, etwa werbende und verwaltende Provisionsbestandteile (speziell hierzu § 89b Rn 189 ff), streitig, wird ergänzend auf Abs. 1 zurückgegriffen. Eine vertragliche Teilregelung bedeutet nicht, dass über diese Teilregelung hinaus keine Provision gezahlt werden soll14. Ein solcher Umkehrschluss müsste sich eindeutig aus dem Vertrag ergeben15. Mangels entgegenstehender Regelung ist die vereinbarte Provision in allen Fällen zu zahlen, in denen der Vertreter Provision verlangen kann16, d.h. sowohl bei Vermittlungs-, Abschluss-, Bezirks- oder Kundenschutzprovision. Der versprochene Provisionssatz ist grundsätzlich auch dann maßgeblich, wenn mit dem Kunden ein besonders günstiger Sonderpreis vereinbart wird17 und gilt für alle Tätigkeiten des HV. Abzulehnen ist die Ansicht, für Bestandspflege- und Verwaltungsprovisionen gälten – wohl im Wege ergänzender Vertragsauslegung – grundsätzlich geringere Provisionssätze als für Vermittlungs- oder Abschlussprovisionen18. Mit der vereinbarten Provision ist im Zweifel die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit des HV abgegolten19.

II. Sittenwidrigkeit Sogenannte „Hungerprovisionen“, die sittenwidrig niedrig vereinbart sind, können 6 gemäß § 138 BGB unwirksam sein. Davon ist auszugehen, sofern die Provision kein ausreichendes Äquivalent für die Bemühung des HV darstellt, in außergewöhnlichem Maß von dem sonst in dem Geschäftszweig Üblichen abweicht und der HV trotz vollständiger Erfüllung der ihm übertragenen Pflichten, Nutzung der ihm nach dem HV-Vertrag eingeräumten Betätigungsmöglichkeiten sowie gebotenem Einsatz seiner Arbeitskraft eine angemessene Vergütung nicht erzielen kann20. Verluste des HV reichen für die Annahme einer Hungerprovision nicht aus21. Eine zu geringe Provision kann auch ein Indiz für die Unselbständigkeit des HV bilden, wobei wirtschaftlicher Abhängigkeit des HV jedoch regelmäßig nur eine schwache Indizwirkung für die Unselbständigkeit beizumessen ist (§ 84 Rn 17 ff). In Anlehnung an diese Diskussion wird auch bei Kfz-Händlerverträgen mit unzureichenden Verdienstmöglichkeiten eine Ergänzung der „Hungermarge“ diskutiert22. Eine den im Vertrieb erzielten Rabatt ergänzende Vergütung aus dem Werkstattund Gebrauchtwagengeschäft soll in die Gesamtbetrachtung des Leistungs-/Gegenleistungsverhältnisses nicht einbezogen werden23. 13 14

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17 18 19

Schröder DB 1958, 975 (976); Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 2; Schröder § 87b Rn 2a, 2c. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 6; Schröder § 87b Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2. BGH, Urt. v. 15.02.1971 – VII ZR 122/69; VersR 1971, 464; Westphal I Rn 588; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 8; Schlegelberger/ Schröder § 87b Rn 2a. OLG München HVR Nr. 827; Küstner/ Thume Rn 982. AA Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2.

20

21 22 23

BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, DB 1981, 2274; Urt. v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59; BB 1960, 1221 (1222); OLG Nürnberg BB 1960, 1261; BAG, Urt. v. 10.03.1960 – 5 AZR 426/58, MDR 1960, 612; OLG Düsseldorf ZIP 1998, 624 (627); LAG Berlin: DB 1964, 189; Evers BB 1992, 1365; Küstner/Thume I Rn 989; Ebenroth/ Löwisch § 87b Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2c. BGH BB 1960, 1221 (1222); Schlegelberger/ Schröder § 87b Rn 2c. Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24. Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24.

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III. AGB 7

Die Höhe der Provision ist wohl trotz § 87b der Kontrolle nach § 307 BGB entzogen. Es handelt sich um eine kontrollfreie Hauptleistung (Vor § 84 Rn 40).

IV. Konkludente Vereinbarung 8

Da die Provisionsabrede formfrei getroffen werden kann, darf eine stillschweigende Vereinbarung zur Provisionshöhe erfolgen. Wird im Einverständnis beider Parteien die Tätigkeit des HV über einen gewissen Zeitraum in gleichbleibender prozentualer Höhe vergütet, mag auf eine entsprechende vertragliche Vereinbarung geschlossen werden24. Schweigen einer Partei auf den Änderungsvorschlag der anderen bildet keine Zustimmung25.

V. Ausdrückliche Vereinbarung 9

Fast alle schriftlichen Vertreterverträge enthalten eine ausdrückliche Regelung des Provisionssatzes26. Dieser ist dann maßgeblich. Vereinbart werden darf etwa, da kontrollfreie Hauptleistung (Vor § 84 Rn 40), regelmäßig auch durch AGB27, die Höhe der Provision, eine differierende Provision nach Geschäft, Kunde, ab Erreichen einer bestimmten Umsatzschwelle, für bestimmte Einzeltätigkeiten28, der Umfang der Mitwirkung des HV am Zustandekommen des Kundengeschäfts29, eine Bemessung nach der Verdienstspanne des Unternehmers30 oder die Provisionsverteilung unter verschiedenen Vertretern31. In allen Fällen kann auch eine völlig abweichende Vergütungsart gewählt werden, etwa ein Fixum oder ähnliches (§ 87 Rn 13 ff). Solange nicht klar unterschiedliche Provisionssätze für verschiedene Tätigkeiten des HV vereinbart sind, gilt der vereinbarte Provisionssatz für alle Tätigkeiten und Abschlüsse32.

VI. Änderung der Provisionsvereinbarung 10

Von der gesetzlich oder vertraglich geregelten Provisionshöhe darf – konkludent oder ausdrücklich (s.o.) – nur einvernehmlich abgewichen werden33 (siehe auch § 87 Rn 9). Einseitige Änderungen sind unwirksam34. Selbst die jahrelange Duldung einer einseitigen Herabsetzung der Provision, die meist nur aus Furcht des HV vor einer Kündigung des

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25 26 27 28 29

Westphal I Rn 586; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 4; Schröder § 87b Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5. Küstner/Thume I Rn 983. AA Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5. Klinger DB 1957, 975; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5; Schröder § 87b Rn 4.

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OLG Karlsruhe HVR (75) Nr. 494; Küstner/ Thume I Rn 997; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 4; Hopt § 87b Rn 18. Klinger DB 1957, 975; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5; Schröder § 87b Rn 2, 2b. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 5. Westphal I Rn 589. BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54, BB 1955, 1009; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 9.

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§ 87b

Vertrages durch den Unternehmer erfolgt, hindert den Vertreter später nicht, den noch unverjährten Teil der Provision nachzufordern. Nur in besonders krassen Fällen können Verwirkungsgrundsätze eingreifen, was ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraussetzt. Letzteres hat das LG Mannheim35 in einem Einzelfall angenommen: Die jahrelange rügelose Entgegennahme geringerer als der vertraglich vereinbarten Provisionen sowie entsprechender Abrechnungen durch einen Versicherungsvertreter soll entspr. § 362 als Annahme eines Antrags des Unternehmers zu werten sein, die ursprünglich vereinbarten Provisionssätze zu kürzen. Dem widerspreche eine Schriftformklausel nicht, weil sie durch konkludentes Verhalten abänderbar sei. Das Urteil des LG Mannheim dürfte im Spannungsverhältnis zur BGH-Rspr.36 stehen, derzufolge auf Grund der zwingenden Natur der Kontrollrechte (§ 87c Abs. 5) im Schweigen auf Abrechnungen keine Annahme des Angebots des Unternehmers auf die Höhe der abgerechneten Provision liegt. Zur Verwirkung gelten die zu § 87c Rn 104 ff näher dargestellten Ausführungen zum Anerkenntnis der Provisionsabrechnung mittels Schweigens (siehe dort). Wird keine Regelung getroffen, ab wann die Änderung Anwendung finden soll, ist der Provisionssatz maßgeblich, der zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Geschäfts und damit des Entstehens der Provisionsanwartschaft gilt37. Eine nachträglich verabredete Änderung von Provisionssätzen oder der Art der Provisionsberechnung bleibt damit, wenn nicht eindeutig Gegenteiliges vereinbart wird, ohne Einfluss auf bereits entstandene Provisionsansprüche oder Anwartschaften38. Beweispflichtig für die Änderung ist derjenige, der sich auf sie beruft. Im Zweifel ist nur eine für das einzelne Geschäft vereinbarte Änderung gewollt39. Änderungsvorbehalte, mit denen sich der Unternehmer eine einseitige Herabsetzung 11 der Vergütung vorbehält, sind grundsätzlich unzulässig. Zu AGB s.o., Vor § 84 Rn 42. Dies ist allerdings für Individualverträge umstritten. Es wird vertreten, dass sich der Unternehmer in Individualverträgen die einseitige Änderung des Provisionssatzes vertraglich vorbehalten darf40. Dem ist regelmäßig nur für den Fall zuzustimmen, dass es gewichtige Gründe für die Vereinbarung des Änderungsvorbehalts gibt und der Änderungsvorbehalt einen angemessenen Änderungsrahmen bezeichnet, etwa eine bevorzugte Verprovisionierung in der Aufbauphase. Anderenfalls könnte dem Vertragspartner – nicht anders als bei einem Änderungsvorbehalt mittels AGB – ein Vertrag mit völlig abweichenden Konditionen aufgezwungen werden. Ob langjährige Duldung eines einseitigen Bestimmungsrechts des Unternehmers durch den HV zur vertraglichen Anerkennung des Änderungsvorbehalts führt, ist zweifelhaft41. Was nicht ausdrücklich vereinbart werden darf kann auch nicht durch Duldung Vertragsinhalt werden. Der Unternehmer ist bei Ausübung seines Änderungsermessens nicht nur an die Willkürgrenze42 sondern an die Billigkeitsgrenze der §§ 315, 316 BGB gebunden. Die Billigkeit erfordert als das Mindeste, dass die üblichen Sätze eingehalten werden43. Ein einseitiger Änderungsvorbehalt fehlt, falls die Vereinbarung darauf zielt, dass der Provisionssatz bis auf weiteres

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LG Mannheim, Urt. v. 10.12.2004 – 23 O 89/04, VersR 2005, 1532. BGH NJW 1996, 588; siehe hierzu Emde MDR 1996, 331 ff; EWiR 1999, 327/328; Kukat DB 2002, 1646; ebenso OLG Hamburg, BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). Küstner/Thume I Rn 986. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 9.

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 9. Küstner RVR 1968, 149; Schröder DB 1958, 975 (976); Westphal I Rn 590; Ebenroth/ Löwisch § 87b Rn 9; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 7; Schröder § 87b Rn 2d. Küstner/Thume I Rn 985. So Westphal I Rn 590. Schröder § 87b Rn 2d.

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gilt44. Mangels hinreichender Klarheit enthält die Bestimmung lediglich die Feststellung, dass die Parteien durch spätere konsensuale Einigung und nicht mittels einseitiger Direktive einer Partei einen neuen Provisionssatz vereinbaren können. Gleiches gilt für die Regelung, der Provisionssatz werde nach Bedarfsfall festgelegt. Auch hierdurch wird kein Änderungsvorbehalt vereinbart45. Scheitert die Einigung, gilt fortan Abs. 1, soweit sich aus der Regelung nicht ergibt, dass der vereinbarte Provisionssatz bis zur wirksamen Abänderung gelten soll46. Können die Vertragspartner keine Einigung über eine Anpassung des Provisionssatzes finden, besteht nur die Möglichkeit, die Provisionshöhe im Wege einer Änderungskündigung und anschließender Neuvereinbarung festzulegen. Dazu muss der HV-Vertrag mit ordentlicher Kündigungsfrist gekündigt werden, wobei der Unternehmer spätestens zum Ende der Kündigungsfrist einen Neuvertrag anbietet. Der HV muss diesen Neuvertrag jedoch nicht annehmen, so dass die Kündigung dann mit der Folge einer Ausgleichsberechtigung nach § 89b wirksam wird. Eine Teilkündigung nur der Provisionsvereinbarung ist meist unwirksam, da Teilkündigungen regelmäßig unzulässig sind (§ 89 Rn 27). Weigert sich der Vertreter, geänderte Provisionssätze zu akzeptieren, ergibt sich da12 raus kein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmers47. Die Bereitschaft des Vertreters, in einem Einzelfall einen geänderten Provisionssatz zu akzeptieren, präjudiziert ihn nicht für Folgefälle. Die Einigung beschränkt sich daher im Zweifel auf das einzelne Geschäft. Die Beweislast für eine von der Üblichkeit abweichende Vereinbarung trägt derjenige, 13 der sich auf die vom Gesetz abweichende Vereinbarung beruft. Nicht etwa muss der HV, der die übliche Provision beansprucht, im Streitfalle beweisen, dass die Höhe nicht durch Vereinbarung bestimmt worden ist48.

VII. Leistungsbestimmungsrecht 14

Fehlt eine vertragliche Provisionsregelung und kann kein üblicher Provisionssatz festgestellt werden (etwa weil der provisionspflichtige Auftrag als Sonderauftrag aus dem Rahmen fällt), so darf nach § 315 BGB eine einseitige Leistungsbestimmung getroffen werden49. Der Provisionsanspruch wird dann „im Zweifel“ durch den HV gemäß §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen bestimmt50. Eine solche Bestimmung setzt jedoch voraus, dass alle Möglichkeiten der Vertragsauslegung oder der Ermittlung des Provisionssatzes, auch durch Sachverständigengutachten, ausgeschöpft sind51. Besitzt ausnahmsweise der Unternehmer hinsichtlich der Höhe der Provision ein dergestalt an der Billigkeit orientiertes Leistungsbestimmungsrecht und hat er in dessen Ausübung in einer bestimmten Höhe abgerechnet, konkretisiert diese Leistungsbestimmung den Leistungsinhalt endgültig. Sie ist für den Unternehmer unwiderruflich52. Die Bestimmung der

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Westphal I Rn 591. Küstner/Thume I Rn 985. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 3. Westphal I Rn 595. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87b Rn 4; RG WarnRspr. 1923/24 Nr. 135; LAG Bremen, DB 1960, 1212. Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111). BGH DB 1961, 638; Westphal I Rn 599;

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Küstner/Thume I Rn 994; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; Hopt § 87b Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 13; Schröder § 87b Rn 4a, b. Westphal I Rn 599. BGH, Urt. v. 19.01.2005 – VIII ZR 139/04, VersR 2005, 506; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1112).

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Provision oder ihrer Berechnungsgrundlagen darf auch einem Dritten53 oder einer Vertragspartei überlassen werden, es gelten dann die §§ 315 ff BGB.

VIII. Obrigkeitliche Festsetzung Auch sie ist „Bestimmung“ iSd Abs. 1. Die Vertragsfreiheit ist insoweit eingeschränkt. 15 Eine solche Bestimmung ist für die Kfz-Versicherung in §§ 31 ff der VO über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vom 5.12.1984 erfolgt54. Für die Lebensversicherungen ist durch das BaFin auf der Grundlage des § 81 VAG55 vorgeschrieben, dass die Provision einschließlich sonstiger Vergütungen höchstens 90% der rechnungsmäßig gedeckten Abschlusskosten des Neugeschäfts betragen darf56. Dagegen verstoßende Vereinbarungen sind unwirksam. Durch Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für Privatversicherungen vom 08.03.193457, welche als Verordnung zu qualifizieren ist58, wurde gegenüber Lebensversicherungsunternehmen und Vermittlern von Lebensversicherungen ein Verbot ausgesprochen, Versicherungsnehmern Sondervergütungen zu gewähren (siehe auch § 92 Rn 91). Hierbei handelt es sich – ebenso wenig wie bei den anderen hier genannten Verboten – um kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge iSd § 134 BGB59. Es richtet sich allein gegen Versicherer und Vermittler und verpflichtet daher nur eine der vertragsschließenden Parteien, nicht jedoch den Versicherungsnehmer. Der geschlossene Versicherungsvertrag bleibt trotz eines Verstoßes in der Regel wirksam60. Dreher61 hält die Bekanntmachung des Reichsaufsichtsamtes v. 08.03.1934 für europarechtswidrig. Der EuGH habe sie im Fall Meng62 aufgrund der Unzulässigkeit der Vorlage nicht geprüft. Wegen Unbestimmtheit wie Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gebe die VO von 1934 keine Ordnungswidrigkeitsgelder rechtfertigende hoheitliche Eingriffsbefugnis. Die so vorgeschriebenen Provisionssätze dürfen nicht überschritten werden63. Werden 16 gesetzliche Höchstpreise für das vom HV vertriebene Produkt festgelegt, sind diese für die Provisionsberechnung maßgebend64, sofern nicht der Kunde an den Unternehmer höhere Preise zahlt und der Mehrbetrag dem Unternehmer endgültig verbleibt65. Nach anderer Ansicht66 soll der HV in keinem Fall von der Gesetzwidrigkeit profitieren und erhält nur den gesetzlich vorgeschriebenen Preis. 53

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 7; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 5. BGBl. I S. 1437, 1446; Änderung durch Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vom 16.07.1991; BGBl. I 1535). Ursprünglich war maßgebend die VO PR 52/50 – Neufassung lt. Bekanntmachung v. 25.08.1960 (BAnz. Nr. 169) –; danach galt die VO über Tarife in der Kraftfahrversicherung vom 20.11.1967 i.d.F.d. Bek. vom 07.12.1976 (BAnz. Nr. 233). BGBl. 1993 I S. 2. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 10. VerAfP 1934, 99. Dreher VersR 2001, 1.

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BGH, Urt. v. 17.06.2004 – III ZR 271/03, MDR 2004, 1104. BGH, Urt. v. 17.06.2004 – III ZR 271/03, MDR 2004, 1104. VersR 2001, 1. v. 17.11.1993 – Rs C-2/91, VersR 1994, 161; siehe auch OLG Hamburg, VerBAV 2000, 163. BGH, Urt. v. 30.01.1992 – I ZR 125/90, NJW-RR 1992, 674; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 21; Schröder § 87b Rn 5b. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 21; Schröder § 87b Rn 5b. OLG Düsseldorf MDR 1957, 168 (Leitsatz).

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IX. Üblicher Provisionssatz mangels Vereinbarung und obrigkeitlicher Feststellung 17

Fehlt eine (wirksame) vertragliche Bestimmung (Subsidiarität), gilt – vergleichbar § 612 Abs. 2 und § 631 Abs. 2 BGB – gemäß § 87b Abs. 1 der übliche und – wie Art. 6 Abs. 1 HV-Richtlinie 1986 betont – angemessene Provisionssatz als vereinbart, zudem – stillschweigend – die übliche und angemessene Berechnungsgrundlage67. Wegen der Subsidiarität der üblichen Vergütung besteht ohne dahin gehende Abrede kein Wahlrecht der Parteien, zwischen der üblichen und der vertraglich vereinbarten Provision zu wählen. Vielmehr ist die vertraglich vereinbarte Provision vorrangig68. Die Üblichkeit ist wegen des Vorranges einer richtlinienkonformen Auslegung nicht entscheidend, wenn sie unangemessen ist. Eine übliche aber unangemessene Provision kann nicht als vereinbart gelten. Auf Abs. 1 ist auch zurückzugreifen, falls sich eine Provisionsvereinbarung als unwirksam oder unangemessen erweist: dann tritt anstelle der vereinbarten Provision die übliche und angemessene des § 87b Abs. 169. § 139 BGB gilt im Zweifel nicht, weil zu vermuten steht, dass die unwirksame Provisionsbestimmung durch dispositives Recht ersetzt wird70. Abs. 1 gilt ferner für einen Dissens in Bezug auf die Provisionshöhe oder dann, wenn eine vereinbarte Provision bestimmte Tätigkeiten nicht erfasst71. Der Dissens führt entgegen § 154 BGB nicht zur Nichtigkeit des Vertretervertrages72. 18 Maßgeblich ist der durch Sachaufklärung zu ermittelnde übliche und angemessene Provisionssatz im räumlichen und sachlichen Arbeitsgebiet des HV (vgl. § 354)73, also zum Beispiel für Anzeigenvertreter im konkreten Ressort, der Branche und am Ort der Tätigkeit74, wobei die Besonderheit des Einzelfalls nicht außer Betracht gelassen werden darf75. Der genaue Provisionsanspruch ist gegebenenfalls gem. § 287 ZPO durch Schätzung zu bestimmen76. Als Beweismittel kommen Anfragen bei HK, Unternehmensverbänden sowie CDH und letztlich Sachverständigengutachten in Betracht77. Die stärkste Form der Üblichkeit bildet der Handelsbrauch78. Sofern keine ggf. stillschweigende abweichende Vereinbarung getroffen wurde, bestimmt sich die Üblichkeit dagegen nicht danach, ob der Unternehmer Provisionen in dieser Höhe anderen HV zahlt79, zumal der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gilt80 (§ 86a Rn 36 ff). Denn sonst würde jedes Unternehmen mit mehreren HV über das üblicherweise zu leistende Entgelt selbst disponieren können und Partikularrecht schaffen. Fehlen andere Auslegungsmittel kann jedoch die vom Unternehmer anderen HV geleistete Provision ein Auslegungsmittel sein. Ein Beispiel für örtlichen Handelsbrauch findet sich in dem Urteil AG Hamburg BB 1981 2033 67 68

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 11. BGH VersR 1971, 464; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 4; Schröder § 87b Rn 2. Küstner/Thume I Rn 988. Küstner/Thume I Rn 988. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 11; Schröder § 87b Rn 3a, 4. LAG Hamm BB 1985, 464; Küstner/Thume I Rn 991. BGH, Urt. v. 02.03.1961 – VII ZR 15/60, BB 1961, 424 = DB 1961, 638; Ebenroth/ Löwisch § 87b Rn 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 10; Schröder § 87b Rn 3. Küstner/Thume I Rn 992. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 10; Schröder § 87b Rn 3. BAG DB 1998, 1719 (zu einem Arbeitsvertrag). Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 12; Schröder § 87b Rn 3. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6. Küstner/Thume I Rn 992. KG BB 1995, 2286 m. zust. Anm. Küstner S. 2287; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 13.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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(15 % Provision für die Vermittlung von Werbeanzeigen). Bei Großaufträgen kann die Provision in die Millionen gehen81. Bei geringwertigen Konsumgütern ist eine Provision von bis zu 50 % möglich82.

E. § 87b Abs. 2 und 3: Provisionsberechnung § 87b enthält in seinen Abs. 2 und 3 Grundsätze zur Provisionsberechnung. Auch die 19 Abs. 2 und 3 sind dispositiver Natur. Deshalb können andere Bezugsgrößen als Bemessungsgrundlage für die Provisionshöhe vereinbart werden.

I. Absatz 2 1. Allgemeines. Abs. 2 stellt in seinem S. 1 die Grundregel auf, dass sich die Höhe 20 der Provision nach dem im vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Vertrag vereinbarten Entgelt bestimmt (Bemessungsgrundlage)83, und stellt in S. 2 und 3 klar, wie sich dieses für die Provision maßgebliche Entgelt im Einzelnen berechnet. Dazu wird vorgeschrieben, dass Nachlässe bei Barzahlung, die üblichen Nebenkosten und die Umsatzsteuer die Bemessungsgrundlage des S. 1 nicht reduzieren. Provisionsbemessungsgrundlage ist damit der vom HV (mit)verursachte Umsatz, dessen Wert sich im Regelfall nach dem für das Kundengeschäft in Rechnung gestellten Geldbetrag – Kaufpreis, Versicherungsprämie o.ä. – bestimmt84. Werden andere Bemessungsgrundlagen zur Provisionshöhe vereinbart, z.B. gelieferte Stückzahlen85, Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis des vermittelten Produkts86 bzw. zwischen dessen Verkaufspreis und dem Wert eines in Zahlung genommenen Gegenstands87, gilt vorrangig das so Geregelte. Abs. 2 S. 1 ist unanwendbar88. Haben die Parteien keine vom Gesetz abweichende Vereinbarung getroffen, ist die 21 Provision von dem durch den Kunden (Verkaufsvertreter) oder von dem Unternehmer (Einkaufsvertreter) zu leistendem, vollständigem Entgelt zu berechnen. Da die Provision von der Gegenleistung zu berechnen ist, welche der Kunde oder Unternehmer „zu leisten hat“, kommt es auf das Geschuldete an, nicht die tatsächliche Höhe der Zahlung89, was sich auch aus § 87a Abs. 3 ergibt. Nicht anders als bei § 87a Abs. 3 ist auch im Rahmen des § 87b Abs. 2 zwischen provisionsrelevanten Abreden im Ursprungsvertrag und solchen zu unterscheiden, die zu einer Geschäftsausführung abweichend vom Ursprungsvertrag führen. Letztere sind provisionsneutral und ändern nichts an der vereinbarten Verprovisionierung: Freiwillig geleistete, d.h. nicht geschuldete Rückvergütungen des Unternehmers mindern die Provision90 ebenso wenig wie nachträgliche, die Provisions81 82 83 84

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Beukelmann NJW-Spezial 2011, 184. Beukelmann NJW-Spezial 2011, 184. Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 15, 16; Schröder § 87b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 15. OLG München NJW-RR 1994, 103; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 15.

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BAG, Urt. v. 24.09.1965 – 3 AZR 231/65, DB 1965, 1917; LAG Berlin DB 1964, 189. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 15; Schröder § 87b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; Hopt § 87b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18; Schröder § 87b Rn 5a, 6. Hopt § 87b Rn 5.

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bemessungsgrundlage reduzierende Abreden zwischen Unternehmer und Kunden91 (§ 87a Abs. 3). Deshalb ist das vereinbarte Entgelt auch maßgeblich, wenn ohne im Ursprungsvertrag geregelte Verpflichtung statt des Entgelts eine andere Leistung angenommen wird und diese weniger wert ist92. Das Risiko, durch eine Leistung an Erfüllung statt, etwa infolge eines Kursverlustes von Wertpapieren, nicht den vollen Gegenwert für seine Gegenleistung zu erhalten, trägt allein der Unternehmer93, ebenso wie ihm ein spiegelbildlich erzielter Mehrwert zusteht94. Gleiches gilt für den Fall, in dem der Unternehmer die Forderung gegen den Kunden unter Nennwert veräußert95. Für die Teilausführung (= Teilleistung) Anwendung findet § 87a, insbes. sein Abs. 3. Geldwerte Nebenvorteile des Unternehmers, zu denen sich der Dritte bereits im vermittelten Vertrag verpflichtet hat, z.B. ein Preisnachlass auf eine Gegenlieferung, erhöhen das als Bemessungsgrundlage dienende Entgelt96, sofern es sich um einen Teil der Gegenleistung für die vom Unternehmer zu erbringende Leistung handelt. Auf das zu leistende Entgelt ist auch dann abzustellen, wenn das Entgelt (z.B. der Kauf- oder Verkaufspreis) durch eine im Ursprungsvertrag von vornherein vereinbarte Leistung an Erfüllung Statt getilgt wird (eine spätere Vereinbarung braucht sich der HV nach § 87a Abs. 3 nicht entgegenhalten zu lassen). Der Unternehmer darf einen solchen Vorteil nicht geheim halten97, weil aus §§ 87c, 242 BGB Informationsrechte des Vertreters entstehen. Ist das vereinbarte Geschäft ein Tausch (Kompensationsgeschäft), kommt es auf den in Geld ausgedrückten Wert der Leistung für den Empfänger an98, weil der Unternehmer ihn erstrebt. Ist eine Zahlung in Fremdwährung vereinbart, wird der Umrechnungskurs zum Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung beim Unternehmer zugrunde gelegt99. Eine Erhöhung des Fakturenbetrages auf Grund von Preisgleitklauseln gegenüber dem vereinbarten Gegenwert bei Abschluss des Geschäfts kommt dem HV entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.100 zugute, da sie Teil der vertraglichen Vereinbarung sind101. Grundsätzlich ist das tatsächlich vom vermittelten Kunden geleistete Entgelt Berech22 nungsgrundlage der Provision. Hat aber der Unternehmer die Berechnung überhöhter Bestandsprovisionen durch die Mitteilung geschönter Zahlen veranlasst und daraufhin überhöhte Zahlungen an den HV geleistet, so unterliegt die teilbare Leistung des Unternehmers insoweit, als sie wegen Überschreitens des vertraglichen Anspruches eine unentgeltliche Leistung darstellt, der Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO102. Ist vertrags-

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 22; Schröder § 87b Rn 6. RGZ 121, 125 (126); Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16; Hopt § 87b Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18; Schröder § 87b Rn 5, 6: teils aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8. RGZ 121, 125 (127); Eberstein 9. Aufl., S. 96, Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18; Schröder § 87b Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16. OLG Celle NJW 1972, 879, etwa im Rahmen eines Factoring-Vertrages. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16; Hopt § 87b

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Rn 7; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 20; Schröder § 87b Rn 5a. Hopt § 87b Rn 7. Hopt § 87b Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16; Hopt § 87b Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 18. Dortiges Argument: der HV erhalte auch bei sinkendem Unternehmergewinn auf Grund von Preisverfall die Provision nach dem vereinbarten Gegenwert. Aber dieses Argument verfängt nicht, weil der Unternehmergewinn regelmäßig nicht Teil der vertraglich vereinbarten Provisionsbemessungsgrundlage ist. AA Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 16. OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21.

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gemäß die Höhe der Bestandsprovision vom Kontostand des geworbenen Anlegers abhängig, so stellt der Betrag der Kundeneinlage die maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des entgeltlichen, nicht anfechtbaren Teils und des unentgeltlichen, anfechtbaren Teils der Provisionszahlung dar103. Die Einlage wird nur vermindert durch Auszahlungen an den vermittelten Anlegerkunden, soweit diese Zahlungen nicht auf (Schein-)gewinne, sondern auf die Einlage selbst erfolgen. Maßgeblich für die Bewertung des Auszahlungsvorgangs sind allein die realen Umstände, die der Auszahlung zugrunde gelegen haben (ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung). Ein nachträglich auf der Basis einer fiktiven Vertragsdurchführung konstruierter Kontoverlauf ist hierfür ohne Bedeutung104. Der von der Schuldnerin über den „Schneeballcharakter“ des Anlagemodells getäuschte HV, der seine beruflichen Kapazitäten unwiederbringlich zugunsten der Schuldnerin eingesetzt hat, kann dem auf den Überhöhungsbetrag gerichteten Rückforderungsverlangen des Insolvenzverwalters § 242 BGB entgegensetzen105; ebenso § 818 Abs. 3 BGB bei Verwendung der Provision für den Lebensunterhalt106. 2. Nachlässe. Abs. 2 S 2 betrifft nur Nachlässe bei Barzahlung (Skonto, Barrabatte). 23 Für andere Nachlässe gilt: Da die Provision von dem zu leistenden Entgelt zu berechnen ist und im Ursprungsvertrag vereinbarte Nachlässe dieses geschuldete Entgelt reduzieren, mindern sie mittelbar auch die Provision und sind entgegen Abs. 2 S. 2 von der Provisionsbemessungsgrundlage „abzuziehen“. Voraussetzung ist aber auch hier, dass die Nachlässe von vornherein zugesagt waren107, wofür der Unternehmer die Beweislast trägt. Nimmt der Kunde einen unberechtigten Abzug vor, reduziert dies die Provisionsbemessungsgrundlage nicht, da die Provision von dem geschuldeten Entgelt zu berechnen ist108. Nachträgliche, nicht im vermittelten Vertrag vereinbarte Nachlässe und Sonderrabatte mindern die Provision nicht109 (§ 87a Abs. 3), da sie nicht geschuldet sind. Mengen-, Treue-, Aktionsrabatte und Jahresumsatzboni sind in der Regel, aber abhängig vom Einzelfall, von vornherein vereinbart und damit provisionsreduzierend110. Werden sie ohne vertragliche Verpflichtung nachträglich gewährt, reduzieren sie die Provision gem. § 87a Abs. 3 nicht. Bei Naturalrabatten des Unternehmers an den Kunden, der über die vereinbarte Menge hinaus ohne Vergütung zusätzliche Waren oder Leistungen erhält, bestimmt sich die Provision nach dem ausgehandelten und in Rechnung gestellten Preis für die Kernlieferung. Für die freiwillige Zusatzleistung des Unternehmers darf der HV keine Provision beanspruchen111 und der Unternehmer die Provisionsbemessungsgrundlage nicht (anteilig) reduzieren. Nicht anzuerkennen ist ein Handelsbrauch, nach dem sich der Provisionssatz verringert, wenn der Unternehmer dem Kunden Sondervorteile zukommen lässt, oder der Unternehmer bei Warenabgabe unter Listenpreis den Provisionssatz einseitig herabsetzen darf112. Über Handelsbräuche bei der Provisionsberechnung s. Der Handelsbrauch im Handelsvertreterrecht (1952) Nr. 47–167; OLG Braunschweig BB 1956, 226 (kein Handelsbrauch dahin, dass die Provision sich verkürze, wenn der Unternehmer dem Kunden einen „Sonderrabatt“ einräumt). 103 104 105 106 107

OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. OLG München, Urt. v. 05.10.2010 – 5 U 4438/09. Hopt § 87b Rn 8.

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Küstner/Thume I Rn 1001. OLG Braunschweig JR 1957, 103; Hopt § 87b Rn 8. Eberstein 9. Aufl., S. 95; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 19. OLG Braunschweig JR 1957, 103; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 19; Schröder § 87b Rn 7.

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3. Nachlass bei Barzahlung. Von der vorgenannten Grundregel trifft Abs. 2 S. 2 für Nachlässe bei Barzahlung eine Ausnahme. Vereinbarte Nachlässe bei Barzahlung reduzieren die Provision gem. § 87b Abs. 2 S. 2 Hs 1 nicht, da die Barzahlung dem Unternehmer direkt zugute kommt113 und der HV bei Abzug benachteiligt würde, falls er ein Geschäft mit einem besonders schnell und pünktlich zahlenden Kunden vermittelt114. Ein abweichender Handelsbrauch – sollte er heute überhaupt gegen das Gesetz existieren können – ändert daran nichts115. Ob auch alle Preisnachlässe und sonstigen Sondervorteile, welche der Unternehmer dem Kunden nachträglich auf die vereinbarte Gegenleistung (Preis) gewährt, als Nachlass bei Barzahlung zu verstehen sind, erscheint angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift zweifelhaft116. Solche Fälle fallen unter § 87a Abs. 3, was zum selben Ergebnis führt. Keine Kürzung der Provision rechtfertigt deshalb der Umstand, dass der Unternehmer nachträglich, z.B. am Jahresende, seinen Kunden freiwillig einen Gewinnanteil rückvergütet (§ 87a Abs. 3, wohl nicht § 87b Abs. 2117). Dasselbe hat zu gelten, wenn ein Prämienversicherer den Versicherungsnehmern Gewinnanteile gewährt. Derartige Zuwendungen dürfen nicht auf Kosten des Vertreters erfolgen. Die Vereinbarung der Provisionsberechnung nach dem „Netto-Rechnungsbetrag“ führt nicht dazu, dass Skonto von der Provisionsberechnungsgrundlage abzuziehen ist118. Wurde hingegen von vornherein der Preis als Vorzugspreis (Freundschaftspreis, Großhandelspreis) ermäßigt, so kommt für die Berechnung nur dieser in Betracht. Gleiches muss im Gegensatz zur Amtl. Begründung (S. 38) gelten, sofern von vornherein einem Großabnehmer ein Vorzugspreis (Mengen- oder Treuerabatt) berechnet wird; der Mengenrabatt kann als sog. Naturalrabatt gewährt sein (Lieferung einer höheren Stückzahl als vereinbart und in Rechnung gestellt: der Rechnungsbetrag ist entsprechend umzurechnen).

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4. Nebenkosten. Zu den Nebenkosten regelt Abs. 2 S. 2, dass sie grundsätzlich die Provisionsbemessungsgrundlage nicht reduzieren, es sei denn, sie sind dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt worden. In Hinblick auf die Nebenkosten für Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, wird ausdrücklich festgelegt, dass sie von dem bemessungsrelevanten Entgelt nicht abzuziehen sind. Diese Aufzählung ist nicht abschließend sondern beispielhaft119 („namentlich“). Hat beispielsweise der Exportvertreter auf cif-Basis abgeschlossen, so sind in dem vereinbarten Verkaufspreis u.a. inbegriffen die Kosten für Verladung im Abgangshafen, die Frachtkosten bis zum Bestimmungshafen, die Kosten der (Transport)versicherung, der üblichen Verpackung, des Messens, Wiegens, Zählens, Exportpapiere, Montage, Inbetriebnahme, Abnahme, Gewährleistung, allgemeine umsatzfördernde Werbeaufwendungen, alle Abgaben, die für die Ware bis zu ihrer Verschiffung zu entrichten sind, einschließlich der Ausfuhrzölle und -abgaben. Nicht absetzbar bei der Provisionsberechnung sind Steuern, welche der Unternehmer zu tragen hat; wegen der Mehrwertsteuer s. Abs. 2 S. 3 u. Rn 27.

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OLG Düsseldorf DB 1955, 578; Hopt § 87b Rn 9. Küstner/Thume I Rn 1001. OLG Bremen HV-Journal 1965, 71. So OLG Düsseldorf OLGR 2000, 354 (357); OLG München NJW-RR 1994, 103 = DB 1993, 2379; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 19. So aber Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 19; Hopt § 87b Rn 5.

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OLG Düsseldorf DB 1955, 587; Küstner/ Thume I Rn 1002; OLG Naumburg OLG 44, 92; OLG Hamburg OLG 38, 275. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 20; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 27; Schröder § 87b Rn 8.

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Nur ausnahmsweise (Beweislast beim Unternehmer) reduzieren Nebenkosten die Pro- 26 visionsbemessungsgrundlage, wenn diese Kosten – was der Unternehmer zu beweisen hat, s.o. – dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden, sofern sich nicht aus dem Vertrag oder aus den Umständen ein anderes ergibt. Unter anderem sollen die Abzüge durch die besondere Inrechnungstellung kontrollierbar bleiben120. Abs. 2 S. 2 fingiert, dass jene Kosten durch besondere Leistungen verursacht werden121, welche zusätzlich zu dem vom HV herbeigeführten Vertrag zu erbringen sind und, indiziert durch die gesonderte Ausweisung, dass jene Kosten im Zweifel nicht Gegenstand der provisionspflichtigen Vertriebstätigkeit des HV sind122. Besonders in Rechnung gestellt sind Nebenkosten, die in dem vereinbarten Entgelt nicht inbegriffen sind. Dies muss allerdings von Anfang an mit dem Kunden vereinbart sein und darf nicht einseitig ohne vertragliche Vereinbarung durch den Unternehmer geschehen (sonst: § 87a Abs. 3). Es geht provisionsrechtlich nicht zu Lasten des HV, wenn Unternehmer und Kunde zum Nachteil des HV nachträglich eine gesonderte Ausweisung von Nebenkosten bei der Rechnungsstellung vereinbaren123 (§ 87a Abs. 3). Die Sachgerechtigkeit der Anknüpfung an einen solchen voluntativen Akt der Parteien des vermittelten Geschäfts – in der Realität setzt der Unternehmer die gesonderte Inrechnungsstellung durch – als Grundlage der Provisionsbemessung nach dispositivem Recht mag bezweifelt werden. Um eine weitgehende Auslagerung zu gesondert in Rechnung gestellte Nebenkosten zu verhindern, ist eine strenge Prüfung anhand der §§ 242, 307 BGB angezeigt. Untersucht werden muss jeweils, welche aus der Geschäftsabwicklung erwachsenden sog. Nebenkosten durch das Entgelt leitbildgemäß mit entgolten sind. Eine grenzenlose Auslagerung des als Gegenleistung für die Hauptleistung erbrachten Entgeltes in gesondert ausgewiesene Nebenkosten ist unzulässig. Nebenkosten die typischerweise anfallen, damit die Leistung erbracht werden kann, mindern die Provision nicht. Sie sind in den Preis einkalkuliert, welcher die Provisionsbemessungsgrundlage bildet124 und dürfen bei der Provisionsberechnung nicht abgezogen werden; Abs. 2 S. 2 Hs. 2. Dies gilt auch für Vereinbarungen über die Erstattung von Nebenkosten, die mit den vertraglich geschuldeten Pflichten des vom HV herbeigeführten Kundengeschäfts nicht in Zusammenhang stehen125. Bei der Beurteilung der Umstände des Einzelfalles, welche über die Frage der Abzugsfähigkeit bestimmen, mag von Bedeutung sein, ob die Nebenkosten die Natur eines Aufwendungsersatzes haben (z.B. verauslagte Frachtgebühr usw.); alsdann sind sie abzusetzen; oder ob sie die Vergütung für übernommene zusätzliche Leistungen darstellen (z.B. Kosten für Montage einer gelieferten Maschine); in solchem Falle können sie Bestandteil der provisionspflichtigen Gesamtvergütung sein. Welche Vertragspartei die Nebenkosten in Rechnung stellt, ist unerheblich. S. 2 Hs. 3 gilt entgegen dem Wortlaut („dem Dritten“) für die Vertragspartei, deren Rechnung für die Provisionsermittlung maßgeblich ist126, schon um eine Gleichbehandlung zwischen Verkaufs- und Einkaufsvertreter sicherzustellen.

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Hopt § 87b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 21; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 28; Schröder § 87b Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 22; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 20; Heymann/

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Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 27; Schröder § 87b Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 29.

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5. Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist nach näherer Maßgabe des § 14 UStG auf der Rechnung gesondert auszuweisen. Mit der Einführung dieser Pflicht zur gesonderten Ausweisung der Umsatzsteuer in Rechnungen von Unternehmen sollte an der grundsätzlichen Berechnung der Provision anhand des Bruttorechnungsbetrages nichts geändert werden. Deswegen wurde durch Abs. 2 S. 3 klargestellt, dass die aufgrund Steuerrechts in Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer, abweichend von den gesondert berechneten Nebenkosten, bei der Provisionsermittlung mitberücksichtigt wird. Die gesonderte Rechnungsstellung wird durch Abs. 2 S. 3 für die Provision wegfingiert; Abs. 2 S. 3 weicht von der Grundregel des S. 2 ab und bestimmt, dass die Umsatzsteuer zu dem bemessungsrelevanten Entgelt hinzuzusetzen ist. Die Provision ist also mangels besonderer Vereinbarung, die allerdings üblich127 und wegen der Dispositivität der Bestimmung zulässig128 ist, auf den geschuldeten Bruttobetrag mit Mehrwertsteuer zu zahlen129. Dies führt zu einer Bruttoprovision. Bei Änderung des Umsatzsteuersatzes ist für die Provisionsermittlung steuerrechtlich der Zeitpunkt der Ausführung des Kundengeschäfts durch den Unternehmer maßgeblich130.

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6. Abweichende Vereinbarungen zu Abs. 2. Wie dargestellt ist auch Abs. 2 in vollem Umfang dispositiv131. Vereinbart werden darf etwa: Reduzierung der Provisionsbemessungsgrundlage durch die Inzahlungnahme gebrauchter Sachen132, dass die Provision nur auf den Barpreis zu zahlen ist133, Nebenkosten von der Provisionsberechnung ausgenommen134 werden, Provisionen nur nach Stückzahl, Gewicht etc. der verkauften Ware (x € je Stück, KG oder Tonne usw.) zu leisten sind135, entgegen § 87b Abs. 2 Nr. 2 keine Provision auf Skonti136 oder Umsatzsteuer zu gewähren ist137, eine Stückprovision mit Aufschlag in % x € des übersteigenden Preises138 etc.

II. § 87b Abs. 3: Provisionsberechnung bei Dauerverträgen 29

1. Überblick. Die Tätigkeit des HV kann auf den Abschluss oder die Vermittlung von Gebrauchsüberlassungs- oder Nutzungsverträgen von bestimmter oder unbestimmter Dauer gerichtet sein. Der Begriff der Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträge umfasst beispielsweise Miet- und Pachtverträge, einerlei ob sie Sachen oder Rechte (zum Beispiel Lizenzen, dingliche Rechte wie Erbbaurecht) betreffen139, zudem Filmverleih-, Maschinenverleih-, oder Grundstücksbenutzungsverträge. Jedoch werden auch andere Dauerverträge mit fest nach Zeitabschnitten bemessenen Entgelt, etwa Dienst-, Kredit-

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Hopt § 87b Rn 12. BAG, Urt. v. 23.03.1982 – 3 AZR 637/79; BB 1983, 195 = AP § 87c Nr. 18; Ebenroth/ Löwisch § 87b Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 30. BGHZ 61, 114, Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 11; Hopt § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 30. BAG BB 1983, 195; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 23.

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OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. Hopt § 87b Rn 18. BAG BB 1966, 386; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 33; Hopt § 87b Rn 18. BAG BB 1983, 195; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 33. Küstner/Thume I Rn 995; Hopt § 87b Rn 18. Hopt § 87b Rn 18. BAG BB 1983, 397; Hopt § 87b Rn 18. Hopt § 87b Rn 18. Hopt § 87b Rn 13.

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§ 87b

vermittlungs-, Patentlizenz-, Versicherungsverträge oder ähnliche Verträge von Abs. 3 erfasst140. Sofern die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben, regelt Abs. 3 die Berechnung der Provision für alle vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisse, die sich nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen sondern bei denen verbindlich ein vorausbestimmtes und sicher zu erwartendes Entgelt nach Zahlungszeitpunkt und Betragshöhe in festen Zeitabschnitten als laufend zu erbringende Gegenleistung zu leisten ist141. Das betroffene Produkt oder die betroffene Leistung sind unerheblich. Bei Dauerschuldverhältnissen, bei welchen die Höhe der Zahlungspflicht noch nicht 30 verbindlich feststeht – also eine automatische Umsetzung des Vertrages fehlt – ist Abs. 3 unanwendbar, selbst wenn die Parteien bei Vertragsschluss die jeweiligen Zahlungszeitpunkte sowie die Grundlagen für die Berechnung des Entgelts möglicher, aber nicht sicher in Ausführung dieses (Rahmen)Vertrages ggf. zu schließender Einzelgeschäfte bereits im Vorhinein für den Fall des Abschlusses der Einzelgeschäfte verbindlich festgelegt haben142. In diesem Fall ist Abs. 2 maßgeblich. Ferner findet Abs. 3 keine Anwendung auf Verträge mit variablem und ergebnisbezogenem Entgelt, zum Beispiel Verträge mit Stück- oder Umsatzabnahme, etwa Lieferabonnements. Hier berechnet sich die Provision nach jedem vergütungspflichtigen Vorgang, also zum Beispiel dem Verkauf der lizenzierten Gegenstände, der Bücher und der Lieferung der Zeitschrift bzw. jeder Zahlung des anderen Teils143. Bei den von Abs. 3 erfassten Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen von be- 31 stimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt für die gesamte Vertragsdauer zu berechnen (S. 1). Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu welchem der Kundenvertrag erstmals vom Kunden gekündigt werden kann. Der HV hat jedoch Anspruch auf die Fortzahlung der entsprechend berechneten Provision, falls der Vertrag fortbesteht. Soweit Abs. 3 nicht eingreift, bleiben die allgemeinen Vorschriften144, insbes. Abs. 1 und 2, anwendbar145. Abs. 3 ist damit lex specialis zu Abs. 1. 2. Verträge mit bestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 S. 1). Bei Verträgen mit seit Ver- 32 tragsbeginn nach Zeitabschnitten (Kalender, bestimmtes Ereignis) fest bemessenem Entgelt und fest bestimmter Dauer, bei denen es zur Vertragsbeendigung keiner rechtsgestaltenden Willenserklärung bedarf146, bereitet die Berechnung der Provision aus dem Entgelt keine Schwierigkeit. Die mit der erstmaligen Überlassung des Vertragsgegenstands zum Gebrauch oder eigenständiger Verfügung entstehende147 und dann einmalig zu zahlende Provision ist vom geschuldeten Entgelt für die bei Vertragsschluss vereinbarte Gesamtdauer des Vertrages zu berechnen – je länger je höher –, auch wenn das Entgelt

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Hopt § 87b Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 12; Hopt § 87b Rn 13; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 25; Hopt § 87b Rn 13; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 33; Roth § 87b Rn 4; offen gelassen von BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 32.

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 24; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 32. Hopt § 87b Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 36.

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nur in Raten (Zahlung nach Zeitabschnitten, Mietzahlung) zu leisten ist148. Eine abweichende Vereinbarung ist jedoch zulässig und wird häufig getroffen. Fehlt eine abweichende Regelung, bleibt die Provision eine Einmalprovision149. Für ihre Berechnung werden die während der Laufzeit des Dauervertrages voraussichtlich insgesamt anfallenden Entgelte zusammengezählt, nicht anders als wenn das Entgelt für die gesamte Vertragszeit in einer festen Summe ausgeworfen worden wäre. Auch bei den von S. 1 angesprochenen Verträgen bestimmt sich die Provision entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen gem. Abs. 1, 2 nach dem zwischen Kunden und Unternehmer für die vereinbarte Vertragszeit versprochenem Entgelt150 einschließlich der o.g. Nebenkosten, soweit sie nicht gesondert in Rechnung gestellt werden, und einschließlich der Umsatzsteuer und ohne Abzug der nach Abs. 2 S. 2 nicht abzusetzenden Nachlässe. Unter S. 1 fallen alle auf bestimmte Zeit geschlossenen Verträge, selbst wenn aus33 nahmsweise ein der außerordentlichen Kündigung vergleichbares vorzeitiges Rücktrittsoder Kündigungsrecht besteht, jedoch ein ordentliches Kündigungsrecht oder ein ähnliches Recht fehlt (dann S. 2). Eine Verlängerungsklausel oder Verlängerungsoption ist für die Provisionsberechnung bis zur Ausübung des Verlängerungsrechts (dazu unten) irrelevant151, weil sie die maßgebliche, erstmalige Vertragsdauer nicht prolongiert. Die Frage, wann der Anspruch auf die Einmalprovision endgültig entsteht und fällig wird, regelt § 87a. In § 87b wird nur die Berechnungsweise bestimmt. Die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer iSd § 87a Abs. 1 S. 1 ist dann der Akt der Zurverfügungstellung des Gebrauchs oder der Nutzung (nicht erst deren vollständige Gewährung im Ablauf des Vertrages). Doch werden – was zulässig ist – häufig abweichende Abreden getroffen, etwa die Zahlung der Provision aus laufend einkommenden Nutzungsentgelten, wobei aber § 87a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 zu beachten ist, oder Zahlung der Einmalprovision nach Eingang einiger Mietraten. Wird der Vertrag nach Ablauf der Vertragslaufzeit oder nach Kündigung um be34 stimmte Zeit verlängert, sei es infolge einer Verlängerungsklausel oder durch gesonderte Willenserklärung, etwa infolge einer Verlängerungsoption, entsteht ein neues Provisionsrecht152 als Tätigkeits- oder Folgeprovision, nach S. 1 bei Verlängerung um einen bestimmten Zeitraum und nach S. 2 bei Verlängerung auf unbestimmte Zeit153.

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3. Verträge mit unbestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 S. 2). Die Entstehung des Provisionsanspruches richtet sich nur nach §§ 87, 87a. § 87b trifft keine Bestimmung über die Dauer der Provisionszahlungspflicht, sondern legt nur in Ergänzung der in Abs. 1, 2 genannten Berechnungsfaktoren die Berechnungsweise für Provisionen bei Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen fest154. Bei Verträgen mit unbestimmter Dauer ist die Provision jeweils aus dem für die Zeit zwischen zwei Kündigungsterminen des Kunden (nicht des Unternehmers, eine ihm zugebilligte Kündigungsmöglichkeit ist irrele-

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 28; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; Hopt § 87b Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 36. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; Hopt § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 27; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 13 und

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14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 34 und 36; Schröder § 87b Rn 9, 10. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 26. Hopt § 87b Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 26. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31.

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§ 87b

vant)155 zu zahlendem Entgelt zu berechnen, erstmals für die Zeit von Vertragsbeginn bis zum ersten Kündigungstermin156. Ob das Kündigungsrecht tatsächlich ausgeübt wird bleibt für die Bemessung der Erstprovision unerheblich157. Bei Nichtausübung wird aber ein neues Provisionsrecht nach Rn 34, 36 entstehen. Im Übrigen gilt für das Entstehen und Fälligkeit von Erstprovision und Folgeprovision das Gleiche wie für die Einmalprovision des S. 1. Die Zeitspanne bis zur erstmaligen Kündigungsmöglichkeit des Dritten steht der befristeten Nutzungsdauer gleich, so dass die oben zu Rn 32 ff genannten Grundsätze auch hier gelten. 4. Fortsetzung des Vertrages. Wird der Kundenvertrag fortgesetzt oder (auch wäh- 36 rend der Vertragslaufzeit) verlängert, weil er (vom Kunden oder Unternehmer) nicht gekündigt worden ist, so beginnt für die Berechnung der Provision ein neuer Nutzungsabschnitt bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit des Kunden und eine erneute Zurverfügungstellung von Seiten des Unternehmers. Bei jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit des Vertrags durch den Kunden erwirbt der HV für die Zeit nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfristen einen weiteren Provisionsanspruch, wenn und solange der Kundenvertrag ungekündigt fortbesteht158. Darf jederzeit gekündigt werden, so wächst der Provisionsanspruch ständig. Kann täglich gekündigt werden, entsteht für jeden verlängerten Tag ein Provisionsanspruch. Die zeitliche Gliederung der zu zahlenden Provision ergibt sich aus den Abrechnungsabschnitten (§ 87c Abs. 1)159. Dadurch können erhebliche nachvertragliche Provisionsansprüche entstehen (dazu § 87 Rn 66 ff). Wird das vereinbarte Kündigungsrecht des Kunden nach Abschluss des Kundenvertrags durch Vertragsänderung (ggf. auch nur zeitweise) ausgeschlossen oder hinausgeschoben, ist der neu vereinbarte Kündigungszeitpunkt als Endzeitpunkt der Provisionsbemessungsgrundlage maßgebend160. Der Grund für die Nichtbeendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Kunden ist ohne Bedeutung für den Provisionsanspruch des HV161. 5. Nicht fortgesetzter Vertrag. Wird der Kundenvertrag nicht fortgesetzt, sondern 37 nach den Bedingungen des Kundenvertrages vertragsgemäß (nicht vertragsgemäße Beendigung: §§ 87a Abs. 2, 3) durch Kündigung oder in sonstiger Weise beendet, endet auch das Provisionsrecht des HV. Wird der Kundenvertrag nach Vertragsende erneut abgeschlossen, erwirbt der HV keinen weiteren Provisionsanspruch, selbst wenn der neue Vertrag mit dem alten übereinstimmt. Etwas anderes gilt, sofern der HV die Vertragsfortführung mitverursacht hat (Tätigkeitsprovision162, § 87 Abs. 1, s.o., Rn § 87 Rn 71 ff), ein Folgevertrag nach § 87 Abs. 1 existiert (§ 87 Rn 82 ff), falls Willkür oder die Voraussetzungen der §§ 87a Abs. 3 analog, §§ 162, 242 BGB vorliegen (s.u., Rn 39), etwa wenn der HV beweist, dass der Neuabschluss nur gewählt worden ist, um den Provisionsanspruch des HV zu umgehen163. Der Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses zu dem Kunden ist ansonsten unerheblich. Zum Entstehen einer Tätigkeitspro-

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 29; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 37; Schröder § 87b Rn 11. Hopt § 87b Rn 15. Schröder § 87b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 30; Hopt § 87b Rn 16; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 38.

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Hopt § 87b Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 37; Schröder § 87b Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 32.

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vision nach § 87 Abs. 1 für den Abschluss des Nachfolgevertrages reicht es aus, dass der HV den Kunden bewegt, die Kündigung „zurückzunehmen“, d.h., auf die Wirkungen der Kündigungserklärung zu verzichten.

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6. Beendigung des HV-Vertrages. Wird der HV-Vertrag beendet, besteht die Provisionspflicht auch in Ansehung eventueller nach dem nächstmöglichen Kündigungstermin anfallender Nutzungsentgelte fort, wenn der vermittelte Vertrag in irgendeiner Weise fortgesetzt wird und der Unternehmer hierfür eine Gegenleistung erhält164. Eine zeitliche Begrenzung des Provisionsrechts eines ausgeschiedenen HV, der ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, lässt sich der Norm nicht entnehmen165: Wenn der HV ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, erwirbt er hierdurch einen bedingten Provisionsanspruch für die Dauer des Vertrages, der laufzeitabhängig – meist in Einzelabschnitten – abgerechnet wird166. Das Provisionsrecht des HV dürfte aber enden, sobald der Kunde das Vertragsverhältnis berechtigt kündigt, nachdem der HV-Vertrag beendigt ist, es aber durch übliche Bemühungen des Unternehmers oder von anderer Seite gelingt, den Kunden zur „Rücknahme“ der Kündigung zu motivieren (s.o., Rn 37). Diese Bemühung ist wohl keine Obliegenheit des Unternehmers (anders als bei einer vertragswidrigen Kündigung, s.o., § 87a Rn 76 zur Nacharbeitung), bei deren Fehlen der Unternehmer nach § 87a Abs. 3 S. 2 Provision schuldet; die Kausalität der Erstvermittlung durch den Unternehmer überwiegt die des HV nicht nur nach weit überobligationsmäßigen Bemühungen des Unternehmers. Die Fortsetzung des durch die Kündigung beendeten Dauervertrages ist rechtsförmlich nur im Wege eines neuen Vertragsabschlusses denkbar, der provisionsrechtlich relevante Erstvertrag ist abgelaufen. Das Provisionsrecht des HV besteht fort, wenn die Kündigung auf einen Termin nach Auslaufen des HV-Verhältnisses ausgesprochen, es aber dem HV selbst gelungen war, noch während seiner Vertragszeit Wesentliches zur Umstimmung des Dritten beizutragen, weil dann der neue Abschluss provisionsrechtlich nach § 87 Abs. 3 zu beurteilen ist. Gleiches gilt, falls der Kunde während der Vertragsdauer des HV-Vertrages von dem bloßen Vorhaben einer Kündigung Abstand nimmt, weil er dazu bewogen werden konnte. Unter Umständen kann der Verursachungsbeitrag der Erstvermittlung durch den HV so überwiegend sein, dass auch für den Folgevertrag Provision nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 geschuldet wird. Abs. 3 geht in diesen Fällen davon aus, dass die Fortdauer des Vertrages mangels Kündigung unverändert auf die ursprüngliche Vermittlung durch den HV zurückzuführen ist167. Der HV kann – je nach Sachverhaltsgestaltung – konkurrierend eine Tätigkeits- und Folgeprovision nach § 87 Abs. 1 verdient haben. Ist der Erfolg der Abstandnahme des Dritten von der beab-

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BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31; OLG Düsseldorf BB 1977, 817; LAG Hamm DB 1984, 674; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 29; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 44, aA Schröder § 87b Rn 14; sowie Staub/Brüggemann 4. Aufl. Rn 11. Das Argument von Brüggemann: Es müsse so angesehen werden, als handele es sich bei der Provisionsberechtigung aus § 87b Abs. 3 S. 2 Hs. 2 um eine Folgeprovision aus einem neuen Abschluss. Es könne nicht wohl einen Unterschied begründen, ob der Fortbestand

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des Gebrauchs- oder Nutzungsverhältnisses nur darauf beruhe, dass der bisherige Vertrag nicht gekündigt werde, oder darauf, dass er nach Ablauf seiner Befristung durch Fortsetzung des Gebrauchs bzw. der Nutzung sich stillschweigend verlängere, oder darauf, dass die Parteien über die Fortsetzung, vielleicht unter Änderung in: einzelnen Punkten, eine besondere Abrede schlössen. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31 f. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31. Schröder § 87b Rn 12.

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§ 87b

sichtigt gewesenen Kündigung noch während der Dauer des Vertreterverhältnisses eingetreten, so streitet die Vermutung fortdauernder Ursächlichkeit des HV-Verhaltens bei der Erstvermittlung für den HV. Erreicht der HV die Vertragsverlängerung nach Ende des HV-Vertrages und akzeptiert der Unternehmer sie – dies muss er nicht – dürfte Provision nach § 354 geschuldet sein. 7. Vorzeitige Beendigung des Dauervertrages. Die Verprovisionierung bei vorzeitigem 39 Ende eines auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossenen Dauervertrages, etwa infolge außerordentlicher Kündigung, wird nicht durch § 87b geregelt, sondern von § 87a Abs. 3 (analog)168: Der Provisionsanspruch entfällt nur, wenn der Unternehmer die Beendigung des Vertrages nicht zu vertreten hat169. Er ist insbesondere zur Nachbearbeitung verpflichtet. Sieht der Dauerrechtsvertrag, bei bestimmter Dauer im übrigen, die Möglichkeit einer normalen, befristeten Kündigung – gleich durch welchen Vertragsteil – als vorzeitige Möglichkeit seiner Lösung vor, so ist § 87a Abs. 3 unanwendbar: Der Vertrag steht von vornherein unter dem Vorbehalt möglicher Kündigung. Der Unternehmer ist in diesem Fall auch nicht zur Nachbearbeitung iSd § 87a Abs. 3 verpflichtet. Missbrauchsfälle, etwa bei leichter „Rettungsmöglichkeit“ des Vertrages, können entweder über § 87a Abs. 3, § 87 Abs. 3 Nr. 1 analog, über §§ 242, 162 BGB oder nach den Grundsätzen willkürlicher Dispositionsmaßnahmen (§ 86a Rn 44 ff)170 gelöst werden, bei Vertragsfortsetzung kann eine Tätigkeits- oder Folgeprovision geschuldet sein. Die Dispositionsfreiheit des Unternehmers in Ansehung der von ihm oder den Kunden erklärten Kündigung ist grundsätzlich zu respektieren. 8. Abweichende oder konkretisierende Vereinbarungen zu Abs. 3. Auch Abs. 3 ist in 40 vollem Umfang dispositiv. Vereinbart werden darf etwa bei Dauerverträgen eine nach Zeitabschnitten bestimmte Vergütung171 oder die Zahlung einer Einmalprovision172, fällig bei Vertragsschluss oder nach Ablauf bestimmter Vertragszeit173.

F. Dispositivität Wie dargestellt ist § 87b ist innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB 41 vollständig dispositiv174. § 84 Abs. 2 dürfte nur selten eine Grenze setzen, weil die Selbständigkeit durch Provisionsbestimmungen, die nur zu einer wirtschaftlichen Abhängigkeit führen können, kaum berührt sein dürfte. Solche Regelungen wären nach § 138 BGB unwirksam. Insbesondere dürfen andere als die gesetzlich vorgegebenen Bemessungs- und Berechnungsgrundlagen sowie andersartige Provisionen, z.B. Umsatzbeteili-

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 31; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 40, 41, 42; Hopt § 87b Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 42. Hopt § 87b Rn 16. Schröder § 87b Rn 13. Hopt § 87b Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 33. BGHZ 30, 107; Hopt § 87b Rn 19. BGH, Urt. v. 04.05.1959 – II ZR 81/57;

BGHZ 30, 98 (109) = NJW 1959, 1430; BAG, Urt. v. 24.09.1965 – 3 AZR 231/65, DB 1965, 1917; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 3; Hopt § 87b Rn 18, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 2, 45; für das Provisionsrecht mglw. offen gelassen von BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 21.

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gungen175, vereinbart werden. Für Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu den einzelnen Absätzen verwiesen.

G. Beweislast 42

Im Grundsatz gilt: Der HV muss alle für seinen Provisionsanspruch streitenden gesetzlichen und vertraglichen TB-Merkmale, insbesondere Höhe, Bemessungsgrundlage, Provisionssatz und weitere Berechnungsgrundlagen, darlegen und beweisen176. Derjenige der geltend macht, es sei eine vom Gesetz abweichende Regelung getroffen worden, hat sie darzulegen und zu beweisen177. Fordert der HV Provision, soll er nach hA seiner Forderung entgegenstehende, vom Unternehmer behauptete Vereinbarungen auszuräumen haben178 (aufgrund der Leitbildwirkung des gesetzlichen Provisionsrechts zwh.). Wegen der Subsidiarität der üblichen Provision nach Abs. 1 im Verhältnis zu vertraglichen Absprachen soll der HV nach jener h.M. das Fehlen einer vereinbarten Provision zu beweisen haben179, wobei es dem Unternehmer allerdings zuvor obliegt, den Inhalt dieser Vereinbarung substantiiert vorzutragen. Kann der HV diesen Beweis nicht führen, soll er Provision nur in Höhe des vom Unternehmer behaupteten Satzes fordern dürfen180. Klagt der Unternehmer auf Feststellung einer bestimmten Provisionsberechnungs- oder -bemessungsweise bzw. auf Nichtbestehen einer vom HV behaupteten Provisionsforderung, soll sich an dieser Verteilung der Beweislast nichts ändern. Der HV sei auch in einer solchen Konstellation für die Höhe seiner Berühmung, also die Höhe der Provision, beweispflichtig. Im Übrigen treffe den Unternehmer die Beweislast für eine vom Gesetz abweichende Vergütungshöhe. Klage er auf Feststellung der Verpflichtung nur zur Zahlung üblicher Provision, habe der Unternehmer den Beweis des Mangels einer abweichenden Provisionsvereinbarung zu führen181. Tatsächlich ist diese Beweislastverteilung zweifelhaft. Es muss bei dem allgemeinen Grundsatz bleiben, dass eine vom Gesetz (§ 87b) abweichende Vereinbarung von demjenigen bewiesen werden muss, der sich auf sie beruft182. Bei Beweisfälligkeit gilt der übliche Provisionssatz (§ 87b Abs. 1). § 87b kennzeichnet den Regelfall; die beweispflichtige Ausnahme bildet die Provisionsvereinbarung.

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Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 33; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 12. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. AA OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. BGH, Urt. v. 09.04.1981 – VII ZR 262/80, BGHZ 80, 257 (259) = NJW 1981, 1442; BGH, Urt. v. 14.04.1983 – VII ZR 198/82, NJW 1983, 1782; OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 36. RG Warn. 16 (1924) Nr. 135; LAG Bremen DB 1960, 1212; Ebenroth/Löwisch § 87b

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Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 14; Schlegelberger/ Schröder § 87b Rn 4a. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Ebenroth/ Löwisch § 87b Rn 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 36. AA OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054 unter Auseinandersetzung mit der hier eingenommenen Gegenansicht: § 87b begründe keinen regelmäßigen Vertragsinhalt.

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§ 87c

§ 87c Abrechnung der Provision (1) Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen. (2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt. (3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. (4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden soweit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. (5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Schrifttum Emde Abrechnung und Buchauszug als Informationsrechte des Handelsvertreters MDR 2003, 1151; ders. Die Verjährung der dem Handelsvertreter zustehenden Informationsrechte aus § 87c HGB, VersR 2009, 889; Höft Buchauszug, Bucheinsicht und Auskunft nach § 87c HGB HVuHM 1973 904; Holling Der Anspruch des Handelsvertreters auf einen Buchauszug BB 1959 687; Knorn Kosten der Abrechnungs- und Auskunftspflicht des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter BB 1972 989; Küstner Die Provisionsabrechnungspflicht des Unternehmers nach § 87c HGB HVuHM 1967 144; ders. Einzelprobleme zur Provisionsabrechnungspflicht nach § 87c Abs. 1 HGB HVuHM 1967 196, 774; Mayer-Wegelin Anspruch des Handelsvertreters auf einen „Buchauszug“ BB 1954 883; Schröder Anspruch des Handelsvertreters auf einen Buchauszug BB 1955 181; ders. Rechnungszeitraum für neben Festgehalt gezahlte Provisionen DB 1963 651; Stötter Einzelfragen der Provisionsabrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter DB 1970 1473; Wolff Auskunftsrecht des Handelsvertreters zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs BB 1978 1246.

Übersicht Rn A. Generelles zu den Informationsrechten des HV . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Übersicht . . . . . . . . . . . . 1. Abrechnung (Abs. 1) . . . . . 2. Buchauszug (Abs. 2) . . . . . 3. Bucheinsichtsrecht (Abs. 4) . . 4. Auskunft (Abs. 3) . . . . . . . 5. Ergänzende Informationsrechte 6. Zwingende Natur . . . . . . . II. Zweck der Informationsrechte . . III. Europarechtliche Präformation . IV. Beschränkung auf „provisionsrelevante“ Sachverhalte – Buchauszug zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs? . . . . . .

1–80 1–7 2 3 4 5 6 7 8–9 10

Rn

V. VI. VII. VIII. IX. X.

11–16

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1. Problemstellung . . . . . . . 2. Begriff der Provisionsrelevanz lex specialis . . . . . . . . . . . Anspruchsberechtigter . . . . . . Passivlegitimation . . . . . . . . Rangfolge der Informationsrechte Hilfsrechte . . . . . . . . . . . . Anspruchsentstehung und Entfallen des Anspruchs . . . . . 1. Anspruchsentstehung . . . . . 2. Entfallen des Anspruchs . . . a) Erfüllung . . . . . . . . . b) Entfallen durch Wegfall des Hauptrechts . . . . . . . . c) Mitwirkung des HV . . . .

11–13 14–16 17 18–21 22 23–25 26 26–43 26–28 28–43 28–29 30 31

791

§ 87c

1. Buch. Handelsstand Rn

XI. XII. XIII.

XIV. XV. XVI. XVII. XVIII. XIX. XX. XXI. XXII. XXIII. XXIV. XXV. XXVI.

d) Verjährung . . . . . . aa) Separate Verjährung von Haupt- und Hilfsansprüchen . bb) Verjährung der Hauptansprüche hindert die Geltendmachung der Informationsrechte . . . (1) Überblick . . . . . (2) Hauptforderungen (a) Ausgleichsanspruch (b) Provisionen . . . . (c) Praktische Bedeutung der Verjährung der Hauptforderung cc) Kenntnis oder Kennenmüssen . . (1) Kenntnis bei Provisionsansprüchen . . (2) Kenntnis beim Ausgleichsanspruch . . (3) Fehlende Verjährung der Kontrollrechte bei mangelnder Kenntnis . . . . dd) Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz/§ 242 BGB . ee) Verkürzung der Verjährungsfrist . . ff) Verwirkung . . . . Meinungsverschiedenheiten über Zahlungsansprüche . . Buchführungspflicht . . . . Form und Inhalt . . . . . . . 1. Form . . . . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . . Informationszeitraum . . . . Fehlanzeige . . . . . . . . . Schadenersatz bei Nichterteilung . . . . . . . . . . . Zurückbehaltungsrecht . . . Prüfung der erteilten Informationen . . . . . . . . . . Erfüllungsort . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . Geheimhaltungspflicht . . . Datenschutzrecht . . . . . . Zwingende Natur (§ 87c Abs. 5) . . . . . . . . Informationsinteresse . . . . Rechtsmissbrauch . . . . . . Vertraulichkeit . . . . . . .

B. Die Informationsrechte im Einzelnen I. Abrechnung (§ 87c Abs. 1) 1. Zweck . . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . a) Erforderliche Informationen . . . . . .

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32–49

33–36

37–42 37 38–42 39–40 41

42 43–46 44 45

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47 48 49 50 51 52–53 52 53 54 55–56 57 58 59 60–61 62–65 66 67 68–71 72 73–79 80

. . .

81–178 81 82 83–92

.

84–89

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Rn b) Umstände, über die nicht abzurechnen ist . 3. Form . . . . . . . . . . . 4. Abrechnungszeitraum und Fälligkeit . . . . . . . . . a) Abrechnungszeitraum . b) Fälligkeit . . . . . . . 5. Entfallen des Abrechnungsrechts . . . . . . . . . . . a) Erfüllung . . . . . . . b) Entfallen des Hauptrechts . . . . . . . . . 6. Rechtsfolgen der Abrechnung . . . . . . . . . . . a) Schweigen des Vertreters auf die Abrechnung . . b) Vertragliche Regelungen zur Abrechnung . . . . c) Vereinbarung einer Prüfungsobliegenheit . . . d) Vertragliche Vereinbarung eines Anerkenntnisses „durch Schweigen“ . . . . . . . . . . e) Verjährungsverkürzung 7. Beweislast . . . . . . . . II. Buchauszug (§ 87c Abs. 2) . 1. Zweck . . . . . . . . . . 2. Inhalt . . . . . . . . . . . 3. Zeitliche Erstreckung . . . 4. Begriff der Bücher . . . . 5. Form . . . . . . . . . . . 6. Rechtschutzinteresse . . . 7. Fälligkeit und Anspruchsdauer . . . . . . . . . . . a) Fälligkeit . . . . . . . b) Anspruchsdauer . . . . aa) Allgemeines . . . bb) Erfüllung . . . . . cc) Vorauserfüllung . . dd) Ersatzerfüllung . . ee) Folgen mangelnder Erfüllung . . . . . 8. Kosten . . . . . . . . . . 9. Beweislast . . . . . . . . 10. Rechtsfolgen des Buchauszuges . . . . . . . . . . . III. Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3) . . . . . . . . . . . 1. Zweck . . . . . . . . . . 2. Stellung innerhalb der Informationsrechte . . . . 3. Inhalt . . . . . . . . . . . 4. Insbesondere: Wesentlichkeit . . . . . . . . . . . . 5. Fälligkeit . . . . . . . . . 6. Entfallen des Auskunftsrechts . . . . . . . . . . . IV. Bucheinsichtsrecht (§ 87c Abs. 4) . . . . . . . . . . . 1. Zweck . . . . . . . . . .

90–92 93 94–100 95–96 97–100 101–102 101 102 103–115 104–106 107–109 110

111–114 115 116 117–149 117 118–129 130 131–134 135 136 137–146 137–138 139 139 140 141–142 143 144–146 147 148 149 150–159 151 152 153–156 157 158 159 160–172 161

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

2. Anspruchsvoraussetzungen 3. Bereitstellung der Unterlagen . . . . . . . . . . . 4. Fälligkeit und Anspruchsende . . . . . . . . . . . 5. Anspruchsberechtigter . . 6. Inhalt . . . . . . . . . . . 7. Kosten . . . . . . . . . . V. §§ 259 Abs. 2, 260 BGB . . VI. Auskunftsrecht nach § 242 BGB . . . . . . . . . . . . . C. Verfahrensrechtliche Aspekte I. Erkenntnisverfahren . 1. Abrechnungsklage 2. Buchauszugsklage 3. Auskunftsklage . . 4. Bucheinsichtsklage

. . . . . .

. . . . . .

. . . . . .

§ 87c

Rn

Rn

162–165

5. Klage auf eidesstattliche Versicherung . . . . . . . 192 6. Eilverfahren . . . . . . . 193 7. Kosten . . . . . . . . . . 194 8. Streitwert . . . . . . . . . 195 9. Insolvenz und Erkenntnisverfahren . . . . . . . . . 196–197 II. Vollstreckungsverfahren . . . 198–205 1. Abrechnung und Buchauszug . . . . . . . . . . 198–202 2. Auskunftsrecht . . . . . . 203 3. Bucheinsicht . . . . . . . 204 205 4. Eidesstattliche Versicherung 5. Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren . . . 206

166 167 168–169 170–171 172 173–174 175–178

. 179–205 . 179–197 . 186 . 187–189 . 190 . 191

D. Die Informationsansprüche in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . 207–210

A. Generelles zu den Informationsrechten des HV I. Übersicht Die Informationsrechte des HV sind in § 87c geregelt. Sie formen das Spiegelbild zu 1 den Informationspflichten des HV, die in § 86 Abs. 2 niedergelegt wurden. Über § 65 ist § 87c auch auf den Handlungsgehilfen anwendbar1. Die Vorschrift ist rechtspolitisch umstritten, von Seiten der Interessenvertreter der Unternehmer ist auch im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen 2010 versucht worden, die Streichung des lästigen § 87c Abs. 2 zu erreichen. Im Einzelnen stehen dem Vertreter die folgenden Informationsrechte zu: 1. Abrechnung (Abs. 1). Gemäß § 87c Abs. 1 schuldet der Unternehmer auch ohne 2 Aufforderung laufend Abrechnung der vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte, sofern im Abrechnungszeitraum eine Provision zu zahlen ist. 2. Buchauszug (Abs. 2). § 87c Abs. 2 regelt den neben dem Abrechnungsrecht beste- 3 henden Anspruch des HV, einen Buchauszug über alle vermittelten (Vermittlungsvertreter) oder abgeschlossenen (Abschlussvertreter) Geschäfte zu verlangen. 3. Bucheinsichtsrecht (Abs. 4). Erhält der HV den Auszug nicht oder bleiben begrün- 4 dete Zweifel an Abrechnung oder Auszug, hat er gem. § 87c Abs. 4 das Recht auf Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. 4. Auskunft (Abs. 3). Schließlich darf der HV neben den vorgenannten Rechten 5 („außerdem“) gemäß § 87c Abs. 3 Auskunft („Mitteilung“) über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. Es handelt sich um ein Auffangrecht, mit welchem Informationen abgefragt werden können, die der Vertreter durch Ausübung anderer Informationsrechte nicht erhielt. Eigentlich müsste das Auskunftsrecht als Abs. 4 an letzter Stelle des Anspruchskanons verfasst sein. 1

LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333.

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6

5. Ergänzende Informationsrechte. Ergänzt werden die Informationsrechte des § 87c durch das allgemeine Informationsrecht des § 242 BGB sowie die §§ 259, 260 BGB. Außerdem steht der Informationsanspruch aus § 86a Abs. 2, insb. aus S. 2, in Anspruchskonkurrenz zu den Ansprüchen aus § 87c Abs. 2 und 32.

7

6. Zwingende Natur. Gemäß § 87c Abs. 5 sind die Informationsrechte des § 87c zwingend, können also zu Lasten des HV weder ausgeschlossen noch beschränkt werden (Rn 68 ff).

II. Zweck der Informationsrecht 8

§ 87c wurde 1953 in das Gesetz eingefügt und geht auf die §§ 88 Abs. 4, 91 a.F. zurück, die eine halbjährliche Abrechnung und ein Buchauszugsrecht vorsahen. Gegenüber der damaligen Regelung wurde die Abrechnungsfrequenz verkürzt, was einer der gesetzgeberischen Ziele war3. Die Informationsrechte des § 87c sind Hilfsrechte4 zu Zahlungsansprüchen, welche 9 der HV gegenüber dem Unternehmer besitzt5. Als Hilfsrechte gehen sie unter, wenn feststeht, dass das Hauptrecht nicht mehr existiert6, etwa verjährt oder verwirkt ist. § 87c soll den Informationsvorsprung des Unternehmers ausgleichen7. Der Unternehmer schließt die vom HV vermittelten Verträge und führt jene aus. Also kann in erster Linie – wenn nicht sogar ausschließlich – der Unternehmer über die geschlossenen Geschäfte und über die Entstehung provisionsbegründender Umstände berichten. Mittelbar haben die provisionsrelevanten Umstände auch für die Berechnung des Ausgleichs nach § 89b Bedeutung, so dass die § 87c-Rechte häufig in Zusammenhang mit einer Ausgleichsklage erhoben werden (Rn 11, 180).

III. Europarechtliche Präformation 10

Gemäß Art. 12 RL hat der Unternehmer dem HV eine Abrechnung über die geschuldete Provision zu geben, und zwar spätestens am letzten Tag des Monats, der auf das Quartal folgt, in welchem der Provisionsanspruch erworben worden ist. Diese Abrechnung muss alle für die Berechnung der Provision wesentlichen Angaben enthalten. Nach Art. 12 Abs. 2 RL kann der HV ferner verlangen, dass ihm alle Auskünfte, insbesondere ein Auszug aus den Büchern, gegeben werden, über welche der Unternehmer verfügt und die der HV zur Nachprüfung der ihm zustehenden Provision benötigt. Diese Bestimmungen sind nach Abs. 2 und 3 zwingend. § 87c setzt jene Bestimmungen um. Trotz der teilweise von der RL abweichenden Formulierung dürfte die Umsetzung nicht zu beanstanden sein8. Dass sich aus Art. 12 Abs. 2 RL weitergehende Anforderungen als aus § 87c Abs. 2 ergeben, ist nicht ersichtlich.9

2 3 4

5

Hopt § 86a Rn 10. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3, 33; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4.

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6

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Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 4. Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 326. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 60. BGH, Beschl. v. 10.02.2009 – VIII ZR 205/05, BeckRS 2009, 06497.

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§ 87c

IV. Beschränkung auf „provisionsrelevante“ Sachverhalte – Buchauszug zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs? 1. Problemstellung. Wenngleich die Rechte des § 87c gesetzestypisch der Kontrolle 11 des Provisionsrechts dienen, können sie nach der hier vertretenen Ansicht auch zur Kontrolle anderer als Provisionsansprüche ausgeübt werden10, etwa des Ausgleichs (§ 89b Rn 458)11, einer Prämien- oder Dienstleistungsvergütung, von Zielerreichungsprämien, Leistungsbewertungen12, Umsatzprovisionen13 oder Schadenersatzansprüchen14. Der HV braucht zu ihrer Kontrolle also nicht auf die §§ 259, 260 BGB15 oder § 242 BGB16 auszuweichen und Provisionsinteresse vorzuspiegeln. Davon ist jedenfalls auszugehen, sofern dem HV die ausgleichsrelevanten Daten nicht zuvor bekannt gegeben wurden (sonst mglw. mangelndes Informationsinteresse). Die Ausgleichsberechnung gelingt dem HV ohne Informationen des Unternehmers oft nicht. Zwar kennt der HV die von ihm geworbenen Kunden. Sollte der Unternehmer jedoch dem HV bewusst Geschäfte mit den vom HV geworbenen Kunden vorenthalten haben – was insbesondere der Bezirksvertreter nicht wissen kann – ist dem HV keine zutreffende Ausgleichsberechnung möglich. Direkt getätigte Bezirksgeschäfte sind dem HV ohnehin unbekannt, auch wenn er die Kunden zuvor warb. Ihr Umfang kann sich nur aus Abrechnung und Buchauszug ergeben. Solche Direktgeschäfte sind auch für die Ausgleichshöchstgrenze relevant. Das Risiko einer Zuvielforderung wegen Unkenntnis dieser Grenze kann dem HV nicht zugemutet werden. Als Geschäftsherr besitzt der Unternehmer alle ausgleichsrelevanten Informationen, der HV dagegen nach Vertragsende meist keine. Das liegt daran, dass die relevanten Informationen häufig in einem vom Unternehmer betriebenen EDV-System gespeichert werden. Mit Vertragsende ist der Vertreter von diesen Informationen abgeschnitten17. Hiermit rechnen Unternehmer und im Falle einer Ausgleichsforderung erhält der HV die Mitteilung, er solle zunächst die von ihm neugeworbenen Stammkunden benennen, was nach Trennung von der EDV misslingen muss. Zudem vereinfacht der Buchauszug die Ausgleichsberechnung. Der Unternehmer kann die von ihm im Auszug 10

11

So aber (für Buchauszug) OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/ Evers). OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); OLG Hamburg, Urt. v. 19.06.1991 – 5 U 12/90; n.v.; wohl auch Eckhoff BB 2009, 1609 (1610); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 4; einschränkend Rn 10: nur ergänzender Auskunftsanspruch gem. § 87c Abs. 3. Ablehnend BGH NJW 1996, 2100; OLG Celle, Beschl. v. 20.04.2004, r+s 2004, 349 (350) (Buchauszug); LG Hamburg, Beschl. v. 10.11.1998 – 325 O 257/98 – n.v.; LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde); KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 95/05 (Abrechnung); Wolff BB 1978, 1246; Emde MDR 1999, 1108 (1111); Emde NJW 2000, 796; Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 157; Westphal Vertriebsrecht I, 1998, Rn 1224; Hopt § 87c Rn 13;

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17

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 164; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4. Zu alternativen Vergütungsformen im Vermittlungsgeschäft Kaapke/Sondermann HVJ 17/18/2002, S. 4 ff. AA LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333 für Handlungsgehilfen nach §§ 65, 87c (wohl nicht auf den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 87c übertragbar). OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 4. So jedoch Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4. BGH, Urt. v. 10.03.1969 – VII ZR 246/59, BB 1960, 796; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 79. Siehe BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 20.

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benannten Daten nicht bestreiten, so dass sich eine Beweiserhebung erübrigt (§ 89b Rn 384). Für die hier vertretene Ansicht streitet auch, dass nach Ansicht des BGH18 ein Teilurteil über den Ausgleich unzulässig sein soll (§ 89b Rn 461). Wenn die ausgleichsrelevante Provision aber erst nach Erteilung des Buchauszuges feststeht, handelt es sich bei der zuvor erhobenen Ausgleichsklage um eine demnach unzulässige Teilklage. Zudem müsste der HV bis zum Entscheid über die Buchauszugsklage die Verjährung seiner Ausgleichsforderung befürchten, ein Ergebnis, welches ihm nicht zugemutet werden kann. Nicht gegen das Recht zur Informationserteilung zum Zwecke der Ausgleichsberech12 nung spricht der Wortlaut des § 87c. Zwar ist grundsätzlich nur über Provisionsrelevantes Information zu erteilen. So ist gemäß § 87c Abs. 1 „über die Provision“ abzurechnen, und über nichts anders. Eine Abrechnung über den Ausgleich oder Schadenersatzansprüche ist folglich aus § 87c (möglicherweise aber als Nebenpflicht zu § 89b und §§ 249 f BGB) nicht geschuldet19. Gemäß § 87c Abs. 2 darf ein Buchauszug über alle Geschäfte verlangt werden, für die dem HV nach § 87 Provision gebührt, was gegenüber Abs. 1 noch weiter einengt, weil § 87 grundsätzlich nur Vermittlungs- und Bezirksprovision meint. Deshalb ist das Buchauszugsrecht einem HV verweigert worden, der Provision auf den gesamten Warenausgang des Unternehmers erhielt, und zwar auch dann, wenn jener auf nicht durch den Vertreter vermittelten Geschäften beruhte20. Diese Begrenzung auf „provisionsrelevante Umstände“ bedeutet jedoch nicht, dass der Auszug allein der Prüfung von Provisionsansprüchen dienen kann21. Er darf vielmehr auch zur Vorbereitung einer Ausgleichsklage gefordert werden22. Denn der Zweck des Informationsverlangens ist irrelevant; er braucht nicht benannt werden. Auch der Wegfall der Hilfsrechte „Kontrollrechte“ nach Wegfall des Hauptrechts (Rn 30) spricht nicht gegen diesen Zweck. Denn zum einen ist zweifelhaft, ob nicht auch der Ausgleichsanspruch ein Hauptrecht in diesem Sinn bildet und die zur Ausgleichsberechnung erforderlichen Angaben deshalb bis zum Ablauf der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 zu geben sind. Selbst wenn bereits das Entfallen des Hauptrechts „Provision“, etwa infolge des Eintritts der Verjährung, zur Undurchsetzbarkeit der Informationsrechte führen sollte, würde das den Zweck nicht einengen. Keine Klage sollte abgewiesen werden, nur weil der HV mitteilt, er wünsche die Information zur Ausgleichsberechnung. Jedenfalls besteht zur Vorbereitung der Ausgleichsklage ein Auskunftsanspruch (Rn 175 ff). Tatsächlich benennen die Worte „für die ihm nach § 87 Provision gebührt“ nur das Geschuldete, sind also nicht Tatbestandsvoraussetzung sondern Leistungsbeschreibung. Anders gewendet: Die Worte grenzen den Anspruchsinhalt inhaltlich ab gegenüber nicht zu erteilenden Informationen betreffend Geschäfte, für welche dem Vertreter keine Provision gebührt. Der Zweck, zu dem Informationen gefordert werden dürfen, wird durch § 87c Abs. 2 nicht determiniert. Fraglich ist, ob dies auch für § 87c Abs. 3 gilt. Gemäß § 87c Abs. 3 darf der Vertreter 13 nur Mitteilungen über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. Es stellt sich deshalb die bereits zum Buchauszug angesprochene Frage, ob der HV daran gehindert ist, den Auskunftsanspruch zur Vorbereitung etwa einer Ausgleichsforderung einzusetzen. In der Praxis wird 18

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BGH, Urt. v. 29.05.1967, NJW 1967, 2153; zustimmend Schwab in: Martinek/Semler/ Habermeier, § 17 Rn 34. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 95/05. OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; Küstner/ Thume I Rn 1393: Wenn der Vertreter nicht in: Wahrheit Bezirksvertreter war, wäre aber zumindest eine analoge Anwendung des

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21 22

§ 87c Abs. 2 angebracht gewesen. Jedenfalls steht ihm gemäß § 242 BGB (dazu unten) ein: Auskunftsrecht zu. Dafür aber LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde). OLG Hamburg, Urt. v. 19.06.1999 – 5 U 12/90; aA LG Hamburg, Beschl. v. 10.11.1998 – 325 O 257/98.

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sich das Problem nicht stellen, weil der HV vortragen kann, die Auskunft zur Überprüfung des Provisionsanspruches zu benötigen. Aber eine derartige Verschleierung ist unnötig. Auch hier bezeichnet der Text allein den Inhalt der Information, nicht den Grund ihrer Erteilung. In jedem Fall aber darf der Vertreter analog § 87c Abs. 3 ausgleichsrelevante Informationen fordern. Über die Neukundenwerbung kann der Unternehmer allerdings i.d.R. nicht berichten. Insoweit liegt das alleinige Wissen meist beim HV. Das Bedürfnis nach diesem Verständnis ist offensichtlich. Zwar ist der Ausgleich eine Gegenleistung für die Übertragung des Kundenstammes. Gleichwohl errechnet sich der Rohausgleich auf der Basis der Provisionen der letzten zwölf Monate, bei Untypik dieses Zwölfmonatszeitraums eines längeren Zeitraums. Also bestimmt die Höhe der Provisionen mittelbar über die Höhe des Ausgleichs. Es besteht auch eine vergleichbare Interessenlage, da der Informationsvorsprung des Unternehmers gegenüber dem Vertreter sowohl bei der Ausgleichs- wie der Provisionsbestimmung besteht. 2. Begriff der Provisionsrelevanz. Provisionsrelevant sind Tatsachen zu allen Provisions- 14 arten, insbesondere auch zu Inkasso- und Delkredereprovisionen23, weil der Wortlaut des § 87c, mit Ausnahme des Abs. 2, jede Provisionsart erfasst und nach Grund und Höhe das gleiche Informationsbedürfnis besteht. Fehlen provisionsrelevante Vorgänge, beschränkt sich der Inhalt der Auskunft auf ein Negativattest (Rn 55, 131)24. Der Begriff der Provision und damit der Provisionsrelevanz ist weit zu verstehen. Gemäß Art. 6 Abs. 2 RL ist Provision jeder Teil der Vergütung, der nach Zahl oder Wert der Geschäfte schwankt. Eine Provision ist eine erfolgsabhängige Vergütung, d.h. eine irgendwie nach dem Umfang vergütungspflichtiger Einzelgeschäfte bemessene Zahlung als Gegenleistung für die Tätigkeit des HV. Dem Zweck des § 87c – Kontrolle – entspricht die Verpflichtung zur Information über jede dem HV gewährte und nach Geschäften, Erfolg oder Leistung zur Höhe variierende Vergütung. Auch Bezirksprovisionen sind Provisionen in diesem Sinne, ebenso Verwaltungs- und Bestandspflegeprovisionen25. Denn auch Verwaltungsprovisionen werden leistungsabhängig gezahlt und sie sind zudem bloßer Annex der Vermittlungstätigkeit sowie der für sie gezahlten Provision. Selbst der Buchauszug beschränkt sich, anders als es der Wortlaut nahe legt („über alle Geschäfte …, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“) nicht nur auf Informationen über Geschäfte, für die gem. § 87 Provision zu zahlen wäre, sondern ergreift zumindest jede ggf. vertraglich versprochene und über § 87 hinausreichende leistungsabhängige oder aus sonstigen Gründen möglicherweise variierende Vergütung26. Wegen mangelnder Provisionsrelevanz, d.h. wegen Fehlens einer erfolgsabhängigen 15 Vergütung, müssen z.B. keine Informationen erteilt werden, wenn und soweit ein Fixum, Festgehalt, eine Tantieme oder Umsatzbeteiligung27 gezahlt wird. Sind ausschließlich solche Vergütungen geschuldet, brauchen regelmäßig keine Information gegeben zu werden, dem HV kann aber ein Rechnungslegungsanspruch entsprechend § 666, 675, 259 BGB zustehen28. Auch für die Ausgleichsberechnung werden die gemäß § 87c zu erteilenden Informationen dann nicht benötigt, weil sich der Ausgleich auf der Basis dessen berechnet, was ein anderer Provisionsvertreter in vergleichbarer Situation an Vergütung erhält 23

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Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. Zu stark auf den Anspruchsgrund fokussierend (§ 87c sei nicht anwendbar) Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 57. AA Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 6.

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Hopt § 87c Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5b. OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10.

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(wobei eine solche Regelung für den HV nach § 89b Abs. 4 unverbindlich wäre). Wird ein Fixum zusätzlich zur Provision gezahlt, besteht kein Informationsrecht hinsichtlich der die festen Vergütungsbestandteile betreffenden Umstände29. Andererseits werden hinsichtlich des variablen Provisionsteils die Informationsrechte nicht ausgeschlossen30. Das Schutzbedürfnis des HV wird nämlich durch die ergänzende Gewährung eines Fixums ebenso wenig reduziert wie wenn von vornherein eine geringere Provision gezahlt worden wäre31. Möglicherweise besteht aber ein Informationsrecht aus § 242 BGB. Der HV darf zur Überprüfung von Ansprüchen aus einem Storno-Reservekonto die 16 Informationsrechte des § 87c einfordern32. Denn die Summe der dem HV ausgezahlten Provisionen, Vergütungen oder Einheiten – all diese Begriffe finden Verwendung – wird unmittelbar durch die Höhe der Stornoreserve beeinflusst, so dass § 87c zumindest analog anwendbar ist. Teilt man dieses Ergebnis nicht, ergibt sich ein Informationsanspruch aus § 242 BGB.

V. lex specialis 17

Umstritten ist, ob § 87c eine abschließende Sonderregelung der Informationsrechte des HV trifft und andere Informationsrechte verdrängt33. Für die Ansicht, § 87c sei eine abschließende und die Auskunftsrechte der §§ 242, 810 BGB verdrängende und erschöpfende Sonderregelung34, spricht entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.35 wenig36. § 87c soll die Rechte des HV stärken, nicht begrenzen37. Die Norm ist gesetzliche Ausprägung allgemeiner Auskunftsrechte, die sich u.a. aus § 242 BGB ergeben. Diese Auskunftsrechte sollten nicht beschnitten werden, so dass auch im tatbestandlichen Anwendungsbereich des § 87c allgemeine Auskunftsrechte nicht ausgeschlossen werden. Es bedürfte eines erkennbaren gesetzgeberischen Willens, andere Auskunftsrechte einzuschränken. Dieser ist in § 87c als Schutzrecht des HV nicht sichtbar geworden. Praktische Bedeutung dürfte der Streit kaum gewinnen. Im Zweifel wird der HV die umfassenden Rechte des § 87c, meist das Buchauszugsrecht, geltend machen. Das Auskunftsrecht des § 242 BGB unterscheidet sich kaum von dem des § 87c Abs. 3, die Verjährung richtet sich einheitlich nach § 195 BGB. Eigene Informationsgewinnung und Nachforschungen verbietet § 87c nicht38, solange die Interessenwahrungspflicht und das Rücksichtnahmegebot – z.B. bei einem öffentlichen Aufruf des HV zur Übermittlung von Informationen“, etwa zwecks Suche nach vermuteten Direktgeschäften des Unternehmers in dem betreuten Bezirk39 – nicht entgegenstehen40. In einem solchen Fall können auch Schadenersatzansprüche des Unternehmers entstehen41. § 87c ist gegenüber den Vorschriften des BDSG vorrangig42.

29 30 31 32 33 34 35

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10; aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 9. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. AA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 7. Dafür Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 5. So Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 4. § 87c Rn 3: Andere Informationsmittel stehen dem HV nicht zur Verfügung; er dürfe auch nicht nach seinem Belieben zu anderen Mitteln greifen. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 8.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 8. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 8. OLG Düsseldorf DB 1956, 664. Vgl. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1: unerlaubter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb. Großzügiger Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1. Vom Verfasser noch offengelassen in VersR 1999, 1468.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87c

Denn § 87c gibt dem Vertreter ein Recht auf Übermittlung, welches von anderen Normen nicht eingeschränkt werden kann.

VI. Anspruchsberechtigter Anspruchsberechtigt sind ausschließlich der HV oder dessen Rechtsnachfolger, nicht 18 der Unternehmer43. Informationsrechte des Unternehmers sind nicht in § 87c geregelt; die Vorschrift ist auf Informationspflichten des Vertreters gegenüber dem Unternehmer auch nicht analog anwendbar. Vielmehr besteht hier eine Informationspflicht aus dem Gesichtspunkt der dem Vertreter im Verhältnis zum Unternehmer obliegenden Interessenwahrungspflicht, zudem aus § 242 BGB (§ 86 Rn 141). Das Informationsrecht berechtigt jeden HV ungeachtet seines rechtstatsächlichen Zuschnitts, insbesondere – große HV44. Die Entscheidung BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434, derzufolge besonders umsatzstarke Vertreter nach jahrelangem Schweigen auf übersandte Abrechnungen keinen Buchauszug fordern dürfen, hat der BGH in ZIP 1996, 129 ausdrücklich aufgegeben45 – Handelsvertretergesellschaften46 – Versicherungs- und Bausparkassenvertreter47 – Gekündigte Handelsvertreter, selbst wenn die Kündigung gem. § 89a wegen schuldhaften Verhaltens des HV erfolgte48. Vertreterrecht ist vertrags- und nicht personenbezogen. Das Erscheinungsbild des Vertreters kann daher Informationsrechte weder beschneiden noch erweitern. Selbst handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler, etwa Franchisenehmer, Vertragshänd- 19 ler etc., dürfen sich auf § 87c analog berufen, sofern der Unternehmer dem jeweiligen Vertriebsmittler provisionsähnliche Vergütungsbestandteile schuldet49, ansonsten eher nicht. Ob außerhalb der Rechtsverhältnisse vertreterähnlicher Mittler eine Analogie angezeigt ist, bleibt im konkreten Vertragsverhältnis zu klären50. Falls nein, wären die Informationsansprüche aus § 666 BGB und § 242 BGB anwendbar51. In mehrstufigen Vertriebssystemen (Strukturvertrieb) existiert eine Anspruchsberechtigung jedes „Stufenvertreters“52, soweit der HV erfolgsabhängige Provision für die Tätigkeit ihm unterstellter Personen – auch Reisender, also nicht nur echter Untervertreter – erhält, auch für die von ihnen vermittelten Geschäfte. Sämtliche Informationsrechte des § 87c sind dort in dem jeweiligen Vertragsverhältnis geltend zu machen, also im Verhältnis zwischen Untervertreter und Hauptvertreter sowie zwischen Hauptvertreter und Hauptunternehmer53. Der Untervertreter erwirbt kraft Gesetzes keine unmittelbaren Informationsansprüche gegen den Hauptunternehmer, außer ggf. nach § 242 BGB54. Jedoch kann der Untervertreter von seinem Vertragspartner die Durchsetzung der jenem zustehenden Informationsrechte 43 44 45

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Siehe hierzu Emde MDR 1996, 331; OLG Köln, BB 1997, 2130; OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). OLG Hamburg BB 1998, 971 mit zustimmender Anm. Emde EWiR 1999, 327; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 59. BGH BB 1961, 424/425. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 57; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1.

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Zweifelnd Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 6; für eine Analogie LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449 (Abrechnung und Buchauszug). LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449. BGHZ 56, 290; Emde MDR 1999, 1108; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56.

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fordern und dieses Verlangen gemäß § 888 ZPO als unvertretbare Handlung durch Zwangsgeld vollstrecken55. Dem echten Untervertreter stehen gegen den Hauptvertreter dieselben Informationsrechte zu wie dem Hauptvertreter gegen den Unternehmer56. Notfalls hilft auch hier das dem Hauptvertreter gegebene Informationsrecht des § 242 BGB gegenüber dem Hauptunternehmer. Der Hauptvertreter darf sich gegenüber dem Informationsanspruch des Untervertreters nicht damit verteidigen, er selbst werde von seinem Unternehmer nicht informiert57. Vielmehr fordert § 87c von ihm im Interesse seines Untervertreters (Treupflicht), sich selbst beim Unternehmer umfassend zu informieren und ggf. diesem gegenüber sein Informationsrecht – zur Not auch gerichtlich – einzufordern58. Ein Unterlassen hat beweisrechtliche Konsequenzen: Zwar wird der Hauptvertreter von seiner Verpflichtung zur Leistung von Informationen frei, wenn er diese Informationen – was er substantiiert darlegen und ggf. beweisen muss59 – nicht geben kann (§ 275 Abs. 1 BGB). Jedoch obliegt dem Hauptvertreter dann bei substantiierter Provisions- und Ausgleichsklage des Untervertreters die Beweislast für die Nichtexistenz der Forderungen, sofern die Beweislage des Untervertreters aufgrund der Nichtleistung verschlechtert ist (Beweislastverteilung nach Gefahrensphären). Eventuelle Schäden aus der Auskunftsverweigerung kann der Untervertreter an den Hauptvertreter weitergeben, der den Untervertreter ermächtigen kann, die Informationsrechte gegenüber dem Unternehmer geltend zu machen. Die Informationsrechte sind nach h.M. nicht selbständig abtretbar60, verpfändbar oder 20 pfändbar. Mit der Abtretung der Provisionsansprüche geht jedoch das Informationsrecht, etwa das Buchauszugsrecht nach § 87c Abs. 2, gemäß § 401 BGB insoweit zeitanteilig auf den Abtretungsempfänger über, als die Provisionsansprüche abgetreten wurden61. Der HV ist dann für den betreffenden Zeitraum nicht mehr aktivlegitimiert. Eine Abtretung oder Verpfändung der Informationsrechte aus § 87c ist ohne Abtretung der zugrunde liegenden Forderungen nicht möglich. Insbesondere bei Versicherungsvertretern gibt es ein Sonderproblem: Bei ihnen wäre die Abtretung der Zahlungsansprüche nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unwirksam, und zwar unabhängig davon, ob die genannten Hilfsansprüche eigenständig abtretbar sind oder nicht62. Denn um Zahlungsansprüche gegen den Unternehmer mit Aussicht auf Erfolg geltend machen zu können, ist der Anspruchsteller darauf angewiesen, sämtliche zur Individualisierung der maßgeblichen Vertragsverhältnisse oder Versicherungsanträge erforderlichen Angaben vom Zedenten gem. § 402 BGB zu erhalten, obwohl der abtretende VV ebenfalls der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unterliegt63. Das gleiche gilt für die Abtretung der Kontrollrechte des § 87c. Hier kommt das Problem der Informationspflichtigkeit des Versicherers gegenüber einem nicht der Geheimhaltung unterworfenen Dritten hinzu64. Deshalb darf der Zedent die Informationsrechte auch nicht im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen65. Wegen ihrer Unabtretbar55 56 57 58 59 60

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2a. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 56. Palandt/Heinrichs § 275 Rn 34. LAG Bremen DB 1955, 123; OLG Hamm NJW-RR 1997, 1322 (1323); Hopt § 87c, Rn 1; MünchKommHGB/von HoyningenHuene § 87c Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5d, 13; aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 15.

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OLG Hamm, Urt. v. 14.05.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603. BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20. BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20. BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20. BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 28.

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keit sind die Rechte auch nicht isoliert pfändbar66. Dies ergibt sich zum einen aus der Natur als bloßes Hilfsrecht (§ 399 BGB). Zudem besteht die Gefahr einer Vervielfältigung der Informationsrechte zu Lasten des Unternehmers. Der Abtretende könnte die Ansprüche isoliert geltend machen, daneben wegen des Unabdingbarkeitsgrundsatzes des § 87c Abs. 5 jedoch auch der Zedent (das schließt nach Sinn und Zweck u.U. sogar den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit aus), jener zudem auch aus einem konkurrierenden Anspruch, etwa § 242 BGB. Möglich bleibt ggf. – etwa im oben genannten Verhältnis Unter- und Hauptvertreter – die gerichtliche Geltendmachung als Prozessstandschafter des Informationsgläubigers, wobei auf Leistung an den eigentlich Berechtigten zu klagen ist. Diejenigen, die eine isolierte Abtretbarkeit annehmen, befürworten jedenfalls die Zulässigkeit eines Abtretungsverbotes gemäß § 399 BGB67. Die Abtretung lediglich einer einzigen oder nur einzelner, genau nach Einzelforderun- 21 gen bezeichneter Provisionsansprüche führt zwar grundsätzlich zum Übergang der Informationsrechte gem. § 401 BGB. Ein Informationsinteresse des Zedenten ist in dieser Situation jedoch kaum denkbar. Es kann allenfalls in Hinblick auf Informationen bestehen, welche die abgetretenen Forderungen betreffen. Bei genau nach Einzelforderungen bezeichneten Ansprüchen (anders bei Abtretung aller Provisionsforderungen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes entstanden sind) besteht die Vermutung, die Abtretung (und das Informationsinteresse) beschränke sich auf jene Forderungen. Ob eine Abtretung der Zahlungsansprüche nur zu dem Ziel, die Informationsrechte geltend machen zu können wegen Gesetzesumgehung unwirksam ist68, erscheint zweifelhaft. Denn die Abtretung der Zahlungsansprüche ist nicht verboten, der Übergang der Informationsrechte nach § 401 BGB gerade die gesetzliche Folge.

VII. Passivlegitimation Passivlegitimiert ist der Unternehmer oder sein Rechtsnachfolger. Dabei ist unerheb- 22 lich, welches rechtstatsächliche Erscheinungsbild der Unternehmer einnimmt oder welche Rechtsform er gewählt hat (Rn 18). Der Unternehmer hat die Informationen selbständig zusammenzustellen und kann keine Beteiligung des Vertreters fordern69, außer er ist berechtigterweise – also etwa aufgrund vertraglicher Vereinbarung (aber ggf. Abs. 5) oder nach § 242 BGB – auf Auskunft oder Mitwirkung des Vertreters angewiesen. Die Mitwirkung des Vertreters beschränkt sich auf die bei Auszug und Auskunft erforderliche, bei Auskunftserweiterung ggf. spezifizierte Anforderung und bei der Einsicht auf den Einsichtsakt. Nach Übernahme des Vertretervertrages schuldet der Übernehmer Buchauszug und Bucheinsicht aus bzw. in die ihm zugänglichen Bücher und Unterlagen70. Der Übernehmer muss ggf. ihm zustehende Informationsrechte gegenüber seinem Rechtsvorgänger bzw. Verkäufer geltend machen, um seinen Pflichten im Verhältnis zum Vertreter nachkommen zu können. Gegen den Verkäufer des Betriebes besteht u.U. ein Direktanspruch des HV gemäß § 242 BGB oder § 87c (für nachvertragliche Zeiträume ggf. analog). Die Information braucht nicht persönlich erbracht zu werden, sondern kann durch einen Mitarbeiter oder Beauftragten erfolgen, wenn hierdurch keine Qualitätsverluste eintreten. Zur Passivlegitimation im Falle der Insolvenz des Unternehmers Rn 208.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13; aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 15.

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5d. Küstner/Thume I Rn 1407. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 14.

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VIII. Rangfolge der Informationsrechte Das Gesetz setzt eine bestimmte Stufenfolge der Informationsrechte voraus71. Die in § 87c gegebenen Kontrollrechte stehen in einer Abfolge, deren einzelne Schritte nicht beliebig austauschbar oder kombinierbar sind. Teilweise wird dies durch die Reihenfolge der Absätze des § 87c deutlich. Als Grundtatbestand nennt das Gesetz das Abrechnungsrecht des § 87c Abs. 1 an 24 erster Stelle72. Neben der Abrechnung, genauer: nach ihrem Erhalt, ihrer Nichterteilung innerhalb angemessener Frist oder Verweigerung, darf der HV zur Nachprüfung der Abrechnung das Buchauszugsrecht des § 87c Abs. 2 geltend machen, und zwar vorrangig vor der Bucheinsicht. Hat der HV Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Buchauszuges, so steht ihm zunächst der Anspruch auf Vervollständigung zu. Hilft das nicht weiter, so gibt ihm das Gesetz das Recht auf ergänzende Auskunft (Abs. 3). Das Auskunftsrecht nach § 87c Abs. 3 steht systematisch und seinen TB-Voraussetzungen gemäß etwas außerhalb der Reihe der anderen Informationsrechte. Es ist seinem Wortlaut nach nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft, so dass sich vermuten ließe, es stehe in keinem Rangverhältnis zu den anderen Informationsrechten. Das würde bedeuten, dass es noch vor der Abrechnung gefordert werden könnte. Tatsächlich fehlt das Rechtsschutzbedürfnis zur Geltendmachung des Auskunftsrechtes, ehe nicht eine Abrechnung erteilt wurde. Sollte jene nicht innerhalb der Fristen des § 87c Abs. 1 übermittelt werden, wird der HV in seinem Auskunftsrecht nicht mehr beschränkt. Abrechnung, Buchauszug und Auskunftsverlangen darf der HV im Verbund und durch Klage auf ein und derselben Stufe geltend machen73, sofern die TB-Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs gegeben sind. Gibt es (notwendige TB-Voraussetzungen!) begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung, darf der HV neben dem Buchauszug auch sogleich Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4) fordern. Er braucht nicht vorher einen Buchauszug zu verlangen74. Außer in diesen beiden Fällen darf das Bucheinsichtsrecht erst geltend gemacht werden, sofern entweder der Buchauszug nach Anforderung verweigert wurde oder begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des erteilten Buchauszuges bestehen75. Durch Stufenklage nach § 254 ZPO kann ferner das Verlangen auf Einsichtnahme (1. Stufe) mit dem auf ergänzende Auskunft (2. Stufe) und auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (3. Stufe) über die Richtigkeit und Vollständigkeit des offengelegten Materials einschließlich der erteilten Auskunft verbunden werden. Einen Buchauszug soll der HV nicht mehr beanspruchen dürfen, wenn er bereits über den weitergehenden Anspruch auf Bucheinsicht einen rechtskräftigen Titel besitzt76. Das ist nur insoweit richtig, als beide Rechte nicht nebeneinander eingefordert werden können77. Der HV hat sich durch die Ausübung seines Wahlrechtes nicht festgelegt. Er darf ein einmal gefordertes nach- oder gleichrangiges Recht fallen lassen und das Vorderoder Parallelrecht verlangen. Dies gilt auch im Verhältnis Buchauszug-Bucheinsicht. Als

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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2007 – 16 W 44/07, BeckRS 2007 16108; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 3; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 2. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 2. OLG Köln DB 1972, 2104. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 3.

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Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 2. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2007 – 16 W 44/07, BeckRS 2007, 16108; OLG Nürnberg BB 1966, 265; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 23a. BGHZ 56, 290 (297).

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letztes Mittel kann die Bestätigung der übermittelten Informationen durch eidesstattliche Versicherung gefordert werden78. Dieses Recht ist subsidiär gegenüber den anderen Informationsrechten sowie dem Einsichtsrecht79 und setzt zumindest die Erteilung oder Verweigerung der Abrechnung voraus, zudem ein Rechtsschutzinteresse gerade an der eV. Hierzu muss die Unrichtigkeit der Information zu befürchten sein. Der strafbewehrte Zwang der eidesstattlichen Versicherung soll erst eingesetzt werden dürfen, wenn das sonst zuverlässigste Mittel der Vergewisserung, der unmittelbare Augenschein an der Quelle, auch dann noch Zweifel an seiner Aussagekraft hinterlassen hat. Daher darf in der Reihenfolge Abrechnung, Buchauszug und Auskunft, Bucheinsicht 25 und Eidesstattliche Versicherung im Grundsatz nur der Auszug übersprungen werden und dies auch nur dann, wenn die in § 87 Abs. 4 genannten TB-Voraussetzungen dies ausnahmsweise rechtfertigen. Insbesondere sind substantiierbare Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung erforderlich, um das Verlangen auf Einsichtnahme in die Bücher und Unterlagen des Unternehmers zu rechtfertigen80. Generell lässt sich sagen, dass bei allen Rechten des § 87c ein erfolglos gebliebenes eindeutiges Verlangen des HV nach Erfüllung des vorrangigen Rechts genügt, um das nachrangige Recht ausüben zu können81. Die Nichterteilung steht nach angemessener Frist einer konkludenten Verweigerung gleich. Vorausgehende Klagerhebung und Vollstreckung sind nicht erforderlich, um das nachrangige Recht auszuüben82, und zwar schon deshalb, weil die Verjährung des Folgerechts durch die prozessuale Geltendmachung des Vorderrechts nicht gehemmt wird. Über diese Einschränkung hinaus gibt es kein Kumulierungsverbot83. Deshalb darf der HV jedes Informationsrecht geltend machen, falls dessen TBVoraussetzungen erfüllt sind.

IX. Hilfsrechte X. Anspruchsentstehung und Entfallen des Anspruchs 1. Anspruchsentstehung. Die Rechte aus § 87c entstehen, sobald der Vertrag gelebt 26 und durchgeführt wird und sämtliche TB-Merkmale des jeweiligen Informationsrechts erfüllt sind. Sie stehen einem HV zu, der Provisionsansprüche hat oder zu haben behauptet und können vertragsbegleitend, aber auch nach Vertragsende gefordert werden84. Sie entfallen nicht deshalb, weil dem HV aus einem von ihm zu vertretenden Verhalten vom Unternehmer fristlos (89a) gekündigt worden ist85 oder der HV seinen Vertragspflichten nicht nachkommt86. Rechtstatsächlich werden sie meist erst nach beendetem Vertrag und gescheiterten Ausgleichsverhandlungen, oft als Druckmittel, geltend gemacht87. Die Abrechnung schuldet der Unternehmer ohne Aufforderung. Die übrigen Informa- 27 tionsrechte setzen ein formloses aber eindeutiges Verlangen des HV voraus88 (verhaltener 78 79 80 81 82

Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 4. BGHZ 32, 302 (305); OLG Hamm NJW 1959, 51; OLG Celle BB 1961, 1017. BGH NJW 1979, 764. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3. OLG Koblenz MDR 1994, 198; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 3; aA BGH WM 1979, 463: Wenn der Vertreter den Buchauszug verlange, müsse er diesen auch durchsetzen

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und abwarten, was der Auszug ergebe, bevor er Bucheinsicht fordern könne. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 31. BGH BB 1961 424/425. AA mglw. Eberstein 9. Aufl., S. 102. Emde MDR 1999, 1108 ff. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 2; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 1.

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Anspruch). Die Wirksamkeit des Vertretervertrages setzt § 87c ebenso wenig voraus wie dies für die Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs gefordert wird. Haben die Parteien einen fehlerhaften HV-Vertrag in Vollzug gesetzt, so ist § 87c zumindest analog anwendbar89. 2. Entfallen des Anspruchs a) Erfüllung. Die Informationsrechte erlöschen durch Erfüllung (§ 362 BGB)90, für welche der Unternehmer – soweit der HV die Informationen nicht als Erfüllung entgegennahm – gem. § 363 BGB beweispflichtig ist91. Nach vollständiger Erfüllung dürfen die bereits erteilten Informationen kein zweites Mal eingefordert werden. Ob Erfüllung vorliegt, ist objektiv zu bestimmen. Zu weit geht es, wenn gesagt wird, der Anspruch des HV auf Erteilung des Buchauszuges entfalle erst, falls er sich in rechtsverbindlicher Weise mit den übergebenen Abrechnungsunterlagen zufrieden gibt und damit auf den Anspruch verzichtet oder die Einigung über die Provisionsansprüche feststeht92. Existieren Mängel oder Auslassungen, wurde nicht erfüllt. Bleibt die Information insgesamt unbrauchbar, d.h. so fehlerhaft, dass sie nicht einmal den Mindestanforderungen entspricht93, muss sie nach Wahl des HV entweder vollkommen neu erteilt oder es müssen die fehlenden Bestandteile nachgeliefert werden. Der Vertreter ist dann nicht auf bloße Ergänzung der bereits erteilten Informationen beschränkt, zumal er ohne Information des Unternehmers meist nicht exakt benennen kann, was nachzufordern ist, sondern hat die vollständige Information als Einheit an den HV zu liefern. Dem Vortrag des Unternehmers, der HV dürfe keinen vollständig neuen Auszug sondern nur Ergänzung fordern, ist daher regelmäßig der Erfolg zu versagen. Selbstverständlich kann der HV auch bei lediglich partieller Mangelhaftigkeit Nacherfüllung verlangen94. Beispiel ist die Erbringung einer klassischen Teilleistung, etwa die Übermittlung lediglich auf Teilbereiche in zeitlicher, örtlicher oder sonstiger Weise – etwa auf einzelne Artikel, Bezirke, Kunden oder Zeiträume – beschränkter Informationen95. Bei Mangelhaftigkeit der Informationserteilung zum in der Stufenfolge niedrigeren Recht (etwa Abrechnung im Verhältnis zum Buchauszug, s.o., Rn 24) ist der HV nicht auf ein zur Kontrolle des mangelhaft erfüllten Informationsrechts bestimmtes, auf höherer Stufe stehendes Informationsrecht (etwa Bucheinsicht) beschränkt. Dies folgt entweder aus den Grundsätzen zur Teilleistung, zumindest aus § 280 BGB, weil der HV als Schadenersatz auch Naturalrestitution fordern darf. Die Erfüllung eines Informationsrechtes schließt die Durchsetzung eines anderen In29 formationsrechtes nicht aus, sofern dessen TB-Voraussetzungen vorliegen und ein Informationsinteresse besteht.

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b) Entfallen durch Wegfall des Hauptrechts. Als Hilfsrechte zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche (Rn 26 ff) erlöschen die Informationsrechte dann, wenn sämtliche Zahlungsansprüche des HV erfüllt sind, er endgültig und abschließend auf Zahlungsansprüche gegen den Unternehmer verzichtet hat oder aus anderem Grunde, etwa wegen Verjährung oder bindender Begrenzung der Schuld auf einen bestimmten Zahlungsanspruch, keine Ansprüche mehr existieren können96. Im Zweifel ist zugunsten des HV 89 90 91

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 31, 40. OLG Köln NJW-RR 1999, 833; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 28. OLG Düsseldorf OLGR 2002, 125. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 29.

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AA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 29. Martinek/Flohr § 9 Rn 17; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 18; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4, 49; Palandt/Heinrichs § 261 Rn 25.

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zu entscheiden. Durch eine eindeutige, regelmäßig ausdrückliche und auf einen vergangenen Zeitraum bezogene Einigung auf einen bestimmten Zahlungsbetrag, eine konkrete Abrechnung und/oder deren Anerkenntnis werden die zur Durchsetzung des Zahlungsanspruches dienenden Informationsrechte des § 87c als Hilfsrechte undurchsetzbar97, soweit Abs. 5 nicht entgegensteht (dazu Rn 68 ff). c) Mitwirkung des HV. Der HV schuldet ggf. eine zur Informationserteilung erfor- 31 derliche Mitwirkung als Vorleistung98. Der Unternehmer braucht daher keine Informationen zu geben, wenn er sie nur unter Mitwirkung des Vertreters erteilen kann und jener seine Mitwirkung verweigert99. Ein Unternehmer, der HV beschäftigt, muss allerdings für seine Informationsfähigkeit sorgen. Deshalb wird eine solche Entlastung regelmäßig ausscheiden. d) Verjährung. Der Unternehmer darf die Informationsrechte bis zum Zeitpunkt ihres 32 Verjährungseintritts geltend machen100. Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in welchem 1. der Anspruch entstanden ist und (kumulativ) 2. der Gläubiger von allen den Anspruch begründenden TB-Merkmalen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder (alternativ) ohne grobe Fahrlässigkeit objektiv erlangen müsste. Entscheidend für das „Entstehen“ des Anspruchs iSd Nr. 1 ist seine Fälligkeit, und damit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, ihn zu fordern und ggf einzuklagen. Vgl. insoweit Vor § 84 Rn 484 ff. aa) Separate Verjährung von Haupt- und Hilfsansprüchen. Die Informationsansprü- 33 che des § 87c sind kein zweckfreies Recht des HV. Sie dienen der Überprüfung der ihm geschuldeten Hauptansprüche, leitbildtypisch des Provisionsanspruchs, sowie – zumindest mittelbar über die Kontrolle der Provisionen – auch des Ausgleichsanspruchs oder eines Schadensersatzanspruchs (ggf. analog § 87c). Informations- und Zahlungsansprüche stehen im Verhältnis von Hilfs- zu Hauptansprüchen. Der genaue Beginn des Verjährungslaufs ist Gegenstand der Diskussion. Das betrifft insbesondere das forensisch bedeutendste Informationsrecht, den Buchauszugsanspruch des § 87c Abs. 2. Nach Rspr. und Literatur zu § 88 a.F. verjährten die Kontrollrechte als Hilfsansprüche im Verhältnis zu den Hauptforderungen selbstständig. Das bedeutet: Verjährungsbeginn und -lauf blieben unabhängig von Beginn und Lauf des jeweils anderen Rechts. Jeder Hauptanspruch und jedes Kontrollrecht (Hilfsanspruch) verjährte für sich101. Dies dürfte auch nach Wegfall des § 88 a.F. im Grundsatz zutreffen. Eine Einheitlichkeit der Verjährung von Hauptanspruch und Informationsrecht kann nicht aus § 217 BGB hergeleitet werden. Informationsansprüche sind keine mit den Hauptansprüchen verjährenden Nebenleistungen iSd § 217 BGB, weil sie nicht von ihnen abhängen. Vielmehr sollen sie deren Geltendmachung vorbereiten, indem sie zu klären haben, welche Ansprüche – meist auf Provision – dem HV zustehen102. Daran hat sich durch Wegfall des § 88 a.F. nichts geändert und folglich geht ihre Verjährung auch jetzt nicht mit der

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98 99 100 101

BGH – VIII ZR 293/94, NJW 1996, 588; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (Buchauszug); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 31. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5c. Eingehend Emde VersR 2009, 889 ff. KG VersR 2002, 1554; Küstner/Thume I

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Rn 1500; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37; § 84 Rn 68; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5.

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des Hauptanspruchs einher103. Sie beginnt für jedes der Kontrollrechte mit Erfüllung der ihm eigenen, typischen TB-Voraussetzungen seiner Fälligkeit (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) bzw. des Kennenmüssens der für eine gerichtliche Geltendmachung genügenden Anspruchsvoraussetzungen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB)104, unabhängig davon, wann der Lauf der Verjährung des zu kontrollierenden Hauptrechts beginnt oder endet105. Das bedeutet präzise: Die verjährungsauslösende Fälligkeit der Abrechnung folgt aus 34 § 87c Abs. 1. Die Abrechnung ist ohne Aufforderung des HV106 unverzüglich fällig, sobald Abrechnungsrelevantes mitzuteilen ist, und zwar jeweils innerhalb der Frist des § 87c Abs. 1 nach Eintritt des provisionsrelevanten Vorganges, also leitbildtypisch im Anschluss an die Ausführung des Kundengeschäfts durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 1). Die Fälligkeit des Buchauszugsrechts (§ 87c Abs. 2) tritt grds. mit Erteilung der Abrechnung (§ 87c Abs. 1) ein107. Das Recht auf Buchauszug ist zwar zu jedem Provisionsanspruch gegeben. Man könnte folglich vertreten, die Fälligkeit des betreffenden Auszug(teils) entstehe jeweils bereits mit Fälligkeit des ihn dokumentierenden Provisionsanspruchs. Aber der Sammelgedanke des Auszugsrechts spricht gegen die an den einzelnen Provisionsanspruch geknüpfte Atomisierung des Verjährungsbeginns; der Auszug würde sich sonst zu wenig von der Abrechnung des § 87c Abs. 1 oder dem Auskunftsrecht des § 87c Abs. 3 abheben. Um die Vollständigkeit der Provisionszahlungen zu kontrollieren, ist dem HV nur ein ebenso vollständiger Buchauszug dienlich, und für ein Verlangen nach einem solchen besteht objektiv keine Grundlage (es fehlt das Informationsoder Rechtsschutzbedürfnis), als die periodische Abrechnung noch aussteht oder offen ist, was überhaupt abrechnungspflichtig ist. Nur die vollständige und abschließende Abrechnung lässt daher den Lauf der Verjährung beginnen108. Eine solche Abrechnung liegt regelmäßig vor, wenn die vertraglichen Voraussetzungen für die Fälligkeit der Provision eingetreten sind und der Unternehmer auf dieser Grundlage die Abrechnung über die dem HV zustehende Provision erteilt109. Dabei kann es sich auch um die Mitteilung handeln, dass dem HV – etwa aufgrund einer Vertragsstornierung – keine Provision zusteht110. Ist eine solche Abrechnung erteilt worden, wird der Buchauszug geschuldet, selbst wenn lediglich ein provisionsrelevanter Vorgang in die Abrechnungsperiode fällt. Dass später theoretisch noch eine Korrekturabrechnung erfolgen könnte, steht der Annahme einer vollständigen und abschließenden Abrechnung nicht entgegen111. Anders ist es jedoch hinsichtlich solcher Geschäfte, für die tatsächlich später eine Korrekturabrechnung erteilt wird. Bei diesen Geschäften ist für den Beginn der Verjährung in ent103

Zu § 88: BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, NJW 1979, 764; Urt. v. 31.01.1979 – I ZR 8/77, WM 1979, 463; Urt. v. 11.07.1980 – I ZR 192/78, LM § 88 Nr. 8 = NJW 1982, 235; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1467 (Abrechnung), 1500 (Buchauszug), 1512 (Bucheinsicht); jetzt: OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München, Urt. v. 10.06.2009 – 7 U 4522/08, VersR 2010, 344; Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 354; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 68; Genzow in: Ensthaler, § 87c Rn 25; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1; Hopt § 87c Rn 53; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5.

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BGH NJW 1979, 764; 1981, 457; Küstner/ Thume I Rn 1468; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. Emde VersR 2009, 889 (890 f). Westphal I Rn 621; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 2, 62; Hopt § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1502; Hopt § 87c Rn 18. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655.

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sprechender Anwendung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB der Zeitpunkt der Korrekturabrechnung maßgeblich112. Keine solche Abrechnung liegt für Geschäfte vor, über die im betreffenden Zeitabschnitt zwar eine endgültige Abrechnung möglich gewesen wäre, die aber nicht oder nicht endgültig abgerechnet worden sind. Denn der Anspruch auf Buchauszug besteht für jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft und nicht für bestimmte (abgerechnete) Zeitabschnitte. Deshalb beginnt die Verjährungsfrist des Buchauszugsrechts für nicht oder nicht endgültig abgerechnete Geschäfte nicht zu laufen113. Bis zu diesen Daten existiert weder Anlass (Informationsbedürfnis) noch Informationsgrundlage (Kenntnis iSd § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), die Buchauszugsforderung zu erheben114, die Anspruchsverjährung115 beginnt erst jetzt. Der HV darf den Buchauszug schon vor Verjährung des Bucheinsichtsrechts wegen der Zahlungsansprüche verlangen, auf welche er sein Einsichtsrecht gestützt hat116. Denn beide Ansprüche treten nebeneinander, ohne dass der eine den anderen ausschließt. Eine Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4) kann bereits bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit oder längerer Nichterteilung der Abrechnungen, aber auch infolge der Verweigerung des Buchauszuges, gefordert werden. Nach Übermittlung zweifelhafter Abrechnungen darf der HV neben dem Einsichtsrecht einen Buchauszug einfordern und abwarten (Wahlrecht)117. Erst im Anschluss an dessen Erteilung und mit Beendigung einer angemessenen Prüfungsfrist beginnt der Lauf der Verjährung des Einsichtsrechts am Schluss des betreffenden Jahres118. Zwar darf der Anspruch auf Einsichtnahme schon nach Zweifeln an der Abrechnung, und nicht erst nach Zwischenschaltung des Buchauszugsrechts, erhoben werden. Der Ablauf der den Buchauszug betreffenden Verjährungsfrist im Anschluss an den Erhalt einer Abrechnung (§ 87c Abs. 1) hindert also nicht die Geltendmachung des Bucheinsichtsrechts (§ 87c Abs. 4) wegen begründeter Zweifel an der Richtigkeit des späteren Buchauszugs (§ 87c Abs. 2), da die Verjährungsfrist des § 195 BGB erneut nach Erteilung des Buchauszuges119 und dem Obwalten von Zweifeln gerade gegenüber ihm120 zu laufen beginnt. Dem Gläubiger nimmt es keines seiner Informationsrechte, falls er sich nicht sofort zu dem verkürzenden, aber für den Schuldner wegen des Eingriffs in seine Geschäftsbücher oft als einschneidender empfundenen Weg der Einsicht entschließt, statt Stufe für Stufe gleichsam methodisch auszuschreiten und zunächst den Auszug zu fordern. Auf Grund des Buchauszugs, der erteilten Auskunft oder der Ergebnisse der Einsichtnahme in die Bücher und Unterlagen des Unternehmers – rechtzeitig vor Verjährung der hierauf gerichteten Ansprüche geltend gemacht – kann sich allerdings herausstellen, dass Provisionsansprüche verjährt sind, sofern sie zumindest hätten bekannt sein müssen. Der Auskunftsanspruch nach Abs. 3 oder § 242 BGB wird fällig, sobald Relevantes mitzuteilen ist. Bezieht er sich auf den Ausgleichsanspruch eines am 31.12. beendeten Vertrag wird 112 113 114

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OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. AA Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 354: Es sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Fälligkeit bei ordnungsgemäßer Abrechnung durch den Unternehmer eingetreten wäre. BGH NJW 1981, 457; OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. AA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1514.

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BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, WM 1979, 463; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1514; Eberstein, Der HandelsvertreterVertrag, 9. Aufl., S. 104; Hopt § 87 Rn 53; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87c Rn 42, § 88 Rn 5. BGH LM Nr. 6 zu § 87c; BGH, Urt. v. 31.01.1979 – I ZR 8/77, WM 1979, 463; Küstner/Thume I Rn 1513 f; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 39; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 6. BGH NJW 1979, 764.

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die Fälligkeit des korrespondierenden Informationsrechts am 01.01. eintreten und die Verjährung am kommenden 31.12. zu laufen beginnen. Nach Ansicht von Löwisch121 sowie des OLG Schleswig122 beginnt der Lauf der Ver35 jährung jedes Informationsrechts erst mit seiner Geltendmachung und nicht bereits, wenn es der HV erstmals hätte geltend machen können. Darüber hinaus lässt Löwisch123 die Verjährung grundsätzlich erst mit Ablauf des Jahres (§ 199 Abs. 1 BGB) zu laufen beginnen, in welchem der HV-Vertrag endet. Das erscheint zweifelhaft124, weil die Verjährung aller Informationsrechte – überwiegend vor Vertragsende – schon mit ihrer Fälligkeit eigenständig in Gang gesetzt wird, der Anspruch auf Buchauszug also z.B. mit Erteilung der jeweiligen Abrechnung. Sollte die Verjährungsfrist erst mit Geltendmachung anlaufen, hätte es der HV in der Hand, den Verjährungseintritt während der Vertragsdauer beliebig hinauszuzögern. Solange er ein Informationsrecht nicht einfordert, würde es nicht zu verjähren beginnen. Das widerspräche dem Bestreben, nach einer bestimmten Zeitdauer Rechtsfrieden eintreten zu lassen125. Die hM ist deshalb zu Recht der hier eingenommenen Ansicht126. Die Begründung von Löwisch127, es bestehe keine Verpflichtung des HV, während des laufenden Vertrages Informationsrechte auszuüben, schließt nicht aus, dass der HV sein Recht geltend macht. Die Diagnose von Löwisch, häufig werde sich ein HV aus Furcht vor Repressalien während des bestehenden Vertrages zurückhalten, Informationen einzufordern128, ist zwar zutreffend. Wenn sich der HV jedoch entschließt, ein ihm bekanntes Recht nicht auszuüben, hat er vorbehaltlich §§ 162, 242, 828, 280129 BGB die Folgen zu tragen und darf sich nicht „auf Vorrat“ Informationsrechte für einen langjährig unverjährten Zeitraum zurechtlegen. Der HV wird hinreichend geschützt, indem die Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht vor Kenntnis des HV über seine Hauptansprüche zu laufen beginnt130. Jene erhält er meist erst durch eine ordnungsgemäße Abrechnung. Da vor Kenntnis der maßgeblichen Hauptansprüche der Lauf der Verjährung nicht beginnt (Rn 43), setzt er hinsichtlich unbekannter Ansprüche nicht zwangsläufig mit Vertragsende ein131. Die Auffassung Löwischs dürfte auch inkonsequent sein: Löwisch meint, der Unternehmer sei hinreichend geschützt, indem die den Informationsrechten zu Grunde liegenden Hauptforderungen innerhalb der Frist des § 195 BGB verjährten132. Denn sofern die zu kontrollierenden Hauptrechte verjährt sind, dürften die Informationsansprüche als Hilfsrechte nicht mehr geltend gemacht werden. Aber Hilfsansprüche verjähren nicht nach anderen Maßstäben als die Hauptansprüche. Aufgrund der unabhängig voneinander laufenden Fristen der einzelnen Informations36 rechte braucht der HV nicht notwendigerweise innerhalb der für ein Recht des § 87c lau121

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38; aA OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; aA OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38; ebenso OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. Ablehnend auch OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. Emde VersR 2009, 889 (891). BGH, Urt. v. 11.07.1980 – I ZR 192/78, LM § 88 Nr. 8; Westphal Rn 712; Küstner/

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Thume I Rn 1468 (Abrechnung), 1502 (Buchauszug); 1513, 1514 (Bucheinsicht), 1519 (Auskunft). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38. Wiederherstellung des bei pflichtgemäßem Verhalten bestehenden Verjährungszustandes im Wege der Naturalrestitution, siehe BGH, Urt. v. 28.01.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414. Emde VersR 2009, 889 (891). Emde VersR 2009, 889 (891); aA Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 38. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38.

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fenden Verjährungsfrist verjährungsunterbrechende Maßnahmen für andere Informationsansprüche zu ergreifen133. Derartiges wäre nur erforderlich, falls die Verjährung eines zweiten Informationsrechts tatsächlich droht. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen in Hinblick auf die Informationsrechte oder die Hauptansprüche, insbesondere die Hemmung der Verjährung oder ein Anerkenntnis, ergreifen nur den jeweiligen Anspruch und keinen anderen134; eine einheitliche mittelbare Rückwirkung135 der Verjährung eines Rechts kann sich nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (Rn 37) ergeben. Um die Verjährung der Hauptrechte während der Dauer eines Informationsprozesses zu hindern, ist neben den auf erster Stufe der Klaganträge geforderten Informationsansprüchen auf zweiter Stufe eine (unbezifferte) Zahlungsklage anhängig zu machen. Die Stufenklage nach § 254 ZPO hat verjährungshemmende Wirkung hinsichtlich aller auf ihren Stufen stehender Ansprüche gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB136. Erhebt der HV allein eine Informationsklage, ohne auf zweiter Stufe den Hauptanspruch rechtshängig werden zu lassen, droht jener bei längerer Verfahrensdauer zu verjähren und der Informationsklage steht fehlendes Rechtsschutzbedürfnis (Rn 37) entgegen. Der HV mag dem etwa entgegnen, der Unternehmer habe über Provisionen nicht abgerechnet und vor Abrechnung und Kenntnis der Provisionen (§ 199 BGB) könne keine reguläre Verjährung eintreten. bb) Verjährung der Hauptansprüche hindert die Geltendmachung der Informationsrechte (1) Überblick. Von der Verjährung des Informationsrechts zu scheiden ist fehlendes 37 Kontrollbedürfnis – mangelndes Rechtschutzbedürfnis – des Informationsverlangens aufgrund der Verjährung von Hauptrechten oder ihres sonstigen Wegfalls – etwa Erfüllung oder Verwirkung. Als Hilfsrechte können Informationsrechte mit Verjährung oder anderweitiger Undurchsetzbarkeit des zu kontrollierenden Hauptrechts nicht mehr geltend gemacht werden137. Muss davon ausgegangen werden, dass alle kontrollfähigen Hauptansprüche verjährt sind, bleibt für die Informationsrechte kein Raum138. Der HV könnte die Hauptrechte nicht mehr fordern. Folglich braucht der Unternehmer nicht mit den Hilfsrechten belastet zu werden. Zweifel gehen zu Lasten des Auskunftsgläubigers, da er Erfüllung zu beweisen hat und auch über Zweifelsfälle Informationen zu

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39; siehe BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, LM § 88 Nr. 6; BGH, Urt. v. 31.01.1979 – I ZR 8/77, WM 1979, 463. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37, § 84 Rn 70; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 88 Rn 6. BGH NJW 1979, 764; 1981, 457; Küstner/Thume I Rn 1468; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. BGH, Urt. v. 14.05.1975 – IV ZR 19/94, MDR 1975, 829; Urt. v. 17.06.1992 – IV ZR 183/91, MDR 1992, 1180; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 70; Thume in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 88 Rn 6. BGH NJW 1979, 764; VersR 1981, 880, 881; Urt. v. 22.05.1981, NJW 1982, 235; 1996, 2100; OLG Schleswig, Hinweisbeschl.

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v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; OLG Düsseldorf NJW 1965, 2531; Emde VersR 2009, 889 (892); Küstner/Thume I Rn 1467; Genzow in: Ensthaler, § 87c Rn 25; Hopt § 87 Rn 53; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 5. BGH, Urt. v. 1.12.1978, NJW 1979, 764 = WM 1979, 304; Urt. v. 22.05.1981, NJW 1982, 235 = VersR 1981, 880 (881); v. 03.04.1996 – VIII ZR 54/95, NJW 1996, 2100; OLG Köln, Urt. v. 20.06.1997 – 3 U 146/96, BB 1997, 2130; OLG Düsseldorf NJW 1965, 2351; Emde VersR 2009, 889 (892); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1467 (Abrechnung); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, § 2 Rn 354; Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier, § 13 Rn 17; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1.

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erteilen sind139. Praktisch handelt es sich hierbei um die wichtigere – im Hinblick auf die Informationsansprüche untechnisch gesprochen140 – Verjährungsregel, weil gerade beim forensisch bedeutsamen Buchauszugsrecht, dessen Fälligkeit und Verjährungsbeginn idR erst ab Erhalt der Abrechnung eintritt, die Provisionen meist vor dem Auszugsrecht verjähren. Das gilt insbesondere, wenn man mit Löwisch141 die Verjährung des Auszugsrechts erst mit Vertragsende zu laufen lassen beginnt. Wenngleich angesichts des gem. § 195 BGB auf das Ende eines Kalenderjahres bezogenen Verjährungszeitraums meist ein gewisser Gleichklang der Verjährung von Haupt- und Hilfsanspruch eintritt, wird wegen ihrer früheren Fälligkeit eher die Verjährung der Hauptrechte als die der Hilfsrechte erheblich142. Deshalb ist aus prüfungsökonomischen Gründen die regelmäßig eher vollendete Verjährung der Hauptforderung vor der der Rechte aus § 87c zu untersuchen. Der HV riskiert, dass der Grundsatz „Verjährung des Hauptanspruches = Nichtdurchsetzbarkeit der Informationsrechte“ betreffs der Informationsrechte zu einer verjährungsgleichen Wirkung führt.

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(2) Hauptforderungen. Bei der Prüfung, ob Hauptansprüche verjährt sind, ist bedeutsam, zur Kontrolle welcher Hauptansprüche der HV die Informationsrechte des § 87c fordern darf.

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(a) Ausgleichsanspruch. Sieht man als mögliche Hauptansprüche neben Provisionen und Schadenersatzansprüchen auch den Ausgleichsanspruch nach § 89b (vgl. Rn 11 ff), so fehlt das Rechtsschutz- oder Kontrollbedürfnis erst mit dessen Verjährung. Auf die Verjährung des Provisionsrechts kommt es bei einem auf die Ausgleichsberechnung zielenden Informationsrecht nicht an143. Beide Ansprüche – Ausgleich und Provision – stehen als kontrollbedürftige Hauptansprüche gleichwertig nebeneinander. Von nachvertraglichen Provisionen abgesehen, wird der Ausgleich die spätest fällige Forderung sein und auch als letztes verjähren. Der Ausgleichsanspruch verjährt wie alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis nach § 195 BGB binnen 3 Jahren seit Fälligkeit und Kenntnis der Anspruchsvoraussetzungen (§ 89b Rn 437 ff). Endet der Vertrag zum 31.12. eines Jahres, tritt Fälligkeit am nächsten Tag, dem 01.01. des Folgejahres, ein (§ 187 Abs. 1 BGB). Entsteht der Anspruch mithin erst am 01.01. beginnt die Verjährung erst am Schluss des folgenden Jahres. Die Gesamtfrist erstreckt sich also auf fast 4 Jahre144 (§ 89b Rn 437 ff). Ausgleichs- und damit informationsrelevant sind – falls diese Rechenweise nach der 40 Novellierung des § 89b noch aufrechterhalten bleiben kann (§ 89b Rn 361 ff) – in erster Linie die Provisionen des letzten Vertragsjahres, nur bei dessen Untypik eines längeren Zeitraums. Wenn man den Ausgleichsanspruch als kontrollfähige Hauptforderung anerkennt, würde also der Unternehmer – da sich der Informationszeitraum auf dieses Basisjahr begrenzt – nicht ungebührlich belastet. Die Höchstgrenze des Ausgleichs – Jahresprovision aus dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre – ist vom Unternehmer zu

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OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39. In Bezug auf sie liegt keine Verjährung, sondern mangelndes Rechtsschutzbedürfnis vor.

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38; ebenso OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. Vgl. KG VersR 2002, 1554; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. AA Glanegger/Ruß § 87c Rn 1: Sofern Provision verjährt ist auch keine Information zum Ausgleichsanspruch. Emde VersR 2009, 889 (892 f).

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beweisen145. Der typische HV braucht hierzu nichts vorzutragen146 und es besteht insoweit kein Informationsbedürfnis für ein Kontrollrecht des § 87c. Anders als bei Provisionsforderungen als Hauptrecht wird man jedoch beim Ausgleichs- oder Schadenersatzanspruch keine Vermutung für ein Informationsinteresse anerkennen dürfen: Werden die Informationsrechte zum Zwecke der Ausgleichs- oder Schadensberechnung eingefordert, wird der HV substantiiert vortragen müssen, weshalb er die Information benötigt. Hier kann das Informationsbedürfnis gerade bei dem belastenden Buchauszug fehlen, sofern die Umstände eine vollständige Information des HV indizieren oder eine Auskunft gem. § 87c Abs. 3 HGB, § 242 BGB ohne die Detailfülle des Auszugs genügend ist. (b) Provisionen. Zu Fälligkeit und Verjährung vgl. Vor § 84 Rn 481. Unter „Entste- 41 hen“ iSd § 199 Abs. 1 BGB ist auch hier nichts anderes als der Zeitpunkt der ebenfalls in § 87a (Abs. 4) geregelten Fälligkeit zu verstehen (Vor § 84 Rn 481). Sonst würde die Provision verjähren, ehe sie gefordert werden darf. Die Verfasser des § 199 Abs. 1 BGB werden bei Fertigung ihres Entwurfes kaum in die noch dazu vom Text abweichende Überschrift des § 87a gesehen und den Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB auf jene Titulierung bezogen haben. Jedenfalls existiert vor Erhalt der Abrechnung nach § 87c Abs. 1 keine Kenntnis des HV über die Provision (Rn 43 f). Die letzten, ein Informationsrecht eröffnenden Provisionsansprüche werden meist die nachvertraglichen Überhangprovisionen sein. Über solche darf der HV nach Vertragsende eine Abrechnung fordern. Die Verjährungsfrist beginnt dann mit dem Ende des für die Entstehung des Provisionsanspruches maßgeblichen Fälligkeitsjahres147. (c) Praktische Bedeutung der Verjährung der Hauptforderung. Nur wenn die Prüfung 42 der Verjährung der Hauptforderung und damit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses negativ verläuft oder falls die Hauptforderung ausnahmsweise später als das Informationsrecht verjährt, können die unterschiedlichen und eigenständigen Verjährungsfristen der verschiedenen Informationsansprüche aus § 87c (s.o.) relevant werden. cc) Kenntnis oder Kennenmüssen. Vor Kenntnis oder Kennenmüssen der Provisions- 43 ansprüche können weder das Hauptrecht noch Informationsansprüche als Hilfsrechte innerhalb der Regelverjährungsfrist verjähren. Denn ohne Kenntnis kann zwar der Lauf der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnen, nicht jedoch der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Verschwiegene Ansprüche können binnen 10 Jahren (§ 199 Abs. 4 BGB) geltend gemacht werden148, bei Eingreifen deliktischer Tatbestände innerhalb von 30 Jahren (199 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Da der Unternehmer den für ihn günstigen Verjährungseintritt darlegen und beweisen muss, die zum Verjährungsbeginn führende Kenntnis oder das Kennenmüssen jedoch regelmäßig nur durch die gleichfalls vom Unternehmer zu beweisende (§§ 362, 363 BGB) Erfüllung der Abrechnungspflicht oder eine vergleichbare Informationsdichte hergestellt werden kann und zudem bei Zweifeln über die zeitge145

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OLG Frankfurt HVR Nr. 954; Glanegger/ Ruß, HGB, § 89b Rn 33; Hopt § 89b Rn 51; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 147; aA (Beweislast beim HV) Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 172: Der HV wird jedoch keinen Anlass haben, einen ausgleichsmindernden Umstand auch nur darzulegen. Anders im Vertragshändlerrecht: Dort führt

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der Vertragshändler die Geschäfte und kann allein zur Höchstgrenze vortragen. Aber dort gibt es keine Informationsansprüche. Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, 2. Aufl., § 87c Rn 23; vgl auch Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87c Rn 12. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655.

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rechte Information die Auskünfte des § 87c zu erteilen sind149, gilt ohne Beweis des Gegenteils eine regelmäßig mindestens 10jährige Verjährungsfrist. Der Beweis kann auch durch einen Anscheinsbeweis geführt werden; die Beweislast kann sich durch Vermutungen wenden. Im Einzelnen:

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(1) Kenntnis bei Provisionsansprüchen. Siehe Vor § 84 Rn 481, 485.

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(2) Kenntnis beim Ausgleichsanspruch. Siehe § 89b Rn 440.

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(3) Fehlende Verjährung der Kontrollrechte bei mangelnder Kenntnis. Auch die Hilfsrechte des § 87c verjähren nicht, ehe Kenntnis der Hauptrechte eintritt. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck von Hilfsansprüchen, der Kontrolle der Hauptrechte zu dienen. Solange der HV nicht weiß, dass Anlass zur Kontrolle der Hauptansprüche besteht, weil ihm jene nicht bekannt waren oder sein mussten, fehlt Kenntnis einer Anspruchsvoraussetzung, nämlich des Informationsbedürfnisses als ungeschriebene TB-Voraussetzung aller Informationsrechte150. Ist über ein Geschäft nicht vollständig und abschließend abgerechnet worden, kann der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs im Regelfall auch nicht – wegen fehlenden Informationsbedürfnisses – gegenstandslos werden, weil die Provisionsansprüche, zu deren Prüfung der Buchauszug dient, verjährt wären151. Wäre man aA, gelangte man zu dem sinnwidrigen und kaum gewollten Ergebnis, dass die Hauptansprüche zwar wegen mangelnder Kenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) unverjährt blieben, unverjährte, verheimlichte Hauptansprüche jedoch unentdeckt bleiben müssten, weil die von § 87c gegebenen Hilfsrechte aufgrund ihrer Verjährung nicht mehr zur Verfügung ständen. Verschwieg der Unternehmer dem HV Ansprüche, ist weder der Hauptanspruch – meist Provisions- oder Ausgleichsanspruch – noch der Hilfsanspruch – das Informationsrecht – innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Da es sich beim Informationsinteresse um eine ungeschriebene TB-Voraussetzung handelt, lässt sich vertreten, dass der HV – abweichend von der sonst geltenden Allokation der Beweislastverteilung – sein Informationsinteresse glaubhaft darlegen muss152.

47

dd) Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz / § 242 BGB. Ergänzt werden die allg. Verjährungsvorschriften durch einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch aus §§ 280 BGB153, 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB (Wiederherstellung der Verjährungslage wie zum Zeitpunkt zeitgerechter und vollständiger Information). Siehe hierzu Vor § 84 Rn 487.

48

ee) Verkürzung der Verjährungsfrist. Vereinbarungen über die Verkürzung der Verjährungsfrist fallen nicht unter § 87c Abs. 5 und sind zulässig154. In der Praxis sind sie Mittel, um den Informationszeitraum und damit das Druckpotential des Vertreters einzugrenzen (siehe Rn 79 sowie Vor § 84 Rn 488 ff)155. 149

150 151

OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39. Emde VersR 2009, 889 (895). OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655.

812

152 153

154

155

Emde VersR 2009, 889 (895). Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 7; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 71; wohl nur bei Arglist OLG Nürnberg VersR 1982, 1099. Emde MDR 1999, 1108 (1112); Küstner/ Thume I Rn 1404, 1503; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 20. Emde MDR 1999, 1108 ff; Emde EWiR 2001, 631 (632).

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§ 87c

ff) Verwirkung. Informationsrechte können verwirken, regelmäßig jedoch nicht in- 49 folge bloßer Untätigkeit156. Praktisch wird dies kaum. Dazu bei den einzelnen Informationsrechten.

XI. Meinungsverschiedenheiten über Zahlungsansprüche Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Provisionsverpflichtung sind 50 nicht Voraussetzung des Informationsverlangens. Auch müssen solche Meinungsverschiedenheiten nicht geklärt werden, ehe die Informationsrechte durchgesetzt werden können, es sei denn, der Umfang der Informationserteilung wird durch die Auseinandersetzung berührt157. Vielmehr sollen die Informationen umgekehrt ihrer Auflösung dienen. Soweit strittig ist, für welche Geschäfte die Auskünfte zu erteilen sind, kann dies im Informationserzwingungsprozess geklärt werden.

XII. Buchführungspflicht Mit den Informationsrechten des HV korrespondieren Pflichten des Unternehmers. 51 Da der HV das Recht auf Information, insbesondere auf Buchauszug und Bucheinsicht hat, muss der Unternehmer derartige Bücher führen158. Führt der Unternehmer solche Bücher nicht, begeht er eine Pflichtverletzung gegenüber dem Vertreter. Folge ist eine Schadenersatzverpflichtung mit den o.g. beweisrechtlichen Konsequenzen. Auch den nicht buchführungspflichtigen Unternehmer trifft gegenüber dem HV die Pflicht, diejenigen Bücher zu führen, welche zu einer vollständigen und fehlerfreien Abrechnung und Überprüfung der Provisionsansprüche notwendig sind159.

XIII. Form und Inhalt 1. Form. Die Form der Information bestimmt sich nach den Erwartungen eines ver- 52 nünftigen Vertreters in der Situation des Informationsempfängers. In der Regel sind die Informationen mindestens in Textform160 zu erteilen, was der Natur der Sache nach insbesondere für Abrechnung und Buchauszug gilt. Um der Kontrollfunktion des Buchauszuges gerecht zu werden, fordert dies meist die Übermittlung von Kopien der maßgeblichen Dokumente161, soweit EDV-Listen oder Datensammlungen sonst nicht kontrollfähig sind. EDV-gestützte Buchauszüge (etwa auf CD) dürften zulässig sein, wenn sie der HV verwerten kann, etwa mit einem handelsüblichen PC, den der HV auch besitzt und der eine problemlose Auswertung der Information ermöglicht. Im Zweifel hat der Unternehmer in Textform zu erfüllen. Auskünfte dürfen im Einzelfall auch mündlich erteilt werden, falls keine schriftliche Perpetuierung erwartet werden darf. Umfangreichere Auskünfte, deren Inhalt nicht sofort aufgenommen werden kann, sind in jedem Fall in Textform zu erteilen, desgleichen hat der HV ein Recht auf schriftliche Wiederholung, wenn er diese Form der Dokumentation aus Beweisgründen oder aus anderen Gründen benötigt. Denn dann ist nach den Umständen des Falles eine solche Verkörperung geschuldet. Der Unternehmer muss erkennbar die Verantwortung für den Inhalt des Auszuges übernehmen, bei schriftlicher Erteilung etwa durch Unterschrift zumindest in einem 156

157 158 159

OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 11. OLG Köln BB 1997, 2130; Wolff BB 1978, 1246; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 11;

160 161

Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6c (zumindest Abrechnung muss erteilt werden können). Strenger in: Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 23: Schriftform. AA möglicherweise Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 24.

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§ 87c

1. Buch. Handelsstand

Begleitschreiben162 (weshalb für die eigentliche Information Textform reicht). Aber auch eine E-Mail mit Absenderangabe genügt.

53

2. Inhalt. Alle Informationen müssen, um die ihnen zukommenden Aufgabe erfüllen zu können, klar, übersichtlich, aus sich heraus verständlich, vollständig und für den HV nachprüfbar sein163. Soweit Informationen durch EDV-gestützte Mitteilungen erteilt werden dürfen, kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des Vertreters an, ob diese Transparenz vorliegt. Für die Verständlichkeit spricht, dass der HV vergleichbare Informationen bislang nicht beanstandet hat. Diese Vermutung ist jedoch nur dann berechtigt, wenn der Vertreter den Auszug nicht gerade deshalb fordert, um die bisherigen Mitteilungen, an deren Vollständigkeit er Zweifel anmeldet, zu überprüfen.

XIV. Informationszeitraum 54

Der Informationszeitraum ist der Zeitraum von Vertragsbeginn bis zur vollständigen Abwicklung des letzten Kundengeschäfts, aufgrund dessen der HV Provisionen beanspruchen kann164, soweit nicht bereits Verjährung (s.o.) eingetreten ist. Die Vertragsbeendigung hindert das Informationsrecht also nicht, gleich aus welchen Gründen sie erfolgte. Anderenfalls könnten nämlich z.B. keine Informationen betreffend Überhangprovisionen gefordert werden165, was etwa bei nachvertraglichen Provisionsansprüchen aus Serienbelieferungsverträgen für die gesamte mögliche (streitige) Vertragslaufzeit bedeutsam sein kann166. Für die Zeit davor oder danach besteht kein Informationsrecht167. Der HV darf also nicht Offenlegung der nachvertraglichen Entwicklung gem. § 87c verlangen168, soweit jene nicht ausnahmsweise zur Ermittlung einer nachvertraglichen Provision erforderlich sind. Die erteilten Informationen müssen folglich alle zur Bestimmung der nachvertraglichen Provision maßgeblichen Umstände enthalten, damit der Vertreter überprüfen kann, ob ihm aufgrund seiner Tätigkeit solche Provisionen zustehen169.

XV. Fehlanzeige 55

Hat der Unternehmer – nach deutschem Buchführungsrecht pflichtwidrig – keine Informationen über die maßgeblichen Vorgänge, beim Buchauszug z.B. ordnungsgemäße Bücher, nicht geführt, bzw unterlag nach ausländischem Recht keiner Buchführungspflicht170 und befinden sich deshalb bei ihm keine Angaben zu vermittelten/abgeschlossenen Geschäften und kann er trotz zumutbarer Bemühungen (der Unternehmer ist zu allen zumutbaren Sammelarbeiten sowie zur gründlichen Suche171 verpflichtet, insbesondere 162 163

164 165 166

Seetzen WM 1985, 216; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 23. OLG Hamm VersR 1998, 1415 (1416); OLG München NJW-RR 1999, 1194 (1195); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167 (168); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 23. OLG Düsseldorf OLGR 1999, 424; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 13. Küstner/Thume I Rn 1493. OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, HVR 1073 = NJW-RR 2004, 475; OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Döpfer in: FS Thume, S. 35 ff.

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167 168 169 170

171

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 13. OLG Hamburg, Beschl. v. 05.04.2005 – 6 W 15/05, S. 4, n.v. unterwirft den Unternehmer auch dann dem deutschen Buchauszugsrecht, sofern für den HV-Vertrag deutsches Recht gilt. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 (Auskunftsrecht nach § 242 BGB). OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218.

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muss er sich die Unterlagen beschaffen, soweit er sie nicht unmittelbar in seinem Besitz hat172) keine Information erteilen, weil er solche nicht besitzt und ergeben sich auch aus anderen dem Unternehmer zugänglichen und zumutbaren Quellen die erstrebten Informationen nicht, so kann er die Informationsansprüche nicht erfüllen und wird leistungsfrei (§ 275 BGB, siehe auch Rn 131)173. Er hat dies dem HV mitzuteilen („sog. „Fehlanzeige“ oder „Negativattest“174). Gem. § 275 BGB erlischt die Informationspflicht des Unternehmers erst, wenn er das Fehlen von Informationen dargelegt und bewiesen hat175. Selbst ein Schuldner, der seine Informationen in der Absicht vernichtet hat, eine drohende Auskunftsverpflichtung ins Leere laufen zu lassen, kann nicht (mehr) zur Auskunft verurteilt werden, weshalb auch eine Zwangsvollstreckung ausscheidet176. Nur der Schuldner kann zu den maßgeblichen Umständen der Fehlanzeige vortragen. Zweifel177 und Beweisfälligkeit178 gehen zu seinen Lasten. Zum einen rechtfertigt sich diese Beweislastallokation aus dem Gesichtspunkt der Verteilung der Beweislast nach Gefahrensphären, zum anderen aus der Vermutung, dass es zu einem bestehenden Vertrag und vermittelten Geschäften Informationen geben muss und eine Beweisvereitelung nahe liegt179. Die Fehlanzeige ist begründet, falls der Unternehmer die erstrebten Informationen nicht besitzt und sich in seinen Büchern oder sonstigen Unterlagen und notfalls im Gedächtnis, bei Dienstleistern, Geschäftspartnern180 oder verbundenen Unternehmen181 keine Tatsachen finden, welche für einen Zahlungsanspruch des HV von Bedeutung sein können182 und er alle zumutbaren Maßnahmen vorgenommen hat, um die geschuldeten Informationen nachträglich zusammenzusuchen. Der Mangel von Büchern ist nur insoweit relevant, als die erstrebten Informationen auch in Büchern verkörpert werden, also in erster Linie beim Buchauszugs- und Einsichtsrecht. Deshalb lassen fehlende Informationen in den Büchern mglw. das Auszugsrecht entfallen183. Eine Auskunftspflicht gem. § 87 Abs. 3 setzt hingegen keine derartige Verkörperung voraus184 und steht dem HV trotz des Negativattestes uneingeschränkt zu185 (Rn 151). Auch ist der Begriff der Bücher weit zu fassen und fordert keine Niederlegung gerade in Handelsbüchern. Der HV darf ferner gem. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB fordern, sich die Richtigkeit 56 der Fehlanzeige durch den Unternehmer zu Protokoll an Eides statt versichern zu lassen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Angabe nicht mit der erforderlichen Sorg172

173 174 175

176 177 178 179

180

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218. Küstner/Thume I Rn 1477; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 19. LG Hamburg, Urt. v. 27.01.2005 – 411 O 127/04 n.v.; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11c. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 (Auskunftsanspruch nach § 242 BGB). OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U

181

182 183 184 185

219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Siehe BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731: Eine Konzerngesellschaft hat alles zu tun, um ggf. bei einer anderen Konzerngesellschaft die erforderlichen Informationen einzuholen; siehe auch BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). Seetzen WM 1985, 215; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19. OLG Frankfurt/M MDR 1995, 165 = BB 1995, 271. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41. OLG Frankfurt/Main BB 1995, 271; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1.

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falt gemacht wurde186 (zu den §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB im Einzelnen Rn 173 f). Da im Allgemeinen bereits die fehlende Niederlegung der Informationen eine Pflichtwidrigkeit darstellt, spricht eine Vermutung für eine Angabe mit mangelnder Sorgfalt187. Der Antrag darf hilfsweise für den Fall fehlender Informationen gestellt werden188. Von mangelnder Sorgfalt ist auszugehen, sobald der HV zumindest einen Fall nennen kann, zu dem es bei vernünftiger Betrachtung der Angelegenheit Unterlagen bei dem Unternehmer geben muss. Die beweisrechtlichen Konsequenzen einer Fehlanzeige sind zu berücksichtigen: Die Darlegungslast des HV in Provisions- wie Ausgleichsklagen wird herabgesetzt, wenn der Unternehmer trotz der ihm obliegenden Verpflichtung zur Führung von Büchern solche nicht führt und Fehlanzeige mitteilen muss. Dies ist entweder einer Beweislastverteilung nach Gefahrensphären oder dem materiell-rechtlichen Schadenersatzanspruch auf Naturalrestitution zu entnehmen189. Insbesondere die Vernichtung von Büchern bildet eine Pflichtwidrigkeit, die schadensersatzpflichtig macht. So kann das Verhalten des Unternehmers im nachfolgenden Schadenersatz- oder Vergütungsprozess berücksichtigt werden, indem zu Gunsten des Gläubigers eine Umkehr der Beweis- und ggf. auch der Darlegungslast nach dem Grundsatz der Beweisvereitelung stattfindet190. Es wird vertreten, dass im Falle der Fehlanzeige von den Büchern des HV auszugehen ist191, möglicherweise auch von dessen substantiierten, am besten durch Dokumente unterstützten Angaben. Jedenfalls sind die dem HV zustehenden Provisionen und sein Ausgleichsanspruch, soweit sie nicht auf andere Weise ermittelt werden können, auf der Grundlage einer Schätzung gem. § 287 ZPO festzusetzen192, Schadenersatzansprüche ggf. nach den §§ 252 BGB, 287 ZPO. Dem HV bleibt im Fall der Fehlanzeige zudem deren Verprobung durch Bucheinsicht193.

XVI. Schadenersatz bei Nichterteilung 57

Erteilt ein Unternehmer mangels Geschäftsunterlagen seinem HV keine Provisionsabrechnung oder keinen Buchauszug und ist deshalb der HV nicht in der Lage, den ihm zustehenden Ausgleich nach § 89b zu berechnen, so kann der HV einen dem Ausgleich entsprechenden Betrag als Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 280 BGB in Verbindung mit § 87c Abs. 1 und Abs. 2 verlangen. Dem Gericht ist die Möglichkeit eröffnet, in Anlehnung an § 89b die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO zu schätzen194.

XVII. Zurückbehaltungsrecht 58

Zurückbehaltungsrechte oder Gegenansprüche darf der vorleistungspflichtige Unternehmer gegenüber den Rechten des HV aus § 87c nicht geltend machen195, etwa mit der 186

187 188

189 190 191

Küstner/Thume I Rn 1477; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 19; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 19. Im Ergebnis: Eberstein 9. Aufl. S. 101. Siehe den Klagantrag im Fall OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Siehe Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 30. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. Baumgärtel, HGB, § 87c Rn 4; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11a.

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192

193 194 195

OLG Düsseldorf OLGR 1993, 197; Westphal I Rn 449; Baumgärtel, HGB, § 87c Rn 4; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11a. Eberstein 9. Aufl. S. 101. OLG Düsseldorf OLGR 1993, 197. RGZ 102, 110; BGH MDR 1978, 467; Küstner/Thume I Rn 1475; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 22; Hopt § 87c Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2b, 6b; ebenso OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 07.08.2007, GmbHR 2008, 592 für Informationsrechte nach §§ 51a, 51b GmbHG.

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Begründung, er besitze noch Schadensersatzansprüche gegen den HV. Ein solches Recht hätte er allenfalls gegenüber dem Provisionsanspruch; die Kontrollrechte aus § 87c sollen aber gerade erst klären, in welchem Umfange solche Provisionsansprüche bestehen. Auch kann wegen Abs. 5 ein derartiges Recht nicht vereinbart werden. Jedoch braucht der Unternehmer die Auskunft nicht zu erteilen, wenn eine Mitwirkung des HV erforderlich ist, um die Information zu gewinnen und der HV die Mitwirkung verweigert196.

XVIII. Prüfung der erteilten Informationen Der HV ist nicht zur Prüfung der erteilten Informationen verpflichtet. Wird offen- 59 sichtlich, dass er kein Interesse an den Informationen hat, fehlt ein Informationsinteresse. Nur obliegt dem Vertreter im eigenen Interesse die unverzügliche Überprüfung der vom Unternehmer erhaltenen Informationen auf Richtigkeit und Vollständigkeit, damit er Zahlungsansprüche erheben kann197. Die erhaltenen Informationen darf der HV nur zur Ermittlung, Überprüfung und Durchsetzung seiner Ansprüche aus dem HV-Vertrag verwenden, im Übrigen ist er zur Geheimhaltung verpflichtet198.

XIX. Erfüllungsort Der Erfüllungsort für die Leistung der Informationen bestimmt sich nach § 269 60 BGB199. Danach wäre am Geschäftssitz des Unternehmers zum Zeitpunkt der Begründung des HV-Vertrags zu erfüllen200. Folgt man der hier vertretenen, aber von der herrschenden Ansicht abweichenden Auffassung, die von einem Einheitserfüllungsort für alle vertraglichen Pflichten am Geschäftssitz des Vertreters ausgeht, läge der Erfüllungsort am Sitz des HV (Vor § 84 Rn 430 ff; 447 ff), und zwar für den HV kostenfrei. Bei den Abrechnungen wird man von einer Pflicht des Unternehmers ausgehen müssen, sie an den Sitz des HV zu übersenden. Dies gilt auch für die Erteilung des Buchauszuges. Er ist auf Kosten des Unternehmers zum HV zu verbringen. Das ist insbesondere problemlos und kostengünstig, falls durch EDV-gestützte Auskünfte erfüllt werden darf (s.o., Rn 52), gilt aber auch sonst. Selbst die Versendung per Post ist günstig; die Kosten einer von Unternehmern oft geforderten Reise des HV (um den Buchauszug abzuholen) – schlimmstenfalls zum ausländischen Sitz des Unternehmers – stehen dazu außer Verhältnis. Der Buchauszug ist für den HV kostenfrei zu erteilen; hohe Kosten wirken prohibitiv und widerstreiten der zwingenden Natur des Auszugs, der auch eine tatsächliche Durchsetzungsfähigkeit des Rechts fordert. Nur wegen des Auszuges ist dem HV keine Reise an den ggf. ausländischen Sitz des Unternehmers zuzumuten. Das gilt insb. für finanzschwache HV, denen bereits die Reise an einen anderen Ort innerhalb Deutschlands, je nach Provisionshöhe, unzumutbar sein mag. Die Diskussion zur unzulässigen Einschränkung des Kündigungsrechts nach §§ 89, 89a (§ 89 Rn 73) findet hier ihr Spiegelbild. Nach der hier vertretenen Ansicht gilt: Mündliche Informationen sind auf geeignete Weise, etwa per Fernsprecher, an den HV an dessen Geschäftssitz weiterzugeben. Dokumente und Informationen in Text- oder Schriftform sind ihm dort zu übergeben201. Das Transportmittel ist unerheblich. Der Transport kann z.B. per Post oder Fernkopie erfol196 197 198 199 200

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2b. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 31; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 70c. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 25. BGH NJW 1988, 966 (967); Eberstein

201

9. Aufl., S. 101; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 45; für den Buchauszug LG Hannover, Urt. v. 26.01.2004 – 21 O 159/03; aA, für den Buchauszug (Sitz des HV) OLG Hamburg, Beschl. v. 05.04.2005 – 6 W 15/05, S. 4, n.v. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 23.

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gen, soweit nicht § 242 BGB entgegensteht. Das ist anzunehmen, sofern umfangreichere Informationen, etwa der Buchauszug, per Fernkopie übersandt werden202 oder die EDV des Vertreters auf den Empfang der per E-Mail versandten Informationen nicht eingerichtet ist. Mündliche Auskünfte dürfen per Fernsprecher übermittelt werden. Beim Buchauszug wird teilweise von einem Gewohnheitsrecht ausgegangen, nach dem der Auszug an den HV zu übersenden sei. Jedenfalls beim Angebot der Kostenerstattung durch den HV ist der Unternehmer zur Versendung des Buchauszuges verpflichtet (§ 242 BGB). Das Bucheinsichtsrecht ist seiner Natur nach in den Räumen des Unternehmers aus61 zuüben203, so dass dort sowohl nach der herrschenden wie der hier eingenommenen Ansicht der Erfüllungsort liegt. Der HV hat keinen Anspruch auf vorübergehende Überlassung der Geschäftsunterlagen204.

XX. Kosten Die Kosten der Informationsrechte trägt grundsätzlich der Unternehmer205. Auch hohe Kosten befreien ihn nicht von seinen Informationspflichten206. Dies ist Grund für – meist verschleierte – Erpressungsversuche durch HV. Ihnen geht es oft nicht um den Inhalt der Informationen, sondern allein um die durch das Informationsverlangen verursachte Lästigkeit207. So können für die Erstellung umfangreicher Buchauszüge, insbesondere bei Einschaltung von Buchprüfern, leicht Kosten in Höhe mehrerer zehntausend Euro anfallen208. Bei kleineren Unternehmern mit knapper Personaldecke drohen schwere Beeinträchtigungen der Geschäftsabläufe. Nur die Kosten einer Bucheinsicht trägt abweichend von der Regelung bei den übri63 gen Informationsrechten der HV. Deshalb wird Bucheinsicht erstaunlich wenig gefordert. Natürlich darf der Unternehmer die Kosten der Bucheinsicht auf freiwilliger Basis übernehmen. Die dem Vertreter selbst entstehenden Kosten, etwa für die Auswertung und Überprü64 fung von Abrechnungen, Auszug und Bucheinsicht, insbesondere Reisekosten zum Sitz des Unternehmers sowie Verdienstausfall, werden ihm nicht ersetzt, weil die Prüfung und Verwertung der erhaltenen Informationen seine Aufgabe sind209. Auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugs sind solche Kosten regelmäßig nicht ersatzfähig210. Ausnahmen: 65 – eine Schadenersatzpflicht des Unternehmers nach § 280 BGB kommt in Betracht, falls sich der HV aus der Sicht eines objektiven Dritten aufgrund einer Vertragsverletzung des Unternehmers zum Verlangen nach Information herausgefordert fühlen durfte, – ein Schadenersatzanspruch ist gegeben, wenn die Informationserteilung ergibt, dass die in Hinblick auf Richtigkeit/Vollständigkeit von Abrechnungen oder Auszug geäußerten

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 23. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. Westphal I Rn 463; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 25; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 45.

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BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 24; BGH, Urt. v. 21.03.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333; BGHZ 56, 290 (296); Emde MDR 1999, 1108 (1110). Siehe Emde MDR 1999, 1108 ff. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 26. Knorn BB 1972, 990; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 26. AA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 26.

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Zweifel des Vertreters begründet waren211. Hier trägt der Unternehmer die gesamten Kosten des HV212, wohl auch Anwaltskosten nach RVG. Erweisen sich jedoch die Zweifel in keinem Punkt als berechtigt, liegt die Kostenlast beim HV, es sei denn, der Unternehmer hat durch pflichtwidriges Verhalten die Zweifel verursacht213, – der Verzug des Unternehmers mit seinen Pflichten begründet erhöhte Kosten oder ein bestimmtes Informationsrecht, etwa Bucheinsicht, wird ausschließlich wegen Verzuges des Unternehmers mit seinen Informationsrechten oder einer anderen Vertragspflicht erforderlich. Zudem sind Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens ersatzfähig. Wer außergerichtlich ein erkennbar unberechtigtes Informationsverlangen stellt, macht sich keiner Pflichtverletzung schuldig214.

XXI. Geheimhaltungspflicht Gesetzliche oder vertragliche Geheimhaltungspflichten des Unternehmers dispensieren 66 ihn nicht von seiner Informationspflicht gegenüber dem HV. § 87c gibt dem Unternehmer insoweit eine Rechtfertigung zur Übermittlung, zumal nur über Umstände berichtet wird, welche dem HV aus seiner Vermittlungstätigkeit bekannt sind. Entscheidungen215 zu Schweigepflichten gegenüber Dritten außerhalb des HV-Unternehmer-Verhältnissen haben für § 87c keine Bedeutung. Ausländische strafrechtliche Vorschriften dürften der Informationserteilung ebenfalls nicht entgegenstehen, falls sie sich auf den deutschen Geschäftsbetrieb bezieht216.

XXII. Datenschutzrecht Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Ausübung der Kontrollrechte nicht ent- 67 gegen. § 87c gestattet die Weitergabe der Informationen. Das gilt zunächst für das BDSG: Die Übermittlung kundenbezogener Daten von einem Unternehmer an seine HV bedarf als Auftragsdatenverwaltung iSd § 11 BDSG keiner weiteren Einwilligung der Kunden217. Gleiches gilt für das (Schweizer) Bankengeheimnis: Die Erteilung gesetzlich geschuldeter Auskünfte – etwa eines Buchauszuges – an einen von ihr beauftragten HV durch eine Bank stellt keinen Verstoß etwa gegen Art. 47 des Schweizerischen Bankengesetzes dar218.

XXIII. Zwingende Natur (§ 87c Abs. 5) Die Informationsrechte des § 87c dienen dem Schutz des wirtschaftlich meist schwä- 68 cheren HV und sind aus diesem Grunde gem. Abs. 5 unentziehbar und unverzichtbar219, 211 212 213 214 215

BGH LM Nr. 1 zu § 87c sowie BGHZ 32, 302 (306); ebenso Seetzen WM 1985, 219. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 26. AG Groß-Gerau NJW-RR 2002, 1457 (zu einem Unterhaltsrechtsverhältnis). BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20; OLG Mün-

216 217 218 219

chen, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BeckRS 2010, 20437. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. Evers/Kiene NJW 2003, 2726 (2728). OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.09.2006 – 1 U 34/06, WM 2007; 351 = VersR 2007 1514. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 1.

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soweit sie noch nicht entstanden sind, also insbesondere für zukünftige Zeiträume. Wie der Vergleich des Wortlauts des § 87c Abs. 5 mit § 89b Abs. 4 zeigt, darf ein Verzicht grundsätzlich auch nicht nach Vertragsende220 oder nach fristloser Kündigung wegen schuldhaften Verhaltens des HV221 erklärt werden, außer für bereits abgeschlossene Zeiträume. Die Ansprüche können nur für den jeweiligen Abrechnungszeitraum dadurch erlöschen, dass die Abrechnung erteilt und anerkannt wird. Die zwingende Natur trifft jedoch nur Informationen zu handelsvertretertypischen Vergütungen222, nicht also zu Hebegebühren223 oder zu tätigkeitsbezogenen Vergütungen224. Eine AGB, welche die Informationsrechte insgesamt und nicht nur für diese zulässigen Ausschlusstatbestände abbedingt, ist in Gänze unwirksam. Hat der HV – unwirksam – auf die Informationsrechte verzichtet, kann er jene für den unverjährten Zeitraum gleichwohl durchsetzen, solange noch keine Erfüllung vorliegt. Ein Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens liegt hierin regelmäßig nicht225, weil sonst die Unabdingbarkeit umgangen würde. Eine Konkretisierung der Informationspflichten mittels Vereinbarung bleibt möglich, solange die Grenze zur Derogation nicht überschritten wird. Insbesondere darf der Unternehmer sein Wahlrecht, ob das Bucheinsichtsrecht durch den Vertreter persönlich oder durch einen Wirtschafts- oder Buchprüfer ausgeübt wird im Voraus, auch im Vertretervertrag, ausüben226, weil insoweit nur ihm ein Recht gegeben wird. Für vergangene Zeiträume darf der HV im Grundsatz auf seine Informationsrechte 69 verzichten, soweit der Vorgang abgeschlossen ist, selbst während des bestehenden Vertrages227. § 87c Abs. 5 steht nur einem Verzicht auf zukünftige Informationsansprüche entgegen228, insbesondere nach Vertragsende229. Der Sache nach handelt es sich hierbei um eine Einschränkung des weitergehenden Wortlauts unter dem Gesichtspunkt mangelnder Schutzbedürftigkeit, für die allerdings der begünstigte Unternehmer beweispflichtig ist. Der Verzicht muss jedoch regelmäßig ausdrücklich erfolgen230. Es lässt sich gut vertreten, dass die Einschränkung des Wortlauts, d.h. ein solcher Verzicht, nicht möglich ist, solange und soweit der Unternehmer – meist etwa während des bestehenden Vertragsendes – auf den HV wirtschaftlichen Druck ausüben kann, nach Vertragsende z.B. aufgrund der fehlenden Auszahlung des Ausgleichsanspruchs (vgl. zum Parallelproblem § 90a Rn 14). Lässt sich eine freie Entscheidung des HV durch den Unternehmer nicht sicher nachweisen, bleibt es beim Wortlaut des Abs. 5, nach dem die Derogation unzulässig ist. Wegen ihrer zwingenden Natur werden die Informationsrechte nicht durch eine ver70 tragsbegleitende oder nachvertragliche Konkurrenztätigkeit des HV ausgeschlossen oder modifiziert231. Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Informationen – außer zur Bestimmung der nachvertraglichen Provision – nur auf die Zeit der Vertragsbeziehung beziehen, dem HV also nichts mitgeteilt wird, was ihm nicht als Vertragspartner bekannt sein dürfte. Der HV hätte auch vor Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit die Informa-

220 221 222 223 224 225 226

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 49; aA Westphal I Rn 434. Seetzen WM 1985, 217; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 49. Vgl. Küstner/Thume I Rn 1404. Küstner/Thume I Rn 1404. Küstner/Thume I Rn 1405. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 49; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18.

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227 228 229 230 231

Küstner/Thume I Rn 1450; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32, 85. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32. Küstner/Thume I Rn 1451. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 85. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 32.

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tionen fordern können, ohne dass bei Informationserteilung der Einwand nachvertraglichen Wettbewerbs hätte erhoben werden können. Jedenfalls darf sich der Unternehmer durch rechtzeitige Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 87c Abs. 4 vor einer Bucheinsicht durch den Vertreter persönlich schützen232. Nur in kaum denkbaren Fällen evidenten Missbrauchs mag der Informationsanspruch ausgeschlossen sein. Das Verbot des § 87c Abs. 5 erfasst Gestaltungen, die Rechte des HV direkt oder mit- 71 telbar233 beschränken oder ausschließen, etwa – Falls der Abrechnungszeitraum für Provisionen über das gesetzlich zulässige Maß, beispielsweise auf ein Jahr234, verlängert wird235. Über andere Vergütungsformen darf auch binnen eines längeren Zeitraumes abgerechnet werden236 – die Regelung, dass statt Buchauszug nur Bucheinsicht genommen werden darf237 – Genehmigung oder Anerkenntnis der Provision durch Untätigkeit/Schweigen/widerspruchslose Entgegennahme – z.B. von Abrechnungen – fingieren238 – die Beweislast für das Nichtbestehen solcher Genehmigungen, Anerkenntnisse oder § 87c widersprechender Abreden dem HV auferlegen239 – wenn Provisionsansprüche des HV in ein Kontokorrent mit fingiertem Anerkenntnis gestellt werden240 – eine Pflicht zum Widerspruch gegen Abrechnung oder Zahlungen ausdrücklich vorschreiben, um eine Anerkenntnisfiktion zu erreichen241 – in sonstiger Weise Rechtsverfolgung oder Verteidigung des HV – z.B. durch Provisionsrückbelastung – in einer gegen Sinn und Zweck des § 87c verstoßenden Weise beschränken, selbst wenn dies nur mittelbar durch eine dem HV nachteilige Kostenregelung für die Wahrnehmung seiner Informationsrechte geschieht – durch die vertraglich vorgesehene Erteilung einer „Schlussrechnung“, nach welcher der HV mit weiteren Forderungen ausgeschlossen sein soll242 – falls vertragsbegleitend und vor Fälligkeit ein Verzicht des HV auf die Informationsrechte erklärt werden soll243, außer für vergangene Zeiträume. Der HV kann also nach einem unwirksamen Verzicht – auch rückwirkend für den unverjährten Zeitraum und sofern nicht ausnahmsweise § 242 BGB entgegensteht – die Informationsrechte einfordern – Zurückbehaltungsrechte – z.B. wegen angeblicher Schadenersatzansprüche – gegenüber dem Informationsrecht erlauben oder vereinbaren244. Solche Rechte bestehen allenfalls gegenüber Provisionsansprüchen245. Die Kontrollrechte sollen aber gerade klären, ob Provisionsansprüche existieren246.

232 233 234 235 236 237 238

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 8. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 8. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 49. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50; Hopt § 87c Rn 29; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 32.

239 240 241 242 243 244

245 246

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50. AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2d. RGZ 102, 110 (111); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2b, 6b. Hopt § 87c Rn 29. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 25.

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XXIV. Informationsinteresse 72

Ungeschriebenes TB-Merkmal aller Auskunftsrechte ist ein Informationsinteresse des HV. In Abs. 3 wird es durch das TB-Merkmal der „Wesentlichkeit“ besonders hervorgehoben. Nur wird es als Informationsinteresse regelmäßig vermutet. Die Informationsrechte bedingen nach ihrem Grunde nicht, dass tatsächlich Provisionen zu zahlen sind oder der HV keine Kenntnis seiner Provisionsansprüche besitzt247. Es genügt für die Anspruchsentstehung dem Grunde nach, dass die Entstehung von Provisionsansprüchen möglich ist. Diese Möglichkeit ist bereits durch den Vertragsschluss indiziert. Einen Gegenbeweis hätte der Unternehmer zu führen. Mithin ist zwischen Anspruchsgrund und Anspruchsinhalt zu unterscheiden. Der Anspruchsgrund existiert auch dann, wenn der Unternehmer einwendet, es seien keine Provisionen geschuldet. Ob dies zutrifft, soll sich gerade durch die Informationserteilung beweisen. Gibt es keine Geschäfte, die der HV vermittelt hat, ist die zu erteilende Auskunft als Negativattest (Rn 55, 131) kurz: Der Unternehmer kann sich darauf beschränken, mitzuteilen, vom HV seien keine Geschäfte vermittelt worden. Der HV braucht sein vermutetes Informationsinteresse folglich nicht darzulegen. Vielmehr müsste es der Unternehmer widerlegen. Gegenteiliges ist nur beim Auskunftsanspruch nach Abs. 3 zu vertreten. Dort muss der HV die „Wesentlichkeit“ der geforderten Information darlegen und beweisen. Nur in Evidenzfällen kann die mittels des Vertragsschlusses hervorgerufene Vermutung für das Bestehen eines Informationsinteresses durch die Umstände widerlegt sein. Besondere Bedeutung hat das Informationsinteresse in Missbrauchsfällen (Rn 73 ff).

XXV. Rechtsmissbrauch 73

Im Spannungsverhältnis zum Unabdingbarkeitsgrundsatz steht das Institut des Rechtsmissbrauchs. Grundsätzlich trägt das Verlangen nach Information seine Rechtfertigung in sich248 und ist nicht rechtsmissbräuchlich249. Gegenüber der Geltendmachung von Informationsrechten nach § 87c greift daher der Missbrauchseinwand nur ganz ausnahmsweise ein250. Der HV braucht den Wunsch nach Information nicht zu begründen251 oder zu rechtfertigen252. Jedoch steht das Informationsrecht – wie jedes andere Recht – unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs sowie Treu und Glaubens bzw. der Verwirkung253. Die zeit- und kostenintensiven Informationsrechte bergen – da ohne vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist insbesondere der Buchauszug regelmäßig über einen drei- bis ggf. fast vierjährigen Zeitraum mit zehntausenden von Einzeldaten gefordert werden kann254 – erhebliches Druckpotential255, welches auch in der forensischen Praxis spürbar und bemängelt wird256. Dies gilt insbesondere für die Versicherungswirtschaft, wo die Fertigung von Abrechnung und Buchauszug aufgrund der laufenden 247 248 249 250 251 252

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 21. Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 1. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05. OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/Thume I Rn 1470. OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471) in Anschluss an BGH VersR 2001, 760 (763);

822

253

254 255 256

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. Küstner/Thume I Rn 1431. Müller-Stein VersR 2001, 830. LG Hannover, VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde).

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Prämienzahlung257, der damit einhergehenden laufenden Provisionsfälligkeit sowie der zahlreichen Haupt- und Untervertreterverhältnisse, etwa im Strukturvertrieb, besonders aufwendig sein kann. Versicherer haben darauf mit EDV-gestützten Abrechnungssystemen reagiert, die auch buchauszugsfähig sind. Gleichwohl: Wo allein der Ausgleich im Streite stehen sollte, wird trotz fehlendem Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnungen zwecks Steigerung der Lästigkeit ein Buchauszug gefordert. Angesichts sechsstelliger Summen, die für dessen Fertigung aufzuwenden sein können258, mag die Taktik erfolgreich sein. Nicht selten müssen Unternehmer zusätzlich einstellen, um dem Auszugsverlangen zu entsprechen. Dauert die Erstellung dann, reagieren die HV mit einem Ersatzvornahmeantrag nach § 887 Abs. 1 ZPO. Dies kann – muss aber nicht – Schikane (§ 226 BGB) sein259. Deren Voraussetzungen müsste jedoch angesichts der für die Rechtmäßigkeit des Informationsverlangens streitenden Vermutung der Unternehmer darlegen und nachweisen260, was kaum gelingen kann261. Das Rechtsschutzbedürfnis wird vermutet, weil § 87c die Annahme der Berechtigung des Anliegens in sich trägt. Wird jedoch feststellbar, dass der HV Informationsrechte allein deshalb geltend macht, um dem Unternehmer zu schaden, d.h., dass bei objektiver Würdigung kein Informationsbedürfnis existiert262, liegt ein Verstoß gegen die §§ 226, 242 BGB vor, der den Anspruch auf Information ausschließt263. Der Auskunftsanspruch ist zwar gemäß § 87c Abs. 5 unabdingbar. Dies bedeutet aber 74 nicht, dass er nicht verwirkt, genauer: ihm der Einwand des Rechtsmissbrauchs aus den §§ 242, 226 BGB entgegengehalten werden kann264. Jedes Zivilrecht steht unter den Schranken dieser Normen. Ob der HV während der Dauer des Vertretervertrages auf die Rechte aus § 87c verzichten oder sie verwirken kann, ist daher nicht ausdrücklich durch § 87c Abs. 5 entschieden265. Eine Verwirkung ist folglich denkbar. Dies widerspricht nicht der Rechtsprechung des BGH. In seiner Entscheidung MDR 1996, 372 hat der BGH zwar in Abkehr von einer Rechtsprechung aus dem Jahre 1965266 ausgesprochen, dem Schweigen des Repräsentanten könne kein negatives Schuldanerkenntnis beigemessen werden. Also führt es ohne weitere Besonderheiten des Falles auch nicht zur Verwirkung267. Der BGH präzisierte aber nicht, wann die Grenze überschritten wird, oberhalb derer der HV unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§§ 242, 226 BGB; auch § 86 Abs. 1: Interessenwahrungspflicht des Mittlers) mit der Forderung nach den in § 87c angesprochenen Auskünften ausgeschlossen ist. Oft fällt den Mittlern erst nach Beendigung des Vertrages, lange nach Fälligkeit der 75 Informationsrechte268 und – besonders verdächtig – unbefriedigenden Ausgleichsverhandlungen die Forderung nach Information ein. Handelt der HV dann, um den Unter-

257 258 259 260 261 262 263 264

Westphal I Rn 658 ff. BGH ZIP 2001, 876. Emde EWiR 2001, 731 (732); Emde VersR 2002, 157. Emde EWiR 1999, 327. v. Manteuffel/Evers EWiR 1998, 951; Emde EWiR 1999, 327. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 21. Kukat DB 2002, 1646 (1648); Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 21. OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); LG Hannover, VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731

265 266 267

268

(Emde); Emde MDR 1999, 1108 (1110); Emde EWiR 1999, 327; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 21; Hopt § 87c Rn 19; Westphal I Rn 719; Martinek/Flohr § 9 Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18; wohl auch BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2494) Rn 24 (dort verneint). Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18. BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Emde MDR 1996, 331 (333). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 21.

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nehmer zur Zahlung des zuvor geforderten Ausgleichs oder zu einem Vergleichsabschluss zu motivieren269, liegt der Gedanke des Rechtsmissbrauchs nahe270. Der HV mag einen Anspruch auf Ausgleich haben, nicht aber auf außerhalb der Mittel-Zweck-Relation liegende weitere Druckmittel. Die Mittel-Zweck-Relation ist nur gewahrt, sofern der HV eine Zahlungsklage erhebt, ohne hiermit grundlos nicht konnexe Forderungen, wie eine Informationsforderung, zu verbinden. Dem Vertreter darf kein Auskunftsrecht zugebilligt werden, welches er für andere Zwecke missbraucht. Die Informationsrechte sind also kein Selbstzweck271. Die Verteilung der Darlegungs76 last kehrt sich zugunsten des Unternehmers um, wenn der HV während der Vertragslaufzeit über einen langen Zeitraum, z.B. über Jahre hinweg, nie Anlass zur Beanstandung der Abrechnungen sah und seine Untätigkeit nicht erklären kann. Dies gilt insbesondere, wenn eine kontinuierlich erstellte und übermittelte, jedenfalls für den HV und den Unternehmer aus sich heraus verständliche Abrechnung über einen längeren Zeitraum unwidersprochen geblieben und nicht ernsthaft zweifelhaft ist, sich der geltend gemachte Buchauszugsanspruch auf den gesamten unverjährten Provisionszeitraum beziehen soll sowie der Auszug für alle Geschäfte erstrebt wird, in nahem zeitlichem Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Ausgleichsansprüche nach § 89b steht und nicht dargelegt wird, warum der HV der ergänzenden Informationen ernstlich bedarf272. Fordert der Vertreter nun im Anschluss an gescheiterte Ausgleichsverhandlungen überraschend Informationen in dem Wissen, dies werde dem Unternehmer erhebliche Mühe bereiten, bzw. führe zu einem wirtschaftlich kaum vertretbaren Aufwand, so spricht dies für einen Rechtsmissbrauch273, falls er keine nachvollziehbaren Gründe für die Forderung oder sein Schweigen anführen kann274. Der nicht näher detaillierte Wunsch, die Vertragsbeziehung während ihrer Laufzeit nicht zu belasten275 dürfte regelmäßig eine zu wenig substantiierte Erklärung bilden. Besonders nahe liegt der Gedanke des Rechtsmissbrauchs, wenn der Mittler nach Vertragsende und jahrelangem Schweigen auf die Abrechnungen zunächst nur den Ausgleich oder eine Abfindung fordert. Entstehen dann Meinungsverschiedenheiten über die Höhe und verlangt der HV erst jetzt Informationen, indiziert dies den Rechtsmissbrauch. Darzulegen hat nun der HV, welche Gründe ihn bewogen, zunächst langjährig zu schweigen, um überraschend sein Recht auf Information zu suchen. Gleiches gilt für die unmotivierte Verbindung von Ausgleichs- und Auskunftsklage ohne Gründe, welche die Unrichtigkeit der Abrechnung zumindest als möglich erscheinen lassen (§ 259 Abs. 2 BGB analog)276. Nicht anders als bei der Widerlegung eines Anscheinsbeweises trägt die Vermutung für ein Rechtsschutzbedürfnis also nicht, falls Indizien zum Gegenteil existieren. BGH ZIP 1996, 129277 steht nicht entgegen. Denn der BGH richtete über die Wirkung des Schweigens auf Abrechnungen, nicht über die Darlegungslast in Verdachtsfällen278. Dem HV obliegt es bei Vorliegen für einen Rechtsmissbrauch sprechender Indizien, nachvollziehbar darzulegen, weshalb er die 269 270

271 272

273

Hierzu von Manteuffel/Evers EWiR 1998, 951; Emde EWiR 1999, 327. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05; LG Hannover, VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde). LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde). KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05 im Anschluss an LG Hannover, VersR 2001, 764, 765. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05; LG

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Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde); Emde MDR 1999, 1108 (1111). KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05. Vgl. Küstner/Thume I Rn 1431. Emde EWiR 2001, 731 (732). Unternehmerfreundlicher LG Frankfurt/M. VersR 1998, 1238; OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017; OLG Naumburg VersR 1999, 578. Emde EWiR 2001, 731 (732).

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Informationen zum jetzigen Zeitpunkt, d.h. zur „Unzeit“, fordert. Kann er etwa die Möglichkeit von Unrichtigkeiten der Abrechnungspraxis des Unternehmers darlegen, hat er genug Gründe für seine Forderung vorgebracht. Gleiches gilt, wenn der HV bei einer vertragsbegleitenden Forderung eine ordentliche Kündigung zu fürchten gehabt hätte. Besonders hohe Anforderungen dürfen an den Vortrag des HV nicht gestellt werden, weil weder Abrechnung noch Buchauszug oder Auskunft – anders als die Bucheinsicht – Zweifel an der Richtigkeit zuvor gegebener Informationen voraussetzen (Rückschluss). Nur wenn der Unternehmer darauf wieder darlegen und beweisen kann, die vorgetragenen Unrichtigkeiten seien nicht bestehend, entfällt der Informationsanspruch. Rechtsmissbrauch soll fehlen, sofern bei der Forderung nach dem Auszug eine Ver- 77 besserung der Verhandlungsposition des HV in Hinblick auf die Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs lediglich eine Rolle gespielt hat, der Unternehmer jedoch nicht nachweist, dass der HV in Wirklichkeit kein Interesse an der Erteilung des Buchauszuges besitzt, sondern es nur darum gehe, ein Druckmittel für Verhandlungen über den Ausgleich zu erlangen279. Insbesondere wenn in der vorprozessualen Korrespondenz weder direkt noch indirekt das Buchauszugsrecht mit einem Entgegenkommen des Unternehmers hinsichtlich des Ausgleichs verknüpft worden sei, fehle es an einer Rechtsmissbräuchlichkeit. Ein Verstoß gegen das Schikaneverbot nach § 226 BGB liege nur dann vor, wenn die Geltendmachung des Anspruchs allein den Zweck haben könne, dem Unternehmer Schaden zuzufügen. Ein besonderes rechtliches Interesse an der Erteilung des Buchauszuges brauche nicht dargetan zu werden. Hohe Kosten280 oder angeblich unverhältnismäßiger Aufwand281 führen nicht zur 78 Missbräuchlichkeit des Informationsverlangens. Der BGH282 hat fehlende Rechtsmissbräuchlichkeit etwa bei für die Fertigung des Buchauszuges entstehenden Kosten von rd. 141.000,00 EUR verneint. Ein Unternehmer, der HV beschäftige, müsse jederzeit mit einem Informationsverlangen rechnen und seinen Betrieb so organisieren, dass die Fertigung möglich sei283. Rechtsmissbrauch soll vorliegen, wenn dem HV bereits alle für die Prüfung seiner Provisionsabrechnung erforderlichen Angaben vorliegen, so dass von der Erteilung des Buchauszuges kein weiterer Vorteil zu erwarten ist und der HV jederzeit auf das EDV-Agentur-Informationssystem des Unternehmens Zugriff nehmen konnte284. In Wahrheit dürfte es sich um einen Erfüllungseinwand handeln. Unternehmer können das in der Informationsforderung liegende Druckpotential ent- 79 weder durch vollständige – und dokumentierte – vertragsbegleitende Informationen (in der Praxis gelingt dies kaum) oder durch Verkürzung der Verjährungsfrist, etwa von 3 Jahren auf 1 Jahr285, reduzieren (Rn 48). Denn die Kontrollrechte des § 87c bestehen nur, solange das Hauptrecht, der Provisionsanspruch, noch durchgesetzt wer-

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OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); VersR 2001, 760 (763). BGHZ 56, 290 (296); BGH DB 2001, 1409; Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2494) Rn 24; OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); Kukat DB 2002, 1646 (1648); Küstner/Thume I Rn 1472; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen § 87c Rn 21. OLG Schleswig, Hinweisbeschl.

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v. 27.11.2008 – 14 U 134/08 n.v. (Buchauszug). BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde) – Buchauszug; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08 (Buchauszug). ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). LG Köln, Urt. v. 01.04.2004 – 2O 287/03, unveröffentlicht. Emde MDR 1999, 1108 ff; Emde EWiR 2001, 631 (632).

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den kann. Ist es verjährt, kann auch das Informationsrecht nicht mehr durchgesetzt werden (Rn 37 ff).

XXVI. Vertraulichkeit 80

Die erlangten Informationen darf der HV nur zur Kontrolle seiner Zahlungsansprüche verwenden und hat sie im Übrigen vertraulich zu behandeln (§ 90)286. Wo der Unternehmer Missbrauch erwartet, sollte er beim Einsichtsrecht des HV (unten, Rn 168 ff) die Einsichtnahme durch den Wirtschaftsprüfer oder Sachverständigen wählen.

B. Die Informationsrechte im Einzelnen I. Abrechnung (§ 87c Abs. 1) 81

Der Unternehmer hat dem HV gegenüber die Provision periodisch und ohne besondere Aufforderung abzurechnen. Die Abrechnung ist der Grundtatbestand der Informationsrechte287. Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung in Abs. 1 des § 87c, dem Umstand, dass die Abrechnung unaufgefordert zu erteilen ist sowie dass sie die „Essentialia“ der provisionsrelevanten Tatsachen mitteilt. Die weiteren Informationsrechte des § 87c ergänzen lediglich die „Grundinformationen“, welche in der Abrechnung mitgeteilt wurden.

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1. Zweck. Die Abrechnung soll den HV in die Lage versetzen, unter Vergleich mit seinen eigenen Unterlagen zu prüfen, ob alle Provisionen, auf die er nach den §§ 87, 87a oder einer von diesen Normen abweichenden Vertragsbestimmung Anspruch hat, lückenlos erfasst sind und damit zur Grundlage für die von dem Unternehmer zu erbringenden Zahlungen gemacht wurden288. Auch hier ist der Begriff der Provision weit im Sinne jeder versprochenen, variierenden Vergütung zu verstehen. Nicht iSd § 87c abzurechnen ist allein über handelsvertreteruntypische Vergütungen289, z.B. sogenannte „Hebegebühren“ eines Versicherungsvertreters290, wobei die Abgrenzung im Einzelfall schwierig und eine Analogie angebracht sein dürfte. Es besteht zumindest ein Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB. Der Abrechnungsanspruch besteht auch dann, wenn sich der HV anhand eigener Aufzeichnungen selbst unterrichten kann (Ausnahmen: §§ 242, 226 BGB)291.

83

2. Inhalt. Aus diesem Zweck folgt, dass die Provisionsabrechnung alle abzurechnenden Geschäftsvorfälle auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Provisionssätze enthalten muss, soweit sie relevant sind292. In die Abrechnung gehören vollständig, klar, überprüfungsfähig und übersichtlich dargestellt293, die im Abrechnungszeitraum angefallenen Provisionen jeder Art nach Grund und Höhe sowie bei unterschiedlichen Provi-

286 287 288

Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17c. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 2. Küstner/Thume I Rn 1406; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 33; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 11.

826

289 290 291 292 293

Küstner/Thume I Rn 1404. Küstner/Thume I Rn 1404. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 95/05. Küstner/Thume I Rn 1406. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 11.

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§ 87c

sionssätzen der vom Unternehmer jeweils berechnete294 aus sämtlichen vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte, für welche im Abrechnungszeitraum die Provisionszahlungspflicht nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung gemäß § 87a Abs. 1 oder 3 entstanden ist295. Dass sind nicht nur die Provisionen, die der Unternehmer anerkennen und erfüllen will296 (also möglicherweise gar keine), sondern diejenigen, die geschuldet sind und die er leisten muss. Fehlt ein Provisionsanspruch innerhalb des Abrechnungszeitraums, braucht der Unternehmer – wie Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben – nicht abzurechnen. Auch eine Fehlanzeige ist dann nicht nötig297, jedoch auf Anforderung als Auskunftsanspruch nach Abs. 3 geschuldet. Die Abrechnung hat ein rechenmäßiges Ergebnis auszuweisen298.

– – – – – – – – –

– – –

a) Erforderliche Informationen. Über folgende Vergütungsansprüche ist abzurechnen: 84 Abschluss- und Vermittlungsprovisionen299 Delkredereprovisionen300 entstandene, jedoch durch Nichtleistung des Dritten gem. § 87a Abs. 2 wieder entfallende Provisionen (Abzugsbetrag)301 Fixum, jedoch nur bei Gegenrechnung von Provisionsvorschüssen Geschäfte, die gem. § 87 i.V.m. § 87a Abs. 3 nicht so ausgeführt wurden wie sie abgeschlossen wurden, gleichwohl aber zu einer Provisionspflicht führen können302 Gesetzliche und vertragliche Provisionsvorschüsse303 Inkassoprovisionen304 Passivsaldi aus vorangegangenen Abrechnungen solche Provisionsansprüche, die aus Geschäften stammen, die erst nach Beendigung des HV-Vertrags zustande kommen, allerdings erst im Moment ihrer Fälligkeit. Fallen z.B. nach Ende des HV-Verhältnisses noch Überhangprovisionen (§ 87 Abs. 3) oder Provisionen aus Geschäften an, die der HV während seines Vertragsverhältnisses abgeschlossen hatte und die erst jetzt zur Ausführung gelangt sind, mit anderen Worten nachverprovisioniert werden müssen, so sind unaufgefordert und in periodischer Fortsetzung solange Abrechnungen zu erteilen, bis alle Provisionsanwartschaften der bezeichneten Art abgewickelt sind305 Provisionsvorschüsse306 Provisionsrückzahlungsverpflichtungen aus stornierten Geschäften Stornoprovisionen

294 295 296

297 298 299

300

Seetzen WM 1985, 213; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. AA OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 12, 19. AA wohl Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. Westphal I Rn 627. Küstner/Thume I Rn 1409 ff; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 14. Küstner/Thume I Rn 1423; Westphal I Rn 628; Röhricht/Graf von Westphalen/

301 302 303 304

305 306

Küstner § 87c Rn 13; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 17. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13, 15. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 12. Küstner/Thume I Rn 1419; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 14. Küstner/Thume I Rn 1423; Westphal I Rn 628; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 13; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 17. Küstner/Thume I Rn 1420. Westphal I Rn 628.

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§ 87c

1. Buch. Handelsstand

– Überhangprovisionen307 – Verwaltungsprovisionen308. Mitzuteilen sind damit alle Tatsachen, welche der HV für die Ermittlung und Über85 prüfung der Provisionszahlungen und ihrer Vollständigkeit benötigt309. Im Einzelnen sind dies: – Kundenname310 – Kunden-, Auftrags- und Rechnungsnummer (falls vorhanden) – das mit diesem Kunden vermittelte/abgeschlossene Geschäft unter Nennung seines Gegenstandes einschließlich eventueller Nachbestellungen311 – Ausführung des Geschäftes nach Art, Menge und Zeitpunkt der jeweiligen Lieferung312 – Rechnungsbetrag, auf den Provision zu zahlen ist313, also Nettopreis mit gesondert ausgewiesener Mehrwertsteuer314 – Datum der Rechnungsstellung315 – Zahlung des Kunden mit den dazugehörigen Daten316 sowie Gesamtbetrag der errechneten Provisionen abzüglich gezahlter Vorschüsse oder bereits geleisteter Provisionen317 – Höhe der Provisionszahlung318 – Provisionssatz319 – Art und Weise der Provisionszahlung – Höhe eines Stornoreservekontos bei Veränderungen (gegebenenfalls periodisch) – Verdienstspanne des Unternehmers, falls sich die Provision auf ihrer Basis berechnet320 – Stichwortartig die Tatsachen, welche im Rahmen des § 87a Abs. 3 die Provisionspflicht oder im Fall des § 87a Abs. 2 oder Abs. 3 S. 2 eine Provisionsrückforderung begründen321. In die Abrechnung eines Versicherungsvertreters sind folgende Angaben aufzuneh86 men: – Name und Anschrift des Versicherungsvertreters322 – Datum des Antrags und der Versicherungsannahme323 307 308

309 310

311 312 313 314

315

Küstner/Thume I Rn 1422. Küstner/Thume I Rn 1423; Westphal I Rn 628; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. Westphal I Rn 628. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33.

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316 317

318 319 320

321

322 323

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13. Westphal I Rn 628; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3. Küstner/Thume I Rn 1406. OLG Karlsruhe, Urt. v. 4.10.1975 – 8 U 54/75, unveröfftl., zit. nach Küstner/Thume I Rn 1417. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers).

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§ 87c

Tarif der Versicherung324 Angabe, ob es sich um ein Neu- oder Erhöhungsgeschäft handelt325 Beitragshöhe326 Versicherungsscheinnummer327 Im Stornofall: Datum der Stornierung328, Stornogrund329, Erhaltungsmaßnahmen330, sonstige das Storno betreffende Korrespondenz mit dem Versicherungsnehmer331 – Entwicklung des Stornoreservekontos – Höhe der geleisteten Beitragszahlung332 – Höhe und Fälligkeit der offenen Beitragszahlung333. Eine Bezugnahme auf beigefügte Unterlagen ist zulässig, sofern sie die Abrechnung 87 nicht ersetzen sollen und sie aus sich heraus verständlich bleibt334. Deshalb kann sich der Unternehmer nicht auf das Übersenden der Durchschriften von Rechnungen an Kunden beschränken oder auf sie verweisen335. Die bloße Übermittlung von Unterlagen ersetzt die Abrechnung also nicht. Ist die Abrechnung unvollständig, fehlt also Erfüllung, darf Ergänzung gefordert336 88 und eingeklagt337 werden. Ist die Abrechnung völlig unbrauchbar oder leidet die Verständlichkeit insgesamt, wenn nur eine Ergänzung geliefert werden würde, ist gänzlich neu abzurechnen. Dieses Recht besteht insbesondere, falls einzelne, einer bestimmten Gruppe zugehörige Angaben oder ein Teil der provisions- oder abrechnungspflichtigen Geschäfte fehlen, etwa mit einem bestimmten Kunden, einer bestimmten Kundengruppe, einem bestimmten Bezirk oder für einen bestimmten Zeitraum338. Schon wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung in den genannten Beispielfällen kann nichts anders gelten, wenn einzelne Geschäfte fehlen. Der HV ist dann nicht auf die Provisionsklage beschränkt, mit welcher er unmittelbar den Differenzbetrag zu der von ihm beanspruchten Provision geltend machen müsste339. Dies gilt zumindest, wenn der HV, etwa für seine Buchhaltung oder die Steuer, eine zutreffende Abrechnung benötigt. Der Nachweis der Vollständigkeit obliegt regelmäßig dem Unternehmer, es sei denn, der Vertreter hat die Abrechnung als Erfüllung angenommen (§ 363 BGB)340. – – – – –

324 325 326 327 328 329 330 331 332 333

OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers).

334 335 336

337

338

339

340

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. Küstner/Thume I Rn 1407; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 20. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG München BB 1964, 698; aA MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 31: Nur Klage auf Provision zulässig. Seetzen WM 1985, 213 (214); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 35. AA BGH, IV ZR 314/88, NJW-RR 1990, 1370 (1371); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 36. AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5.

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§ 87c 89

1. Buch. Handelsstand

In einem mehrstufigen Vertriebssystem, z.B. einem Strukturvertrieb, bei dem unechte Untervertreter tätig sind und der Hauptvertreter einen Teil der Provisionen jener unechten Untervertreter als Vergütung („Leitungsvergütung“) erhält, gehören auch die von den Untervertretern herbeigeführten provisionspflichtigen Geschäfte zu den Abrechnungsinformationen341. In die Abrechnung des Bezirksvertreters sind alle im Bezirk getätigten Geschäfte einzustellen342.

90

b) Umstände, über die nicht abzurechnen ist. Es gilt der Grundsatz der Transparenz. Überflüssiges ist nicht aufzunehmen. Hat der Unternehmer über einzelne Provisionen bereits gesondert abgerechnet, braucht er sie in die Gesamtabrechnung nicht nochmals aufzunehmen, sofern sie nur einmal zur Provisionszahlung führen. Eine wiederholte Abrechnung ist überflüssig. Erforderlichenfalls hat er die Gesamtabrechnung schriftlich dahin zu erteilen, dass weitere Provisionen als die, über welche bereits einzeln abgerechnet worden ist, nicht angefallen sind. Nicht in die Abrechnung aufzunehmen sind: 91 – Geschäfte, die unstreitig noch nicht zu einer Provisionszahlungspflicht geführt haben343 – Geschäfte, über welche bereits abgerechnet wurde344; eine erneute „Generalabrechnung“ ist nicht geschuldet – Ein gezahltes Fixum345, jedenfalls wenn es in stets gleicher und offensichtlicher Höhe geleistet wird (aber Abrechnung bei Reduzierung durch verdiente Provisionen) – Überhangprovisionen, wenn sie nur bedingt entstanden sind und später nochmals in eine Nachtragsabrechnung aufgenommen werden müssten346 (Sammlung von „Merkposten“ ist nicht geschuldet). Es genügt die Aufnahme bei Bedingungseintritt – nach § 87 nur aufschiebend durch die Ausführung bedingt entstandene, also noch nicht fällige Provisionsanwartschaften347, weil nicht sicher ist, ob die aufschiebend bedingte Fälligkeit eintritt und der Unternehmer sie daher der Höhe nach auch nicht anerkennen kann. Schon der unbefangen verstandene Wortsinn der „Abrechnung“ meint nur das, was zahlbar ist. Dagegen sind gem. § 87c Abs. 2 nur auflösend bedingte, zu einer Zahlungspflicht führende Ansprüche anzugeben348. Abzurechnen ist folglich über das, was – ggf. durch Eintritt der auflösenden Bedingung wieder vernichtbar – verdient ist – Ansprüche, bei denen lediglich einzelne Vorbedingungen der Fälligkeit erfüllt sind (s.o.). Sind nämlich nur einzelne TB-Merkmale der Fälligkeit eingetreten, ist diese Tatsache keine in die Abrechnung aufzunehmende „Rechenposition“. Zwar mag insoweit ein Auskunftsanspruch gemäß § 87 Abs. 3 oder ein Buchauszugsrecht nach § 87c Abs. 2 entstehen, nicht jedoch eine Abrechnungspflicht. Im Übrigen würde die Doppelberücksichtigung zur Intransparenz und Überfrachtung der Rechnung führen 341 342 343 344 345 346 347

Emde MDR 1999, 1108 (1109 ff); Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 33. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 18. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 10. So aber Küstner/Thume I Rn 1422. OLG Nürnberg BB 1966, 265; Ebenroth/

830

348

Löwisch § 87c Rn 34; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 16; aA Küstner/Thume I Rn 1409 ff mit Darstellung des Meinungsstandes; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 6, 11; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2, 3. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 15.

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§ 87c

– Zwischenberichte über den Stand eines Geschäfts349. Über jeden Provisionsanspruch ist nur einmal abzurechnen. Wenn gesagt wird, über den Ausgleichsanspruch sei nicht abzurechnen350, so ist dies 92 nicht nur im Rahmen des § 87c Abs. 1 richtig. Der Unternehmer ist auch als Nebenpflicht zu § 89b im Regelfall nicht verpflichtet, den Ausgleichsanspruch des HV zu errechnen. Oft werden dem Unternehmer hierzu sogar Informationen fehlen. So muss er nicht wissen, ob der HV für die Kundenwerbung kausal war oder der Kunde aus eigenem Antrieb die Geschäfte aufnahm. Bei dem Ausgleich des Vertragshändlers und Franchisenehmers ist eine solche Berechnung ohnehin erst möglich, nachdem der Mittler den Unternehmer über die ausgleichspflichtigen Geschäfte informiert hat. 3. Form. Die Abrechnung ist in Textform zu erteilen, soweit die Authentizität außer 93 Frage steht, nicht in der Schriftform des § 126 BGB351. Das für die Übermittlung der Abrechnung genutzte Transportmittel ist auch hier irrelevant. Solange eine ausreichende Transparenz oder Zugänglichkeit gewahrt bleibt, ist auch die Übermittlung per E-Mail oder Fernkopie zulässig. Das in der Abrechnung liegende Schuldanerkenntnis ist gem. § 782 BGB formfrei. 4. Abrechnungszeitraum und Fälligkeit. § 87c Abs. 1 unterscheidet zwischen dem 94 Abrechnungszeitraum oder -turnus (S. 1) und der Fälligkeit. Der Abrechnungszeitraum bezeichnet die Zeitspanne über die abzurechnen ist352, die Fälligkeit den Zeitpunkt, an dem die Abrechnung zu erteilen ist. a) Abrechnungszeitraum. Der Abrechnungszeitraum oder -turnus beträgt, wenn keine 95 andere Vereinbarung getroffen ist, einen Monat. Das Gesetz sieht also vor, dass über jeden Geschäftsmonat eine Abrechnung zu erstellen ist. Dieser Abrechnungszeitraum darf durch Vereinbarung auf höchstens drei Monate (also auch z.B. zwei Monate) verlängert werden (zwingendes Recht353). Die Abrechnung ist folglich spätestens zum Ende des vierten Monats auszuhändigen354, auch wenn neben der Provision ein Fixum gezahlt wurde355. Alsdann hat die Abrechnung die in diesem Zeitraum entstandenen Ansprüche zu umfassen. Gab es innerhalb dieser Frist kein Geschäft, muss nicht abgerechnet werden. Aus diesem Grunde kann eine fallweise Abrechnung vereinbart werden356, wobei die Abrechnung jedoch immer innerhalb des Abrechnungszeitraumes nach dem Einzelgeschäft übermittelt werden muss. Wurde unzulässigerweise ein zu langer Abrechnungszeitraum vereinbart, ist die Vereinbarung nicht insgesamt unwirksam sondern es gilt analog § 140 BGB die gesetzliche Höchstfrist von drei Monaten357 (geltungserhaltende Reduktion, nicht aber bei AGB). Der zugelassene Monats- oder Dreimonatszeitraum braucht sich nicht mit dem Kalenderquartal zu decken358, ist aber im Zweifel gemeint359. 349 350 351

352 353 354 355

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 34. Küstner/Thume I Rn 1424. Schriftlich: Hopt § 87c Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 26. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 36. Schröder DB 1963, 651; Küstner/Thume I Rn 1398.

356 357

358 359

Küstner/Thume I Rn 1397. Küstner/Thume I Rn 1396; Westphal I Rn 622; Schröder DB 1963, 651; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 27. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 26.

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§ 87c 96

1. Buch. Handelsstand

Ohne Vereinbarung braucht der Unternehmer keine Einzelabrechnung über jedes Geschäft zu erstellen360, es sei denn, innerhalb der Höchstfristen des § 87c Abs. 1 wurde nur ein einziges Geschäft getätigt. Wird eine Einzelabrechnung für jedes Geschäft gefertigt und akzeptiert der HV dies (das braucht er nicht, sofern die Übersichtlichkeit leidet oder der Empfang einzelner Abrechnungen unzumutbar ist), besitzt er keinen Anspruch auf eine Gesamtabrechnung, wenn die Einzelabrechnungen361 vollständig und hinreichend transparent waren. Blieben sie unvollständig, behält der HV seinen Anspruch auf Gesamtabrechnung, kann sich aber mit einer Ergänzung begnügen362.

97

b) Fälligkeit. Die Abrechnung ist – im Gegensatz zu den übrigen Informationsrechten – ohne Aufforderung des HV363 unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB), fällig, sobald Abrechnungsrelevantes mitzuteilen ist, und zwar jeweils innerhalb der Frist des § 87c Abs. 1 nach Eintritt des provisionsrelevanten Vorganges, also leitbildtypisch die Ausführung des Kundengeschäfts durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 1) oder die ihm anzulastende Nichtausführung des Geschäfts (§ 87a Abs. 3 S. 1), Leistung/Zahlung des Kunden an den Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 3), auch wenn mglw. noch auflösend bedingt nach § 87a Abs. 2364. Bei einem durchgeführten HV-Vertrag spricht eine Vermutung dafür, dass Abrechnungsrelevantes mitzuteilen ist. Der Unternehmer müsste also den Gegenbeweis fehlender Geschäfte in Verteidigung gegen ein Abrechnungsbegehren des HV führen365. Diese Vermutung gilt insbesondere zu Gunsten eines Bezirksvertreters. § 87c Abs. 1 S. 2 fordert die unverzügliche Übersendung der Abrechnung, d.h. eine 98 solche ohne schuldhaftes Zögern366. Spätestens ist die Abrechnung bis zum Ende des nächsten Monats; das heißt also bis zum Ende desjenigen Monats, der auf das Ende der Abrechnungsperiode (Abrechnungsturnus) folgt, dem HV auszuhändigen oder zu übersenden. Der letzte Termin ist damit zum Ende des Monats, welcher an den Abrechnungszeitraum anschließt. Gemeint ist wegen des klaren Datums wohl der Ablauf („Ende“) des Kalendermonat nach Schluss des Abrechnungszeitraums, nicht der Zeitraum eines Monats nach Ende des beliebig festlegbaren Abrechnungszeitraums, dessen Ende auf jeden Tag eines Kalendermonats fallen könnte367. Der Wortlaut des Gesetzes dürfte diese Deutung eher nahe legen. Dann ist die Frist des § 87c Abs. 1 eine kalendermäßige Leistungszeit iSd § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, so dass der Unternehmer – Verschulden vorausgesetzt – ohne Mahnung in Verzug gerät368. Der Unternehmer darf die Abrechnung jedoch nicht auf diesen spätesten Termin verschieben, sondern hat eher abzurechnen, sofern dies nötig ist369.

360 361

362 363

364 365

Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2c. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2c, 5a. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 37. Westphal I Rn 621; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 2, 62; Hopt § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 35. AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4 (Beweislast für Abrechnungsrelevantes beim HV).

832

366

367 368

369

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2a. AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 29. Küstner/Thume I Rn 1401; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 24, 28; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2d; aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 35. Vgl. Westphal I Rn 625; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 28.

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§ 87c

Nach Vertragsende wird die Abrechnung – sofern seit der letzten Abrechnung provi- 99 sionsfähige Geschäfte zu verzeichnen waren – für den noch nicht abgerechneten Teil der Provisionen als Endabrechnung gem. § 614 BGB unverzüglich fällig370, wobei auch hier wohl bis zum Ende des Kalendermonats nach Vertragsende gewartet werden darf 371. Nach Ansicht des OLG München372 soll nach Vertragsende selbst dann unverzüglich abzurechnen sein, wenn der Abrechnungszeitraum vertraglich verlängert wurde, weil eine solche Vereinbarung nur während der Vertragslaufzeit gelten soll. Das ist zweifelhaft373. Ohne weitere Geschäfte seit der Vorabrechnung gibt es keine Verpflichtung zur Schlussabrechnung374. Über nach Vertragsende fällige Provisionen, die etwa entstehen, weil das Geschäft erst 100 nach Vertragsende geschlossen wurde oder gemäß § 87 Abs. 3 provisionspflichtig ist, muss jeweils innerhalb der Fristen des § 87c Abs. 1 oder einer zulässigerweise verlängerten Frist abgerechnet werden375. Gibt es keine Provisionen, über die abzurechnen ist, entfällt eine Abrechnungspflicht. Über das Stornoreservekonto ist bei dessen vertragsgemäßer Auflösung376, bei Veränderungen periodisch vergleichbar der Provisionsabrechnung, abzurechnen, davor besteht ein Auskunftsrecht über dessen Stand. Eine Schlussabrechnung kann vereinbart werden377, wobei jeweils im Einzelfall ihre Rechtsfolgen zu bestimmen sind. Im Zweifel soll sie den HV nicht mit weiteren Provisionsforderungen ausschließen und eine solche Vereinbarung wäre wegen § 87c Abs. 5 auch unwirksam. 5. Entfallen des Abrechnungsrechts a) Erfüllung. Unstrittig ist, dass der Abrechnungsanspruch mit Erfüllung (§ 362 101 BGB) erlischt378. Mit der vollständigen Erteilung der vorgenannten Informationen ist der Abrechnungsanspruch erfüllt. Bei Fehlen einzelner Informationen sind jene – aber grundsätzlich nur sie – nachzuliefern; der HV darf bei Unvollständigkeit auf Erfüllung klagen (Rn 186), zudem Buchauszug und Zahlung der noch ausstehenden Provision verlangen379. Ein Anspruch auf vollständige Neuerteilung der Abrechnung kommt nur in Betracht, falls die Altabrechnung gänzlich unbrauchbar war380 oder die Verständlichkeit eine einheitliche Neuabrechnung fordert. b) Entfallen des Hauptrechts. Wie ausgeführt können Informationsrechte nicht gel- 102 tend gemacht werden, sofern das Hauptrecht – der Zahlungsanspruch – nicht mehr besteht (Rn 30)381. Ein solcher Wegfall des Zahlungsanspruches tritt ein, wenn 370

371 372 373 374 375

BGH NJW 1981, 457; OLG München MDR 1958, 923; Küstner/Thume I Rn 1452; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 36; Hopt § 87c Rn 10; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 30; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 1, 2e. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 8. BB 1958, 895 = MDR 1958, 923. Hopt § 87c Rn 10. Hopt § 87c Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 36; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 18, 30; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 1.

376 377 378

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 36. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 30. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 31. BGH NJW-RR 1990, 1371; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 38. BAG; Urt. v. 9.11.1999 – 3 W 10/95, NJWRR 1996, 100 (101) unter Hinweis auf die Rspr. zum HV; LAG Düsseldorf, Urt. v. 13.03.2009 – 10 Sa95/09, BeckRS 2009, 66117, beide zum Arbeitsrecht. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 33.

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– der Unternehmer dem HV alle geschuldeten Provisionen gezahlt hat382. Wegen des Charakters des Abrechnungsrechts als Hilfsrecht darf nämlich keine Abrechnung gefordert werden, falls kein Provisionsanspruch existiert, etwa nach vollständiger Erfüllung aller Provisionsforderungen383. Den erforderlichen Beweis wird der Unternehmer meist nur durch Vorlage einer vollständigen Abrechnung führen können. Der Einwand ist daher meist wenig hilfreich, – sich die Parteien bindend auf die Richtigkeit der erteilten Abrechnung geeinigt haben384. Deshalb ist das Interesse der Unternehmer hoch, die Abrechnung als zutreffend zu vereinbaren. Die Abrechnung bildet einen Antrag des Unternehmers auf Abschluss eines abstrakten Schuldanerkenntnisvertrages (§ 781 BGB), der gemäß § 782 BGB, § 350385 nicht der Schriftform bedarf und vom HV angenommen werden kann, indem er die Abrechnung als richtig anerkennt386 (Rn 107 ff). Der HV ist dann mit weiteren Nachforderungen ausgeschlossen, sofern das Anerkenntnis nicht gemäß §§ 119 ff, 134, 138, 242 BGB unwirksam ist387. Schweigen bildet aber keine solche Annahme des HV. Er muss die Annahme ausdrücklich erklären, es sei denn, § 151 BGB greift ein (dazu im Folgenden), – dem Zahlungs- oder Abrechnungsanspruch dauernde Einreden oder Einwendungen, etwa Verjährung oder Verwirkung, entgegenstehen388. Für diese Ausnahmetatbestände ist der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig. Die Abrechnungspflicht entfällt nicht deshalb, weil der HV sich Kenntnis über die abrechnungspflichtigen Tatsachen aus eigenen Unterlagen verschaffen könnte389, er Kenntnis der abrechnungsrelevanten Umstände besitzt390 oder Vertragsverletzungen391 beging; ebenso wenig infolge einer außerordentlichen Kündigung des Unternehmers. Denn durch all diese Umstände verliert der HV nicht seinen Anspruch oder das Interesse an Information oder Anerkenntnis. Vor allem soll die Arbeit der Zusammenstellung und Berechnung dem Unternehmer obliegen.

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6. Rechtsfolgen der Abrechnung. Mit der Abrechnung stellt der Unternehmer fest, welche Provisionen zur Auszahlung vorgesehen sind. Die Abrechnung ist daher ein Anerkenntnis des Unternehmers iSd § 781 BGB392, welches gemäß § 782 BGB, § 350393 nicht der Schriftform bedarf394. Im Zweifel nimmt der HV das Angebot auf Abschluss des 382

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; BGH, Urt. v. 29.11.1995 – VIII ZR 293/94, NJW 1996, 588; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5. Hübsch/Hübsch WM 2005 Sonderbeil. 1, S. 6; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21.

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. OLG Karlsruhe HVR Nr. 445; OLG München VersR 1961, 1090; Küstner/Thume I Rn 1425; Westphal I Rn 629; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. Westphal I Rn 629; Hübsch/Hübsch WM 2005 Sonderbeil. 1, S. 6; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 65.

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Anerkenntnisvertrages gemäß § 151 BGB an, soweit das Anerkenntnis für ihn günstig ist (aber nur insoweit). Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung spricht zugunsten des HV – nicht aber zu seinen Lasten – eine Vermutung395, weshalb der Unternehmer eine behauptete Unrichtigkeit auch von Einzelpositionen beweisen muss. Das mit der Abrechnung erteilte Anerkenntnis kann im Falle erkannter Unrichtigkeit nach § 812 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB kondiziert werden396, etwa wegen Arglist (Rn 108). a) Schweigen des Vertreters auf die Abrechnung. Schweigt der HV auf die Zusendung 104 von Provisionsabrechnungen, ohne dass (wirksam) Schweigen als Anerkenntnis vereinbart wurde, so liegt hierin regelmäßig keine Annahme des Angebots auf Abschluss eines weitere Provisionsforderungen ausschließenden Anerkenntnisvertrages zu Lasten des HV397. Typischerweise bedarf es hierzu einer ausdrücklichen Willenserklärung398. Zwar kann der HV jederzeit ein negatives Schuldanerkenntnis iSd § 397 Abs. 2 BGB abgeben399 und innerhalb der Fristen einer gewöhnlich zu erwartenden Annahme das Angebot des Unternehmers auf einen Erlassvertrag annehmen. In dem bloßen Unterlassen einer Reaktion auf den Erhalt der Abrechnungen findet sich aber keine Annahme des Antrags auf Abschluss eines negativen Schuldanerkenntnisvertrages400. Dies ergibt sich schon aus dem Grundsatz, dass Schweigen keine Willenserklärung ist. Auch wird der HV überhaupt nicht das Verständnis haben, sein Schweigen solle so verstanden werden. Allerdings kann dem Schweigen im kaufmännischen Geschäftsverkehr ausnahmsweise objektiver Erklärungsgehalt beigemessen werden, falls nach Lage des Einzelfalls entsprechend der Übung ordentlicher Kaufleute ein ausdrücklicher Widerspruch zu erwarten gewesen wäre401. Mit einem solchen Widerspruch darf der Unternehmer im Regelfall aber nicht rechnen402. Auf die Zusendung von Abrechnungen wird ein HV allenfalls dann mit einem Widerspruch reagieren, wenn er begründete und detaillierte Einwendungen gegen die Abrechnungen erheben kann. Keinesfalls ist er zu einer prophylaktischen Erhebung des Widerspruchs gezwungen403. Der BGH war in dieser Frage zunächst zurückhaltend und hat strenge Anforderungen 105 an einen Annahme- oder Verzichtwillen gestellt404. Später hat er die Anforderungen gelockert und angenommen, ein durch widerspruchslose Hinnahme von Provisionsabrechnungen begründetes Anerkenntnis der Abrechnung könne ausnahmsweise bei außergewöhnlich umsatzstarken und – wie man ergänzen darf – geschäftserfahrenen HV, die nach seinerzeitigem Recht Vollkaufleute waren, unterstellt werden405. Im Fall des BGH hatte der HV, Inhaber einer vollkaufmännischen Agentur, sich Jahre hindurch mit der Entgegennahme von Rechnungen und Durchschlägen der zugrunde liegenden Auftrags-

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 65. Küstner/Thume I Rn 1425; Martinek/Flohr § 9 Rn 16. BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; Emde MDR 1996, 331 (332); Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21, 32; aA LG Wiesbaden, VW 1998, 1218; Segger VersR 2004, 781 (782). OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245.

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BGH WM 1957, 213 (214); Emde MDR 1996, 331 (332). OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Köln NJW 1960, 1669; AG Lüdinghausen NJW-RR 1992, 885. Emde MDR 1996, 331 (332). Emde MDR 1996, 331 (332). BGH BB 1961, 424. BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434.

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bestätigungen begnügt. Die Forderung nach Information bildete daher mglw. einen Missbrauchsfall. Nachdem der BGH406 in einem weiteren Urteil, in welchem erneut für das Einverständnis des HV mit diesem Modus der Abrechnung und sein Einiggehen mit ihren Ergebnissen eine eindeutige Erklärung gefordert wurde, den singulären Charakter der ersten Entscheidung betonte, hat er sich von ihr zwischenzeitlich klar distanziert und ausgedrückt, regelmäßig sei Schweigen schon im Lichte der zwingenden Natur der Auskunftsrechte (§ 87c Abs. 5) kein Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen407. Es bedarf daher einer ausdrücklichen Willenserklärung, um eine Provisionsabrechnung anzuerkennen408. Mithin wird durch die jahrelange Hinnahme der Provisionsabrechnungen und jahrelanges Schweigen nicht auf weitere Informationsrechte verzichtet409. Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem HV um eine GmbH mit erheblichen Umsätzen handelt410. Unrichtig ist daher die Auffassung des OLG Saarbrücken411, Schweigen vollkaufmännischer HV auf die Zusendung von Provisionsabrechnungen sei generell als Genehmigung zu werten. Da die meisten Vertreter Vollkaufleute waren, verkehrte sich sonst die Regel, Schweigen sei keine Willenserklärung, zur Ausnahme412. Nach Ansicht des LG Mannheim soll die jahrelange widerspruchslose Entgegennahme 106 geringerer als der vertraglich vereinbarten Provisionen durch einen Versicherungsvertreter und dessen rügelose Entgegennahme der monatlichen Abrechnung des Versicherers entsprechend dem Rechtsgedanken des § 362 als Annahme eines Antrags des Versicherers zu werten sein, die ursprünglich vereinbarten Provisionssätze zu kürzen. Dem stehe auch eine Schriftformklausel nicht entgegen, weil sie durch konkludentes Verhalten abgeändert werden könne413. Dieses Judiz dürfte im Spannungsverhältnis zur vorgenannten BGH-Rechtsprechung zu § 87c Abs. 5 stehen, weil mit der konkludenten Einigung über das Hauptrecht der HV auch seinen Anspruch auf die nach jener Vorschrift zwingenden Hilfsrechte verliert.

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BGH DB 1982, 376. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 33; Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; NJW 1996, 588; siehe hierzu Emde MDR 1996, 331 ff; EWiR 1999, 327/328; Kukat DB 2002, 1646; ebenso OLG Hamburg, BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). BAG AP § 87c HGB Nr. 13 u. 18; BGH BB 1961, 424; DB 1982, 376 = MDR 1982, 378; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Lindner/Stötter/Karrer a.a.O., S. 175. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 33; Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 01.07.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); OLG

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Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde); Westphal I Rn 629; Martinek/Flohr § 9 Rn 17; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 50; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21, 44; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 14 mit Hinweis auf eine angeblich abweichende Handhabung unterer Instanzen; aA LG Wiesbaden VW 1998, 1218 (widerspruchslose Hinnahme der Abrechnungen über 1 1/2 Jahrzehnte schädlich; OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017; Behrend NJW 2003, 1563 (1565); Segger, VersR 2004, 781 (782); Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18. OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). DB 1985, 2399 = HVR Nr. 611; siehe jetzt aber OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. Emde MDR 1996, 331 (333). LG Mannheim, Urt. v. 10.12.2004 – 23 O 89/04, VersR 2005, 1532.

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b) Vertragliche Regelungen zur Abrechnung. Die Anerkennung des Provisionsanspruchs 107 nach erfolgter Abrechnung schließt die weiteren Kontrollrechte aus414 Der HV darf dann grundsätzlich (Ausnahme etwa: Kondiktion des Anerkenntnisses) keine über das Anerkenntnis hinausgehenden Provisionen fordern. Mit dem Provisionsrecht als Hauptrecht entfallen als Hilfsrechte auch die Kontrollrechte des § 87c415. Unternehmer haben daher ein hohes Interesse daran, eine solche bindende und Nachforderungs- und Kontrollrechte ausschließende Einigung herbeizuführen. Gerade deshalb ist sie einer besonders strengen Kontrolle, insbesondere einer Billigkeitskontrolle, zu unterziehen. Die von Unternehmern gewünschte bindende Einigung kann nur durch ein informiertes, individuelles Anerkenntnis des HV zustande kommen. Wird die Abrechnung vom HV als vollständig und richtig anerkannt, nimmt der HV den Antrag auf Abschluss eines negativen Schuldanerkenntnisses nach § 397 BGB an416. Möglicherweise wird die ursprüngliche Provisionsschuld auch durch eine Forderung aus dem Anerkenntnisvertrag ersetzt und für jene sind keine Kontrollrechte nach § 87c vorgesehen oder auch nur erforderlich. Ein bloßer Bestätigungsvermerk auf der Abrechnung reicht jedoch nicht ohne weiteres aus, um ein negatives Schuldanerkenntnis anzunehmen. Vielmehr muss das Anerkenntnis eindeutig gewollt sein. Um anerkannt zu werden, muss die Annahme des HV unmissverständlich, vollständig informiert, individuell und ohne unbilligen Druck erfolgt sein417, wofür dem Unternehmer die Beweislast obliegt. In der Praxis gibt es solche Vereinbarungen kaum. Nach wirksamen Anerkenntnis der Abrechnung kann der HV keine weiteren Provi- 108 sionen fordern, die erkennbar in der Abrechnung enthalten sein müssten. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Parteien durch das Anerkenntnis auf alle Einwendungen, auch auf ihnen zur Zeit ihrer Erklärung unbekannte, verzichten wollen418. Stellt sich nach Anerkennung der Provisionsabrechnung ihre Unrichtigkeit heraus, darf die sich irrende Partei das erteilte Schuldanerkenntnis gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB kondizieren419, wenn sie sich in einem Irrtum über die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung befand. Ihr obliegt dann der Beweis für die Voraussetzungen der Kondiktion, nämlich ihren Irrtum, die Unkenntnis von der Unrichtigkeit sowie – dies allerdings bereits in Übereinstimmung mit der allgemeinen Beweislastverteilung – für das Bestehen eines nach Kondiktion etwa geltend gemachten Rechtes, z.B. des Provisionsanspruches420. Ein Anerkenntnis nimmt den Parteien folglich nicht uneingeschränkt die Berufung auf ihnen zur Zeit seiner Abgabe unbekannte Einwände, wie beispielsweise die Behauptung, sie hätten erst im Rahmen einer späteren Überprüfung der Gesamtprovision die Unrichtigkeit einzelner Abrechnungen erkannt421.

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BGH LM § 87c HGB Nr. 3; OLG Nürnberg BB 1966, 877. Küstner/Thume I Rn 1427. Kukat DB 2002, 1646; Küstner/Thume I Rn 1425; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21. BGH WM 1957, 213 (215); Lindner/Stötter/ Karrer Die Provision, 1973, S. 176; Emde MDR 1996, 331. Vgl. RG JW 1910, 1200 Nr. 9; BGH WM 1957, 213 (214) (speziell zur Provisionsabrechnung); WM 1958, 1157 (1158); Küstner/

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Thume I Rn 1425; Martinek/Flohr § 9 Rn 16; Baumbach/Hopt § 351 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 22; MünchKommBGB/Lieb § 812 Rn 312; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c; Staudinger/Lorenz § 812 Rn 11; Küstner/Thume I Rn 1428. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 01.07.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; Emde MDR 1996, 331; Küstner/Thume I Rn 1426; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 17b; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 22. Emde MDR 1996, 331.

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Eine bindende Einigung kann ferner entstehen, indem sich HV und Unternehmer individualvertraglich und periodisch nach Erhalt der Abrechnung über die Richtigkeit der Abrechnung einigen, ein allerdings recht umständlicher Weg. Viele Unternehmer sehen gleichwohl in ihren Verträgen eine entsprechende Verpflichtung des HV zum Anerkenntnis vor. Nach Abgabe des Anerkenntnisses steht Richtigkeit der Abrechnung zwischen den Parteien fest und darf vom Vertreter nicht mehr bestritten werden. Mit der Einigung sind die in der Abrechnung niedergelegten Provisionen zwischen den Parteien bindend vereinbart und die in § 87c geregelten Hilfsrechte können nicht mehr geltend gemacht werden422.

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c) Vereinbarung einer Prüfungsobliegenheit. Offen ist, ob der HV durch den Unternehmer verpflichtet werden kann, Durchschriften der ihm erteilten Abrechnungen innerhalb einer bestimmten Frist, etwa von zwei Wochen nach Zugang, zu prüfen und solche mit einem Bestätigungsvermerk (Annahmeerklärung, negatives Schuldanerkenntnis) oder evtl. Einwendungen an den Unternehmer zurückzusenden423. Die Verpflichtung müsste ggf. durch Klage auf Abgabe einer Willenserklärung, § 894 ZPO, oder durch Drohung mit fristloser Kündigung durchgesetzt werden424. Der BGH hat den Parteien eines Vertretervertrages ausdrücklich gestattet, sich mit informationspflichtbeendender Wirkung über den Inhalt der Provisionsabrechnung zu einigen425. Bestritten wird teilweise, dass die vom HV unterzeichnete Provisionsabrechnung ein negatives Schuldanerkenntnis darstellt426. Vor allem aber steht eine solche Vereinbarung im Spannungsverhältnis zum Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 87c Abs. 5, bei Vereinbarung durch AGB weiter mit dem gesetzlichen Leitbild iSd § 307 BGB427. Richtig dürfte sein, dass eine solche Vereinbarung als AGB geregelt problematisch ist. Denn der HV unterliegt zumindest bei kurzer Prüfungszeit einem unangemessenen Druck, schnell zu prüfen und anzuerkennen, und das oft ohne hinreichende Kontrollmöglichkeiten. Für die Unwirksamkeit spräche also die meist recht kurze Prüfungsfrist428, zudem die dem Anerkenntnis folgende Umkehr der Beweislast zum Nachteil des HV, welche bei Entfallen des Provisionsrechts infolge des Anerkenntnisses auch die Informationsrechte als Hilfsansprüche entwertet und damit die Anspruchsdurchsetzung unbillig erschwert429. Meist ist der HV ohne den Buchauszug nicht zur Prüfung imstande, so dass ein Ausschluss des Kontrollrechts schon aus diesem Grunde unbillig sein könnte. Jedenfalls wäre dem HV auch bei abstrakt-genereller Betrachtung eine hinreichende Prüfungszeit zu gewähren. Wegen § 87c Abs. 5 kann wahrscheinlich auch im Rahmen eines Individualvertrages nichts Abweichendes gelten430. Denn auch dort bleibt die wertsetzende Bedeutung des Abs. 5 und der faktische Druck einer ordentlichen Kündigung bei fehlender „Rückmeldung“ zumindest im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 242 BGB zu beachten, wenn nicht sogar Nichtigkeit nach Abs. 5, § 134 BGB eintritt. Die Frage ist jedoch noch nicht ausdiskutiert. Zugunsten des Unternehmers streitet sein verständlicher Wunsch nach Rechtssicherheit. Ein vom HV trotz dieser Bedenken erklärtes Anerkenntnis bleibt zunächst wirksam, könnte jedoch mit entsprechender Begründung kondiziert werden. 422 423 424 425 426 427

Küstner/Thume I Rn 1428. Dafür Küstner/Thume I Rn 1428; unentschieden Emde MDR 1999, 1108 (1113). Emde MDR 1999, 1108 (1113). BGH MDR 1996, 372 (373). OLG Hamm, Urt. v. 15.09.2000 – 35 U 4/00, VersR 2001, 1106. Emde MDR 1999, 1108 (1113); Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 17a.

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Siehe insoweit bereits Emde MDR 1999, 1108 (1113). AA noch Emde MDR 1999, 1108 (1113). Emde EWiR 1999, 328; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 17a: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32.

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d) Vertragliche Vereinbarung eines Anerkenntnisses „durch Schweigen“. Noch weit- 111 gehender versuchen Unternehmer in Abweichung von dispositivem Recht im HV-Vertrag zu vereinbaren, Schweigen des HV auf die Abrechnung solle als deren Genehmigung angesehen werden. Dies stellt sich als unzulässige vertragliche Festlegung einer Willensfiktion dar. Nach ganz herrschender Ansicht kann schon wegen Abs. 5 auch durch Individualvertrag nicht vereinbart werden, Schweigen auf eine Abrechnung solle als deren Anerkenntnis gelten431. Zwar kann ein negatives Schuldanerkenntnis formfrei erklärt werden, so dass es auch in schlüssigem Verhalten und theoretisch sogar im Schweigen des Vertreters gefunden werden kann. Ist die in Frage stehende Abrede Teil eines Formularvertrages, so ist sie bereits gemäß §§ 307, 308 Nr. 5 BGB wegen der Abweichung vom Leitbild der ausdrücklichen Willenserklärung unwirksam. Das gilt sicher, sofern dem HV keine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und der Verwender sich nicht verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Diese Wertung gilt auch im Rahmen des § 307 BGB432. Die Entscheidung des LG Frankfurt/M.433, welches für diesen Fall ein besonderes Interesse des Unternehmers anerkannte, rasche und klare Verhältnisse zu schaffen, ist zweifelhaft. Im Übrigen gelten die oben, Rn 110, genannten Erwägungen zum Billigkeitsmaßstab entsprechend. Die Regelung, der HV erkenne Buchungen durch den Unternehmer an, wenn er nicht binnen 14 Tagen nach Zugang Einwendungen erhebe, verstößt daher gegen Abs. 5 und kann den Anspruch des HV auf Erteilung des Buchauszugs nicht ausschließen434. Die Frage bleibt jedoch umstritten. Das OLG Naumburg435 war nämlich der Ansicht, 112 habe der HV jahrelang sein vertraglich eingeräumtes Widerspruchsrecht gegen die vom Unternehmer erteilten Abrechnungen nicht ausgeübt, so trete auf Grund der Kontokorrentabrede der Saldoanspruch an Stelle der Einzelansprüche. Der HV müsse das Anerkenntnis als rechtsgrundlos zurückfordern und die Voraussetzungen des Rückforderungsrechtes darlegen und beweisen. Das OLG Saarbrücken436 hat eine derartige Klausel bei Verwendung gegenüber nach damaligem Recht vollkaufmännischen HV für wirksam gehalten, wohl vor dem Hintergrund der seinerzeit noch nicht aufgegebenen BGH-Rechtsprechung (Rn 105)437. Da die meisten HV Vollkaufleute alten Rechts waren, würde die Ausnahme zur Regel. HV haben kaum Mittel, die Streichung der Regelung zu erzwingen. Kein Vertriebsmittler wird den Vertragsabschluss an der Weigerung des Unternehmers scheitern lassen, die in Frage stehende Klausel aus dem Vertrag zu entfernen438. Auch deshalb kann der Ansicht des OLG Saarbrücken439 nicht beigetreten werden. Die hier behandelte Klausel beschränkt die Rechte des HV schon bei ihrer Entste- 113 hung440. Die vorweggenommene Bestimmung des Schweigens als Genehmigung stellt sich damit wie eine gemäß § 87c Abs. 5 unzulässige Beschränkung der Informationsrechte 431

BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 23; BGH, Urt. v. 20.02.1964 –VII ZR 147/62; LM Nr. 4a zu § 87c HGB; BAG AP § 87c Nr. 13 u. 18; OLG Hamm, Beschl. v. 12.03.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; OLG München VersR 2004, 470 (471); OLG Karlsruhe BB 1980, 226; OLG Koblenz VersR 1980, 623; LG Karlsruhe DB 1982, 2453 (2454); Emde MDR 1996, 331 (332); Westphal I Rn 630; Martinek/Flohr § 9 Rn 16; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 18; aA OLG Hamm

432 433 434 435 436 437 438 439 440

OLGR 1997, 294; Segger VersR 2004, 781 (782); Küstner/Thume I Rn 1430. Martinek/Flohr § 9 Rn 16. VersR 1998, 1238. OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471). VersR 1999, 578. DB 1985, 2399. BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434. Emde MDR 1996, 331 (332). DB 1985, 2399 = HVR Nr. 611. Westphal I Rn 633.

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dar, weil ohne regelmäßigen Widerspruch des HV insbesondere das Buchauszugsrecht für die Zeit vor Zusendung der letzten unwidersprochenen Abrechnung nicht mehr durchsetzbar wäre441. Zudem ist auch hier nach § 242 BGB der unbillige Druck zu beachten, welchem der HV unterliegt. Um keine ordentliche oder eine gelegentlich unzulässigerweise angedrohte außerordentliche Kündigung zu riskieren, wird der HV schweigen und in vielen Fällen auch dann nicht widersprechen, wenn er den Verdacht unrichtiger Abrechnung hat. Der wirtschaftliche Vorteil des fortlaufenden Vertrages ist höher als der aus einer Provisionsnachforderung. Erst nach Vertragsende kann der HV unbeeinflusst von solchen Erwägungen seine Kontrollrechte durchsetzen. Hielte man die Fiktionsklausel für wirksam, wäre das Kontrollrecht nun ausgeschlossen. Das wäre das falsche Zeichen. Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn die dem HV übersandten 114 Abrechnungsformulare einen ausdrücklichen Hinweis auf die Einordnung des unterlassenen Widerspruchs als Anerkenntnis enthielten. Diese Warnung entkräftet die obigen Argumente nicht. Auch fehlt es hier in der Regel bereits an einer vertraglichen Vereinbarung. Denn die Abrechnungen werden nach Vertragsschluss übersandt, sind also nicht Vertragsbestandteil. Das Schweigen des HV auf die Abrechnungen ist auch nicht Annahme eines ohnehin nicht gewollten Angebotes des Unternehmers auf Vertragsänderung. Zwar haben das LG Saarbrücken442, das AG Lüdinghausen443 sowie das LAG Baden-Württemberg444 aus einem derartigen Warnhinweis geschlossen, in einem solchen Fall bestehe eine besondere Pflicht des HV zu einer Reaktion, so dass sein Schweigen als Genehmigung der Abrechnung ausgelegt werden könne. Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Wegen eines solchen leicht, ggf. sogar formularmäßig, angebrachten Hinweis auf der Rechnung kann nicht das Schweigen zu einer Willenserklärung gewandelt werden445. Im Übrigen widerspricht auch diese Gestaltung dem Unabdingbarkeitsgebot des § 87c Abs. 5.

115

e) Verjährungsverkürzung. Das Risiko des Unternehmers kann daher in erster Linie durch eine (wirksame) Verkürzung der Verjährungsfrist reduziert werden. Wie ausgeführt bestehen die Auskunftsansprüche nur solange, wie Provision gefordert werden kann. Ist Verjährung eingetreten, fehlt ein Provisionsanspruch446. Die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren kann – wohl auch durch AGB447 – reduziert werden. Eine solche Herabsetzung liegt daher im Interesse jedes Unternehmers, um das Druckpotential von Auskunftsansprüchen zu minimieren448.

116

7. Beweislast. Der HV muss einen wirksamen oder zumindest faktisch durchgeführten HV-Vertrag darlegen sowie die Möglichkeit zumindest eines provisionspflichtigen Geschäfts. Dem Unternehmer obliegt der Beweis der Erfüllung, eines Anerkenntnisses des HV oder des Wegfalls des Abrechnungsrechts. An das durch Abrechnung erteilte Anerkenntnis ist der Unternehmer gebunden. Er muss die Unrichtigkeit der von ihm erstellten Abrechnung beweisen. Der HV hat die Unrichtigkeit der Abrechnung nur zur beweisen, falls er das Nichtbestehen weiterer Forderungen wirksam anerkannte. Fordert der Unternehmer bereits ausgezahlte Provisionen zurück, ist er für das Rückforderungsrecht beweispflichtig, und zwar unabhängig davon, ob die Provision in der Abrechnung 441 442 443 444 445

Emde MDR 1996, 331 (332). VersR 1999, 1016. NJW-RR 1992, 885. AP § 87c Nr. 17. Emde MDR 1996, 331 (333).

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448

Emde MDR 1999, 1108 (1112). OLG München OLGR München 1999, 69 = BB 1998, 2445; wohl auch BGH MDR 1991, 115 = BB 1990, 2066. Emde MDR 1999, 1108 (1112).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87c

enthalten sind oder nicht449. Verlangt der HV Provisionen, muss er seinen Anspruch beweisen, wobei es den Beweis erleichtert, wenn er sich auf die Abrechnung des Unternehmers und das in ihr liegende Anerkenntnis berufen kann.

II. Buchauszug ( § 87c Abs. 2) 1. Zweck. Gleich der Abrechnung soll auch der Buchauszug dem HV die Kontrolle 117 aller provisionsrelevanten Vorgänge ermöglichen450. Darüber hinaus soll er ihn in Ergänzung der Abrechnung in die Lage versetzen zu prüfen, ob ihm alle in der Abrechnung erwähnten Provisionen auch wirklich gutgeschrieben wurden451 und helfen, Klarheit über die Provisionsansprüche zu gewinnen452. Der Auszug dient daher der Prüfung, ob die erteilte Provisionsabrechnung richtig und vollständig ist 453 und zwar im Hinblick auf jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft454. Da in der Praxis meist so verfahren wird, dass der HV die Durchschriften etwa der Versandpapiere und der Rechnungen erhält (was eine ausreichende Kontrolle ermöglicht) und zwecks Abrechnung später bloß eine Zusammenstellung der provisionspflichtigen Beträge übermittelt wird, werden Buchauszüge überwiegend erst gefordert, wenn Streit über die Provision entsteht, meist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. 2. Inhalt. Der Buchauszug muss eine auf den Büchern des Unternehmers und den 118 dazu gehörenden Unterlagen beruhende, ins einzelne gehende, auf den Zeitpunkt seiner Erstellung bezogene vollständige Bestandsaufnahme aller455 dem HV provisionspflichtigen Geschäfte, insb. Bezirksgeschäfte sowie vom HV vermittelten Geschäfte zwischen Kunden und Unternehmer über alles enthalten, was für den Anspruch des HV auf Provision456 (gleich welcher Art457), eine ihr gleichstehende umsatz- oder erfolgsabhängige Vergütung458 oder den an ihre Stelle tretenden Schadensersatzanspruch von Bedeutung sein kann459. Mitzuteilen ist allein das, was provisionsrelevant ist. Was provisionsrelevant und folglich mitzuteilen ist, hängt von der zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Vergütungsregelung ab, mangels abweichender Vertragsbestimmungen vom geschriebenen Recht (§§ 87, 87a, 87b)460. Nicht mitzuteilen ist provisionsirrelevantes461. In den Buchauszug müssen alle provisionspflichtigen Geschäfte mit ihrem wesentlichen Inhalt ohne Rücksicht auf den Stand ihrer Abwicklung aufgenommen werden462. Das 449 450 451

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453 454 455

AA Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 17b. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829. BGH NJW 1961, 1059 = BB 1961, 424; Küstner/Thume I Rn 1478; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 38. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 17. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 Rn 13. BGH BB 1964, 409; OLG Hamm DB 1967, 292; Küstner/Thume I Rn 478. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39, 40.

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BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 01.07.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8. Küstner/Thume I Rn 1480; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 40. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 Rn 15; Urt. v. 21.03.2001, VersR 2001, 760 = NJW 2001, 2333 unter II; OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368); OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. Küstner/Thume I Rn 1480.

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Schicksal jedes einzelnen Geschäfts muss sich von seinem Zustandekommen bis zur endgültigen Abwicklung entnehmen lassen463. Im Buchauszug sind auch die Geschäfte anzuführen, die nach § 87a Abs. 3 provisionspflichtig sein können464. Provisionsrelevant sind deshalb alle Geschäftsabschlüsse, für die der Provisionsan119 spruch bis zur Verfestigung nach § 87a erst als bedingter entstanden ist: der HV soll durch den Buchauszug – über die Abrechnung hinaus – darüber vergewissert werden, welches Stadium diese Geschäfte erreicht haben und insbesondere, ob sie bis zur Ausführung – von Seiten des Unternehmers, von Seiten des Dritten – gediehen sind. Er muss den Weg dieser Abschlüsse anhand des Buchauszugs lückenlos verfolgen können. Denn auch bei Nichtausführung des Geschäfts kann der Provisionsanspruch für ihn endgültig entstanden sein (§ 87a Abs. 3, unten Rn 122, 126). Besonders wichtig ist das für den Bezirksvertreter in Ansehung der in den Bezirk fallenden Geschäfte, die er nicht selbst abgeschlossen hat und welche er folglich aus eigener Tätigkeit kennt, und für die Folgeaufträge des § 87 Abs. 1, bei denen der HV ebenfalls nicht tätig geworden zu sein braucht. Schon hieraus erhellt, dass der „Buch“auszug sich nicht auf die Handelsbücher im engeren Sinne des § 238 beschränkt, sondern auch die „sonstigen Urkunden“ (Abs. 4), insbesondere die Korrespondenz mit den Kunden darzustellen hat. Anders als es der Wortlaut des § 87c Abs. 2 nahe legt („über alle Geschäfte …, für 120 die ihm nach § 87 Provision gebührt“) beschränkt sich der Inhalt des Auszugs nicht auf Informationen über Geschäfte, für welche gemäß der gesetzlichen Regelung in § 87 Provision zu zahlen wäre, sondern muss auch über ggf. vertraglich versprochene und über § 87 hinausreichende leistungsabhängige oder aus sonstigen Gründen möglicherweise variierende Vergütung informieren465. Denn wie oben dargelegt (Rn 11 ff) ist der Begriff der Provision oder der Provisionsrelevanz als Inhaltsbeschreibung der zu erteilenden Informationen im Rahmen des § 87c weit zu verstehen. Welche Informationen im Einzelnen zu erteilen sind, hängt vom konkreten Vertragsverhältnis ab466. Deshalb kann es sehr auf die Details des Falles ankommen, ob eine bestimmte Information mitzuteilen ist. Was in einem Fall als provisionsrelevant zu übermitteln war, braucht in einem anderen Fall nicht provisionsrelevant sein. Der Buchauszug hat alle aus den Büchern und sonstigen maßgeblichen Informations121 quellen ersichtlichen Angaben zu umfassen, die auf den Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung der Provision, ihrer Höhe und ihrer Fälligkeit von Belang sind467. Die im Zeitpunkt der Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten geschäftlichen Verhältnisse und Einzeldaten468 müssen dabei vollständig469 in geschlossener Darstellung470 sowie in klarer, geordneter471, systematischer und über-

463 464 465 466 467

468 469

OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035). Hopt § 87c Rn 13. BGH DB 2001, 1409. BGH DB 1964, 583; DB 1982, 376; OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U

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126/09, BeckRS 2010, 02542; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 Rn 13; Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542.

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sichtlicher Form widergespiegelt werden472, soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen473. Nur dann kann der Buchauszug seinen Zweck erfüllen, dem HV über seine Provisionsansprüche Sicherheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen474. Der Buchauszug ist vollständig, sobald ein „Spiegelbild der Geschäftsbeziehungen“ zwischen Unternehmer, Kunden und Vertreter475 mit einer aus sich selbst heraus verständlichen Übersicht476, Gliederung und Logik, welche in übersichtlicher Weise eine Zusammenstellung der Geschäftsbeziehungen gibt, übermittelt wird (Rn 118). Generelles darf vorweg „vor die Klammer“ in einem Begleitschreiben genannt werden477, Abkürzungen verwendet werden, soweit die Übersichtlichkeit nicht leidet478. Ein Anspruch auf Mitteilung in Form einer tabellarischen Übersicht besteht nicht, 122 solange auch ohne eine solche eine geordnete Darstellung gewahrt bleibt479. Die ungeordnete Übermittlung von Kopien, insbesondere Aktenordnern mit Auftrags- und Rechnungskopien480 oder Kontokorrentbüchern481 bildet keinen Buchauszug482. Da der Auszug aus sich heraus verständlich werden muss, genügt keine Verweisung auf die erteilten Abrechnungen, und noch weniger auf früher übersandte Auftrags- und Rechnungskopien. Die „Verweisung“ müsste schon, wenn man sie überhaupt für zulässig hält, mindestens mit einer gesonderten Aufstellung verbunden werden, die alle erforderlichen Angaben enthält und die die provisionspflichtigen Rechnungsbeträge vollständig auflistet dergestalt, dass Rechnungen und Rechnungsbeträge ohne Schwierigkeit einander zugeordnet werden können483. Folglich genügt es nicht, wenn der Buchauszug im Wesentlichen aus erteilten Abrechnungen484 zusammengesetzt wird, weil das Buchauszugsrecht zusätzlich zum Abrechnungsrecht besteht und bei einer gesammelten Übermittlung von Abrechnungen nichts zusätzliches geliefert wird. Die Erfüllung des Abrechnungsrechts nach Abs. 1 erfüllt also nicht das Buchauszugsrecht nach Abs. 2, weil Abs. 2 sonst systematisch überflüssig wäre und keinen eigenen Inhalt hätte. Anders als bei der Abrechnung sind in den Auszug zudem alle erst bedingt entstandenen Provisionsansprüche aufzunehmen (Rn 110)485, um dem HV einen vollständigen Überblick über Stand, Stadium und Weg der Geschäfte zu geben, weshalb die Übermittlung von Abrechnungen den Buchauszug gleichfalls nicht substituieren kann. 472

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BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 Rn 13; OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 40; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 8b. OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; Kukat DB 2002, 1646 (1647); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41. BGH WM 1982, 152 (153); 1989, 1073 (1074); NJW 2001, 2333; OLG München, NJW-RR 2002, 1034 (1035). OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; Holling BB 1959, 687 (688); Küstner/Thume I Rn 1480.

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OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 21. OLG Hamm BB 1965, 1047. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 24. BGH DB 1982, 376. OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.07.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7, 8b.

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§ 87c 123

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Es ist nicht Aufgabe des HV, sich aus einer Vielzahl ggf. ungeordnet übermittelter Informationen die verwertbaren Fragmente, etwa aus dem Intranet des Unternehmers486, herauszusuchen oder zu einem eigenen Buchauszug zusammenzustellen487. Insbesondere braucht sich der HV nicht darauf verweisen zu lassen, die ihm übersandten Unterlagen selbst chronologisch zu ordnen und aufzubewahren, um sich daraus die für die Nachprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Informationen zusammenzusuchen488. Vielmehr muss der Unternehmer den Buchauszug zusammenstellen und darf jene Aufgabe nicht dem HV überbürden489. Dazu kann bei einem sehr erheblichen Umfang des zu erteilenden Buchauszuges eine rechnergestützte Zusammenstellung in Dateiform490 oder eine pdf-Datei491 erforderlich sein. Um der Kontrollfunktion zu genügen ist vielfach die Übermittlung von Kopien der maßgeblichen Dokumente nötig492; jedenfalls spricht im Regelfall nichts dagegen, dem Auszug Abdrucke von Auftrags- und Rechnungsunterlagen beizufügen, die ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können493. Hat der Unternehmer auf einen Aktenordner Bezug genommen, wird sein Inhalt Teil des Buchauszugs und unterliegt den Anforderungen, die hinsichtlich Klarheit, Ordnung und Übersichtlichkeit an einen Buchauszug zu stellen sind494. Bloße EDV-Listen oder Datensammlungen sind oft nicht kontrollfähig. Allerdings ist immer der Zweck des Anspruchs im Auge zu behalten: Es soll kontrolliert werden, ob und auf welche Weise provisioniert wurde. Nicht dagegen soll die gesamte Geschäftskorrespondenz übermittelt werden. Ggf. mag der HV ergänzende Dokumente nach Abs. 3 anfordern. Jedoch genügt die Übersendung von EDV-Listen, wenn sich das Maßgebliche aus ihnen ergibt. Entscheidend ist immer, ob das Gelieferte der Kontrollfunktion gerecht wird und die Verkehrskreise zur Kontrolle umfangreichere Informationen erwarten würden. Hinsichtlich der Darstellungsweise besteht ein Ermessensspielraum des Unternehmers, soweit die geschäftlichen Vorgänge klar und übersichtlich dargestellt wurden. Es ist nicht gerechtfertigt, den Unternehmer auf eine bestimmte Form zu verpflichten495 und ihm die Freiheit zu nehmen, unter mehreren gleich geeigneten und zulässigen Darstellungsweisen die für ihn (kosten)günstigere und weniger lästige zu wählen496. Es hängt von Art und Umfang der anzugebenden Tatsachen ab, in welcher Form dies zu erreichen ist497. An der erforderlichen Klarheit und Ordnung mangelt es etwa: – Wenn der HV Warenart und -menge und die Stückpreise dem mit Auftragsbestätigungen bezeichneten Ordner ZV B7 entnehmen, für die Ermittlung des Umfangs der Teil486 487

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OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425); OLG Düsseldorf, MDR 2000, 167; Kukat DB 2002, 1646 (1648); Hopt § 87c Rn 14. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 Rn 24 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner; BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39. OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401. LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.07.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). AA möglicherweise Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8b:

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493 494 495 496

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Belege und Unterlagen seien nicht geschuldet. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 Rn 13. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 Rn 13; v. 29.10.2008 – VIII ZR 2005/05, NJW-RR 2009, 821 Rn 14; v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, NJW-RR 2007, 246 Rn 17; v. 21.03.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 (2336) = EWiR 2001, 631 (Emde); LG Köln, Beschl. v. 23.12. 2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517. BGH, Beschl. v. 10.02.2009 – VIII ZR 205/05, BeckRS 2009, 06497.

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lieferungen auf die Anlagenordner ZV B2, ZV B10a und b zugreifen und wegen ergänzender Informationen zu Differenzen zwischen Auftragswert und Lieferwert nach Spalte 22 der Übersicht den Ordner ZV B3 heranziehen muss und dabei die Reihenfolge der Übersicht, die alphabetisch nach den Namen der Kunden geordnet ist, von der Reihenfolge der Unterlagen abweicht, die fortlaufend nach den Nummern der Auftragsbestätigungen und Rechnungen sowie nach Ordnungsnummern sortiert sind498. Einzelheiten: 124 Bezirksvertreter: In den Buchauszug eines Bezirksvertreters sind alle provisionspflichtigen Geschäfte im Bezirk des HV aufzunehmen499, also auch Direktgeschäfte des Unternehmers500 oder anderer HV, wenn hierfür die Provision nicht ausgeschlossen wurde501 Excel-Tabellen können eine geordnete Darstellung der geschuldeten Angaben bieten502 Inkassoprovision: Sie ist aufzunehmen Mehrstufiges Vertriebssystem: Im mehrstufigen Vertriebssystem gehört in den Buchauszug eines HV alles, was sich in den Büchern des Unternehmers über die von anderen HV, etwa echten Untervertretern, herbeigeführten Geschäfte befindet, soweit der den Buchauszug Fordernde erfolgsabhängige Vergütung für die Tätigkeit dieser anderen Vertreter erhält503 Mobilfunkvermittler: Monatsabrechnungen und Listen mit Namen und Adressen der Kunden, für die Kartenverträge über Mobilfunkteilnehmerverhältnisse abgeschlossen worden sind, erfüllen nicht die Anforderungen an einen Buchauszug, sofern die notwendigen Angaben nicht in der erforderlichen Weise klar und übersichtlich dargestellt sind504 Rahmenvertrag: Einzellieferungen in Ausführung eines Rahmenvertrages können in einer Excel-Tabelle mit Rahmenvertragnummer, Artikelnr., Kunden-Artikelnr., Teilebezeichnung und Lieferscheinmenge gekennzeichnet werden. Der jeweilige Auftragsinhalt ist hierdurch hinreichend benannt, sofern die Rahmenverträge vorliegen505 Versicherungsvertreter: Versicherungs- und Bausparvertreter dürfen einen Buchauszug fordern506. Der Buchauszug muss alles enthalten, was für den Provisionsanspruch nach den §§ 92, 87, 87a von Bedeutung sein kann (Details Rn 127)507. Sämtliche Versicherungs- und Bausparverträge, hinsichtlich derer eine Mitwirkung des HV bei ihrem Abschluss oder ein Provisionsanspruch aus sonstigem Grund, zum Beispiel eine Superprovision des Hauptvertreters, in Betracht kommt, müssen im Auszug genannt werden508. Ihr Schicksal ist mit allen für den Provisionsanspruch erheblichen Tatsachen bis zu dem Zeitpunkt zu dokumentieren, in welchem die für die Provision maßgebliche Prämie nach § 92 Abs. 4 gezahlt und der Provisionsanspruch endgültig und bedingungslos entstanden ist. Bei Nichtzahlung der Prämie muss die sich aus den Büchern ergebende Nachbearbeitung im Einzelnen vollständig wiedergegeben werden. Angaben zur provisionsunabhängigen Vergütung braucht der Buchauszug nicht zu enthalten509.

498 499 500 501 502 503

BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 Rn 15. Küstner/Thume I Rn 1478, 1488; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8. BGH ZIP 1996, 129 (131); Küstner/Thume I Rn 1479; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8b. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06. BeckRS 2007, 17218. BGHZ 56, 290; Emde MDR 1999, 1108 (1109 ff); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40.

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OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218. BGH ZIP 2001, 876; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911, OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 59. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 59. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 59. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 59.

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Auch über Bestands- und Verwaltungsprovisionen muss der Buchauszug informieren. Die regelmäßige Provisionsabrechnung ersetzt auch hier den Buchauszug nicht510 – Vertragsbedingungen: Um vertraglichen Grundlagen eines vermittelten Vertrages darzulegen, genügt die Übermittlung von Kopien dieses Vertrages511. Die Erteilung des Buchauszuges enthält keine Vorwegnahme der Entscheidung, ob das 125 in ihn aufgenommene Geschäft provisionspflichtig ist oder nicht. Bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen HV und Unternehmer, gehören die Angaben zu den im Streite stehenden Geschäften in den Auszug512, ebenso bei nur möglicher Provisionspflicht513, z.B. weil ein Geschäft bisher, wie die Übersendung der Durchschriften einschlägiger Buchungsunterlagen zeigt, als provisionspflichtiges behandelt worden war514. Ein Streit über die Provisionspflichtigkeit soll angeblich nicht im Buchauszugsverfahren auszutragen sein515, und es soll abweichend von dem Grundsatz, dass bei Entfallen des Provisionsrechts kein Kontrollrecht gegeben sei, keine volle Aufklärung über die Existenz des Provisionsanspruchs als Hauptrecht erforderlich sein (zweifelhaft). So soll bei einer auf erster Stufe geltend gemachten Buchauszugsforderung kein Beweis über ein Entfallen des Provisionsrechts erhoben werden516. Der Buchauszug soll dem HV seine eigene Beurteilung und Entschließung ermöglichen. Zweifelsfälle517 oder streitige Geschäfte518 sind aufzunehmen. Ggf. mag der Unternehmer einen Vorbehalt erklären519. Denn ohne Nennung zweifelhafter oder strittiger Fälle könnte der HV ihre Behandlung durch den Unternehmer nicht kontrollieren, was aber gerade Sinn des Auszugs ist520. Nur zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte brauchen nicht genannt zu werden521. Enthalten sein müssen Angaben zu Geschäften, für die nach § 87a Abs. 2 die Provisionspflicht nachträglich wieder entfallen ist; denn die Feststellung, dass „der Dritte nicht leistet“, kann nicht einseitig vom Unternehmer durch Nichtaufnahme des Geschäfts in den Buchauszug getroffen werden. Ist eine Gruppe von Geschäften deshalb nicht in den Buchauszug überführt worden, weil der Unternehmer insoweit die Provisionspflicht bestreitet, so darf der HV einen Buchauszug über diese Gruppe verlangen und auf die Erteilung klagen522. Der Unternehmer hat sogar über vertragswidrig abgeschlossene Geschäfte durch den Buchauszug Aufschluss zu geben, z.B. wenn er dem HV ein Alleinverkaufsrecht zugesagt, aber trotzdem in dessen Bezirk eigene Verkäufe abgeschlossen hat523. Gerade auch für den möglichen Streitfall 510

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Seetzen WM 1985, 216; OLG Hamburg BB 1997, 1329 (1330); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 59. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218. OLG Köln VersR 2003, 1126; Küstner/ Thume I Rn 1483, 1485; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 73; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87c Rn 39, 51; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6, 8b. OLG Düsseldorf DB 1971, 1857. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; OLG München BB 1964, 698. OLG Köln VersR 2003, 1126. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218.

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OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747. Küstner/Thume I Rn 1486. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); Hopt § 87c Rn 13; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 39; Küstner/Thume Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 1, 3. Aufl. 2000, Rn 1484, 1486. OLG Dresden OLGE 27 326. RG JW 1917, 1566; vgl. auch RGZ 92, 201.

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sind solche Aufschlüsse notwendig; ist z.B. in einem Agenturvertrag die Provisionspflicht auf die „regulären“ Geschäfte beschränkt, so muss der Buchauszug erkennen lassen, welche Geschäfte der Unternehmer als „irregulär“ angesehen hat. Insbesondere ist im Buchauszug, etwa in zeitlicher Reihenfolge524, Folgendes mitzu- 126 teilen525, wobei für jeden Geschäftsvorgang eine in sich geschlossene Darstellung erforderlich526 ist: – Alle zur Ausführung gelangten provisionspflichtigen Geschäfte, gleichviel ob sie durch die Tätigkeit des HV zustande gekommen oder ohne solche Tätigkeit provisionspflichtig sind (z.B. Nachbestellungen, direkte Abschlüsse mit bezirksangehörigen Kunden eines Bezirksvertreters527) – Genauer Name und präzise Anschrift des Kunden528. Kundennummern allein dürfen nur verwandt werden, falls sie dem HV bekannt sind529. Teilweise wird die volle Anschrift der einzelnen Auftraggeber nicht für erforderlich gehalten, sofern der Sitz der Firma angegeben ist, jedenfalls bei begrenzter Anzahl von Auftraggebern. Jeweils auch die Straßenbezeichnung zu verlangen wäre deshalb rechtsmissbräuchlich530. Provisionsrelevant ist die Adresse jedenfalls dann, wenn die Provisionspflicht davon abhängt, ob der Kunde seinen Sitz im Gebiet/Bezirk des HV hat. Fehlt es an der Provisionsrelevanz der Adresse wird sie gleichwohl oft zur genauen Identifizierung des Kunden erforderlich sein und aus diesem Grund mitgeteilt werden müssen – Kundennummer (sofern vorhanden)531 – Wesentlicher Inhalt des Kundenvertrages532, insbesondere die nachstehenden Informationen – Datum der Auftragserteilung533/des Vertragsschlusses und Auftragsnummer534 – Umfang des erteilten Auftrages535 524 525 526 527 528

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Kukat DB 2002, 1646 (1647). Kukat DB 2002, 1646 (1647). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40. OLG Nürnberg BB 1966, 265. OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Küstner/Thume I Rn 1481; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 69; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a, 7; aA Segger VersR 2004, 781 (782); auch OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367, aber nur wenn der Auszug die jeweilige Kundenr. nennt. OLG Düsseldorf MDR 1958, 42; Küstner/ Thume I Rn 1481; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a.

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OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218. OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG Hamm, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/ Thume I Rn 1481; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/Thume I Rn 1481.

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– Datum der Auftragsbestätigung536. Nach aA brauchen Datum und Inhalt von Auftragsbestätigungen nicht mitgeteilt zu werden537. Einzelheiten der Auftragsbestätigungen müssen nicht mitgeteilt zu werden, sofern sie nicht von den Bestellungen abweichen538 – Datum der Lieferungen539 bzw. Teillieferungen540 – Art und Menge der Lieferungen541 bzw. Teillieferungen542 – Nachbestellungen – Angabe zu schwebenden Geschäften543: Hierbei handelt es sich i.S.v. § 87 erst bedingt provisionspflichtige Geschäfte. Sie sind in den Auszug aufzunehmen, selbst wenn das Ergebnis hinsichtlich der Provisionspflicht noch aussteht. Gerade insoweit können sich Streit und Zweifel ergeben, und es besteht für den HV ein Bedürfnis, für seine Prüfung und Beurteilung eine sachgemäße Unterlage zu erhalten. Es wäre unbillig, die Entscheidung darüber, ob diese Geschäfte als provisionspflichtig in den Buchauszug aufzunehmen sind, dem Unternehmer allein zu überlassen544 – Datum und Nummer der Rechnung545 bzw. der Rechnungen bei Teillieferungen546 (die Kontrollfähigkeit hinsichtlich der Rechnungen ist gerade Zweck des Buchauszuges, werden die Rechnungen nicht identifiziert, wird der Kontrollzweck verfehlt) – Preis, Rechnungsbetrag (Netto/Brutto)547 536

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OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; Küstner/Thume I Rn 1481; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 69; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20; jedoch nicht, falls Auftragsbestätigungen nicht gefertigt werden (OLG München, Urt. v. 21.04. 2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367). OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218; Mitteilung aber, wenn das Datum provisionsrelevant ist (OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422). OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Düsseldorf, MDR 2000, 167; OLG Hamm, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Nürnberg, BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/ Evers); Küstner/Thume I Rn 1481; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Hamm, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/Thume I Rn 1481; Hopt § 87c Rn 15; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 20; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40.

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OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492, 2493 Rn 18; OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; DB 1964, 698. Düringer/Hachenburg § 91, 2; SchmidtRimpler S. 171; Apt Gutachten der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin: N. S. I 64. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; Küstner/ Thume I Rn 1481; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20; aA OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/Thume I Rn 1481; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 69; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; NJW-RR 2002, 1034, 1035; OLG Hamm, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/Thume I Rn 1481; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a.

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– Gewährte Nachlässe, Skonti, Rabatte548, Gutschriften549 und Preisnachlässe550, wobei diese einem bestimmten Kundengeschäft zuzuordnen sind551 – Datum der Zahlung552, des Zahlungseingangs553 bzw. der Einzelzahlungen554, aber nicht, wenn § 87 Abs. 2 abbedungen wurde und damit das Datum des Zahlungseinganges provisionsirrelevant ist555 – Gründe der Nichtleistung des Kunden (§ 87a Abs. 2, 3), da die Wertung, ob der Kunde iSd § 87a Abs. 2 nicht leistet, nicht allein vom Unternehmer vorgenommen werden darf – Höhe der gezahlten Beträge556/Einzelbeträge – Datum der vollständigen Abwicklung (u.a. wegen § 87 Abs. 3 sowie Periodenzuordnung)557 – Auslieferungs-Fehlbetrag558 – Grund für den Fehlbetrag (wegen § 87a Abs. 3)559 – Provisionssatz560 und gezahlte Provision – Nichtausführung von Geschäften561 (wegen § 87a Abs. 3) sowie Angabe der Gründe für die Nichtausführung vermittelter Verträge562. Die Gründe müssen zumindest stichwortartig mitgeteilt werden563 – Stornierungen/Retouren564. Dabei sind die Gründe anzugeben, auf denen sie beru548 549 550

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OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; Küstner/Thume I Rn 1481; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 69. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/ Evers); Küstner/Thume I Rn 1481. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). Küstner/Thume I Rn 1481. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. OLG Hamm, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Küstner/Thume I Rn 1481. Küstner/Thume I Rn 1481. Küstner/Thume I Rn 1481. Küstner/Thume I Rn 1481. Küstner/Thume I Rn 1481 (aA Rn 1487); BGH DB 2001, 1409; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/ Evers) und OLG Celle BB 1962, 1017 haben ausgeführt, die gezahlte Provision sei nicht mitzuteilen, weil die Vertragsbestimmungen und der Provisionssatz dem Vertreter

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bekannt seien. Das ist zu kurz gedacht. Entscheidend ist, dass der Vertreter wissen muss, wie der Unternehmer das jeweilige Einzelgeschäft verprovisioniert hat, nämlich zutreffend oder nicht. Das ist insbesondere bei wechselnden oder gestaffelten Provisionssätzen wichtig. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Köln, Beschl. v. 03.03.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457; OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; MDR 1958, 42; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; OLG Hamm BB 1965, 1047; Hopt § 87c Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; OLG Hamm BB 1965, 1047; OLG Düsseldorf MDR 1958, 42; Hopt § 87c Rn 15; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 20; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 7. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Köln, Beschl. v. 03.03.2004 – 19 W 10/04 , VersR 2004, 1457; OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; OLG Hamburg MDR 1955, 43; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40.

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hen565, da die auf unzulänglicher Belieferung des Dritten durch den Unternehmer beruhenden Retouren die Provisionspflicht nicht beeinflussen (§ 87a Abs. 3). Ggf. sind Dokumente, Kundenschreiben oder sonstigen Belege zu den Gründen beizufügen566 – Mitteilung untypischer Konditionen des Kundengeschäfts: Der Unternehmer hat nach dem Verhältnis von Regel und Ausnahme branchenspezifisch untypische Vertragsinhalte (Beispiel: Preisnachlass) oder (teilweisen) Warenrückgaben bzw. Gutschriften anzugeben567 – Korrekturen, nachträgliche Gutschriften unter Bezeichnung des zuzuordnenden Geschäfts und Angabe der Gründe – Angaben über vertragswidrig geschlossene Verträge, etwa verbotswidrig geschlossene Direktgeschäfte568 oder schwebende Geschäfte569, insbesondere auch über solche Geschäfte, für welche nach § 87a erst ein bedingter Anspruch entstanden ist – Angaben zu den für eine Schwestergesellschaft des Unternehmers vermittelten Verträgen570 – Angaben zu Vertragsänderungen571 – entstandene Versandkosten und die in den Rechnungen an die Kunden belasteten Versandkostenbeträge572 – Rahmenverträge: Angaben zum Inhalt von Rahmenverträgen, aus denen zukünftige Lieferungen folgen können573. Der einem Versicherungsvertreter zu erteilende Buchauszug muss folgende Angaben 127 enthalten574: – Name und Anschrift des Versicherungsnehmers575. Die Anschrift kann bei Versicherungsvertreterverträgen provisionsirrelevant sein. Dann kann ihre Übermittlung allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Kontrollfähigkeit geschuldet sein – Datum des Antrages576 – Datum der Vertragsannahme577 – Art578, Inhalt und Umfang579 des Versicherungsvertrages (Sparte580, Tarif581, prämienoder provisionsrelevante Sondervereinbarungen582) 565 566

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OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492, 2493 Rn 18; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. RG JW 1917, 156. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 69. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; zweifelhaft. OLG München, Urt. v. 01.07.2003, VersR 2004, 470 (471). OLG Köln, Beschl. v. 03.03.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457. OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218.

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BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Kukat DB 2002, 1646 (1647). BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJWRR 2002, 391; Küstner/Thume I Rn 1482. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Küstner/Thume I Rn 1482. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Küstner/ Thume I Rn 1482. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Hamm VersR 1998, 1415. OLG Hamm VersR 1998, 1415. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln,

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§ 87c

– Ursächlichkeit des HV für das Zustandekommen des Vertrages nach Auffassung des Unternehmers583 – zur Versicherungspolice584 – Erklärung, ob es sich um ein Neu- oder Folgegeschäft handelt585 – Zweck des Folgegeschäfts586 – Beitragshöhe (ggf. Jahresprämie)587 und Zahlungsweise588 – Datum des Versicherungsbeginns589 – Versicherungsscheinnummer590 – Bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des Versicherungsnehmers, Laufzeit des Vertrages591; bei Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme592, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie – im Stornofall: Stornierungen593, Datum der Stornierung594, Stornogrund595, Bestandserhaltungsmaßnahmen des Versicherers596, sonstige die Stornierung betreffende Korrespondenz597, Höhe der entgangenen Versicherungsprämie598 – Höhe der geleisteten Beitragszahlung599 – Höhe und Fälligkeit offener Beitragszahlungen600

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Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Küstner/Thume I Rn 1482; OLG Hamm VersR 1998, 1415. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414. Küstner/Thume I Rn 1482. OLG Hamm VersR 1998, 1415. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Küstner/ Thume I Rn 1482. Küstner/Thume I Rn 1482. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Küstner/Thume I Rn 1482. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Küstner/Thume I Rn 1482. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJWRR 2002, 391; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Küstner/Thume I Rn 1482. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG

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Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJWRR 2002, 391; Behrend NJW 2003, 1563, 1564; Küstner/Thume I Rn 1482. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). OLG München, Urt. v. 01.07.2003, VersR 2004, 470 (471). OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Frankfurt/ Main, Urt. v. 01.07.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; OLG München, Urt. v. 01.07.2003, VersR 2004, 470 (471). BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Küstner/Thume I Rn 1482. BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 18; BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Küstner/Thume I Rn 1482. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Küstner/Thume I Rn 1482. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. OLG Hamm, VersR 1998, 1415. Küstner/Thume I Rn 1482. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Küstner/Thume I Rn 1482.

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– Angaben zum Stand und zur Entwicklung eines Stornoreservekontos601 – Datum der Stornierung, deren Grund sowie die vom Unternehmer ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen602, um feststellen zu können, ob ein Vertretenmüssen des Unternehmers, mithin ein Provisionsanspruch gem. § 87a Abs. 3, in Betracht kommt. Allerdings dürfen die Bestandserhaltungsmaßnahmen schlagwortartig verkürzt werden603 – Angaben zur Bestandspflegeprovision. Sie stellt zwar eine Verwaltungsprovision und keine gemäß §§ 92 Abs. 3, 87 Abs. 1 S. 1 beim Versicherungsvertreter vom Gesetz allein vorgesehene Tätigkeitsprovision dar. Obwohl im Buchauszug nur Geschäfte zu nennen sind, für die dem Vertreter nach § 87 Provision gebühren, zählen wegen des weiten Verständnisses des Provisionsbegriffes im Rahmen des § 87c (Rn 83) auch Informationen über Verwaltungsprovisionen zu den geschuldeten, zumal sich beide Provisionsarten im Falle der Zahlung als Einheitsprovision kaum separieren lassen. Das Buchauszugsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Versicherungsver128 treter nach §§ 92 Abs. 3, 87 Abs. 1 S. 1 allein Tätigkeitsprovision und – anders als der Warenvertreter – keine Bezirks- oder Folgeprovision erhält. Denn gemäß § 92 Abs. 2 gilt § 87c Abs. 2 auch für den Versicherungsvertreter uneingeschränkt. Selbst beim Warenvertreter ist zudem der Auszug nicht auf Informationen zu Bezirks- oder Folgeprovisionen beschränkt. Nicht in einem Buchauszug gefordert werden können Informationen über: 129 – Tatsachen, die allein dem Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und HV entspringen, also als Vertragsregelungen oder aus anderen Gründen bekannt sind. Denn in einen Buchauszug sind nur diejenigen Umstände aufzunehmen, welche die vermittelten Verträge (Wortlaut des § 87 Abs. 2: „über alle Geschäfte“), also die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer und seinen Kunden betreffen604. Die Zielrichtung der Informationsrechte richtet sich also auf das dem HV unbekannte Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Kunden, und nicht auf Informationen zum eigenen Vertrag. Eine mglw. gegensätzliche Ansicht des BGH aus NJW-RR 1989, 738 hat der BGH in NJW 2001, 2334 ausdrücklich aufgegeben – Provisionssatz und -betrag, weil sie angeblich der Abrechnung iSd § 87c Abs. 1 oder dem Vertrag entnommen werden können605. Dem darf aber entgegengehalten werden, dass der HV Interesse daran hat, zu wissen, ob der Unternehmer den korrekten Provisionssatz angesetzt hat (vor allem bei unterschiedlichen Provisionssätzen) und die Abrechnung den Buchauszug nicht substituiert – Kundenzahlungen (zwh.)606 – Stückpreise607 – Wie und auf wessen Kosten die Lieferungen ausgeführt wurden608 – Daten der Stornogefahrmitteilungen und Stornomitteilungen, welche dem Mittler be-

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OLG Hamm VersR 1998, 1415; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 40. BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492, 2493 Rn 18. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). BGH VersR 2001, 760 (763) = NJW 2001, 2334; OLG München, Urt. v. 01.07.2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471). BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631

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(Emde); OLG Hamm, Urt. v. 14.05.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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§ 87c

kannt609 und zudem provisionsirrelevant sind610. Das OLG München begründet dieses Ergebnis mit der Erwägung, sie beträfen nicht die Ausführung des vermittelten Geschäfts durch das Unternehmen, sondern erfolgten im Innenverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem Versicherungsvertreter, um diesem zu ermöglichen, selbst Maßnahmen zur Erhaltung des Vertrages zu ergreifen611 Die Übersendung von Storno- und Informationsmitteilungen, weil insoweit eine schlagwortartige Beschreibung genügt612 Daten der Provisionsabrechnung und ihre Übermittlung613 Einzelheiten der Auftragsbestätigungen, es sei denn, sie weichen von den Bestellungen ab (dann § 87a Abs. 3)614 Daten der Versicherungsanträge, wenn nicht strittig ist, ob die Tätigkeit des HV für den Vertragsschluss ursächlich geworden ist615 Vereinbarte Stornohaftzeiten, soweit sie sich aus dem Vertrag ergeben616 Das Datum der Kenntnisnahme von Provisionsrückbelastungen617 Den Zeitpunkt des Zugangs der Police bei dem VN, weil diese Tatsache den Büchern des Unternehmers nicht entnommen werden kann618 Unzweifelhaft Bedeutungsloses für einen Zahlungsanspruch des HV619 Nach Vertragsende angebahnte Geschäfte, weil es insoweit kein Provisionsrecht gibt620 Nicht zustande gekommene Geschäfte621, solange es sich nicht um einen Zweifelsfall handelt Provisionsirrelevante Direktgeschäfte, die ohne Vermittlung des HV geschlossen worden, es sei denn, der HV ist Bezirksvertreter oder es handelt sich um provisionspflichtige Folgegeschäfte622 Das Stadium der Geschäftsausführung, sofern es provisionirrelevant ist623 Geschäfte die (aufgrund besonderer Vereinbarung) eindeutig nicht provisionspflichtig sind624. Allein die theoretische Möglichkeit einer Meinungsverschiedenheit reicht nicht, damit Geschäfte in dem Buchauszug angeführt werden müssen625 In den Büchern des Unternehmers nicht Genanntes626. Eine erteilte Fehlanzeige ist

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BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 01.07.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471). OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1415. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1415. OLG Hamm VersR 1998, 1415. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. Küstner/Thume I Rn 1486; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 41.

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OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. Kukat DB 2002, 1646; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 41. Küstner/Thume I Rn 1484. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368); anders jedoch sofern es provisionstrelevant ist (im Fall des OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223 etwa bei Stornierungsmöglichkeit nach Nichtzahlung bzw. der Möglichkeit zur Provisionsreduzierung bei Teilzahlung). Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8a. OLG Köln, Beschl. v. 03.03.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457. OLG Celle NJW 1962, 1968; Küstner/Thume I Rn 1487; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 41; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41.

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durch Bucheinsicht627, Auskunftsrecht628 und eidesstattliche Versicherung prüfbar. Ergibt die Einsicht die Existenz von Informationen, für welche der Unternehmer eine Fehlanzeige meldete, kann ein versuchter Betrug vorliegen – Geschäfte mit einem Kunden, der seinen Sitz aus dem Bezirk des HV verlegte. Denn Auskünfte dürfen nur hinsichtlich provisionsrelevanter Umstände verlangt werden. Für Geschäfte außerhalb seines Bezirkes ist der HV aber nicht berechtigt, Provision zu berechnen629 – Die Person des Versicherungsvertreters, wenn sich der Buchauszug nur auf dessen Person bezieht630.

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3. Zeitliche Erstreckung. Zeitlich muss der Buchauszug sämtliche provisionsrelevanten Geschäftsvorfälle erfassen, also zumindest alle von Vertragsbeginn bis Vertragsende631 und darüber hinaus sämtliche provisionsrelevanten nachvertraglichen Geschäfte.

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4. Begriff der Bücher. In dem Buchauszug muss nach wohl h.M. nur das erscheinen, was sich aus den Büchern des Unternehmers ergibt632. Möglich wäre auch, den Begriff des Buchauszuges von dem Begriff der Geschäftsbücher zu lösen. Danach bliebe unmaßgeblich, welche Bücher der Unternehmer tatsächlich geführt hat. Der Begriff „Buchauszug“ würde nicht das beim Unternehmer tatsächlich vorhandene – seine Geschäftsbücher – kennzeichnen, sondern den Inhalt des gegenüber dem HV Geschuldeten (nämlich den Inhalt der üblicherweise zu führenden Bücher). So hat das OLG Hamburg633 den nach dänischem Recht nur im geringeren Umfang buchführungspflichtigen Unternehmer zur Erteilung eines nach deutschen Maßstäben geschuldeten Buchauszuges verurteilt. Diese Ansicht hat für sich, dass sie dem Unternehmer den Einwand der Unmöglichkeit („Negativattest“ oder „Fehlanzeige“ 634, Rn 55) erschwert und das HV-Recht von dem Buchführungsrecht abgrenzt. Wahrscheinlich ist es gleichwohl wegen des verwendeten Wortes „Buchauszuges“ richtiger, dass nur die in den Büchern des Unternehmers verkörperten Informationen geschuldet sind. Der Unternehmer, welcher HV beschäftigt, muss sich jedoch in den Stand setzen, die zur Kontrolle der Provisionen erforderlichen Informationen zu übermitteln635. Diese Pflichten werden nicht reduziert, weil der Unternehmer Makler ist und deshalb die Rechte aus § 87c nicht gegen seinen Vertragspartner geltend machen kann636. Hat der Unternehmer keine Bücher geführt und kann die Unterlagen auch nicht im Moment des Buchauszugsverlangens zusammentragen, mag zwar das Buchauszugsrecht nach Abs. 2 entfallen. Der Unternehmer schuldet jedoch nach Abs. 3 in einer dem Buchauszug vergleichbar geordneten Weise die Informationen, welche der HV zur Kontrolle seiner Provisionsrechnungen benötigt. Zu Inhalt und Gliederung gilt Abs. 2 entsprechend. Was sich aus den Büchern nicht ergibt, kann damit zwar nicht als Buchauszug gefordert werden; es muss ggf. durch den Auskunftsanspruch (Abs. 3) sowie 627

628

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Finke WM 1969, 1122 (1127); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41; aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41; so aber Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19. OLG Nürnberg BB 2001, 1169. OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1415. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911.

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. Beschl. v. 05.04.2005 – 6 W 15/05, S. 4. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87c

das Recht auf eidesstattliche Versicherung abgedeckt werden. Der dogmatische Streit über die Einordnung der Anspruchsgrundlage ist damit praktisch irrelevant. Kann der Unternehmer überhaupt keine relevanten Auskünfte geben, führt dies zur Beweislastumkehr und gibt dem HV einen Schadensersatzanspruch. Kann der Unternehmer keinen Buchauszug erteilen, weil sich in seinen Büchern keine 132 Informationen befinden oder er – ggf. pflichtwidrig – keine Bücher geführt hat, muss er dies dem HV mitteilen („Fehlanzeige“, s.o., Rn 55). Sie ist begründet, wenn sich in den Büchern und sonstigen Unterlagen des Unternehmers keine Tatsachen finden, welche für einen Zahlungsanspruch des HV von Bedeutung sein können637. Über den Einwand der Unmöglichkeit, den Buchauszug herzustellen – weil z.B. die Bücher verbrannt sind – siehe auch RGZ 8, 337. Der HV ist, falls sich die Unterlagen für die Aufstellung nicht etwa aus Schriftwechsel und Anfragen bei Kunden gewinnen lassen, zudem auf den Interesseanspruch nach § 893 ZPO verwiesen. Zudem kann für diesen Fall hilfsweise ein Auskunftsantrag gestellt werden638, sollte er als „Minus“ nicht ohnehin in der Buchauszugsforderung enthalten sein. Was „Bücher“ sind, definiert weder § 87c Abs. 2 noch § 87c Abs. 4. Geschäftsbücher 133 sind nicht nur die klassischen Handelsbücher, sondern alle Medien, in denen der Unternehmer Informationen zum Vertragsverhältnis und den geschäftlichen Vorgängen sammelt, etwa EDV639, Geschäftspapiere640 oder Mikrofilme641. Es kann sich nicht auf eine knappe Bezeichnung der Geschäftsvorfälle oder auf die- 134 jenigen Tatsachen beschränkt werden, welche ein Kaufmann nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den Handelsbüchern iSd §§ 238 Abs. 1 und 257 Abs. 1 Nr. 1 niederzulegen hat642. Auch ein bloßer Auszug aus den Kontokorrentbüchern genügt insoweit nicht643. Der Inhalt des Auszuges ist vielmehr aus allen vom Unternehmer aufbewahrten schriftlichen Zeugnissen über die vermittelten Geschäfte zusammenzustellen644. Dem steht § 87c Abs. 3 nicht entgegen. Zwar kann der HV nach dieser Vorschrift über den Auszug hinaus Auskünfte fordern. Dies lässt keinesfalls den Schluss zu, der Auszug brauche die in § 87c Abs. 3 genannten Angaben (also theoretisch alles) nicht zu enthalten. Das Auskunfts- ergänzt das Buchauszugsrecht, wenn Fragen verbleiben. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich also insbesondere auf solche Umstände, die sich nicht aus den schriftlichen Unterlagen des Unternehmers ergeben und aus diesem Grund nicht Gegenstand des Buchauszuges werden könnten645. Als Grundsatz muss sich der Unternehmer regelmäßig nicht bei Dritten erkundigen, um die in den Auszug einzufügenden Informationen zu erhalten646. Nur wenn Informationsrechte gegen Dritte bestehen und leicht durchgesetzt werden können, mag eine Erkundigungspflicht bestehen. So hat der BGH ausgeführt, auch Angaben zu den für eine Schwestergesellschaft des Unternehmers vermittelten Verträgen gehörten in den Auszug647; gleiches soll für eine Partnergesellschaft des Unternehmers gelten648. Das war nur mit Durchgriffserwägungen aus § 242 BGB zu begründen. Das OLG Hamm649 fordert, sich bei Bedarf Angaben aus den Büchern oder Geschäftsunterlagen von Geschäftspartnern zu verschaffen. 637 638

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Seetzen WM 1985, 215; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 19. Vgl. den Antrag im Fall OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 12. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde).

643 644 645 646 647 648 649

OLG Hamm BB 1965, 1047. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). OLG Hamburg OLGR 2002, 302. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245.

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5. Form. Der Buchauszug muss zumindest in Textform erteilt werden650. Eine mündliche Mitteilung reicht nicht651. Ein als Datei versandter Auszug kann bei hinreichender Transparenz genügend sein, wenn der HV ihn auswerten kann; ebenso eine pdf-Datei, wenn vertragsbegleitend auf diese Weise Daten ausgetauscht wurden652. Dann hat der HV sogar Anspruch auf eine solche Datei653. In jedem Fall wird man – noch – auf die konkret bestehenden Möglichkeiten des HV abstellen müssen, nicht auf die Üblichkeit bestimmter Hard- und Software.

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6. Rechtschutzinteresse. Problematisch ist es zu sagen, die Buchauszugsforderung setze keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnung voraus654. Richtig ist zwar, dass der HV regelmäßig keine Begründung für die Einforderung zu geben braucht655. Abzulehnen ist aber die Ansicht des AG Frankfurt am Main656, dem Antrag auf Erteilung eines Buchauszuges fehle das Rechtsschutzbedürfnis, falls dem HV die Bezifferung des Provisionsanspruchs möglich sei und er Leistungsklage erheben könne. Denn ob richtig beziffert werden kann, soll der Auszug aufzeigen. Die Auszugsforderung setzt aber ein Informationsinteresse des HV bzw. Provisionsrelevanz des Informationswunsches voraus. Beides wird im Normalfall vermutet657. Es kann aber fehlen: So soll einem Tankstellen-HV, wenn sich aus den ihm vorliegenden Kassenjournalen – deren Aufbewahrung dem HV zumutbar ist658 – das Maßgebliche ergibt659 (aber nur dann!), kein Buchauszug über jedes Einzelgeschäft zustehen660, da er sämtliche Daten über die an der Tankstelle selbst geschlossenen Geschäfte zusammengefasst selbst erheben kann und entsprechende Ausdrucke besitzt661. Ob sich dann weitere Angaben aus den Büchern des Unternehmers ergeben, ist irrelevant662. In der Sache handelt es sich um 650 651 652 653 654

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Schriftlich: Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.07.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.07.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). So BGH WM 1982, 152 (153); OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401; Hopt § 87c Rn 17; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 42; aA wohl (Streit Voraussetzung): LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12. 2005 – 35 O 21/05, BeckRS 2007, 15608. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 42. Urt. v. 28.04.2006 – 31 C 131/06-16, BeckLSK 2007, 240024. Hopt § 87c Rn 13. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 27. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner. Die Kassenjournale enthielten folgende Angaben: Datum und Uhrzeit des Geschäftsvorfalls, die Art des Kraftstoffs (Normal bleifrei, Super bleifrei, Super Plus, Diesel), der Preis pro Liter Kraftstoff für den KunKunden, die Tankmenge, der vom Kunden

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gezahlte Gesamtpreis, die Zahlungsart (bar, Stationskredit, EC mit Kontodatum und Verfalldatum, Kreditkarte einschließlich Namen des Kreditkartenunternehmens, Kartennummer, Verfalldatum und Namen des Kunden). Hinsichtlich der Schmierstoffverkäufe waren folgende Angaben vorhanden: Datum und Uhrzeit des Umsatzes, eine Kurzbezeichnung der verkauften Sorte, der Bruttopreis pro Liter, die Abgabemenge, der vom Kunden gezahlte Bruttoendpreis und die Zahlungsart. Die Waschvorgänge waren mit Datum und Uhrzeit, Stückzahl und Bruttoendpreis pro Waschvorgang erfasst. Dass der Nettopreis fehlte, hielt der BGH für irrelevant. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner; OLG München, Urt. v. 19.01.2006 – 23 U 3885/05, OLGR 2007, 387 = NJOZ 2007, 1481; Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH VIII ZR 39/06 zurückgewiesen; LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2005 – 35 O 21/05, BeckRS 2007, 15608. LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2005 – 35 O 21/05, BeckRS 2007, 15608. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner.

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eine teleologische Reduktion, da das Gesetz davon ausgeht, der HV besitze die dem Unternehmer vorliegenden Informationen nicht663. Der BGH spricht hier von Erfüllung664. Tatsächlich fehlt ein Informationsbedürfnis, sofern die Information bereits vorliegt665. Da das Informationsinteresse vermutet wird, ist der Unternehmer für das Fehlen des Informationsinteresses beweispflichtig. Gibt es Indizien für einen Mangel des Informationsinteresses, hat es der HV darzulegen; den Beweis für das Fehlen trotz substantiierter Darlegung trägt gleichwohl der Unternehmer. 7. Fälligkeit und Anspruchsdauer a) Fälligkeit. Der HV „kann einen Buchauszug verlangen“: Der Buchauszug wird als 137 „verhaltener“ Anspruch unverzüglich666 und auch nur dann fällig, sobald der HV ihn einfordert667, die Möglichkeit von Provisionsansprüchen besteht668 und eine Abrechnung erteilt669 oder unbegründet verweigert wurde670. Ohne das „Verlangen“ tritt keine Fälligkeit ein. Es wird vertreten, ein Anspruch auf den Auszug fehle, solange der Unternehmer nicht abgerechnet habe671. Der Buchauszug solle dem HV nur die Kontrolle ermöglichen, ob die Abrechnung seiner Ansprüche zutreffend erfolgt sei672. Ob der HV zunächst eine Abrechnung fordern muss, um sein Buchauszugsrecht auszuüben, ist zweifelhaft und ein solches Erfordernis wäre eher eine Förmelei: Das Gesetz sieht dies nicht vor. Gemeint ist nur, dass die Abrechnungspflicht entstanden sein muss. Zumindest wenn über einen längeren Zeitraum – noch dazu nach Fristsetzung – keine Abrechnung erteilt wurde, steht dies ihrer unbegründeten Verweigerung gleich. Der HV darf dann sofort sein Auszugsrecht einfordern, der Unternehmer darf sich auf die unterlassene Abrechnung nicht berufen (§§ 162, 242 BGB). Die anderslautende Ansicht gibt auch verjährungsrechtlich Probleme: Denn da die Provisionsforderungen weiter verjähren, könnte das Auszugsrecht undurchsetzbar sein, sobald endlich die Abrechnung eingeht. Selbst wenn das Abrechnungsrecht als ein mit separater Verjährungsfrist versehenes Kontrollrecht verjährt wäre, kann der Auszug gefordert werden, sofern dieses Recht unverjährt besteht. Eine bestimmte Frist zur Erteilung des Buchauszuges nach der Aufforderung wurde nicht geregelt. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls673. Das LG Hannover674 hat eine Frist von 11/2 Monaten nach den konkreten Umständen des Falles für angemessen gehalten. 663

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Vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 26 (deshalb ist der vom BGH zu Rn 13 der Entscheidung verwendete Begriff der Erfüllung missverständlich, denn der Unternehmer hat nichts geleistet). BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner. In diese Richtung wohl Wenner BB 2009, 74 („Schutzpflichten unverletzt“) der zudem auf das Fehlen einer Erfüllungshandlung hinweist. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6b. Hopt § 87c Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6. Nach Ansicht des OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542 wäre die Buchauszugsforderung rechtsmissbräuchlich, wenn unzweifelhaft keine Provisionsforderung besteht.

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OLG Oldenburg, Urt. v. 04.04.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; KG VersR 2002, 1554; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 9. Seetzen WM 1985, 213 (214); Kukat DB 2002, 1646. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; Küstner in: Küstner/Thume, I Rn 1502; Hopt § 87c Rn 18; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 43. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 43. LG Hannover, Urt. v. 26.01.2004 – 21 O 152/ 03, r+s 2004, 351; bestätigt durch OLG Celle, Beschl. v. 11.06.2004; siehe r+s 2004, 349. LG Hannover, Urt. v. 26.01.2004 – 21 O 152/ 03, r+s 2004, 351; bestätigt durch OLG Celle, Beschl. v. 11.06.2004; siehe r+s 2004, 349.

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Das außerprozessuale Verlangen auf Erteilung des Buchauszugs verknüpft der Wortlaut des Gesetzes irreführend mit dem Zeitpunkt der Abrechnung. Der Buchauszug ist – entgegen der unglücklichen Wortwahl des Gesetzes – nicht nur „bei“ der Abrechnung fällig, sondern nach Aufforderung und Erteilung/Verweigerung einer geschuldeten Abrechnung zu jedem unverjährten oder anderem Zeitpunkt, zu welchem sich die Parteien noch nicht bindend über die Zahlungsansprüche geeinigt haben675. Der Buchauszug kann mithin auch später noch solange verlangt werden, als nicht eine abschließende Einigung über die Richtigkeit der erteilten Abrechnungen erzielt wurde676. Das Wort „bei“ enthält also keine Beschränkung des Anspruchs auf den Zeitpunkt der geschuldeten Abrechnung677; ihm ist lediglich zu entnehmen, dass der Auszug „zum Zwecke der Kontrolle der Abrechnung“ gefordert werden darf678 und er – außer im Fall verweigerter Abrechnung – erst in Ergänzung und zur Nachprüfung der Abrechnung verlangt werden darf679, d.h. sobald eine Abrechnungspflicht entstanden ist680. Das Gesetz nennt also nur den frühesten Zeitpunkt der Forderung681. Der HV darf den Buchauszug bei jeder Abrechnung beanspruchen. Der spätere Auszug muss den vorangegangenen in verständlicher Form fortschreiben682. Meist wird der Auszug erst nach Vertragsende gefordert (zur Druckfunktion s.o.). b) Anspruchsdauer

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aa) Allgemeines. Das Auszugsrecht besteht vom Zeitpunkt der erhaltenen oder der geschuldeten Abrechnung über das Ende des Vertretervertrages hinaus683 solange, bis der Buchauszugsanspruch oder – wegen der Einordnung als Hilfsrecht (Rn 26) – die zugrundeliegenden Hauptansprüche durch Erfüllung erlöschen, verjähren684, verwirken685 oder infolge verbindlicher Einigung der Parteien über sämtliche durch den Auszug kontrollfähigen Zahlungsansprüche und/oder deren Abrechnung gegenstandslos werden (Rn 28 ff)686.

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bb) Erfüllung. Ist das Buchauszugsrecht erfüllt (§ 362 BGB) kann es nicht mehr geltend gemacht werden (Rn 28 f)687. Die Erfüllung ist vom Unternehmer darzulegen und zu beweisen688, sofern der HV den Buchauszug nicht als Erfüllung angenommen hat

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Küstner/Thume I Rn 1470; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. BGH LM § 87c HGB Nr. 3; DB 1982, 376. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 42; Hopt § 87c Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. OLG Hamm NJW 1959, 51; OLG Nürnberg VersR 1959, 801. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 42; aA Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 18 (bereits vor Abrechnung). Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 42. LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.07.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167; Küstner/Thume I Rn 1493. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b.

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. OLG München, Urt. v. 01.07.2003, VersR 2004, 470 (471); Küstner/Thume I Rn 1471; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 49; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 87c Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 48. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGHZ 161, 67 (72); OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368); OLG Köln NJW-RR 1999, 833; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Kannowski/ Distler NJW 2005, 865 (868); aA Schuschke InVo 2005, 396 (397).

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(§ 363 BGB). Bei Zweifeln bleibt das Auszugsrecht bestehen689. Das gilt auch bei der Frage, ob ein titulierter Buchauszugsanspruch erfüllt wurde690 (Rn 206). Deshalb muss der Unternehmer beweisen, dass der Buchauszug hinreichend klar gegliedert und strukturiert ist691, die Transparenz gewahrt692 und zusammengehörende Geschäftsvorfälle nicht auseinandergerissen werden693. Darf der Unternehmer dem gerichtlich geltend gemachten Auszugsverlangen deshalb entgegnen, sämtliche Zahlungsansprüche seien entfallen und hierfür Beweis durch einen vom Sachverständigen anzufertigenden Buchauszug anbieten? Dies hätte für ihn den Vorteil, dass die Kosten des Buchauszuges dann bei Richtigkeit der Behauptung durch den HV zu tragen wären (§ 91 ZPO), während die Kosten des Auszuges nach materiellem Recht dem Unternehmer zufallen. Dieses Vorgehen dürfte wohl an § 87c Abs. 5 scheitern, zumal bei Zweifeln das Auszugsrecht bestehen bleibt. Zudem müsste der Unternehmer die Behauptung subtantiiert vortragen, was zumindest Vortrag in Abrechnungsqualität voraussetzt. Die Mitteilungspflichten des § 86a Abs. 2 erfüllen die Buchauszugsforderung nicht. Es lässt sich auch nicht konstatieren, dass der Buchauszug durch die Erweiterungen der in § 86a Abs. 2 niedergelegten Pflichten mittels der Novelle 1990 an Bedeutung verloren hätte694. cc) Vorauserfüllung. Der Anspruch auf den Buchauszug kann zeitabschnittsweise695 141 vorauserfüllt werden, so dass einem weiteren Buchauszugsverlangen der Erfüllungseinwand (§ 362 BGB) entgegensteht696. „Vorauserfüllung“ meint die Erfüllung vor Fälligkeit, also vor dem Buchauszugsverlangen des HV. Zur Vorauserfüllung reicht jedoch die bloße Übersendung üblicher Abrechnungen nicht aus, weil der Buchauszug gerade der Kontrolle der Abrechnungen dienen soll697. Vielmehr ist erforderlich, dass sich die erteilten Abrechnungen lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und sie entweder zusätzlich alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Informationen enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung sämtliche Informationen gibt, die einen ordnungsgemäßen Auszug kennzeichnen698. Eine Mitteilung nur einzelner Daten reicht nicht699. Mit anderen Worten: Der Unternehmer muss mit der Provisionsabrechnung oder zu einem anderen Zeitpunkt alle Daten geben, die Inhalt eines Buchauszuges sind 700. Die jeweils monatlich in dieser Art vom Unternehmer angefertigten und dem HV 689

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OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGHZ 161, 67 (72); LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Kannowski/ Distler NJW 2005, 865, 868; aA Schuschke, InVo 2005, 396 (397). LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517. OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Urt. v. 21.04. 2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368). OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Urt. v. 21.04. 2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368). Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86a Rn 13. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 28.

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BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 21. OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. BGH – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 = ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); BGH – VIII ZR 146/94, NJW 1995, 2229 (2230); OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470, 471; NJW-RR 2002, 1034; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 48; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 6a; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1113). BGH NJW-RR 2007, 246 Rn 17; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. BGH DB 1982, 376 = WM 1982, 152 (153); OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391.

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überlassenen „Buchauszüge“ stellen dann in ihrer Gesamtheit und für den maßgeblichen Zeitraum den vollständigen Buchauszug dar, sofern die Transparenz insbesondere nach Übersichtlichkeit und Verständlichkeit gewahrt bleibt und zusammengehörige Geschäftsvorfälle nicht auseinandergerissen werden701. Auf mehrere Belege oder Schreiben verteilte Angaben dürften jedoch nur ausreichen, wenn sie sich ohne übermäßigen Aufwand zu einem aussagekräftigen Gesamtwerk zusammenfügen lassen702. Die Übersendung von Abrechnungen mit Tippstreifen und Endziffernaddition genügt nicht703, ebenso wenig reichen Provisionsabrechnungen, die lediglich eine Versicherungsnummer, den Namen des Kunden, die Belegnummer, die Buchungsart, die Berechnungszeit, das Buchungsdatum, die Höhe der Provision sowie eine Unterteilung der einzelnen Buchungsarten ohne Angabe der Stornierungen, insbesondere der Mitteilung der Stornogrundes und der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen, enthalten704. Wenn ein Mineralölunternehmen Kassenrollen sowie eine Diskette mit erfassten Daten übergibt, soll der HV keinen zusätzlichen Buchauszugsanspruch erheben können705. Es handelt sich bei der Vorerfüllung um eine Ausnahme, die – ebenso wie jede Erfül142 lung – vom Unternehmer bewiesen werden muss. In der Praxis lässt sich dieser Beweis kaum führen. Sind die „vorauserfüllten“ Informationen dem HV abhanden gekommen, gilt: Niemand braucht zweimal zu erfüllen, auch nicht der Unternehmer706. Andererseits sind dem HV-Vertrag Treupflichten immanent, welche den Unternehmer verpflichten, den HV zu unterstützen. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Unternehmer verpflichtet sein, dem HV, welchem unverschuldet die erteilten Informationen abhanden gekommen sind, zu helfen707. Allerdings sind die Interessen beider Seiten abzuwägen, wobei auch die dem Unternehmer entstehende Mühen eine Rolle spielen. Es gelten die zum Auskunftsrecht § 242 BGB entwickelten Maßstäbe. Die Kosten der „Nachlieferung“ muss abweichend von der Grundregel der HV tragen.

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dd) Ersatzerfüllung. Der Unternehmer ist nicht berechtigt, eine „Ersatzerfüllung“ durch Bucheinsicht oder Vorlage der Bücher anzubieten708. Das Einsichtsrecht des § 87c Abs. 4 besteht neben dem Buchauszugsrecht, wie bereits der Wortlaut des Abs. 4 zeigt („Wird der Buchauszug verweigert…“). Der freie Zugang zu einem Online-Abrechnungssystem mit vollständigen Daten soll nach Ansicht des AG Aachen709 den Anspruch auf Buchauszug vorweg erfüllen, wenn dem HV ein PC zur Verfügung gestellt wird und eine Einweisung in das System erfolgt. Dagegen streitet die fehlende Perpetuierung und die mögliche Kappung der Verbindung nach Vertragsende710. Der Buchauszug muss aber beim HV verbleiben, woran es auch bei nur „treuhänderisch“ erhaltenen Unterlagen man-

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39. OLG Hamm OLGR 2004, 85 für den familienrechtlichen Auskunftsanspruch. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 48. OLG München, Urt. v. 01.07.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911: Nicht ausreichend ist die Mitteilung von Versicherungsnehmername, Versicherungsscheinnummer, Versicherungsbeginn und maßgeblichen Monatsbeitrag. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 95/05.

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In diese Richtung wohl BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 27, 28. Noch weitergehend Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a: immer Nachlieferungspflicht. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. AG Aachen VersR 2001, 716. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 24; Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493); OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Emde VersR 2002, 156.

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gelt711. Der Buchauszug ist mindestens in Textform zu erstellen. Die EDV-Einsicht erfüllt diese Form nicht. Der HV muss sich die Angaben zum Buchauszug nicht selbst zusammensuchen712, die Einsicht in ein elektronisches Agenturinformationssystem gibt jeweils nur den aktuellen Stand der provisionsrelevanten Daten wieder. Aus ihm ließe sich ein Gesamtüberblick über den Zeitraum, über welchen den sich der Buchauszug zu erstrecken hat, allenfalls gewinnen, indem der HV die nur vorübergehend zugänglichen Daten fixiert und sammelt713. Der HV kann aber auf die Textform nach Fälligkeit des Anspruchs (Abs. 5) verzichten und sich mit elektronischen Daten begnügen. ee) Folgen mangelnder Erfüllung. Wird ein unvollständiger oder lückenhafter Buch- 144 auszug erstellt, so hat der HV keinen Anspruch auf einen vollständig neuen Buchauszug, sondern darf nur Ergänzung fordern714. Nur bei Unbrauchbarkeit des Buchauszuges in Folge schwerer Mängel besteht das Recht auf Neuerteilung715. Die Vervollständigung kann so erfolgen, dass der Schriftverkehr mit dem Kunden und/oder sonstige aussagekräftige Belege vorgelegt werden716. Diese Beschränkung auf das Ergänzungsrecht setzt aber voraus, dass überhaupt ein brauchbarer Buchauszug geliefert wurde, wobei Zweifel zu Lasten des für die Erfüllung beweispflichtigen Unternehmers gehen. Außerdem muss die Verständlichkeit des Auszugs gewahrt bleiben. Leidet sie durch die Nachlieferung, so ist ein einheitlicher, neuer Auszug zu fertigen717. Neuherstellung darf jedenfalls bei schweren Mängeln verlangt werden, die den Auszug weitgehend unbrauchbar machen. Das OLG Köln gibt dieses Ergänzungsrecht – wohl fälschlich – nur bei einem gänzlich unbrauchbaren Buchauszug718. Da die Beweislast für die Erfüllung der Unternehmer trägt, ist nicht der HV dafür be- 145 weispflichtig, dass der erteilte Buchauszug Lücken aufweist. Vielmehr muss der Schuldner beweisen, dass es keine weiteren Geschäfte gegeben hat, auf die sich der Buchauszug beziehen muss719. Wegen der Schwierigkeiten eines solchen Negativbeweises kann jedoch vom HV das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsachen unter Darlegung der für

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OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 24; OLG München, Urt. v. 03.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 01.07.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.07. 2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492, 2493 Rn 20. BGH DB 1964, 583; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2002, 391. BGH DB 1964, 583; OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Nürnberg, BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Küstner/ Thume I Rn 1490; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a.

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OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Köln, Beschl. v. 03.03.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457. Die Ansicht des OLG ist zweifelhaft. Ergänzung kann bei jeder Unvollständigkeit verlangt werden. Nur die völlige Neuerteilung des Auszugs darf lediglich bei einem gänzlich unbrauchbaren Auszug gefordert werden. Würde man gegenteiliges vertreten, wäre kein Unternehmer daran gehindert, einen weitgehend unbrauchbaren Buchauszug vorzulegen und der HV dürfte noch nicht einmal Ergänzung – also vollständige Erfüllung – fordern. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081, 1083.

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das Positive sprechenden Umstände verlangt werden720. Der Unternehmer kann sich zunächst damit begnügen, zu behaupten, dass es keine weiteren Fälle gebe, auf die sich seine Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszugs erstrecke. Es ist dann Sache des HV, dieses Vorbringen qualifiziert zu bestreiten und die Umstände vorzutragen, auf die sich seine Forderung stützt, der Buchauszug sei zu ergänzen721. Der Unternehmer muss nach substantiiertem Vortrag des HV zur Unvollständigkeit die Vollständigkeit des Auszuges beweisen722. Voraussetzung des Ergänzungsanspruches ist damit die konkrete Darlegung der beanstandeten Unvollständigkeit723, die zugleich den Umfang der geschuldeten Ergänzung absteckt724. Für das Verlangen auf Vervollständigung genügt nicht die allgemeine, ohne ins Einzelne gehende Begründung aufgestellte Behauptung, im Buchauszug fehlten Geschäfte oder Geschäftsgruppen725. Auf Vermutungen darf der HV zur Darlegung der Unvollständigkeit nicht ausweichen: So kann er nicht damit gehört werden, es ließen sich dem Auszug auffällig wenige Preisnachlässe und Gutschriften entnehmen726. Dem Unternehmer steht gegenüber dem substantiierten Vortrag des HV z.B. der Nachweis offen, dass Geschäfte der behaupteten Art in seiner Buchführung überhaupt nicht erscheinen. Bringt er diesen Nachweis, dann bleibt dem HV der Weg, ergänzende Auskunft nach Abs. 3 zu verlangen. Bleibt der Unternehmer den Nachweis der Übergabe eines brauchbaren Buchauszuges schuldig, so steht dem HV zur Wahl727: entweder die Weiterverfolgung und Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung eines vervollständigten Buchauszuges728 oder aber, bei „begründeten Zweifeln an der Vollständigkeit des (bisher vorgelegten) Buchauszuges“, das Vorgehen nach Abs. 4. Ein erstrittenes rechtskräftiges Urteil auf Gestattung der Bucheinsicht nach Abs. 4 soll allerdings das Verlangen auf Ergänzung des Buchauszuges ausschließen, weil es diesem gegenüber ein weitergehendes Recht darstellt729. Angesichts der Anspruchskonkurrenz und der beim Einsichtsrecht für den HV ungünstigen Kostentragungspflicht erscheint dies zweifelhaft. Bei Zweifeln über die Brauchbarkeit wird die Pflicht zur Neuerstellung meist zum 146 Regelfall, weil ergänzende Informationen ihre exakte Benennung in Klagform voraussetzen, der HV aber ohne Informationen des Unternehmers nicht wissen kann, wonach er zu fragen hat. Vielen Gerichten erscheint der ihnen fremde Auszug schnell als unbrauchbar. Auch daher wird oft ein neuer Auszug zugebilligt. In jedem Fall besteht das ergänzende Auskunftsrecht nach Abs. 3 sowie das Einsichtsrecht nach Abs. 4730. Fehlende Informationen dürfen weiter nachgefordert werden, wenn bestimmte nach Zeit, Ort oder Umfang eingrenzbare Gruppen von Geschäften im Auszug nicht genannt wurden731. Der

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BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGH vom 19.04.2005 – X ZR 15/04, NJW 2005, 2766 (2768). BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083). BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083). OLG Hamm, Urt. v. 14.05.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603; OLG Nürnberg HVR Nr. 281; Küstner/Thume I Rn 1491; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. OLG Hamm, Urt. v. 14.05.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603. RG WarnRspr. 1915 Nr. 315; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR

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2004, 1413; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. BGH LM § 87c Nr. 1. OLG München, Urt. v. 21.04.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368). BGH LM § 87c Nr. 1; OLG Nürnberg BB 1966, 265. Küstner/Thume I Rn 1490; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11. OLG Dresden OLGE 27, 326; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 46.

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Unternehmer kann dann darlegen und beweisen, dass derartige Geschäfte in seinen Büchern nicht geführt werden. 8. Kosten. Die Kosten des Buchauszuges trägt der Unternehmer. Dass die Erstellung 147 des Buchauszugs mit Kosten verbunden ist, befreit den Unternehmer nicht, selbst wenn die Kosten erheblich sind732 (Rn 62 ff). Er hat seinen Betrieb so zu organisieren, dass der Buchauszug ohne nennenswerte Belastung im laufenden Geschäftsgang erstellt werden kann733. Ebenso wenig kann er den HV auf die Einsicht in die Geschäftsbücher und Unterlagen verweisen734. 9. Beweislast. Der HV muss einen wirksamen oder zumindest faktisch durchgeführ- 148 ten HV-Vertrag darlegen und ggf. beweisen735 sowie die Möglichkeit zumindest eines provisionspflichtigen Geschäfts736. Dem Unternehmer obliegt der Beweis der Erfüllung oder des Wegfalls des Buchauszugsrechts (Rn 140 ff). Hat der Schuldner einen Buchauszug erteilt, welcher nicht in allen Punkten mit dem gerichtlich erwirkten Titel übereinstimmt, aber den üblicherweise gestellten Anforderungen an den Inhalt eines Buchauszugs genügt, so hat der Gläubiger, der im Wege der Zwangsvollstreckung ergänzende Auskünfte verlangt, sich mit dem Einwand der Erfüllung auseinander zu setzen und darzulegen, warum weitere Angaben erforderlich sind, um den Provisionsanspruch berechnen zu können737. 10. Rechtsfolgen des Buchauszuges. Regelmäßig ist der Auszug eine Wissens- und 149 keine Willenserklärung. Er enthält keine Entscheidung, ob das aufgenommene Geschäft provisionspflichtig ist738 sondern besagt nur, dass es provisionspflichtig sein kann. Dies ist Spiegelbild dazu, dass auch Zweifelsfälle in den Auszug aufzunehmen sind. Ein Streit in der Sache wird daher nicht über die Verpflichtung zur Erteilung des Auszuges ausgetragen. Soweit sich jedoch dem Auszug der hinreichend deutliche Wille des Unternehmers entnehmen lässt, ein bestimmtes Geschäft zu verprovisionieren, findet sich hierin – ebenso wie bei der Abrechnung – ein Anerkenntnis des Unternehmers (rechtliches Element). Zudem gelten die im Auszug wiedergegebenen Tatsachen zu Lasten des Unternehmers als richtig, weil er sie so in seine Bücher übernommen hat (tatsächliches Element).

III. Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3) Gemäß § 87c Abs. 3 darf der HV neben Provisionsabrechnung und Buchauszug vom 150 Unternehmer Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und dessen Berechnung wesentlich sind.

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BGH, Urt. v. 20.09.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 24; BGH, Urt. v. 21.03.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333; BGHZ 56, 290 (296); LG Landau/ Pfalz, Urt. v. 28.07.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168); Emde MDR 1999, 1108 (1110). ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v 27.11.2008 – 14 U 134/08.

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OLG Nürnberg BB 1966, 265. OLG Köln, Urt. v. 15.01.2010 – 19 U 112/09; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 86. BGH, Urt. v. 07.10.1977 – I ZR 10/76, AP Nr. 14; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 86; Küstner/ Thume I Rn 1497. OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1413. Küstner/Thume I Rn 1489.

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1. Zweck. Eigentlich handelt es sich bei Abs. 3 um den Grund-TB der in § 87c Abs. 2–4 geregelten Informationsansprüche. Denn anders als der Buchauszugsanspruch begrenzt er sich nicht auf das in Büchern oder Speichermedien niedergelegte und ist auch nicht nachrangig wie Abs. 4. De facto ergänzt das Auskunftsrecht den Anspruch auf Abrechnung und Buchauszug739. Deshalb tritt die Vorschrift im Verhältnis zu Abs. 2 in der gerichtlichen Praxis zurück: Der Anspruch nach Abs. 2 auf den Buchauszug hat zum Gegenstande nur das, was sich aus den Büchern ergibt. U.U. sind für den HV jedoch auch noch weitere Tatsachen wichtig zu wissen, wenn er Klarheit über seine Provisionsansprüche gewinnen will. Zu diesem Zwecke gibt Abs. 3 ihm einen ergänzenden Anspruch auf Auskunft. Er ermöglicht es dem HV, auch das zu erfahren, was sich aus den Büchern des Unternehmers nicht ergibt, aber für die Berechnung seines Provisionsanspruches, etwa nach Umfang und Fälligkeit, erheblich ist740, z.B. falls der Unternehmer hinsichtlich des Buchauszuges eine „Fehlanzeige“ mitteilt741 oder die Bücher mangelhaft, unverständlich oder unvollständig sind742, keine Bücher geführt – der Unternehmer braucht nicht Kaufmann zu sein, müsste jedoch auch dann für die Speicherung notwendiger Informationen sorgen (Rn 55, 131) – oder geführte Bücher verlorengegangen oder vernichtet sind743. In der amtlichen Begründung zu § 87c Abs. 3744 heißt es, dass der schriftliche Buchauszug sowie die Abrechnung u.U. Fragen hinsichtlich der Entstehung, der Fälligkeit und der Berechnung eines in ihnen aufgeführten oder nicht erwähnten Provisionsanspruches offen lassen könnten. Bestehen trotz Abrechnung und Buchauszug Unklarheiten, die sich nicht aus dem bloßen Inhalt der Geschäftsbücher klären lassen, kann der HV ihre Beseitigung über § 87c Abs. 3 erreichen745. Allerdings beschränkt sich der Zweck des Abs. 3 nicht auf diese, den Buchauszug ergänzende Funktion.

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2. Stellung innerhalb der Informationsrechte. Der Auskunftsanspruch ist nicht nachrangig gegenüber dem Buchauszug746. Der HV darf sogleich Auskunft fordern, ohne zuvor einen Auszug zu verlangen. Es gibt keinen Grund, warum der HV einen vollständigen Buchauszug fordern sollte, obwohl er nur einzelne Informationen zum Inhalt der Bücher des Unternehmers oder die Ergänzung des Buchauszuges erstrebt. Das wäre wenig (prozess)ökonomisch. Das Auskunftsrecht nach § 87c Abs. 2 dient in der Praxis zwar der Ergänzung des Buchauszuges. Das determiniert seine rechtliche Einordnung jedoch nicht. Benötigt der HV eine Abrechnung oder einen Buchauszug des Unternehmers nicht, so macht der Auszug für ihn keinen Sinn und es steht im frei, lediglich Auskunft zu fordern747. Insb. entsteht die Anspruchsberechtigung nicht erst, wenn der Aus-

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BGH DB 1964, 583; Küstner/Thume I Rn 1515; Hopt § 87c Rn 23; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 54. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); Küstner/Thume I Rn 1515; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 55.

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OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621; OLG Rostock OLGE 36, 257, Fn. 1. BT/Drucksache 3856 vom 15.11.1952, 1. Wahlperiode 1949, 29. Küstner/Thume I Rn 1516. OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; aA Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 57, 61. OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08.

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zug so umfangreich ist, dass er ohne ergänzende Auskünfte unverständlich wird748. Das Auskunftsrecht müsste sich a maiore ad minus zudem aus Abs. 2 als auf einzelne Informationen beschränkter Buchauszugsanspruch und weiter aus §§ 259, 260, 810 BGB ergeben. Nur soll der HV zunächst die Abrechnung, ihre Verweigerung bzw. unvollständige Erteilung abwarten müssen, ehe er Auskunft fordert. Denn die Auskunft dient der Überprüfung der Abrechnung. Ohne Abrechnung soll es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangeln. Das ist nicht unzweifelhaft, weil der HV auch vor Erhalt der Abrechnung ein Informationsinteresse besitzen kann, welches sich hilfsweise zumindest aus § 242 BGB ergeben müsste. Nur hinsichtlich der Informationen, die sich aus der kontinuierlichen Abrechnung ergeben würden, mag er bis zur (u.U. mangelhaften) Erteilung, ihrer Verspätung oder Ablehnung an der Durchsetzung seines Auskunftsrechts gehindert sein, es sei denn, es besteht Eilbedürftigkeit. Im Falle der Verweigerung der Abrechnung kann der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung, eines Buchauszuges und auf Auskunftserteilung nebeneinander geltend gemacht werden. Es existiert kein Kumulierungsverbot749. Soweit der HV die erstrebten Informationen bereits aus einer zuvor erteilten Abrechnung oder einem ihm vorliegenden Buchauszug entnehmen kann, fehlt ein Informationsinteresse750 bzw. liegt Erfüllung vor. Wie dargelegt ist der HV jedoch nicht verpflichtet, jene Informationsrechte zuvor einzufordern, um auskunftsberechtigt zu sein. 3. Inhalt. Inhaltlich erfasst der Auskunftsanspruch sämtliche Umstände, die für die 153 Entstehung, die Berechnung und die Fälligkeit des Provisionsanspruchs des HV von Bedeutung sind751. Die provisionspflichtigen Geschäfte sind in der Auskunft vollständig, klar und übersichtlich darzustellen752. In welcher Form der Unternehmer diese Auskunft abfasst, ist ihm überlassen. Einen Anspruch auf eine tabellarische Übersicht steht dem HV nicht zu753. Die Auskunft muss damit Informationen über alle Tatsachen geben, die relevant für Provisionsansprüche754 des HV und ihm noch nicht – etwa aus Abrechnung und Buchauszug – bekannt sind755. Das Gesetz spricht nicht ganz deutlich von der Mitteilung über Umstände, die „für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind“. Auch die für die Entstehung des Provisionsanspruchs maßgebenden Umstände werden hierunter zu begreifen sein. Die Anspruchsvoraussetzungen hat der HV schlüssig darzulegen756 und wohl auch zu beweisen757. Hinsichtlich der Anforderungen an den Beweis ist im Zweifel eine großzügige Betrachtungsweise angebracht758. Negativ abgegrenzt können aus § 87c Abs. 2 keine Auskünfte gefordert werden, die für Provisionsansprüche ohne jede Bedeutung sind, etwa weil sie allein Geschäftsinterna des Unternehmers betreffen759. Die Begrenzung auf provisionswesentliche Ansprüche benennt den Inhalt der zu erteilenden Informationen, engt jedoch nicht 748 749

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So MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 58. OLG Köln BB 1972, 467; Küstner/Thume I Rn 1518; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 24. Hopt § 87c Rn 23; MünchKomm/von Hoyningen-Huene § 87c Rn 57. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 54. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12b. AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12b: schlüssige Darlegung soll genügen. Küstner/Thume I Rn 1517. Küstner/Thume I Rn 1517; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 59; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12b.

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das Motiv ein, aus dem diese Informationen gefordert werden können. Motiv der Forderung kann daher auch sein, dass der Vertreter Klarheit über die Höhe eines möglichen Ausgleichs nach § 89b oder eines Schadenersatzanspruchs gewinnen will760 (Rn 11 ff). Wie sich aus dem Zweck des Auskunftsrechts ergibt, ist jenes – anders als der Buch154 auszug, dem eine solche Begrenzung schon dem Wortsinne nach immanent ist – nicht auf Tatsachen begrenzt, die sich aus den Büchern oder Unterlagen des Unternehmers ergeben761. Vielmehr soll das Auskunftsrecht auch Aufklärung über Umstände bringen, die dort gerade nicht dokumentiert wurden, über welche der Unternehmer aber aus seiner Erinnerung oder nach angemessenen Nachforschungen – zu denen er unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht verpflichtet ist – ausführen kann. Dass die beim Unternehmer vorhandenen Geschäftsunterlagen nicht zur Auskunftserteilung ausreichen, befreit ihn nicht. Der Unternehmer muss auch weitere ihm zugängliche Erkenntnisquellen ausschöpfen, sich etwa die erforderlichen Informationen von mit ihm vertraglich verbundenen Versicherungsunternehmen erteilen lassen762. In das gegenteilige Extrem verfällt die Ansicht, der Auskunftsanspruch bleibe auf solche Umstände begrenzt, die sich nicht aus den Büchern des Unternehmers ergeben763. Der Wortlaut des § 87 Abs. 3 stützt jene Auffassung nicht. Sie ist folglich abzulehnen. Gefordert werden kann beispielhaft Auskunft zu den folgenden Komplexen: 155 – Tatsachen, über welche der Unternehmer unaufgefordert Mitteilung machen muss764 – Über das Zustandekommen von provisionspflichtigen Geschäften765 – Geschäfte des Unternehmers mit Kunden des HV, die dem Kundenschutz unterliegen766 – Kundennamen767 – Zahlungsbedingungen768 – Höhe vereinbarter Leistungen769 – Zahlungen770 – Bonuszahlungen771 – Über die Ausführung der Geschäfte, Gründe einer eventuellen Nichtausführung oder stornierte Verträge772 (insbesondere Angaben zum Vertretenmüssen)773, denn bei nicht ausgeführten Geschäften sind die Gründe für eine solche Nichtausführung anzugeben,

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Thume BB 2009, 2490 (2495); AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 44; aA Küstner/ Thume I Rn 1515; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 55. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621; hierzu auch BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996. So aber Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 57. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 44. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12c.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a.

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damit der HV prüfen kann, ob ihm trotz der Nichtausführung Provisionsansprüche nach § 87a Abs. 3 zustehen774 – Gründe einer eventuellen Rückgabe von Ware775 – Preise776 – Preisnachlässe777 – Nebenkosten778 – Bei vermittelten Dauerverträgen: Kündigungsfristen779. Nicht geschuldet sind Informationen, welche dem HV bereits bekannt sind oder nicht 156 das zu kontrollierende Kundengeschäft betreffen (zum Parallelproblem beim Buchauszug Rn 129). So darf der HV keine Auskunft über „bezahlte“ Provisionen verlangen780. Der HV könne diese Beträge seinen eigenen Büchern entnehmen; die erstrebte Auskunft betreffe nicht die Bedingungen der Entstehung und der Höhe des Provisionsanspruchs und damit das von § 87c angesprochene Verhältnis zwischen Unternehmer und Kunden781. Auskünfte aus oder zu Unterlagen Dritter sollen nicht gefordert werden dürfen, selbst wenn sie zugänglich sein sollten782. Das dürfte nicht gelten, sofern solche Unterlagen, etwa bei verbundenen Unternehmen783, leicht erhältlich sind. Insbesondere sind Erkundigungspflichten anzunehmen, falls der Unternehmer seine Dokumentationspflichten vernachlässigt hat784. Dann liegt der Verdacht einer systematischen Beweisvereitelung nahe und es bestehen verstärkte Erkundigungspflichten785. Notfalls muss gegen das Konzernunternehmen786 oder den Vertragspartner des Unternehmers787 Klage erhoben werden. Keine Auskünfte sind zu Sach- und Bearbeitungskostenzuschüssen788 oder pauschalen Schadensbearbeitungskosten zu erteilen, es sei denn, sie enthalten verschleierte Provisionsanteile789. 4. Insbesondere: Wesentlichkeit. Die Auskunft muss für den Hauptanspruch „wesent- 157 lich“ sein. Dieses TB-Merkmal ist ein Hinweis auf das ansonsten ungeschriebene TBMerkmal des Informationsbedürfnisses (Rn 72). Die Existenz dieses Merkmales ist bei Abs. 3 durch den HV zumindest darzulegen. Nur wenn die erstrebten Informationen für den Hauptanspruch wesentlich sind, können sie gefordert werden. Dies ist Ausdruck des fehlenden Selbstzweckes der Informationsrechte. Der HV muss die Wesentlichkeit im 774 775 776 777 778 779 780 781 782 783

OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. Hopt § 87c Rn 23. Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56. Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56. Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56. LG Hamburg, Urt. v. 20.06.2009 – 415 O 15/09, n.v. LG Hamburg, Urt. v. 20.06.2009 – 415 O 15/09, n.v. Hopt § 87c Rn 23. BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Düsseldorf,

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Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621; vgl. auch BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996 Rn 19. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. OLG Hamm, Urt. v. 18.09.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621.

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Zweifelsfall auch beweisen790. Das tut er, indem er den Beweis führt, dass die Auskunft, sollte sie in seinem Sinne erfolgen, für den Hauptanspruch relevant sein könnte. Die Möglichkeit der Relevanz genügt hier wie beim Auskunftsrecht nach § 242 BGB. Ob die Möglichkeit sich zu einem Hauptanspruch verfestigt muss der Inhalt der Auskunft zeigen.

158

5. Fälligkeit. Fällig wird der Auskunftsanspruch auf Verlangen des HV791, wobei der HV hinsichtlich solcher Auskünfte, die sich üblicherweise aus der Abrechnung ergeben, regelmäßig die Abrechnungsfristen abwarten muss (Rn 152). Da der Begriff der Auskünfte weder gesetzlich determiniert ist noch durch die Rechtsprechung eine feste Bedeutung erfahren hat, muss der HV möglichst exakt angeben, welche Auskünfte er begehrt792. Sonst mangelt es an einer wirksamen Aufforderung und der Unternehmer könnte mit der Kostenfolge des § 93 ZPO eine Klage des HV anerkennen.

159

6. Entfallen des Auskunftsrechts. Das Auskunftsrecht entfällt mit Erfüllung. Es kann nur solange durchgesetzt werden wie das Hauptrecht, der Zahlungsanspruch zu dessen Kontrolle Auskunft eingefordert wird, existiert (Rn 28 ff)793. Wenn sämtliche Hauptansprüche durch Erfüllung, bindende Einigung, dauernde Einreden oder aus anderem Grunde erledigt sind, darf kein Einsichtsrecht gefordert werden. Für das Entfallen des Auskunftsrechts ist der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig.

IV. Bucheinsichtsrecht (§ 87c Abs. 4) 160

In Anlehnung an die in RGZ 87, 10 entwickelte Rechtsprechung wird in Abs. 4 bestimmt, dass bei unberechtigter794 Verweigerung des Buchauszuges durch den Unternehmer, oder auch dann, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges (zu ergänzen: der erteilten Auskunft) bestehen, der HV verlangen kann, dass – nach Wahl des Unternehmers – entweder ihm selbst oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten des HV795 Einsicht in die Geschäftsbücher oder in die sonstigen Urkunden soweit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. Der Anspruch wurde vor der Einfügung in das HGB aus § 810 BGB hergeleitet796.

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1. Zweck. Die Bucheinsicht dient der Überprüfung von unterlassenen oder zweifelhaften Angaben, die für den HV zur Berechnung seines Provisionsanspruches wesentlich sind. Sie soll dem HV bei Zweifeln die Kontrolle ermöglichen, ob alle ihm zustehenden Provisionen und sonstigen Vergütungen lückenlos erfasst sind797.

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MünchKomm/von Hoyningen-Huene § 87c Rn 61. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12d. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12d. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13.

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. Hopt § 87c Rn 27; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 47. BGHZ 32, 302 (306); außerhalb des HVRechts (zu § 810 BGB) großzügiger BGHZ 55, 201. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 66.

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2. Anspruchsvoraussetzungen. Gegenüber den Ansprüchen auf Buchauszug, Aus- 162 kunft und Abrechnung stellt das Einsichtsrecht das weitestgehendste Kontrollrecht dar, weshalb seine Fälligkeit an strenge Voraussetzungen geknüpft ist798. Kein Bucheinsichtsrecht besteht, wenn beide Parteien den gleichen Informationsstand haben. Dies soll etwa bei einem Tankstellenvertreter der Fall sein, der die Geschäftsabschlüsse selbst tätigt799. Gleichwohl hat er ggf. Interesse, die Behandlung seines Geschäfts beim Unternehmer zu überprüfen. Bucheinsicht ist nur gestattet, wenn Abrechnung oder Buchauszug verweigert werden oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Provisionsabrechnung oder des Buchauszuges800 bestehen801. Die Verweigerung der Abrechnung soll nicht genügen, um das Einsichtsrecht auszulösen802. Analog wird man das Einsichtsrecht aber gewähren müssen, sofern Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit einer Auskunft bestehen803 oder diese verweigert wird, weil der HV sonst – um die Einsicht als Kontrollrecht nicht zu verlieren – immer einen Auszug fordern müsse, selbst wenn eine einfache Auskunft reicht. Eine Verweigerung des Buchauszuges liegt vor, falls eine vom HV gesetzte angemes- 163 sene Frist ergebnislos verstrichen ist804. Der Verweigerung des Buchauszuges steht es gleich, wenn ein den Mindestanforderungen entsprechender Auszug nicht erteilt wird805. Ergänzend besteht ein Einsichtsrecht, wenn der Unternehmer behauptet, den Buchauszug wegen mangelnder Buchführung nicht erstellen zu können, also „Fehlanzeige“ erstattet. Solange der Unternehmer den Buchauszug verweigert, entfällt das Einsichtsrecht nicht deshalb, weil der HV ein rechtskräftiges Urteil auf Erteilung des Auszugs erstritten hat. Denn die Existenz des Titels lässt die Verweigerung nicht entfallen806. Begründete Zweifel setzen objektiv angelegte, für einen Dritten nachvollziehbare, 164 nicht lediglich subjektive Zweifel des HV voraus807. Der HV hat darzulegen und ggf. zu beweisen, in welcher Richtung nach seiner Ansicht die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit besteht808. Allgemeine Behauptungen ohne näheren Anhalt genügen nicht809. Es reichen allerdings Zweifel, die sich auf einen einzigen nicht ganz unerheblichen Punkt beziehen810. Dazu langen etwa Unstimmigkeiten in den Zahlenangaben811, Nichtübereinstimmung des Buchauszuges mit den Rechnungssummen812 oder Kürzungen der Rechnungssumme durch den Unternehmer ohne Angaben von Gründen813. Nicht gefordert ist hingegen, dass der Buchauszug durchschnittlich oder durchgängig unrichtig oder unvollständig ist. Insoweit geht das Einsichtsrecht aus Abs. 4 über den konkurrierenden § 810

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Küstner/Thume I Rn 1504; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 25. KG, Urt. v. 15.05.2006 – 23 U 96/05. Hopt § 87c Rn 26. Küstner/Thume I Rn 1388. Küstner/Thume I Rn 1507. Küstner/Thume I Rn 1505. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 45. Küstner/Thume I Rn 1388; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 45. AA OLG Nürnberg BB 1966, 265; Küstner/ Thume I Rn 1389. BGH WM 1979, 463; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 68; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 14. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene

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§ 87c Rn 68; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 68; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. OLG Düsseldorf DB 1971, 1857; OLGR 2000, 382 (385); Küstner/Thume I Rn 1508; Hopt § 87c Rn 25; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 48; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 26; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 48. OLG Düsseldorf DB 1971, 1857; Hopt § 87c Rn 25. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67.

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BGB hinaus, der durchschnittliche und durchgängige Unrichtigkeiten fordert814. Andererseits müssen die Zweifel begründet sein. Wegen dieser abschließenden und enumerativen Aufzählung kann Bucheinsicht nicht 165 neben dem Anspruch auf Provisionsabrechnung, Buchauszug oder Auskunftserteilung zeitgleich geltend gemacht werden (Kumulierungsverbot), sondern erst, wenn die übrigen Kontrollrechte des HV nicht die notwendige Klarheit über die ihm zustehenden Provisionsansprüche gebracht haben815. Statt das Auszugsrecht durchzusetzen kann der HV allerdings sogleich das Einsichtsrecht geltend machen816; er besitzt also ein Wahlrecht, ob er aus Abs. 2 oder 4 vorgehen will817. Jenes Wahlrecht steht jedoch nur dem HV zu, so dass der Unternehmer ihn nicht auf die Einsicht verweisen darf, falls der HV den Auszug fordert818. Wahlweise an Stelle des Einsichtsrechts darf der HV eine eidesstattliche Versicherung fordern, die Abs. 4 nicht ausschließt819, sofern ihre Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Einsicht darf auch zum Zwecke der Kontrolle anderer Zahlungsansprüche als des Provisionsanspruches gefordert werden (s.o.), soweit der HV einen solchen Anspruch darlegen kann.

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3. Bereitstellung der Unterlagen. Der Unternehmer hat dem HV bzw. dessen Beauftragten die Unterlagen zugänglich zu machen, jedoch nicht notwendig am Sitz des Unternehmers. Damit das Einsichtsrecht effektiv genutzt werden kann, hat der Unternehmer die erforderlichen Unterlagen an einem für den HV oder seinen Beauftragten gut zugänglichen Ort bereitzustellen. Die Gewährung des Einsichtsrechts kann auch durch elektronische Einsicht in die maßgeblichen Dokumente geschehen, sofern erforderliche Originaldokumente dabei kontrollfähig eingesehen werden können. Eine ungeordnete oder zu berechtigten Zweifel an Vollständigkeit und/oder Richtigkeit Anlass gebende Buchführung führt zu dem Recht auf Einsicht in sämtliche Geschäftsunterlagen820, sofern dies für die Kontrolle erforderlich ist. Die fehlende Erforderlichkeit hat in diesem Fall der Unternehmer darzulegen und zu beweisen. Im Verhältnis zu Art 13 GG bildet das Einsichtsrecht eine gesetzliche Grundlage.

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4. Fälligkeit und Anspruchsende. Das Einsichtsrecht wird bei Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen und auf Anfordern fällig. Wie andere Informationsrechte entfällt es, wenn das Hauptrecht nicht mehr geltend gemacht werden kann821. Das ist insbesondere der Fall, sobald kein Zahlungsanspruch mehr besteht, weil ihm dauernde Einreden entgegenstehen oder eine bindende Einigung auf einen bestimmten Betrag existiert, die das Kontrollinteresse entfallen lässt822. Es entfällt nicht infolge fristloser Kündigung oder Schlechterfüllung durch den HV823.

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5. Anspruchsberechtigter. Fordern darf das Bucheinsichtsrecht jeder HV, unabhängig von seinem rechtlichen oder tatsächlichen Zuschnitt. Eine davon zu separierende Frage ist, wer das Einsichtsrecht ausübt. § 87c Abs. 4 überlässt es der freien und nicht durch 814 815

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Hopt § 87c Rn 25; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67. BGH DB 1971, 1409 = NJW 1971, 1610; NJW 1959, 1964; Küstner/Thume I Rn 1504; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6b. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15a.

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 79. Hopt § 87c Rn 26. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 69; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. BGH BB 1961, 425; Hopt § 87c Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 70.

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billiges Ermessen eingeschränkten824 Wahl des Unternehmers825, ob dem HV persönlich oder einem „von ihm“, also dem HV826, unter Berücksichtigung der Interessen des Unternehmers, d.h. nach billigem Ermessen827, zu bestimmenden und zu beauftragenden828 Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen (solange es solche noch gibt)829 das Einsichtsrecht gewährt wird. Ob der HV außerhalb dieser beiden Berufsgruppen einen anderen zur Berufsverschwiegenheit Verpflichteten beiziehen kann, erscheint angesichts des Gesetzeswortlauts zweifelhaft830. In Ausnahmefällen und bei sonst fehlender Kontrollfähigkeit ist davon ausnahmsweise auszugehen. Das Wahlrecht des § 87c Abs. 4 ist dem Unternehmer zugewiesen, um seinem Geheimhaltungsinteresse Rechnung zu tragen831. Es wird durch ggf. konkludente832 und grundsätzlich unwiderrufliche Willenserklärung ausgeübt, wobei Erklärungsempfänger der HV ist833. Der Unternehmer hat etwa stillschweigend die Einsicht durch den Vertreter gewählt, wenn er ihm den Zutritt zu seinen Geschäftsräumen gestattet834. Übt der Unternehmer das Wahlrecht nicht aus, geht es nach Fristsetzung und fruchtlosem Fristablauf gemäß § 264 Abs. 2 BGB auf den HV über835. Hat der Unternehmer bereits eine Wahl getroffen, etwa Einsichtnahme durch den HV, und erfährt er nachträglich von Verdachtsmomenten, die einen Missbrauch erwarten lassen, kann er sein Einverständnis nach § 812 BGB kondizieren. Gleiches gilt in anderen Fällen, die eine Rücknahme der Willenserklärung objektiv verständlich werden lassen und bei denen Umstände nach der Willenserklärung bekannt wurden, sofern jene Tatsachen bei Kenntnis vor der Erklärung zu einer anderen Wahl geführt hätten. Der Unternehmer wird dann jedoch die nutzlos aufgewendeten Kosten des HV tragen müssen. Entscheidet sich der Unternehmer für die Einsicht durch den Wirtschaftsprüfer, ist 169 dem HV persönlich die Einsicht verwehrt836. Macht der Unternehmer dagegen von seinem Schutzrecht keinen Gebrauch und wählt die Einsicht durch den HV, bedeutet dies nicht, dass nur der HV persönlich Einsicht nehmen darf. Es entspricht vielmehr allgemeiner Auffassung, dass er eine zumutbare Hilfsperson hinzuziehen darf837. So kann der HV etwa auf seine Kosten einen Wirtschafts- oder vereidigten Buchprüfer beiziehen838 oder ihm die Überprüfung auch allein übertragen839, wohl nicht nur dann, wenn dem HV 824 825 826

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. Küstner/Thume I Rn 1509; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 45; Hopt § 87c Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17b: Der Vertreter darf also keinen erkennbar Parteiischen zur Einsichtnahme bestimmen. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 76; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. Die Abschaffung des Berufsstandes ist vorgesehen; neue Buchprüfer sollen nicht zugelassen werden. Für bestehende Buchprüfer gilt Bestandsschutz. Dafür: MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 76. OLG Frankfurt/Main BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 45; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 74.

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OLG Frankfurt/Main BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 74; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. OLG Frankfurt/Main BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478. Küstner/Thume I Rn 1509; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 45; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 74. Hopt § 87c Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. Vgl. KG DB 1971, 1204; MünchKommHGB/ v. Hoyningen/Huene § 87c Rn 75; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 45; Hopt § 87c Rn 11, 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. Küstner/Thume I Rn 1509; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 45. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 27.

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selbst die nötige Sachkunde fehlt. Anderenfalls würde der Anspruch des Mittlers in den Fällen entwertet, in welchen er nicht in der Lage ist, das Einsichtsrecht persönlich wahrzunehmen840. Die dem Unternehmer gegebene Alternative soll ihm nur die Möglichkeit eröffnen, einen HV auszuschalten, zu dessen Verschwiegenheit und Zuverlässigkeit in Bezug auf den durch die Einsichtnahme zu gewinnenden Einblick in Unternehmensinterna er nicht das nötige Vertrauen hat. Hat der Unternehmer aber dieses Vertrauen und gestattet er deshalb dem HV die Einsichtnahme in Person, so ist der Unternehmer nicht beschwert, wenn der HV sich der Hilfe eines zur Verschwiegenheit verpflichteten Wirtschaftsprüfers oder Buchsachverständigen bedient841. Nur gemäß § 242 BGB darf der Unternehmer einen Wirtschaftsprüfer oder Sachverständigen ablehnen.

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6. Inhalt. Die Bucheinsicht erstreckt sich auf alle für die Ansprüche des HV relevanten Dokumente im Besitz des Unternehmers. Sie ist daher nicht auf die Geschäftsbücher des Unternehmers beschränkt842. Vielmehr können alle Unterlagen, aus denen sich die erstrebte Übersicht herleiten lässt, eingesehen werden, insbesondere – Alle Vertragsurkunden843 – einschlägiger Schriftwechsel, z.B. mit Dritten844 – sonstige Unterlagen845 – Lieferungs- und Zahlungsbelege846 – EDV847 – sämtliche Geschäftsunterlagen des Unternehmers, etwa Geschäftspapiere848 sofern eine ungeordnete oder zu berechtigten Zweifeln an Vollständigkeit oder Richtigkeit Anlass gebende Buchführung existiert849 – Mikrofilme850. Das Einsichtsrecht umfasst die Befugnis zur Fertigung von provisionsrelevanten Ab171 schriften, (elektronischen) Kopien oder Auszügen aus den Büchern oder Unterlagen851, wobei diese wie die gesamten Erkenntnisse vertraulich zu behandeln sind852. Mit der laufenden vertragsbegleitenden Gewährung des Einsichtsrechts kann der Unternehmer das Bucheinsichtsrecht gemäß § 87c Abs. 4 im Zweifel nicht erfüllen853, schon gar nicht, wenn das angebotene Einsichtsrecht nicht ausgeübt wird. Denn es mögen sich später neue Fragen stellen. Die Einsicht darf nur insoweit ausgeübt werden, wie sie zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich 840 841 842

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OLG Frankfurt/Main BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478. KG DB 1971, 1204; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. Küstner/Thume I Rn 1507; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16. Küstner/Thume I Rn 1507; Hopt § 87c Rn 25; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 46; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 16. Küstner/Thume I Rn 1507; Hopt § 87c Rn 25; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 26; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16.

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Küstner/Thume I Rn 1507; Hopt § 87c Rn 25. Hopt § 87c Rn 25; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 46. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 46. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 79; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 45.

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ist854. Bei Verweigerung des Buchauszuges muss das Einsichtsrecht mindestens soweit gewährt werden wie dies zur ordnungsgemäßen Fertigung eines Buchauszuges nötig ist855. 7. Kosten. Die Kosten der Einsicht hat abweichend von der Kostenverteilung bei 172 anderen Informationsrechte des § 87c der HV zu tragen (§ 811 Abs. 1 BGB analog)856. Dies gilt auch für die Kosten von Abschriften und eines ggf. beigezogenen Wirtschaftsprüfers857. Ist er gemäß § 280 BGB zur Kostentragung verpflichtet, kann der Unternehmer nicht einwenden, die Beiziehung der Hilfsperson widerspreche der Schadensminderungspflicht858. Wegen dieser Kostentragungspflicht wird der HV meist den Buchauszug einfordern und bei Unrichtigkeiten des Auszuges die – für den Unternehmer vorschusspflichtige – Ersatzvornahme durch einen Wirtschaftsprüfer. Wurden Abrechnung oder Buchauszug insgesamt verweigert859, lag Verzug mit anderen Informationsrechten vor, die zum Einsichtsrecht leiteten860 oder offenbart die Einsichtnahme Unrichtigkeiten der bislang erteilten Informationen (z.B. unrichtige Abrechnung861 oder Buchauszug), liegt eine Pflichtverletzung des Unternehmers vor, die zur Schadenersatzpflicht nach § 280 BGB führt862: Der Unternehmer hat die Kosten der durch sein Fehlverhalten herausgeforderten Einsicht zu tragen, einschließlich eventueller Kosten eines beigezogenen Sachverständigen (Wirtschaftsprüfers oder Buchsachverständigen)863, sofern die Bücher nicht – was von vornherein evident sein musste – auch ohne dessen Hilfe prüffähig waren (sonst: mglw. Verletzung der Schadensminderungspflicht864). Dass die Einsichtnahme neues Material zutage fördert, welches vorher nicht offengelegt worden war, wird für die Schadenersatzpflicht entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.865 wohl nicht genügen, weil dies bei der Einsichtnahme immer der Fall sein wird. Entscheidend ist vielmehr die Unrichtigkeit der Verprovisionierung. Beruhen die begründeten Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung, des Auszugs oder der Auskunft auf einer objektiv mangelhaften Fertigung der Informationen, kann auch hierin eine schadenersatzbegründende Pflichtwidrigkeit liegen866. Verkürzt wird man sagen dürfen, dass eine Erstattungspflicht des Unternehmers besteht, wenn sich die Einsichtsvoraussetzungen des Abs. 4 („Zweifel“) bestätigen.

V. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB Neben den Rechten aus § 87c steht dem HV als ultima ratio867 das Recht zu, sich in 173 entsprechender Anwendung868 der §§ 259 Abs. 2, 260 BGB eidesstattlich versichern zu 854 855

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Hopt § 87c Rn 27; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 26. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16. Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 17e. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. KG DB 1971, 1204; Küstner/Thume I Rn 1511; Hopt § 87c Rn 27. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78. BGH BB 1959, 935; Küstner/Thume I Rn 1510; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. Küstner/Thume I Rn 1510.

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BGH LM § 87c Nr. 1; BGHZ 32, 302; KG DB 1971, 1204; Hopt § 87c Rn 27; Röhricht/ Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. BGH LM § 87c Nr. 1; BGHZ 32, 302. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78. § 87c Rn 24. Vgl. Knorn BB 1972, 989 (990). Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 7, 65; aA wohl LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333.

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lassen, dass die Vollständigkeit869 (nicht: die Richtigkeit870 – Wortlaut der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB) der gegebenen Information nach bestem Wissen so gegeben ist, wie der Unternehmer hierzu imstande war871. Die Unrichtigkeit wäre also nur insoweit relevant, als sie durch eine Unvollständigkeit hervorgerufen wird872. Rechtsgrundlage hierfür ist § 259 Abs. 2 BGB, nach a.M.873 § 260 Abs. 2 BGB. Das gilt insbesondere für die durch Auskunft zu erteilenden Tatsachen, jedoch auch andere Informationen, die eidesfähig sind. Die Schwierigkeit der Versicherung liegt darin begründet, dass der Begriff der Vollständigkeit rechtliche Wertungen voraussetzt, die zu einem Rechtsirrtum führen können. Beim Buchauszug bezieht sich der Eid etwa auf das Vorhandensein der Information, wie dargelegt nicht auf ihre Richtigkeit. Hinsichtlich des Rechtes auf eidesstattliche Versicherung besteht eine Subsidiarität gegenüber anderen Informationsrechten874, deren genauer Umfang diskutiert wird. Zum einen müssen begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit irgendeines Informationsrechts des § 87c vorliegen, um das Recht auf eidesstattliche Versicherung aus § 259 Abs. 2 BGB (hinsichtlich Abrechnung, Auszug875, Auskunft876 – etwa hinsichtlich der für die Ausgleichsberechnung erforderlichen Auskunft877 – oder Einsicht878) oder aus § 260 Abs. 2 BGB (hinsichtlich Auskunft) auszulösen879. Solche Zweifel sollen etwa bei mehrfach unrichtigen Buchauszügen und „scheibchenweiser“ Informationserteilung bestehen880. Desweiteren dürfen andere „bessere und leichtere“881 Informationsrechte des § 87c nicht mehr zur Verfügung stehen, insbesondere muss, außer in besonderen Fällen (schlechte Vermögenslage des Unternehmers, sehr hohen Kosten882), ein Buchauszug erteilt und die nachfolgende Bucheinsicht erfolglos geblieben sein883, ehe der HV verlangen kann, dass der Unternehmer Richtigkeit und Vollständigkeit von Abrechnung884, Auskunft und Buchauszug885 an Eides statt versichert886. Dass die Bucheinsicht dem HV zunächst Kosten aufbürdet verschlage nichts. Der Unternehmer müsse diese bei erfolgreicher Bucheinsicht im Wege des Schadenersatzes erstatten887. Bessere und leichtere Erkenntnisquellen fehlen, wenn – der Buchauszug erteilt wurde und eine Bucheinsicht erfolglos blieb oder keine Klarheit brachte888 – Bücher, die eingesehen werden könnten oder unvollständig sind889, fehlen890 – der Unternehmer eine Fehlanzeige erteilt891. 869 870 871 872 873 874

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Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4, 10. AA wohl BGHZ 32, 302 (305) = NJW 1960, 1662; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 83. Offen gelassen v. OLG Hamm, Urt. v. 21.03.1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51. Vgl. MünchKommBGB/Krüger § 259 Rn 42. Schmidt-Rimpler § 52 Fn. 52 m. Nachw.; OLG Hamm OLGE 24, 128. Anders im Arbeitsrecht und bei § 65: LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 9a; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 46. Thume BB 2009, 2490 (2495); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 65. Thume BB 2009, 2490 (2495). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 83. BGH, Urt. v. 18.02.1998 – VIII ZR 376/96,

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WM 1998, 1461; OLG Hamburg MDR 1961, 1012. LG Darmstadt, Urt. v. 14.07.2009 – 16 O 369/07. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 7. BGHZ 32, 302 (307) = NJW 1960, 1662. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 83. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. BGHZ 32, 302; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 7. Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 22. Küstner/Thume I Rn 1391. OLG Hamm OLGR 24, 128; Urt. v. 21.03. 1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51 (52). Küstner/Thume I Rn 1391. Küstner/Thume I Rn 1477.

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Diese Subsidiarität ergibt sich, wie der BGH892 im Verhältnis zum Bucheinsichtsrecht ausführte, ohne dass es einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift bedarf, aus der Natur des Anspruchs. Es sei sachgerecht, dass zunächst derjenige Anspruch zum Zuge komme, der regelmäßig dem Gläubiger größeren Erfolg verspreche und zugleich den Schuldner weniger beschwere. Dieser strengen Ansicht ist zuzugeben, dass der HV schon wegen des sonst fehlenden 174 Rechtsschutzbedürfnisses das bei gleichwertiger Informationsfülle den Unternehmer am geringsten belastende Mittel wählen muss. Andererseits mag aber gerade die eidesstattliche Versicherung dieses Mittel sein, weil es den Unternehmer nur dann belasten kann, wenn er Unwahres versichern wollte. Ob deshalb mit der strengen Ansicht gegenteilig zu entscheiden, d.h. der [Eides]zwang vor Bucheinsicht zuzulassen sei, wenn die Kosten außergewöhnlich hoch seien oder der Unternehmer für eine etwaige Erstattung finanziell nicht sicher erscheine, hat BGHZ 32, 302 ausdrücklich offen gelassen893. Das „mildeste Mittel“ darf den HV selbst nicht unbillig belasten. Die Einsichtnahme ist für ihn mit erheblichen Kosten verbunden; er ist nicht verpflichtet, vorrangig solche kostenauslösenden Maßnahmen vorzunehmen (zumal wenn die Einsichtsnahme nur durch einen Wirtschaftsprüfer erfolgen kann). Deshalb ist das Recht auf eidesstattliche Versicherung bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit erteilter Informationen meist gegeben, und zwar sowohl zur Kontrolle der Abrechnung, des Buchauszuges, der Auskunft wie des Einsichtsrechtes. Die Rechte aus §§ 259, 260 BGB können angeblich nicht mehr gefordert werden, wenn das Recht auf Bucheinsicht verjährt ist894 (zweifelhaft, da jeder konkurrierende Anspruch eigenständig verjährt) oder das zu kontrollierende Hauptrecht nicht mehr besteht (fehlendes Informationsinteresse), etwa wegen Erfüllung, Verjährung, bindender Einigung etc. In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht keine Pflicht zur Eidesleistung (Abs. 3 der §§ 259, 260 BGB)895.

VI. Auskunftsrecht nach § 242 BGB Nicht nur im Franchise-896 oder Vertragshändlerrecht897 sondern auch im HV- 175 Recht898 darf der HV ergänzend Auskünfte nach § 242 BGB verlangen. Der allgemeine Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ist nicht durch die § 87c HGB, § 694 BGB geregelten Informationspflichten als verdrängende lex specialis ausgeschlossen899. Der Informationsanspruch aus § 242 BGB greift ein, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die

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BGHZ 32, 302 (306). Aber auch dann könne die Antwort nicht anders lauten, so Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 22: Der HV sei Kaufmann; er müsse wissen, wie viel ihm die begehrten Aufschlüsse über vermutete Provisionsansprüche wert seien und welche Kosten er daran wenden wolle, sie zu erhalten. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 3. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. BGH WM 1999, 694 (700 ff) (dort zur Höhe der durch den Kfz-Hersteller ge-

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währten Vorteile, etwa Rabatte und Werbekostenbeiträge). BGH BB 2002, 1507 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde). OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 59/06, BeckRS 2009, 04459. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 59/06, BeckRS 2009, 04459; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731.

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zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann900. Der Anspruch darf nicht mit der Begründung verneint werden, es sei unwahrscheinlich, dass der Gläubiger mit Hilfe der erhaltenen Angaben entgangene Umsatzgeschäfte konkret darlegen könne901. Unschwer ist eine Auskunft immer dann zu erteilen, sofern die mit der Vorbereitung und Erteilung verbundenen Belastungen des Schuldners entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner in Anbetracht der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung zumutbar sind, die die verlangte Auskunft für die Darlegung der für Grund oder Höhe des Hauptanspruchs wesentlichen Umstände hat902. Die Zumutbarkeit ist jeweils aufgrund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, bei der auch Bedeutung gewinnen kann, ob der Schuldner ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse an Angaben geltend machen kann, die er machen soll, oder ob er zu deren Offenbarung gegenüber dem Gläubiger ohnehin verpflichtet war903. Diese Grundsätze sollen angeblich sogar gewohnheitsrechtliche Bedeutung haben904. 176 Erforderlich ist das Bestehen einer Sonderverbindung905, die hier im Vertriebsvertrag zu finden ist. Inhaltlich bestimmt sich der Anspruch nach der Erforderlichkeit der Auskunft: Es ist 177 alles mitzuteilen, was zur Befriedigung des Auskunftsbegehrens objektiv vonnöten ist. Je nach den Umständen des Falles kann die Auskunft bis zum Inhalt eines Buchauszuges gehen906. Gesetzliche Schweigepflichten sind bei dem Auskunftsbegehren zu beachten; nicht jedoch vertraglich versprochene (dies wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter). Ggf. dürfen die Informationen nur anonymisiert verlangt werden. Das gilt immer, wenn gesetzliche Vorschriften die Informationserteilung an Dritte verbieten. Anders als § 87c (Rn 66) gibt § 242 BGB keine Rechtfertigung für die Verletzung des Geheimnisschutzes sowie die Übermittlung von gesetzlich geschützten Geheimnissen an Dritte. Nicht gefordert werden dürfen z.B. Informationen darüber, welche Vermögensanlagen ein Anlagevertreter mit welchen Vertragswerten an welche Kunden (vollständige Anschrift) für welche Vertriebsgesellschaft vermittelt hat. Denn nach § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB ist es dem HV strafbewehrt untersagt, ohne Einwilligung des Kunden die als Angehöriger eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse zu offenbaren907. Dies gilt nicht nur für gesundheitliche Daten des Kunden, sondern auch für die Tatsache, dass er zur Absicherung bestehender oder künftiger gesundheitlicher Risiken finanzielle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat908. Auch die Tatsache, dass sich ein Kunde bei einem Wettbewerber versichert hat, unterliegt der Geheimhaltungspflicht. Damit ist der bisherige Unternehmer Konkurrenzverstößen des HV nicht schutzlos ausgesetzt. Denkbar erscheint z.B. eine Weitergabe der Daten an einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Dritten, welcher dem Unternehmer lediglich die Tatsache der Vertragsverletzung und die Höhe des entstandenen Schadens weitergibt, nicht jedoch die personenbezogenen Daten des Kunden. 900 901 902 903 904

RGZ 108, 7; BGHZ 10, 387; 81, 24; BGH NJW 1995, 387; Palandt/Heinrichs § 261 Rn 8. BGH, Urt. v. 06.02.2007 – X ZR 117/04, WRP 2007, 550. BGH, Urt. v. 06.02.2007 – X ZR 117/04, WRP 2007, 550. BGH, Urt. v. 06.02.2007 – X ZR 117/04, WRP 2007, 550. Köhler NJW 1992, 1480; Palandt/Heinrichs § 261 Rn 8.

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BGHZ, 95, 279 (288); BGH NJW 1978, 1002; NJW-RR 1989, 450. LAG Thüringen, Entsch. v. 21.07.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20. OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BeckRS 2010, 20437.

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Ein aus § 242 BGB hergeleitetes Auskunftsrecht besteht etwa in folgenden Konstella- 178 tionen: – Das OLG Hamm909 hat den Auskunftsanspruch eines Versicherungsvertreters aus § 242 BGB zur Vorbereitung der Ausgleichsforderung anerkannt, wenn er in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen sei, sich die Auskünfte nicht selbst beschaffen und der Unternehmer sie unschwer erteilen könne. Das gilt etwa, falls der HV die nach der Änderung des § 89b besonders wichtigen Unternehmervorteile nicht kennt910 – wobei der Auskunftsanspruch dann mglw. auch aus § 87c Abs. 3 folgt. Auch im Rahmen dieses Ausgleichsinformationsanspruchs kann der HV keine Auskünfte über Zeiträume verlangen, für die Provisionsforderungen bereits verjährt sind. Spiegelbildlich soll der HV den Unternehmer nach § 242 BGB über ausgleichsrelevante Umstände in Kenntnis setzen müssen911, falls der Unternehmer hierüber nicht informiert ist – Einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs erkannte auch das OLG München an912: Ist in einem Versicherungsvertretervertrag die Anwendung der „Grundsätze Leben“ vereinbart worden, umfasst der zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs geltend gemachte Auskunftsanspruch auch dynamische Rentenversicherungen, soweit sie bei Beendigung des Vertretervertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind. Der Versicherungsvertreter kann nur Auskunft über von ihm selbst vermittelte Verträge verlangen. Soweit für ihn Untervertreter tätig geworden sind, können ihm die von diesen vermittelten Verträge auch dann nicht zugerechnet werden, wenn er diese selbst geworben und geschult hat. Einer solchen Zurechnung steht der Wortlaut der „Grundsätze Leben“ entgegen – Ein Informationsrecht aus § 242 BGB besteht, falls sich die Provisionshöhe nicht nach §§ 87 ff errechnet, sondern anhand des gesamten Warenausgangs des Unternehmers, unter Einschluss solcher Geschäfte, die vom HV nicht vermittelt wurden913 – Ein HV hat gem. § 242 BGB Anspruch auf Auskunft über die Exklusivität verletzende Geschäfte des Herstellers. Soll die Auskunft einen vertraglichen Schadensersatzanspruch belegen, müsse dieser nicht bereits dem Grunde nach feststehen. Vielmehr reiche der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung aus. Das Auskunftsrecht erstreckt sich auf Geschäfte, die durch den Unternehmer veranlasst wurden. Der Konzernverbund für sich allein stellt keinen Grund dar, einem Betrieb Aktivitäten verbundener Unternehmen zuzurechnen914. Kein Auskunftsrecht des HV soll zur nachvertraglichen Entwicklung des ausgleichsrelevanten Kundenstammes existieren915 – Wenn der Verdacht schutzrechtsverletzender Geschäfte besteht916.

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VersR 2001, 1154. Thume IHR 2011, 7 (14); Thume BB 2009, 2490 (2495); Semler BB 2009, 2327 (2328); Eckhoff BB 2009, 1609 (1610). Thume BB 2009, 1026 (1028). OLG München, Urt. v. 10.06.2009 – 7 U 4522/08, VersR 2010, 344. OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; Küstner/ Thume I Rn 1393. In diesem Fall hätte aber auch an eine analoge Anwendung des § 87c gedacht werden können.

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BGH BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (zum Vertragshändlerrecht); Palandt/Heinrichs §§ 259 ff Rn 10, Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 260 Rn 25, 28; MünchKommBGB/Krüger 4. Aufl., § 260 Rn 16; BAG DB 1996, 2182; tendenziell aA wohl OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. Eberstein 9. Aufl., S. 157. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.07.2008 – 2 W 59/06, BeckRS 2009, 04459.

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C. Verfahrensrechtliche Aspekte I. Erkenntnisverfahren Der HV darf die Informationsrechte des § 87c Abs. 1–4 einklagen917. Es dürfen durch Stufenklage die Klage auf Buchauszug918 und als Leistungsanspruch der durch die Informationsrechte des § 87c gesicherte und vorbereitete Provisionsanspruch oder ein an seine Stelle tretender Ersatzanspruch919 geltend gemacht werden. Sofern die TB-Voraussetzungen aller Rechte gegeben sind, können etwa Abrechnung, Buchauszug und Auskunft auf einer Stufe geltend gemacht werden. Über einzelne Informationsrechte darf durch Teilurteil entschieden werden920, etwa über den auf erster Stufe einer Stufenklage stehenden Anspruch auf Abrechnung und Buchauszug921. Ergibt sich bei einer Stufenklage erst infolge der Auskunftserteilung die Unbegründetheit der Leistungsstufe, können bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen dem Beklagten die gesamten Kosten auferlegt werden, wenn die Auskunftsstufe begründet war922. Auch bei der Ausgleichs-923 oder Schadenersatzklage924 ist eine vorgeschaltete Infor180 mationsklage – etwa eine Buchauszugsklage925 und nicht nur die Informationsklage aus § 242 BGB (s.o., Rn 175 ff) – zulässig, da die Entwicklung der Geschäftsverbindungen des Unternehmers für die Ausgleichshöhe entscheidend ist926. Die Bezifferung kann bis zur ausgeurteilten Informationspflicht vorbehalten bleiben927. Der Nachteil der Kombination liegt darin, dass der Prozess über den Ausgleich durch den Streit über den auf erster Stufe geltend gemachten Informationsanspruch mit ggf. Beweiserhebung und Vollstreckung verzögert wird. Zudem werden die Informationsrechte nicht selten nur deshalb eingeklagt, um möglichst lästig zu werden. Der Kläger geht von vornherein von der Nichtexistenz des auf zweiter Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruches aus. Bestätigt sich diese Vermutung, ist die Klage auf zweiter Stufe kostenpflichtig abzuweisen. Soll das verhindert werden, darf keine Zahlungsklage auf zweiter Stufe erhoben werden, wobei der dadurch entstandene potentielle Kostenvorteil mit der Gefahr der Verjährung eventuell doch bestehender Zahlungsansprüche bei fehlender Rechtshängigkeit und der

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 27, 50. BGH, Urt. v. 4.11.1998 – VIII ZR 248/97, ZIP 1998, 2152, 2153; OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02 NJW-RR 2004, 475; OLG Hamm, Beschl. v. 12.03.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; OLG Hamm OLGR 1996, 54; Westphal I Rn 1338; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879; OLG Köln DB 1972, 2104; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328; OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988 (dort Zulässigkeit eines Teilurteils verneint). OLG Brandenburg MDR 2003, 893. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls

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wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 177, der a.a.O. allerdings systemwidrig ein Informationsrecht allein zu dem Zweck der schlüssigen Darlegung des Ausgleichsanspruchs verneint. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden). OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 177. OLG Hamm, Urt. v. 15.12.2000, HVR Nr. 974; Westphal I Rn 1338; Schwab in: Martinek/Semler/Habermeier, § 17 Rn 20; aA möglicherweise Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 164.

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daraus resultierenden (periodischen) Unbegründetheit des Kontrollrechts abzuwägen bleibt. Ein Vorteil der kombinierten Buchauszugs- und Zahlungsklage ist, dass sich bei wahrheitsgemäßer Erteilung die für den Zahlungsanspruch maßgeblichen Berechnungsgrundlagen aus dem Buchauszug ergeben und sich damit ein Streit über die Grundlagen der Ausgleichs- oder Provisionsberechnung erübrigen kann. Hat der Unternehmer vorprozessual seine Verpflichtung zur Übernahme der Informationskosten bestritten (sonst kein Feststellungsinteresse), darf der HV beantragen, die Kostentragungspflicht des Unternehmers feststellen zu lassen. Da Informationen nur gefordert werden können, falls Zahlungsansprüche möglich 181 sind, ist im Informationsprozess diese Möglichkeit – aber nicht mehr – zu klären. Beispiel: Es besteht Streit darüber, ob bestimmte Kunden, für welche Informationen begehrt werden, von der Provisionspflicht ausgenommen wurden928. Im Falle einer Stufenklage darf das Gericht zunächst nur über den Auskunftsanspruch 182 verhandeln und durch Teilurteil hierüber entscheiden; eine Entscheidung über den auf der letzten Stufe der Klage verfolgten Anspruch ist grds. unzulässig929. Unzulässig ist ein Teilurteil, wenn im Rahmen des in 1. Instanz noch anhängigen Antrags auf Ausgleichszahlung, ebenso wie bei dem durch das Teilurteil beschiedenen Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs, eine Einstandspflicht für Geschäftsvorgänge eines Zeitraumes zu beurteilen ist, für welchen die Einstandspflicht (hier nach § 25) strittig ist930. Die auf die Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf letzter Stufe verfolgten Anspruch (Zahlungsanspruch) nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung iSd § 318 ZPO931. Das rechtskräftige (Teil-) Urteil über Rechte aus § 87c trifft also keine Entscheidung über das Bestehen etwaiger Zahlungsansprüche des HV932. Denn die Rechte des § 87c setzen nicht das Bestehen von Zahlungsansprüchen, sondern nur deren Möglichkeit voraus933. Die Zahlungsansprüche sind nicht Streitgegenstand der Informationsklage, und zwar auch nicht, wenn im Wege der Stufenklage zugleich der Zahlungsanspruch eingeklagt wird, zunächst aber über die Informationsrechte gesondert verhandelt und entschieden wird934. Folglich ist es nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über den Zahlungsanspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden935. Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge kommt nur in Betracht, wenn ausnahmsweise schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt936. Das ist meist nur in Evidenzfällen anzunehmen. Ebenso wenig besteht eine Bindung an die vorangegangene rechtskräftige

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 51. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 24; BGHZ 107, 236 (242); BGH, Urt. v. 28.11.2001 – VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, unter II 4. OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 24; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 53. OLG Hamm VersR 1995, 779; Ebenroth/ Löwisch § 87c Rn 53; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 51. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 53.

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BGH NJW 1969, 880; BGH LM § 88 Nr. 9; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 53. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 24; BGHZ 107, 236 (242); BGH, Urt. v. 19.12.1969 – V ZR 114/66, WM 1970, 405, unter 1; Beschl. v. 10.06.1999 – VII ZB 17/98, NJW 1999, 3049, unter II 1; OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988 (dort Zulässigkeit eines Teilurteils verneint). BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 24; BGH, Urt. v. 28.11.2001 – VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, unter II 4.

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Entscheidung über Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen Informationsrechts, wenn allein das andere Informationsrecht Streitgegenstand der vorangegangenen Entscheidung war937. Folglich ist ein Teilurteil über die Auskunftsansprüche auch möglich, wenn der Unternehmer widerklagend Provision fordert938. Bei allen Informationsklagen muss der Informationskläger Folgendes darlegen: 183 – einen während des Informationszeitraums bestehenden HV-Vertrag939, bei Unwirksamkeit jedenfalls einen faktisch durchgeführten Vertrag – die Möglichkeit entstandener Zahlungsansprüche durch Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit940. Sie werden jedoch durch die Existenz eines HV-Vertrags oder seine faktische Durchführung indiziert. Der Unternehmer darf sich nicht auf ein einfaches Bestreiten verlegen, wenn er sich zu Kunden und Geschäften dezidiert äußern kann941. Es entspricht der Substantiierungspflicht des Unternehmers, dass er sich spezifiziert äußert942. Der Unternehmer muss beweisen, dass die Informationsrechte erloschen sind oder 184 erfüllt wurden943, ebenso fehlendes Informationsinteresse oder Verwirkung, wobei das fehlende Informationsinteresse ausnahmsweise durch besondere Umstände, etwa fehlender Streit über die Richtigkeit der Provisionsrechnung und unmotiviertes Verlangen nach Buchauszug nach fehlgeschlagenen Ausgleichsverhandlungen im Anschluss an die Vertragsbeendigung indiziert sein kann (s.o., Rn 73 ff). Dem HV obliegt die Beweislast für die Kondiktion einer Einigung mit dem Unternehmer über die noch offen gebliebene Provisionsforderungen944. Der Klagantrag muss hinreichend bestimmt sein. Das Begehren ist sachlich und zeit185 lich hinsichtlich der Geschäfte, auf welche sich die verlangte Information beziehen soll, genau zu umschreiben und zu begrenzen945. Zuständig sind die ordentlichen Gerichte, Zivilkammer. Nur wenn die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen begründet sind – Handelsgeschäft und gem. § 95 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Qualifikation des Beklagten als Kaufmann und Eintrag in das Handels- oder Genossenschaftsregister – ist deren Kompetenz begründet. Ist der HV arbeitnehmerähnliche Person iSd § 5 Abs. 3 ArbGG, sind die Arbeitsgerichte zuständig946.

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1. Abrechnungsklage. Die Abrechnung kann eingeklagt werden947. Der Abrechnungszeitraum muss im Antrag präzisiert werden948 und es können – müssen aber nicht – die Umstände genannt werden, die in der Abrechnung anzugeben sind. Es genügt die Forderung nach einer Abrechnung. Der Begriff hat eine hinreichend spezifische Aussagekraft. Für eine Klage auf Abrechnung bestimmter Provisionen dürfte oft das Rechtschutzbedürfnis fehlen, weil der HV hinsichtlich der ihm bekannten Provisionen sofort auf Auszahlung klagen kann949. Sinnvollerweise ist die Klage als Stufenklage mit einem Antrag 937

938 939 940 941

BGH NJW 1959, 752; OLG Nürnberg BB 1966, 265; OLG Köln DB 2000, 2269 = EWiR 2000, 1161 (Emde). Die Entscheidung betraf das Verhältnis Buchauszug – Bucheinsicht; Küstner/Thume I Rn 1476; Ebenroth/Löwisch § 87c, Rn 53. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879. Küstner/Thume I Rn 1497; Ebenroth/ Löwisch § 87c, Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 87c, Rn 52. Küstner/Thume I Rn 1497.

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942 943 944 945 946 947

948 949

BGH VW 1978, 555; Küstner/Thume I Rn 1497. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 52. Küstner/Thume I Rn 1462. Küstner/Thume I Rn 1458; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34. Vgl. Hopt § 87c Rn 11.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87c

auf Auszahlung der sich aus der Abrechnung ergebenden Provisionen zu verbinden950, und zwar schon wegen der damit einhergehenden Verjährungsunterbrechung. Der Klagantrag kann etwa lauten951: „Die Beklagte wird verurteilt, 1. auf erster Stufe über die gemäß Handelsvertretervertrag vom … dem Kläger zustehenden Provisionen abzurechnen, die sich in der Zeit vom … bis … im Vertreterbezirk … ergeben und 2. auf zweiter Stufe den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag nebst 5 Prozentpunkte Zinsen seit Fälligkeit und 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.“ Selbstverständlich kann auch ohne Abrechnung auf Zahlung geklagt werden (s.o.). Das erspart eine Stufenklage. 2. Buchauszugsklage. Auch der Buchauszug kann eingeklagt werden952. Die Klage 187 auf Buchauszug wird in der Regel als Stufenklage iSd § 254 ZPO erhoben953 (Rn 179 ff). Wenn die Voraussetzungen des Rechts auf eidesstattliche Versicherung gegeben sind, darf auf 1. Stufe der Auszug, auf 2. Stufe eidesstattliche Versicherung gefordert werden954. Welchen Inhalt der Klagantrag haben soll und muss ist Gegenstand der Diskussion. Sicher ist: Die Buchauszugsklage muss bestimmt iSd § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein. Sonst ist sie unzulässig. Der Klagantrag der Buchauszugsklage muss angeben, für welchen Geschäftsbereich, d.h. Bezirk und/oder Kundenkreis, und für welchen Zeitraum die Information verlangt wird955. Weiter ist anzugeben, auf welche Art von Geschäften sich der Buchauszug beziehen soll956, jedenfalls wenn unterschiedliche Geschäfte vom Vertrag erfasst waren. Unzulässigkeit hat das LG Hamburg957 angenommen, wenn – mangels anderer Eingrenzungsmaßstäbe, etwa Bezirk, Gebiet – im Klagantrag nicht mitgeteilt wird, für welche Kunden vermittelte Geschäfte angegeben werden sollen. Regelm. genügt der Antrag, der Auszug werde für „alle“ in einem bestimmten Zeitraum vermittelten Geschäfte eines bestimmten Gebiets oder Bezirks gefordert. Welche weiteren Informationen als Teil des Buchauszuges verlangt werden, muss im Klagantrag nicht im Einzelnen detailliert werden. Nach Ansicht des OLG Saarbrücken958 genügt allerdings ein derartiger, an den Gesetzeswortlaut angelehnter Klagantrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Vielmehr sei in dem Antrag konkret anzugeben, wie der Buchauszug inhaltlich ausgestaltet werden solle. Jene Ansicht ist abzulehnen. Obwohl lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiederholende Klaganträge u.U. unbestimmt und damit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig sind959, genügt es, mit dem Geset950 951 952

953

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34. Küstner/Thume I Rn 1460. Flohr in: Martinek/Semler/Habermeier § 13 Rn 17; Hopt § 87c Rn 21; Oetker/Busche § 87c Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 50; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 6b; Küstner in: Röhricht/ Graf von Westphalen, § 87c Rn 22. OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); Westphal I Rn 1338; Flohr in: Martinek/Semler/Haber-

954 955 956 957 958 959

meier, § 13 Rn 17; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 50. Hopt § 87c Rn 21. Westphal I Rn 1340. Westphal I Rn 1340. Urt. v. 29.06.2009 – 415 O 15/09. Urt. v. 15.06.2001 – 1 U 78/01 – 19, NJWRR 2002, 34 (35). BGH, Urt. v. 16.11.2006 – I ZR 191/03, DB 2007, 1190.

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zeswortlaut einen „Buchauszug“ für einen bestimmten Zeitraum und für bezeichnete Geschäfte zu fordern960; der Inhalt des Buchauszuges braucht nicht näher bezeichnet zu werden961. Der Begriff des Buchauszugs hat in der Rspr. eine hinreichende Konkretisierung erfahren. Gerade wenn dem HV Geschäfte verheimlicht wurden, wird er keine detailliertere Angaben geben können und falls er zu präzise fragt, kann es sogar sein, dass ihm Provisionsrelevantes, nach dem nicht exakt gefragt wurde, verheimlicht oder ihm hinsichtlich der angefragten Informationen ein „Negativattest“ erteilt wird, obwohl andere provisionsrelevanten Dokumente vorliegen. Durch den Einschub, „insbesondere“ seien spezifisch benannte Daten zu liefern, wird der Anspruch nicht klarer. Der HV kann auch nicht wissen, welche Informationen sich exakt in den Büchern des Unternehmers befinden. Insbesondere zu den Dokumenten, die ein Nichtvertretenmüssen des Unternehmers nach § 87a Abs. 3 nachweisen, wird der HV keine Angaben im Klageantrag machen können. So weist etwa das LAG Hamburg962 darauf hin, dem Kläger dürfte es regelmäßig schwer fallen, die für einen bestimmten Klageantrag erforderlichen Dokumente genau zu bezeichnen. Hingegen ist auf die Forderung nach einem „Buchauszug“ alles zu übermitteln, was provisionsrelevant ist. Eine solche „kurze“ Antragstellung hat den Vorteil, dass im Erkenntnisverfahren nicht über die Provisionsrelevanz einer geforderten Information gestritten wird. Werden „zu viele“, nicht provisionsrelevante und im Einzelnen im Antrag aufgeführte Informationen gefordert, riskiert der HV ein Teilunterliegen und sogar die Unzulässigkeit der Klage, falls die Provisionsrelevanz der geforderten Informationen nicht iSd § 253 Abs. 2 ZPO begründet wird. Ohnehin wird der Streit in das Vollstreckungsverfahren getragen: Um Diskussionen im Vollstreckungsverfahren zu vermeiden, empfiehlt sich andererseits eine detailliertere Bezeichnung der geforderten Informationen963. Im Vollstreckungsverfahren, wenn die Klippe des Erkenntnisverfahrens überwunden wurde, mag der detaillierte Antrag eine höhere Druckfunktion ausüben. Aber dieser Druck ist ein scheinbarer, der Unternehmer könnte die Antragsliste mit Negativattesten „abarbeiten“. Sind die im Einzelnen im Antrag genannten Informationen provisionsrelevant und die Forderung nach ihnen iSd § 253 Abs. 2 ZPO begründet ist eine „detaillierte“ Antragstellung aber nicht zu beanstanden. Die einen Buchauszug über „vermittelte Geschäfte“ fordernde Klage soll die Angabe erfordern, welche Verträge der HV dem Unternehmer vermittelt haben will. Anderenfalls ist sie wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig964 Letzteres kann aber nicht gelten, wenn der HV Informationen zu Folge- und Bezirksgeschäften verlangt. Denn diese müssen ihm nicht vollständig bekannt sein. Diskutiert wird, ob es gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Bestimmtheit des Klageantrags) ausreicht, den Antrag zu stellen, einen Buchauszug über alle Verträge zu fordern, die von der „Vermittlungsstruktur“ des Hauptvertreters vermittelt wurden, und zwar ohne Namensnennung der der Struktur angehörigen HV965. Sollen die begehrten Informationen beschrieben werden, kann bei Durchsetzung der 188 Buchauszugsklage eines Warenvertreters (hier Bezirksvertreter) folgender Antrag, im Wege der Stufenklage verbunden mit einem Zahlungsantrag, gestellt werden966:

960

961 962

Westphal I Rn 1341; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 85; aA wohl Oetker/Busche § 87c Rn 22. OLG Frankfurt DB 2002, 474 = MDR 2002, 478; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 85. Beschl. v. 29.01.1996 – 1 Ta 14/95, NZA-RR 1996, 422 (423).

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Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 85. LG Hamburg, Urt. v. 20.06.2009 – 415 O 15/09, n.v. Dafür wohl OLG Hamm VersR 1998, 1415; vgl. zur Diskussion: Emde VersR 1999, 1464, 1468; Emde MDR 1999, 1108. Westphal I Rn 1342.

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§ 87c

Es wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, 1. dem Kläger einen Buchauszug über alle Geschäfte zu erteilen, die zwischen der Beklagten und Kunden im Bezirk des Klägers in der Zeit von … bis … zustande gekommen sind, und dabei folgende Angaben zu machen: a) Name und Anschrift des Kunden; b) Kundennummer; c) Datum der Auftragserteilung; d) Umfang des erteilten Auftrags; e) Datum der Auftragsbestätigung; f) Datum der Lieferung bzw. Teillieferungen; g) Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen; h) Datum der Rechnung bzw. Rechnungen bei Teillieferungen; i) Rechnungsbeträge; j) Datum der Zahlung bzw. Einzelzahlungen; k) Höhe der gezahlten Beträge; l) Angabe der Annullierungen und Retouren mit Angabe der jeweiligen Gründe hierfür; 2. über die sich aus dem Buchauszug ergebenden und bislang nicht abgerechneten Provisionen eine Provisionsabrechnung zu erteilen; 3. an den Kläger den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag nebst 5 Prozentpunkten Zinsen seit Fälligkeit und 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen; 4. an den Kläger einen angemessenen Ausgleich gemäß § 89b HGB, mindestens jedoch … € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen seit Fälligkeit und 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Je nach Art der begehrten Informationen können weitere, oben genannte Informationen eingefordert werden. 189 Der Klagantrag eines Versicherungsvertreters könnte wie folgt gefasst werden967: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit von … bis … einen Buchauszug zu erteilen, der sich auf alle vom Kläger vermittelten Versicherungsverträge, bei welchen in diesem Zeitraum Abschluss-, Bestandspflege-, Dynamik- und sonstige Provisionen fällig geworden sind, erstreckt und der für die einzelnen Verträge folgende Angaben enthält: a) Name des Versicherungsnehmers; b) Versicherungsscheinnummer; c) Art und Inhalt des Versicherungsvertrages (Sparte, Tarifart, prämien- oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen); d) Jahresprämie; e) Versicherungsbeginn; f) bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des VN und Laufzeit des Vertrages; g) bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie; h) im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.

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BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde).

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Aber auch hier ist Vorsicht angebracht: Der Antrag muss im konkreten Fall „passen“. Wo es etwa keine provisionsrelevanten Sondervereinbarungen gibt, darf nach ihnen nicht gefragt werden. Für den Fall des Fehlens der geforderten Informationen in den Büchern des Unternehmers kann hilfsweise ein Auskunftsantrag sowie ein Antrag auf eidesstattliche Versicherung gestellt werden, etwa folgenden Wortlauts968: die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit von … bis … Auskunft über die nachweislich nicht in den Büchern des Unternehmers befindlichen Informationen zu geben, und zwar über sämtliche Geschäfte, welche die Klägerin für die Beklagte vermittelt hat, insbesondere über (es folgen die o.g. Informationsgegenstände); weiter, an Eides statt zu erklären, dass sich die in der Buchauszugsklage geforderten Informationen nicht in ihren Büchern befinden.

190

3. Auskunftsklage. Der Auskunftsanspruch ist ebenfalls einklagbar969. Bei der Klage auf Auskunft sind die besonderen Antragsvoraussetzungen darzulegen970. Der Antrag hat genau zu detaillieren, was Gegenstand der Auskunft sein soll971, d.h. welche Informationen gefordert werden. Eine Detaillierung im Vollstreckungsantrag dürfte zu spät erfolgen972.

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4. Bucheinsichtsklage. Die Klage auf Bucheinsicht ist zulässig973. Sie wird jedoch wegen ihrer geringeren Lästigkeit für den Unternehmer weniger häufig erhoben. Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein. Es genügt, Bucheinsicht zu fordern und die Person zu bezeichnen, die Einsicht nehmen soll974. Der Umfang der begehrten Bucheinsicht braucht folglich nicht bereits im Klagantrag benannt zu werden975, weil sich meist erst bei Einsichtnahme der notwendige Umfang herausstellt. Durchweg wird das Wahlrecht der Bestimmung des Einsicht Nehmenden bereits beim HV liegen, weil der Unternehmer auf Fristsetzung keine Wahl getroffen hat. Will der HV Hilfspersonen beiziehen, sollte er dies im Antrag klarstellen. Eine Stufenklage mit Klage auf eidesstattliche Versicherung ist gestattet976. Der HV hat die oben genannten Anspruchsvoraussetzungen darzulegen, zudem die Verweigerung des Buchauszuges oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung und des Buchauszuges977. Weiterhin muss in der Begründung der Klagschrift klargestellt werden, dass die geforderte Bucheinsicht zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. Hierfür ist der HV darlegungs- und beweispflichtig. Sofern die Voraussetzungen für eine Kostentragungspflicht des Unternehmers eingetreten sind, kann mit der Klage auf Bucheinsicht auch ein Vorschuss für die Kosten der Einsicht eingeklagt978 968

969 970 971

Siehe den im TB der Entsch. OLG Hamm, Urt. v. 19.03.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 wiedergegebenen Antrag. Hopt § 87c Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 52. OLG Hamm DB 1967, 592 = HVR Nr. 360; OLG München BB 1964, 698 = HVR Nr. 313; Baumgärtel § 87 Rn 3; Küstner/ Thume I Rn 1515, 1518; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 52; Röhricht/Graf von Westphalen/Küstner § 87c Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 62;

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Baumbach/Hartmann, § 253 Rn 47 „Auskunftsklage“. AA OLG Hamm MDR 1967, 770; Hopt § 87c Rn 24. Hopt § 87c Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 52. AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 79. Hopt § 87c Rn 28. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51.

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oder es dürfen Provisionen im Wege der Stufenklage gefordert werden, wobei bis nach Einsichtnahme die Provisionsforderung nicht beziffert zu werden braucht979. Erfolgt die Bezifferung dann nicht, wird die Klage unzulässig980. 5. Klage auf eidesstattliche Versicherung. Die Klage auf eidesstattliche Versicherung 192 erfordert die Darlegung der besonderen Antragsvoraussetzungen, d.h. begründete Zweifel an der Vollständigkeit der zuvor erteilten Informationen. Der Antrag hat genau zu detaillieren, was Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung sein soll, also was eidesstattlich versichert werden muss981. Am besten wird der Wortlaut der abzugebenden Versicherung vorformuliert. 6. Eilverfahren. Wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache kann nur in 193 Ausnahmefällen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Form einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO gerechtfertigt sein982. Sie kommt in Betracht, wenn zeitlicher Aufschub den Erfolg verhindert983, z.B. bei Bucheinsicht984. Zudem ist an den Fall existenzieller Nachteile bei Nichterteilung zu denken985. 7. Kosten. Gemäß § 91 ZPO trägt der Unterlegene die Kosten des Verfahrens. Be- 194 weist der Unternehmer die vollständige Erfüllung der geforderten Information oder fehlendes Informationsinteresse, ist die Informationsklage abzuweisen und der HV trägt die Kosten des Verfahrens. Da die Möglichkeit von Provisionsforderungen reicht, um das Informationsrecht auszulösen, genügt es für eine kostenpflichtige Klagabweisung nicht, wenn sich im Nachhinein das Nichtbestehen von Provisionsforderungen und damit des Informationsrechts als Hilfsrecht zeigt. Erforderlich ist vielmehr, dass dies für den HV ersichtlich ist, weil dann das Informationsverlangen schon wegen Rechtsmissbrauchs unbegründet war. Fehlen Zahlungsansprüche, wäre jedoch eine ggf. auf zweiter Stufe erhobene Zahlungsklage kostenpflichtig abzuweisen986. 8. Streitwert. Der Streitwert bei der Informationsklage bestimmt sich gemäß § 3 195 ZPO987 nach dem Interesse des HV an dieser Klage. Jenes valutiert in Höhe des Bruchteils des Wertes der Zahlungsforderung, welche der HV durchzusetzen hofft988. Die Rspr. bemisst den Teilwert zwischen 1/10 und 1/4 des Streitwertes der Hauptsache989. Der Teilwert ist um so höher anzusetzen, je stärker die Ansprüche des Klägers von der Auskunft des Beklagten abhängen990. Der BGH hat den Streitwert eines Auskunftsanspruchs mit 20 % des Wertes der Ansprüche angenommen, deren Klärung der HV beabsichtigt991. Ist der Unternehmer zur Auskunft erstinstanzlich verurteilt worden, bemisst sich der Berufungswert und die Beschwer nach seinem Interesse, die Auskunft

979 980 981 982 983 984

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 80. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 80. Palandt/Grüneberg § 259 Rn 15. Hopt § 87c Rn 28; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 51. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 83. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 83.

985 986 987 988 989 990 991

Emde ZIP 2001, 820 zu §§ 51a, b GmbHG. Küstner/Thume I Rn 1461. Küstner/Thume I Rn 1463; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 13. BGHZ 128, 85 = NJW 1994, 664; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 55. BGH NJW-RR 1991, 324; Westphal II Rn 688. Westphal II Rn 688. BB 1960, 795.

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nicht erteilen zu müssen992. Zu schätzen ist deshalb der Aufwand, der mit der Erteilung der Auskunft verbunden ist993. Die Kosten eines Sachverständigen sind nicht zu berücksichtigen994. Ein besonderes Geheimhaltungsinteresse kann zu berücksichtigen sein995. Sofern der HV seine Informationsrechte im Wege der Stufenklage geltend macht, bleibt für Streitwert und Beschwer nur der Teil des Anspruchs maßgebend, über den jeweils entschieden wird996. Für ein Rechtsmittel des HV im Fall einer Klage des Unternehmers gegen den unberechtigt Wettbewerb ausübenden Versicherungsvertreter, Informationen über die Tätigkeit für Wettbewerber zu geben, insbesondere zum vermittelten Vertragstyp, zur Abschlusssumme, provisionspflichtigen Summe, Laufzeit, zum Namen des Versicherers, zu individuellen Kennzeichen des vermittelten Geschäfts, etwa Namen des Kunden oder Vertragsnummer, richtet sich die Beschwer nach dem Interesse des HV, die Auskunft nicht erfüllen zu müssen. In der Regel ist der Aufwand an Zeit und Kosten des Verpflichteten für die Erstellung der Auskunft maßgeblich. Der Aufwand des Versicherungsvermittlers, die genannten Informationen für 576 Versicherungsverträge zu erteilen, wurde auf € 3.000 geschätzt997. In jüngeren Entscheidungen hat das OLG Celle998 die Beschwer von Auskunftsbegehren und Buchauszugsklagen regelmäßig mit 600 EUR und damit unterhalb der Berufungsgrenze angenommen, obwohl im Anschluss Ersatzvornahmekosten in fünfstelliger Höhe entstanden. Die Berufungen waren damit unzulässig. Das ist nicht unproblematisch, weil es den Rechtsschutz der Betroffenen verkürzt.

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9. Insolvenz und Erkenntnisverfahren. Im Falle der Insolvenz des Unternehmers soll das Verfahren um Informationsansprüche gem. § 240 ZPO unterbrochen werden999, weil die Klage der Vorbereitung eines Zahlungsanspruches dient. Das erscheint zweifelhaft. Denn die Informationsrechte können nicht zur Tabelle angemeldet werden, ebenso wenig wie die durch sie gesicherten Zahlungsansprüche, welche erst durch die Information bekannt würden. Um die Ansprüche im Insolvenzverfahren durchzusetzen, müssen sie dem HV also erst durch die Mitteilung des informationspflichtigen Insolvenzverwalters bekannt werden. Anderenfalls wäre der HV rechtlos und könnte seine Ansprüche in keiner Weise prüfen. Deshalb hilft es ihm auch wenig, wenn er einen Anspruch zur Anmeldung in Höhe der Kosten einer Ersatzvornahme erhält. Denn mit einer prozentualen Quote der tatsächlichen Kosten kann er niemanden mit der Ersatzvornahme beauftragen. Die tatsächlichen, zu kontrollierenden und nicht ausgezahlten Provisionsansprüche können ein Vielfaches dieses Anspruches in Höhe der quotalen Kosten einer Ersatzvornahme wert sein. Der HV ist aber nicht in der Lage, sie zu verwirklichen, weil er sein Kontrollrecht nicht durchsetzen kann. Da auch das Einsichtsrecht wegen § 240 ZPO nicht durchgesetzt werden kann, hilft es dem HV ebenso wenig, einmal davon abgesehen, dass die anderen Informationsrechte durch dieses Einsichtsrecht ohnehin nicht ersetzt werden dürfen, der HV sich also nicht auf das Einsichtsrecht verweisen lassen muss. 992

993 994 995

BGH NJW-RR 1991, 324; BGHZ 128, 85 = NJW 1994, 664; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.10.2005 – 2 Wx 76/05, OLGR 2006, 113 für eine WEG-Sache; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 55. BGH DB 1993, 2481; Westphal II Rn 689. Westphal II Rn 689. BGH, Beschl. v. 10.08.2005 – XII ZB 63/05, MDR 2006, 267; BGH MDR 1999, 1082; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 55.

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BGH DB 2000, 900; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 55. BGH, Beschl. v. 26.07.2004 – VIII ZR 289/03, NJW-RR 2005, 74. Etwa OLG Celle, Beschl. v. 9.10.2008 – 11 U 122/08. MünchKommInsO/Schumacher, Vor § 85 bis 87 Rn 27; aA OLG Neustadt NJW 1965, 257; Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Aufl, § 3 Rn 21.

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Ob ein gegen den Unternehmer gerichtetes Verfahren nach dessen Insolvenz unmittel- 197 bar oder entsprechend § 86 InsO durch den klagenden HV aufgenommen werden kann1000, erscheint zweifelhaft.

II. Vollstreckungsverfahren 1. Abrechnung und Buchauszug. Vollstreckt werden Abrechnungs-1001 und Buchaus- 198 zugstitel1002 in der Regel als vertretbare Handlung gemäß § 887 ZPO1003, d.h. analog Abs. 4 mittels Ersatzvornahme auf Kosten des vorschusspflichtigen1004 Unternehmers. Das gilt jedenfalls, sofern der Buchauszug aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht nur von der Schuldnerin sondern auch von einem Dritten erstellt werden kann1005. Der Unternehmer hat dem Beauftragten Zutritt zu den Geschäftsräumen und Einsicht in alle Geschäftsbücher und Unterlagen zu gewähren hat, in welchen sich die Angaben befinden können, die in Abrechnung oder Buchauszug gehören1006. Die Vollstreckung nach § 887 ZPO ist angebracht, weil die Informationsrechte auf die Feststellung und Ermittlung von Tatsachen gerichtet sind, welche sich aus den Geschäftsunterlagen des Unternehmers ergeben und zur Erteilung von Buchauszug wie Abrechnung nicht nur derjenige in der Lage ist, der die Bücher geführt hat, sondern regelmäßig auch jeder Wirtschaftsprüfer, der die Bücher und die dazu gehörenden Urkunden einsieht1007. Die Rechtskraft des Ermächtigungsbeschlusses iSd § 887 ZPO hindert den Unternehmer nicht daran, seine Verpflichtungen in anderer Weise freiwillig zu erfüllen1008. Von der Anwendbarkeit des § 888 ZPO (Zwangsgeld) wird nur noch vereinzelt aus- 199 gegangen1009. Begründet wird die eine Vollstreckung nach § 888 ZPO befürwortende Ansicht wie folgt: Es komme nicht darauf an, ob nach allgemeinen vollstreckungsrecht1000 1001

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So MünchKommInsO/Schumacher Vor § 85 bis 87 Rn 27. Küstner/Thume I Rn 1465; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470; Beschl. v. 13.08.2009 – I ZB 43/08, MDR 2009, 51 = WRP 2009, 1559 (1561); Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; Beschl. v. 03.03.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457; OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475; Küstner/ Thume I Rn 1494; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Röhricht/Graf von Westphalen/ Küstner § 87c Rn 22; Musielak/Lackmann, ZPO, § 887 Rn 10; Zöller/Stöber, § 887 Rn 3; Baumbach/Hartmann § 887 Rn 23. OLG Hamburg MDR 1955, 43; LAG Baden-Württemberg DB 1959, 1170; OLG

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Celle NJW 1962, 1968; OLG Düsseldorf BB 1964, 191; MDR 2000, 167; OLG Hamm BB 1965, 1047; MDR 1967, 770; LAG Saarbrücken DB 1965, 187; OLG Köln MDR 1995, 1064; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); LG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 51. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470; Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54. OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54. BGH MDR 1995, 1060; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54. Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 20; OLG München MDR 1960, 404; OLG Neustadt a.d.W. NJW 1965, 257; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13 (für die Vollstreckung des Auskunftsurteils); vgl. OLG Köln, Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414.

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lichen Grundsätzen den Buchauszug anhand der Bücher des Unternehmers auch jeder Dritte fertigen könne. Im Bereich des § 87c lägen die Dinge besonders. Wenn Abs. 4 nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen – noch dazu als Maßnahme auf Kosten des HV – gestatte, dass entweder dem HV oder in seinem Auftrage einer Persönlichkeit mit besonderer öffentlich-rechtlicher Qualifikation die Bücher des Unternehmers zugänglich zu machen seien, wolle es das Gesetz nicht zulassen, dass im Gewand der prozessualen Ersatzvornahme ein beliebiger, vom Prozessgericht zu bestellender Dritter den gleichen Zugang haben solle. Man könne auch nicht sagen, dass der Unternehmer sich das in diesem Fall selbst zuzuschreiben habe, weil er es zur Vollstreckung habe kommen lassen: eine hierin liegende Weigerung sei der Sache keine andere als diejenige, die in Abs. 4 genannt ist; andererseits solle der Weg des Abs. 4 das schärfere Druckmittel gegenüber dem Verlangen des Buchauszuges nach Abs. 2 darstellen. Richtig ist: Bei der Vollstreckung durch Ersatzvornahme darf der HV einen Buchprüfer seines Vertrauens beauftragen, muss dabei aber angemessene Rücksicht auf die Interessen des kostenpflichtigen Unternehmers nehmen1010. Insbesondere darf die Ersatzvornahme auch durch andere als die in § 87c Abs. 4 genannte Personen erfolgen1011 und muss nicht dem „Grundgedanken“ des § 87c Abs. 4 Rechnung tragen1012. Anders wäre das Recht des HV bei vollstreckungsunempfindlichen Unternehmern kaum durchzusetzen. Das Vollstreckungsrecht kennt auch keine § 87c Abs. 4 entsprechende Einschränkung; der HV mag die Ersatzvornahme durch eine ihm nicht genehme Person mittels rechtzeitiger Erfüllung hindern. Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs darf unabhängig davon vollstreckt werden, ob der Gläubiger bereits auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 hätte klagen können1013. Nur hinsichtlich der durch Ersatzvornahme nicht feststellbaren Tatsachen darf gem. 200 § 888 ZPO vollstreckt werden1014, was im Falle fehlender, unvollständiger oder unverständlicher Informationsmedien anzunehmen sein soll1015. Denn dann könne ein Dritter keine Abrechnung oder einen Buchauszug fertigen. Ob der Schuldner Dritten bereits den Zugang zu seinen Büchern verweigert hat, ist für die Beurteilung unerheblich, so lange nicht mit dem gleichen Verhalten gegenüber dem Gläubiger zu rechnen ist. Die Vollstreckung eines Buchauszuges im Ausland auf Grund eines deutschen Titels bildet ebenfalls eine unvertretbare Handlung, welche nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist, auch wenn der Buchauszug durch Dritte erstellt werden könnte1016. Die Schwierigkeiten der Auslandsvollstreckung mittels Ersatzvornahme rechtfertigen dieses praktikable und keine Parteien unnötig belastende Ergebnis1017. Das ausländische Vollstreckungsrecht gibt keinen Ersatz, solange nicht sicher ist, dass die Ersatzvornahme in allen Staaten in gleicher Weise wie in Deutschland möglich ist1018. Ist wegen des Erfordernisses einer eigenen Mit1010 1011

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OLG Düsseldorf, OLGR 1999, 449; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e; aA OLG Hamm DB 1967, 592; OLG Koblenz MDR 1994, 198; Küstner/Thume I Rn 1496. So jedoch Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGH vom 01.12.1978 – I ZR 7/77, NJW 1979, 764, OLG Koblenz NJW-RR 1994, 358 (359); OLG Köln OLGR 2002, 61 (62). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 37. OLG Frankfurt/M. RIW 2001, 379 = EWiR 2001, 243 (Schuske); OLG Köln IPRspr 2002, Nr. 210; aA BGH, Beschl. v. 13.08.2009 – I ZB 43/08, MDR 2009, 51 = WRP 2009, 1559 (1561). So bereits OLG Stuttgart ZZP 1984, 487; Münzberg ZZP 1984, 489; aA OLG Hamm InVo 1999, 32. AA BGH, Beschl. v. 13.08.2009 – I ZB 43/08, MDR 2009, 51 = WRP 2009, 1559 (1561).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87c

wirkungshandlung des Schuldners eine Vollstreckung nach § 888 ZPO erforderlich, ist jene gleichfalls das richtige Vollstreckungsmittel1019. Über einen Vorschuss für die Kosten der Vollstreckung entscheidet das Gericht durch 201 Beschluss. Vollstreckt ein HV den Beschluss auf Zahlung des Kostenvorschusses für die Ersatzvornahme gem. § 887 Abs. 2 ZPO, darf der Unternehmer gegenüber jenem Anspruch trotz Gleichartigkeit des Leistungsgegenstandes nicht die Aufrechnung erklären1020. Auch in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt valutierte – wie häufig – der Gebührenvorschuss für die Erstellung des Buchauszuges in Höhe von € 10.0001021. Vom OLG Bamberg wurden 3.500 € als angemessen angesehen1022. Dem Aufrechnungsverbot ist zuzustimmen: Wegen der zwingenden Natur der Auskunftsrechte gemäß § 87c Abs. 5 darf der Unternehmer weder seine Vorschusspflicht für die Kosten einer Ersatzvornahme durch Sicherheitsleistung abwenden noch mit einem Gegenanspruch aufrechnen1023. Ein titulierter Buchauszugsanspruch soll nach erfolgreicher Klage auf Bucheinsicht 202 nicht mehr vollstreckt werden dürfen1024 (zwh. wegen der Konkurrenz beider Ansprüche). Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges kann jedoch unabhängig davon vollstreckt werden, ob der Gläubiger theoretisch auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 hätte klagen können1025. Dieses Wahlrecht schließt die Vollstreckbarkeit nicht aus. 2. Auskunftsrecht. Die Zwangsvollstreckung des Auskunftsanspruchs erfolgt nach 203 § 887 ZPO, wenn auch ein Dritter (Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchsachverständiger) nach Bucheinsicht die geforderten Auskünfte erteilen kann1026. Scheidet eine Ersatzvornahme aus, etwa weil die Auskünfte nur aus der Erinnerung des Unternehmers erteilt werden können, ist nach § 888 ZPO als unvertretbare Handlung zu vollstrecken1027. Im Zweifel wird man nach § 888 ZPO vorgehen dürfen. Unsicherheiten gehen zu Lasten des Gläubigers. 3. Bucheinsicht. Die Bucheinsicht ist nach § 883 ZPO zu vollstrecken1028, falls die 204 bloße Übergabe der Bücher durch den Gerichtsvollzieher dem HV hilft. Das dürfte der seltenere Fall sein. Dagegen ist im Regelfall gemäß § 887 ZPO zu verfahren, wenn Bücher nicht zu finden oder Unterlagen zusammenzustellen bleiben. Hiervon ist regelmäßig auszugehen. Typische Vollstreckungsfälle sind die Verweigerung des Zugangs zu

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OLG Bamberg, Urt. v. 16.05.2003 – 6U62/02 NJW-RR 2004, 475; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.01.2002 – 1 W 20/01, OLGR 2002, 102 (103); v. 14.12.2000 – 5 W 21/00, OLGR 2001, 72; LG Hamburg, Urt. v. 27.01.2005 – 411 O 127/04 n.v.; aA OLG Hamm, Urt. v. 27.03.1998 – 35 W 2/98, OLGR 1998, 177. OLG Celle, Urt. v. 21.04.2005 – 11 U 263/04, NJW-RR 2005, 1013. Ebenso OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1426). Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54.

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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2007, 16 W 44/07, BeckRS 2007, 16108. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.08.2007, 16 W 44/07, BeckRS 2007, 16108; BGH v. 01.12.1978 I ZR 7 /77, WM 1979, 304 = NJW 1979, 764; v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, WM 2007, 1418 (1420). Küstner/Thume I Rn 1518; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 13. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 64; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. Seetzen WM 1995, 218; Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 54; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 82.

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den Geschäftsräumen oder der Einsicht1029. Das OLG Frankfurt am Main1030 befürwortet eine Vollstreckung durch Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO, sofern der Unternehmer den Zugang zu den Unterlagen insgesamt versperrt und etwa Schlösser zu erbrechen sind oder falls vorhandene Unterlagen, deren Standort bekannt sind, zusammengesucht werden müssen. Gerade die Suche dürfte jedoch eher einen Fall des § 887 ZPO bilden. Denn wie soll der Gerichtsvollzieher eine solche durchführen?

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4. Eidesstattliche Versicherung. Die Vollstreckung der eidesstattlichen Versicherung erfolgt gem. §§ 889, 888 ZPO: Die Erklärung ist vor dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht abzugeben, in dessen Bezirk der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz hat. Erscheint der Schuldner nicht oder verweigert er die Abgabe, so erfolgt die Zwangsvollstreckung gemäß § 888 ZPO als nicht vertretbare Handlung durch Zwangsgeld. Bei freiwilliger Erfüllung gilt § 261 BGB. Den Inhalt der abzugebenden Versicherung bestimmt der Unternehmer. Da er nichts Unrichtiges versichern kann, darf er auch Einschränkungen abgeben; er dürfte schon wegen des Rechtsstaatsprinzips nicht zu unwahren Aussagen gezwungen werden1031. Würde er gezwungen werden, so könnte er sich auf eine strafausschließende Pflichtenkollision berufen. Ggf. wäre hierüber im Vollstreckungsverfahren (Vollstreckungsgegenklage) zu streiten.

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5. Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren. Im Verfahren zur Vollstreckung einer Verurteilung, den Buchauszug zu erteilen, ist der vom Informationsschuldner zu beweisende Einwand zu prüfen, er habe den titulierten Anspruch bereits erfüllt1032. Für die Entscheidung, ob der titulierte Anspruch erfüllt wurde, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich, nicht die materiell-rechtliche Rechtslage1033. Dies gilt auch bei einem Anerkenntnisurteil1034. Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs ist jedenfalls dann erfüllt, wenn der Buchauszug formal den Anforderungen des Urteils im Grundsatz entspricht, insb. wenn er sämtliche in den Büchern verzeichnete Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern enthaltenen Angaben erfasst1035. In diesem Fall kommt keine Neuerteilung, sondern nur die Ergänzung in Betracht. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Buchauszuges ändern daran nichts1036. Ein Ergänzungs1029 1030 1031

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OLG Koblenz MDR 1994, 198. BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478. BGH, Urt. v. 08.06.1988 – IVa ZR 57/87, NJW 1988, 2729 (2730); OLG Bamberg NJW 1969, 1304 (1305); OLG Köln FamRZ 1990, 1128; Staudinger/Bittner BGB 2009 § 261 Rn 5. BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 Rn 11; Beschl. v. 17.09.2009 – I ZB 67/09, JurBüro 2009, 662 Rn 7; Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); BGHZ 161, 67 (68); BGH v. 22.09.2005 – I ZB 4/05 GuT 2005, 256 (257); v. 07.04.2005 – I ZB 2/05, NJW-RR 2006, 202 (203); OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; aA Musielak/Lackmann § 887 Rn 19; Kannowski/Distler NJW 2005, 865.

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BGH, Beschl. v. 20.01.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 Tn 13; Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); BGH, Urt. v. 17.09.2009 – I ZB 67/09 Rn 8; OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJWRR 2008, 1422. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); BGH, Urt. v. 17.09.2009 – I ZB 67/09 Rn 9. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); OLG Stuttgart Die Justiz 1994, 241 (242); OLG Hamm OLGR 2001, 55 (56); OLG Hamburg HVR Nr. 956.

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§ 87c

anspruch kann auch im Zwangsvollstreckungsverfahren durchgesetzt werden1037; der HV braucht sich nicht auf den Weg der Bucheinsicht nach § 87 Abs. 4 verweisen zu lassen1038, da er dann – wenig prozessökonomisch – erneut einen Titel suchen müsste1039. Trotz formaler Vollständigkeit darf der Gläubiger Ergänzung verlangen, wenn Angaben über bestimmte Teilbezirke oder Zeiträume fehlen1040 (Rn 144). Umgekehrt darf trotz formaler Unvollständigkeit keine Ergänzung gefordert werden, sofern dies § 242 BGB widerspricht1041. Jener § 242 BGB-Einwand kommt aber als Ausnahmetatbestand nur in Betracht, falls es sich um Angaben handelt, deren Fehlen weder die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit des Auszugs insgesamt berührt noch den Gläubiger in der Überprüfung und Geltendmachung seiner Provisionsansprüche beeinträchtigt1042. Dabei trägt der Vollstreckungsschuldner für einen Verstoß gegen das prozessuale Missbrauchsverbot die Darlegungs- und Beweislast1043, der Einwand mangelnder Provisionsrelevanz soll nicht genügen1044. Die Beweislast für den Einwand, der titulierte Anspruch sei erfüllt, trägt der Unternehmer1045. Strenger war noch das OLG München: Dem Erfüllungseinwand des Unternehmers sei im Vollstreckungsverfahren nur dann nachzugehen, wenn die Erfüllung liquide beweisbar sei1046. Soweit sie sich nur durch ein Beweisverfahren, etwa Zeugenaussagen oder Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen lasse, solle gem. der Wertung des § 775 ZPO die Vollstreckung fortzusetzen und der Schuldner auf eine Vollsteckungsabwehrklage nach § 767 ZPO verwiesen werden1047. Es spricht viel für die Richtigkeit der Ansicht des OLG München.

D. Die Informationsansprüche in der Insolvenz Wie ausgeführt hat der Unternehmer dem HV gem. § 87c Abs. 1 mindestens alle drei 207 Monate eine Abrechnung über sämtliche dem HV zustehenden Provisionsansprüche zu erteilen1048. Mit der Beendigung des HV-Vertrages ist der Unternehmer zur sofortigen Abrechnung verpflichtet. Dies gilt auch im Falle der ipso iure Beendigung des HV-Vertrages wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers1049. Der insolvente Unternehmer ist demzufolge ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zur sofortigen Abrechnung der Provisionsansprüche verpflichtet. Der HV ist mit den noch ausstehenden Provisionsansprüchen wegen bereits abgewickelter Geschäfte einfacher Insolvenzgläubiger gemäß § 38 InsO. Er muss diese Insolvenzforderungen 1037 1038

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OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.05.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 Rn 13 f; aA OLG München, Urt. v. 21.08.1987 – 23 U 3376/87, NJW-RR 1988, 290. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); BGH v. 20.02.1964 – VII ZR 147/62, LM HGB § 87c Nr. 4a = VersR 1964, 429; OLG Hamm OLGR 2001, 55, 56. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; Beschl. v. 09.02.2004 – 19 W 2/04.

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OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. BGH, Beschl. v. 26.04.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGHZ 161, 67 (72); Kannowski/Distler NJW 2005, 865 (868); aA Schuschke InVo 2005, 396 (397). OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); strenger (Einwand unbeachtlich) Küstner/Thume I Rn 1499. OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035). Hierzu Emde MDR 2003, 1151 ff. Küstner/Thume I Rn 1452 und Rn 1456.

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gemäß § 174 InsO unter Angabe von Grund und Höhe zur Insolvenztabelle anmelden. Dabei befindet er sich in einer ungünstigen Situation. Die genaue Höhe der Provisionsansprüche hängt von einer Auskunft oder Berechnung des Unternehmers ab. Eine Anmeldung zur Insolvenztabelle ohne Nennung eines Betrages, nur unter Angabe des Anspruchsgrundes, sieht die InsO nicht vor1050. Der HV ist deshalb darauf angewiesen, eine aussagekräftige Abrechnung von seinem Schuldner zu erhalten, um die Höhe der Provisionsansprüche genau benennen zu können. Aus der Sicht des HV erscheint es hilfreich, dass der Abrechnungsanspruch unmittelbar mit der Vertragsbeendigung entsteht, und nicht etwa das Ende des üblicherweise einzuhaltenden Dreimonatszeitraums abzuwarten ist. Der HV wird dadurch in die Lage versetzt, seine Forderungen innerhalb der vom Insolvenzgericht gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 InsO bestimmten Anmeldefrist, die schließlich kürzer als drei Monate sein kann1051, zur Insolvenztabelle anzumelden. In der Insolvenz des Unternehmers fragt es sich, ob die Ansprüche des § 87c vom 208 Insolvenzverwalter oder vom Insolvenzschuldner zu erfüllen sind. Das OLG Neustadt hat in einer älteren, vielfach zitierten Entscheidung geurteilt, dass die Ansprüche aus § 87c keine Konkursforderungen gemäß § 3 KO seien und daher nur vom Gemeinschuldner selbst erfüllt werden könnten1052. Dieser Meinung wird insbesondere in der insolvenzrechtlichen Literatur teilweise gefolgt1053. Sie stützt sich unter anderem darauf, dass der Abrechnungsanspruch gemäß § 87c Abs. 1 ein besonderer Fall des allgemeinen Rechnungslegungsanspruchs sei, der wiederum auf die Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet sei, so dass kein Grund bestehe, den Abrechnungsanspruch nach § 87c Abs. 1 vollstreckungsrechtlich anders zu beurteilen1054. Richtigerweise ist aber im Regelfall der Insolvenzverwalter in Anspruch zu nehmen1055, soweit er erfüllen kann1056. Davon ist auszugehen, wenn eine Ersatzvornahme möglich wäre1057. Gegen die Ansicht des OLG Neustadt1058 spricht, dass die von § 87c umfassten Ansprüche grundsätzlich auf die Vornahme von vertretbaren Handlungen iSd § 887 ZPO gerichtet sind1059, das Gesetz zumindest aber die Fertigung des Buchauszuges als vertretbare Handlung ansieht, weil er nach § 87c Abs. 4 bei Verweigerung oder begründeten Zweifeln an Richtigkeit 1050

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Allerdings dürfte eine Schätzung des Betrages nach § 45 S. 1 InsO möglich sein. § 45 S. 1 InsO lautet: „Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann.“ Vgl. § 28 Ab 1 S. 2 InsO: „Die Frist ist auf einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monaten festzusetzen.“ Urt. v. 06.10.1964 – 1 U 67/64, NJW 1965, 257. Uhlenbruck/Uhlenbruck, § 38 Rn 24. OLG Neustadt NJW 1965, 257; So auch OLG München MDR 1960, 404. OLG Naumburg, Urt. v. 22.11.1995 – 8 U 16/95, NJW-RR, 1996, 993 = EWiR 1996, 313 (Wittkowski); Emde MDR 2003, 1151 (1152); Küstner/Thume I Rn 1457; Schwab in: Martinek/Semler/Habermeier, § 17

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Rn 147 f ; Hopt § 87c Rn 7; für die Auskunftsrechte nach §§ 51a, b GmbHG auch OLG Hamm v. 25.10.2001 – 15 W 118/01, NJW-RR 2002, 1396; aA zur KO OLG Neustadt NJW 1965, 257. OLG Naumburg EWiR 1996, 313 (Wittkowski); Küstner/Thume I Rn 1457; Hopt § 87c Rn 7; für die Auskunftsrechte nach §§ 51a, b GmbHG auch OLG Hamm NJW-RR 2002, 1396; aA zur KO OLG Neustadt NJW 1965, 257. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e. NJW 1965, 257; zustimmend Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Aufl., § 3 Rn 21. Vgl. etwa OLG Hamm NJW-RR 1994, 489; OLG Koblenz NJW-RR 1994, 358; Küstner/Thume I Rn 1457; Ruß in: HKHGB, § 87c Rn 3; FK-InsO/Schumacher § 38 Rn 10; Dies hatte auch das OLG Neustadt so gesehen, einen Anspruch gegen den Konkursverwalter aber dennoch verneint.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87d

und Vollständigkeit auch durch einen Dritten – Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen – erstellt werden kann (Rn 198)1060. Des Weiteren sind die Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche des § 87c lediglich Hilfsansprüche des HV zur Ermittlung seiner Provisionsansprüche, welche im Insolvenzverfahren auch nicht gegen den Unternehmer, sondern gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen sind1061. Falls dem Verwalter die Erfüllung unmöglich ist und sich die entsprechenden Informationen bei dem Insolvenzschuldner befinden, ist jener auskunftspflichtig und kann trotz der Insolvenz durch den Vertreter persönlich in Anspruch genommen werden. Gegen die Annahme einer persönlichen Schuld des Insolvenzschuldners spricht auch, 209 dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein alleiniges Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters gemäß § 80 Abs. 1 InsO begründet wird. Dieses Recht erstreckt sich auch auf die Geschäftsbücher, weil sie gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO zur Insolvenzmasse gehören. Der Insolvenzschuldner hat daher grundsätzlich kein Recht mehr, auf die erforderlichen Unterlagen zuzugreifen. Das Zugriffsrecht steht dem Insolvenzverwalter zu, so dass mit der Begründung des alleinigen Verwaltungs- und Verfügungsrechts auch die Verpflichtung des Insolvenzverwalters einhergeht, an Stelle des Unternehmers dem HV Buchauszug und Abrechnung zu erteilen1062. Es kann eine Vollstreckung nach § 888 ZPO notwendig sein, falls der Anspruch aus- 210 nahmsweise auf die Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Bücher überhaupt nicht (mehr) vorhanden sind, wenn sie so geführt sind, dass sie von einem Dritten nicht ausgewertet werden können, oder wenn eine notwendig rechnergestützte Übersicht nicht durch einen Außenstehenden erstellt werden kann1063 (Rn 199). Ein solcher Anspruch ist gegenüber dem Insolvenzschuldner geltend zu machen. Die für die Vollstreckung einer vertretbaren Handlung nach § 887 ZPO angefallenen Kosten sind Masseverbindlichkeiten, die der Insolvenzverwalter vorab vollumfänglich zu berichtigen hat1064.

§ 87d Aufwendungsersatz Der Handelsvertreter kann den Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur verlangen, wenn dies handelsüblich ist.

Schrifttum Schröder Unkostentragung nach Handelsvertreterrecht DB 1956, 417 (441); Steindorff Wertersatz für Schäden als Aufwendungsersatz im Arbeits- und Handelsrecht, FS H. Dölle, 1963, Band 1, S. 273.

1060 1061 1062

Küstner/Thume I Rn 1457. OLG Naumburg Urt. v. 22.11.1995 – 8 U 16/95, NJW-RR 1996, 993 (994). OLG Naumburg, NJW-RR 1996, 993; Schwab in: Martinek/Semler/Habermeier, § 17 Rn 147 f; Kilger/Schmidt Insolvenzgesetze, 17. Aufl. 1997, Anm. 2e zu § 3 KO.

1063

1064

OLG Köln, Beschl. v. 03.05.1995 – 3 W 10/95, NJW-RR 1996, 100; Hopt § 87c Rn 12; Wittkowski EWiR § 87c 2/96, 313. Schwab in: Martinek/Semler/Habermeier, § 17 Rn 147 f.

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§ 87d

1. Buch. Handelsstand

Übersicht Rn A. Übersicht und Abgrenzung

Rn

. . . . . .

1–2

. . . . . . . . . . .

3

E. Aufwendungsersatz kraft Vereinbarung

. . . .

4

F. Geschäftsführung ohne Auftrag . . . .

13

D. Die Regelung im Einzelnen . . . . . . I. Der Handelsvertreter . . . . . . . II. Kann . . . . . . . . . . . . . . . III. Aufwendungen . . . . . . . . . . IV. Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen . . . . 1. Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden . . . . . . . 2. Nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden . . . . . . .

5–11 5 6 7

G. Fälligkeit des Ersatzanspruchs . . . . .

14

H. Besonderheiten des Fixums

15

B. Pfändungsschutz

C. Europarechtliche Präformation

V. Handelsüblich

I. Dispositivität

8–10 8

. . . . . . . . . .

. . . . . .

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. . . . . . . . . . . . .

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J. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . .

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K. Aufwendungsersatzanspruch in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . .

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A. Übersicht und Abgrenzung 1

Gemäß § 670 i. V. m. § 675 BGB hat der in entgeltlicher Geschäftsbesorgung für einen anderen Tätige Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, welche er zum Zwecke der Geschäftsbesorgung macht und die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Diese Rechtslage und eine Ersatzpflicht des Unternehmers sind für den HV durch § 87d im Kern außer Kraft gesetzt1, mit Ausnahme von fünf vom HV zu beweisenden Ausnahmefällen2: a) der Ersatz entspricht der Handelsüblichkeit, b) es handelt sich um vom Unternehmer veranlasste (beauftragte, § 670 BGB) oder ihm zuzurechnende, im nicht regelmäßigen Geschäftsbetrieb des HV entstandene Aufwendungen, c) der Ersatz wurde ausdrücklich oder konkludent vereinbart3 (etwa im HV-Vertrag, d) es liegen die TB-Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683 BGB oder e) einer Vergütungspflicht nach § 3544 vor. Man kann sich angesichts des Wortlauts des § 87d streiten, ob die Norm eine Anspruchsgrundlage oder einen Ausschlusstatbestand (Begrenzung des § 670 BGB) begründet. Richtig ist die Einordnung als Anspruchsgrundlage. Anderenfalls fehlte eine spezielle Anspruchsgrundlage des HVRechts. Der HV ist selbständiger Kaufmann. Seine Geschäftskosten, insbesondere die inneren 2 Kosten des eigenen Betriebs5, muss er grundsätzlich aus seiner vertraglichen Vergütung – gesetzestypisch Provision und ggf. Ausgleichsvergütung nach § 89b – bestreiten. Darauf beschränkt sich im Regelfall die Zahlungspflicht des Unternehmers6. Nur wenn der Anwendungsbereich der kostenlosen Bereitstellungspflicht produktspezifischer Hilfsmittel des § 86a Abs. 1 erreicht (§ 86a Rn 72 ff), etwas Gegenteiliges vereinbart – § 87d ist

1

2 3

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Roth BB 2010, 2000 (2001); Ebenroth/ Löwisch § 87d Rn 1; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 7. Schröder DB 1956, 417; Steindorff S. 283, 285. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 17. I.E. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 4; Heymann/

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5 6

Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 2; HK/Ruß § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 6, 7; Schröder § 87d Rn 4a, 5. Genzow in: Ensthaler § 87d Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 1; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 1, 4; Hopt § 87d Rn 1.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87d

dispositiv7 – oder handelsüblich ist, besitzt der HV Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen. Die zu § 670 BGB entwickelten Grundsätze der Schadensverlagerung auf den Arbeitgeber sowie zur gefahrgeneigten Arbeit lassen sich wegen der Selbständigkeit des HV nicht auf das Verhältnis zwischen ihm und dem Unternehmer übertragen8. Solches besagt indessen nicht, dass der HV mangels Vereinbarung oder Handelsüblichkeit in keinem Falle vom Unternehmer Ersatz seiner Aufwendungen verlangen könne. § 87d beschränkt den Ausschluss des Ersatzes auf diejenigen Aufwendungen, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehen. Der HV darf für seinen Unternehmer Tätigkeiten auch jenseits des regelmäßigen Geschäftsbetriebes übernehmen. Geschieht das, so ist mangels gesonderter vertraglicher Vereinbarung – die oft vorliegen dürfte – ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 670 BGB begründet (Rn 1, 10). Erfolgt die Übernahme im Interesse des Unternehmers, aber ohne Beauftragung, kann ein gleicher Anspruch aus § 683 BGB nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag begründet sein (Rn 13). Auch kann der HV in solchen Fällen für den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft eine Vergütung nach § 354 verlangen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (Rn 9)9. Ob die Voraussetzungen des § 354 vorliegen, ist vorrangig zu prüfen. Denn § 354 gibt den umfassenderen Anspruch, nämlich auf eine meist höhere Vergütung, die wegen des Amortisationsgedankens die Summe der üblichen Aufwendungen übersteigt. Für eine zusätzliche Pflicht zum Ersatz der Aufwendungen ist dann kein Raum mehr.

B. Pfändungsschutz Der Aufwendungsersatz unterliegt dem Pfändungsschutz gem. § 850a Nr. 3 ZPO10. 3 Erhält der HV eine pauschale Kostenerstattung, ist nur der Anteil unpfändbar, der die tatsächlichen Kosten deckt11. Reicht der pauschale Aufwendungsersatz zur Deckung der wirklichen Kosten nicht aus, erstreckt sich der Pfändungsschutz nach § 850a Nr. 3 auch auf die vom Aufwendungsersatz nicht gedeckten Kosten12.

C. Europarechtliche Präformation § 87d fand keine Entsprechung in der HV-Richtlinie 1986 und ist daher europarecht- 4 lich nicht präformiert.

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8

Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 2; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 8; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 8.

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Schröder § 87d Rn 1. Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 3. Müller ZfV 1975, 19; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 3. Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 3; Meyer DB 1952, 693.

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1. Buch. Handelsstand

D. Die Regelung im Einzelnen I. Der Handelsvertreter 5

Es handelt sich um den HV iSd § 84. Wer HV ist siehe dort. Grundsätzlich setzt § 87d einen wirksamen HV-Vertrag voraus. Der unwirksame, jedoch faktisch durchgeführte Vertrag steht dem gleich. Vor-13 und nachvertragliche14 Kosten können, sofern sie mit dem HV-Vertrag in Zusammenhang stehen, nach § 87d behandelt werden, zumindest in analoger Anwendung. Der § 87d zugrundeliegende Grundsatz sowie die zu ihm entwickelte Rechtsprechung lässt sich auf handelsvertreterähnliche Kommissionsagenten, Vertragshändler und Franchisenehmer übertragen15.

II. Kann 6

Der HV „kann“ Ersatz seiner Aufwendungen erhalten. Dies bedeutet, dass es für den Aufwendungsersatz auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Es handelt sich bei der Entscheidung über den Aufwendungsersatz um eine gebundene Ermessensentscheidung, die an den TB-Voraussetzungen des § 87d auszurichten ist.

III. Aufwendungen 7

Der Begriff der Aufwendungen entspricht grundsätzlich dem des § 670 BGB. Aufwendungen sind alle Kosten und kostenauslösenden Maßnahmen bzw. alle Vermögensopfer16, die unmittelbar oder mittelbar durch die Ausübung des konkret vom HV betriebenen Geschäfts entstehen17, z.B. die üblichen Werbungskosten sowie Belastungen für die Beseitigung von Schäden, welche der HV sich oder Dritten anlässlich seiner Berufsausübung zufügt. Auch unfreiwillige Vermögensopfer des HV bei Ausführung des Auftrages sollten hierunter verstanden werden18. Eines Rückgriffes auf § 670 BGB oder auf die Grundsätze der Risikozurechnung bedarf es bei diesem Verständnis nicht19.

IV. Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen 8

1. Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden. § 87d begründet die Ersatzpflicht des Unternehmers nur für Aufwendungen, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden. Jene hat der HV in Abkehr von der Regel des § 670 BGB grundsätzlich selbst zu tragen. Zu den in solchem regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen zählen alle Kosten und Lasten, welche bei der Erfüllung der dem HV durch seinen Vertrag ohne besonderes Entgelt auferlegten Haupt- oder Nebenpflichten anfallen20, die also 13 14 15 16

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Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 2; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 3.

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19 20

Siehe § 110; für weiten Aufwendungsbegriff Steinddorff in: FS Dölle, 1963, I 273; aA Hopt § 87d Rn 3. So aber Hopt § 87d Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 3; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 4; Hopt § 87d Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 9; Schröder § 87d Rn 3.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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im weitesten Sinn unmittelbar oder mittelbar seinem Geschäftsbetrieb oder seinen üblichen Vermittlungs- und Abschlussbemühungen dienen21. Maßgeblich sind die Verhältnisse des Einzelfalls, ggf. ist der Vertrag gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen. Hierzu gehören insbesondere Kosten für den Abschluss des HV-Vertrages22, Fahrtkosten, Aufwendungen, die aus der Haltung eines Kfz entstehen, Porti, Telegramm- und Fernsprechkosten, Kosten für Warenrepräsentation23, Geschäftsmiete, Reisekosten zu Vertreterbesprechungen24, Eigenwerbung25, Kosten der nicht mit dem Unternehmer abgesprochenen Werbemaßnahmen26, Fracht für Musterkoffer (außer im Falle der Versendung vom Unternehmer – dann liegt ein Fall der kostenlosen Bereitstellungspflicht nach § 86a Abs. 1 vor), Produkt- und Kundenpflege27, für Bewirtung, etwa von Kunden28, sowie technische Unterstützung des Kunden u. dgl. sowie – weil ohnehin unzulässig29 und mithin nicht ersatzfähig – die Kosten von Schmiergeldern30. Hat der HV im Vertrage sich zu weiteren Tätigkeiten als der Vermittlung von Geschäften verpflichtet, die an sich Obliegenheit des Unternehmers wären, z.B. Unterhaltung eines Auslieferungslagers31, Bereitstellung eines Kundendienstes, so können sich die Aufwendungen hierfür – Lagerraummiete, Versicherungsprämien, Kosten der Auslieferung der Ware an den Kunden – ebenfalls zu den nicht ersatzfähigen Aufwendungen im regelmäßigen Geschäftsbetrieb zuordnen. Sie pflegen bei der Bemessung der Provision einkalkuliert zu sein. Es kommt aber auf den Einzelfall an. Reklame für die zu vertreibenden Objekte ist grundsätzlich Sache des Unternehmers. Sie zählt nicht zu den Kosten des regelmäßigen Geschäftsbetriebes; anders Aufwand an Werbung für die Agentur als solche. 2. Nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden. Nicht im regelmäßigen Ge- 9 schäftsbetrieb entstandene Aufwendungen sind zu erstatten (diejenigen, die § 87d nicht als Anspruchsgrundlage sehen, entnehmen das einem Umkehrschluss aus § 87d)32, soweit sie vom Unternehmer veranlasst wurden oder ihm zuzurechnen sind. Außer dem Umkehrschluss lässt sich solches § 354 (Mindestvergütung in Höhe der Aufwendungen; zudem § 354 s. §§ 87 Rn 28 f) sowie § 670 BGB entnehmen. Nach aA, die meist zum selben Ergebnis gelangt, ist bei Aufwendungen außerhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebes zwischen solchen zu unterscheiden, bei denen der HV auf Weisung des Unternehmers gehandelt hat bzw. bei Abweichen von der Weisung nach den Umständen annehmen durfte, dass der Unternehmer bei Kenntnis der genauen Sachlage die Ab21 22 23

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Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 3. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 182; Ebenroth/ Löwisch § 87d Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 5; Schröder § 87d Rn 3b; aA LAG Bremen DB 1955, 535; Hopt § 87d Rn 4; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13 Vogels/ Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 182.

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31 32

Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6; aA Hopt § 87d Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. Hopt § 87d Rn 4; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 4. IntBestG v. 10.09.1998, BGBl. II 2327; OECDÜbK BGBl. II 1998, 2329.; siehe Krause/Vogel RIW 1999, 488; Zieschang NJW 1999, 105. BGHZ 94, 272; Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6; Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 4; krit. Fikentscher/Waibl IPrax 987, 86. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6. AA Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 5: Nur wenn Anspruch aus § 670 BGB.

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weichung billigen würde, und solchen Aufwendungen, die er aus eigener Initiative, also als Geschäftsführer ohne Auftrag bzw. außerhalb des Auftrags, erbringt33. In der erstgenannten Fallgruppe sollen die Aufwendungen stets nach den §§ 670, 675 BGB zu ersetzen sein34. Im letztgenannten Fall hängt der Anspruch auf Aufwendungsersatz davon ab, ob die Maßnahmen des HV dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechen (§ 683 S. 1 BGB)35. Veranlasst sind vom Unternehmer geforderte oder herausgeforderte Aufwendungen. 10 Es handelt sich hierbei um den Fall des § 670 BGB, weil der HV durch die Ausführung konkludent36 ein Angebot des Unternehmers auf Auftragsdurchführung annimmt. Dem Unternehmer zuzurechnen sind die Aufwendungen, deren Übernahme durch den HV nach den Verhältnissen des Einzelfalls (Abgrenzung von der Handelsüblichkeit) redlicherweise nicht erwartet werden darf, und die in direkter oder analoger Anwendung der § 670 BGB37, § 354 zu erstatten sind. Gemeint ist der regelmäßige Geschäftsbetrieb, den der HV auf Grund seines HV-Vertrages und der darin konkret übernommenen Pflichten zu unterhalten hat, nicht etwa der für HV dieser Sparte „übliche“ Geschäftsbetrieb38. Zu den nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen zählen diejenigen aus der Inanspruchnahme des HV für Dienste, die er nicht schon im Vertrage übernommen hat und die auch nicht zum normalen Aufgabenkreis des HV gehören. So je nach den Umständen des Einzelfalls: Versendung von Offerten, Verzeichnissen, Mustern, wenn sie für den Unternehmer erfolgt, oder Erwirkung von Aus- oder Einfuhrbewilligungen; Kosten für die Messeteilnahme mit Standdienst39, für im Interesse des Unternehmers (etwa zur Durchführung des Geschäfts) einzuholende Genehmigungen40 (nicht aber solche, die der HV für seinen allg. Geschäftsbetrieb benötigt) oder Kundendienst ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung41 u.ä. Maßnahmen42. Nach §§ 55 Abs. 4, 91 Abs. 2 ist der HV zwar ermächtigt, die Erklärung des Kunden, dass die Ware zur Verfügung gestellt werde, kostenfrei43 entgegenzunehmen; er dürfte zur Entgegennahme einer solchen Erklärung sogar verpflichtet sein. Nicht aber ist er verpflichtet, die zur Verfügung gestellte Ware entgegenzunehmen, für den Unternehmer einzulagern und an ihn weiterzuleiten. Die Kosten hierfür darf er, wenn nicht im Vertrage ein anderes bestimmt ist, vom Unternehmer nach §§ 670, 675 BGB ersetzt verlangen. So ist es Handelsbrauch im HV-Recht44. Unterhält der HV ein Auslieferungslager, übernimmt er aber für den Unternehmer den Transport der Ware zum Kunden, so gilt das gleiche45; es sei denn, der HV hat das auf eigene Initiative und im eigenen Fahrzeug bewerkstelligt, um mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben46. Marktanalysen47, allgemeine Werbung, die Versicherung der kostenfrei zur Verfügung zu stellenden Musterstücke48, die nach § 86a

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Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. Palandt/Sprau § 662 Rn 2. Vgl. Palandt/Sprau Einf. § 661 Rn 9. Schröder § 87d Rn 3, 3a. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13; Hopt § 87d Rn 4 (Auslegung nach §§ 133, 157 BGB); aA Ebenroth/ Löwisch § 87d Rn 6. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 7.

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RGZ 109, 254. AA Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 7; Schröder § 91 Rn 11. Gutachten Nr. 169, zit. bei Schröder § 87d Rn 5a. OLG Bremen DB 1960, 1212; Ebenroth/ Löwisch § 87d Rn 7; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. LAG Bremen DB 1960, 1212. Hopt Rn 4; aA Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 7.

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vom Unternehmer zu erbringenden Rechte und Pflichten49, etwa die Bereitstellung der in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen50, sowie Bonitätsauskünfte51 (etwa Creditreform) sind Sache des Unternehmers. Ob hierfür, wenn der HV sie übernimmt, Aufwendungsersatz nach §§ 670, 675 BGB verlangt werden kann, hängt von der Prüfung ab, wieweit der HV sie in Wahrnehmung einer Geschäftsbesorgungsfunktion für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB). Gehen die Kosten über das gewöhnliche Maß hinaus, wird er auch nach den Rechtsgedanken der §§ 683 S.1 254 BGB in jedem Falle zuvor die Entschließung des Unternehmers einholen müssen; anderenfalls kann der Unternehmer die Erstattung von vornherein ablehnen. Hat der Unternehmer eine Werbung des HV für den Unternehmer oder dessen Produkte zwar nicht ausdrücklich gewünscht, aber ohne entsprechenden Vorbehalt geduldet, so dass der HV auf dessen Einverständnis mit jener Werbung und der Übernahme der dadurch entstandenen Kosten rechnen durfte, sind ihm diese ausnahmsweise zu erstatten52.

V. Handelsüblich Auch die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen sind aus- 11 nahmsweise (vom HV zu beweisende Ausnahme) zu erstatten, falls dies handelsüblich ist. Insoweit bildet § 87d trotz seiner negativen Fassung, die in erster Linie auf den Ausschluss der Ersatzpflicht zu zielen scheint, auch eine Anspruchsgrundlage. Auf die Handelsüblichkeit ist allerdings nur abzustellen, sofern eine konkludente oder ausdrückliche Verpflichtung der Ersatzpflicht durch den Unternehmer fehlt. Bei der Frage der Handelsüblichkeit kommt, abweichend von dem Kriterium des regelmäßigen Geschäftsbetriebs, der Maßstab des für HV53 dieser Sparte oder Branche Üblichen zur Geltung. Dabei kommt es regelmäßig auf die Verhältnisse am Tätigkeitsort des HV an. Sie sind vom Anspruchsteller zu beweisen, z.B. durch das Beweisangebot eines Sachverständigengutachtens der Handelskammer. Die Generalisierung des Maßstabs bedingt in solchen Fällen zugleich eine Beschränkung der Ersatzfähigkeit auf Aufwendungen üblicher Größenordnung. Regelmäßig ist von fehlender Üblichkeit der Übernahme der Geschäftskosten durch den Unternehmer auszugehen. Gibt es eine Übernahmepflicht des Unternehmers, so sind Aufwendungen vorausgesetzt, die außerhalb des normalen Geschäftsbetriebes anfallen; übersteigen sie das übliche Maß, würde der HV wiederum, bevor er solche Aufwendungen eingeht, die Entschließung des Unternehmers einzuholen haben. Vgl. zum Handelsbrauch in einzelnen Fachzweigen: Der Handelsbrauch im Handelsvertreterrecht, 1952 Nr. 168–179. Die Erstattung von Kosten, welche für den Abschluss des HV-Vertrages entstehen, etwa Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen54, ist anders als bei Arbeitnehmern nicht üblich55.

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Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 7. Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 7. LAG Bremen vom 09.03.1955, DB 1955, 535; Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 15; aA Ebenroth/Löwisch § 87d

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Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 6; Schröder § 87d Rn 4 (es kommt auf die Verhältnisse in der Branche des Unternehmers an). AA LG Hagen v. 25.02.1981 – 17 S 19/81, HVR Nr. 543; Hopt § 87d Rn 5; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 9: Erstattungsfähigkeit nach § 670 BGB. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 8.

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1. Buch. Handelsstand

E. Aufwendungsersatz kraft Vereinbarung 12

Vereinbarungen über Aufwendungsersatz überheben der Notwendigkeit einer Prüfung, ob die Aufwendungen im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden sind oder ihre Ersatzfähigkeit als handelsüblich anerkannt ist. Die Vereinbarung kann allgemein im Voraus, ausdrücklich oder konkludent, pauschaliert oder nicht pauschaliert, getroffen sein (Spesenzuschuss, Fixum), oder für den Einzelfall. LAG Bremen56 hat die über längere Zeit sich hinziehende Duldung durch den Unternehmer, der von laufenden Werbemaßnahmen des HV wusste, als stillschweigende Beauftragung angesehen und den Unternehmer wegen der Werbungskosten für ersatzpflichtig gehalten.

F. Geschäftsführung ohne Auftrag 13

Der Unternehmer schuldet auch dann Ersatz der Aufwendungen des HV, falls – vom HV zu beweisen – die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen (§§ 677, 683 BGB)57. Bei der Ermittlung des Interesses sowie des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Unternehmers nach §§ 677, 683 BGB ist vom Regelfall auszugehen, nach dem der Unternehmer im Zweifel über die Provisionszahlung und etwaige weitere Vergütungsversprechen hinaus ohne ausdrückliche Absprache keine weitere Zahlungen für Leistungen des HV erbringen will58. § 87d spiegelt diesen Regelfall wieder.

G. Fälligkeit des Ersatzanspruchs 14

Der Ersatzanspruch ist fällig, sobald die ersatzfähige Aufwendung getätigt wurde. Falls voraussichtlich ein Aufwendungsersatzanspruch gegeben ist, besitzt der HV einen Vorschussanspruch analog § 669 BGB, über den der HV später abzurechnen hat59. Der Unternehmer darf gegen diesen Anspruch – wie grundsätzlich gegen jede Forderung des HV – aufrechnen60.

H. Besonderheiten des Fixums 15

Werden feste Kostensätze (Aufwendungspauschale, Spesenpauschale, Fixum) neben der Provision gewährt, ist ihre Zahlung nicht an die Voraussetzung gebunden, dass der HV Aufträge hereinbringt; derartige fixe Kostenbeiträge sind keine Erfolgsprämie. Jedoch entfällt der Anspruch auf die Beiträge, sofern der HV vertragswidrig ohne Grund,

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DB 1955, 535. I.E. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 2; HK/Ruß § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 6, 7; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 2; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 87d Rn 8; Schröder § 87d Rn 4a, 5.

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Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 4; Schröder DB 1956, 417. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 16. AA Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 7.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87d

aber auch infolge Krankheit oder Freistellung von der Verpflichtung zum Tätigwerden keine Tätigkeit für den Unternehmer entfaltet hat, ausgenommen den zur Deckung der fortlaufenden Kosten erforderlichen Anteil61. Im Zweifel ist es Geschäftsgrundlage einer solchen Abrede, dass der HV seine Vertragspflichten in angemessener Weise erfüllt62. Hat der HV eine Tätigkeit für den Unternehmer aus eigenem Antrieb unterlassen, so wird seinem Anspruch auf das „Fixum“ in voller Höhe der Einwand der Arglist sowie des § 320 BGB entgegenstehen, freilich nicht schon dann, wenn der Unternehmer der Meinung ist, der HV habe nicht genügend Erfolge erzielt oder sich nicht genügend eingesetzt63.

I. Dispositivität Wie dargelegt ist § 87d dispositiv64. Allerdings bestimmt die Norm das gesetzliche 16 Leitbild. Durch AGB darf ein Verwender daher nicht ohne guten Grund vom Regelungsgehalt abweichen65. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird dieses Abweichungsgebot zu Lasten des Unternehmers gereichen, der meist die AGB stellt.

J. Beweislast Der HV hat alle TB-Voraussetzungen seines Aufwendungsersatzanspruches vorzutra- 17 gen sowie zu beweisen66, und zwar zum einen weil er für alle ihm günstigen Ansprüche beweispflichtig ist, zum anderen, da es sich bei dem Aufwendungsersatz um eine Ausnahme von der Regel handelt („nur verlangen“).

K. Aufwendungsersatzanspruch in der Insolvenz Der Anspruch auf Aufwendungsersatz folgt hinsichtlich seiner insolvenzrechtlichen 18 Einordnung als Masseverbindlichkeit bzw. als einfache Insolvenzforderung der oben § 87a Rn 86 ff entwickelten Differenzierung. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Anspruch aus einer Tätigkeit herrührt, die auf einem zwischen Insolvenzverwalter und HV nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbarten neuen Vertragsverhältnis beruht. Trifft dies zu, so ist der Aufwendungsersatzanspruch eine vorab zu befriedigende Masseverbindlichkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil er auf einer Tätigkeit des Insolvenzverwalters beruht. Resultiert der Ersatzanspruch dagegen aus dem ursprünglichen HV-Vertrag mit dem insolventen Unternehmer, so stellt er lediglich eine einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO dar.

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LAG Baden-Württemberg DB 1959, 656 (Leits.). Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 10. OLG Braunschweig BB 1956, 226.

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Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 87d Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 87d Rn 13.

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§ 88a

1. Buch. Handelsstand

§ 88a Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters (1) Der Handelsvertreter kann nicht im voraus auf gesetzliche Zurückbehaltungsrechte verzichten. (2) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Handelsvertreter ein nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht an ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen (§ 86a Abs. 1) nur wegen seiner fälligen Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen.

Schrifttum Schneider Aufrechnungsverbot und unabdingbares Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters nach § 88a HGB DB 1969, 1229; Schnitzler Gerichtsstandsvereinbarung und Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters DB 1966, 569.

Übersicht Rn A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . B. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . I. Handelsvertreter . . . . . . . . . II. Nur gesetzliche Zurückbehaltungsrechte sind geschützt . . . . . . . III. Verzicht . . . . . . . . . . . . . IV. Im Voraus . . . . . . . . . . . . V. Umgehungsversuche . . . . . . . VI. Klage . . . . . . . . . . . . . . .

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C. Absatz 2: Einschränkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts des Handelsvertreters . . . . . . . . . . . . . . . . . 11–19 I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . 11 II. Zweck . . . . . . . . . . . . . . . 12 III. Handelsvertreter . . . . . . . . . . 13

Rn IV. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . V. Nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht . VI. Ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Nur wegen fälliger Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Geltendmachung . . . . . . . . . . IX. Allgemeine Schranken des ZBR . . D. Gerichtliche Durchsetzung

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F. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Dispositivität

A. Einleitung 1

Die erst 1953 in das Gesetz eingefügte Bestimmung (das ursprüngliche HGB enthielt keine Regelung des Zurückbehaltungsrecht [= ZBR des HV]) hat zwei Gesichter. Abs. 1 ist eine Schutzvorschrift zugunsten des HV. Abs. 2 engt sein ZBR gegenüber dem allgemeinen bürgerlichrechtlichen und handelsrechtlichen ZBR ein. Eine § 88a entsprechende Regelung findet sich in der HV-Richtlinie 1986 nicht. Die Vorschrift ist damit nicht europarechtlich präformiert.

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§ 88a

B. Absatz 1 I. Handelsvertreter § 88a setzt einen wirksamen oder fehlerhaften, jedoch faktisch in Vollzug gesetzten1 2 HV-Vertrag voraus. Die Norm ist auf andere Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler, Franchisenehmer oder Kommissionsagenten analog anwendbar, soweit sie in einem vergleichbaren, handelsvertreterähnlichen Vertragsverhältnis stehen2 und es um Ansprüche geht, die unmittelbar aus der Geschäftsbeziehung resultieren3, etwa Boni und Prämien4. Das ZBR des echten Untervertreters besteht gegenüber seinem Hauptvertreter5.

II. Nur gesetzliche Zurückbehaltungsrechte sind geschützt Auf sein gesetzliches ZBR soll der HV zu seinem Schutz gegenüber dem leitbildtypisch wirtschaftlich überlegenen Unternehmer6 nach Abs. 1 nicht im Voraus verzichten dürfen. Vertragliche Zurückbehaltungsrechte werden durch Abs. 1 nicht geschützt7. Auf sie kann, wie sie durch Vertrag begründet worden sind, ebenso durch Vertrag noch vor ihrer Entstehung wieder Verzicht geleistet werden. Die Vorschrift schützt ferner nicht das Aufrechnungsrecht. Dies betreffend bleibt es bei den allgemeinen Grenzen des Zivilrechts, insbesondere nach § 307 BGB. Abs. 2 passt ohnehin nicht auf die Aufrechnung. Zur Aufrechnung auch Rn 9. Gesetzliche Zurückbehaltungsrechte sind sowohl diejenigen nach bürgerlichem Recht (§ 273 BGB) wie die weitergehenden nach Handelsrecht (§§ 369 ff). § 88a setzt die gesetzlichen ZBR des HV also voraus und begründet sie nicht8. Die Geltendmachung des ZBR nach § 273 BGB hat zur Folge, dass dem HV ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Der Unternehmer kann jedoch die Ausübung des ZBR durch Sicherheitsleistung abwenden (§ 273 Abs. 3 BGB). Klagt der Unternehmer die Leistung ein, darf der HV aufgrund des Zurückbehaltungsrechts nur zur Leistung Zug um Zug verurteilt werden (§ 274 BGB). Unter den Voraussetzungen des § 369 steht dem HV ein kaufmännisches ZBR zu. Dazu muss der Unternehmer selbst Kaufmann sein9. Das kaufmännische ZBR gewährt dem HV nicht nur ein Leistungsverweigerungsrecht, sondern bei Erfüllung des Tatbestandes des § 371 auch ein Befriedigungsrecht10, beim Notrückbehaltungsrecht des § 370 sogar wegen nicht fälliger Forderungen11. Grundsätzlich darf der HV zur Sicherung seiner Rechte, auch der Ausgleichsvergütung nach § 89b12, unbeschränkt ein ZBR ausüben, selbst an Kommissions- oder Vor1 2

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Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 16; Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 8; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 8. Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 16. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 1; Hopt § 88a Rn 1; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 88a Rn 4; Schröder § 88a Rn 1.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 4. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7. Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 7; Hopt § 88a Rn 1; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7. Genzow in: Ensthaler, § 88a Rn 7. OLG Köln VersR 1970, 53; Ebenroth/ Löwisch § 88a Rn 1.

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ratswaren und trotz der Herausgabepflicht nach § 667 BGB13. Es steht ihm als Druckmittel jederzeit, bei jeder Forderung unabhängig von ihrem Wert14 (selbst bei wertlosen Mustern15) neu entstehend zu, bis die jeweilige Forderung vollständig erfüllt ist16. Ein ZBR und auch die nach Abs. 1 garantierte Unabdingbarkeit ist aber nicht gegeben, wo ein ZBR des HV der Natur der Sache nach ausscheidet, weil es sich nach dem Inhalt der vertraglichen Pflichten verbietet (Rn 19 ff).

III. Verzicht 7

Abs. 1 regelt nur den unabdingbaren17 Verzicht auf das ZBR. Zu weiteren Fragen neben dem Verzicht, etwa zu Entstehen, Fortbestand, Wirkungen und Grenzen des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts des HV sowie zu dem in § 88a nicht angesprochenen ZBR des Unternehmers trifft § 88a keine Bestimmung. Diese Fragen werden durch die das ZBR begründenden Normen der §§ 273 BGB, 369 ff HGB geordnet18. Die Unabdingbarkeit macht nicht nur jeden einseitigen oder vertraglichen Verzicht19, sondern auch jede Beschränkung gem. § 134 BGB unwirksam20, insbes. die Abbedingung des zugunsten des HV als des Gläubigers gegebenen Gerichtsstandes nach § 371 Abs. 421 oder eine Beschränkung des ZBR auf Fälle der Meinungsverschiedenheiten22. Die Ausdehnung auf solche Fälle rechtfertigt sich aus den gleichen Erwägungen wie bei VorausEinschränkungen des Ausgleichsanspruchs, § 89b Rn 321 ff). Der zwingenden Natur widersprechende Weisungen des Unternehmers sind gleichfalls irrelevant23, weil der Unternehmer durch Weisungen nicht über den Regelungsbereich des Abs. 1 disponieren darf.

IV. Im Voraus 8

Nur der Verzicht „im Voraus“ ist unzulässig. Verzicht geleistet werden kann also auf das Zurückbehaltungsrecht, sobald und soweit es in der konkreten Situation ausübbar geworden ist. Akut wird das vor allem für die Zeit nach Ende des Vertragsverhältnisses. Denn nunmehr sind regelmäßig alle zum Entstehen des Rechts erforderliche TB vollständig verwirklicht, die Ansprüche des HV entstanden und fällig24, das Zurückbehaltungsrecht also ausübbar und damit derogierbar25. Das gilt jedenfalls, sofern alle wesentlichen Ansprüche des HV erfüllt oder geregelt sind (§ 90a Rn 14, 73). Der nicht im Voraus ver-

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OLG Köln VersR 1970, 53; Hopt § 88a Rn 1; a.A OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382 (384). Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 2; aA OLG Hamburg HVR Nr. 101; Küstner/Thume I Rn 627. Schröder § 88a Rn 2. BGH, Urt. v. 28.04.1983 – I ZR 101/81, VersR 1983, 873; Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 1.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 11. Schnitzler DB 1966, 569. Hopt § 88a Rn 2; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 1. Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 1. AA Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 5. Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 2. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 13, 14; Schröder § 88a Rn 6.

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§ 88a

einbarte Verzicht ist wirksam26; ein vor diesem Zeitpunkt erklärter Verzicht hingegen nach § 134 BGB unwirksam27. § 242 BGB steht der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts, auf welches unwirksam „verzichtet“ wurde, regelmäßig nicht entgegen28. Ab Vertragsende reduziert sich die Unabdingbarkeit auf die Sicherung noch nicht fälliger Ansprüche aus Überhangprovisionen (§ 87 Abs. 3) und aus Abschlüssen vor dem Ende des Vertragsverhältnisses, für die die Provision aus Gründen des § 87a noch nicht endgültig und fällig geworden ist; wichtig für §§ 273 Abs. 3 BGB, 369 Abs. 4 HGB (Ausmaß der dem Unternehmer zur Abwendung des Zurückbehaltungsrechts gestatteten Sicherheitsleistung). Abs. 1 steht Vereinbarungen über die Abwendung des ZBR durch Sicherheitsleistung (§§ 273 Abs. 3, 369 Abs. 4)29 oder über die Verfügung hinsichtlich der dem ZBR unterliegenden Gegenstände (Ausnahme: Aufrechnung) nicht entgegen30.

V. Umgehungsversuche Unwirksam sind Umgehungsversuche des Derogationsverbots, was für Verrechnungs- 9 vereinbarungen31 oder vertraglich statuierte Vorleistungspflichten des HV, die über ihren gesetzlichen Umfang hinausgehen32, diskutiert wird (fraglich). Ob vertragliche Aufrechnungsverbote eine Umgehung darstellen und deshalb im HV-Recht gem. § 88a HGB, § 134 BGB unwirksam sind, ist unsicher33. Dagegen spricht, dass Aufrechnung und ZBR zu unterscheiden sind (Rn 4)34. Auch wird die übliche Standard-AGB, die zugleich Aufrechnung und ZBR ausschließt, teilbar sein, so dass nach dem „blue-pencil-test“ des AGB-Rechts hinsichtlich des Aufrechnungsausschlusses ein wirksamer und separierbarer Restregelungsbereich verbleibt35. Jedenfalls gilt: Nach § 88a bleibt trotz eines Aufrechnungsverbots die Ausübung des ZBR durch den HV zulässig36, was hinsichtlich der Druckfunktion trotz fehlender „Befriedigungsfunktion“ des ZBR auf dasselbe hinausläuft: Unabhängig von § 390 BGB erhält Abs. 1 dem HV die Möglichkeit der Ausübung des ZBR gegenüber Geldforderungen des Unternehmers, weswegen seine Geltendmachung nicht als Aufrechnungserklärung gewertet werden darf37.

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Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 5; Schröder § 88a Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 8; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 88a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 7. Schröder § 88a Rn 3. Dafür Staub/Brüggemann 4. Aufl. Rn 1; Hopt § 88a Rn 2 unter unzutreffendem Verweis auf OLG Köln VersR 1970, 53;

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Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 7; dagegen wohl OLG Hamm, Beschl. v. 12.08.1993 – 18 W 23/93, NJW-RR 1994, 158; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 6. Hierzu OLG Köln VersR 1970, 53. Auch OLG Köln VersR 1970, 53 (54) verneint eine Unwirksamkeit der die Aufrechnung verbietenden AGB. OLG Köln VersR 1970, 54; Ebenroth/ Löwisch § 88a Rn 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 12; Schneider DB 1969, 1229. OLG Köln VersR 1970, 53; Schneider DB 1969, 1229; Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 7.

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VI. Klage 10

Auf Grund eines ausgeübten ZBR darf der kaufmännische HV Klage auf Gestattung der Befriedigung bei dem Gericht erheben, in dessen Bezirk er seinen allgemeinen Gerichtsstand oder den Gerichtsstand der Niederlassung hat (§ 371 Abs. 4) und zwar auch dann, wenn ein abweichender Gerichtsstand vereinbart wurde38. Dies gilt etwa, wenn der HV an den Unterlagen ein ZBR ausgeübt hat39. Allerdings ist zu beachten, dass dieser besondere Gerichtsstand weder für eine Zwischenfeststellungsklage noch zur Austragung eines Streits über die Höhe der Forderungen benutzt werden kann, auf die sich das ausgeübte ZBR bezieht40. Andererseits braucht im Rahmen der Befriedigungsklage die Höhe der zugrunde liegenden Forderungen nicht beziffert zu werden41.

C. Absatz 2: Einschränkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts des Handelsvertreters I. Einleitung 11

Nach Beendigung des HV-Verhältnisses (aber nur dann) wird das ZBR des HV, soweit es nach allgemeinen Vorschriften bestünde, nicht unerheblich eingeschränkt. An den nach § 86a Abs. 1 überlassenen Unterlagen kann es nur noch wegen fälliger Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen ausgeübt werden. Die Arbeitsunterlagen sind weithin „retentionsfest“.

II. Zweck 12

Durch Abs. 2 soll der Unternehmer bevorzugt in den Stand gesetzt sehen, einen Nachfolger des HV mit den Arbeitsunterlagen auszurüsten, damit der Übergang der Kundenbetreuung sich reibungslos vollziehen kann42. So jedenfalls die Vorstellung des Gesetzgebers43. Nur für die für den HV existenzwichtigen und (angeblich) leicht zu klärenden Provisions- und Aufwendungsersatzansprüche sollte es eine Ausnahme geben44. In die Vorschrift sollte man dessen ungeachtet keine allzu großen Erwartungen setzen. Dass der ausscheidende HV die Überleitung seines Arbeitsgebiets auf einen Nachfolger durch Zurückhaltung der ihm überlassenen Arbeitsunterlagen (sei es auch nur wegen rückständiger Provisionen und Aufwendungsersatzansprüche) blockieren könne, setzt voraus, dass die Ausstattung mit diesen Unterlagen je Bezirk oder Arbeitsrate beim Unternehmer nur einmal vorhanden ist. Tatsächlich dürfte eine Reserve einschließlich Kopien der Kundenliste (auch sie wird durch die Bestimmung erfasst) wohl stets zur Verfügung stehen. Unternehmerische Vorsicht wird hierauf geradezu Bedacht nehmen.

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Schnitzler DB 1966, 569; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 3. Küstner/Thume I Rn 632. OLG Hamburg vom 05.04.1951 – 3 U 434/50, MDR 1951, 741; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 3.

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OLG Hamburg vom 20.11.1959 – 1 O 127/59, MDR 1960, 315; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 3. Hopt § 88a Rn 5. Amtl. Begr. S. 31. Hopt § 88a Rn 5.

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§ 88a

III. Handelsvertreter 13

Zum Begriff des HV § 84.

IV. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Maßgeblich ist grundsätzlich das rechtliche45, nicht das faktische Vertragsende. Ent- 14 scheidend ist also der Eintritt der Kündigungswirkung, nicht das Datum der Kündigungserklärung. Weder die unberechtigte fristlose Kündigung noch das damit ggf. verbundene Beschäftigungsverbot bzw. die erklärte Freistellung beenden das Vertragsverhältnis46. Abweichend hiervon kommt es bei rechtlich unwirksamen, aber faktisch durchgeführtem Vertrag zum Schutze des HV auf das faktische Vertragsende an. Denn sonst wäre das ZBR des HV über die gesamte Dauer des durchgeführten Vertrages eingeschränkt.

V. Nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht Gemeint ist auch hier (Rn 4) nur ein nach allgemeinen Vorschriften bestehendes ZBR, 15 also das gesetzliche und nicht das vertragliche47. Für vertragliche ZBR gelten die wirksam getroffenen Vereinbarungen48. Das ZBR kann nach bürgerlichem oder nach Handelsrecht begründet sein. Ein ZBR nach § 273 BGB setzt Konnexität zwischen Verlangen-dürfen und Leisten-müssen voraus; das Zurückbehaltungsrecht kraft § 369 HGB kennt dieses Erfordernis nicht, besteht dafür aber nur zwischen Kaufleuten – weder Unternehmer noch HV brauchen solche zu sein – und hat zum Gegenstand nur Waren und Wertpapiere des Schuldners (hier: des Unternehmers), die mit dessen Willen in den Besitz des Gläubigers (des HV) gelangt sind, und zwar auf Grund von Handelsgeschäften.

VI. Ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen Es handelt sich allein um die in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen (im Einzelnen 16 § 86a Rn 72 ff). Soweit andere in der Zurückbehaltungsmacht des HV befindliche Gegenstände betroffen sind, ist eine gesetzlich befugte Zurückbehaltung unbeschränkt durchsetzbar49 – und alsdann insbesondere ohne Begrenzung auf bestimmte Gattungen von Forderungen, also auch wegen des Ausgleichsanspruchs oder Schadenersatzansprüchen50. Insbesondere soll wegen des Ausgleichs ein ZBR an Lagerware begründet sein, wenn der HV ein Auslieferungslager unterhält51. Die Vorschrift besagt nicht, dass nach Vertragsende nur noch ein Zurückbehaltungsrecht im Rahmen des Abs. 2 gegeben ist52. Wegen

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Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 12. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 9; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 9; Genzow in:

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Ensthaler § 88a Rn 4; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 16. Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 4. Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 9.

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fälliger Schadensersatz-, Ausgleichs- oder Karenzentschädigungsforderungen kann der HV ein ZBR an dem ihm überlassenen Reise-PKW (§ 273 BGB) ausüben, unter den Voraussetzungen des § 369 etwa an einem Gebrauchtwagen, welchen der Unternehmer ihm aus Firmenbeständen für Zwecke eines neben der Agentur betriebenen Fuhrgeschäfts mietweise zur Verfügung gestellt hatte und dessen Rückgabe er nunmehr unter Kündigung des Mietvertrages verlangt53. Erhält der HV Musterkoffer als Behältnis zum Transport der Unterlagen, so fehlt auch insoweit die Einschränkung des ZBR gemäß § 88a. Denn auch sie zählen nicht zu den „Unterlagen“, so dass an ihnen ein ZBR, z.B. wegen des Ausgleichsanspruchs, geltend gemacht werden darf54. Der Unternehmer darf sowohl das bürgerlichrechtliche wie das handelsrechtliche ZBR durch Sicherheitsleistung abwenden (§§ 273 Abs. 3 BGB, 369 Abs. 4).

VII. Nur wegen fälliger Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen 17

Als zur Zurückbehaltung berechtigende Provision wird alles, was unter dieser Bezeichnung läuft und dem HV periodisch vergütet worden ist, zu verstehen sein; etwa Provisionen nach § 87, 87a und 87b55 einschließlich der Forderungen nach § 87a Abs. 3, auch Inkasso-, Delkredere-, Bestandspflegeprovisionen. Für sie wird die Unterscheidung zwischen Zurückbehaltung nach bürgerlichem und (weitgehend) nach Handelsrecht bedeutungslos: eine Konnexität i.S.d § 273 BGB ist hier stets gegeben. Aufwendungsersatz umfasst alles, was nach den Erläuterungen zu § 87d ersetzt verlangt werden kann. Diese Forderungen müssen im Moment der Vertragsbeendigung fällig sein. Da die Unterlagen bei Vertragsende zurückzugeben sind, darf das ZBR nicht auf erst nach Vertragsende fällige Forderungen gestützt werden, selbst wenn der HV die Unterlagen dann, etwa aufgrund des ihm zustehenden ZBR nach Abs. 2, noch in Besitz hat oder die zu sichernde Forderung des HV bei Vertragsende bereits entstanden ist56. Ausnahmen werden nach § 242 BGB behandelt. Obwohl teilweise vergleichbar existenzwichtig (vor allem bei Fehlen anderweitigen Einkommens) soll der HV wegen anderer Forderungen das ZBR an den Unterlagen des § 86a Abs. 1 nicht geltend machen. Das betrifft etwa Forderungen auf Schadensersatz (auch wegen entgangener Provisionen57 und aus § 89a Abs. 2), auf Ausgleich (§ 89b)58 sowie auf Karenzentschädigung (§ 90a)59. Auch hier sind im Lichte des § 242 BGB Ausnahmen denkbar.

VIII. Geltendmachung 18

Der HV darf sich jederzeit auf sein ZBR berufen. Das Recht kann allerdings verwirken, was ein Zeit- und Umstandsmoment voraussetzt, oder nach allgemeinen Grundsätzen (Rn 6, 19) ausgeschlossen sein. Der HV muss folglich sein ZBR an den erhaltenen 53 54 55 56 57

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 16. OLG Hamburg HVR Nr. 101. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 10. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 5.

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Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 5; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 88a Rn 20; Schröder § 88a Rn 8.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 88a

Unterlagen nicht zwingend sofort geltend machen, wenn der Unternehmer diese herausverlangt, um ein Erlöschen und eine einredefreie Herausgabe zu hindern60. Der HV darf sich daher auch erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Prozess, auf sein ZBR berufen.

IX. Allgemeine Schranken des ZBR Unberührt bleiben die allgemeinen Schranken, die die Ausübung des ZBR hindern, 19 z.B. aus §§ 242, 226 BGB oder weil der HV dem Unternehmer gegenüber verpflichtet ist, mit dem betreffenden Gegenstand in bestimmter Weise zu verfahren (§ 369 Abs. 361, entsprechend im Bereich des § 273 BGB). Auch hier bestimmen die Auslegung des Vertrages sowie die Verhältnisse des Einzelfalls über die Einschränkung des ZBR. Unzulässig ist etwa die Zurückhaltung besonders vertragswesentlicher Tätigkeiten wegen geringer Forderungen, etwa der Berichtspflicht62. Diskutiert wird ein Ausschluss des ZBR ferner bei der Pflicht zur Weiterleitung eingezogener Inkassobeträge63 (dazu unten), z.B. Versicherungsprämien64 (für diese gilt nicht der Ausschluss des § 369 Abs. 3)65, zur Verwendung oder Rückgabe von Mustern66, Drucksachen67 und sonstiger nach § 86a Abs. 1 überlassener Unterlagen gegenüber dem Kunden68, Vorführgeräten69, der Kundenkartei70 bzw. zur Rückgabe von Gegenständen, welche für die laufende Abwicklung der Geschäftstätigkeit unverzüglich ausgetauscht werden müssen71 oder vom Unternehmer für die Ausführung des vermittelten Geschäfts und dessen Abrechnung dringend benötigt werden72. In Bezug auf die zurückbehaltenen Kunden- und Preislisten bleibt das Verwertungsrecht

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AA Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 14. Begründung: Da der HV die unter § 86a fallenden Unterlagen nach Vertragsende an den Unternehmer herauszugeben hat und ihm die dann noch bestehenden Provisions- und Aufwendungsersatzansprüche zumindest dem Grunde nach bekannt sein müssen, widerspricht es Sinn und Zweck des Abs. 2 sowie der mit dieser Regelung verfolgten Pflicht zur unverzüglichen Rückgabe, wenn der HV nach Vertragsende berechtigt wäre, deren Rückgabe grundlos zu verweigern und sich erst später, z.B. im Prozess, erstmals auf sein Recht aus Abs. 2 zu berufen. Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 1. Nach Ansicht von MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18 ist § 369 Abs. 3 nach Vertragsende unanwendbar. Schröder § 88a Rn 3. Für ein: ZBR: OLG Köln VersR 1970, 53 (54); Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7 (Ausnahme: wenn Gesetz oder Vertrag im Einzelfall etwas Gegenteiliges zu entnehmen sei; vgl. Höft VersR 1970, 461). Gegen ein ZBR: Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 2.

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65 66

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70 71 72

Gegen ein ZBR: LG Bonn, Urt. v. 25.11.1970 – 11 O 92/98, VersR 1971, 543; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 6. Hopt § 88a Rn 1. Gegen ein ZBR: Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 4; Hopt § 88a Rn 4; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 16; Schröder § 88a Rn 3; für ein Verwertungsrecht nach Vertragsende Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 2. Gegen ein ZBR: Hopt § 88a Rn 4. Gegen ein ZBR: Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 3; Schröder § 88a Rn 8a. Ausnahme: falls sie vom Unternehmer lediglich zum Austausch bestimmt sind (z.B. Neuaufl. von Werbematerial). Für ein Verwertungsrecht nach Vertragsende Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 2. Hopt § 88a Rn 4: ZBR zulässig, aber keine Verwertung nach § 369 Abs. 3, Ausnahme: § 370 Abs. 2. Für ein ZBR: BGH WM 1983, 863; Hopt § 88a Rn 1. Gegen ein ZBR: Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88a Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 2.

Raimond Emde

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§ 88a

1. Buch. Handelsstand

des § 371 HGB eher ausgeschlossen, weil die Verwertung oder Veräußerung in der Regel einen Verstoß gegen § 90 darstellen würde. Da der zu einer Geschäftsbesorgung Verpflichtete die Ausführung der Geschäftsbesorgung nicht schrankenlos von der Erfüllung seiner eigenen Ansprüche abhängig machen darf73 ist in all diesen Fällen unter gebotener Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Parteien sowie Treu und Glaubens und § 369 Abs. 3 zu bestimmen, an welchen Forderungen ein ZBR entstehen kann74, wobei Ausnahmen von dem Grundsatz des unbeschränkten ZBR im Zweifel nicht anzuerkennen sind (enge Auslegung). Fordert der Unternehmer Gegenstände zurück75 oder sind sie nicht mehr für den Vertrieb geeignet76, wird regelmäßig ein ZBR nach Abs. 1 zulässig sein77. Selbst Berichte – außer in Notfällen – wird der HV zurückhalten dürfen, sofern er über längere Zeit nicht bezahlt wird; auf eine seine Ausgleichsberechtigung gefährdende Eigenkündigung muss er sich nicht verweisen lassen. Im Fall einer außerordentlich großen Diskrepanz zwischen dem Wert der zurückbehaltenen Gegenstände und der Forderungshöhe mag der Zurückbehalt einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen78. Das ZBR entfällt ferner, wenn der HV das Herauszugebende durch vorsätzliche Vertragsverletzung oder unerlaubte Handlung erlangt hat, wie etwa vertragswidrig eingezogene79 oder einbehaltene80 Kundengelder. Kassierte Kundengelder dürfen grds. nicht wegen Ansprüchen des HV zurückgehalten 20 werden. Vgl. zunächst die Kommentierung zu § 87 Abs. 4 zur Inkassoprovision. Nach Ansicht des OLG Köln81 darf der HV die Herausgabe von kassierten Geldern verweigern, wenn der Unternehmer Ausgleich und Inkassoprovisionen nicht leistet (aufrechnungsgleiche Wirkung). Kampf 82 differenziert, ob der HV die eingezogenen Beträge bar bzw. in Form von Wertpapieren erhalten habe oder ob ihm jene überwiesen wurden. Im erstgenannten Fall seien die Beträge gemäß § 369 Abs. 1 Gegenstand eines kaufmännischen ZBR. Im letztgenannten Fall fehle es an einer Voraussetzung des § 369 Abs. 1 S. 1 (Sachen oder Wertpapiere); ein ZBR sei ausgeschlossen. Habe der HV die eingezogenen Beträge bar oder in Form von Wertpapieren erhalten, sei zu prüfen, ob ein Ausschlussgrund nach § 369 Abs. 3 vorliege. Der pauschalen Aussage, für die kassierten Gelder gelte der Ausschlussgrund nach § 369 Abs. 3 nicht, könne nicht gefolgt werden. Es sei kein Grund ersichtlich, dem HV eine Sonderstellung einzuräumen. Folglich komme es darauf an, ob die Geltendmachung von ZBR nach dem Inhalt des HV-Vertrages unzulässig sei. Nicht folgen könne man der Auffassung, wonach dies der Fall sei, wenn der HV zwar Inkassovollmacht habe, aber angewiesen war, die Beträge sofort an den Unternehmer weiterzuleiten. Der Ausschluss des ZBR sei nach § 369 Abs. 3 nur gegeben, falls der Unternehmer den HV anweise, die Beträge nicht wegen fälliger Ansprüche des HV gegen ihn zurückzuhalten oder der HV sich hierzu verpflichtet habe. Die Anweisung, die Beträge sofort nach Erhalt herauszugeben, sei nur die Geltendmachung des dem Unternehmer zustehenden Anspruchs und reiche für einen Ausschluss nach § 369 Abs. 3 nicht aus. 73 74 75 76

77

OLG Köln VersR 1970, 53 (54). OLG Köln VersR 1970, 53 (54); Ebenroth/ Löwisch § 88a Rn 2; Schröder § 88a Rn 3. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18. Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18. Hopt § 88a Rn 4; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18.

910

78 79 80 81 82

Küstner/Thume I Rn 628. Höft VersR 1970, 461; Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 4. AA Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 4. OLG Köln VersR 1970, 53 (54). Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 73.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 88a

D. Gerichtliche Durchsetzung Ist ein ZBR unzulässig, darf der Benachteiligte Herausgabe der zurückbehaltenen 21 Gegenstände fordern. Eine Feststellungsklage tritt meist hinter die Herausgabeklage zurück. Bei Existenzgefährdung oder erheblichen Nachteilen ist eine einstweilige Verfügung zulässig, notfalls gerichtet auf Herausgabe an einen Sequester.

E. Dispositivität Abs. 1 ist zwingend83, Abs. 2 dispositiv84. Zum Vorteil des HV darf unbeschränkt 22 abgewichen werden, etwa das Recht auf nicht fällige Forderungen erstreckt werden85. Zum Nachteil des HV darf wegen Abs. 1, der auch nach Vertragsende gilt, nicht im Voraus vom Regelungsgehalt des Abs. 1 abgewichen werden86. Da ein vertragliches ZBR nicht von Abs. 2 erfasst wird, steht es in vollem Umfang zur Disposition der Parteien87. An die Stelle einer unwirksamen Regelung tritt das Gesetz88. Zu AGB oben, Vor § 84 Rn 42 f. Durch Vereinbarung können dem HV beispielsweise nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ZBR an ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen im Sinne von § 86a Abs. 1 auch für andere als fällige Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen eingeräumt werden89.

F. Beweislast Jede Abweichung vom Gesetz hat derjenige zu beweisen, zu dessen Vorteil sie ge- 23 reicht. Das gleiche gilt für die Vereinbarung eines vertraglichen ZBR. Einen Verzicht auf das gesetzliche ZBR nach Abs. 1 und dessen Zulässigkeit hat der Unternehmer zu beweisen. Die Voraussetzungen eines ZBR hat die Person nachzuweisen, welche sich auf das ZBR beruft. Das dürfte trotz des Ausnahmecharakters der in Abs. 2 enthaltenen Einschränkungen auch im Rahmen des Abs. 2 gelten. Der HV wird daher nachweisen müssen, dass er ausnahmsweise zur Geltendmachung des ZBR nach Abs. 2 berechtigt ist. Nicht dem Unternehmer sondern dem HV obliegt daher der Beweis für das Vertragsende, die Voraussetzungen des § 86a Abs. 1 hinsichtlich der vom ZBR betroffenen Gegenstände sowie für die fehlende Fälligkeit oder Privilegierung der Forderungen des HV gemäß Abs. 290.

83 84 85 86 87

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 15. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 15.

88 89 90

Schnitzler DB 1966, 571; Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 15. MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. AA Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 17: Beweislast beim Unternehmer. Der HV brauche nur seine Forderung und die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nachzuweisen.

Raimond Emde

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§ 89

1. Buch. Handelsstand

§ 89 Kündigung des Vertrages (1) 1 Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann es im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. 2Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. 3Die Kündigung ist nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist. (2) 1 Die Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 können durch Vereinbarung verlängert werden; die Frist darf für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den Handelsvertreter. 2Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den Handelsvertreter vereinbarte Frist. (3) 1 Ein für eine bestimmte Zeit eingegangenes Vertragsverhältnis, das nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen fortgesetzt wird, gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. 2Für die Bestimmung der Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 ist die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses maßgeblich.

Schrifttum Becker-Schaffner Die Änderungskündigung aus materieller und prozessualer Sicht, BB 1991, 129; ders. Zugang der Kündigung, BB 1998, 422; Boldt Zur vorzeitigen Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses, BB 1962, 906; Duden Kündigung von Tankstellenverträgen nach § 624 BGB, NJW 1962, 1326; Füssel Teilkündigung eines Handelsvertretervertrags, DB 1972, 378; Hess Können befristete Arbeitsverhältnisse vor Ablauf der Frist durch eine ordentliche Kündigung gelöst werden, BB 1954, 747; Heyer Zur vorzeitigen Kündbarkeit von Tankstellenverträgen, NJW 1965, 1573; Höft Zur Anwendung des § 89 Abs. 3 HGB, VersR 1973, 600; Hoß/Lohr Befristete Arbeitsverhältnisse, MDR 1998, 313; Küstner Die kündigungsrechtliche Behandlung von Handelsvertreterverträgen mit Verlängerungsklausel, BB 1973, 1239; ders. Handelsvertretervertrag mit Verlängerungsklausel, BB 1975, 195; Leo Rechtsfragen zur Kündigung des Handelsvertretervertrags, DB 1961, 1518; Lohr Kündigung des Arbeitsvertrags – Zurückweisung wegen fehlender Vollmacht, MDR 2000, 620; Maier Kündigung des Handelsvertretervertrags wegen Alters oder Krankheit, BB 1978, 940; Pauly Hauptprobleme der Änderungskündigung, DB 1997, 2378; Preis/Stoffels Die Inhaltskontrolle der Verträge selbständiger und unselbständiger Handelsvertreter, ZHR 160 (1996), 442; Schmidt Die Änderungskündigung nach den neuen Vorschriften des KSchG NJW 1971, 684; Schnitzler Teilkündigung eines Handelsvertretervertrags, MDR 1959, 170; Schröder Änderung der Vertragsbedingungen und Ausgleichsanspruch im Handelsvertreterverhältnis, DB 1958, 975; ders. Handelsvertreterverhältnisse auf „Probe“, DB 1966, 2007; ders. Kündigung von Handelsvertreterverträgen mit Verlängerungsklausel, BB 1974, 298; ders. Handelsvertreterverträge auf bestimmte Zeit, FS für Hefermehl 1976, 113; Schwytz Mindestkündigungsfristen bei Beendigung von Vertragshändlerverträgen, BB 1997, 2385; Ulmer Kündigungsschranken im Handels- und Gesellschaftsrecht, FS für Möhring, 1975, 295; Weimar Kann die Kündigung eines Handelsvertretervertrags wegen Sittenverstoßes nichtig sein, MDR 1959, 986; v. Westphalen Vertragshändlerverträge außerhalb der EG-VO 1475/95 und des Instrumentariums der richterlichen Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln, Freundesgabe für Jürgen Gündisch, 1999, S. 70 (zitiert FG Gündisch).

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Raimond Emde

§ 89

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Übersicht Rn

Rn

. . . . . . . . . . . . . . . .

1

B. Genese und europarechtliche Präformation . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

III. Kettenverträge . . . . . . . . . . . 43 IV. Absatz 3: Einverständlich fortgesetztes Vertragsverhältnis . . . . . . . 44 V. Fristen . . . . . . . . . . . . . . . 45 VI. Maßgebliche Vertragsdauer . . . . 46 VII. Kündigungserklärung („gekündigt werden“) . . . . . . . . . . . . . . 47–49 VIII. Regelmäßige Kündigungswirkung zum Schluss eines Kalendermonats . 50 IX. Wirkung der Kündigung . . . . . . 51 X. Freistellung des HV . . . . . . . . 52 1. Vertragliche Gestattung . . . . . 53 2. Wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung . . . . 54 3. Rechtsstellung des HV während der Freistellungsphase . . . . . . 55 4. Unberechtigte Freistellung . . . 56 XI. „Rücknahme“ und Anfechtung der Kündigung . . . . . . . . . . . . . 57 XII. Fortsetzung eines beendeten Vertragsverhältnisses . . . . . . . . . 58 XIII. Ausschluss und Begrenzung des Kündigungsrechts . . . . . . . . . 59–71 1. Verwirkung, Verzicht . . . . . . 60 2. Schikane- oder Vergeltungskündigung . . . . . . . . . . . 61 3. Kündigung zur Unzeit . . . . . . 62 4. § 20 GWB . . . . . . . . . . . 63 5. Folgen erheblicher Investitionen – Investitionsschutz und Investitionsersatzanspruch . . . 64–70 6. Widersprüchliches Verhalten . . 71 XIV. Folgen der Vertragsbeendigung . . 72

A. Übersicht

C. Endigungsgründe für das Handelsvertreterverhältnis . . . . . . . . . . . . . I. Änderungskündigung . . . . . . . II. Anfechtung . . . . . . . . . . . . III. Arbeitsunfähgkeit . . . . . . . . . IV. Aufhebungsvertrag . . . . . . . . . V. Auflösende und aufschiebende Bedingung . . . . . . . . . . . . . . VI. Befristung . . . . . . . . . . . . . VII. Betriebsveräußerung oder -einstellung . . . . . . . . . . . . . VIII. Auflösung und Vollbeendigung einer Handelsvertretergesellschaft . . . . IX. Höchstalter als vereinbarter Endzeitpunkt . . . . . . . . . . . . . . X. Insolvenz des Mittlers oder des Unternehmers . . . . . . . . . . . 1. Insolvenz des Unternehmers . . . a) Fortsetzung des VermittlerVertrages nach Eröffnung des InsV . . . . . . . . . . . . . b) Schicksal des Mittlervertrages im Insolvenzantragsverfahren aa) Fortbestehen im Insolvenzantragsverfahren . . bb) Kündigung durch den Mittler . . . . . . . . . . 2. Insolvenz des Mittlers . . . . . . a) Fortbestand des Mittlervertrages in dessen Insolvenz? . . b) Kündigung des Mittlervertrages . . . . . . . . . . . c) Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung . . . d) Insolvenzschutz nach BetrAVG? . . . . . . . . . . XI. Mehrstufige Vertreterverhältnisse . XII. Probezeit . . . . . . . . . . . . . XIII. Teilkündigung . . . . . . . . . . . XIV. Tod des Handelsvertreters . . . . . XV. Übertragung der Vertretung auf einen Nachfolger . . . . . . . . . . XVI. Wegfall der Geschäftsgrundlage . . D. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Vertragsverhältnis . . . . . . . . . 1. Persönlicher Anwendungsbereich 2. Sachlicher Anwendungsbereich . a) Überblick . . . . . . . . . . b) Faktischer Vertrag . . . . . . 3. Kündigung vor Vertragsbeginn . II. Auf unbestimmte Zeit eingegangen

3–30 4 5 6 7 8–9 10 11 12 13 14–24 14–19

15–17 18–19 18 19 20–24 20 21–22 23 24 25 26 27 28 29 30 31–72 31–38 31–35 36–37 36 37 38 39–42

E. Abweichende Vereinbarungen . . . . . . 73–79 I. Kündigungsausschluss oder Kündigungserschwernisse . . . . . 73 II. Absatz 2: Verlängerung und Verkürzung der Kündigungsfristen . . . . 74 III. § 89 Abs. 2 S. 1: Keine kürzere Kündigungsfrist für den Unternehmer als für den HV . . . . . . . 75 IV. Vereinbarungen zum Kündigungsendtermin . . . . . . . . . . . . . 76 V. § 92b . . . . . . . . . . . . . . . 77 VI. § 92c . . . . . . . . . . . . . . . 78 VII. Rechtsfolgen unzulässiger Vereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . 79 F. Keine „stille“ Kündigung ohne Kündigungserklärung . . . . . . . . . .

80

G. Zulässige Länge von Vertriebsverträgen . 81–83 H. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . .

84

I.

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Steuerrecht

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. . . . . . . . . . . . . . .

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§ 89

1. Buch. Handelsstand

A. Übersicht 1

§ 89 regelt die ordentliche Kündigung des auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen oder in Anlehnung an § 625 BGB zunächst auf bestimmte Zeit fest abgeschlossenen und nach Ablauf dieser Zeit von beiden Parteien einvernehmlich fortgesetzten HV-Vertrages als weniger dramatisches Gegenstück zur außerordentlichen Kündigung des § 89a. Die vor der Novelle 1989 sogar noch kürzeren (Rn 2) Fristen des § 89 bildeten ursprünglich gegenüber den für Arbeiter und Angestellte nach §§ 621–623 BGB1 geltenden überwiegend eine Privilegierung, jedenfalls aber keine erhebliche Schlechterstellung. Heute bewirken sie im Vergleich zu den für Angestellte maßgeblichen Fristen eine Benachteiligung des meist als „Einpersonenunternehmen“ tätigen HV, die mit seiner oft durch wirtschaftliche Abhängigkeit begrenzten Selbständigkeit nur unzureichend erklärt werden kann. Ihre Kürze bedroht erheblich die wirtschaftliche Grundlage jedes HV, gleich ob es sich um einen großen oder kleinen HV handelt. Eine langfristige Planung ist mit diesen Fristen unmöglich, der Unternehmer kann mittels Kündigungsandrohung erheblichen Druck ausüben. Der Ausgleichsanspruch als „kleiner Kündigungsschutz“ bietet nur geringe Linderung, zumal seine TB-Voraussetzungen nicht immer gegeben sein müssen. Wohl daraus resultiert das Bestreben der Rspr. oder der bis 2013 gültigen Kfz-GVO 1400/02, die Kündigungsfristen in investitionsintensiven Branchen – etwa im Kfz-Vertriebsrecht – zu verlängern. Bei HV-ähnlichen Dauerschuldverhältnissen mit Investitionsbedarf sieht der BGH heute eine Kündigungsfrist zwischen sechs Monaten2 und einem Jahr (Vertragshändlervertrag mit erheblichem Investitionsbedarf) als angemessen an. § 89 trifft für beide Parteien Regelungen zur ordentlichen Kündigung des HV-Vertrages in allen ihren Formen, einschließlich der Änderungskündigung und – soweit zulässig – der Teilkündigung3. Die Ausübung von Weisungs- und Dispositionsrechten einer Partei (soweit zulässig), selbst wenn diese die vertraglich vorbehaltene Befugnis zur Änderung einzelner Vertragsbedingungen zum Inhalt hat4, muss die Fristen des § 89 nicht einhalten. Sie sind nur zu beachten, wenn die Dispositionsmaßnahme ihrer Wirkung einer Vertragsbeendigung gleich kommt (§ 86a Rn 57). Nach einer Kündigung hat der HV grundsätzlich keinen Anspruch auf Neuabschluss des Vertrages, sofern dies nicht vereinbart wurde5 oder § 20 GWB einen Kontrahierungszwang gibt (Vor § 84 Rn 286 ff). Ausnahmsweise kann ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 242 BGB bestehen6. Beispiel: Versicherungsvertreter bei neuer Tarifstruktur7. Die unberechtigte ordentliche Kündigung kann gemäß § 280 BGB schadensersatzpflichtig machen8.

1

2

Bei nach Monaten bemessener Vergütung war gem. § 621 BGB a.F. eine Kündigung zum Schluss eines Kalendermonats möglich, die bis zum 15. eines Monats erklärt werden musste. Gegenüber Angestellten höherer Art, etwa Lehrern, lautete die Kündigungsfrist 6 Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 622 BGB a.F.). BGH, Urt. v. 20.07.2006 – III ZR 145/05, MDR 2007, 258 (Belegarzt).

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3 4 5 6 7 8

Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 15; Schröder § 89 Rn 9b. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 2. Hopt § 89 Rn 17. BGH WM 1992, 311. OLG Köln, Urt. v. 30.09.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (408); Hopt § 89 Rn 16.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89

B. Genese und europarechtliche Präformation § 89 gewann seine heutige Fassung durch Gesetz vom 23.10.1989. Es setzte die Vor- 2 gaben der Artt. 14, 15 HV-Richtlinie 1986 um und verlängerte die Kündigungsfristen (Abs. 1), schränkte die Möglichkeiten abweichender Vereinbarungen ein (Abs. 2) und nahm die Kündigungsregelung für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes und dann einvernehmlich fortgesetztes Vertragsverhältnis neu auf (Abs. 3). Vor der Gesetzesänderung durfte der Vertrag in den ersten drei Jahren der Vertragsdauer nur mit einer Frist von sechs Wochen für den Schluss eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Wurde eine andere Kündigungsfrist vereinbart, so musste sie mindestens einen Monat betragen; es durfte nur für den Schluss eines Kalendermonats gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von drei Jahren durfte das Vertragsverhältnis nur mit einer Frist von mindestens drei Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres gekündigt werden (Abs. 2). Eine vereinbarte Kündigungsfrist musste für beide Teile gleich sein; bei Vereinbarung ungleicher Fristen galt für beide Teile die längere Frist (Abs. 3). § 89 entspricht nun weitgehend dem europarechtlichem Vorbild des Art. 15 RL; § 89 Abs. 3 S. 1 Art. 14 RL. Damit wurde gegenüber der früheren Regelung das Schutzniveau erhöht, was dem Ziel der RL entsprach.

C. Endigungsgründe für das Handelsvertreterverhältnis Die Vielfalt der Gründe, aus denen das HV-Verhältnis möglicherweise enden kann, ist 3 für das HV-Recht von Interesse hauptsächlich beim Ausgleichsanspruch des § 89b, in geringerem Umfange daneben noch im nachvertraglichen Wettbewerbsverbot des § 90a, und allenfalls für den Schadensersatzanspruch aus § 89a Abs. 2. Üblicherweise enden HV-Verträge entweder durch Kündigung – ordentliche des § 89 oder außerordentliche des § 89a – oder bei Befristung infolge Zeitablaufs, wobei die Befristung häufig mit einer Fortsetzungsklausel verbunden wird. Insoweit besteht, soweit die zwingenden Kündigungsfristen beachtet werden, weitgehende Vertragsfreiheit und es ist bezeichnend, welche Mühe die Parteien bereits vor Vertragsbeginn auf die Bestimmung der Umstände der Vertragsbeendigung in der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung legen. Beispielhaft sind folgende Endigungsgründe zu nennen:

I. Änderungskündigung Eine Änderungskündigung enthält im Zweifel die unbedingte9, ordentliche, keiner 4 Begründung10 oder Rechtfertigung11 bedürftige Kündigung des bestehenden Vertrages, verbunden mit dem ggf. nachfolgenden Antrag (zunächst oft nur als Letter of Intent) auf Abschluss eines neuen, geänderten Vertrags12. Durch den unbedingten Willen des Kündigenden zur Beendigung des Gesamtvertrages unterscheidet sie sich von der Teilkündi-

9

10 11 12

Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 79; aA Stötter S. 157. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 17. BGH ZIP 2000, 138 (140). BGH ZIP 2000, 138 (140); Schröder DB

1958, 975; Pauly DB 1997, 2378; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 52; zum Arbeitsrecht Hoss MDR 2000, 562.

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§ 89

1. Buch. Handelsstand

gung (siehe dort) oder dem bloßen Angebot auf Vertragsänderung13. Die Änderungskündigung kann auch konkludent erklärt werden. So mag etwa eine die Tätigkeit des HV einschränkende „Weisung“ rechtstechnisch als Änderungskündigung verstanden werden14. Schweigen auf die Änderungskündigung bedeutet keine Zustimmung zu dem angebotenen neuen Vertrag15. Der Gekündigte muss ihr weder widersprechen noch das Vertragsangebot annehmen16. Die Änderungskündigung steht zwar nicht gem. § 2 KSchG analog unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung. Jedoch kann der Mittler die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Feststellung ihre Wirksamkeit annehmen17; das mit der Änderungskündigung verbundene Angebot auf Abschluss eines Neuvertrages würde im Zweifel gemäß § 139 BGB von der Feststellung der Unwirksamkeit erfasst18.

II. Anfechtung 5

Zur Anfechtung § 84 Rn 88 ff.

III. Arbeitsunfähigkeit 6

Der Vertrag endet nicht durch die Arbeitsunfähigkeit des Mittlers19. Es bedarf einer Kündigung.

IV. Aufhebungsvertrag 7

Der HV-Vertrag kann durch einen jederzeit möglichen, frei aushandelbaren, nicht an die Einhaltung von Kündigungsfristen oder eine vereinbarte Schriftform noch an sonstige im Arbeitsrecht geltende Beschränkungen gebundenen20, ggf. durch konkludentes Verhalten geschlossenen21 Aufhebungsvertrag beendet werden22. Eine einverständliche Aufhebung des HV-Vertrages liegt auch vor, wenn das Vertragsverhältnis umgewandelt wird: in ein Verhältnis auf der Basis eines nunmehr angestellten Reisenden23, eines Anstellungsvertrages unter Betreuung mit sonstigen Aufgaben in der Organisation des Unternehmens oder einer Tätigkeit als (nur noch) nebenberuflicher HV (§ 92b). Von der Vertragsaufhebung zu unterscheiden ist die bloße Fortsetzung des bisherigen HV-Vertrages

13 14 15

16 17 18

OLG Köln VersR 1989, 1142; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 17. OLG Stuttgart BB 1965, 926; Hopt § 89 Rn 17. BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54, BB 1955, 1009; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 24; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 17. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 325. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 325.

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19 20 21 22 23

OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 35; Hopt § 84 Rn 42. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 14 f. Siehe BGHZ 24, 214; BGH VersR 1963, 556; OLG Nürnberg BB 1959, 318. Fall BAG NJW 1958, 1365 – Vorinstanz: BB 1957, 1275 –; Winterberg DB 1958, 521, 1163; Neflin DB 1958, 579.

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zu geänderten Bedingungen. Hier ist das HV-Verhältnis als solches nicht beendet. Vielmehr ist von einer Fortsetzung des bisherigen Vertrages auszugehen, nur zu geänderten Bedingungen. Paradigma ist der Änderungsvertrag, bei welchem lediglich einzelne Regelungen des HV-Vertrages ersetzt werden. Das ist wichtig für den Ausgleichsanspruch24 (§ 89b Rn 59). Denn bei Vertragsfortsetzung entsteht kein Ausgleichsanspruch. Auf die Frage, ob im Altvertrag erworbene Ausgleichsanwartschaften in den Neuvertrag überführt werden, kommt es beim Änderungsvertrag nicht an. Anders liegt es in Fällen, in denen eine Änderungskündigung des Unternehmers ausgesprochen wird, mit der erreicht werden soll, dem HV abweichend von vertraglichen Festsetzungen den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis zu verkleinern oder den Provisionssatz herabzusetzen, und daraufhin eine Vertragsänderung zu diesen eingeschränkten Konditionen zwecks Vermeidung der Änderungskündigung zustande kommt. Gleiches gilt für Konstellationen, in denen einverständlich eine vollkommene Vertragsauswechslung gewollt ist. Diese Fälle unterscheiden sich von denen der Vertragskontinuität, indem als notwendiges Zwischenstadium die vollständige Vertragsbeendigung gewollt ist. Die Abgrenzung erfolgt nach §§ 133, 157 BGB, wobei die Zahl der geänderten Regelungen und ihre Gravität eine Rolle spielt. Nur soweit infolge der Vertragsbeendigung Provisionen entgehen, kann nach der Änderungskündigung ein Ausgleichsanspruch entstehen; von einem Übergang der Ausgleichsanwartschaften ist im Regelfall auszugehen.

V. Auflösende und aufschiebende Bedingung Der Eintritt einer auflösenden Bedingung als Endigungsgrund darf vereinbart wer- 8 den25, etwa: Erreichen einer Altersschwelle, Übernahme in den Öffentlichen Dienst, Flucht ins Ausland, Anklage wegen einer Steuerstraftat (insbes. bei Unternehmern, welche Aufträge von der öffentlichen Hand erhalten). Beiden Parteien eher gerecht wird die der Parteidisposition unterliegende Kündigung26, welche eine „automatische“ Vertragsbeendigung verhindert und es ermöglicht, im Einzelfall über das Vertragsende zu entscheiden. Sie verhindert ferner, dass eine Partei durch bewusstes Herbeiführen der Bedingung das Vertragsende erreichen kann, wobei der Unternehmer für die Unbeachtlichkeit des Bedingungseintritts nach §§ 162, 242 BGB beweispflichtig wäre. Die Vereinbarung einer Bedingung überhebt der Notwendigkeit einer Kündigung; doch wird stets zu prüfen sein, ob nicht in Wahrheit die vertragliche Festlegung eines zur fristlosen Kündigung berechtigenden Umstandes gemeint ist27. Das mag der Fall sein, wenn der zur Kündigung berechtigende TB einen bei dem Entscheid über das „Ob“ der Kündigung bedeutsamen Beurteilungsspielraum offen lässt, und er deshalb typischerweise unter die wichtigen Gründe für eine fristlose Kündigung gerechnet wird (Gegenbeispiele zu den obigen: ungenehmigte Übernahme einer Teilzeitarbeit im Angestelltenverhältnis; Teilung der Agentur unter Verlegung der Hauptniederlassung außerhalb des zugewiesenen Bezirks, Abwerbung von Personal bei einer Zulieferfirma des Unternehmers). Spiegelbildlich kann im Einzelfall ein Kündigungsrecht als auflösende Bedingung zu verstehen sein28. Bei auflösenden Bedingungen ist darauf zu achten, dass die Investition des Mittlers nicht übermäßigen Gefährdungen ausgesetzt werden29. 24 25

26

BGH NJW 1967, 248. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 309; Canaris § 17 Rn 97; Hopt § 89 Rn 2; Oetker/Busche § 89 Rn 30. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 311.

27 28 29

Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 1d. BayObLG NJW-RR 1990, 87; Staudinger/ Bork Vor §§ 158 bis 163 Rn 10. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 310.

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Das Verhältnis der den Vertrag auflösenden Bedingung zu § 89a ist ungeklärt. Denkbar sind zwei Alternativen: 1.: Die den Vertrag auflösende Bedingung wird nur durch §§ 134, 138, 242, 823 ff BGB begrenzt, und 2.: Die eine auflösende Bedingung regelnde Klausel ist unwirksam, falls die auflösende Bedingung vor Ablauf der in § 89 geregelten Kündigungsfristen eintreten soll und nicht zugleich die Anforderungen an einen wichtigen Grund iSd § 89a erfüllt. Argument für 1: Der Vertragspartner weiß von vornherein, dass der Vertrag bei Bedingungseintritt endet; ein Spannungsverhältnis zu § 89 wegen Umgehung der Kündigungsfristen besteht nicht. Ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand des Vertrages wird nicht gesetzt; die Unsicherheit über das „Ob“ einer außerordentlichen Kündigung fehlt, da der Vertrag automatisch, d.h. „sicher“ endet. Es ist nicht in das Belieben des Kündigungsberechtigten gestellt, ob von dem wichtigen Grund iSd § 89a Gebrauch gemacht wird. Ebenso wie eine Befristung wäre die auflösende Bedingung zulässig. Argument für 2.: Wichtige Kündigungsgründe dürfen konkretisiert aber nicht abweichend von § 89a neu bestimmt werden. Zudem werden die zwingenden Fristen des § 89 umgangen, sofern die auflösende Bedingung ein früheres Vertragsende zulässt. Auch wäre zu prüfen, ob andere zwingende Kündigungsbeschränkungen umgangen werden sollen30. Richtig ist Folgendes: Soll der Vertrag grundsätzlich unbefristet laufen und nur ausnahmsweise durch auflösende Bedingung enden, besteht das o.g. genannte Spannungsverhältnis zu §§ 89, 89a. Werden dann auflösende Bedingungen unterhalb der Schwelle eines wichtigen Grundes definiert, ist dies nur ausnahmsweise zulässig, wenn dafür – objektiv – ein anerkennenswertes Interesse gegeben ist. Dies wird meist nur bei objektiv anknüpfbaren Umständen und keiner Wertung zugänglichen, von subjektiven Einschätzungen einer Partei abhängigen Beendigungsgründen der Fall sein. So kann ein anerkennenswertes Interesse daran bestehen, etwa das Nichterreichen bestimmter Umsatzschwellen binnen eines Zeitraums als auflösende Bedingung zu regeln, sofern die geregelten Zahlen realistischerweise erreichbar sind31. Weiter wird man voraussetzen müssen, dass der Auflösungsgrund klar, transparent und vorhersehbar bestimmt wurde, damit die Folgen für den Vertragspartner schon bei Vertragsschluss vorhersehbar sind (woran es bei den o.g., einer Wertung zugänglichen subjektiven Auflösungsgründen meist fehlt). Die möglicherweise geringere Eingriffsschwelle gegenüber dem wichtigen Grund nach § 89a wird man angesichts der Vorhersehbarkeit bei Vertragsschluss bei hinreichender Transparenz der Auflösungsbedingungen, objektivem Interesse sowie Anknüpfung an objektive Umstände hinnehmen können, soweit keine Knebelung nach § 138 BGB eintritt. Die Ausgleichsausschlussgründe des § 89b Abs. 3 sind im Falle der Bedingung analog anzuwenden. Unter Umständen kann aus Vertrauensschutzgesichtspunkten und zur Warnung eine Abmahnung analog § 314 BGB gefordert sein, ehe sich der Vertragspartner auf die Wirkungen einer auflösenden Bedingung berufen darf. Die Gründe sind die gleichen, welche schon vor Wirksamwerden des § 314 BGB die Rechtsprechung dazu leitete, eine Abmahnung zu fordern. Dies gilt insbesondere bei Vertriebsverträgen mit ihren engen Treupflichten und dann, wenn die Bedingung an ein steuerbares Verhalten des Vertragspartners geknüpft wird.

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene §89 Rn 12; vgl. LAG Berlin MDR 1998, 293.

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Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 310.

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VI. Befristung Eine Befristung des HV-Vertrages ist, anders als im Arbeitsrecht, ohne sachliche Be- 10 gründung jederzeit zulässig32, Allerdings muss der Zeitraum der Befristung mindestens die Kündigungsfristen des § 89 erreichen. Beispielhaft zu nennen sind befristete Probeverträge und die sog. kommissarische Übertragung einer Vertretung durch einen bereits für einen anderen Bezirk oder anderen Kundenkreis tätigen HV, der vorübergehend einen vakanten Bezirk übernimmt. Die kommissarische Betrauung pflegt mit gesondertem Vertrag zu geschehen. Im Gegensatz zur aufschiebenden Bedingung ist der Vertrag zwischenzeitlich in Vollzug.

VII. Betriebsveräußerung oder -einstellung Die Veräußerung des Betriebs des Unternehmers führt das Ende des HV-Vertrages 11 nicht herbei33, so wenig wie die Veräußerung der Agentur durch den HV. Der Veräußernde muss, der Vertragspartner kann den Vertrag kündigen. Ein automatischer Übergang des Vertrages auf den Betriebsnachfolger findet nicht statt. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 613a BGB nicht gegeben34. Jedoch kann ein Eintritt des Unternehmensnachfolgers in das Vertragsverhältnis mit vereinbart werden. Gleiches gilt für die Betriebseinstellung35 durch eine Vertragspartei. Diese Umstände können einen Grund für eine fristlose Kündigung bilden36.

VIII. Auflösung und Vollbeendigung einer Handelsvertretergesellschaft Die Auflösung einer Vertretergesellschaft (GmbH, oHG, KG) hat ebenfalls nicht die 12 Beendigung des mit ihr geschlossenen HV-Vertrages zur Folge. Sie steht dem Tode einer natürlichen Person nicht gleich, weil die aufgelöste Gesellschaft zunächst noch fortbesteht, wenn auch nur als Liquidationsgesellschaft, und unter Umständen wieder zur Vollgesellschaft erstarken kann. Anders die wohl h.M.: Sie wendet die §§ 673, 675 BGB nicht nur im Falle des Todes des HV, sondern auch im Fall der Auflösung der HV-Gesellschaft an und vertritt, der HV-Vertrag ende entsprechend §§ 673, 675 BGB bereits bei Auflösung37. Diese seit mehr als hundert Jahren eingenommene Ansicht ist abzulehnen. Denn die Gesellschaft besteht als eine ggf. werbende Liquidationsgesellschaft fort38 und wird als solche regelmäßig von den bisherigen Geschäftsführern liquidiert. Das liegt nicht nur im Interesse der Gesellschaft, sondern ist auch Pflicht gegenüber dem Unternehmer, der Klarheit darüber gewinnen muss, wann er welche Dispositionen aus Anlass der Liquidation seines Vertreter-Partners zu treffen hat. Die §§ 673, 675 BGB sind auf die natürliche Person bezogene Sonderregeln, die nur mit Vorsicht analog auf eine juristi32 33 34 35

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 2. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 27. BGH NJW 1963 101. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3; Hopt § 89 Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 27.

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Schuler JR 1957, 44 (47); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41; wohl auch Ahle DB 1963, 227 (228/229). Emde Die Handelsvertreter GmbH, 1994, S. 198; Emde GmbHR 1999, 1005 (1016).

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sche Person anzuwenden sind39. Sie sollen, da der im Erbfall gemäß §§ 1922, 1967 BGB eintretende Übergang des HV-Vertrages regelmäßig sowohl dem Willen des Unternehmers wie des Erben widersprechen dürfte, den Übergang des HV-Vertrages auf den Erben verhindern40. Die Auflösung einer Gesellschaft ist mit dem Tod einer natürlichen Person unvergleichbar41. Wegen der zwischen Gesellschaft und Liquidationsgesellschaft bestehenden Identität von Personal- und Sachmitteln sind bei Auflösung der Gesellschaft weder jene noch der Unternehmer in einer dem Erbfall vergleichbaren Weise schutzwürdig. Die Liquidatoren haben daher den HV-Vertrag im Wege der ordentlichen Kündigung zu beenden42. Würden die Liquidatoren die Kündigung verzögern, könnten sie im Einzelfall dem Unternehmer einen Grund geben, wegen (insoweit) schuldhafter Verletzung der dem HV obliegenden Pflichten aus wichtigem Grunde seinerseits zu kündigen, sofern die Gesellschaft ihren Vertragspflichten nicht mehr nachkommen kann. Unterlassen die Liquidatoren die Kündigung, so endet der Vertretervertrag mit der Vollbeendigung der Gesellschaft43. Zudem darf der Unternehmer nach § 89a kündigen, falls ihm die Vertragsfortführung mit einer Liquidationsgesellschaft unzumutbar ist44. War der HV eine Personenhandelsgesellschaft (oHG oder KG), so kommt es darauf an, ob und gegebenenfalls wem von den Gesellschaftern der HV-Vertrag die Wahrnehmung der eigentlichen HV-Tätigkeit übertragen hatte. Eine Auslegung kann ergeben, dass der Vertrag mit einem Gesellschafter fortbestehen soll45. Immerhin werden Unternehmer und Liquidator, bevor sie den HV-Vertrag fristlos kündigen, zweckmäßigerweise abwarten dürfen, ob die aufgelöste Gesellschaft nicht dennoch fortgeführt (§§ 134, 144) oder als zweigliedrige von einem der beiden Gesellschafter übernommen wird. Ist dann der mit der HV-Tätigkeit beauftragt gewesene Gesellschafter in der Gesellschaft verblieben bzw. führt er die bisher handelsgesellschaftliche Agenturfirma allein fort, so kann der HV-Vertrag weiterlaufen (woran der Unternehmer durchaus ein Interesse haben mag46). Ist er es nicht, so wird die Gesellschaft dem Unternehmer einen anderen, geeigneten Gesellschafter für die vakant gewordene Funktion vorzuschlagen haben. Rechtsform-47 oder Gesellschafterwechsel beenden das Vertragsverhältnis nicht, sofern dies nicht als auflösende Bedingung (Rn 8 f) vereinbart worden ist48. Eine außerordentliche Kündigung wegen eines Rechtsform- oder Gesellschafterwechsels ist nach Abmahnung möglich, falls die Gesellschaft hierdurch iSd §§ 613, 664 BGB wesentlich in ihrem Erscheinungsbild geändert wird. Der Unternehmer ist nach diesen Normen gegen erhebliche Änderungen im Erscheinungsbild des HV-Unternehmens geschützt49 (Vor § 84 Rn 50 ff), sofern er hierdurch einen Nachteil erleidet. Davon ist auzugehen, wenn der ausscheidende Gesellschafter Schlüsselperson war50.

39 40 41 42

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Emde Die Handelsvertreter GmbH, 1994, S. 198. Mugdan II, S. 307. BGHZ 84, 379 (380); Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 198. Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 199; Schuler JR 1957, 44 (45); Sieg AG 1964, 293 (298), Bruck/Möller, vor §§ 43–48 Anm. 345. Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 199, aA Sieg AG 1964, 293.

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Vgl. Emde GmbHR 1999, 1005 (1016). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3. OLG Hamburg DB 1962, 1636. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 28. Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 207; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 20. Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 219. Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 219.

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IX. Höchstalter als vereinbarter Endzeitpunkt HV-Verträge, auslaufend mit Erreichung eines bestimmten Lebensalters (bisher meist 13 zum 65. Lebensjahr), sind nicht als mit fester Dauer abgeschlossen anzusehen. Es wird keine feste, bis zu diesem Datum unkündbare Vertragslaufzeit iSd § 620 Abs. 1 BGB bestimmt51. Im Zweifel stellen sie Verträge auf unbestimmte Zeit mit einem Spätest-Endtermin dar52. Eine vorherige Kündigung nach § 89, evtl. nach § 624 BGB, ist also nicht ausgeschlossen. Zu strenge Anforderungen insoweit stellt Hess53, der eine ausdrücklich vereinbarte Zulassung früherer Kündigung im Vertrag fordert. Jeweils ist das Gewollte im Einzelfall zu prüfen.

X. Insolvenz des Mittlers oder des Unternehmers 1. Insolvenz des Unternehmers. Die Eröffnung des InsV über das Vermögen des 14 Unternehmers führt gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 InsO54 zur Beendigung des Vertragsverhältnisses. Es bedarf keiner Kündigung; sie ist aber möglich, etwa bei außerordentlicher Kündigung infolge der Insolvenzantragstellung oder dahingehender Kündigungsklauseln55. Deshalb erlöschen im Zeitpunkt der Eröffnung des InsV über das Vermögen des Schuldners sämtliche Geschäftsbesorgungsverträge, auch ein HV-Vertrag56. Gleiches gilt, wenn die Eröffnung des InsV gemäß § 26 InsO mangels Masse abgewiesen wird. Wente57 befürwortet für HV-Verträge eine einschränkende Auslegung: Dem Insolvenzverwalter stehe entgegen dem Wortlaut des § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InsO das Wahlrecht des § 103 InsO über Fortführung oder Nichtfortführung zu. § 108 InsO sei einschränkend auszulegen, da er anderenfalls dem Ziel des Insolvenzverfahrens, die Masse zur gesetzmäßigen und gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger zu erhalten, widerspräche58. Dem HV eventuell erteilte Vollmachten, etwa eine Abschlussvollmacht, erlöschen gemäß § 117 Abs. 1 InsO, wobei das Gesetz nur eine Ausnahme vorsieht (vgl. § 117 Abs. 2 InsO)59. Dem HV steht kein Verfrühungsschaden nach § 113 Abs. 1 S. 2 InsO zu, wenn der HV-Vertrag aufgrund der Insolvenz des Unternehmers erlischt60. a) Fortsetzung des Vermittler-Vertrages nach Eröffnung des InsV. Eine Fortsetzung 15 des HV-Vertrages nach Eröffnung des InsV über das Vermögen des Unternehmers ist trotz der automatisch eintretenden Beendigung möglich. Die Fortsetzung setzt eine Vereinbarung zwischen Insolvenzverwalter und HV voraus. Es entsteht ein neues Vertrags51

52 53 54

BGH, Urt. v. 06.02.1969 – VII ZR 125/66, VersR 1969, 445 mit zust. Anm. Boetius; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 10; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 19; Hopt Rn 20; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 41; Schröder § 89 Rn 3b, 8a. BGH VersR 1969, 445. BB 1954, 747. OLG Saarbrücken, Urt. v. 04.12.1996 – 1 U 343/96-59, BB 1997, 1603 (1604); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 27 f; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); dies. BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; Emde/ Kelm ZIP 2005, 58; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 4; Canaris Handelsrecht, § 17 Rn 97. Bis zum Inkrafttreten der InsO am 01.01.1999

55 56 57

58 59 60

ergab sich die Beendigung des HV-Vertrages aus § 23 KO (hierzu Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 28); vgl. auch Heymann/Weitemeyer/Sonnenschein § 89 Rn 10; zur Insolvenz bei Franchiseverträgen Torz ZInsO 2009, 1235. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag. MünchKomm-InsO/Ott § 116 Rn 12. ZIP 2005, 335; hiergegen Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 28 ff. Wente ZIP 2005, 335 (338). Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 30 f. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 59.

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verhältnis. Die Bedingungen des Neuvertrages können mit denen des ursprünglichen Vertrags weitgehend identisch sein. Den Parteien steht es frei, die Fortsetzung des Altvertrages zu vereinbaren61. Setzt der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des InsV den HVVertrag fort, ohne irgendwelche Vereinbarungen getroffen zu haben, liegt hierin der konkludente Abschluss eines neuen HV-Vertrags, d.h. keine Fortsetzung des Altvertrages62. Das Entstehen eines neuen Vertrags mit dem Insolvenzverwalter ist von Bedeutung für die insolvenzrechtliche Qualifikation der aus ihm resultierenden Ansprüche. Sämtliche Ansprüche des HV, die aufgrund seiner weiteren Tätigkeit nach Eröffnung des InsV infolge des Neuvertrages mit dem Insolvenzverwalter entstehen, sind vorab zu befriedigende Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO63. Der HV-Vertrag gilt in Anwendung der § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 S. 2 InsO als 16 fortbestehend, wenn mit dem Aufschub der übertragenen Geschäfte Gefahr verbunden ist. Die Untätigkeit des HV müsste objektiv eine Gefahr mit sich bringen, d.h. der Insolvenzmasse objektiv Nachteile drohen64. Eine solche Gefahr ist gegeben, falls der Insolvenzverwalter das Geschäft nicht rechtzeitig selbst besorgen kann65. Als Beispiel seien nicht wiederholbare Beweissicherungen durch den HV oder schnelles, nicht ersetzbares Handeln bei Vermittlung oder Abschluss genannt66, etwa im Fall verderblicher Waren67. Der HV hat die Pflicht, solche Geschäfte solange fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann (§ 115 Abs. 2 S. 1 InsO). Dabei ist unerheblich, ob der HV in Kenntnis der Verfahrenseröffnung handelt oder nicht. Es ist allein die objektive Notlage maßgeblich68. Zur insolvenzrechtl. Einordnung des entstehenden Provisionsanspruchs § 87a Rn 86 ff. Der Mittlervertrag gilt gemäß § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 3 S. 1 InsO zu Gunsten des 17 Vertriebsmittlers als fortbestehend, solange er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne sein Verschulden (§ 276 BGB) nicht kennt69. Im Unterschied zur gesetzlichen Fiktion wegen eines möglichen Gefahreintritts gilt eine erteilte Vollmacht nicht als fortbestehend. Dies folgt aus einem Umkehrschluss zu § 117 Abs. 2 InsO, wonach die Vollmacht nur im Falle der Fiktion nach § 115 Abs. 2 InsO, nicht aber im Falle des § 115 Abs. 3 InsO, als fortbestehend gilt. Der HV handelt ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Vertreter ohne Vertretungsmacht iSd §§ 177 f BGB70. Die von ihm getätigten Geschäfte sind gemäß § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. Die Fiktion gilt nur zu Gunsten des HV, so dass Dritte allein dann Ansprüche geltend machen können, wenn der Insolvenzverwalter gem. § 177 BGB die erforderliche Genehmigung zum Geschäft erteilt. Ob der Insolvenzverwalter die Genehmigung erteilt, steht ihm frei71. Dagegen ist der Schuldner gemäß § 81 Abs. 1 InsO daran gehindert, eine Genehmigung zu erteilen, obwohl er letztlich der Vertretene ist. Das aus der fehlenden Vertretungsmacht resultie61 62

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BGH, Urt. v. 11.02.1988 – IX ZR 36/87, BGHZ 103, 250; Küstner/Thume I Rn 1352. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); dies. BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; Westphal I Rn 884. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 49; Küstner/Thume I Rn 1352; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); dies. BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag. Kroth in: Braun, InsO, § 115 Rn 7.

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Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); Emde/Kelm ZIP 2005, 58; Westphal I Rn 882. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 42. Kroth in: Braun, InsO, § 115 Rn 7. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 41. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 42. Kroth in: Braun, InsO, § 117 Rn 6.

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rende Haftungsrisiko des HV gemäß § 179 BGB wird durch § 117 Abs. 3 InsO aufgefangen. Der HV haftet nicht, solange er die Eröffnung des Verfahrens ohne sein Verschulden nicht kennt. Sämtliche aus der Fiktion resultierende Ersatz- und Vergütungsansprüche des HV sind einfache Insolvenzforderungen (vgl. § 116 S. 2 i.V.m. § 115 Abs. 3 S. 2 InsO)72. b) Schicksal des Mittlervertrages im Insolvenzantragsverfahren aa) Fortbestehen im Insolvenzantragsverfahren. Der Mittlervertrag besteht während 18 des Eröffnungsverfahrens, d.h. in dem Zeitraum ab Einreichung des Insolvenzantrages bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Verfahrenseröffnung, fort. Die Erlöschensfolge der §§ 116 S. 1, 115 Abs. 1 InsO tritt erst mit der Eröffnung des InsV ein. Im Eröffnungsverfahren wird regelmäßig ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, der u.a. die Aufgabe hat, das Unternehmen des Schuldners fortzuführen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Ansprüche des Mittlers, die aus Geschäften hervorgehen, welche mit Billigung des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgeführt werden, sind nach § 55 Abs. 2 InsO vorrangig zu befriedigende Masseansprüche. bb) Kündigung durch den Mittler. Stellt der Unternehmer beim Insolvenzgericht einen 19 Antrag auf Eröffnung des InsV, so ist dies für den Mittler in der Regel ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertrages gemäß § 89a73. Zu Recht wird eine Kündigung bereits dann als gerechtfertigt angesehen, wenn einer der Insolvenzgründe des § 16 InsO vorliegt, aber noch kein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde74. Denn die weitere Belieferung des Mittlers ist gefährdet75; diese Unsicherheit braucht er nicht hinzunehmen. Demzufolge können sowohl die bevorstehende als auch die eingetretene Zahlungsunfähigkeit sowie, bei Vorliegen aller Voraussetzungen, auch die Überschuldung einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen. Die Parteien dürfen die Zahlungsunfähigkeit der anderen Partei auch als außerordentlichen Kündigungsgrund vereinbaren76. Für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen des vertraglich vereinbarten Kündigungsgrundes der „bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit“ verlangt das OLG Saarbrücken allerdings, dass nach Abgabe der Kündigungserklärung die Zahlungsunfähigkeit auch tatsächlich eintritt77. Ohne den späteren Eintritt der Zahlungsunfähigkeit könnte die Kündigung allein auf die subjektive Einschätzung und Prognose des Kündigenden gestützt werden. Damit würden die anderen insolvenzbezogenen Kündigungsgründe, z.B. Überschuldung oder Stellung des Insolvenzantrages, die an objektiv messbare Kriterien geknüpft sind, unterlaufen werden78. Laut einer Entscheidung des OLG Dresden ist eine auf die Einreichung des Insolvenzantrages gestützte Kündigung ausnahmsweise dann nicht gerechtfertigt, wenn der Insolvenzschuldner den HV rechtzeitig umfassend und nachprüfbar darüber aufklärt, dass der 72

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Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 47; vgl. auch Hoffstadt DB 1983, 645 (646); Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 4. Hopt § 89a Rn 24; hinsichtlich eines Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach der Gesamtvollstreckungsordnung: OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.1995 – 7 U 1138/95, ZIP 1996, 73; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; v. Manteuffel/ Evers EWiR § 89a 1/96, 1133; hinsichtlich

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der Eröffnung eines Vergleichsverfahrens nach der Vergleichsordnung: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 58. Hopt § 89a Rn 24. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag. OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713. OLG Saarbrücken, Urt. v. 11.02.1998 – 1 U 364/97-83, NJW-RR 1998, 1191. OLG Saarbrücken, Urt. v. 11.02.1998 – 1 U 364/97-83, NJW-RR 1998, 1191 (1192).

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Insolvenzantrag frühzeitig gestellt wurde, die Zahlungsschwierigkeiten wahrscheinlich nur vorübergehend sind, bereits ein Sanierungskonzept erarbeitet und der Schuldner in der Lage ist, alle weiter angebahnten Verträge zu erfüllen79. Diese Ausnahme berücksichtigt, dass Gefährdungen des Mittlers damit unwahrscheinlich sind und bei der Prüfung eines wichtigen Grundes nicht nur die Interessen des HV, sondern auch des Unternehmers in die Abwägung mit einzubeziehen sind. Die Kündigung könnte dazu beitragen, dass der Unternehmer Vertriebskanäle verliert, die für eine Sanierung von Bedeutung sein können. Im Gegenzug muss der insolvente Unternehmer den HV umfassend über Geschäftslage und Sanierungschancen aufklären, damit die Gefahr einer Kündigung abgewendet wird80. Man wird der Entscheidung nur zustimmen können, falls die Fähigkeit des Unternehmens zur Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen zweifelsfrei ist. Die Parteien können Kündigungsrechte und auflösende Bedingungen für den Fall der Unternehmerinsolvenz vereinbaren, und zwar sowohl individualvertraglich81 wie mittels AGB82. § 119 InsO steht nicht entgegen83. 2. Insolvenz des Mittlers

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a) Fortbestand des Mittlervertrages in dessen Insolvenz? Nach den Vorschriften der InsO führt die Eröffnung des InsV über das Vermögen des Mittlers nicht automatisch zum Vertragsende: Gem. § 108 Abs. 1 S. 1 InsO besteht der Vertrag mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort84. Die Rechtsfolge der Insolvenz des HV unterscheidet sich damit von der bei Insolvenz des Unternehmers. Dort kommt es gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 InsO zur automatischen Beendigung des HV-Vertrages (Rn 14). Auch nach § 12 GewO wird eine eventuell erforderliche Erlaubnis (VV!) nicht widerrufen oder unzulässig. Eine Vereinbarung, wonach im Fall der Insolvenz der Vertrag beendet wird (mittels Kündigung oder auflösender Bedingung), ist zulässig. Auch nach Zivilrecht ergibt sich kein abweichendes Ergebnis: Zwar endet der HV-Vertrag gemäß § 673, 675 BGB mit dem Tod des HV85. Die Eröffnung des InsV steht dem Tod des HV nicht gleich, weil der HV nach wie vor vermittelnd tätig werden kann (der InsVerw wird diese Aufgabe nicht leisten können86, falls doch begründet er Masseschulden87) und die Eröffnung des InsV ihn hieran nicht hindert. Zudem sind die Vorschriften der InsO lex specialis. Sie sehen jedoch keine Beendigung des Vertrages vor (s.o.). Sofern kein Bargeschäft nach § 142 InsO vorliegt, kann der Insolvenzverwalter des Vertragshändlers Zahlungen nach §§ 130 ff InsO anfechten88. Der Unternehmer darf die Unsicherheitseinrede gem. § 321 Abs. 1 BGB erheben und seine Vorleistungspflicht in einen Leistungsaustausch Zug-um-Zug wandeln89. 79

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OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.1995 – 7 U 1138/95, ZIP 1996, 73; v. Manteuffel/Evers EWiR § 89a 1/96, 1133. OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.1995 – 7 U 1138/95, ZIP 1996, 73 (75). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); dies. BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2009 – 16 U 160/09, ZIP 2010, 194 = EWiR 2010, 159 (Ströbl) – HV; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 82; Küstner/Thume I, 3. Aufl. 2000, Rn 1382; Emde/Kelm ZVI 2004, 282; Stumpf/Ströbl

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MDR 2004, 1209 (1211); Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202); Wagner/WexlerUhlich BB 2010, 2455 (2456); für den Vertragshändlervertrag; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene §89 Rn 24; Genzow in: Ensthaler § 92b Rn 8 (für den Einfirmenvertreter). BGHZ 24, 214 (215); 24, 223; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41b. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 83. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 85. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89

b) Kündigung des Mittler-Vertrages. Nach wohl h.M. Auffassung berechtigt die Er- 21 öffnung des InsV über das Vermögen des Mittlers den Unternehmer nach § 89a Abs. 1 zur außerordentlichen Kündigung (auch einer Änderungskündigung90) des Vertrages aus wichtigem Grund91. Der Fortführungsgedanke der InsO steht nicht entgegen92, ebenso wenig die nur Miet- und Pachtverträge betreffende Ausnahmebestimmung des § 112 InsO (analog)93. Das gilt auch für Franchiseverträge, weil bei ihnen gleichfalls das vertriebsrechtliche Element im Vordergrund steht94, zudem bei Werkstattverträgen95. Dem Unternehmer ist es unzumutbar, den Vertrag mit einem insolventen HV fortzusetzen; auf weitere Unzumutbarkeitsgründe im Hinblick auf die Vertragsfortführung im konkreten Einzelfall dürfte es neben der Insolvenz nicht ankommen96. Beim Vertragshändler und FN tritt hierzu das Ausfallrisiko des Einzelgeschäfts97, welches allerdings durch Vorkasse aufgefangen werden kann98 – jedenfalls soweit dadurch die Lagerhaltung des Händlers nicht leidet99. Vor Ausspruch der Kündigung ist regelmäßig keine Abmahnung gemäß § 314 Abs. 2 BGB erforderlich, sofern eine Abhilfe durch den HV unmöglich ist. Auch vertraglich kann die Insolvenz als Auflösungs- oder Kündigungsgrund vereinbart werden100, und zwar auch mittels AGB101. Das nur bereichsspezifisch geltende Verbot von Lösungsklauseln in § 103 ff InsO steht der Wirksamkeit einer vertraglich eingeräumten außerordentlichen Kündigung des Unternehmers wegen Insolvenzeröffnung nicht entgegen102. Deshalb stellt diese Klausel eines Kfz-Händlervertrags, welche eine Kündigung

90 Wagner/Wexler-Uhlich

BB 2011, 519 (521 f.) – zum Vertragshändlervertrag, Beispiel: Änderung der Zahlungsbedingungen; hier liegt trotz der Vertragsfortführung keine Selbstwiderlegung des wichtigen Grundes vor. 91 BGH, Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919 = EWiR 2007, 203 (Klasen); Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (296); OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336; OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2004 – 35 W 5/04, NJW-RR 2004, 1554; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 83; Wagner/ Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455); Ströbl/ Schumacher BB 2009, 1201 (insbes. 1204 ff) zum Kfz-Vertragshändlervertrag mit umfassend dargestellten, emotional jedoch etwas überzeichneten Folgen für den Unternehmer; Stumpf/Ströbl MDR 2004, 1209 (1211) für den Vertragshändlervertrag; Ströbl EWiR 2010, 159; Küstner/Thume I Rn 1924; Semler in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 14 Rn 19; Hopt § 89a Rn 20; Westphal I Rn 885; Canaris Handelsrecht, § 17 Rn 89; Karsten Schmidt Handelsrecht, § 27 V 1.b); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 4; Ruß in: HK-HGB, § 89a Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 10; Hopt § 84 Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 24, 25; Schlegelberger/Schröder § 89

Rn 41d; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 223/224. 92 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202). 93 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336; OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2004 – 35 W 5/04; OLG München, Urt. v. 26.04.2006, ZInsO 2006, 1060 mit zust. Anm. Preuß KTS 2007, 361; LG Ingolstadt, Urt. v. 07.10.2008 – 1 HKO 1546/08; Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202); aA Brossette Autohaus 6/2009, 26 sowie 9/2009, 19. 94 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202); Wimmer/Wegner InsO § 112 Rn 5; vgl. Metzlaff/Becker § 11 Rn 75; MünchKommInsO/Eckert § 112 Rn 5, 7 f. 95 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1203, 1205) – die Ausweichmöglichkeiten der Werkstätten auf markenunabhängige Tätigkeiten werden jedoch von Ströbl/Schumacher überschätzt. 96 AA Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag. 97 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1204 f). 98 AA Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1204). 99 Vgl. Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1204). 100 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455) (mit englischem Formulierungsvorschlag); Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). 101 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456). 102 OLG München, Urt. v. 26.04.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371.

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aus wichtigem Grund bei Insolvenzantragstellung des Mittlers vorsieht, keine unangemessene Benachteiligung iSd § 307 BGB dar. Die vom Unternehmer erklärte Kündigung ist auch einen Monat vor Ablauf der 2-jährigen ordentlichen Kündigungsfrist zulässig103. In Folge der Kündigung entsteht die Frage, ob dem kündigenden Unternehmer ein Schadenersatzanspruch gegen den gekündigten HV gem. § 89a Abs. 2 wegen der „Veranlassung“ des Kündigungsgrundes zusteht. Dem Unternehmer kann ein solcher Anspruch nur zustehen, falls das die Kündigung auslösende Verhalten des HV eine schuldhafte Verletzung von Pflichten aus dem HV-Vertrag konstituiert104. Oft wird der HV die eigene Insolvenz zu vertreten und damit die Kündigung veranlasst haben. Ob und unter welchen Bedingungen die Verursachung der Insolvenz eine Verletzung von Pflichten aus dem HV-Vertrag darstellt, ist hiermit noch nicht beantwortet. Nach dem OLG Düsseldorf ist die bloß schuldhaft verursachte Insolvenz für sich betrachtet noch kein ausreichender Grund, einen Schadenersatzanspruch zu befürworten105. Es muss vielmehr ein spezielles Auflösungsverschulden vorliegen, welches über die bloße Herbeiführung der Insolvenz und die Veranlassung der Vertragsauflösung hinausgeht. Die unternehmerischen Entscheidungen, welche die Eröffnung des InsV verursachen, müssen ein „handelsvertretervertragswidriges“ Verhalten konstituieren, um den Schutzzweck der Norm zu berühren. Da der HV in der Führung seines Unternehmens grundsätzlich frei ist, können unternehmerische Entscheidungen, welche die Insolvenz herbeiführen, nur dann gegen Pflichten aus dem HV-Vertrag verstoßen und einen Schadenersatzanspruch begründen, wenn sie nicht mehr von der unternehmerischen Dispositionsfreiheit des HV umfasst sind. Ein vertretervertragswidriges Verhalten ist mit dem OLG Düsseldorf anzunehmen, wenn die zur Insolvenz führenden unternehmerischen Entscheidungen des HV willkürlich, in keiner Weise mehr sachlich zu vertreten oder in der Absicht, den Unternehmer zu schädigen, getroffen werden. Der HV trägt die Beweislast dafür, dass er nicht vertretervertragswidrig gehandelt hat. Nur er kann jene Interna beweisen. Dem Unternehmer wird es im Falle eines Prozesses wiederum obliegen, zunächst tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines handelsvertretervertragswidrigen Verhaltens zu behaupten, damit der HV seiner Darlegungs- und Beweislast überhaupt gerecht werden kann. Grundsätzlich gibt die Eröffnung des eigenen InsV dem HV keinen Grund zur frist22 losen Kündigung des HV-Vertrages106, ebenso wenig die Einstellung des Betriebs zur Vermeidung eines InsV107. Ausnahmsweise können jedoch auch Umstände aus der Sphäre des HV die durch ihn erklärte außerordentliche Kündigung nach § 89a rechtfertigen108. So ist unter besonderen Umständen die Geschäftseinstellung oder die längere Verhinderung des HV – selbst aus Gründen höherer Gewalt – als wichtiger Kündigungsgrund anerkannt, auch wenn jene Umstände beim HV eintreten109. Die eigene Insolvenz kann dem HV einen Kündigungsgrund geben, wenn er in ihrer Folge zur Vertragserfüllung außerstande ist110. Diese Eigenkündigung des HV ist jedoch in der Regel ausgleichsschädlich111. Eine ordentliche Kündigung (§ 89) durch den InsVerw über das Vermögen des HV 103

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OLG München, Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406; mglw. aber § 242 BGB-Einwand. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53; Küstner/ Thume I Rn 1820. AA Hopt § 84 Rn 48; Hoffstadt DB 1983, 645 (646 f), der einen Schadensersatzanspruch gemäß § 628 Abs. 2 BGB für möglich hält, „wenn der Konkurs auf einem Verschulden des Gemeinschuldners beruht“.

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106 107 108 109 110 111

Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224. BGH, Urt. v. 07.10.2004 – I ZR 18/02, ZIP 2005, 534. I.E. Ströbl EWiR 2010, 159. Hopt § 89a Rn 25. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224/225. Ströbl EWiR 2010, 159 (160).

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wird für unzulässig erachtet112. Begründet wird dies mit der höchstpersönlichen Natur der Pflichten und Ansprüche aus einem HV-Vertrag113. Der InsVerw soll nicht über die persönliche Arbeitskraft des Gemeinschuldners disponieren dürfen und kann wegen des persönlichen Elements der HV-Tätigkeit dessen Tätigkeit auch nicht einfach übernehmen114. Verpflichteter und damit Kündigungsberechtigter soll auch in der Insolvenz der HV bleiben115. Dem InsVerw steht hinsichtlich des Vertriebsvertrages als Rahmenvertrag kein Wahlrecht nach § 103 InsO zu, weil er nicht in der Lage ist, den HV-Vertrag anstelle des Insolvenzschuldners zu erfüllen116. Gleiches gilt für Vertragshändlerverträge117. Der Insolvenzverwalter darf aber bezüglich der in Ausübung eines Vertriebsvertrages geschlossenen einzelnen Kaufverträge nach § 103 InsO vorgehen118. Das mangelnde Kündigungsrecht kann ihn in Schwierigkeiten bringen, sofern er den Vertrag nicht selbst ausführen und auch nicht kündigen kann. Denn bei Untätigkeit ist eine ausgleichsvernichtende Kündigung des Unternehmers nach §§ 89a, 89b Abs. 3 Nr. 2 zu befürchten119. Mglw. geht der Lösungsweg über das Recht des InsVerw zur ausgleichserhaltenden Kündigung aus begründetem Anlass (§ 89b Abs. 3 Nr. 1). c) Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung. Der HV übt eine selbst- 23 ständige wirtschaftliche Tätigkeit aus. Das zum 01.01.1999 eingeführte Verbraucherinsolvenzverfahren, welches in den §§ 304 f InsO geregelt ist und ein vereinfachtes Verfahren bildet, findet daher auf ihn grds. keine Anwendung (vgl. § 304 Abs. 1 S. 1 InsO). Vielmehr bleibt es im Grundsatz bei der Anwendbarkeit des so genannten Regelinsolvenzverfahrens. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch das Verbraucherinsolvenzverfahren Anwendung findet. Sind die Vermögensverhältnisse des HV überschaubar und bestehen gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, und ist er darüber hinaus eine natürliche Person, so ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen (§ 304 Abs. 1 S. 2 InsO). Ungeachtet der Frage, ob nun ein Regelinsolvenz- oder ein Verbraucherinsolvenzverfahren stattfindet, kann der HV, so er denn eine natürliche Person ist, die Restschuldbefreiung nach den §§ 286 f InsO beantragen. d) Insolvenzschutz nach BetrAVG? Umstritten ist, ob dem HV nach dem BetrAVG 24 Insolvenzschutz für eine vom Unternehmer gewährte Altersversorgung zu gewähren ist. Kampf 120 verneint dies für HV, die einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb führen. Sie seien tatsächliche oder potentielle Arbeitgeber und mithin vom Schutzzweck der §§ 1–16 BetrAVG nicht erfasst. Gleiches gelte für HV, welche die Kaufmannseigenschaft durch Eintragung in das Handelsregister freiwillig 112

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Hopt § 84 Rn 48; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 25; Küstner/ Thume I Rn 1382; zu den dadurch entstehenden Schwierigkeiten Ströbl EWiR 2010, 159 (160). Hopt § 84 Rn 48. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224. Küstner/Thume I Rn 1382. OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2009 – 16 U 160/09, ZIP 2010, 194 = EWiR 2010, 159 (Ströbl); Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455); Preuß KTS 2007, 361 (363); Hopt § 84 Rn 48; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 25; Küstner/ Thume I Rn 1382; offen Emde Die Handels-

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vertreter-GmbH, S. 224; zweifelnd Ströbl EWiR 2010, 160; aA OLG München ZInsO 2006, 1060 = ZIP 2006, 1916 (LS) – Vertragshändlervertrag. Nach Ströbl EWiR 2010, 159 (160) soll eine Vertragsbeendigung nach § 103 InsO ausgleichserhaltend wirken. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520); aA OLG München ZInsO 2006, 1060 – ZIP 2006, 1916 (LS). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521) – zum Vertragshändlervertrag. Ströbl EWiR 2010, 159 (160). Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 79 ff.

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erlangten. Diejenigen HV, die mehr als einen Auftragnehmer besäßen, seien vom Insolvenzschutz der §§ 1–16 BetrAVG ebenfalls nicht erfasst. Anders sehe es nur für HV aus, die im Wesentlichen nur für einen Unternehmer tätig seien121.

XI. Mehrstufige Vertreterverhältnisse 25

Beschäftigt der HV eigene – echte – Untervertreter iSd § 84 Abs. 3, so ist die Beendigung seines eigenen HV-Vertrages (Hauptvertrages) mangels entgegenstehender Bestimmung nicht zugleich Endigungsgrund für die Untervertreterverträge. Sie müssen von ihm gekündigt werden. Ob der Verlust der eigenen Vertretung dem Hauptvertreter ein außerordentliches Kündigungsrecht (dann wohl mit Auslauffrist entsprechend der Kündigungsfrist gegenüber dem Hauptvertreter) gibt, kann diskutiert werden (§ 89a Rn 26, Stichwort: „Kündigung des Haupthändlervertrages“). Dagegen spricht, dass er selbst die Kündigungsfristen in Konkordanz bringen muss, soweit ihm dies möglich war.

XII. Probezeit 26

Einen HV-Vertrag auf Probe kennt das Gesetz nicht. Er ist daher meist ein befristeter oder unbefristeter Vertrag. Die Kündigungsfristen des § 89 müssen auch hier eingehalten werden. Sofern der „Probevertrag“ mit fester Befristung abgeschlossen wurde, ohne dass Bestimmungen über das, was sich gegebenenfalls daran anschließen soll, getroffen worden sind, endet der Vertrag mit der vereinbarten Frist122. Ist sie kürzer als die Mindestfrist des § 89, endet der Vertrag erst mit Ablauf der in § 89 vorgesehenen Frist. Eine Kündigungsmöglichkeit, außer der fristlosen nach § 89a, scheidet bei einem derart befristeten Vertrag aus123. Ist jedoch, wie meist, der Vertrag als ein solcher mit vorgeschalteter, zeitlich bestimmter Probezeit abgeschlossen oder so ausgestaltet worden, dass nach Ablauf der Probezeit eine Übernahme in das ordentliche HV-Verhältnis in Aussicht genommen wird, so soll nach h.M. ein Vertragsabschluss auf unbestimmte Laufzeit vorliegen und § 89 Anwendung finden. Eine Kündigung während der Probezeit sei dann nicht ausgeschlossen. Anderenfalls könne der Unternehmer durch Vorschaltung überlanger „Probezeiten“ die zwingende Regelung des § 89 umgehen124. Das erscheint zweifelhaft. Die „Probezeit“ ist rechtlich meist eine Befristung (Auslegungsfrage). Diese Befristung muss lediglich die Zeiträume der Mindestkündigungsfrist des § 89 einhalten (Rn 39 ff).

XIII. Teilkündigung 27

Eine Teilkündigung des Vertrages, um einzelne Bestimmungen desselben zu ändern, etwa die Untersagung des Besuchs bestimmter Kunden125, eine Teilbezirks-Kündigung126, die Abgrenzung des Kundenstammes bzw. des Bezirks127 oder die Wegnahme eines Fabri121 122 123 124

Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 80. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn43. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn43. BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 (237) = NJW 1964, 350.

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OLG Stuttgart BB 1965, 926. OLG Karlsruhe DB 1978, 298; aA OLG Bamberg NJW 1958, 1830 m. abl. Anm. Thiede NJW 1959, 1444. Eberstein 9. Aufl. S. 113.

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kats gegenüber dem Kfz-Vertragshändler, ist nach heute gefestigter Anschauung in Lehre und Rechtsprechung grds. unzulässig128. Die entgegenstehende Auffassung des OLG Bamberg129 – Teilkündigung zum Zwecke der Verkleinerung des Vertreterbezirks – hat sich nicht durchgesetzt. Richtigerweise darf ein Vertragspartner nicht mittels Teilkündigung einseitig das Vertragsverhältnis ändern und dem anderen Teil einen Vertrag aufzwingen, der so nicht geschlossen wurde. Nur ausnahmsweise ist eine Teilkündigung gestattet, wenn kein einheitlicher Vertrag inhaltlich verändert wird130, sondern ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und jene Teilverträge selbst nach dem Gesamtbild des Vertrages jeweils für sich als nach dem Vertrag selbständig lösbar angesprochen sind oder von vornherein eindeutig als selbständig lösbar aufgefasst werden müssen131, etwa nach den Umständen des Einzelfalls im Falle einer Abrede über die organisatorische Zuordnung eines HV zur Struktur eines anderen132. Ansonsten gilt: Will der Unternehmer eine durch Teilkündigung erstrebte Veränderung erreichen, muss er eine Änderungskündigung des ganzen Vertrages (Folge: Ausgleichspflicht nach § 89b) aussprechen. Die Teilkündigung ist trotz eines Vorbehalts im Vertrag regelmäßig nicht wirksam; der Vorbehalt ist selbst unwirksam (§§ 307, 242, 138 BGB)133. Zu AGB siehe Vor § 84 Rn 42. Eine Ausnahme mag gelten, falls das Teilkündigungsrecht individualvertraglich vereinbart wurde und sich auf abgrenzbare Teile des Vertrages bezieht. Grundsätzlich muss dazu das Vertragsverhältnis aus mehreren teilbaren, also eigenständigen, Teilverträgen zusammengesetzt sein, die nach dem Gesamtbild des Vertrages eigenständig und unabhängig voneinander bestehen und gelöst werden können, ohne dass durch die sich auf den Teilvertrag bezogene Teilkündigung das einheitliche Vertragsverhältnis inhaltlich wesentlich verändert wird134. Das Beispiel einer solchen zulässigen Teilkündigung soll die Kündigung eines Bezirksleitervertrags bei Fortbestehen des Versicherungsvertretervertrags bilden135. Abgelehnt wurde dieser selbständige Charakter für die Verpflichtung zum Kunden-, Reparatur- und Wartungsdienst als Teil eines HV-Vertrages136. Immer müssen wichtige Gründe für die Teilkündigungsklausel existieren137. Sind sie besonders erheblich, wird man die Ansprüche an die Selbständigkeit der einzelnen Vertragsteile geringfügig herabsetzen können. Weiter ist erforderlich, dass dem Gekündigten für die Teilkündigung eine angemessene, von § 89b 128

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BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 59 m. Anm. Emde; DB 1977, 1844; OLG Stuttgart BB 1965, 926; OLG Köln NJW-RR 2002, 602 (603); Emde BB 2000, 63 (65); Genzow Rn 114; Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, Vertragshändlerverträge, 1994, Rn 19; Schröder § 89 Rn 9c. NJW 1958, 1830. OLG Karlsruhe, Urt. v 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 40; v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/99, WM 2000, 472, unter I 2d; Urt. v. 18.02.1977 – I ZR 175/75, WM 1977, 589, unter II.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.02.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 41.

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AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 89b Rn 23; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 16; Schröder § 87 Rn 31a; s.a. BGH, Urt. v. 28.01.1971 – VII ZR 95/69, WM 1971, 561. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 16. BGH, Urt. v. 18.02.1977 – I ZR 175/75, LM § 89a Nr. 12 = BB 1977, 964; v. Gamm NJW 1979, 2493; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 16; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 51; Schröder § 89 Rn 9c. BGH, Urt. v. 22.02.1960 – II ZR 118/58, n.v. OLG Karlsruhe DB 1978, 298; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 23; Schröder § 89 Rn 9c.

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unabhängige Kompensation gewährt wird138. Die Teilkündigung darf auch keine nachteiligen Auswirkungen auf den Ausgleichsanspruch des Gekündigten nach § 89b und dessen Geltendmachung haben139. Der Vertragspartner kann das in der vertragswidrigen Teilkündigungserklärung liegende Vertragsänderungsangebot annehmen oder zurückweisen und sie zum Anlass einer fristlosen Kündigung nehmen140. Die Umdeutung einer Teilkündigung in eine Änderungskündigung scheidet regelmäßig aus, da der Unternehmer bei der Teilkündigung nur einen Teilvertrag beenden will, bei der Änderungskündigung jedoch den Gesamtvertrag141. Es darf schon wegen des dadurch ausgelösten Ausgleichsanspruchs nicht unterstellt werden, der Unternehmer wolle, um das Ziel der Teilkündigung zu erreichen, in jedem Fall als Zwischenstadium die Beendigung des Gesamtvertrages in Kauf nehmen. Auch eine der Teilkündigung vergleichbare einseitige Bestimmungsbefugnis im Vertrage unter den Kautelen des § 315 BGB mit der Möglichkeit der gerichtlichen Nachprüfung ist entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.142 unzulässig. Verpflichtet sich ein Unternehmer, eine auch in seinem Interesse erfolgte spezielle Ausgestaltung des Vertragshändlervertrages (Aufspaltung in zwei separate, aber in ihrem Bestand voneinander abhängige Verträge über Vertrieb und Werkstattleistungen) nur unter Wahrung der Interessen beider Vertragspartner zu ändern, stellt die in Hinblick auf die geänderte Geschäftspolitik des Herstellers erfolgte Kündigung nur des Werkstattvertrages eine unzulässige Teilkündigung dar143. Eine dem HV erteilte Abschlussvollmacht darf allerdings gem. § 168 BGB jederzeit widerrufen werden144. Eine Klausel, mit der sich der Unternehmer das Recht vorbehält, die Produkte auch über andere Distributoren, selbst unmittelbar an Kunden oder auf sonstigen Vertriebswegen, zu vermarkten, lässt nicht erkennen, dass einem Mittler einseitig das ihm durch den Vertrag eingeräumte Erwerbs- und Veräußerungsrecht für die Vertragsprodukte ganz oder teilweise wieder entzogen werden kann145.

XIV. Tod des Handelsvertreters 28

Der Tod des HV beendet im Zweifel gem. §§ 613, 675, 673 S. 1 BGB den HVVertrag146, nicht aber der Tod des Unternehmers entsprechend § 672 S. 1 BGB147.

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BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 (62) = ZIP 2000, 138 m. Anm. Emde BB 2000, 63; BB 1988, 220; BGHZ 124, 351 (354); 89, 206 (211). BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 = ZIP 2000, 138 m. Anm. Emde BB 2000, 63. BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, ZIP 2000, 138 (140) = BB 2000, 60 m. Anm. Emde; Schröder § 89 Rn 9c. OLG Köln VersR 1989, 1142; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 17. § 89 Rn 17.

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OLG Köln, Urt. v. 02.02.2001 – 19 U 148/00, OLGR Köln 2001, 241 = BB 2001, 1759. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 1; Schröder § 89 Rn 2. BGH, Urt. v. 01.10.2008 – VIII ZR 13/05, Rn 28. BGHZ 24, 214 (215); 24, 223; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 2; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene §89 Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 22.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89

XV. Übertragung der Vertretung auf einen Nachfolger Da die Dienste des HV gem. §§ 613, 664 BGB in Person (wenngleich nicht höchst- 29 persönlich) zu leisten sind (Vor § 84 Rn 50 ff), ist das Vertragsverhältnis grundsätzlich an seine Person gebunden. Das hat eine zweifache Bedeutung. Der HV kann seine „Vertretung“, einzeln oder durch Veräußerung seiner Agenturfirma im ganzen, nicht einseitig auf einen Nachfolger übertragen. Dazu bedürfte es nicht nur der Zustimmung, sondern der Mitwirkung des Unternehmers. Denn dieser hätte mit dem Nachfolger einen eigenen HV-Vertrag abzuschließen. Das mag zwar in der Form des „Eintritts“ des Nachfolgers in den HV-Vertrag als „Übernehmer“ der Vertretung des Vorgängers geschehen. Aber – und das ist das zweite –: es ist, was das Verhältnis zum Unternehmer anlangt, gleichwohl keine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne, auch wenn – firmenrechtlich – eine Firmennachfolge im Sinne des § 25 für die Agentur als Ganzes vorliegen kann. Was erreichbar ist und erreicht werden soll, ist lediglich eine zeitliche und organisatorische Kontinuität in der Betreuung des Bezirks oder des Kundenkreises und der inhaltliche Gleichlauf des neuen mit dem bisherigen Vertrage. Nicht etwa läuft der bisherige Vertrag ohne Einbuße seiner Identität durch bloße Auswechslung seiner Personen weiter148. Handelte es sich um einen schlichten Eintritt des Nachfolgers in den bestehenden Vertrag, so müssten die bestehenden Provisionsansprüche dem Vorgänger vorbehalten werden – es ist weder erforderlich noch, wo es geschieht, mehr als eine bloße Klarstellung –; auch erübrigte sich die ausdrückliche Abgrenzung für laufende, aber noch nicht abgeschlossene Vermittlungsbemühungen nach § 87 Abs. 3 – die aber gerade hier unumgänglich wird –. Das Vertragsverhältnis mit dem Übernehmer schließt sich vielmehr an dasjenige mit dem bisherigen HV an. Das Vertragsverhältnis mit dem bisherigen Handelsvertreter ist einvernehmlich beendet. Vertragliche Bestimmungen, die den Fall einer Nachfolge in das Vertreterverhältnis im Voraus regeln, sind zulässig. So kann im Vertrag vorgesehen sein, dass der HV die Vertretung mit Einverständnis des Unternehmers auf einen Dritten übertragen könne, dafür dann allerdings gehalten sei, den Nachfolger die Rechte und Pflichten aus dem Vertrage voll übernehmen zu lassen („ihn in den Vertrag eintreten zu lassen“). Ferner darf geregelt werden, dass im Falle des Todes des HV die Vertretung von seinem Erben (etwa von seiner Witwe) fortgeführt wird. Eine solche Regelung setzt den Normalfall der §§ 673, 675 BGB beiseite. Der Erbe ist in die Dienstleistungsverpflichtung des HV kraft Bereitschaft des Unternehmers, die Erbringung der Dienste von der Person des ursprünglichen Vertragspartners losgelöst zu sehen und hierfür den ggf. noch unbekannten demnächstigen Erben im Voraus zu akzeptieren, eingerückt. Das Vertragsverhältnis setzt sich in der Person des Rechtsnachfolgers fort. Noch anders liegt es, wenn dem Erben – oder einem von ihnen oder der Witwe – lediglich die Option zur Fortsetzung des Vertrages eingeräumt worden ist. Alsdann muss mit dem Optierenden ein selbständiger Vertrag abgeschlossen werden.

XVI. Wegfall der Geschäftsgrundlage 30

Zum WGG siehe Vor § 84 Rn 34.

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AA Sieg VersR 1964, 791.

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D. Absatz 1 I. Vertragsverhältnis 1. Persönlicher Anwendungsbereich. Mit dem Vertragsverhältnis gemeint ist der HVVertrag iSd § 84. § 89 gilt für alle HV-Verträge mit Ausnahme der mit HV im Nebenberuf (§ 92b Abs. 1 S. 1), auch für die Verträge von Einfirmen-149 und Untervertretern150. Der Ausschluss des Anwendungsbereichs des § 89 bei nebenberuflichen HV-Verträgen erscheint wenig sachgerecht. Das Schutzbedürfnis nach Kündigungsfristen besteht auch hier. Auch viele „hauptberufliche“ Vertreter schließen den einzelnen Vertrag als einen von vielen. Die Bedeutung des einzelnen Vertrages, sofern sie überhaupt Maßstab sein sollte, ist daher auch bei den nicht unter § 92b fallenden Mittlertypen keineswegs immer erheblich. Eine besondere Betrachtung haben in Literatur und Rspr. HV-Verträge der Tankstel32 lenvertreter, -pächter oder Tankstellenstationäre gefunden (§§ 84 Rn 96, 89b Rn 423 ff). Ihnen stellen die Mineralölgesellschaften vielfach ein Areal auf Pachtgrundlage zur Verfügung, sie errichten darauf die Tankstellenbaulichkeiten oder ermöglichen mit Darlehen die Finanzierung derselben durch den Grundstückseigentümer, um mit dem HV dann den HV-Vertrag auf Betrieb der Tankstelle abzuschließen. Nicht selten wird dem Mineralölunternehmer ein Erbbaurecht bestellt. Die HV-Verträge werden in aller Regel auf längere Frist, meist mit einer Laufzeit von über 5 Jahren, abgeschlossen. Ihre Kündbarkeit nach § 624 BGB wird überwiegend abgelehnt151. Die Argumente gehen, mit Abwandlungen im Einzelnen, dahin, dass das Stationärverhältnis komplexer Natur sei, nicht nur vertreterrechtliche, sondern auch pachtrechtliche Elemente enthalte und darauf angelegt sei, der Mineralölgesellschaft die Tilgung ihrer meist erheblichen Investitionen durch den Vertrieb ihrer Produkte aus der von ihr errichteten oder finanzierten Tankstelle zu sichern. Verschließt man sich dem nicht, so wird man entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.152 wegen der Einheitlichkeit des Vertrages auch keine „mittlere Lösung“ befürworten können, nach der gem. § 624 BGB die Verpflichtung des Stationärs zur Dienstleistung als HV kündbar ist, während die übrigen Elemente des Vertrages der für sie geltenden vertraglichen oder sonstigen gesetzlichen Kündigungsregelung unterliegen; entstehende rechtliche Lücken, die dadurch aufgerissen werden können, seien nach Staub/Brüggemann durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Ein Tankstellenvertrag, der dem Unternehmer unbegrenzt das Recht zum Eintritt in das Angebot eines anderen Unternehmers zum Abschluss eines Anschlussvertrages gibt, ist nach § 138 BGB unwirksam153.

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 36; Schröder § 89 Rn 1a. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 36. BGH, Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692; BGHZ 52, 171; OLG Celle BB 1962, 542; OLG Stuttgart NJW 1964, 2255; Würdinger NJW 1963, 1550, Rittner Anm.

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zu OLG Stuttgart a.a.O., Meyer NJW 1965, 1573. § 89 Rn 7; ebenso Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41e. BGH, Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692.

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Analog angewandt wird § 89 auf die Kommissionsagenten-154, Franchise-155 sowie 33 HV-ähnliche Vertragshändlerverträge156. Kürzere Fristen können auch hier weder in AGB noch individualvertraglich vereinbart werden157. Im Kfz-Vertragshändlerbereich können die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und Wertungen der Kfz-GVO zu beachten sein158. Deshalb soll die Regelung über die Fristenparität des § 89 Abs. 2 dort nicht analog anwendbar sein159, was problematisch ist, weil diese Begründung für zwingend von § 89 und Art. 15 Abs. 3 RL erfasste Kfz-HV nicht greift (Ungleichbehandlung), Kartellrecht keine zivilrechtliche Fragen regelt und die Fristenparität in Art. 15 Abs. 3 RL gleichfalls europarechtlich präformiert ist160. Nach Ansicht des BGH soll die in der GVO 1400/02 vorgesehene Strukturkündigung jedoch ein außerordentliches, an enge materielle Voraussetzungen gebundenes und auf einer Abwägung der Interessen des Lieferanten und des Händlers beruhendes Sonderkündigungsrecht bilden, welches mit der ordentlichen, lediglich fristgebundenen Kündigung nach § 89 unvergleichbar sei161. Im Kfz-Vertragshändlerrecht galt unter der Ägide der seinerzeitigen GVO 123/85, die lediglich eine

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Ebenroth S. 158; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 36; Oetker/Busche § 89 Rn 26. BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.09.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; Canaris § 18 Rn 27; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 4 Rn 318; Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K35 (K37); Westphal II Rn 109, 150; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 36; Oetker/Busche § 89 Rn 26; MünchKommHGB/von HoyningenHuene §89 Rn 6. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 (dort wegen Vorranges der Kfz-GVO verneint); Urt. v. 09.10.2002 – VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003, 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde); EBE 1995, 259; DB 1966, 577 (LS); Urt. v. 05.04.1962 – VII ZR 202/60, LM Nr. 1 = NJW 1962, 1107; OLG Stuttgart BB 1972, 548; Schwytz BB 1997, 2385; Emde EWiR 1999, 411 (412); Westphal OLGRKommentar 16/2000, K35 (K37); Westphal II Rn 109, 150; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33; Oetker/Busche § 89 Rn 26. Die Notwendigkeit einer dem HV vergleichbaren Umstellungsfrist bestehe, so der BGH in seinem Urt. v. 09.10.2002 – VIII ZR 95/01, bei einem Franchisenehmer zumindest dann, wenn er seinen Geschäftsbetrieb vertrags-

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gemäß weitgehend auf das Vertriebskonzept des Franchisegebers zuzuschneiden habe. Eine solche Verpflichtung nahm der BGH an, weil der Franchisenehmer sein unter dem Label „H.“ auftretendes Kfz-Mietgeschäft ausschließlich in der Form des Standardmietabkommens des „H. Franchisesystems“ zu führen, das „H-Zeichen“ auf Mietfahrzeugen und Geschäftsunterlagen zu verwenden sowie die Gestaltung der Geschäftsräume und Uniformierung des Personals an die „Standard-H.-Farben“ anzupassen habe. Angesichts dieser umfassenden Eingliederung in das Franchisesystem des Franchisegebers, die eine kurzfristige Umstellung auf ein anderes Vertriebskonzept nicht zulasse, müssten dem Franchisenehmer in gleicher Weise wie einem HV die Mindestkündigungsfristen des § 89 zugutekommen. Die analoge Anwendung des § 89 wäre wohl auch ohne die franchisetypische – aber handelsvertreteruntypische – Einbindung aufgrund der Vertriebspflicht und eines Statusvergleichs richtig gewesen (Emde EWiR 2002, 915). Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K35 (K37); Westphal II Rn 109, 150. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990. BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990; kritisch Emde BB 2009, 2330 (2331). Emde BB 2009, 2330 (2331). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 12 ff.

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einjährige Kündigungsfrist vorschrieb, dass eine Kündigungsfrist von einem Jahr nach einer umstrittenen162 Entscheidung des BGH163 keine unangemessene Benachteiligung darstellt. Tatsächlich dürfte selbst die einjährige Kündigungsfrist im Falle eines Kfz-Vertragshändlervertrages oder eines anderen Händlervertrages mit investitionsträchtigem Geschäft unangemessen kurz sein164. Eine Kündigungsfrist von 6 Monaten ist im investitionsintensiven Kfz-Vertriebsrecht wie auch in anderen investitionsintensiven Branchen erst recht inakzeptabel165. In späteren Judikaten hat der BGH166 offengelassen, ob an seiner früheren Entscheidung angesichts der auf zwei Jahre verlängerten Kündigungsfrist der am 01.07.1995 in Kraft getretenen Kfz-GVO 1475/95 festgehalten werde (die bis 2013 geltende Kfz-GVO 1400/02 bestimmt gleichfalls eine 2-jährige Kündigungsfrist als Freistellungsvoraussetzung). Die 1-jährige Kündigungsfrist wäre zu kurz, wenn man den aufeinander folgenden, branchenspezifischen GVOs AGB-rechtliche Leitbildwirkung zumisst. Eine 2-jährige Kündigungsfrist sollte in investitionsintensiven Bereichen Mindeststandard sein. Jedenfalls ist eine 2-jährige Kündigungsfrist167 im Kfz-Vertragshändlerrecht nicht zu beanstanden. Sie sollte auch nach dem Wegfall der 2-jährigen Kündigungsfrist in der neuen Kfz-GVO Leitbild bleiben. Die Kfz-Hersteller haben einen Verhaltenkodex angekündigt, welcher eine 2-jährige Mindestkündigungsfrist vorsieht168. Er wäre im Rahmen des § 20 GWB – Gleichbehandlung – zu berücksichtigen und zeigt die Überzeugung von der Richtigkeit einer 2-jährigen Kündigungsfrist. Die analoge Anwendung des § 89 auf Lieferverträge ohne Vertriebspflicht, jedoch mit 34 Dauerschuldcharakter, kann nach den Umständen des Einzelfalls vertretbar sein169. Voraussetzung ist ein Rahmenvertrag, der seiner Einbindung nach einem HV- oder Vertragshändler-Vertrag gleicht und auf eine ähnlich lange Laufzeit ausgerichtet ist. Hierzu wird – ebenso wenig wie bei einem Vertragshändlervertrag – Voraussetzung sein, dass der Umfang der vorgesehenen Einzellieferungen bereits im Vertrag vereinbart wurde. Vielfach wird auch bei solchen Verträgen im Wege ergänzender Vertragsauslegung170 oder nach § 242 BGB eine angemessene Auslauffrist geschuldet sein, die Schwierigkeiten der Bestimmung führen zur Rechtsunsicherheit. Bedeutsam dürfte die Vertragsauslegung insbesondere sein, falls über § 89 hinausgehenden Kündigungsfristen in Frage stehen; die Auslegung kann solche längeren Kündigungsfristen nahe legen171. Nach einer Ansicht soll die Analogie zu § 89 selbst bei einem nicht förmlich in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliederten Mittler bzw. Händler eingreifen172. Auch dazu wird es auf den Einzelfall ankommen. Bei dem nicht wie ein HV in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Händler sollen aber nur die Kündigungsfristen und Kündigungs-

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Graf v. Westphalen FG Gündisch, S. 83. BGH EBE 1995, 259; zustimmend nach Wegfall der Kündigungsschutzvorschriften der Kfz-GVO 1400/02 Niebling WRP 2010, 81 (84) = WRP 2010, 1454 (1458). Emde BB 2000, 63 (65); Emde EWiR 2000, 153 (154); Emde VersR 2001, 448 (459); offen gelassen von Westphal II, 151. BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, ZIP 2000, 138 (142). Entscheidung v. 06.10.1999, ZIP 2000, 138 (140). LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde).

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Kfz-betrieb 22/23/2010, S. 11. So obiter OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. OLG Stuttgart BB 1990, 1015; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 333; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht § 4 Rn 322; Häuslschmid in Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2259. Häuslschmid in Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2259, der allerdings auch kürzere Kündigungsfristen für möglich hält. OLG Stuttgart BB 1972, 548; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 21.

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termine analog gelten, nicht die zwingende Natur173. Es ist nicht sicher, ob eine solche „Teilanalogie“ dem schutzbedürftigen Mittler wirklich hilft. Für Anstellungsverträge unselbständiger Geschäftsmittler (Handlungsgehilfen) gilt 35 § 89 nicht; ebenso wenig für jene, welche nach § 84 Abs. 2 als Angestellte gelten. Sie unterliegen den Kündigungsregeln des § 66 und dem arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzrecht. Umgekehrt gilt das Kündigungsschutzrecht nicht für HV, welcher Gattung auch immer; auch nicht für den Einfirmenvertreter des § 92a und innerhalb dieses Kreises nicht einmal für den „arbeitnehmerähnlichen“174. Lediglich den HV im Nebenberuf nimmt § 92b von den Kündigungsfristen des § 89 aus und gibt stattdessen wahlweise eine eigene, kürzere. 2. Sachlicher Anwendungsbereich a) Überblick. Der sachliche Anwendungsbereich stellt die Frage nach der Abgrenzung 36 des § 89 zu den Kündigungsbestimmungen sowie dem Auftragsrecht des BGB. Hierzu siehe Vor § 84 Rn 72, 81 ff. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass § 89 im gesamten Vertriebsrecht eine vorrangige Regelung für die ordentliche Kündigung des HV-Vertrags bildet175, auch wenn die Parteien für die vertragsbeendende Erklärung eine andere Bezeichnung wählen. b) Faktischer Vertrag. Für den objektiv nicht wirksamen aber nach der subjektiven 37 Vorstellung der Parteien tatsächlich in Vollzug gesetzten HV-Vertrag gelten die §§ 89, 89a ebenfalls (Lehre vom faktischen Vertrag): die Beziehung der Parteien wird zumindest bis zur „Entdeckung“ der Unwirksamkeit wie ein ordnungsgemäß begründeter Vertrag behandelt176 und beendet. Siehe zunächst § 84 Rn 90. Siehe zunächst § 84 Rn 90. Dazu muss der übereinstimmende, nach außen zum Ausdruck gebrachte tatsächliche Wille beider Parteien dahin gehen, einen auf Dauer angelegten HV-Vertrag zu begründen und die Art der Unwirksamkeit – etwa Sittenwidrigkeit, Verstoß gegen ein die öffentliche Ordnung schützendes Gesetz iSd § 134 BGB – darf keine sofortige Vertragsbeendigung fordern. Zwar bedarf es rechtstechnisch einer Kündigungserklärung in Nichtigkeitsfällen nicht. Denn der Vertrag wurde überhaupt nicht wirksam. Allenfalls müsste sich eine Partei auf die Nichtigkeit berufen; diese Erklärung wird de facto wie eine Kündigungserklärung behandelt177. Zumindest analog § 89 wird jedoch eine angemessene Auslauffrist geschuldet, was meist im Interesse beider Parteien liegt. Sofern der beiderseitige Wille auf ein Dauerschuldverhältnis mit den Kündigungsfristen des § 89 gerichtet war, kann sich eine Partei nicht einseitig, z.B. unter Berufung auf das Fehlen eines förmlichen Vertragsschlusses, von dem Vertrag lossagen178. Bildet der Nichtigkeitsgrund für eine Partei einen wichtigen Grund nach § 89a, ist eine sofortige Vertragsbeendigung möglich, etwa bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung. Fehlt es an der übereinstimmenden Vorstellung 173

Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 624; Ulmer S. 445. 174 LAG Baden-Württemberg DB 1959, 656. 175 Boldt BB 1962, 907; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 22 (abschließende Sonderregelung); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 3. 176 BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 (238 f) = DB 1964, 28 = NJW 1964, 350; BGHZ 53, 152 (159); 129, 290 (293) – die Einschränkung wirtschaft-

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licher Schutzbedürftigkeit sollte heute entfallen; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 13; Hopt § 85 Rn 1; 89 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 42a; Evers BB 1992, 1370; aA Canaris § 17 Rn 27 ff – er will über das Bereicherungsrecht und den Einwand des Rechtsmissbrauches helfen. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 13.

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eines wirksamen Vertrages, bedarf es keiner Kündigung, sondern nur des Hinweises auf die Nichtigkeit179. Aber auch dann fragt sich, ob der Vertragsteil, den keine Schuld an der Nichtigkeit trifft, nicht von seinem Vertragspartner nach § 280 BGB eine angemessene Auslauffrist analog den Fristen des § 89 fordern darf180. Ausgleich in Geld könnte das Interesse des von der Nichtigkeit Betroffenen kaum immer befriedigen. An eine angemessene Auslaufzeit ist gerade in Fällen der Vermögenslosigkeit des Geschäftspartners (Undurchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen) zu denken oder wenn der faktische Abbruch der Kundenbeziehungen durch Schadensersatz nicht kompensiert werden kann. Die von BGHZ 53, 159 vorgebrachte Einschränkung, derzufolge die Grundsätze des faktischen Vertrages nur bei wirtschaftlicher oder sozialer Überlegenheit des Unternehmers maßgeblich sind, dürfte heute überholt sein181. Auch eine Differenzierung zwischen anfänglicher und späterer Nichtigkeit ist dogmatisch kaum haltbar182. In beiden Fällen sollte der Vertrag als faktischer angesehen werden. Wird der Vertrag als faktischer anerkannt, ist das Datum des Vertragsbeginns für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs das maßgebliche183.

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3. Kündigung vor Vertragsbeginn. Der Beginn des Laufs der Kündigungsfrist vor Antritt des HV-Verhältnisses wurde von Staub/Brüggemann in der 3. Aufl. nur mit der Einschränkung als zulässig angesehen, dass der Kündigungstermin später lag als der vertragliche Vertragsbeginn184. Diese Einschränkung ist nicht aufrecht zu erhalten: Das Recht zur Kündigung besteht, sobald der Vertrag geschlossen wurde185, die in § 89 gewährten Umstellungsfristen sind auch dann gewahrt. Dies kann zur Folge haben, dass der Vertrag bei länger hinausgeschobenem Vertragsbeginn und kürzerer gesetzlicher oder vertraglicher Kündigungsfrist endet, ehe er nach dem Vertragsinhalt beginnen sollte186. Es würde den HV unzumutbar belasten, müsste er erst ein bereits gekündigtes Vertragsverhältnis antreten, um nach einer relativ kurzen und kaum ertragreichen Einarbeitungszeit die Tätigkeit schon wieder aufzugeben, statt sie gar nicht erst antreten zu brauchen. Abzulehnen ist die Einschränkung, wonach die Interessenlage entscheide, ob eine Kündigung vor Vertragsantritt den Effekt einer Lösung des Vertragsverhältnisses vor seinem Beginn haben könne. Die Kündigung muss in ihrer Wirkung eindeutig sein. Der Kündigungsempfänger muss sich auf ihre Wirksamkeit einstellen können; es darf nicht in der Schwebe bleiben und von einer arbiträren Beurteilung der Interessenlage und der Güterabwägung abhängen, ob sie als einseitige Willenserklärung wirksam geworden sei oder nicht.

II. Auf unbestimmte Zeit eingegangen 39

§ 89 regelt nur die Kündigung von HV-Verträgen, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Den Gegensatz bilden die auf bestimmte Zeit geschlossenen HV-Verträge (vgl. § 620 Abs. 1). Ihre besondere Erwähnung erschien überflüssig, weil sie ohnehin nach Ablauf der jeweils fest bestimmten Zeit enden. Bei Verträgen mit Festlaufzeit besteht 179 180 181 182 183 184

Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 13; Hopt § 85 Rn 1. Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 25. Hopt § 89 Rn 5. Hopt § 89 Rn 5. Hopt § 89 Rn 5. So Schröder § 89 Rn 12.

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 18; vgl. BGH, Urt. v. 06.10.1983 – I ZR 127/81, BB 1984, 235 (237). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 49, 50.

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keine Möglichkeit einer fristgerechten ordentlichen Kündigung nach § 89. Da die ordentliche Kündigung jedoch den Regelfall bildet und bilden soll, ist der Anwendungsbereich der auf bestimmte Zeit geschlossenen Verträge eng zu ziehen. Im Zweifel (Unklarheitenregel bei AGB!) ist von einem Vertrag mit unbestimmter Dauer auszugehen. Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag liegt vor, wenn er nicht automatisch 40 mit Eintritt eines zeitlich feststehenden Ereignisses oder zu einem anderweitig bestimmten Endtermin sein Ende finden soll sondern es hierzu eines besonderen Endigungstatbestandes bedarf, nämlich entweder einer Einigung beider Parteien (Aufhebungsvertrag) oder meist einer rechtsgestaltenden Erklärung, etwa einer Kündigung187, eines Widerspruchs zur (automatischen) Verlängerung oder einer sonstigen Erklärung, aus der sich der Wille zur Nichtverlängerung ergibt, jedenfalls aber eines ungewissen Ereignisses. Dazu muss der Vertragsinhalt ausdrücklich oder konkludent ergeben, dass der Vertrag allein durch das festgelegte Ereignis und nicht vorzeitig durch eine ordentliche Kündigung beendet werden soll. In diese Gruppe fallen nach Ablauf der ersten Befristung befristet geschlossene Verträge, die aufgrund entsprechender Verlängerungsklauseln nach Fristablauf auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden sollen188 oder nur zu bestimmten Terminen gekündigt werden können189, sowie die nach Fristablauf tatsächlich fortgesetzten Verträge gem. Abs 3190. Eine „bestimmte“ Vertragsdauer muss – nicht anders als bei der Auslegung des Be- 41 griffs „ständig“ im § 84 Abs. 1 (§ 84 Rn 65 ff) keine kalendermäßig bestimmte sein191. Entscheidend ist, dass der Vertrag mit Ablauf der von vornherein festgelegten Dauer, z.B. mit Eintritt eines zeitlich feststehenden Ereignisses oder zu einem sonstigen bestimmten Endtermin, automatisch und ohne rechtsgestaltende Erklärung enden soll192. Das Problem einer solchen festen Begrenzung ist die zum Vertragsende eintretende Unsicherheit, ob verlängert wird. Hierdurch können die Vertriebsbemühungen gelähmt und Investitionen gehindert werden. Eine zeitlich feste Begrenzung kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, z.B. Dauer einer Messe, einer Ausstellung oder einer Vertretung für einen kurzfristig erkrankten Kollegen des Nachbarbezirks. Ein bis zum Widerruf geltender Vertrag ist ein unbefristeter Vertrag193. Der „Widerruf“ wäre eine Kündigung, die nur binnen der Fristen des § 89 erklärt werden darf. Überall, wo dem HV-Verhältnis von vornherein eine nur begrenzte Dauer innewohnen soll, wird § 89 mit seinen Kündigungsmöglichkeiten, Kündigungsfristen und Kündigungsterminen unanwendbar. Hierbei handelt es sich aber um eine Ausnahme, die zu beweisen hat, wer sich auf sie beruft. Eine außerordentliche Kündigung nach § 89a bleibt auch bei auf bestimmte Vertragsdauer gezeichneten Verträgen möglich194. Die Voraussetzungen an den wichtigen Grund sind nicht höher oder niedriger als im Rahmen der auf unbestimmte Dauer geschlossenen Verträge, wohingegen bei beiden Vertragstypen höhere Anforderungen an den wichtigen Grund zu richten sind, sofern die ordentliche Vertragsdauer in Kürze endet. Verträge

187

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 10, 38. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 10, 38; Schröder FS Hefermehl, S. 119. Küstner BB 1973, 1241; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 8.

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3a. Schröder FS Hefermehl S. 113; Schröder DB 1966, 2007; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7; Hopt Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 30; Schröder § 89 Rn 3a. OLG Bamberg HVR (52) Nr. 87. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7.

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unter auflösender Bedingung195, auf Probe oder auf Lebenszeit196 (wobei ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts nahe liegt) sind im Zweifel auf unbestimmte Zeit197; Zeitverträge mit Option auf Verlängerung198 (bis zu einer unbefristeten Verlängerung) oder Verträge mit auf Dauer ausgeschlossenem Kündigungsrecht199 auf bestimmte Zeit geschlossen200. Die Parteien können durch Änderungsvertrag, auch mittels AGB201, einen Vertrag mit be42 stimmter Vertragsdauer in einen solchen mit unbestimmter Dauer wandeln und vice versa.

III. Kettenverträge 43

Unsicherheiten sind im Zwischenfeld der Verträge auf feste Vertragszeit mit Verlängerungsklausel (automatische Verlängerung des Vertrages um jeweils bestimmte Laufdauer, wenn er nicht mit festgesetzter Frist zuvor gekündigt wird) entstanden. Eine Meinungsgruppe202 betrachtete sie als auf unbestimmte Zeit geschlossen; eine andere203 war gegenteiliger Auffassung und legte das Schwergewicht auf die, jedenfalls zunächst, fest bestimmte Vertragszeit. Richtig dürfte Folgendes sein: Als auf unbestimmte Zeit eingegangen ist auch hier ein Vertrag zu werten, der sich nur solange verlängern soll, bis einer der Parteien den Vertrag durch eine rechtsgestaltende Erklärung beendet. Die Parteien haben den Vertrag dann nicht auf eine im Voraus fest bestimmte Zeit abgeschlossen wissen wollen, dergestalt, dass er mit Ablauf dieser Zeit automatisch ausläuft. Das ist der Fall des Abs. 3. Entscheidend ist das Merkmal der fehlenden Beendigung „aus sich heraus“ und das Erfordernis einer rechtsgestaltenden Erklärung, um den Vertrag zu beenden. Diese Erklärung muss so frühzeitig erfolgen, dass die Fristen des § 89 eingehalten werden204. Bei fristgerechter Kündigung (unbefristeter Vertrag) oder fehlender Verlängerung (befristeter Vertrag) endet der Vertrag205. Kettenverträge, bei denen sich der Vertrag längere Zeit entweder gem. einer bereits bei Vertragsbeginn getroffenen Vereinbarung oder (jedes Mal, meist ohne weitergehende Verhandlungen)206 unmittelbar vor seinem Ablauf mit gleichbleibender vertraglicher Befristung vereinbart um jeweils feste Zeiträume verlängert, so dass beide Vertragsteile sich auf diese Handhabung eingespielt haben, sind nach h.M. als unbefristete und damit auch vor Ablauf des Endigungszeitpunktes gem. § 89 kündbare Verträge anzusehen207. Sie unterfallen nicht Abs. 3, weil Abs. 3 die unbefristete Verlängerung voraussetzt. Der h.M. ist nur bedingt zuzustimmen. Denn sie widerspricht regelmäßig dem Parteiwillen, welcher auch bei ständiger Verlänge195 196 197 198

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AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 8. AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 17; vgl. BGH, Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, ZIP 2000, 314 = EWiR 2000, 461 (Graf v. Westphalen). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7. AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 7. OLG Hamm BB 1973, 1233; Küstner BB 1973, 1239 (1241); BB 1975, 195; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 9; Heymann/Sonnen-

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schein/Weitemeyer § 89 Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 39, 40. BGH, Urt. v. 12.12.1974 – VII ZR 229/73, NJW 1975, 387 mit krit. Anm. Küstner BB 1975, 194; Schröder § 89 Rn 5 und FS Hefermehl, S. 117 ff, BB 1974, 298. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 9; offengelassen von BGH LM HGB § 89b Nr. 10/11. Recken WM 1975, 264; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 9. BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde). BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde).

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rung um Kettenglieder während des Verlängerungszeitraumes die Unkündbarkeit nach § 89 wünscht. Zunächst: Das jeweilig letzte Glied der Kette muss mindestens die Kündigungsfrist des § 89 erreichen, damit eine angemessene Umstellungsfrist gewahrt bleibt. Da die Fristen des § 89 nach Vertragsdauer gestaffelt sind, ist als für die Kündigungsfrist maßgeblicher Vertragsbeginn nicht der Beginn des letzten Kettenglieds sondern der des HV-Vertrages überhaupt anzusehen (Abs. 3 S. 2 analog). Nach mehr als 5jähriger Vertragsdauer beträgt die Mindestfrist des letzten Kettengliedes also sechs Monate. Kürzere Fristen verlängern sich automatisch auf das von § 89 vorgesehene Maß208. Das gilt im Ergebnis auch bei AGB, wo die wegen Verstoßes gegen das Leitbild des § 89 gem. § 307 BGB unwirksame Klausel im Umfang ihrer Nichtigkeit durch § 89 und seine Fristen ersetzt wird. Die h.M. zu Kettenverträgen stellt hingegen darauf ab, ob mit der fortlaufenden Befristung § 89 umgangen werden soll209. Aber es kommt allein auf die Einhaltung der Kündigungsfristen des § 89 innerhalb der einzelnen Kettenglieder an. Auf weiteren Schutz kann kein Vertragspartner vertrauen. Solange jedes Kettenglied die Fristen des § 89 wahrt, ist gegen eine fortlaufende Befristung nichts zu erinnern. Selbst die stereotype Wiederholung der gleichen Verträge mit identischer oder unterschiedlicher Befristung leitet den Vertrag entgegen der h.M., solange nicht ausnahmsweise die Kündigung nach § 89 zugelassen werden soll, nicht in den Bereich eines unbefristeten, nach § 89 kündbaren Vertrages. Der Vertrag ist grds. bis zum Ende der Befristung – die allerdings die eben genannten Mindestfristen einhalten muss und auch die allgemeinen Höchstfristen nicht übersteigen darf – unkündbar, außer nach § 89a. Die ständige Unsicherheit über die Verlängerung des Vertrages führt nicht zur Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel gem. §§ 138, 307 BGB. Denn die jederzeitige Kündigungsmöglichkeit des § 89 stellt die Parteien insoweit nicht besser. Insbesondere darf nicht der Schluss gezogen werden, die Aneinanderreihung von zwei befristeten Verträgen sei als solche schon eine Umgehung des § 89. Sie kann gerade notwendig sein, um in gewisser Lage die Bindung an ein HV-Verhältnis nicht vorzeitig festzuschreiben210.

IV. Absatz 3: Einverständlich fortgesetztes Vertragsverhältnis Abs. 3 betrifft einen Ausschnitt aus der Problematik fortgesetzter Vertragsverhält- 44 nisse, nämlich den Sonderfall eines zunächst auf bestimmte Zeit begründeten Vertragsverhältnisses, welches nach Fristablauf ohne irgendeine Regelung zu Vertragsdauer oder Kündigungsmöglichkeit von beiden Parteien einvernehmlich fortgesetzt wird211. Der Fall des Abs. 3 ist folglich von dem des Kettenvertrages abzugrenzen: Beim Kettenvertrag schließt sich an den ersten Zeitabschnitt ein weiterer mit ebenfalls von vornherein begrenzter Zeitdauer an. Für die demgegenüber ohne ausdrückliche Befristung vorgenommene Vertragsfortsetzung gibt Abs. 3 eine nicht zwingende Auslegungsregel: Ein zunächst bis zu einem festen Auslauftermin befristeter Vertrag wird auf unbestimmte 208 209

BGH, Urt. v. 17.07.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde). BGH, Urt. v. 11.12.1958 – II ZR 169/57, VersR 1959, 129; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 10, 35; Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 6; ders. FS Hefermehl, S. 116; vgl. auch BGH, Urt. v. 13.12.1995 –

210 211

VIII ZR 61/95, ZIP 1996, 330 und BGH, Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094; Hoß/Lohr MDR 1998, 313 (314). Schröder § 89 Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 14; Beispiel: OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542.

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Zeit verlängert, sofern er nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen fortgesetzt wird, selbst wenn eine nur einseitige Fortführung vorliegt, welcher der andere Teil nicht unverzüglich widersprochen hat212. Eine erneute Einigung oder ein fortdauerndes Einigsein der Parteien über sämtliche Bedingungen ihrer Zusammenarbeit ist unnötig. Es genügt, dass der Mittler weiter für den Unternehmer tätig ist und jener die vom HV vermittelten Kundengeschäfte ausführt213. Abs. 3 zeigt, dass eine derartige Fortsetzung zulässig ist. Die Fortsetzungsvereinbarung kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Für eine stillschweigende Einigung genügt die weitere Tätigkeit des HV, sofern der Unternehmer davon Kenntnis erlangt und sie in irgendeiner Weise duldet, z.B., indem er die vom HV vermittelten Geschäfte ausführt oder der Tätigkeit des HV nicht unverzüglich widerspricht214. Eine Ausführung des vermittelten Geschäfts durch den Unternehmer bildet daher nicht die einzige konkludent mögliche Zustimmungsform215. § 625 BGB muss nicht notwendigerweise analog angewandt werden216 sondern tritt zurück (Amtl. Begr.)217. Es entsteht unter Einschluss des zuvor befristeten Vertrages ein einheitliches, unbefristetes Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit, welches nur gem. § 89 ordentlich kündbar ist. Gleiches gilt, wenn die Kündigungsfrist mehrmals zwischen 2 und 6 Monaten verlängert wird218. Bei der Bestimmung der maßgeblichen Kündigungsfristen nach Abs. 2 ist der zunächst befristete Vertrag in die Berechnung der Gesamtvertragszeit einzubeziehen (Abs. 3 S. 2)219. Die Auslegung des Vertrages kann auch ergeben, dass die Parteien seine Fortsetzung (nur) um die ursprüngliche Vertragslaufzeit wünschten. Zu beweisen hat die Fortsetzung derjenige, zu dessen Vorteil sie gereicht. Ist die Vertragsfortsetzung unstrittig und nur strittig, ob der Vertrag befristet oder unbefristet erfolgte, hat nach Abs. 3 derjenige die Befristung zu beweisen, der sich auf sie beruft.

V. Fristen 45

Ist eine besondere Kündigungsfrist nicht vereinbart, greifen die in § 89 genannten Kündigungsfristen. Sie müssen dem Gekündigten als Mindestfristen ungekürzt zur Verfügung stehen220, und zwar berechnet ab dem Zugang der Kündigungserklärung221. Gerade der Mittler benötigt diese – regelmäßig viel zu kurz bemessenen Fristen – zur Anpassung an die neue Situation, etwa zur Suche nach einer Nachfolgevertretung oder für eine Kündigung von Untervertretern, Angestellten oder Mietverträgen (Problem: Konkordanz der Kündigungsfristen, etwa bei Mindest-Kündigungsfristen im Hauptvertrag oder Hauptvertrag mit kurzen Kündigungsfristen nach ausländischem Recht, siehe Rn 25). Gleiches gilt für den Unternehmer im Falle der Suche nach einem Nachfolgevertreter, wobei der Unternehmer tendenziell weniger auf eine Auslauffrist angewiesen ist und

212 213 214

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216

BGH, Urt. v. 19.01.2005 – VIII ZR 139/04, VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041. BGH, Urt. v. 19.01.2005 – VIII ZR 139/04, VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041. BGH, Urt. v. 19.01.2005 – VIII ZR 139/04, VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 14; Hopt § 89 Rn 21. AA (Unternehmer muss vermitteltes Geschäft ausführen) Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 89 Rn 3. AA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 36.

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Hopt § 89 Rn 22. OLG Stuttgart, Urt. v. 14.08.2002 – 3 U 41/02, n.v. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 14; Hopt § 89 Rn 22. BGH, Urt. v. 28.09.1972 – VII ZR 186/71, BGHZ 59, 265 = NJW 1972, 2083. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26; Hopt § 89 Rn 14.

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daher das geringere Interesse an langen Kündigungsfristen hat. Erfolgt die Kündigung im ersten Jahr der Vertragsdauer, kann sie nur ausgesprochen werden mit einer Frist von einem Monat. Im zweiten Jahr der Vertragsdauer verlängert sich die Frist zu einer solchen von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr zu einer Frist von drei Monaten. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis nur mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist nach S. 3 nur für den Schluss eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist. Gemäß Abs. 2 (dazu Rn 74) dürfen die Kündigungsfristen nach Abs. 1 S. 1 und 2 durch Vereinbarung verlängert werden. Die Frist darf dann jedoch für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den HV. Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den HV vereinbarte Frist. Hier ist ein Rechtsgedanke enthalten, der der Verallgemeinerung fähig ist und aus dem die Rspr. auch Folgerungen gezogen hat. So kann die Verjährung nicht einseitig gegen den HV durch Vertrag kürzer gestaltet werden als diejenige gegen den Unternehmer. Eine vertragliche Verkürzung der Kündigungsfristen des § 89 ist nicht zulässig, wohl aber eine Verlängerung (Rn 74). Da es sich bei den Fristen des § 89 um zwingende gesetzliche Mindestfristen handelt, bedeutet dies, dass die Mindestfristen an die Stelle einer im Vertrag vorgesehenen kürzeren Frist treten222. Der Kündigende darf wie bei der außerordentlichen Kündigung eine längere als die vereinbarte Kündigungsfrist gewähren. Der Gekündigte braucht dies jedoch nicht zu akzeptieren, sondern kann die Einhaltung der geltenden Fristen fordern. Eine gegenteilige Ansicht wäre ebenfalls vertretbar. Denn die verlängerte Frist gibt dem Gekündigten lediglich eine längere Umstellungsfrist; er erfährt meist keinen Nachteil. Rechtstechnisch handelt es sich bei der Verlängerung der Fristen um ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages; die Vermutung des § 151 BGB dürfte kaum je eingreifen. Sofern man eine einseitige Verlängerung der Kündigungsfrist für unzulässig hält, fragt sich, ob die mit längerer Frist erklärte Kündigungserklärung unwirksam ist (dann müsste der Kündigende erneut mit der vertraglich vorgesehenen Frist kündigen; der Gekündigte dürfte die unwirksame Kündigung zum Anlass einer Kündigung nach § 89a nehmen) oder die längeren Auslauffristen auf das vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Maß reduziert werden. Ich neige in Abweichung von meiner Auffassung aus Staub 5. Aufl. der letztgenannten Alternative zu.

VI. Maßgebliche Vertragsdauer Die Kündigungsfristen des Abs. 1 verlängern sich mit der Vertragsdauer. Sie muss 46 grundsätzlich eine ununterbrochene223 sein. Maßgeblich ist der Zeitraum zwischen dem rechtlichen Beginn des HV-Vertrags durch Vertragsschluss oder einverständlicher Tätigkeitsaufnahme und dem Zugang der Kündigungserklärung224. Die nach dem Zugang der Kündigung noch laufende Frist ist also in die Berechnung der für die Kündigungsfrist entscheidenden Vertragsdauer nicht einzubeziehen225. Dass der Vertrag Änderungen

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BGHZ 40, 235. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 56. Prasse in Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, § 2 Rn 371; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 27; Hopt § 89 Rn 11; MünchKomm-

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HGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 56; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 31; aA berechnet bis zum Kündigungsendtermin: Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 18. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 28.

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erfahren hat, etwa Gebietserweiterungen oder -reduzierungen, Modifikationen des Provisionssatzes oder der Provisionsbemessungsgrundlage, Wandlung von der Tätigkeits- zur Bezirksprovision und umgekehrt bzw. Änderung der Produktpalette, ist für die Einheit des Vertrages und damit die Zurechnung zur Vertragsdauer irrelevant: einzubeziehen ist die gesamte Vertragsdauer. Bei Ersatz eines Vertrages durch einen neuen Vertrag, wie es häufig gegenüber Versicherungsvertretern geschieht226, bleibt das Datum des Abschlusses des ersten Vertrags für die Fristberechnung maßgeblich, wenn das Vertragsverhältnis im Kern tatsächlich fortgesetzt und trotz formalen Neuabschlusses inhaltlich nur eine Vertragsänderung vorgenommen wurde227. Erst recht bleibt eine Kündigung durch den Unternehmer mit anschließendem gleichinhaltlichen Neuabschluss zu dem bloßen Zweck, die Anwendung des § 89 mit seiner längeren, zwingenden Mindestkündigungsfrist zum Nachteil des HV auszuschalten, für die Berechnung der Gesamtdauer unbeachtlich, gleiches gilt für die Fälle der „Rücknahme“ oder des „Verzichts“ auf eine Kündigung228, die rechtlich einen (konkludenten) Neuabschluss darstellen. Überhaupt wird man unbedeutende Unterbrechungen des Vertrages bei der Berechnung der Vertragsdauer auszublenden haben. Tätigkeitsunterbrechungen, etwa Freistellungen, bei rechtlichem Fortbestand des HV-Vertrages ändert nichts an der ungekürzten Zurechnung der gesamten Vertragsdauer. Auch bei einem seit 100 Jahre laufenden HV-Vertrag bleibt eine Kündigung in den Fristen des § 89 zulässig229.

VII. Kündigungserklärung („gekündigt werden“) 47

Der Ausspruch der Kündigung folgt den allgemeinen Regeln über Willenserklärungen. Die Kündigung ist eine einseitige, zugangsbedürftige230 Willenserklärung. Eine Annahme der Erklärung, etwa nach § 151 BGB, ist nicht erforderlich231. Die Erklärung muss eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet werden soll232. Die gewünschte Kündigungsfrist braucht nicht genannt zu werden233 (Gegenbeispiel: Belgien), wie schon die Umdeutungsmöglichkeit einer außerordentlichen zu einer ordentlichen Kündigung zeigt (§ 89a Rn 5). Eine Kündigung durch Schweigen gibt es nicht234. Allerdings kann sich die Kündigungserklärung in seltenen Fällen235 stillschweigend aus den Umständen ergeben. Immer aber muss der eindeutige Wille zum Vertragsende zum Ausdruck kommen, etwa bei der Erklärung, den Vertrag künftig nicht mehr zu wollen. Die Erklärung ist bedingungsfeindlich, mit Ausnahme der von dem Willen des Kündigungsempfängers abhängi-

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26. BGH, Urt. v. 19.03.1987 – I ZR 166/85, NJW-RR 1987, 1112; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 31; zu streng Hopt § 89 Rn 11; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 56; Schröder § 89 Rn 18: Neuabschluss nur bei Umgehung des Gesetzes unmaßgebend. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26; Schröder § 89a Rn 18. LG Hamburg, Urt. v. 15.12.2006 – 406 O 175/06; n.v. Becker-Schaffner BB 1998, 422; Ebenroth/

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Löwisch § 89 Rn 25; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45; Schröder § 89 Rn 21. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25. OLG Düsseldorf OLGR 1999, 453 (454); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45; Schröder § 89 Rn 25; Alff Rn 193. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Schröder § 89 Rn 25; aA Finke WM 1969, 1128. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45.

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gen Potestativbedingung236 oder der innerprozessualen Rechtsbedingung237. Einer Begründung, Rechtfertigung238 oder eines Kündigungsgrundes (Gegenschluss aus § 89a)239 bedarf die Kündigung nicht, eine Begründung braucht auch nicht gegeben zu werden (anders Ungarn). Ebenso wenig bedarf die Kündigung einer vorherigen Androhung oder von Gesetzes wegen, abweichend von anderen Rechtsordnungen (Belgien: Einschreiben, Türkei Schriftform240), einer Form. Eine Formvorschrift dürfte aber eingeführt werden241. Eine den zwingenden Voraussetzungen nicht genügende Kündigung braucht auch nicht entsprechend § 174 BGB zurückgewiesen zu werden242 wie überhaupt einer unwirksamen Kündigung nicht widersprochen werden muss; sie ist auch (Verwirkungsfälle ausgenommen) ohne Widerspruch unwirksam243, was durch Feststellungsklage festgestellt werden darf. Zum Begründungserfordernis bei der Kündigung von Kfz-Vertragshändler- und Werkstattverträgen nach der GVO 1400/02 Vor § 84 Rn 182 f. Diese branchenspezifische und rein kartellrechtliche Besonderheit, lässt sich nicht auf andere Bereiche des Vertriebsrechts übertragen. Eine durch Vertrag vorgeschriebene Form („eingeschrieben“) dient im Zweifel nur Beweiszwecken, macht also eine unter Nichtbeachtung derselben ausgesprochene Kündigung nicht unwirksam. Soll die Form Wirksamkeitserfordernis sein, müsste – gegebenenfalls Auslegungsfrage – festgestellt werden, dass die Parteien eine „durch Rechtsgeschäft bestimmte Form“ (§ 127 S. 1 BGB) gewollt haben. Davon ist in der Regel abzusehen. Bei AGB ist eine verwenderfeindliche gegenteilige Ansicht vertretbar. § 174 BGB ist anzuwenden, so dass die Kündigung wegen Nichtvorlage einer Vollmacht zurückgewiesen werden kann244. Nicht ausreichend ist etwa die Kündigung einer Handelsspannenvereinbarung vorsorglich und zur Klarstellung, weil hierin nicht die Kündigung des Gesamtvertrages liegt245. Zu beachten ist die für einen HV-Fall ergangene, obwohl ihrem Inhalt nach mit allge- 48 meiner Tragweite ausgestattete Entscheidung BGHZ 59, 265: Fällt der Beginn der Kündigungsfrist auf einen Sonn- oder gesetzlichen Feiertag, so gilt § 193 BGB nicht246. § 193 BGB erstreckt das Ende der Erklärungsfrist zugunsten des Erklärenden, nicht aber kann dadurch die Dauer einer Frist durch Hinausschiebung ihres Beginnes zu Lasten des Erklärungsempfängers verkürzt werden. Beginnt die Kündigungsfrist, von ihrem Ende ab zurückgerechnet, also an einem Sonnabend oder Sonntag, so wäre eine am Montag ausgesprochene Kündigung nicht mehr rechtzeitig; sie müsste dem Kündigungsempfänger am Tage des Beginnes der Kündigungsfrist effektiv zugegangen sein. Während in der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund vielfach zugleich eine ordent- 49 liche Kündigung auf den nächstzulässigen Termin zu erblicken ist (§ 89a Rn 5)247, lässt sich eine ordentliche, etwa verspätete Kündigung grundsätzlich nicht in eine fristlose 236

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 25a. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 316; aA Genzow Rn 108 f; offengelassen von BGH WuW/E BGH 2491 (Opel-Blitz). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Schröder § 89 Rn 25a. Jedenfalls als Beweisvorschrift, s. Krüger RIW 2009, 771 (773).

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AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25. AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Schröder § 89 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Schröder § 89 Rn 11; Lohr MDR 2000, 620. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25; Schröder § 89 Rn 24; näher etwa KG BB 1998, 607; Lohr MDR 2000, 620. OLG Celle, Urt. v. 11.02.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2859). Ebenso Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 57. BGH DB 1981, 1821.

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Kündigung aus wichtigem Grunde umdeuten248, es sei denn, dies kommt in der Erklärung hinreichend zum Ausdruck. Auch kann bei Kündigung mit vertraglicher Frist nicht die Ausübung des Rechtes auf fristlose Kündigung für längere Zeit vorbehalten werden249. In einer unwirksamen Kündigung kann jedoch das Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages liegen, welches die andere Vertragspartei annehmen darf250. Die Kündigungserklärung ist eine nicht typische Willenserklärung, deren Auslegung vorwiegend den Tatsacheninstanzen obliegt251. Das Revisionsgericht kann deren Auslegung nur darauf überprüfen, ob die Vorschriften zur Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt wurden, ob nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, das tatsächliche Vorbringen der Parteien vollständig ausgewertet bzw. eine gebotene Auslegung vollkommen unterlassen wurde252.

VIII. Regelmäßige Kündigungswirkung zum Schluss eines Kalendermonats 50

Mangels (zulässiger, dazu Rn 73 ff) abweichender Vereinbarungen endet der gekündigte Vertrag mit Ende des Monats, in welchem die Kündigungsfrist des § 89 abläuft (Kündigungsendtermin; Abs. 1 S. 3). Das gilt selbst dann, wenn der Kündigende in seiner Kündigungserklärung eine von § 89 nicht vorgesehene, kürzere Kündigungsfrist nennt. An eine in der Kündigungserklärung bezeichnete, über die vertragliche oder gesetzliche Frist hinausgehende, wohl auch eine kürzere Kündigungsfrist, ist der Kündigende nach dem Prinzip der Selbstbindung – nicht allerdings der Gekündigte, zu dessen Schutz die Fristen des § 89 gereichen253 – gebunden254, ggf. nimmt der Gekündigte die darin liegende Besserstellung stillschweigend nach § 151 BGB als für ihn günstiges Vertragsangebot des Kündigenden an. Nur bei offensichtlichen Berechnungs- oder Schreibfehlern kann der Gekündigte nicht von einer solchen Selbstbindung oder einem solchen Angebot ausgehen (etwa Kündigung zum Jahre 2021 statt 2011). Ohnehin dürfen sich die Parteien ausdrücklich oder stillschweigend auf eine von § 89 abweichende, längere Frist einigen, z.B. nach Ausspruch der Kündigung. Für eine Verkürzung der Frist ist dies nicht anzunehmen, weil § 89 während des laufenden Vertragsverhältnisses zwingend ist (Rn 74).

IX. Wirkung der Kündigung 51

Während der Kündigungsfrist laufen die Rechte und Pflichten der Parteien unvermindert weiter255. Der Mittler muss weiterhin mit vollem Einsatz werben, der Unternehmer die vermittelten Geschäfte (HV) und Bestellungen (Eigenhändler) ausführen, jedoch keine Übermaßbestellungen des Eigenhändlers zum Zwecke seiner Bevorratung für den nachvertraglichen Zeitraum. Ggf. erfordern die Mitwirkungspflichten des Eigenhändlers, seinen Bedarf nachzuweisen. Viele Verträge sehen eine solche Nachweispflicht vor, es wird dann bei Streitigkeiten die Überprüfung durch WP vereinbart (Beweislast für das 248 249 250 251 252

BGH VersR 1961, 270; OLG Nürnberg BB 1957, 561; RGZ 122, 38; RAG 18, 35. RGZ 123, 216. OLG München NJW-RR 1995, 95; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 25. BAG, Urt. v. 22.10.2009 – 8 AZR 865/08, DB 2010, 452 (Arbeitsrecht). BAG, Urt. v. 22.10.2009 – 8 AZR 865/08, DB 2010, 452 (Arbeitsrecht).

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253 254

255

Vgl. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 27. Vgl. BGH, Urt. v. 20.02.1969 – VII ZR 101/67, BB 1969, 380; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 33; Hopt § 89 Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 29; Schröder § 89 Rn 32.

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§ 89

Recht zur Lieferverweigerung im Zweifel beim Hersteller). Vertragsbedingungen dürfen auch während der Kündigungsfrist nicht einseitig geändert werden, auch vertraglich geregelte Lieferbedingungen dürfen nicht causa Kündigung wesentlich zum Nachteil des Gekündigten abgeändert werden256. Sonst könnte der Unternehmer durch beständige Ablehnung der Vermittlungsbemühungen die Fristen des § 89 umgehen. Bei unmittelbar bevorstehender Beendigung des Vertrages kann es dem Unternehmer ggf. unzumutbar sein, aktuelles know-how auf den Vertriebsmittler, etwa einen Franchisenehmer, zu übertragen, der kurz darauf zum Wettbewerber wird257. Dies darf allerdings nur angenommen werden, wenn dem Mittler dadurch keine wesentlichen Nachteile, etwa Umsatzeinbrüche, drohen258. Spiegelbildlich mag der Mittler etwa von investionsintensiven Werbemaßnahmen ohne Amortisationsmöglichkeit absehen wollen; dies ist je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles verständlich und hinzunehmen. Auch in diesem Stadium können Vertragsverletzungen oder sonstige wichtige Gründe zu einer außerordentlichen Kündigung nach § 89a führen. Angesichts des nahenden Vertragsendes müssen aber besonders strenge Anforderungen an die Unzumutbarkeit der (ggf. kurzen) Vertragsfortführung gestellt werden; nicht etwa lässt sich umgekehrt argumentieren, angesichts der reduzierten Vertragsdauer seien geringere Ansprüche an den wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu geben259. Zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigungserklärung bekannte wichtige Gründe sind regelmäßig zur Rechtfertigung einer Kündigung nach § 89a ausgeschlossen260. Der gekündigte HV darf trotz bestehenden Wettbewerbsverbots Vorbereitungen zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit („Vorbereitungstätigkeiten“), auch für einen Wettbewerber des Unternehmers, treffen. Er darf für jenen aber während der Kündigungsfrist noch nicht tätig werden261. So darf ein Nachfolgevertrag verhandelt und unterzeichnet oder eine Gesellschaft zum nachvertraglichen Wettbewerb gegründet262 werden. Die durch die Suche nach einem Anschlussvertrag entstehenden Beeinträchtigungen des Vertriebs sind sozialadäquat und hinzunehmen, solange der HV seine Pflichten nicht unüblich vernachlässigt. Grenzfälle sind die Belieferung mit Produkten des Nachfolgeherstellers mit der Weisung, sie erst nach Vertragsende des Vorgängervertrags zu vertreiben (wohl noch zulässig, wenn für Kunden nicht offenbar). Spiegelbildlich darf der Unternehmer sich um einen Nachfolger des HV bemühen, diesem aber noch nicht die dem gekündigten HV zustehenden Rechte und Tätigkeiten übertragen263, ihn jedoch mit Prospekten, Mustern u.ä. versorgen (Gegenstück zum Belieferungsrecht des Mittlers). Allerdings kann während der Kündigungsfrist die Tätigkeit eines weiteren HV vertraglich, auch durch AGB, vereinbart werden, sofern der Gekündigte hierfür eine volle Kompensation erhält, etwa berechnet aus dem Durchschnittsverdienst der vergangenen Jahre. Auf diese Weise dürfte sich die angemessene Kompensation abstrakt-generell auch in AGB bestimmen lassen. Der HV kann vertraglich verpflichtet werden, seinen Nachfolger angemessen einzuarbeiten und es kann nur geraten werden, dies im Vertrag

256

257 258 259 260

So gibt es beispielsweise im brasilianischen Recht eine Regel, dass in den letzten 6 Monaten vor Vertragsende eine derartige Änderung unzulässig ist. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 325. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 325. BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 29.

261

262 263

BGH, Urt. v. 03.04.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); BGHZ 42, 59 (62); OLG München VersR 1957, 97; Ebenroth/ Löwisch § 86 Rn 21, § 89 Rn 29; Hopt § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43b, § 89 Rn 32. LG Hamburg, Urt. v. 08.08.2008 – 332 O 351/07, n.v. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 29; Hopt § 89 Rn 25.

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klarzustellen. Auch ohne eine solche Regelung dürfte diese Pflicht aus der Interessenwahrungspflicht des HV entstehen264. Beide Parteien dürfen Kunden über die (bevorstehende) Beendigung des Vertrags angemessen, sachlich und wahrheitsgemäß informieren265, der HV insbesondere ein sachliches Abschiedsschreiben an die Kunden richten, über dessen Inhalt er eine Verständigung mit dem Unternehmer suchen sollte, aber nicht notwendigerweise muss. Ein vor Vertragsende abgesandtes geschäftsschädigendes Abschiedsschreiben des HV kann einen Grund zur außerordentlichen Kündigung, ein nach Vertragsende abgesandtes Anlass zur Herabsetzung der Ausgleichsvergütung unter Billigkeitsgesichtspunkten oder zum Ausgleichsauschluss analog § 89b Abs. 3 Nr. 2 geben. Der HV darf eigene Mitarbeiter und Untervertreter über die geplante Aufnahme einer Nachfolgevertretung informieren.

X. Freistellung des HV 52

Aus dem Vertrag erwächst dem HV ein Recht zur Tätigkeit. Der HV ist auf den Kontakt zum Kunden angewiesen. Die Freistellung des HV ist daher nur ausnahmsweise zulässig.

53

1. Vertragliche Gestattung. Die Freistellung ist zum einen zulässig, wenn sie wirksam individualvertraglich oder – wohl zulässigerweise – durch AGB266 (dazu Vor § 84 Rn 42 f) vereinbart wurde267. Ohne wirksame vertragliche Gestattung ist die Freistellung des HV von seiner Tätigkeit selbst nach einer wirksamen Kündigung und während der Kündigungsfrist unzulässig268, auch nicht gegen Leistung der vollen vertraglichen Vergütung unter Einschluss entgehender (schwer bestimmbarer) Provision269. Das gilt grundsätzlich selbst bei berechtigtem Interesse des Unternehmers an einer Suspendierung270. Ein solches berechtigtes Interesse gibt kein Recht zur Vertragswidrigkeit. Der Unternehmer muss alle durch die Freistellung entstandenen finanziellen Nachteile des HV ausgleichen. Dies ist automatische Folge einer rechtmäßigen Freistellung. Dazu genügt die Zubilligung einer unterhalb der entgehenden Provision liegenden Karenzentschädigung entsprechend § 90a Abs. 1 nicht271. Die Frage, ob die in AGB geregelte Freistellung diesem gesetzlichen Leitbild entsprechen muss, so dass bei Fehlen einer Regelung zur Freistellungsvergütung Unwirksamkeit nach § 307 BGB eintritt, ist eher zu verneinen. Beispiel einer zulässigen Freistellung nach dieser Fallgruppe: Sie war vertraglich vorgesehen, der HV hatte seinen Wechsel zu einem Wettbewerber angekündigt und noch vor Beendigung des HV-Vertrages Handgeldzahlungen von jenem erhalten272.

264 265 266 267

268

Hopt § 89 Rn 25. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 31; Schröder § 89 Rn 37a. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30. BGH, Urt. v. 29.03.1995 – VIII ZR 102/94, ZIP 1995, 839; Urt. v. 20.02.1969 – VII ZR 101/67, LM § 89a Nr. 9 Bl. 2; OLG Nürnberg VersR 1992, 1223; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 65. LG Düsseldorf, Urt. v. 12.02.1976, HVuHM 1977, 794; BAG, Urt. v. 09.08.1976, BB

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269 270 271

272

1976, 1561; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1908; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 64. AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30. AA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30; Schröder § 89 Rn 32. Großzügiger Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30: Zahlung einer Karenzentschädigung analog § 90a Abs. 1 genügend. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 39/09.

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2. Wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung. Weiter ist die Freistellung 54 ausnahmsweise a maiore ad minus zulässig, falls dem Unternehmer das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages zugestanden hätte, er von diesem Kündigungsrecht jedoch abgesehen hat273, außerdem im Falle einer außerordentlichen Kündigung, mit Auslauffrist. Auch in diesem Fall hat der Unternehmer alle finanziellen Nachteile des HV auszugleichen. 3. Rechtsstellung des HV während der Freistellungsphase. Der HV erhält während der 55 Phase der Freistellung eine finanzielle Vergütung in Höhe der im Zeitraum der Freistellung vermutlich (§ 287 ZPO) entgehenden Vergütung. Dazu braucht er seine Tätigkeit nicht ausdrücklich anzubieten.274 Vermutungsweise valutiert sie in Höhe der Durchschnittsvergütungen eines repräsentativen Zeitraums, mglw. in Anlehnung an die Ausgleichshöchstgrenze des § 89b aus dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Der Nachweis einer höheren oder niedrigeren Freistellungsvergütung ist möglich. Der HV hat sämtliche Bestimmungen des Vertrages einzuhalten, einschließlich des Wettbewerbsverbots, ist jedoch nicht mehr zur Kundenwerbung und aktiver Vertragsausführung verpflichtet. Er braucht nicht mehr zu berichten, es sei denn, die Information kann redlicherweise auch während der Freistellungsphase erwartet werden. Da der HV grds. dem Vertrag und auch einem Wettbewerbsverbot verpflichtet bleibt, muss auch bei Freistellung nach außerordentlicher Kündigungslage (Rn 54) die Freistellungsvergütung geleistet werden, in dieser Situation mglw. jedoch beschränkt auf die Höhe einer Karenzentschädigung. 4. Unberechtigte Freistellung. Die unberechtigte Freistellung bildet eine Vertragsver- 56 letzung. Sie gestattet nach Abmahnung die fristlose Kündigung des Vertrages durch den HV275. Der unberechtigt freigestellte HV muss sich allerdings – sofern er das Vertragsverhältnis nicht selbst berechtigt kündigt – gleichfalls an den Vertrag und ein eventuelles Wettbewerbsverbot halten276. Jedoch gilt § 615 BGB (analog), wonach der Unternehmer bei Annahmeverzug der Dienste die vertragliche Vergütung schuldet277.

XI. „Rücknahme“ und Anfechtung der Kündigung Mit Ausnahme des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB (gleichzeitiger Zugang des Widerrufs) kann 57 die Kündigungserklärung als rechtsgestaltende Willenserklärung nicht einseitig durch Rücknahme oder Widerruf rückgängig gemacht werden278. Sie darf jedoch – wohl nur während der Vertragsdauer279, also vor dem Kündigungsendtermin – angefochten werden280. Die Wirkungen einer Kündigung können zudem bis zum Vertragsende einvernehmlich aufgehoben werden (§ 311 BGB)281. Auch danach dürfen sich die Parteien auf die Fortsetzung des bisherigen Vertrages oder auf einen Neuabschluss282 einigen. Wird 273 274 275

276 277

Schröder § 89 Rn 32; aA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30. OLG München Urt. v. 18.05.2011 – 7 U 4585/10, BeckRS 2011, 14627. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1908 (jedenfalls bei längerer Kündigungsfrist); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30. Schröder § 89 Rn 32; aA Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 30; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 66. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 28. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 28; Hopt § 89 Rn 24; Schröder § 89 Rn 28. Hopt § 89 Rn 24. Hopt § 89 Rn 24.

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ein bereits beendeter HV-Vertrag vom HV mit Wissen des Unternehmers fortgesetzt, gilt § 625 BGB283. Durch eine vor Vertragsende getroffene Vereinbarung über den Kündigungstermin dürfen die zwingenden Kündigungsfristen aber nicht verkürzt werden.

XII. Fortsetzung eines beendeten Vertragsverhältnisses 58

Ein HV-Verhältnis, welches sein Ende durch Zeitablauf oder Kündigung gefunden hat, kann ungeachtet dessen fortgesetzt werden. Eine Kündigung lässt sich theoretisch zurücknehmen; das macht ihre Wirkung indessen nicht ungeschehen, so dass die Fortsetzung auf der Grundlage eines mindestens gedachten neuen Vertragsschlusses erfolgt284. Im Zweifel gelten die früheren Bedingungen. Ausgleichsanwartschaften gehen über. Das ist auch dann anzunehmen, wenn der HV seine Tätigkeit stillschweigend fortsetzt und der Unternehmer Derartiges geschehen lässt. In diesem Falle findet § 625 BGB Anwendung285. Folge: Hat der Unternehmer dem HV gekündigt mit dem Angebot der Vertragsfortsetzung unter verschlechterten Bedingungen und setzt der HV daraufhin seine Tätigkeit fort, ohne sich zu dem Ansinnen des Unternehmers zu äußern, so soll sogar dann das Vertragsverhältnis zu den alten Bedingungen weiterlaufen; der Unternehmer hätte seinen Standpunkt unter Widerspruch gegen das Verhalten des HV deutlich machen müssen286.

XIII. Ausschluss und Begrenzung des Kündigungsrechts 59

Die Kündigung kann nach allgemeinen Grundsätzen unwirksam sein. Grundsätzlich setzt eine ordentliche Kündigung keinen Kündigungsgrund voraus und bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Sie steht allerdings unter dem Vorbehalt Treu und Glaubens287, des Rechtsmissbrauchs288 bzw. des Verbots widersprüchlichen Verhaltens289. Eine Grenze des Kündigungsrechts liegt ferner in dem Verbot sittenwidrigen Handelns (§ 138 BGB)290 sowie dem Schikane- und Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 GWB. Zudem kann das Kündigungsrechts verwirkt werden. Die Tendenz der Gerichte liege, so Niebling291, darin, eine ordentliche Kündigung nur bei Schikane und widersprüchlichem Verhalten wie – bezogen auf die Kündigungserklärung – zeitnahen Aufforderungen des Herstellers gegenüber dem Händler zu investieren (Investitionsschutz), für rechtswidrig zu halten. Die Zahlung der Ausgleichsvergütung als Gegenleistung für den Aufbau eines Kundenstammes beseitigt die Treuwidrigkeit einer Kündigung nicht292. Denn der Ausgleich wird nach jeder ordentlichen Kündigung des Unternehmers fällig und bildet keine Kompensation für eine Schikane. Zum Sonderproblem erheblicher Investitionen Rn 64 ff. 283 284 285 286 287 288 289 290

Hopt § 89 Rn 24. Vgl. BGH, Urt. v. 06.10.1983 – I ZR 127/81, WM 1984, 1416 (1418). LAG Bremen DB 1955, 123. BGH DB 1955, 1085. Niebling WRP 2002, 310. Canaris § 17 Rn 85. Canaris § 17 Rn 85. BGH VersR 1969, 445 (446); BGH, Urt. v. 26.02.1970 – KZR 17/68, NJW 1970, 855; BGH, Urt. v. 21.02.1995 – KZR 33/93,

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291 292

EBE 1995, 259 (261); Ulmer, FS Möhring, 1975, S. 311, 316; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 19; Hopt § 89 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 47; Schröder § 89 Rn 29. WRP 2002, 310. Canaris § 17 Rn 85 (der die Ausgleichszahlung aber in die Gesamtabwägung einbeziehen will); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 19; siehe aber Ulmer FS Möhring, 1975, S. 317.

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1. Verwirkung, Verzicht. Auf ein bestehendes Kündigungsrecht kann einseitig verzich- 60 tet werden293. Das Kündigungsrecht kann deshalb auch – ggf. nur temporär – verwirkt werden, etwa falls der Gekündigte aufgrund von Handlungen oder Erklärungen des Kündigenden auf die Nichtausübung des Kündigungsrechts vertrauen durfte (dann ggf. konkludente Einigung auf ein Kündigungsverzicht). Das wird etwa im unter Rn 64 ff genannten Fall erheblicher Investitionen des Mittlers diskutiert. Ist zu einem späteren Termin ordentlich, jedoch unwirksam, fristlos gekündigt worden, kann eine erneute ordentliche Kündigung zu einem an sich zulässigen früheren Termin nach § 242 BGB ausgeschlossen sein294. Auch ein dergestalt ordentlich gekündigter HV-Vertrag darf aber aus wichtigem Grund noch außerordentlich gekündigt und fristlos auf einen früheren Termin beendet werden295. 2. Schikane- oder Vergeltungskündigung. Unzulässig ist auch eine Vergeltungskündi- 61 gung, die etwa erfolgt, weil der HV auf vertragswidrige Forderungen des Unternehmers nicht eingeht. Beispiel: Der Unternehmer verfolgt das Ziel, andere Mittler von einem eigentlich vertragskonformen Verhalten wie dem des gekündigten Mittlers abzuhalten und damit die Unterlassung oder Vornahme von Handlungen der Vertragspartner durchzusetzen, auf welche der Unternehmer keinen Anspruch hat. Dies verstößt unter Berücksichtigung der regelmäßig gegebenen wirtschaftlichen Abhängigkeit der Mittler und der wechselseitigen Treupflichten gegen Treu und Glauben und stellt sich als rechtswidrige Ausnutzung einer überlegenen vertraglichen Rechtsposition dar 296. Je nach Sachlage kann ferner die Kündigung zur Durchsetzung einer Rabattkürzung297, des Markenzwangs nach Auslaufen der 5Jahresfrist des Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10298 oder der Einführung eines neuen Datenverarbeitungssystems299 als Schikanekündigung unzulässig sein. Die Voraussetzungen einer Schikanekündigung werden äußerst selten vorliegen. Denn jeder Vertragspartner darf von dem ihm eingeräumten Kündigungsrecht grundsätzlich uneingeschränkt Gebrauch machen300. Zur Durchsetzung vertragskonformer Maßnahmen darf der Unternehmer auch die Kündigung androhen. Droht z.B. ein Unternehmer mit der ordentlichen Kündigung, um eine Änderung der Zusammenarbeit zu erreichen, so bestehen weder vertragliche noch gesetzliche (§§ 138, 826 BGB, § 20 GWB) Schadensersatzansprüche, sofern die ordentliche Kündigung und die angestrebte Vertragsänderung zulässig war301. Der Unternehmer hätte auch ohne Warnung kündigen dürfen und es ist nicht zu beanstanden, wenn er zunächst unter Kündigungsandrohung einen Änderungsvertrag sucht. 3. Kündigung zur Unzeit. Die Kündigung zur Unzeit, im entschiedenen Fall: eines 62 Franchisevertrages, soll nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung führen302. Richtigerweise kommt es immer auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. Durfte der Mittler darauf 293 294 295 296 297 298

Höft VersR 1973, 600; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 28. BGH BB 1969, 380. OLG Nürnberg HVR (62) Nr. 342; Hopt § 89 Rn 23. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 344. BGH NJW 1970, 855 (856); BAG AP Nr. 22 zu § 138 BGB; AG Siegen MDR 1970, 239. AA Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1486).

299 300

301 302

OLG Köln, Urt. v. 31.03.1995 – 19 O 197/04, unveröffentlicht. BGH VersR 1969, 445 (446) mit zust. Anm. Boetius NJW 1970, 855; Finke WM 1969, 1128; Weimar MDR 1959, 986; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 19; Hopt § 89 Rn 16; Schröder § 89 Rn 29. OLG Hamburg, Urt. v. 20.02.2003 – 3 U 26/99, GRUR-RR 2003, 325. Flohr BB 2006, 389 (397) unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 20.05.2003, NJW 2003, 2674.

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vertrauen, dass eine Kündigung zum maßgeblichen Zeitpunkt unterblieb, können die Grundsätze der Kündigung zur Unzeit zur Unwirksamkeit einer Kündigung führen.

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4. § 20 GWB. Zu möglichen Kündigungsbeschränkungen aus § 20 GWB siehe Vor § 84 Rn 262 ff.

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5. Folgen erheblicher Investitionen – Investitionsschutz und Investitionsersatzanspruch. Nicht sicher geklärt ist, welche Folgen erhebliche Investitionen des HV oder eines HV-ähnlichen Vertriebsmittlers auf das Kündigungsrecht des Unternehmers oder die Kündigungsfolgen haben303. Tatsächlich kann eine abverlangte Investition in Ausstattungen, die markenspezifisch sind und sich nur bei Zugehörigkeit zum konkreten Vertriebssystem amortisieren lässt, mit der berechtigten Erwartung des Mittlers verbunden sein, ihm verbleibe eine angemessene Amortisationszeit bzw. ihm würde seine Investition erstattet304. Der BGH hat etwa im Mietrecht einen Amortisationsanspruch anerkannt305. Die überwiegende Ansicht in der Literatur befürwortet deshalb einen Investitionsschutz, sofern die Investitionen fremdbestimmt erfolgten und sich nicht amortisieren konnten306. Nach Ansicht von Hopt 307 sind die Grundsätze zum Investitionsschadensersatzanspruch für HV aus tatsächlichen Gründen nicht einschlägig, was angesichts der Tätigkeit von HV im investitionsintensiven Geschäft, etwa als Autohäuser, unzutreffend sein dürfte. Umstritten ist der genaue Inhalt des Investitionsschutzes, nämlich Zahlungsanspruch 65 oder Kündigungsschutz. Soweit ein Investitionsersatzanspruch nicht gänzlich abgelehnt wird308, steht dem Mittler nach einer Ansicht aus § 280 BGB und analog §§ 675, 670 BGB309 auch ohne unberechtigte Kündigung ein Investitionsersatzanspruch als Zahlungsanspruch zu, falls er ohne eigenes Zutun (die Eigenkündigung ist also anspruchsvernichtend) aus dem Vertriebssystem des Herstellers zu einer Zeit ausscheidet, zu dem sich vom Unternehmer fremdbestimmte Investitionen noch nicht amortisiert haben310. Fälle jener Art könnten nicht gelöst werden, indem die ordentliche Kündigung des Herstellers für gem. § 242 BGB treuwidrig und nichtig erklärt311 und, da § 242 BGB keine Anspruchsgrundlage bilde312, die Kündigungsfrist im Wege ergänzender Vertragsauslegung 303

304 305 306

Vgl. Genzow Rn 137; Westphal II Rn 675 ff; Ebenroth/Parche BB 1988, Beil. 10; Ebenroth/Strittmatter BB 1993, 1521; Foth BB 1987, 1270; Susanne Creutzig NJW 2002, 3430; Niebling WRP 2010, 81 (83); Niebling WRP 2005, 717 (719); Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257; zusf. Emde VersR 2004, 1499 (1502); zum spanischen Recht Lindner/Ramirez RIW 2006, 418 ff. Gegen einen Investitionsersatzanspruch OLG München WuW/E OLG 5091. Ensthaler NJW 2003, 3106 (3108). BGH BB 2000, 1060. Ebenroth/Parche BB 1988, Beil. 10, S. 26 ff; Ebenroth/Strittmatter BB 1993, 1521 (1527 ff); Foth BB 1987, 1270 ff; Thume BB 2009, 1026 (1029); Genzow Rn 137; Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB – Klauselwerke, VertragshändlerVertrag, Rn 64 ff; Küstner/Thume III

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309 310 311

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Rn 1453 ff; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 713 ff; Ullrich in: Martinek/Semler § 19 Rn 80 f; Westphal II Rn 675 ff; zur Darstellung der Regelungen der europäischen Länder Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 ff, die einen Investitionsersatzanspruch ablehnen. § 89 Rn 16. So OLG München NJW-RR 1995, 1137; Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (619). Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 429; Giesler WM 2001, 658. Susanne Creutzig NJW 2002, 3430. So aber Graf von Westphalen Vertragshändlerverträge, in: Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Rn 68; Westphal II Rn 676; Ebenroth/Strittmatter BB 1993, 1521 (1530). Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (617).

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verlängert werde313. Dies stehe im Spannungsverhältnis zur Rechtsklarheit nach Kündigungserklärungen und unterstelle mangels auslegungsbedürftiger Regelungslücke314 einen nicht vorhandenen Parteiwillen315. Vielmehr weise der richtige Weg zu einem Ersatzanspruch, sofern der Hersteller markenspezifische Investitionen des Händlers veranlasst habe316. Gleiches gelte für markenneutrale Investitionen, welche über die Grundausstattung des Betriebs hinausgingen. Soweit die Investitionen vom Mittler nach Vertragsende noch (teilweise) genutzt werden können, scheidet in beiden Konstellationen ein Investitionsschutz aus, soweit die Nutzungsmöglichkeit reicht317. Nach aA stellt die Ausübung des Kündigungsrechts in solchen Fällen einen Verstoß 66 gegen die Leistungstreuepflicht dar; der Schutz des Mittlers vollzieht sich (nur) über die Bemessung der Kündigungsfristen318. Nach dieser Meinungsgruppe verlängern sich die gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen – nicht nur beim Vertragshändler –, falls dem Vertriebsmittler von dem Unternehmer fremdbestimmte und nicht amortisierte Investitionen auferlegt wurden319. Begründet wird dies mit der Rechtsprechung des BGH320, der bei einem investionsintensiven Kfz-Vertragshändlervertrag im Rahmen der AGB-Inhaltskontrolle eine Mindestkündigungsfrist von einem Jahr für angemessen gehalten und sich dabei an den seinerzeit geltenden Mindestvorgaben der Kfz-GVO (bis 2013: 2 Jahre) orientierte. Ohne angemessene Auslauffrist entfaltet die Kündigung also keine Wirkung. Diese Kündigungsschranke gilt so lange, bis sich die fremdbestimmten Anfangs- oder Folgeinvestitionen des Händlers im Wesentlichen amortisiert haben. Auch nach Ansicht des OLG Stuttgart321 bilden Investitionen eine Kündigungsschranke. Das OLG Stuttgart nahm dies nach einer Vertragslaufzeit von 7 Jahren an. Der von dieser Meinungsgruppe gewährte Schutz leitet sich aus der analogen Anwendung der Grundsätze über die Kündigung zur Unzeit gem. §§ 627 Abs. 2, 671 Abs. 2, 712 Abs. 2 Hs. 2, 723 Abs. 2 S. 2, 2226 S. 2 BGB ab322. Darüber hinaus könnte auch an die Anwendung der Regelungen zur GoA oder des 67 § 812 BGB gedacht werden323. Nicht amortisierte Investitionen sollen jedoch nicht vom Schutzzweck des § 20 Abs. 1 GWB gedeckt sein und folglich keinen Schadenersatz-

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Für die Anwendung der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB aber Foth BB 1987, 1270 (1271); Genzow Der Vertragshändlervertrag 1996, Rn 137; Thume in: Küstner/Thume III Rn 1456; Ullrich in: Martinek/Semler/Habermeier, § 90 Rn 11; LG Stuttgart, Urt. v. 27.02.2006 – 36 O 178/05. RIW 2009, 615 ff. So auch die Regelung in Frankreich, siehe Wauschkuhn/ Teichmann RIW 2009, 614 (615). Susanne Creutzig NJW 2002, 3430 (3431); Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (618). Mglw. werden die Parteien den Vertrag nicht fortsetzen wollen, s. Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (619). Westphal II Rn 677 („fremdbestimmte Investitionen“); Niebling WRP 2003, 609 (611). Westphal II Rn 677. Das bedeutet: Der Zahlungsanspruch und die Kündigungsfrist reduziert sich.

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Ebenroth Mittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, in: Monographien zum deutschen und internationalen Wirtschaftssteuerrecht, 1980, S.175 ff; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 335; Westphal II Rn 675; ablehnend Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (620). Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 335; Canaris § 17 Rn 85. BGH BB 1995, 1657. OLG Stuttgart WuW-E OLG 3415 (Daimler Benz). Ablehnend Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (618): Diese Regelungen gälten nur für Kündigungen ohne Frist. Aber dies sagt nicht, dass nicht auch eine fristgebundene Kündigung zur Unzeit erfolgen könnte. Vgl. Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (619).

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anspruch nach § 33 GWB begründen324. Auch gemäß der Ansicht des OLG München325 darf aus § 20 Abs. 1 GWB keine Kündigungsschranke hergeleitet werden. Nach einer Gegenansicht kann den nicht amortisierten Investitionen auch im Rahmen einer Interessenabwägung nach §§ 307 Abs. 1 BGB, 20 Abs. 1 GWB bei der Prüfung der Angemessenheit der Kündigungsfrist Bedeutung zukommen326. Sowohl der Schadenersatzgedanke wie der verlängerter Kündigungsfristen ist grund68 sätzlich zutreffend. Im Grundsatz muss der Mittler selbst das Investitionsrisiko tragen. Nur ausnahmsweise kommt ein Investitionsschutz in Betracht. Diesen Ausnahmefall hat der Mittler zu beweisen. Dass der Mittler durch die Klauselkontrolle nach § 307 BGB hinreichend geschützt und ein Investitionsschutz damit überflüssig wird327, kann kaum behauptet werden. Zum einen hilft diese Klauselkontrolle nicht bei Individualverträgen. Zum anderen begrenzt § 307 BGB Rechte des Händlers, begründet aber keinen eigenen Anspruch und verlängert keine Kündigungsfrist. Im investitionsreichen Kfz-Vertragshändlergeschäft werden viele Fälle bereits durch die allerdings nur bis 2013 von der GVO 1400/02 vorgeschriebene Mindestkündigungsfrist von 2 Jahren abgefedert. Da sich Literatur und Rspr. zudem unabhängig von der Existenz eines Investitionsersatzanspruchs einig darüber sind, dass im investitionsintensiven Geschäft auch abseits der von GVOs normierten kartellrechtlichen Freistellungsvoraussetzungen über § 89 hinausgehende Kündigungsfristen gelten, wird auch hierdurch der Amortisationszeitraum verlängert und die Bedeutung des Investitionsschutzes reduziert. Der anspruchsberechtigte Mittler darf sich nach seiner Wahl entweder auf die Unwirksamkeit der Kündigung wegen zu kurzer Kündigungsfrist berufen oder Schadenersatz fordern328. Der Mittler hat die Wahl des Anspruchs zumindest nach billigem Ermessen und mit der Einschränkung der Pflicht zur Beachtung schutzwürdiger Unternehmerinteressen. Ein Wahlrecht des Unternehmers zwischen verlängerter Kündigungsfrist und Schadenersatz wird man hingegen nicht anerkennen können329. Denn im Falle einer Anspruchsgrundlagenkonkurrenz entscheidet der Anspruchssteller, welchen Anspruch er wählt. Voraussetzung der Ansprüche ist das zumindest konkludente Verlangen des Unternehmers nach der Investition in der vorgenommenen Höhe, das schutzwürdige Vertrauen des Mittlers auf eine hinreichende Amortisationsdauer und die fehlende nachvertragliche Amortisationsmöglichkeit. Wurde dem Mittler durch den Unternehmer schuldhaft unberechtigt – etwa nach § 89a ohne Existenz eines wichtigen Grundes – gekündigt, sind die fremdbestimmten und nicht amortisierten Investitionen des Mittlers als Schadensersatz wegen Schlechterfüllung einer Nebenpflicht gem. § 311 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB vom Unternehmer zu ersetzen330. Die Pflichtverletzung liegt in der unberechtigten Kündigung trotz Investitionsaufforderung. Auch bei ordentlicher und – abgesehen vom Investitionsschutzgedanken – zulässiger Kündigung rechtfertigt sich ein Schadenersatzanspruch aus der Schutzpflichtwidrigkeit (§ 241 Abs. 2, § 242 BGB) der trotz fremdbestimmter Investitionen ausgesprochenen Kündigung, die vorsätzlich und damit schuldhaft erfolgte. Hier liegt die

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Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (261); aA wohl OLG Stuttgart WuW/E OLG 3415. OLG München WuW-E OLG 5091 (5096) (BMW). BGH NJW 1987, 3197 (3200); NJW-RR 1995, 1260. So Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 615 (620).

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Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (261). AA Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 456. BGH DB 1978, 1882; OLG Stuttgart BB 1990, 1015, Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 439.

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Pflichtverletzung in der Investitionsaufforderung trotz Unsicherheit über die Vertragsfortführung, spätestens aber in der Kündigung trotz Kenntnis der Investitionen oder jedenfalls in der mangelnden Klärung der Investitionslage vor Ausspruch der Kündigung. Auch die Kündigungsfrist verlängert sich wegen des widersprüchlichen Verhaltens des Unternehmers (einerseits Investitionsforderung, andererseits Vertragsbeendigung) nach den Grundsätzen der Kündigung zur Unzeit oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung angemessen und meist bis zum Ende der Amortisationszeit. Gegen die Gewährung des Kündigungsschutzes kann im Einzelfall sprechen, dass es zu einer Zementierung möglicherweise unwirtschaftlicher Vertriebsverhältnisse kommt und der Unternehmer an nicht genehme Vertragspartner gebunden bleibt. Auch Vertragsumstellungen, etwa infolge einer Neufassung einer GVO, werden erschwert331. Diesen Bedenken lässt sich Rechnung tragen, indem dann, wenn die Vertragsfortsetzung bis zum Ablauf der verlängerten Kündigungsfrist für den Unternehmer unzumutbar ist oder schutzwürdige Interessen des Unternehmers diese Wahl erfordern, das oben postulierte Wahlrecht des Mittlers nach §§ 315, 242 BGB auf die Wahl des Schadensersatzes reduziert wird. Wollte man entgegen der hier vertretenen Ansicht dem Unternehmer ein Wahlrecht zubilligen, wäre in der Kündigung in Kenntnis der nicht amortisierten Investitionen regelmäßig die Wahl des Ersatzanspruches in Geld zu sehen332. Hinsichtlich der Höhe der als Schadenersatz geschuldeten Ersatzleistung besteht Uneinigkeit. Teils wird als Ersatz der Vertrauensschaden gewährt333, teils der Erfüllungsschaden einschließlich nicht amortisierter, fremdveranlasster Investitionen und während der Amortisationszeit entgangenem fiktiven Gewinn334. Tatsächlich wird der Mittler kaum Gewinn fordern dürfen, welchen er nur infolge der Investitionen erzielt hätte335. Durfte der Unternehmer dem Mittler gem. § 89a aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Mittlers kündigen, so entfällt der Investitionsschutz (§ 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB, § 242 BGB, § 254 BGB). Erfolgte die außerordentliche Kündigung ohne schuldhaftes Verhalten des Mittlers, bleibt der Investitionsschutz vorbehaltlich einer Wertung der Verursachungsbeiträge gem. §§ 242 BGB, § 254 BGB analog erhalten. Der Mittler als Anspruchsteller hat alle anspruchsbegründenden Tatsachen darzu- 69 legen und zu beweisen, also Herstellerkündigung, die Vornahme schutzwürdiger Investitionen sowie ggf. den aus der Vertragsbeendigung resultierenden Schaden. Zu mangelnden anderen Amortisationsmöglichkeiten muss der Mittler vortragen, der Unternehmer hat ihr Bestehen aber zu beweisen. Sehen die Händlerstandards eine Investition vor, spricht der erste Anschein für eine Veranlassung der Investition durch den Unterneh-

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Giesler in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 428. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 455. Westphal II Rn 678; Ullrich in: Martinek/ Semler, § 19 Rn 84; Stumpf/Jaletzke/ Schultze Rn 716; Ulmer in: FS Möhring, 1975, S. 310; Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (619); Foth BB 1987, 1270 (1273). Ebenroth Mittlungsverträge im Spannungsverhältnis von Kartell- und Zivilrecht, in: Monographien zum deutschen und inter-

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nationalen Wirtschaftssteuerrecht, 1980, S.186 ff; Genzow Rn 140; Graf von Westphalen Vertragsrecht und AGB – Klauselwerke, Vertragshändler Vertrag, Rn 67; Ebenroth/Parche BB 1988, 26; Susanne Creutzig NJW 2002, 3430; Ensthaler/ Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (263). Westphal II Rn 678; Foth BB 1987, 1270; aA Genzow Rn 140; Ebenroth/Parche BB 1988, Beilage 10.

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mer336. Aus dem Finanzierungsplan ergibt sich meist der Amortisationszeitraum337. Bei 2-jähriger Kündigungsfrist – wie sie im Kfz-Vertragshändlerrecht durch die GVO 1400/02 vorgeschrieben wurde – soll ein Investitionsersatz nur ausnahmsweise geschuldet sein338, was sich jedoch in dieser Allgemeinheit nicht sagen lässt. Eine Beschränkung des Investitionsschutzes durch die Kfz-GVO 1400/02 scheidet aus339. Bei Franchiseverträgen wird von einer Amortisationsdauer von 3–5 Jahren ausgegangen340. Ein Investitionsschutz nach 8 Jahren ist aus dem Grundsatz von Treu und Glauben angeblich nicht abzuleiten341. Wegen des Investitionsschutzes kann Händlern nur empfohlen werden, die Veranlassung zu Investitionen zu dokumentieren, etwa im Schriftwechsel zwischen den Parteien342. In den meisten europäischen Ländern wird ein Investitionsersatzanspruch auf irgend70 einer rechtlichen Grundlage anerkannt, meist als Schadenersatzanspruch343. Das österreichische Parlament hat am 18.06.2003 den Investitionsschutz des Vertragshändlers gesetzlich verankert344: Ein Unternehmer, der an einem vertikalen Vertriebsbindungssystem als gebundener Unternehmer teilnimmt, hat bei Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem bindenden Unternehmer Anspruch auf Ersatz von Investitionen, die er zu tätigen verpflichtet war, soweit sie bei Vertragsbeendigung weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind. Der Anspruch nach österreichischem Recht besteht nicht, sofern der Händler von sich aus den Vertrag gekündigt hat oder wenn er nicht innerhalb eines Jahres nach Kündigung seine Rechte geltend macht. Er ist zwingend.

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6. Widersprüchliches Verhalten. Auch widersprüchliches Verhalten kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Ein solches widersprüchliches Verhalten liegt z.B. vor, falls der Vertragspartner zurechenbares Vertrauen auf den Fortbestand des Vertrages hervorgerufen hat, etwa durch ein Investitionsverlangen (s.o.). Dies darf angenommen werden, wenn der Unternehmer zunächst einen Vertrag schließt, um ihn dann umgehend zu kündigen345.

XIV. Folgen der Vertragsbeendigung 72

Mit Eintritt des Kündigungsendtermins (Abs. 1 S. 3) endet das Vertragsverhältnis. Es wandelt sich in ein Abwicklungsverhältnis346 um. Die nachvertragliche Treupflicht besteht fort; der Rechtsgrund für erbrachte Vorleistungen entfällt. Der Unternehmer schuldet die Abwicklung der auf Vermittlung des HV zustande gekommenen Geschäfte, deren

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 450. Susanne Creutzig NJW 2002, 3430. Niebling WRP 2005, 717 = WRP 2009, 153 (155) = WRP 2010, 81 (83) = WRP 2010, 1454 (1456). Ensthaler NJW 2003, 3106 (3108). Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 301. KG, Urt. v. 22.01.2004 – 2 U 17/02 Kart., zitiert nach Niebling WRP 2005, 717 (719) = Niebling WRP 2009, 153 (155) = Niebling WRP 2010, 81 (83) = WRP 2010, 1454 (1456).

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Emde kfz-betrieb 20/2001, 26. Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 ff. Hierzu Ensthaler NJW 2003, 3106; Wauschkuhn/Teichmann RIW 2009, 614 (616) – letztgenannte auch zu den Regelungsansätzen in anderen europäischen Ländern. LG Köln, Urt. v. 08.07.1981 – 84 O (Kart) 23/81, n.v.; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 345. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 31.

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Verprovisionierung, die Informationen des § 87c, Ausgleichsvergütung nach § 89b, Rücknahme seiner Sachen, und zwar grundsätzlich unabhängig vom Eigentumsübergang und auch ohne Konsignationslagerabrede gegenüber dem Vertragshändler347, eine eventuell zu leistende Karenzentschädigung gem. § 90a sowie ggf. ein Zeugnis nach § 630 BGB (Vor § 84 Rn 80). Aus weiterer gegen den Willen des Unternehmers vorgenommener Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit erwirbt der HV keinen Provisionsanspruch348; bei Zustimmung des Unternehmers ggf. konkludenter Neuabschluss des Vertrages (§ 89 Abs. 3 S. 1 ggf. analog) oder Vergütungsanspruch gem. § 354, auch bei Kündigung nach § 89a (nicht nur für notwendige Abwicklungsarbeiten)349. Einstands- oder Vorauszahlungen sind vom Unternehmer abzurechnen. Zur AVAD-Auskunft § 86a Rn 119. Der HV hat den nachvertraglichen Geheimnisschutz gemäß § 90 zu beachten. Nach Kündigung nur im Gedächtnis verhaftete, nicht aber der Kundenkartei entnommene Kundenanschriften darf der Mittler verwerten350. Auch ein vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot gem. § 90a hat der HV einzuhalten. Vorräte, Lagerbestände, Ersatzteile oder sonstige vom HV im Einverständnis mit dem Unternehmer zur Unterstützung der ihm übertragenen Tätigkeit auf eigene Kosten erworbene Gegenstände hat der Unternehmer entsprechend den Grundsätzen zur Rücknahme der Lagerware bei Vertragshändlern (Vor § 84 Rn 379 ff) nach Vertragsende gegen Wertersatz zu übernehmen351, selbst wenn ihn ein Schuldvorwurf an einem vorzeitigem Vertragsende nicht trifft. In Ausführung eines Vertragshändlervertrages geschlossene Einzelkaufverträge sind zu erfüllen352.

E. Abweichende Vereinbarungen I. Kündigungsausschluss oder Kündigungserschwernisse Vgl. zunächst Rn 81 ff zur zulässigen Länge von Vertriebsvereinbarungen. § 89 ver- 73 bietet Vereinbarungen nicht, die das Kündigungsrecht auf längere Zeit ausschließen353. Derartige Abreden liegen innerhalb der durch Art. 2 Abs. 1 GG gesicherten Vertragsfreiheit. Jede Kündigungserschwernis muss an diesem grundrechtlichen Schutz messen lassen. Absprachen, die zu einer unbilligen Behinderung oder Erschwerung des Kündigungsrechts führen, können jedoch unzulässig und gem. §§ 307, 134354, 138, 242, 307 BGB unwirksam sein. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung kann sittenwidrig sein355. Die so gezogenen Grenzen der Vertragsfreiheit werden überschritten, sobald die Abwägung der beiderseitigen berechtigten Interessen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses eine nicht mehr hinnehmbare übermäßige Einschränkung der wirtschaftlichen und persönlichen Handlungsfreiheit insbesondere des Schwächeren ergibt356. Spätere Veränderungen der Verhältnisse führen nicht zur Unwirksamkeit der bei Vertragsschluss einwandfreien Klausel357, mglw. jedoch zum WGG358. Zu AGB Vor § 84 Rn 42 f. 347 348 349 350 351 352 353

Hopt § 89 Rn 26; aA Schriefers BB 1992, 2158. LG Hamburg VersR 1992, 743. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 51. BGH VersR 1999, 966 = BB 1999, 1452. Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 16. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht 2005, § 3 Rn 425. BGH ZIP 1995, 910; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 59; Schröder § 89 Rn 9.

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). BGH NJW 1995, 2350 (im Ergebnis ablehnend); Hopt § 89 Rn 16. BGH ZIP 1995, 910 (911/912); Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 56/80, BGHZ 83, 313 (316) = NJW 1982, 1692; KG MDR 1997, 1041 (1042); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 32. BGH ZIP 1995, 910 (911, 912). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 32.

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Andererseits können beide Parteien – insbesondere auch der Vertriebsmittler – an langfristigen Bindungen und einem ebensolchen Kündigungsausschluss Interesse haben, etwa zur Sicherung der Amortisation erheblicher Investitionen. Besonders plastisch wird dies im investitionsintensiven Kfz-Vertriebsrecht, wo die bis 2013 geltende GVO 1400/02 zum Schutz der Mittler eine 2-jährige Mindestkündigungsfrist vorschreibt. § 624 BGB ist aber zu beachten. Nach §§ 134, 138, 139, 307 BGB unwirksam sind Abreden, denen gemäß die Kündigung nur nach Erfüllung bestimmter Ansprüche gestattet ist oder mit finanziellen Nachteilen verknüpft wird359. So sind als Kündigungserschwerung Vereinbarungen unzulässig, welche die freie Entschließung des HV, das Vertragsverhältnis zu kündigen, unbillig (§ 307 BGB), sittenwidrig oder rechtsmissbräuchlich360 unter wirtschaftlichen Druck setzen, z.B. durch eine Vertragsstrafe für den Fall der Kündigung361; die Rückzahlung angeblich freiwillig geleisteter Sonderbonifikationen362, zuvor langfristig gewährter Darlehen363, einer Einstandsleistung364, Abfindung365; Vertragsanschlussgebühr366, eines Provisionsfixums367 oder teilweisen Rückzahlung einer Provisionspauschale nach fristloser Kündigung des Unternehmers368, die Fälligkeit über lange Jahre gezahlter, überhöhter, aber nicht verdienter und nicht zurückgeforderter Vorschüsse an die Kündigung geknüpft wird369, eine vom HV gestellte Kaution nach Kündigung verfällt370; die Verzin-

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BGH, Urt. v. 02.10.1981 – I ZR 201/79, ZIP 1981, 1345; OLG Hamburg OLGR 2000, 466; LG Heidelberg, Urt. v. 07.05.2010 – 7 O 361/08 – „MLP“; LG Osnabrück BeckRS 2010, 20977; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 22; Hopt § 89 Rn 16; Schröder § 89 Rn 9a; offengelassen in KG MDR 1997, 1042. Hopt § 89 Rn 16. RGZ 75, 238; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (Verstoß gegen § 89a); OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09; LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 – 11 O 93/09 KfH. OLG Naumburg, Beschl. v. 12.02.2010 – 6 U 164/09, S. 5 (dort aber nicht entscheidungserheblich, weil Rückzahlung im Fall des § 89a ausgeschlossen war); LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928; LG Rostock, Urt. v. 25.09.2009 – 8 O 11/09, S. 8, n.v.; aA OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09, n.v. Etwa der vom Mineralölunternehmen den Tankstellen-HV gewährten Darlehen: OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (528); Steinhauer BB 2011, 515 (518). Die Darlehensrückzahlungspflicht kann aber bei einem üblichen Darlehen, das einem Arbeitgeberdarlehen gleicht, einschließlich der vertraglich vereinbarten Darlehensrückzahlungskonditionen bestehen bleiben, es entfällt dann lediglich die

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sofortige Rückzahlungspflicht bei Vertragsende (OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (528); LG Karlsruhe VersR 1990, 1008 = BB 1990, 1504). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37. BGH, Urt. v. 03.07.2000 – II ZR 282/98, ZIP 2000, 1442 m. zust. Anm. Haase GmbHR 2000, 877; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37. BGH NJW 1982, 181 (im Ergebnis unwirksam). LG Frankfurt/Main VW 1975, 1551; Westphal I, Rn 439 (Rückzahlungsklausel, auf deren Grundlage nach 1-jähriger Tätigkeit 7.598,95 DM zurückgefordert wurde, sei unwirksam. Bei monatlichen Provisionszahlungen von 1.900 DM handele es sich um einen Betrag, der nicht zu wesentlichen Rücklagen verwendet werde. Die Kündigung könne den HV in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen); vgl. LAG Baden-Württemberg BB 1955, 177. OLG Düsseldorf DB 1972, 182 (im Ergebnis wirksam). OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527) – Vorschuss von 22.750 EUR; OLG Hamburg OLGR 2000, 466 (Negativsaldo von 83.000 DM); LG Karlsruhe BB 1990, 1504; Schipper NJW 2010, 3067 – ausführlicher in NJOZ 2010, 2096. LAG Baden-Württemberg BB 1955, 177.

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sung bislang zinslos gewährter Darlehen widerrufen wird371 oder vertragliche Ansprüche entfallen372, etwa Boni373 oder Provisionen374. Jeder HV wird es sich zweimal überlegen, ob er kündigt, falls an seine Kündigung nach den Verhältnissen des Einzelfalls erhebliche finanzielle Nachteile geknüpft werden. Die Frage ist außerordentlich umstritten; die Rspr. einzelfallbezogen und billigkeitsrelevante Umstände abwägend. Zu § 89a siehe dort Rn 50. Bei Individualvereinbarungen muss im Einzelfall geprüft werden, ob eine mittelbare Kündigungsbeschränkung vorliegt375, bei AGB ist jedoch eine generell-abstrakte Betrachtung angebracht. Relevant wird der Streit meist im Falle der Rückzahlung von Garantieprovisionen und Provisionsvorschüssen (vgl. bereits § 87 Rn 17 ff). Zu AGB vgl. zunächst Vor § 84 Rn 43 ,,Provisionsvorschuss“. Fraglich ist, ob die Rückzahlungspflicht eine an § 307 BGB zu messende Abweichung von der Gesetzeslage i.S.d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB darstellt. Denn nach dispositivem Recht sind Vorschüsse zurückzuzahlen (s. § 87a Rn 31 f). Deshalb könnte man eine Kontrollunfähigkeit der Klausel vertreten376. Richtigerweise folgt die Kontrollfähigkeit bereits aus dem Verstoß gegen die §§ 89, 89a; die Abweichung würde gem. § 134 BGB sogar zur Unwirksamkeit einer Individualbestimmung führen (weshalb der Streit irrelevant ist). Zudem ist die Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers Prüfungsmaßstab: Er darf nicht zunächst den Anschein erwecken, dass ein Vorschuss in einer bestimmten Höhe zu erwarten war und dann diesen Vorschuss rückfordern. Sowohl in Individualverträgen wie AGB ist alles eine Frage des Einzelfalls. Maßgebliche Kriterien können sowohl bei konkreter oder abstrakt-genereller Betrachtung sein: – Die Höhe der Provisionen im Verhältnis zum Verdienst. Ein hoher Rückzahlungsbetrag dürfte eher dazu führen, eine Kündigungsschranke aufzuwerfen377, – ob dem HV weitere Tätigkeiten gestattet waren und der gezahlte „Vorschuss“ nicht bereits durch die Tätigkeit des HV verdient war, – die Länge des Zeitraumes, über den ein rückzahlbares Fixum geleistet wurde (etwa bei langfristig geleisteten „Monatsgehältern“ in gleichbleibender Höhe378) – und damit erneut die Höhe des rückzahlbaren Betrages379, – ob die Provisionsabrede so beschaffen ist, dass der HV die geforderten Umsätze nicht erwirtschaften konnte380, 371

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OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); OLG Düsseldorf OLGR 2000, 246; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 84; Schröder 89a Rn 21. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 –11 O 93/09 KfH. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09; Schröder 89a Rn 21a. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09 (unklar, ob dies auch für AGB gelten soll); LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 – 11 O 93/09 KfH.

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BAG, Urt. v. 09.06.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 41; LAG Hamm, Urt. v. 31.03.2009 – 14 Sa 728/08, S. 11 ff, LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.09.2007 – 12 Sa 876/07; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06. LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 – 11 O 93/09 KfH; LG Karlsruhe BB 1990, 1504 (1505). LG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2010 – 11 O 203/10. LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 – 11 O 93/09 KfH. LAG München, Urt. v. 30.09.2008 – 8 Sa 697/07 (ohne Auseinandersetzung mit §§ 89, 89a; Maßstab war in der Entscheidung § 138 BGB.

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– ein Interesse des Unternehmers, dass der HV nicht nach großzügiger Entlohnung in der Aufbauphase ohne hinterlassene Vorteile und Rückzahlungspflicht kündigt. Sonst würden Unternehmer gezwungen, jede Hilfe in der Aufbauphase zu unterlassen. Vorübergehende Vorschusszahlungen zur Anschubfinanzierung sind weniger geeignet, kündigungsbeschränkende Wirkung zu zeitigen381. Gem. §§ 87 Abs. 4 i.V.m. § 87c Abs. 1 können frühestens zwei Monate nach Tätigkeitsbeginn Provisionen fällig werden. Vorschusszahlungen, die lediglich den Lebensunterhalt für 2–3 Monate abdecken, wird man i.d.R. als unbedenklich einstufen können, sofern nicht Rechtsmissbrauch oder besondere Unwirksamkeitsgründe (etwa Falschangaben) hinzutreten382. Bei Pflicht zur Rückzahlung von Vorschüssen in Höhe von 30.000 EUR wurde eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB verneint383. Das OLG Naumburg sah die Rückzahlung einer gewährten Sonderbonifikation als in dieser Weise kündigungserschwerend an, sofern sie vom HV nach einer von ihm erklärten Kündigung binnen 12 Monaten nach Zahlung zurückzugewähren sei384; das OLG Karlsruhe385 den Anspruch auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen von 23.445,80 EUR bei einer Vertragsdauer von ca. 20 Monaten sowie Provisionseinnahmen von 695,80 EUR. Eine Erweiterung des Schutzbereiches des § 242 BGB speziell zum Schutz des HV soll hingegen nicht erforderlich sein386. Das LG Heidelberg387 hat eine kündigungserschwerende Wirkung verneint, wenn die Provisionsvorschüsse nur auf Wunsch des HV ausgezahlt wurden, und zwar maximal für die ersten 30 Monate der Tätigkeit und in diesem Zeitraum im ersten Jahr monatlich 2.000 EUR, den nächsten sechs Monaten je 1.500 EUR, bis zum Schluss des zweiten Jahres je 1.000 EUR und im letzten halben Jahr nur noch 500 EUR monatlich, wobei die Inanspruchnahme des HV auf 50 % dieses Vorschusses begrenzt war. Ebenso bei Begrenzung der Vorschüsse auf 30.000 EUR und Rückzahlungspflicht auf 50 % davon388. Gegenüber einem unbestimmten Adressatenkreis abgegebene Kündigungsverzichte entfalten unter den Vertragspartnern regelmäßig keine Wirkung: Die Seefelder Maximen, vereinbart zwischen dem BVK und dem GdV, nach denen Versicherungsvertretern, die mehr als 25 Jahre tätig und älter als 55 Jahre sind, nicht ohne triftigen Grund gekündigt werden darf, enthalten deshalb kein Kündigungsverbot und auch keinen Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten der Versicherungsvertreter. Dies gilt auch dann, wenn der Versicherer gegenüber der Öffentlichkeit erklärt hat, er werde sich an diese Maximen halten. Auch die Vertriebsgesellschaft eines Zeitschriftenverlags ist berechtigt, die Geschäftsbeziehung zu einem (bislang gebietsmonopolistisch agierenden) PressevertriebsUnternehmen unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist zu kündigen. Es besteht keine Bindung an den Inhalt einer nicht in den Vertrag einbezogenen Absichtserklärung der Verbände der Zeitschriften- und der Zeitungsverleger sowie des Bundesverbandes der Presse-Grossisten, welche lediglich branchenpolitische, aber keine rechtliche Bedeutung hat389.

381 382 383

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LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 – 11 O 93/09 KfH. Schipper NJW 2010, 3067 (3068) – ausführlicher in NJOZ 2010, 2096. LAG München, Urt. v. 30.09.2008 – 8 Sa 697/07 (ohne Auseinandersetzung mit den §§ 89, 89a; Prüfungsmaßstab war allein § 138 BGB). OLG Naumburg, Beschl. v. 12.02.2010 – 6 U

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164/09, zust. Evers VW 2010, 444; aA OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09, n.v. OLG Karlsruhe BeckRS 2010, 20728. Ulmer FS Möhring 75, 311; Hopt § 89 Rn 16. Urt. v. 07.05.2010 – 7 O 361/08. OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 19.10.2005 – I-16 U 545/05 ,,MLP“. OLG Schleswig, Urt. v. 28.01.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834.

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§ 89

II. Absatz 2: Verlängerung und Verkürzung der Kündigungsfristen Kürzere als die von § 89 vorgesehenen Kündigungsfristen dürfen nicht vereinbart 74 werden390, und zwar weder zu Gunsten oder noch zu Lasten einer Partei. Die insoweit zwingende Natur des § 89 ergibt sich lediglich infolge eines Umkehrschlusses aus Abs. 2 S. 1, der nur die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen zulässt. Derartige Beschränkungen sind gem. § 134 BGB unwirksam. Gleiches gilt für Umgehungskonstruktionen wie einer Vereinbarung über die Vorverlegung des Vertragsendes, das Entfallen der beiderseitigen Rechte und Pflichten – etwa Wegfall der Vergütungspflicht mit der Kündigungserklärung oder Entfallen „freiwillig“ gewährter Leistungen – bzw. die entschädigungslose Freistellung mit dem Datum der Kündigungserklärung391. Fraglich ist, wie zu entscheiden ist, wenn der Vertrag eine Regelung trifft, derzufolge er mit einer Frist von beispielsweise zwei oder drei Monaten zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden kann. Die Zwei- oder Drei-Monats-Frist entspricht jedenfalls nach drei- bis fünfjähriger Vertragslaufzeit nicht mehr den Mindestkündigungsfristen des § 89. Es bestehen zwei Möglichkeiten: Einmal die vollständige Ersetzung der unwirksamen Regelung durch § 89. Die vertragliche Regelung entfällt aufgrund ihrer Unwirksamkeit gänzlich, es gilt § 89. Dies verkürzt die Kündigungsfristen zu Lasten des HV in den ersten Monaten eines Jahres. Oder man sieht die vereinbarte Zwei- bis Drei-Monats-Frist als Mindestkündigungsfrist und ergänzt sie dahingehend, dass nach drei- bis fünfjähriger Vertragslaufzeit (nur) die in der Vertragsbestimmung genannten Kündigungsfristen zum Jahresende durch die Fristen des § 89 ersetzt werden, d.h. der Vertrag nach drei- bis fünfjähriger Laufzeit nur mit einer Frist von drei bzw. sechs Monaten zum Jahresende gekündigt werden darf. Letzteres dürfte zutreffend sein. Die Parteien dürfen längere Kündigungsfristen als die von Abs. 1 S. 1 und 2 gesetzlich Vorgesehenen vereinbaren. Auch nach 40-jähriger Vertragsdauer bleibt jedoch eine vereinbarte Kündigungsfrist von sechs Monaten zulässig392; die Kündigungsfrist wird nicht – etwa im Wege ergänzender Vertragsauslegung – verlängert. Längere als in § 89 vorgesehene Kündigungsfristen dürfen auch mittels AGB vereinbart werden393. Eine bei Einrücken in eine höhere Hierarchiestufe verlängerte Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ende eines Quartals benachteiligt den HV nicht unangemessen iSd § 307 BGB, zumal der Unternehmer in Hinblick auf Ausbildungsbeihilfen und andere Investitionen Interesse an einer längerfristigen Bindung seiner Mittler haben mag394. Evers395 kritisiert dies: Der VV sei darauf angewiesen, innerhalb des Vertriebssystems aufzusteigen und in seiner Entscheidung über den Aufstieg und damit das Einrücken in eine längere Kündigungsfrist unfrei.

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Hopt § 89 Rn 28; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 34; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 60. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33. Oberstes Gericht Dänemarks, Urt. v. 22.10.2003 – UfR 2004.148H, wiedergegeben bei Kjellegaard Jensen RIW 2006, 280 (286).

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OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell sowie m. krit. Anm. Evers VW 2010, 313. OLG München, Urt. v. 29.07.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell. VW 2010, 313.

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III. § 89 Abs. 2 S. 1: Keine kürzere Kündigungsfrist für den Unternehmer als für den HV 75

Eine Grenze möglicher Regelungen zur Kündigungsfrist setzt zudem der durch Art. 15 Abs. 4 RL europarechtlich abgesicherte Abs. 2 S. 1: die für eine Kündigung durch den Unternehmer geltende Frist darf nicht kürzer – aber länger – sein als die für eine Kündigung durch den HV Vereinbarte396. Bei einem Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Abs. 2 S. 1 Hs. 2 gilt einheitlich die für den HV vereinbarte Frist397. Das kann etwa bei den Strukturkündigungsklauseln der Kfz-Händlerverträge problematisch sein. Die Strukturkündigung verkürzt die Kündigungsfrist nur zugunsten der Hersteller, was nicht nur § 307 BGB398 sondern auch § 89 Abs. 2 S. 1 widerspricht399. Große Händlerketten können ebenfalls Interesse an einer durch sie erklärten Strukturkündigung haben400. Möglicherweise umgeht ein einseitiges Optionsrecht des Unternehmers auf Verlängerung des Vertrages die Rechtsfolge des § 89 Abs. 2 S. 2401. Die Rechtsfolge des § 89 Abs. 2 S. 2 wird von den ArbG auch in § 622 Abs. 6 BGB hineingelesen402.

IV. Vereinbarungen zum Kündigungsendtermin 76

Auch der Kündigungsendtermin (Vertragsende) darf abweichend von Abs. 1 S. 3 bestimmt werden, ebenso der – allerdings nur vorzuverlegende403 – Zugang der Kündigung bestimmt werden404. Die Vereinbarung über eine Kündigungsfrist beinhaltet nicht ohne weiteres auch eine solche über einen Kündigungsendtermin405. Im Zweifel bleibt es bei der Vereinbarung des Kündigungsendtermins zum Schluss eines Kalendermonats406. Da

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Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 60. BGHZ 40, 235 (239); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 60. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); vgl. etwa OLG Celle, Beschl. v. 09.06.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650; aA OLG Köln, Urt. v. 18.12.2008 – 19 U 33/08; OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.09.2004 – 1 U 632/03-161, BeckRS 2005, 01443 (aber ohne Erörterung des § 89 Abs. 2 S. 1). Emde BB 2009, 2330; ders. EWiR 2008, 498; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); aA BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817 m. Bespr. Emde BB 2009, 2330; OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.05.2008 – 11 U 39/07, EWiR 2008, 397 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 18.12.2008 – 19 U 33/08. Danach bildet die GVO 1400/02 eine Spezialregelung. Aber bei ihr handelt es sich nur um eine VO der EU-Kommission, welche nach BGH v. 28.06.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 =

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400 401 402 403 404

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EWiR 2006, 273 (Emde) zwischen den Parteien keine Rechte und Pflichten erzeugt. Das OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.09.2004 – 1 U 632/03-161, BeckRS 2005 01443, verneint einen Verstoß der Strukturkündigungsklausel gegen § 307 BGB: Der Hersteller habe ein Interesse an einer schnellen Kündigungsmöglichkeit, sofern er umstrukturieren wolle. Das fehlende Recht des Händlers zur Anschlusskündigung führe nicht zur Unwirksamkeit. Mit § 89 setzt sich das OLG jedoch nicht auseinander. Eingehend Emde BB 2009, 2330 ff. Siehe ArbG Ulm, Urt. v. 14.11.2008 – 3 Ca 244/08, NZA-RR 2009, 298 (299). Siehe ArbG Ulm, Urt. v. 14.11.2008 – 3 Ca 244/08, NZA-RR 2009, 298 (299). Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33. BGH, Urt. v. 12.12.1974 – VII ZR 229/73, LM Nr. 6; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 61. LG Bielefeld HVR (55) Nr. 89; Hopt § 89 Rn 27. Hopt § 89 Rn 27.

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die Kündigungsfrist für den Unternehmer nicht kürzer sein darf als für den HV (Abs. 2 S. 1 Hs. 2) ist auch die Vereinbarung eines allein zugunsten des Unternehmers wirkenden früheren Endtermins407 oder späteren Zugangszeitpunkts408 als für den HV nicht zulässig.

V. § 92b Nach § 92b Abs. 1 S. 2 darf, divergierend von den Regelkündigungsfristen des § 89, 77 gegenüber einem HV im Nebenberuf eine Kündigungsfrist von einem Monat für den Schluss eines Kalendermonats vereinbart werden. Wird eine hiervon abweichende Kündigungsfrist geregelt, muss sie für beide Teile gleich lang sein. Eine für beide Parteien geltende Verlängerung der Kündigungsfrist auf 12 Monate, die in AGB gegenüber einem HV im Nebenberuf verwendet wird, ist unzulässig409. Sie widerspricht dem Grundgedanken des Gesetzes, weil sie die von ihm erlaubte Kündigungsfrist um 23 Monate überschreitet.

VI. § 92c Im Anwendungsbereich des § 92c darf grundsätzlich auch von den zwingenden 78 Regeln des § 89 abgewichen werden. Allerdings muss bereits gem. § 242 BGB sowie unter dem Gesichtspunkt der wechselseitigen Treupflichten eine angemessene Auslauffrist gewahrt werden, wegen des Leitbildes des § 89 jedenfalls bei Vereinbarung mittels AGB. Ob die Derogation überhaupt mittels AGB erfolgen darf, ist eine weitere Frage. Mit der h.M. zur Frage des Ausgleichsausschlusses410 wird man die Vereinbarung durch AGB für zulässig halten müssen (§ 92c Rn 23 ff).

VII. Rechtsfolgen unzulässiger Vereinbarungen Eine aufgrund des Verstoßes gegen das Derogationsverbot unzulässige und gem. 79 § 134 BGB unwirksame Absprache führt wegen des Schutzzweckes des § 89 entgegen § 139 BGB nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Vertrags411. Es gilt auch bei Individualverträgen die von § 89 vorgesehene Mindestfrist. Bei AGB ergibt sich das gleiche Ergebnis aus § 306 BGB. Falls abweichende Regelungen gestattet sind, dürfen sie mittels AGB getroffen werden412.

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408 409

Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33; Hopt § 89 Rn 27; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 61, der § 622 Abs. 6 BGB für entsprechend anwendbar hält. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33. OLG Celle, Beschl. v. 09.06.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650.

410 411

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OLG München RIW 2002, 319 (320). BGHZ 40, 235 (239); OLG Nürnberg NJW-RR 1986, 782; Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 34; Hopt § 89 Rn 28; Schröder § 89 Rn 14, 15. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 33.

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F. Keine „stille“ Kündigung ohne Kündigungserklärung 80

Theoretisch könnte der Unternehmer die Fristen des § 89 umgehen, indem er die Vermittlungsbemühungen des HV nicht entgegennimmt. Er könnte sich etwa entschließen, sämtliche ihm angetragene Aufträge oder Bestellungen des Mittlers abzulehnen. Der BGH hat es obiter scheinbar sogar für zulässig gehalten, dass der Unternehmer – etwa weil er zukünftig nur noch Großhändler und keine Endkunden mehr beliefern will – alle Vertragsabschlüsse, die der HV vermittelt oder vermitteln könnte, ablehnen darf 413. Wenn er damit ausdrücken wollte, dass auch ohne eine Kündigungserklärung und vor Ablauf der Kündigungsfrist eine kündigungsgleiche Wirkung durch Umstellung des Vertriebssystems hergestellt werden dürfe, wäre dies abzulehnen414. Wie weit das Ablehnungsrecht des Unternehmers geht und welche Grenzen es einzuhalten hat, ergibt sich aus dem Dispositionsrecht des Unternehmers (§ 86a Rn 44 ff). Die Kündigungsfristen des § 89 sind nicht parteidispositiv und ihre zwingende Natur darf nicht durch eine faktische Vertragsbeendigung mittels Ablehnung aller Bestellungen umgangen werden. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ist der Vertrag vertragsgemäß fortzusetzen. Dem Unternehmer mag nach den zum Dispositionsrecht dargelegten Grundsätzen das Recht auf Ablehnung einzelner Aufträge gegeben sein, soweit es hierfür sachliche Gründe gibt (die hM stellt auf Willkür ab). Eine auffallende Häufung solcher Ablehnungen ohne Grund spricht für das Fehlen sachlicher Gründe bzw. die Existenz von Willkür und berechtigt den Mittler zum Schadensersatz. Die Höhe des Schadensersatzes wird aus den Einnahmen des HV berechnet, die durchschnittlich während eines repräsentativen Zeitraumes ungestörter Vertragsdurchführung erzielt wurden.

G. Zulässige Länge von Vertriebsverträgen 81

Abgesehen von der Frage, ob § 624 BGB in diesen Fällen ggf. ein außerordentliches Kündigungsrecht gewährt, ist generell fraglich, über welche Dauer Vertriebsverträge geschlossen werden dürfen. Sowohl Unternehmer wie Mittler können aus den verschiedensten Gründen entweder Interesse an langer Vertragskontinuität oder andersherum an einer Begrenzung der Vertragsdauer haben. Einerseits mögen Mittler wünschen, die Amortisation ihrer Investitionen durch eine Festlaufzeit zu sichern; Unternehmer wollen durch das gleiche Mittel unbesetzte Vertriebsgebiete verhindern. Andererseits können lange Vertragslaufzeiten im Hinblick auf die persönliche Absatzförderungs- und Betriebsführungspflicht (letztere insbesondere bei Franchisenehmern) auch wegen § 624 BGB bedenklich sein. Wenn sich der Betrieb im Laufe der Zeit als unrentabel erweist, kann es für den Vermittler existenzbedrohend sein, über längere Zeiträume an dem Vertragsverhältnis festgehalten zu werden415. Diesen Interessenwiderstreit gilt es zu lösen. Im Grundsatz besteht hier Vertragsautonomie. Bei AGB wird die Laufzeit von Ver82 triebsverträgen auch anhand des § 307 Abs. 1 BGB geprüft. Das Klauselverbot des § 309 Nr. 9 BGB, demzufolge bei regelmäßiger Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienst- und Werkleistungen durch den Verwender eine länger als zwei Jahre bindende Laufzeit in AGB unzulässig ist, findet auf Vertriebs- und insbesondere Franchiseverträge

413

BGH, Urt. v. 01.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde) Rn 26.

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Emde EWiR 2008, 721. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 301.

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keine Anwendung416. Ein ohne Kündigungsmöglichkeit geschlossener Vertrag wäre sittenwidrig417, ebenso wenn Optionsrechte dem Unternehmer eine einseitige Verlängerung auf unbegrenzte Zeit ermöglichen418. Behält sich der Verwender eines Formularvertrages in AGB das Recht vor, die Erstlaufzeit des Vertrages durch Ausübung eines Optionsrechts um einen bestimmten, im Verhältnis zur Erstlaufzeit nicht unbeträchtlichen Zeitraum zu verlängern, so ist für die Inhaltskontrolle der Optionsklausel auch dann auf die sich bei Ausübung der Option ergebende Gesamtlaufzeit des Vertrages abzustellen, wenn die Erstlaufzeit individuell vereinbart oder ausgehandelt worden ist419. Die langfristige Bindung eines Vertriebsmittlers in einem AGB-Vertriebsvertrag, insbesondere eine 10-Jahresbindung, ist – so der BGH420 – nur zulässig, falls der Unternehmer an ihr wegen erheblicher Investitionen ein berechtigtes Interesse hat. Während der BGH wegen bedeutender Investitionen des Unternehmers früher Laufzeiten von 25 Jahren unbeanstandet ließ421, äußerte er später bei einem Tankstellen-HV-Vertrag Zweifel an der Wirksamkeit einer 10-Jahresbindung422. Auch Stoffels423 bezweifelt die Wirksamkeit über 10 Jahre hinausgehender Laufzeiten. Eine 20-jährige Erstlaufzeit des Vertrages kann nach Ansicht des LG Waldshut-Tiengen424 noch akzeptabel sein: Es müsse jeweils im Einzelfall geprüft werden, ob die Amortisation der Investitionen eine über 10 Jahre hinausgehende Laufzeit erfordere. Nach anderer Ansicht soll eine Laufzeit von mehr als 20 Jahren bei Franchiseverträgen gegen § 138 BGB verstoßen425. Je höher die Investitionen der Parteien und etwa des Franchisenehmers sind, desto länger kann die Bindung andauern426. Ein Vertrag, dessen in AGB festgelegte Laufzeit den Verwendungsgegner unangemessen benachteiligt, kann nicht mit einer kürzeren, noch angemessenen Laufzeit aufrecht erhalten werden, regelmäßig auch nicht im Wege ergänzender Vertragsauslegung427. Wegen der 5-jährigen Höchstlaufzeit von Wettbewerbsverboten nach Art. 5 Abs. 1 lit. a 83 GVO 330/10428 (Vor § 84 Rn 158 ff) sind längere Laufzeiten von Vertriebsverträgen, außer in echten HV-Verträgen (Vor § 84 Rn 223 ff) heute problematisch, es sei denn, die Laufzeit des Wettbewerbsverbots wird auf 5 Jahre begrenzt. Das löst auch die Bedenken in Hinblick auf § 624 BGB. Denn die meisten Vertriebsverträge enthalten solche Wettbewerbsverbote429. Wird die Wettbewerbsabrede für einen längeren Zeitraum vereinbart, ist allerdings nur sie unwirksam; ihre Unwirksamkeit kann sich jedoch über § 139 BGB dem Gesamtvertrag mitteilen (Vor § 84 Rn 119). Das OLG Dresden stellte wohl deshalb

416 417 418

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421

Stoffels DB 2004, 1871. BGH, Urt. v. 31.03.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692 (Tankstellen-HV). OLG München, Urt. v. 20.11.1996 – 7 U 3653/96, NJW-RR 1997, 1057 (TankstellenHV). BGH, Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (1112). BGH, Urt. v. 11.01.2006 – VIII ZR 396/03, BB 2006, 517 = NJW-RR 2006, 615 Rn 11; Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110 (Tankstelle). BGHZ 52, 171 (176 f) = NJW 1969, 1662 = LM § 624 BGB Nr. 1; BGHZ 83, 313 (316 f) = NJW 1982, 1692 = LM § 138 (Bb) BGB Nr. 49.

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BGH, Urt. v. 11.01.2006 – VIII ZR 396/03, BB 2006, 517 = NJW-RR 2006, 615 Rn 11. DB 2004, 1871. Urt. v. 16.07.1998 – 1 U 63/98, ebenso LG München I, Urt. v. 20.10.1998, beide zitiert nach Flohr BB 2006, 389 (395). BGHZ 54, 145; BGH NJW 1985, 693; NJW 1969, 1662; NJW 1998, 156 (159 f). Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 176. BGH, Urt. v. 03.11.1999 – VIII ZR 269/98, NJW 2000, 1110. Hierzu Emde WRP 2005, 1492 ff. Emde WRP 2005, 1492 ff; Stoffels DB 2004, 1871.

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in einem Hinweisbeschluss430 fest, bei Franchiseverträgen sei lediglich eine 5-jährige Erstlaufzeit akzeptabel.

H. Beweislast 84

Jede Partei muss die Voraussetzungen des für sie günstigen Teil-TB des § 89 nachweisen. Die Partei, welche sich auf eine wirksame Kündigung beruft, muss die Kündigungserklärung sowie die Wirksamkeit der Kündigung nachweisen431. Das non liquet geht zu Lasten des Beweispflichtigen432. Die Vertragsdauer als Grundlage der Fristberechnung nach Abs. 1 muss die Partei nachweisen, zu deren Vorteil die Frist gereicht. Da ein auf unbestimmte Dauer gerichtetes Vertragsverhältnis die Regel ist, muss eine (ggf. nachträgliche) Befristung diejenige Partei beweisen, für die die Befristung günstig ist. Für eine von § 89 abweichende Vereinbarung ist derjenige beweispflichtig, der sie behauptet. Dies gilt etwa für eine verlängerte Kündigungsfrist oder für einen von Abs. 1 S. 3 abweichenden Kündigungsendtermin. Die Vertragsverlängerung nach Ende eines befristeten Vertrages, insbesondere die nach Abs. 3, muss der von ihr Begünstigte beweisen, ebenso dass nach §§ 92b, c ausnahmsweise eine von den zwingenden Voraussetzungen des § 89 abweichende Vereinbarung zulässig ist (Rn 77, 78). Bei Streit über den Bestand des Vertrages zum Zeitpunkt der Begründung einer Forderung, soll der Anspruchsteller beweisen müssen, dass der Vertrag nicht von Beginn an befristet war433 oder nach Fristablauf einvernehmlich fortgesetzt worden ist434.

I. Steuerrecht 85

Ein mit Ablauf des HV-Vertrages entstehender Anspruch auf Provisionsfortzahlung ist keine rückstellungsfähige ungewisse Verbindlichkeit (§ 249 Abs. 1), wenn das Entstehen noch von einer aufschiebenden Bedingung abhängt. Denn rückstellungsfähig sind nur bereits entstandene oder noch nicht entstandene aber wirtschaftlich in dem abgelaufenen Zeitraum verursachte Verbindlichkeiten, die den Verpflichteten bereits aktuell belasten. Die Rückstellungsfähigkeit hängt mithin davon ab, ob es sich bei der Provisionsfortzahlung um ein Entgelt für bereits erbrachte Leistungen (dann Rückstellungsfähigkeit) oder um eine Abgeltung des zukünftigen Wettbewerbsverbots (dann Rückstellungsunfähigkeit) handelt435. Durch BMF-Schreiben vom 21.06.2005436 hat das BMF Stellung zu diesem BFH-Urteil bezogen. Das BMF führt in dem Schreiben aus, den Grundsätzen des BFH-Urteils werde gefolgt, soweit der BFH zur Abgrenzung der vertraglich vereinbarten Provisionszahlung von einem Ausgleichsanspruch nach § 89b ausführe. Soweit der BFH jedoch die Passivierung einer Rückstellung befürworte, ohne dass die Verpflichtung rechtlich entstanden sei oder mit einiger Wahrscheinlichkeit rechtlich entstehen werde, sei das BFH-Urteil nicht über den Einzelfall hinaus anzuwenden. Vielmehr müsse in Konstellationen, in denen die Provisionsverpflichtung unter einer aufschiebenden Bedingung stehe, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedingung geprüft werden. 430 431

432

Urt. v. 08.09.2005 – 10 U 747/05, zitiert nach Flohr BB 2006, 389 (399). OLG München, Urt. v. 14.01.2010 – 23 U 2783/09, BeckRS 2010, 07738; Ebenroth/ Löwisch § 89 Rn 35. OLG München, Urt. v. 14.01.2010 – 23 U 2783/09, BeckRS 2010, 07738.

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433 434 435 436

Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 35. BFH, Urt. v. 24.01.2001 – I R 39/00, DB 2001, 1227 = BB 2001, 1241. IV B 2-S 2137-19/05, DB 2005, 1418 = BB 2005, 1624.

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§ 89a

§ 89a Fristlose Kündigung (1) Das Vertragsverhältnis kann von jedem Teil aus wichtigem Grunde ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dieses Recht kann nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. (2) Wird die Kündigung durch ein Verhalten veranlaßt, das der andere Teil zu vertreten hat, so ist dieser zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet.

Schrifttum Becker-Schaffner Die Rechtsprechung zur Ausschlußfrist des § 626 Abs. 2 BGB, DB 1987, 2147, ders. Zugang der Kündigung, BB 1998, 422; Bergwitz Abmahnung und Vertrauensstörung im Arbeitsrecht, BB 1998, 2310; Börner/Hubert Frist für die außerordentliche Kündigung des Handelsbzw. Versicherungsvertreters? BB 1989, 1633; v. Brunn Unzulässige Verhandlungen über die Nachfolge eines Handelsvertreters vor Kündigung seines Vertrags, DB 1964, 1841; Eberstein Zehn Jahre Rechtsprechung zum neuen Handelsvertreterrecht, BB 1964, 271; Ende Die betriebsbedingte außerordentliche Kündigung von Vertragshändlerverträgen durch den Unternehmer, BB 1996, 2260; Fock Der nachvertragliche Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters gem. Art. 17 Abs. 3 der EGHandelsvertreterrichtlinie – Alternative oder Ergänzung zum Goodwill – Ausgleich des Vertreters? in Saenger/Schulze Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 2000, 62; v. Hoyningen-Huene/ Boemke Beweisfragen bei Berufsfortkommensschäden (§ 252 S. 2 BGB, § 287 I ZPO), NJW 1994, 1757; Holling Gründe für die fristlose Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses in der Rechtsprechung, BB 1961, 994; Hoss Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot während des Kündigungsschutzprozesses und im Aufhebungsvertrag, DB 1997, 1818; ders. Die arbeitsrechtliche Abmahnung, MDR 1999, 333; Kindler Verwirkung des Rechts auf außerordentliche Kündigung: Für welche Dienstvertragstypen gilt § 626 Abs. 2 BGB? BB 1988, 2051; Kranz Die Ermahnung in der arbeitsrechtlichen Praxis, DB 1998, 1464; Küstner Bestandswegnahme und Schadensersatz, VersR 1996, 944; Leo Rechtsfragen zur Kündigung des Handelsvertretervertrags, DB 1961, 1518; Lohr Kündigung des Arbeitsvertrags – Zurückweisung wegen fehlender Vollmachtsurkunde, MDR 2000, 620; Manfred Löwisch Wilhelm Herschel und die Wurzeln von Ultima-Ratio – Grundsatz und Prognoseprinzip, BB 1998, 1793; Lücke Unter Verdacht: Die Verdachtskündigung, BB 1997, 1842; ders. Die Verdachtskündigung – Fragen aus der Praxis, BB 1998, 2259; Maier Kündigung des Handelsvertreters wegen Alters oder Krankheit, BB 1978, 940; ders. Das gesetzliche Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter, BB 1979, 500; Martin Offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft als Versicherungsvertreter, VersR 1967, 824; Naujok Das Spannungsverhältnis zwischen Verdachtskündigung und Unschuldsvermutung, ArbuR 1998, 398; Niebling, Die fristlose Kündigung von Automobil-Händlerverträgen, BB 1998, 2259 und MDR 1998, 1332; Preis/Stoffels Die Inhaltskontrolle der Verträge selbständiger und unselbständiger Handelsvertreter, ZHR 160 (1996), 442; Schaub Die arbeitsrechtliche Abmahnung, NJW 1990, 872; ders. Die Abmahnung als zusätzliche Kündigungsvoraussetzung, NZA 1997, 1185; Schirge Böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs nach § 615 S. 2 BGB im gekündigten Arbeitsverhältnis, DB 2000, 1278; Schwerdtner Betriebsverfassungsrechtliches Anhörungsverfahren und Nachschieben von Kündigungsgründen, ZIP 1981, 809; ders. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung als Gegenstand rechtsgeschäftlicher Vereinbarung im Rahmen des Handelsvertreterrechts, DB 1989, 1757; Ulmer/Habersack Zur Beurteilung des Handelsvertreter- und Kommissionsagenturvertriebs nach Art. 85 Abs. 1 EGV, ZHR 159 (1995), 109; Ulmer/Schäfer Zum Anspruch des Kfz-Vertragshändlers gegen den Hersteller auf Zustimmung zur Übernahme einer Zweitvertretung, ZIP 1994, 753; Westphal Die Handelsvertreter-GmbH: Renaissance mit Unterstützung des BFH? BB 1999, 2517; Wolterek Zweiwochenfrist bei außerordentlicher Kündigung eines Handelsvertreters, DB 1984, 279.

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Übersicht Rn A. Die Möglichkeit fristloser Kündigung von Dauerschuldverhältnissen . . . . . . I. § 89a als Ausfluss eines weiterreichenden Prinzips . . . . . . . . . II. Genese und europarechtliche Präformation . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum BGB . . . . . . . . IV. Verhältnis zur befristeten Kündigung nach § 89 . . . . . . . . . . . . . . V. Verhältnis zur aufschiebenden und auflösenden Bedingung . . . . . . . VI. Leistungs- und Unterlassungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . B. Absatz 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Vertragsverhältnis . . . . . . . II. Von jedem Teil . . . . . . . . . . . III. Aus wichtigem Grunde . . . . . . . IV. Vor Vertragsende . . . . . . . . . . V. Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Abwägung . . . . . . . . . . . 2. Objektiver Tatbestand . . . . . 3. Bedeutung der verbleibenden ordentlichen Vertragsdauer . . 4. Zeitpunkt des Eintritts des wichtigen Grundes . . . . . . . 5. Subjektiver Tatbestand, insbes. Verschulden . . . . . . . . . . 6. Verdachtskündigung . . . . . . 7. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . 8. Vereinbarung eines wichtigen Grundes . . . . . . . . . . . . 9. Kasuistik . . . . . . . . . . . . 10. Abmahnung . . . . . . . . . . a) Inhalt und Form der Abmahnung . . . . . . . . . . b) Frist zur Abmahnung . . . . c) Abmahnung nach zweiter Vertragswidrigkeit . . . . . d) Abmahnung unnötig . . . . e) Feststellung des Fehlens eines Abmahngrundes . . . . . . .

1–8 1–2 3 4 5–6 7 8 9–58 9 10 11 12 13–55 13–15 16 17 18 19–21 22 23 24–25 26 27–35 30 31 32 33–34 35

Rn VI. Der Kündigungsausspruch („gekündigt werden“) . . . . . . . 1. Ausspruch . . . . . . . . . . . . 2. Bedingte Kündigung . . . . . . . 3. Rechtzeitigkeit (Entschlussfrist) . 4. Begründungszwang? . . . . . . . 5. Vereinbarung eines Begründungserfordernisses . . . . . . . . . . 6. Rücknahme oder „Widerruf“ der Kündigung . . . . . . . . . . . 7. Nachgeschobene Gründe . . . . 8. Gleich zu behandelnde Fälle . . . VII. Ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist/Auslauffrist . . . . . . . . . . VIII. Unabdingbarkeit . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . 2. Verzicht . . . . . . . . . . . . . IX. Grenzen des Kündigungsrechts/Treu und Glauben . . . . . . . . . . . . X. Rechtslage bei Fehlen des Kündigungsgrundes . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . 2. Verteidigung gegen die unberechtigte Kündigung . . . . . . . . . XI. Folgen der Vertragsbeendigung . . .

36–47 36 37 38–41 42–43 44 45 46 47 48 49–52 49–51 52 53 54–58 54–57 58 59

C. Der Schadensersatzanspruch nach Abs. 2 60–67 I. Umfang des Schadensersatzes . . . 61–63 1. Zur Länge des Haftungszeitraums 61 2. Zur Höhe der Haftung . . . . . 62 3. Darlegungs- und Beweislast in Schadensfällen . . . . . . . . . . 63 II. Mitverschulden (§ 254 BGB) . . . . 64 III. Beiden Parteien zustehendes Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . 65 IV. Positive Forderungsverletzung (§ 280 BGB) . . . . . . . . . . . . 66–67 D. Schadenersatzanspruch des unberechtigt außerordentlich Gekündigten nach § 280 BGB . . . . . . . . . . . . . . .

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E. Streitwert

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. . . . . . . . . . . . . . . .

F. Beweislast . . . . . . . . . . . . . . . . 70–74 I. Kündigung . . . . . . . . . . . . . 70–71 II. Schadensersatz . . . . . . . . . . . 72–74

A. Die Möglichkeit fristloser Kündigung von Dauerschuldverhältnissen I. § 89a als Ausfluss eines weiterreichenden Prinzips 1

Die fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde ist ein Rechtsbehelf, der bei allen Dauerschuldverhältnissen zwingend gegeben ist und Ausdruck des bis zur Einführung des § 314 BGB 2002 unnormierten allgemeinen Grundsatzes, nach dem ein Dauerschuldverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes jederzeit ohne Einhaltung einer Frist kündbar ist. Dieser außerordentlichen Kündigung unterliegen sowohl der HV-Vertrag

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§ 89a

wie HV-ähnliche Verträge, gleichgültig, ob sie auf bestimmte oder unbestimmte Zeit eingegangen sind. Während ein auf bestimmte Zeit geschlossener Vertrag, der mit Zeitablauf erlischt und keine ordentliche Kündigung vorsieht, nur der Kündigung aus wichtigem Grunde zugänglich ist, besteht bei dem für unbestimmte Zeit geschlossenen Vertrag neben der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung jene der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grunde. Zudem regelt § 89a, dass auf das Kündigungsrecht nicht im Voraus verzichtet werden darf (Abs. 1 S. 2) und der Gekündigte dem Kündigenden zum Ersatz des durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet ist, falls er die Kündigung verschuldet hat (Abs. 2). Der dem Gekündigten durch eine unberechtigt ausgesprochene Kündigung entstehende Schaden wird in § 89a nicht behandelt, sein Ersatz richtet sich nach § 280 BGB. Ferner kann sich für die auslaufende Zeit des Vertragsverhältnisses ein Anspruch des HV aus Annahmeverzug nach § 615 BGB ergeben. § 89a hat keinen Strafcharakter1, sondern dient dem zivilrechtlichen Schutz des Kündigungsberechtigten. Wie bei allen Dauerschuldverhältnissen verdrängt auch bei Vertriebsverträgen – jeden- 2 falls in der Praxis (Vor § 84 Rn 34) – die Möglichkeit der fristlosen Kündigung die sonst denkbare Alternative der Lösung des HV-Verhältnisses durch Rücktritt oder aus dem Gesichtspunkt des WGG wegen veränderter Umstände2. Die Behelfe der Anfechtung wegen Irrtums, arglistiger Täuschung oder Drohung (§ 84 Rn 88 ff) werden dadurch nicht berührt. Die Anfechtung vernichtet das Vertragsverhältnis rückwirkend (aber Grundsätze des faktischen Vertrags); die fristlose Kündigung beendet es nicht mit Rückwirkung, sondern erst vom Wirksamwerden der Kündigung ab (ex nunc).

II. Genese und europarechtliche Präformation Die Vorschrift lautet seit 1953 unverändert. Abweichend vom Richtlinienentwurf 1979, 3 der eine ausführliche Regelung der fristlosen Kündigung enthielt, insbes. zum Schadensersatzanspruch bei Fehlen eines wichtigen Grundes, beinhaltet Art. 16 HV-RL 1986 nur den Hinweis, dass Art. 15 HV-RL zur ordentlichen Kündigung nicht die Anwendung der nationalen Vorschriften zur fristlosen Kündigung berührt, solange eine der Parteien ihren Pflichten teilweise oder ganz nicht nachgekommen ist oder außergewöhnliche Umstände eintreten. § 89a ist enger als diese Ausnahmevorschrift und steht daher in Übereinstimmung mit Art. 16 RL. Eine Harmonisierungsvorgabe der EU besteht nur soweit, als Art. 16 RL eine grenzenlose Ausweitung wichtiger Kündigungsgründe über diesen Rahmen hinaus ausschließt.

III. Verhältnis zum BGB § 89a ist lex specialis gegenüber § 314 Abs. 1 (auch im Vertragshändler- und Fran- 4 chiserecht3, dessen Basis die §§ 84 ff bilden) sowie § 626 BGB, jedenfalls im Verhältnis zu dessen Abs. 1. In seinem sachlichen Gehalt entspricht er diesen Bestimmungen jedoch

1 2 3

Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 7. Schröder § 89a Rn 1. Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 294; Prasse MDR

2008, 122 (123); aA OLG Frankfurt, Urt. v. 13.11.2009 – 2 U 76/09, BeckRS 2009, 86480; Giesler ZIP 2004, 744 (§ 314 BGB anwendbar).

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weitgehend, besonders seit der im Zuge des Arbeitsrechts-Bereinigungsgesetzes von 1969 erfolgten Neufassung. Im Einzelnen siehe Vor § 84 Rn 76 f. Zum Verhältnis zum WGG Vor § 84 Rn 34, zur Anfechtung § 84 Rn 88.

IV. Verhältnis zur befristeten Kündigung nach § 89 5

Beide Kündigungen haben gemeinsam, dass sie das HV-Verhältnis beenden. Aber schon die Abwicklung gestaltet sich verschieden – die besonderen Probleme der Auslaufzeit stellen sich bei der fristlosen Kündigung nicht –; auch können die Auswirkungen auf Wettbewerbsabrede und Ausgleichsanspruch unterschiedlich sein; schließlich vermag nur die fristlose Kündigung die Schadensersatzansprüche nach Abs. 2 auszulösen. Eine Umdeutung der nicht fristgerechten ordentlichen Kündigung in eine außerordentliche (fristlose) ist regelmäßig nicht möglich (§ 89 Rn 49), selbst wenn ein triftiger Grund hierfür gegeben wäre; die fristlose Kündigung müsste vielmehr neu und als solche ausgesprochen werden. Werden jedoch einer ordentlichen Kündigung Gründe für eine außerordentliche Kündigung nachgeschoben, kann hierin der Ausspruch einer erneuten fristlosen Kündigung liegen, die mit Zugang der nachgeschobenen Gründe wirksam wird. Der Kündigende muss dafür zu erkennen geben, dass das Vertragsverhältnis nun mit sofortiger Wirkung beendet werden soll 4. Wohl aber ist im Wege der Umdeutung nach § 140 BGB umgekehrt eine fristlose Kündigung, für die es am zureichenden Grunde fehlt, als befristete zum nächstzulässigen Kündigungstermin u.U. aufrechtzuerhalten5. Das gilt jedenfalls, wenn der Kündigende das Vertragsverhältnis eindeutig6 auf jeden Fall und notfalls mit der durch die Kündigungsfrist bedingten Verzögerung zu Ende bringen wollte, wofür der Kündigende im Grundsatz beweispflichtig ist. Das wird als Regel anzunehmen sein7, sofern nicht ausnahmsweise der Wille, ausschließlich außerordentlich zu kündigen, deutlich8 wird. Wenngleich auch in dieser Situation der Kündigende für die Voraussetzungen einer hilfsweisen ordentlichen Kündigung beweispflichtig bleibt, spricht angesichts der – außerordentlichen – Kündigungserklärung und der die ordentliche Kündigung umfassenden TB-Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung eine Vermutung dafür, dass sie hilfsweise eine ordentliche Kündigung enthält und der Kündigende den Vertrag in jedem Fall auch mit ordentlicher Kündigungsfrist beenden wollte. Dieser Wille braucht sich nicht notwendig aus der Kündigungserklärung selbst zu ergeben, sondern kann sich aus den Umständen zeigen. Nur falls der Kündigende keinerlei Interesse an der durch die Kündigungsfrist entstehenden Zwischenphase haben kann oder er das Vertragsverhältnis ausschließlich wegen eines ganz bestimmten Grundes beenden will und sich das Nichtvorliegen dieses Grundes erweist9, ist der dem Kündigungsempfänger obliegende Gegen-

4 5 6 7

Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 49. OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747. BGH DB 1981, 1821. BGH, Urt. v. 12.01.1981 – VII ZR 332/79, DB 1981, 1821; NJW-RR 1992, 1059 (1060); Urt. v. 08.09.1997 – II ZR 165/96, EBE 1997, 349 (350) = EWiR 1998, 203 (Finken); ZIP 1998, 509 (510); ZIP 2000, 539 = EWiR 2000, 519 (Böcker); OLG Karlsruhe DB 1971, 572; OLG Stuttgart BB 1960, 956 (957);

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8 9

OLG Nürnberg BB 1963, 447; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 45; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 34; Hopt § 89a Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 83; Schröder § 89a Rn 20. Vgl. BGH, Urt. v. 12.01.1998 – II ZR 98/96, EBE 1998, 94 (95) = ZIP 1998, 509 (510). OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1191 (1192); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 45; Schröder § 89a Rn 20.

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beweis geführt. Die Gegenmeinung10, derzufolge eine fristlose keine fristgemäße Kündigung enthält, hat zwar die Logik für sich, verkennt aber, dass, wer zu einer fristlosen Kündigung zu schreiten sich veranlasst sieht, im allgemeinen schon deshalb das Vertrauen in eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nachhaltig verloren hat und dass es gerade nicht die Regel sein wird, er werde das Vertrauen ohne weiteres wieder hergestellt sehen, falls der Kündigungsgrund wider Erwarten nicht durchgreifen sollte. Ein solcher Fall mag bei einer völligen Rehabilitierung des Gekündigten denkbar sein; aber kaum noch, wenn es über die Wirksamkeit der Kündigung zum Prozess gekommen ist, die Fronten sich verhärtet haben und der Termin, zu dem die Kündigung als befristete ihre Wirkung zu entfalten geeignet war, im Laufe des Prozesses im allgemeinen längst verstrichen zu sein pflegt. Die als außerordentliche Kündigung unwirksame, als ordentliche Kündigung jedoch wirksame Kündigung enthält im Zweifel den Widerruf der Vollmachten des HV11, soweit dies den Interessen des Unternehmers entspricht12. Jedenfalls ist der mit einer befristeten Kündigung Vorgegangene nicht gehindert, wegen eines während der auslaufenden Vertragszeit neu entstandenen Grundes nunmehr eine fristlose Kündigung nachfolgen zu lassen und damit eine Vorverlegung des Endes des Vertragsverhältnisses zu bewirken13. In aller Regel wird ausdrücklich hilfsweise die ordentliche Kündigung erklärt. Unterbleibt dies trotz anwaltlicher Beratung oder Beratung durch eine Rechtsabteilung, mag in Ausnahmefällen hierin ein „beredtes Schweigen“ zu finden sein – also keine hilfsweise ordentliche Kündigung. Ob in Fällen, in denen die Kündigung begründet werden muss, etwa nach der Kfz-GVO 1400/02, der Wille zur hilfsweisen ordentlichen Kündigung in der Begründung einen Anklang gefunden haben muss, mag diskutiert werden. § 89a spricht, abhebend gegenüber § 89, korrekt von einer Kündigung „ohne Einhal- 6 tung einer Kündigungsfrist“. Der gängige Kurzausdruck „fristlose Kündigung“ ist also ungenau. Ohnehin stellt er auf die Rechtsfolge und nicht auf den Gegensatz zur ordentlichen Kündigung („außerordentliche“) ab. Es gibt auch Kündigungen nach § 89a, die mit der Gewährung einer Auslaufzeit für den Kündigungsgegner verbunden sein können (aus Entgegenkommen), unter Umständen sogar verbunden sein müssen (aus Gründen der Verhältnismäßigkeit); sie mag in Grenzfällen sogar bis zur Dauer der normalen Kündigungsfrist gehen (Rn 48). Entscheidend bleibt immer nur, dass die Kündigung als eine solche ohne Bindung an eine Kündigungsfrist und unter Inanspruchnahme eines wichtigen Grundes ausgesprochen wird. Dass sie stets „fristlos“ sein, d.h. mit einer Beendigung des Vertragsverhältnisses auf der Stelle einhergehen müsse, setzt § 89a nicht voraus.

V. Verhältnis zur aufschiebenden und auflösenden Bedingung Wichtige Kündigungsgründe können nicht frei bestimmt, sondern innerhalb der 7 Grenzen des § 89a (Unzumutbarkeit) lediglich konkretisiert werden. Was nach § 89a keinen wichtigen Kündigungsgrund bildet, kann auch nicht als solcher bestimmt werden. Dieser Grundsatz könnte umgangen werden, wenn unterhalb der Schwelle zum wichtigen Grund liegende Umstände grenzenlos als auflösende Bedingungen vereinbart werden könnten. Allerdings ist es nicht gänzlich unzulässig, auflösende Bedingungen zu vereinbaren. Dazu § 89 Rn 8 f.

10 11 12

Schröder § 89a Rn 19. Hopt § 89a Rn 5. Im Zweifel muss der HV nachfragen.

13

BGH, Urt. v. 20.02.1969 – VII ZR 101/67, LM Nr. 9; OLG München NJW-RR 1998, 1189 (1190); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 4.

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VI. Leistungs- und Unterlassungsklage 8

Der zur außerordentlichen Kündigung Berechtigte braucht nicht zu kündigen. Er darf auch Vertragstreue einfordern und sogar auf diese klagen (ggf. Unterlassungsklage). Er muss dies aber nicht14.

B. Absatz 1 I. Das Vertragsverhältnis 9

Gemeint ist der HV-Vertrag, gleich mit welchem Inhalt. Die Abgrenzung von anderen Verträgen ist wegen eines möglichen Rückgriffs auf § 314 BGB wenig relevant. Das Gesetz spricht in § 89a richtig vom schuldrechtlichen Vertrag als zwischen den Parteien stehendem Band und nicht wie in anderen Vorschriften der §§ 84 ff missverständlich von der rechtlich irrelevanten Person des HV. Die Vorschrift gilt für alle HV-Verträge, ungeachtet ihres rechtstatsächlichen Kleides oder ihrer gleichfalls rechtsirrelevanten „Schutzbedürftigkeit“15, auch für Unter- und Hauptvertreterverträge16 oder auf Lebenszeit geschlossene Verträge17. Gleich stehen die Rechtsverhältnisse HV-ähnlicher Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler-18, Franchise-19 und Kommissionsagentenverträge20. Der Vertrag braucht noch nicht in Vollzug gesetzt sein („begonnen zu haben“)21. Weder ordentliche Kündigung, (bedingte oder befristete) Vertragsaufhebung22 oder eine rechtlich ohnehin irrelevante Probezeit23 (auch wegen unzureichender Leistungen oder Erfolge)24 hindern die außerordentliche Kündigung, in allen Fällen liegt ein außerordentlich kündbares Dauerschuldverhältnis vor. Für einen auf Grund beiderseitiger Einigung faktisch, jedoch unwirksam, in Vollzug gesetzten Vertrag gelten die Grundsätze des faktischen Vertrags (§ 84 Rn 90 f); er wird durch einen unmissverständlichen Hinweis eines Vertragsteils auf seine Nichtigkeit beendet. Einer Kündigung bedarf es hier ebenso wenig wie eines wichtigen Grundes zur Kündigung. Das gilt für alle unwirksamen Verträge.

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AA KG BB 1998, 607 (608); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 16a. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 5. BGH Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, LM Nr. 17; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 5. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 21. Wenn hier eine besonders strenge Zumutbarkeitsprüfung für erforderlich angesehen wird (Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 27), widerspricht dies der Regel, dass eher bei kurzer Frist bis zur ordentlichen Kündigung ein strenger Maßstab gilt. BGH, Urt. v. 05.04.1962 – VII ZR 202/60, NJW 1962, 1107; NJW 1982, 2432; Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 48/92, NJW-RR 1993, 682 (683); Urt. v. 15.12.1993 – VIII ZR 157/92, NJW 1994, 722; OLG Köln NJW-RR 1995, 29; Niebling MDR 1998, 1332; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 5,

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30; Schröder § 89a Rn 1; Stumpf/Jaletzke/ Schultze Rn 647 ff; Ullrich in Martinek/ Semler § 15 Rn 41 ff. KG BB 1998, 607 (608) m. Bespr. Haager NJW 1999, 2081 (2085); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 9; Ullrich in Martinek/ Semler § 21 Rn 15 ff. RGZ 69, 363 (365); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 10. BGH, Urt. v. 06.10.1983 – I ZR 127/81, BB 1984, 237; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 4; Schröder § 89a Rn 16. BAG, Urt. v. 29.01.1997 – 2 AZR 292/96, DB 1997, 1411 = EWiR 1997, 689; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 4. OLG Nürnberg BB 1959, 391; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 4; Schröder § 89a Rn 1. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 4.

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§ 89a

II. Von jedem Teil Das außerordentliche Kündigungsrecht steht jedem Vertragspartner, HV wie Unterneh- 10 mer, zu. Es handelt sich bei § 89a also um keine Schutzvorschrift nur zu Gunsten des HV.

III. Aus wichtigem Grunde Das Vertragsverhältnis kann aus „wichtigem Grunde“ gekündigt werden, d.h. nur aus 11 einem solchem Grunde. Ohne wichtigen Grund gibt es kein Kündigungsrecht aus § 89a. Eine außerordentliche Kündigung ohne wichtigen Grund ist damit wegen Fehlens einer TB-Voraussetzung des § 89a unwirksam25. Das gleiche Ergebnis ergibt sich de facto, falls der Kündigende den wichtigen Grund nicht beweisen kann. Das geschieht nicht selten, denn die zur Begründung der Kündigung genannten Gründe spiegeln oft nicht die wahren Motive wieder, zu denen persönliche Abneigung, bessere Verdienstmöglichkeiten oder der Wunsch eines neuen Vertriebsleiters zählen, mit ihm vertrauten Personen zusammenzuarbeiten. Das häufig andere als die vordergründig angegebenen Gründe Motiv sind, zeigt schon der Umstand, wie gut zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung die nachvertragliche Zeit oft vorbereitet ist: Kaum jemand kündigt außerordentlich, ohne relativ präzise Vorstellungen zur geschäftlichen Zukunft der nachfolgenden Zeit zu haben. Der Kündigende ist vor Ausspruch der Kündigung nicht verpflichtet, nähere Untersuchungen vorzunehmen26 oder den Kündigungsempfänger anzuhören27, sollte dies jedoch tun, da er die Rechtsfolgen einer ohne wichtigen Grund ausgesprochenen Kündigung tragen muss28. Bei dem wichtigen Grund handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt nach der Legaldefinition in § 314 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann29. Wichtiger Grund ist damit jeder tatsächliche oder rechtliche Umstand (Ereignis oder Verhalten), gleich welcher Art, jede Handlung oder Unterlassen, von außen eintretender Umstand oder jedes Verhalten der Vertragspartner, welcher/welches es im Lichte aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Wesen und Zweck des Vertretervertrages sowie der durch den Vertrag begründeten beidseitigen Rechte und Pflichten dem kündigenden Vertragspartner die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu dem im ursprünglichen Vertrag vorgesehenen oder einem durch fristgerechte Kündigung nach § 89 herbeizuführenden Vertragsende unzumutbar macht, weil es trotz Beachtung des Grundsatzes der Vertragstreue, von Treu und Glauben sowie der Billigkeit widerspricht, den Kündigenden am Vertrag festzuhalten30. Wenn nur noch eine kurze Frist bis zum ordentlichen Vertragsende abzuwarten 25

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BGB EBE 1999, 13 (15); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 7a. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 45. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 30. BGH, Urt. v. 13.07.1972 – VII ZR 166/71, WM 1972, 1095. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 19.

30

BGH, Urt. v. 25.11.1998 – VIII ZR 221/97, ZIP 1999, 277; OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.11.2001 – 16 U 149/00, OLGR Düsseldorf 2002, 164; OLG Celle NdsRPfl 1959, 109; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 4.

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ist, sind die Ansprüche an den wichtigen Grund besonders erheblich. Einfache Vertragsverletzungen werden oft keinen wichtigen Grund konstituieren31, ebenso wenig bloße Lästigkeiten32 oder Spannungen33, zumal angesichts der bei schuldhaften Verhaltens des HV harschen Folge des Ausgleichswegfalls nach § 89b Abs. 3 Nr. 234 eine eher enge Auslegung des wichtigen Grundes richtig sein dürfte. Einzelne Vertragsverletzungen muss – gerade bei Fahrlässigkeit – der davon betroffene Partner sanktionslos hinnehmen35, das Erfordernis der Abmahnung nach § 314 BGB (Rn 27 ff) bildet einen ersten Filter, da nach geringen Vertragsverstößen nicht sofort gekündigt werden darf sondern zunächst abgemahnt werden muss. Das Revisionsgericht kann die Entscheidung des Tatrichters über Bestehen oder Nichtbestehen eines wichtigen Grundes nur in beschränktem Umfang nachprüfen36. Es darf überprüfen, ob das Vordergericht seinen rechtlichen Gehalt falsch bewertet hat, also ob der Sachverhalt generell geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu tragen37, oder ob die Vorinstanz von unrichtigen Tatsachen ausging. Die Wertung durch den Tatrichter bindet das Revisionsgericht grundsätzlich. Es kann den festgestellten Umständen kein größeres oder geringeres Gewicht beimessen, als es der Tatrichter für richtig gehalten hat38. Die Prüfung beschränkt sich darauf, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat oder ob im von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat39.

IV. Vor Vertragsende 12

Die außerordentliche Kündigung kann bis zum Vertragsende erklärt werden40. Danach entfaltet sie keine Wirkungen mehr. Ein bereits beendeter Vertrag kann nicht mehr beendet werden. Vor Aufnahme der Tätigkeit kann der bereits geschlossene Vertrag jedoch gekündigt werden.

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BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 4. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 17. Siehe BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 24. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 10; Schröder § 89a Rn 7. BGH, Urt. v. 24.01.1974 – VII ZR 52/73, WM 1974, 350 (351); v. 27.05.1974 – VII ZR16/73, WM 1974, 867 (868); v. 01.11.1980 – I ZR 118/78, WM 1981, 172 (173); v. 26.01.1984 – I ZR 188/81, WM 1984, 556 (558); v. 03.07.1986 – I ZR 171/84, NJW 1987, 57 = WM 1986, 1413 unter II 1; v. 29.03.1990 – I ZR 2/89, ZIP 1990, 1197 (1198); v. 17.12.2008 – VIII ZR 150/07, DB

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2009, 341 (LS) = WRP 2009, 326; v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 31 = EWiR 2011, 219 (Möller). BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 31; Urt. v. 26.01.1984 – I ZR 188/81, WM 1984, 556 (558); Hopt § 89a Rn 12. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 31. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 31; v. 17.12.2008 – VIII ZR 159/07, DB 2009, 341 (LS) = WRP 2009, 326 Rn 24; Urt. v. 03.07.1986 – I ZR 171/84, WM 1986, 1413 unter II 1. Die Frage, ob nach Vertragsende noch außerordentlich gekündigt werden kann lassen Salomon/Wegstein BB 2010, 339 (340) offen.

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V. Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung 1. Abwägung. Leitgedanke für die Bejahung des wichtigen Grundes ist eine doppelte 13 Zumutbarkeitsprüfung41: Dem Kündigenden darf es nicht zuzumuten sein, das konkrete Vertragsverhältnis bis zum frühestmöglichen ordentlichen Vertragsende fortzusetzen (Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung)42 und ihm darf darüber hinaus nicht zumutbar sein, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten (zeitliche Unzumutbarkeit). Nach Abwägung aller Umstände muss das Interesse des Kündigenden an einem sofortigen Vertragsende das Interesse des Vertragspartners an der Vertragsfortsetzung überwiegen43. Diese Frage kann nur aus einer umfassenden Sicht aller dafür und dagegen sprechenden Gegebenheiten des Einzelfalles entschieden werden44, das Revisionsgericht kann sie nur so beschränkt überprüfen wie generell die Frage der Existenz eines wichtigen Grundes45. Gerade im Bereich des Franchising werden an das Vorliegen eines wichtigen Grundes hohe Anforderungen gestellt, und zwar wegen der regelmäßig langen Vertragslaufzeit, der hohen wirtschaftlichen, oft existenziellen Bedeutung des Vertrages sowie der engen und partnerschaftlichen Zusammenarbeit46. Die Möglichkeit einer Freistellung des HV47 oder einer Fortsetzung des Vertrages zu angepassten Bedingungen48 ist regelmäßig nicht in die Interessenabwägung einzubeziehen, selbst wenn dem Unternehmer beides freisteht und er es auch anbietet. Besonders günstige Vertragsbedingungen erfordern strengere Maßstäbe an die Loyalität des HV und können schon Verstöße als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung rechtfertigen, die es unter anderen Umständen noch nicht wären. Eine langjährige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit einem HV, der mit gutem Erfolg für das Unternehmen tätig gewesen ist, kann andererseits auch einen einmaligen, schwerer wiegenden Verstoß gegen seine Vertragspflichten in milderem Licht und es dem Unternehmer zumutbar erscheinen lassen, das Vertragsverhältnis gleichwohl fortzusetzen49. Erst recht gilt das, wenn der vom Unternehmer als schwerwiegend angesehene Grund nicht einmal auf Verschulden des HV beruht50.

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OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 14. BGH BB 1960, 381. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 18. BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJWRR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103; BGH WM 1974, 350 (351); WM 1981, 172 (173); Urt. v. 17.12.1998 – I ZR 106/96, EWiR 1999, 303 = NJW 1999, 1177 m. Anm. Martinek; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 12, 14, 15, 26; Schröder § 89a Rn 7, 7a. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 31.

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Vgl. KG Berlin, Urt. v. 21.11.1997, DB 1998, 607 ff; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 336. BAG ZIP 1999, 1368 (1372); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 17. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 18. BGH DB 1978, 1882: erprobter und erfolgreicher HV vernachlässigt in einem Einzelfalle seine Berichtspflicht, woran sich eine harte Auseinandersetzung anschließt; kein berechtigter Grund für fristlose Kündigung, auch wenn der HV sich im Ton vergreift; ähnlich BGH DB 1981, 1772 – Nichtbefolgen einer Weisung. OLG Karlsruhe BB 1957, 561: HV, der viele Jahre hindurch unter vollem Einsatz gute Ergebnisse gebracht hatte, lässt im Alter nach: Absinken der Ergebnisse noch kein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung.

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Die Gesamtbetrachtung rechtfertigt es, mehrere Umstände, die je für sich allein eine fristlose Kündigung nicht tragen würden, im Zusammenhang zu sehen, falls sie in ihrer Summierung es dem Unternehmer nicht länger zumutbar machen, das Vertragsverhältnis fortzusetzen51. Entscheidend ist der zuletzt eingetretene Umstand. Jedoch dürfen die zurückliegenden Kündigungsgründe in die Gesamtabwägung einbezogen werden, wenn sie für sich allein nicht ausreichend waren, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, längere Zeit zurückliegen und verfristet sind52. Immer aber muss zumindest ein nicht verfristeter und – falls erforderlich – erfolglos abgemahnter Umstand vorliegen, der jedenfalls im Zusammenwirken mit den weiteren Gründen in der Zusammenschau einen wichtigen Grund bildet53. Entweder ist es dann der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt oder der früher aufgetretene Umstand, für den das Kündigungsrecht nicht mehr besteht, wird zur Unterstützung des nunmehr maßgeblichen Ärgernisses herangezogen, um es in das rechte Licht zu rücken und damit den wichtigen Grund herzustellen54. Genügt einer der Kündigungsgründe für sich, kann sich der Kündigende zur Begründung seiner Kündigung auf jenen beschränken55. Nicht vom Gekündigten verschuldete, jedoch aus seiner Risikosphäre herrührende Gründe geben zu einer besonders sorgfältigen Interessenabwägung und strengen Zumutbarkeitsprüfung Anlass56. Löwisch in: Ebenroth, § 89a Rn 27 m.w.N.57 bildet die nachfolgend wiedergegebene Prüfungsliste von Abwägungskriterien, welche im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen sind und auf die verwiesen wird: Art, Schwere, Gewicht und Dauer einer dem Gekündigten anzulastenden Vertragsver15 letzung oder Störung des Vertragsverhältnisses; Vorgeschichte der Kündigung und ihr Anlass; Veranlassung/Herbeiführen des Kündigungsgrundes (ggf. in schuldhafter Weise) durch eine Vertragspartei oder Zuordnung des Kündigungsgrundes zu ihrer Risikosphäre, insb. Mitverursachung oder Mitverantwortung des Kündigenden oder eines seiner Risikosphäre zuzuordnenden Dritten für den die Kündigung auslösenden Anlass; längere Vorhersehbarkeit des Kündigungsgrundes; frühere Vertragsverletzungen des Gekündigten sowie erfolglos gebliebene Abmahnungen; früheres Verhalten des Kündigenden bei ähnlichen Störungen im Vertragsverhältnis, welche nunmehr die fristlose Kündigung rechtfertigen sollen, sowie ein möglicherweise bei dem Betroffenen durch frühere Reaktionen des Kündigenden begründetes Vertrauen auf eine mildere Sanktion bei künftigen Vorfällen ähnlicher Art; Verhalten des Kündigenden bei vergleichbaren Vorkommnissen, auch anderer Vertragspartner; eigene Vertragsuntreue des Kündigenden vor oder nach Ausspruch der Kündigung; Verhalten des Kündigenden nach Kenntnis des Kündigungsgrundes, welches Aufschluss darüber geben kann, wie wichtig er den Anlass tatsächlich nimmt, besonders die Dauer einer zum Abstellen vertragswidrigen Verhaltens eingeräumten Frist oder der Ausspruch einer zunächst lediglich ordentlichen anstelle

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BGH, Urt. v. 24.03.1959 – VIII ZR 39/58, NJW 1959, 1219 = BB 1959, 540 (544); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; KG BB 1998, 607 (608, 609); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 11; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 9. BGH BB 1959, 540 (541); BGH BGHR BGB

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§ 242 Kündigung – wichtiger Grund 11; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 25; Schröder § 89a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 11. Schröder § 89a Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 31. So auch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920.

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einer fristlosen Kündigung; Dauer der Übergangszeit bis zum Wirksamwerden einer bereits oder unverzüglich zum nächstmöglichen Zeitpunkt ausgesprochenen ordentlichen Kündigung; je kürzer diese ist, desto eher mag eine Vertragsfortsetzung zumutbar sein; zu vergleichen sind dabei die gesamte Vertragsdauer im Verhältnis zu der noch ausstehenden Vertragszeit bis zum nächstmöglichen Beendigungszeitpunkt; die mit einer Fortsetzung des Vertrags für die Übergangszeit verbundenen, im Zeitpunkt der Kündigung für den Kündigenden voraussehbaren Vor- und Nachteile beider Parteien einschließlich ihrer vermögensrechtlichen Folgen; die Auswirkungen einer fristlosen Kündigung für den Gekündigten im Vergleich zu den Folgen einer ordentlichen Kündigung; die besondere Schutzbedürftigkeit einer wirtschaftlich unterlegenen oder von der Gegenpartei wirtschaftlich abhängigen Vertragspartei, wie es besonders bei dem Einfirmenvertreter nach § 92a der Fall sein kann; die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses im Einzelnen; die Gewährung besonderer vertraglicher Leistungen oder Rechte kann die Anforderungen an die Unzumutbarkeit ebenso herabsetzen wie die Übernahme besonderer Pflichten durch den zu Kündigenden zu erheblich strengeren Anforderungen an eine Unzumutbarkeit führen kann; Art und Weise sowie Dauer der bisherigen Zusammenarbeit der Parteien; einen erst kurze Zeit bestehenden oder bereits vielfachen Störungen ausgesetzten Vertrag fortzusetzen kann in geringerem Maß zumutbar sein als ein langjähriges, vertrauensvoll und bislang weitgehend reibungsfrei abgewickeltes Vertragsverhältnis; die bisherigen Leistungen des zu Kündigenden, besonders sofern sie über einen längeren Zeitraum einwandfrei erbracht wurden; besondere Verdienste des zu Kündigenden um die Gegenpartei in der Vergangenheit; die Ausgestaltung der persönlichen Beziehungen der Vertragsparteien in der Vergangenheit; das Gegenüberstehen von HV und Unternehmer als selbständige Kaufleute ohne Vorliegen eines Arbeits- oder typischen Dienstverhältnisses i.S.v. § 611 BGB, weswegen von der Rechtsprechung zu § 626 BGB entwickelte Abwägungskriterien nicht ohne weiteres übernommen werden dürfen; Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Jedes dieser Kriterien ist im Einzelfall zu würdigen, wobei einzelne Kriterien nach der Natur des Vertragsverhältnisses stärkere oder schwächere Bedeutung haben können. 2. Objektiver Tatbestand. Es muss objektiv ein wichtiger Grund vorliegen. Der wich- 16 tige Grund muss also tatsächlich existieren58. Das ist der erste Prüfungsmaßstab. Häufigster Kündigungsgrund sind Vertragsverletzungen. Das Vertrauensverhältnis kann aber auch durch Umstände zerstört werden, die keine Vertragsverletzungen darstellen59. Zu untersuchen ist dies anhand des Verständnisses eines durchschnittlichen Marktteilnehmers unter Berücksichtigung aller tatsächlich vorliegenden Tatsachen, selbst wenn sie dem Kündigenden unbekannt sein sollten60. Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes müssen im Zeitpunkt der Kündigungserklärung61 objektive Tatsachen vorliegen, die eine Fortsetzung des Vertrages bis zum frühestmöglichen ordentlichen Kündigungstermin nach § 89 oder einer ggf. wirksam vereinbarten Kündigungsfrist oder Befristung ausschließen62. Dabei sind keine engeren oder großzügigeren Maßstäbe als im Arbeitsrecht

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 8; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 17; BAG MDR 1997, 1130.

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 7. BGH EBE 1999, 13 (15, 16); OLG Koblenz, Urt. v. 22.03.2007 – 6 U 1313/06, NJW-RR 2007, 1044 (1045).

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anzulegen. Was zumutbar ist bestimmt sich nach den Verhältnissen des konkreten Vertrages. Die Art der in die Abwägung einzubeziehenden Tatsachen ist irrelevant. Selbst im Falle einer Änderungskündigung mag objektiv ein wichtiger Grund vorliegen; er wird durch das Angebot zur Vertragsfortführung nicht widerlegt, sofern erst der geänderte Vertrag dessen Fortführung zumutbar macht (Beispiel: Änderung der Zahlungsbedingungen bei Insolvenz des Vertragshändlers)63. Maßgeblich ist meist ein Verhalten des Gekündigten, Musterbeispiel ist die bereits erwähnte, erhebliche Vertragsverletzung. Ebenso kommt aber auch ein Verhalten des Kündigenden64 (Paradigma: Produktionseinstellung, Betriebsaufgabe), eines Dritten65 (Einstellung der Belieferung durch den Dritten66; falls der faktisch in das Vertragsverhältnis eingeschaltete Ehemann einer Vertragshändlerin in einer eidesstattlichen Versicherung zu einem Eilverfahren schwerwiegende Vorwürfe gegen den Geschäftsführer des Herstellers erhebt, die ein gedeihliches Zusammenwirken der Parteien nicht mehr erwarten lassen67), von Hilfspersonen der Parteien, zuvörderst aber das Verhalten der Parteien selbst in Betracht. Die Umstände brauchen noch nicht einmal aus dem Risikobereich der Parteien zu stammen68. Wichtige Gründe sind auch objektive, von keiner Vertragspartei zu beeinflussende Umstände69. Beispiele: Zerstörung der Produktionsanlagen durch Naturgewalt, Tod einer Schlüsselperson. Hier ist aber immer die Frage der Verhältnismäßigkeit der Kündigung im Lichte der wechselseitigen Treupflichten sorgsam zu untersuchen. Regelfall ist, dass die Parteien gemeinsam versuchen, aus der Krise zu schreiten. Nicht zu fordern ist, dass ein als wichtiger Grund geltend gemachtes Verhalten des Unternehmers sich unmittelbar gegen die Person oder die wirtschaftlichen Interessen des HV richtet; jener darf die fristlose Kündigung auch darauf stützen, dass der Unternehmer den Kunden gegenüber die sittliche Pflicht, seine Geschäfte ehrenhaft, redlich und nach den Grundsätzen eines ehrbaren Kaufmanns zu führen, z.B. durch Hergabe von Schmiergeldern, verletzt70.

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3. Bedeutung der verbleibenden ordentlichen Vertragsdauer. Umstritten ist, welche Bedeutung die Länge der ordentlichen Kündigungsfrist für die Bewertung des wichtigen Grundes einnimmt. Einerseits könnte vertreten werden, dass bei Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts, einer sehr langen ordentlichen Kündigungsfrist oder einer langjährigen Befristung des Vertrages an das Vorliegen eines wichtigen Grundes besonders hohe Anforderungen zu stellen sind71. Die 20-jährige Laufzeit des Vertrages hatte das KG in der Burger-King-Entscheidung72 als Argument für hohe Anforderungen an den wichtigen Kündigungsgrund angesehen: Der Franchisegeber müsse in diesem Fall einen mehrwöchigen Zahlungsverzug hinnehmen. Möglich ist aber auch eine gegenteilige Beurteilung: Ansonsten hinnehmbare Störungen des Vertrauensverhältnisses könnten sich bei langjähriger Gebundenheit besonders störend auswirken und daher eine Kündigung

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Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 7; Schröder § 89a Rn 9; aA BGH LM Nr. 17 Bl. 3 R. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 7. OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339 = EWiR 1999, 1175 (Emde). BGH, Urt. v. 30.06.1987 – KZR 7/86; BGHR BGB § 242 Kündigung – wichtiger

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Grund 4; BAG, Urt. v. 21.01.1999 – 2 AZR 665/98, BB 1999, 1819 (zu § 626 BGB); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 13; Schröder § 89a Rn 5. RGZ 58, 256. RGZ 77, 96. BGH BB 1979, 142. KG Berlin, Urt. v. 21.11.1997, DB 1998, 607 ff.

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„erst recht“ begründen73. Dieser letzten Auffassung dürfte eher zuzustimmen sein, da sie der Systematik der Kündigungsgründe am ehesten gerecht wird. Es kommt immer darauf an, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist, was bei ausgedehnten Fristen eher weniger anzunehmen sein wird. Man wird mithin nicht argumentieren können, aus langen Kündigungsfristen ließe sich schließen, dass auch an die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung höhere Maßstäbe anzulegen sind74. Als Grundregel gilt daher: Je kürzer die verbleibende Vertragsdauer, umso höhere Anforderungen sind an den wichtigen Grund zu stellen. Teilweise wird diese Regel umgekehrt, etwa bei der Kündigung von Verträgen auf Lebenszeit75, was eigentlich inkonsequent, jedoch durch die Besonderheiten des auf langfristige Bindung angelegten Vertrages gerechtfertigt sein mag (aber § 624 BGB). Eine Vertragsauslegung kann ergeben, dass die Langfristigkeit des Vertrages auch dem Schutz des Mittlers vor außerordentlichen Kündigungen dienen soll. Im Falle eines solchen Verständnisses mögen sich die für und gegen das außerordentliche Kündigungsrecht streitenden Momente bei langwieriger ordentlicher Kündigungsfrist oder langjährig unkündbarem Vertrag aufheben. 4. Zeitpunkt des Eintritts des wichtigen Grundes. Der Zeitpunkt, zu dem der wichtige 18 Grund objektiv eintritt, ist grundsätzlich kein rechtsrelevanter Umstand. Es darf jedoch kein zu langer Abstand zwischen Kenntnis des Kündigungsgrundes und Kündigungserklärung liegen (Rn 38 ff). Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass der wichtige Grund erst im Laufe des Vertragsverhältnisses entstanden sein muss. Auch vorvertragliche Umstände können, wenn sie später bekannt werden, vorbehaltlich der Möglichkeit einer Anfechtung des Vertrages wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung geben76. So kann eine fristlose Kündigung etwa infolge einer Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten oder einer Täuschung bei Vertragsschluss gerechtfertigt sein. Dass eine Offenbarungspflicht des HV insoweit bestand, wird nicht vorauszusetzen sein, wie denn überhaupt Verschulden nicht wesentlich ist. Umstände indessen, die dem Kündigungswilligen bei Abschluss des Vertrages bekannt waren, hat er in Kauf genommen und kann sie jetzt nicht als wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung verwenden. Nicht erforderlich ist, dass ein Schaden für den Kündigungswilligen entstanden ist77. Dies mag aber ein abwägungsrelevanter Umstand sein. Auf Gründe, welche nach Zugang der außerordentlichen Kündigung entstanden sind, darf die zuvor ausgesprochene Kündigung nicht gestützt werden78, es sei denn, dass der neue Umstand nicht als eigenständiger Kündigungsgrund herangezogen wird, sondern lediglich einen früheren Kündigungsgrund erläutern und verständlicher machen soll79. Es darf jedoch eine neue Kündigung wegen dieses Grundes erklärt werden.

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LG Frankfurt/Main BB 1966, 499; Westphal II Rn 591. So aber Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; vgl. auch Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 11. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 13; Schröder § 89a Rn 6.

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BGH, Urt. v. 05.02.1959 – II ZR 107/57, BGHZ 29, 275 (276) = NJW 1959, 275 (276); WM 74, 350 (351); OLG Nürnberg BB 1960, 596. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 71; Schröder § 89a Rn 14c. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 9.

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5. Subjektiver Tatbestand, insbes. Verschulden. Subjektiv muss der Kündigende das zur Kündigung leitende Verhalten als besonders erheblich empfunden haben. Es genügt also nicht allein das objektive Vorliegen des Umstandes. Hinzukommen muss die korrespondierende persönliche, subjektive Betroffenheit, nicht anders als beim Zusammenwirken objektiver und subjektiver TB im Strafrecht. Diese Betroffenheit wird regelmäßig durch die objektiven Umstände in Zusammenhang mit ihrer Benennung als Kündigungsgrund indiziert, falls ein durchschnittlicher Marktteilnehmer sie subjektiv als erheblich empfinden würde. Weder reicht also allein der objektive TB noch der subjektive TB80. Dem Verhalten des Kündigenden nach Kenntnis des vermeintlichen Kündigungsgrundes und seiner anschließenden Reaktion lässt sich oft entnehmen, wie schwerwiegend er die Störung bewertet81. Nimmt der Kündigungsberechtigte die Tatsachen etwa als Anlass, Vertragsänderungen durchzusetzen, wird er den Kündigungsgrund als eher weniger schwerwiegend empfunden haben82. Ist der Kündigende besonders unempfindlich und hat er trotz objektiver Erheblichkeit 20 in der Vergangenheit vergleichbare Vorkommnisse nicht zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung genommen, so ist sie auch jetzt unzulässig. Für diesen Ausnahmefall ist der Kündigungsempfänger beweispflichtig. Der Kündigende kann mithin durch seine Reaktion auf einen TB, der objektiv gesehen eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde, darauf schließen lassen, dass er selbst ihn nicht als so schwerwiegend empfindet83 (Selbstwiderlegung des wichtigen Grundes) – das kann (Auslegungsfrage!) auch dadurch zum Ausdruck kommen, indem er ordentlich kündigt (Rn 54) bzw. diesen Grund in einer mit anderen Umständen begründeten fristlosen Kündigung nicht nennt –, oder er ihn „verziehen“ hat, d.h. daraus dem HV gegenüber keine Folgerungen mehr herleiten will und Derartiges auch zum Ausdruck gebracht hat. Auf solche Umstände kann dann eine fristlose Kündigung im Nachhinein nicht mehr gestützt werden. Sie können höchstens noch als Illustrationsfakten zur Stützung später eingetretener Kündigungsgründe verwendet werden. Der Kündigende darf seine Empfindlichkeitsschwelle auf das objektiv angemessene Maß senken, wenn es hierfür nachvollziehbare Gründe gibt – etwa Wechsel des Entscheidungsträgers beim Unternehmer, Wettbewerbssituation, Ausnutzen des Langmuts des Unternehmers. Aus der Tatsache allein, dass der Kündigende innerhalb der dafür als angemessen angesehenen Frist (Rn 38 ff) mit dem Ausspruch der Kündigung zunächst gewartet hat, können meist auf seine innere Einstellung zu dem Geschehen keine Schlüsse gezogen werden. Denn eine gewisse Entschließungsfrist zur vorherigen Überlegung und Abklärung muss ihm zugebilligt werden (Rn 38 ff). Es genügt die nachhaltige Erschütterung des Vertrauens in die Loyalität des anderen Teils84. Ein Verschulden des Kündigungsgegners an der Entstehung der Umstände, die als 21 wichtiger Grund die fristlose Kündigung rechtfertigen, ist nicht vorausgesetzt. Insoweit können objektive Gegebenheiten genügen, um die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses dem Vertragspartner unzumutbar werden zu lassen. So z.B. eine nicht verschuldete Insolvenz des HV infolge von Kettenzusammenbrüchen, oder eine bei dem HV ausgebrochene geistige Erkrankung, wenn die Heilungsaussicht auf absehbare Zeit als ausgeschlossen

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 24; Schröder § 89a Rn 8.

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OLG Nürnberg BB 1963, 447; Westphal II Rn 593. OLG München VersR 1957, 92. BGH BB 1956, 136.

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angesehen werden darf. Der Grund kann sogar in der eigenen Sphäre des Kündigenden liegen. Doch geben „selbst geschaffene“ betriebliche Einschränkungen und Betriebsstillegungen dem Unternehmer in der Regel keinen wichtigen Grund, daraufhin dem HV fristlos zu kündigen85. Der Unternehmer wird sich in solchen Fällen auf eine befristete Kündigung beschränken müssen. Da kein Verschulden gefordert ist, wird eine fristlose Kündigung selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn den Kündigenden selbst eine Mitverantwortlichkeit für das Entstehen des den wichtigen Grund abgebenden TB trifft86. Das gilt nicht in Extremfällen: Die eigene Vertragsuntreue kann dann die Kündigung wegen Verstößen des anderen Teils hindern, d.h. sofern diese nicht so gewichtig sind, dass die Fortsetzung trotz der eigenen Vertragsuntreue unzumutbar bleibt87. Haben z.B. beide Parteien schuldhaft die Vertragsgrundlage zerrüttet, so mag die Würdigung aller Umstände ergeben, dass der Vertragsteil, welcher die Zerrüttung überwiegend verschuldet hat, nicht wegen Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrags fristlos kündigen darf88. Dies gilt insbesondere, falls der Vertrag ohnehin in absehbarer Zeit (hier: zehn Wochen) beendet wird89. Die Mitverantwortlichkeit kann über § 254 BGB bei der Bemessung des Schadensersatzes nach Abs. 2 ins Gewicht fallen (Rn 64). Dass die Frage des Verschuldens für den Verlust des Ausgleichsanspruchs oder der Karenzschädigung (§ 89b Abs. 3 Ziff. 2, 90a Abs. 2 S. 2) oder für die Berechtigung des HV, sich von einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot loszusagen (§ 90a Abs. 3), eine Rolle spielt, liegt auf anderem Felde. 6. Verdachtskündigung. Nach den Grundsätzen der arbeitsrechtlichen Verdachtskündi- 22 gung kann ausnahmsweise der dringende Verdacht eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung ausreichen90, falls ihn hinreichend sichere Anhaltspunkte untermauern, der Kündigende alles ihm Mögliche und Zumutbare zur Sachaufklärung unternommen hat91, ein Abwarten bis zur endgültigen Klärung weder möglich noch zumutbar und der zu Kündigende vor Ausspruch der Kündigung angehört worden ist92. Die Aufklärungspflicht des Unternehmers vor Ausspruch der Kündigung hat Grenzen. Nicht aufgeklärte belastende Umstände hat der HV hinzunehmen93, wenn er an der Aufklärung schuldhaft nicht mitwirkt. Auch darf außerordentlich gekündigt werden, sofern etwa die Kunden die Zusammenarbeit mit einem unter Verdacht stehenden HV oder Unternehmer

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Schröder § 89a Rn 10. BGH BB 1960, 381. BGHZ 44, 275; BGH BB 1959, 541; HVR Nr. 211; WM 1992, 313; OLG Hamm HVR Nr. 878; Hopt § 89a Rn 8. BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek). BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek). BGHZ 29, 275 (276); BGH, Urt. v. 09.01.1967 – II ZR 226/64, BB 1967, 229; BAG, Urt. v. 07.04.1956 – 2 AZR 340/55, DB 1956, 427; Urt. v. 18.11.1999 – 2 AZR 743/98, ZIP 2000, 762 (764); OLG Köln, Urt. v. 16.04.2010 – 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056; LAG Berlin GmbHR 1997, 839; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 13.11.2009 –

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2 U 76/09, MDR-Report 23/2009, R 13 = BeckRS 2009, 86480 (Franchiserecht); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2011; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 8; vgl. Becker-Schaffner DB 1987, 2148, Lücke BB 1997, 1842; BB 1998, 2259; ablehnend Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 369. Ist dies nicht der Fall, scheidet eine Kündigung aus, siehe OLG Köln, Urt. v. 16.04. 2011 – 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056. BAG, Urt. v. 20.08.1997 – 2 AZR 620/96, BB 1997, 2484; Urt. v. 18.09.1997 – 2 AZR 36/97, DB 1998, 136; ZIP 2000, 762 (764); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 8; Lücke BB 1997, 1842 (1843, 1844); BB 1998, 2259. BGH BB 1959, 541; Hopt § 89a Rn 20.

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verweigern94. Eine derart ausgesprochene Verdachtskündigung steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Nichtbestätigung des erhobenen Vorwurfs. Allerdings muss der Kündigende den Vertrag mit dem Kündigungsempfänger – sofern möglich – wieder aufnehmen, wenn der Verdacht ausgeräumt wird. Der Gekündigte kann jedoch im Verfahren um die Aufklärung des Verdachts, etwa durch fehlende Mitwirkung bei der Aufklärung oder Schweigen, einen von der eigentlichen Verdachtskündigung unabhängigen wichtigen (ausgleichsvernichtenden – § 89b Abs. 3 Nr. 2) Kündigungsgrund setzen, mit der Folge dass auch deshalb das Vertrauen in einer zur Kündigung berechtigenden Weise entfällt95. Beispiel: Ein FN hat beim FG Spendensammelbehälter bestellt, jedoch keine Spenden abgeführt und äußert sich auf Nachfragen nicht zu deren Verbleib96.

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7. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf bei dem schwerwiegenden Eingriff, den die fristlose Kündigung für die andere Vertragspartei, meist den HV, darstellt, nicht unbeachtet bleiben. Das betrifft zum einen die Frage, ob dem Unternehmer nicht gleichwohl zuzumuten ist, die Lösung des Vertragsverhältnisses, wenn sie schon unausweichlich erscheint, jedenfalls bis zum nächstzulässigen ordentlichen Kündigungstermin hinauszuschieben, d.h. sich auf eine befristete Kündigung zu beschränken97. Das ist etwa bei kurzer, verbleibender Vertragsdauer der Fall98. Ferner können die soziale Lage des HV, die Ergebnisse seines bisherigen Einsatzes, seine Bereitschaft zur Einsicht (falls ihn ein Vorwurf schwereren Grades trifft) Bedeutung gewinnen. Stellt ein Partner als Reaktion auf die Vertragsverletzung der Gegenseite lediglich in Aussicht, Nebenleistungen nicht erbringen zu wollen, kann darauf allein die fristlose Kündigung des in zehn Wochen endenden Vertrages nicht gestützt werden99. Ist der Mittler in ein Absatzsystem einbezogen, welches nur funktionieren kann, wenn die Leistung jedes Partners flächendeckend angeboten werden, darf bei der Beurteilung der Frage, ob ein Mittler (hier: ein Franchisenehmer) zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt ist, nicht unberücksichtigt bleiben, dass das plötzliche Ausscheiden aus dem System zwangsläufig zu einer erheblichen Gefährdung der Grundlage des Gesamtsystems führen muss100. Sucht der Unternehmer zielstrebig einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung, der ansonsten nicht aufgefallen wäre, ist dieses Vorgehen im Rahmen der bei jeder fristlosen Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung zu berücksichtigen und kann zur Unwirksamkeit der Kündigung leiten101. Besteht ein HV-Vertrag zwischen mehreren Schwesterunternehmen mit identischen Geschäftsführern, so sind alle Schwesterunternehmen zur fristlosen Kündigung der von ihnen geführ-

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BGHZ 29, 275 (276); BGH, Urt. v. 30.03.1995 – IX ZR 182/94, EBE 1995, 159 (160); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 8. Siehe etwa OLG Frankfurt/M., Urt. v. 13.11. 2009 – 2 U 76/09, MDR-Report 23/2009, R 13 = BeckRS 2009, 86480 (Franchiserecht); aA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 8. OLG Frankfurt/M., Urt. v. 13.11.2009 – 2 U 76/09, MDR-Report 23/2009 R 13 = BeckRS 2009, 86480. BGH VersR 1959, 887; OLG München VersR 1957, 97. BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek).

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BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek). BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek). OLG Köln, Urt. v. 04.11.2002 – 19 U 38/02, NJW-RR 2003, 398 = EWiR 2003, 257 (von Hoyningen-Huene): Der Unternehmer hatte mit detektivischen Mitteln einen Abrechnungsbetrug nachgewiesen. Bei guter geschäftlicher Zusammenarbeit wäre keine Prüfung der Abrechnung erfolgt und das Vertrauensverhältnis nicht zerstört worden.

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ten Verträge berechtigt102. Ein Versicherungsunternehmen darf einen Versicherungsvertretervertrag außerordentlich für alle Sparten kündigen, selbst wenn der HV lediglich ein auf die Lebensversicherung begrenztes Wettbewerbsverbot verletzt103. 8. Vereinbarung eines wichtigen Grundes. Den Parteien ist es unbenommen, durch 24 Vereinbarung zu konkretisieren, was als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung gelten soll. Jedoch darf durch eine Häufung von solchen „Kündigungstatbeständen“ nicht die zwingende Natur des § 89 über Kündigungsfristen ausgeschaltet werden104 (Im Einzelnen Rn 49 ff). Immer müssen die festgesetzten Kündigungsgründe bei objektiver Würdigung als „wichtige“ anerkannt werden können105. Das führt dazu, dass der Vereinbarung wichtiger Gründe zwar bei Verhandlungsparität (aber nur dann!) Anhaltspunkte entnommen werden können, was die Parteien als wichtigen Grund ansahen, jedoch nicht mehr (siehe auch Rn 51). In der Praxis sind solche Auslegungsmaßstäbe weitgehend unbehelflich, weil immer ein wichtiger Grund vorliegen muss. Das gilt insbesondere, wenn sie – wie bei AGB – nicht das Verhandlungsergebnis sondern nur die Vorstellungen des Unternehmers wiedergeben. Strittig ist, ob bei Vorliegen eines vertraglich vereinbarten wichtigen Grundes im Ein- 25 zelfall noch eine Interessenabwägung stattzufinden hat oder die Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung in diesem Fall ohne eine solche Interessenabwägung feststeht (dazu Rn 49 betreffend die Unabdingbarkeit). 9. Kasuistik. Jeder Fall ist für sich zu betrachten. Eine schematische Übertragung ver- 26 bietet sich bereits deshalb, weil es jeweils auf die subjektive Betroffenheit und die Verhältnismäßigkeitserwägungen des Einzelfalls ankommt. Zu beachten ist stets, dass es weniger auf tatsächliche Schädigungen als darauf ankommt, ob für den Kündigenden aus dem Standpunkt vernünftigen, branchenüblichen Ermessens betrachtet die Befürchtung gerechtfertigt erscheinen musste, dass seine Belange gefährdet seien106. Deshalb kann Versuch wie Vollendung Anlass einer außerordentlichen Kündigung sein. „Ja“ bedeutet: Kündigung nach § 89a zulässig, „Nein“: Kündigung nach § 89a unzulässig: – Unbegründete Ablehnung von Aufträgen: Ja für den HV, jedenfalls bei wiederholter Ablehnung. Der Unternehmer ist grds. nicht verpflichtet, jedes vom HV vermittelte Geschäft abzuschließen (unternehmerische Dispositionsfreiheit)107. Der Unternehmer darf Aufträge ablehnen, ohne dass der HV deshalb außerordentlich kündigen dürfte, sofern der Unternehmer die Grenzen seiner Dispositionsfreiheit nicht überschreitet, insb. nicht willkürlich handelt oder sachliche Gründe für die Ablehnung besitzt. Wiederholte Ablehnung ohne ersichtlichen Grund oder mit Willkür berechtigen jedoch zur außerordentlichen Kündigung108; – Ablehnung von Bestellungen durch den Hersteller bei Vertragshändlertätigkeit: Ein Kündigungsrecht besteht, wenn die Ablehnung ohne vertretbaren Grund erfolgt109. 102 103

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OLG Bremen, Urt. v. 30.03.2006 – 2 U 115/05, OLGR 2006, 489. OLG Frankfurt/Main, Beschl. v. 15.10.2003 – 1 U 159/03, VersR 2005, 940. Die Kündigung führt gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 zum Verlust des Ausgleichsanspruchs. Schlegelberger/Schröder § 89a Rn12. OLG München BB 1956, 20. RGZ 148, 57; BGH DB 1956, 136; Urt. v. 17.10.1991 – I ZR 248/89, NJW-RR 1992,

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481 (482); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 53. BGH, Urt. v. 17.10.1960, BB 1960, 1221 = DB 1960, 1359; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1831; vgl. auch Steindorff ZHR 67, 82; Schröder DB 1958, 43 (47). Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1832; Hopt § 87 Rn 10. BGH BB 1972, 193; Ullrich in: Martinek/ Semler § 15 Rn 43; Westphal II Rn 625.

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Auch die sachlich gebotene wiederholte Ablehnung von Bestellungen kann den Händler zur außerordentlichen Kündigung berechtigen, falls sie ein wirtschaftlich existenzgefährdendes Ausmaß erreicht110; wiederholte unberechtigte Abmahnungen: Ja; abträglicher böser Schein: U.U. können erhebliche strafrechtliche Vorwürfe, selbst wenn sie nicht beweisbar sind, aber in der Kundschaft ein nicht ausräumbares Misstrauen gegen die Integrität des HV geweckt haben, einen Grund zur fristlosen Kündigung abgeben; überhaupt ein kompromittierendes Strafverfahren, auch sofern es mit Außerverfolgungssetzung geendet hat111; ebenso der Anschein eines Wettbewerbsverstoßes112; Verweigerung der Abrechnung nach § 87c Abs. 1: Ja für den HV, ebenso die ständige falsche oder unverständliche Abrechnung113, nicht jedoch eine nur gelegentlich vorkommende verspätete Abrechnung oder eine auf Irrtum beruhende Falschbuchung114 – Abmahnung erforderlich; Absatzstockung: Die die Existenz bedrohende Absatzstockung: Ja115, gleichfalls eine wiederholte Absatzstockung, es sei denn, sie ist nur vorübergehender Natur oder beruht auf saisonbedingten Gründen116; Abwerben von Kunden: Wirbt der Unternehmer Kunden des HV ab und veranlasst er sie, bei ihm nicht provisionspflichtige Direktgeschäfte zu schließen, gibt dies dem HV einen wichtigen Kündigungsgrund117. Der HV darf Kunden des Unternehmers nicht abwerben, sofern der Vertrag nach wie vor besteht, auch dann nicht, wenn der Unternehmer den Vertrag unwirksam außerordentlich gekündigt hat und er deshalb fortgesetzt wird118; Verstoß deshalb: Ja. Die Abwerbung von Stammkunden eines Tankstellenvertreters durch die Mineralölgesellschaft begründet gleichfalls ein außerordentliches Kündigungsrecht119; Abwerbung von Mitarbeitern des Unternehmers durch HV: Ja, weil Verletzung der Treupflichten des HV-Vertrages. Die Wertung des § 75 f ist bedeutungslos120; Abwerbung von Mitarbeitern oder Untervertretern: Die Abwerbung eines Untervertreters121 oder Mitarbeiters122 des HV durch den Unternehmer widerspricht der Treue-

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Westphal II Rn 625. OLG Hamburg JR 1927, Nr. 1108 hinsichtlich des Besitzers aller Geschäftsanteile der GmbH, der die Vertretung übertragen war; vgl. auch RG SeuffA 80, 210 Nr. 118 betr. unberechtigte Angriffe. BGH, Urt. v. 20.01.1969 – VII ZR 60/66, VersR 1969, 372 (373); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920. BGH, Urt. v. 13.12.1995 – VII ZR 61/95, BB 1996, 235; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 53. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1833; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 11. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1835. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1835; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 10. BGH, Urt. v. 11.06.1959 – II ZR 106/57, BB 1959, 720 = MDR 1959, 911; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1836; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 54.

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Das RG hielt das Verhalten des HV für gerechtfertigt, weil er Gefahr laufe, den Verdienst in der Zwischenzeit zu verlieren (RG, Urt. v. 22.02.1916, RGZ 88, 127). BGH, Urt. v. 11.06.1959, BB 1959, 720 = MDR 1959, 911; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1846. Schloßer BB 2003, 1386. BGH, Urt. v. 18.06.1964, BGHZ 42, 59 = BB 1964, 823 mit Anm. von Brunn DB 1964, 1841 (allerdings ohne Diskussion des Kündigungsrechts); OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.06.1957, HVR Nr. 151; LG Siegen, Urt. v. 16.03.1961, HVR Nr. 238; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1841; Westphal II Rn 626; aA BGH, Urt. v. 11.12.1981, BB 1982, 724 = WM 1982, 535 im Einzelfall für die Kündigung des Unternehmers. BGH, Urt. v. 18.06.1964 – VIII ZR 254/62, BGHZ 42, 59; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.06.1957 – 8 U 49/57, HVR Nr. 151; OLG München, Urt. v. 31.10.1957, HVR

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pflicht und gibt ein außerordentliches Kündigungsrecht. Gleiches gilt, wenn ein angestellter Bezirksdirektor eines Versicherers einem Generalvertreter dessen Untervertreter ausspannt123; Abwerbung anderer Vertriebsmittler durch den HV: Ja124. Der HV muss wegen seiner Interessenwahrungspflicht jede Schädigung des Unternehmers vermeiden125; Agenturkonto, Negativsaldo: Nein gegenüber einem Tankstellen-HV, wenn das Negativsaldo des Agenturkontos daraus resultiert, dass ein Mineralölunternehmen das Konto auch mit Umsätzen belastet, welche der Pächter auf Grund von Stationskrediten (noch) nicht vereinnahmt hat126; Aktivität des HV: Vertriebstätigkeit „mit wenig Nachdruck“: u.U. Ja127; Alleinvertretung: Die Übertragung einer Alleinvertretung bedeutet meist, dass der vertretende Unternehmer ohne Zustimmung des HV nicht berechtigt ist, selbst oder durch andere Beauftragte im übertragenen Bezirk tätig zu werden128. Verletzung dieses Alleinvertretungsrechts: Ja129; Alter des HV: Fortgeschrittenes Alter des HV: als solches: Nein130, jedoch das atypische Absinken der Leistungskraft und das Nachlassen der Vertriebsbemühung, jedenfalls wenn es so plötzlich erfolgt, dass eine Fortsetzung des HV-Vertrags bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wird oder besonders lange Kündigungsfristen vereinbart wurden131. Kein Ausgleichsausschluss gem. § 89b Abs. 3 Nr. 2, da den HV an seinem Alter kein Verschulden trifft; den HV schädigende Änderungen im Geschäftsbetrieb des Unternehmers; u.U. Ja; Auflösung einer HV-Gesellschaft: Grds Nein. Vom HV wird Vertragstreue erwartet (er darf daher nicht kündigen), für den Unternehmer mag je nach Situation ein Kündigungsrecht begründet sein132 (HV im Liquidationsstadium u.U. unzumutbar); Aufrechnung: Die Aufrechnung mit Kundengeldern gegen streitige Provisionen: Ja133; Aufsichtspflicht: Verletzung der Aufsichtspflicht über Angestellte oder Untervertreter durch HV: Ja134;

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Nr. 167 = MDR 1958, 105; LG Siegen, Urt. v. 16.03.1961 – 3 O 9/61, HVR Nr. 238; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1857. OLG München, Urt. v. 31.07.1957, BB 1958, 247 = MDR 1958, 105. BGH, Urt. v. 18.06.1964 – VII ZR 254/62, VersR 1964, 768 m. Anm. v. Brunn DB 1964, 1841; Urt. v. 11.03.1977 – I ZR 146/75, WM 1977, 640; Urt. v. 11.12.1981 – I ZR 139/79, BB 1982, 1626; LG Gießen, Urt. v. 31.08.2001 – 8 O 78/99; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 44; 54. BGH, Urt. v. 11.03.1977 – I ZR 146/75, BB 1977, 1170 = DB 1977, 1046; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1840. KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05, DB 2007, 1355. BGH, Urt. v. 07.03.1957, BB 1957, 413; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1969. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1847; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31d und 58b; § 86a Rn 22b.

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BGH WM 1974, 350; Urt. v. 21.03.1975 – I ZR 141/74, WM 1975, 856 (857). Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972, HVR Nr. 468; Hopt § 87 Rn 24; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1847; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 54. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1848. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1848. Emde GmbHR 1999, 1005 (1016). OLG Hamm, Urt. v. 12.08.1993 – 18 W 23/93, NJW-RR 1994, 159; v. 09.10.1952/ 7 O 96/52, VersR 1953, 181; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1853; aA LG Köln, Urt. v. 13.05.1932, HVR Nr. 34. OLG Celle, Urt. v. 09.05.1958, BB 1958, 894 m.A. v. Lüpke zur Verwaltung eines Kommissionslagers; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1855; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 5.

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– Ausgliederung aus HV-Unternehmen: meist Nein, es sei denn, es fehlt an der wirtschaftlich-faktischen Kontinuität des Unternehmens oder die Ausgliederung ist aus anderem Grunde unzumutbar (Vor § 84 Rn 50 ff)135; – Ausscheiden des Geschäftsführers einer HV-GmbH: Ja, wenn Schlüsselperson136; – Ausweitung des Geschäftsfeldes eines Unternehmers: Ja, etwa infolge der Ausweitung der dem HV zum Vertrieb gegebenen Vertragswaren des Unternehmers auf solche, welche der HV bereits in zulässiger Weise für einen anderen Unternehmer vertritt oder Entwicklung eines vom HV erlaubtermaßen vertretenen Zweitunternehmers zu einem Konkurrenten137, und zwar jedenfalls gegenüber dem ausweitenden Unternehmer, soweit eine Vertragsanpassung ausscheidet138. Die Kündigung gegenüber dem ausweitenden Unternehmer erfolgt ausgleichserhaltend139; – Leichtfertiges Äußern strafrechtlich relevanter Vorwürfe über einen wichtigen Kunden des Unternehmers: Ja140; – Arbeitsunfähigkeit: Die Arbeitsunfähigkeit des HV stellt u.U. einen wichtigen Grund dar (bei hinreichender Länge, s.a. „Alter“), möglicherweise auch die fehlende Mitteilung des HV über diesen Umstand an den Unternehmer141; – außerdienstliches Verhalten: Ja, wenn es Vertragsfortführung unzumutbar macht142; – äußeres Erscheinungsbild des HV: Ja143, je nach Umständen und ob vor Vertragsschluss bekannt und akzeptiert; – Anzeige eines Haftpflichtschadens durch HV ohne Kenntnis und Auftrag des Versicherungsnehmers: Nein, wenn telefonische Rücksprache mit dem zuständigen Gruppenleiter der Versicherung erfolgte und eine derartige Handhabung von der Versicherung jahrelang ohne Beanstandung hingenommen wurde144; – Fehlende Berücksichtigung der Belange des HV durch Unternehmer: Ja145; – erhebliche Beleidigungen des Unternehmers durch den HV im persönlichen oder schriftlichen Verkehr: Ja146. Doch kommt es darauf an, ob die Beleidigung mit Vorbedacht erfolgt ist147 und nicht etwa Ausdruck starker Erregung war148; auch genügen nicht bloße Unhöflichkeiten oder Unziemlichkeiten149. Beleidigungen gegen leitende

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Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331 f). Emde GmbHR 1999, 1005 (1016). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 34. BGH, Urt. v. 06.11.1986 – I ZR 51/85, EBE 1987, 48; Urt. v. 06.10.1983 – I ZR 127/81, WM 1983, 1416; LG Frankfurt DB 1966, 499; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 36, 58. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 33. OLG Köln, Urt. v. 04.07.2001 – 19 U 16/01, VersR 2002, 482. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1850; aA KG, Urt. v. 15.12.1970, HVR Nr. 433. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. OLG Köln, Urt. v. 20.07.2001 – 19 U 219/00, BB 2001, 2241.

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. RG WarnRspr. 1908, Nr. 332, JW 1919, 50410; BGH, Urt. v. 09.07.1959 – II ZR 48/58, VersR 1959, 887; Urt. v. 21.01.1993 – I ZR 23/91, MDR 1993, 521 (522); OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008 – 10 U 233/07, OLGR 2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218 (dort wg fehlender Abmahnung kein Kündigungsgrund); OLG Hamburg OLGE 7, 386; OLG Dresden OLGE 8, 389; OLG Dresden OLGE 1904, 389; OLG Celle BB 1963, 711; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 89a Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 45. Vgl. auch RAG 17, 68. OLG Hamburg DB 1960, 1451. BGH VersR 1959, 887. OLG Stuttgart BB 1960, 956.

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Angestellte sind solchen gegen die Person des Unternehmers gleichzustellen150. Die Beleidigung bildet einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung, wenn die Vertragsfortführung dadurch unzumutbar wird151. Mglw. Rechtfertigung durch § 193 BGB152 und Abmahnerfordernis153; Belieferung des Graumarktes bei bestehendem selektiven Vertrieb: Ja154; Berichtspflicht: Eine schwerwiegende Verletzung der Berichtspflicht: Ja155, aber nicht bei bloßer Nachlässigkeit156 oder bei bloßer Verweigerung der geforderten Form157. Erforderlich ist ein Mangel an Informationen; anhaltende Berufsunfähigkeit des HV: Ja, insbesondere sofern entweder eine Wahrnehmung der Agenturgeschäfte durch Einstellung von Personal oder von Untervertretern nicht möglich ist (aber Frage der Zumutbarkeit für den Unternehmer je nach rechtstatsächlichem Zuschnitt des HV-Unternehmens), oder eine solche Aushilfe vom HV abgelehnt wird. Dieser Grund wird als wichtiger namentlich bei langfristigen Verträgen in Betracht kommen158. Ausgleichsschädlich kann diese Kündigung sein, wenn der HV schuldhaft den Vertrieb vernachlässigt, etwa für keinen Ersatz sorgt oder selbst kündigt159; falsche Beschuldigungen: Ja160; Beschwerden von Kunden: Beschwerden von Kunden allein bilden regelmäßig keinen wichtigen Grund, nur der dahinter stehende Sachverhalt, wenn er eine Vertragsverletzung des HV offenbart161; Bestandsübertragung, Bestandswegnahme: Unabhängig von der Frage, ob der Versicherer – ggf. aufgrund eines entsprechenden Vorbehalts im Vertrag – zu einer Bestandswegnahme berechtigt ist, kann diese nach Abmahnung eine außerordentliche und ausgleichserhaltende Kündigung des HV rechtfertigen, wenn er dadurch in wirtschaftliche Schwierigkeiten kommt162;

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BGH, Urt. v. 21.01.1993 – I. ZR 23/91, NJW-RR 1993, 740; Urt. v. 09.07.1959, VersR 1959, 887; OLG Stuttgart BB 1960, 956; OLG Dresden, Urt. v. 29.02.1904, OLGR 8, 389; Küstner in: Küstner/ Thume I, Rn 1861. OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956; OLG Hamburg, Urt. v. 13.05.1960, BB 1960, 1300 = DB 1960, 1451; LG Traunstein, Urt. v. 07.04.1982, HKO 664/82, unveröffentlicht; RG, Urt. v. 22.01.1919, JW 1919, 504 m. Anm. Titze; RG, Urt. v. 11.02.1908, WarnRspr. 1 (1907/08), S. 244 Nr. 332; RG, Urt. v. 12.12.1924, JW 1925, 945 m. Anm. Titze; Küstner in: Küstner/ Thume I, Rn 1860. OLG Celle, Urt. v. 07.01.1971, HVR Nr. 436; Küstner in: Küstner/Thume I, Rn 1863. OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008 – 10 U 233/07, OLGR 2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218. Niebling MDR 1998, 1132.

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BGH, Urt. v. 24.09.1987 – I ZR 243/85, NJW-RR 1988, 287; OLG Oldenburg DB 1964, 105; OLG Köln, Urt. v. 03.03.1971, BB 1971, 543 = DB 1971, 865; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 35, 36. BGH, Urt. v. 24.09.1987, BB 1988, 12 = MDR 1988, 286 = NJW-RR 1988, 287 = EWiR 1986, 381 (Ostermann). BGH, Urt. v. 24.09.1987, BB 1988, 12 = MDR 1988, 286 = NJW-RR 1988, 287. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1870. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1870. BGH WM 1983, 820. RGZ 148, 48; BGH, Urt. v. 16.03.1972, VersR 1972, 534; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1872; OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956: Kundenbeschwerden können die Interessen des Unternehmers schädigen; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 41. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1873.

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– Bestechungsgelder: Annahme von Bestechungsgeldern durch den HV: Ja163, es sei denn, es handelt sich um Gelegenheitsgeschenke164; – Besuchsberichte, Fehlen: Ja165; – Betriebseinstellung: Eine Betriebseinstellung des Unternehmers mag beiden Parteien einen wichtigen Kündigungsgrund geben166, z.B. wenn die Maßnahme für den Kündigenden unvermeidlich ist und aus wirtschaftlichen Gründen und nicht willkürlich erfolgt167 und falls nach objektiven Maßstäben die Unmöglichkeit eines lohnenden Weiterbetriebs feststeht168. Der Unternehmer muss seinen Betrieb nicht deshalb mit Verlust fortsetzen, um dem HV einen laufenden Verdienst zu sichern169. Dass schon rote Zahlen geschrieben werden, ist für die Kündigung wegen Betriebseinstellung nicht notwendig170. Auf die Geschäftslage der Konzernmutter kommt es grundsätzlich nicht an (kein Konzerndurchgriff)171. Eine Auslauffrist von 6 Monaten kann unter Umständen angemessen sein172. Unterlässt der Unternehmer die rechtzeitige Mitteilung der geplanten Maßnahme173, kann sich hieraus ein Grund zur außerordentlichen Kündigung ergeben. Eine Betriebseinstellung aufgrund hoher Verluste rechtfertigt jedenfalls dann keine fristlose Kündigung durch den Unternehmer, wenn die Notwendigkeit dieser Einstellung lange vorhersehbar war174; – Betriebsführungspflicht, Verletzung: Ja. Eröffnet ein Franchisenehmer entgegen einer übernommenen Betriebsführungspflicht seinen Betrieb nicht oder hält er ihn nicht geöffnet, berechtigt dies zur außerordentlichen Kündigung175; – Betriebsumgestaltung: Nein, sofern nicht willkürlich sondern aus sachlichen Gründen176. Für die Ankündigungsfrist kommt es darauf an, wie lange die nötigen Dispositionsmaßnahmen vorhersehbar waren. Bei langer Vorhersehbarkeit ist ggf. ein Abwarten bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar177; – Betriebsveräußerung: Im Falle eines Share-Deals hat die Betriebsveräußerung keine Auswirkung auf den Vertrag. Regelmäßig ist mit ordentlicher Kündigungsfrist zu kündigen178. – Beurkundungsanspruch nach § 85: Nichterfüllung: Ja179;

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Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1974. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 44. BGH, Urt. v. 29.03.1990 – I ZR 2/89, ZIP 1990, 1197 (1198, 1199). RAG, Urt. v. 13.12.1911, JW 1912, 250; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1874 (möglicherweise auch § 275 BGB). LG Hamburg, Urt. v. 03.12.1952, HVuHM, 1953, 236; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1913. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1913. BGH, Urt. v. 20.02.1958, BB 1958, 894; RG, Urt. v. 13.12.1911, WarnRspr. 1912 Nr. 121 mit weiterem Nachweis aus der älteren Rechtsprechung; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1913. Hopt § 89a Rn 21. DIS-Schiedsgericht BB Beilage 11/1999, 15; Hopt § 89a Rn 21.

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OLG Hamm NJW-RR 1988, 551; DIS Schiedsgericht, BB Beilage 11/1999, 17; Hopt § 89a Rn 21. RAG, Urt. v. 16.05.1931, ARS 12, 274 (276); vgl. auch BGH, Urt. v. 07.02.1974, BB 1974, 434 = NJW 1974, 795. BGH NJW 1986, 1931. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 357. RAG, Urt. v. 16.05.1931, ARS 12, 274 (275); BGH, Urt. v. 09.11.1967, BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394. BGH, Urt. v. 30.01.1986 – I ZR 185/83; BB 1986, 1317 = HVR Nr. 615; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1879. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1880. OLG München, Urt. v. 08.05.1956, VersR 1975, 97; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1881.

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– Bezirksverkleinerung: Ja180, insb. wenn sie einer verbotenen Teilkündigung gleichkommt (§ 89 Rn 27). Dies gilt etwa, falls das Existenzminimum nicht gesichert ist; – Mangelnde Bezirksbetreuung: Verletzung der Pflicht des Bezirksvertreters zur laufenden Pflege des Bezirks und zum laufenden Besuch der dortigen Interessenten: Ja181. Der Unternehmer darf dabei die Weisung erteilen, die Endabnehmer zu besuchen (Abmahnung erforderlich182); – Bonitätsprüfungspflicht: Verletzung der Bonitätsprüfungspflicht: Ja, insb. wenn in Kenntnis der ungünstigen Bonität weitere Geschäfte vermittelt werden183; – Branchenkenntnisse / Sachkunde: Täuschung über die Sachkunde (hier: Apotheker) des HV: Ja184; – Brandverursachung durch HV: Ja185; – Franchisegebühren, Nichtzahlung: Ja. Es bedarf allerdings einer gewissen Nachhaltigkeit der Nichtzahlung186, wobei in Anlehnung an das Mietrecht zumindest die Nichtzahlung von zwei Monatsfranchisegebühren genügend sein dürfte; – Direktgeschäfte/Eingriffe in das Absatzgebiet des HV: Vertragswidrige Direktgeschäfte des Unternehmers: Ja187; – Diskriminierung: Ja188, je nach den Umständen; – Dispositionsfreiheit: Mangelnde Interessenabwägung zwischen eigenen Interessen und schutzwürdigen Belangen des HV durch den Unternehmer im Rahmen der der Dispositionsfreiheit des Unternehmers unterliegenden Maßnahmen: Ja für HV189. Überschreiten der Dispositionsbefugnis durch den Unternehmer: Ja für HV190; – Drohung: widerrechtliche Drohung des HV gegenüber dem Unternehmer: Ja für Unternehmer; – Drohung, eigene Vorzugsbedingungen anderen HV mitzuteilen: Ja191; – Drohung mit der Veröffentlichung von Betriebsinterna: Ja192; – Druckkündigung: Wird ein HV durch einen Unternehmer unter Druck gesetzt, er solle den Vertrag mit einem anderen Unternehmer außerordentlich kündigen, kann dies gegenüber dem anderen Unternehmer ein Recht zur außerordentlichen Kündigung begründen. Gleiches gilt, wenn Dritte, Mitarbeiter oder Kunden unter Androhung von Nachteilen die außerordentliche Kündigung fordern, obwohl in der Person des zu Kündigenden ein wichtiger Kündigungsgrund fehlt193. Der ausgeübte Druck kann einen

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BGH, Urt. v. 28.01.1971 – VII ZR 95/69, WM 1971, 561 (563); OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.06.1955, HVR Nr. 77; OLG Celle, Urt. v. 08.10.1958; HVR Nr. 217; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1882; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 55. OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.03.1969, DB 1969, 741; LG Bonn, Urt. v. 28.10.1953, HVR Nr. 60; LG Heidelberg, Urt. v. 30.06.1955, BB 1955, 942 mit Anm. Hörstel; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 10a; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1886. OLG Hamburg, Urt. v. 13.05.1960, BB 1960, 1300; Küstner in: Küstner/Thume I

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Rn 1887; aA BGH, Urt. v. 22.04.1952, HVR Nr. 27: Es komme nicht auf die spezielle Branchenkenntnisse, sondern auf die besondere Verkaufskunst des HV an. OLG Köln, Urt. v. 02.03.2001 – 19 U 170/00, VersR 2001, 1234. KG, Urt. v. 21.11.1997, DB 1998, 607 ff; BGH, Urt. 20.05.2003, ZIP 2003, 2030. BGH, Urt. v. 11.06.1959 – II ZR 106/57, BB 1959, 720; BGH NJW-RR 1993, 683; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1888. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1889. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1849. BGH, Urt. v. 06.10.1983, BB 1984, 237; Hopt § 89a Rn 17. Hopt § 89a, Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 36a.

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wichtigen Kündigungsgrund im Verhältnis zu beiden Vertragspartnern bilden, sofern er die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar macht. Beispiel: Erweiterung des Sortiments des anderen Unternehmers und entsprechender Druck zur Vertragsbeendigung durch den ersten Unternehmer194; Ehebruch: Ehebruch des HV mit dem Vorstandsmitglied des Unternehmers: Ja195; Eidesstattliche Versicherung, Abgabe: Ja196; Einbrechen in den Tätigkeitsbereich des HV durch Abwerben von Kunden zwecks Direktbezug: Ja für den HV197; Einsatz eines anderen HV im Bezirk des Alleinvertreters: Ja198; einseitige Vertragsänderung: Ja199; Einstellen der Belieferung: Ja, falls ein Mineralölunternehmen die Belieferung einer Tankstelle mit Kraftstoffen gemäß § 273 BGB wegen offener Forderungen gegen den Tankstellenvertreter einstellt, diesen aber an dem vertraglichen Verbot, Konkurrenzprodukte zu vertreiben, festhält und ihm dadurch den Betrieb der Tankstelle und Einnahmen unmöglich macht 200; Erfolglosigkeit: Der HV schuldet Bemühen, keinen Erfolg. Erfolglosigkeit als solche berechtigt daher nicht zur außerordentlichen Kündigung201. Ein außerordentliches Kündigungsrecht wird nur durch eine Pflichtverletzung, wie mangelnden Einsatz oder Untätigkeit, begründet202. Durch den Kündigenden bewiesen werden muss der Kausalzusammenhang zwischen Untätigkeit und Erfolglosigkeit203; Erfüllungsgehilfen: schuldhaftes Verhalten von Erfüllungsgehilfen: Ja204. Dies gilt insbesondere, wenn der HV nicht einschreitet; Erkrankung des HV: Ist der HV aufgrund einer Erkrankung länger an seiner Tätigkeit gehindert: Ja205 – siehe auch „Berufsunfähigkeit“; Erschleichung von Werkszuschüssen infolge unrichtiger Angaben und in erheblicher Größenordnung: Ja206; Existenzminimum: Ja, wenn der HV trotz intensiven Einsatzes als Einfirmenvertreter das Existenzminimum nicht erreichen kann (u.U. Nichtigkeit des Vertrages nach § 138

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LG Frankfurt, Urt. v. 12.10.1965, DB 1966, 499 = HVR Nr. 371; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1891. OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.11.1963, NJW 1964, 1963 = BB 1964, 1021; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1893. BGH, Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, ZIP 1995, 1001 (1003). BGH MDR 1959, 911; dort verneint, da nur Eigenmächtigkeit eines untergeordneten Organs und alsbald von der Unternehmensleitung abgestellt: „Pannen“ derlei Art dürften nicht überbewertet werden. OLG Düsseldorf HVR Nr. 468; Hopt § 89a Rn 23. OLG Düsseldorf OLGR 1997, 111. BGH, Urt. v. 11.01.2006 – VIII ZR 396/03, DB 2006, 445 (LS) = BB 2006, 518 = WM 2006, 873 = NJW-RR 2006, 615 = MDR 2006, 677. OLG Nürnberg, Urt. v. 28.02.1963, BB 1963, 447; OLG Düsseldorf, Urt. v.

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24.02.1977 – 23 U 102/76 – unveröffentlicht; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1894. OLG Nürnberg, Urt. v. 28.02.1963, BB 1963, 447; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1894. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 31.01.1967, DB 1967, 329; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1894. BGH, Urt. v. 05.02.1959, BGHZ 29, 275 = NJW 1959, 878; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1895. BGHZ 129, 290; OLG Frankfurt/Main, Hinweisbeschl. v. 09.02.2004 – 5 U 284/03, NJW-RR 2004, 1174; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 246; Schröder DB 1976, 1269; Maier BB 1978, 940; Küstner BB 1976, 630 (631); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1897; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 46. Niebling MDR 1998, 1132.

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BGB), nicht jedoch falls er schlechten Verdienst durch andere Vertretungen ausgleichen kann207; Existenzgefährdung: Ja208; Falschangabe von Tatsachen im Rahmen eines Schadensfalls: Ja209; Fälschung von Aufträgen: Lieferung von Scheinaufträgen durch HV: Ja210. Ein Schaden ist nicht erforderlich211; Fälschung einer Kundenunterschrift: Ja, selbst wenn der wirtschaftliche Vorteil sehr gering ist und der HV langjährig ohne Beanstandungen tätig war. Die Kündigung muss innerhalb angemessener Zeit seit Kenntnis der maßgeblichen Umstände erklärt werden212; Feindschaft zwischen den Vertragsparteien, die zu absichtlichem Zuwiderhandeln gegen berechtigte Anordnungen des anderen Teils führt: Ja213; Firmenwagen: Private Nutzung des Firmenwagens: Ja, allerdings wohl nur in Extremfällen214; Förderung von Konkurrenzunternehmen: Sie steht der Konkurrenztätigkeit als wichtiger Kündigungsgrund gleich215; Fortbildung: Beharrliche Weigerung des HV zur Fortbildung: Ja216, jedoch nicht bei lediglich gelegentlichen Ermahnungen des Unternehmers, sich technisch zu bilden217; Freistellung: unberechtigte Freistellung (§ 89 Rn 52 ff): Ja für den HV 218. Die Freistellung soll keinen Kündigungsgrund geben, wenn der HV seinen Wechsel zu einem Wettbewerber ankündigte und noch vor Beendigung des HV-Vertrages Handgeldzahlungen von jenem erhielt 219. Grundsätzlich ist die vertraglich vereinbarte Freistellung im Interesse des Unternehmers allerdings legitim, weil sie verhindern soll, dass der gekündigte HV bei Vertragsende den von ihm geworbenen und betreuten Kundenstamm „mitnimmt“ und einem Konkurrenzunternehmen zuführt 220. Auch während der Freistellung hat der HV sämtliche Vertragspflichten zu erfüllen. Der Unternehmer darf den HV-Vertrag aus wichtigem Grund kündigen, wenn ein VV in der Freistellungsphase die von ihm genutzten Büroräume an den VV eines anderen Versicherers weitervermietet, jener jedoch die Außenwerbung des bisherigen Unternehmers nicht entfernt, sondern lediglich zusätzliche Werbeschilder anbringt, welche auf den von ihm vertretenen Versicherer hinweisen. Dadurch besteht die Gefahr, dass Kunden des durch den Gekündigten vertretenen Versicherers bei versuchter Kontaktaufnahme mit ihm an einen VV der Konkurrenz geraten. Es kann offen gelassen werden, ob der gekündigte VV die

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OLG Nürnberg BB 1960, 1262; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1900. BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, DB 1981, 2274; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 58. OLG Hamm VersR 1999, 1016. BGH, Urt. v. 21.01.1980, DB 1981, 987 = WM 1981, 172; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1901. ROHG, Urt. v. 24.02.1877, ROHGE 21, 394; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1901. OLG München, Urt. v. 01.07.2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470. Die Kündigung lässt den Ausgleich gem. § 89b Abs. 3 S. 2 entfallen. RG, Urt. v. 12.12.1924, JW 1925, 945 mit

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Anmerkung Tietze; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 2021. BGH, Urt. v. 26.05.1960, ZfV 1966, 1061; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1931. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1905. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1906. LG Berlin-Charlottenburg, Urt. v. 06.04.1955, HVR Nr. 80. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1908: Jedenfalls bei außerordentlich langer Kündigungsfrist, nicht jedoch bei sechswöchiger Kündigungsfrist. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 39/09. Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 27.

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Anweisung zum Entfernen der Schilder nicht an den Mieter gab oder er die Entfernung der Schilder nicht überwachte. Im erstgenannten Fall läge in der fehlenden Weisung die Pflichtverletzung, im letztgenannten im Überwachungsverschulden221; Führerscheinverlust: Entzug des Führerscheines des HV: Ja, falls hierdurch die Vertragsdurchführung unzumutbar wird, etwa weil sie unmöglich wird222; Geringfügige Vertragswidrigkeiten: Nein223. Dass geringfügige Vertragsverletzungen keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung sein können, ergibt sich bereits aus dem auf die Umstände des Einzelfalles bezogenen Begriff des wichtigen Grundes. Im HV-Recht ist die Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung auf schwerwiegende Vertragsverletzungen in besonderer Weise geboten, weil das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes wegen schuldhaften Verhaltens des HV gem. § 89b Abs. 3 Nr. 2 den Verlust des Ausgleichsanspruchs zur Folge hat224; Geschäftsgeheimnisse: Verrat von Geschäftsgeheimnissen des Unternehmers: Ja225. Ausforschung von Betriebsgeheimnissen durch einen Angestellten des HV: Ja226; Geschäftsraumpartnerschaft mit einem Wettbewerber: Ja, wenn der HV einen anderen HV, der einen Wettbewerber vertritt, in seine Geschäftsräume aufnimmt und nicht für eine genügende Trennung der Sphären sorgt227; ebenso bei Überlassung der Geschäftsräume an einen Wettbewerber während der Freistellungsphase228 (s. „Freistellung“); Geschäftsaufgabe oder -veräußerung durch HV, etwa weil es nicht mehr lohnt: regelmäßig Nein229; Geschäftslage/-einstellung des Unternehmerbetriebs: Ja. Wenn sich der Unternehmer durch unverschuldete geschäftliche Misserfolge veranlasst sieht, seinen Geschäftsbetrieb oder die vom HV bearbeitete Betriebsabteilung einzustellen, so ist bei langfristigen Verträgen anerkannt, dass die Unmöglichkeit eines lohnenden Weiterbetriebs für den Unternehmer einen wichtigen Grund darstellt, das Verhältnis zum HV zu kündigen (s.a. § 86a Rn 60)230. Dem Unternehmer ist nach dem regelmäßigen Vertragsinhalt nicht zuzumuten, mit Schaden oder doch ohne Gewinn lediglich im Interesse des HV Geschäfte zu führen231. Es gehöre zur wirtschaftlichen Entscheidungsfreiheit des Unternehmers, ob er weiter produziere oder die Produktion einstelle232 Durch den Abschluss des Vertrages übernimmt der Unternehmer nicht jedes Risiko der Vertragsfortführung233. Das ist nur anzunehmen, sofern der Unternehmer in voller Kennt-

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LG Krefeld, Urt. v. 27.01.2010 – 7 U 96/09, VersR 2010, 945. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 11.08.1989, DB 1990, 281; Küstner/Thume I Rn 1911. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 24. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 24. BGH, Urt. v. 05.02.1959 – II ZR 107/57, NJW 1959, 878; OLG Nürnberg, Urt. v. 18.09.1958, BB 1958, 1151 = MDR 1959, 929; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1914; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 90 Rn 17. BGH, Urt. v. 05.02.1959, BGHZ 29, 275 = NJW 1959, 878. BGH, Urt. v. 20.01.1969, VersR 1969, 372; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1916. Dies

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gilt insbesondere, wenn ein Einblick in die Geschäftsgeheimnisse zu befürchten ist. LG Krefeld, Urt. v. 27.01.2010 – 7 U 96/09, VersR 2010, 945. AA Hopt § 89a Rn 20. RG WarnRspr. 1912 Nr. 121; 1933 Nr. 79 mit Nachw.; auch JRPV 1938, 213136; RG JW 1911, 15821; 1924, 177; DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13; vgl. ferner Titze JW 1925, 1853; Schmidt-Rimpler § 83 S. 303 mit Anf. aus dem Schrifttum; vgl. RAG 15, 103; 18, 257; RAG ARS 12, 274 und HRR 1933 Nr. 822. BGH VersR 1958, 243; DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13. DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13. DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13.

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nis eigener wirtschaftlicher Schwierigkeiten einen Vertriebsvertrag mit langer ordentlicher Kündigungsfrist abschließt234. Doch muss es sich um eine – im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs sich als nachhaltig darstellende –, nicht bloß vorübergehende Verschlechterung der Geschäftslage handeln; auch ist zu prüfen, ob gerade die außerordentliche Kündigung nach § 89a die betrieblich notwendige Maßnahme zur Wiederherstellung der Rentabilität darstellt oder ob nicht der gleiche Zweck durch eine weniger einschneidende Maßnahme erreicht werden kann235. Endlich wird der Unternehmer zu erwägen haben, ob die Kündigung gerade dieses HV sich rechtfertigt, wenn er mehrere beschäftigt: hierfür mag es darauf ankommen, ob die Verschlechterung der Geschäftslage eine allgemeine oder eine vorzugsweise bei den Kunden des zu Kündigenden eintretende ist, und welche Verdienste dieser in früheren Jahren sich um das Unternehmen erworben hat236. Eine Ankündigungsfrist von vier Monaten und angemessene Auslauffrist von sechs Monaten soll ausreichend sein237; geschäftsschädigendes Verhalten gegenüber der Kundschaft: schlechtes Arbeiten mit der Wirkung, dass die Kunden sich beschweren238; Weitergabe fingierter Mehrbestellungen, was zu Weiterungen und Verärgerungen der Kunden führt239; Gesellschafterwechsel: Gesellschafterwechsel im HV-Unternehmen: grundsätzlich Nein240. Ggf. aber: Ja, wenn Schlüsselpersonen ausscheiden oder eine hinreichende Betreuung nicht mehr gewährleistet ist241. Gleiches gilt bei Wegfall der Person, die nach dem Vertrag die Tätigkeit für die Gesellschaft allein ausführen sollte; eine dahingehende Regelung ist zulässig242. Eine angemessene Übergangszeit ist der Gesellschaft einzuräumen243; Haft einer Vertragspartei: Ja244; Hausverbot: Ein durch einen Kunden erteiltes Hausverbot kann eine außerordentliche Kündigung begründen, falls es sich um einen Schlüsselkunden handelt245. Der Unternehmer muss aber eine Interessenabwägung vornehmen und die Berechtigung des Hausverbotes mit seinen eigenen Interessen abwägen; Heimliche Verhandlungen mit Dritten zwecks vorzeitiger Vertragsbeendigung: Ja246; Herabsetzendes Verhalten: Ja247; pflichtwidrige Auswahl von Hilfspersonen: mglw. Ja248; Höhere Gewalt: Höhere Gewalt kann ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machen249;

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DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13. BGH VersR 1958, 243. Holling S. 996. DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13. OLG Stuttgart BB 1960, 956. BGH WM 1981, 172. BGH, Urt. v. 16.03.1970, HVR Nr. 419; Emde Die Handelsvertreter GmbH, 1994, S. 129 f; Emde GmbHR 1999, 1005 (1014 ff); Westphal BB 1999, 2517 (2519); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1917; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 36.

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BGH EBE 1982, 132 (133); Emde Die Handelsvertreter GmbH, 1994, S. 129 f; Emde GmbHR 1999, 1005 ff; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1919. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 36. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1920. OLG Düsseldorf HVR Nr. 38; Hopt § 89a Rn 17. OLG Stuttgart BB 1960, 956; OLG Nürnberg VersR 1968, 298. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1921.

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– Informationspflicht des Unternehmers: Weigert sich der Unternehmer beharrlich, seiner sich aus § 86 Abs. 2 S. 2 ergebenden Informationspflicht zu entsprechen, kann dies einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen250; – Informationspflicht: Verletzung der Informationspflicht durch den HV: Ja251; – Inkassovollmacht: unberechtigter Widerruf einer auch im Interesse des HV erteilten Inkassovollmacht, insbesondere ohne wichtigen Grund: Ja252; – Insolvenz des Mittlers: Die Insolvenz und bereits der Insolvenzantrag253 stellen einen wichtigen Grund zur Kündigung dar (§ 89 Rn 21)254, jedenfalls wenn die Erfüllung wesentlicher Vertragspflichten zumindest gefährdet255, ein Verfügungsverbot256 oder ein Zustimmungsvorbehalt257 angeordnet wird (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 InsO). Die Wertung des § 12 GewO bleibt wohl unmaßgeblich, mglw. aber nicht im Schuldenbereinigungsverfahren. Auch § 112 InsO258 steht nicht entgegen. Der Ausgleichsanspruch entfällt nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 nur, wenn der Unternehmer erforderlichenfalls beweist, dass der Insolvenzgrund auf ein schuldhaftes Verhalten des HV/Vertragshändlers zurückzuführen ist259; – Insolvenzantrag des Unternehmers: Ja260 (Ausnahme jedoch bei Sanierungsmöglichkeit)261;

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Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1922. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 51; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89a Rn 35. OLG Celle, Urt. v. 26.01.1961, DB 1961, 369; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1923. OLG Hamm NJW-RR 2004, 1544; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455). BGH, Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919 = EWiR 2007, 203 (Klasen); Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (296); OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336 = MDR 2009, 1266; OLG München, Urt. v. 26.04.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2004 – 35 W 5/04, NJW-RR 2004, 1554; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455); Küstner/Thume I Rn 1924; Semler in: Martinek/Semler/Habermeier, Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003, § 14 Rn 19; Canaris § 17 Rn 89; Hopt § 89a Rn 20; Westphal I Rn 885; Canaris Handelsrecht, 23. Aufl. 2000, § 17 Rn 89; Karsten Schmidt Handelsrecht, § 27 V1.b); Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 4; Ruß in: HK-HGB, § 89a Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 24, 25; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41d; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 223/224; Stumpf/Ströbl MDR 2004, 1209 (1211) für den Vertragshändlervertrag.

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Auf diesen Fall begrenzen Wagner/WexlerUhlich BB 2010, 2454 (2455) – zum HVVertrag sowie BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag – das Kündigungsrecht. Aber möglw. ist dem Unternehmer bereits die Zusammenarbeit mit einem insolventen Mittler unzumutbar. Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455). Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455). OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336 = MDR 2009, 1266; OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2004 – 35 W 5/04; OLG München, Urt. v. 26.04.2006, ZInsO 2006, 1060 mit zust. Anm. Preuß KTS 2007, 361; Ströbl/ Schumacher BB 2009, 1201 ff; LG Ingolstadt, Urt. v. 07.10.2008 – 1 HKO 1546/08; aA Brossette Autohaus 6/2009, 26; 9/2009, 19. BGH, Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919 = EWiR 2007, 203 (Klasen); OLG München, Urt. v. 26.04.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; ebenso früher OLG Hamm, Beschl. v. 09.06.2004 – 35 W 5/04, NJW-RR 2004, 1554 sowie OLG München, Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406 = EWiR 2005, 601 (Pütz); siehe auch Emde/ Kelm ZVI 2004, 382; Emde BB 2005, 396; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag. OLG Dresden ZIP 1996, 73; Wagner/ Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag; Hopt § 89a Rn 24. Hopt § 89a Rn 24.

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– Insolvenz des Unternehmers: Ja262. Regelmäßig wird der Vertrag jedoch gemäß § 116 InsO automatisch beendet (§ 89 Rn 14); – Interessenwahrungspflicht: Je nach den Umständen des Einzelfalls kann eine erhebliche Verletzung der dem HV obliegenden Interessenwahrungspflicht zur außerordentlichen Kündigung führen263. Ein einmaliger Vertragsverstoß nach zehnjähriger Tätigkeit rechtfertigt keine außerordentliche Kündigung264; – Internetforum, ehrverletzende Äußerungen: Ja, je nach Umständen des Falles, aber vorherige Abmahnung erforderlich265; – Kapitalherabsetzung einer HV-Gesellschaft: grds. Nein, wegen mögl. Sicherheitsleistung und fehlender Bedeutung des Kapitals für die Vermittlung. Daher nur bei konkreter Gefährdung der Leistungsfähigkeit266; – Kassenführung: Zieht der HV Beträge ein, hat er für eine übersichtliche Buchführung zu sorgen, die Aufschluss über die Gelder gibt. Das Fehlen kann zu einer fristlosen Kündigung berechtigen267. Dies gilt insbesondere bei verschleiernder Abhebung und Umbuchung268; – Know-how, Weitergabe: Ja, wenn der Franchisenehmer geheimhaltungsbedürftiges Know-how an Dritte weitergibt269; – Kommissionslager: Ergibt sich ein (nicht unbedeutender) Fehlbestand, der auf mangelnder Sorgfalt des HV beruht, ist der Unternehmer zur fristlosen Kündigung berechtigt270; – Konkurrenztätigkeit des HV: Verletzung des dem HV obliegenden gesetzlichen oder vertraglichen271 Konkurrenzverbots: Ja272, und zwar regelmäßig ohne Abmah262

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OLG Dresden ZIP 1996, 73; Wagner/ Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag. BGH, Urt. v. 07.07.1978 – I ZR 126/76, EBE 1978, 317 (318); OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956; OLG Nürnberg, Urt. v. 15.03.1960, BB 1960, 956; OLG Hamburg, Urt. v. 02.04.1958, HVuHM 1958, 285; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1925. BGH, Urt. v. 07.07.1978, BB 1979, 242 = DB 1978, 1882. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.05.2007 – AuA 2007, 433. Emde GmbHR 1999, 1005 (1016 f). ArbG Berlin, Urt. v. 31.07.1935; AG Berlin, Urt. v. 24.10.1935, NZ 1937, 36; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1927. OLG Köln, Urt. v. 09.06.1971, VersR 1971, 1171, mit Anm. Hövt; LG Bonn, Urt. v. 25.11.1970, VersR 1971, 543; OLG Köln, Urt. v. 14.05.1969, VersR 1970, 53 mit Anm. Hövt, VersR 1970, 461, Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1927. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 350. OLG Celle, Urt. v. 09.05.1958, BB 1958, 894 mit Anm. Lüpke; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1928.

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OLG München, Beschl. v. 24.03.2009 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon. BGH, Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = DB 2001, 1195 = EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (Emde) = WM 2001, 1031 = MDR 2001, 637 (dort wegen fehlender Abmahnung verneint); Urt. v. 25.11.1998 – VIII ZR 221/97 – VersR 1999, 313 = EWiR 1999, 705 (Emde); BGH, Urt. v. 17.10.1991 – I ZR 248/89 – WM 1992, 311; Urt. v. 24.01.1974, BB 1974, 353; Urt. v. 20.01.1969, VersR 1969, 372; Urt. v. 09.06.1969, DB 1969, 1285; Urt. v. 15.12.1967, BB 1968, 60; Urt. v. 25.04.1966 – VII ZR 89/64 – n.v.; Urt. v. 21.03.1966 – VII ZR 116/64 – n.v.; Urt. v. 18.06.1964, BGHZ 42, 49 = BB 1964, 823; Urt. v. 28.05.1962, RVR 1971, 15; Urt. v. 02.02.1961 – VII ZR 253/59 – n.v.; Urt. v. 10.07.1961 – VII ZR 252/59 – n.v.; Urt. v. 22.09.1960, BB 1960, 1179; Urt. v. 25.03.1958, BB 1958, 524; Urt. v. 02.10.1958, NJW 1958, 1966; Urt. v. 28.10.1957; HVR Nr. 164; Urt. v. 20.10.1955, BB 1956, 95; Urt. v. 30.06.1954, BB 1954, 647; Urt. v. 19.03.1956, DB 1956, 473;

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nung273, insb. bei Heimlichkeit274, jedoch u.U. auch wenn nicht verheimlicht275 (wegen Unzumutbarkeit der Wettbewerbstätigkeit). Es gilt ein strenger Maßstab276, wobei jedoch eine Einzelfallabwägung erforderlich ist277. Ein Unternehmer, der in dieser Weise einmal hintergangen worden ist, muss damit rechnen, dass der HV auch in anderen Punkten es mit seinen Vertragspflichten nicht so genau nehmen wird278. Dennoch hat in diesem Fall eine Zumutbarkeitsprüfung zu erfolgen. Dies führt dazu, dass bei einem langjährigen Vertragsverhältnis (hier: 37 Jahre) die Vermittlung von wenigen Versicherungsverhältnissen (hier: ca. 10 Kfz-Versicherungsverträge mit 5 Kunden) für eine andere Versicherung nicht zur Kündigung berechtigt, wenn der Prinzipal von sich aus den Kunden gekündigt hatte und die Vermittlung der Konkurrenzversicherung auch zu dem Zweck erfolgt ist, die Kundenbeziehung im Interesse von anderen fortlaufenden Versicherungsverhältnissen mit dem Prinzipal aufrechtzuerhalten und den Kunden nicht ganz zu verlieren279. Dies gilt auch dann, wenn in einer vertraglichen Kündigungsklausel der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot ausdrücklich als Kündigungsgrund benannt ist280. Ein wichtiger Kündigungsgrund fehlt meist, sofern dem Unternehmer die Konkurrenztätigkeit bei Vertragsschluss bekannt war281. Ein Kündigungsrecht kann auch bestehen nach Aufnahme einer anderweitigen Erwerbstätigkeit ohne Genehmigung des Unternehmers, wenn sie nach dem Vertrage einzuholen gewesen wäre282. Dies gilt auch dann, wenn der Unternehmer auf die Bitte des HV um

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Urt. v. 30.01.1963, BB 1963, 448; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 (dort verneint); OLG München, Beschl. v. 24.03.2009 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon; OLG Nürnberg BB 1965, 809, VersR 1968, 298; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 33; Holling BB 1961, 994; Maier BB 1979, 500 (502). BGH NJW-RR 2001, 334; NJW-RR 1999, 1481; BGH WM 1974, 350; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. teilw. krit. Anm. Ayad BB 2010, 920; OLG München, Beschl. v. 24.03.2009 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon; Semler in: Martinek/Semler/Habermeier Handbuch des Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2003 m.w.N., § 14 Rn 18; Thume in: Küstner/Thume I 7. Aufl. 2003, Rn 1342; Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 9; Ayad BB 2010, 920. BGH, Urt. v. 24.01.1974, WM 1974, 350 (Versicherungsvertreter); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920 (Versicherungsvertreter). BGH ZIP 1999, 1307 (1309). OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U

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52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53; ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920 als Vorinstanz. Man könnte auch an fehlenden Interessenwiderstreit denken, da die beanstandete Tätigkeit der Rettung anderer Verträge des Versicherers diente. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53; ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920 als Vorinstanz. BGH, Urt. v. 17.10.1991 – I ZR 248/89, WM 1992, 311; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1930. OLG München, Beschl. v. 24.03.2009 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon; OLG Düsseldorf BB 1969, 300; OLG Bamberg BB 1979, 1000.

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Zustimmung nicht antwortete283. Auch das Abspenstigmachen eines anderen HV desselben Unternehmers zugunsten eines anderen Unternehmens, an dem der HV wirtschaftlich beteiligt ist begründet das Kündigungsrecht284, nicht dagegen die Weiterführung einer Vertretung von Konkurrenzware, welche der Unternehmer zunächst geduldet hat und die er jetzt verbietet285. An das Wettbewerbsverbot ist der HV auch gebunden, falls der Unternehmer beworbene Verträge nicht annimmt. Eine Verletzung des Wettbewerbsverbots berechtigt auch dann zur außerordentlichen Kündigung durch den Unternehmer286; Konkurrenz durch den Franchisenehmer: Ja. Der Franchisegeber darf einen Franchisevertrag in der Regel fristlos kündigen, wenn der Franchisenehmer gegen seine Pflicht, das Franchiseunternehmen unter Einsatz seiner gesamten Arbeitskraft zu führen und zu nutzen verstößt, indem er ein weiteres Unternehmen betreibt287. Der kündigende Franchisegeber ist so zu stellen, als hätte der Franchisenehmer den Vertrag durch ordentliche Kündigung zum nächst zulässigen Termin beendet288. Bei so genannten Kettenverträgen kommt es nicht auf die Restlaufzeit des Franchisevertrages an, sondern auf die Kündigungsfristen des § 89 Abs. 1289; Konkurrenzverbot, Umgehung durch Angehörige: Ja290; Konkurrenzverbot, Umgehung durch Gründung von Scheinfirmen: Ja291; Konkurrenzverbot, Beteiligung des HV an Konkurrenzunternehmen: Ja292; Krankheit des HV: Je nach den Umständen, Ja293; Krankheit, Verschweigen durch den HV: Ja bei Aufklärungsbedürftigkeit294; Kreditschädigende Behauptungen: Kreditschädigende Behauptungen des HV: Ja295; Kreditverkauf: Darf der HV nur gegen Barzahlung verkaufen und verkauft er gleichwohl gegen Kredit, so bildet dies unabhängig von der Frage eines Schadenseintritts einen außerordentlichen Kündigungsgrund296. Das gilt möglicherweise auch, wenn nur Vermittlungsvollmacht gewährt war297. Ein Mineralölunternehmen darf gegenüber einem Tankstellen-HV, der entgegen einer ihm kurz zuvor erteilten Weisung auf Kredit verkauft hat, jedoch nicht ohne vorherige Abmahnung aus wichtigem Grund kündi-

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OLG München, Beschl. v. 24.03.09 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon. BGH BB 1977, 1170. OLG Köln BB 1972, 487. BGH, Urt. v. 17.10.1991 – I ZR 248/89, NJW-RR 1992, 481 = WM 1992, 311. OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857 = OLGR 2008, 24. OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857 = OLGR 2008, 24. OLG Oldenburg, Urt. v. 26.04.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857 = OLGR 2008, 24. BGH, Urt. v. 03.07.1986 – I ZR 171/84, NJW 1987, 57; Urt. v. 05.10.1989 – I ZR 160/88, NJW-RR 1990, 71; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 38; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 33. OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114.

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Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 15. BGH, Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (295) = ZIP 1995, 1001 (1003); OLG Düsseldorf OLGR 2000, 246; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 51; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 46; ablehnend OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 (aber wohl von kurzzeitiger oder alterstypischer Krankheit ausgehend) m. Anm. Ayad BB 2010, 920. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 51; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 36. BGH, Urt. v. 05.05.1958, BGHZ 27, 220 = NJW 1958, 1136; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1932. KG, Urt. v. 14.03.1960, BB 1960, 574 = VersR 1960, 414; Küstner in: Küstner/ Thume I, Rn 1858. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1859.

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gen, sofern es die Kreditgewährung über Jahre geduldet und gefördert hatte und der Tankstellenvertreter die Kreditgewährung auf Grund der Weisung bereits erheblich vermindert hat298; unterlassene Kundenbesuche: Ja299; unzureichende Kundenwerbung: Ja300; Kundenschutz: Entzug geschützter Kunden durch den Unternehmer: Ja, insbesondere falls keine Provisionen mehr gezahlt werden301; Kundenschwund: Ein üblicher Kundenschwund ohne Vernachlässigung der Betreuungspflichten des HV: Nein302. Verliert der HV Kunden aus vom Unternehmer zu vertretenden Gründen: Ja303 für den HV; Kündigung des Haupthändlervertrages als Grund zur Kündigung des Unterhändlervertrages: U.U. Ja304, jedenfalls wenn die ordentliche Kündigungsfrist bei rechtzeitiger Kündigungserklärung nicht ausgereicht hätte305. Da sich ein Vertragspartner die rechtzeitige Selbstbelieferung vorbehalten kann, muss ein B-Händlervertrag auch außerordentlich kündbar sein, wenn dem A-Händler der Haupthändlervertrag gekündigt wird. Man wird diesen Umstand sogar als auflösende Bedingung vereinbaren dürfen (str., siehe zur auflösenden Bedingung § 89 Rn 8 f). Auch die Gegenansicht ist vertretbar. Denn dem Hauptvertreter obliegt die Gestaltung seines Vertriebssystems und er muss die Kündigungsfristen in Konkordanz bringen. Zudem hat der BGH zu einem Bewachungsvertrag ausgesprochen, die in einem formularmäßigen Subunternehmervertrag enthaltene Klausel, ein wichtiger Kündigungsgrund existiere, wenn der Hauptvertrag ende, sei gemäß § 307 BGB unwirksam306. Daraus könnte man schließen, die Laufzeit von Untervertreterverträgen dürfe in AGB nicht an die des Hauptvertretervertrages geknüpft werden, was aber in kleinen Vertriebssystemen ein sinnwidriges Ergebnis wäre. In Individualverträgen dürfte diese Klausel zulässig sein; Kündigung, unberechtigte: Eine ungerechtfertigte Kündigung, insb. eine außerordentliche, berechtigt den anderen Vertragsteil zu einer fristlosen Kündigung307. Je nach

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BGH, Urt. v. 17.12.2008 – VIII ZR 150/07, DB 2009, 341 (LS) = WRP 2009, 326. BGH, Urt. v. 27.02.1981 – I ZR 39/79, LM Nr. 16. BGH, Urt. v. 03.07.1957 – I ZR 261/55, BB 1957, 413; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 38. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1934. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1838. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1839. Emde BB 2009, 2330 (2331). Die Unfähigkeit zur Vertragserfüllung kann im Einzelfall einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung geben, vgl. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 45. BGH, Urt. v. 29.07.2004 – III ZR 293/03, MDR 2005, 82. Der BGH hielt die Klausel zwar nicht für von vornherein treuwidrig, lastete der Verwenderin jedoch an, dass nach dem Wortlaut jede Beendigung des Hauptvertrages, selbst die auf einem Verhalten der Verwenderin beruhende (Beispiele:

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infolge ihrer Eigenkündigung oder aufgrund einer einvernehmlichen Aufhebung), zu einer Kündigung des Subvertrages berechtige. Die Verwenderin könne sich also Kündigungsgründe des Untervertrages durch die Beendigung des Hauptvertrages schaffen. Daraus wird man schließen können, dass die beanstandete Kündigung des Hauptvertrages zulässig ist, falls sie allein nach einer nicht von der Verwenderin veranlassten Auflösung des Hauptvertrages erfolgt. BGH, Urt. v. 25.11.1998 – VIII ZR 21/97, MDR 1999, 307; Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 6/89, NJW-RR 1991, 155; Urt. v. 30.09.1969, HVR Nr. 399; Urt. v. 14.11.1966, BB 1966, 1410 = NJW 1967, 248; Urt. v. 12.06.1963, BGHZ 40, 13 = BB 1963, 917 = NJW 1963, 2068; Urt. v. 09.07.1959, VersR 1959, 887 (888); OLG Hamburg, Urt. v. 08.03.1955, HVuHM 1955, 188; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008 – 10 U 233/07, OLGR

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Sachverhaltsgestaltung muss der Gekündigte vorher abmahnen308, schuldet aber schon wegen der nicht bei ihm liegenden Beweislast für die Kündigungsgründe keine detaillierte Gegendarstellung; Lagerhaltung: Kümmert sich ein HV nicht um die Verwaltung eines ihm anvertrauten Auslieferungslagers und verweigert die Aufklärung von Fehlbeständen bzw. folgte dem berechtigten Verlangen des Unternehmers nach Zahlung bzw. Sicherstellung nicht: Ja309; Mehrfachvertretung: Die Mehrfachvertretung ist grundsätzlich zulässig, so lange der HV das Wettbewerbsverbot nicht verletzt. Wird durch die Mehrfachvertretung aber die Interessenwahrungspflicht verletzt, insbesondere durch Arbeitsüberlastung, kann hierin nach Abmahnung eine zur außerordentlichen Kündigung berechtigende Vertragsverletzung liegen310; Meinungsverschiedenheiten: Ja311, sofern erheblich; Mindestumsatz: Wird berechtigt ein Mindestumsatz vereinbart, hat der HV alles zu tun, diese Verpflichtung zu erfüllen312. Eine außerordentliche Kündigung ist nur zulässig, falls der HV diese Pflicht verletzt, nicht wenn die Zielverfehlung auf anderen Umständen beruht, etwa auf der allgemeinen Marktsituation, der Produktpalette oder auf einem Verschulden des Unternehmers313. Vertreten wird, es dürfe nicht allein die Verfehlung des Mindestumsatzes als außerordentlicher Kündigungsgrund vereinbart werden, sondern nur die – erhebliche – Verletzung der Absatzförderungs- oder Bemühenspflicht314. Tatsächlich dürfte die Begrenzung auf die Absatzförderungspflicht nur bei AGB Leitbildcharakter haben. Bei fehlender Einigung über die Mindestabnahme soll eine Verletzung der Absatzförderungspflicht fehlen, sofern der Händler mit der Abnahme von 10 Pkw einverstanden war, der Hersteller jedoch eine Abnahme von 12 Pkw durchsetzen will315; Mitteilung über die Übernahme weiterer Vertretungen: Nach Ansicht des OLG Düsseldorf316 berechtigt die fehlende Mitteilung von der Übernahme weiterer Vertretungen zur außerordentlichen Kündigung. Dem ist wegen des mangelnden Verbots einer solchen Übernahme nur bei groben Verstößen zuzustimmen, verbunden mit einer Interessengefährdung317; Misserfolge, dauernde. Bloßes Nachlassen in den Verkaufsbemühungen rechtfertigt eine fristlose Kündigung noch nicht, besonders wenn es sich um einen HV handelt, der

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2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218; LG Stuttgart, Urt. v. 30.06.1954, BB 1955, 177; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1909; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 82; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 19, 20. Vgl. BGH WM 1974, 867 (870); OLG Stuttgart DB 1982, 801; weitergehend Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 35; aA Genzow ZIP 2008, 2080 = BB 2008, 2262. OLG Celle, Urt. v. 09.05.1958, BB 1958, 894 mit Anm. Lüpke = HVR Nr. 179; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1856. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1937. LG Düsseldorf VersR 1964, 1097. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1938. Holling BB 1961, 994 (995); Küstner in:

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Küstner/Thume I Rn 1938; BGH, Urt. v. 12.03.1992 – I ZR 117/90, NJW-RR 1992, 1059 (1060); Urt. v. 15.12.1993 – VIII ZR 157/92, NJW 1994, 722; RGZ 65, 86 (90); OLG Nürnberg BB 1964, 866; OLG Karlsruhe BB 1971, 888; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 354. OLG Karlsruhe BB 1971, 888; Niebling WRP 2010, 631 (632). In vielen europäischen Ländern, etwa Italien, Griechenland und den Niederlanden, wäre eine solche Klausel zulässig. Ihre Verletzung führt aber nicht ohne Verschulden zum Ausgleichsausschluss. Niebling WRP 2010, 631 (632). OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.02.1969, BB 1969, 330 = DB 1969, 435. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1867.

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in früheren Aufbaujahren dem Unternehmer wesentliche Erfolge gebracht hatte; ggf. sind Umstände solcher Art bei der Bemessung eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen der Billigkeit nach § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 zu berücksichtigen. Ein Kündigungsgrund liegt in dem Nachlassen erst dann, wenn die Vernachlässigung der vom HV geschuldeten Bemühungen einen anhaltenden und schweren Grad erreicht hat318; Morddrohung des HV gegen Mitarbeiter des Prinzipals: Ja, selbst wenn der Mitarbeiter zuvor mit einer ungerechtfertigten Kündigung und wirtschaftlichem Ruin des HV drohte319; Muster: Die Veruntreuung von Musterkollektionen oder Musterkoffer: Ja320; Nachrichtspflicht: Verletzung der Nachrichtspflicht durch den HV: Ja321; Nachlassende Arbeitskraft des HV: Handelt es sich um eine andauernde Vernachlässigung der geschuldeten Bemühungen: Ja322. Allerdings muss der Unternehmer übliche Alterserscheinungen respektieren, insbesondere sofern der HV viele Jahre für das vertretene Unternehmen tätig war323; Nebentätigkeit: die außerordentliche Kündigung ist hier nur bei erheblicher Vernachlässigung der Pflichten des HV zulässig324, und das erst nach Abmahnung; unzulässige Nebentätigkeiten des HV: Ja325; Nichtabführung kassierter Gelder: Ja326; Nichtabführung vereinnahmter Gelder: Darf der HV von vereinnahmten Geldern seine Provision abziehen und kommt es wiederholt zu Unstimmigkeiten, kann eine außerordentliche Kündigung wirksam sein327; Nichteinräumen und Nichtentschuldigung von Fehlverhalten: Ja328; Nichterreichung vorgegebener Umsätze: Einseitige Sollvorgaben des Unternehmers braucht der HV nicht zu erfüllen. Das Verfehlen der Sollangaben bildet daher keinen wichtigen Kündigungsgrund329, es sei denn, es liegt eine Pflichtverletzung vor330. Insbesondere berechtigt die Klausel, ein wichtiger Grund sei gegeben, wenn der HV die Richtumsätze nicht erreiche und auf Abmahnung nicht nachweise, dass ihn ein Verschulden hieran nicht treffe, nicht zur Kündigung, da diese Klausel mit Treu und Glauben unvereinbar und der Beweis nicht zu führen sei331; Nichtvertrieb neuer Produkte durch HV: Ja332;

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OLG Stuttgart BB 1960, 956. OLG Hamm, Urt. v. 05.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592. OLG Nürnberg, Urt. v. 05.02.1965, BB 1965, 688 = VersR 1965, 760; Küstner in: Küstner/Thume I, Rn 1942. Küstner in: Küstner/Thume I, Rn 1939. OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1943; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 10. OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.04.1957, BB 1957, 561; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1943. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1944. OLG Stuttgart BB 1960, 956; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 41. RG, Urt. v. 16.05.1939, WarnRspr 1939, 2367 Nr. 119; OLG Stuttgart DB 1962, 405;

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OLG Köln VersR 1971, 1171; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 41; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1945. OLG Hamburg, Urt. v. 08.12.1982, Tankstelle 1983, 176; LG Bochum, Urt. v. 05.05.1982 – 3 O 66/82, auszugsweise abgedruckt in Tankstelle 1982, 478. BGH, Urt. v. 07.07.1978 – I ZR 126/76, EBE 1978, 317 (319). OLG Nürnberg, Urt. v. 28.02.1964, BB 1964, 866; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1947; aA wohl OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1978. OLG Karlsruhe, Urt. v. 01.12.1970, BB 1971, 888 = DB 1971, 572; Küstner in: Küstner/Thume I, Rn 1949. BGH LM Nr. 16.

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– Politische Betätigung: Im Allgemeinen: Nein, es sei denn, im Einzelfall erkennbar unverträglich mit dem Vertrieb; – Pflichtwidrigkeiten des HV333: Pflichtwidrigkeiten des HV, die ernstliches Misstrauen gegen seine Zuverlässigkeit aufkommen lassen: Ja, jedoch meist erst nach Abmahnung; – Preisausschreiben: Versendet ein HV unter fettgedruckter Herausstellung seiner Kooperation mit der von ihm vertretenen Bausparkasse ohne deren Zustimmung Werbeschreiben an Kunden, mit welchen jenen vorgespiegelt wird, sie hätten im Rahmen eines Preisausschreibens Grundbesitz gewonnen: Ja334; – Preisunterbietung: Der HV darf außerordentlich kündigen, wenn der Unternehmer andere Vertriebsmittler zur Weiterbelieferung an Stammkunden des HV günstiger beliefert335. Es kommt aber auf die Umstände des Einzelfalls an; Differenzierungen können angemessen sein, soweit kein Gleichbehandlungsgebot eingreift; – Provisionen, unberechtigte Nichtzahlung: Ja336, insb. wenn der HV deshalb klagen muss337; – Provisionsgarantie: Übersteigen die Garantiezahlungen an den HV die tatsächlich fälligen Provisionen, berechtigt dies regelmäßig nicht zur außerordentlichen Kündigung durch den Unternehmer338; – Einseitige Provisionsherabsetzung: Ja339. Ist der HV nicht bereit, weitere Kürzungen zu akzeptieren, obwohl er dies in einem Einzelfall getan hat, ergibt sich daraus kein Kündigungsrecht des Unternehmers340; – Geschäftliche Diskussionen um Provisionen: Nein341; – Teilweise Provisionszahlungen: Lediglich Teilauszahlung der Provision: Ja342; – Forderung nach nicht zustehenden Provisionen: zumindest bei betrügerischem Vorsatz Ja343; – Rabatt, Nichtgewährung: Wenn der Unternehmer Kunden des HV nach Kündigung des HV die versprochenen Rabatte nicht mehr gewährt344; – Qualifikation des HV: Mangelnde Qualifikation des HV und daraus folgende Überforderung: Ja345; – Qualität der Waren: Lieferung qualitativ minderwertiger Waren ohne Grund: Ja346. Über die voraussichtliche Lieferung solcher Waren muss der Unternehmer den HV informieren347; 333 334

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OLG Nürnberg, Urt. v. 15.03.1960, BB 1960, 956 = VersR 1960, 904. OLG Köln, Urt. v. 20.10.2000 – 19 U 86/00, VersR 2001, 1023 = NJW-aktuell 2/2001, VIII = EWiR 2001, 121 (Emde) = NJW-RR 2001, 820. Abmahnung nicht erforderlich. BGH, Urt. v. 11.06.1959, BB 1959, 720 = MDR 1959, 911; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1955. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. AA RG, Urt. v. 18.12.1919, Recht 1920, 2535; OLG Hamburg LZ 1909, 3475; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1959. BGH, Urt. v. 01.10.1970 – VII ZR 171/68, WM 1970, 1513; Urt. v. 17.10.1991 – I ZR 248/89, NJW-RR 1922, 481; OLG Stuttgart BB 1960, 956; Küstner in: Küstner/Thume I

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Rn 1960; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 56. OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956 = HVR Nr. 296; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 1961. OLG Hamm, Urt. v.17.12.2009–18 U126/09, BeckRS 2010, 02542; Hopt § 89a Rn 22. BGH, Urt. v. 01.10.1970, WM 1970, 1513; OLG Hamburg, Urt. v. 21.10.1903, OLGR 7, 385. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. OLG München: Schlussurt. v. 29.07.2010 – 23 U 4893/09, BeckRS 2010, 20435. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1965. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1966. BGH, Urt. v. 12.12.1957, BGHZ 26, 161 = BB 1958, 60 = NJW 1958, 219; OLG Celle, Urt. v. 29.11.1961, DB 1962, 94; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1966.

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Rechtsformwechsel einer HV-GmbH: regelm. Nein348; Rechtsformwechsel von oHG zu GmbH: regelm. Nein349; Rechtsirrtum einer Partei: Ja nur, falls erheblich und unvermeidbar; Falsche Reisekostenabrechnung: Ja350; Reisetätigkeit: Fortgesetzte Verletzung berechtigt festgelegter Tourenpläne durch den HV: Ja351. Unrichtige Angaben über die Reisetätigkeit durch den HV: Ja352; Mangelnde Reisetätigkeit: Ja353; Schadensregulierungsvollmacht: Verletzung der Schadensregulierungsvollmacht: Ja354. Dies gilt etwa bei einer falschen Bewertung des Schadens355. Der Widerruf einer Schadensregulierungsvollmacht durch den Unternehmer berechtigt den HV nur dann zur außerordentlichen Kündigung, wenn zum Widerruf kein Recht bestand. Das ist bei Fehlen einer den Widerruf gestattenden Bestimmung der Fall, falls die Vollmacht zu den wesentlichen Bestandteilen des Vertrages gehört356. Wird die Regulierungsvollmacht widerrufen, fehlt eine zum Ausgleich verpflichtende Vertragsbeendigung357; Schleppende Provisionszahlung: Ja358; Schulungen: Weigerung des Mittlers vertraglich versprochene Schulungen seiner Mitarbeiter durchführen zu lassen: Ja359; anhaltende Schlechtlieferungen, auf dessen Absatz sich der HV-Vertrag bezieht360: Ja für den HV; Sexuelle Belästigung durch den HV: Ja361; Sitzverlegung: Sitzverlegung eines Schlüsselkunden des HV: Ja, Kündigungsgrund für den HV362; Spezialwerkzeuge: Ja363. Schafft ein Vertragshändler, dem vertraglich vorgegeben war, die erforderlichen zeitgemäßen Standardwerkzeuge bereitzuhalten, einen Batterietester nicht an, der die automatische Feststellung eines Kabelbruchs und die Online-Abwicklung eines einheitlichen Prüfcodes ermöglicht, darf der Vertrag gemäß § 89a gekündigt werden. Das gilt auch, falls der Händler ein funktionsgleiches Gerät besitzt, welches

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BGH, Urt. v. 07.12.1977 – VIII ZR 214/75, BB 1978, 982; LG Hamburg NJW-RR 1989, 995; Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 120 ff; Emde GmbHR 1999, 1005 (1017); Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). OLG Stuttgart, Urt. v. 30.05.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 31814. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 51; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 44. LG Lüneburg, Urt. v. 21.12.1954, BB 1955, 298; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1967. ArbG Düsseldorf, Urt. v. 04.01.1938, NZ 1938, 202; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1968. BGH, Urt. v. 30.06.1954 – II ZR 26/53, LM § 89a HGB Nr. 1. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1970. RG, Urt. v. 18.02.1930, LZ 1930, 1084.

1000

356 357 358

359 360

361 362 363

Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1971. AA LG Stuttgart, Urt. v. 21.01.1972, VersVerm 1971, 260. BGH, Urt. v. 16.04.1959, HVR Nr. 211; Urt. v. 16.02.1989 – I ZR 185/87, NJW-RR 1989, 862; LG Kaiserslautern, Urt. v. 14.01.1955, HVR Nr. 81; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1964; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 56. Westphal II Rn 621. RGZ 65, 86 (90); BGH, Urt. v. 06.02.1986 – I ZR 92/84, WM 1986, 622; Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BB 1958, 60; OLG Celle DB 1962, 94; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 47. RG, Urt. v. 03.12.1929, LZ 1930, 658; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1975. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2043. LG Düsseldorf, Urt. v. 17.07.2009 – 14c O 95/09, BeckRS 2009, 24224.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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§ 89a

keinen Prüfcode generieren kann. In diesem Fall darf nicht nur der Serviceteil des Vertrages, sondern auch der Vertragshändlerteil gekündigt werden364; Systemgrundsätze, Verletzung durch den Franchisenehmer: Ja365. Allerdings wird eine Abmahmung vorauszusetzen sein366; Systemfreier Zweitbetrieb eines Franchisenehmers: Ja. Diese Verletzung des Wettbewerbsverbots durch einen Franchisenehmer stellt regelmäßig einen wichtigen Kündigungsgrund dar367; Falsche Spesenabrechnungen368: Ja; Strafbares Verhalten: Ja369, auch wenn außerdienstlich zum Nachteil des Unternehmers370; Bedrohliche und alarmierende Stornierung der Verträge: Ja371; Tätigkeitseinstellung: Ja372; Täuschung des HV: Wird der HV über zu erwartende Umsätze im Vertragsgebiet getäuscht, etwa indem fälschlicherweise ein guter Kundenstamm zugesichert wird, ergibt sich hieraus ein außerordentliches Kündigungsrecht373; Teilkündigung: Unberechtigte Teilkündigung des Vertrages: Ja374; Private Telefongespräche durch den HV: Ja375; unberechtigtes Führen von Titeln und Berufsbezeichnungen376: Ja; Tod des Unternehmer: Ja, für den HV, wenn die Person des Unternehmers wesentlich war377. Für die Erben des Unternehmers: Ja, falls sie nicht bereit oder in der Lage sind, das vom HV vertretene Unternehmen fortzuführen378; ständige Trunkenheit: Ja379; Übermaßweisung des Unternehmers: Ja, für den HV380; Überschuldung des HV: Verschuldung des HV dergestalt, dass sich dies auf seine Vertragspflichten auswirkt, etwa Unfähigkeit zur Reisetätigkeit: Ja381. Ein verschuldeter

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LG Düsseldorf, Urt. v. 17.07.2009 – 14c O 95/09, BeckRS 2009, 24224; es handelt sich aber um eine Frage des Einzelfalls, ggf. kann die zur Anschaffung zwingende Klausel unwirksam sein (Niebling WRP 2010, 81 [84]). BGH, Urt. v. 03.10.1984, NJW 1985, 1894 ff = ZIP 1984, 1494; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 360; Canaris § 18 Rn 33. BGH, Urt. v. 03.10.1984, NJW 1985, 1894 ff = ZIP 1984, 1494; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 360. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 354. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38. BGH, Urt. v. 09.07.1959 – II ZR 48/58, VersR 1959, 887; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 89a Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 45. KG, Urt. v. 22.01.1999 – 14 U 4581/97, NJW-RR 2000, 1566. BGH NJW-RR 1999, 539 = EWiR 1999, 611 (Emde).

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BGH, Urt. v. 06.10.1983 – I ZR 127/81, WM 1983, 1416; OLG Stuttgart DB 1982, 800 (801). OLG Nürnberg, Urt. v. 09.02.1956, BB 1956, 352 = HVR Nr. 153; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1981. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1982. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1983. OLG Hamburg BB 1960, 1300; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 44. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1987. RG, Urt. v. 10.06.1922, JW 1924, 177 mit ablehnender Anmerkung Titze; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1988. OLG Celle, Urt. v. 11.02.1961, VersR 1961, 507; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1989; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 42, und zwar nicht nur, wenn der HV seine Pflichten nicht mehr erfüllen kann. BGH, Urt. v. 16.04.1959, HVR Nr. 211, OLG Celle, Urt. v. 26.01.1961, DB 1961, 369; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2041. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2016.

Raimond Emde

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§ 89a

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1. Buch. Handelsstand

HV ist nur dann verpflichtet, seine Schulden dem Unternehmer auf dessen Fragen bekannt zu geben, wenn die Verschuldung die Interessen des Unternehmers berührt382; Übertreiben von Bestellungen: Wiederholte Angabe einer größeren Anzahl von Bestellungen, als sie tatsächlich vom Kunden aufgegeben wurden: Ja383; Überwachungsverschulden: Ja, wenn HV in der Phase der Freistellung Geschäftsräume an Wettbewerber überlässt und nicht hinreichend überprüft, ob der Wettbewerber die auf den früheren Prinzipal hinweisenden Werbeschilder abnimmt, weil die Gefahr der Umleitung der Kundenströme auf den Wettbewerber besteht384 (s.a. „Freistellung“); Umsatzrückgang, der auf einer Pflichtverletzung des HV beruht, stellt einen wichtigen Kündigungsgrund dar385. Für das schuldhafte Verhalten des HV ist der Unternehmer beweispflichtig386. Nimmt der Unternehmer zunächst andere Maßnahmen vor, um den Umsatz zu stabilisieren, etwa den Vertreterbezirk zu verkleinern, kann eine außerordentliche Kündigung ausgeschlossen sein387. Der Umsatzrückgang darf nicht lediglich geringfügig sein388; Umsatzsteigerung, mangelnde: Nur bei Pflichtverletzung389; Umsatzvergleich zu anderen Vertriebsmittlern: geringerer Kopfumsatz als in anderen Bezirken: Nein390, erst eine Pflichtverletzung gibt ein Kündigungsrecht; Umstellungsfrist: Eine Frist von sechs Tagen zur übergangslosen Einstellung einer jahrelang geübten Kreditierungspraxis des Mineralölunternehmens ist zu kurz bemessen391. Sofern ein Verhalten jahrelang geduldet wurde kann eine fristlose Kündigung nicht auf den Verstoß gegen eine erstmalig anderslautende Weisung gestützt werden392; unangemessenes Auftreten: Ja393; Unberechtigte Klagerhebung: In der Regel Nein, jedoch kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an394. Jede Partei hat das Recht auf Prüfung ihres Anliegens durch Gerichte; Unberechtigte Vorwürfe (hier Unterschlagung von Musterkoffern): Ja395. Unberechtigte Vorwürfe gegen den HV von dritter Seite: Ja, wenn damit eine Gefährdung der eigenen Lage verbunden ist396;

382

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OLG Nürnberg, Urt. v. 15.03.1960, DB 1960, 956 = VersR 1960, 904; OLG Hamburg, Urt. v. 21.09.1962, VersR 1963, 278 (279); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2018. BGH, Urt. v. 21.11.1980, DB 1981, 987 = VersR 1981, 190 = WM 1981, 172; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2010. LG Krefeld, Urt. v. 27.01.2010 – 7 U 96/09, VersR 2010, 945. BGH, Urt. v. 18.02.1982 – I ZR 20/80, WM 1982, 632; EBE 2000, 109 (110); Urt. v. 04.07.1960, VersR 1960, 707; Urt. v. 20.02.1958 – II ZR 20/57, BB 1958, 894; OLG Karlsruhe, Urt. v. 01.12.1970, BB 1971, 888 = BB 1971, 572; v. 25.02.1977, HVR Nr. 505; OLG Köln, Urt. v. 04.03.1970, VersR 1971, 372; OLG Nürnberg, Urt. v. 28.02.1963, BB 1963, 447; OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956 = HVR Nr. 296; LG Stuttgart, Urt. v. 19.04.1968, HVR Nr. 378; LG Essen, Urt. v. 22.04.1952, HVR Nr. 27; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 19;

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 41; Holling BB 1961, 995. OLG Nürnberg, Urt. v. 28.02.1963, BB 1963, 447. OLG Nürnberg, Urt. v. 28.02.1963, BB 1963, 447. OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.10.1975, HVR Nr. 495. BGH, Urt. v. 29.03.1990 – I ZR 2/89, ZIP 1990, 1197 (1198). OLG Celle, Urt. v. 08.10.1958, HVR Nr. 217. KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05. KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05. OLG Hamburg DB 1960, 1451. Bejaht von OLG Celle BB 1973, 711; siehe auch Hopt § 89a Rn 17. OLG Nürnberg, Urt. v. 05.02.1965, BB 1965, 688 = VersR 1965, 760. BGH, Urt. v. 24.03.1959, BB 1959, 540 = HVR Nr. 208, mit der zweifelhaften Feststellung, es bestehe keine Pflicht des Arbeitgebers sich schützend vor seine Arbeitnehmer zu stellen.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89a

– Unbestellte Ware: Sofern Kfz-Hersteller ihren Vertragshändlern unbestellte Ware liefern, in Rechnung und in die Kreditfinanzierung einstellen, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage397. Der Händler gewinnt hierdurch nach Abmahnung ein außerordentliches Kündigungsrecht. Auch die dem Händler obliegende Absatzförderungspflicht gibt dem Hersteller kein Recht zur unbestellten Zusendung von Waren398; – nachhaltiger Ungehorsam gegenüber Weisungen des Unternehmers; Ja399; – Unhöflichkeiten: Nein400, sofern nicht die Schwelle zur Beleidigung überschritten ist; – unreelles Gebahren gegenüber dem HV, z.B. hinsichtlich der Auszüge nach § 87c: Ja; – Unrentabilität des Franchisebetriebs: Nein für Franchisegeber401. Ein Kündigungsrecht besteht nur, wenn der Franchisenehmer das Potenzial des Betriebs bewusst nicht ausschöpft und damit seine Absatzförderungspflicht nachhaltig schuldhaft verletzt402. Fehlender wirtschaftlicher Erfolg stellt angesichts der Betriebsführungspflicht des Franchisenehmers auch keinen wichtigen Grund zur außerordentl. Kündigung durch den Franchisenehmer dar. Der Betrieb eines dauerhaft unwirtschaftlichen Unternehmens ist vom Franchisenehmer jedoch nicht zu verlangen403. Dies gilt jedenfalls, wenn die Laufzeit des Franchisevertrages zwanzig Jahre beträgt; – Untätigkeit des HV: Ja404; – Unterlagen: Verletzt der Unternehmer seine aus § 86a folgende Bereitstellungspflicht, kann dies ein außerordentliches Kündigungsrecht geben, zumindest bei beharrlicher Verletzung405; – Unterlassene Information über Änderungen der Unternehmensstruktur, etwa falls sie die Haftungsstruktur des Mittlers nachhaltig berühren: Ja406. Dies mag zum Beispiel bei der Umwandlung eines einzelkaufmännischen Betriebes in eine Kapitalgesellschaft der Fall sein407. Gleiches gilt, wenn es dem Unternehmer erkennbar auf den Vertragsschluss mit einer natürlichen Person ankam und er der Umwandlung nicht zustimmt408; – Unterrichtungspflicht: Mangelnde Unterrichtung über eine Tätigkeit für andere Unternehmer, sofern dies vereinbart oder ausnahmsweise wegen der Beeinträchtigung der Unternehmerinteressen gefordert war: Ja409; – Unterschrift: Unberechtigte Unterschriftsleistung: Ja, zumindest, wenn dem Unternehmen ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist410;

397 398 399 400

401 402

403 404

LG Frankfurt – 3/14 O 131/09, DB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer. LG Frankfurt/Main – 3/14 O 131/09, BB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer. OLG Stuttgart BB 1960, 956. OLG Stuttgart, Urt. v. 09.06.1960, BB 1960, 956; RG, Urt. v. 22.01.1919, JW 1919, 504 m. Anm. Titze; OLG Hamburg, Urt. v. 07.07.1903, OLGR 7, 385. Billing WM 2007, 245 (251). Billing WM 2007, 245 (251); Martinek/ Habermeier in: Martinek/Semler/Habermeier, § 25 Rn 22. Billing WM 2007, 245 (251). BGH, Urt. v. 27.02.1981 – I ZR 39/79, DB 1981, 1772; Urt. v. 09.04.1964, BGHZ 41, 292 = NJW 1964, 1622; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS

405 406 407 408 409 410

2010, 02542; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.09.1981, HVR Nr. 538; OLG Frankfurt DB 1967, 329; OLG Hamm, Urt. v. 03.11.1958, BB 1959, 682 = NJW 1959, 677; OLG Stuttgart, Urt. v. 22.05.1970, BB 1970, 1112; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1995; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 19. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1865; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 11. BGH BB 1978, 982; Westphal II Rn 608. Westphal II Rn 680. LG Göttingen, Urt. v. 21.03.2007 – 5 O 247/06, VersR 2007, 1696. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2000. OLG Frankfurt, Urt. v. 24.10.1990, VersR 1992; Küstner in: Küstner I Rn 2002.

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§ 89a

1. Buch. Handelsstand

– Unterstützung eines Wettbewerbers: Ja, etwa durch Anpreisung eines Wettbewerbers des Unternehmers auf der Homepage des HV (ohne Abmahnung)411 oder durch Überlassung der Kundenräume an diesen (s. „Freistellung“ und „Geschäftsraumpartnerschaft“)412; – Untervertreter: Mangelnde Erfüllung des HV beim Einsatz von Untervertretern: Ja413; – Längerfristiges Unvermögen zur Vertragserfüllung, etwa aufgrund langfristiger Berufsoder Arbeitsunfähigkeit des HV oder Betriebseinstellung des Unternehmers: Nein, wenn diese Tatsache länger voraussehbar war und durch rechtzeitige ordentliche Kündigung zu vermeiden gewesen wäre414. Ja vor allem bei unvermittelt eintretenden Umständen, z.B. nach plötzlicher Erkrankung des HV, Zerstörung des Betriebs415; – Unwahre Angaben: Verbreitet der HV unwahre Angaben über das vertriebene Produkt: Ja416: Auch ein einmaliger Zwischenfall kann für die Zerstörung des notwendigen Vertrauensverhältnisses ohne Abmahnung ausreichend sein417; – Unzuverlässigkeit des HV, wenn sie das Vertrauen des Unternehmers nachhaltig erschüttert418. Beispiele: weder auf die vertraglichen noch auf die außervertraglichen Zusicherungen des HV ist Verlass; etwa falls der Generalvertreter einer Versicherungsgesellschaft nachträglich hervorgetretene Tatsachen nicht mitteilt, welche die Versicherungsleistung gemindert hätten419, und dies, obwohl eine Rückforderung des zuviel Gezahlten noch möglich gewesen wäre; Nichterfüllung wiederholter Zusagen in einem langjährigen Vertrauensverhältnis420; Zerstörung des Vertrauensverhältnisses durch einmalige Unwahrhaftigkeit des Generalvertreters, dem durch einen für unbeschränkte Dauer geschlossenen Vertrag der Generalvertrieb eines Artikels „unwiderruflich“ übertragen war421; – Verkauf der Handelsvertretung: Ein Asset-Deal des HV, mit welchem er sein Unternehmen veräußert, berechtigt zur fristlosen Kündigung, sofern der HV danach nicht mehr zur Vertragserfüllung im Stande ist422. Dies gilt insbesondere, wenn Dritten hierdurch ohne Zustimmung des Unternehmers dessen Geheimnisse zugänglich werden. Bei einem Share-Deal bleibt der Vertrag mit der Gesellschaft, deren Anteile veräußert wurden, bestehen. Ein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmers besteht in jener Situation nur bei Interessengefährdung, etwa nach Ausscheiden von Schlüsselpersonen oder Unzumutbarkeit des neuen Gesellschafters, z.B. bei einem Verkauf an einen Wettbewerber; 411 412 413

414

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LG Karlsruhe, Urt. v. 19.09.2008 – 6 O 68/07, BeckRS 2009, 21032. LG Krefeld, Urt. v. 27.01.2010 – 7 U 96/09, VersR 2010, 945. OLG Frankfurt, Urt. v. 13.05.1960, BB 1960, 1300; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2003. BGH, Urt. v. 30.01.1986 – I ZR 185/83, NJW 1986, 1931; Urt. v. 07.02.1974 – VII ZR 93/73, WM 1974, 351 (352); OLG Dresden ZIP 1996, 73; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 246; Ende BB 1996, 2260 f; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 32; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 51, 55; Schröder § 89a Rn 1c. OLG Düsseldorf OLGR 2000, 246; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 32; MünchKomm-

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417 418 419 420 421 422

HGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 51, 55; Schröder § 89a Rn 10c. BGH, Urt. v. 20.10.1955 – II ZR 75/54, DB 1956, 136; Urt. v. 05.10.1989 – I ZR 160/88, NJW-RR 1990, 171; RG, Urt. v. 16.02.1932, JW 1937, 1311 m. Anm. Barz; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2004; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 18. RG, Urt. v. 16.02.1937, JW 1937, 1311. BGH DB 1956, 136. RG HRR 1930, Nr. 1035. KG IRPV 1936, 283. RG JW 1937, 131110. OLG Hamburg, Urt. v. 21.09.1962, DB 1962, 1663 = VersR 1963, 278; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1903.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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§ 89a

Vermittlung kreditunwürdiger Kunden: Ja423, jedenfalls nach Abmahnung; Vermögensverfall einer Vertragspartei424: Ja; Vertragsverletzung bei unklaren Vertragsklauseln: Nein425; Verwaltungstätigkeit: Weigerung des HV zu vertraglich vorgesehenen Verwaltungstätigkeiten (Inkasso, Schadensregulierung, Ausarbeitung von Angeboten, Regaldienst): Ja426; Vollmachtsüberschreitung durch den HV: Ja427; Vorbereitung weiterer Tätigkeit: Suche und Abschluss eines Nachfolgevertrages: Nein428. Auch ein Verhandeln mit der Berufsorganisation über den Neuvertrag ist hinzunehmen429. Der HV darf Vorbereitungshandlungen für eine Nachfolgevertretung vornehmen. Dies setzt aber voraus, dass es bei Vorbereitungshandlungen bleibt. Die probeweise Vermittlung von Produkten ist ein zur Kündigung berechtigender Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot430; Vorkasse, Bestehen des Unternehmers auf 431: Möglicherweise Ja; Vorstrafen des HV: Ja, wenn die Möglichkeit nahe liegt, dass der HV im Rahmen seiner Tätigkeit Versuchungen ausgesetzt ist, die zu neuen Straftaten führen432 oder ein vorbestrafter HV nicht akzeptabel ist. Die Vorstrafen dürfen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht bekannt gewesen sein. Eine rechtskräftige Verurteilung des zu Kündigenden wegen der Tat, die den Kündigungsgrund darstellen soll, bindet das Zivilgericht nicht (§ 14 Abs. 2 Nr. 1 EGZPO)433. Die Frage der Bindungswirkung stellt sich nicht, falls die Tatsache der Verurteilung bereits die Kündigung rechtfertigen kann434; Vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit: Wahrheitswidrige Behauptung der Arbeitsunfähigkeit: Ja435; Vorvertragliche Umstände: Ja, wenn sie dem Kündigenden bei Vertragsschluss unbekannt waren und einen wichtigen Grund bilden436; Verletzung der Aufklärungspflicht über vorvertragliche Umstände: Fehlende Aufklärung durch den HV über vertragsrelevante, vorvertragliche Umstände: Ja437; Verluste des Unternehmers ohne durch den HV verschuldeten Umsatzrückgang: Ja, wenn die Kündigung notwendig ist, um den Fortbestand des Unternehmens zu

423 424

425 426 427 428

BGH, Urt. v. 14.03.1960 – II ZR 79/58, BB 1960, 574; OLG Karlsruhe DB 1969, 741. BGH, Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (295) = ZIP 1995, 1001 (1003); OLG Dresden ZIP 1996, 73 = EWiR 1996, 1133 (v. Manteuffel/Evers); OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1191; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 47, 55. OLG München HVR Nr. 699; Hopt § 89a Rn 18. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2023. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2024. BGH, Urt. v. 20.06.1968 – VII ZR 12/66, n.v.; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2019; OLG Nürnberg, Urt. v. 27.05.1958, HVR

429 430 431 432

433 434

435 436 437

Nr. 160; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2026. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2027. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2028. OLG Düsseldorf OLGR 1997, 111. RG, Urt. v. 03.12.1929, LZ 1930, 658, das einen strengen Maßstab anlegen will; RG, Urt. v. 26.09.1924, LZ 1925, 1275; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2029. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. BAG, Urt. v. 08.06.2000 – 2 ABR 1/00, ZIP 2000, 2265; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2031. Westphal II Rn 596. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2032.

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sichern438; nach aA bereits, wenn sich Verluste abzeichnen439. Entscheidend ist allein, wie sich die wirtschaftliche Lage und ihre Weiterentwicklung bei vernünftiger Betrachtung im Zeitpunkt der Kündigung darstellt440. Der wirtschaftliche Niedergang kann nicht erst dann berücksichtigt werden, wenn Vermögen und Kredit verbraucht sind und die Schließung des Betriebs des Unternehmens erforderlich wäre441. Dass „rote Zahlen“ geschrieben werden ist folglich nicht erforderlich442. Der HV muss sich am Risiko des geschäftlichen Niedergangs beteiligen lassen; Verluste des Mittlers: Ja443, es gilt das zu Verlusten des Unternehmers Gesagte entsprechend; Vernachlässigung von Pflichten: Ja444; Verschmelzung: Eine Verschmelzung kann dem Vertragspartner einen außerordentlichen Kündigungsgrund geben, etwa bei Veränderung des Verkaufsprogramms oder falls der Verschmelzungspartner bereits eine Außendienstorganisation besitzt445 (regelmäßig ist aber Vertragstreue gefordert; erst ordentliche Kündigung, dann Verschmelzung); Verwahrung von Fremdgeldern: Ist dem HV Inkassovollmacht erteilt worden, so muss er Fremdgelder gesondert aufbewahren, ohne sie mit fremdem oder eigenem Geld zu vermischen446. Sie müssen der Verfügungsbefugnis unbefugter Dritter entzogen werden447. Verletzung dieser Pflichten: Ja448; Verschlechterung der Vermögensverhältnisse: Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des HV: Ja, soweit sie die Vertragsausführung berührt449; Verschlechterung der Ware des Unternehmers: Ja450, wenn erheblich; Verschweigen von Konkurrenztätigkeit: Leugnen eines verbotenen Wettbewerbsgeschäftes: Ja451; Vertretertreffen: Vertretertreffen ohne Beteiligung des Unternehmers: Nein452; Verwaltung eines Treuhand-Fonds: Ja, falls der Franchisegeber bei seiner Verwaltung über einen längeren Zeitraum von den Regelungen des Franchisevertrages zum Nachteil des Franchisenehmers abweicht und dies vor dem Franchisenehmer verheimlicht453;

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BGH, Urt. v. 20.02.1958, BB 1958, 894 = VersR 1958, 243; RG, Urt. v. 09.03.1933, WarnRspr. 1933 Nr. 79 = HRR 1933 Nr. 833; Urt. v. 18.12.1919, Recht 1920 Nr. 2535; Urt. v. 13.12.1911, WarnRspr. 1912 Nr. 121; Urt. v. 02.12.1910, JW 1912, 158; OLG München, Urt. v. 05.01.1914, LZ 1914, 1055; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2013; Canaris § 17 Rn 89; Hopt § 89a Rn 21. Oetker/Busche § 89a Rn 21. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2014. BGH, Urt. v. 20.02.1958, BB 1958, 894 = VersR 1958, 243. Hopt § 89a Rn 21. Hopt § 89a Rn 25 i.V.m. Rn 21. BGH, Urt. v. 18.02.1982 – I ZR 20/80, WM 1982, 632; OLG Celle NdsRPfleger 1959, 109, 110; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 19; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 41. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1912.

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Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1851. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a; LG Frankfurt am Main, Urt. v. 30.03.1976 – 3/4 HKO 224/75 zur Verwahrungspflicht des Tankstellenhalters; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1851. OLG Celle, Urt. v. 09.05.1958, BB 1958, 894 m. Anm. von Lüpke = HVR Nr. 179; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1852. RG, Urt. v. 22.11.1918, LZ 1919, 375; ROHG, Urt. v. 17.06.1871, ROHGE 2, 436; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1924; Münchkomm/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 47; Hopt § 89 Rn 20. BGH, Urt. v. 03.03.1993 – VIII ZR 101/92, BGHZ 122, 9 = NJW 1993, 1386. BGH, Urt. v. 20.10.1955, BB 1956, 95 = DB 1956, 136. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2036. OLG München, Urt. v. 25.08.2005 – 6 U 4084/04, DB 2006, 554.

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– Wegfall wichtiger Kunden: U.U. Ja für den HV454, insbesondere eines existenziell wichtigen Kunden455. Ein etwa vorhandener Ersatzkunde schließt dieses Recht nicht aus, wenn völlig offen ist, ob er die Produkte des neuen Lieferanten akzeptiert und sie im vergleichbaren Umfang wie bisher ordert456; – Nichtbefolgung zulässiger Weisungen: Ja457; – Weisungsrecht: Ein übermäßig stark ausgeübtes Weisungsrecht, welches die Tätigkeit des HV wesentlich erschwert, kann den HV zur fristlosen Kündigung des Vertrages und Schadensersatz berechtigen458; – Weisungswidrige Annahme von Kundenaufträgen durch den HV: Ja459; – Weisungswidriges Unterzeichnen von Auftragsannahmeformularen: Ja460; – Werkspionage: Ausforschung von Betriebsgeheimnissen des Unternehmers: Ja461; – Werkstatttest: Bei einer Kfz-Werkstatt soll das Nichtbestehen des Werkstatttests einer Fachzeitschrift einen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, eine Abmahnung nicht erforderlich sein462. Der Werkstatttest schädige das Image der Marke des Kfz-Herstellers. Es könne nicht angehen, dass eine Werkstatt ein verkehrsuntüchtiges Fahrzeug als verkehrstüchtig dem Kunden überlasse; – Wettbewerbsverbot, Information: Der HV soll angeblich seine Intention, nach Vertragsende für einen Wettbewerber des Unternehmers tätig zu werden, offenbaren müssen463. Der Unternehmer solle die Möglichkeit haben, den Einsatz des HV während der Kündigungsfrist so zu gestalten, dass ihm kein Schaden entsteht. Je nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bei langer Kündigungsfrist, soll die Verletzung der Offenbarungspflicht einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen464 (zwh.); – Wettbewerb durch Gesellschafter einer HV-GmbH: Ja, falls die Gesellschaft möglichen Einfluss unterlässt465, zudem bei Schädigungsgefahr und Schädigungswahrscheinlichkeit466; – Wettbewerbsverstoß des HV nach unberechtigter Kündigung durch Unternehmer: Die Prüfung, ob der Unternehmer hier kündigen darf oder eine Kündigung durch Treu und

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BGH, Urt. v. 20.03.1981 – I ZR 12/79, DB 1981, 2274; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 58. OLG Köln, Urt. v. 09.08.2002 – 19 U 59/02, VersR 2003, 642. OLG Köln, Urt. v. 09.08.2002 – 19 U 59/02, VersR 2003, 642. BGH, Urt. v. 27.02.1981 – I ZR 39/79, DB 1981, 1772; Urt. v. 04.06.1986 – I ZR 161/84, VersR 1986, 1072; Urt. v. 21.01.1993 – I ZR 23/91, NJW-RR 1993, 741; OLG Nürnberg MDR 1974, 144; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 17; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 38, 39. BGH, Urt. v. 16.04.1959, HVR Nr. 211; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1898; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. BGH, Urt. v. 14.03.1960 – II ZR 79/58,

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VersR 1960, 414; Urt. v. 21.01.1993 – I ZR 23/91, NJW-RR 1993, 741. BGH, Urt. v. 04.06.1986 – I ZR 161/84, VersR 1986, 1072; OLG Frankfurt VersR 1992, 492. BGH, Urt. v. 05.02.1959, BGHZ 29, 275 = NJW 1959, 878; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2042. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.02.2010 – VI-W (Kart) 1/10, zitiert nach BB 2010, 1801. OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.1972; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1950. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1952; offengelassen von OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.1972, n.v. Emde GmbHR 1999, 1005 (1015). Emde GmbHR 1999, 1005 (1015).

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Glauben ausgeschlossen ist, hat unter Berücksichtigung aller Einzelfallmomente zu erfolgen467; willkürliche Untersagung der Tätigkeit des HV: Ja; Zahlungsschwierigkeiten: Wahrheitswidrige Behauptung von Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmers durch den HV: Ja468; Zentralinkasso: Übergang vom Vertreterinkasso zum Zentralinkasso: regelmäßig Nein, es sei denn, der HV war vertraglich zum Inkasso berechtigt469; Zerstörung des Vertrauensverhältnisses: Ja470; Zurückbehaltungsrecht: Zulässige Ausübung des ZBR durch den HV: Nein471. Dies gilt auch dann, wenn die Ware, an der das ZBR ausgeübt wird, nicht verkauft werden kann472. Selbst wenn das ZBR vom HV nicht hätte geltend machen dürfen, mag ein entschuldigender Rechtsirrtum vorliegen; Zusatzvertretung, genehmigungspflichtige: Nichteinholung der vertraglich erforderlichen Genehmigung durch den HV: Ja473.

10. Abmahnung. Jedenfalls einer außerordentlichen Kündigung wegen Verfehlungen im Leistungsbereich hat regelmäßig eine Abmahnung nach § 314 BGB vorauszugehen474. Das Erfordernis einer Abmahnung oder das Setzen einer zur Abhilfe bestimmten Frist vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ist nicht in § 89a sondern in § 314 Abs. 2 BGB geregelt. Das Abmahnerfordernis rechtfertigt sich aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz475 und der Treupflicht476. Wo eine Mahnung Vertragstreue wiederherstellen kann soll nicht sofort gekündigt werden dürfen. Die Kündigung bildet die ultima ratio. Daraus folgt sogleich die Grenze des Abmahnerfordernisses: Wenn trotz Abmahnung und nachfolgender Vertragstreue das für die Vertragsfortführung unabdingbare Vertrauen gleichwohl verloren wäre, braucht nicht abgemahnt zu werden (Rn 33 f). In diesem Ausnahmefall wäre die Vertragsfortführung trotz Vertragstreue unzumutbar. In allen anderen Fällen ist eine Abmahnung erforderlich477. Dies war schon vor Einführung

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BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJWRR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker). OLG Hamburg, Urt. v. 02.04.1958, HVuHM 1958, 285; Küstner in: Küstner/ Thume I Rn 2044. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2045. BGH, Urt. v. 20.10.1955 – II ZR 75/54, DB 1955, 136; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 58. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2048. Küstner in: Küstner/Thume I Rn 2049. BGHZ 129, 290 (295); BGH, Urt. v. 07.07.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101; Urt. v. 21.03.1985 – I ZR 117/82, WM 1985, 982 (983); OLG Köln, Urt. v. 20.07.2001 – 19 U 219/00, BB 2001, 2241; OLG Celle, Urt. v. 18.12.1970 – 834/69; OLG Köln, VersR 1972, 664; OLG Nürnberg, Urt. v. 13.12.1962, BB 1963, 203 = HVR Nr. 342; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.01.1997 – 1 O 188/96, HVR Nr. 820;

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OLG Hamm, Urt. v. 06.06.1991 – 18 U 114/90, NJW-RR 1992, 364 = HVR Nr. 753; Küstner in: Küstner/Thume I, Rn 2051, 2055; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 38; Ulmer/Schäfer ZIP 1994, 753 (766). BGH, Urt. v. 16.12.1998 – VIII ZR 381/97, NJW-RR 1999, 539 = EWiR 1999, 611 (Emde); Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = DB 2001, 1195 = EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (Emde) = WM 2001, 1031 = MDR 2001, 637; Urt. v. 11.01.2006 – VIII ZR 396/03, BB 2006, 517 (518); OLG Koblenz, Urt. v. 22.03. 2007 – 6 U 1313/06, NJW-RR 2007, 1044 (1045) = EWiR 2007, 525 (Döpfer). OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008 – 10 U 233/07, OLGR 2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 12. OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008 – 10 U 233/07, OLGR 2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218.

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des § 314 BGB durch die Schuldrechtsnovelle 2002 allg. Ansicht478, auch in der Rechtsprechung479, und jene Rechtsprechung ist nach 2002 fortgeführt worden. Im Regelfall ist von dem Erfordernis einer Abmahnung auszugehen. Gerade bei berechtigten Zweifeln ist eine Abmahnung zwecks Klärung nötig480. Dies gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich481, zumal die Abgrenzung zwischen Störungen im Vertrauens- und Leistungsbereich ohnehin unscharf ist482. Im Arbeitsrecht war früher unstrittig, dass vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Störungen im Leistungsbereich eine Abmahnung erfolgen musste483. Dem Verletzer sollte Gelegenheit zur Korrektur seines Verhaltens gegeben werden. Betraf die Verfehlung den Vertrauensbereich, entfiel regelmäßig das zur Vertragsfortführung nötige Vertrauen, eine Abmahnung war entbehrlich484. Nachdem das BAG seine Rechtsprechung änderte und erklärte, Abmahnungen seien auch vor Kündigung wegen Verfehlungen im Vertrauensbereich auszusprechen, falls die Erklärung wegen eines steuerbaren Verhaltens oder aus einem Grunde ausgesprochen werde, welcher durch ein steuerbares Verhalten beseitigt werden könne485, spricht viel dafür, im HV-Recht nicht weniger streng zu urteilen. Dies gilt umso mehr, wenn wegen § 89b Abs. 3 Nr. 2 infolge der Kündigung der Ausgleichanspruch verloren geht486. Eine ungenügende, sachlich nicht gerechtfertigte487 oder unwirksame Abmahnung verfehlt die erforderliche Warnfunktion488. Ohne zumutbare Abmahnung fehlt es am wichtigen Grund (Grundsatz der Verhält- 28 nismäßigkeit)489 und die Kündigung ist unwirksam, sofern eine Abmahnung erforderlich war und nicht erfolgte. Die wegen fehlender Abmahnung unwirksame Kündigung kann in eine wirksame Abmahnung umgedeutet werden490. Die unwirksame außerordentliche Kündigung kann zudem als ordentliche Kündigung aufrechterhalten werden, falls in jedem Fall auch ordentlich gekündigt werden sollte. Beruht der Fehler der Abmahnung

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MünchKommBGB/Schwerdtner § 626 Rn 40; Schaub NJW 1990, 872; NZA 1997, 1185; Bergwitz BB 1998, 2310. BGH, Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = DB 2001, 1195 = EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (Emde) = WM 2001, 1031 = MDR 2001, 637; Urt. v. 16.12.1998 – VIII ZR 381/97, NJW-RR 1999, 539 (540) = EWiR 1999, 611 (Emde); OLG Düsseldorf OLGR 2000, 354 (355); KG BB 1998, 607 (608). BGH WM 2001, 1034; Hopt § 89a Rn 10. OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008, OLGR 2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.05.2001, HVR Nr 1078; Emde EWiR 1999, 706; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 16; aA BGH, Urt. 26.05.1999 – VIII ZR 123/98, ZIP 1999, 1307 (1309) = EWiR 1999, 705 (Emde); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 29; Hopt § 89a Rn 10; offengelassen von OLG Köln, Urt. v. 20.10.2000 – 19 U 86/00, VersR 2001, 1023 = NJW-aktuell 2/2001, VIII = EWiR 2001, 121 (Emde) = NJW-RR 2001, 820.

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 16. Hoß MDR 1999, 337; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 8. Aufl. 1996, § 61 VI 2a. BAGE 26, 116; Schaub, a.a.O. BAGE 86, 95 (102); BAG DB 1999, 1121 (1122); MDR 2001, 36 (37); Palandt/Putzo § 626 Rn 18. Emde EWiR 1999, 612; EWiR 1999, 706. Offen gelassen von BAG, Urt. v. 23.06.2009 – 2 AZR 283/08, BB 2010, 255 (Arbeitsrecht). Nach Ansicht des BAG kommt es darauf an, ob der Gekündigte erkennen kann, welches Verhalten der Kündigende erwarte und welches Fehlverhalten er als so schwerwiegend betrachte, dass es ihm Anlass zur Beendigung des Vertrages geben werde. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 12; aA LAG Köln MDR 1999, 876. OLG München BB 1993, 2403; Hopt § 89a Rn 10. BGH, Urt. v. 19.01.2007 – V ZR 26/06, WM 2007, 664 zu einem Einziehungsbeschluss nach WEG.

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jedoch auf lediglich formeller Unwirksamkeit und ist die Abmahnung sachlich richtig, kann die Warnfunktion bestehen und die Kündigung bleibt wirksam491. §§ 164 ff, 174 und 180 BGB gelten entsprechend492. Das Abmahnerfordernis gilt auch bei Konkurrenztätigkeit493 (dann oft aber völliger Vertrauenswegfall). Gemäß § 314 Abs. 2 BGB ist die Abmahnung oder die Fristsetzung zur Abhilfe nur 29 bei Verletzung einer vertraglichen Pflicht gefordert. Das kennzeichnet die Mindestanforderungen, schließt jedoch ein Abmahnerfordernis in anderen Fällen nicht aus. Wenngleich darin meist auch eine Vertragsverletzung zu erblicken sein wird, ist das Abmahnerfordernis auf alle Fälle zu erstrecken, in denen ein der Abhilfe fähiger Kündigungsgrund aus der Sphäre des möglichen Kündigungsempfängers stammt. Das ergibt sich nicht erst aus § 314 Abs. 2 BGB (ggf. analog), sondern bereits aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip: Nur in Fällen, in denen auch durch Abmahnung oder Fristsetzung das Vertrauen nicht wiederherzustellen ist, darf gekündigt werden, ohne dass dem Vertragspartner zuvor die Chance zur Besserung geboten wurde.

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a) Inhalt und Form der Abmahnung. Dem zu Kündigenden muss mittels der Abmahnung oder der Fristsetzung als zugangsbedürftige Willenserklärungen (Kenntnisnahme wie bei anderen Willenserklärungen nicht erforderlich)494 unzweideutig, unmissverständlich und ernsthaft vor Augen geführt werden, dass der exakt zu bezeichnende wichtige Grund abgestellt werden muss, widrigenfalls der Vertrag außerordentlich gekündigt werde495. Der vorgeworfene Verstoß muss so genau bezeichnet werden, dass der Abgemahnte den Inhalt der verletzten Pflicht erkennen kann496. Regelmäßig muss die Abmahnung ausdrücklich und sollte auch der Beweisbarkeit und Warnfunktion wegen textschriftlich erfolgen. Zwingend ist das nicht. Auch die mündliche Abmahnung ist bei hinreichender Klarheit wirksam. Ein Formerfordernis gibt es nicht497. In besonders eiligen Fällen kann und muss etwa eine mündliche Abmahnung vorgenommen werden, die aber selbstverständlich schriftlich wiederholt oder bestätigt werden darf. Die Abmahnung kann auch konkludent erteilt werden, wenn sie auch in dieser Form hinreichend klar erfolgt. Dabei ist insbesondere an eine stillschweigende Kündigungsandrohung zu denken.

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b) Frist zur Abmahnung. Die Abmahnung hat dem Abgemahnten hinreichend Zeit und Gelegenheit geben, die abgemahnte Vertragsstörung abzustellen. Hierzu ist eine angemessene, nicht statische498, an den Verhältnissen des Einzelfalls orientierte und für die Änderung der Umstände genügende Frist zu gewähren. Je dringender der Fall und je schneller eine Abhilfe möglich ist, umso kürzer darf – nicht muss – die Frist gewählt werden. Erst nach Ablauf der Frist kann die erfolglos abgemahnte aber fortbestehende oder eine vergleichbare Vertragsstörung einen wichtigen Kündigungsgrund bilden. Das abge491 492 493

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BAG, Urt. v. 19.02.2009 – 2 AZR 603/07, DB 2009, 1822 – Arbeitsrecht. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 13. BGH, Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = DB 2001, 1195 = EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (Emde) = WM 2001, 1031 = MDR 2001, 637. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 13. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; Schaub NJW

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1990, 872 (873); Hoss MDR 1999, 333 (335); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 16; aA RGRK-BGB/Corts § 626 Rn 44; Kranz NZA 1998, 1464. BAG, Urt. v. 23.06.2009 – 2 AZR 283/08, BB 2010, 255 – Arbeitsrecht. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 13; Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 375. Hoss MDR 1999, 333 (336).

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mahnte Verhalten ist dabei nicht Kündigungsgrund, nur das fortgesetzte oder ähnliche499. Das Ursprungsverhalten dient aber auch hier der Illustration des Kündigungsgrundes (Rn 41). Auch ein nicht abgemahntes Verhalten kann im Einzelfall nach einer wegen eines anderen Verhaltens erteilten Abmahnung einen wichtigen Kündigungsgrund bilden, wenn es das „Fass zum Überlaufen bringt“ und die Neigung des Vertragspartners zu Vertragswidrigkeiten unterstreicht500. c) Abmahnung nach zweiter Vertragswidrigkeit. Wegen des in der Abmahnung ge- 32 rügten Verhaltens darf der Mahnende den Vertrag nicht mehr außerordentlich kündigen501. Nach einer erneuten, vergleichbaren Vertragswidrigkeit muss im Grundsatz ein weiteres Mal gem. § 314 BGB abgemahnt werden502. Dieser Grundsatz ist aber in der Praxis häufig in sein Gegenteil verkehrt: Ergibt sich nämlich im Zusammenwirken zwischen erster, abgemahnter und folgender Vertragswidrigkeit, dass der Vertragspartner sich offenbar auch durch Abmahnungen nicht zur Vertragstreue anhalten lässt, darf jetzt ohne weitere Abmahnung außerordentlich gekündigt werden, was praktisch häufig der Fall ist. Insbesondere, sofern zwischen erstem und zweitem Verstoß nur eine kurze Spanne liegt, wird dieser Fall gegeben sein503. Das gilt selbstverständlich auch, wenn die zweite Vertragswidrigkeit eine Schwere erreicht, die sogar ohne die erste Vertragswidrigkeit zur außerordentlichen Kündigung ohne Abmahnung berechtigt hätte. Nach langer Zeitspanne zwischen Abmahnung und Kündigung darf sich der Kündigende möglw. nicht mehr auf die Abmahnung berufen. d) Abmahnung unnötig. Grundsätzlich ist abzumahnen. Entbehrlich ist die Abmah- 33 nung ausnahmsweise nur, falls die Kündigung auf Umstände gestützt werden kann, auf die der prospektive Kündigungsempfänger keinen Einfluss nehmen kann504. Genannt werden Kündigungsgründe aus der Sphäre des Kündigenden, nicht steuerbares Verhalten505 oder binnen angemessener Zeit nicht abstellbare Gründe506. Gleiches gilt bei Kündigungsgründen, die so erheblich sind, dass selbst durch eine Abmahnung das für die Zusammenarbeit erforderliche Vertrauen nicht wieder hergestellt werden kann (zerstört wurde)507, also solche Gründe, die unabänderlich die Kündigung rechtfertigen508. Ob der HV sein Verhalten für erlaubt hielt ist unerheblich509, wenn das Verhalten auch im Lichte dessen die nötige Schwere erreichte. Beispiele, in denen keine Abmahnung erforderlich sein soll: 34 – Ausgliederung und Rechtsformwechsel des HV ohne Zustimmung des Unternehmers, sofern der bisherige HV im neuen Rechtsträger weder Geschäftsführer noch Gesellschafter ist510 499 500

501

502 503 504

Vgl. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 14. Vgl. BAG, Urt. v. 10.11.1988 – 2 AZR 215/88, NJW 1989, 2493; Schaub NJW 1990, 872 (876); Hoss MDR 1999, 333 (338); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 15. BAG, Urt. v. 26.11.2009 – 2 AZR 751/08, DB 2010, 733 – Arbeitsrecht; OLG Köln, Urt. v. 16.04.2010 – 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056. AA BGH WM 1981, 172 (174); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 15. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 15. OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.05.2001, HVR Nr 1078; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 16.

505

506 507 508 509

510

Vgl. BAG MDR 2000, 279; aA BGH NJW-RR 1999, 539 (540) = EWiR 1999, 611 (Emde). BGH, Urt. v. 11.12.1981 – I ZR 139/79, EBE 1982, 132 (133). OLG Köln, Urt. v. 20.07.2001 – 19 U 219/00, BB 2001, 2241. OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.05.2001, HVR Nr 1078. BGH, Urt. v. 26.05.1999 – VIII ZR 123/98, WM 1999, 1986; Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 9. Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332).

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– –

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grobes Fehlverhalten511 strafbare Handlungen512 oft heimlicher Verstoß gegen ein vertragliches oder gesetzliches Wettbewerbsverbot513 Unterstützung eines Wettbewerbers, etwa durch Anpreisung eines Wettbewerbers des Unternehmers auf der Homepage des HV514 Abwerbung anderer HV515 leichtfertiges Äußern von strafrechtlich relevanten Vorwürfen über einen wichtigen Kunden des Unternehmers516 falls ein HV unter fettgedruckter Herausstellung seiner Kooperation mit der von ihm vertretenen Bausparkasse ohne deren Zustimmung Werbeschreiben an Kunden verschickt, mit welchen jenen vorgespiegelt wird, sie hätten im Rahmen eines Preisausschreibens Grundbesitz gewonnen517 Bei Nichtbestehen eines Werkstatttests durch eine Kfz-Werkstatt518. Beispiele für Abmahnbedürftigkeit: Anzeige eines Haftpflichtschadens durch den HV ohne Kenntnis und Auftrag des Versicherungsnehmers, aber nach telefonischer Rücksprache mit dem zuständigen Gruppenleiter der Versicherung, sofern eine derartige Handhabung von der Versicherung jahrelang ohne Beanstandung hingenommen worden ist519 Ausgliederung und Rechtsformwechsel des HV ohne Zustimmung des Unternehmers, jedoch bei wirtschaftlich-faktischer Kontinuität des HV-Unternehmens520 später bedauerte und nicht wiederholte Drohungen und Beleidigungen durch einen Filialdirektor des Unternehmers in Erregung521 einmaliger Vertragsverstoß bei langjährigem Vertrag522 ehrverletzende Äußerungen in einem Internetforum523 die fehlende Bereitstellung von Unterlagen524

511 512 513

514 515 516 517

Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 16. BGH, Urt. v. 26.05.1999 – VIII ZR 123/98, ZIP 1999, 1307 (1309); OLG München, Beschl. v. 24.03.2009 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon; LG Karlsruhe, Urt. v. 19.09.2008 – 6 O 68/07, BeckRS 2009, 21032; Emde EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (484); Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 9; Ayad BB 2010, 920; Hopt § 89a Rn 10; aA BGH, Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = DB 2001, 1195 = EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (Emde) = WM 2001, 1031 = MDR 2001, 637. LG Karlsruhe, Urt. v. 19.09.2008 – 6 O 68/07, BeckRS 2009, 21032. LG Gießen, Urt. v. 31.08.2001 – 8 O 78/99. OLG Köln, Urt. v. 04.07.2001 – 19 U 16/01, VersR 2002, 482. OLG Köln, Urt. v. 20.10.2000 – 19 U 86/00,

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VersR 2001, 1023 = EWiR 2001, 121 (Emde) = NJW-RR 2001, 820. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 24.02.2010 – VI-W (Kart) 1/10, zitiert nach BB 2010, 1801. OLG Köln, Urt. v. 20.07.2001 – 19 U 219/00, BB 2001, 2241; im Anschluss an BGH, Urt. v. 17.01.2001 – VIII ZR 186/99, VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = DB 2001, 1195 = EWiR § 89a HGB 2/01, 483 (Emde) = WM 2001, 1031 = MDR 2001, 637. Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). OLG Stuttgart, Urt. v. 29.04.2008 – 10 U 233/07, OLGR 2008, 834 = BB 2008, 1954 = VersR 2009, 218. BGH, Urt. v. 12.03.2003, VersR 2003, 856 = NJW-RR 2003, 981. LAG Baden-Württemberg, Urt. v 07.05.2007 – AuA 2007, 433. LG Hamburg, Beschl. v. 16.07.2008 – 411 O 54/08.

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§ 89a

– ggf. vorgesehene Gegenkündigung auf eine unwirksame außerordentliche Kündigung des Vertragspartners525. Eine unberechtigte Kündigung kann zwar nicht zurückgenommen werden, bildet aber für den Kündigungsempfänger einen eigenen Kündigungsgrund. Trotz fehlender „Rücknahmemöglichkeit“ mag eine Abmahnung mit kurzer Fristsetzung erforderlich sein, mit der der unberechtigt Kündigende aufgefordert wird, sich nicht auf Wirkungen der Kündigungserklärung zu berufen (abhängig vom Einzelfall)526 – Kündigung durch einen Mineralölunternehmer, sofern der Tankstellen-HV entgegen einer ihm kurz zuvor erteilten Weisung auf Kredit verkauft hat, das Unternehmen die Kreditgewährung über Jahre geduldet und gefördert hatte und der HV die Kreditgewährung auf Grund der Weisung bereits erheblich vermindert hat527 – wenn der Unternehmer Kunden des HV nach Kündigung des HV die versprochenen Rabatte nicht mehr gewährt528 – bei einer Kündigung des Vertragshändlers wegen der Lieferung unbestellter Ware durch den Kfz-Hersteller529 – Kündigung wegen unrichtiger Reisekostenabrechnungen, sofern die Unrichtigkeit nicht gravierend ist530 – Untervertreter: Bei fehlender Beschäftigung eines Untervertreters, die vertraglich vorgesehen war531. Beweispflichtig für den eng auszulegenden Ausnahmefall einer ohne Abmahnung zulässigen Kündigung ist der ohne Abmahnung Kündigende. Liegt ein solcher Ausnahmefall nicht vor, bedarf es grundsätzlich einer Abmahnung. Es sollte daher regelmäßig abgemahnt werden. Bestimmt der Vertrag ein Abmahnerfordernis, trifft es nicht Fälle, in denen auch durch die Abmahnung das für die Vertragsdurchführung erforderliche Vertrauen nicht wieder gefunden werden kann. Als AGB widerspräche eine solche Bestimmung dem gesetzlichen Leitbild und wäre gemäß § 307 BGB unwirksam. e) Feststellung des Fehlens eines Abmahngrundes. Der Mittler kann die gerichtliche 35 Feststellung suchen, ein Abmahngrund sei nicht gegeben. Nach aA soll die auf Feststellung der „Unwirksamkeit“ der Abmahnung gerichtete Klage unzulässig sein532. Das Feststellungsinteresse dürfte jedoch regelmäßig bestehen533. Der Prinzipal will mit der Abmahnung etwas wg. § 314 BGB Rechtserhebliches erklären. Dann muss er auch in Kauf nehmen, dass der Mittler Rechtssicherheit zu seinem weiteren Verhalten sucht. Denn es ist für den Mittler wichtig zu wissen, ob ihm bereits im Wiederholungsfall gekündigt wird. Außerdem kann das inkrimierte Verhalten bei der Ausgleichsberechnung unter Billigkeitsgesichtspunkten und im Rahmen des § 20 Abs. 2 GWB maßgeblich sein534.

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BGH, Beschl. v. 21.02.2006, NJW-RR 2006, 755 = VersR 2006, 835 = DB 2006, 889; aA Genzow ZIP 2008, 2080 = BB 2008, 2262. BGH, Beschl. v. 21.02.2006 – VIII ZR 61/04, 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. BGH, Urt. v. 17.12.2008 – VIII ZR 150/07, DB 2009, 341 (LS) = WRP 2009, 326. OLG München, Schlussurt. v. 29.07.2010 – 23 U 4893/09, BeckRS 2010, 20435. LG Frankfurt/Main – 3/14 O 131/09, BB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer.

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OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. OLG Bremen, Urt. v. 23.04.2010 – 2 U 92/09, BB 2010, 1819 (LS) mit zust. Anm. Lamberti/Ströbl; OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S.13, insoweit zwh.; der Antrag ist aber auslegungsfähig, so OLG München a.a.O. OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 14/15; n.v.; Genzow Rn 126. OLG München, Urt. v. 29.09.1993 – 7 U 2249/93, S. 15.

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§ 89a

1. Buch. Handelsstand

VI. Der Kündigungsausspruch („gekündigt werden“) 36

1. Ausspruch. Die Erklärung der fristlosen Kündigung muss eindeutig erkennen lassen, dass der Kündigende mit ihr nicht (oder nicht nur) das ordentliche Kündigungsrecht, sondern (zum mindesten auch) ein Recht zur fristlosen Kündigung ausüben will (Deutlichkeitsgebot)535. Das gilt insbesondere bei Gewährung einer Auslauffrist536. Andernfalls bildet die Erklärung im Zweifel eine ordentliche Kündigung. Die nicht klar als außerordentliche Kündigung erkennbare Erklärung wird nicht durch Nachschieben wichtiger Gründe (Rn 46) rückwirkend zur außerordentlichen. Eine solche Erklärung ist vielmehr eine neue, nunmehr außerordentliche Kündigung537. Die Klarstellung, eine außerordentliche Kündigung zu wollen, kann damit eine erneute außerordentliche Kündigung darstellen, sofern zum Zeitpunkt der Klarstellung ein nicht verfristeter wichtiger Grund vorliegt538. Eine Auslegung539 oder Umdeutung (§ 140 BGB, dazu Rn 5) der Erklärung ist möglich. Auch deshalb braucht die Kündigung nicht ausdrücklich als „außerordentliche“, „fristlose“ oder „aus wichtigem Grund“ bezeichnet zu werden540. Bei einer Kündigung ohne Frist ist regelmäßig eine solche nach § 89a gewollt. In dem Widerruf einer erteilten Abschlussvollmacht liegt eine fristlose Kündigung noch nicht (der HV wird dadurch nur auf einen Vermittlungsvertreter zurückgestuft), wohl aber ist in der fristlosen Kündigung stets auch der Widerruf der Abschlussvollmacht enthalten541. Aus dem Betreff eines Schreibens „Beendigung des HV-Vertrages“ kann eine Kündigungserklärung nicht hergeleitet werden, sofern bereits frühere Schreiben mit demselben Betreff überschrieben waren, ohne dass sie eine Kündigung enthielten542. Aber auch die Ankündigung, dass „keine Aufträge nach einem bestimmten Datum mehr entgegengenommen werden, kann nach den Umständen des Einzelfalles u.U. nicht als außerordentliche Kündigung ausgelegt werden543. Die außerordentliche Kündigung ist schon vor Vertragsbeginn möglich544 und wird als einseitige, empfangsbedürftige WE mit Zugang bei dem Gekündigten wirksam. Die allgemeinen Lehren zu WE sowie die §§ 164, 174 und 180 BGB sind auch im Bereich des Ausspruchs einer Kündigung nach § 89a anwendbar.

37

2. Bedingte Kündigung. Eine unter einer Bedingung stehende Kündigung ist wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit grundsätzlich unzulässig, es sei denn, die Klarheit der Erklärung leidet darunter nicht, etwa bei innerprozessualen Rechtsbedingungen oder solchen, die allein von einem Verhalten des Gekündigten abhängen (Potestativbedingung)545. Bedingungen, deren Eintritt von dem Willen des Kündigenden oder Dritter abhängen sollen, sind unzulässig. Die Kündigungserklärung ist dann unwirksam und darf auch nicht in eine solche nach § 89 umgedeutet werden.

535

536 537 538 539

BGH, Urt. v. 15.12.1960 – VII ZR 212/59, BB 1961, 497; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 41; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 61; Schlegelberger/ Schröder § 89a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 41. BGHZ 27, 222; OLG Nürnberg BB 1957, 561; Hopt § 89a Rn 13. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 69; Schröder § 89a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 41; Münch-

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KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 61; Schröder § 89a Rn 13. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 61; Schröder § 89a Rn 13. Schröder § 89a Rn 3, 19c. OLG München, Urt. v. 18.05.2011 – 7 U 4585/10. OLG München, Urt. v. 18.05.2011 – 7 U 4585/10. Schröder § 89a Rn 16. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 42.

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§ 89a

3. Rechtzeitigkeit (Entschlussfrist). Für die außerordentliche Kündigung des HV-Ver- 38 trags gibt es keine feste gesetzliche oder richterrechtlich bestimmte Frist546. Jedoch muss die Kündigung – vergleichbar dem Rechtsgedanken des § 626 Abs. 2 S. 2 BGB – innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angemessenen kurzen Frist nach Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen erklärt werden547, auch im Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler548. Der Kündigungsberechtigte verwirkt sein Kündigungsrecht, wenn er nach Ablauf einer angemessenen Frist die Tätigkeit des Mittlers weiterhin zulässt, ohne die Kündigung auszusprechen549 (Überlegungs- oder Entschlussfrist). Maßgeblich ist, nach wie viel Zeit der objektiv und vollständig informierte Gekündigte den Verhältnissen des Einzelfalls gemäß nicht mehr erwarten kann, dass ihm außerordentlich gekündigt wird. Weniger bedeutend dürfte sein, welche Zeit der Kündigende objektiv benötigt, um über die Kündigung nachzudenken und zu entscheiden. Denn es geht nicht um die Mindestfrist der Entscheidungsfindung sondern um einen Verwirkungstatbestand, also eine Höchstfrist. Gewöhnlich aber wird die Verfristung danach bemessen, wie viel Zeit dem Kündigenden objektiv einzuräumen ist, um den Sachverhalt, der Anlass zur Kündigung geben soll, hinreichend sicher aufzuklären und sich darüber klar zu werden, ob deshalb fristlos gekündigt werden soll550. Das ist hinnehmbar, sofern der Verwirkungstatbestand aus der Sicht eines optimal informierten Kündigungsempfängers bestimmt wird. Jener würde auch die für Nachforschungen erforderliche Zeitspanne in seine Überlegungen einbeziehen. Wie auch immer die Frist bestimmt wurde, ist trotz der Beweislast des Kündigenden für die Berechtigung seiner Kündigung551 kein zu strenger Maßstab anzulegen. Denn jedenfalls dann, wenn die Kündigung wegen eines schuldhaften Verhaltens erklärt wird, bleibt der Gekündigte nicht übermäßig schützenswert (Rechtsgedanke des § 89b Abs. 3 Nr. 2). Die jeweilige Situation des Falls bestimmt über die Dauer der Frist552. Im Einzelfall können umfangreiche Nachforschungen erforderlich sein, um den Beweis der Kündigungsgründe rechtssicher führen zu können553 und harte, verifizierbare Fakten zu erhalten, was die Frist verlängert. Eine Zwischenmitteilung über seine Nachforschungen schuldet der später Kündigende auch bei Verzögerung nicht554, und zwar schon deshalb nicht, weil er überhaupt keine Nachforschungen schuldet. Er ist lediglich im eigenen Interesse gehalten, die Umstände möglichst zeitnah und genau aufzuklären (Obliegenheit). Eine eventuelle Überlegungsfrist verlängert sich automatisch, sofern die Vervollständigung der Tatsachen längere Zeit in Anspruch nimmt. Das Ergebnis eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens wegen der Vorwürfe, welche die Kündigung rechtfertigen könnten, darf abgewartet werden, wenn der Kündigungsberechtigte erst auf 546

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549

BGH, Urt. v. 27.01.1982 – VIII ZR 295/80, DB 1982, 1110; Urt. v. 03.07.1986 – I ZR 171/84, NJW 1987, 57; Urt. v. 12.03.1992 – I ZR 117/90, NJW-RR 1992, 1059 (1060); NJW-RR 1993, 682 (684); OLG Düsseldorf OLGR 1999, 53; Börner/Hubert BB 1989, 1633; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 64; aA Kindler BB 1988, 2051; Woltereck DB 1984, 279; anders z.B. in Belgien: 7 Tage. Schröder § 89a Rn 8. BGH, Urt. v. 15.12.1993 – VIII ZR 157/92, WM 1994, 645; Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 11. OLG Hamm VersR 1999, 1016.

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BGH WM 1983, 820 (821); OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382; OLG München VersR 1998, 1017; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 64; Schröder § 89a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 24. BGH NJW-RR 1992, 1059 (1062); NJW-RR 1993, 682 (684); NJW 1982, 2432 ; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 22; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 30; Hopt § 89a Rn 30, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 24. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 25.

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diese Weise die erforderliche Kenntnis des Kündigungsgrundes erlangt555 oder sich aus diesem neue Kündigungsgründe ergeben. Im Anschluss an die Einsicht in Ermittlungsakten muss jedoch unverzüglich gekündigt werden, sofern die aus ihr ersichtlichen Ermittlungsergebnisse keine neuen Erkenntnisse hervorbringen und den bereits zuvor bestehenden Verdacht fahrlässigen Handelns des Mittlers bestätigen556. Der Kündigende darf sogar den Ausgang eines Strafverfahrens abwarten557, kann sich dann aber nur noch auf das Ergebnis der gerichtlichen Entscheidung stützen, welches einen wichtigen Grund bilden muss. Es soll aber ausnahmsweise nicht gewartet werden dürfen, bis harte verifizierbare Fakten vorliegen, falls bereits zuvor hinreichend konkrete Hinweise auf ein vertragswidriges Verhalten vorgelegen haben, denen aber nicht nachgegangen wurde558. Der Fristlauf beginnt nicht erst bei sicherer Kenntnis. Ein Unternehmer darf zunächst auf die Redlichkeit seines HV vertrauen und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft überlassen. Er braucht erst einem hinreichend konkret begründeten Verdacht nachgehen, nicht einem bloßem Gerücht559. Eigene Untersuchungen hat er nicht vorzunehmen, um sein Kündigungsrecht zu wahren560. Auf das Ergebnis der Untersuchungen der eigenen Revisionsabteilung soll man jedoch nicht warten dürfen, weil dies auf einen Vorteil immobiler Großunternehmen hinausliefe.561 Das ist zweifelhaft, wenn erst durch deren Prüfung verifizierbare Fakten vorliegen. Zudem liegt es nicht im Interesse des HV, auf Verdacht gekündigt zu werden. Erfährt das Unternehmen von einer rechtskräftigen Verurteilung des HV am 26.10.2001, bleibt eine Kündigung am 08.11.2001 fristgemäß562. Hört ein Versicherer Ende November 1996 von Pflichtverstößen, ist eine Kündigung im Dezember 1996 nicht verfristet563. Die Frist des § 626 BGB ist unanwendbar564. Das gilt auch im Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler. § 626 Abs. 2 S. 1 BGB lässt sich jedoch entnehmen, dass dem Kündigenden zumindest eine Frist von 2 Wochen zuzubilligen ist565. Allgemeingültige Höchstfristen lassen sich nicht festlegen566. Ob mit Ablauf der Fristen für eine ordentliche Kündigung auch eine außerordentliche Kündigung regelmäßig verfristet ist567, erscheint gerade bei kurzen Kündigungsfristen – etwa einem Monat – zweifelhaft. Regelmäßig wird eine Überlegungsfrist von einem Monat als angemessen angesehen568. Deshalb muss der zur Kündigung Berechtigte auch nicht notwendigerweise innerhalb von 2 Wochen nach vollständiger Aufklärung des Sachverhalts kündigen569. Drei Tage sind ausreichend, sogar gegebenenfalls 19 Tage unschädlich570; 8 Tage ausreichend571; im Einzelfall bis zu 555

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LAG Hamm DB 1999, 2068; LAG Köln MDR 2000, 775, 776; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 24. OLG Köln, Urt. v. 02.03.2001 – 19 U 170/00, VersR 2001, 1234. BAG, Urt. v. 18.11.1999 – 2 AZR 852/96, ZIP 2000, 1020 = BB 2000, 935 = EWiR 2000, 721 (Junker). OLG München, Urt. v. 01.07.2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470. BGH ZIP 1999, 1107; Hopt § 89a Rn 30. OLG München, Urt. v. 01.07.2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470. LG Tübingen, Urt. v. 07.11.2007 – 21 O 76/06. OLG München, Urt. v. 01.07.2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470. OLG Hamm VersR 1999, 1016. BGH EWiR 1999, 705 (Emde); OLG Stutt-

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gart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765; OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. BGH ZIP 1996, 636; OLG München VersR 1998, 1017; OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 22. So Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 22. BGH, Urt. v. 15.12.1993 – VIII ZR 157/92, ZIP 1994, 293 = EWiR 1994, 279 (Schwerdtner); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 22; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 65; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 30. AA OLG Karlsruhe BB 1977, 1672; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 24. OLG Nürnberg BB 1965, 688. OLG Bamberg BB 1979, 1001.

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§ 89a

zwei Monaten572. Eine Wartezeit von Anfang Oktober bis zum Ausspruch der Kündigung am 23.10. soll zu lang sein und das Kündigungsrecht verwirken573. Ein zweimonatiges Zuwarten kann i.d.R. nicht mehr als angemessene Zeitspanne zur Aufklärung des Sachverhalts angesehen werden574, ebenso wenig ein 21/2 monatiges Zögern575. Es deutet darauf hin, dass der Kündigende das beanstandete Ereignis nicht als so schwerwiegend empfunden hat, dass eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar wäre576. Insbesondere ist eine Frist von Jahren zwischen Grund und Kündigung zu lang577. Die im Verhältnis zum HV angeblich größere Selbstständigkeit des Vertragshändlers und die angebliche Komplexität der vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung anzustellenden Überlegungen rechtfertigen auch in diesem Bereich rglm. keine längere Prüfungs- und Überlegungsfrist578. Ob beim Franchising längere Fristen gelten, ist zweifelhaft. Nach einer Meinung soll hier eine Entscheidungsfrist von zwei Monaten den Regelfall bilden579. Je länger für die Prüfung der Kündigungsgründe aus Sicht des optimal Informierten erforderlich, umso ausgedehnter die Überlegungsfrist. Verhandlungen über Berechtigung und Folgen sowie mögliche Abwendung einer fristlosen Kündigung führen zu einer angemessenen Verlängerung der Kündigungsfrist580. Der in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindliche Unternehmer versäumt die Frist nicht durch Geschäftsfortführung und Unterlassen der Kündigung in der Hoffnung auf Besserung. Vielmehr entsteht das außerordentliche Kündigungsrecht mit der unternehmerischen Entscheidung, deren Zeitpunkt er selbst bestimmt. Ihn zu früherer Kündigung zu zwingen, würde auch dem HV nicht dienen581. Verhandlungen dürften die Überlegungsfrist nur im Einzelfall verlängern582. Die zur Verjährung entwickelten Regeln dürften sich nicht übertragen lassen. Regelmäßig zeigt die Aufnahme der Verhandlungen die mangelnde Betroffenheit der Parteien und bildet damit eine Selbstwiderlegung des wichtigen Grundes. Bei nicht in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Mittlern gilt die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB583. Die Überlegungsfrist beginnt mit dem hinreichend sicheren, hinsichtlich der maßgeb- 39 lichen Umstände weitgehend vollständigen Blick auf die Kündigungsgründe584, zumindest aber eines hinreichenden Verdachtes585, wobei die Kenntnis des zur Kündigung Bevoll572 573

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KG NJW-RR 2000, 1566; von Hopt § 89a Rn 30 als „fraglich“ bezeichnet. OLG Köln, Urt. v. 02.03.2001 – 19 U 170/00, VersR 2001, 1234; zwh., mglw. angesichts der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung zu streng. OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01. 2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747 (HV); OLG Köln, Urt. v. 12.11.2010 – 19 U 126/10, BeckRS 2011, 04158 m. Anm. Noreisch GWR 2011, 135 (Vertragshändler); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.05.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814. BGH Urt. v. 15.12.1993 – VIII ZR 157/92, VersR 1994, 470 (741) = NJW 1994, 722 (723); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11. 2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; OLG Köln, Urt. v. 30.09.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006,

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407 (408); OLG München, Urt. v. 01.07. 2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470. OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. OLG Köln, Urt. v. 12.11.2010 – 19 U 126/10, BeckRS 2011, 04158 m. Anm. Noreisch GWR 2011, 135. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 380; Höpfner, in: Giesler/ Nauschütt, § 12 Rn 58. LG Hamburg VersR 1992, 743. DIS Schiedsgericht, BB-Beilage 11/1999, 16; Hopt § 89a Rn 30. AA Roth in: Koller/Roth/Morck § 89a Rn 6. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 348. BGH, Urt. v. 02.06.1997 – II ZR 101/96, GmbHR 1997, 998 (999); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 23. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920.

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mächtigten maßgeblich ist586. Bei Dauersachverhalten, beispielsweise bei fortlaufender Wettbewerbstätigkeit, Krankheit, Unrentabilität587, beginnt die Kündigungserklärungsfrist frühestens zu dem Zeitpunkt, zu dem sich der Dauersachverhalt zu einem wichtigen Kündigungsgrund verdichtet hat. Regelmäßig wird davon auszugehen sein, dass bis zum Abschluss des Sachverhalts ein Kündigungsrecht besteht588 bzw. sich wie beim Lauf der Verjährungsfrist erneuert. Die angemessene Kündigungsfrist beginnt mit Kenntnis der jeweiligen Pflichtverletzung neu zu laufen589. Bis zum Ende der Dauerhandlung darf der zur Kündigung Berechtigte entscheiden, ob er diese Dauerhandlung zum Anlass einer Kündigung nimmt. Anderenfalls wäre der Unternehmer mit langfristigem Vertrag (dazu tretend als Extrembeispiel: der dem HV Ausschließlichkeit versprechende Unternehmer) auf unabsehbare Zeit an einen untätigen HV gebunden und an der Neubesetzung des Vertriebsgebietes gehindert. Der vertragsbrüchige Partner ist nicht schützenswert. Dabei geht es allerdings überwiegend um Wiederholungsfälle: So hat das OLG München590 nach wiederholtem Unterlassen der Weiterleitung von Prämiengeldern durch den VV nicht den ersten Fall der Nichtabführung von Prämiengeldern allein als maßgeblich für den Beginn der Kündigungsfrist angesehen, weil die späteren Verfehlungen zu einem weiteren Anwachsen des Rückstands geführt hatten, an dem sich die Ermittlung des maßgeblichen Fristbeginns zu orientieren habe. Auch der BGH591 bezieht sich auf einen Fall der fortgesetzten Konkursverschleppung durch Unterlassen eines gebotenen Insolvenzantrags, bei dem der durch die Verfehlung entstandene Schaden bzw. der Gefahr eines Schadenseintritts ebenfalls mit zunehmendem Zeitablauf stieg. Allerdings wird man von einem hinausgeschobenen Beginn der Kündigungsfrist mit Beendigung der vertragswidrigen Handlung bei Dauerverstößen nur dann ausgehen dürfen, wenn sich die Grundlage für die Entscheidung, ob der Vertrag beendet werden soll, während der Dauer des Vertragsverstoßes fortlaufend verändert592, weil der zu Kündigende sonst Akzeptanz oder mangelnde Betroffenheit vermuten darf. Bei einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung des Vertragspartners und dessen nachfolgender Untätigkeit soll die Frist mit Ausspruch der unberechtigten Kündigung des Vertragspartners zu laufen beginnen und nicht durch die nachfolgende Untätigkeit verlängert werden593. Man könnte auch die gegenteilige Ansicht einnehmen und nach Ablauf einer bestimmten Spanne von einer Verwirkung des Kündigungsrechts ausgehen. Im Regelfall wird allerdings die erstgenannte Ansicht vorzugswürdig sein, zumal der das Dauerdelikt Begehende wenig schutzbedürftig ist und er die Störung vor Ausspruch der Kündigung beenden könnte. Nach Ansicht von Giesler594 soll Verwirkung erst nach einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren eintreten. Eine Wissenszurechnung nach den allgemeinen Lehren zu § 166 BGB ist möglich595. 40 Entscheidend ist die Kenntnis der maßgeblichen Tatsachen. Ob und wenn ja welche Wertung der Kündigende aus jenen zieht ist irrelevant. Er braucht überhaupt keine Wertung 586

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OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 23. DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 383; DIS-Schiedsgericht, DB-Beilage Nr. 11/1999, 13; vgl. auch Eckhoff GWR 2011, 136. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920.

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Urt. v. 23.07.1997, HVR Nr. 826. NJW 2005, 3069. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765; m. Anm. Ayad BB 2010, 920. BGH NJW 1967, 248; OLG Köln, Urt. v. 30.09.2005, VersR 2006, 407. Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 384. OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920.

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vorzunehmen. Bei Zweifeln über die rechtliche Bedeutung muss der Kündigende unverzüglich Rechtsrat einholen596. Mit jedem neu zur Kenntnis gelangenden Umstand läuft die Kündigungsfrist hinsichtlich dieser Tatsache von neuem597. Mit Fristablauf entfällt zwar nicht objektiv der wichtige Grund. Subjektiv hat der 41 Berechtigte aber gezeigt, dass der objektive Gehalt des wichtigen Grundes für ihn nicht so erheblich war, dass die Fortsetzung des Vertrages für ihn unzumutbar war. Es handelt sich bei dieser Selbstwiderlegung um eine Vermutung, die durch den Berechtigten widerlegt werden kann598. Zur Unterstützung einer späteren Kündigung kann der auf diese Weise verbrauchte Grund später herangezogen werden599. Beweispflichtig für den Ablauf der Entschlussfrist ist der Gekündigte. Nur der Kündigende kann aber zuvor substantiierten Vortrag zur maßgeblichen Frist führen (Darlegungslast). Insoweit besteht eine Vorleistungspflicht des Kündigenden. 4. Begründungszwang? Die Frage, ob der Grund der Kündigung in der Kündigungs- 42 erklärung genannt werden müsse, ist umstritten. Das Gesetz fordert es nicht. Der BGH, der in ständiger Rspr. die Notwendigkeit der Angabe des Kündigungsgrundes als eines Wirksamkeitserfordernisses der (fristlosen) Kündigung verneint600, begründet dies damit, dass sonst der Unternehmer gezwungen wäre, rein vorsorglich alle etwa vorhandenen Kündigungsgründe aufzuführen, weil einige von ihnen durch das Gericht nicht anerkannt werden könnten. Auch gäbe es Schwierigkeiten mit dem Nachschieben von Kündigungsgründen (Rn 46) Entscheidend dürfte das Fehlen einer entsprechenden Verpflichtung in § 89a sein. Derartige Fragen pflegen gesetzlich geregelt zu werden. Mangelt es daran, bildet dies ein beredtes Schweigen. Das Problem hat seit der Neufassung des § 626 BGB viel von seiner früheren Brisanz eingebüßt. Denn auch § 626 Abs. 2 S. 3 BGB fordert seither nicht einmal für das abhängige Arbeitsverhältnis die Bekanntgabe des Kündigungsgrundes bei der fristlosen Kündigung, sondern beschränkt sich darauf, dem Gekündigten das Recht zu geben, ihm auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich mitzuteilen. Wenn das schon im Arbeitsrecht als Schutzvorschrift für den Arbeitnehmer rechtens ist, sollten für den HV keine schärferen Anforderungen gestellt werden. Man wird allenfalls die Vorschrift des § 626 Abs. 2 S. 3 BGB über eben jenes Recht, die unverzügliche Nennung des Kündigungsgrundes verlangen zu dürfen, auf den HV analog anzuwenden haben601. Da jede Begründung entbehrlich ist, bedeutet die Nichtbenennung eines Kündigungsgrundes keinen Verzicht auf diesen. Der Kündigende will die Kündigung im Zweifel auf alle ihm gegebenen Gründe stützen602. Zumindest können dem Text 596 597

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 23. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 64. Vgl. BGH WM 1985, 982 (983); Schröder § 89a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 26. BGH, Urt. v. 07.03.1957 – II ZR 261/55, BGHZ 24, 31 = NJW 1957, 871; Urt. v. 05.05.1958 – II ZR 245/56, BGHZ 27, 221 (225) = NJW 1958, 1136; BGH MDR 1961, 134; Urt. v. 12.06.1963 – VII ZR 272/61, BGHZ 40, 13 (16) = NJW 1963, 2068; Urt. v. 29.10.1986 – VIII ZR 144/85, BGHR BGB § 242 – Kündigung wichtiger Grund 2; Urt. v. 07.07.1988 – I ZR 78/87, NJW-RR

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1988, 1381 (1382); EBE 1995, 59 (60); Urt. v. 25.05.1995 – KZR 33/93, EBE 1995, 259 (261); ebenso Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 43; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 62, 67; Schröder § 89a Rn 13. v. Gamm NJW 1979, 2494; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 43; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 62; Schröder § 89a Rn 13. BGHZ 27, 221 (225, 226); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 43; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 70.

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des Kündigungsschreibens Anhaltspunkte für den Kündigungsgrund entnommen werden603. Beweissichere Form und Versendung ist aber in Hinblick auf die Beweislast des Kündigenden sinnvoll; am besten vorweg per Fernkopie und E-Mail und hinterher per Einschreiben/Rückschein oder Kurier. Ein vereinbartes Einschreiberfordernis ist vor diesem Hintergrund wenig hilfreich. Die vereinbarte Form dient im Zweifel nur dem Beweis. Ist der Zugang sicher, bleibt auch die Kündigung in einer nicht vereinbarten Form wirksam. In der Mehrzahl der Fälle wird derjenige, dem fristlos gekündigt wird, über den 43 Anlass hierzu im Bilde sein. Räumt man ihm analog § 626 Abs. 2 S. 3 BGB das Recht ein604, falls er die Gründe nicht kennt und auch nicht zu durchschauen in der Lage ist, sich unverzüglich und vollständig schriftlich605 unterrichten zu lassen, dürfte auch die in BGHZ 27, 220 gemachte Einschränkung, dass u.U. Treu und Glauben eine Angabe des Kündigungsgrundes in der Kündigungserklärung erforderlich machen könnte, ihre Bedeutung verloren haben. Die unterlassene Mitteilung kann zur Schadensersatzpflicht führen, falls der Gekündigte kostenauslösende Maßnahmen vornimmt, welche bei rechtzeitiger Unterrichtung unterblieben wären, z.B. in Unkenntnis der Gründe der Kündigung von ihrer Unwirksamkeit ausgeht und eine Feststellungsklage erhebt, die bei rechtzeitiger Unterrichtung unterblieben wäre606. Eine Nachfrage ist dem Gekündigten jedoch zumutbar. Das Informationsrecht setzt, nicht anders als die Informationsrechte nach § 87c, ein Informationsinteresse voraus; das Recht kann verwirkt werden607. Eine Verletzung der Mitteilungspflicht hat jedoch keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Kündigung608.

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5. Vereinbarung eines Begründungserfordernisses. Die Parteien dürfen vertraglich ein Begründungserfordernis vereinbaren und müssen dies im Anwendungsbereich der bis 2013 geltenden Kfz-GVO 1400/02 nach deren Art. 3 Abs. 4 (Vor § 84 Rn 182 f). Wegen Abs. 1 S. 2 2. Alt. darf zwar nicht die Einhaltung einer die Kündigung erschwerenden Form (Schriftform jedoch noch akzeptabel)609 aber wohl ein Begründungszwang610 als Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung vereinbart werden – zumal die GVO 1400/02 eben dies fordert.

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6. „Rücknahme“ oder „Widerruf“ der Kündigung. Die Kündigung als rechtsgestaltende Willenserklärung kann nicht zurückgenommen611 oder widerrufen612 werden. Die Rücknahme, der Widerruf oder eine vergleichbaren Erklärung können jedoch als Angebot auf Abschluss eines Neuvertrages, etwa (meist) zu den alten Bedingungen unter Übernahme aller Rechte und Pflichten einschließlich der Ausgleichsanwartschaften ausgelegt werden oder einer Vereinbarung, sich nicht auf die Wirkungen der Kündigung zu berufen613. Die unberechtigte Kündigungserklärung kann zwar zurückgenommen werden, nicht jedoch der daraus folgende Vertrauensfortfall. Der Gekündigte darf sie je nach 603

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OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 05.04.2006 – 21 U 10/05, BeckRS 2006, 12472. LG Köln NJW-RR 1992, 485; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 50; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 62. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 50. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 50. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 43.

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 63. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 46; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 35. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 18. BGH, Urt. v. 06.10.1983 – I ZR 127/81, BB 1984, 235 (237); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 46; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 18.

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den Verhältnissen des Einzelfalls trotz ihrer „Rücknahme“ zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung nehmen614, wenn die Kündigung trotz der „Rücknahmeerklärung“ zum Vertrauensfortfall führte. Möglicherweise liegt in der „Rücknahme“ der unwirksamen Kündigung das Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Wurde es angenommen, ist keine Rücknahme mehr möglich. 7. Nachgeschobene Gründe. Das Nachschieben wichtiger Kündigungsgründen ist 46 zulässig615 und gewinnt Bedeutung, wenn der ursprünglich geltend gemachte Grund entweder überhaupt nicht oder für sich allein nicht stichhaltig ist. Eine Ausschlussfrist für das Nachschieben von Kündigungsgründen fehlt616, es gelten aber Verwirkungsgrundsätze617. Wird die außerordentliche Kündigung freiwillig begründet, hindert dies das spätere Nachschieben weiterer Gründe nicht618, und zwar schon deshalb, weil sonst auf eine solche Begründung verzichtet werden müsste. Abgemahnt werden kann bei nachgeschobenen Gründen meist nicht, es ist aber gleichwohl nicht ausgeschlossen, dass sich der Kündigende auf den nachgeschobenen Kündigungsgrund beruft. Der nachgeschobene Grund muss aber so schwerwiegend sein, dass er zumindest im Zusammenwirken mit dem bereits geltend gemachten Kündigungsgrund ohne Abmahnung eine fristlose Kündigung rechtfertigt619. Ob die Prozessvollmacht für den Kündigungsrechtsstreit nach § 81 ZPO zum Nachschieben von Kündigungsgründen und erneuter fristloser Kündigungserklärung berechtigt620, ist umstritten, und für das Nachschieben wohl zu bejahen, nicht jedoch für die erneute Kündigung. Insgesamt sind mehrere Fallgestaltungen zu unterscheiden: a) Hatte der Grund schon bei Ausspruch der Kündigung bestanden (und trägt er die fristlose Kündigung), so kann er mit Wirkung auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs jederzeit nachgeschoben werden, sofern er nicht ausnahmsweise durch erkennbare Beschränkung auf den ursprünglich geltend gemachten Kündigungsgrund verloren gegangen sein sollte621. Dass dieser „Reservegrund“ dann aber ausdrücklich geltend gemacht wird, liegt im Begriff des Nachschiebens; er wirkt wegen des Erfordernisses subjektiver Betroffenheit des Kündigenden, die nicht bei allen objektiven Kündigungsgründen gegeben sein muss, nicht aus sich heraus, sondern muss erklärt, mithin „nachgeschoben“ werden. Das Gericht darf daher ein Verhalten nicht selbständig als die außerordentliche Kündigung rechtfertigend ansehen. Hierher gehört auch der Fall, dass der ursprünglich vorhanden gewesene, als solcher geltend gemachte, bei Kündigungsausspruch noch nicht genügend „manifest“ gewordene Kündigungsgrund durch nachträgliche Tatsachen in das rechte Licht gerückt wird (kein Nachschieben im eigentlichen Sinne, vielmehr Geltendmachen bloßer Illustrationsfakten622). 614 615

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 46. BGH WM 1988, 1490; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; Hopt § 89a Rn 14; MünchKommHGB/ von Hoyningen-Huene § 89a Rn 67. BAG MDR 1997, 1130; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 47. BGHZ 40, 13 (17); Eberstein, 9. Aufl. S. 118; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 70. OLG Bremen, Urt. v. 30.03.2006, OLGR 2006, 489; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 47. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 47.

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Dafür: Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 48; dagegen MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 73. BGHZ 27, 220 (225); BGH MDR 1961, 134; Urt. v. 12.06.1963 – VII 272/61, BGHZ 40, 13 (14, 16) = NJW 1963, 2068, BGH EBE 1995, 59 (60); OLG Bremen, Urt. v. 30.03.2006, OLGR 2006, 489; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 27, 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 69; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 14a. Beispiel: OLG Hamburg DB 1960, 1451.

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b) Ist der nachgeschobene Grund nach dem Kündigungsausspruch entstanden, dann gilt623: Im Grundsatz dürfen erst nach Zugang der Kündigungserklärung entstandene Gründe nicht nachgeschoben werden. Denn dies würde zu einem unzulässigen Vertragsende aus nachträglich eingetretenen Umständen führen624. Steht der nachgeschobene Grund jedoch mit dem ursprünglich geltend gemachten in innerem Zusammenhange, so wird die Kündigung mit dem Augenblick seines nachträglichen Entstehens wirksam, ohne dass es eines neuen Kündigungsausspruches bedürfte625. Denn der Kündigende hatte zum Ausdruck gebracht, dass er das Vertragsverhältnis wegen eines jeden Grundes der geltend gemachten Art fristlos beendet haben wolle; hierauf musste der Kündigungsgegner sich einstellen. Das gilt insbesondere für nachträglich aufgetretene Umstände, die Tragweite und Bedeutung eines vorliegenden wichtigen Grundes konkretisieren626, erläutern oder in richtigem Licht erscheinen lassen. Ist der nachträglich entstandene – nachzuschiebende – Grund ohne inneren Zusammenhang mit dem ursprünglich geltend gemachten, so bedarf es eines neuen Kündigungsausspruchs, der allerdings regelmäßig in dem Nachschieben zu sehen ist627. Die nunmehrige Kündigung wirkt nicht zurück.

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8. Gleich zu behandelnde Fälle. So, wie der Unternehmer, um den HV zu schonen, von mehreren eine fristlose Kündigung tragenden Gründen in seinem Kündigungsausspruch nur den am wenigsten belastenden nennt, kann es auch vorkommen, dass er sich mit dem HV zur Vermeidung einer fristlosen Kündigung auf eine vertragliche Beendigung zum sofortigen (oder einem späteren) Zeitpunkt einigt. Bedeutung hat das insofern, als hier der Unternehmer sich die Schadensersatzansprüche nach Abs. 2 vorbehalten muss, um sie nicht einzubüßen628. Ausgleichsrechtlich und für den Verlust der Karenzentschädigung hat der so gewählte Weg allerdings die gleiche Wirkung wie die der fristlosen Kündigung, an deren Stelle er tritt.

VII. Ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist/Auslauffrist 48

Die Worte „ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist“ kennzeichnen eine Rechtsfolge, kein TB-Merkmal. Da die Kündigung nicht als außerordentliche benannt werden braucht (Rn 5, 36), muss sie auch nicht ausdrücklich als solche „ohne Kündigungsfrist“ erklärt werden. Ohnehin ist das Fehlen einer Kündigungsfrist nicht zwingend sondern dispositiv. Der zur außerordentlichen Kündigung Berechtigte kann daher a maiore ad minus als milderes Mittel629 eine Auslauffrist gewähren – etwa aus Entgegenkommen – und die Parteien dürfen eine solche auch vereinbaren. Hierin liegt regelm. keine Selbstwiderlegung des wichtigen Grundes. Großzügigkeit ist nicht verboten. Die Einräumung 623 624 625

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BGH MDR 1961, 134. BGH, Urt. v. 21.03.1975 – I ZR 141/74, WM 1975, 856 (857). BGH, Urt. v. 30.06.1954 – II ZR 26/53, BB 1954, 647 (648); Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 14, 14d; aA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 33; Hopt § 89a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 72; Martinek in Martinek/Semler § 10 Rn 27. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 68.

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BGH, Urt. v. 28.04.1960 – VII ZR 218/59, MDR 1961, 134; Urt. v. 15.12.1960 – VII ZR 212/59, BB 1961, 498; BGHZ 27, 221 (222); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 14c; aA Schwerdtner ZIP 1981, 809. Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 22. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 76.

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einer Auslauffrist mag die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass die Kündigung Bestandskraft hat, weil sich die Interessenabwägung evtl. zu Gunsten des Kündigungsberechtigten verschiebt630. Ein wichtiger Grund muss gleichwohl vorliegen. Es gibt keine Kündigung aus „weniger wichtigem Grund“. Die Auslauffrist kann im Ausnahmefall bei Abwägung der Interessen beider Parteien, insbesondere der Schutzbedürftigkeit des Gekündigten, sogar aus Treupflichtgesichtspunkten oder nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Rn 23) gefordert sein631. Wird die Auslauffrist in diesen Fällen nicht gewährt, dürfte die angemessene Frist automatisch gelten; die Kündigung ist nicht wegen der dem Kündigenden unzumutbaren genauen Fristbestimmung unwirksam632. Oft wird in solchen Fällen bereits der wichtige Grund fehlen; das Ermessen ist bereits beim „Ob“ der Kündigung und nicht erst beim „Wie“ (Auslauffrist) auszuüben. Die Auslauffrist kann kürzer sein als die normale Kündigungsfrist; bei einer Kündigung mit Auslauffrist gelten die Mindestkündigungsfristen des § 89 nicht633. Kommt sie der normalen Kündigungsfrist gleich, so bleibt die unter solchen Umständen ausgesprochene Kündigung dennoch eine solche aus § 89a634: das muss dann freilich deutlich zum Ausdruck gebracht werden635, weil es nicht zuletzt ausgleichsrechtliche (§ 89b Abs. 3) und karenzrechtliche Folgen haben kann. Falls die Auslauffrist kürzer ist als die ordentliche Kündigungsfrist und der Kündigende einen wichtigen Grund nennt, wird eindeutig nicht mit ordentlicher Frist gekündigt und der Kündigende will regelmäßig die Folgen der außerordentlichen Kündigung, etwa § 89a Abs. 2 und § 89b Abs. 3 Nr. 2. In EBE 1999, 13 (15) sieht der BGH nachträglich vom Gericht zugebilligte Auslauffristen als nicht dem Gesetz entsprechend und nicht erforderlich an, zumal solche zu nicht hinnehmbarer Rechtsunsicherheit über den Zeitpunkt der Vertragsbeendigung in Fällen außerordentlicher Kündigungen führten. Jene Unsicherheit und die Unwirksamkeit der Auslauffrist tritt zumindest nicht ein, wenn die Auslauffrist in der Kündigungserklärung ihrer Länge nach benannt wird. Nicht dem Gericht, sondern dem Kündigendem steht in diesem Fall aber das an den Grundsätzen der Billigkeit und Verhältnismäßigkeit orientierte Bestimmungsrecht über die Auslaufzeit zu. Der Gekündigte muss die Auslauffrist akzeptieren, da der Kündigende aufgrund der Existenz des wichtigen Grundes über das Vertragsende disponiert. Er darf nicht etwa eine gegebene Übergangsfrist ablehnen und seine Tätigkeit (bis auf Abwicklungsarbeiten) nach entsprechender Erklärung einstellen636. Das folgt bei verschuldeter Kündigung schon aus § 249 BGB. Bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung muss der Gekündigte seinerseits kündigen, was aber einen regelmäßig fehlenden wichtigen Grund voraussetzt. Der Gekündigte kann auch das in der einseitigen Gewährung liegende Angebot auf Abweichung von § 89a, der insoweit nicht zwingend ist, annehmen. Es liegt dann eine konsensuale Einigung auf befristete Fortsetzung des HV-Vertrages vor637. Die Großzügigkeit des Unternehmers bei der Gewährung einer Auslauffrist sollte nicht als Selbstwider-

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Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 332. Canaris § 17 Rn 92; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21. AA Canaris § 17 Rn 92 (für Unwirksamkeit). Hopt § 89a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 7a. BAG, Urt. v. 13.04.2000 – 2 AZR 259/99, MDR 2000, 1384; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21, aA BGH EBE 1999, 13, 15. Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 7a. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21;

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 76; Schröder § 89a Rn 15; auch Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 89a Rn 12. Nach Ansicht von Staub/Brüggemann 4. Aufl. hatte der HV dann keinerlei Ansprüche mehr, also auch nicht Ansprüche auf Bezirksprovision oder Folgeprovision für Nachbestellungen, die in der Übergangszeit angefallen wären. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21; MünchKommBGB/Schwerdtner § 626 Rn 36.

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1. Buch. Handelsstand

legung des wichtigen Grundes begriffen werden638. Der HV kann gehalten sein, dem Unternehmer, dem er fristlos gekündigt hat, eine Übergangsfrist bis zur Gewinnung eines Nachfolgers einzuräumen und für deren Dauer weiter tätig zu sein, sofern andernfalls gravierende Unternehmensinteressen gefährdet wären und auch Übergangsregelungen (interimsweise Wahrnehmung des Bezirks durch einen Kollegen) nicht gangbar sind.

VIII. Unabdingbarkeit 49

1. Überblick. Die Berechtigung zur Kündigung aus wichtigem Grunde ist zwingendes Recht (Abs. 1 S. 2). Sie kann weder ausgeschlossen noch beschränkt639, dem Wortlaut nach aber erweitert640 werden. Erweiterungen, d.h. Ausdehnungen des außerordentlichen Kündigungsrechts in den Bereich der ordentlichen Kündigung, verletzen aber die zwingende Natur des § 89, weil eine zu weitgehende Ausdehnung wichtiger Kündigungsgründe zur Erosion der Kündigungsfristen des § 89 führt (siehe auch Rn 24). Unzulässig ist insbesondere die Vereinbarung einer übergroßen Zahl von TB, die die außerordentliche Kündigung rechtfertigen sollen, etwa jede Pflichtverletzung als wichtigen Grund641. Folglich dürfte die Ausweitung möglicher Kündigungsgründe oder eine Reduzierung der an sie zu stellenden Anforderungen unzulässig sein642. Die außerordentliche Kündigung kann sich damit – je nach Sachverhalt – zu sehr der ordentlichen nähern und könnte gerade wegen des Vorteils einer fehlenden Auslauffrist entgegen der zwingenden Natur des § 89 (§ 89 Rn 73 ff) zur Regelkündigung werden; einer „Inflation“ der vereinbarten Kündigungsgründe ist entgegenzuwirken643. Die von den Parteien vereinbarten Kündigungsgründe müssen objektiv noch als wichtiger Grund iSd S. 1 einzuordnen sein644 und schließen regelmäßig eine Interessenabwägung und Zumutbarkeitsprüfung im Einzelfall nicht aus645. Deshalb muss etwa ein vereinbarter Kündigungsgrund immer eine Fortführung des Vertrages bis zum vertragsgemäßen Ende unzumutbar machen. Nach der Rspr. des BGH kommt es auf den Einzelfall an, ob die Benennung wichtiger Kündigungsgründe die ansonsten gebotene Zumutbarkeitsprüfung einschränkt oder ganz ausschließt 646. Da638 639 640 641

642

643 644

AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 21. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 27; aA Schwerdtner DB 1989, 1757. BGH, Urt. v. 06.12.1956, HVR Nr. 203; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920; Hopt § 89a Rn 27; vgl. OLG München BB 1956, 20. Preis/Stoffels ZHR 160 (1996), 471; aA wohl OLG München BB 1956, 20; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 85. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28. KG BB 1998, 607 (608); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 11; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 28; Schröder § 89a Rn 12; aA Martinek in Martinek/Semler § 10 Rn 12, 13; zu weit OLG Saarbrücken NJW-RR 1998, 1191 (1192).

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Nach den dortigen Umständen des Einzelfalles: BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 = EWiR 2011, 219 (Möller); ebenso OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920 als Vorinstanz (Konkurrenzverstoß); KG, Urt. v. 21.11.1997, DB 1998, 607 ff; Schwerdtner DB 1989, 1758. BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 (Möller) Rn 22; Urt. v. 7. 7.1988 – I ZR 78/87, WM 1988, 1490 = NJW-RR 1988, 1381 unter II 1 m. krit. Anm. Martinek EWiR 1988, 1059, Urt. Bezug nehmend auf das Urt. v. 20.10.1955 – II ZR 75/54, WM 1956, 138 unter I 2; ebenso OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen/Huene § 89a Rn 27.

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§ 89a

mit wird es eine Frage der Auslegung des HV-Vertrages, ob und inwieweit die Benennung bestimmter Pflichtverstöße als (wichtiger) Kündigungsgrund eine am Einzelfall orientierte Interessenabwägung von vornherein ausschließt647. Da §§ 89, 89a jedoch das gesetzliche Leitbild kennzeichnen, wäre eine Abweichung (eventuell auch nach § 307 BGB) unwirksam; zudem nach dem zwingenden § 89b Abs. 3 Nr. 2, sofern die Kündigung auch in Fällen erleichtert wird, die ein schuldhaftes Verhalten des HV konstituieren648. Unwirksam wäre damit auch die ggf. konkludente Vereinbarung der „Nichtprüfung“ der Zumutbarkeit. Vereinbarte wichtige Kündigungsgründe sind unwirksam, falls bei abstraktgenereller Prüfung Kündigungsgründe geregelt werden, die keinen wichtigen Grund konstituieren649, etwa bei jeder noch so geringen Pflichtverletzung650. Die Unwirksamkeit lässt sich nicht vermeiden, indem man derartige Kataloge wichtiger Kündigungsgründe nur als Indizien ansieht, welche Fälle die Parteien als der Vertragsfortführung entgegenstehend ansahen651 (angeblich auch AGB-Kataloge652); in der Sache läuft dies auf das selbe hinaus, nämlich eine unzulässige, geltungserhaltende Reduktion653. An eine fristlose Kündigung aufgrund eines vereinbarten Grundes sind nicht höhere oder strengere Anforderungen zu stellen als an eine auf gesetzlichem wichtigem Grund beruhende Kündigung654. Zulässig soll es sein, eine auf Zahlungsunfähigkeit655 oder Insolvenz656 gestützte außerordentliche Kündigung des HV zu vereinbaren. Das nur bereichsspezifisch geltende Verbot von Lösungsklauseln in §§ 103 ff, 119 InsO soll der Wirksamkeit einer – auch mittels AGB657 – vertraglich eingeräumten außerordentlichen Kündigung des Unternehmers wegen Insolvenzeröffnung658 nicht entgegenstehen, was die Zulässigkeit einer solchen Klausel auch im Lichte der zwingenden Natur des § 89a impliziert. Eine solche Klausel stellt auch keine unangemessene Benachteiligung iSd § 307 BGB dar. Die vom Unternehmer erklärte Kündigung ist grundsätzlich auch einen Monat vor Ablauf der zweijährigen ordentlichen Kündigungsfrist zulässig659. Eine Vereinbarung, derzufolge es einen Grund zur fristlosen Kündigung bildet, wenn der HV bestimmte Mindestumsätze nicht erreicht und dass er für mangelndes Verschulden hieran beweispflichtig sei, verstößt „gegen Treu und Glauben“ und ist unwirksam660. Als Kündigungsgrund darf nur die – erhebliche – Verletzung der Bemühenspflicht vereinbart werden (zu AGB Vor § 84 Rn 42 f). Grenzfälle sind die Vereinbarung von festen Auslauffristen nach einer außerordentlichen Kündigung. Sie dienen vordergründig nur dem Schutz des Gekündigten. Andererseits erschweren sie die außerordentliche Kündigung, weil der zur Kündigung Berechtigte von einer außerordentlichen Kündigung absehen wird, wenn sie der Länge 647

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Siehe etwa BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09, WM 2011, 136 = MDR 2011, 53 Rn 22. Emde in Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 2 Rn 925. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; aA MünchKommHGB/v.Hoyningen-Huene § 89a Rn 85. Möller EWiR 2011, 220. Beispiele: BGH WM 1956, 95; BGH WM 1988, 1490; BGH WM 1992, 1162; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920. BGH BB 1992, 1162; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. Anm. Ayad BB 2010, 920 – problematisch, weil einseitig vorgegeben.

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AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28; Schröder § 89a Rn 12. AA BGH WM 1974, 350 (351); Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 28. OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713. Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). OLG München, Urt. v. 26.04.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/09; Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). OLG München, Urt. v. 26.04.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). OLG München, Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406. OLG Karlsruhe BB 1971, 888.

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ihrer Kündigungsfrist nach zu sehr der Regelkündigungsfrist ähnelt. Gleichwohl dürfte ihre Vereinbarung noch zulässig sein661. Sie gelten nicht, falls die Auslauffrist im Lichte des wichtigen Grundes nicht zumutbar sein sollte. Gegen die zwingende Natur des § 89a verstoßende Vereinbarungen sind nach § 134 50 BGB nichtig, unabhängig davon, welche Vertragspartei sie benachteiligen662. Sie werden durch Abs. 1 S. 1 ersetzt663. Nichts anderes gilt, wenn der Vertrag bestimmt, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung unberührt bleiben soll664. Zum konstitutiven Schriftformerfordernis s.o. Rn 44. Wegen Erschwerung der außerordentlichen Kündigung nichtig sind Abreden, nach denen die Kündigung nur innerhalb genau bestimmter Fristen ausgesprochen werden darf665; nur von den Parteien festgelegte Sachverhalte als wichtiger Kündigungsgrund gelten sollen666 sowie der Ausschluss nicht in der Kündigungserklärung mitgeteilter Kündigungsgründe oder Rechtsfolgen667. Gleiches gilt für die außerordentliche Kündigung mittelbar erschwerende Vereinbarungen668, z.B. indem sich wirtschaftliche Nachteile an die außerordentliche Kündigung anschließen669 (dazu auch § 89 Rn 73), etwa eine Vertragsstrafe für den Fall der Kündigung670; die Rückzahlung angeblich freiwillig geleisteter Sonderbonifikationen671, zuvor langfristig gewährter Darlehen, einer Einstandsleistung672, einer Abfindung673; die Fälligkeit über lange Jahre gezahlter, überhöhter, aber nicht verdienter und nicht zurückgeforderter Vorschüsse an die Kündigung geknüpft wird674, eine vom HV gestellte Kaution verfällt, wenn dieser kündigt675; die Verzinsung bislang zinslos gewährter Darlehen widerrufen wird676 oder vertragliche Ansprüche entfallen, etwa Boni677 oder Provisionen678. Auch Absprachen, dass bestimmte TB die außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen sollen, obwohl sie einen wichtigen Grund bilden, sind unzulässig679. Bei Individualvereinbarungen muss 661 662

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 28. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 37; Schröder § 89a Rn 21. BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62; BGHZ 40, 235 (239) = NJW 1964, 250; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 27; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 86. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 31; Hopt § 89a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 28, 85; Schröder § 89a Rn 21; aA RG JW 1937, 1639. BGH, Urt. v. 16.01.1995 – II ZR 26/94, EBE 1995, 59 (60). OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09; LG Heidelberg, Urt. v. 03.12.2010 – 11 O 93/09 KfH (dort verneint). OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.02.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09. RGZ 75, 238; OLG Celle, Urt. v. 29.10. 2009 – 11 U 36/09.

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OLG Naumburg, Beschl. v. 12.02.2010 – 6 U 164/09, S. 5 (dort aber nicht entscheidungserheblich, weil Rückzahlung im Fall des § 89a ausgeschlossen war); LG Münster, Urt. v. 16.09.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928; LG Rostock, Urt. v. 25.09.2009 – 8 O 11/09, S. 8, n.v.; aA OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09, n.v. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37. BGH, Urt. v. 03.07.2000 – II ZR 282/98, ZIP 2000, 1442 m. zust. Anm. Haase GmbHR 2000, 877; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37. LG Karlsruhe BB 1990, 1504. LAG Baden-Württemberg BB 1955, 177. OLG Düsseldorf OLGR 2000, 246; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 84; Schröder § 89a Rn 21. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37. OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09; Schröder § 89a Rn 21a. BGH HVR Nr. 159; Hopt § 89a Rn 28; für AGB: BGH NJW 1986, 3134.

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§ 89a

im Einzelfall geprüft werden, ob eine mittelbare Kündigungsbeschränkung vorliegt680, bei AGB ist jedoch eine generell-abstrakte Betrachtung angebracht. Durch den „mittelbaren Nachteil“, etwa eine Rückzahlungsverpflichtung, muss gerade das Recht zur außerordentlichen Kündigung beschränkt werden681. Wenn die Rückzahlungspflicht generell an die Beendigung des Vertragsverhältnisses innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Zahlung einer Sondervergütung anknüpft, soll dies nicht der Fall sein. Andererseits ließe sich gerade vertreten, dass zumindest in AGB zwischen den Fällen der ordentlichen und außerordentlichen Kündigung bzw. der außerordentlichen Kündigung des Vertreters oder des Unternehmers differenziert werden muss, um die Unwirksamkeit zu vermeiden. Für den Fall einer unberechtigten außerordentlichen Kündigung, die in Kenntnis des fehlenden Kündigungsrechts ausgesprochen wird, dürfen dem unberechtigt Kündigenden nachteilige Vereinbarungen getroffen werden. Denn zum einen liegt objektiv keine außerordentliche Kündigung vor. Zum anderen bestehen ohnehin Schadenersatzansprüche gegen den Kündigenden (§ 280 BGB)682. Nichtige Klauseln sollen u.U. ein Indiz dafür geben, was die Parteien als erhebliche 51 Gründe der Vertragsbeendigung ansahen683 (zwh., s. bereits Rn 54). Dies kann allenfalls bei echter Verhandlungsparität angenommen werden, also kaum bei AGB (Rn 24). Die Verhandlungsparität muss derjenige beweisen, der sich auf die nichtige Bestimmung beruft. Wenn durch vertragliche Abrede die Provisionsberechtigung für die vom HV vermittelten und vor Ende des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen, aber erst später zur Ausführung gelangten Geschäfte oder die Überhangprovision nach § 87 Abs. 3 ausgeschlossen worden ist, so gilt das nicht für den Fall, dass der HV aus wichtigem Grunde kündigt684. Denn auch dies würde auf eine Behinderung in der Ausübung des Rechts zur fristlosen Kündigung hinauslaufen (anders mglw. im Versicherungsvertreterrecht, wo diese Provisionsverzichtsklausel nach bisher h.M. erst den Ausgleichsanspruch eröffnet, vgl. § 89b Rn 518 ff). 2. Verzicht. Abs. 1 S. 2 verbietet nicht einen einseitigen (ausdrücklich oder konklu- 52 dent: Angebot, sonst: Verwirkung oder widersprüchliches Verhalten) oder konsensualen Verzicht auf die Rechte aus einem bereits entstandenen wichtigen Kündigungsgrund685. Eine gegenteilige Ansicht müsste auch die Verwirkung ausschließen. Ein Verzicht setzt jedoch – anders als die Verwirkung – eine unzweideutige Erklärung in Kenntnis aller maßgeblichen Umstände voraus, regelmäßig gegenüber dem Vertragspartner, z.B. dass der Vertrag trotz eines bekannten Kündigungsgrundes fortgesetzt werden soll686. Im Fall der konsensualen Vereinbarung ist diese WE vom Gegenüber anzunehmen, notfalls als vorteilhaft gem. § 151 BGB. Der rechtswirksame Verzicht schließt eine erneute außerordentliche Kündigung aus dem nämlichen Grund aus, hindert aber nicht dessen Berücksichtigung zur Unterstützung der Kündigung aus einem anderen Anlass687. Kommt es später zu einem identischen Fehlverhalten, darf gleichfalls gekündigt werden.

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OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09 (unklar, ob dies auch für AGB gelten soll). OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37; aA wohl OLG München NJW-RR 1998, 1189 (1190). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 37; Schröder § 89a Rn 21; vgl. RGZ 75, 234 (238). Schröder § 89a Rn 21.

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 87; Hopt § 89a Rn 29; Schröder § 89a Rn 8, 21. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 29; Schröder § 89a Rn 8. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 29; Schröder § 89a Rn 8.

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IX. Grenzen des Kündigungsrechts/Treu und Glauben 53

Wie jedes andere Recht kann das Kündigungsrecht verwirkt werden688 oder seiner Ausübung mangelndes Rechtschutzbedürfnis, Treu und Glauben689, Schikane oder § 826 BGB entgegenstehen. Für die Verwirkung ist ein Zeit- (Beispiel: Verfristung 690) oder ein Umstandsmoment erforderlich, etwa falls der Kündigungswillige in Kenntnis seines Kündigungsrechts gegenüber seinem Vertragspartner, z.B. mittels Handlungen oder Erklärungen, das Vertrauen erweckt, von einem bestehenden außerordentlichen Kündigungsrecht keinen Gebrauch zu machen691. So kann die längere Fortsetzung des Vertragsverhältnisses in Kenntnis des bereits existenten Kündigungsgrundes zu einer Verwirkung des Kündigungsrechts führen (Rn 53)692. Den Kündigungsberechtigten trifft zur Vermeidung der Verwirkungsfolge aber keine Obliegenheit, einem Verdacht oder Hinweis auf das Vorliegen eines Kündigungsgrundes nachzugehen und zu klären versuchen, ob ggf. eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen werden soll693. Verwirkung entsteht nicht zwingend durch eine ordentliche Kündigung aus demselben Grunde694, dem Betroffenen steht es frei, eine außerordentliche Kündigung nachzuschieben. Die Entscheidung zu einer ordentlichen anstelle einer an sich zulässigen außerordentlichen Kündigung in voller Kenntnis aller Umstände begründet aber die Vermutung, dass dem Kündigenden das Abwarten bis zum ordentlichen Vertragsende zuzumuten ist (Rn 19 ff)695. Die Vermutung ist widerleglich. Denn sie kann auch aus Rücksicht oder Vorsicht erfolgen, was aber bei Einhaltung der Kündigungsfrist nur für § 89b Abs. 3 Nr. 2 wichtig ist. Ferner ist dem zur Kündigung Berechtigten zuzubilligen, nach dem er zunächst die Kündigung gemäß § 89 wählte, nun doch eine erhebliche Betroffenheit zu spüren und fristlos zu kündigen. Wie das Kündigungsrecht selbst kann das Recht, sich auf bestimmte Tatsachen als Kündigungsgrund zu stützen, verwirkt werden696. Auch ein Nachschieben der verwirkten Gründe mag deshalb unzulässig sein697. Ein nachgeschobener, jedoch verwirkter Grund kann aber dazu dienen, die Bedeutung des ersten Kündigungsgrundes zu unterstreichen (§ 242 BGB).

X. Rechtslage bei Fehlen des Kündigungsgrundes 54

1. Überblick. Die unberechtigte fristlose Kündigung ist unwirksam698. Der Vertrag besteht mit allen gegenseitigen Rechten und Pflichten fort699. Die unwirksame Kündigung ist u.U. in eine solche zum nächstzulässigen normalen Kündigungstermin umzudeuten (Rn 5) und enthält regelmäßig das Angebot zur Vertragsaufhebung700, welches gem. § 151

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BGH, Urt. v. 10.02.1993 – VIII ZR 48/92, NJW-RR 1993, 682 (683); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 35. BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJW-RR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker); Ebenroth S. 172, 173 ff, 181 ff; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 26. Vgl. etwa BGH WM 1982, 632 (633). BGH NJW-RR 1993, 682 (683). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 23. BGH NJW 1959, 1219; BGH ZIP 1999, 1307 (1310); aA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 23. AA Hopt § 89a Rn 32.

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OLG Nürnberg BB 1963, 447; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 35. Hopt § 89a Rn 32. Hopt § 89a Rn 32. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Schröder § 89a Rn 19. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Schröder § 89a Rn 19. OLG München, Urt. v. 27.07.1994, BB 1994, 2166 = NJW-RR 1995, 95; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 89a Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78.

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§ 89a

BGB, konkludent701 und sogar durch Unterlassen702 angenommen werden kann, etwa indem der HV seine Tätigkeit einstellt, Unterlagen zurücksendet oder die Abrechnung des Vertragsverhältnisses fordert703. Widerspricht also ein gekündigter HV der Kündigung nicht und bietet seine Leistung nicht entsprechend § 615 BGB an, darf der Unternehmer in Ausnahmefällen nach Treu und Glauben von einer einverständlichen Abwicklung des gekündigten Vertragsverhältnisses ausgehen. Ein Schadenersatzanspruch des HV ist dann ausgeschlossen704. Das Vertragsverhältnis endet durch Aufhebungsvertrag. Hierbei muss es sich aber um Ausnahmefälle handeln. Einer rechtsgrundlosen Kündigung braucht der HV grundsätzlich nicht zu widersprechen. Das Verständnis eines in der Kündigung liegenden Angebotes auf Vertragsaufhebung wird nach §§ 133, 157 BGB nicht in allen Fällen im Interesse des Unternehmers liegen: Denn eine wegen schuldhaften Verhaltens des HV ausgesprochene Kündigung führt zum Entfallen des Ausgleichsanspruches nach § 89b Abs. 3 Nr. 2, der Aufhebungsvertrag begründet jedoch den Ausgleichsanspruch. Auch wenn bei der Bewertung von Rechtsfolgen für die Bedeutung einer Erklärung Zurückhaltung angebracht sein sollte, können sie nicht völlig ausgeblendet werden, gerade bei erheblicher Höhe des Ausgleichsanspruches und etwa mangelnder Finanzkraft des Unternehmers. Rechte aus der außerordentlichen Kündigung darf der Kündigende nach Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht geltend machen. Der HV behält seinen Ausgleichsanspruch705. Im Schweigen des Gekündigten auf eine unberechtigte fristlose Kündigung, in deren erklärter Hinnahme oder Annahme liegt allenfalls das Einverständnis mit einer sofortigen Vertragsaufhebung, kein Zugeständnis des wichtigen Grundes706, dessen Vorliegen ohnehin objektiv zu bestimmen wäre. Der HV, der die fristlose Kündigung als ungerechtfertigt zurückweist, ist, wenn der Unternehmer auf seinem Standpunkt beharrt, nicht berechtigt, seine Tätigkeit sofort einzustellen707, auch nicht deshalb, weil der Unternehmer durch die Kündigung sein Desinteresse an weiterer Tätigkeit des HV ausdrückt708, es sei denn, die Voraussetzungen eines ZBR oder des § 242 BGB liegen vor. Er müsste vielmehr seinerseits außerordentlich kündigen und sich bis zum Wirksamwerden seiner Kündigung an alle vertraglichen Pflichten709 unter Einschluss eines eventuellen Wettbewerbsverbots halten710 (ausnahmsweise § 242 BGB-Einwand gegen Folgen aus der Verletzung des Wettbewerbsverbots711). Das Konkurrenzverbot unterliegt keinen

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OLG München, Urt. v. 27.07.1994, BB 1994, 2166 = NJW-RR 1995, 95; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 61; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78. OLG München, Urt. v. 27.07.1994, BB 1994, 2166 = NJW-RR 1995, 95. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61. OLG Köln, Urt. v. 30.09.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (408). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61. AA OLG Düsseldorf NJW 1959, 52; OLG Stuttgart BB 1960, 956 (957); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Hopt § 89a Rn 5; Schröder § 89a Rn 19; Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 89a Rn 20. So aber Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63.

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BGH NJW-RR 1992, 481 (482); OLG München BB 1995 168; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78. BGH, Urt. v. 30.06.1954 – II ZR 26/53, BB 1954, 647 (648); NJW-RR 1992, 481 (482); Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJW-RR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60, § 86 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Schröder § 89a Rn 6a, 20a, § 86 Rn 42a; Hoss DB 1997, 1818 ff. Hoss DB 1997, 1819; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60.

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Einschränkungen712, der HV ist durch die Zulässigkeit einer Gegenkündigung mit nachfolgender Wettbewerbstätigkeit hinreichend geschützt. Da die unberechtigte Kündigung eine Pflichtverletzung darstellt, ist der Unternehmer in ihrer Folge verpflichtet, dem HV als Schadensersatz gem. § 280 BGB die Provisionen zu ersetzen713, welche dieser ohne Kündigung verdient haben würde; die von einem tüchtigeren Ersatzmann hereingeholten Aufträge sind kein Maßstab714. § 254 BGB und die Grundsätze der Vorteilsausgleichung sind hier anwendbar715. Das Risiko eines Fehlers bei der Prüfung der Kündigungsgründe trägt der Kündigende716, Verschulden von Hilfspersonen hat er zu vertreten. Ein pflichtwidriges Verhalten des Gekündigten, welches keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gibt, kann im Einzelfall gem. § 254 BGB anspruchsreduzierend wirken717. Unberührt bleibt das Recht des HV, nach § 615 BGB vorzugehen, den Unternehmer 55 mit seinen Diensten in Annahmeverzug zu setzen und die entgehenden Provisionen nebst einem etwa zugesagten Fixum zu beanspruchen718. Um seine erfolgsabhängigen Provisionsansprüche nicht zu verlieren, muss der HV dem Unternehmer seine Dienste anbieten719, sofern der HV nicht nachweist, dass der Unternehmer unter keinen Umständen zu einer Weiterbeschäftigung des gekündigten HV bereit war720. Durch dieses zugangsbedürftige Angebot zur Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten nach § 295 BGB erwirbt der HV ferner den Anspruch auf Vermittlungs- oder Abschlussprovision in einer Höhe, wie sie voraussichtlich in der Zeit zwischen fristloser Kündigung und frühestmöglichem ordnungsgemäßem Vertragsende angefallen wären721. Der HV ist dann nicht zur Nacherfüllung verpflichtet722; Verschulden des Unternehmers ist, da es sich um keinen Schadenersatzanspruch handelt, keine Anspruchsvoraussetzung723. Die Höhe der Leistungspflicht ist nicht anders als beim eben genannten Schadenersatzanspruch gem. § 287 ZPO zu schätzen; sie entspricht dem Betrag, den der HV in einem vergleichbaren früheren Zeitraum oder sein Nachfolger in der Zeit zwischen Kündigung und ordnungsgemäßem Vertragsende verdient hat724, es sei denn, der Gekündigte verfügt nicht über

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AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60: Nur wenn der Unternehmer dem HV eine weitere Tätigkeit bis zur Klärung der Berechtigung der Kündigung gestattet, ihm eine Entschädigung zahlt, wie sie im Fall eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots geschuldet wird, oder dem HV trotz Wettbewerbsverbots eine Berufsausübung ohne weiteres möglich und zumutbar ist, bleibe das Verbot verbindlich; vgl. auch OLG Karlsruhe DB 1971, 572 und VersR 1973, 858 mit abl. Anm. Höft. BGH WM 1970, 1513 (1514); Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 64; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 81; Schröder § 89a Rn 19, 20. OLG Stuttgart BB 1960, 957. BGH NJW 1967, 248; BGHZ 53, 150 = NJW 1970, 467; BGH WM 1970, 1513 (1514); Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 32/89, NJW-RR 1991, 156 (157); OLG München NJW-RR 1998, 1189 (1190) (zur Schadenspauschale); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 64; Heymann/

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Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 81; Schröder § 89a Rn 19, 20. BGH WM 1970, 1513 (1514); Urt. v. 13.07.1972 – VII ZR 166/71, WM 1972, 1095; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 64; Schröder § 89a Rn 19. BGH NJW 1967, 246 (248) = MDR 1967, 122; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 64. BGH DB 1966, 1965. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61. BGH, Urt. 09.10.2000 – II ZR 75/99, ZIP 2000, 2199; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 79; Schröder § 89a Rn 19a, 19c. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; Schröder § 89a Rn 19a. BGHZ 24, 91 = NJW 1957, 989; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 63. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; Schröder § 89a Rn 19a.

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die gleichen Fähigkeiten und Erfahrungen wie sein Nachfolger oder ist mit anderem Arbeitseinsatz als jener tätig725. Der Einwand, er hätte die von dem Gekündigten vermittelten Geschäfte nicht angenommen, ist dem Unternehmer trotz seiner Dispositionsfreiheit grundsätzlich verwehrt, soweit es um gleichartige oder vergleichbare Geschäfte geht, wie sie in der Vergangenheit von dem Gekündigten oder in der Folgezeit von seinem Nachfolger vermittelt bzw. abgeschlossen wurden726. Der HV verliert auf diesem Weg den Einwand des § 254 Abs. 2 BGB727, da es sich um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch handelt728, muss sich dafür aber auf die variablen Vergütungsbestandteile anrechnen lassen, was er nach der Kündigung anderweit verdient oder böswillig zu verdienen unterlassen hat, indem er vorsätzlich verhindert hat, dass ihm eine zumutbare anderweitige Erwerbsmöglichkeit angeboten wird, oder grundlos eine ihm bekannte mögliche und zumutbare Tätigkeit nicht ausgeübt hat729, § 615 S. 2 BGB. Fahrlässige Unkenntnis genügt nicht730. § 615 S. 2 BGB soll hinsichtlich fester Vergütungsbestandteile nicht anwendbar sein731, jedoch in Bezug auf die erfolgsabhängigen Vergütungsbestandteile732. Das OLG Düsseldorf 733 rechnet zu dem anrechenbaren Verdienst auch spätere Einkünfte, die der HV erzielt, indem er die durch die Einstellung seiner Tätigkeit gewonnene Zeit dazu nutzt, sich auf jene spätere Erwerbstätigkeit vorzubereiten. Eine solche Ausdehnung ist jedoch mit dem Gesetz kaum zu vereinbaren734. Wird dem HV aufgrund der unberechtigten Kündigung die Tätigkeit unmöglich und muss er sie einstellen, behält er ohne Weiteres seinen Anspruch auf erfolgsunabhängige, feste Vergütungen735 sowie die Bezirksvertreterprovision nach § 87 Abs. 2736; der Unternehmer hat sie unter Anrechnung ersparter Aufwendungen, anderweitigen Einkommens oder sonstiger Vorteile bis zum rechtlichen Ende des Vertragsverhältnisses zu leisten737. Solange der HV sich auf die Tätigkeit für einen anderem Unternehmer vorbereitet, 56 ohne bereits eine Vergütung zu erzielen, kann § 615 S. 2 BGB nicht eingreifen738, es sei denn, der Unternehmer weist nach, dass eine solche Vorbereitung bei objektiver Würdigung nicht nötig und der Drittunternehmer zum sofortigen Einsatz des HV bereit gewesen wäre739. Der Mehrfachvertreter, der sich infolge der Kündigung in höherem Maß 725

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BGH, Urt. v. 31.03.1982 – IV a ZR 298/80, WM 1982, 635; OLG Stuttgart BB 1960, 956 (957); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; enger Steindorff ZHR 130 (1968), 82 (84 ff). BGH DB 1966, 1965. BGH NJW 1967, 248; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 79; Schröder § 89a Rn 19b. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63. BGH, Urt. v. 18.06.1959 – II ZR 121/57, NJW 1959, 1490; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63. BGH, Urt. v. 14.11.1966 – VII ZR 112/64, NJW 1967, 248 (250); Hopt § 89a Rn 37, 38. OLG Düsseldorf DB 1972, 181. Schröder § 89a Rn 19b. OLG Karlsruhe BB 1977, 1672; Ebenroth/ Löwisch § 89a Rn 63.

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BGH, Urt. v. 14.11.1966 – VII ZR 112/64, NJW 1967, 248 (250); BGH WM 1982, 632 (635); Urt. v. 12.03.1992 – I ZR 117/90, NJW-RR 1992, 1059 (1060, 1061); OLG Düsseldorf NJW 1959, 52; OLG Karlsruhe BB 1977, 1672; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7; § 89a Rn 63; Hopt § 89a Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 80; Schröder § 89a Rn 19c. BGH, Urt. v. 18.06.1959 – II ZR 121/57, NJW 1959, 1490; NJW-RR 1992, 1059; BGHZ 41, 292; Ebenroth/Löwisch § 87 Rn 7, § 89a Rn 63; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 31; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 87; Schröder § 87 Rn 34, 38; aA noch OLG Düsseldorf DB 1972, 181. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; aA OLG Düsseldorf BB 1972, 196 = DB 1972, 281. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63.

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für seine übrigen Auftraggeber einsetzen kann, muss sich den dadurch erzielten Mehrverdienst nach § 615 S. 2 anrechnen lassen740. Der Bezirksvertreter unterlässt, wenn er den Bezirk oder Kundenstamm nicht weiter betreut, keine anderweitige Verwendung seiner Dienste iSd § 615 S. 2 BGB741. Im Übrigen hat der HV sich auch nach unberechtigter Kündigung vertragsgemäß zu 57 verhalten und alles zu unterlassen, was ohne die fristlose Kündigung vertragswidrig wäre742; insbesondere hat er jeden die Interessen des Unternehmers schädigenden Wettbewerb zu unterlassen743. Geringfügige Unkorrektheiten hat der unberechtigt Kündigende hinzunehmen: wer sich selbst nicht einwandfrei verhält, muss mit Reaktionen des Kündigungsempfängers rechnen. Dass der Gekündigte vorsorglich in dieser Zeit Verbindungen zur Konkurrenz aufnimmt, um im Falle der endgültigen Lösung seines Vertrages eine Tätigkeit dort übernehmen zu können, wird ihm ebenso wie die Unterzeichnung des Vertrages mit dem Wettbewerber gestattet sein744. Der HV darf die ungerechtfertigt fristlose Kündigung des Unternehmers aus „wichtigem Grunde“ zum Anlass einer Gegenkündigung nehmen745. Auch ist eine solche grundlose Kündigung des Unternehmers ein „begründeter Anlass“ zur Eigenkündigung durch den HV iSd § 89b Abs. 3 Nr. 1, der den Ausgleichsanspruch wahrt746.

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2. Verteidigung gegen die unberechtigte Kündigung. Der unberechtigt Gekündigte braucht sich gegen die Kündigung nicht zur Wehr zu setzen747. Jedoch kann ausnahmsweise ein Widerspruch gegen die unberechtigte Kündigung unter Treupflichtgesichtspunkten erforderlich sein748, falls ein Widerspruch zu erwarten wäre. In einem solchen Ausnahmefall kann Schweigen des Gekündigten als Zustimmung zu der Vertragsaufhebung zu werten sein749. Der Gekündigte braucht keine Feststellungsklage auf Fortbestehen des Vertragsverhältnisses zu erheben750. Das darf er aber zu jedem Zeitpunkt, zu dem keine Verwirkung eingetreten ist, wobei von Verwirkung oft schon vor Ablauf der Frist des § 195 BGB auszugehen sein wird, weil der Kündigende trotz seines rechtswidrigen Verhaltens nach angemessener Frist (wohl 1–2 Jahre), auch im Interesse eines eventuellen Nachfolgevertreters, auf die Bestandsfestigkeit eventueller Dispositionen vertrauen darf. Daneben verjähren eventuelle Ansprüche aus dem ungekündigt fortbestehenden Vertrag nach § 195 BGB. Zur Antragstellung der Feststellungsklage BGH v. 14.02.2000751. Für eine Klage auf Feststellung des Nichtvorliegens eines wichtigen Kündigungsgrundes vor Ausspruch der Kündigung fehlt regelmäßig das Feststellungsinteresse des § 256 ZPO752. Eine einstweilige Verfügung gem. §§ 935, 940 ZPO, meist eine Regelungsverfügung auf Fortsetzung des Vertrages bis zum Abschluss des Hauptverfahrens oder jedenfalls auf Weiterbelieferung753 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; Schröder § 89a Rn 19b. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 63; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn80. BGH LM § 89a Nr. 1. BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJWRR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker). OLG München VersR 1957, 97; LAG Köln MDR 1997, 858; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 60; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 78; Schröder § 89a Rn 20a.

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AA Staub/Brüggemann 4 Aufl. § 89a Rn 21. BGH DB 1966, 1965. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 61. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 62. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 62. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 62. II ZR 285/97, ZIP 2000, 539 = EWiR 2000, 519 (Böcker). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 62; Schröder § 89a Rn 17. OLG Köln, Urt. v. 12.11.2010 – 19 U 126/10, BeckRS 2011, 04158 m. Anm. Norisch GWR 2011, 135.

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oder Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (was immer eher eintritt), ist zulässig754 (s. bereits § 86a Rn 35). So darf ein gekündigter Vertragshändler im Wege der einstweiligen Verfügung die Weiterbelieferung mit Vertragsware755 verlangen, wenn von dieser seine Existenzgrundlage betroffen ist und er glaubhaft macht, dass die vom Hersteller erklärte Kündigung verfristet ist756. Richtigerweise ist auch ohne existentielle Betroffenheit ein Eilverfahren zulässig, jedenfalls sofern die Kündigung eindeutig unbegründet war757. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich daraus, dass bei andauernder Nichtbelieferung und Rückhaltung von Boni und Prämien der Händler in eine wirtschaftliche Zwangslage kommt, die zur Insolvenz führt; diese wiederum zum Schufa-Eintrag und zum Verlust von Kundenbeziehungen758. Ein Verfügungsgrund besteht auch kurz vor Ablauf einer zweijährigen Kündigungsfrist759. Anordnungsgrund wie Anordnungsanspruch müssen entsprechend der Beweislastverteilung im Hauptsacheverfahren glaubhaft gemacht werden760. Damit hat der Unternehmer das Vorliegen eines Kündigungsgrundes nachzuweisen. Gelingt ihm eine Glaubhaftmachung, so obliegt dem Mittler die sekundäre Darlegungs- und Beweislast, um die Glaubhaftmachung zu erschüttern761. Der Händler ist nicht verpflichtet, Einzelanträge auf Belieferung zu stellen762. Denn er kann gegenüber seinen Kunden nicht auftreten, wenn er in jedem Einzelfall den Belieferungsanspruch durchsetzen muss. Der Händler kann sich darauf beschränken, einen gem. § 890 ZPO zu vollstreckenden Unterlassungsantrag zu stellen, mit dem Ziel, die Verfügungsbeklagte solle es unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die einer Weiterbelieferung entgegenstehen763. Ein auf Weiterbelieferung und Betreuung gerichteter Leistungsantrag ist unnötig, weil durch das Zwangsgeld bei fehlender Unterlassung der Rechtsschutz hinreichend verwirklicht wird764. Der Richter kann gemäß § 938 ZPO im Tenor vom gestellten Antrag abweichen, so dass an die Antragsformulierung keine allzu hohen formalen Anforderungen gestellt werden765.

XI. Folgen der Vertragsbeendigung Die wirksame außerordentliche Kündigung beendet das Vertragsverhältnis fristlos mit 59 Zugang der Kündigungserklärung bei dem Gekündigten, sofern keine Auslauffrist ge-

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OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339 = EWiR 1999, 1175 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284; LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde); Vogels/ Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 388. OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339 = EWiR 1999, 1175 (Emde). OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. OLG Köln, Urt. v. 12.11.2010 – 19 U 126/10, BeckRS 2011, 04158 m. Anm. Norisch GWR 2011, 135. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 386 f. LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR

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1999, 411 (Emde) – zu einer nach Ansicht des Mittlers unzulässigen ordentlichen Kündigung. Plassmann NJW 1966, 953 (958); Vogels/ Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 388. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 388. OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. OLG Köln, Urt. v. 25.05.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 388.

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währt wurde766. Es entsteht ein Abwicklungsverhältnis mit den zu § 89 Rn 72 genannten Folgen, bei Gewährung einer Auslauffrist gelten die Ausführungen zu § 89 Rn 51 entsprechend. Wird dem Gekündigten eine Auslauffrist gewährt, während der das Vertragsverhältnis fortbestehen soll, oder ist eine solche nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder aus der Treupflicht erforderlich (Rn 48), behält der HV während der Übergangszeit alle vertraglichen Ansprüche767.

C. Der Schadensersatzanspruch nach Abs. 2 60

Wird die Kündigung tatsächlich768 durch ein Verhalten (Auflösungsverschulden) veranlasst, welches der andere Teil zu vertreten hat – gleichzuachten: falls der Vertrag ohne erkennbaren Willen zum Verzicht auf den Schadenersatzanspruch769 einverständlich oder im Wege der Kündigung nach § 89 gelöst wird nach einem schuldhaften Verhaltens des einen Teils, welches einen Grund zur fristlosen Kündigung abgegeben hätte770 –, so ist der Kündigungsempfänger zum Ersatz der durch die Aufhebung des Vertragsverhältnisses entstehenden Schadens verpflichtet. Fehlverhalten, welches nicht zum Kündigungsgrund wurde oder dem Gekündigten nicht als Verschulden gegenüber dem Kündigenden anzulasten ist, begründet keinen Ersatzanspruch aus Abs. 2771. Ebenso wird ein nicht auf der vorzeitigen Vertragsaufhebung beruhender Schaden von Abs. 2 nicht erfasst772. Abs. 2 entspricht § 628 Abs. 2 BGB773 und ist wie diese Norm ein Unterfall der PFV (§ 280 BGB); denn unter „vertragswidrigem“ Verhalten iSd Bestimmung ist „schuldhaftes“ Verhalten zu verstehen774. Damit ist zugleich der Maßstab für das Vertretenmüssen gewonnen. Es geht stets um ein solches aus dem vertraglichen Verhältnis zwischen Unternehmer und HV775, nicht um ein solches zu Dritten. Wenn z.B. der Unternehmer schuldhaft schlechte Qualität liefert, so kann das für den HV einen Grund zur fristlosen Kündigung abgeben, und er ist in der günstigen Lage, sich wegen des durch die Schlechtlieferung hervorgerufenen begründeten Anlasses zur Kündigung (§ 89b Abs. 3 Nr. 1) seinen Ausgleichsanspruch zu erhalten. Einen Schadensersatzanspruch hat er daraus allein noch nicht. Man beachte, dass das Gesetz an dieser Stelle, anders als in § 89b Abs. 3 Nr. 2, nicht von schuldhaftem Verhalten des HV, sondern von einem vom HV „zu vertreten-

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 51; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 75; Schröder § 89a Rn 18; aA Schröder § 89a Rn 14b, 14c (Vertragsende mit Geltendmachen des Kündigungsgrundes). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 52. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53; Schröder § 89a Rn 26b. BGH BB 1964, 283; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 89; aA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 58 – im Zweifel Verzicht; vgl. auch BGH NJW 1982, 2432. Gegen die Ansicht von Löwisch spricht, dass ein Entgegenkommen des Kündigungsberechtigten – Gesichtswahrung des

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anderen Vertragsteils – nicht zu seinen Lasten gehen sollte. Offengelassen von OLG Köln, Urt. v. 30.09.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (408). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 54; Schröder § 89a Rn 25. BGHZ 44, 271; BGH, Urt. v. 01.10.1970 – VII ZR 171/68, WM 1970, 1513; BGHZ 122, 9 (12); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 38; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 88; Schröder § 89a Rn 22. RGZ 112, 37. OLG Düsseldorf OLGR 1996, 55 (56); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53; Schröder § 89a Rn 23.

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den“776 Verhalten spricht. Eine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht also auch dann, wenn der zur fristlosen Kündigung Veranlassung gebende Grund in einem schuldhaften Verhalten eines Agenturangestellten oder eines Untervertreters zu sehen ist, für den der HV nach § 278 BGB einzustehen hat777. Nimmt der HV eine Ausgliederung aus seinem HV-Unternehmen vor und wird deshalb gekündigt, soll kein Schadenersatzanspruch bestehen, weil es an einer Vertragswidrigkeit fehlt778. Aber es wird auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommen, und das Verschulden des Ausgliedernden wird dem neuen Rechtsträger zugerechnet. Mitverschulden gem. § 254 BGB für das Auflösungsverschulden genügt779.

I. Umfang des Schadensersatzes 1. Zur Länge des Haftungszeitraums. Wegen des Umfangs des Schadensersatzes ist 61 auf § 249 BGB hinzuweisen. Zu ersetzen ist jeder durch die außerordentliche Kündigung mit hervorgerufene Schaden. Der Kündigende ist zumindest so zu stellen, wie er stehen würde, falls der Vertrag nicht außerordentlich und vorzeitig – meist fristlos – beendet, sondern bis zu dem Datum fortgeführt worden wäre, zu dem er nach den vereinbarten, hilfsweise den gesetzlichen, Kündigungsfristen780, aufgelöst worden wäre781. Im Vertriebsrecht wird nach h.M. wie selbstverständlich der Schadensersatzanspruch durch den erstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin des Kündigungsempfängers begrenzt. Begründet wird diese h.M. mit dem Schutzzweck: Wer aufgrund einer Vertragsverletzung des anderen Teils kündigt, ist bis zu dem Zeitpunkt schutzbedürftig, zu welchem er mit dem Ablauf der Kündigungsfrist nach einer fristgerechten Kündigung des Vertragsverletzers rechnen musste. Nicht hingegen lässt sich dieses Ergebnis mit der Lebenserfahrung rechtfertigen, derzufolge, falls nicht außerordentlich gekündigt worden wäre, die Kündigung durch den Kündigenden zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin erklärt worden wäre782. Denn in der außerordentlichen Kündigung des zum Schadenersatz Berechtigten wird man keine hilfsweise ordentliche Kündigung mit einer ihm gewährten, ggf. kürzeren Frist finden können783. Zudem wäre auch jene ordentliche Kündigung durch die Vertragsverletzung hervorgerufen, weshalb sich ein Schadenersatzanspruch aus § 280 BGB ergäbe784. Die dieser vorgenannten h.M. widersprechende Mindermeinung, wonach es im Einzelfall darauf ankommen soll, ob es auch ohne das vertragswidrige Verhalten des Gekündigten zur Beendigung des Vertrages gekommen wäre, da nicht in jedem Falle eine wirksame ordentliche Kündigung unterstellt werden dürfe, erscheint lebensfremd785. Auf der Basis der h.M. gilt: Die der außerordentlichen Kündigung nachfolgende ordentliche Kündigung wird zum Schutz des Ersatzpflichtigen unterstellt, es ist irrelevant, ob der Vertrag tatsächlich auf solche Weise zu diesem Termin beendet worden 776

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778 779

OLG Düsseldorf OLGR 1996, 55; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 88; Schröder § 89a Rn 22a. BGH, Urt. v. 05.02.1959 – II ZR 107/57, JR 1960, 59 (60); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 90; Schröder § 89a Rn 23. Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1334). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 53.

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782 783 784 785

BGH NJW-RR 1992, 1059 (1061). BGHZ 122, 9 (12) = NJW 1993, 1386; BGH WM 1970, 1513 (1514); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 54; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 91; Schröder § 89a Rn 25. Genzow BB 2008, 2264. Emde EWiR 2004, 558. Emde EWiR 2004, 558. Genzow BB 2008, 2264.

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wäre786. Um jene Vermutung zu entkräften, müsste der Ersatzberechtigte nachweisen, dass die unterstellte ordentliche Kündigung unterblieben oder der Vertrag nach Ablauf der vertraglich bestimmten Frist fortgesetzt worden wäre. Die Geltendmachung weiterer Schäden wird nicht ausgeschlossen, etwa über den Kündigungstermin herausreichende Folgeschäden, die im Fall der (unterstellten) nachfolgenden ordentlichen Kündigung nicht eingetreten wären und daher keine „Sowieso-Schäden“ bilden. Bei einem auf 20 Jahre fest geschlossenen Franchisevertrag ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit wird die Ersatzpflicht erst durch das weit in die Zukunft verlagerte Laufzeitende begrenzt787. Soll dieser Anspruch vermieden werden, müsste der Gekündigte nachweisen, dass der Vertrag zu einem früheren Zeitpunkt beendet worden wäre788. Der Ersatzpflichtige schuldet Schadensersatz wegen Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten folglich mindestens für die Spanne unterstellter Vertragsfortführung, d.h. das positive Erfüllungsinteresse789. Bestehen ungleiche Kündigungsfristen für Kündigenden und schuldhaft handelnden Kündigungsempfänger, wird Schadenersatz bis zu dem Zeitpunkt geschuldet, zu dem der Vertragsverletzer – Kündigungsgegner – hätte ordentlich kündigen können790. Der Schadenersatzanspruch des Kündigenden ist zeitlich unbegrenzt, sofern der Kündigungsgegner – etwa vertraglich – auf sein Recht zur ordentlichen Kündigung des unbefristeten HV-Vertrages verzichtet hat791. Führt dieses Verständnis zu unangemessen langen Schadenersatzzeiträumen, kommt keine Beschränkung des Ersatzanspruchs nach § 242 BGB in Betracht792, auch nicht aus § 628 Abs. 2 BGB. § 628 Abs. 2 BGB ist nicht auf den HV-Vertrag übertragbar793. Das BAG794 hat die Abfindungsregeln der §§ 9, 10 KSchG entsprechend angewandt. Derartige Regeln fehlen jedoch im HV-Vertrag795. Möglicherweise ist aber eine Befristung des Ersatzanspruches des HV auf die entgangenen Provisionen bis zum 65.Lebensjahr anzunehmen796, nicht aber im Falle einer anonymen HV-Gesellschaft. Bei einer solchen Gesellschaft ohne zu erwartende Vertragsbeendigung infolge des Alters eines als Schlüsselperson eingesetzten Gesellschafters oder in anderen vergleichbaren Situationen ist zu bestimmen, wie lange der Vertrag realistischerweise fortgeführt worden wäre797. Das aus der Schadenersatzpflicht resultierende Risiko ist dem Kündigungsgegner auch nicht abgenommen, weil der HV selbst das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt und damit auf Primäransprüche verzichtet hat. § 89a Abs. 2 soll ihn von den etwaigen Vermögensnachteilen freistellen, die mit dieser Entscheidung verbunden sind. Die zu § 89a Abs. 2 aufgestellten Regeln müssen entsprechend für den von § 89a Abs. 2 nicht erfassten Fall der Ersatzpflicht nach unberechtigter Kündigung gelten798. 786 787 788 789 790

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BGHZ 122, 9 (15). Billing WM 2007, 245 (251). BGH, Urt. v. 08.12.1976 – I ZR 59/75, EBE 1977, 103 (104). Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71. BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 (1841) = ZIP 2008, 2080 = EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow; OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.09.2003 – 1 U 9/03, NJW-RR 2004, 191 = EWiR 2004, 557 (Emde). BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = EWiR 2008, 657 (Emde) in Fortführung von BGHZ 122, 9 = WM 1993, 1259. BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 (1841) = ZIP 2008, 2080 =

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EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow; aA OLG Karlsruhe, Urt. v. 17.09.2003 – 1 U 9/03, NJW-RR 2004, 191 = EWiR 2004, 557 (Emde). BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = ZIP 2008, 2080 = EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow. BAGE 98, 275 (288). BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = EWiR 2008, 657 (Emde). BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = EWiR 2008, 657 (Emde). Emde EWiR 2008, 658; Genzow BB 2008, 2264. Emde EWiR 2004, 558.

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2. Zur Höhe der Haftung. Wer zum Schadenersatz verpflichtet ist, muss grundsätz- 62 lich für alle kausalen Schadensfolgen aufkommen799. Dem Kündigenden steht der Gewinn zu, welchen er bei Fortsetzung seiner Tätigkeit erzielt hätte (§ 252 BGB). Die Schadensersatzpflicht kann jedoch durch den Schutzzweck der Haftungsnorm begrenzt sein800. Aus dem in einem vergleichbaren Zeitraum der Vergangenheit ermittelten Gewinn kann auf den im Referenzzeitraum verlorenen geschlossen werden801 (§ 252 BGB, § 287 ZPO). Für die Vergleichbarkeit spricht mangels evidenter Gegenanzeigen eine Vermutung; ohnehin ist sie aus einer Statistik der Gewinne der Vergangenheit leicht nachweisbar, für den HV ggf. nach Buchauszug gem. § 87c (Verweigerung durch den Unternehmer würde die Beweislast in jedem Fall bei ihm ansiedeln). Besonderheiten der Branche, etwa Saisonverkäufen, ist zu genügen802. Der BGH803 war allerdings strenger: Der entgangene Gewinn dürfe nicht ohne weiteres von den im letzten Vertragsjahr erzielten Einkünfte bis zum voraussichtlichen altersbedingten Ausscheiden festgeschrieben werden. Vielmehr bedürfe es detaillierter Feststellungen, wie sich die Einnahmen und die Kosten der Tätigkeit bei einer Fortdauer des Vertrags auf längere Sicht entwickelt hätten. Möglicherweise hat den BGH motiviert, dass der Ersatzanspruch sich in dem zugrundeliegenden Fall über viele Jahre erstreckte. Die Entscheidung ist daher nicht auf kürzere Entschädigungszeiträume zu übertragen. Hier bleibt es bei der Vermutung, der Gewinn/ die Provisionen eines repräsentativen Zeitraums der Vergangenheit (oft der letzten 3–5 Jahre) entsprächen dem Verlust während des Schadenszeitraums804. In Fällen starken Verdienstanstiegs oder Verdienstreduzierung ist zu antezipieren, ob sich diese Entwicklung fortgesetzt hätte. Im Zweifel bleibt es beim Durchschnittswert der vergangenen Jahre. Die ggf. vom HV dem Unternehmer geschuldete Entschädigung geht etwa auf Ersatz des Unternehmergewinns, beispielsweise wegen der Nichtbetreuung des dem Gekündigten übergebenen Gebiets, sowie ggf. sonstiger entgangener Vorteile aus dem gekündigten Vertrag805. Ebenso erfasst wird der Verfrühungsschaden bei der Nachfolgersuche. Ein Schaden des Unternehmers kann auch darin liegen, dass der HV wegen der fristlosen Kündigung nicht mehr dem Wettbewerbsverbot des § 86 unterliegt806. Dann kann der HV entschädigungslose Wettbewerbsunterlassung für die Zeit der ordentlichen Kündigungsfrist schulden807. Die vom Unternehmer dem HV zu leistende Entschädigung umfasst die dem HV entgangene volle Vergütung sowie weitere verlorene Vorteile, jeweils abzüglich ersparter Aufwendungen (Beweislast für die Ersparnis beim Ersatzpflichtigen808). Der HV kann den Schadensersatz auch in Gestalt der ihm entgehenden höheren Ausgleichschancen fordern, die ihm erwachsen wären, wenn er bei Fortdauer des Vertragsverhältnisses die entsprechenden Provisionen hätte verdienen können809 oder die Höchstgrenze auf der Basis eines für den HV günstigeren Zeitraums bestimmt worden wäre. Dem HV können ferner durch das vorzeitige Vertragsende verlorene Über-

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AA Genzow BB 2008, 2264. BGH, Urt. v. 03.03.1993, BGHZ 122, 9 (14). KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05, n.v.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 26; siehe auch BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71. BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05,

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WM 2008, 1840 = ZIP 2008, 2080 = EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow. Emde EWiR 2008, 657 (658). LAG Baden-Württemberg BB 1955, 177. Hopt § 89a Rn 34. Hopt § 89a Rn 34. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 72. BGH DB 1966, 1965; Urt. v. 12.01.1970 – VII ZR 191/67, BGHZ 53, 150 = NJW 1970, 467; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 26.

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hangprovisionen zu ersetzen sein810, selbst wenn sie für die Zeit nach Vertragsende abbedungen waren811. Auch mag ein Investitionsschaden für nicht amortisierte Investitionen entstanden sein, und zwar auf beiden Seiten812. Nimmt ein HV unmittelbar im Anschluss an die vom Unternehmer erklärte berechtigte und außerordentliche Kündigung eine Tätigkeit für einen Konkurrenten auf, so stehen dem Unternehmer nur dann Schadenersatzansprüche zu, wenn im HV-Vertrag ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart war813. § 61 soll auf den HV nicht entsprechend anwendbar sein814. Im Wege der Vorteilsausgleichung ist auf den Schadenersatz anzurechnen, was der Kündigende infolge kündigungsbedingt vorzeitig freiwerdender Kapazitäten815 anderweitig erworben oder zu erwerben in vorwerfbarer Weise unterlassen hat816. Insbesondere falls der HV schon vertragsbegleitend für andere Unternehmer tätig war, kommt es zu keiner Anrechnung der hierdurch generierten Provision817. Mögliche Vor- und Nachteile müssen sich die Vertragspartner gem. §§ 242, 259, 260 BGB mitteilen (Auskunftspflicht)818. Der Schadenersatz darf wegen Nichterteilung der Auskunft nicht zurückgehalten werden819.

63

3. Zur Darlegungs- und Beweislast in Schadensfällen. Hierzu hat der BGH820 in vergleichbaren Fällen wie folgt ausgeführt: Gemäß § 252 S. 2 BGB gelte der Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge als entgangen vermutet werden könne. Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, sei nicht erforderlich. Es genüge der Nachweis einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Dem Ersatzpflichtigen obliege der Beweis, dass er nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht erzielt worden wäre. Dabei dürften keine zu strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten gestellt werden. Stehe eine Schadenersatzforderung dem Grunde nach fest und sei lediglich ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln, dürfe das Gericht die Klage nicht einfach abweisen, sondern müsse prüfen, in welchem Umfang der Sachverhalt eine Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens biete. Bei langjährigem Schadenszeitraum sollen konkrete Untersuchungen zur hypothetischen Entwicklung der Einkommenssituation erforderlich sein821.

II. Mitverschulden (§ 254 BGB) 64

Bei Mitverschulden ist der Ersatzanspruch des Kündigenden zu mindern822, allgemein bei beiderseitigem Verschulden, falls der Gekündigte den wichtigen Grund mit hervor810 811 812 813 814 815

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 26. AA Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71: nur auf Seiten des HV. OLG Köln, Urt. v. 09.08.2002 – 19 U 59/02, VersR 2003, 642. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 71; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 37. BGH, Urt. v. 01.03.1984 – I ZR 13/82, WM 1984, 1005; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 91. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 72; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 26. OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468.

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 56; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 37; Hopt § 89a Rn 34. BGH, Urt. v. 03.02.1978 – I ZR 116/76, MDR 1978, 467. BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010; Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 332/07, WM 2009, 1811 (zu § 280 BGB). BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = ZIP 2008, 2080 = EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow. Schmidt-Rimpler § 83 S. 292; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 92; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 24.

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gerufen hat oder in Ansehung der Obliegenheit zur Abwendung oder Minderung des Schadens (Abs. 2). Die Kündigungserklärung ist dem Kündigenden nicht als Mitverschulden anzulasten823, ggf. aber vorangegangenes Verhalten oder zumindest analog § 254 BGB (§ 242 BGB) Umstände aus seiner Sphäre, welche die zur fristlosen Kündigung führende Vertragsverletzung des Gekündigten mitverursacht haben824. Dabei ist zu bewerten, von wem eine Vertragsverletzung oder ein Schaden überwiegend verursacht worden ist825. Den Kündigenden trifft nach § 254 Abs. 2 BGB die Obliegenheit zu anderweitigem, nicht überobligationsmäßigen, schadensmindernden Einsatz seiner in Folge der Kündigung vorzeitig frei gewordenen Kapazität im Rahmen des jeweils Möglichen und Zumutbaren826.

III. Beiden Parteien zustehendes Kündigungsrecht Steht beiden Vertragsparteien ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grunde zu und übt 65 die eine Partei es aus, so kann die andere das hierdurch aufgelöste Vertragsverhältnis vorsorglich auch ihrerseits kündigen (die Kündigung bleibt wirkungslos, wenn bereits die Kündigung des Vertragspartners aus wichtigem Grund erfolgte und den Vertrag daher beendete); sie kann sich statt dessen auch ohne Kündigungserklärung auf den ihr zur Seite stehenden Grund berufen, um einen Ersatzanspruch nach Abs. 2 geltend zu machen827. Der Schadenersatzanspruch des einen Teiles ist nämlich ausgeschlossen, sofern auch der andere Teil hätte fristlos kündigen können, ohne dass es darauf ankommt, ob der andere Vertragsteil von seiner Kündigungsbefugnis Gebrauch gemacht hat. Denn es würde Treu und Glauben widersprechen, den Empfänger der Kündigung schlechter zu stellen, nur weil er sein Kündigungsrecht ungenutzt ließ828. Diese Ausdehnung ist durch die Natur der Sache geboten, da es sonst auf einen Wettlauf der Kündigungen und auf den Zufall hinauskäme, wer zuerst gekündigt hat. Sind die beiderseits gegebenen Kündigungsgründe je von dem anderen Teil in gleichem Verhältnis zu vertreten, so steht nach den Rechtsgedanken der §§ 242829, 254 BGB keinem ein Schadensersatzanspruch zu, gleich wer die Kündigung als erster ausgesprochen hat830. Endlich wird derjenige dem anderen schadensersatzpflichtig sein müssen, der aus wichtigem Grunde kündigt, diesen Grund aber selbst schuldhaft herbeigeführt hat – sofern in dieser Konstellation überhaupt ein Kündigungsrecht bestehen sollte (§§ 162, 242 BGB). Das Problem liegt insoweit parallel demjenigen bei § 1299 BGB.

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BGHZ 44, 270 (277); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 92. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 55; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 24. BGH WM 1970, 1513 (1514); BGH WM 1984, 1005 (1006); Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 92. Schmidt-Rimpler § 83 S. 290.

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BGHZ 44, 271 (277) = LM Nr. 7 mit Anm. Rietschel; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 93. BGHZ 122, 9 (15); BGHZ 44, 271 (277) = NJW 1966, 347; BGH, Urt. v. 11.02.1981 – VIII ZR 312/79, NJW 1981, 1264 = MDR 1981, 839; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 57; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 93; Schröder § 89a Rn 22a. BGHZ 44, 271; BGH, Urt. v. 25.05.1988 – VIII ZR 360/86, BGHR BGB § 242 – Kündigung – wichtiger Grund 6.

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IV. Positive Forderungsverletzung (§ 280 BGB) 66

Mit dem Anspruch nach Abs. 2 kann ein Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB konkurrieren. Dies ist etwa der Fall, falls ein nicht zur Kündigung führendes nachvertragliches Verschulden des Gekündigten vorliegt. Der damit unbegründete Widerspruch des HV gegen die durch den Unternehmer erklärte berechtigte Kündigung ist jedoch keine positive Vertragsverletzung iSd § 280 BGB831. Ein vom Kündigenden zu vertretender Kündigungsgrund kann selbst dem berechtigt 67 Gekündigten nach § 280 BGB einen § 89a Abs. 2 vergleichbaren Anspruch auf Ersatz eines Aufhebungsschadens geben832, sofern der Kündigende durch sein Verhalten schuldhaft Vertragspflichten verletzt hat. Dieser Fall wird nicht von § 89a Abs. 2 erfasst. Denn dort ist nur das vom Gekündigten zu vertretende Fehlverhalten anspruchsbegründend. Ein Beispiel bildet die schuldhafte Zerstörung der Produktionsmittel durch den Unternehmer, welche zur Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung führt833. Es genügt die Verletzung der Pflicht, den Bestand des Vertrags nicht ohne rechtfertigenden Grund zu gefährden834.

D. Schadenersatzanspruch des unberechtigt außerordentlich Gekündigten nach § 280 BGB 68

Der Schadenersatzanspruch des unberechtigt außerordentlich Gekündigten wird nicht durch Abs. 2 geregelt; er ergibt sich aus § 280 BGB. Die unberechtigte Kündigung ist eine Pflichtverletzung, welche gem. § 280 BGB zum Schadenersatz verpflichtet. Kündigt etwa ein Hersteller einem Kfz-Vertragshändler, dem ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt wurde, unberechtigt und setzt neue Händler ein, so kann dem Händler ein Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB i.V.m. §§ 249, 252 BGB zustehen, falls der Hersteller durch den Einsatz weiterer Händler das Alleinvertriebsrecht des Händlers verletzt835. Ferner besitzt der Händler einen Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB, aufgrund dessen er vom Hersteller Informationen fordern darf, welche Geschäfte der Hersteller oder (soweit bekannt) seine Händler im Vertragsgebiet nach der Kündigung getätigt haben. Auskunft und Schadenersatz können im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden. Einen gewichtigen Anhalt für den Umfang der dem Händler entgangenen Geschäfte stellen die Geschäfte dar, welche in der fraglichen Zeit im geschützten Vertragsgebiet durch den Hersteller oder von ihm eingesetzte Händler gezeichnet wurden836. Dies schließt es nicht aus, bei der Schadensberechnung einen besonderen Einsatz der anderen Händler oder deren spezielle Betriebssituation zu berücksichtigen837. Nach einer unberechtigten

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BGH, Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 65/02, MDR 2003, 376. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 59; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 37; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 88. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 59. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 59. BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden bestimmt sich

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nach den Beweiserleichterungen des § 287 ZPO: Es genügt eine auf gesicherter Grundlage bestehende Wahrscheinlichkeit. Der Kläger hat Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, welche für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten; so BGH, Urt. v. 03.12.1999 – IX ZR 332/98, VersR 2001, 246; siehe auch Freitag/Leible RIW 2001, 287. BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686.

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fristlosen Kündigung des HV kann der Unternehmer den entgangenen Gewinn in der Weise abstrakt berechnen, dass er aus den im Einzelnen aufgeführten Umsätzen in den der Kündigung vorausgehenden 18 Monaten jeweils den monatlichen Durchschnittssatz ermittelt, hieraus den Umsatzausfall für den Zeitraum von der fristlosen Kündigung bis zum Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung errechnet und davon die vertraglich geschuldete Provision und den Warenabsatz abzieht838. Dem Unternehmer ist eine gewisse Übergangszeit einzuräumen, in der er sich nach geeigneten Nachfolgern umsehen darf839. Auch der Schadenersatzanspruch eines ungerechtfertigt gekündigten Tankstellenvertreters darf auf der Basis des Gewinns der letzten 18 Monate vor Vertragsbeendigung geschätzt werden840. Dem ist zuzustimmen. Ggf. ist Ersatz zu leisten in Höhe der Differenz zwischen dem früheren und dem gegenwärtigen Einkommen841. Unerwartete Gewinne, wie etwa Pachtgutschriften, sind dabei außer Betracht zu lassen842. Ein KfzHändler, der gegenüber dem Hersteller einen Kündigungsschaden geltend macht, genügt seiner Darlegungslast, wenn er den Rohertrag je Fahrzeugverkauf angibt und davon die nach seiner Ansicht ersparten Betriebskosten (hier: in Höhe von EUR 80 je Einheit) absetzt843. Die vom Hersteller behaupteten durchschnittlich ersparten844 Aufwendungen anderer Kfz-Händler darf der Händler mit Nichtwissen bestreiten. Ein zu Unrecht fristlos gekündigter Bezirksvertreter, der daraufhin seine Tätigkeit für den Unternehmer berechtigt einstellt, erhält bis zur rechtswirksamen Vertragsbeendigung Provision auf alle Geschäfte im Bezirk, ohne Abzüge nach § 615 S. 2 BGB und ohne Vorteilsausgleichung, nicht nur den Anspruch aus § 615 BGB oder einen Schadenersatzanspruch845. Zeitlich begrenzt wird der Schadenersatz auch hier durch den nächst möglichen ordentlichen Kündigungstermin des Kündigungsgegners. Die unter Rn 61 wiedergegebenen Grundsätze dürften entsprechend gelten. Die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Zeiträume ist möglich846.

E. Streitwert Der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der fristlosen Kündi- 69 gung bemisst sich gemäß § 12 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO auf den Provisionsausfall bis zum nächstmöglichen ordentlichen Kündigungstermin zuzüglich eines etwaigen Aus-

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BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010; aA wohl BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = EWiR 2008, 657 (Emde) = ZIP 2008, 2080 = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow (dort möglicherweise wegen der Langfristigkeit der Zeitspanne, für die Ersatz zu leisten war). BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05. BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = ZIP 2008, 2080 = EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow.

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KG, Urt. v. 21.05.2007 – 23 U 87/05. BGH, Urt. v. 22.03.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403 = NJW-RR 2006, 1328 = VersR 2006, 1640. Es ist eine berechtigte Frage, ob solche ersparten Aufwendungen überhaupt abzusetzen sind: Denn aus den Rabatten sollen gerade die Kosten bezahlt werden. BGH BB 1959, 718; Urt. v. 27.02.1976 (mitgeteilt bei v. Gamm NJW 1979, 2492); OLG Karlsruhe BB 1977, 1672; Hopt § 89a Rn 38. BGH, Urt. v. 16.07.2008 – VIII ZR 151/05, WM 2008, 1840 = ZIP 2008, 2080 = EWiR 2008, 657 (Emde) = BB 2008, 2262 m. Anm. Genzow.

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gleichsanspruchs gemäß § 89b, jeweils gekürzt um einen Abschlag von mindestens 20 %. Eventuelle Schadenersatzansprüche in Zusammenhang mit der unberechtigten Kündigung erhöhen den Streitwert ohne entsprechenden Feststellungsantrag nicht847. Das OLG Stuttgart nahm keinen Abzug von 20 % vor: Für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts einer Feststellungsklage zur Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung des Franchisegebers sei das nach objektiven Kriterien zu untersuchende wirtschaftliche Interesse des Franchisenehmers an der Fortführung des Franchisevertrages, also der drohende Gewinnentgang, maßgeblich848.

F. Beweislast I. Kündigung 70

Der Kündigende muss folgendes beweisen: alle TB-Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung849. Dies gilt in jeder Prozesssituation, also auch im Falle der Feststellungsklage des Gekündigten auf Fortbestehen des Vertrages oder falls der Gekündigte die außerordentliche Kündigung als Voraussetzung eines von ihm eingeklagten bzw. zur Aufrechnung gestellten Anspruchs geltend macht850. Der Gekündigte braucht nur die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung oder das Fehlen einer Kündigungserklärung zu behaupten, ohne dies zu begründen851. Der Kündigende muss insbes. Abgabe und Zugang der rechtswirksamen Kündigungserklärung852, die Existenz des wichtigen, nicht verbrauchten oder verfristeten Grundes853, den Nachweis der Kenntnis des Kündigungsgrundes in unverfristeter Zeit854, die objektive und subjektive Unzumutbarkeit der Vertragsfortsetzung bis zum frühestmöglichen ordentlichen Vertragsende855, eventuell vertraglich vereinbarte Erleichterungen des Kündigungsrechts und ihre Wirksamkeit sowie die Zulässigkeit einer Kündigung ohne Abmahnung beweisen856. Die konkrete Möglichkeit einer zur Verfristung führenden Kenntniserlangung ist allerdings von dem Gekündigten substantiiert aufzuzeigen und von dem Kündigenden zu widerlegen857. Ein Auskunftsanspruch des Kündigenden über mögliche Kündigungsgründe gegen den Gekündigten besteht nicht858.

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OLG Köln, Urt. v. 20.07.2001 – 19 U 219/00, BB 2001, 2241. OLG Stuttgart, Beschl. v. 30.10.2006 – 5 B 65/06, NJOZ 2007, 934. BGH NJW-RR 1999, 539 (540); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 89a Rn 27. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 17. BGH, Urt. v. 20.02.1995 – II ZR 9/94, ZIP 1995, 560 (562) (zu § 626 BGB), OLG München NJW-RR 1995, 1186; Ebenroth/

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Löwisch § 89a Rn 65; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 33; Schröder § 89a Rn 17. BGH, Urt. v. 05.04.1990 – IX ZR 16/89; BGHR BGB § 626 Abs. 2 – Kündigungsfrist 1; Urt. v. 02.06.1997 – II ZR 101/96, GmbHR 1997, 998 (999); LAG Berlin GmbHR 1997, 839 (842); Becker-Schaffner DB 1987, 2153; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65; MünchKommBGB/Schwerdtner § 626 Rn 242; diff. Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 6. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89a

Der Beweis für einen Verzicht oder eine Verwirkung des Rechts obliegt demjenigen, 71 dem er günstig ist859, gleiches gilt für die Kenntnis und das Einverständnis des Kündigenden mit dem die Kündigung hervorrufenden Umstand oder Verhalten860. Günstig sind diese Umstände meist für den Gekündigten.

II. Schadensersatz Beweislast bei dem Kündigenden: Auch im Schadensersatzprozess nach Abs. 2 muss 72 der Kündigende alle o.g. TB-Voraussetzungen der außerordentlichen Kündigung beweisen. Das gilt auch im Fall der Klage des Gekündigten gegen den Kündigenden, etwa mit der Behauptung, dass die erklärte außerordentliche Kündigung unwirksam ist861. Beweislast beim Ersatzberechtigten: Schadenseintritt und Schadenshöhe oder An- 73 nahmeverzug im Rahmen des § 615 S. 2 BGB862 muss der Anspruchsteller beweisen. Die Beweiserleichterungen der §§ 252 BGB, 287 ZPO kommen ihm zugute863, ebenso die Vermutung, derzufolge der Schaden regelmäßig in Höhe des Durchschnittsgewinns eines repräsentativen Zeitraums der Vergangenheit valutiert864 (Rn 62). Einen höheren Gewinn als in diesem Referenzzeitraum muss der Ersatzberechtigte beweisen865. Hinsichtlich des entgangenen Gewinns braucht der Geschädigte deshalb nur die Umstände darzulegen und zu beweisen, die einen Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge oder nach den besonderen Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, wahrscheinlich machen (§ 252 S. 2 BGB, 287 Abs. 1 ZPO)866. Gemäß § 252 S. 2 BGB gilt der Gewinn als entgangen, der nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge als entgangen vermutet werden kann. Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, ist nicht erforderlich867. Es genügt der Nachweis einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Dabei dürfen keine zu strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten gestellt werden868. Steht eine Ersatzforderung dem Grunde nach fest und ist lediglich ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln, darf das Gericht die Klage nicht einfach abweisen, sondern muss prüfen, in welchem Umfang der Sachverhalt eine Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens bietet869. Für den Umfang eines

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65; Schröder § 89a Rn 8. BGH ZIP 1995, 560 (562) zu § 626 BGB; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 65. BGH, Urt. v. 13.11.1997 – III ZR 165/96, MDR 1998, 237; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 66. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 66. BGHZ 53, 150 (152); BGH, Urt. v. 06.02.1986 – I ZR 92/84, WM 1986, 622 (623); Urt. v. 05.10.1989 – I ZR 160/88, NJW-RR 1990, 171 (172) = EWiR 1990, 167 (v. Hoyningen-Huene); BGH MDR 1998, 237; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 66. BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686; WM 1982, 635 (636); WM 1986, 622 (623); Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 39;

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 66; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 95. BGH NJW-RR 1991, 156 (157). Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 10. BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. BGH, Urt. v. 05.10.1989 – I ZR 160/88, WM 1990, 281; Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010; Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 10. BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010; tendenziell bereits DB 2000, 967 (zum Ausgleichsanspruch).

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„Ausgleichsschadens“, weil dem Gekündigten infolge der Kündigung ein höherer Ausgleich gemäß § 89b entgangen ist, bleibt der Gekündigte beweisbelastet870. Beweislast beim Ersatzverpflichteten: Der Beweis fehlender Typik eines der Schaden74 ersatzberechnung zugrundegelegten Zeitraums der Vergangenheit obliegt dem Ersatzverpflichteten. Gleiches gilt für Mitverschulden oder Vorteilsausgleichung871, etwa mittels anderweitiger Nutzung vorhandener Kapazitäten872. Es kann nicht vermutet werden, dass der HV zuvor für den Unternehmer geworbene Produkte nun für einen anderen Unternehmer veräußert und deshalb ein Schaden fehlt873. Dem Ersatzpflichtigen obliegt ferner der Beweis, dass ein von § 252 BGB vermuteter Gewinn nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht erzielt worden wäre874. Diese Allokation der Beweislast gilt auch im Rahmen des § 615 S. 2 BGB875.

§ 89b[1] Ausgleichsanspruch (1) 1Der Handelsvertreter kann von dem Unternehmer nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einen angemessenen Ausgleich verlangen, wenn und soweit 1. der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile hat und 2. die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter aus Geschäften mit diesen Kunden entgehenden Provisionen, der Billigkeit entspricht. 2 Der Werbung eines neuen Kunden steht es gleich, wenn der Handelsvertreter die Geschäftsverbindung mit einem Kunden so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht. (2) Der Ausgleich beträgt höchstens eine nach dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre der Tätigkeit des Handelsvertreters berechnete Jahresprovision oder sonstige Jahresvergütung; bei kürzerer Dauer des Vertragsverhältnisses ist der Durchschnitt während der Dauer der Tätigkeit maßgebend. (3) Der Anspruch besteht nicht, wenn 1. der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis gekündigt hat, es sei denn, daß ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlaß gegeben hat oder dem Handelsvertreter eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann, oder 2. der Unternehmer das Vertragsverhältnis gekündigt hat und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorlag oder

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Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 66; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 20. Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 66; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 95. BGH WM 1986, 622 (623).

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468. BGH, Urt. v. 30.05.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 19a.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89b

3. auf Grund einer Vereinbarung zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter ein Dritter anstelle des Handelsvertreters in das Vertragsverhältnis eintritt; die Vereinbarung kann nicht vor Beendigung des Vertragsverhältnisses getroffen werden. (4) 1Der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. 2 Er ist innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen. (5) 1Die Absätze 1, 3 und 4 gelten für Versicherungsvertreter mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden, die der Handelsvertreter geworben hat, die Vermittlung neuer Versicherungsverträge durch den Versicherungsvertreter tritt und der Vermittlung eines Versicherungsvertrages es gleichsteht, wenn der Versicherungsvertreter einen bestehenden Versicherungsvertrag so wesentlich erweitert hat, daß dies wirtschaftlich der Vermittlung eines neuen Versicherungsvertrages entspricht. 2 Der Ausgleich des Versicherungsvertreters beträgt abweichend von Absatz 2 höchstens drei Jahresprovisionen oder Jahresvergütungen. 3 Die Vorschriften der Sätze 1 und 2 gelten sinngemäß für Bausparkassenvertreter. [1]

§ 89b eingef. durch G v. 06.08.1953 (BGBl. I S. 771); Abs. 3, Abs. 4 S. 2 und Abs. 5 neu gef. durch G v. 23.10.1989 (BGBl. I S. 1910); Abs. 1 S. 1 Nr. 1 geänd., Nr. 2 aufgeh., bish. Nr. 3 wird Nr. 2 und geänd. mWv 5.8 2009 durch G v. 31.07.2009 (BGBl. I S. 2512).

Schrifttum Ahle Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Rücknahme einer zeitweilig übertragenen Zusatzvertretung, DB 1962, 1069; ders. Vorwegerfüllung des Ausgleichsanspruchs der Handelsvertreter, DB 1962, 1329; ders. Probleme beim Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB bei Handelsvertretungen durch juristische Personen oder Personengesamtheiten, DB 1963, 227; ders. Der Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB bei Vertretungen von Anlagegütern, DB 1963, 1704; ders. Provision und Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Einsatz eines Nachfolgers, DB 1964, 611; Arndt Alters- oder krankheitsbedingte Kündigung bei Handelsvertreter-Gesellschaften: Erhaltung des Ausgleichsanspruchs durch Formwechsel? DB 1999, 1789; Ball Rechtsnatur und Funktion des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB unter besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, in Saenger/Schulze Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 2000, S. 17; Bamberger Zur Frage des Ausgleichsanspruchs, insbesondere der Provisionsverluste des Handelsvertreters bei einer Vertriebsumstellung des Unternehmers, NJW 1984, 2670; Bechtold Ausgleichsansprüche für Eigenhändler dargestellt am Beispiel des Automobilvertriebs, NJW 1983, 1393; ders. Rechtstatsachen zum Ausgleichsanspruch des Automobilhändlers, BB 1984, 1262; Bodewig Der Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, BB 1997, 637; v. Brunn Ausgleichsansprüche bei Eigenhändlerverträgen, DB 1961, 429; Brych Ausgleichsanspruch bei jedweder Art von Eigenkündigung, BB 1992, 8; Creutzig Automobilvertrieb heute und morgen, DAR 1999, 16; Eberstein Bemerkungen zu den Urteilen des Bundesgerichtshofes zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1957, 663; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1957, 1059; ders. Zehn Jahre Rechtsprechung zum neuen Handelsvertreterrecht, BB 1964, 271; ders. Vorauserfüllung oder Überwälzung des Handelsvertreter-Ausgleichsanspruchs durch vertragliche Regelung, BB 1971, 200; Eckert Die analoge Anwendung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB auf Vertragshändler und Franchisenehmer, WM 1991, 1237; Ekkenga Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB und Ertragswertmethode, AG 1992, 345; Emde Ausgleichsanspruch analog § 89b HGB für Markenlizenznehmer?, WRP 2003, 468; ders. Das Handelsvertreterausgleichsrecht muss neu geschrieben werden, DStR 2009, 1478; ders. Die Novellierung des § 89b HGB – was hat sich ergeben, WRP 2010, 844; ders. Der Ausgleichsanspruch des Kfz-Vertragshändlers analog § 89b HGB, MDR 2010, 537; ders. Der Ausgleichsanspruch des Lizenznehmers analog § 89b HGB, WRP 2006, 449; ders. Die betriebsbedingte außerordentliche Kündigung von Vertragshändlerverträgen durch den Unternehmer, BB 1996, 2260; Evers Die Nichtigkeit von Handelsvertreterverträgen wegen zu ge-

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ringer Verdienstmöglichkeiten und ihre Rückabwicklung, BB 1992, 1365; Felix Betriebsaufgabe und Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter nach § 89b HGB, BB 1987, 870; Finger Die Stellung des Vertragshändlers bei Beendigung des Vertrags, DB 1970, 141; Flohr Die Anwendbarkeit des § 89b HGB auf den Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers bei Beendigung des Franchisevertrags, DStR 1998, 572; Fock Der nachvertragliche Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters gem. Art. 17 Abs. 3 der EG-Handelsvertreterrichtlinie – Alternative oder Ergänzung zum Goodwill-Ausgleich des Vertreters? in Saenger/Schulze Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 2000, S. 62; Foth Neue Kehrtwende der Rechtsprechung zum Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers in der Kraftfahrzeugbranche, BB 1987, 1686; Frieseke Steuerrechtliche Bedeutung des Ausgleichsanspruchs der Handelsvertreter, DB 1962, 8; Fritz Die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters nach § 89b HGB, NJW 1960, 1653; Gassner Rückstellungen für künftig anfallende Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter, DB 1968, 1645; Gessler Zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1957, 1164; Glaser Steht dem Erben des Handelsvertreters ein Ausgleichsanspruch zu?, DB 1955, 1081; ders. Steht dem Generalvertreter ein Ausgleichsanspruch zu?, DB 1957, 1173; ders. Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts, DB 1956, 297; Görres Der Ausgleichsanspruch der Erben des Handelsvertreters, DB 1955, 681; Günther Zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1957, 1058; Karl Peer Günther, Der Versicherungsvertreter und sein Ausgleichsanspruch, 2004; Haas Wegfall des Handelsvertreterausgleichsanspruchs gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB bei Eigenkündigung ohne besonderen Anlaß verfassungswidrig?, BB 1991, 1441 und BB 1992, 941; Habscheid Das Ausgleichsrecht des Handelsvertreters, FS Walter SchmidtRimpler, 1957, S. 335; Hartz Zur bilanzmäßigen Behandlung der Ausgleichszahlung an den Handelsvertreter, DB 1958, 408; Heissmann Ausgleichszahlung des Handelsvertreters und Pensionszusage, DB 1957, 395; Heitmann Rückstellungen für den Ausgleichsanspruch und den Pensionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1966, 1305; Helpensteller Bilanzielle Behandlung von Ausgleichsansprüchen aus Verträgen mit Handelsvertretern gemäß § 89b HGB n.F., DB 1977, 2385; Hepting/Detzer Die Abdingbarkeit des Ausgleichsanspruchs ausländischer Handelsvertreter und Vertragshändler, insbesondere durch Allgemeine Geschäftsbedingungen, RIW 1989, 337; Herbert Neues zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1997, 1317; Hermes Beendigung des Vertragshändlervertrags im deutschen und niederländischen Recht, RIW 1999, 81; Heuer Aktivierungszeitpunkt für den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters, DB 1963, 1738; Hintzen/Hintzen Die Rückstellung für Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter (§ 89b HGB) in der neueren Rechtsentwicklung, DB 1978, 2037 und 2087; Höfer/Küpper Betriebliche Altersversorgung bei Umwandlung von Tätigkeitsvergütungen, BB 1990, 849; Höft Beschränkung des ausgleichsberechtigten Erbenkreises für den Fall des Todes des Versicherungsvertreters, VersR 1965, 553; ders. Ausgleichspflichtiger Provisionsverlust der Versicherungs-(Bausparkassen-)Vertreter (§ 89b I 2 HGB), VersR 1966, 104; ders. Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) der Versicherungs- und Bausparkassenvertreter für künftig zustande kommende Verträge, VersR 1967, 524; ders Nochmals: Kein Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) des Versicherungsvertreters für Inkasso- und sonstige Verwaltungsprovisionen, VersR 1970, 97; ders. Die provisionsrechtlichen Sonderregelungen für die Versicherungswirtschaft – Gründe und Unverzichtbarkeit, VersR 1976, 205; Hoffstadt Rechtsstellung des Handelsvertreters im Konkurs des vertretenen Unternehmens, DB 1983, 645; Hohn Wirtschaftliche Anspruchsfaktoren beim Ausscheiden des Handelsvertreters, BB 1972, 521; Hollmann Zum Ausgleichsanspruch des Automobil-Vertragshändlers nach § 89b HGB, BB 1985, 1023; Honsel Anrechnung einer Versorgungsanwartschaft auf den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters, BB 1984, 365; Horn Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers: Kundenstamm und werbende Tätigkeit, ZIP 1988, 137; Intveen Praxisprobleme bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs eines KFZ-Vertragshändlers, BB 1999, 1881; Kainz/Lieber/Puszkajler Die „Münchener Formel“ – oder Berechnung des Vertragshändlerausgleichs in der Autobranche, BB 1999, 434; Kapp Gehört der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters zum erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb?, DB 1959, 242; Kirsch Ist der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers analog § 89b HGB am Ende? NJW 1999, 2779; Klinger Zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs der Handelsvertreter, DB 1957, 925; ders., Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter und Pensionszusagen, DB 1958, 1192; Kluge Die gewerbesteuerliche Behandlung des Ausgleichsanspruchs beim Handelsvertreter, BB 1972, 441; Köhler Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers: Bestehen, Bemessung, Abwälzung, NJW 1990, 1689; Kraatz Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung, WM 1982, 498; Kreifels/Lang Der Aus-

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gleichsanspruch des Vertragshändlers, NJW 1970, 1769; Kroitzsch Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers und seine kartellrechtlichen Grenzen, BB 1977, 1631; Kümmel Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, DB 1997, 27; Kümmel Der Ausgleichsanspruch des Kfz-Vertragshändlers – Berechnung nach der „Münchner Formel“, DB 1998, 2407; Küstner Berücksichtigung ersparter Unkosten beim Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1962, 432; ders. Altersversorgung und Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 1147; ders. Der Ausgleichsanspruch des Bausparkassenvertreters, BB 1966, 269; ders. Zur Aktivierung erbrachter Anspruchsleistungen an Versicherungsvertreter in der Bilanz von Versicherungsunternehmen, BB 1967, 114; ders. Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB, NJW 1969, 769; ders. Neue Rechtsprechung zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB, BB 1972, 1300; ders. Der Ausgleichsanspruch des Krankenversicherungsvertreters, BB 1975, 493; ders Neufassung des § 89b Abs. 3 HGB bei alters- oder krankheitsbedingter Kündigung des Handelsvertreters, BB 1976, 630; ders. Zum Einfluß des Betriebsrentengesetzes auf die Ausgleichsberechtigung des Handelsvertreters (§ 89b HGB), BB 1976, 1485; ders. Probleme des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB und seiner Berechnung bei Bausparkassenvertretern, BB 1981, Beilage 12/1981 zu Heft 30/1081; ders. Berechnungsgrundlage für Höhe und Höchstgrenze des Handelsvertreter-Ausgleichsanspruchs, BB 1982, 275; ders. Die neuere Rechtsprechung zum Außendienstrecht, BB 1985, Beilage 12/1985 zu Heft 27/85; ders. Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters und Altersversorgungsleistungen, BB 1994, 1590; ders. Bestandswegnahme und Schadensersatz, VersR 1996, 944; ders Aktuelle Probleme des Vertriebsrechts, BB 1999, 541; ders. Ausgleichsberechnung nach § 89b HGB – Fehler im Detail, BB 2000, Heft 20, „Die erste Seite“; Küstner/v. Manteuffel Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers, BB 1988, 1972; dies. Die Änderungen des Handelsvertreterrechts aufgrund der EG-Harmonisierungsrichtlinie vom 18.12.1986; BB 1990, 291; dies. Gedanken zu dem neuen Ausgleich-Ausschlußtatbestand gem § 89b Abs. 3 Nr. 3 HGB, BB 1990, 1713; dies. Probleme des Handelsvertreterrechts, ZIP 1988, 63; Laber Eigenkündigung des Handelsvertreters: Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses des Ausgleichsanspruchs, DB 1994, 1275; Laum Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, BB 1967, 1359; Littmann Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung von Ausgleichsansprüchen der Handelsvertreter, BB 1959, 446; Loos Keine Aktivierung der von Unternehmen an Selbständige gewährten und von § 17 Abs. 1 S. 2 BetrAVG erfaßten Pensionsanwartschaften und Pensionsansprüche, BB 1989, 669; Lutz Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters und Pensionszusage, DB 1989, 2345; Maier Kündigung des Handelsvertreters wegen Alters oder Krankheit, BB 1978, 940; Martin Gesetzlicher Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters und Versorgungszusagen, DB 1966, 1837; ders. Offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften als Versicherungsvertreter, VersR 1967, 824; ders. Ausgleichsanspruch (§ 89b HGB) des Versicherungsvertreters und Wettbewerb zum Nachteil des Unternehmers, VersR 1968, 117; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters, VersR 1970, 796; Martinek Franchising im Handelsrecht, ZIP 1988, 1362; Matthies Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei kurzer Vertragsdauer, DB 1986, 2063; Matthiessen Arbeits- und Handelsvertreterrechtliche Ansätze eines Franchisenehmerschutzes, ZIP 1988, 1089; Melcher Die Anwendung des Handelsvertreterrechts auf Kapitalanlageberater, BB 1981, 2101; Mellerowicz Zur Bilanzierung der Ausgleichsansprüche von Handelsvertretern, BB 1959, 150; Merkel Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1956, 420; Meyer Ausgleichsansprüche nach § 89b HGB beim Vertrieb langlebiger Wirtschaftsgüter, BB 1970, 780; Moritz Zum Wegfall des Ausgleichsanspruchs bei Kündigung durch den Handelsvertreter, DB 1987, 875; Mücke Ist § 89b HGB auf Vertragshändler anwendbar?, MDR 1956, 641; Müller Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b I 2 wegen erweiterter Altkundenbeziehung auch bei Umsatzrückgang?, NJW 1997, 3432; Müller-Stein Ausgleichsanspruch gem § 89b HGB nach Bestandsübertragungen aufgrund erteilter Makleraufträge, VersR 1990, 561; Neflin Vorausregelung und Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruchs eines Handelsvertreters, DB 1956, 765; ders. Nochmals: Umstellung der Vertriebsorganisation vom Handelsvertreter auf Reisende, DB 1958, 579; ders. Der Industriepropagandist in handels- und steuerrechtlicher Sicht, DB 1961, 833; ders. Vorwegerfüllung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters, DB 1962, 1531; Neuburger/Gaa Ausgleichsanspruch und Pensionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1968, Beilage 10/1968 zu Heft 31/68; Niebling Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, BB 1997, 2388; ders. Automobilvertrieb im Umbruch, DAR 1999, 8; Nies Kann einem Eigenhändler der Ausgleichsanspruch des § 89b HGB zustehen?,

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MDR 1961, 556; Noetzel Der Billigkeitsgedanke beim Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, NJW 1958, 1325; ders. Die eigene Kündigung des Handelsvertreters und sein gesetzlicher Ausgleichsanspruch, DB 1993, 1557; Ordemann Der „Generalvertreter“ und sein Ausgleichsanspruch, BB 1964, 1323; ders. Die Entschädigung des Handelsvertreters für Wettbewerbsbeschränkungen (§ 90a HGB), BB 1965, 932; Oswald Rückstellungen für Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter, BB 1978, 1501; ders. Wie wird der Ausgleich des Handelsvertreters gemäß § 89b HGB errechnet? VersR 1979, 509; Peterek Zur Bedeutung und zum Umfang allgemeiner Kundenschutzvereinbarungen, BB 1996, 351; Rau Verbindung von Ausgleichsanspruch und Pensionszusage bei Handelsvertretern, BB 1967, 403; Reinicke Auslegungsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1953, 1609; Retzer Verfassungsmäßigkeit des § 89b Abs. 3 Nr. 1 HGB, BB 1993, 668 und 963; Reufels/Lorenz „Pauschalierung des Ausgleichsanspruchs für Kfz-Vertragshändler“ – ein Plädoyer gegen die „Münchener Formel“, BB 2000, 1586; Risse Die Rechtsnatur des Ausgleichsanspruches der Handelsvertreter und ihre Bedeutung und seine steuerliche Behandlung, BB 1956, 1135; ders. Zum Ausgleichsanspruch der Handelsvertreter, BB 1957, 669; ders. Zur bilanzmäßigen Behandlung der Ausgleichszahlung an den Handelsvertreter, DB 1958, 408; ders. Zur steuerlichen Beurteilung der Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter, BB 1958, 337; ders. Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der steuerlichen Behandlung von Ausgleichsansprüchen der Handelsvertreter, BB 1958, 1089; Rittner Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters und die jüngste BGH-Rechtsprechung, DB 1998, 457; Rösseler Zur Verbindung von Ausgleichsansprüchen und Pensionszusagen an Handelsvertreter, DB 1958, 752; Saenger Das Recht des Handelsvertreters zur ausgleichswahrenden Eigenkündigung, DB 2000, 129; Sandrock Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, FS für Robert Fischer, 1979, S. 657; Schaefer Das rotierende Vertriebsystem auf der Grenze zwischen Arbeits- und Handelsvertreterrecht, NJW 2000, 320; Scherer Ausschluß von Ausgleichsansprüchen des Handelsvertreters, DB 1996, 1709; Schiefelbein Beschränkung des ausgleichsberechtigten Erbenkreises für den Fall des Todes des Versicherungsvertreters, VersR 1965, 552; Schlechtriem Ausgleichsansprüche des Hauptvertreters, BB 1971, 1540; Schmidt Pensionsvertrag mit Handelsvertretern und Ausgleichsanspruch, DB 1954, 994; ders. Frist zur Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters, BB 1965, 732; ders. Kundenstammüberlassung und „Sogwirkung der Marke“: taugliche Kriterien für den Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers?, DB 1979, 2357; Schneider Die Bemessungsumstände für den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters gemäß § 89b HGB, JurBüro 1968, 569; ders. Der Verzinsungsbeginn bei Ausgleichsansprüchen des Handelsvertreters, DB 1968, 1613; ders. Die Billigkeit beim Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, MDR 1970, 976; ders. Der Streitwert für Klagen des Handelsvertreters, BB 1976, 1298; Schnitzler Zur Vorausregelung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB, MDR 1958, 556; ders. Der Ausgleichsanspruch arbeitsunfähiger Handelsvertreter, DB 1965, Beilage Nr. 15/65 zu Heft 37/65; Schreiber Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters aus prozessualer Sicht, NJW 1998, 3737; Schröder Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1954, 477; ders. Steht ein Ausgleichsanspruch auch einem Eigenhändler (Vertragshändler) zu?, BB 1958, 252; ders. Zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs der Handelsvertreter, DB 1958, 43; ders. Änderung der Vertragsbedingungen und Ausgleichsanspruch im Handelsvertreterverhältnis, DB 1958, 975; ders. Ausgleichsansprüche im Konkurs eines Handelsvertreters, der Selbstmord begangen hat, KTS 1960, 148; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers (Vertragshändlers), BB 1961, 809; ders. Kundenschutz und Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1962, 738; ders. Zweifelsfragen im Ausgleichsrecht der Handelsvertreter, DB 1962, 895; ders. Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567; ders. Außerbezirkliche Geschäfte des Handelsvertreters, DB 1963, 541; ders. Wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Ausgleichsleistung, DB 1964, 323; ders. Zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Versicherungs-(Bausparkassen-)Vertreters, FS Nipperdey 1965, S. 715; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers, DB 1966, 449; ders. Rechtsgeschäftliche Abwendung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB, DB 1967, 1303; ders. Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB bei Veräußerung und Stillegung des vertretenen Unternehmens, DB 1967, 2015; ders. Abwälzung des Ausgleichsanspruchs auf den Nachfolger des ausgeschiedenen Handelsvertreters, DB 1969, 291; ders. Zum Begriff der Unternehmervorteile beim Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB, DB 1973, 217; ders. Zum Begriff „Unternehmervorteile“ im Ausgleichsrecht nach § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB, DB 1976, 1897; Schuler Ausgleichsansprüche bei Beendigung des Handelsvertretervertrages, JR 1957, 44; ders. Der BGH und der Ausgleichsanspruch

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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des Handelsvertreters, JR 1958, 94; ders. Die Bemessung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters, NJW 1958, 1113; ders. Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers?, NJW 1959, 649; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers und des Handelsvertreters, NJW 1961, 758; Selthorst Der Ausschluss des Ausgleichs gemäß § 89b Abs. 3 HGB in Saenger/Schulze Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 2000, S. 43; Semler Aktuelle Fragen im Recht der Vertragshändler, DB 1985, 2493; Seydel Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, Beweislast für erheblichen Vorteil, DB 1957, 476; Seithel Abwälzung der Ausgleichsverpflichtung auf den Nachfolger des Handelsvertreters, BB 1963, 465; Siebel Ausgleichsverpflichtungen an Handelsvertreter, BB 1971, 464; Sieg Rechtsnatur des Ausgleichsanspruchs des Versicherungsvertreters und Folgerungen hieraus, VersR 1964, 789; ders. Die Kündigung des Handelsvertretervertrages im Blickpunkt des Ausgleichsanspruchs, AG 1964, 293; ders. Einfluß des Wegfalls der Altersversorgung auf den festgestellten Ausgleichsanspruch, VersR 1968, 105; Slomma Zur Frage der Bildung von Rückstellungen für Ausgleichsansprüche von Handelsvertretern, BB 1978, 492; ders. Bildung von Rückstellungen für Ausgleichsansprüche der Handelsvertreter nach § 89b HGB, BB 1981, 1498; Steindorff Vereitelte Ansprüche und Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters, ZHR 130 (1968), 82; Stötter Das Verbot des rechtsgeschäftlichen Ausschlusses des Ausgleichsanspruchs nach § 89b IV HGB, DB 1971, 709; ders. Vorwegerfüllung des Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters, BB 1972, 1036; Stumpf Vertragshändlerausgleich analog § 89b HGB – praktische und dogmatische Fehlverortung, NJW 1998, 12; Stumpf/Hesse Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, BB 1987, 1474; Stumpf/Zimmermann Zu den Voraussetzungen des Anspruchs des Vertragshändlers auf Zahlung eines Ausgleichs, BB 1978, 429; Theis Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter, DB 1955, 248; Thume Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1990, 1645; ders. Der neue Ausgleichs-Ausschlußtatbestand nach § 89b Abs. 3 Nr. 3 HGB, BB 1991, 490; ders. Neues zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters und des Vertragshändlers, BB 1994, 2358; ders. Einige Gedanken zum Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, BB 1999, 2309; ders, Ausgleichsanspruch und Altersversorgung, VersR 2009, 436; ders, Der neue § 89b Abs. 1 HGB und seine Folgen, BB 2009, 2490; Uelner Pensionsrückstellungen beim Zusammentreffen von Pensionszusage und Ausgleichsanspruch bei Handelsvertretern, BB 1967, 489; Ulmer Kündigungsschranken um Handels- und Gesellschaftsrecht, FS Philipp Möhring, 1976; S. 205; Veith Ausgleichsanspruch des Tankstellenhalters nach § 89b HGB, DB 1963, 1277; ders. Zum Ausgleichsanspruch eines Tankstellenhalters nach § 89b HGB, DB 1965, 65; Veltins Zur analogen Anwendung von § 89b HGB auf den Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers, NJW 1984, 2063; Waldner Zur Verbindung von Ausgleichsansprüchen und Pensionszusagen an Handelsvertreter, DB 1958, 579; Wauschkuhn Vereinbarungen im Hinblick auf den Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, BB 1996, 1517; Weber Das Verhältnis von Ausgleichs- und Entschädigungsanspruch im Handelsvertreterrecht, BB 1961, 1220; Werner/Machunsky Probleme und Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers, BB 1983, 338; Westphal Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Veräußerung des Unternehmerbetriebs, BB 1998, 1432; ders. Die Handelsvertreter-GmbH: Renaissance mit Unterstützung des BFH? BB 1999, 2517; ders. Evolution statt Revolution – das neue Ausgleichsrecht des Handelsvertreters, DB 2010, 1333; Graf von Westphalen Die analoge Anwendung des § 89b HGB auf Vertragshändlerverträge der KfzBranche, DB-Beilage 12/81 zu Heft 22/1981; ders. Handelsvertreterrecht und AGB-Gesetz, DB 1984, 2335 und 2392; ders. Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers in der Kfz-Branche gemäß § 89b HGB analog unter Berücksichtigung der neuesten BGH-Judikatur, DB Beilage Nr. 8/88 zu Heft 16/1988; ders. Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters und Nichtanrechnung einer Alters- und Hinterbliebenenversorgung, DB 2000, 2255; Wiegand Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei nicht vom Unternehmer veranlaßter Eigenkündigung, BB 1964, 375; Winter Kein Ausgleichsanspruch beim Erlöschen des Vertrags durch Tod des Handelsvertreters, BB 1955, 496; Wittmann Zum Ausgleichsanspruch eines Tankstellenpächters, BB 1963, 1457; ders. Ausgleichsanspruch eines Tankstellenpächters, BB 1965, 473; Winter Ausgleichszahlungen an einen Handelsvertreter bei der Gewerbesteuer, GmbHR 1999, R 151; Wolff Auskunftsrecht des Handelsvertreters zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs, BB 1978, 1246.

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Übersicht Rn A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . I. Ausgleichsregelung als Ergebnis und Ausdruck eines gesetzgeberischen Kompromisses . . II. Historie . . . . . . . . . . . . III. Bedeutung des § 89b . . . . . IV. TB-Merkmale des § 89b . . . 1. Überblick . . . . . . . . . 2. Wenn und soweit . . . . . V. Separate Ermittlung des Ausgleichs in eigenständigen Verträgen . . . . . . . . . . . . . VI. Zweck des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . VII. Wesensmäßige Besonderheiten bei Versicherungsvertretern . . B. Einzelne Anspruchsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . I. Anspruchsberechtigter . . . . 1. Ausgleichsberechtigte Personen . . . . . . . . . . 2. Ausgleichsrecht handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler und Franchisenehmer? . . . . . . . . . . a) Handelsvertretergleiche oder -ähnliche Einbindung . . . . . . . . . . b) Vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes . . . . aa) Kritik am Erfordernis des Merkmals . . . bb) Fehlen einer vertraglichen Verpflichtung cc) Nichtigkeit des Vertrages . . . . . . . . dd) Formen der Überlassungsvereinbarung . ee) Verzicht auf die Berichtspflicht . . . . c) Beispiele der Ausgleichsberechtigung . . . . . . 3. Nicht ausgleichsberechtigte Personen . . . . . . . . . . II. Anspruchsverpflichteter . . . 1. Einleitung . . . . . . . . . 2. Anspruchsverpflichteter bei Betriebsveräußerung auf Unternehmerseite . . . . . III. Beendigung des Vertragsverhältnisses (Tatbestandsmerkmal 1) . . . . . . . . . . . . 1. Handelsvertretervertrag . . 2. Beendigung . . . . . . . . a) Kündigung . . . . . . . b) Beispielsfälle . . . . . . 3. Der Vertragsbeendigung

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Rn gleichzustellende Konstellationen . . . . . . . . . . . . IV. Werbung neuer Kunden oder Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen (Tatbestandsmerkmal 2) . . . . 1. „Kunden“ . . . . . . . . . . 2. „Neue“ Kunden . . . . . . . 3. „geworben hat“ . . . . . . . 4. Werbung als Handelsvertreter 5. Erweiterte Altkunden . . . . a) Gleichstellung mit der Neukundenwerbung . . . . . b) Umfang der Erweiterung . c) Vergleichszeitraum . . . . d) Umfang der Einbeziehung in Verlust- und Vorteilsprognose . . . . . . . . . 6. Geschäftsverbindung . . . . a) Ist das Merkmal der Geschäftsverbindung bei der Neukundenwerbung erforderlich – RL-konforme Auslegung? . . . . . . . . b) Begriff der Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . c) Mehrfachkunden . . . . . d) Potentielle Mehrfachkunden . . . . . . . . . . e) Folgegeschäfte . . . . . . aa) Zeitliche Hinsicht (Wiederholungsintervall) . . . . . . . bb) Sachliche Hinsicht . . f) Abriss der Geschäftsverbindung . . . . . . . . . . g) Beispiele für Bestehen oder Nichtbestehen einer Geschäftsverbindung . . . h) Langlebige Produkte ohne Nachkaufwahrscheinlichkeit . . . . . . . . . . . . i) Beweisfragen . . . . . . . 7. Nur vertragsgemäß verdiente Provisionen für die Werbung oder Erweiterung sind ausgleichspflichtig . . . . . . . . V. Erhebliche Vorteile des Unternehmers (Tatbestandsmerkmal 3) 1. Bedeutung der Novelle 2009 2. Vorteile . . . . . . . . . . . 3. Erheblichkeit der Vorteile . . 4. Vorteilsprognose . . . . . . . 5. Prognosezeitraum . . . . . . 6. Prognosezeitpunkt . . . . . . 7. Vorteile und Dispositionsfreiheit . . . . . . . . . . . . 8. Beispiele . . . . . . . . . . . VI. § 89b Abs. 1 Nr. 2: Billigkeitsgründe (Tatbestandsmerkmal 4)

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Rn 1. Einführung . . . . . . . . . a) Aktiv- bzw. Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . b) Bedeutung des § 89b Abs. 1 Nr. 2 . . . . . . . . . . . 2. Stärkung des Billigkeitskriteriums durch den EuGH . 3. Billigkeitserwägungen allein begründen keinen Ausgleichsanspruch . . . . . . . . . . . 4. Konkurrenz zum TB-Merkmal „Angemessenheit“ . . . . . . 5. Umfang der Billigkeitsprüfung 6. Kasuistik . . . . . . . . . . 7. Zeitpunkt der Billigkeitsprognose . . . . . . . . . . . 8. Ermessensausübung . . . . . 9. Vertragliche Regelung von Billigkeitsgründen . . . . . . 10. Entgehende Provisionen – (bis 2009: Provisionsverluste) a) Europarechtliche Präformation . . . . . . . . . b) Stellung innerhalb des § 89b und Novelle 2009 . c) „Aus Geschäften mit diesen Kunden“ . . . . . . . . . d) Entgehende Provisionen . e) Prognose entgehender Provisionen . . . . . . . . . . aa) Kausalität zwischen entgehender Provision und Vertragsbeendigung . bb) Bei der Verlustprognose berücksichtigungsfähige Vergütungsbestandteile cc) Beispiele . . . . . . . f) Provisionsverlust aus bereits abgeschlossenen oder künftig zustande kommenden Geschäften . aa) Bereits abgeschlossene Geschäfte . . . . . . . bb) Künftig zustande kommende Geschäfte . cc) Fallgruppen . . . . . 11. Sonderfall der Billigkeit: Anrechnung der Altersversorgung a) Überblick . . . . . . . . . b) Fälligkeitsdifferenz . . . . c) Anrechnungsabrede . . . . d) Anrechenbare Leistungen . e) Der Anrechnung entgegenstehende Billigkeitserwägungen . . . . . . . . f) Unverfallbarkeit nach dem BetrAVG? . . . . . . . . . g) Beweislast bei der Anrechnung der Altersversorgung VII. Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 (5. Tatbestandsmerkmal) . .

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1. Zweck . . . . . . . . . . . . 2. Verlängerung der Frist . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . b) Abreden über Verlängerung und Verkürzung der Frist . 3. Ausgleichsforderung unnötig 4. Beginn der Ausschlussfrist . . 5. Vorwegforderung . . . . . . 6. Form der Ausgleichsforderung . . . . . . . . . . . . . 7. Beispiele . . . . . . . . . . . VIII. Ausgleichshöchstgrenze (6. Tatbestandsmerkmal) . . . . 1. Berechnung der Höchstgrenze 2. Vertragshändler- und Franchiserecht . . . . . . . . 3. Berechnungszeitraum . . . . 4. Rohausgleich und Höchstgrenze . . . . . . . . . . . . 5. Überhangprovisionen . . . . IX. Ausgleichsausschluss nach § 89b Abs. 3 (7. Tatbestandsmerkmal) . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur . . . . . . . . . 2. § 89b Abs. 3 Nr. 1: Ausgleichsausschluss bei Kündigung durch den HV . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . b) Europarechtliche Präformation . . . . . . . . . c) Kündigung des HV . . . . d) Begründeter Anlass . . . . aa) Verhalten des Unternehmers . . . . . . . bb) Beispiele . . . . . . . e) Frist zur Kündigungserklärung . . . . . . . . . f) Begründung und Nachschieben von Kündigungsgründen . . . . . . . . . . g) Kündigung wegen Alters oder Krankheit . . . . . . aa) Kündigung wegen Alters . . . . . . . . . bb) Krankheit . . . . . . cc) Unzumutbarkeit der Tätigkeitsfortsetzung . dd) Gesellschaft als HV . . ee) Begründungserfordernis? . . . . . . . . . . ff) Information über Alter oder Krankheit . . . . h) Der Eigenkündigung gleichstehende Fälle – analoge Anwendung auf ähnliche Fallgestaltungen? . . . . . 3. § 89b Abs. 3 Nr. 2: Kündigung des Unternehmers aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des HV . . . . . . . . . . .

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1051

§ 89b

1. Buch. Handelsstand Rn a) Europarechtliche Präformation . . . . . . . . . b) Analoge Anwendung auf HV-ähnliche Vertriebsmittler . . . . . . . . . . c) Wichtiger Grund . . . . . d) Schuldhaftes Verhalten des HV . . . . . . . . . . . . e) Analoge Anwendung auf andere als Kündigungssituationen nach § 89a . . aa) Einleitung . . . . . . bb) Kausalitätserfordernis im Falle nachträglicher Kenntnisnahme vom wichtigen Grund . . . f) Beispiele . . . . . . . . . g) Eintritt ausgleichswahrender Tatbestände trotz vorherigen Entfallens des Ausgleichs . . . . . . . . . . 4. Eintritt eines Dritten in das Vertragsverhältnis (§ 89b Abs. 3 Nr. 3) . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . b) Zweck . . . . . . . . . . c) Europarechtliche Präformation . . . . . . . . . d) Historie . . . . . . . . . . e) Gestaltungsvarianten . . . f) Rechtsdogmatische Einordnung . . . . . . . . . g) Eintrittsvereinbarung mittels AGB? . . . . . . . h) Abgrenzung zu anderen Rechtsinstituten . . . . . . i) Zwingende Natur (§ 89b Abs. 3 Nr. 3 Hs. 2) . . . . j) Übertragung von Ausgleichsanwartschaften . . 5. Mehrstufige Vertragsverhältnisse . . . . . . . . . . .

C. Zwingende Natur des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . I. Umfang des Derogationsverbots II. Zweck . . . . . . . . . . . . . III. Europarechtliche Präformation . IV. Verbot der Derogation „im Voraus“ . . . . . . . . . . V. Zwingende Natur des Ausgleichs in Auslandssachverhalten und Grenzen der Rechtswahl . . . . VI. Einstandszahlungen/Vertretungskauf . . . . . . . . . . . . . . 1. Wirksamkeit der Einstandszahlung (Frage 1) . . . . . . 2. Einstandszahlungsabreden und §§ 305 ff BGB (Frage 2) . . . 3. Amortisation der Einstandszahlung (Frage 3) . . . . . .

1052

Rn 4. Übergang der Ausgleichsanwartschaften (Frage 4) . . 347–348 5. Folgen der Unwirksamkeit (Frage 5) . . . . . . . . . . . 349

291

292 293 294

295–300 295

296–299 301

302–305

306–319 306 307 308 309 310–311 312–313 314 315–317 318 319 320 321–348 321–322 323 324 325–330

331 332–349 336–341 342 343–346

D. Keine Wettbewerbsbeschränkung infolge der Ausgleichszahlung . . . . 350–351 E. Ausgleichsberechnung . . . . . . . . I. Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . . . II. Berechnungsbeispiel nach Literatur und Rechtsprechung . 1. Basis der Ausgleichsberechnung . . . . . . . . . 2. Prognosezeitraum . . . . . . 3. Abwanderungsquote . . . . . 4. Abzinsung . . . . . . . . . . 5. Umsatzsteuer . . . . . . . . 6. Höchstbetragsberechnung . . III. Eigener Ansatz zur Ausgleichsberechnung des HV . . . . . . . 1. Provisionseinnahmen . . . . 2. Anteil werbender, ausgleichspflichtiger Provision . . . . . 3. Werbung für Neukunden oder Erweiterung von Altkunden . . . . . . . . . . . 4. Mehrfach- oder Stammkundenquote . . . . . . . . 5. Vorteilsprognose . . . . . . . 6. Prognosezeitaum . . . . . . 7. Fluktuations- oder Abwanderungsquote . . . . . . . . . 8. Abzinsung . . . . . . . . . . 9. Billigkeitsabschlag . . . . . . 10. Höchstbetragsberechnung . . 11. Beispielsrechnung . . . . . . IV. Berechnung des Ausgleichs im Vertragshändlerrecht . . . . . . 1. Ausgleichsformel für das allgemeine Vertragshändlerrecht . . . . . . . . . . . . . 2. Kfz-Vertragshändlerrecht . . a) Kfz . . . . . . . . . . . . aa) Ausgleichspflichtigkeit bb) Ausgleichsbemessungsgrundlage . . . . . . . cc) Billigkeitserwägungen dd) Formeln zur Berechnung des Kfz-Vertragshändlerausgleichs . . . b) Ersatzteile . . . . . . . . . V. Ausgleichsanspruch des Tankstellen-HV . . . . . . . . . . . VI. Franchisenehmer . . . . . . . .

352–432 353–360 361–382 364–374 375 376–379 380 381 382 383–397 384 385

386–387 388 389 390 391–392 393 394 395 396–397 398–422

410–412 413–422 413–421 413 414–416 417

418–421 422 423–431 432

F. Konkurrenz unterschiedlicher Rechenansätze . . . . . . . . . . . . . . . .

433

G. Fälligkeit . . . . . . . . . . . . . . .

434

H. Erfüllungsort des Ausgleichsanspruchs

436

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Rn I. Verjährung . . . . . . . . . . . . . . 437–442 J. Vorauserfüllung des Ausgleichs . . . . 442–445 K. Zinsen

. . . . . . . . . . . . . . . .

446

L. Verwirkung . . . . . . . . . . . . . .

447

M. Aufrechnung . . . . . . . . . . . . .

448

N. Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . .

449

O. Abtretung und Nachfolgebestimmung 450–451 I. Abtretung . . . . . . . . . . . 450 II. Nachfolgeregelung . . . . . . . 451 P. Pfändung

. . . . . . . . . . . . . .

452

Q. Anerkenntnis . . . . . . . . . . . . .

453

R. Der Ausgleichsanspruch und konkurrierende Ansprüche . . . . . I. § 354 HGB . . . . . . . . . . II. Karenzentschädigung (§ 90a Abs. 1) . . . . . . . . III. Schadenersatzansprüche . . . IV. Informationsrechte nach § 87c

. 455 . 456–457 . 458

S. Prozessfragen . . . . . . . . . . . . I. Klage . . . . . . . . . . . . . II. Urteil . . . . . . . . . . . . . III. Prozessvergleich . . . . . . . IV. Urkundenverfahren . . . . . . V. Arrest . . . . . . . . . . . . . VI. Selbständiges Beweisverfahren VII. Revision . . . . . . . . . . .

. 459–466 . 460 . 461 . 462 . 463 . 464 . 465 . 466

T. Der Ausgleichsanspruch in der Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . I. Der Ausgleichsanspruch in der Insolvenz des Unternehmers . . . . . . . . . . . 1. Anspruchsentstehung . . . 2. Insolvenzrechtliche Einordnung des Anspruchs . . II. Der Ausgleichsanspruch in der Insolvenz des HV . . . . . . .

. 454–458 . 454

. 467–469

. 467–468 . 467 .

468

.

469

U. Rückforderung des gezahlten Ausgleichs durch den Unternehmer . . . 470–479 I. Zum Rechtsgrund . . . . . . . 470–472 II. Zur Höhe der Rückforderung . . . . . . . . . . . . . . 473–474 V. Steuer- und Bilanzrecht . . . . . . . I. Gewerbesteuerliche Erfassung des Ausgleichs beim HV . . . 1. Umsatzsteuer . . . . . . . 2. Einkommenssteuer . . . . II. Ausgleichsrücklagen des Unternehmers in der Steuerbilanz und in der Handelsbilanz . .

. 475–479 . 475–477 . 476 . 477

. 478–479

W. Der Ausgleichsanspruch des Bausparund Versicherungsvertreters . . . . . 480–610 I. Einführung . . . . . . . . . . . 480 II. Besonderheiten im Recht der VV . . . . . . . . . . . . . 481–483

§ 89b Rn

III. IV. V. VI.

Zweck . . . . . . . . . . . . . Anspruchsberechtigter . . . . . Anspruchsverpflichteter . . . . Tatbestandsvoraussetzungen . . 1. Beendigung des Vertrages (Tatbestandsmerkmal 1) . . . 2. Neue oder erweiterte Versicherungsverträge (Tatbestandsmerkmal 2) . . . a) Neue Versicherungsverträge . . . . . . . . . . b) Erweiterung von Versicherungsverträgen . . . 3. Vorteile (Tatbestandsmerkmal 3) . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . b) Unternehmervorteile bei Verwaltungsprovisionen . 4. Billigkeit (Tatbestandsmerkmal 4) . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . b) Entgangene Provisionen . aa) Überblick . . . . . . . bb) Provisionsverzichtsklausel . . . . . . . . cc) Wirksamkeit der Provisionsverzichtsklausel . dd) Keine Nachbestellungen . . . . . . . . ee) Einmalprovisionen . . ff) Fallgruppen möglicherweise entgehender und damit ausgleichsrelevanter Provisionen . . (1) Neugeschäfte . . . . . (2) § 87 Abs. 3 Ziff. 1 . . (3) § 87 Abs. 3 Ziff. 2 . . (4) Fortsetzungen, Vertragserweiterungen und Summenerhöhungen . (5) Superprovisionen . . . gg) Prognosedauer . . . . 5. Ausgleichshöchstgrenze (Tatbestandsmerkmal 6) . . . VII. Die „Grundsätze“ der Versicherungswirtschaft . . . . . . 1. Zweck der Grundsätze . . . 2. Grundsätze als dispositive Berechnungsmethode . . . . 3. Unwirksamkeit der Grundsätze? . . . . . . . . . . . . 4. Rechtsnatur der Grundsätze – Schätzungsgrundlage . . . . 5. Beweislast . . . . . . . . . . 6. Anspruchsberechtigung nach den Grundsätzen . . . . . . a) Die „Grundsätze-Sach“ . . aa) Der Ausgleichswert (Ziff. I der GrundsätzeSach) . . . . . . . . . bb) Beweislast . . . . . .

Raimond Emde

484–488 489 490 491–534 493

494–495 494 495 496–513 496–500 501–513 514–532 514 515–532 515–517 518–519 520–521 522 523

524 525 526 527

528–530 531 532 533–534 535–610 537–538 539 540 541 542 543–596 544–559

547–553 554

1053

§ 89b

1. Buch. Handelsstand Rn cc) Prozentsatzberechnung nach Sparten . . . . . dd) Nichtberücksichtigung von Zuschüssen und zusätzlichen Vergütungen des Versicherungsunternehmens . . . . ee) Abzinsung . . . . . . ff) Multiplikatoren (Ziff. II der Grundsätze-Sach) . . . . . . b) Die „Grundsätze-Leben“ . aa) Systematik . . . . . . bb) Zweck der GrundsätzeLeben . . . . . . . . . cc) Geltungsbereich (Ziff. I der Grundsätze-Leben) . . . . . dd) Geltungsbereich (Ziff. I) . . . . . . . . ee) Die Bestimmung des Rohausgleichs (Ziff. II) . . . . . . . c) Die Grundsätze Kranken . aa) Ziff. I: Geltungsbereich . . . . . . . . bb) Ziff. II: Errechnung der Ausgleichszahlung cc) Berechnungsbeispiel .

555

556 557

558–559 560–570 560–561 562

563–564 565

567–570 571–576 572–574 575 576

Rn d) Grundsätze im Bausparbereich . . . . . . . . . . aa) Ziff. I: Ausgleichswert bb) Multiplikatoren (Ziff. II) . . . . . . . cc) Ziff. III: Treuebonus . dd) Fälligkeit (Ziff. V.) . . e) Grundsätze Finanzdienstleistungsbereich . . . . . . aa) Ziff. I: Ausgleichswert bb) Ziff. II: Multiplikatoren cc) Ziff. III: Treuebonus . dd) Fälligkeit (Ziff. V) . . f) Gemeinsame Regeln für alle Grundsätze . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . bb) Alters- und Hinterbliebenenversorgung . cc) Ausgleichshöchstgrenze dd) Ausspannung von Versicherungsverträgen . ee) Gutachterstelle . . . . 7. Ausgleichsberechnung nach § 89b direkt . . . . . . . . . a) Einleitung . . . . . . . . . b) Eigener Ansatz zur Ausgleichsberechnung im Versicherungsvertreter- und Bausparbereich . . . . . .

577–583 578–580 581 582 583 584–589 585–586 587 588 589 590–596 590–591 592 593 594 595–596 597–610 597–600

601–610

A. Einleitung I. Ausgleichsregelung als Ergebnis und Ausdruck eines gesetzgeberischen Kompromisses 1

§ 89b ist das Ergebnis zähen Ringens zwischen den Verbänden der HV einerseits und der organisierten Industrie andererseits; der gefundene Kompromiss hat alle Schwächen und Fehler eines solchen, so dass sich fast zwangsläufig ein Streit um den juristischen Gehalt entzündete. Er ist inzwischen zwar in vielen Punkten geklärt. Nicht aber sind es zahlreiche andere Streit- und Zweifelsfragen, die die Umsetzung des Gesetzes in die Praxis aufgeworfen hat. Sie haben ihre Ursache in der Häufung „subsumtionsunfähiger Tatbestandselemente“1, unbestimmter Rechtsbegriffe bis hin zum Ausweichen in Prognosen, die korrekt zu vollziehen nicht nur Richter und Beteiligte strapaziert, sondern geradezu den Anreiz gibt, darüber zu prozessieren.

1

Karsten Schmidt DB 1979, 2357.

1054

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89b

II. Historie Der Ausgleichsanspruch des HV war die Neuerung, die im Mittelpunkt der durch die 2 Novelle von 19532 eingeleiteten Reform des HV-Rechts stand. Dabei konnte der Gesetzgeber 1953 auf eine Initiative der Centralvereinigung der deutschen Handelsvertreterund Handelsmakler-Verbände (CDH), die 1950 einen Entwurf an die Bundesregierung sandte, Vorarbeiten der Akademie für deutsches Recht, insbesondere deren Entwurf des Jahres 1938, sowie ausländische Vorbilder (Artikel 418u des schweizerischen Obligationsrechts; österreichisches HV-Recht von 1921) 3 zurückgreifen. Umstritten war seinerzeit etwa, ob für Versicherungsvertreter eine über § 89b Abs. 5 hinausgreifende Sonderregelung gefunden werden sollte. Ihr Fehlen wird gelegentlich bedauert 4. Der, wohl miterstrebt gewesene, soziale Effekt wurde zunächst nicht erreicht: den schlimmsten Mangel, die Versagung des Ausgleichs, wenn der HV seinerseits wegen Alters oder Berufsunfähigkeit das Vertragsverhältnis kündigen musste, zu beseitigen hat der Gesetzgeber durch eine abermalige Novelle im Jahre 19765 eingreifen müssen. Infolge der HV-RL 1986 6 – deren Artt. 17–19, soweit sie zum Ausgleichsmodell aus- 3 führen, trotz ihrer Kompromissfassung7 ihr Vorbild in der seinerzeitigen Fassung des § 89b fanden – wurde § 89b nur marginal abgeändert, etwa hinsichtlich der Verlängerung der Ausschlussfrist, der Aufgliederung der in Abs. 3 genannten Ausschlussgründe8 (ohne deren sachliche Änderung9) und schließlich der Einfügung des Abs. 3 Nr. 3. Die RL überlässt es in ihrem Art. 17 den Mitgliedstaaten, entweder einen Ausgleichsanspruch gemäß Art. 17 Abs. 2 RL oder einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 17 Abs. 3 RL in die nationale Gesetzgebung aufzunehmen. Durch das Ausgleichsmodell soll der HV einen Anspruch gegen den Unternehmer erlangen, wenn und soweit er für den Unternehmer neue Kunden geworben und/oder die Geschäftsverbindungen mit bereits akquirierten Kunden wesentlich erweitert hat, der Unternehmer aus den Geschäften mit diesen Kunden nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses noch eine erhebliche Weile Vorteile zieht sowie die Zahlung des Ausgleichs billig ist. Deutschland hat Art. 17 Abs. 2 RL umgesetzt und sich damit für das Ausgleichsmodell entschieden. Das Schadensersatzmodell ist in Art. 17 Abs. 3 RL statuiert und gewährt dem HV Anspruch auf Ersatz des Schadens, der ihm durch die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer entstanden ist. Diese Regelung wird als die am Wenigsten verständlichste Vorschrift der RL angesehen10. Grund hierfür ist die Tatsache, dass Frankreich erst während der Beratung über den Erlass der RL auf die Aufnahme des Schadensersatzmodells bestand und es folglich an erläuternden Protokollen für das bessere Verständnis und die Auslegung der

2 3

4

Gesetz zur Änderung des HGB vom 06.08.1953, BGBl. I S. 771. Die meisten außereuropäische Rechte kennen allerdings keinen Ausgleichsanspruch, zu Kalifornien Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009) 818 (831); zu den US-Bundesstaaten Semler in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 20 Rn 104; zu Australien Kobras/Steinhauer RIW 2010, 214; zu Japan Semler in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 20 Rn 72. Zum türkischen Recht Krüger RIW 2009, 771 (774 ff). Siehe etwa Küstner/Thume II Rn 4; Hopt NJW 2005, 3123.

5 6 7

8 9

10

BGBl. I, S. 1197, in Kraft getreten am 01.07.1976. Richtlinie 86/653/EWG, ABl. EG L 382 v. 31.12.1986, S. 17 ff. Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 der Richtlinie auf den Handelsvertreter, COM (96) 364 final, S. 1. Zu Umsetzungsdefiziten des deutschen Gesetzgebers Thume BB 2004, 2473 ff. BGH, Urt. v. 25.11.1998 – VIII ZR 221/97, EBE 1999, 13 (16); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 1. Kiene RIW 2007, 287.

Raimond Emde

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§ 89b

1. Buch. Handelsstand

Vorschrift fehlt11. Anders als das Ausgleichsmodell gemäß Art. 17 Abs. 2 RL nennt das Schadensersatzmodell gemäß Art. 17 Abs. 3 RL grundsätzlich keine Höchstgrenze. Auch erfolgt keine Differenzierung zwischen Alt- und Neukunden des HV. Kompensiert werden soll der verlorene Marktanteil des HV zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung12. Frankreich hat das von ihm geforderte Schadensersatzmodell umgesetzt13. England überlässt es den Parteien, ob sie sich für einen Schadenersatz- oder Ausgleichsanspruch entscheiden wollen. Für die Berechnung der Entschädigung nach dem Schadensersatzmodell fehlen oft zuverlässige Anhaltspunkte. In den Mitgliedsstaaten, in denen die Umsetzung der RL i.S. einer Ausgleichslösung erfolgte, wird auf die deutschen Erfahrungen bei der Anwendung des § 89b zurückgegriffen. Deshalb gibt der zur RL verfasste Bericht der Kommission v. 23.07.199614 die deutsche Rspr. zu § 89b im Kurzüberblick wider, verbunden mit dem Hinweis, sie biete Rechtsanwendern anderer Staaten Hilfestellung und Orientierung15. Obwohl der Ausgleich durch die RL 86/653/EWG präformiert ist, gelang es auch 4 wegen der o.g. Zweiteilung des Ausgleichsrechts nicht, einen einheitlichen europäischen Status herzustellen. Es ergeben sich zudem erhebliche Abweichungen bei der Bemessung der Höhe des Ausgleichs in den einzelnen EU-Ländern16. In Belgien besteht etwa ein weiter Beurteilungsspielraum der Gerichte bei der Ermittlung der Höhe des Ausgleichs. Dänemark kennt keine dem deutschen Recht vergleichbare mathematische Berechnungsmethode. Französische Gerichte beziffern den Ausgleich meist pauschal in Höhe einer Zweijahresprovision17. Britische Gerichte verneinen, abweichend von der deutschen Rechtsprechung, die HV-Eigenschaft eines Tankstellenpächters und damit sein Ausgleichsrecht 18. Ein Mittler, der für einen Hersteller von Fenstern warb, wurde als nicht ausgleichspflichtiger HV im Nebenberuf angesehen, da Fenster überwiegend nur einmal gekauft würden19. Das europäische Vorbild hat mittlerweile auf andere Länder abgefärbt; das deutsche Vorbild hat etwa in der Türkei zu einer an § 89b a.F. angelehnten Vorschrift geführt20. Im Vertragshändlerrecht hat der Ausgleichsanspruch eine wechselhafte Geschichte. 5 Erstmals wurde er 1958 durch den BGH21 zuerkannt. Ursprünglich wurde für die Analogie eine Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers gefordert. Sie wurde regelmäßig wegen des Handlungsungleichgewichts bei Abschluss des Vertragshändlervertrages bejaht 22. Im Jahr 1981 änderte der seit dem 01.01.1960 zuständige VII. Senat des BGH seine Rechtsprechung: Er forderte ein wirtschaftliches Ungleichgewicht als Analogievoraussetzung. Dieses nahm er nur an, wenn der Vertragshändler im Wesentlichen ohne eigenen Kapitalansatz seiner Arbeit nachging 23. Da eine Tätigkeit des Vertragshändlers ohne eigenen Kapitaleinsatz praktisch ausgeschlossen war, konnte der Ausgleichsanspruch faktisch nicht mehr durchgesetzt werden 24. Nachdem die Zuständigkeit für die Vertriebsrechtsange11 12 13 14

15

16 17

18

Fock Die europäische Handelsvertreterrichtlinie, 2000, S. 150; Kiene RIW 2007, 287. Kiene RIW 2007, 287 (288). Kiene RIW 2007, 287 (288). Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung von Art. 17 der HV-Richtlinie, COM (96) 364. Zum Einfluss deutschen Ausgleichsrechts auf die Rechtsprechung nationaler Gerichte anderer EG-Staaten Krusche EWS 2001, 523. Krusche EWS, 2001, 523. Klein RIW 2002, 348 (351); zum französischen Ausgleichsrecht auch Kiene RIW 2007, 287 ff. Gary Parks vs. Esso, Supreme Court of

1056

19

20 21 22 23 24

Judicature in the Court of Appeal, CHANI 98/1482/3; zit. nach Sellhorst EWS 2001, 481. Colin Stewart Hunter vs. Zenith Windows, Urt. v. 13.06.1997, Case No. 507457; zit. nach Sellhorst EWS 2001, 481. Art. 122 türkisches HGB; zum alten türkischen Recht Bozbel RIW 2011, 125. BGH BB 1958, 1457 ff = BGH NJW 1958, 1938 ff. Vgl. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 469. BGHZ 34, 282. Siehe BGH VersR 1961, 401 ff; BB 1962, 543 ff; NJW 1964, 1952 ff; WM 1975, 1240 ff.

Raimond Emde

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89b

legenheiten auf den I. Senat des BGH überging, gab dieser 1977 das Kriterium der Schutzwürdigkeit als Voraussetzung einer analogen Anwendung auf 25. Im Verlauf der nächsten Jahre wurden die Anspruchsvoraussetzungen einer analogen Anwendbarkeit konkretisiert 26. Der heutige Entwicklungsstand wird unter Rn 30 ff, 398 ff wiedergegeben. Mittels Art. 6a des Gesetzes v. 31.07.200927 wurde § 89b in Umsetzung der Entschei- 6 dung des EuGH v. 26.03.200928 novelliert und der bisherige Abs. 1 Nr. 2, der Provisionsverluste des HV als zwingende TB-Voraussetzung vorsah, gestrichen. Anders als das die Novelle herausfordernde EuGH-Urteil, welches nur für die von der RL erfassten Waren-HV und damit nicht für VV, Vertragshändler- und Franchisenehmer, galt, ergreift die Novellierung des § 89b alle Mittler, ggf. analog 29. Die Neuregelung gilt seit dem 05.08.2009 für alle Verträge, auch wenn sie vor diesem Datum geschlossen oder beendet wurden30. Das Gesetz enthält nämlich keine Übergangsbestimmung; es ist daher das zum Zeitpunkt der Verkündung des Endurteils maßgebliche Recht anzuwenden31. Außerdem gibt es lediglich die bereits zuvor kraft RL-konformer Auslegung geltende Rechtslage wider. Nach § 89b Abs. 1 Nr. 1–3 in der zuvor geltenden Fassung und der zu ihr ergangenen Rspr. deutscher Gerichte besaßen die Anspruchsvoraussetzungen der 3 Spiegelstriche dieses Absatzes kumulativen Charakter und begrenzten einander (Wortlaut des § 89b

25 26 27

28

29

BGH NJW 1977, 896 ff. Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 470. Gesetz zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen und zur verbesserten Durchsetzbarkeit von Ansprüchen von Anlegern aus Falschberatung, BGBl. 16/2512 (2519); zur Novellierung sowie dem ihr zugrundeliegenden EuGH-Urteil Balke/Evke de Groot NJOZ 2010, 1551; Christoph NJW 2010, 647; Emde DStR 2009, 1478 ff; ders. WRP 2010, 844; ders. EWiR 2009, 239; Eckhoff BB 2009, 1609; Semler BB 2009, 2327; Thume BB 2009, 2490 ff; ders. IHR 2011, 7; Steinhauer EuZW 2009, 887; Westphal DB 2010, 1333. Nach Ansicht von Steinhauer EuZW 2009, 887 (888) war eine Gesetzesänderung nicht erforderlich; eine RL-konforme Auslegung hätte genügt. Das Argument von Steinhauer aus dem Wortlaut ist nicht ganz von der Hand zu weisen; eine Anpassung an den RL-Text war gleichwohl die richtige Entscheidung. EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde); zu dem Urteil Balke/Evke de Groot NJOZ 2010, 1551 (kritisch); Emde DStR 2009, 1478 ff; ders. EWiR 2009, 239; Eckhoff BB 2009, 1609; Semler BB 2009, 2327; Thume BB 2009, 2490 ff; EuGH, Schlussanträge v. 19.11.2008 – C-348/07, BeckRS 2008, 71214. Siehe etwa BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 17 m. Anm.

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Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler; Thume IHR 2011, 7. Thume BB 2009, 2490; im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 14; aA mglw. Balke/ de Groot NJOZ 2010, 1551 (1554) – nicht anwendbar auf Altfälle, die die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen im Zeitraum vor dem Inkrafttreten der Neuregelung betreffen – aber die RL-konforme Auslegung führt innerhalb des Anwendungsbereichs der RL zum selben Ergebnis. AA jetzt auch Thume IHR 2011, 7 (9): Nach dieser Auffassung ist § 89b in seiner seit 05.08.2009 geltenden Fassung nur auf Fälle anwendbar, in denen der Ausgleichsanspruch nach diesem Datum fällig wurde. Thume leitet seine geänderte Auffassung aus dem Rechtsgedanken des aufgehobenen Art. 232 § 1 EGBGB sowie dem allgemeinen Rechtsgedanken her, dass ein Schuldverhältnis nach Voraussetzungen, Inhalt und Wirkungen dem Recht untersteht, welches zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Entstehungstatbestandes galt. Bei Warenvertretern gilt nach seiner Ansicht auch für Altfälle eine richtlinienkonforme Auslegung mit demselben Ergebnis, anders bei Versicherungs-, Bauspar- und Dienstleistungsvertretern sowie bei Vertragshändlern und Franchisenehmern, für die nach Ansicht von Thume (aA BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07, DB 2011, 645 = WM 2011, 620) eine richtlinienkonforme Auslegung ausscheide. Hartmann in: Baumbach, ZPO, § 300 Rn 7.

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Abs. 1: „wenn und soweit“) 32. Der Ausgleich konnte nicht höher als der niedrigste Betrag ausfallen, der sich unter einer der 3 Varianten ergab33. Hingegen fordert Art. 17 Abs. 2 RL nur 2 Voraussetzungen, Unternehmervorteile und Billigkeit. In seinem Anlass zur Novellierung gebenden, auf ein Vorlageverfahren des LG Hamburg ergangenens Urteil entschied der EuGH34, abweichend vom Schlussantrag des Generalanwalts35, eine RLkonforme Auslegung des Art. 17 Abs. 2 lit. a Alt. 2 RL zeige, dass der Ausgleichsanspruch entgegen § 89b Abs. 1 Nr. 2 nicht durch die Höhe der Provisionsverluste begrenzt werde. Provisionsverluste bildeten lediglich einen Unterfall der Billigkeit. Billigkeitsgründe (§ 89b Abs. 1 Nr. 3) könnten den Ausgleich bis zur Höchstgrenze der § 89b Abs. 2, Art. 17 Abs. 2b RL erhöhen. Daraufhin erkannte auch der BGH36 in einem Vertragshändlerfall an, dass der Ausgleichsanspruch nicht von vornherein durch die infolge der Vertragsbeendigung entstehenden Provisionsverluste zu begrenzen sei, auch wenn die dem Unternehmer verbleibenden Vorteile höher zu bewerten seien. Die Bewertung von Provisionsverlusten sei nicht nach rein rechtlichen Gesichtspunkten, sondern unter Einbeziehung der wirtschaftlichen Gegebenheiten vorzunehmen37. Dies entspricht seitdem ständiger Rspr. (näher unten) Jahrzehnte der Kommentargeschichte im Anschluss an die § 89b einführende Novelle vom 06.08.1953 wurden infolge des Urteils sowie der urteilsumsetzenden Novellierung Geschichte. Bei Anpassung des § 89b an das RL-Recht mittels der Novelle 1989 hatte man zuviel des § 89b a.F. erhalten wollen; der Gesetzgeber bei Umsetzung der RL zu wenig deren Systematik beachtet 38. Die weitreichenden Folgen kamen nicht gänzlich unerwartet 39. Bereits in ihrem vom EuGH zitierten Bericht über die Anwendung des Art. 17 RL v. 23.07.1996 40 wurden die vom EuGH genannten 3 Schritte der Ausgleichsberechnung dargestellt, ein eigener Prüfungsschrift für Provisionsverluste blieb dort unerwähnt. Ganz konsequent war dieser Bericht gleichwohl nicht: er verneinte die Ausgleichsberechtigung von Neukunden außerhalb des vertraglich zugewiesenen Bezirks mit der Begründung, es fehlten insoweit Provisionsverluste des HV 41.

III. Bedeutung des § 89b 7

§ 89b zählt neben § 89a zu den wirtschaftlich und forensisch bedeutendsten Vorschriften des HV-Rechts42. Die Prozessträchtigkeit der Norm hat mehrere Gründe. Zum einen sinkt nach Vertragsende die Hemmschwelle beider Parteien, insbesondere des wirt32

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Vgl. zu dieser Ansicht die Analysen bei Emde DStR 2009, 1478 ff; Thume BB 2009, 2490 ff; Westphal DB 2010, 1333. AA für den alten Gesetzestext Steinhauer EuZW 2009, 887 (888). EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde). EuGH, Schlussanträge v. 19.11.2008 – C-348/07, BeckRS 2008, 71214. BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 33 m. Anm. Lang/Klein, Kfz-Vertragshändler. BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 33 m. Anm. Lang/Klein, Kfz-Vertragshändler. Siehe nur Emde DStR 2009, 1478 ff; Thume BB 2009, 2490; Steinhauer EuZW 2009, 887.

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Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten der EU, Diss. iur Köln 1994, S. 101 hielt die Altfassung des § 89b für zulässig und verneinte einen Umsetzungsfehler des deutschen Gesetzgebers. Thume BB 2004, 2475; Fischer ZVglRWiS 101 (2002), 154; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 90, 187. COM (96) 364 final. Bericht über die Anwendung des Art. 17 RL, COM (96) 364 final, S. 2. Die richtige Begründung wäre wohl gewesen, dass der HV nicht in Ausübung seiner vertraglichen Tätigkeit handelte und deshalb auch keine vertragliche Gegenleistung erhält. Zumindest wäre die Vertragswidrigkeit billigkeitsrelevant. Hopt § 89b Rn 1.

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schaftlich meist unterlegenen HV 43, die Konfrontation und damit gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen. Zum anderen sehen die Unternehmer zu diesem Zeitpunkt wenig Anlass, Zahlungen, vermeintlich ohne Gegenleistung, an den Mittler zu richten44. Und schließlich sind die Voraussetzungen des § 89b häufig streitig und die Ausgleichsberechnung und -durchsetzung im Wege des „Postenprozesses“45 schwierig46, was an der unnötig komplizierten Berechnung und dem „Hin und Her“ zahlreicher positiver und negativer Anspruchsvoraussetzungen und nicht zuletzt der Ausfüllung der Norm durch nicht kodifiziertes Richterrecht liegt47. Vertriebsrecht ist „Richterrecht pur“48. § 89b ist damit ein Geschenk für spezialisierte Anwälte und der Schrecken der meist zuständigen Kammern für Handelssachen. Die Rechtsunsicherheit des § 89b lässt den Ausgang jedes Prozesses im ungewissen49. Martinek50 bezeichnet den Ausgleich als Fehlentwicklung mit ärgerlichen Ausmaßen und ein viel beklagtes Justizübel. Dem darf für die wenig schematisierte und lokal – nicht nur im Vertragshändlerrecht – verschieden gehandhabte Berechnungsweise zugestimmt werden, nicht aber für den Ausgleich dem Grunde nach. Der BGH kann die Einheitlichkeit der Rspr. nur partiell sichern, was nicht nur an den strengen Revisionsvorschriften, der erschreckenden Zunahme der Beschlüsse nach § 522 ZPO, sondern auch an der bislang liberalen Kontrolle durch den BGH, insbesondere bei der Akzeptanz divergierender Rechenwege, liegt. Ziel von Wissenschaft und Praxis sollte es sein, einfach handhabbare Berechnungs- 8 wege zu entwickeln. Schematisierungen sind angebracht, auch um zeit- und kostenintensive Beweiserhebungen zu vermeiden. Die Münchner Formel zum Vertragshändlerrecht51 und die Entscheidung BGH DB 2000, 967, welche für das Vertragshändlerrecht – entsprechendes gilt im HV-Recht – die Schätzung der Ausgleichshöhe nach § 287 ZPO zulässt, gehen in die richtige Richtung. Unter Rn 352 ff, insb. 383 ff wird versucht, grundsätzliche Regeln zur Ausgleichsberechnung zu entwickeln, welche die Entscheidung von Ausgleichsstreitigkeiten erleichtern sollen.

VI. TB-Merkmale des § 89b 1. Überblick. Für das Entstehen des Anspruchs müssen nach dem Gesetzestext 9 kumulativ fünf positive Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, davon vier materielle und ein formelles, wobei man sich bei einzelnen Merkmalen streiten kann, ob es sich um positive oder negative52 TB-Voraussetzungen handelt. Dies gilt etwa für die Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4, die als positives Tatbestandsmerkmal formuliert ist, ihrem üblichen Titel „Ausschlussfrist“ nach jedoch eher als negatives Tatbestandsmerkmal einzuordnen ist. Folgende positive Tatbestandsmerkmale müssen erfüllt sein: Erstens muss der HV-Ver- 10 trag beendet sein (1). Zweitens muss der HV dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert haben (2). Drittens 43

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Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten der EU, Diss. iur Köln 1994, S. 29 f. Thume BB 2004, 2473; BB 2009, 2490. Hopt NJW 2005, 3123. BGH, Urt. v. 19.11.1970 – VII ZR 47/69, NJW 1971, 461 (463). Kritisch auch Thume BB 2004, 2473. Hopt NJW 2005, 3123. Karsten Schmidt Handelsrecht, § 27 V 2g. FS für Gerhard Lüke, 1997, 409 ff; ders.

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ZHR 161 (1997); 67 ff; ähnlich Hirsch in: FS Tiburtius, 1964, 383 ff. Beschl. des LG München I v. 03.08.1998 – 15 KKO 23905/97; vgl. die ausführliche Wiedergabe bei Emde VersR 1999, 1474; Kainz/Lieber/Puszkajler BB 1999, 434; Niebling Vertragshändlerrecht, 1999, S. 153 ff; mitgeteilt auch von Kümmel DB 1998, 2407; s. auch MDR 1998, 1489. Sog. „Ausschlusstatbestände“.

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ist es erforderlich, dass der Unternehmer aus diesen neu geschaffenen Geschäftsverbindungen wahrscheinlich nach Auflösung des HV-Vertrages erhebliche Vorteile ziehen kann (3). Viertens hat die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem HV entstehenden Provisionsverluste, der Billigkeit zu entsprechen, wobei das früher als viertes TB-Merkmal apostrophierte Merkmal der Provisionsverluste 53 sich zum hervorgehobenen Billigkeitsmerkmal der dem HV entgangenen Provisionen reduzierte (4). Und fünftens muss der HV den Ausgleich innerhalb eines Jahres seit Beendigung des Vertrages gefordert haben (5). In dieser Reihenfolge werden die TB-Merkmale hier besprochen. Darüber hinaus gibt es zwei negative Tatbestandsmerkmale, nach deren Eintritt der 11 Ausgleich nicht oder nur in reduzierter Höhe entsteht. Erstens darf der zu leistende Ausgleich die Höchstgrenze des § 89b Abs. 2 nicht übersteigen (6). Zweitens darf keiner der Ausschlussgründe des § 89b Abs. 3 vorliegen (7). Der nach Ziffern 1– 4 errechnete Ausgleich wird als sog. „Rohausgleich“ bezeich12 net 54. Er wird durch die Ausgleichshöchstgrenze nach Ziffer 6 begrenzt, dieser Begrenzungsschritt ergibt dann den zu zahlenden Ausgleich. Dem Höchstbetrag kommt also erst dann Bedeutung zu, wenn der ermittelte Rohausgleich die Höhe einer Jahresvergütung übersteigen sollte. Nur falls der Rohausgleich geringer ist als diese durchschnittliche Jahresprovision, wird vom Unternehmer der vollständige Rohausgleich geschuldet. Übersteigt der Rohausgleich hingegen den Höchstbetrag, muss der Unternehmer nur den Höchstbetrag leisten.

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2. Wenn und soweit. Fehlt auch nur eines der erforderlichen positiven TB-Voraussetzungen oder greift eines der negativen TB-Merkmale ein, entsteht der Ausgleichsanspruch vollständig oder in Höhe der fehlenden TB-Voraussetzungen nicht. Dies zeigen insbesondere die auch in Art. 17 Abs. 2a RL genutzten Worte „wenn und soweit“ des § 89b Abs. 1: Aus dem TB-Merkmal „wenn“ folgt, dass die nachfolgend in § 89b Abs. 1 genannten TB-Voraussetzungen sämtlich vorliegen müssen. Das Merkmal „soweit“ dokumentiert, dass der Mangel eines Merkmals bei einzelnen Kunden nicht zum völligen Wegfall des Ausgleichs sondern nur zur Nichtberücksichtigung dieser Kunden führt. Der Ausgleich kann also niemals höher sein als die Vorteile des Unternehmers oder die Billigkeit55. Er darf jetzt jedoch die Provisionsverluste des HV übersteigen (zur alten Rechtslage Staub/Emde 5. Aufl., § 89b Rn 12). Denn die Ausgleichshöhe hat im Grundsatz nichts mit der Verprovisionierung zu tun (siehe Rn 15). Lediglich die Billigkeit soll auch ausgleichserhöhende Wirkung haben können (Rn 157). Ob die Billigkeit bei RL-konformer Auslegung das Fehlen eines TB-Merkmals ersetzen kann (zweifelhaft, da Art. 17 Abs. 2a dieselben Worte wählt) oder die ausgleichsanhebende Wirkung über die Unternehmervorteile hinausgehen darf, ist umstritten (Rn 157). Mit den Worten „wenn und soweit“ wird zugleich in markanter Form zwischen Grund und Höhe unterschieden.

V. Separate Ermittlung des Ausgleichs in eigenständigen Verträgen 14

Ausgleichsansprüche für Produkte, deren Vertrieb auf eigenständigen Verträgen beruht, können separat ermittelt werden und müssen nicht als einheitlicher Anspruch gel53 54 55

Hierzu siehe Staub/Emde 5. Aufl. § 89b Rn 9. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 6. Geßler Der Ausgleichsanspruch der Handels-

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und Versicherungsvertreter, Hamburg 1953, S. 79; Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 8. Aufl. 1999, S. 115.

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tend gemacht werden. Dies gilt etwa beim Tankstellen-HV für den Tankstelle, Waschstraße und Getränkemarkt betreffenden Ausgleich56.

VI. Zweck des Ausgleichsanspruchs Der Zweck des Ausgleichsanspruchs ist umstritten. Praktische Bedeutung hat dieser 15 Streit selten, zumal der BGH – anders als der EuGH – Sinn und Zweck des Anspruchs nur selten als Auslegungsmaßstab heranzieht. Für seine Vermittlungstätigkeit erhält der HV Provision. Die vermittelnde Tätigkeit ist damit durch die Provision honoriert. Die Provision ist die Vergütung dafür, dass der HV den Einzelabschluss, nach welchem sie bemessen ist, zustande gebracht hat. Nicht entlohnt ist der Aufbau eines Kundenstammes ständig kaufender Stammkunden, mit denen der Unternehmer auch nach Vertragsbeendigung weiter Geschäfte tätigen kann57. Ein solcher Erfolg kann schon mit der ersten Bestellung, dem ersten Auftrag in Gang gesetzt sein, wenn dessen Abwicklung den neuen Kunden ein für allemal als Geschäftspartner gewonnen hat. Meist wird es jedoch weiterer Bemühungen des HV um Nachbestellungen – die dann wiederum nur je für sich verprovisioniert werden – bedurft haben. Am Ende steht dann eine Dauer versprechende Geschäftsverbindung, ein Ergebnis, welches über die einzelnen vom HV erreichten Abschlüsse hinausgeht und das stets auf die werbende Tätigkeit des HV zurückzuführen sein muss. Diese Doppelung des Erfolgs ist es, die durch die Provision(en) für den einzelnen Abschluss oder die einzelnen Abschlüsse nicht abgegolten wird und (zunächst) unabgegolten bleibt. § 87 Abs. 1 2. Alt. (Folgegeschäfte) vergütet den Aufbau des Kundenstammes nur 16 während der Vertragslaufzeit. Es handelt sich damit beim Ausgleich um eine kapitalisierte, im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende 58 und für Vermittlungsleistungen des HV verdiente59 Restvergütung 60 für den Aufbau des Kundenstammes 61, die durch die Provisionen nicht hinreichend honoriert wurde62 und deren Fälligkeit an besondere, in § 89b normierte Voraussetzungen gebunden ist, gleichzeitig aber stark durch Billigkeitsgesichtspunkte geprägt ist 63. Es handelt sich folglich um eine vertragsrechtliche Abwicklungsregelung 64. Fraglich ist, ob der Ausgleich auch den Nachteil des HV ausgleichen will, der 56

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BGH, Urt. v. 12.02.2003 – VIII ZR 130/01, VersR 2003, 1530 = NJW-RR 2003, 821 (822) = MDR 2003, 882 = DB 2003, 2121 (LS) = WM 2003, 2095. BGH, Urt. v. 15.02.1965 – VII ZR 194/93, BGHZ 43, 154 (161 f); Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 der Richtlinie auf den Handelsvertreter, COM (96) 364 final, S. 1 („Herstellung eines goodwill“); Karsten Schmidt Handelsrecht 5. Aufl., 1999, § 27 V 2c; Thume BB 2004, 2473; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 2; Hopt § 89b Rn 2. BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 (2352) Rn 24 – Volvo-Vertragshändler („Gegenleistung“); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 2. Siehe BGH, Urt. v. 16.06.2010 – VIII ZR 259/09, ZIP 2010, 1700 = EWiR 2010, 731 (Gillig).

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Küstner/Thume II Rn 16. BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 (2352) Rn 24 – Volvo-Vertragshändler; Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440; Vorlagebeschl. v. 29.04.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 116 = EWiR 2009, 611 (Emde) = BB 2010, 335 Rn 24 m. Anm. Salomon/Wegstein; BGHZ 56, 290 (294); 24, 30 (33). BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2497) Rn 22 – Vertragshändler. BVerfG, Beschl. v. 22.08.1995 – I BvR 1624/92, NJW 1996, 381; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 2. Canaris § 17 Rn 100.

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darin liegt, dass er den von ihm geschaffenen Kundenstamm nach Vertragsende nicht mehr nutzen kann65. Dafür spricht das jetzt zum Billigkeitskriterium degradierte TBMerkmal „Provisionsverluste“ des § 89b, dagegen die Bestimmung des Ausgleichs als Vergütung für den Aufbau des Kundenstammes. Wenn man das Merkmal so versteht, dass der Nachteil fehlender Kundennutzung im konkreten Vertragsverhältnis ausgeglichen werden soll, ist dem zuzustimmen. Der Mittler darf den Kundenstamm aber anderweitig nutzen, wie der BGH für den Fall des Verkaufs der Kundendatei durch einen Vertragshändler66 oder der nachvertraglichen Tätigkeit für einen Wettbewerber des Unternehmers anerkannt hat. In dieser Situation fehlen auch nicht Nachteile des Mittlers67, weil sie in Form entgangener Vergütungen vermutet werden. Der Unternehmer hat also keinen Anspruch darauf, den Kundenstamm ohne störende Ansprüche des Mittlers zu nutzen68. Die Rechtsnatur des Ausgleichs zeigt recht klar die Entscheidung BGH, LM Nr. 13a zu § 89b HGB: Selbst wenn der HV ohne Reinverdienst gearbeitet hat, kann ihm ein Ausgleichsanspruch zustehen. Es handelt sich beim Ausgleichsanspruch also nicht um einen Ersatz des infolge der Vertragsbeendigung entgehenden Gewinns, sondern um eine vertragliche Gegenleistung, nicht anders als jeder andere handelsrechtliche Anspruch. Er steht damit auch anderen Vertriebsmittlern als HV zu, welche in Ausführung ihrer Vertriebspflicht einen Kundenstamm werben und diesen dem Unternehmer übergeben. Den Zweck unterstreicht die wiederholte Erwähnung der Kunden, mit denen der HV eine Geschäftsverbindung aufgebaut haben muss. Da der Wert des übergebenen Kundenstamms erst zum Vertragsende im Wege einer Prognose geschätzt werden kann, ist die Vergütung für seinen Aufbau erst jetzt fällig. Der Ausgleich ist ein Vergütungsanspruch69 sui generis, bestehend aus Entgelt- und 17 Billigkeitskomponenten70. Staub/Brüggemann 4. Aufl.71 betonte, der Kundenstamm sei während der Dauer des Vertragsverhältnisses beiden – dem Unternehmer und dem HV – zu Nutzen gewesen. Durch das Ende des Vertrages sei die Ausgewogenheit dieses Nutzungsverhältnisses zerschnitten worden72. Der Unternehmer bleibe im Besitz des Kundenstammes, während der HV ihn nicht nur nicht behalte, sondern ihn dem Unternehmer zurücklasse, insofern er ihn nicht mehr wie bisher nutzen könne. Diese Einordnung als Wertausgleich73 mit dem Zweck, die Wertsteigerung des Betriebes des Unternehmers auszugleichen, welche der HV durch Anbahnung fortdauernder Geschäftsverbindungen mit neuen Kunden bewirkt hat, indem diese Geschäftsverbindungen ein Aktivum des Unternehmens geworden sind, ist nicht völlig von der Hand zu weisen. Die Deutung betont aber zu wenig das Synallagma. Das Erklärungsmodell, der Ausgleich stelle einen kapitalisierten Anspruch auf Provisionen dar, welche dem HV ohne Rücksicht auf die Vertragsbeendigung zustehen würden, die jedoch infolge des Vertragsendes nicht mehr entstehen

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BGH, Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919 = EWiR 2007, 203 (Klasen); Thume BB 2009, 1026 (1028). BGH, Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919 mit krit. Anm. Klasen EWiR 2007, 203. Entgegen Klasen verbietet der Geheimnisschutz nicht die Verwertung der Kundenliste durch einen Vertragshändler, weil es sich um eigene Kunden des Händlers handelt. Anders mglw. beim HV.

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So aber Klasen EWiR 2007, 203. BGH, Urt. v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919. Für einen Vergütungsanspruch auch Karl Peer Günther Der Versicherungsvertreter und sein Ausgleichsanspruch, 2004, S. 49. Schnabl NJW 2009, 955. Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 89b Rn 2. Schröder DB 1958, 43; 1964, 323; vgl. auch Franta MDR 1953, 532. Staub/Brüggemann, 4. Aufl, § 89b Rn 2.

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konnten74 und sei damit Surrogat eines vom Gesetz „gekappten“ Provisionsanspruchs, wird der heute reduzierten Bedeutung der „Provisionsverluste“, dem Sinn und Zweck, der Eigenständigkeit des Anspruchs und seiner Normierung in separater Vorschrift nicht gerecht. Der These, der Ausgleich sei eine aus Zweckmäßigkeitsgründen in pauschalierter Form gewährte Abgeltung nachträglicher Provisionen, welche der HV unter dem Gesichtspunkt des Kundenschutzes (§ 87 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.) aus Nachbestellungen im Bereich seines ehemaligen Kundenstammes zu beanspruchen hätte, wenn nicht § 87 Abs. 1 die Nachbestellungsprovisionen auf Abschlüsse während der Vertragszeit begrenzte, ist zu erwidern: Der Ausgleich setzt keinesfalls voraus, dass dem HV Provisionen aus reinen Nachbestellungen i.S.d. § 87 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. entgehen, d.h. solchen, bei denen er untätig blieb. Auch Nachbestellungen, für die der HV sich erneut hätte einsetzen müssen sind ausgleichspflichtig. Solche Erklärungsmodelle stammen aus einer Zeit früher dogmatischer Deutungsversuche. Seinerzeit versuchte man die Ausgleichsvergütung dogmatisch an tradierte Ansprüche des HV, insbesondere die Provision, anzulehnen. Schon die zahlreichen positiven und negativen TB-Voraussetzungen des Ausgleichs, etwa der Unternehmervorteil, legen nahe, dass sich der Anspruch nicht mit dem von anderen TB-Voraussetzungen abhängigen Provisionsanspruch vergleichen lässt. Inhaltlich stimmt daher die nicht weniger als der Text des § 89b gewundene Definition des BGH und des BAG75: Sinn des Ausgleichsanspruchs ist es, dem HV für einen auf seine Leistung zurückzuführenden, in Folge der Beendigung des Vertrags nicht mehr vergüteten Vorteil des Unternehmers, wie er in der Nutzung eines Kundenstammes liegt, eine weitgehend durch Billigkeitsgesichtspunkte bestimmte Gegenleistung zu verschaffen, so dass der HV mit dem Ausgleich für seine während der Vertragsdauer erbrachten, bis zur Vertragsbeendigung noch nicht abgegoltene Leistung eine zusätzliche Vergütung erhält. Die Betonung liegt auf „zusätzliche Vergütung“, die neben und unabhängig von anderen Vergütungsformen zu zahlen ist. Auf die individuelle Schutzbedürftigkeit des HV kommt es nicht an76. Bei dem Ausgleich handelt es sich mithin um einen Mischtatbestand, bestehend aus einer Entgelt- und Billigkeitskomponente77. Das schließt nicht aus, dass andere Motive mitbestimmend wirken können. So soll 18 der Ausgleich zugleich den Lebensunterhalt des HV in einer ggf. dem Vertragsende folgenden Zeit der Suche nach einer Nachfolgevertretung sichern78, also die soziale Funktion einer „Überbrückungshilfe“ einnehmen79. Gleichzeitig bildet, wie auch Abs. 3 Nr. 1 zeigt, der Ausgleich den „kleinen Kündi- 19 gungsschutz“ des ansonsten durch die kurzen Kündigungsfristen des § 89 schlecht abgeschirmten und wirtschaftlich dem Unternehmer meist unterlegenen HV. Insoweit ist der Schutzgedanke Teil des Normzwecks, jedoch kein TB-Merkmal. In seiner sozialen Stellung gleicht der HV häufig einem angestellten Verkäufer, nur dass er keinen Kündigungsschutz genießt. Besonders plastisch wird dies im Strukturvertrieb oder wenn der HV als „Finanzberater“ Versicherungen80 vermitteln soll. Schon der fehlende Kündigungsschutz

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Küstner/Thume II Rn 47. BGH BB 1992, 596 = NJW-RR 1992, 421; NJW 1981, 1961; BGHZ 41, 292 (297); BAG DB 1986, 919 (920). AA Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 (249). Schnabl NJW 2009, 955. BVerfG NJW 1996, 381; Bälz NJW 2003, 1559, 1562; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246

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(249); Bieder NJW 2007, 3473; Hopt § 89b Rn 2. OLG München, Urt. v. 16.11.2006 – 23 U 2539/06; WM 2007, 710. Siehe etwa LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001 – 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23.

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und die Bezahlung allein nach Erfolg erklärt, warum viele Außendienstler als Scheinselbständige in ein angebliches HV-Verhältnis gedrängt werden. Denn für die Unternehmer ist die fehlende Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen sowie die mangelnde Vergütungspflicht bei fehlendem Vermittlungserfolg günstiger als ein Festgehalt für einen mit Kündigungsschutz versehenen Arbeitnehmer. Günther81 verneint den Charakter des Ausgleichs als „kleinen Kündigungsschutz“ des Versicherungsvertreters. Dem ist die tatsächlich kündigungshemmende Wirkung entgegen zu halten. Sie erklärt die Suche der Unternehmer nach ausgleichsvernichtenden, wichtigen Kündigungsgründen i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 2, wenn die Vertragsbeendigung beschlossen ist82. Der Ausgleichsausschluss bei verschuldeter außerordentlicher Kündigung spricht nur geringfügig gegen die vorstehend diagnostizierte ratio, weil der HV nach einer solchen Kündigung nicht schutzwürdig ist. Gegen den Vergütungszweck streitet allerdings der Ausgleichsauschluss für neben20 berufliche HV gem. § 92b, wohl aber auch gegen die Einordnung als „Sozialanspruch“, da der HV im Nebenberuf oft noch schutzbedürftiger als ein hauptberuflicher HV ist (wenngleich das der Normgeber anders vermutete). Insgesamt tritt der Gedanke des Sozialschutzes zurück83. Zweck der Bestimmung ist weder, dem HV einen Ersatz der fehlenden Altersversorgung zu bieten, dem verdienstvollen langjährigen HV eine auf Billigkeitserwägungen beruhende Leistungsprämie zu gewähren oder den wirtschaftlich schwachen HV zu schützen. Der Anspruch soll auch keinen Ausgleich für eine zu missbilligende Kündigung darstellen. Solchen sozialen Schutzgedanken trägt das Handelsrecht bei Lösung von Rechtsbeziehungen unter (leitbildartig) selbständigen Kaufleuten nicht Rechnung. Der Ausgleichsanspruch steht dem Mittler daher ohne Ansehen der Rechtsform zu, unter der das HV-Gewerbe betrieben wird, so insbesondere auch dem HV im Gewande der Handelsgesellschaft oder der juristischen Person. Er steht auch dem HV zu, der im Vergleich zum Unternehmer der sozial Stärkere ist84. Auch die Höchstgrenze des Ausgleichs steht im Spannungsverhältnis zum Entgelt21 gedanken85. Martinek86 dürfte daher zuzustimmen sein, wenn er ein klareres gesetzgeberisches Bekenntnis zum Vergütungscharakter ohne Sozialschutz- und Versorgungsfunktion fordert87. Alles dies sind Widersprüchlichkeiten, die in der Kompromissfassung begründet sind, jedoch nicht an dem grundsätzlich Bekenntnis zum Entgeltgedanken ändern dürften. Die Anwartschaft auf den Ausgleich wird während der Vertragszeit begründet. Höhe 22 und Fälligkeit sind in seiner Entstehung bedingt – aufschiebend bedingt bis zur Vertragsbeendigung und der Feststellbarkeit der in Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 umschriebenen Umstände, daneben auflösend bedingt durch das Wiederabwandern von Stammkunden während der Vertragszeit, das Fehlen der Billigkeit (Abs. 1 S. 1 Nr. 3) sowie die Tatbestände des Abs. 388 – und zugleich betagt: insgesamt aber schon vorher geschaffen. Die Gewährung des Ausgleichs ist damit eine „Chance“89.

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Karl Peer Günther Der Versicherungsvertreter und sein Ausgleichsanspruch, 2004, S. 36 ff. Emde NJW 2005, 3694. Vgl. Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (668); aA Canaris § 17 Rn 104 (bezüglich des zwingenden Charakters). OLG Karlsruhe JR 1958, 59 (62). Karl Peer Günther Der Versicherungsver-

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treter und sein Ausgleichsanspruch, 2004, S. 131. In: FS Lüke, S. 447. Emde NJW 2005, 3694. Gegen die bedingte Natur Schuler NJW 1958, 1115; auch Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 89b Rn 6. NJW 1977, 949 (950).

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Der Ausgleichsanspruch ist ferner kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung des Unternehmers90. Zwar hat der Unternehmer durch die Beibringung neuer Kunden seitens des HV eine Wertsteigerung seines Gewerbebetriebes erfahren; indessen ist dieser Wertzuwachs auf Grund der vertraglichen Tätigkeit des HV erfolgt, also nicht sine causa91. Zudem liegt der Rechtsgrund des ausgleichsbegründenden Provisionsverlustes in der jederzeit zulässigen Kündigung durch den Unternehmer (§ 89), beim Versicherungsvertreter bisher auch in der Provisionsverzichtsklausel92. Zudem würde ein dem Ausgleichsanspruch nachzubildender Anspruch gemäß § 354 Abs. 1 geltend gemacht werden können, falls der HV auf Grund eines unwirksamen oder nachträglich angefochtenen Vertrages tätig geworden ist. Der Ausgleichsanspruch ist auch nicht gesellschaftsrechtlicher Natur – die Schaffung des Kundenstammes ist nicht „gemeinsamer Zweck“ des HV-Vertrages, obwohl beide Vertragsteile ihn nutzen wollen: eben weil beide ihn je in verschiedener Richtung nutzen wollen –; er ist insbesondere kein dem auf Abschichtung wegen Liquidation einer Beteiligung verwandter Anspruch, bei welcher der Wert des Unternehmens zu aktivieren ist (§ 738 BGB). Auf Grund des HV-Vertrages ist der HV an dem Gewerbebetrieb des Unternehmers nicht beteiligt; dass dessen Chance und Risiko zugleich die seinigen sind, ist nicht Grund, sondern Folge des Vertragsverhältnisses, vermag daher auch keine irgendwie geartete partiarische Beteiligung darzustellen. Ein schadenersatzrechtlicher Charakter des Ausgleichs93 ist abzulehnen94, weshalb auch eine compensatio lucri cum damno hinsichtlich der dem HV aus Anlass der Beendigung des Vertragsverhältnisses erwachsenen Vorteile nicht in Betracht kommt. Es ist nicht zu erkennen, worin die schadenersatz-, also ausgleichsbegründende Pflichtverletzung des Unternehmers liegen sollte. Die vom Unternehmer erklärte Kündigung ist ein rechtmäßiges Verhalten. Der Ausgleich schützt jedoch auch das Interesse des Unternehmers. Zum einen fördert er das Interesse des HV an der Werbung ausgleichspflichtiger Mehrfachgeschäfte und allgemein an Unternehmervorteilen. Im Falle der Mehrfachvertretung mag hieraus ein besonderer Einsatz für die Produkte des Unternehmers folgen. Zudem berechnet sich der Ausgleich rglm. auf Basis der Provisionen des letzten Vertragsjahres. Folglich wird der HV im letzten Jahr der Tätigkeit kaum Käufer auf Produkte eines eventuell vertretenen Wettbewerbers umleiten. Bei einem Verkauf der Produkte des auslaufenden Vertrages verdient er doppelt, einmal über die Provision, und weiter über den Ausgleich. Es lohnt sich daher, dann allerdings meist gut vorbereitete, Versuche zur Abwerbung der Kunden erst nach Vertragsende zu beginnen95. Anders gewendet: Der Ausgleich führt zu höheren Verkäufen des letzten Vertragsjahres, was auch im Interesse des Unternehmers liegt96.

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So aber Sieg VersR 1964, 789; hiergegen Küstner/Thume II Rn 52. Küstner/Thume II Rn 52. Karl Peer Günther Der Versicherungsvertreter und sein Ausgleichsanspruch, 2004, S. 43; Emde NJW 2005, 3694. Merkel BB 1956, 420: „schadensersatzähnlich“.

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Karl Peer Günther Der Versicherungsvertreter und sein Ausgleichsanspruch, 2004, S. 36 ff. Vgl. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 114. OLG Köln, Urt. v. 07.12.2007 – 19 U 60/07; n.v.

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VII. Wesensmäßige Besonderheiten bei Versicherungsvertretern 27

Eine gesonderte Betrachtung erfordern Versicherungsvertreter. Sie werben keine „Stammkunden“, von denen Folgeaufträge oder Nachbestellungen zu erwarten wären. Folgerichtig gibt es für sie schon während der Vertragszeit keine provisionspflichtigen Folgegeschäfte i.S.d. § 87 Abs. 1 (siehe Kommentierung zu § 92 sowie § 89b Rn 480 ff). Dem „Stammkundenvorteil“ des Unternehmers beim Waren-HV entspricht hier die Schaffung des Bestandes an neuen Versicherungsverträgen, der das Risiko der Versicherungsfälle besser verteilen hilft und die Gewinnchancen des Versicherungsunternehmens damit erhöht. Vorstehenden Besonderheiten trägt § 89b Abs. 5 in freilich wenig transparenter Art und Weise97 Rechnung 98.

B. Einzelne Anspruchsvoraussetzungen I. Anspruchsberechtigter 28

Als erstes TB-Merkmal nennt § 89b Abs. 1 den Anspruchsberechtigten. Gemäß § 89b Abs. 1 S. 1 ist „der Handelsvertreter“ anspruchsberechtigt. Wer HV ist bestimmt § 84 Abs. 1. Auf die dortigen Ausführungen darf verwiesen werden.

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1. Ausgleichsberechtigte Personen. Anspruchsberechtigt sind beispielhaft: – Einkaufsvertreter – Versicherungsvertreter99, jedenfalls soweit der Vertrag die anspruchsbegründende Provisionsverzichtsklausel für die Zeit nach Vertragsende enthält (Rn 480 ff) – Handelsvertretergesellschaften100, auch eine HV-GmbH: Noch im Gesetzgebungsverfahren zur Novelle 1953101 war allerdings vom Wirtschaftspolitischen Ausschuss des BT in seiner 202. Sitzung eine Fassung des § 89b vorgeschlagen worden, nach der einer GmbH kein Ausgleich zugestanden hätte102. Der Vorschlag stieß jedoch im Ausschuss für Rechtswesen und Verfassungsrecht auf Kritik103. Da man ihn rechtssystematisch für bedenklich hielt, unterblieb seine Umsetzung104. Ein von der EG-Kommission im Januar 1979 entwickelter Richtlinienvorschlag eröffnete den Parteien in seinem Art. 33 lediglich die Möglichkeit, zu Lasten von Gesellschaften mit einem Stammkapital von über 100.000 ERE105 Vereinbarungen zum Ausschluss des sonst zwingenden Ausgleichsanspruches zu treffen106. Der Vorschlag wurde weder in die 97 98

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Höft VersR 1966, 105. Siehe hierzu im Grundsätzlichen Bruck/ Möller Vor § 43 Rn 370; Sieg VersR 1964, 789 – wenngleich mit schiefer bereicherungsrechtlicher Sicht –; OLG Stuttgart VersR 1957, 329 (332 ff) und namentlich OLG Frankfurt BB 1978, 728. Küstner/Thume II Rn 75. Siehe etwa Emde Die HandelsvertreterGmbH 1994 S. 77 ff; Emde GmbHR 1999, 1005 ff; Arndt DB 1999, 1789; Westphal BB 1999, 2517. BGBl I 1953, 771. Vgl. Kurzprotokoll der 202. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik des Deut-

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schen Bundestages v. 07.05.1953; Text auch wiedergegeben bei Emde GmbHR 1999, 1005 (1009). Stenographische Berichte, Bd. 17, S. 14.206 (14.207). Gessler Der Ausgleichsanspruch der Handels- und Versicherungsvertreter, 1953, S. 47, dort auch Wiedergabe des Gesetzgebungsvorschlages. Europäische Rechnungseinheiten. Vorschlag einer Richtlinie zur Koordinierung der Rechte der Mitgliedsstaaten die (selbstständigen) Handelsvertreter betreffend, ABl. EG C 13/2 v. 18.01.1977; geänderte Fassungen ABl. EG-Nr. C 56/5 v. 02.03.1979.

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endgültige HV-RL 1986 noch in das HGB übernommen. Eine schnelle Kapitalherabsetzung bei Mittlergesellschaften wäre die Folge gewesen. Wohl wegen des so im Gesetzgebungsverfahrens zum Ausdruck gekommenen Willens, den Ausgleich auch einer Kapitalgesellschaft zukommen zu lassen, wurde ihre Ausgleichsberechtigung kaum bestritten. Dies wäre angesichts der vertrags- und nicht personenbezogenen Natur des Ausgleichs auch fernliegend107. Da der Ausgleich eine vertragliche Gegenleistung ist, steht er als vertragsbezogener Anspruch allen HV, Gesellschaften wie natürlichen Personen, zu108. Die Rechtsform hat auch bei Bestimmung der Billigkeit (§ 89b Abs. 1 Nr. 3) keine Bedeutung109. Überlegungen, die Ausgleichsberechtigung auf wirtschaftlich abhängige Mittler zu beschränken oder sie den HV-Gesellschaften zu verweigern, sind abzulehnen110. Das ergibt sich nicht nur aus dem vergütungsrechtlichen Charakter des Ausgleichs, sondern bereits aus der Vertrags- und nicht Personenbezogenheit des HV-Rechts111. Vermittlungs- und Abschlussvertreter Untervertreter: Passivlegitimiert ist der Vertragspartner des Untervertreters. Wer dies ist, hängt davon ab, ob die Untervertreter „echte“ oder „unechte“ sind. Beim echten Untervertretervertrag, der zwischen Haupt- und Unter-HV geschlossen wird, ist der HauptHV passiv legitimiert112. Beim unechten HV-Vertrag ist Vertragspartner der Hauptvertreter. Er ist Ausgleichsschuldner des Untervertreters. Probleme bereiten Fälle, in denen der zwischen Unternehmer und Hauptvertreter bestehende HV-Vertrag ausgleichsschädlich, etwa durch Eigenkündigung des Hauptvertreters ohne begründeten Anlass, aufgelöst wird. Grundsätzlich kann sich in einem solchen Fall der Hauptvertreter nicht darauf berufen, ihm seien durch den Wegfall des eigenen Ausgleichsanspruchs keine Unternehmervorteile entstanden. Zur Begründung dieses Ergebnisses gibt es drei Wege: Entweder könnte man die zum Verlust des Hauptvertreters führende Eigenkündigung wie eine willkürliche, ohne sachliche Rechtfertigung erfolgte Betriebseinstellung behandeln, die ausgleichsrechtlich unbedeutend bleibt. Zum zweiten ließe sich argumentieren, die Fortsetzung des Hauptvertrages sei im Wege einer „AlsOb-Betrachtung“ zu fingieren. Und drittens könnte das Verhalten des Hauptvertreters, insb. das Herbeiführen eines wichtigen und ausgleichschädlichen Kündigungsgrundes, als schadensersatzbegründende Pflichtverletzung angesehen werden. Hauptvertreter: Der HV braucht die Vermittlungs- bzw. Abschlusstätigkeit nicht persönlich auszuüben113. Ein Ausgleichsanspruch steht ihm auch zu, wenn er sich als Hauptvertreter zur Erfüllung seiner ihm aus dem HV-Vertrag obliegenden Pflichten Untervertreter bedient114. Auch der HV auf einer höheren Vertriebsstufe mehrstufiger Vertriebsorganisationen übt eine ausgleichsfähige werbende Tätigkeit aus und, obwohl er oft keinen direkten Kontakt zum Kunden hat, keine nicht ausgleichsfähige verwaltende Aufgabe (siehe auch § 84 Rn 97). arbeitnehmerähnliche HV i.S.d. § 92a i.V.m. § 5 Abs. 3 ArbGG. Hierzu zählen Einfirmen-HV, die während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses und bei Emde GmbHR 1999, 1005 (1010), mit zahlreichen Nachweisen. Emde GmbHR 1999, 1005 (1010), mit zahlreichen Nachweisen. Emde GmbHR 1999, 1005 (1010), mit zahlreichen Nachweisen. Karl Peer Günther Der Versicherungsvertreter und sein Ausgleichsanspruch, 2004, S. 63.

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Emde NJW 2005, 3694. BGH BB 1964, 823; Ordemann BB 1964, 1323 (1324); Küstner/Thume II Rn 79. OLG München, Urt. v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08. OLG München, Urt. v. 10.06.2009, Az. 7 U 4522/08 (dort als Regel anerkannt, jedoch für die „Grundsätze Leben“ abgelehnt.

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kürzerer Vertragsdauer während jener im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1.000 aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen erzielen115. Für gerichtliche Auseinandersetzungen solcher HV ist nur die Zuständigkeit des ArbG gem. §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 3 ArbGG begründet. Bedeutung hat die Einordnung aber lediglich für die gerichtliche Zuständigkeit116. Arbeitnehmerähnliche HV bleiben HGB-HV117, solange die TB-Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 erfüllt sind. Insbesondere sind sie ausgleichsberechtigt, sofern sie nicht als nebenberufliche HV i.S.d. § 92b einzuordnen sind118. Arbeitnehmer, die materiellem Arbeitsrecht unterliegen und nicht ausgleichsberechtigt sind, werden solche Mittler nur, sofern sie persönlich abhängig, insbesondere nach Arbeitszeit und -ort weisungsgebunden sind. Ein bloß wirtschaftlich abhängiger HV muss auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein119. – Erben eines HV sind ausgleichsberechtigt 120. Zunächst wurde vertreten, nur der HV sei anspruchsberechtigt, nicht hingegen seien es seine Erben. Die Grundsatzentscheidung des BGH vom 13.05.1957 121 stellte klar, dass auch die Witwe als Erbin anspruchsberechtigt ist. Die in der Entscheidung vertretene Einschränkung, nur Erben, denen gegenüber der HV unterhaltsverpflichtet ist, seien anspruchsberechtigt, lässt sich heute kaum mehr vertreten. Der Ausgleich ist ein vertraglicher Anspruch, der gleich anderen Ansprüchen auf Rechtsnachfolger übergeht und auch keinem Abtretungsverbot unterliegt. Den Anspruch bei einigen Rechtsnachfolgern unter Billigkeitsgesichtspunkten zu kürzen, bei anderen jedoch nicht, steht im Widerspruch zum vertraglichen Charakter122. Den Anspruchsberechtigten können daher nur allgemeine Billigkeitsgesichtspunkte entgegen gehalten werden, die auch gegenüber dem HV im Erlebensfall unmittelbar hätten geltend gemacht werden können123. Das ergibt sich heute auch aus Art. 17 Abs. 4 RL, demzufolge der Anspruch auf Ausgleich auch entsteht, falls das Vertragsverhältnis durch Tod des HV endet. – Rechtsnachfolger des HV: Will ein HV den HV-Vertrag auf eine von ihm gegründete Gesellschaft überleiten, ist die ausgleichsrechtliche Folge schwierig. § 89b Abs. 1 begründet einen Ausgleichsanspruch nur für Kunden, die der HV neu geworben hat. Der Unternehmer, so Westphal 124, könne nach Vertragsbeendigung mit der übernehmenden Gesellschaft einwenden, die Kunden seien nicht von ihr, sondern von der Vorgänger-Einzelfirma geworben worden. Die restriktive Rspr.125 lasse vermuten, auch im Fall der Umwandlung würden die von der Gesellschaft übernommenen Kunden nicht als neu geworben eingestuft 126. Kommt es zu einem Rechtsformwechsel nach dem UmwG, liegt eine identitätswahrende Umwandlung vor. Es existiert Identität zwischen Alt- und Neugesellschaft. Zweifel an der „Zurechnung“ des Vermitt-

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Martinek/Flohr § 8 Rn 27. Die Vergütungsgrenze belief sich zunächst auf DM 500,–, seit dem 28.01.1968 dann auf 1000,– DM, seit dem 01.02.1976 auf DM 1500,– und seit dem 01.07.1979 auf DM 2 000,–. BAG MDR 2003, 814 (815). BAG MDR 2003, 814 (815); Martinek/Flohr § 8 Rn 27. Küstner/Thume II Rn 89. BGH DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. BGH, Urt. v. 13.05.1957 – II ZR 19/57,

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NJW 1957, 1029 = BGHZ 24, 214; Küstner/ Thume II Rn 91. II ZR 19/57, BGHZ 24, 214 = NJW 1957, 1020. Im Ergebnis Küstner/Thume II Rn 278. Küstner/Thume II Rn 278. BB 1999, 2517 (2519 ff). BGH, Urt. v. 10.05.1984 – I ZR 36/82, VersR 1984, 1067 = DB 1984, 2507. So auch Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1333).

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lungserfolges zugunsten der neugegründeten Gesellschaft bestehen nicht127. Im Falle der Verschmelzung geht das Vertragsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten auf die aufnehmende Gesellschaft über, ebenso bei der Ausgliederung128. Die Situation gleicht mithin der des Erbfalls (§§ 1922, 1967 BGB), in der kein Zweifel besteht, dass der Erbe den Ausgleich einschränkungslos geltend machen kann129. Liegt jedoch eine Neugründung außerhalb des UmwG vor, muss der HV-Vertrag zumindest konkludent auf die neugegründete Gesellschaft übertragen werden, um die Ausgleichsberechtigung der Gesellschaft zu sichern. Geschieht die Übertragung im Einverständnis mit dem Unternehmer, ist im Zweifel davon auszugehen, dass auch die erworbenen Ausgleichsanwartschaften auf die Gesellschaft übergehen sollen130, weshalb im Zweifel die Provisionen mit den vor der Übertragung geworbenen (potentiellen) Mehrfachkunden als Neukundenprovisionen die Ausgleichsbemessungsgrundlage erhöhen131. De facto liegt ein einheitliches Vertragsverhältnis vor. Davon ist das OLG München132 bei Fortsetzung eines mit einer HV-GmbH bestehenden Vertrages durch einen Gesellschafter als Einzelkaufmann ausgegangen, das OLG Düsseldorf bei Zustimmung des Unternehmers zur Fortführung des zuvor einzelkaufmännischen Unternehmens als HV-GmbH133. Anders noch der BGH: Er hat 1984 die Neukundenwerbung rein nach tatsächlichen Verhältnissen beurteilt und eine automatischen Zurechnung der vor Eintritt des Rechtsnachfolgers geworbenen Kunden bei der Ausgleichsberechnung des Nachfolgers abgelehnt134. Diese BGH-Rspr. dürfte eher den Ausnahmefall kennzeichnen. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte die ausgleichsrechtliche Behandlung der durch den Einzelkaufmann geworbenen Kunden als Neukunden der Gesellschaft im Überleitungsvertrag vereinbart werden135. Da der Ausgleich abgetreten werden kann, würde sich bei einer Abtretung die Frage stellen, ob die Person des Berechtigten für die Ausgleichshöhe eine Rolle spielt. Das ist – wie dargelegt – angesichts der Natur des Ausgleichs als vertraglicher Anspruch abzulehnen. Sähe man dies anders, käme es für die Bestimmung der Ausgleichshöhe auf die Person des Abtretenden an (§ 404 BGB). – Unter § 2 Nr. 9 SGB VI fallende HV 136 – HV mit Eigenhändler- oder Vertragshändlergeschäft 137 (gemischte Tätigkeit): Ob nicht nur für HV-Geschäft, sondern auch für das Eigenhändlergeschäft eine Ausgleichspflicht besteht, hängt davon ab, ob eine analoge Anwendung des HV-Rechts nach den unten (Rn 30 ff) näher ausgeführten Grundsätzen möglich ist. Davon ist auszugehen, wenn auch hinsichtlich des Eigenhändlergeschäfts eine handelsvertreter127

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Emde VersR 2001, 148 (161); aA – ohne Auseinandersetzung mit dem Problem identitätswahrender Umwandlung oder der Gesamtrechtsnachfolge bei Ausgliederung – Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1333). Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) – die allerdings auf S. 1333 trotz Gesamtrechtsnachfolge eine Einbeziehung der Provisionen mit vor der Ausgliederung geworbenen Kunden in die Ausgleichsberechnung ablehnen. Zumindest erweiterte Altkunden müssten aber auch nach ihrer Ansicht ausgleichsfähig sein. AA wohl Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1333).

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 76; aA wohl Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1333). AA Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1333). Urt. v. 16.09.1987, HVR Nr. 639. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. BGH, Urt. v. 10.05.1984 – I ZR 36/82, VersR 1984, 1067 = DB 1984, 2507. Küstner/Thume I Rn 311. Thume BB 1999, 2309 (2310); aA Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083. Küstner/Thume II Rn 140.

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gleiche Einbindung existiert, was angesichts des Statusvergleichs nahe liegt, wenn der Vermittler dasselbe Produkt einerseits als HV und andererseits als Vertragshändler veräußert, ohne dass sich der Charakter des Vertriebs im Verhältnis zu den Kunden wesentlich ändert. – Lotto-Bezirksleiter138.

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2. Ausgleichsrecht handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler und Franchisenehmer? Anspruchsberechtigt können neben HV auch andere Vertriebsmittler sein. Der Ausgleichsanspruch ist auch bei einem Vertragshändler ein wesentliches, sich aus dem Vertrag ergebendes Recht. Sofern die Analogievoraussetzungen für die Gewährung des Ausgleichs vorliegen, benachteiligt der Ausschluss des Ausgleichs eines solchen HV-ähnlichen Mittlers diesen regelmäßig unangemessen139. Das gilt auch unter dem Gesetzestext der Novelle 2009140. Theoretisch wäre es zwar denkbar, diese Mittlergruppen von der analogen Anwendung der Novellenregeln auszunehmen, wie es der BGH bei § 89a aufgrund kartellrechtlicher Besonderheiten – wohl zu Unrecht – im KfzVertragshändlerrecht erwogen hat 141. Denn da insoweit keine gesetzliche Norm besteht, sondern die Anwendung des § 89b lediglich im Wege der Analogie erfolgt, wäre die Rspr. frei, im Wege der Rechtsfortbildung völlig neue Bewertungskriterien für die Ausgleichsansprüche zu entwickeln142. Angesichts der Einheitlichkeit des Vertriebsrechts wäre dies jedoch kein guter Weg und wenig sinnvoll143. Bei der analogen Anwendung gelten auch die Ausschlussgründe des § 89b Abs. 3 analog144. Die Analogie des gesamten § 89b145 wird im ungeregelten HV-gleichen Vertriebsmittlerrecht deshalb zugunsten handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler befürwortet, wenn die nachfolgend genannten Analogiekriterien erfüllt sind146, nämlich der Vertriebsmittler selbständig ist (1), sich die vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler nicht in einer reinen Verkäufer-/Käuferbeziehung erschöpfen, der Vertriebsmittler vielmehr nach Gestaltung und/oder Handhabung des Vertrages durch Pflichten, wie sie in einer Käufer-Verkäuferbeziehung nicht bestehen, auf Dauer so in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang einem HV vergleichbare Aufgaben zu erledigen147, insb. den Absatz des Unternehmers laufend zu fördern hat, sowie

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BGH, Urt. v 04.06.1975 – I ZR 130/73, WM 1975, 931 (besonders zur Ausgleichsberechnung); v. 22.06.1972 – VII ZR 36/71, NJW 1972, 1662; v. 21.01.1965 – VII ZR 22/63, NJW 1965, 1132. BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630). BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein – KfzVertragshändler Rn 17; Thume BB 2009, 2490 (2491). BGH, Urt. v. 24.06.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817; hierzu Emde BB 2009, 2330 ff. Thume BB 2009, 2490 (2491). Vgl. Emde DStR 2009, 1478 (1479); im Ergebnis auch BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07 DB 2011, 645 = WM 2011, 620. BGH BB 1993, 1312; OLG Celle, Urt. v.

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19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1864) zu einem Franchisenehmer; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 968. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 28. Unter Auseinandersetzung mit der Gegenansicht diese Rspr. erneut bestätigend BGH, Urt. v. 22.04.1996 – VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159 = BB 1996, 1458 (Kfz-Vertragshändler). BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 Rn 17; Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein – KfzVertragshändler; OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1864) zum Franchisevertrag.

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insgesamt den HV-typischen Bindungen unterliegt148 (2), und schließlich eine vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes besteht149 (3). a) Handelsvertretergleiche oder -ähnliche Einbindung. Siehe auch Vor § 84 Rn 320 ff. 31 Wiemer150 empfiehlt aufgrund kartellrechtlicher Bedenken gegen die Einbindung begründende Berichtspflichten eine Entkoppelung des Ausgleichs HV-ähnlicher Mittler von diesem AnalogieTB. Ob die von der hM geforderte Einbindung vorliegt, ist im Wege eines Vergleiches der Stellung des HV-ähnlichen Mittlers zur Definition des § 84 Abs. 1 im Lichte der Rechtsfolge des § 89b zu untersuchen. Grund der Ausgleichsleistung ist die Schaffung eines Kundenstammes in Ausübung einer Vertriebspflicht. Wer wie ein HV einer ständigen Vertriebspflicht (§ 84 Abs. 1) unterliegt und dem Unternehmer den Kundenstamm zugänglich macht, ist regelmäßig einem HV vergleichbar eingebunden und damit ausgleichsberechtigt. Die h.M.151 fordert für die Analogie oft mehr, als beim gesetzestypischen HV zur Ausgleichsgewährung erforderlich ist. HV-Recht ist weitgehend dispositiv. Ein HV-Vertrag kann sogar mündlich geschlossen werden (§ 85) und oft wird nicht mehr vereinbart, als dass der HV für den Unternehmer vermittelnd tätig sein soll. Die Rechtsfolge ergibt sich aus dem Gesetz, nämlich die Provisions- (§§ 87 ff) und Ausgleichspflicht (§ 89b). Für die Ausgleichsberechtigung nicht gefordert wird beim HV jedoch das, was von vielen als Analogiekriterien für Vertragshändler, Franchisenehmer und auch Markenlizenznehmer verlangt wird, etwa die Zusicherung eines Alleinvertriebsrechts, die Gewährung eines Bezirksschutzes oder die Verpflichtung zur Lagerhaltung. Analogiebegründend muss in erster Linie sein, was in § 84 zur Statusfrage geregelt ist. Soweit der Vertriebsmittler selbständiger Gewerbetreibender ist und wie der HV einer ständigen Vertriebspflicht unterliegt (für den HV: mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut, beim HV-ähnlichen Mittler: mit dem Vertrieb betraut), ist vorrangiges Analogiekriterium die dann bestehende, einem HV vergleichbare Verpflichtung zum Vertrieb. Liegt sie vor, ergibt sich die Rechtsfolge aus der analogen Anwendung des § 89b. Allerdings lässt sich die Existenz der Vertriebspflicht häufig nur aus Indizien herleiten und hier gewinnt die vertragliche Vereinbarung HV-typischer Rechtspflichten und Rechtsfolgen, etwa eines vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots, das 148

Zum Vertragshändler: BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 (Analogie dort verneint); NJW 1962, 1107; BB 1967, 44; NJW 1984, 2101; BB 1988, 1770; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2006 – 1 U 243/05, BeckRS 2007, 00760; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; OLG Köln BB 1997, 2451; OLG Saarbrücken, Urt. 29.11.2006 – 1 U 243/05, BeckRS 00760; OLG München BB 1997, 595, Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 22; Manderla in: Martinek/Semler Handbuch des Vertriebsrechts, § 14 Rn 29; Ullrich in: Martinek/Semler Handbuch des Vertriebsrechts, 1996, § 14 Rn 7; Westphal Vertriebsrecht II: Vertragshändler, 2000, Rn 131. Zum Franchisenehmer: LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487.

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Unter Auseinandersetzung mit der Gegenansicht diese Rspr. bestätigend BGH, Urt. v. 22.04.1996 – VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159 = BB 1996, 1458 (Kfz-Vertragshändler); ebenso BGH, Urt. v. 06.10.2010, VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler; v. 22.10.2003 – VIII ZR 6/03, WM 2004, 991, unter II; v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, WM 2006, 1919, Tz. 11, v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327, Tz. 13 f; jeweils m.w.N. WuW 2009, 750 (760). Typisch Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 968.

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eigentlich Rechtsfolge und nicht Rechtsgrund der Statusfrage ist, Bedeutung. Eine Vielzahl solcher Indizien deutet auf eine HV-ähnliche Einbindung hin. Die Vertriebspflicht bildet das wichtigste – aber nicht das einzige – Analogiekrite32 rium152 (eingehend Vor § 84 Rn 324). Sie ist HV-typisch, weil leitbildprägend. Vor allem hält sie den Mittler zum Aufbau des Kundenstammes an, der nur durch den Ausgleich entlohnt wird. Der durch die Vertriebspflicht ausgeübte mittelbare Druck zum Aufbau des Kundenstammes (ein vertraglicher Druck fehlt, weil nur eine Pflicht zum Vertrieb und nicht zum Aufbau eines Stammes von Wiederholungskäufern besteht) und die Gegenleistung in Form des Ausgleichs stehen im Synallagma. Anders gewendet: Beabsichtigte und von § 89b anerkannte Folge der Absatzpflicht ist der Aufbau des Kundenstammes. Der Vertriebsmittler wird zwar nicht vertragsbrüchig, wenn er keinen Kundenstamm generiert153. Gelingt jedoch der durch die Absatzpflicht veranlasste und damit durch den Unternehmer fremdbestimmte Aufbau (Geschäftsbesorgung!), ist hierfür der Ausgleich zu leisten. Gleichwohl sind Weisungsgebundenheit und Interessenwahrungspflicht auch den meisten in den Analogiebereich fallenden Verträgen eigen und oft ausdrücklich versprochen. Ohne klare Abrede folgt die Interessenwahrungspflicht aus dem durch die ausdrückliche oder stillschweigende Vertriebspflicht indizierten vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages und dürfte schon wegen der Verpflichtung des Mittlers zur Loyalität gegenüber dem Prinzipal stillschweigend vereinbart sein. Die Weisungsfolgepflicht entsteht bereits beim HV-Vertrag aus § 86 Abs. 1 (Interessenwahrungspflicht)154 und zudem aus §§ 675, 665 BGB155. Diese Herleitung aus allgemeinem Zivilrecht zeigt, dass auch die Weisungsgebundenheit nicht HV-typisch ist und nicht allein analogiebegründend wirken kann. Ausgleichsrechtlich allenfalls unter dem Gesichtspunkt der „Sogwirkung der Marke“ 33 relevant ist die Identifikation des jeweiligen Produktes mit der Systemzentrale: Im Vertrieb aller Markenprodukte werden die Vertragswaren oft weniger mit dem Vertriebsmittler identifiziert, vielmehr mit der Marke der „Systemzentrale“. Die Stärkung des Markennamens als solchem wird beim ausgleichsberechtigten HV nicht ausgeglichen. Im Gegenteil führt nach herrschender Ansicht ein starker Markenname zur Ausgleichsreduzierung unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit, Stichwort „Sogwirkung der Marke“. Die häufig auf Zufälligkeiten beruhende Bezeichnung des Vertrages als HV-, Vertrags34 händler- oder Franchisevertrag ist für die Rechtsfolge der Ausgleichsvergütung unerheblich. Entscheidend ist die einer Vertragspflicht folgende Aufbauleistung des Vertriebsmittlers in Hinblick auf den Kundenstamm, in welchem Rechtskleid auch immer. Bei gleicher Verpflichtung zum Vertrieb dem HV einen Ausgleich zu gewähren, dem mit höherem Risiko – weil mit eigenem Kapitaleinsatz – arbeitenden Vertragshändler, Franchisenehmer oder Markenlizenznehmer mit Vertriebspflicht jedoch nicht, ist schwer begründbar. Da den Vertragsparteien die Dispositionsbefugnis zur rechtlichen Einordnung des Vertrages fehlt156, bestimmt nicht dessen Bezeichnung über seine Rechtsnatur. Bestimmend ist

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BGH, Urt. v. 31.01.1991 – I ZR 42/89, BB 1991, 1210; Emde WRP 2003, 468 ff; Emde WRP 2006, 449; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. Vertragsbrüchig wird er nur bei Untätigkeit. Küstner/Thume I Rn 561; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 86 Rn 20.

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OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. Zum HV-Vertrag: BAG DB 1972, 2215; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 3; Wank EWiR 1997, 829.

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vielmehr der Typus sowie die beidseitig gewollte tatsächliche Durchführung157 (wobei im Zweifelsfall die letztere als Indiz für das Vereinbarte entscheidend ist)158. Siegert 159, Stumpf/Ströbl 160 und Rickmann 161, vertreten, aufgrund des durch die Kfz- 35 GVO 1400/02 erleichterten Mehrmarkenvertriebs und des Wegfalls des Gebietsschutzes entfalle der seit dem Grundsatzurteil des BGH v. 25.03.1982162 anerkannte Ausgleichsanspruch des Kfz-Vertragshändlers mangels wirtschaftlicher Abhängigkeit und wegen der weniger ausgeprägten Einbindung des Händlers in die Absatzorganisation des Herstellers163. Bereits mit Abschaffung regional begrenzter Alleinvertriebsrechte sei nach Ansicht von Teilen der Literatur der Analogie die Grundlage entzogen worden164. Eine systematische Marktdurchdringung sei nach Einführung der GVO nicht mehr möglich165. Angesichts der von Art. 5 Abs. 1 lit a, Art. 1 lit b GVO 1400/02 gewährten Möglichkeit des Mehrmarkenvertriebs könne der Hersteller nicht mehr darauf vertrauen, der Händler werde den Kunden Produkte der eigenen Marke veräußern166. Dass bei der Ausgleichsberechnung nur Verkäufe der ausgleichsverpflichteten Marke Berücksichtigung fände, bilde kein Äquivalent. Auf Grund des Verbots, den Händler an einen bestimmten Standort zu binden, entfalle die Steuerbarkeit des Vertriebsnetzes. Nach Anpassung der Vertriebsnetze an die GVO 1400/02 könne kaum davon ausgegangen werden, dass die Aquiseleistung der Händler für eine Bindung des Kunden an den Hersteller kausal sei. Angesichts der Entkopplung von Service und Verkauf werde der Händler auch durch einen zuverlässigen Kundendienst kaum einen Kunden an sich binden. Auch nach Ansicht von Nolte 167 fehlt bei der Tätigkeit eines Vertragshändlers für eine Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsherren die für die analoge Anwendung des § 89b auf Vertragshändler erforderliche Eingliederung. Dem kann nicht zugestimmt werden. Zum einen bildet bereits die den Händlern auf- 36 erlegte Vertriebspflicht ein Indiz für die HV-gleiche Einbindung. Sie ist in den Kfz-Händlerverträgen vorgeschrieben und ergibt sich mittelbar auch aus den zum Vertrieb anreizenden Vergütungsregelungen. Zum zweiten kann eine GVO als kartellrechtliche Regelung unterhalb des Gesetzesrangs mit anderem Regelungszweck nicht die zivilrechtliche Frage der Ausgleichsvergütung bestimmen. Kartellrechtliche Freistellungsvoraussetzungen und Zivilrecht sind voneinander unabhängig. Die Analogievoraussetzungen für die Ausgleichsgewährung setzt allein das Zivilrecht. Turnusmäßige Novellierungen der GVOs haben keine Rückwirkung auf das Ausgleichsrecht. Das zeigt schon der Umstand, dass ab 2013 die GVO 1400/02 entfällt. Zum dritten ist eine engere Einbindung als im Kfz-Vertrieb kaum denkbar, wo angesichts der Detailverliebtheit der Regelungen schon von einer franchiseähnlichen Stellung der Vertragshändler ausgegangen wird168. Beim typischen Kfz-Händler sind also auch nach Einführung der GVO 1400/02 157

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BGH ZIP 2000, 630 (631); OLG Bremen, Beschl. v. 28.01.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432; Behrend NJW 2003, 1563 zum HV-Vertrag. BSG BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 35. NJW 2007, 188 ff; aA LG Köln, Urt. v. 02.11.2009 – 86 O 10/08 n.v. MDR 2004, 1209. WuW 2003, 752 (759). NJW 1982, 2819 = BB 1982, 2067 m. Anm. Lang.

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Das kann nicht zutreffen, weil Exklusivität keine Ausgleichsvoraussetzung ist, auch nicht beim HV. Wer die Realitäten des Vertriebs und die rigiden Weisungen der Hersteller hinsichtlich der Ausgestaltung der Verkaufsstätten kennt, mag auch die Tatsachengrundlage bezweifeln. Bechtold NJW 1983, 1393 (1397). Siegert NJW 2007, 188 (190). Siegert NJW 2007, 188 (190). Nolte WRP 2005, 1124 (1129). OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09, n.v.

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die Ausgleichsvoraussetzungen gegeben169. Auch der gesetzestypische Mehrfirmen-HV als Analogieleitbild besitzt ein Ausgleichsrecht170. Ebenso wenig aussagekräftig ist das Argument, nach Ausspruch der Kündigung hätten Händler im Geltungsbereich der KfzGVO noch zwei Jahre Zeit, Kunden von dem gekündigten Produkt auf andere Produkte umzuleiten. Auch deshalb seien für Händler, die verschiedene Marken vertrieben, die Voraussetzungen für die entsprechende Anwendung des § 89b nicht mehr gegeben. Der BGH171 hat bei nachvertraglicher Konkurrenztätigkeit lediglich eine Kürzung des Rohausgleichs von 25 % für zulässig gehalten. Außerdem hat der Vertragshändler kein Interesse an der ausgleichsreduzierenden, vertragsbegleitenden Überleitung auf Konkurrenzprodukte. Denn bei einem Verkauf im Rahmen des auslaufenden Vertrages erhält er nicht nur den Händlerrabatt sondern für Verkäufe des letzten Jahres auch einen Ausgleich, so dass er bei einem Verkauf des auslaufenden Produkts „doppelt“ verdient, während er bei einem Verkauf des fortlaufenden Konkurrenzproduktes nur einmal verdienen würde (Rn 26). Ohnehin hat auch der leitbildsetzende HV während der Kündigungsfrist, gerade bei längerer Kündigungsfrist oder Festlaufzeit Gelegenheit zur Umwerbung. Das verringert die Ausgleichsbemessungsgrundlage, schließt den Ausgleich jedoch nicht aus.

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b) Vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes. Als drittes Analogiekriterium muss die spätestens bei Vertragsende172, meistens konkludent 173 durch als vertragsgemäß angesehene tatsächliche Handlungen begründete Verpflichtung des Mittlers hinzukommen, dem Unternehmer während oder zum Ende des Vertragsverhältnisses seinen Kundenstamm durch Übermittlung der Kundendaten so zu überlassen, dass dessen Vorteile bei Vertragsende tatsächlich sofort und ohne Weiteres für den Unternehmer nutzbar sind 174. Dabei muss sich die Verpflichtung auf die Übermittlung individualisierter Kundendaten beziehen175; es ist irrelevant, ob der vorgesehene Übermittlungszeitpunkt oder -raum vertragsbegleitend oder nachvertraglich vorgesehen ist176. Im Kfz-Vertragshändlerrecht ist dieses Analogiekriterium aufgrund der engen Einbindung dieser Mittler meist problemlos feststellbar177. Da beim HV-ähnlichen Mittler, nicht anders als beim HV selbst, die Möglichkeit der Nutzung des Kundenstammes genügt, kommt es 169

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OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09, n.v.; LG Köln, Urt. v. 02.11.2009 – 86 O 10/08 n.v. Emde BB 2006, 1121 (1125). BB 1996, 2265 (2267). BGH NJW-RR 1992, 421 (423). BGH DB 1986, 1067 (1070); Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 23; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 23. BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 Rn 17; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler; v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327, Tz. 13 f; v. 28.06.2006 – VIII ZR 350/04, WM 2006, 1919 = BB 2006, 1648, Tz. 11, v. 22.10.2003 – VIII ZR 6/03, WM 2004, 991, unter II; v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413 = BB 1993, 2399; BGH WM 1998, 1256; Urt. v. 17.04.1996 – VIII

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ZR 5/95, NJW 1996, 2159 (2160); NJW-RR 1994, 99; BGHZ 135, 14; NJW 1983, 2877 (2878); BGHZ 29, 83 (90); 34, 282 (286); BGH NJW 1964, 1952; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 106; Urt. v. 29.11.2006 – 1 U 243/05, BeckRS 2007, 00760; Canaris § 17 Rn 25; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 23; Emde WRP 2003, 468 (475); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171; aA Karsten Schmidt DB 1979, 2357 (2359 f); Eckert WM 1991, 1237 (1243 f); Küstner/Thume Außendienstrecht III, 2. Aufl. 1998, Rn 1820. OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508. BGH ZIP 1993, 1788; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 227. Ostendorf MDR 2008, 1377.

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nicht darauf an, ob die vertragliche Verpflichtung tatsächlich durchgesetzt, also erfüllt wird178. Mithin genügt die rechtliche Verpflichtung zur Übertragung und damit die Nutzbarkeit 179. Die vertragliche Verpflichtung muss sich also darauf richten, dass der Unternehmer an die Lieferbeziehung anknüpfen kann. Als Analogievoraussetzung nicht erforderlich ist hingegen, dass der Unternehmer diese Informationen auch tatsächlich erhalten hat. Anderenfalls könnte der Unternehmer durch eine Verweigerung der Entgegennahme den Ausgleichsanspruch vernichten, was dann, wenn man auch die tatsächliche Erfüllung fordern wollte, einen Fall der §§ 162, 242 BGB darstellen würde. Ggf. muss die Erfüllung gerichtlich durchgesetzt180 oder die Einreden nach §§ 320, 273 BGB erhoben werden. Zum Inhalt der Information Rn 46. Die vertragliche Verpflichtung muss zumindest während der Vertragslaufzeit ents- 38 tanden sein. Eine Einigung nach Vertragsende genügt regelmäßig nicht181, es sei denn, das Einigsein bezieht sich auch auf die Verpflichtung zur Zahlung eines Ausgleiches. Vertragsbegleitend kann jederzeit eine Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes begründet werden. Der Ausgleichsanspruch wird dann aber nur auf Basis der nach dieser Einigung geworbenen oder erweiterten Kunden berechnet. Möglich ist es insbesondere, nach längerer, unwidersprochener Nichtlieferung der Adressen, deren Lieferung vertragsbegleitend zugesagt wurde, von einer konkludenten Vertragsänderung auszugehen bzw. den Einwand der Arglist oder fehlender Billigkeit zuzulassen. Eine solche beständige, faktische Weitergabe der Kundendaten bildet eine konkludente Vereinbarung, derzufolge die Kundendaten zu überlassen sind182. Daran ändert auch ein Schriftformerfordernis nichts. Wird eine solche Praxis über einen Zeitraum von 10 Jahren akzeptiert, ist dies ausreichend183, wobei bereits zu einem früheren Zeitpunkt eine konkludente Abrede angenommen werden kann. Denn eine über lange Zeit vom Unternehmer ohne Widerspruch geduldete Übermittlung von Kundendaten begründet die Vermutung einer vertraglichen Verpflichtung184. Auch die eindringliche Aufforderung des Herstellers, persönliche Daten weitgehend lückenlos zu übermitteln, steht einer echten Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes gleich185. Die Einordnung hat beweisrechtliche Konsequenzen: Ordnet man die fehlende Bekanntgabe der Kundendaten trotz vertraglicher Verpflichtung als ein vom Unternehmer geltend zu machendes Gegenrecht (ZBR, Arglisteinwand, Entkräftung der Billigkeitsvermutung) ein, wäre der Unternehmer für jene Gegenrechte darlegungs- und beweisbelastet. Auch in dieser Situation müsste der Mittler aber nach den Grundsätzen der primären und sekundären Darlegungslast zunächst hinreichend präzise vortragen, auf welche Weise er die Kundendaten übermittelt hat oder übermitteln sollte. Datenschutzrechtliche Gründe, insbes. die Verpflichtung, die Daten nach dem BDSG zu

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Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171; Hopt § 84 Rn 14. BGH WM 1982, 1125; 1983, 1102; 1986, 530; ZIP 1993, 1788; NJW-RR 1998, 1331; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 229, 266. Vgl. BGH NJW 2000, 1413; BGH BB 1993, 2401; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 492. Westphal II Rn 179. Van der Moolen in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 24 Rn 24 ff; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 488, 494; skeptisch noch OLG

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Köln, Urt. v. 28.11.1985 – 12 U 233/84, NJW-RR 1987, 218. BGH ZIP 1985, 798. BGH ZIP 1993, 1788; Ullrich in: Martinek/Semler/Habermeier § 20 Rn 30; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 229; Niebling WRP 2001, 506 ff; Stumpf/Hesse BB 1987, 1474 (1482). Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 229; Niebling WRP 2001, 506 ff; Niebling WRP 2009, 153 (156) mit Hinweis auf OLG München, Urt. v. 16.01.2002 – 7 U 4312/00.

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schützen, stehen einer Nutzung durch den Hersteller nicht entgegen186. Mittels der Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes erklärt sich der Händler mit der Nutzung seiner Kundendaten einverstanden187. Spätestens in Ausgleichsforderung oder Klage liegt die Zustimmung des Mittlers zur Datennutzung durch den Unternehmer188. Die Kunden haben ihr Einverständnis zur Weitergabe, sollte es erforderlich sein, etwa durch Annahme eines Angebotes auf Abschluss eines Vertrages über eine Produktgarantie gegenüber dem Unternehmer erklärt, zudem etwa mittels Teilnahme an Marketingaktionen o.ä. Häufig erklären die Kunden ihr Einverständnis nicht nur konkludent, sondern ausdrücklich. Letztlich ist die Frage der datenschutzrechtlichen Nutzbarkeit durch den Unternehmer irrelevant, solange er die Übermittlung der Kundendaten fordert. Die Ausgleichsvergütung ist Gegenleistung für den Aufbau des Kundenstammes und dessen Benennung, nicht für dessen tatsächliche Nutzung, welche der Mittler nicht beeinflussen kann189. Auch hier genügt die potentielle Nutzbarkeit. Obgleich kartellrechtliche Bedenken gegen umfassende Berichtspflichten bestehen190 soll Kartellrecht dem Analogietatbestand ebenfalls nicht entgegenstehen191. Stimmt der HV-ähnliche Mittler einer Vertragsänderung zu, derzufolge zukünftig keine vertragliche Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes besteht, ist ein solcher Verzicht regelmäßig gemäß § 242 BGB unwirksam, falls kurz darauf eine ordentliche Kündigung erfolgt 192. Solange die Jahresfrist zur Geltendmachung des Ausgleichs noch nicht abgelaufen ist, könnte für den Zeitraum vor der Vertragsänderung ohnehin ein Ausgleich gefordert werden. Prozessual lässt sich der Anspruch am besten durchsetzen, indem alle Kundennamen schriftsätzlich unter Angabe des Datums ihrer Mitteilung an den Unternehmer genannt werden.

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aa) Kritik am Erfordernis des Merkmals. Ob das TB-Merkmal der vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes tatsächlich erforderlich ist, wird mit Recht bezweifelt 193. Begründet wird das Bedürfnis nach dem Analogiekriterium damit, der Prinzipal eines HV könne den von jenem geworbenen Kundenstamm nur nutzen, falls ihm Namen und Adressen der Kunden bekannt seien. Denn der Prinzipal selbst schließe die Geschäfte, der HV vermittle sie nur. Beim Vertragshändler, Franchisenehmer und Markenlizenznehmer schließe dagegen der Vertriebsmittler die Verträge, so dass der Kundenstamm dem Unternehmer nicht notwendigerweise bekannt sei und der Unternehmer den Kundenstamm wegen fehlender Offenkundigkeit nicht ohne Mitteilung der Kundendaten auswerten könne. Außerdem habe der Mittler anderenfalls den Kundenstamm lediglich für sich selbst geworben, also kein fremdes, sondern ein eigenes Geschäft besorgt194. Dabei darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass nicht der Unternehmer sondern der Kunde darüber entscheidet, ob er an die Geschäftsbeziehung anknüpft. Regelmäßig ist davon auch ohne eine an die Vertragsbeendigung anschließende

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BGH, Urt. v. 06.10.1993 – VIII ZR 172/92, NJW-RR 1994, 99 (100); Emde MDR 2010, 537; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 229; Niebling WRP 2001, 506 ff. Niebling WRP 2009, 153 (156) mit Hinweis auf OLG München, Urt. v. 16.01.2002 – 7 U 4312/00. OLG München, Urt. v. 16.01.2002 – 7 U 4312/00, NJOZ 2002, 1419 (1422 f). Emde MDR 2010, 537. Wiemer WuW 2009, 750 ff. Wiemer WuW 2009, 750 (759).

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Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 499. LG Frankfurt am Main, Urt. v. 10.12.1999 – 3/8 28/1999, n.v.; Schröder BB 1961, 809 (811); Eckert WM 1991, 1237; Kreifels/Lang NJW 1970, 1769, 1774; Sandrock in: FS Fischer, S. 657 f; Karsten Schmidt DB 1979, 2357 (2360); Graf von Westphalen DB Beilage 23/1981, S. 12 ff); Emde WRP 2003, 468 (470); Hopt § 84 Rn 14. Canaris Handelsrecht, 24. Aufl. 2006, § 17 Rn 25.

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Initiative des Unternehmers bei einem bestimmten Prozentsatz der Kunden, der gemäß § 287 ZPO geschätzt oder durch Sachverständigengutachten ermittelt werden kann, auszugehen. Übernimmt der Unternehmer das Geschäftslokal (häufig im Franchise- und Tankstellengeschäft), so ist die Übertragung des Kundenstammes bereits hierdurch sicher. Richtigerweise ist das Tatbestandsmerkmal der Überlassungspflicht überflüssig. Abgesehen von den bereits angesprochenen kartellrechtlichen Bedenken gegen die Weitergabe der Kundendaten195 ist die Überlassungspflicht bloß das rechtstechnische Hilfsmittel, um den Unternehmer so zu stellen wie den Prinzipal eines HV. Entscheidend kann damit bestenfalls sein, ob der Unternehmer wie der Prinzipal eines HV auf den vom Mittler geworbenen Kundenstamm zugreifen kann. Die vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes bildet hierfür ein besonders deutliches, jedoch nicht zwingend erforderliches Beispiel (Indikator). Die geforderte Stellung des Unternehmers kann auch auf andere Weise hervorgerufen werden, notfalls sogar, indem er auf andere Weise den Kundenstamm mitgeteilt erhält. Zu denken ist dabei etwa beim Ersatzteilmarkt im KfzBereich: Niemand erwirbt ein Ersatzteil, ohne zuvor einen Kfz der gleichen Marke erworben zu haben. Diese Kunden kennt der Hersteller jedoch aufgrund der Verpflichtung der Vertragshändler, Kfz-Käufer mitzuteilen, was zur Ausgleichspflicht genügt196. Will man die Parallele zum HV besonders deutlich ziehen, muss die Mitteilung der Kundendaten letztlich auf einem Verhalten oder einer Tätigkeit des Mittlers beruhen. Ist man noch großzügiger, genügt jede Kenntnisnahmemöglichkeit des Unternehmers vom Kundenstamm, etwa mittels einer Mitteilung durch Dritte oder sogar die rein faktische Zugriffsmöglichkeit197 des Unternehmers auf den Kundenstamm, etwa aufgrund der Sogwirkung seiner Marke. Im Ergebnis bedeutet die hM, dass der Hersteller, wie in der Toyota-Entscheidung des 40 BGH 198 durch eine raffinierte Vertragsgestaltung199 den Kundenstamm abweisen und damit de facto § 89b entgegen seiner zwingenden Natur vertraglich ausschließen kann. Im Fall Toyota schloss der Vertrag die Benennung der Kundennamen an den Unternehmer ausdrücklich aus. Die Vertragshändler waren zwar verpflichtet, eine Kundendatei zu führen und eine vom Hersteller bestimmte Marktanalysefirma für ein Kundenkontaktprogramm einzuschalten, aber dieser Firma war jede Weiterleitung der Namen an den Hersteller untersagt. Selbst die vereinzelte Weitergabe der Kundendaten durch das Marketingunternehmen soll nur zu einem Schadenersatzanspruch führen200. Das heißt, dass der Hersteller alle Vorteile aus dem Kundenstamm erhält, wenn infolge der auch vom Händler aufgebauten Sogwirkung der Marke die Kunden zu einem vom Hersteller eingesetzten neuen Händler wechseln und er ihnen über die Marketingfirma Namen und Adresse des neuen Mittlers mitteilt. Zumindest bei verbundenen Unternehmen ist an einen Durchgriff zu denken201. Wegen dieser Bedenken sollte es genügen, dass der Händler eingegliedert ist und infolge seiner Tätigkeit dem Unternehmer Vorteile durch einen treuen Kundenstamm entstehen202. Zudem darf die Analogie nicht über das beim HV anerkannte hinausgehen: Dort wird aber im anonymen Massengeschäft, etwa im Tank195 196 197

198

Wiemer WuW 2009, 750 (759). Eingehend Emde GRUR 2006, 997 (1005). AA OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508. Urt. v. 17.04.1996 – VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159; ähnlich OLG Köln, Urt. v. 04.05.2001 – 19 U 13/01; VersR 2002, 1102.

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201 202

Karsten Schmidt Handelsrecht, § 28 III 2a cc. BGH, Urt. v. 17.04.1996, BB 1996, 1458; Urt. v. 26.11.1997, NJW-RR 1998, 390; Stumpf NJW 1998, 12 (14); Kirsch NJW 1999, 2779 (2780). Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 790. Kocher RIW 2003, 512 (517).

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stellenvertrieb, keine Bekanntgabe der Kundennamen gefordert 203. Nach dieser Ansicht genügt also die faktische Kontinuität der Kundenbeziehungen. Der Ausgleich ist Entgelt für den Aufbau des Kundenstammes, kein Adressenkauf 204. Die fehlende Bekanntheit der Namen und Adressen der Käufer mag gegebenenfalls im Rahmen der Billigkeit (§ 89b Abs. 4) berücksichtigt werden. Jedenfalls ist HV-ähnlichen Mittlern ist auch ohne ausdrückliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes ein der Sogwirkung der Marke entsprechender Ausgleichsteil für den Aufbau des Kundenstammes zuzubilligen. Denn insoweit fällt dem Unternehmer der Kundenstamm aufgrund der werbenden Tätigkeit des Händlers automatisch zu. Siegert 205 vertritt, die Pflicht zur Überlassung des Kundenstammes müsse im Einklang mit anderen Stimmen206 durch das Kriterium der „Kausalität“ ergänzt werden, demzufolge ein Ausgleich ausscheide, sofern der Hersteller den Vorteil der Neubestellung nicht der Leistung des Händlers verdanke. Das dürfte nach bisheriger Dogmatik eher abzulehnen sein. Denn die Kausalität des Händlers muss nur für die Neukundenwerbung bestehen und die Sogwirkung der Marke bewertet den Einfluss des Herstellers.

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bb) Fehlen einer vertraglichen Verpflichtung. Fehlt die vertragliche Verpflichtung zur Überlassung des Kundenstammes, scheidet nach h.M. ein Ausgleichsanspruch aus207. Dann ist auch eine aufgedrängte Überlassung, also die bloß faktische Überlassung von Kundendaten ohne vertragliche Verpflichtung, unbeachtlich208, solange hierin nicht die konkludente Überlassungsvereinbarung liegt 209. Wird etwa – s.o. Rn 39 f – aufgrund der Regelungen im Händlervertrag eine Weitergabe der Kundendaten an den Hersteller ausdrücklich ausgeschlossen und werden Kundendaten zu Marketingzwecken vom Händler ausschließlich an ein externes Marketingunternehmen übermittelt, welches solche Kundendaten nicht an den Unternehmer herausgibt, schuldet der Hersteller keinen Ausgleich210. Diese Gestaltung soll nicht unzulässig sein, auch nicht als AGB. Denn sie gebe lediglich die nach h.M. bestehende Rechtslage nach dispositiven Recht wieder, derzufolge ohne vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes kein Ausgleichsrecht besteht 211. Auch die Informationspflichten aus §§ 675 Abs. 1, 666 BGB könnten abbedungen werden, wohl auch mittels AGB. Eine Analogie soll insbesondere ausgeschlossen sein, wenn eine Löschungspflicht des Marketingunternehmens, welches die Kundendaten erhielt, bezüglich der während der Vertragszeit überlassenen Kundendaten geregelt ist oder nach dispositivem Recht (etwa BDSG) besteht212. Die bloße Verpflichtung des Herstellers, Kundendaten nach Vertragsende nicht zu nutzen, ohne dass diese automatisch gelöscht werden, soll der potentiellen Nutzungsmöglichkeit aber nicht 203

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AA OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508. Emde WRP 2003, 468 (470). NJW 2007, 188 (192). OLG München NJW-RR 1995, 1186 (1187); MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89b Rn 23. OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.09.1998 – 1 U 843–97-165, NJW-RR 1999, 106 (Kfz). Van der Moolen in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 24 Rn 30. Stumpf/Hesse BB 1987, 1474 (1482); Van der Moolen in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 24 Rn 30.

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OLG Köln, Urt. v. 04.05.2001 – 19 U 13/01, VersR 2002, 1102; kritisch Niebling WRP 2009, 153 (156). Canaris § 17 Rn 27 hält hier einen Umgehungsversuch in Analogie zu § 89b Abs. 4 für naheliegend und gewährt dem Mittler bei fehlender Aufklärung über die Klausel einen Schadenersatzanspruch nach §§ 311, 280 BGB. BGH, Urt. v. 17.04.1994 – VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159 = BB 1996, 1458; vgl. hierzu Niebling WRP 2002, 310 (311); Westphal II Rn 175.

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entgegenstehen213. Richtigerweise sollte es angesichts der potentiellen Nutzungsmöglichkeit nicht darauf ankommen, welches Schicksal der Hersteller nach Vertragsende den übermittelten Kundendaten zuweist. Ohnehin bleibt die Verpflichtung zur Löschung kaum kontrollfähig und der Einwand des Herstellers ist zu antizipieren, die trotz Löschung verwendeten Daten stammten aus einer anderen Quelle. Ein mittelbarer wirtschaftlicher Zwang, der sich darin äußert, dass der Händler eine 42 Gutschrift oder Boni nicht erhält, wenn er in einem Einzelfall Kundendaten nicht weitergibt, soll keiner vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes gleichstehen214. Das ist zweifelhaft, weil es zur Auslagerung der Vertriebsvergütung in Boni einlädt und der Ausgleich hierdurch entgegen Abs. 4 ausgehöhlt wird. Kein Händler, der im Wettbewerb zu anderen Händlern steht, kann auf Boni verzichten, die seine Kollegen erhalten und mit dieser Vergütungsspitze Kunden gewährte Preisnachlässe finanzieren können. Solche Boni sind im Zweifel Vertriebsvergütung, welche der Unternehmer schuldet; eine Freiwilligkeit der Gewährung ist meist abzulehnen. Werden in Garantiefällen keine Kundendaten übermittelt, und gibt es keine andere, ggf. konkludent begründete Verpflichtung zur Benennung der Kunden, mangelt es ebenso an der vertraglichen Verpflichtung 215. Außerdem dürfte in solchen und in Gewährleistungsfällen eine hinreichend vollständige Bekanntgabe des Kundenstammes fehlen und daher ebenso eine Ausgleichsverpflichtung 216. Gleiches gilt, falls für Prämienaktionen lediglich eine Seite des KfzScheines ohne Kundendaten übermittelt werden braucht 217 oder nur Interessenten- und nicht zugleich auch Kundennamen mitgeteilt werden218. Eine auf Grund der Umstände rein faktisch bestehende Möglichkeit der Kenntnisnahme der branchenbekannten Kundendaten – bei einem Anzeigen-HV etwa die Möglichkeit des Unternehmers, die Anzeigen zu lesen – bildet keine vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes, die allein analogiebegründend ist 219. Werden dem Hersteller Kundendaten dadurch bekannt, dass ein Mitarbeiter des Herstellers gemeinsam mit dem Vertragshändler dessen Kunden aufsucht und betreut oder werden Garantiekarten von Kunden an den Hersteller gesandt, ist das einer vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes nicht gleichzusetzen220; wahrscheinlich ebenso wenig die durch den Händler erfolgte Eintragung der Kundendaten in die für den Kunden bestimmten Garantiekarten221 (der Kunde 213 214

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LG München I, Urt. v. 17.04.2009 – 3 HK.O 2148/07, S. 17. BGH, Urt. v. 01.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2006 – 1 U 234/05, BeckRS 2007, 00760; OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 234. OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2006 – 1 U 234/05, BeckRS 2007, 00760; BB 1997, 852; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 791. BGH NJW-RR 1988, 1305; OLG Köln BB 1987, 148; van der Moolen in: Martinek/ Semler/Habermeier/Flohr § 24 Rn 39. OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2006 – 1 U 234/05, BeckRS 2007, 00760. Vgl. OLG Saarbrücken, Urt.v. 23.09.1998 – 1 U 843-97-165, NJW-RR 1999, 106 (Kfz).

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BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 221/02, BB 2003, 1089 (1090) = NJW-RR 2003, 894 = WM 2003, 2105; OLG Hamm NJW-RR 1988, 550; OLG Köln, Urt. v. 28.11.1985 – 12 U 233/84 NJW-RR 1987, 218; LG Düsseldorf – 35 O 45/01 n.v.; van der Moolen in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 24 Rn 39. OLG Köln, Urt. v. 28.04.1995 – 19 U 189/94, NJW-RR 1996, 98. In diese Richtung OLG Köln, Urt. v. 28.04.1995 – 19 U 189/94, NJW-RR 1996, 98 (99), das die Frage allerdings wegen mangelnder Vollständigkeit der Information offen lässt. Dem Urteil wird man vielleicht entnehmen können, dass bei einer vertraglichen Verpflichtung des Händlers zur Übergabe der Garantiekarten abweichend zu entscheiden wäre.

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ist kein Bote des Händlers). Auch die Verpflichtung zur Unterrichtung des Herstellers über den Ausbau der Organisation des Mittlers soll keine Verpflichtung zur Übermittlung individualisierter Kundendaten begründen222. Soweit es um die Kenntnisnahmemöglichkeit durch Direktlieferungen geht, vertritt die h.A., dass die Kenntnisnahmemöglichkeit von den Kundenadressen, welche durch die Direktlieferungen gegeben wird, einer vertraglichen Verpflichtung nicht gleichsteht und allein durch diese Kenntnisnahmemöglichkeit kein Ausgleichsanspruch begründet wird223. Dieser herrschenden Ansicht kommt durch die Autorität des BGH eine besondere Bedeutung zu. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es allerdings nur darum, dass in zahlreichen Eilfällen Direktlieferungen erfolgten. Wie der Fall zu beurteilen ist, wenn die Direktlieferungen regelmäßig und nicht nur in Ausnahmefällen durch den Unternehmer erfolgen, ist unsicher. In der Literatur224 wird vertreten, übernehme der Unternehmer vertraglich einen Teil der dem Mittler obliegenden Pflichten und erhalte er dadurch auf vertraglicher Basis die vollständige Kenntnis aller Kundendaten, wie z.B. im Falle der vollständigen Auslieferung der Waren an den Kunden unmittelbar durch den Unternehmer ohne Einschalten des Vertriebsmittlers, ersetze dies die ausdrücklich vereinbarte Pflicht zur Überlassung der Kundendaten. Dies wäre eine zulässige Argumentation, weil die Auslieferung durch den Unternehmer dann als vertragsimmanent vorausgesetzt wird und Teil dieser Abrede die vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes ist. Andererseits verhindert eine zu großzügige Ansicht die Möglichkeit des Herstellers, im Interesse des Händlers Direktlieferungen auszuführen.

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cc) Nichtigkeit des Vertrages. Siehe auch Rn 56. Der BGH entschied, bei Nichtigkeit eines Vertragshändlervertrages und der damit gem. § 139 BGB einhergehenden Nichtigkeit der vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes sei ein Ausgleichsanspruch unbegründet 225. Das gilt aber nur bei ursprünglicher Nichtigkeit: Wird ein durchgeführter Vertragshändlervertrag später nichtig, ist nach den Grundsätzen des faktischen Vertrages ein Ausgleich zu zahlen226. Es reicht dann, dass der Vertrag tatsächlich durchgeführt wird, einschließlich der Überlassung der Kundendaten. Nach Löwisch227 genügt die tatsächliche Übertragung der Kundendaten; die Nichtigkeit beseitigt die Ausgleichspflicht folglich nicht. Das führt zum selben Ergebnis. In dieser Konstellation ist die rechtliche Nichtigkeit allenfalls im Rahmen der Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen228. Die Händlerverträge sind nicht von Anfang an unwirksam, sondern werden nach langjähriger Wirksamkeit frühestens mit Eintritt des Nichtigkeitsgrundes

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OLG Stuttgart, Urt. v. 16.05.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508. BGH, Urt. v. 01.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657 (658) = BB 1994, 241; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 493; van der Moolen in: Martinek/Semler/Habermeier/ Flohr § 24 Rn 39; aA Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171 – für die h.M. mag sprechen, dass die bloße Lieferadresse nicht notwendigerweise den Vertragspartner benennen muss und die Konditionen des Kunden-

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geschäftes wie der Ansprechpartner unbekannt bleiben können. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171. BGH, Urt. v. 12.03.2003 – VIII ZR 221/02, BB 2003, 1089/1090 = NJW-RR 2003, 894 = WM 2003, 2105. Semmler WRP 2007, 247 (255). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171. BGH, Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (294); Urt. v. 28.02.2007 – VIII ZR 30/06, DB 2007, 1020 (1023) = WRP 2007, 653 = ZIP 2007, 970 = WM 2007, 1042.

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unwirksam229. Insgesamt wird die Frage, ob die Nichtigkeit des Vertrages den Ausgleichsanspruch entfallen lässt, wechselnd beurteilt 230. dd) Formen der Überlassungsvereinbarung. Um die Analogie und damit das Aus- 44 gleichsrecht nicht evident werden zu lassen, wird eine vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes in den gewöhnlich vom wirtschaftlich stärkeren Unternehmer vorformulierten Vertriebsverträgen kaum je ausdrücklich vereinbart 231. Sie ist auch nicht erforderlich, insbesondere nicht als schriftlich niedergelegte Verpflichtung232. Deshalb genügt eine sich zumindest mittelbar233 aus den Vertragsgrundlagen ergebende, ggf. konkludent geregelte oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung gefundene, die Übermittlung von Kundendaten einschließende Berichtspflicht oder ein Einsichtsrecht, um das dritte Analogiekriterium zu erfüllen234. Von der beständigen Übermittlung wird oft auf die vertragliche Verpflichtung rückgeschlossen werden können235. Nicht selten ergibt sich die Überlassungspflicht aus dem im 2. Analogieschritt gefundenen geschäftsbesorgenden Charakter des Vertrages (§§ 675 Abs. 1, 666 BGB) 236, wobei auch gesetzliche Informationsrechte genügen dürften, wenn sie aufgrund einer vertraglichen Pflicht entstehen. Die bloße Vertragspflicht bei langjährig gegenteiliger Praxis soll nicht genügen237, was zutreffend sein dürfte, wenn in der Praxis eine konkludente Vertragsänderung liegt. Ansonsten genügt auch hier die potentielle Möglichkeit der Nutzung, der Hersteller braucht von ihr keinen Gebrauch zu machen 238. Bei der Frage, ob eine vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes vorliegt, ist auch das Formulierungsrisiko des den Vertrag meist entwerfenden Unternehmers zu berücksichtigen, insbesondere § 242 BGB sowie die Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB. Verbleiben Zweifel über die Existenz einer vertraglichen Verpflichtung, ist die Wechselwirkung zwischen allgemeiner Beweislast des Klägers und diesem Formulierungsrisiko abzuwägen. Selbst auf der Basis der h.M., die eine Überlassungspflicht fordert, ist der Zweck der 45 vereinbarten Überlassungspflicht irrelevant 239. Er kann z.B. in der „Qualitätskontrolle“ liegen. Anderer Ansicht war der erste Zivilsenat des BGH in einem Einzelfall: Obwohl dem Unternehmer nach den Vertragsbestimmungen vierteljährlich kundenbezogen Rechnungen vorzulegen waren und die mit Vertragswaren getätigten Umsätze sowie die Verkaufsstellung unter Berücksichtigung der Kundenlisten mit dem Lizenzgeber abgestimmt

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Semmler WRP 2007, 247 (255). Für einen Ausgleichsanspruch: BGH NJW 1995, 1958; 1997, 655 (657); Hopt § 89b Rn 8; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 38; aA BGH NJW-RR 2003, 894 (895). Emde WRP 2003, 468 (470). BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503. Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau Rn 780. OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Emde WRP 2003, 468 (470); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171. Deshalb lässt Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171 die tatsächliche Übermittlung genügen, auch wenn die vertragliche Verpflichtung nicht mehr feststellbar sein sollte.

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Canaris § 17 Rn 26; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171. OLG Köln NJW-RR 1996, 98. BGHZ 135, 18; HVR Nr. 865; Hopt § 84 Rn 15. BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503; NJW-RR 1993, 678; ZIP 1993, 1788; 1994, 126 = DB 1994, 727; Emde WRP 2006, 449 (452); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 491; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 235; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 783; aA BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 (nicht wenn die Überlassungspflicht lediglich den Hauptzweck des Vertrages unterstützt und sichert – zweifelhaft).

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werden sollte, zudem Bucheinsichtsrechte bestanden, verneinte der BGH 240 ohne Auseinandersetzung mit diesem Regelungsinhalt die vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes. Die zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Abreden beschränkten sich auch insoweit darauf, die Folgen der Vertragsbeendigung zu regeln, die sich aus dem aus der entgeltlichen Gestattung der Nutzung der Marke liegenden Hauptzweck des Lizenzvertriebsvertrages ergäben. Möglicherweise differenzierte der BGH nicht hinreichend zwischen der Verpflichtung zur Übertragung der Kundendaten und der Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes. Es ist lediglich eine Verpflichtung zur Übertragung der Kundendaten erforderlich. Entscheidend ist letztlich das Ergebnis: Der Zugriff des Unternehmers auf den ihm mitgeteilten Kundenstamm. Insbesondere darf sich die Überlassungspflicht konkludent oder mittelbar aus einer anderen Pflicht 241 ergeben, z.B. aus Bucheinsichtsrechten oder der Vorgabe, detaillierte Kundenlisten zur Abrechnung zu übermitteln. Folglich sind Mitteilungspflichten, die nicht auf den Zugriff zum Kundenstamm zielen, als analogiebegründende Überlassungspflicht anerkannt, etwa Berichtspflichten242, Einsichtsrechte in Geschäftsunterlagen 243 oder die Buchführung 244, Zusendung von mit Kundendaten versehenen Rechnungskopien245, Verkaufsberichte246, Gewährleistungsberichte247, Kundendaten zu Marketingzwecken248, Abrechnungsunterlagen249, die Übermittlung von Garantiekarten vom Vertragshändler an den Hersteller/Importeur250, Mitteilung von Bestellungen und Zulassungen251, eine freiwillig geschlossene Regelung über den Ankauf von Kundendaten, selbst wenn eine Sperrung oder Löschung der Daten nach Vertragsende vorgesehen ist 252, oder die ständige Übermittlung der Kun-

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BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats. Emde WRP 2006, 449 (452); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 487. BGH NJW 2000, 1413; NJW-RR 1994, 99 f; NJW 1983, 2241; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 487, 490. BGH, Urt. v. 16.01.1986, WM 1986, 530 (531); v. 12.01.2000, NJW 2000, 1413; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 780; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 487, 490; Westphal Vertriebsrecht II Rn 173. Derartige Einsichtsrechte werden häufig vereinbart. Zur kartellrechtlichen Problematik einer solchen Vereinbarung Wiemer WuW 2009, 750 ff. BGH NJW 1984, 1952 (1953); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 490; Gegenbeispiel: BGH, Urt. v. 01.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657. BGH NJW 1984, 2102; NJW 1983, 1789; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 490.

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BGH NJW-RR 1983, 678 (680); Vogels/ Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 490. BGH NJW-RR 1994, 99 (100); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 490. BGH NJW 1984, 1789 (1790); Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 490. BGH VersR 2000, 487 = BB 2000, 60; OLG Köln, Urt. v. 28.04.1995 – 19 U 189/94, NJW-RR 1996, 98 (dort Ausgleichsanspruch verneint, weil Garantiekarten nur unvollständig und zum Teil von Kunden selbst [was nicht ausreicht] übersandt wurden); Urt. v. 25.04.1997, BB 1997, 2451; Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 3 Rn 490. BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503. OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09 – BMW; aA wohl Urt. v. 17.04.1996 – VIII ZR 5195, NJW 1996, 2159; ähnlich OLG Köln, Urt. v. 04.05.2001 – 19 U 13/01; VersR 2002, 1102.

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dendaten, sofern sie vom Unternehmer in irgendeiner Weise erwartet wurde253. Auch die im Kfz-Händlerrecht oft bestehende Einbindung in die EDV des Unternehmers, welche ihm den Rückgriff auf Kundendaten und Quervergleiche mit anderen Daten erlaubt, genügt, gleich jedem Einsichtsrecht. Kaum diskutiert wird, welche Bedeutung das Informationsrecht des Unternehmers (§§ 402, 242 BGB254) über die Kundendaten bei verlängertem Eigentumsvorbehalt mit Abtretung der Kundenforderungen hat. Streng genommen besteht auch hier eine aufgrund einer vertraglichen Verpflichtung (EV) entstandene (gesetzliche) Pflicht zur Übertragung der Kundendaten, und zwar jedenfalls für einen relevanten Zeitraum vertragsbegleitend. Besonders problematisch sind Rechtsordnungen (etwa Italien), die für den EV die Genehmigung jedes Kundengeschäfts durch den Unternehmer fordern. Eine lückenlose Überlassung des Kundenstammes ist nicht erforderlich 255. Es genügt, dass die vertragliche Vereinbarung eine möglichst vollständige Übertragung bezweckt, die gewählte Methode hierzu nicht ungeeignet ist 256 und der Unternehmer den Kundenstamm deshalb im Wesentlichen tatsächlich nutzen könnte 257. So mögen etwa einzelne Kunden der Weitergabe widersprechen258. Es reicht, wenn der Mittler diejenigen Kunden benannt hat, für die er einen Ausgleich fordert. Eine Schlechterfüllung der vertraglichen Pflicht zur Überlassung des Kundenstammes kann damit zwar Schadenersatzansprüche zur Folge haben. Der Ausgleich entfällt jedoch nicht dem Grunde nach, sondern nur in der Höhe, und zwar hinsichtlich der Kunden, deren Daten nicht übermittelt wurden. Der Wille des Unternehmers, die Kundennamen zu erfahren, um den Kundenstamm zu nutzen, ist also keine TB-Voraussetzung259. Das folgt schon aus dem Umstand, dass selbst beim HV die infolge der Kenntnis des Unternehmers von den Kundendaten gegebene potentielle Möglichkeit (Chance)260 zur Nutzung des Kundenstammes genügt. Ob der Unternehmer die Chance ergreift und die Kundendaten nutzt ist unerheblich261. Folglich besteht das Ausgleichsrecht des HV unabhängig davon, ob es ihm oder dem Unternehmer auf die Überlassung des Kundenstammes ankommt. Mehr als beim Leitbild ist auch bei dem ihm ähnlichen Absatzmittler nicht gefordert. Wahrscheinlich genügt es, falls der Unternehmer durch Bestimmungen der in Ausführung des Vertragshändlervertrages geschlossenen Einzelverträge die Kundendaten erhält, etwa – s.o. – mittels eines verlängerten EV oder infolge der Übersendung von Rechnungskopien. Es darf auch „vorauserfüllt“ werden, d.h., es genügt, sofern laufend vertragsbegleitend und nicht punktuell am Vertragsende die Kundendaten mitgeteilt werden.

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Emde WRP 2003, 468 (475); Gegenbeispiel: BGH, Urt. v. 01.12.1993 – VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657. Siehe zum Umfang der dem Zessionar nach § 402 BGB zu erteilenden Informationen im Versicherungsvertrieb BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 53/09, NJW 2010, 2509 = WM 2010, 669. BGH, Urt. v. 06.10.1993 – VIII ZR 172/92, NJW-RR 1994, 99; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171; Oetker/Busche § 89b Rn 61; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 22. BGH, Urt. v. 06.10.1993 – VIII ZR 172/92, NJW-RR 1994, 99; OLG Köln, Urt. v. 28.04.1995 – 19 U 189/94, NJW-RR 1996, 98; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl.

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Rn 231; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 22. BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, ZIP 2000, 540: Urt. 10.02.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678; Urt. v. 16.01.1986 – I ZR 223/83, DB 1986, 1069; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 171. BGH, Urt. v. 06.10.1993, BB 1993, 2401 (2402) Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 782. Emde WRP 2006, 449 (452). Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 784; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 87. OLG Köln, Urt. v. 28.04.1995 – 19 U 189/94, NJW-RR 1996, 98.

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Inhaltlich muss der Unternehmer sich im Wesentlichen wie der Unternehmer eines HV stehen und ohne Weiteres262 in gleicher Weise Zugriff auf den Kundenstamm haben263. „Ohne Weiteres“ bedeutet: es müssen keine weiteren Recherchen erforderlich sein, damit der Unternehmer den Kundenstamm nutzen kann. Dabei setzt der versprochene Zugriff auf die Kundendaten lediglich die Mitteilung der Namen und Adressen der ausgleichsrelevanten Kunden, also mglw. nicht nur der neugeworbenen oder erweiterten Stammkunden, sondern auch der Einmalkunden als potentielle Stammkunden, bei Großunternehmen auch die Mitteilung des Ansprechpartners und der jeweiligen Niederlassung voraus. Der genaue Inhalt der jeweiligen Einzellieferungen braucht wohl nicht mitgeteilt zu werden. Aus der fehlenden Mitteilung der Einzellieferungen erklärt sich auch, warum die der Ausgleichsberechnung dienenden Rabatte des Händlers jeweils bestritten werden. Es gibt aber Stimmen, nach denen die Analogie zum HV-Recht fordert, dass der Unternehmer gleich dem Prinzipal eines HV die wesentlichen Konditionen der Geschäfte, zumindest den Preisrahmen, kennen müsse. Dem ließe sich entgegnen, eine solche Kenntnis bestehe selbst bei Unternehmern von HV nicht immer, etwa von Tankstellenvertretern. Dort sind die Preise aber marktbekannt. Die Rspr. ist undeutlich: teilweise wird lediglich die Übermittlung der Kundennamen und -adressen gefordert264. Andererseits wird von der Übertragung des Kundenstammes gesprochen265, was für eine eingehende Übermittlungspflicht unter Einschluss der Daten zu einzelnen Kundengeschäften sprechen könnte. Für die hier vertretene Ansicht spricht, dass der BGH die Übermittlung der Garantiekarten als Mitteilung genügen lässt. Jene nennen aber nicht die Konditionen des Geschäfts. Ohnehin müssen die Preise der Vergangenheit nichts über die gegenwärtige Marktlage aussagen; sie kennt der Unternehmer oft am besten. Ggf. muss er die vertragliche Verpflichtung durchsetzen. Die Übermittlung der Kundennamen und -adressen genügt jedenfalls, sofern der Unternehmer erkennen kann, welche Produktgruppen in welcher ungefähren Größenordnung der Kunde erwarb. Ausreichend sind also die Informationen, die erforderlich sind, um an die Kundenbeziehung anzuknüpfen. Eine Gegenansicht wäre vertretbar, begründen ließe sie sich wie folgt: Die einmalige Mitteilung der Daten genügt. Mehr als einmal braucht niemand zu erfüllen. Eine wiederholte Übermittlung ist nicht erforderlich, es sei denn, es ergeben sich relevante Veränderungen.

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ee) Verzicht auf die Berichtspflicht. Interessant ist die Frage, wie zu verfahren ist, wenn der Unternehmer nach jahrelanger Übermittlung der Kundendaten auf eine solche Übermittlung verzichtet. Möglich wäre eine beidseitige ausdrückliche oder konkludente Vertragsänderung mittels Verzichts auf die Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes und damit ein Wegfall des Analogiekriteriums. Denkbar wäre aber auch, dass nur die Berichtspflicht entfallen soll, der Unternehmer jedoch seine Ausgleichsverpflichtung beibehalten will. Für den Umfang der vertraglichen Änderungen ist im Zweifel derjenige beweispflichtig, zu dessen Gunsten sie gereichen. Jedenfalls wäre für die Kunden, über die zum Zeitpunkt des „Verzichts“ bereits berichtet wurde, bei Vertragsänderung ein Ausgleich zu zahlen; zum Zeitpunkt des Vertragsendes wohl auch, wenn die Jahresfrist des Abs. 4 S. 2 seit der Vertragsänderung abgelaufen war (für den Fristablauf dürfte

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BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 Rn 17. BGH WM 1993, 1464 (1467) = NJW-RR 1993, 678; NJW 1983, 2877; 1983, 1789; Münch/KommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 21.

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BGH, Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413. BGH, Urt. v. 17.04.1996 – VIII ZR 5/95, NJW 1996, 2159 (2160); Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413.

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es auf den Zeitablauf seit Vertragsende und nicht seit der Vertragsänderung ankommen). Eine beständige Wiederholung der Kundennamen ist nicht erforderlich. c) Beispiele der Ausgleichsberechtigung. Die Ausgleichsberechtigung analog § 89b 48 besteht etwa bei folgenden Vertriebsmittlern: – Vertragshändlern266, insbesondere Kfz-Vertragshändler267. – Franchisenehmern268. Beim Warenfranchising kommt zur Ermittlung des Rohausgleichs ein Teil der beim Weiterverkauf andernfalls verdienten Handelsspanne in Betracht, wobei eine Reduzierung anhand einer üblichen HV-Provision bzw. unter Abzug der Erfüllungskosten erfolgt (i.E. Rn 432)269. Beim Dienstleistungsfranchising ist der Ausgleichsanspruch gemäß § 287 ZPO anhand der in Zukunft fortwirkenden Förderleistungen des Franchisenehmers zu ermitteln270. – Kommissionsagenten271. – Markenlizenznehmern272, die einer Vertriebspflicht unterliegen. Nach dem OLG Hamburg273 fehlt es an der erforderlichen Geschäftsbesorgung für den Unternehmer, wenn der Markenlizenznehmer die Vertragsprodukte selbst herstellt. Außerdem handele es sich bei der Vertriebspflicht um eine gängige Formulierung der Markenlizenzverträge, welche die Benutzung der Ware sicherstellen solle. Gemäß dem BGH274 ist

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BGH NJW 1982, 2819 f, NJW 1983, 2877 (2878); Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630); BB 1993, 2399; NJW 1996, 2159 (2160); OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09, n.v.; OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.11.2006 – 1 U 243/05, BeckRS 2007, 00760; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179, OLG Köln ZIP 2002, 420 (426); Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 202; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 2; kritisch Kirsch NJW 1999, 2779 (Kommentar zu Kirsch bei Emde VersR 2001, 148 (163)). BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350; Urt. v. 06.10.2010, VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496; Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630); OLG Köln, Urt. v. 15.11.2002 – 19 U 94/02, VersR 2003, 105. Siehe BGH NJW-RR 1997, 170 (175); OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862; OLG München, Urt. v. 26.06.2002 – 7 U 5730/01, DB 2002, 2433; LG Mainz, Urt. v. 20.06.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; LG Hanau, Urt. v. 28.05.2002 – 6 O 106/01, n.v.; LG Berlin, Urt. v. 06.09.2004 – 101 O 23/04; LG Frankfurt, Urt. v. 10.12.1999 – 3/8 O 29/99; Thume BB 2009, 1026 (1027); Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht,

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2005, § 4 Rn 497; Emde NJW 2003, 2593; Eckert WM 1991, 1237 ff; Köhler NJW 1990, 1689 ff; Matthießen ZIP 1988, 1089/1095 f; Giesler NZS 1999, 483 f; Flohr DStR 1998, 572 ff; Flohr BB 2006, 389 (400); Martinek Franchising, S. 353, 366 ff; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 240 ff; Giesler ZIP 2000, 2098 ff; Giesler WM 2001, 1441 ff; Haager NJW 2002, 1463 (1471); Martinek ZIP 1988, 1362; (1378); Kobras/Steinhauer RIW 2010, 214; Hopt § 84 Rn 19. Eckert WM 1991, 1237 (1246); aA Köhler NJW 1990, 1694. Martinek Franchising, S. 370. Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (669). Emde WRP 2003, 468; Emde WRP 2006, 449; Prasse MDR 2008, 122 (127); Stögmüller GWR 2010, 309875 = GWR 2010, 523 (bei typischen Markenlizenzverträgen hält er das Risiko der Ausgleichspflicht aber für gering); Hopt § 84 Rn 19; aA OLG Hamburg, Urt. v. 27.11.2008 – 3 U 146/06, GRUR-RR 2011, 40 m. Anm. Imhof GWR 2009, 286654; Martinek/Wimmer-Leonhardt WRP 2006, 204 ff. BGH, Urt. v. 27.11.2008 – 3 U 146/06, GRUR-RR 2011, 40 m. Anm. Imhof GWR 2009, 286654. Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 (kein Urteil des Vertriebsrechtssenats).

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eine entsprechende Anwendung des § 89b auf Markenlizenzverträge nicht grundsätzlich ausgeschlossen275. Es komme jedoch auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. In dem vom BGH entschiedenen Fall (Vorinstanz OLG Hamburg, a.a.O.) verneinte der BGH276 den Ausgleichsanspruch. Es mangele an einer vergleichbaren Interessenlage als Voraussetzung einer Gesetzesanalogie. Eine HV-gleiche Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers als erstes Analogiekriterium fehle, weil die die Einbindung und die Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes mglw. begründenden Vorschriften nur den Hauptzweck der Lizenzvereinbarung unterstützen sollten277. Zudem habe der Lizenznehmer keine Waren des Unternehmers oder mit ihm verbundener Unternehmen vertrieben, sondern solche, die er sich von dritter Seite (im entschiedenen Fall ein verbundenes Unternehmen) beschafft und mit der Marke des Unternehmers versehen habe278. Der Schwerpunkt des Vertrages läge damit auf der Erteilung einer Lizenz für die Benutzung der Marke. Die Verpflichtung, den Absatz der Vertragswaren durch geeignete Werbe-, Verkaufsförderungs- und PRMaßnahmen nach besten Kräften zu fördern, begründe keine Einbindung. Auch sie unterstütze lediglich die Pflicht zur Benutzung der lizenzierten Marke. Anders als beim Vertragshändler liege der Grund für die entsprechende Anwendung des HV-Rechts nicht darin, dass der Vertragshändler am Absatz der Produkte des Lieferanten mitwirke. Voraussetzung einer entsprechenden Anwendung des § 89b sei, dass der Lizenzgeber auf dem Gebiet der vom Lizenznehmer vertriebenen Waren selbst nicht tätig sei279. Selbst bei Franchisingverträgen sei eine vergleichbare Interessenlage nur in Fallgestaltungen angenommen worden, in welchen dem FN der Vertrieb von Produkten des FG zugewiesen war und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die während der Vertragslaufzeit vom FN neu geworbenen Kunden dem FG allein zustehen sollten280. Obwohl nach dem Vertrag kalendervierteljährlich kundenbezogen Rechnungen vorzulegen waren und die mit Vertragswaren getätigten Umsätze sowie die Verkaufsstellung unter Berücksichtigung der Kundenlisten mit dem Lizenzgeber abgestimmt werden sollten, zudem Bucheinsichtsrechte bestanden, verneinte der BGH auch die vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes als zweites Analogiekriterium. Die zwischen den Parteien getroffenen vertraglichen Abreden beschränkten sich darauf, die sich aus dem aus der entgeltlichen Gestattung der Nutzung der Marke liegenden Hauptzweck des Lizenzvertrages ergebenden Folgen der Vertragsbeendigung zu regeln. Die Argumentation der Gerichte ist zumindest dann nicht überzeugend, wenn die Ware unter dem Markennamen des Herstellers vertrieben wird und so mit ihm assoziiert wird. Auch ein Vertragshändler oder ein Produktionsfranchisenehmer fördert neben den Interessen und den Markennamen des Unternehmers auch die eigenen Geschäfte. Zudem ist der Grund einer Vertriebspflicht irrelevant. Selbst beim HV ist es irrelevant, aus welchem Grund er einer Vertriebspflicht unterworfen wird. – Service-Provider, die Netzkapazitäten von Netzbetreibern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreiben281. 275

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BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 Rn 25; so auch die Analyse von Stögmüller GWR 2010, 309875 = GWR 2010, 523. BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331. BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 Rn 29.

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BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 Rn 26. BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 Rn 32. BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09, DB 2010, 2331 Rn 32. Pollklesener DB 2003, 927.

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– U.U. zugelassenen Vertragswerkstätten282. Besteht eine Vertriebspflicht für Ersatzteile, ist auch das Werkstatt- bzw. Ersatzteilgeschäft ausgleichspflichtig283. Auch bei solchen Verträgen steht die Absatzförderungspflicht im Vordergrund284. Die fehlende Bekanntgabe der Werkstattkunden ist irrelevant, da die Kundennamen im Kfz-Vertrieb komplett mitgeteilt werden und niemand Teile für Kfz einer Marke kauft, der nicht zuvor bei einem Händler ein Kfz dieser Marke erworben hat285. Die vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes ergibt sich als Annex aus der Verpflichtung zur Benennung der Kunden der Ware, etwa des Kfz286, sie ist zudem im anonymen Massengeschäft überflüssig. Die Stammkundenquote darf gem. § 287 ZPO geschätzt werden. Zumindest kommt ein Ausgleichanspruch für Ersatzteile in Betracht, wenn mit entsprechendem werblichem Aufwand Kunden geworben werden287. Die Erfüllung der in den Händlerverträgen enthaltenen allg. Verkaufsförderpflicht allein soll die Voraussetzung einer solchen werbenden Tätigkeit nicht erfüllen 288. Das ist abzulehnen, weil nicht erklärlich ist, weshalb eben diese werblichen Bemühungen für die Ausgleichspflicht im Kfz-Geschäft genügen sollen, im Ersatzteilgeschäft hingegen nicht. Das OLG Frankfurt/M.289, bestätigt durch Nichtannahmebeschluss des BGH v. 14.11.2006 290, verneinte den Ausgleich wegen Fehlens werblicher Bemühungen (die Ersatzteile verkauften sich nach Ansicht des OLG „von selbst“), hielt solche Bemühungen allerdings für möglich, wenn auf dem Ersatzteilmarkt mit Verkauf von Identteilen ein Wettbewerb besteht. Dies ist eine Tatsachenfrage, die sich der Überprüfung durch den BGH entzog: Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision hat der BGH folgerichtig zurückgewiesen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hatte noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgericht erforderte (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Von einer näheren Begründung wurde gem. § 544 Abs. 4 S. 2, 2. Hs. ZPO abgesehen291. Damit ist ein Ausgleichsanspruch im Ersatzteilgeschäft zumindest möglich, falls der Anspruchsteller werbende Bemühungen und damit einen Wettbewerb im Ersatzteilgeschäft nachweisen kann.

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Niebling WRP 2006, 1334 (1335). Eingehend Emde GRUR 2006, 997 (1005); Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 23; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 97; ebenso BGH, Urt. 31.01.1991 – I ZR 142/89, BB 1991, 1210 (1211) bei besonderen werblichen Leistungen (also wohl Vertriebspflicht); aA OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 04.09.2007 – 5 U 87/06; LG Köln, Urt. v. 10.07.2008 – 86 O 14/06; Wendel GRUR 2007, 748; Niebling WRP 2007, 1426 (1427). Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1203) zu §§ 89a HGB, 112 InsO; auch OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 06.03.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336 (1337 linke Spalte).

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Eingehend Emde GRUR 2006, 997 (1005). Emde GRUR 2006, 997 (1005); Niebling Vertragshändlerrecht, 2. Aufl. 2003, Rn 292; aA Niebling WRP 2006, 1334 (1335). OLG Frankfurt, Urt. v. 05.04.2006 – 21 U 10/05, BeckRS 2006, 12472 – Kfz. OLG Frankfurt, Urt. v. 05.04.2006 – 21 U 10/05, BeckRS 2006, 12472 – Kfz. Urt. v. 17.05.2005 – 3-13 O 73/03. BGH, Urt. v. 14.11.2006 – VIII ZR 147/05, BeckRS 2007, 13321; ebenso BGH, Beschl. v. 04.03.2008 – VIII ZR 119/06, BeckRS 2008, 07111. BGH, Urt. v. 14.11.2006 – VIII ZR 147/05, BeckRS 2007, 13321.

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3. Nicht ausgleichsberechtigte Personen. Kein Ausgleichsrecht besitzen – nebenberufliche HV (§ 92b Abs. 1), dazu § 92b. An der Nichtgewährung des Ausgleichs für nebenberufliche HV ist rechtspolitisch Kritik geäußert worden. Specks 292 führt aus, der Wegfall des Ausgleichs sei ungerechtfertigt und nicht überzeugend zu begründen. Für diese These spricht, dass der nebenberufliche HV besonders schutzund seine Aufbauarbeit nicht weniger honorierungsbedürftig ist, sofern die TB-Voraussetzungen des § 89b gegeben sind. Der möglicherweise geringere Einsatz spiegelt sich in der reduzierten Ausgleichshöhe wieder. Auch im Hinblick auf Art. 3 GG spricht wenig für den Entzug des Ausgleichs. – angestellte Reisende 293 oder Arbeitnehmer, es sei denn, der Ausgleich wurde vertraglich versprochen 294. Begründung: § 89b sei eine auf die besonderen Verhältnisse des HV abgestellte Sondernorm, die auf Arbeitsverhältnisse nicht entsprechend angewandt werden könne. Diese Begründung überzeugt, weil der Angestellte Kündigungsschutz genießt und nicht nach Erfolg, insbesondere nicht für den Aufbau eines Kundenstammes bezahlt wird. – U.U. Peugeot-Vertragshändler 295.

II. Anspruchsverpflichteter 50

1. Einleitung. Nach § 89b Abs. 1 ist Schuldner des Ausgleichsanspruchs der „Unternehmer“. Wer Unternehmer ist, bestimmt § 84 Abs. 1 S. 1, nämlich außer der HV mit Untervertretern, welcher selbst ein Unternehmer ist, auch jeder andere Unternehmer. Es wird auf die Kommentierung zu § 84 verwiesen. Passiv legitimiert ist damit jeder Dritte, mit dem ein HV-Vertrag geschlossen wurde. Der Unternehmer kann sich ohne Zustimmung des HV seiner Ausgleichsverpflichtung 51 nicht durch Übernahmevereinbarung mit einem Dritten, etwa dem Nachfolge-HV, entledigen. Der Unternehmer bleibt auch dann passiv legitimiert, wenn er mit dem Nachfolge-HV eine solche Übernahmevereinbarung gezeichnet hat. Ist der HV mit der ausschließlichen Übernahme der Schuld durch den Nachfolger einverstanden, kann eine solche Abrede wegen § 89b Abs. 4 nur nach Vertragsende geschlossen werden296. Umgehungen ist nicht anders als bei Wettbewerbsverboten mit Durchgriffserwägungen zu begegnen: Übernimmt etwa eine GmbH die Geschäfte ihrer Tochtergesellschaft, einer KG, und beliefert sie Kunden mit Produkten, für welche die Tochtergesellschaft einem HV Provision zu zahlen hätte, so wäre es objektiv missbräuchlich, wenn sich die GmbH auf die rechtliche Selbständigkeit der Unternehmen beriefe297. Die Mithaftung Dritter lässt die Schuld des Unternehmers daher nicht entfallen. Das gilt auch für gesetzliche Haftungstatbestände, etwa eine Konzernhaftung298. Siehe auch Rn 52 f zur Betriebsveräußerung. 292

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Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters gem. § 89b HGB, Diss. Münster 2001/2002; erschienen in der Münsteraner Reihe, Heft 76, Karlsruhe 2002, S. 60 u. 70. Küstner/Thume II Rn 62; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 20; BAG BB 1958, 775 = NJW 1958, 1365; OLG Düsseldorf NJW 1965, 2352. Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 89 Rn 1.

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BGH, Beschl. v. 17.01.2006 – VIII ZR 232/04; hierzu Niebling WRP 2006, 1334 (1335). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 9. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.02.2000 – 16 U 32/99, OLGR 2000, 425 = GmbHR 2000, 1205. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 9.

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2. Anspruchsverpflichteter bei Betriebsveräußerung auf Unternehmerseite. Ist der 52 Unternehmer eine juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft, berührt ein Gesellschafterwechsel (Share-deal) auf seiner Seite die Passivlegitimation nicht. Der HV-Vertrag wird unabhängig vom Gesellschafterwechsel fortgesetzt 299. Eine change of control-Klausel ist aber zulässig. Die davon zu unterscheidende Frage ist, ob der Gesellschafterwechsel dem HV einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gibt, was bei erheblicher Interessenberührung der Fall sein kann. Veräußert der einzelkaufmännische Unternehmer seinen Betrieb, bleibt er solange Ausgleichsschuldner, als weder durch Gesetz noch Vertrag ein Übergang der Ausgleichsverpflichtung auf den Erwerber vorgesehen ist. § 613a BGB ist unanwendbar 300. Es bedarf einer ausdrücklichen Regelung, um den Erwerber zu verpflichten und/oder den veräußernden Unternehmer aus seiner Schuld zu entlassen. Ein Schuldübergang oder -beitritt kann konkludent vereinbart werden, etwa wenn der Vertrag mit dem Erwerber in identischer oder weitgehend identischer Form fortgesetzt wird 301. Ob der bisherige Unternehmer aus seiner Schuld entlassen wird, ist Auslegungsfrage. Regelmäßig wird der HV keinen Anlass haben, auf einen Schuldner zu verzichten. Ein entsprechender Wille darf nicht unterstellt werden. Ohnehin könnte eine dahingehende Einigung wegen § 89b Abs. 4 wohl nur nachvertraglich erfolgen. Durch die Veräußerung endet das Vertragsverhältnis mit dem HV also nicht, weder beim Assetund erst recht nicht beim Share-deal. Der Unternehmer müsste es kündigen. Die Betriebsveräußerung führt auch nicht zu einer Situation, welche die analoge Anwendung des § 89b rechtfertigt. Sie stellt keine konkludente Kündigung dar, bildet jedoch mglw. für den HV einen begründeten Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 1, falls eine Tätigkeit für den Vertragspartner infolge des Verkaufs ausscheidet. Sowohl die Kündigung des Unternehmers, wie die aus begründetem Anlass des HV, eröffnet den Ausgleichsanspruch. Ob dessen weitere Voraussetzungen gegeben sind, hängt in erster Linie daran, inwieweit der Unternehmer infolge der die Kündigung veranlassenden Betriebsveräußerung Vorteile aus dem Neukundenstamm erzielt (etwa Veräußerungsentgelt). Es spricht eine Vermutung dafür, dass ein Teil des Unternehmenskaufpreises zur Abgeltung des Kundenstammes gezahlt wurde. Überhaupt spricht eine Vermutung dafür, dass der Unternehmer seinen Betrieb nicht ohne Entgelt für den Kundenstamm veräußert. Der Unternehmer hat also aus der Geschäftsverbindung mit den vom HV geworbenen Kunden einen Vorteil. Wird kein Kaufpreis für die Übernahme des Kundenstammes bezahlt – etwa bei bloßer Übertragung des Anlagevermögens, welches keine Sogwirkung auf die Kunden ausübt – scheidet ein Vorteil des Unternehmers aus der Veräußerung und damit ein Ausgleich aus, ebenso beim unentgeltlichen Betriebsübergang. Ein Schadenersatzanspruch ist denkbar, wenn der Veräußerer schuldhaft die Vereinbarung einer Gegenleistung unterlässt. Die gleichen Grundsätze gelten im Falle eines Verkaufs durch einen Insolvenzverwalter302. Bei der Übertragung im Konzern ist ein Vorteil der Konzernmutter nicht ausreichend. Erheblich ist der Vorteil, sofern der Kundenstamm die Konditionen des Kaufs positiv beeinflusst hat. Schließt der HV mit dem Erwerber einen neuen HV-Vertrag, erleidet der HV gleichwohl aus der Beendigung des alten Vertrages Provisionsverluste303. Der Ausgleich wird wohl nicht unter Billigkeitsgesichtspunkte zu kürzen sein, falls der HV grundlos den Abschluss eines HV-Vertrages

299 300

Sturm/Liekefett BB 2004, 1009. Vgl. BGH NJW 1963, 101; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 43; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 45.

301 302 303

Siehe Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 43. Hierzu OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.08.2007 – 15 U 56/07, Beck RS 2007, 14360. Sturm/Liekefett BB 2004, 1009.

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mit dem Erwerber ablehnt304. Jedenfalls ist der Veräußerer selbst der Ausgleichsschuldner. Der Erwerber des Betriebes ist es nur (mitschuldend) unter den Voraussetzungen des § 25 oder aus einem speziellen Rechtsgrund (Schuldübernahme, Schuldbeitritt)305. Ein automatischer Übergang des Vertragsverhältnisses auf den Betriebsnachfolger findet nicht statt. Jedoch kann ein Eintritt des Unternehmensnachfolgers in das Vertragsverhältnis mit dem HV vereinbart werden, weil hier die Sperre der Nichtübertragbarkeit der Dienstleistungspflicht nicht eingreift. Das Vertragsverhältnis setzt sich in diesem Fall bruchlos fort. Eine Kündigung durch den Abgeber des Betriebes erübrigt sich. Der Ausgleichsfall ist nicht gegeben. Werden HV-Verträge vom Erwerber nicht übernommen, sondern schließt dieser mit 53 den HV neue Verträge, ist lediglich der Veräußerer Schuldner des Ausgleiches306. Dem kann der Veräußerer nicht entgegenhalten, dem HV entgingen aufgrund des mit dem Erwerber später separat geschlossenen Vertrages keine Provisionen, so dass die Billigkeitsvoraussetzung des § 89b Abs. 1 Nr. 2 fehle. Rechtstechnisch ließen sich allerdings sowohl Ausgleichsansprüche gegen den Veräußerer wie – nach Beendigung des Neuvertrages – gegen den Erwerber begründen307: Wird der Vertrag mit dem Veräußerer beendet, sei es infolge einer ausgleichsfreundlichen Kündigung durch den HV aus begründetem Anlass (§ 89b Abs. 3 Nr. 1) oder aufgrund der Kündigung des Veräußerers, entgehen dem HV infolge dieser Beendigung aus dem konkreten Vertragsverhältnis Provisionen308. Sofern Kunden zugeführt wurden, ist also ein Ausgleich begründet309. Die künftig aus dem Neuvertrag erzielten Provisionen können allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit, vergleichbar der Situation nach Übernahme der Vertretung eines Wettbewerbers, anspruchsmindernd berücksichtigt werden, kaum jedoch zum völligen Wegfall des Ausgleiches führen, und zwar schon deshalb, weil sich nach Vertragsende des Erstvertrages noch überhaupt nicht feststellen lässt, ob sich solche Provisionen (und später ein Ausgleich) erzielen lassen (Rn 122 f)310. Im Rahmen des Neuvertrages mit dem Erwerber sind die eingebrachten Kunden ausgleichspflichtige Neukunden, so dass auch hier nach Ende des Neuvertrages ein Ausgleich zu leisten ist, regelmäßig bemessen auf der Basis der Provisionseinnahmen mit ausgleichspflichtigen Kunden des letzten Vertragsjahres dieses Vertragsverhältnisses. Dass der Übernehmer sie dem Verkäufer des Betriebes im Veräußerungsentgelt mit bezahlt hat, kann er dann dem HV nicht entgegenhalten, da er ja auch den weiteren Nutzen davon gehabt hat. Es verhält sich nicht anders als bei Übernahme jeder Vertretung, in die der HV Kunden einbringt311. Ob der Erwerber einwenden darf, die Kunden seien vom HV im Rahmen eines anderen Vertrages geworben worden, ist zweifelhaft. Einen solchen Einwand kann auch ein später vertretener Wettbewerber nicht erheben, wenn der HV nach Beendigung des Erstvertrages mit einem Wettbewerber des zuerst vertretenen Unternehmers seinen Altkundenstamm für den neuen Unternehmer nutzt. Richtig ist daher auch im Rahmen des Neuvertrages allenfalls eine Kürzung unter Billigkeitsgesichtspunkten, die entfallen dürfte, sofern im Rahmen des Altvertrages niemals ein Ausgleich gefordert wurde. Unrecht geschieht dem Erwerber hierdurch nicht. Denn einen Ausgleich hat er nur zu zahlen, wenn im Rahmen 304 305

306 307

AA Sturm/Liekefett BB 2004, 1009. Vgl. OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988; OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.08.2007 – 15 U 56/07, Beck RS 2007, 14360. Schmitz ZIP 2003, 59. So auch Nocker Ausgleichsanspruch, Wien 2001, Rn 355 ff.

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308 309 310 311

Siehe auch Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 44. Nocker Ausgleichsanspruch, Wien 2001, Rn 356. Nocker Ausgleichsanspruch, Wien 2001, Rn 356. Nocker, Ausgleichsanspruch, Wien 2001, Rn 356.

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des Neuvertrages auch Geschäfte geschlossen werden und er nach Beendigung des Neuvertrages Vorteile aus jenen Geschäften erwirbt. Die mögliche Zahlung eines Ausgleiches durch einen Dritten, nämlich den Veräußerer, kann ihn ohnehin nicht entlasten.

III. Beendigung des Vertragsverhältnisses (Tatbestandsmerkmal 1) Erste materielle TB-Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs ist die Beendigung des 54 HV-Vertrages (§ 89b Abs. 1: „nach Beendigung des Vertragsverhältnisses“). 1. Handelsvertretervertrag. Die Beendigung des HV-Vertrages setzt zunächst einmal 55 dessen Existenz voraus. Was ein HV-Vertrag ist, bestimmt sich nach den oben, § 84, dargestellten Maßstäben. Der nichtige Vertrag kann zwar streng genommen nicht beendet werden, weil er nie- 56 mals existierte. Die Ausgleichsberechtigung fordert aber lediglich ein tatsächlich in Vollzug gesetztes HV-Verhältnis ohne rechtswirksame Grundlage312. Ein HV, der aufgrund eines nichtigen Vertrages tätig geworden ist, darf die vertragliche Vergütung für erbrachte Dienstleistungen jedenfalls bei wirtschaftlicher und sozialer Überlegenheit des Unternehmers 313, richtigerweise auch ohne eine derartige Überlegenheit, fordern. Zu der vertraglichen Vergütung zählt auch der Ausgleichsanspruch314. Der Vertrag braucht also nicht rechtswirksam zu sein, müsste aber im Falle seiner Wirksamkeit einen HV-Vertrag darstellen. Dies begründet sich aus den Grundsätzen des faktischen Vertrages315. Der Unternehmer muss also trotz der Nichtigkeit einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b zahlen, sofern alle TB-Voraussetzungen gegeben sind316. Anderenfalls würde etwa der „bewucherte“ HV bestraft, der Unternehmer könnte u.U. kein besseres Geschäft machen, als z.B. einen gemäß § 138 BGB wegen Hungerprovision nichtigen Vertrages zu schließen317. Ferner dürfte der Unternehmer die vom HV aufgebauten Geschäftsverbindungen nutzen, müsste den Ausgleich jedoch nicht zahlen318. Eines Rückgriffs auf Vergütungsansprüche nach § 354319 oder auf bereicherungsrechtliche Grundsätze320 bedarf es daher nicht. Ebenso wie Provisionen für die Vergangenheit ist auch der Ausgleich gemäß § 89b eine Gegenleistung für den in der Vergangenheit tatsächlich aufgebauten Kundenstamm. War die Nichtigkeit vom Mittler hervorgerufen worden, begründet das einen Kündigungsgrund i.S.d. § 89a, worauf der Ausgleich analog § 89b Abs. 3 Nr. 2 entfällt. Im Vertrags312

313 314

315

BGH, Urt. v. 24.02.1983 – I ZR 14/81, NJW 1983, 1727; Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (293) = NJW 1995, 1958; BGH, Urt. v. 11.12.1996 – VIII ZR 22/96, ZIP 1997, 238; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 38. BGH, Urt. v. 12.01.1970 – VII ZR 48/68, BGHZ 53, 152. BGH, Urt. v. 03.05.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 = WM 1995, 1235; Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 12. OLG Düsseldorf HVR Nr. 607; Küstner/ Thume I Rn 385; Martinek/Flohr § 8 Rn 106; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28. Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner Dau, Rn 802, verneint die Anwen-

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317 318 319 320

dung der Grundsätze zum faktischen Vertrag auf den Vertragshändler. BGH, Urt. v. 03.05.1995, BGHZ 129, 290 (293) = NJW 1995, 1958; NJW 1997, 655; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 28; § 89b Rn 38, aA Canaris § 15 Rn 120, der mit bereicherungsrechtlichen Grundsätzen helfen will. AA Canaris § 15 Rn 121. BGH, Urt. v. 03.05.1995, BGHZ 129, 290. So Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 85 Rn 3. So Canaris § 15 Rn 120; es würde sich wegen der Vorteile des Unternehmers häufig dieselbe Anspruchshöhe ergeben; die Sogwirkung der Marke sei nach § 818 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen.

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händlerrecht sollten trotz der Nichtigkeit der analogiebegründenden „Verpflichtung“ zur Übertragung des Kundenstammes die gleichen Grundsätze gelten, weil es auf die tatsächliche Übertragung des Kundenstammes und nicht auf Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der ohnehin nicht expressis verbis erforderlichen Verpflichtung zur Übertragung ankommt321 (siehe auch Rn 43). Im Ergebnis wird der HV hinsichtlich seiner Leistungen so gestellt, als sei der Vertrag wirksam zustande gekommen. Das ist insbesondere in Fällen sachgerecht, in denen die Nichtigkeit nicht von ihm verursacht wurde.

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2. Beendigung. Die Art der Beendigung ist im Rahmen des § 89b Abs. 1 grundsätzlich unerheblich. Sie hat nur Bedeutung bei der Prüfung der Ausschlussgründe gem. § 89b Abs. 3.

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a) Kündigung. Der naheliegenste, leitbildsetzende und meist anspruchseröffnende TB ist der der Kündigung. Gleich von welcher Seite und aus welcher Veranlassung: so jedenfalls als Regel sieht es die auf die Darlegungs- und Beweislast abstellende Fassung des Gesetzes vor, welche in Abs. 3 den Ausgleich für gewisse Kündigungssituationen ausschließt und sodann mit Unterausnahmen von diesen Ausschlussgründen arbeitet: Die Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer (ausgleichsfreundlich, solange ihr nicht ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des HV zur Seite steht;) und die Eigenkündigung des HV, wenn sie, ausgleichswahrend, wegen Alters oder Krankheit oder deshalb erfolgt, weil das Verhalten des Unternehmers zur Lösung des Vertragsverhältnisses begründeten Anlass gegeben hat.

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b) Beispielsfälle. Diskutiert werden im Zusammenhang mit dem TB-Merkmal der Vertragsbeendigung folgende Konstellationen: – Die Änderungskündigung stellt eine ausgleichsbegründende Vertragsbeendigung dar322. Mit einer Änderungskündigung wird dem Gekündigten die Möglichkeit eingeräumt, einen Neuvertrag zu geänderten Bedingungen zu schließen, indem er die Bedingungen des Kündigenden zur Fortsetzung des Neuvertrages akzeptiert. Sie dient dazu, den Gekündigten, meist den HV, zu Vertragsänderungen zu bewegen. Der Gekündigte hat es in der Hand, ob er den Änderungsvorschlag annimmt und damit der Vertrag zu neuen Bedingungen fortsetzt wird oder ob er durch die Kündigung endet. Eine Änderungskündigung führt zur Vollbeendigung des Vertragsverhältnisses. Dies gilt auch, wenn der Kündigende eine Änderungskündigung nur ausspricht, um abweichend von bisherigen vertraglichen Festsetzungen den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis zu verkleinern oder den Provisionssatz herabzusetzen. Folge ist die Ausgleichspflicht des Unternehmers323, falls er der Kündigende ist oder der HV einen begründeten Anlass i.S.d. Abs. 3 Nr. 1 zur Eigenkündigung hatte. Nimmt der Gekündigte das Angebot auf Abschluss des Zweitvertrages rechtzeitig an, wird der Vertrag zu den neuen Bedingungen fortgesetzt. Der Altvertrag ist beendet; eine Kontinuität zwischen Alt321 322

AA Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 802. BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde (zum Vertragshändlerrecht); OLG Köln, Urt. v. 10.05.1989 – 13 U 50/89, VersR 1989, 1148; Niebling WRP 2010, 81 (83) – Kfz; Küstner/Thume II Rn 285; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 45.

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BGH, Urt. v. 06.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde (zum Vertragshändlerrecht); OLG Köln, Urt. v. 10.05.1989 – 13 U 50/89, VersR 1989, 1148; Küstner/Thume II Rn 285; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 45.

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und Neuvertrag fehlt. Es stellt sich die Folgefrage, ob Basis der Ausgleichsberechnung lediglich die „Differenzprovision“ zwischen der aus dem – regelmäßig für den HV günstigeren – Altvertrag erzielten und der für den HV ungünstigeren Provision aus dem Neuvertrag bildet. Das dürfte bei Fortsetzung des Vertrages zu bejahen sein, weil in Höhe der auf den Neuvertrag zu leistenden Provisionen billigkeitsrelevante Provisionsverluste des HV fehlen. Anders gewendet: Decken sich bei den ausgleichsrelevanten Provisionen die Konditionen des Alt- und Neuvertrages, kann meist kein Ausgleich entstehen, sofern nicht besonders hohe Unternehmervorteile den Billigkeitsabzug ausgleichen. Nach Beendigung des sich anschließenden Zweitvertrages erfolgt die Ausgleichsberechnung lediglich unter Einbeziehung von Provision aus Geschäften mit während dieses Vertrages geworbenen Neukunden und erweiterten Altkunden. Denn der Altvertrag war beendet; der aus ihm zu zahlende Ausgleich war allein deshalb reduziert, weil ein Vorteil des HV aus weiter zu leistenden Provisionen bestand. Die in den Neuvertrag eingeführten Kunden sind keine ausgleichspflichtigen Neukunden. Sie haben bereits zuvor mit dem Unternehmer Geschäfte getätigt und sind für ihn Altkunden. Gleichwohl kann die Berechnung zu erheblichen Abgrenzungsfragen führen: Da nach der Anlagerechtsprechung (Rn 122 f) der Ausgleich aus dem Erstvertrag nach den Verhältnissen bei dessen Beendigung zu bestimmen ist, entstehen Schwierigkeiten, weil die Provision aus dem Folgevertrag zum Zeitpunkt der Beendigung des Erstvertrages allenfalls geschätzt werden kann (s.a. Rn 62 „Bezirksänderung“). Kein Gegenargument sind scheinbare Ungerechtigkeiten bei Beendigung des Zweitvertrages kurze Zeit nach Ende des Erstvertrages und zu einem Zeitpunkt, zu dem der Ausgleichsverlust durch aus dem Zweitvertrag gezahlte Provisionen noch nicht amortisiert und die Beendigung des Zweitvertrages bei Ende des Erstvertrages nicht vorhersehbar war, mithin nach der „Anlagerechtsprechung“ ausgleichsrechtlich unberücksichtigt bleiben muss: Denn der HV erhält einen Ausgleich aus dem Zweitvertrag, die die Provisionsverluste betreffende Fehleinschätzung der Parteien bei der Ausgleichsprognose zum Ende des Erstvertrages kann durch Billigkeitserwägungen korrigiert werden. Besteht beim Zweitvertrag einer der Ausschlussgründe des § 89b Abs. 3, ist der Ausgleichswegfall gesetzlich gewollt. Allerdings hat der BGH324 ausgesprochen, ein HV-Vertrag werde nicht schon dann beendet, wenn Unternehmer und HV bei Einigkeit über den grundsätzlichen Fortbestand des HV-Verhältnisses lediglich einen Vertrag durch einen anderen ersetzten. Diese Aussage des BGH findet jedoch auf die typische Änderungskündigung keine Anwendung. Denn bei ihr ist als notwendiges Zwischenstadium eine Vertragsbeendigung gewollt. Entsprechend hat der BGH in seiner Entscheidung vom 06.10.1999 zum Vertragshändlerrecht325 ausgesprochen, im Falle der Änderungskündigung, durch die der Hersteller den Vertrag beende, sei ein Ausgleichsanspruch dem Grunde nach gegeben. Da sich der Charakter einer Kündigung und ihrer Rechtsfolgen nicht danach bestimmt, ob nach der Änderungskündigung ein neuer Vertrag abgeschlossen wird oder nicht, muss dieses Ergebnis in beiden Fällen gelten. Auch der Vergleich mit dem Fall der Insolvenz bestätigt den Befund: Setzt der HV seine Tätigkeit aufgrund einer mit dem Insolvenzverwalter getroffenen Absprache nach der Eröffnung des den Vertrag gem. §§ 116 S. 1, 115 Abs. 1 InsO326 beendenden Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers fort, liegt

324 325

Urteil vom 14.11.1966 – VII ZR 112/64, NJW 1967, 248, 249. VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde.

326

Küstner/Thume II Rn 360; Emde/Kelm ZIP 2005, 58.

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darin die Begründung eines neuen Vertragsverhältnisses. Aus dem Altvertrag wird ein Ausgleich fällig327. Dieser Fall ist mit einer Änderungskündigung zu vergleichen, weil der Insolvenzverwalter den Zweitvertrag nicht im eigenen Namen schließt. Vielmehr wird – wie in der Konstellation der Änderungskündigung – der Zweitvertrag mit dem bisherigen Unternehmer geschlossen, unter zwischenzeitlicher automatischer Beendigung des ersten HV-Vertrages. Schließlich wird auch bei der Umwandlung des bestehenden hauptberuflichen HV-Vertrages in einen nebenberuflichen bei Ende des hauptberuflichen HV-Vertrages ein Ausgleich fällig 328. Diese Situation ist der der Änderungskündigung vergleichbar. – Der Aufhebungsvertrag stellt ebenfalls eine ausgleichsbegründende Vertragsbeendigung dar. Selbst wenn die Initiative zum Vertragsende vom HV ausgeht und er sich mit dieser Initiative eine Eigenkündigung erspart, gleicht der Auflösungsvertrag keiner ausgleichsschädlichen Eigenkündigung329. Der Wunsch des HV nach einvernehmlicher Vertragsbeendigung kann auch nicht in eine konkludente Kündigung umgedeutet werden330. Einigen sich Hersteller und Vertragshändler darauf, einen Vertragshändlervertrag durch einen neuen GVO-konformen Vertrag zu ersetzen, sollen dem Händler nach einer Ansicht keine Ausgleichsansprüche zustehen331. Es fehle eine Teilbeendigung des Händlervertrags. Diese Ansicht ist zweifelhaft, da bei Aufhebung eine Vertragsbeendigung vorliegt. Sie ließe sich nur vertreten, wenn im Rahmen des Neuvertrags die Ausgleichsanwartschaften des Altvertrags angerechnet würden. Dies wird allerdings bestritten. Auch nach der hier abgelehnten Ansicht332 steht jedoch bei Beendigung des Händlervertrags und Abschluss eines Werkstattvertrags dem ausgeschiedenen Händler ein Ausgleich zu. – Das Vertragsende infolge einer auflösenden Bedingung, etwa bei Erreichen einer Altersgrenze oder nach Nichterteilen einer Genehmigung, stellt ebenfalls eine ausgleichsbegründende Vertragsbeendigung dar. – Eine Betriebseinstellung, gleich auf welcher Seite, beendet das Vertragsverhältnis nicht. Der Einstellende muss den Vertrag, sein Vertragspartner kann ihn kündigen. Zwar ist die Kündigung des HV aufgrund der Betriebseinstellung des Unternehmers, u.U. sogar die des Einstellenden, wohl (je nach den Umständen) ausgleichsfreundlich (begründeter Anlass i.S.d. Abs. 3 Nr. 1 wegen eines Verhaltens des Unternehmers). Der Ausgleichsanspruch ist nicht wegen des Fehlens „entgehender Provision“ i.S.d. Abs. 1 Nr. 2 ausgeschlossen, wenn der HV nach Beendigung des Vertrages seinen Geschäftsbetrieb einstellt 333. Die Kündigung wegen der Einstellung des Betriebs des Unternehmers bringt den Ausgleichsanspruch oft nicht zur Entstehung, weil es an der weiteren Voraussetzung künftiger Vorteile des Unternehmers fehlt. Eine Ausnahme besteht, wenn der Unternehmer einen wirtschaftlichen Vorteil erhält, etwa eine Stilllegungsprämie. Der Unternehmer ist nicht gehalten, eine unrentabel gewordene Produktion nur deshalb fortzusetzen, um dem HV Provisionschancen zu belassen. Dieser Grundsatz gilt deshalb auch für den Fall, dass die Produktion nur für die vom HV

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329

MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 41. OLG Nürnberg, Urt. v. 18.09.1958 – III U 23/58, BB 1958, 1151; Röhricht/Graf v. Westphalen/Küstner § 89b Rn 43. BGH, Urt. v. 10.12.1997 – VIII ZR 329/96, BB 1998, 390; v. 13.03.1969, BGHZ 52, 12 = NJW 1969, 1023.

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330 331 332 333

Küstner/Thume II Rn 386. Rickmann WuW 2003, 752 (761). Rickmann WuW 2003, 752 (761). BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 (2352) Rn 24; ZIP 1998, 420 = NJW 1998, 1070; Urt. v. 02.07.1987 – I ZR 188/85, ZIP 1987, 1383 = NJW-RR 1988, 42 unter II A 4.

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vertriebenen Artikel eingestellt wird, der Unternehmer für dessen Dienste keine Verwendung mehr hat und das Vertragsverhältnis kündigt334. Erfolgt dagegen die Betriebs- oder Produktionsstilllegung und daraufhin die Kündigung des HV-Vertrages ohne irgend in der Sache, d.h. in wirtschaftlichen Gegebenheiten des Unternehmens liegende Gründe, etwa durch Liquidation der das Unternehmen betreibenden Gesellschaft infolge persönlicher Zwistigkeiten unter den Gesellschaftern, so steht das Ausbleiben jener künftigen „Vorteile“ wohl trotz des grundsätzlich freien Kündigungsrechts der Ausgleichspflicht nicht entgegen. Denn auf den Wegfall der Nutzbarkeit des Kundenstammes kann der Unternehmer sich zum Nachteil des HV nicht berufen, falls er eine solche Konstellation ohne unternehmenspolitisch gerechtfertigten Grund herbeigeführt hat. Zumindest schuldet der Unternehmer Schadenersatz in Höhe seiner Ausgleichsverpflichtung. Für die Berechnung des Ausgleichs muss daraufhin ein fortgesetzter Geschäftsbetrieb des Unternehmens unterstellt werden335. – HV-Gesellschaft, Tod oder Wegfall eines Gesellschafters, Auflösung: Der Tod eines Gesellschafters führt weder bei der Kapital- noch bei der Personenhandelsgesellschaft (oHG oder KG, § 130 Abs. 3 Nr. 1) zur Auflösung. War der verstorbene Gesellschafter eine Schlüsselperson, aber auch nur dann336, kann ein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmers bestehen (§ 89a Rn 26 „Gesellschafterwechsel“)337. Dieses führt jedoch nicht gem. Abs. 3 Nr. 2 zum Ausgleichsausschluss, weil das Versterben nicht schuldhaft erfolgt (Gegenansicht beim selbstbestimmten, nicht im schuldunfähigen Zustand begangenem Selbstmord vertretbar). Bei der Auflösung und Liquidation kommt es für den Ausgleichsauschluss auf den Grund der Liquidation an. Nach dem Auflösungsbeschluss wird von der Gesellschaft Vertragstreue erwartet; sie kann und muss den Vertrag fortführen. Nur wenn sie dies unterlässt, besteht ein ausgleichsvernichtender Grund zur außerordentlichen Kündigung (§ 89a Rn 26 „Auflösung“, § 89b Rn 301). Ein eventueller Ausgleich steht nur der (zu liquidierenden) Gesellschaft zu338. Immerhin werden Unternehmer und Liquidator, bevor sie den HVVertrag fristlos kündigen, zweckmäßigerweise abwarten dürfen, ob die aufgelöste Gesellschaft nicht dennoch fortgeführt wird. Ist der mit der HV-Tätigkeit beauftragt gewesene Gesellschafter in der Gesellschaft verblieben bzw. führt er die bisher Agenturfirma allein fort, so kann der HV-Vertrag mit ihm weiterlaufen (woran der Unternehmer durchaus ein Interesse haben kann339), und es ergeben sich ausgleichsrechtlich keine Probleme. Ist er es nicht, so wird die Gesellschaft dem Unternehmer einen anderen, geeigneten Gesellschafter für die vakant gewordene Funktion vorzuschlagen haben; einen Ausgleichsanspruch verliert sie nur dann, falls sie es daran fehlen lässt und der Unternehmer deshalb nach Abs. 3 Nr. 2 zur Kündigung schreitet. Erst wenn es bei der Auflösung der Gesellschaft verbleibt und daraufhin der HV-Vertrag gekündigt werden muss, entfällt jedwede Ausgleichsberechtigung aus dem HV-Verhältnis mit der Gesellschaft. Unterlassen die Liquidatoren die Kündigung während der Liquidationsphase, entsteht ein Ausgleichsanspruch in Folge des durch die Vollbeendigung 334 335 336

BGH NJW 1959, 1964. Küstner Anm. zu LG Münster BB 1960, 1300 (1301); Schröder DB 1967, 2017. BGH, Urt. v. 16.03.1970, HVR Nr. 419; Emde Die Handelsvertreter-GmbH 1994, S. 129 f; Emde GmbHR 1999, 1005 (1014 ff); Westphal BB 1999, 2517 (2519); Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1917; Ebenroth/Löwisch § 89a Rn 36.

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BGH EBE 1982, 132 (133); Emde Die Handelsvertreter GmbH, 1994, S. 129 f; Emde GmbHR 1999, 1005 ff; Küstner in: Küstner/Thume I Rn 1919. LG Düsseldorf NJW 1968, 1143. OLG Hamburg DB 1962, 1636.

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eintretenden Vertragsendes nicht340. Denn es darf der Gesellschaft nicht zum Vorteil gereichen, dass sie die ausgleichsvernichtende Eigenkündigung im Liquidationsverfahren vermied. Zum anderen ist § 89b Abs. 3 Nr. 1, der im Falle der Eigenkündigung den Ausgleich ausschließt, zu entnehmen. dass ein HV keinen Ausgleich erhalten soll, wenn die Vertragsbeendigung ohne weitere Einflussnahme des Unternehmers durch sein Verhalten eintritt341. Daran wird selbstverständlich auch nichts dadurch geändert, dass der mit der Wahrnehmung der HV-Tätigkeit im HV-Vertrag besonders betraut gewesene Gesellschafter, im Einverständnis des Unternehmers, die Vertretung als nunmehriger Einzelkaufmann weiterführt. Die von ihm früher geworbenen Kunden gelten dann in Ansehung seines eigenen demnächstigen Ausgleichsanspruchs aus der unter neuem Vertrag weitergeführten Vertretung als (übernommene) Altkunden. – Insolvenz: Der HV-Vertrag endet gemäß §§ 116 S. 1 i.V.m. 115 Abs. 1 InsO automatisch mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers, ohne dass es einer Kündigung bedarf 342, nicht jedoch bei Eröffnung des Verfahrens über das Vermögen des Mittlers343 (Rn 467). Endet der HV-Vertrag mit Insolvenzeröffnung, entsteht der Ausgleichsanspruch zu diesem Zeitpunkt. Fraglich sind dann Unternehmervorteile (Rn 140 ff). Der Ausgleichsanspruch ist einfache Insolvenzforderung (Rn 468). Das Entstehen des Ausgleichs nach Insolvenzeröffnung (d.h. zeitlich später als eine logische Sekunde nach Insolvenzeröffnung) setzt voraus, dass der Insolvenzverwalter einen neuen HV-Vertrag abschließt und dieser dann wieder beendet wird344. Der Ausgleichsanspruch entsteht dann aufgrund von Handlungen des Insolvenzverwalters, so dass er gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO als Masseverbindlichkeit einzuordnen ist 345. – Beendigung eines Kettenvertrages: „Kettenverträge“, d.h. mit kurzer Laufzeit abgeschlossene und jeweils mit gleicher Laufzeit verlängerte Verträge begründen nicht laufend Ausgleichsansprüche. Sie sind grds. unbefristeten gleichzuachten346. Schließt sich an einen Abschnitt ein neues „Kettenglied“ an, bleibt der Vertrag noch unbeendet. Er wird wie ein einheitlicher, sich bis dahin ständig fortsetzender Vertrag behandelt. Die Weigerung des HV, den Vertrag nach einem Kettenglied (Auslauftermin) fortzusetzen, steht keiner ausgleichsschädlichen Eigenkündigung i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 1 gleich, weil beide Parteien von vornherein die Beendigung zu einem bestimmten Zeitpunkt wollten347 (Rn 287 ff). Die Situation unterscheidet sich nicht von der nach Abschluss eines Aufhebungsvertrages, weil das von vornherein geplante Vertragsende auf beidseitigem Einverständnis beruht348. Nur ausnahmsweise kann der Vertrag als solcher mit unbestimmter Laufzeit anzusehen sein. Allein dann steht die Nichtverlän340

341 342 343

344 345

Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 200; Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 32; aA wohl Ahle DB 1963, 227 (229); Schuler JR 1957, 44 (47). Emde S. 201; vgl. auch Schlegelberger/ Schröder § 89b Rn 32i. Emde/Kelm ZIP 2005, 58. Emde/Kelm ZVI 2004, 382; Wagner/WexlerUhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz Diss. iur. Mainz 2004, S. 57. Kampf, Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. jur. Mainz 2004, S. 58.

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346 347

348

BGH VersR 1959, 129. English Court of Appeal, Urt. v. 18.03.2004, (1) Cooper, (2) Watkins, (3) Bartle v. Pure Fishing (UK) Ltd., (2004) EWCA Civ. 375; zitiert nach RIW 2005, 67; aA wohl BGH v. 13.12.1995 – VIII ZR 61/95, BB 1996, 235; OLG Hamburg vom 07.05.1993 – 1 U 164/92 – unveröffentlicht, die allerdings einen begründeten Anlass des HV zur ausgleichserhaltenden Kündigung annahmen. Küstner/Thume II Rn 357.

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gerung durch den HV einer ausgleichsschädlichen Eigenkündigung gleich, die nur gerechtfertigt ist, wenn dem HV ein begründeter Anlass zur Seite steht349. – Die Nichtverlängerung eines HV-Vertrages, etwa nach Ende einer Probezeit stellt eine ausgleichsbegründende Vertragsbeendigung dar, sofern sich der Vertrag nicht fortsetzt (siehe vorstehend „Beendigung eines Kettenvertrages“)350. – „Ruhen“ des HV-Vertrages bzw. Freistellung: Hier ist durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien wollen. Wird der HV-Vertrag – was meist gewünscht ist – durch das „Ruhen“ nicht rechtstechnisch beendet, sondern ist lediglich eine Freistellung gewollt, führt erst die – möglicherweise – später eintretende rechtliche Beendigung des Vertrages zu einer Ausgleichsberechtigung. Wegen der fehlenden Provisionseinnahmen aus der Zeit der Inaktivität würde die Ausgleichsberechnung jedoch verfälscht, wenn man auf das letzte Vertragsjahr unter Einschluss der provisionsfreien Zeit der Inaktivität als Berechnungsgrundlage des Rohausgleiches abstellen würde. Für die Bestimmung des Rohausgleiches ist daher entweder auf die Provisionseinnahmen vor dem Ruhen oder auf den langfristigen Durchschnitt der Provisionen während der Vertragsjahre abzuheben – unter Einschluss der Ruhejahre. Immer ist zu prüfen, ob die Geschäftsverbindungen überhaupt noch bestehen, dem Unternehmer aus ihnen also Vorteile erwachsen. Da ein Ausgleich nur nach Beendigung eines HV-Vertrages gezahlt wird, muss der Ausgleich innerhalb eines Jahres nach Ende des HV-Vertrages gefordert und innerhalb der Verjährungsfrist des § 195 BGB geltend gemacht werden. Stichtag dafür ist das rechtliche Ende des HV-Vertrages, nicht das Datum der Freistellung. – Teilbeendigung des HV-Vertrages: Eine Teilbeendigung des HV-Vertrages ist quantitativ (Verkleinerung des Bezirks, des zugewiesenen Kundenkreises, beides auch im Gefolge bezirklicher Umdispositionen) oder qualitativ (Herabsetzung des Provisionssatzes) denkbar. Für die Frage des Ausgleichs kommt nicht nur die quantitative Teilbeendigung des Vertrages in Betracht351, die für ihren Umfang die Ausgleichspflicht gleich einer Vollbeendigung auslöst, sondern auch die qualitative Teilbeendigung. Bei der Teilbeendigung – sofern sie überhaupt wirksam und zulässig ist (§ 89 Rn 27) – können sich ausgleichsrechtliche Probleme stellen. Der BGH hat diese Probleme – wohl zu Unrecht – als so gravierend empfunden, dass er eine Teilkündigungsklausel in einem Vertragshändlervertrag für unwirksam hielt 352, und zwar sowohl eine individualvertraglich wie mittels AGB vereinbarte. Die Teilkündigung ist danach regelmäßig unwirksam. Eine Teilkündigung kann nur dann in eine Änderungskündigung, durch die der Ausgleichsanspruch für den gesamten Vertrag begründet wird, umgedeutet werden, wenn sich der Wille zur Änderungskündigung eindeutig ermitteln lässt 353. Der Unternehmer muss eine Änderungskündigung aussprechen, um zulässigerweise die Wirkungen einer Teilkündigung herbeizuführen. Diese setzt sich aus einer Kündigung des Gesamtvertrages (= Folge: Ausgleichspflicht) und dem Angebot eines neuen, geänderten Vertrages zusammen. Unabhängig von dem Streit um Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Teilkündigung sind deren ausgleichsrechtliche Folgen handhabbar: Auch nach einer Teilkündigung ist ein Ausgleich zu zah-

349 350 351

BGH, Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 = EWiR 1999, 653 (Emde). Küstner/Thume II Rn 347. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 89b Rn 23.

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BGH BB 2000, 60 mit Anm. Emde = EWiR 2000, 153 (Emde). OLG Köln, Urt. v. 10.05.1989 – 13 U 50/89, VersR 1989, 1148.

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len354. Beispiele sind etwa die Kündigung des Vertriebs eines bestimmten Produktes, einer vom Vertrag erfassten Marke oder die Wegnahme einzelner Kunden355, angeblich aber nicht die wohl unzulässige Wegnahme eines Versicherungsbestandes356 (hier kommen aber Schadenersatzansprüche in Betracht357). Im Rahmen der Prognosebetrachtung sind die aus dem neuen Vertrag zu erwartenden, wahrscheinlich reduzierten Provisionen mit ausgleichspflichtigen Kunden von den Provisionen zu subtrahieren, die zuvor mit ausgleichspflichtigen Kunden verdient wurden. Das Saldo bildet die entgangene Vergütung des HV. Aus den so bestimmten Provisionen des letzten „ungeteilten“ Vertragsjahres – bei Untypik eines längeren Zeitraums – ist der Rohausgleich zu berechnen und dann durch die Ausgleichshöchstgrenze der durchschnittlichen, nun entfallenden Provisionsspitze der letzten fünf Jahre zu begrenzen. Beweisschwierigkeiten des HV kann durch eine Schätzung nach § 287 ZPO begegnet werden. Diese Berechnungsweise setzt jedoch weitgehende Identität zwischen Alt- und Neuvertrag voraus. Fehlt es daran, ist nach Beendigung des Erstvertrages wohl ein vollständiger Ausgleich zu zahlen: Der Erstvertrag ist gänzlich beendet und dem HV entgehen infolge der Vertragsbeendigung alle Provisionen aus jenem Vertrag. Lediglich im Rahmen der Billigkeit kann geprüft werden, ob die Vorteile aus dem Neuvertrag ausgleichsreduzierend zu berücksichtigen sind, nicht anders als bei Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit. Eine Bezirksverkleinerung muss wesentlich sein, um ausgleichsrechtliche Folgen auszulösen358. Der Ausgleichsberechnung ist dann der Neukundenstamm aus dem abgetrennten Teilgebiet zugrunde zu legen. Das gleiche gilt für die Verkleinerung des zugewiesenen Kundenkreises, wie sie namentlich bei der sogenannten Bestandsübertragung auf einen anderen HV (zur Zulässigkeit eben), etwa wegen Überlastung des bisherigen, vorkommt. Keine Teilbeendigung in diesem Sinne ist eine bloße Verkleinerung des Sortiments359. Wie schon in der Frage der Produktionseinschränkung, ist auch hier der Unternehmer in seinen unternehmerischen Entscheidungen grundsätzlich frei. Er braucht nicht einmal das Vertragsverhältnis zu kündigen. Würde der HV die Sortimentsverkleinerung zum Anlass nehmen, seinerseits zu kündigen, so beurteilt sich die Frage seiner Ausgleichsberechtigung nach den Maßstäben des Abs. 3 Nr. 1; hierbei wird das Ausmaß der Sortimentsverkleinerung ein gewichtiges Wort zu sprechen haben. Gleichfalls wird man eine Teilbeendigung dann annehmen müssen, wenn nicht das Sortiment als solches verkleinert, sondern das Vertretungsrecht des HV für bestimmte Sortimentsteile auf einen anderen HV übertragen wird 360. – Tod des HV 361: Er stellt eine ausgleichsbegründende Vertragsbeendigung dar. Dass der Tod des HV eine Beendigung des Vertragsverhältnisses i.S.d. § 89b darstellt,

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Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 45; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 52; Koller/Roth HGB, § 89b Rn 3; Niebling Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 232; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 800; Emde VersR 2001, 148 (153). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 45. BGH, Urt. v. 27.10.1993 – VIII ZR 46/93, BGHZ 124, 10; OLG Hamm VersR 1993, 833; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 45; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 53.

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Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 12. OLG Nürnberg BB 1958, 1151. AA Ahle DB 1962, 1069. Ahle DB 1962, 1069. BGH, Urt. v. 13.05.1957 – II ZR 318/56, BGHZ 24, 214 = NJW 1957, 1020; Urt. v. 02.10.1958, NJW 1958, 1966; Urt. v. 06.02.1964, BB 1964, 328; OLG Hamm NJW 1956, 350; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 12.07.1960 – 5 U 317/59, NJW 1961, 514; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 40.

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wurde anfangs bezweifelt 362 (Rn 29) und hiergegen aus dem Wortlaut argumentiert, da das Gesetz in der Terminologie des BGB (§ 673) den Auftrag durch den Tod des Beauftragten nicht „beendet sein“, sondern „erlöschen“ lasse. Die Argumentation aus dem Wortlaut hat BGHZ 24, 217 widerlegt (auch die §§ 87 Abs. 3 und 88a sprechen von „Beendigung“ des Vertragsverhältnisses, obwohl darunter unbezweifelbar der Tod des HV als Endigungsgrund mitgemeint ist). Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und eine rechtsvergleichende Betrachtung beweisen, dass auch der Tod des HV den Ausgleichsanspruch – als vererblichen – auslöst. Anders liegt es nur in der Besonderheit, wenn der Vertrag bestimmt, im Falle des Todes des HV werde die Vertretung von seinem Erben (etwa von seiner Witwe) fortgeführt. Eine solche Regelung setzt den Normalfall der §§ 673, 675 BGB beiseite. Der Erbe ist gem. §§ 1922, 1967 BGB in die Dienstleistungsverpflichtung des HV kraft Gesetzes und kraft Bereitschaft des Unternehmers, die Erbringung der Dienste von der Person des ursprünglichen Vertragspartners losgelöst zu sehen und hierfür den noch unbekannten demnächstigen Erben im voraus zu akzeptieren, eingerückt; das Vertragsverhältnis setzt sich in der Person des Rechtsnachfolgers fort. Der Ausgleichsfall ist nicht gegeben. Die vom Verstorbenen geschaffenen Geschäftsverbindungen wachsen dem Rechtsnachfolger für dessen Ausgleich zu. Noch anders liegt es, wenn dem Erben – oder einem von ihnen, etwa der Witwe – lediglich die Option zur Fortsetzung des Vertrages eingeräumt worden ist. Setzt sich der Vertrag in Ausübung der Option fort, wird meist der bisherige Vertrag fortgesetzt und mit dem Optierenden kein selbständiger Vertrag abgeschlossen363. Nur im seltenen, letztgenannten Fall ist der Ausgleichsanspruch aus dem Urvertrag, im Voraus unverzichtbar, entstanden, jedoch nur in Höhe entfallender Provisionen (Differenz zwischen Provisionen aus Alt- und Neuvertrag). – Umwandlung des HV-Vertrages in einen Vertrag anderer Rechtsnatur: Eine einverständliche Beendigung des HV-Vertrages liegt auch vor, wenn das Vertragsverhältnis umgewandelt wird: in ein Verhältnis auf der Basis eines (nunmehr) angestellten Reisenden364, eines Anstellungsvertrages unter Betreuung mit sonstigen Aufgaben in der Organisation des Unternehmens, einer Tätigkeit als (nur noch) nebenberuflicher HV (§ 92b). Wird der HV-Vertrag derart abgeändert, etwa in einen Anstellungs- oder Vertragshändlervertrag, muss der HV-Vertrag denklogisch zuvor einverständlich oder durch Kündigung beendet werden. Dies führt zur Ausgleichsberechtigung. Die zur Beendigung leitende Erklärung liegt zumindest konkludent im Abschluss des den HV-Vertrag ersetzenden Neuvertrages. Zu prüfen sind aber die Provisionsverluste: Sie können fehlen, wenn der Vertrag in einem anderen Vertriebsvertrag umgewandelt wird365. Die Geltendmachung steht unter der Frist des Abs. 4 S. 2, wenn nicht – wegen der Ungewissheit darüber, wie das neue Verhältnis sich anlassen wird – das einstweilige Ruhen des HV-Vertrages vereinbart, der Ausgleich gestundet oder schon jetzt auf ihn Verzicht geleistet wird. Dass letzteres ausnahmslos auf das Risiko des HV gehe, kann nicht angenommen werden. War der Verzicht im Hinblick auf erwartete höhere Vorteile aus dem neuen Vertragsverhältnis ausgesprochen worden und

362

363 364

v. Brunn DB 1953, 1080; Görres DB 1955, 681; Winter BB 1955, 496; OLG München BB 1956, 833. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 89b Rn 25. Fall BAG NJW 1958, 1365 – Vorinstanz:

365

BB 1957, 1275 –; Winterberg DB 1958, 521, 1163; Neflin DB 1959, 579; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 799. Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 799.

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erfüllen diese Erwartungen sich nicht, so kann er unter den weiteren Voraussetzungen des § 812 Abs. 1 S. 1 Hs 2 BGB kondiziert werden. Der Kondiktionseffekt versetzt darauf die Ausgleichsberechtigung in den früheren Stand; er sperrt dem Unternehmer die Berufung auf eine etwa versäumte Geltendmachungsfrist nach Abs. 4 S. 2 (kondiziert ist in diesem Falle nicht nur der Anspruchsverzicht, sondern auch die dem Unternehmer auf Grund des Abs. 4 S. 2 zugewachsene „Rechtsposition des Verwirktseins des Anspruchs“). Keinesfalls aber begänne die Frist des Abs. 4 S. 2 allgemein erst vom Ende des Anschlussrechtsverhältnisses ab zu laufen. Von der Umwandlung des Vertragsverhältnisses zu unterscheiden ist die bloße Ersetzung des bisherigen HV-Vertrages durch einen neuen. Hier soll das HV-Verhältnis als solches nicht beendet sein. Es soll kein Ausgleichsanspruch aus dem bisherigen Vertrag366 entstehen. Als generelle Regel wird das nicht taugen, Vertragsende bleibt Vertragsende, ungeachtet des Ausschlussvertrages. Ausgenommen davon sind jedenfalls die Fälle, in denen die Absicht einer Änderungskündigung des Unternehmers ausgesprochen wird, mit der erreicht werden soll, dem HV abweichend von vertraglichen Festsetzungen den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis zu verkleinern oder den Provisionssatz herabzusetzen, und daraufhin eine Vertragsänderung zu diesen eingeschränkten Konditionen zwecks Vermeidung der Änderungskündigung zustande kommt. Hier ist die Rechtslage die gleiche wie in der ausgesprochenen Änderungskündigung. So ist etwa die Herabstufung vom Kfz-Vertragshändler zum Werkstattbetrieb oder die Kündigung einer von mehreren durch den Händler vertretenen Marken eine den Ausgleichsanspruch begründende Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses367. – Untervertreter: Beschäftigt der HV eigene – selbständige – Untervertreter (§ 84 Abs. 3), so ist die Beendigung seines eigenen HV-Vertrages (Hauptvertrages) mangels entgegenstehender Bestimmung nicht zugleich Endigungsgrund für die Untervertreterverträge. Sie müssen von ihm gekündigt werden. Wegen der ausgleichsrechtlichen Folgen nach Abs. 3 s. Rn 320). – Zeitablauf: Hauptfall ist der vertragliche Endigungszeitpunkt für das HV-Verhältnis nach Erreichen einer bestimmten Altersgrenze oder eines Saisonvertrages368. In Betracht kommen können ferner befristete Verträge jeder Art369, etwa Probeverträge – gleich aus welchen Gründen sie nicht verlängert oder in ein endgültiges Vertragsverhältnis übergeführt werden – und die sogenannte kommissarische Übertragung einer Vertretung durch einen bereits für einen anderen Bezirk oder anderen Kundenkreis tätigen HV, der vorübergehend einen vakanten Bezirk übernimmt. Die kommissarische Betrauung pflegt mit gesondertem Vertrag zu geschehen; dieser hat dann bei seiner Beendigung ausgleichsrechtlich sein gesondertes Schicksal. Zu „Kettenverträgen“ siehe oben, Stichwort „Kettenverträge“.

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3. Der Vertragsbeendigung gleichzustellende Konstellationen. Grundsätzlich muss der Vertrag rechtlich beendet sein, damit der Ausgleich fällig wird. Die bloße Tätigkeitseinstellung ohne Vertragsbeendigung steht dem nicht gleich370. Einseitig vom Unternehmer vorgenommene Konditionsänderungen sind unwirksam, es sei denn, es lässt sich eine konkludente Vertragsänderung nachweisen. Einseitige Änderungen lassen die zuvor getroffene Regelung unberührt, auf deren Basis der Ausgleich berechnet wird. Ferner ent366 367 368

BGH NJW 1967, 248. Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (264). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 39.

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LG Heilbronn, Teilurt. v. 23.02.1998 – 6 O 1475/97; BeckRS 2010, 04760. BGH, Urt. v. 27.10.1993, BB 1994, 99 = ZIP 1994; 31; Küstner/Thume II Rn 266.

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steht ein Schadenersatzanspruch, auch auf korrekte Ausgleichsberechnung. Beide Ansprüche verjähren gem. § 195 BGB. Da es sich jedoch um einen Dauerzustand handelt, spielt diese Verjährungsfrist kaum eine Rolle. Es fragt sich, ob der rechtlichen Vertragsbeendigung andere Fälle entsprechen, in 61 denen der HV-Vertrag fortbesteht, jedoch eine Situation eintritt, die einer Vertragsbeendigung gleichkommt. Der dann entstehende Ausgleichsanspruch könnte mit dem o.g. Anspruch aus Vertrag und Delikt konkurrieren. Schadenersatzansprüche allein bieten keine hinreichende Kompensation, weil sie ein schuldhaftes Verhalten voraussetzen, welches schwer nachweisbar ist. Voraussetzung einer Entsprechung ist, dass die Situation einer Vertragsbeendigung i.S.d. § 89b Abs. 1 gleichgestellt werden kann. In der Sache handelt es sich um eine analoge Anwendung des § 89b Abs. 1. Der HV darf den Ausgleich fordern, sobald die Analogiesituation eintritt. Sofern das Vertragsverhältnis nach Eintritt der Analogiesituation ungekündigt fortbesteht, wird oft kein Ausgleich gefordert werden, um das Verhältnis zwischen den Vertragspartnern nicht durch die Ausgleichsforderung zu belasten. Kommt es später zur rechtlichen Beendigung des Vertrages, ist der HV nicht daran gehindert, den vollständigen Ausgleich einschließlich des durch die Analogiesituation zuvor fällig gewordenen Ausgleichsteils zu verlangen. Der Ausgleich ist unter Einschluss der Provisionen zu berechnen, die vor Eintritt der Analogiesituation erzielt wurden, sofern sie innerhalb des – bei Untypik des letzten Vertragsjahres möglicherweise mehrjährigen371 – Provisionsbemessungszeitraums liegen. Die Rechte aus der unmittelbaren und analogen Anwendung des § 89b bestehen mithin alternativ. Der Ablauf der Ausschlussfrist oder der Eintritt der Verjährung seit dem Zeitpunkt des analogiebegründenden Umstand dürften nicht entgegen stehen, weil sie nur bei rechtlicher Beendigung des Vertrages gelten und die analoge Anwendung des § 89b Abs. 4 nicht gerechtfertigt ist, wenn auf der Basis der Analogie kein „Zwischenausgleich“ gefordert wurde. § 195 BGB ist ohnehin unmaßgeblich, da der Ausgleich mit der rechtlichen Beendigung erneut fällig wird. Ein analogiebegründender Umstand muss einem der anerkannten Beendigungsgründe 62 gleichstehen. Leitbild ist dabei die Kündigung des Unternehmers. Der zur Analogie leitende Sachverhalt gleicht ihr in erster Linie, sofern er auf einem Willensentschluss des Unternehmers beruht und damit einer vom Unternehmer veranlassten Kündigung ähnelt. Zudem muss er von einer gewissen Erheblichkeit sein. In diesem Zusammenhang werden folgende Analogiekonstellationen diskutiert: – Bezirksänderung/Bezirksrotation: Hat sich der Unternehmer vorbehalten, einen Bezirkstausch vorzunehmen, liegt im Moment der Rotation keine Vertragsbeendigung vor. Der Vertrag wird fortgesetzt, lediglich der zu bearbeitende Bezirk verändert. Die Bemessungsgrundlage der Provision wird jedoch u.U. in einer Weise verschlechtert, die einer teilweisen oder vollständigen Beendigung des HV-Vertrages nahe kommt. Wie dargestellt (Rn 61) kann der HV den Ausgleich sowohl zum Zeitpunkt der Rotation wie zum Zeitpunkt des rechtlichen Vertragsendes geltend machen: Zum einen könnte der HV zum Zeitpunkt des Bezirkstausches einen Ausgleich fordern. Der Vertrag besteht dann noch fort, lediglich wird das Bearbeitungsgebiet des HV geändert: Da der HV-Vertrag fortbesteht, kann § 89b allenfalls analog angewandt werden. Die Analogie ist gerechtfertigt, wenn der Eingriff einer Vertragsbeendigung vergleichbar 371

Da die Analogiesituation meist zu schlechteren Provisionen der letzten Jahre geführt hat, ist der Ausgleich bei Nichteinforderung des Zwischenausgleichs auf der Basis der

Durchschnittsprovisionen eines längeren Zeitraums, meist eines Fünfjahreszeitraums, zu berechnen.

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ist. Es besteht eine Regelungslücke, weil § 89b nur den Fall der rechtlichen und nicht der faktischen Vertragsbeendigung erfasst. Wirtschaftlich steht die zu Unternehmervorteilen sowie entgehenden Provisionen führende, faktische Vertragsänderung jedoch der rechtlichen gleich. Die Interessenlage ist vergleichbar. Daher wird etwa bei einer wesentlichen Verkleinerung des HV-Bezirkes infolge des Bezirkstausches an eine Ausgleichsberechtigung gedacht 372. Den HV lediglich dadurch zu schützen, indem ihm die Bezirksänderung einen begründeten Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung nach § 89b Abs. 3 S. 1 gibt 373, wäre kein ausreichendes Äquivalent. Der HV kann daher nach dem Bezirkstausch einen Ausgleich für die im Vergleich zum Neubezirk entgangenen Provisionen aus dem Altbezirk fordern. Die Ausschlussfrist des Abs. 4 soll den Anspruch nicht ausschließen374. Basis der Berechnung des Zwischenausgleichs sind die Vorteile des Unternehmers bzw. die Verluste des HV, welche sich aus dem Wegfall der Geschäftsverbindung in dem dem HV genommenen Bezirksteil ergeben375. Sie liegen in Höhe der Differenz zwischen den Provisionen mit ausgleichspflichtigen Kunden im Altbezirk zu ausgleichspflichtigen Kunden im Neubezirk (Differenzbetrachtung, siehe auch Rn 59 „Teilbeendigung“). Die Berechnung des Rohausgleichs ist nicht unkompliziert, weil sich die Differenz zum Zeitpunkt des Analogieeintritts kaum bestimmen lässt. Denn die Provisionsverluste sind im Zeitpunkt des analogiebegründenden Umstandes zu errechnen. Dann sind jedoch die zu erwartenden Provisionen mit ausgleichspflichtigen Kunden im Neubezirk kaum bekannt und können allenfalls gem. § 287 ZPO geschätzt werden. Dem Ausgleichsanspruch kann rglm. nicht entgegen gehalten werden, die Bezirksverkleinerung bringe dem HV Vorteile, welche unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu berücksichtigen seien. Denn er könne den verbleibenden, kleineren Bezirk intensiver ausnutzen und erziele daher höhere Provisionseinnahmen. Zunächst einmal wäre dieser Umstand nur maßgeblich, wenn er zum Prognosezeitraum bereits absehbar ist (s.u.). Die durch eigene Leistungen des HV erzielten, vermuteten oder tatsächlich höheren Provisionen infolge intensivierter Bezirksbetreuung dürfen jedoch nicht ausgleichsmindernd wirken, da sie mit der Aufbauarbeit des HV am übergebenen Kundenstamm – die mit dem Ausgleich honoriert wird – in keinem Zusammenhang stehen. Unternehmer wie HV partizipieren an einer intensiveren Betreuung des Bezirkes, so dass sich Vor- und Nachteile beider Parteien aufheben. Weiter darf der HV einen Ausgleich zum Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Vertrages fordern. Wurde der Ausgleich analog § 89b für die Bezirksverschlechterung bereits ausgeglichen, wird der Ausgleich allein auf der Basis des verbliebenen Bezirks berechnet 376. Schwieriger ist die Situation zu beurteilen, falls ein solcher „Teilausgleich“ noch nicht geleistet wurde. Wie dargestellt wird durch die oben entwickelte Analogie das Recht des HV nicht ausgeschlossen, bei rechtlicher Beendigung des Vertrages einen Ausgleich auch für entgangene Provisionen aus den Altbezirken zu fordern, sofern sie bereits auf der Basis dieser Analogie ausgeglichen wurden. Der BGH377 berechnet den Ausgleich aus den Provisionen mit den in den letzten zwölf Monaten geworbenen Kunden. Damit wären dem HV die vor der Bezirksänderung und außerhalb der Einjahresfrist erzielten Umsätze mit neu-

372

373

OLG Nürnberg, Urt. v. 18.09.1958, BB 1958, 1151 = MDR 1959, 929; Küstner/ Thume II Rn 327. Siehe BGH, Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 = EWiR 1999, 653 (Emde).

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374 375 376 377

Vgl. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 73. Küstner/Thume II Rn 327. Küstner/Thume II Rn 328. BGH, Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 = EWiR 1999, 653 (Emde).

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378 379 380 381

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geworbenen Kunden des alten Bezirks abgeschnitten378. Richtig ist es daher, den Rohausgleich auf Basis eines mehrjährigen Durchschnitts der Provisionen mit allen ausgleichspflichtigen Kunden unter Einschluss der ausgleichspflichtigen Kunden des Ursprungsbezirks zu bestimmen (Rn 61)379. Herabstufung des haupt- zum nebenberuflichen HV: Der nebenberufliche HV besitzt nach § 92b Abs. 1 kein Ausgleichsrecht. Wird der HV vom haupt- zum nebenberuflichen HV herabgestuft, was sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt, kommt dies einer ausgleichsrechtlich relevanten (Teil-)Kündigung gleich. Allerdings entfällt der Ausgleich nach § 92b Abs. 2 nur, wenn der HV nach der Herabstufung ausdrücklich als HV im Nebenberuf bezeichnet wurde. Im Einzelnen siehe die Kommentierung zu § 92b. Wegnahme von Kunden: Die zur Bezirksreduzierung entwickelten Grundsätze gelten auch im Falle der Einschränkung des Kundenkreises infolge Vereinbarung oder faktischer Reduzierung 380. Diese Reduzierung muss so erheblich sein, dass sie sich wie eine Teilbeendigung auswirkt 381. Sitzverlegung des Kunden: Die Sitzverlegung eines Kunden führt nur dann zu einer der Teilkündigung entsprechenden Situation und damit zur analogen Anwendung des § 89b, falls sie vom Unternehmer veranlasst wurde. Sähe man dies anders, müsste auch der auf einem Willensentschluss des Kunden beruhende Abbruch der Geschäftsverbindung zum Unternehmer ausgleichsrechtlich einer Teilkündigung gleichstehen. Der HV soll allenfalls dann berechtigt sein, einen Ausgleichsanspruch zu fordern, wenn die Provisionseinbußen erheblich sind382. Unberechtigte Kündigung des Herstellers und nachfolgende Tätigkeitseinstellung des Mittlers: Kündigt der Unternehmer den Vertriebsvertrag unwirksam, etwa mit einer unzulässig kurzen Frist, entstehen Schadensersatzansprüche des Mittlers. Als Schadensersatz darf der Ausgleich in der Höhe gefordert werden, wie er bei fristgerechter Kündigung entstanden wäre. Dieser Ausgleich ist jedoch ein fiktiver und folglich schwer zu berechnen. Es ist daher schon nach §§ 242, 162 BGB ohne weiteres möglich, die tatsächliche Beendigung des Vertrages in Folge der unwirksamen Kündigung des Unternehmers einer rechtlich wirksamen Kündigung gleichzustellen. Der Mittler darf den Ausgleichsanspruch in der Höhe fordern, wie er entstanden wäre, wenn die tatsächlich in Folge der unberechtigten – und damit rechtlich wirkungslosen – Kündigung des Unternehmers erzwungene Tätigkeitseinstellung zu einer wirksamen Vertragsbeendigung geführt hätte, also per Stand der Tätigkeitseinstellung. Denn der Mittler darf den Unternehmer an dem von ihm Gewollten, der Kündigung zum verfrühten Zeitpunkt, festhalten, jedenfalls ausgleichsrechtlich. Verkleinerung der Produktpalette: Die vorstehenden Grundsätze gelten entsprechend383, möglicherweise aber nicht, wenn sich im Zuge der Anpassung an veränderte Marktverhältnisse das Warensortiment verkleinert (Rn 59 „Teilbeendigung“)384. Zumindest die erhebliche Reduzierung des Warensortiments beruht auf einer Entscheidung des Unternehmers, die einer Teilkündigung gleichsteht. Anderenfalls könnte der Unternehmer durch eine faktische Verkürzung der Produktpalette (ggf. ihrem völligen Wegfall) eine kündigungsgleiche, jedoch ausgleichsneutrale Wirkung herbeiführen. Allerdings sind in diesem Fall die verbleibenden Unternehmervorteile fraglich. Wenn der Zutreffend Thume BB 1999, 2309 (2312). Schaefer NJW 2000, 320. Rickmann WuW 2003, 752 (762). BGH, Urt. v. 27.10.1993, BB 1994, 99.

382 383 384

OLG Nürnberg, Urt. v. 21.03.2001 – 12 U 4297/00, BB 2001, 1169. AA Küstner/Thume II Rn 339. Rickmann WuW 2003, 752 (762).

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Unternehmer bestimmte Produkte in Zukunft nicht mehr vertreiben will, verliert zwar der HV einen Teil seiner Provisionseinnahmen, dem Unternehmer entstehen aber keine erheblichen Vorteile, es sei denn, er erhält für die Einstellung des Produktes einen wirtschaftlichen Vorteil irgendeiner Art (Rn 130). – Übertragung von Versicherungsbeständen: Auch hier gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend385. Der BGH hat allerdings die Ausgleichsklage eines Versicherungsvertreters, aus dessen Bestand Verträge übertragen wurden, abgewiesen386. Begründung: Die Entstehung des Ausgleichsanspruches knüpfe an die rechtliche und nicht an die faktische Vertragsbeendigung an. Wirtschaftliche Erwägungen rechtfertigten keine abweichende Betrachtung. Der Versicherungsvertreter besitze kein Recht auf Erhalt des von ihm vermittelten Versicherungsbestandes. Die Frage einer Entschädigung sei schadenersatzrechtlich zu lösen. Dieser Entscheidung ist aus den vorgenannten Gründen zu widersprechen; eine analoge Anwendung des § 89b in Betracht zu ziehen. – Provisionsreduzierung: Im Grundsatz gilt auch für eine Provisionsreduzierung nichts Abweichendes387. Wenn die Provision vertraglich fixiert ist, lässt sich ihre Herabsetzung nur im Wege der Änderungskündigung oder des Änderungsvertrages erreichen, wobei hierdurch das Vertragsende eintritt (s.o. zur Änderungskündigung und zum Aufhebungsvertrag). Steht dem Unternehmer jedoch vertraglicher Freiraum bei ihrer Reduzierung zu (etwa dann, wenn eine Provisionsspanne vereinbart wurde), darf der Unternehmer auch ohne diese Mittel die Provision verringern. Hierdurch kann der Ausgleichsanspruch weitgehend entwertet und dem Unternehmer könnte nichts Besseres geraten werden, als ein bis zwei Jahre vor einer beabsichtigten Kündigung die Bemessungsgrundlage des Ausgleichs durch eine solche Provisionsreduzierung zu seinen Gunsten zu verringern388. Es ist deshalb richtig, dass der Vorgang bei Erheblichkeit ausgleichsrelevant ist. Bei der Prognosebetrachtung muss geprüft werden, ob die Reduzierung von Dauer ist. Nur dann entsteht eine kündigungsgleiche Wirkung. Die rein tatsächliche Provisionsminderung infolge geringerer Umsätze ist kein ausgleichsrelevanter Vorgang389, sofern sie nicht auf einem Verhalten des Unternehmers beruht, welches einer Kündigung vergleichbar ist.

IV. Werbung neuer Kunden oder Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen (Tatbestandsmerkmal 2) Der Unternehmer muss aus Geschäftsverbindungen mit „neuen Kunden“, welche der HV geworben hat, auch nach Vertragsbeendigung erhebliche Vorteile haben. Nur Kunden, zu denen eine Geschäftsbeziehung besteht, sind ausgleichsrechtlich relevant390. 1. „Kunden“. Kunde ist, wer eine Bestellung, d.h. i.d.R. ein Angebot auf Abschluss 64 eines Kaufvertrages, für Produkte der vom HV vertriebenen Art aufgegeben hat, die zu

63

385 386 387 388

AA Küstner/Thume II Rn 340. BGH, Urt. v. 27.10.1993, BB 1994, 99 = ZIP 1994, 31. AA Küstner/Thume II Rn 341. Wobei dann – um eine realistische Vorteilsprognose zu erreichen – der Ausgleich nicht nur auf der Basis der Provisionen des letzten Vertragsjahres zu berechnen wäre, sondern auf Basis eines mehrjährigen Provisionsdurchschnitts.

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389 390

Küstner/Thume II Rn 341. BGH, Urt. v. 07.05.2003 – VIII ZR 263/02, WM 2003, 2107; v. 12.02.2003 – VIII ZR 130/01, WM 2003, 2095; v. 10.07.2002 – VIII ZR 158/01; WM 2003, 499; VIII ZR 58/00, WM 2003, 491; v. 06.08.1997 – VIII ZR 92/96, WM 1998, 25; VIII ZR 150/96, WM 1998, 31; v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475 m. Anm. Emde.

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einem Geschäftsabschluss geführt hat. Kunde wird man üblicherweise durch Aufgabe einer Bestellung. Doch ist der Begriff, ebenso wie bei der Bestimmung der Identität zwischen Erst- und Zweitkäufer (Rn 90), wirtschaftlich und weit zu fassen391. Auch derjenige, zu dessen Beruf es gehört, Bestellungen, wenngleich formell im 65 Namen und für Rechnung von Auftraggebern, so doch in eigener Entschließung zu vergeben (Architekt!), ist Kunde im Sinne des Ausgleichsrechts, sofern er einmal vom HV hierfür geworben worden ist. Deshalb bildet es eine Kundenwerbung, wenn der Bezieherkreis einer solchen „Mittelstelle“ durch die Aktivitäten des HV erweitert wird. Selbst ein Leasingnehmer kann – obwohl er nicht selbst Vertragspartner des Unternehmers ist – ausgleichsrechtlich Kunde des Unternehmers sein, wenn ihm die Entscheidung über die Auswahl des Herstellers und des zu leasenden Produkts überlassen wird und das Leasingunternehmen lediglich zur Finanzierung als Erwerber des Leasinggegenstands eingeschaltet wird392. Wer die wirtschaftliche Entscheidung über das Geschäft getroffen hat, kann damit ein maßgeblicher Umstand sein393. Wenn das Gesetz von „Kunden“ in der Mehrzahl spricht, so ist das nur gattungs- 66 mäßig zu verstehen: es genügt unter Umständen ein einziger neuer Kunde394; so namentlich bei Werbung einer staatlichen oder halbstaatlichen zentralen Einkaufsstelle in einem früheren Ostblockstaat395 oder bei Werbung eines Großkunden396, etwa aus Anlass einer Messe, für deren alleinige Dauer der HV bestellt worden ist. Auch die Geschäfte mit Großkunden sind vollumfänglich in die Ausgleichsberechnung einzustellen397. Überhaupt darf der Ausdruck „Kunde“ nicht gepresst werden. Es braucht sich nicht um Abnehmer im engeren Sinne zu handeln. Gemeint ist hier der Geschäftspartner, so z.B. auch der Lieferant im Falle des Einkaufsvertreters, der Lizenzgeber bei der Vermittlung von Patentlizenzen usf. Im Übrigen kommt es gerade auf Kunden an. Dass der HV durch seine Tätigkeit den Firmenwert allgemein erhöht hat, beispielsweise durch Aufbau einer Vertriebsorganisation, die im Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses (plötzlicher Tod des HV!) noch nicht zum Tragen durch Gewinnung von Kunden gekommen war, reicht allein nicht aus. 2. „Neue“ Kunden. Ausgleichsrechtlich ist auch nach der Novelle 2009398 nur der 67 Neukunde zu berücksichtigen 399. Das Stichwort „Neukundenwerbung“ ist irreführend. Der HV schuldet nämlich nicht die Werbung neuer Kunden. Er muss vielmehr die beworbene Ware verkaufen. Entscheidend ist damit nicht, ob der betreffende Kunde bei dem Unternehmer vor der mitursächlichen Tätigkeit des HV schon kaufte sondern ob er die betreffende Artikelgruppe bereits kaufte400. Aber auch das gibt den TB noch nicht voll391 392

393 394

395

Döpfer EWiR 2009, 180. BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2497) Rn 24 – Vertragshändler; OLG Köln, Urt. v. 15.11.2002 – 19 U 94/02, VersR 2003, 105; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 74. Steinhauer BB 2011, 211 (212). Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 der Richtlinie auf den Handelsvertreter, COM (96) 364 final, S. 2. OLG Hamburg DB 1980, 972 (973); aA wohl BGH, Urt. v. 13.06.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde).

396

397 398 399

400

Siehe etwa OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 17.07.2007 – 11 U 53/06, BeckRS 2008, 12081. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 17.07.2007 – 11 U 53/06, BeckRS 2008, 12081. Westphal DB 2010, 1333 (1334). BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2497) Rn 19; Hopt § 89b Rn 14. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 76; Oetker/ Busche § 89b Rn 12; Kiene VersR 2006, 1024 (1025).

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ständig wieder. Denn der HV muss nicht notwendigerweise Kaufverträge, sondern kann auch jedes andere erlaubte Geschäft, etwa Werkverträge, vermitteln, und das in beide Richtungen, nämlich zur Bedarfsdeckung des Unternehmers (klassischerweise „Einkaufsvertreter“ genannt) oder für den Bedarf des Kunden (klassischerweise als „Verkaufsvertreter“ bezeichnet). Richtigerweise wäre folglich von „Neugeschäftevermittlung“ zu sprechen. Das HV-Recht ist sehr auf das Leitbild der Kaufvertragsvermittlung bezogen und bei der klassischen Apostrophierung als Neukundenwerbung soll es auch im Folgenden verbleiben. Neu sind Kunden, die mit dem Unternehmer vor Abschluss des HV-Vertrages nicht in 68 geschäftlichen Beziehungen der geworbenen Art standen, sondern dem Unternehmer erstmals vom HV in Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten zugeführt wurden401. Anders gewendet: Altkunden sind Kunden, welche zum Zeitpunkt des Vertragsbeginns bereits Produkte der vertriebenen Art bei dem Unternehmer kauften. Wirbt der HV daher einen Kunden, der zwar schon beim Unternehmer kaufte, jedoch nicht die nach dem HV-Vertrag zu vertreibenden Produkte sondern Artikel einer anderen Branche, so handelt es sich – bezogen auf die geworbenen Artikel – um einen Neukunden402. Beispiel: Ein Kunde hat zuvor in anderen Branchenverzeichnissen desselben Verlags Anzeigen geschaltet und wird nun für ein neues Werk 403 oder ein Telefonkunde wird von einem Festnetz- zu einem Mobilanschluss geworben. Entscheidend für die Zugehörigkeit zur selben Branche ist die Substituierbarkeit der Produkte. Hier wird man die zu § 86 Rn 96 ff geführte Diskussion zur Substituierbarkeit in Konkurrenzsituationen vorsichtig übertragen können. Es genügt nicht, dass etwa der Unternehmer innerhalb ein und derselben Branche oder einer ähnlichen Artikelgruppe nur das Sortiment vergrößert und der Kunde nunmehr auch für Artikel des erweiterten Sortiments gewonnen oder der Kunde bei im Wesentlichen gleichen Vertragsgegenstand von einem Tarif (etwa: Flatrate) zu einem anderen (z.B. Einzelverbindungsnachweis) umgeleitet wird. Hier könnte dann höchstens der Fall der Intensivierung einer Altkundenbeziehung nach Abs. 1 S. 2 gegeben sein. Ein HV, der für eine Genossenschaft tätig ist, gewinnt ein neues Mitglied zum Beitritt als Genosse: „Kunde“ ist auch der neugeworbene Genosse, falls er daraufhin seinen Bedarf bei der Genossenschaft deckt404. Die Art und Qualität der Kunden ist unerheblich. Es müssen nur Dritte sein. Für die 69 Eigenschaft als Neukunde kommt es nicht auf dessen rechtliche Organisationsform sondern die separierbare wirtschaftlich-faktische Einheit an. Wird daher die weitgehend unabhängig handelnde Niederlassung eines Großkonzerns geworben, sind die mit ihr getätigten Geschäfte ausgleichsrelevant, selbst wenn andere Teilglieder des Konzerns bereits kauften. Die Provisionen mit diesen Kunden sind insoweit in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen, als sie mit Produkten der neu geworbenen Branche erzielt wurden, aber eben nur diese Provisionen. Handelt es sich bei einem Neukunden um einen solchen, der, obwohl in rechtlich anderem Kleide, wirtschaftlich-faktisch mit einem Bestandskunden identisch ist, so fehlt es an einer Neukundenwerbung. Die bloße Umorganisation des Kunden, z.B. durch Rechtsformwechsel oder Verschmelzung, führt nicht zur Neuwerbung, weil es zum einen an der für die Werbung erforderlichen Einwirkung

401 402

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 76. BGH, Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2670) = ZIP 1999, 1094; OLG Frankfurt/Main v. 27.05.1966 – 3 U 263/65; Oetker/Busche § 89b Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 5a.

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403 404

BGH, Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2670) = ZIP 1999, 1094. LG Hamburg ZGenW 11, 464 und 12, 78.

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auf die Entscheidungsfindung des Kunden mangelt 405 und es zum anderen nicht auf die rechtliche Organisationsform des Kunden, sondern auf seine (hier fortbestehende) wirtschaftlich-faktische Identität ankommt. Der Kunde verliert seine Neukundeneigenschaft, wenn er von einem Bestandskunden übernommen wird 406. Lassen sich die mit dem übernommenen Kunden getätigten Geschäfte im Anschluss noch separieren, etwa weil die Lieferung an die selbständig agierende – übernommene – Niederlassung erfolgt, ist der Kunde jedoch wegen seiner wirtschaftlich-faktischen Selbständigkeit bei der Ausgleichsberechnung als Neukunde zu berücksichtigen. Der Kunde muss für den Unternehmer neu sein, nicht für den HV. Bringt daher der 70 HV aus einer früheren oder anderen HV-Tätigkeit Kunden in das Vertragsverhältnis ein, handelt es sich für den Unternehmer um Neukunden. Grundsätzlich sind alle vom Vertriebsmittler eingebrachten Kunden, die zuvor nicht die gleichen Artikel kauften, für den Unternehmer neu. Wird etwa der HV zunächst für ein später insolventes Unternehmen tätig und dann für den Käufer des insolventen Unternehmens 407, liegt für den Käufer eine Neuwerbung vor. Der Erwerber kann sich nicht darauf berufen, die Adressen der Kunden vom Insolvenzverwalter erhalten zu haben. Denn durch die Existenz oder den Erhalt der Adressen entstand noch keine Geschäftsverbindung. Streng genommen müsste das Gleiche bei Neuabschluss mit dem Insolvenzverwalter gelten, der den Vertrag als Partei kraft Amtes schließt. Der HV steht sich so, als sei er zu einem Konkurrenzunternehmen unter „Mitnahme“ der jenem noch nicht bekannten Geschäftsverbindungen gewechselt. Im Einzelfall mag ein § 242 BGB-Einwand oder eine Reduzierung unter Billigkeitsgesichtspunkten begründet sein. Übergibt der Unternehmer dem HV zu Beginn seiner Tätigkeit Namen und Anschrif- 71 ten von Personen, die noch nicht beim Unternehmer bestellt haben, sind diese Personen ausgleichsrechtlich neu zugeführte Kunden, wenn der HV an ihrer ersten Bestellung mitgewirkt hat408. (Alt)Kunde ist nur, wer zumindest einmal beim Unternehmer bestellt hat. Die erforderliche Mitursächlichkeit des HV für das Kundengeschäft liegt in der Ansprache der Kunden und die Weiterleitung des Auftrages. In der Sache anders entschied das OLG Köln: Erhält der HV von einer Gesellschafterin des Unternehmers, für die der HV ebenfalls als Mittler tätig ist, eine Liste mit Namen ihrer Kunden (die noch nicht beim Unternehmer bestellten), verbunden mit der Erlaubnis, die in der Kundenliste Genannten auf die Produkte des Unternehmers anzusprechen, so soll darin keine ausgleichspflichtige Werbung von Neukunden für den Unternehmer liegen. Jedenfalls entspräche die Zahlung eines Ausgleiches nicht der Billigkeit. Denn der HV greife ausschließlich auf den Kundenstamm der Gesellschafterin zurück. Dass eine Steigerung der bisherigen Umsätze auf seiner werbenden Tätigkeit beruht, habe der HV im Einzelnen darzulegen409. Dem ist nur zuzustimmen, wenn es für den Kauf an jeder Mitursächlichkeit des HV fehlt; die Mitursächlichkeit des Unternehmers ist eine Frage der graduellen Billigkeitsreduzierung. Vermittelt der HV Geschäftsabschlüsse mit einer Einkaufsgenossenschaft, deren 72 Namen ihm vom Unternehmer bekannt gegeben wurde, ist nur die Genossenschaft Altkunde, nicht sind es ihre Mitglieder. Gelingt es dem HV, diese Mitglieder zu Kunden des 405

406 407

Vgl. LG Görlitz, Urt. v. 25.05.1993 – 3 O 34/93, zitiert nach Küstner/Thume II Rn 454. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 76. LG Bielefeld, Urt. v. 19.04.1985, HVR Nr. 608; aA OLG Karlsruhe, Urt. v.

408 409

22.08.2007 – 15 U 56/07, BeckRS 2007, 14360. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 76. OLG Köln, Urt. v. 26.01.2001 – 19 U 113/00, OLGR Köln 2001, 205 = DB 2001, 1721 = BB 2001, 1601.

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Unternehmers zu machen, handelt es sich dabei um neu zugeführte Kunden. Möglicherweise verbietet es jedoch die wirtschaftlich-faktische Teilidentität mit den für das Mitglied der Genossenschaft bestimmten Lieferungen von einer Neukundenwerbung zu sprechen.

73

3. „geworben hat“. Der HV muss die Kunden „geworben“ haben. Eine Werbung des HV liegt vor, falls die von ihm geforderte vertragsgemäße Tätigkeit dem Unternehmer mindestens einen Neukunden zugeführt hat. Der Begriff der Werbung bezieht sich im Rahmen des § 89b auf den Mehrfach- und nicht den Einfachkunden (zum Sonderfall der potentiellen Mehrfachkunden Rn 93 ff). Der Mittler braucht nicht persönlich tätig zu werden. Die Tätigkeit von Angestellten 74 oder Untervertretern wird ihm zugerechnet. Es ist auch ausreichend, wenn der ein Vertriebssystem aufbauende oder führende Vertriebs- oder Strukturleiter über sog. „unechte“ Untervertreter kraft Weisungsbefugnis als „mittelbarer Täter“ vermittelt 410. Zum Inhalt der zur Ausgleichspflicht führenden vertragsgemäßen und werbenden 75 Tätigkeit des HV vgl. § 84 Rn 47 ff, § 86 Rn 23 ff. Mitursächlichkeit des Mittlers für die Kundenwerbung ist ausreichend, aber auch erforderlich411 (§ 86 Rn 23). Das geht bis zu einer „virtuellen“ Mitursächlichkeit eines Bezirksvertreterteams auf einer Messe mit turnusmäßiger Ablösung; die Zufälligkeit der Vermittlung durch den HV, der gerade „an der Reihe ist“, entscheidet nicht412. Ein stationärer HV, der seine Verkaufs- oder Annahmestelle offen hält wird hierdurch mitursächlich, etwa beim Lotto-HV413 oder TankstellenHV (Rn 423). Ein in Ausführung eines Rahmenvertrages mit Sonderkonditionen für bestimmte Abnehmer (hier: Betriebsvereinbarung und Abrufschein) als „Abrufgeschäft“ getätigter Kauf beseitigt die Mitursächlichkeit des Mittlers für dieses Geschäft nicht, falls der Kunde zum Kauf noch nicht fest entschlossen war und der Mittler einen Rest an Überzeugungsarbeit leisten muss414. Nicht einmal im öffentlichen Submissionswesen ist die kundenwerbende, den Unternehmer im Ausschreibungsverfahren bei der ausschreibenden Stelle einführende Tätigkeit des HV – bei aller Korrektheit des Zuschlags – ausgeschlossen415. Nur wenn der Kunde vor Kontaktaufnahme mit dem HV zur Bestellung bereits fest 76 entschlossen ist, fehlt es an der Mitursächlichkeit. Auch dann kann die erforderliche Mitursächlichkeit in Auftragsannahme und -weiterleitung liegen. Ausreichende Mitursächlichkeit soll fehlen, wenn der Kunde (allein) auf Grund eigener Werbeaktion des Unter410

411

BGH, Urt. v 04.06.1975 – I ZR 130/73, WM 1975, 931 (933) = BB 1975, 1409; BGHZ 56, 290 (293); 59, 87 (93); Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2d; Emde MDR 1999, 1108 (1109); Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 56. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 9; OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.02.2003 – 1 U 924/01211, NJW-RR 2003, 900 = EWiR 2003, 825 (Emde); Kiene VersR 2006, 1024 (1025); Canaris § 17 Rn 107; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 233; Ebenroth/ Löwisch § 84 Rn 26; § 89b Rn 79; Oetker/ Busche § 89b Rn 11; Westphal DB 2010,

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412 413 414

415

1333 (1334); zu §§ 84, 86: BGH, Urt. v. 05.04.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301; NJW 1980, 1793; BAG BB 1971, 492; LAG BW DB 1971, 1016; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19; Hopt § 84 Rn 22. KG BB 1969, 1062. BGHZ 43, 108 (113); einschließlich der Bezirksstellen BGHZ 7, 59 (87). BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, NJW 1996, 2302 (2304) = BB 1996, 2265; OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.02.2003 – 1 U 924/01-211, NJW-RR 2003, 900 = EWiR 2003, 825 (Emde); Westphal II Rn 200. BGH NJW 1980, 1793.

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nehmers, oder auf Empfehlung von dritter Seite, bereits zur Bestellung entschlossen ist und für diese den HV nur noch zwecks Empfangnahme und Weiterleitung einschaltet416 (zwh. wegen der in der Auftragsannahme und -weiterleitung liegenden Kausalität für den Auftrag). Dass es dem HV gelingt, einen zum Abspringen entschlossenen Altkunden bei der Stange zu halten, reicht jedoch nicht aus. Nicht ausreichend ist ferner, dass der HV einen Dritten für die Erzeugnisse interessiert (der aber selbst nicht Kunde wird) und dieser Dritte seinerseits das Produkt weiterempfiehlt, so dass es zu Bestellungen (aber nicht über den HV) kommt. Hier mag allenfalls ein Provisionsanspruch aus dem Gesichtspunkt der mittelbaren Verursachung begründet sein; aber der engere Begriff eines „vom HV geworbenen Kunden“ ist für den Ausgleich nicht erfüllt 417. Jeder Kunde, für den der HV eine Folgeprovision nach § 87 Abs. 1 Alt. 2 erhält, ist in 77 diesem Sinne geworben418, nicht aber alle Kunden, für die der HV Provision nach § 87 Abs. 1 Alt. 1 (Tätigkeitsprovision) erhält. Denn Tätigkeitsprovision wird auch für Geschäfte mit Altkunden gewährt. Aus dem Erfordernis des Geworbenseins durch den HV folgt nicht, dass die Bezirksprovision (§ 87 Abs. 2) als Berechnungsgrundlage des Ausgleichsanspruchs ausscheidet, solange der jeweilige Bezirkskunde nur irgendwann einmal vom HV geworben war419. Besondere Anstrengungen des HV bei der Werbung sind nicht Anspruchsvorausset- 78 zung 420. Es genügt jedenfalls für die Mehrfachkundenwerbung (u.U. jedoch nicht für die Erstwerbung), wenn bei Investitionsgütern aufgrund ihres Preises ein Geschäftsabschluss nur zustande komme, falls der Kunde Vertrauen aufgebaut hat 421 oder die Kundenbindung verstärkt wird, indem Kunden sich bei Zwischenfällen mit den bereits gelieferten Produkten mit dem Mittler auseinandersetzen müssen422. Eine Mitursächlichkeit des Unternehmers für die Werbung der Stammkunden oder generell gleichzeitige oder zusätzliche Bemühungen des vertretenen Unternehmers schließen den Anspruch des HV nicht aus423, etwa gemeinsame Verkaufsgespräche beim Kunden oder das gemeinsame Auftreten auf Messeveranstaltungen. Auch wenn die Vermittlungstätigkeit des HV allein noch nicht zum Geschäftsabschluss geführt hat, sondern der potenzielle Kunde letztlich erst durch die Überzeugungskraft des Unternehmers zu einer Bestellung veranlasst wurde, ändert dies an der Mitursächlichkeit des HV nichts. Sie wird nicht dadurch aufgehoben, dass der Kunde auf Grund der Monopolstellung des Unternehmers424 oder der „Sogwirkung“ einer bekannten Marke425 über den HV eine Bestellung aufgegeben hat, solange der HV eine eigene hinzukommende Tätigkeit entfaltet hat, um die Bestellung hereinzuholen. Die Tatsache, dass der HV auf Grund des Bekanntheitsgrades eines Markenproduktes nur geringere Bemühungen entfalten muss, findet entweder bereits in einer vergleichsweise geringeren Provision – und damit auch einem geringeren Ausgleich – seinen Niederschlag oder die Tatsache wird im Rahmen des Billigkeitsabschlages berücksichtigt 426 (siehe dort). Wurde der HV für die Kundenwerbung mitursächlich, sind die Geschäfte mit dem 79 geworbenen Kunden voll und nicht nur nach dem Grade der Mitverursachung ausgleichs416

417 418 419 420 421

OLG Karlsruhe BB 1960; 381 – faktisch hat diese Einschränkung schon aufgrund des kaum möglichen Nachweises keine Bedeutung. BGH NJW 1959, 1677. AA Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 89b Rn 35, 49. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH, Beschl. v. 16.11.2010 – VIII ZR 228/08, BeckRS 2010, 30437 Rn 18.

422 423 424 425 426

BGH, Beschl. v. 16.11.2010 – VIII ZR 228/08, BeckRS 2010, 30437 Rn 18. Kiene VersR 2006, 1024 (1025). OLG Nürnberg BB 1963, 1313; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 79. OLG Hamburg DB 1980, 972 (973); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79.

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pflichtig427. Das OLG Frankfurt428 hat allerdings eine Berücksichtigung der Mitursächlichkeit beider Parteien bei der Ausgleichsberechnung erwogen. Sie wäre jedoch nur im Rahmen der Billigkeit denkbar, wobei der Unternehmer für den Billigkeitseinwand beweispflichtig wäre.

80

4. Werbung als Handelsvertreter. Der Kunde muss durch den HV in seiner Eigenschaft als HV geworben werden. Kunden, welche der HV vor seiner Tätigkeit für denselben Unternehmer in einem anderen Vertragsverhältnis – etwa als Angestellter (Reisender), freier Mitarbeiter oder als HV im Nebenberuf (dessen Tätigkeit ist nicht ausgleichsberechtigt, § 92b Abs. 1 S. 1) – geworben hat, sind keine vom „HV geworbenen“ Kunden429. Es kommt nicht auf die Werbung durch die Person des späteren HV sondern darauf an, in welchem Vertragsverhältnis er warb. Entgegen der Formulierung des § 84 Abs. 1 ist das HV-Recht nicht personen- sondern vertragsbezogen. Schwierigkeiten bereiten Fälle, in denen der spätere HV die Kunden vor seiner HV-Tätigkeit für denselben Unternehmer in einem handelsvertretergleichen Rechtsverhältnis anderer Natur – etwa einem Vertragshändler- oder Franchisevertrag – geworben hatte. Man könnte argumentieren, wegen der Rechtsähnlichkeit sowie der bei Existenz der Analogiekriterien eintretenden Substituierbarkeit der Verträge müssten die in diesem Rechtsverhältnis geworbenen Kunden als ausgleichspflichtig gelten. Trotz der damit verbundenen Härte spricht jedoch einiges dafür, solche Kunden nicht in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen. Das ist Gegenstück dazu, dass auch bei Umwandlung etwa eines Vertragshändler- in einen HV-Vertrag ein Ausgleich zu leisten ist. Sofern nicht ausnahmsweise durch den HV-Vertrag – wirtschaftlich besehen – der Altvertrag fortgesetzt wurde und Ausgleichsanwartschaften (ausdrücklich oder konkludent) übergehen sollten, gilt auch hier: Der alte Vertrag ist beendet und der Ausgleich hätte nach seinem Abschluss innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden müssen. Der neue Vertrag setzt diesen Vertrag nicht fort, die im Rahmen des alten Vertrages geworbenen Ausgleichsanwartschaften sind verloren. Dieses Ergebnis ist aber diskussionswürdig. Zudem: Wird bei dem Wechsel von einem Vertrag zum anderen der Kundenstamm in den neuen Vertrag eingebracht, obwohl die Kundenwerbung bereits zuvor durch einen im Rahmen des Altvertrages gewährten Ausgleichs ausgeglichen worden, stehen einem erneuten Ausgleich mangelnde zusätzliche Unternehmervorteile und weiter der Billigkeitseinwand entgegen. Die gleichen Grundsätze gelten beim Übergang vom nebenberuflichen HV – der 81 gemäß § 92b nicht ausgleichsberechtigt ist – zum hauptberuflichen oder beim erstmaligen Hineinfallen des Vertrages in ausgleichsfähiges Recht. Die während beispielsweise der nebenberuflichen Tätigkeit geworbenen Kunden sind nicht ausgleichspflichtig und werden es auch dann nicht, wenn der HV später hauptberuflich tätig wird430. 5. Erweiterte Altkunden

82

a) Gleichstellung mit der Neukundenwerbung. Der Werbung eines Neukunden steht es gem. Abs. 1 S. 2 gleich, wenn der HV infolge seiner Tätigkeit bereits vorhandene Geschäftsverbindungen zu Kunden so wesentlich erweitert, dass dies wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden entspricht. Es müssen also einerseits bereits vorhandene Kunden 427

428

AA mglw. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 17.07.2007 – 11 U 53/06, BeckRS 2008, 12081. OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 17.07.2007 – 11 U 53/06, BeckRS 2008, 12081.

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429 430

OLG Düsseldorf NJW 1965, 2352; Küstner/ Thume II Rn 636. Küstner/Thume II Rn 640.

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§ 89b

existieren, die Geschäftsverbindung zu ihnen muss wesentlich erweitert werden und jene Erweiterung muss auf einem Verhalten des HV beruhen, welches der Werbung eines Neukunden gleichsteht. Für die Gleichstellung spricht eine Vermutung, falls eine Erweiterung vorliegt. Auch hier ist das Verbleiben im Rahmen der Branche entscheidend. Nicht vorausgesetzt wird, dass der Kunde Artikel ordert, die mit den bisher bezogenen in keinem Zusammenhang stehen431. Ausgleichsbegründend ist auch hier jede mitursächliche 432 und vertragsgemäße Tätigkeit des HV, welche zur Zahlung der geschuldeten Vergütung führt. Die Umsatzsteigerung muss folglich auf Vermittlungsbemühungen/der Tätigkeit des HV – also seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit – beruhen. Erhöhungen, die auf anderen Faktoren beruhen sind im Grundsatz unbeachtlich. Die Ursächlichkeit der Werbung des HV wird vermutet, wenn der Unternehmer nicht andere Ursachen substantiiert darlegt433. b) Umfang der Erweiterung. Was für eine „wesentliche“ Erweiterung zu fordern ist, 83 bleibt Tatfrage. Eine wesentliche Erweiterung der Geschäftsbeziehung liegt nach bisher h.M. erst vor, wenn der Umsatz bei einzelnen Kunden um mindestens 100 %434 – inflations- und preissteigerungsbereinigt 435 – erhöht wurde (Daumenregel). Auch bei geringen Umsatzzahlen ist keine größere Steigerung erforderlich436, ebenso wenig bei einem Gesamtrückgang des Umsatzes437. Ob unterhalb dieses Schwellenwerts eine wesentliche Erweiterung anzunehmen sein kann438, wird diskutiert. Die RL stellt in Art. 17 Abs. 2 lit. a 1. Spiegelstrich den Altkunden einem neugeworbenen Kunden gleich, sobald der HV die Geschäftsverbindung wesentlich erweitert hat. Es fehlt mithin in der RL die deutsche Ergänzung, wonach die Geschäftserweiterung wirtschaftlich der Werbung eines neuen Kunden zu entsprechen hat. Für die RL reicht damit eine wesentliche Umsatzsteigerung aus. Wesentlich können schon Umsatzsteigerungen von 10 %, 20 % oder 30 %, je nach Marktpositionierung des Unternehmers, sein439. Die 100 %-Grenze für die Umsatzsteigerung wurde aufgestellt, weil (nur) nach dem deutschen Gesetzestext die Altkundenerweiterung der Werbung eines Neukunden zu entsprechen hat440. Dies ist im Vergleich zum Text der RL eine Verschärfung zum Nachteil des HV und widerspricht der HV-freundlichsten Auslegung. Deshalb könnte die Grenze unter 100 % anzusetzen sein441. Als Kompensation wäre daran zu denken, nicht die gesamten Provisionen mit dem Neukunden in die Ausgleichsberechnung mit einzubeziehen, sondern nur die erweiterten Umsätze442 (Rn 86). Eine Steigerung des Erlösvolumens nur im Gefolge der Preisentwicklung bildet keine 84 Intensivierung der Altkundenbeziehung. Bei der derzeit niedrigen Inflationsrate in den meisten Branchen wird man es jedenfalls bei kürzeren Vertragslaufzeiten bis hin zu 5 Jahren bei der von der bisherigen Rspr. aufgestellten Daumenregel der 100 %-Grenze belassen können, ohne sich der Mühe des Herausrechnens der inflationsbedingten Steigerung 431 432 433 434

So Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 89b Rn 36; hiergegen Küstner/Thume II Rn 476. Küstner/Thume II Rn 473. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81. BGH, Urt. v. 03.06.1971. BGHZ 56, 242 = NJW 1971, 1611 = BB 1971, 843 = DB 1971, 1298 = VW 1971, 1388 = HVR Nr. 444 = VersR 1971, 737: OLG Hamm, Urt. v. 19.11. 1992, OLGR 1993, 78; OLG Celle NJW 1968, 1141; Kiene VersR 2006, 1024 (1025); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 65.

435 436 437 438 439 440 441 442

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81. AA Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81. AA Müller NJW 1997, 3423; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 81. Dafür Kiene VersR 2006, 1024 (1025); Westphal DB 2010, 1333 (1335). Westphal DB 2010, 1333 (1335). Westphal DB 2010, 1333 (1335). Westphal DB 2010, 1333 (1335). Westphal DB 2010, 1333 (1335).

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zu unterziehen443. Bei längeren Vertragslaufzeiten ist das unzulässig: Thume 444 weist darauf hin, dass die Provision allein inflationsbedingt bei einem Anfangsumsatz von € 100.000,– unter Zugrundelegung einer jährlichen Preissteigerungsrate von 3 % im Verlauf von 20 Jahren um 75 % auf € 175.350,– anwächst. Bei diesen Zeiträumen spricht allerdings ohnehin der Beweis des ersten Anscheins für eine Neukundenwerbung. Regelmäßig ist die Steigerung anhand eines auf den einzelnen Kunden bezogenen Umsatzvergleiches zu bestimmen, also nicht etwa anhand der Erhöhung der Stückzahl, zumal sich die Produktpalette und damit auch die Portionierung ändern können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Umsatz – wie meist – die Provisionsberechnungsbasis bildet. Ist ein anderer Faktor Provisionsbemessungsgrundlage, muss auf dessen Steigerung abgestellt werden. Nicht beizutreten ist der Auffassung, der Fall einer zum Ausgleich berechtigenden Intensivierung der Geschäftsverbindung mit dem Altkunden fehle, sofern die vom HV erzielte Umsatzsteigerung durch Preisrückgänge wieder abgefangen werde, so dass im Ergebnis das Umsatzvolumen preismäßig auf demselben Niveau stehen geblieben sei. Der Unternehmer hat von der Steigerung des Umsatzes gleichwohl den Vorteil: wäre sie nicht gelungen, wäre das Umsatzvolumen mit diesem Kunden, statt auf der gleichen Höhe gehalten zu sein, noch zurückgegangen. Vermehrte Bestellungen desselben, bisher bezogenen Artikels sind nicht zu verlangen; es genügt eine Erweiterung, die sich auf andere, substituierbare Artikel derselben Branche erstrecken kann445.

85

c) Vergleichszeitraum. Maßgeblich ist ein Vergleich zwischen den Verhältnissen bei Vertragsbeginn und -ende. Ausnahmsweise können die Verhältnisse bei Vertragsende, d.h. im letzten Vertragsjahr, untypisch sein. Dann ist es notwendig, nicht die Verhältnisse im letzten Vertragsjahr als Vergleichsgröße heranzuziehen, sondern die Entwicklung über einen längeren Zeitraum – meist einen 5jährigen Zeitraum oder sogar die gesamte Vertragszeit – zu beobachten446. Starke Schwankungen sind daher vor Durchführung des Vergleichs zu „glätten“, indem man diese Zeiträume entweder völlig unberücksichtigt lässt oder aber einen längeren Vergleichszeitraum heranzieht. Die Feststellung, der Untypik ist ein Wertungsergebnis, welches vom Berufungsgericht nach §§ 513, 546 ZPO nicht hingenommen werden muss, wenn die Wertung auf unzutreffender Tatsachengrundlage erfolgt447.

86

d) Umfang der Einbeziehung in Verlust- und Vorteilsprognose. Wegen der schwierigen Separierung der jeweiligen Provision und des wohl entgegenstehenden Wortlautes des § 89b Abs. 1 S. 2 wurde, jedenfalls solange man eine 100 %ige Erweiterung der Geschäftsverbindung fordert, bisher die Ansicht 448 abgelehnt, derzufolge nicht der volle mit dem Altkunden getätigte Gesamtumsatz, sondern nur der über den vorgefundenen Umsatz hinausgehende Mehrumsatz ausgleichsfähig ist. Begründung: Auch bei der Rechtsfolge müsse der Kunde vollständig einem Neukunden gleichstehen. Dessen Umsätze seien vollständig und nicht nur in Höhe der Mitursächlichkeit des HV für die Werbung in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen. Nachdem möglicherweise § 89b Abs. 1 443

444 445 446

Das OLG Celle, Urt. v. 25.01.1968, NJW 1968, 1141 hat in einem solchen Fall eine wesentliche Erweiterung angenommen. Küstner/Thume II Rn 482. BGH NJW 1971, 1611. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200 (Kfz-Vertragshändler).

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OLG Frankfurt, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, Beck RS 2009, 13200; v. 10.07.2007 – 5 O 63/06, S. 15, n.v. OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.09.1996 – 16 U 41/95, zitiert nach Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 807; Westphal DB 2010, 1333 (1334).

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bei der Frage der Gleichstellung des Alt- mit dem Neukunden nicht RL-konform gefasst wurde (Rn 83), wird die Diskussion hierüber neue Nahrung gewinnen. 6. Geschäftsverbindung a) Ist das Merkmal der Geschäftsverbindung bei der Neukundenwerbung erforder- 87 lich – RL-konforme Auslegung? § 89b Abs. 1 fordert Unternehmervorteile aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden. Art. 17 Abs. 2 lit. a Spiegelstrich 1 RL spricht nur von der Werbung neuer Kunden und fordert eine Geschäftsverbindung erst im Zusammenhang mit der Intensivierung der Altkundenbeziehung. Es genügt also die Neuwerbung eines Kunden, aus der sich Unternehmervorteile ergeben449. Die Vorteile bei der Neukundenwerbung müssen damit nicht notwendigerweise aus einer Geschäftsverbindung entstehen und es reicht, wenn ein möglicher Nachkauf – der sicherlich einen Vorteil darstellen würde – nach Vertragsende erfolgt. Auch lediglich potentielle Mehrfachkunden (Rn 93 ff) sind damit ausgleichsfähig. Nun ist sicherlich die bisherige Vermutung, derzufolge bei Mehrfachkäufen der Vergangenheit auch künftig Vorteile entstehen können nicht unrichtig. Der Vorteilsbegriff bei der Neukundenwerbung darf jedoch nicht auf das Entstehen einer Geschäftsverbindung verengt werden; auch andere Fälle sind erfasst450. Die Einbeziehung potentieller Mehrfachkunden in die Ausgleichsberechnung trägt dem nur unzureichend Rechnung. Damit kann die Mehrfachkundeneigenschaft bei Neukunden keine zwingende Voraussetzung für die Feststellung der Unternehmervorteile sein451. b) Begriff der Geschäftsverbindung. Jedenfalls bei erweiterten Altkunden (mglw. aber 88 nicht bei Neukunden, s.o. Rn 87) muss der Unternehmer auch infolge der Novellierung des § 89b 452 nach Beendigung des Vertragsverhältnisses aus „Geschäftsverbindungen“ mit Kunden erhebliche Vorteile haben. Zum Begriff der Geschäfte § 84 Rn 62. Es muss eine nutzbare Geschäftsverbindung mit dem Kunden über vergleichbare (substituierbare) Produkte geschaffen worden sein. Sie muss als Kundenbeziehung eine gewisse Dauer453 besitzen, also weitere Bestellungen erwarten lassen. Der Kunde muss m.a.W. Mehrfachoder Stammkunde sein. Die Stammkundeneigenschaft hängt vom Gegenstand des Geschäfts sowie den branchenüblichen Besonderheiten ab454. Der Begriff der vergleichbaren Produkte darf nicht zu eng gezogen werden; die Vergleichbarkeit ist aus der jeweils relevanten Kundensicht heraus zu bestimmen. Regelmäßig handelt es sich um die Vertragsprodukte, wobei insbesondere im Kfz-Vertrieb auch Vorführwagen und teilweise Gebrauchtwagen als ausreichender Vorkauf angesehen werden, obwohl es sich nicht um Vertragsprodukte handelt (Rn 97). Die zentrale Voraussetzung der Geschäftsverbindung muss noch bei Beendigung des HV-Verhältnisses gegeben sein. Ob ein Kunde „neu“ ist, ob der Unternehmer nach Beendigung des HV-Vertrages durch Umdispositionen des Vertriebsweges noch „Vorteile“ von ihm hat, mag sich nach Kriterien des vorgegebenen oder bewahrten Marktanteils beurteilen: die Geschäftsbeziehung muss in jedem Falle zum Unternehmer selbst begründet gewesen sein und weiter Geschäfte einbringen. c) Mehrfachkunden. Eine Geschäftsverbindung besteht nur mit Stamm- oder besser: 89 Mehrfachkunden, grds. jedoch nicht mit Einmalkunden455, sofern sich bei ihnen nicht 449 450 451 452 453 454

Westphal DB 2010, 1333 (1335). Westphal DB 2010, 1333 (1335). Westphal DB 2010, 1333 (1335). Emde DStR 2009, 1478 (1481). „Erkennbare Beständigkeit“: BGH LM § 89b HGB Nr. 47 – Reisebüro. BGH, Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09,

455

BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 24 (Tankstellen-HV); Thume BB 2009, 1026. BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2497) Rn 19; Urt. v. 12.01.2000 – VIII ZR 19/99, DB 2000, 967 = NJW 2000, 1413 unter II 2; Hopt § 89b Rn 12.

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erwarten lässt, dass sie zu Mehrfachkunden werden. Die Geschäftsverbindung bedarf einer gewissen Nachhaltigkeit456. Als Mehrfach- oder Stammkunden sind Kunden anzusehen, die in einem überschaubaren, in seiner Entwicklung noch abschätzbaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden457. Von ihnen muss also innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes Folgebestellungen zu erwarten sein. Dafür müssen nicht zwingend zwei oder mehrere Verträge geschlossen werden. Auch ein Dauerschuldverhältnis genügt, wenn es zu einer Geschäftsverbindung führt, etwa weil es eine Vielzahl von Geschäften über einen längeren Zeitraum regelt (etwa: Sukzessivliefervertrag, auch ein Rahmenvertrag trotz fehlender Bezugsverpflichtung, jedoch nur, wenn er mit hinreichender Sicherheit zukünftige Geschäfte erwarten lässt [Leitbild: Telefondienstvertrag458, Beweislast beim HV]). Denn § 89b Abs. 1 Nr. 1 verlangt eine „Geschäftsverbindung“ und nicht mehrere Einzelkäufe; es gibt aber kaum eine beständigere Geschäftsverbindung als die durch ein Dauerschuldverhältnis gesicherte. Die gegenteilige Ansicht geht zu sehr vom Leitbild der Einzelgeschäfte aus; sie werden von § 89b Abs. 1 Nr. 1 aber nicht gefordert. Ebenso wenig müssen mehrere Stammkunden geworben sein; es genügt ein einzelner Kunde459. Ein Kunde kann zur selben Zeit oder nacheinander bei mehreren Unternehmern Mehrfachkunde sein460, zudem auch beim Unternehmer und HV gleichzeitig461. Jeder Kunde, der beim Unternehmer innerhalb akzeptabler Frist nach dem Erstgeschäft ein Zweitgeschäft getätigt hat, wird (Vermutung) auch in Zukunft Geschäfte tätigen462. Es handelt sich bei der Suche nach der Geschäftsverbindung um eine Zukunftsprognose. Nicht erforderlich ist es deshalb, dass die Nachbestellungen bis ins letzte oder vorletzte Vertragsjahr hineinreichen, wenn gleichwohl eine Prognose spätere Nachbestellungen erwarten lässt463. Nur muss das Verhältnis des Unternehmers zu einem neu zugeführten Kunden während des HV-Vertrages zu einem solchen von gewisser Dauer geworden sein, in welchem es (vermutlich) zu Nachbestellungen kommt. Wie allgemein die Kundeneigenschaft ist die Geschäftsverbindung nicht streng per90 sonenbezogen464 sondern wirtschaftlich-faktisch bzw. mit kaufmännischer Betrachtung zu bestimmen465. Im Grundsatz gilt allerdings: Verträge des Unternehmers mit einem anderen Zweitkunden als dem Erstkunden können eine Stammkundeneigenschaft nicht begrün-

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BGH, Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 22 (Tankstellen-HV); Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475 Rn 41 m. Anm. Emde. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 9; Urt. v. 06.08.1997 – VIII ZR 150/96, NJW 1998, 66 B I 1a; VIII ZR 92/96, NJW 1998, 71 B I 2a; v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475 Rn 36, v. 17.12.2008 – VIII ZR 159/07, VersR 2009, 355 Rn 35; v. 11.10.1990 – I ZR 32/98, NJW-RR 1991, 156; v. 25.10.1984 – I ZR 104/82, NJW 1985, 859. Ein Telefoninhaber wird das Telefon nutzen. Das ausgleichsrelevante Nutzungsentgelt ist ggf. gem. § 287 ZPO zu schätzen. Bei

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Flatrate oder Grundgebühr ist zumindest dieser Betrag ausgleichsrelevant. OLG Hamburg DB 1980, 972; Hopt § 84 Rn 15. BGHZ 42, 244 (247); BGH ZIP 1997, 1832 (1837); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 82. BGH, Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, BGHZ 42, 244 (247) = NJW 1965, 247; Urt. v. 06.08.1997 – VIII ZR 150/96, ZIP 1997, 1832 (1837); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH ZIP 1987, 1383 (1386). Küstner/Thume II Rn 495. AA wohl OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763 („personen-, nicht familienbezogen“); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. Döpfer EWiR 2009, 180.

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den466. Tatsächlich haben Rspr und Literatur hiervon erhebliche Abweichungen anerkannt: Für die Schaffung einer Geschäftsverbindung genügt auch die Werbung Dritter, die eigenverantwortlich Produkte des Herstellers bestellen, auch wenn deren Bestellungen aufgrund des vom Unternehmer gewählten Vertriebssystems nicht direkt beim vertretenen Unternehmer, sondern nur über zwischengeschaltete Großhändler erfolgen (3stufiger Vertriebsweg). Eine Neukundenwerbung nach § 89b Abs. 1 setzt somit nicht zwingend voraus, dass zwischen dem vom HV akquirierten Kunden und dem vertretenen Unternehmer unmittelbare vertragliche Beziehungen entstanden sein müssen467. Der Mehrfachkundeneigenschaft steht auch nicht entgegen, dass der Händler die Waren nicht direkt beim Hersteller, sondern bei einem anderen Vertragshändler bezogen hat468. Ferner werden Familienund Betriebsangehörige des Mittlers in den Kreis ausgleichsbedürftiger Mehrfachkunden einbezogen469. Wenn geschäftsführende Gesellschafter eines Vertragshändlers zugleich – mit einem Dritten – Gesellschafter des Kunden sind, steht dies der Zurechnung der Rabatte jenes Stammkunden in die Ausgleichsbemessungsgrundlage schon deshalb nicht entgegen, weil es sich beim Kunden um ein rechtlich selbständiges Unternehmen handelt470. Eine familiäre oder betriebliche Bindung darf nicht überbewertet werden. Ist der Kunde mit dem Produkt zufrieden, bleibt die Vertragsbeziehung für den Unternehmer auch nach Ende des Mittlervertrages erhalten471. Deshalb werden auch Familienangehörige oder andere dem Erstkäufer nahe stehende Personen als Zweitkäufer werden deshalb wie ein einziger Wiederholungskäufer behandelt und der Zweitkäufer dem Erstkäufer und vice versa zugerechnet 472, etwa Mutter und Sohn473, Einzelkaufmann und Geschäftsführer einer GmbH 474 oder Geschäftsführer einer Gesellschaft und Gesellschaft. Die gleichen Voraussetzungen dürften bei dem Zweitkauf eines nahe verbundenen Unternehmens gelten, etwa einer Schwestergesellschaft. Für die Erweiterung des Stammkundenkreises über den Käufer hinaus auf nahestehende Personen ist bedeutsam, ob der zum Erstgeschäft führende Einfluss sich typischerweise auch für die Kaufentscheidung des Folgegeschäfts auswirkt 475, was bei nahen Angehörigen wohl vermutet werden darf. Es genügt also der Erstkauf des Ehemannes und ein Zweitkauf seiner Frau oder des gemeinsamen Kindes. Eine häusliche Gemeinschaft der Familienmitglieder wird nicht notwendigerweise gefordert 476. Verlangt man sie, gibt die Anschriftengleichheit ein Indiz für eine häusliche Gemeinschaft 477. Bloße Tätigkeit bei derselben Firma reicht nicht aus 478. 466 467 468 469 470 471

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Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. OLG Bamberg, Urt. v. 19.11.2008 – 3 U 44/08, EWiR 2009, 179 (Döpfer). OLG Köln VersR 2002, 437 (438). AA wohl Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07, DB 2011, 645 = WM 2011, 620 Rn 21 f. OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.02.2003 – 1 U 924/01-211, NJW-RR 2003, 900 = EWiR 2003, 825 (Emde); offengelassen von BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, ZIP 1996, 1294 (1299). BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, ZIP 1996, 1294 (1299); aA Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 79. OLG München, Urt. v. 16.01.2002 – 7 U 4312/00, NJOZ 2002, 1419 (Kfz); OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200 (Kfz-Vertrags-

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händler); dort allerdings wegen fehlender häuslicher Gemeinschaft abgelehnt. OLG München, Urt. v. 16.01.2002 – 7 U 4312/00, NJOZ 2002, 1419 (Kfz); Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 26. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 10.07.2007 – 5 U 62/06, BeckRS 2008, 13897 – Kfz; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200 – Kfz. AA OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 04.09.2007 – 5 U 87/06 – Kfz; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200 (Kfz-Vertragshändler). OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 04.09.2007 – 5 U 87/06 – Kfz; Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200 (Kfz). OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 04.09.2007 – 5 U 87/06 – Kfz.

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Ob Nachbestellungen zu erwarten sind, ist im Wege einer Prognose bei Vertragsende nach den gewöhnlichen Umständen zu prüfen. Ungewöhnliche, kaum zu erwartende Ereignisse sind nicht zu antizipieren. So ist etwa nicht zu erwarten, das gekaufte, grundsätzlich ohne Nachbestellwahrscheinlichkeit erworbene Fertighaus werde durch einen Wirbelsturm oder Meteoriteneinschlag zerstört oder ein gewöhnlich zwanzig Jahre existierendes Elektrogerät werde ausnahmsweise schnell verschleißen. Das Entstehen einer Geschäftsverbindung ist für jeden Kunden separat zu prüfen. 92 Selbst wenn nur zu einem Kunden eine Geschäftsverbindung nachweisbar ist, ist sie ausgleichspflichtig, falls der Unternehmer aus jener Geschäftsverbindung erhebliche Vorteile gewinnt. Weder der Plural bei der Bezeichnung „neue Kunden“ in § 89b Abs. 1 Nr. 1 noch der Begriff der „erheblichen Vorteile“ fordert eine ohnehin kaum bestimmbare Mindestgröße des Kundenstammes oder eine bestimmte Anzahl von Wiederholungskäufen479. Auch im Rotationsvertrieb werden nur diejenigen Kunden in die Ausgleichsberechnung einbezogen, bei denen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist480. Dabei ist anhand der Entwicklung in der Vergangenheit – ggf. in anderen Bezirken – zu prüfen, welcher Anteil der Gesamtumsätze auf Mehrfachkunden entfiel481.

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d) Potentielle Mehrfachkunden. Der HV erhält die Ausgleichsvergütung für die Herstellung der Geschäftsverbindungen. Folglich wird diskutiert, ob er bereits bei Vertragsende Geschäftsbeziehungen hinterlassen muss, d.h. Mehrfachkunden, oder ob es ausreicht, wenn bei Vertragsende zu prognostizieren ist, dass der Kunde zum Mehrfachkunden wird. Für die erste Auffassung spricht, dass der HV bei Vertragsende seinen Teil der Gegenleistung, den Aufbau des Kundenstammes, erbracht haben muss (§ 362 BGB) und der Vorteil aus der Geschäftsverbindung deshalb zum Zeitpunkt des Vertragsendes bestehen muss. Für die Gegenansicht streitet, dass es sich bei der Prognose um eine Zukunftsbetrachtung (Aussicht482) handelt und die Vorteile daher zukunftsbezogen zu bestimmen sind. Bei einer zukunftsbezogenen Betrachtung müssten jedoch auch zukünftige Geschäftsbeziehungen ausgleichsfähig sein, sofern der HV für ihre Herstellung vertragsbegleitend (mit)ursächlich war: Der HV hätte vertragsbegleitend erfüllt. Nur der Erfolg setzt erst einige Zeit nach Vertragsende ein. Nicht nötig wäre es dann, dass bereits bis zum Vertragsende mehrere Geschäfte getätigt wurden. Die h.M. favorisiert im Ergebnis die zweite Alternative483: Für die Ausgleichsfähigkeit 94 ausreichend ist, dass der Kunde vermutlich zukünftig Mehrfachkunde sein wird. Denn auch bei Einmalkunden kann die Geschäftsverbindung bereits durch das erste Geschäft so sicher geworden sein, dass die begründete Aussicht auf ein Folgegeschäft besteht484. Selbst ein Stamm von Einmalkunden kann unter diesem Gesichtspunkt ausgleichspflichtig werden. Die Anerkennung eines ausgleichspflichtigen Provisionsanteils für zu erwar479 480 481 482 483

Küstner/Thume II Rn 496. BGH, Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2669) unter 3a. BGH, Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2670) unter 3b. Hopt § 89b Rn 12. BGH, Beschl. v. 16.11.2010 – VIII ZR 228/08, BeckRS 2010, 30437 Rn 18; Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14 = NJW 1997, 1503 (1504) = ZIP 1997, 841 (842) – Kfz-Vertragshändler (nach bei-

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484

den Entscheidungen jedenfalls bei langlebigen Wirtschaftsgütern; die Einschränkung dürfte überflüssig sein); Urt. v. 31.01.1991, NJW-RR 1991, 1050 (1052) – Kfz; Urt. v. 02.07.1987, NJW-RR 1988, 42 = WM 1987, 1462 = ZIP 1987, 1383 (Kfz); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 818; Hopt § 89b Rn 12 („voraussichtlich abschließen werden“). Graf von Westphalen DB-Beil. 8/88, 3; aA Hollmann BB 1985, 1023 (1032) – Kfz.

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tende Mehrfachkunden setzt aber voraus, dass aufgrund der Gegebenheiten während des bestehenden Vertrages hinreichend sichere, möglichst (aber nicht notwendig) auf den Einzelfall bezogene konkrete Anhaltspunkte für Folgegeschäfte mit bisherigen Einmalkunden innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes bestehen. Vergütungen aus Einmalgeschäften werden also ausgleichspflichtig, sofern in Zukunft erwartet werden kann, dass zu den betroffenen Einmalkunden Geschäftsverbindungen entstehen – sie also zu Mehrfachkunden werden485. Davon darf je nach dem Erfolg der Stammkundenwerbung sowie der Branchenverhältnisse bei einem bestimmten Prozentsatz der Einmalkunden ausgegangen werden, insbesondere bei Produkten, die regelmäßig mehrfach erworben werden (Vermutung). Beispiel: Der HV warb für eine Vorauflage Anzeigenkunden; diese schalten nach Ende des HV-Vertrages Folgeanzeigen. Nicht vorausgesetzt wird, dass der HV während der Vertragsdauer überhaupt einen Mehrfachkunden warb. Allerdings knüpft sich daran regelm. die Vermutung, aus einem Teil der Einmalkunden könnten Mehrfachkunden generiert werden. Der Anteil potentieller Mehrfachkunden ist entweder gem. § 286 ZPO, notfalls gem. § 287 ZPO, zu bestimmen, etwa durch Sachverständigengutachten486. Aufgrund einer pauschalierenden, an der Entwicklung in der Vergangenheit ausgerichteten Betrachtungsweise darf abgeschätzt werden, wie viele der bereits geworbenen Kunden während des Prognosezeitraums Stammkunden geworden wären487. Der BGH488 sowie das OLG Saarbrücken489 haben eine Erhöhung der Ausgleichsbemessungsgrundlage um 2/3 der um verwaltende Anteile bereinigten Erträge des letzten Jahres aus Verkäufen an Einfachkunden für angemessen gehalten, der BGH490 ein anderes Mal eine Erhöhung der Rabatte aus Käufen der Erwerber, welche mindestens 2 Mal Vertragswaren erwarben, um 30 %. Das OLG Düsseldorf berechnete eine Zuwanderungsquote von 8 %, welche die Abwanderungsquote von 10 % faktisch ausglich491. Graf von Westphalen492 nimmt eine Quote potentieller Mehrfachkunden von 1/3 bis zum eineinhalbfachen der für Mehrfachkunden errechneten Quote an, die hinzuzurechnen sei. Zur Bestimmung des Anteils potenzieller Mehrfachkunden kann auch konkret dargelegt werden, welcher Anteil der Erstkunden in den vergangenen Jahren zu Mehrfachkunden wurden493. Der Berücksichtigung potentieller Mehrfachkunden ist – wohl nicht nur bei häufig angeschafften langlebigen Wirtschaftsgütern494 – zuzustimmen. Die betroffenen 485

486

BGH, Beschl. v. 16.11.2010 – VIII ZR 228/08, BeckRS 2010, 30437 Rn 18 (Werkzeugmaschinen-HV); Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14 = NJW 1997, 1503 (1504) = ZIP 1997, 841 (842) – Kfz-Vertragshändler; Urt. v. 31.01.1991, NJW-RR 1991, 1050 (1052) – Kfz; Urt. v. 02.07.1987, NJW-RR 1988, 42 = WM 1987, 1462 = ZIP 1987, 1383 (Kfz); OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763 (Kapitalanlagen); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 818. BGH, Urt. v. 05.06.1996, ZIP 1996, 1299; 1997, 841; ebenso Westphal MDR 1996, 130; Emde DStR 2009, 1481 (zur Bestätigung dieser Rspr. im Lichte der vom EuGH aufgestellten HV-freundlichsten Auslegung der Artt. 17–19 HV-RL); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81.

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OLG Köln, Urt. v. 23.02.1996 – 19 U 114/95, BB 1997, 2452, Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81. BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, NJW 1996, 2298 (2301) – Kfz. OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.02.2003 – 1 U 924/01-211, NJW-RR 2003, 900 = EWiR 2003, 825 (Emde). Urt. v. 02.07.1987, NJW-RR 1988, 42 = WM 1987, 1462 = ZIP 1987, 1383 – Kfz. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. DB-Beil. 7/88, 3 (für den Kfz-Vertrieb). BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503 (1504). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81; aA wohl BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14 = NJW 1997, 1503 (1504) = ZIP 1997, 841 (842) – Kfz-Vertragshändler.

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Einmalkunden müssen im Ausgleichsprozess namentlich nur als Einmalkunden benannt werden. Nicht möglich oder erforderlich ist es hingegen zu benennen, welcher dieser Kunden zukünftig Mehrfachkunde werden wird. Das folgt aus dem Prognosecharakter der zukünftigen Mehrfachkundeneigenschaft. Der Münchner Formel des LG München I zum BMW-Vertrieb (Rn 418; Vertragshändlerrecht) ist beizupflichten, derzufolge auch (potenzielle) Einmalkunden ausgleichsrelevant sein können. Die bloße Chance des HV, bei Fortbestand des Vertrages weitere Neukunden zu werben, ist hingegen nicht zu berücksichtigen495. Denn zukünftige Geschäftsbeziehungen, deren Existenz noch dazu unsicher ist, sind ausgleichsunfähig. Das schließt es jedoch nicht aus, nach der Novelle 2009 die mangelnde Möglichkeit, neue Kunden zu werben, unter dem Gesichtspunkt der Billigkeitserwägungen ausgleichserhöhend wirken zu lassen496. Die Abwanderungsquote der Kunden sowie die Zuwanderungsquote potentieller 95 Mehrfachkunden sind unabhängig voneinander zu bestimmen. Es gibt keinen Automatismus, demzufolge bei fehlendem Abzug einer Abwanderungsquote eine Berücksichtigung potentieller Mehrfachkunden nicht erfolgt. Das gilt insbesondere, wenn die Kundenabwanderung gering oder nicht vorhanden ist. Häufig wird aber zu vermuten sein, dass sich beide Quoten, nur auf unterschiedlichen Seiten der „Bilanz“, entsprechen. Ist das anzunehmen, darf bei fehlendem Abzug einer Abwanderungsquote kein Anteil potentieller Mehrfachkunden der Ausgleichsbemessungsgrundlage hinzugesetzt werden (sonst Doppelberücksichtigung der potentiellen Mehrfachkunden)497.

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e) Folgegeschäfte. Grundsätzlich muss der HV für das Folgegeschäft mitursächlich geworden sein. Dabei müssen bestimmte Anforderungen an das Zweitgeschäft gegeben sein, nämlich in persönlicher Hinsicht (dazu oben unter dem Stichwort „Kunde“) sowie in zeitlicher und sachlicher Hinsicht.

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aa) Zeitliche Hinsicht (Wiederholungsintervall). Nicht jeder Zweitkauf lässt einen Kunden zum Stammkunden werden. Welcher Zeitraum bei der Prüfung, ob eine Geschäftsverbindung besteht, zugrunde zu legen ist, hängt von dem Gegenstand des Geschäfts und den branchenüblichen Besonderheiten ab498. Wiederholungsgeschäfte eines typischen Laufkunden können die Stammkundeneigenschaft erst begründen, wenn sich eine feste geschäftliche Bindung an den Unternehmer und sein Produkt feststellen lässt499. Bei Alltagsgeschäften ohne große Kundenbindung gelten andere Maßstäbe als bei persönlicherer Kundenbindung. Das Wiederholungsintervall für Folgegeschäfte ist bei häufig wiederkehrenden Verbrauchsgeschäften kleiner zu bemessen als bei Geschäften über langlebige Wirtschaftsgüter500; außerdem müssen mehrere Geschäfte die hier flüchtigere Kun495

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BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503 (1504) – Kfz; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 91. Emde DStR 2009, 1478 (1481). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 81; vgl. auch OLG München, Urt. v. 16.01.2002 – 7 U 4312/00, NJOZ 2002, 1419 (Kfz), das bei fehlender Berücksichtigung der Abwanderungsquote die potentiellen Mehrfachkunden nicht berücksichtigen will. BGH, Urt. v. 19.01.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 24 (TankstellenHV); Urt. v. 19.01.2011 – VIII ZR 168/09, BeckRS 2011, 03879 (Tankstellen-HV). BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 32/89,

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NJW-RR 1991, 156 (157); Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14 = ZIP 1997, 841, 842; Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 (1097); Urt. v. 10.07.2002 – VIII ZR 158/01, WM 2003, 499 zum Tankstellenvertreter; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 79; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 23; MünchKomm HGB/von Hoyningen-Huene § 89b Rn 67; Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 5. BGH, Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 21 (Tankstellen-HV); v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, VersR 2008, 214 Rn 37; v. 10.07. 2002 – VIII ZR 158/01, WM 2003, 499 II 1a.

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denbindung dokumentieren. Allerdings sollen mehr als gelegentliche Folgegeschäfte nicht erforderlich sein, um eine Geschäftsverbindung zu begründen501. Zumindest bei 2 Geschäften im Basisjahr liegt meist eine Geschäftsverbindung vor 502; ebenso bei einem Zweitgeschäft im Basisjahr und einem weiteren Geschäft innerhalb eines angemessenen Zeitraums zuvor. Während z.B. im Kfz-Geschäft ein Zweitkauf, unabhängig davon, ob er sofort oder binnen 5–8 Jahren erfolgt, genügt 503, werden im Tankstellen-Shop-Vertrieb als Alltagsgeschäft z.B. vier Käufe binnen einer Zeitspanne von einem Jahr gefordert, um von einer hinreichenden Kundenbindung auszugehen504 (Rn 431). Folglich sind in Branchen mit flüchtigem Kundenstamm besonders strenge Anforderungen an die Stammkundeneigenschaft zu stellen, und zwar immer bei häufig getätigten Geschäften des täglichen Lebens, etwa im Tankstellengeschäft (Rn 423 ff) oder bei Reisebüros: Gerade wenn dort Produkte verschiedener Unternehmer vertrieben werden, soll die wiederholte Buchung bei demselben Reiseveranstalter regelmäßig kein ausreichendes Indiz für eine ausgleichsfähige Geschäftsverbindung sein, die erst angenommen werden soll, wenn die Entscheidung des Kunden für das abzunehmende Produkt durch die Person des Herstellers, Anbieters oder Unternehmers zumindest mitbestimmt wird505. Aber auch in solchen Fällen wird es auf die Verhältnisse des Einzelfalles ankommen. Außerhalb dieser Sonderfälle kann auch ohne längerfristige Kundenbindung leitbildartig bei mindestens einem 506 Folgegeschäft der Vergangenheit binnen des üblichen Nachkaufintervalls oder generell bei Mehrfachkunden507 eine Vermutung für den Abschluss weiterer Geschäfte und eine bestehende Geschäftsverbindung bestehen, sofern dieses Zweitgeschäft, was im Regelfall zu vermuten ist, auf die im Gesetz geforderte dauerhafte Geschäftsverbindung schließen und künftige Folgegeschäfte erwarten lässt 508. Deshalb beschränkt sich die Ausgleichsberechnung der Praxis häufig auf Kunden, die bereits in der Vergangenheit wiederholt gekauft haben, denn der HV ist für die Existenz der Geschäftsverbindungen als Ausgleichsvoraussetzung grundsätzlich beweispflichtig. Wird bei Untypik des Basisjahres die durchschnittliche Jahresprovision eines mehr- 98 jährigen Zeitraums der Ausgleichsberechnung zugrunde gelegt, sind alle Kunden Mehrfachkunden, die in den 5 Jahren vor dem jeweils in dem Mehrjahreszeitraum getätigten

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BGH, Urt. v. 19.01.2011 – VIII ZR 168/09, BeckRS 2011, 03879 Rn 20 (Tankstellen-HV). BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 23 m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler; Urt. v. 26.02.1997, NJW 1997, 1503 = ZIP 1997, 841 (844), unter C II 1b, insoweit nicht in BGHZ 135, 14 abgedruckt. BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, DB 1997, 871 = NJW 1997, 1503; Westphal DB 2010, 1333 (1335). BGH, Urt. v. 19.01.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 24 (TankstellenHV); Urt. v. 19.01.2011 – VIII ZR 168/09, BeckRS 2011, 03879 (Tankstellen-HV); BGH, Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 21; Urt. v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 20. BGH, Urt. v. 28.03.1974 – VII ZR 18/73,

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NJW 1974, 1242 (1243); Urt. v. 06.08.1997 – VIII ZR 150/96, DG 1997, 1832 (1834); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH, Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 82. OLG Frankfurt, Urt. v. 19.06.1972, BB 1973, 212; Küstner/Thume II Rn 495. BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 32/89, NJW-RR 1991, 156 (157); Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BGHZ 135, 14 = NJW 1997, 1503 = ZIP 1997, 841 (842) – Kfz-Vertragshändler; Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 (1097); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 23; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89b Rn 67; Schlegelberger/ Schröder § 89b Rn 5.

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Zweitkauf einen Erstkauf vornahmen509. Selbst eine unter Umständen mehrjährige Zeitspanne fehlender Bestellungen unterbricht die Geschäftsverbindung nicht, wenn zwischen den einzelnen Aufträgen längere Zeiträume üblich sind. Dies ist der Fall bei langlebigen Verbrauchsgütern, wie Kfz und Elektromaschinen, sofern der Intervall das Entstehen einer Geschäftsverbindung nicht ausschließt und mit weiteren Aufträgen des Kunden gerechnet werden darf. Der Nachweis der zu erwartenden Geschäftsverbindung gestaltet sich in solchen Konstellationen allerdings schwierig, falls Erfahrungswerte der Vergangenheit im konkreten Geschäftsverhältnis fehlen. Hier können branchenbezogene Statistiken gem. § 287 ZPO helfen. Die Rechtsprechung hat den Nachweis der ausgleichsbegründenden Umstände durch Statistiken, z.B. in den Tankstellenurteilen (Rn 424), gestattet. Mehrfache, eigenständig gefasste Kaufentschlüsse des Kunden sind nicht zwingend 99 erforderlich. Sofern die Kundenbindung nicht tendenziell flüchtig ist, bleibt der Abstand zwischen mehreren Käufen unerheblich, solange nach den Gegebenheiten der Branche mit Folgegeschäften gerechnet werden kann510. So kann der gleichzeitige Erwerb zweier Produkte des Unternehmers am selben Tag die Stammkundeneigenschaft (Sammelbestellung) begründen511 und beide Geschäfte fließen in die maßgeblichen Vergütungen des Basisjahres ein512. Es darf davon ausgegangen werden, dass dem Hersteller gleichwohl erhebliche Vorteile nach Vertragsbeendigung verbleiben, ebenso wie bei einem Kunden, der in nicht unerheblichen Zeitabständen erwirbt 513. Nach einer Minderansicht soll ein Käufer, der am selben Tag zwei Produkte – hier Kfz – erwarb, noch kein gesteigertes Vertrauen in den Mittler bewiesen haben, so dass es sich rechtlich um einen Einfachkäufer handeln soll 514. Auf der Basis der h.M. wird auch das Zustandebringen eines auf Dauer angelegten Vertrages, etwa eines Abonnement- und Sukzessiv-Lieferungsvertrages die Annahme einer Stammkundeneigenschaft rechtfertigen515. Bei Vermittlung eines Bezugsvertrages ist eine Geschäftsverbindung anzunehmen, wenn in diesem Vertrag bereits die mehrfache Abnahme bestimmter vom Mittler vertriebener Produkte verbindlich festgelegt ist oder der Kunde nicht von einer ihm zum ersten Mal rechtlich zustehenden Möglichkeit zur Ver509

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BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2498) Rn 28 – Vertragshändler. Ahle DB 1963, 1703; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89b Rn 67. BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07 DB 2011, 645 = WM 2011, 620 Rn 25 f – Kfz-Vertragshändler; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 23 m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, NJW 1997, 1503 = ZIP 1997, 841 (844), unter C I 1c, insoweit nicht in BGHZ 135, 14 abgedruckt; Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, ZIP 1996, 1299 (1304) = NJW 1996, 2298 (2301); OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.07.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200 (Kfz-Vertragshändler, 2 Kfz-Käufe an einem Tag); Urt. v. 30.01.2001 – 5 U 173/99, HVR Nr. 954; Hübsch/Hübsch WM 2005 Sonderbeilage Nr. 1 zu Heft 9, S. 12; Hopt

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§ 89b Rn 12; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79; aA BGH NJW 1974, 1242 für Reisebürokunden (vielleicht aufgrund der Besonderheiten der Reisevermittlung gerechtfertigt); LG Köln, Urt. v. 02.11.2009 – 86 O 10/08, n.v. (Kfz) bei Käufen an einem Tag oder innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einer Woche – aber dann müsste bei Verträgen mit einer Dauer von weniger als einer Woche nie ein Ausgleich geleistet werden; Rittner DB 1998, 457. BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07, DB 2011, 645 = WM 2011, 620 Rn 26 (KfzVertragshändler). BGH, Urt. v. 16.02.2011 – VIII ZR 226/07 DB 2011, 645 = WM 2011, 620 Rn 25 f – Kfz-Vertragshändler; Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, NJW 1996, 2298 (2301). OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 19.12.2003 – 5 U 227/02; v. 10.07.2997 – 5 U 63/06; v. 10.07.2007 – 5 U 62/06. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79.

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tragsbeendigung Gebrauch gemacht hat, etwa eine Kündigung, oder einen Widerspruch gegen eine automatische Vertragsverlängerung unterlassen hat 516. bb) Sachliche Hinsicht. Grundsätzlich muss sich das Folgegeschäft nicht auf diesel- 100 ben Produkte wie das Erstgeschäft beziehen517. So genügt der Kauf des Kfz einer anderen Marke desselben Konzerns518 oder beim Vertrieb von Kapitalanlagen der Kauf einer 2. Kapitalanlage innerhalb des maßgeblichen Zeitraums; es muss nicht nach verschiedenen Kapitalanlagen differenziert werden519. Erforderlich ist aber im Grundsatz, dass es sich um ein Geschäft über ein durch den maßgeblichen Vertrag oder einen im wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Vorgänger- oder Folgevertrag (wichtig, bei einem Übergang von der Vertragshändler- zur Handelsvertretertätigkeit und vice versa) handelt. Durch den Abschluss eines Vertrages über ein vergleichbares Produkt, welches der HV vertragsgemäß zu vertreiben hat, wird die Stammkundeneigenschaft ebenfalls begründet 520. Aus bloßen Nebengeschäften oder Hilfsgeschäften des Einmalkunden mit dem Unternehmer, wie sie beim Erwerb von betriebsnotwendigem Zubehör oder Ersatzteilen vorliegen sollen521, soll im Regelfall noch nicht auf eine Stammkundenverbindung geschlossen werden dürfen522. Dies kann aber nicht gelten, falls das betreffende Produkt ebenfalls der Vertriebspflicht unterliegt und dem Hauptprodukt vergleichbar ist. f) Abriss der Geschäftsverbindung. Ist die Geschäftsverbindung abgerissen, so dass 101 bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht mehr mit Nachbestellungen aus der laufenden Geschäftsverbindung zu rechnen ist, ohne dass Bemühungen erforderlich wären, die der Werbung eines Neukunden entsprechen, gilt der Kunde ausgleichsrechtlich nicht mehr als Alt- sondern als Neukunde, wenn er vom HV geworben wurde523. Neu kann daher ein früherer Kunde sein, der vor der Tätigkeit des HV abgesprungen und zu einem anderen Lieferanten übergegangen war, von dem HV aber für den Unternehmer zurückgewonnen wurde, auch ein Kunde, der wegen eigenen Geschäftsrückganges längere Zeit keine Bestellung mehr aufgeben konnte, sofern der HV ihn erneut wirbt (also kein Neukunde bei selbständiger Rückkehr). Neukundenwerbung wurde etwa angenommen: Bei der Neuauflage eines zuletzt 1941 und dann erst wieder 1950 erschienenen Adressbuches, wenn die Geschäftsverbindungen mit den früheren Beziehern abgerissen waren524; beim Abreißen von Geschäftsverbindungen in Folge eines HV-Wechsels oder bei einem Neuaufbau von Geschäftsbeziehungen, die in Folge des Krieges jahrelang still lagen525. Ist der Kunde während der Vertragszeit des HV wieder abgesprungen und deckt er nunmehr seinen Bedarf nicht mehr beim Unternehmer unmittelbar, sondern an anderer Stelle, etwa beim Großhandel, so ist das in der unmittelbaren Geschäftsverbindung begründet ge516 517

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Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 7/95, ZIP 1996, 1294 (1297); VIII ZR 141/95, ZIP 1996, 1299 (1304) = EWiR 1996, 747 (748) (Westphal); OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH, Urt. v. 05.06.1996 (Fiat/Lancia), BB 1996, 2265. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. OLG München, Urt. v. 19.09.1990, 7 U 2218/90, HVR Nr. 751; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79.

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525

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. BGH, Urt. v. 02.07.1987 – I ZR 188/85, ZIP 1987, 1383 (1387); Urt. v. 31.01.1991 – I ZR 142/89, NJW-RR 1991, 1050 (1052); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 79. Eberstein 9. Aufl. S. 135. OLG Nürnberg, Urt. v. 19.09.1957, NJW 1957, 1720; ähnlich OLG Nürnberg BB 1964, 1400: 9 1/2-jährige Unterbrechung. So auch Eberstein 9. Aufl., S. 132: zehnjährige Unterbrechnung. OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.10.1958, NJW 1959, 204.

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wesene Aktivum dann nicht entfallen, wenn der Kunde über seinen neuen Partner weiterhin die Ware des Unternehmers bezieht: ein erhalten gebliebener Marktanteil genügt hier, um die vom HV geschaffene, im fortdauernden Bestellinteresse wurzelnde Geschäftsverbindung in einer lediglich auf einen anderen Bezugsweg umgelenkten Gestalt lebendig zu erhalten526. Bei selten gekauften Gütern ist auch nach einem längeren Intervall die Geschäftsbeziehung nicht abgerissen527.

102

g) Beispiele für Bestehen oder Nichtbestehen einer Geschäftsverbindung. Wann eine Geschäftsverbindung entsteht, hängt von den Besonderheiten der jeweiligen Branche ab. Das Entstehen einer Geschäftsverbindung wurde angenommen bei: – einem Autokauf ab einem Zweitkauf 528 – Abschluss eines auf Dauer angelegten Bezugsvertrages, etwa eines Sukzessivlieferungsvertrages (siehe Rn 99)529 – Reisebüros bei einer größeren Zahl von Folgegeschäften530 – Tankstellenvertretern sobald innerhalb eines Jahres 4 Tankvorgänge – also durchschnittlich wenigstens einmal pro Quartal – festzustellen sind531 – Massenartikeln des täglichen Lebens erst nach einem längeren Zeitraum, gegebenenfalls nach Monaten oder Jahren. Eine Geschäftsverbindung wird verneint: 103 – Falls ein Kunde nur viermal im Jahr einen Supermarkt besucht, um dort einige Sachen zu kaufen532.

104

h) Langlebige Produkte ohne Nachkaufwahrscheinlichkeit. Die Abgrenzung gegenüber dem Einmal-Kunden ist zunächst bei langlebigen Wirtschaftsgütern akut geworden. Sie stellen nicht schon aus ihrer Eigenart heraus die Möglichkeit einer „Geschäftsverbindung“ in Frage. Es wird hier auf die Umstände des Falles ankommen. Bei bestimmten Artikeln und Abnehmern ist das Entstehen einer Geschäftsverbindung jedoch kaum möglich, weil sie nur einmal gekauft zu pflegen werden. Das trifft häufig zu beim Absatz langlebiger Gebrauchsgüter an private Letztverbraucher533. Hier ist mit Nachbestellungen des Kunden typischerweise nicht zu rechnen. Der Kunde ist nicht „Stammkunde“ für spätere Käufe. Auch ein Anteil potentieller Mehrfachkunden wird hier nicht in die Ausgleichsberechnung einzubeziehen sein. Zwar sind etwa angesichts der 25-jährigen Lebensdauer von Industriefußböden Aufträge zur vollständigen Erneuerung typischerweise nur mit großem zeitlichen Abstand zu erwarten534. Als ausgleichspflichtige Unternehmervorteile genügen aber zu erwartende Folgegeschäfte im Reparatur-535, Service- oder Wartungs526 527 528

529 530 531

Anders allerdings OLG Oldenburg BB 1963, 8. Eberstein 9. Aufl. S. 132. BGH, Urt. v. 26.02.1997 – 8 ZR 272/95, NJW 1997, 1503 und v. 31.01.1991 – I ZR 141/98, WM 1991, 1513. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 82. BGH, Urt. v. 28.03.1974 – VII ZR 18/73, NJW 1974, 1242. BGH, Urt. v. 21.04.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 19 f; Urt. v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 20; Urt. v. 15.07.2009 – VIII ZR 171/08, NJW-RR 2010, 43 = DB 2009, 2038 = WRP 2009,

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532 533 534 535

1266 Rn 16; Urt. v. 17.12.2008 – VIII ZR 150/07, DB 2009, 341 (LS) = WRP 2009, 326 = VersR 2009, 355; Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475 Rn 42 m. Anm. Emde; OLG Hamm, Urt. v. 29.05.2008 – 18 U 164/07; LG Hamburg, Urt. v. 15.05.2008 – 413 O 120/07; LG Hamburg, Urt. v. 17.07.2008 – 413 O 5/08. Thume BB 2009, 1026. Buchwald GmbHR 1957, 102. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 14. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 14.

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bereich536, jedenfalls sofern die Geschäfte provisionspflichtig gewesen wären (Billigkeitsmerkmal der „entgehenden Provisionen“), sogar ohne dass es darauf ankommt, ob sie auf einer neuerlichen Vermittlungstätigkeit des HV beruhen und ob er auch mit der Vermittlung von „Reparaturaufträgen“ vertraglich ausdrücklich betraut gewesen ist537. Dass der HV für solche Folgeaufträge uU keine Provision erhielt, ist nach dem Wegfall der Provisionsverluste als zwingendes TB-Merkmal nur noch billigkeitsrelevant (Rn 170 ff). Möglicherweise kann auch ein erhöhter Bekanntheitsgrad einen Vorteil bilden538. 105 Das Bestehen einer Geschäftsverbindung wurde verneint bei: – Fertighäusern539 – Fenstern540 – Lexika541 – Grabsteinen im Verkauf an Hinterbliebene – Ackerwagen für Bauern542 – Strickapparaten543. Selbst bei eigentlich nur einmal erworbenen Häusern, bei denen zukünftige Geschäfte nicht zu erwarten sind, können Vorteile bestehen, wenn die Aussicht auf weitere Geschäfte berechtigt ist, so z.B. wenn es dem HV gelingt, zu Beginn einer geplanten umfangreichen Fertighaussiedlung schon für die ersten zwei oder drei Häuser eine besondere, vom Unternehmer wie HV vertriebene Ausstattung an den Ersterwerber zu verkaufen, etwa besondere Haustüren oder Vordächer, und wenn zu erwarten ist, dass weitere Käufer solche ebenfalls erwerben werden544. Für Möbelkäufe wurde eine Nachkaufwahrscheinlichkeit als möglich angesehen545. 106 Auf dem Gebiet hochtechnisierter Anlagegüter für die Bedürfnisse der gewerblichen Wirtschaft hat der Markt seine eigene, von Fall zu Fall sorgfältig zu analysierende Kundendynamik. Grenzfälle sind langlebige Elektroartikel, etwa Staubsauger, Waschmaschinen, Küchenherde, Kühlschränke. Allerdings kann auch bei „Einmalprodukten“ eine Geschäftsverbindung entstehen, 107 wenn sie wiederholt an Großhändler oder expandierende Unternehmen546, die sie in hoher Stückzahl benötigen, veräußert werden. Es kommt also nicht auf das Produkt, sondern den Käuferkreis an. Handelt es sich bei dem Abnehmer um jemanden, der diese gewöhnlich nur einmal erworbenen Gegenstände mehrfach erwirbt, z.B. den Eigentümer mehrerer Grundstücke bei Fertighäusern oder den gewerbsmäßig veräußernden Erwerber, ist das Entstehen von Geschäftsverbindungen über die vertriebenen Produkte möglich. Feste Regeln gibt es also nicht. i) Beweisfragen. Die Abgrenzung zwischen Stammkundschaft und Laufkundschaft 108 hat in Gewerbezweigen mit anonymen Massenumsätzen, im HV-Bereich, besonders bei Tankstellen und bei Lotto-Annahmestellen, Schwierigkeiten bereitet (zu Tankstellen 536 537 538 539 540

Westphal DB 2010, 1333 (1336). BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 14. Westphal DB 2010, 1333 (1336). Thume IHR 2011, 7 (12); Küstner/Thume II Rn 487. Colin Stewart Hunter vs. Zenith Windows, Urt. v. 13.06.1997, Case No. 507457; zit. nach Sellhorst EWS 2001, 481; Thume IHR 2011, 7 (12).

541 542 543 544 545 546

Küstner/Thume II Rn 487. BGH, Urt. v. 15.06.1959, NJW 1959, 1677 mit Anm. Schuler NJW 1959, 1677. KG IHV 1957, 623. Thume IHR 2011, 7 (12/13). OLG Hamm DB 1979, 304 – Nachkäufe im Rahmen eines Einrichtungs„programms“ BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 14.

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Rn 423 ff). Hier wird, wenn der HV (Tankstellenpächter, Lotto-Einnehmer) nicht schlüssiges, beweismäßig nachprüfbares Zahlenmaterial beizubringen vermag, eine auf Statistiken beruhende Schätzung nach § 287 ZPO zulässig sein547 oder eine demoskopische Beweiserhebung Klarheit zu schaffen haben548.

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7. Nur vertragsgemäß verdiente Provisionen für die Werbung oder Erweiterung sind ausgleichspflichtig. Soweit dem HV bereits während der Vertragsbeziehung keine Provisionen für bestimmte Geschäfte zustanden, ist dem HV hierfür regelmäßig auch kein Ausgleich als vertragliche Gegenleistung für die Überlassung des Kundenstammes zu zahlen. Das gilt bspw. für noch nicht provisionspflichtige Rahmenverträge, etwa die Vermittlung von Kundenkarten549 (§ 87 Rn 68): Früher wurden Provisionsverluste verneint, was heute nur noch billigkeitsrelevant sein kann. Vertragswidrig ausgeführte Geschäfte, etwa an einen Wiederverkäufer550 oder außerbezirkliche Geschäfte551, sind folglich nicht ausgleichspflichtig, sofern der Unternehmer sie nicht in Kenntnis ihrer Vertragswidrigkeit akzeptiert.

V. Erhebliche Vorteile des Unternehmers (Tatbestandsmerkmal 3) 110

§ 89b Abs. 1 Nr. 1 setzt – insoweit im Einklang mit Art. 17 Abs. 2 lit. a 1. Spiegelstrich RL – voraus, dass der Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden „erhebliche Vorteile“ erwerben muss552. Dies ist weitere TB-Voraussetzung des Ausgleichsanspruchs.

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1. Bedeutung der Novelle 2009. Auch nach der Novellierung des § 89b müssen Unternehmervorteile bestehen, damit ein Ausgleichsanspruch zugebilligt werden kann553. Die Bedeutung der „Unternehmervorteile“ hat sich aufgrund der Verlagerung des nachfolgenden TB-Merkmals „Provisionsverluste“ in die Billigkeitsabwägung erhöht. Vor der Novellierung des § 89b wurde auf die Berechnung der Unternehmervorteile meist verzichtet554. Sie waren praktisch nur bedeutsam, sofern sie die Provisionsverluste unterschritten555. Zudem hatte die Praxis im Regelfall zugunsten des HV vermutet, dass die zu erwartenden Unternehmervorteile nicht geringer seien als die Provisionsverluste, solange der Unternehmer hierzu nichts anderes dargelegt hatte (Rn 355 „Vorteile des Unternehmers“). Wurde eine Begrenzung der Vorteile durch die Provisionsverluste antizipiert, gab es keinen weiteren Gedanken an höhere Unternehmervorteile. Deshalb rückten die Unternehmervorteile nur ins Blickfeld der Ausgleichsbewertung, wenn besondere 547

548

549

550 551

BGH, Urt. v. 07.05.2003 – VIII ZR 263/02, WRP 2003, 979 (980) = NJW-RR 2003, 1340 = WM 2003, 2107 (Tankstellenvertreter). OLG Stuttgart DB 1980, 1539 (1540) für den selbständigen, innerhalb eines Warenhauskomplexes betriebenen und dem Betreiber mietweise überlassenen Verkaufsstand. Vgl. BGH, Urt. v. 12.02.2003 – VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821 = WM 2003, 2095; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 74 f. OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 04.09.2007 – 5 U 87/06 – Kfz. Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 der Richtlinie auf den HV, COM (96) 364 final, S. 2.

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552

553

554 555

So auch Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 RL, COM (96) 364 final, S. 2. Emde DStR 2009, 1478 (1481); Steinhauer EuZW 2009, 887 (888); Westphal DB 2010, 1333 – wobei Westphal – wohl entgegen dem EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, DStR 2009, 759 – davon ausgeht, dass der Ausgleich auch unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht höher als die Unternehmervorteile valutieren kann. Christoph NJW 2010, 647. Eckhoff BB 2009, 1609.

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Gründe vorlagen, wie etwa die Geschäftsaufgabe, Vertriebseinstellung der bislang veräußerten Produkte, Wegfall von Stammkunden oder deren Mitnahme durch den HV nach Vertragsende etc.556 und meist als gegenüber den Provisionsverlusten ausgleichsreduzierender Umstand. Bedeutung hat die Novellierung des § 89b insbesondere, wenn die Vergütungsverluste nach Vertragsende relativ gering sind, während der Unternehmer aus dem geworbenen Neukundenstamm erheblich höhere Vorteile ziehen kann557. 2. Vorteile. Vorteil ist jede wirtschaftliche Besserstellung des Unternehmers aus der 112 geworbenen oder erweiterten Geschäftsverbindung infolge der Tätigkeit des Mittlers. Es genügt jeder mittelbar558 aus der Geschäftsverbindung resultierende Vorteil wirtschaftlicher Art 559. Der Begriff der Unternehmensvorteile ist weit zu fassen560; ausreichend sind Vorteile im weitesten Sinne, etwa aus einer Unternehmensveräußerung (Rn 130). Zudem müssen geldwerte Vorteile 561 – gleich welcher Art – vorliegen, da sie die Rechtsfolge – Ausgleichszahlungspflicht – begründen müssen. In erster Linie aber nicht ausschließlich maßgeblich ist der zu erwartende Umfang der Geschäfte mit den geworbenen (potentiellen) Mehrfachkunden562. Einen Vorteil aus dem übernommenen Kundenstamm gewinnt der Unternehmer zumindest, wenn er ohne weitere Provisionszahlungspflicht563 die Geschäftsbeziehung mit dem Kunden über die Beendigung des HV-Vertrages hinaus nutzen und vielleicht sogar ausbauen kann564. Jedoch wird der Vorteilsbegriff hierdurch nicht abgeschlossen. Davon, dass die Nutzungsmöglichkeit mindestens für einen überschaubaren Zeitraum möglich bleiben werde, geht das Gesetz als Regel aus (Beweislast und Vermutungen: Rn 355 ff); es liegt im Wesen der Geschäftsbeziehung. Doch lässt die Vermutung sich widerlegen. Jener Vorteil ist nicht mehr gegeben, sobald die vom HV geworbenen Kunden nach Beendigung des Vertragsverhältnisses wieder abspringen, wirtschaftlich schwach werden, keine erheblichen Bestellungen aufgeben, etwa weil der vom HV eingeführte patentierte Gegenstand durch neue Patente eines anderen Unternehmers überholt wird, Modeware außer Mode kommt oder ein Konkurrent des Unternehmers günstiger anzubieten vermag. Ein (erheblicher) Vorteil des Unternehmers aus den angebahnten Geschäftsverbindungen liegt auch dann nicht mehr vor, wenn der Unternehmer aus allgemeinen wirtschaftlichen Gründen selbst nicht länger in der Lage ist, die vom HV angebahnten Verbindungen auszunutzen, oder wenn er zur Betriebseinstellung 565 oder -umstellung566 genötigt ist. Ob der Unternehmer die ihm gegebenen Vorteile, insb. den ihm verbleibenden Kun- 113 denstamm an Neukunden, effektiv nutzt, ist unerheblich. Vorteile setzen nur die im konkreten Fall bestehende zumindest potenzielle Möglichkeit des Unternehmers voraus, die geschaffenen Geschäftsverbindungen nach Vertragsende auszunutzen567. Nicht erforderlich ist eine bestimmte Art der Vorteilsnutzung. Insbesondere braucht der Unternehmer

556 557 558 559 560 561 562

Thume BB 2009, 2490 (2491). Thume IHR 2011, 7 (11); ders. BB 2009, 2490 (2491). Thume IHR 2011, 7 (12). Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 88; Christoph NJW 2010, 647 (650). Thume IHR 2011, 7 (12); Reinicke NJW 1953, 1611. Christoph NJW 2010, 647 (650). BGH NJW-RR 1991, 1050; OLG Bremen NJW 1967, 254; OLG Düsseldorf OLGR 2002, 164; Steinhauer EuZW 2009, 887 (888); ablehnend Christoph NJW 2010, 647

563 564

565 566 567

(650), der auf den Unternehmergewinn abstellen will. Gewinne des Unternehmers sind ausgleichsrechtlich aber irrelevant. Canaris § 17 Rn 107. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 83; Hopt § 89b Rn 15. OLG Nürnberg BB 1962, 155 – aber wirtsch. Vorteil, etwa Stilllegungsprämie. BGH NJW 1959, 1964. LG Bielefeld BB 1972, 195; Semler in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 20 Rn 19; Oetker/Busche § 89b Rn 14.

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die Vorteile nicht tatsächlich auszuwerten. Ob er einen neuen HV einsetzt oder die Betreuung der Stammkunden in eigene Regie übernimmt, etwa durch angestellte Reisende, ist seine Sache. Mit dem Ausgleich wird nicht der Erfolg sondern die Chance der Nutzung des Kundenstammes durch den Unternehmer vergütet568. Der HV hat wie bei allen gegenseitigen Geschäften seinen Teil getan, wenn er erfüllt. Ob sich für den Vertragspartner – hier: den Unternehmer – seine Erwartungen und Motive erfüllen, braucht den HV im Grundsatz nicht zu interessieren. Insbesondere sind Untätigkeit oder Unfähigkeit des Unternehmers keine ausgleichsausschließenden Umstände. Dies gilt aber nur begrenzt. Denn weil das TB-Merkmal „Vorteile“ existiert, muss es irgendwelche geldwerten Vorteile des Unternehmers geben. Da aber die potenzielle Möglichkeit der Nutzung bei Übergabe eines Kundenstammes und damit ein Vorteil i.d.R. bestehen dürfte, muss der Unternehmer zumindest darlegen, dass im konkreten Fall eine solche Nutzungsmöglichkeit nicht bestand. Leitbildartiges Beispiel fehlender Vorteile bildet die Betriebseinstellung des Unternehmers. Hier mangelt es nach den konkreten Verhältnissen des Einzelfalls an der potentiellen Nutzungsmöglichkeit. Ausbleibende Vorteile sind nur erheblich, soweit der Unternehmer nachweist, dass dies bereits bei Vertragsende absehbar war569 (Anlagerechtsprechung, Rn 122). Der Mindestvorteil des Unternehmers liegt in der ersparten Provision, die einem „billigeren“ Nachfolger nicht zu zahlen ist570; dieser Vorteil besteht häufig, was ebenfalls eine Vermutung für die Existenz von Vorteilen rechtfertigt. Hat der HV auch Leistungen – Courtage – von Dritten erhalten, begründen jene in der Regel keinen Vorteil des Unternehmers. Denn der Unternehmer erhält diese Leistungen nach Vertragsende nicht, sondern allenfalls ein von ihm später eingesetzter Vertriebsmittler. Erspart sich der Unternehmer infolge dieser Drittleistungen eigene Leistungen an den Vertriebsmittler, mögen Vorteile des Unternehmers vorliegen. Sie müssen jedoch vom ausscheidenden HV dargelegt werden, weil es sich um einen Ausnahmefall handelt. Hinsichtlich der Vorteile ist leitbildartig auf solche aus den geworbenen oder erwei114 terten Neukunden abzustellen. Auch andere Vorteile können jedoch relevant sein. Irgendeine Art Differenzrechnung, ein Vergleich zwischen dem vom HV übernommenen und dem von ihm hinterlassenen Kundenstamm findet nicht statt 571. Das Risiko, dass Altkunden während der Vertragszeit abspringen, trägt der Unternehmer, so wie es im Blick auf den Ausgleichsanspruch das Risiko des HV ist, ob die von ihm geworbenen Kunden bis zum Ende der Vertragszeit treu bleiben. Wenn Altkunden abspringen, so kann das allenfalls im Rahmen der Billigkeit nach Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ausgleichsmindernd wirken, sofern dies nicht bereits bei der Ausgleichsbemessungsgrundlage berücksichtigt wurde. Sind die neugeworbenen Kunden schon während der Vertragszeit nicht treu geblieben, so kann, falls dieser Umstand auf ein vom Unternehmer dem HV gegenüber zu vertretendes illoyales Verhalten zurückzuführen ist, kraft der daraus resultierenden Schadensersatzpflicht der HV verlangen, für den Ausgleichsanspruch so gestellt zu werden, als sei der Kunde mit den normalerweise zu erwarten gewesenen Abschlüssen beständig geblieben572. Auch in anderer Beziehung ist für die Erheblichkeit des Unternehmervorteils der Wert des Neu568

569 570

OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; Urt. v. 12.03. 2004 – I-16 U 44/03, OLGR 2004, 275 (277) = HVR Nr. 1085; Thume IHR 2011, 7 (12); Semler in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr § 20 Rn 19; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 83. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 83. BGH, Urt. v. 19.11.1979 – VII ZR 47/69,

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571 572

BGHZ 55, 45 (49) = NJW 1971, 462; Urt. v. 06.08.1997 – VIII ZR 150/96, ZIP 1997, 1832 (1834); Reinicke NJW 1953, 1609 (1611); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 85 (aA aber Rn 83); MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89b Rn 71. OLG Stuttgart VersR 1957, 329. Schröder DB 1958, 44 (45).

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kundenstammes aus sich selbst heraus zu beurteilen. Relationen zum Gesamtumsatz oder Gesamtgewinn des Unternehmens haben als Maßstab auszuscheiden573. Eine Umsatzsteigerung ist nicht erforderlich574. Umsatz und Gewinn können sogar rückläufig gewesen sein; Gewinn gänzlich fehlen und Verluste 575 existieren: der Neukundenstamm hat sich dann – was als Vorteil genügt 576 – verlustmindernd ausgewirkt, und der Nutzen aus ihm kann insoweit dennoch „erheblich“ gewesen sein577. Deshalb muss der Unternehmer u.U. sogar mehr als Ausgleich zahlen, als ihm als Gewinn verbleibt 578, Härten wären durch die Billigkeitsprüfung zu nivellieren. Eine allgemeine Werterhöhung des Unternehmens des Prinzipals oder die in dem Aufbau einer Vertriebsorganisation liegende Bereicherung des Unternehmers ist nicht genügend579, weil der Ausgleich lediglich das zu Geschäftsverbindungen führende werbende Element honoriert; Härten können auch insoweit über die Billigkeit ausgeglichen werden. Deshalb ist Ausgangsbasis der Vorteilsprognose im Regelfall nicht der Umsatz oder Gewinn des Unternehmers sondern nach st. Rspr. sind es die dem HV geleisteten Provisionen (Rn 364 ff). Der Vorteil kann längerfristig oder einmalig sein. Beispiele für einmalige Vorteile sind 115 der Erhalt eines nur einmal entstandenen wirtschaftlichen Werts, etwa einer Einmalzahlung, für längerfristige Vorteile laufende Gewinne aus der Fortsetzung der Geschäftsverbindung ohne Provisionszahlungspflicht. Der Vorteil muss Gegenleistung für bzw. Spiegelbild der Schaffung der Geschäftsverbindungen durch den HV sein 580. Dass der Unternehmer zwecks Pflege des Neukundenstammes seinerseits übliche Aufwendungen hat, liegt in der Natur der ihm zufallenden Chance und kann daher die Erheblichkeit des Vorteils grds. nicht in Frage stellen581. Der Unternehmer kann seinen Vorteil aus dem übernommenen Kundenstamm nicht dadurch herabdrücken, indem er eine Reduzierung um die dem Nachfolger-HV gezahlten Provisionen582 oder Rabatte583 vornimmt 584. Sie gehören zu seinen normalen Vertriebskosten und sind im Preis einkalkuliert, ebenso wie 573

574 575

576 577 578 579 580 581 582

BGH, Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, BGHZ 42, 244 (247) = NJW 1965, 248; Urt. v. 29.03.1990 – I ZR 2/89, ZIP 1990, 1197; Urt. v. 31.01.1991 – I ZR 142/89, NJW-RR 1991, 1050; Urt. v. 06.08.1997 – VIII ZR 150/96, ZIP 1997, 1832 (1834); Evers VW 2010, 524 (zum Versicherungsvertreter); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 84; Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 8. Hopt § 89b Rn 15. Eckhoff BB 2009, 1609 (wohl auch Christoph NJW 2010, 647 [650]). Eckhoff äußert zu Unrecht Zweifel an der Ausgleichsberechtigung im Falle von Unternehmerverlusten. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 84. Hoffmann S. 43. AA Christoph NJW 2010, 647 (650). Christoph NJW 2010, 647 (650). Hopt § 89b Rn 15. BGH NJW 1957, 1028; VersR 1964, 1268; OLG Nürnberg NJW 1957, 1720. BGH, Urt. v. 12.09.2007 – VII ZR 194/06, BB 2007, 2475 Rn 48 – Tankstellen-HV; Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, NJW 1964, 248 (249) = BGHZ 42, 244 (248).

583

584

BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 209/07, DB 2010, 2667 = ZIP 2010, 2350 (2351) Rn 21 – Volvo-Vertragshändler; Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2497) Rn 22 – Volvo-Vertragshändler; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 19 f m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler. BGH, Urt. v. 06.10.2010 – VIII ZR 210/07, BB 2011, 208 m. Anm. Steinhauer = DB 2010, 2496 (2497) Rn 22 – Vertragshändler; Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 19 f m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler; Vorlagebeschl. v. 06.08.2009, EWS 2009, 440; Vorlagebeschl. v. 29.04. 2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde) Rn 24; Urt. v. 12.09.2007 – VII ZR 194/06, BB 2007, 2475 Rn 48; Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, NJW 1964, 248 (249) = BGHZ 42, 244 (248); Hopt § 89b Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 9.

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die sonstigen Folgekosten für die Aufrechterhaltung des Vertriebssystems. Kosten des Unternehmers fielen auch im Falle eines Eigenvertriebs an. Anderenfalls wäre die Vermutung der Gleichsetzung entgehender Provision mit den Unternehmervorteilen im Regelfall einer Nachfolgerbestellung entwertet. Sowohl der Anspruch auf Ausgleich wie der Provisionsanspruch des Nachfolgers bestehen nebeneinander585. Hat der Unternehmer außerordentliche Aufwendungen, um im Konkurrenzkampf den Kunden zu halten (Rabatte), so würden sie allerdings seinen Vorteil mindern586 und zudem die zu erwarten gewesene Provision des HV geringer erscheinen lassen (geringere „Provisionsverluste“). Nur ungewöhnlich hohe, sicher zu erwartende Aufwendungen des Unternehmers können den Vorteil reduzieren. In der Regel werden ungewöhnlich hohe Kosten eine Frage der Billigkeit sein587 und es sich zudem um „Sowieso-Aufwendungen“ handeln, die auch bei einer Fortsetzung des Vertrages angefallen wären und daher ebenso wenig anzurechnen sind wie im Rahmen des § 252 BGB allgemeine Geschäftskosten auf den Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns eines konkreten Einzelgeschäftes588. Vorteilsreduzierend dürfen zu erwartende Aufwendungen folglich nur wirken, sofern sie sich konkret vertraglichen Vorteilen zuordnen lassen und erheblich sein. Grundsätzlich gilt das Verbot der Doppelbewertung. D.h.: das was bereits die Unternehmervorteile mindert, darf nicht erneut im Rahmen der Billigkeit reduzierend wirken589. Der Vorteil braucht nicht notwendig in der gleichen Art gegeben zu sein, wie er im 116 Falle einer – unterstellt – fortgesetzten Tätigkeit des HV sich dargeboten hätte. Ändert der Unternehmer nachträglich sein Vertriebssystem (Belieferung der Kundschaft nunmehr über Vertragshändler), nutzt er den Kundenstamm durch Umwandlung in ein Verarbeitungskontingent590, gehen die übernommenen Stammkunden dazu über, nicht mehr beim Unternehmer unmittelbar sondern dasselbe Produkt über den Großhandel zu beziehen591: in jedem dieser Fälle bleibt dem Unternehmer der durch die übernommene Stammkundschaft repräsentierte Marktanteil in anderer Form erhalten. Das OLG Braunschweig592 geht so weit, im Sinne einer von ihm entwickelten „Konzerntheorie“ auch die Nutzung des Kundenstammes durch eine Konzerngesellschaft, nachdem das Unternehmen in einen Konzern eingegliedert worden war, dem eingegliederten Unternehmer für die Ausgleichspflicht zuzurechnen593.

117

3. Erheblichkeit der Vorteile. Die Vorteile des Unternehmers müssen „erheblich“ sein. Die Erheblichkeit des Unternehmervorteils kann sich nur nach Umfang und Erwartung der Beständigkeit des vermittelten Neugeschäfts richten, keinesfalls nach dessen Verhältnis zum Gesamtgeschäft des Unternehmers594. Fraglich ist, ob mit dem Wort „erheblich“ ein bestimmter Mindestvorteil, also eine bestimmte Bedeutung der Vorteile, gefordert wird. Das ist nach dem Gesetzeswortlaut und auch dem Text der HV-RL zwar anzunehmen. Die Schwierigkeit liegt jedoch in der Bildung eines Schwellenwertes. Dem 585

586 587 588 589 590 591

BGH, Urt. v. 13.01.2010 – VIII ZR 25/08, BB 2010, 600 Rn 19 f m. Anm. Lang/Klein – Kfz-Vertragshändler. Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 9. Vgl. Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 9; Schröder DB 1962, 895 (897). BGH, Urt. v. 15.10.1964, BB 1964, 1399 (1400). Thume BB 2009, 2490 (2492). BGH NJW 1960, 1292. OLG Frankfurt/Main BB 1973, 212.

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592 593

594

NJW 1976, 2022. Ähnlich auch Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 6 f (Stilllegung der Betriebsgesellschaft, Übernahme des Betriebs durch deren Muttergesellschaft); EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde) schließt eine solche Zurechnung nicht zwingend aus. BGH, Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475 Rn 47 m. Anm. Emde.

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TB-Merkmal darf deshalb kein zu hohes Gewicht beigemessen werden. Es sollen lediglich Bagatellfälle ausgeschieden werden, die meist ohnehin nicht forensisch werden. Eine Daumenregel von 15.000 €, bei Kleinunternehmern auch geringere Beträge595, wird man nicht bilden können und sie wäre auch ungerecht. Möglicherweise sind die „erheblichen“ Vorteile eher mit „nachhaltigen“ gleichzusetzen. Dann wäre das Wort eine Bestärkung des TB-Merkmals „Schaffung einer Geschäftsverbindung mit Mehrfachkunden“. Maßstab der erheblichen Unternehmervorteile ist nicht die Größe des Kundenstammes – auch ein Kunde allein kann einen erheblichen Vorteil bilden –, und auch nicht die Zahl der vermittelten oder voraussichtlich zustande gekommen Geschäfte596 oder der Gesamtumsatz und der Gesamtgewinn des Unternehmers 597, sondern – wenn überhaupt (s.o.) – die Höhe des geldwerten Vorteils, welchen der Unternehmer erlangt. Sogar eine Umsatzminderung schließt Vorteile des Unternehmers nicht aus598, weil trotzdem neue Kunden geworben sein können. Bei einem Unternehmensverkauf sind Vorteile des Unternehmers erheblich, wenn der Kundenstamm die Höhe des Kaufpreises positiv beeinflusst hat 599. 4. Vorteilsprognose. Die Vorteile aus dem Neukundenstamm hat das Gesetz zur Vor- 118 aussetzung des Ausgleichsanspruchs in der Formulierung erhoben, dass der Unternehmer sie auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses „hat“. Das ist, streng genommen, ungenau ausgedrückt. Denn der Ausgleichsanspruch entsteht mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses: in diesem Augenblick hat sich von den Vorteilen für den Unternehmer noch nichts verwirklicht. Gemeint sind also die Vorteile, welche der Unternehmer in Zukunft haben wird, genauer: haben kann, als die Chance, sie zu realisieren. Diese Chance ist zunächst nur der Schätzung im Wege der Prognose zugänglich. Erforderlich ist, dass nach den objektiv zu bestimmenden, gegenwärtigen oder vergangenen Umständen des Einzelfalls oder Erfahrungssätzen600 – regelmäßig gem. § 287 ZPO geschätzt 601 – mit Vorteilen gerechnet werden kann, etwa im Wege einer Umsatzprognose602. Anders gewendet: Eine wie bei der Bestimmung der Provisionsverluste bei Vertragsende vorgenommene Prognose aus der Sicht eines gut informierten unbeteiligten Dritten muss ergeben, dass in der konkreten Situation üblicherweise erhebliche Vorteilen des Unternehmers zu erwarten sind. Dabei geben Schicksal und Entwicklung der Vergangenheit sowie Kenntnisse und Erfahrungen aus vergleichbaren Vertragsverhältnissen603, Meinungsumfragen604 und Statistiken605 Anhaltspunkte für die Prognose. Die genaue Höhe der zu erwartenden Vorteile ist notfalls durch SV-Beweis zu ermitteln606. Bei einigen Unternehmern können die von ihnen in der Vergangenheit gegen ihre Vertriebsmittler gerichteten Schadenersatzklagen Anhaltspunkte für die von ihnen angenommenen Vorteile geben. Im Rahmen der Prognosebetrachtung ist zu fingieren, dass das Vertragsverhältnis trotz Beendigung weiter bestünde und der HV gleichbleibend tätig wäre607. 595 596 597

598 599 600 601 602

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 93. BGH, Urt. v. 31.01.1991, BB 1991, 1210. BGHZ 42, 244 (247); BGH ZIP 1990, 1197; Urt. v. 31.01.1991, BB 1991, 1210; Evers VW 2010, 524 (zum Versicherungsvertreter); Hopt § 89b Rn 15. BGH NJW 1990, 2890; Hopt § 89b Rn 15. Sturm/Liekefett BB 2004, 1009 ff. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 33. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 16. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 16.

603 604 605 606 607

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 33. AA Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 33. Thume IHR 2011, 7 (13); aA Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 33. Semler BB 2009, 2327 (2328). BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, Rn 20; Urt. v. 28.04.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2669); OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763.

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Bei der Prognosebetrachtung ist nicht nur das Verhalten eines durchschnittlichen Unternehmers in Betracht zu ziehen, sondern sind es ferner die konkreten Umstände des Einzelfalls. Welcher Art die zu erwartenden Vorteile des Unternehmers sind, bleibt unerheblich. Der Begriff des Vorteils ist wie dargestellt im denkbar weitesten Sinne zu verstehen. Die Praxis pflegt sich damit zu helfen, dass sie von der Faustregel ausgeht, der Unternehmervorteil bestehe mindestens in einem gleich hohen %-Satz vom Umsatz, wie ihn der HV als Provision zu beanspruchen gehabt hätte – m.a.W. in Höhe der erhaltenen Provision des Basisjahres608 (i.E. Rn 35 Stichwort „Vorteile des Unternehmers“). Diese Faustformel darf prima facie als zutreffend gelten, so dass der HV im Prozess mit der Berufung auf sie seiner Darlegungs- und Beweispflicht zunächst genügt und der Unternehmer ihre Geltung im konkreten Fall zu erschüttern hat (zur Beweislast Rn 355). Die Vermutung kennzeichnet jedoch nur den Mindestausgleich; darüber hinaus können höhere Unternehmervorteile gegeben sein. Die Bewertung des Unternehmervorteils außerhalb der o.g. Vermutung der Gleich119 setzung der Vorteile mit den Provisionen des Basisjahres autonom und dabei rechnerisch korrekt vorzunehmen, ist mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden und jedenfalls weit problematischer als die Ermittlung der entgangenen Provisionen des HV609. Deshalb wird dem HV teilweise aus § 242 BGB ein Informationsanspruch gegen den Unternehmer zugebilligt, der über die dem HV unbekannten Unternehmervorteile Auskunft geben soll 610. Der Unternehmer daf sich gegenüber diesem Informationsbegehren nur in Ausnahmefällen auf den Charakter der Information als Betriebsgeheimnis berufen. Die bestimmte Antragsstellung kann Probleme aufwerfen, insb. wenn nach betriebswirtschaftlich nur unzureichend definierten Deckungsbeiträgen oder Kalkulationsgrundlagen gefragt wird. Da der HV die Unternehmervorteile nicht kennen kann, wird der Unternehmer zumindest nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungs- und Beweislast verpflichtet sein, zu seinen Unternehmervorteilen vorzutragen oder entsprechende Auskünfte zu erteilen und diese ggf. zu beweisen611. Die Unternehmervorteile liegen oft oberhalb der Provisionsverluste des HV und damit der eben erwähnten Vermutung 612. Ausgangspunkt der Bestimmung der Unternehmervorteile sind die zu prognostizieren120 den Unternehmerumsätze aus den zu erwartenden Geschäften mit dem übernommenen Neukundenstamm im Prognosezeitraum613. Aber schon das kann kaum behebbare Hindernisse bereiten, weil die vorausschauende Umsatzkalkulation eine innerbetrieblich gespaltene sein kann, die Umsätze aus „dem übernommenen Neukundenstamm“ sich deshalb nicht einwandfrei gesondert darstellen lassen, zumal wenn der HV für mehrere Sparten gleichzeitig tätig gewesen ist614. Der Fall kann auch so liegen, dass ein Unternehmer zeitweise unterbeschäftigt oder erst im Aufbau begriffen ist, bisher etwa nennenswerte Gewinne (noch) nicht erwirtschaftet hat und noch nicht abzusehen ist, wann solche in Zukunft erwirtschaftet werden können: gleichwohl besteht der Unternehmervorteil da608

609

BGH, Urt. v. 29.03.1990 – I ZR 2/89, NJW 1990, 2889 (2891); BB 1959, 864; OLG Düsseldorf, Urt. v. 08.02.1977, HVR Nr. 504; Eckhoff BB 2009, 1609 (1610); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 878; Schwab in: Martinek/Semler/Habermeier, § 17 Rn 32; Glanegger/Ruß HGB, § 89b Rn 33; Hopt § 89b Rn 22; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 90. Hoffmann S. 76.

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Christoph NJW 2010, 647 (650); Thume BB 2009, 2490 (2495); Semler BB 2009, 2327 (2328); Eckhoff BB 2009, 1609 (1610); Evers VW 2010, 524. Thume IHR 2011, 7 (13); ders. BB 2009, 2490 (2495); Christoph NJW 2010, 647 (650). Eckhoff BB 2009, 1609. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 Rn 16 f. Küstner NJW 1969, 773.

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rin, dass jeder Umsatzzuwachs einen Teil der fixen Kosten tragen hilft 615. Den Zuwachs an Goodwill des Unternehmens durch den Neukundenstamm zu ermitteln, dürfte noch weit schwieriger sein. Hinzu kommen Fallgestaltungen, auf die Schröder 616 aufmerksam macht und die einen Vorteil des Unternehmers dadurch bedingen, dass die Tätigkeit des HV ihm Neukunden zugeführt hat, mit denen Geschäftsverbindungen zu haben erst die Aufrechterhaltung von Beziehungen zu anderen Kunden überhaupt ermöglicht. Denn auch alle mittelbaren Vorteile aus der Geschäftsverbindung sind hier einschlägig (s.o.). 5. Prognosezeitraum. Ähnlich der Verlustprognose (Rn 178 ff) ist im Wege der Vor- 121 teilsprognose über einen überschaubaren Zeitraum im Wege der Schätzung617 zu ermitteln, wie lange der Unternehmer Vorteile aus den Geschäftsverbindungen haben wird. Zur Zeitdauer unten, Rn 375, 390. Es muss sich um einen überschaubaren Zeitraum handeln. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls, insbes. die in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten von Branche, Marktgegebenheiten und Konkurrenz anderer, auch neuer618, Produkte, der üblichen Kundenfluktuation619, der Lebens- bzw. Einsatzdauer des vertriebenen Produkts mit dem Zeitpunkt des Neubedarfs sowie wann unter Berücksichtigung von Art und Einsatz des HV 620 mit ausgleichspflichtigen Folgegeschäften gerechnet werden darf (Nachkaufintervall)621. Es soll die voraussichtliche Dauer der Geschäftsverbindungen und die Beständigkeit der Unternehmervorteile vorausgesagt werden622. Obwohl die Rspr. häufig nur auf den Nachkaufintervall abstellt 623 ist er lediglich eines der Indizien, und nicht allein entscheidend. Entscheidend ist die voraussichtliche Dauer der Geschäftsbeziehung. Deren übliche Dauer darf nicht überschritten werden624. Dazu gehört die Prüfung der Marktverhältnisse zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung und des betreffenden Wirtschaftszweigs625. Der Prognosezeitraum wird kürzer anzusetzen sein, wenn die vom HV geschaffenen Kundenbeziehungen erfahrungsgemäß in kürzerer Zeit enden626. Der Wiederholungsintervall für Folgegeschäfte („Nachbestellungen“) ist daher bei häufig wiederkehrenden Verkaufsgeschäften des täglichen Lebens kleiner zu bemessen als bei Geschäften über langlebige Wirtschaftsgüter627. Beim Vertrieb langlebiger Wirtschaftsgüter mit hohem technischen Entwicklungsgrad wie Computeranlagen, Büromaschinen, Fotoausrüstungen für Spezialbedarf, müssen einerseits die längeren Nachbestellfristen, andererseits die Veränderlichkeit der Marktsituation infolge der Rasanz der technologischen

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Hoffmann S. 76. Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 7. BGH ZIP 1990, 1197 (1198); Ebenroth/ Löwisch § 89b Rn 30. BGH, Urt. v. 25.10.1984 – I ZR 104/82,NJW 1985, 859; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29. OLG Köln VersR 1968, 966. BGH, Urt. v. 15.10.1992 – I ZR 173/91, NJW-RR 1993, 221; Urt. v. 19.05.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 (1098); Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 34; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 41. BGH NJW 1985, 859; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29. Bericht über die Anwendung von Artikel 17

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der Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, KOM (96) 364 endg, S. 3. Z.B. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 81 f. Bericht über die Anwendung von Art. 17 der Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter, KOM (96) 364 endg, S. 3. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29. BGH, Urt. v. 12.09.2007 – VIII ZR 194/06, BB 2007, 2475 m. Anm. Emde Rn 37; BGH NJW 1998, 66 (71).

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Entwicklung bedacht werden; auf einen Prognosezeitraum von mehr als zehn Jahren wird man aber auch hier selten gehen können. Sukzessivlieferungsverträge, die bei Vertragsbeendigung noch nicht abgewickelt waren, werden eine Hinausschiebung des Beginnes des zu prognostizierenden Zeitraumes erfordern und, wenn der Kunde allgemein auf Sukzessivlieferungsbasis bestellte, auch ein späteres Ende des Prognosezeitraums. Im Ergebnis dürfte der Nachbestellrhythmus für den Prognosezeitraum weniger bedeutend sein, weil die Geschäftsbeziehung länger als der Nachkaufrhythmus dauern kann. Dabei können auch längerfristige Prognosezeiträume angemessen sein, sofern sich über sie hinreichend sichere Aussagen treffen lassen628. Das Argument, die voraussichtliche Dauer der Geschäftsverbindung mit den geworbenen Stammkunden dürfe nicht überschritten werden629, ist nicht maßgeblich, weil schon aus Billigkeitserwägungen nur ein angemessener Zeitraum angesetzt werden darf630. § 89b stellt auf die Vorteile des Unternehmers aus der Geschäftsverbindung und nicht auf die Lebensdauer des verkauften Produktes ab. Übermaßansprüche werden durch die Höchstgrenze verhindert. Der hierfür anzusetzende Zeitraum ist im Einzelfall zu bestimmen, wobei jedoch Schematisierungen, etwa aufgrund gerichtlicher Erfahrungen (siehe Münchner Formel, Rn 418) zulässig sind. Eine starre Grenze des Prognosezeitraums ist abzulehnen. Der Zeitraum bildet lediglich einen Richtwert, keine zwingende Zäsur 631.

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6. Prognosezeitpunkt. Exakt wäre eine Prognose nur möglich, wenn und soweit die tatsächliche Entwicklung in der nachvertraglichen Zeit datenmäßig vorliegt. So verfuhr die frühere Rspr. Nach dem BGH, basierend auf seinem Urteil vom 28.01.1965 632, waren in die Prognose alle bis zur richterlichen Entscheidung bereits eingetretenen Tatsachen einzustellen. Mit Urteil vom 06.08.1997 633 hat der BGH diese Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, die Unternehmervorteile und Provisionsverluste seien unabänderlich im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung (Bewertungsstichtag634) im Wege einer in die Zukunft gerichteten Prognose zu ermitteln („Anlagerechtsprechung“). Die Leitentscheidung des BGH war dem Vernehmen nach auch innerhalb des BGH umstritten, wurde jedoch mit Mehrheit getroffen. Ob die Anlagerechtsprechung der vom EuGH 635 geforderten HV-freundlichsten Auslegung der HV-RL entspricht, ist noch nicht ausdiskutiert636, zumal insb. Billigkeitserwägungen (streng genommen müsste auch für sie der Grundsatz der Vorhersehbarkeit bei Vertragsende gelten) alle – auch später – eintretenden Umstände würdigen sollen637. Es muss also von der Anlagerechtsprechung zugunsten des HV Ausnahmen geben, etwa in Fällen krasser Erhöhung der Unternehmervorteile nach 628 629

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Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 81, 82. So Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29; wie hier BGH NJW-RR 1993, 221. OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.02.2003 – 1 U 924/01-211, NJW-RR 2003, 900 = EWiR 2003, 825 (Emde). BGH, Urt. v. 28.01.1965 – VII ZR 120/63, BB 1965, 434; danach BGH, Urt. v. 03.06. 1971, BGHZ 56, 242 (246) = NJW 1971, 1611; Urt. v. 31.01.1991, NJW-RR 1991, 1050. Urt. v. 06.08.1997 – VIII ZR 92/96, NJW 1998, 71; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010,

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04763; OLGR 2000, 406 (410); OLG Koblenz, Urt. v. 22.03.2007 – 6 U 1313/06, NJW-RR 2007, 1044 (1045); OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1864) zu einem Franchisevertrag; ablehnend Semler in: Martinek/Semler/ Habermeier/Flohr § 20 Rn 26. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 29; zustimmend auch nach der Novelle 2009 Thume BB 2009, 2490 (2492). EuGH, Urt. v. 26.03.2009 – C 348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde). Emde EWiR 2009, 240; Emde DStR 2009, 1478 (1484). Emde EWiR 2009, 239 (240).

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Vertragsende. Spiegelbildlich wird die Rspr. als mittelbare Folge des EuGH-Urteils Ausnahmen zugunsten des Unternehmers anerkennen müssen638. Die Anlagerspr. gilt auch für einen Franchisevertrag639; ebenso für den Vertragshändlervertrag640. Sie wird wie folgt begründet: Da der Ausgleich mit Beendigung des HV-Verhältnisses entsteht und fällig wird, darf Grundlage seiner Berechnung nur eine zu diesem Zeitpunkt zu erstellende Prognose sein, die sich als richtig oder unrichtig erweist, aber nicht durch später eingetretene Umstände noch geändert werden kann. Solche Umstände können daher nur in die Prognose einfließen, wenn sie im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits abzusehen, also angelegt sind (folglich: „Anlagerechtsprechung“). Die tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse während des Prognosezeitraums darf nur insoweit berücksichtigt werden, als sie im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung bereits vorhersehbar ist. Anderenfalls müsste auch die eine oder andere Partei Rückzahlungs- bzw. Nachzahlungsansprüche geltend machen können, falls sich die Prognose nachträglich als unzutreffend erweist. Diese Konsequenz wird jedoch allgemein abgelehnt. Die Prognose stellt damit die Vorhersage einer künftigen Entwicklung auf der Basis der in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen dar. Diese Fakten sind für die Prognose aber nur dann aussagekräftig, sofern sie auf Sachverhalten beruhen, die sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Zukunft reproduzieren. Die in die Prognose einzustellenden Umstände müssen ihrer Anlage nach bereits bei Vertragsende existieren. Die Vorhersehbarkeit ist objektiv zu bestimmen641. Thume 642 spricht in Anlehnung an eine von Küstner entworfene Bildsprache insoweit von einer fotografischen Momentaufnahme. Alles was auf ihr – auch im Hintergrund – sichtbar sei, könne als mit hinreichender Sicherheit vorhersehbare Entwicklung in die Prognose eingezogen werden, aber auch nur solche Umstände. Abzustellen ist auf einen objektiv informierten Betrachter. Die Prognose muss ergeben, welche Vorteile bestehen, etwa wie lange und in welchem Umfang die Geschäfte zwischen Unternehmer und Neukunden voraussichtlich fortgesetzt werden. Dabei sind etwa die Besonderheiten der jeweiligen Branchen, die Marktgegebenheiten, Wettbewerbsbedingungen und die Kundenfluktuation zu berücksichtigen643. Dies mutet dem Richter unter Umständen zu, bei der nachträglichen Berechnung des Ausgleichs sich sehenden Auges vor der Wirklichkeit zu verschließen und eine bei Vertragsende erstellte Prognose über die künftige Entwicklung der Verhältnisses, die sich zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung als unzutreffend herausgestellt hat, zugrunde zu legen, was mit dem Bestreben nach einer wirklichkeitsnahen Entscheidung gelegentlich nur schwer zu vereinbaren sein dürfte644. Darauf werden Gerichte mit sehr geringen Anforderungen an die Vorhersehbarkeit antworten. Der langjährig säumige Unternehmer soll also für seine Säumnis nicht belohnt 123 werden, indem sich der Ausgleich gegenüber den nicht vorhersehbaren Verhältnissen bei Vertragsende reduziert. Umgekehrt kann der HV aber keinen „Nachschlag“ verlangen, wenn etwa die Abwanderungsquote unerwartet gering liegt. Die Dinge sollen bei Vertragsende abgewickelt werden und damit Rechtsfrieden eintreten. Zudem ist eine absolut

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Emde DStR 2009, 1478 (1484). OLG Celle, Urt. v. 19.04.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1864). Kritisch Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 825. OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.03.2004 – I-16 U 44/03, OLGR 2004, 275 = HVR Nr. 1085; Thume BB 2009, 1026 (1027);

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Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 26; aA Semler in: Martinek/Semler/Habermeier § 15 Rn 17. In: Küstner/Thume II Rn 1675; Thume BB 2009, 2490 (2492). BGH, Urt. vom 15.10.1992, BB 1992, 2385 = MDR 1993, 224. Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 13.

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verlässliche und sichere Vorhersage über die künftige Entwicklung unmöglich und mathematische Gerechtigkeit nicht erzielbar. Was bei Vertragsende allenfalls theoretisch denkbar, jedoch nicht hinreichend sicher abschätzbar ist, darf nicht in die Prognose einfließen645. Unvorhergesehene tatsächliche Entwicklungen, etwa eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, können den Ausgleich mithin später nicht mehr beeinflussen, auch nicht unter Billigkeitsgesichtspunkten646. Selbst wenn die Parteien vor Gericht über den Ausgleich streiten, ist für die Prognose der Zeitpunkt der Vertragsbeendigung und nicht der letzten mündlichen Verhandlung maßgebend. Dies folgt schon daraus, dass Streitlust nicht belohnt und Gesetzestreue nicht bestraft647 werden soll.

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7. Vorteile und Dispositionsfreiheit. Der Unternehmer bleibt in seinen Dispositionen insoweit frei, als er aus wirtschaftlich vertretbaren Gründen betrieblich umdisponieren darf und dadurch der weiteren Nutzbarkeit des Kundenstammes den Boden entzieht. So wie er schon während der Dauer des HV-Vertrages nicht gehalten war, betrieblich vertretbare Dispositionen nur deshalb zu unterlassen, um dem HV nicht Provisionschancen zu nehmen (§ 86a Rn 44 ff), so ist er es umso weniger nach Vertragsbeendigung für den Ausgleich648. Erlischt die Geschäftsverbindung mit dem Stammkunden jedoch durch willkürliche oder gar zwecks Minderung des Ausgleichs schikanös getroffene Maßnahmen des Unternehmers, so geht das nicht zu Lasten des ausgeschiedenen HV. Denn die Chance der Nutzbarkeit, welche den Vorteil begründet, hätte ja weiterbestanden. Der Unternehmer kann, ausgleichsrechtlich gesehen, seinen Dispositionsspielraum zu Lasten des HV nicht weiter ausdehnen als er zur Zeit des Vertragsverhältnisses bestanden hatte. Insoweit entfaltet das Loyalitätsverhältnis (§ 86a Rn 23 ff) seine nachvertragliche Wirkung. Eine vollkommen willkürliche unternehmerische Maßnahme widerspricht den dem Unternehmer gegenüber dem HV obliegenden Treupflichten und begründet einen Schadenersatzanspruch in Höhe des positiven Interesses des HV, also in Höhe des zu erwartenden Ausgleichsanspruches. Angesichts der unternehmerischen Dispositionsfreiheit ist diese Grenze hoch und noch nicht überschritten, falls die Maßnahme lediglich sachlich geboten ist. Das verschleiert Steindorff ZHR 130 (1967), 87 ff, wenn er auf S. 90 zu der Folgerung gelangt, jede Beliebigkeit des Unternehmerverhaltens in der Verkürzung des Stammkundenvorteils zu Lasten des Ausgleichs durchschlagen zu lassen. Willkürlich ist beispielsweise eine Handhabung, die vorhandene Lieferkapazitäten zu Lasten der „Vorteile“ und damit des Ausgleichs einseitig auf andere Vertretungen mit anderen Kunden verlagert 649. Vollends ist es für den Ausgleich unschädlich, sofern der Unternehmer die Verbindung zum Stammkunden geflissentlich einschlafen lässt, um den Anspruch aus § 89b die Grundlage zu entziehen – sofern das bei Vertragsende vorhersehbar war. Der HV kann dem Unternehmer, der die bisher mit den Lieferaufträgen betriebene Branche aus wirtschaftlich gebotenen Gründen stillgelegt hat, nicht entgegenhalten, es wäre zur Erhaltung des Unternehmervorteils möglich gewesen, das Bestellinteresse des Kunden auf eine andere Branche des Unternehmers „umzupolen“. Nur willkürliche und grob unsachliches Verhalten braucht der HV nicht zu dulden; der Unternehmer schuldet dann gem. § 280 BGB Schadenersatz (§ 86a Rn 129 ff).

125

8. Beispiele. Ob Vorteile im vorgenannten Sinne vorliegen, wird etwa in folgenden Fällen diskutiert:

645 646 647

Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 30. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 31. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 31.

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648 649

BGHZ 49, 39. LG Münster BB 1960, 1300.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 89b

– Abwerben von Kunden durch den ausscheidenden Mittler – unerlaubte Wettbewerbstätigkeit des Mittlers War zum Datum der Prognose zu erwarten, dass der HV Kunden, zu denen eine Ge- 126 schäftsverbindung besteht, abwerben wird, entstehen aus dieser Geschäftsverbindung keine Vorteile des Unternehmers 650. Die Abwerbung war bei Vertragsende zu erwarten und bildet eine berücksichtigungsfähige „Anlage“ i.S.d. „Anlagerechtsprechung“651, wenn der HV schon zu diesem Zeitpunkt Vorbereitungshandlungen für die Wettbewerbstätigkeit vorgenommen hat, etwa vor Vertragsende den Vertrag mit einem Wettbewerber geschlossen oder jenen Vertragsschluss vorbereitet hat. Dafür besteht eine Vermutung, welche der HV zu widerlegen hätte. In der Praxis wird Konkurrenztätigkeit jedoch häufig erst bei den Billigkeitserwägungen berücksichtigt 652. So beantwortet die Rechtsprechung nachvertraglichen Wettbewerb beständig mit einer Reduzierung des Ausgleichs in Höhe von 25 %653. Unternehmervorteile fehlen also nicht deshalb, weil der HV nachvertraglich denselben Kundenstamm für vergleichbare Produkte bewirbt 654. Dieser Umstand wird vielmehr im Rahmen der Billigkeit berücksichtigt. Ist ein ausgeschiedener Vertragshändler auf Grund eines Agentur-Vertrages nach Vertragsende für einen Vertragshändler derselben Marke als B-Händler tätig, schließt dies Vorteile des Unternehmers ebenfalls nicht aus, sondern reduziert den Ausgleich unter Billigkeitsgesichtspunkten655. – Beendigung der Geschäftsverbindung zum Kunden Kunden, von denen bei Vertragsende abzusehen ist, dass sie als Stammkunden weg- 127 fallen, begründen keine Unternehmervorteile. Entstehen zwischen Kunden und Unternehmer Rechtsstreitigkeiten, kann vom Ende der Geschäftsbeziehung ausgegangen werden656. Zweifelhaft ist, ob dem Unternehmer mittelbare Vorteile entstehen, wenn die vom HV geworbenen Kunden ihren Bedarf künftig beim Großhandel und nicht mehr direkt beim Unternehmer decken, der Großhändler jedoch für die mit den ehemaligen Direktkunden getätigten Geschäfte beim Unternehmer einkauft. Da der Begriff der Vorteile im weitesten Sinne zu verstehen ist, sollten die hierdurch beim Unternehmer eintretenden mittelbaren Vorteile genügen, sofern die bei Vertragsende vorzunehmende Prognose die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Fortsetzung der über zwei Stufen erstreckten Geschäftsverbindung aufzeigt657. Problematisch ist der nächste Prüfungsschritt, nämlich entgehende Provisionen des HV, falls die Kunden bereits vor Vertragsende dazu

650

651 652

653

BGH, Urt. v. 25.04.1960, NJW 1960, 1292; v. 22.09.1960, BB 1960, 1179; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 406 (411); OLG Celle, Urt. v. 26.06.1959, BB 1959, 1151; Thume BB 2009, 2490 (2492). Emde EWiR 2000, 238. Typisch OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763; aA Bericht der Kommission zur Anwendung des Art. 17 der HV-RL auf den Handelsvertreter, COM (96) 364 final, S. 2; BGHZ 52, 5 (heute wohl überholt, Nachteile des Unternehmers werden durch einen Billigkeitsabschlag ausgeglichen). BGH, Urt. v. 26.02.1997 – VIII ZR 272/95, BB 1997, 852 = ZIP 1997, 841; Urt. v.

654

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05.06.1996 – VIII ZR 7/95, ZIP 1996, 1294 (1297); OLG Frankfurt, Urt. v. 17.07.2007 – 11 U 53/06, BeckRS 2008, 12081; Rickmann WuW 2003, 752 (762). AA Bericht der Kommission zur Anwendung des Art. 17 der HV-RL auf den Handelsvertreter, COM (96) 364 final, S. 2; BGHZ 52, 5 (heute wohl überholt). OLG Köln, Urt. v. 06.02.2009 – 19 U 108/08; LG Köln, Urt. v. 10.07.2008 – 86 O 14/06. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. Im Ergebnis: OLG Frankfurt, Urt. v. 19.06.1972, BB 1973, 212.

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übergingen, beim Großhandel zu ordern658. Von entgehenden Provisionen könnte nur ausgegangen werden, wenn die Geschäfte mit dem Großhändler auch zu Gunsten des HV provisionspflichtig wären659 und der Wechsel zum Großhandel bereits bei Vertragsende absehbar war. Die Vorteile entfallen, falls die Aufrechterhaltung der Geschäftsverbindung dem Unternehmer nicht zuzumuten ist, etwa weil ein wichtiger Grund für deren Beendigung existiert. Gedacht werden kann an in der Person des Kunden gelegene wichtige Gründe (z.B. Vertragsverletzungen, Zahlungsunfähigkeit). – Bekanntheitsgrad Ein erhöhter Bekanntheitsgrad des Unternehmens kann einen Vorteil bilden660. 128

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– Betriebsstilllegung beim Unternehmer Dies ist der Grundfall, welcher von dem Fall der mit der Betriebseinstellung gekoppelten Unternehmensveräußerung, etwa im Wege eines Asset-Deals, zu unterscheiden ist (zu letzterem im Folgenden unter „Betriebsveräußerung“). Bei der reinen Betriebsstilllegung fehlen Unternehmervorteile, es sei denn, bei oder nach Vertragsende fällt infolgedessen ein geldwerter Vorteil für den vom HV geworbenen Kundenstamm in das Unternehmervermögen661. Ein solcher geldwerter Vorteil entsteht, falls der Unternehmer oder der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Unternehmers den Kundenstamm in irgendeiner Weise wirtschaftlich verwerten kann662, etwa durch Verpachtung663, Veräußerung, Entschädigungen oder Stilllegungsprämien664. Wie ausgeführt ist für den Ausnahmefall entfallender Vorteile im Regelfall der Unternehmer beweispflichtig. Die Stilllegung und die Bemessung eventueller hierfür geleisteter Kompensationen unterliegen der durch die Treupflicht begrenzten Dispositionsfreiheit des Unternehmers. Der BGH665 hat hierzu judiziert, dem Unternehmer stehe das Recht zu, seinen Betrieb so einzurichten und umzugestalten, wie es ihm wirtschaftlich vernünftig und sinnvoll erscheine. Er dürfe sich lediglich nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund über die schutzwürdigen Belange seines HV hinwegsetzen. Werden diese Grenzen überschritten, ist der HV ausgleichsrechtlich als Mindestschaden so zu stellen, als wenn die unzulässige Maßnahme nicht vorgekommen worden wäre (Rechtsgedanke der §§ 249, 242, 162 Abs. 1 BGB). Zu dieser Schadenersatzpflicht gibt es Parallelen im Gesellschaftsrecht: Die Nichtgeltendmachung eines Ausgleichanspruchs durch einen Gesellschafter des Mittlers kann ein zum Schadenersatz verpflichtender existenzvernichtender Eingriff in das Unternehmen des Mittlers sein, der zur unbegrenzten Haftung verpflichtet666. Dieselben Grundsätze gelten, falls der Abbruch der Geschäftsverbindungen mit den Kunden auf die Produktionsein658

659 660 661

662 663

So der Fall OLG Oldenburg, Urt. v. 28.11.1962, BB 1963, 8 = HVR Nr. 284; Küstner Thume II Rn VII 23 ff. Küstner/Thume II Rn VII 25. Westphal DB 2010, 1333 (1336). BGH, Urt. v. 03.06.1971 – VII ZR 23/70, BGHZ 56, 242 = NJW 1971, 1611; v. 09.11.1967 – VII ZR 40/65, NJW 1968, 394; OLG Nürnberg BB 1962, 155; OLG München NJW-RR 1989, 163. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 90; Oetker/ Busche § 89b Rn 17. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 90; Hopt § 89b Rn 18; Oetker/Busche § 89b Rn 17.

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664

665 666

BGH NJW 1960, 1292; OLG Frankfurt BB 1985, 687; Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 90; Oetker/Busche § 89b Rn 17; Schlegelberger/ Schröder§ 89b Rn 6h. v. 09.11.1967, BGHZ, 49, 39 = NJW 1968, 394. BGH, Urt. v. 13.12.2004 – II ZR 206/2002, GmbHR 2005, 225 m. Anm. Schröder; Urt. v. 30.01.1986 – I ZR 195/83, NJW 1986, 1931 (1932) – Vorteile einer Schwestergesellschaft; v. 09.11.1967 – VII ZR 40/65, NJW 1968, 394.

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§ 89b

stellung des Unternehmers zurückzuführen ist, sofern diese Produktionseinstellung nicht nur willkürlich, sondern aus objektiv nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen erfolgte. Die infolge der Betriebseinstellung sich ergebenden Vorteile einer Schwestergesellschaft sollen nicht automatisch Vorteile des einstellenden Rechtsträgers bilden667. Hier kommt es auf die Verhältnisse des Einzelfalls an (zum Durchgriff Rn 149). – Betriebsveräußerung Bei der Betriebsveräußerung liegt der – mittelbare – Vorteil für den Unternehmer in der 130 Übertragungsfähigkeit seines Kundenstamms. Hier tritt zu der Betriebstilllegung beim alten Rechtsträger ein „Mehrwert“ für den alten Rechtsträger, nämlich die (potentiell) erzielbare Gegenleistung für den ausgleichspflichtigen Kundenstamm668. Ob sich die Übertragung des Kundenstamms tatsächlich im erzielten Kaufpreis niederschlägt, d.h., ob der Unternehmer gut oder schlecht verhandelt, spielt grds. keine Rolle, da die potentielle Möglichkeit der Verwertung des übergebenen Kundenstammes genügt. Es steht zu vermuten, dass der Aufbau des Kundenstammes durch den HV bei der Bemessung des an den Unternehmer gezahlten Kaufpreises Berücksichtigung fand669. Auf die Nutzung des Kundenstammes durch den Erwerber kommt es nicht an670. Der Gegenbeweis dürfte schwierig zu führen sein und es ist – Rechtsfolge: Schadenersatz, Treupflichtschaden – willkürlich, den Kundenstamm grundlos ohne Gegenwert aus der Hand zu geben671. Viele Fälle können daher auf der Basis einer Wahlfeststellung entschieden werden, Ausgleichs- oder Schadenersatzanspruch. Veräußert der Unternehmer sein Unternehmen, ist daher für die beim Veräußernden verbleibenden Vorteile mindestens der Betrag maßgeblich, welchen der Unternehmer aus der Sicht eines objektiven Dritten (Sachverständigen!) bei Vertragsende unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls voraussichtlich als Erlös für die Überlassung des Kundenstamms erzielen kann672. In dem Veräußerungserlös 673 oder den Pachteinnahmen 674 schlägt sich der Wert des Kundenstammes nieder. Auch in dieser Form hat der Unternehmer also den „Vorteil“ des Kundenstammes realisiert 675. Die Höhe des tatsächlich geleisteten Kaufpreises kann einen Anhalt für diesen Betrag geben676. Bei Zweifeln ist zumindest der wirkliche Wert des Kundenstammes und nicht der vereinbarte Kaufpreis maßgeblich. Sonst könnten die Parteien des Kaufvertrages ihn zur Vereitelung des Ausgleichs so gestalten, dass der Kaufpreis nicht als Gegenleistung für den Kundenstamm belegt677 oder in unangemessen geringer Höhe vereinbart wird.

667 668 669

670

BGH, Urt. v. 30.01.1986 – I ZR 195/83, NJW 1986, 1931 (1932). Siehe bereits BGH, Urt. v. 09.11.1967 – VII ZR 40/65, NJW 1968, 394. OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.01.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG Hamburg, Urt. v. 25.03.1958, VersR 1958, 688; OLG Nürnberg, Urt. v. 22.09.1961, BB 1962, 155; Küstner/Thume II Rn 528, Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 91; Oetker/Busche § 89b Rn 14 („Regelfall“); aA noch BGH, Urt. v. 09.07.1962, BB 1962, 1101. AA Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 der Richtlinie auf

671 672 673

674 675 676 677

den Handelsvertreter, COM (96) 364 final, S. 2. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 91. OLG Düsseldorf, Urt. v. 02.11.2001 – 16 U 149/00, OLGR 2002, 164. BGH NJW 1960, 1292; OLG Nürnberg Hinweisbeschl. v. 28.01.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; BB 1962, 155; Eckhoff BB 2009, 1609 („goodwill“). Schröder DB 1973, 221. Schlegelberger/Schröder § 89b Rn 6 f und DB 1967, 2015. Ebenroth/Löwisch § 89b Rn 91. Küstner/Thume II Rn 530.

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– Dauerverträge Unternehmervorteile können auch in durch Rahmenbezugs- und Sukzessivlieferverträge gesicherten Geschäftsverbindungen liegen678. Gerade hier hat der HV eine besonders feste, ausgleichspflichtige Kundenbeziehung mit den daraus resultierenden Unternehmervorteilen geschaffen und dafür die Ausgleichsvergütung verdient. Die Vorteile des Unternehmers müssen insoweit ausgeglichen werden, selbst wenn solche insbesondere aus einem Bezugsvertrag schwer prognostiziert werden können. Die Ausgleichsbemessungsgrundlage (Basisjahr) wird – soweit sich die dies betreffenden Unternehmervorteile nicht bereits in den Mehrfachkundenprovisionen des Basisjahres oder den Provisionen aus Geschäften mit ebenfalls ausgleichsrelevanten potentiellen Mehrfachkunden679 hinreichend widerspiegeln (was oft zu verneinen sein wird) – um jene Vorteile angemessen erhöht 680, wobei unter Billigkeitserwägungen (mangelnde Provisionsverluste) zukünftige Provisionen des HV für spätere Einzellieferungen (§ 87 Abs. 3 Nr. 1)681 ausgleichsmindernd wirken. Die späteren Provisionen sind also auf beiden Seiten der Ausgleichsberechnung zu berücksichtigen, ausgleichserhöhend und -reduzierend. – Einbringung in eine Gesellschaft Bringt der Unternehmer, bisher Einzelkaufmann, sein Unternehmen mit Kundenstamm als Sacheinlage in eine Gesellschaft ein, so besteht sein Vorteil in dem durch den Kundenstamm sich erhöhenden Wert seiner Beteiligung682.

– Einstandszahlungen Einstandszahlungen (Kaufpreis für die Handelsvertretung, dazu Rn 332 ff), welche 133 der Unternehmer realisieren kann oder könnte (es genügt die potentielle Möglichkeit von Vorteilen), begründen einen ausgleichspflichtigen Unternehmervorteil.

134

– Firmenwert Ein durch den Kundenstamm gesteigerter Firmenwert (Ertragswert-, Substanzwert-, Mittelwert-, Umsatzverfahren) kann einen Vorteil des Unternehmers begründen683, insbesondere im Fall der Unternehmensveräußerung.

135

– Folgegeschäfte des Unternehmers Vorteile aus Folgegeschäften des Unternehmers können relevante Unternehmervorteile bilden, etwa aus dem After-Sales-Service sowie dem Ersatzteilverkauf 684 (soweit nicht der Unternehmer – etwa bei Garantie- oder Gewährleistungsverpflichtungen – die Kosten selbst 678 679

680

Emde DStR 2009, 1478 (1481 f); Thume BB 2009, 2490 (2494). Zur Einbeziehung potentieller Mehrfachkunden in die Ausgleichsberechnung: BGH, Urt. v. 05.06.1996 – VIII ZR 141/95, NJW 1996, 2298; 2301; OLG Saarbrücken, Urt. v. 05.02.2003 – 1 U 924/01-211, NJW-RR 2003, 900 = EWiR 2003, 825 (Emde). Emde DStR 2009, 1478 (1481 f); vgl. BGH, Urt. v. 23.10.1996 – VIII ZR 16/96, BGHZ 133, 391 = WM 1997, 232; Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180 (zum vertraglich vereinbarten Ausgleichsanspruch); Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 17; Küstner in: Küstner/Thume II Rn 720.

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681

682 683 684

OLG Koblenz, Urt. v. 26.04.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.1977 – 23 U 82/76, DB 1977, 817; Döpfer in: FS Thume, S. 35 (40); Küstner/Thume I Rn 944; Westphal Vertriebsrecht I Rn 472. So eingehend für die verschiedenen Fallgestaltungen: Schröder DB 1973, 220 ff. Eckhoff BB 2009, 1609 und Handelsblatt v. 24.04.2009. BGH, Versäumnisurt. v. 17.11.2010 – VIII ZR 322/09, DB 2011, 173 = WM 2011, 574 Rn 14.

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trägt [dann gewinnt er keine Vorteile] oder ohnehin ein Vorteile generierender Ausgleichsanspruch für den Ersatzteilvertrieb besteht [wegen der dadurch ausgeglichenen Vorteile]). – Gewinn, erhöhter Der (erhöhte) Gewinn des Unternehmers aus dem Kundenstamm mag einen Vorteil 136 geben685. Jedoch treten auch ohne Unternehmergewinn Vorteile ein. So blieb etwa ein von den Vorinstanzen festgestellter 10 %iger Unternehmergewinn als Unternehmensvorteil beim BGH unbeanstandet686. – Geringe Provision Auch bei geringen Provisionen können hohe Unternehmervorteile gegeben sein687.

137

– Good-will, erhöhter Auch ein erhöhter Good-will des Unternehmers mag einen Vorteil bilden, selbst bei 138 Werbung von Einfachkunden688. – Hungerprovision Gewährt der Unternehmer lediglich eine (z.B. zur Nichtigkeit des Vertrags führende) 139 „Hungerprovision“, sind die Unternehmervorteile auf der Basis einer angemessenen Provision (§ 87b) zu berechnen. – Insolvenz Die Vorteile des insolventen Unternehmers entfallen, sofern kein Äquivalent für den 140 Kundenstamm in das Vermögen des insolventen Unternehmers oder des Insolvenzverwalters fällt. Grundsätzlich 689 zieht der Unternehmer keine erheblichen Vorteile aus dem vom HV geschaffenen Kundenstamm, wenn sein Betrieb infolge der Insolvenz eingestellt oder liquidiert wird690. Ein Ausgleichsanspruch kann nur bei Betriebsfortführung entstehen, falls der Betrieb des insolventen Unternehmers fortgeführt wird oder ein anderer Vorteil existiert 691. Erhebliche Vorteile können sich zum einen ergeben, wenn der Insolvenzverwalter im Zuge des Insolvenzverfahrens weitere Geschäfte mit Kunden des Unternehmers schließt, welche der HV geworben hat. Die resultierenden wirtschaftlichen Vorteile fließen allerdings nicht unmittelbar dem Unternehmer zu, wie es § 89b Abs. 1 Nr. 1 vorsieht. Vielmehr bereichern sie die Insolvenzmasse und wirken sich daher in erster Linie positiv für die Insolvenzgläubiger aus, deren Aussicht auf Befriedigung aus der Insolvenzmasse sich verbessert. Rechtsträger bleibt jedoch auch in der Insolvenz der Unternehmer, so dass ihm der Vorteil zuzurechnen ist. Es liegt daher nicht nur ein mittelbarer Vorteil des Unternehmers vor, der auf die vom HV geschaffenen Geschäftsbeziehungen zurückzuführen ist und deshalb unter § 89b Abs. 1 subsumiert werden kann, sondern ein unmittelbarer 692. Zum anderen können Vorteile aus einem Verkauf oder 685 686 687 688 689

690

Eckhoff BB 2009, 1609 und Handelsblatt v. 24.04.2009; Westphal DB 2010, 1333 (1336). BGH, Urt. v. 03.06.1971 – VII ZR 23/70, HVR Nr. 444. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.06.2010 – I-16 U 191/09, 16 U 191/09, BeckRS 2010, 24310. Westphal DB 2010, 1333 (1336). Nach Ansicht von Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 56 gilt dies ausnahmslos, also nicht nur „grundsätzlich“. Wagner/Wexler-Ulrich BB 2011, 519 (523) – zum Vertragshändlervertrag.

691

692

OLG München NJW 1955, 1679 für einen Liquidationsvergleich, falls das liquidierte Unternehmen seinen Betrieb nicht wieder aufnehmen kann; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 57; Wagner/Wexler-Ulrich BB 2011, 519 (523) – zum Vertragshändlervertrag; Hoffstadt DB 1983, 645 (648); Schröder DB 1976, 1897 (1900); vgl. auch Sturm/Liekefett BB 2004, 1009. Küstner/Thume II Rn 64.

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Verpachtung des Betriebs693 entstehen. Anspruchsvoraussetzung ist, dass der Insolvenzverwalter bei einem Verkauf des Betriebs wegen des Kundenstamms einen höheren Preis erzielt 694. Veräußert der Insolvenzverwalter das gesamte Unternehmen und führt der Übernehmende den Firmennamen sowie das Vertriebsnetz fort, so wird davon ausgegangen, dass in dem Übernahmepreis auch ein Entgelt für den Kundenstamm enthalten ist695. Es liegen aus diesem Grund erhebliche wirtschaftliche Vorteile i.S.d. § 89b Abs. 1 Nr. 1 vor 696, welche dem Unternehmer zuzurechnen sind. Die Ausgleichsansprüche sind stets einfache Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO697, da sie sch