Vertriebsrecht: §§ 84 - 92c HGB. Handelsvertreterrecht – Vertragshändlerrecht – Franchiserecht [3rd, newly rev. ed.] 9783110339864, 9783110339697

The new edition updates the comprehensive commentary on §§84-92c HGB [German Commercial Code]. It meets the highest acad

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Table of contents :
Inhaltsübersicht
Abkürzungsverzeichnis
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Handelsgesetzbuch
ERSTES BUCH. Handelsstand
Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter
Vorbemerkungen vor § 84
§ 84 Begriff des Handelsvertreters
§ 85 Vertragsurkunde
§ 86 Pflichten des Handelsvertreters
§ 86a Pflichten des Unternehmers
§ 86b Delkredereprovision
§ 87 Provisionspflichtige Geschäfte
§ 87a Entstehen und Fälligkeit der Provision
§ 87b Höhe der Provision
§ 87c Abrechnung der Provision
§ 87d Aufwendungsersatz
§ 88 (weggefallen)
§ 88a
§ 89 Kündigung des Vertrages
§ 89a Fristlose Kündigung
§ 89b Ausgleichsanspruch
§ 90 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
§ 90a Wettbewerbsabrede
§ 91 Vollmacht des Handelsvertreters
§ 91a Mangel der Vertretungsmacht
§ 92 Versicherungsvertreter
§ 92a Mindestarbeitsbedingungen
§ 92b Handelsvertreter im Nebenberuf
§ 92c Handelsvertreter außerhalb der EG; Schifffahrtsvertreter
Sachregister
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Vertriebsrecht: §§ 84 - 92c HGB. Handelsvertreterrecht – Vertragshändlerrecht – Franchiserecht [3rd, newly rev. ed.]
 9783110339864, 9783110339697

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Raimond Emde Vertriebsrecht de Gruyter Kommentar

I

II

Raimond Emde

Vertriebsrecht Kommentar §§ 84–92c HGB Handelsvertreterrecht Vertragshändlerrecht Franchiserecht 3., neu bearbeitete Auflage

III

Stand der Bearbeitung: Juli 2014 Zitiervorschlag: z.B.: Emde Vor § 84 HGB Rn. 3

ISBN 978-3-11-033969-7 e-ISBN (PDF) 978-3-11-033986-4 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-038244-0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2014 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Datenkonvertierung und Satz: jürgen ullrich typosatz, Nördlingen Druck und Bindung: Druckerei C.H. Beck, Nördlingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

IV

Vorwort

Vorwort Vorwort Vorwort

Seit dem Erscheinen der 2. Auflage 2011 sind drei Jahre vergangen. Die zwischenzeitlichen Veränderungen des Vertriebsrechts sind zwar nicht so markant wie vor dem Erscheinen der letzten Auflage. Es hat sich gleichwohl weiter entwickelt. Insbesondere liegen neue Rechtsprechung und Literatur zur Novelle 2009 des § 89b HGB sowie zur GVO 330/10 vor. Europäisches Recht sowie die Handelsvertreter-Richtlinie 1986 rücken immer mehr in den Fokus der zitierten Quellen. Abweichungen zwischen europäischem Recht und HGB werden manifest. Es war deshalb notwendig, Text und Fußnoten wesentlich zu überarbeiten. Der neue Kommentar von Flohr/Wauschkuhn konnte, da nach Manuskriptabschluss erschienen, nur noch partiell eingearbeitet werden. Wenngleich das Manuskript beständig aktuell gehalten wurde, verblieb neben der anwaltlichen Tätigkeit eine signifikante Arbeitsbelastung. Meiner Familie, meiner Freundin Friederike Schmidt-Bogatzky sowie meinen Kindern Victoria Schmidt-Bogatzky, Benedikt Emde und Richard Emde danke ich ein weiteres Mal für Ihr Verständnis. Erneut bitte ich Leser um Anregungen und um die Zusendung von (ggf. selbst verfassten) Publikationen sowie aktuellen Gerichtsentscheidungen. Meine E-Mail-Adresse lautet [email protected], die Postadresse GvW Graf von Westphalen, Poststraße 9, 20354 Hamburg. Hamburg, im Juli 2014

V

Dr. Raimond Emde

Vorwort

VI

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht

Abkürzungsverzeichnis ______ IX Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur ______ XVII

Handelsgesetzbuch ERSTES BUCH Handelsstand Siebenter Abschnitt Handelsvertreter Vorbemerkungen vor § 84 ______ 1 § 84 Begriff des Handelsvertreters ______ 372 § 85 Vertragsurkunde ______ 466 § 86 Pflichten des Handelsvertreters ______ 477 § 86a Pflichten des Unternehmers ______ 589 § 86b Delkredereprovision ______ 698 § 87 Provisionspflichtige Geschäfte ______ 722 § 87a Entstehen und Fälligkeit der Provision ______ 812 § 87b Höhe der Provision ______ 889 § 87c Abrechnung der Provision ______ 915 § 87d Aufwendungsersatz ______ 1034 § 88 (weggefallen) § 88a ______ 1043 § 89 Kündigung des Vertrages ______ 1054 § 89a Fristlose Kündigung ______ 1120 § 89b Ausgleichsanspruch ______ 1209 § 90 Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse ______ 1663 § 90a Wettbewerbsabrede ______ 1681 § 91 Vollmacht des Handelsvertreters ______ 1734 § 91a Mangel der Vertretungsmacht ______ 1743 § 92 Versicherungsvertreter ______ 1765 § 92a Mindestarbeitsbedingungen ______ 1825 § 92b Handelsvertreter im Nebenberuf ______ 1845 § 92c Handelsvertreter außerhalb der EG; Schifffahrtsvertreter ______ 1865 Sachregister ______ 1943

VII

Inhaltsübersicht

VIII

Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

aA aaO abl. ablehn. Abs. Abschn. AcP ADAC ADHGB aE AG AGB AGG AiB AktG aM amtl. Begr. Anh. Anl. Anm. AO

AöR AP ApothekenBetrO ApothekenG ArbG ArbGG AR-Blattei ArbR ArbstättVO ArbZG ArchBürgR Art. AÜG Aufl. AWD AZR

anderer Ansicht am angegebenen Ort ablehnend ablehnend Absatz Abschnitt Archiv für civilistische Praxis Allgemeiner Deutscher Automobil-Club Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch v. 1861 am Ende Amtsgericht Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Arbeitsrecht im Betrieb Aktiengesetz andere(r) Meinung Amtliche Begründung Anhang Anleitung Anmerkung(en) 1. Amtsordnung (Schleswig Holstein) 2. Abgabenordnung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Arbeitsrechtliche Praxis Apothekenbetriebsordnung Apothekengesetz Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrecht-Blattei Arbeitsrecht Arbeitsstättenverordnung Arbeitszeitgesetz Archiv für Bürgerliches Recht Artikel Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Auflage Allgemeiner Wirtschaftsdienst Gesetz über das Ausländerzentralregister

Baden-Württ. BaWüNotZ BayObLG BayZ BAG BAO BÄO BB BBiG Bd. Bek. v. Begr Beschl.

Baden-Württemberg Baden-Württembergische Notarzeitung Bayerisches Oberlandesgericht Bayerische Zeitung Bundesarbeitsgericht Bundesabgabenordnung Bundesärzteordnung Der Betriebs-Berater Berufsbildungsgesetz Band Bekanntmachung vom Begründung Beschluss

IX

Abkürzungsverzeichnis

BetrAVG BetrVG BfA BFH BFHE BGB BGBl. BGH BGHR BGHZ BKartA Bl. BörsG BPatG BPatGE BRAGO BRAK-Mitt BT BUrlG BVerfG BVerfGE BVK bzw.

Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz) Betriebsverfassungsgesetz Bundesversicherungsanstalt für Angestellte Bundesfinanzhof Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Bürgerliches Gesetzbuch vom 18.8.1896 Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof BGH-Rechtsprechung, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofes Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen Bundeskartellamt Blatt Börsengesetz Bundespatentgericht Entscheidungen des Bundespatentgerichts Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte Mitteilungen der Bundesrechtsanwaltskammer Bundestag Bundesurlaubsgesetz vom 8.1.1963 Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bayerische Versicherungskammer beziehungsweise

CDH

Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb e.V. culpa in contrahendo United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, UN-Kaufrecht Zeitschrift für französisches Zivilrecht

cic CISG PucheltsZ DAR ders. DB DIHT DJT DNotZ DR DStR DV

E EBE/BGH EFG EFZG EG EGBGB EGVVG EHUG Einl. Entsch. EStG

Deutsches Autorecht derselbe Der Betrieb Deutscher Industrie- und Handelstag Deutscher Juristentag Deutsche Notarzeitung Deutsches Recht 1. Deutsche Steuerrundschau 2. Deutsches Strafecht 1. Durchführungsverordnung 2. Deutsche Verwaltung Entscheidung Eildienst Bundesgerichtliche Entscheidungen Entscheidungen der Finanzgerichte Entgeltfortzahlungsgesetz Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister Einleitung Entscheidung Einkommenssteuergesetz

X

Abkürzungsverzeichnis

EU EuGH EuGHE EuG EuGVVO EuGVÜ

EuLF EuZW EuroEG EWiR EWS EV EzA f. FAZ FeiertagslohnzahlungsG ff. FG

Europäische Union Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Europäisches Gericht Erster Instanz Verfahrensverordnung des Europäischen Gerichts Erster Instanz vom 1.3.2002 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, vom 27.9.1968, seit dem 1.3.2002 weitgehend durch die EuGVVO European Law Forum Europäische Zeitung für Wirtschaftsrecht Euro- Einführungsgesetz Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht 1. Europäisches Währungssystem 2. Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Eigentumsvorbehalt Einführungsverordnung Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung

Fn FN FS

Feiertagslohnzahlungsgesetz fortfolgende Finanzgericht Franchisegeber Fußnote Franchisenehmer Festschrift

GbR GewO GG ggf. GK GmbH GmbHG GmbHR GenG GewO GOÄ GOZ GRUR GRUR-RR GSG GVO GWB

Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls Großkommentar Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend der Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Genossenschaftsgesetz Gewerbeordnung Gebührenordnung für Ärzte Gebührenordnung für Zahnärzte Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht/Rechtsprechungsreport Gerätesicherheitsgesetz Gerichtsvollzieherordnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen

hA HAG

herrschende Ansicht Heimarbeitsgesetz Hessisches Ausführungsgesetz Hanseatische Gerichtszeitschrift Handelsrecht Handbuch Handelsgesetzbuch Handelskammer

HansGZ HandelsR Hdb. HGB HK

XI

Abkürzungsverzeichnis

h.L. hM HOAI

HVuHM HWK

herrschende Lehre herrschende Meinung Honorarordnung für Architekten und Ingenieure in der Bekanntmachung vom 4.3.1991 Handelsrechtsreformgesetz vom 22.6.1998 Verordnung über Gebühren in Handels, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen (Handelsregistergebührenverordnung) Höchstrichterliche Rechtsprechung Herausgeber Halbsatz Hochschulgesetz Handelsvertreter Handelsvertreter- und Vertriebsrecht – Entscheidungen und Gutachten (Hrsg. CDH-Forschungsverband e.V., Berlin) Der Handelsvertreter und Handelsmarker Handwerkskammer

ICC i.d.R. i.E. IHR insbes. Ind.- u. Handelsk. InsO IPRax IPRsp. i.S.d. i.V.m. IZPR

International Chamber of Commerce in der Regel im Ergebnis Internationales Handelsrecht insbesondere Industrie- und Handelskammer Insolvenzordnung vom 5.10.1994 Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts Die Deutsche Rechtsprechung auf dem Gebiet des internationalen Privatrechts im Sinne des in Verbindung mit Internationales Zivilprozeßrecht

JA JMBl. JR JRPV JURA JuS JW JZ

Juristische Arbeitsblätter Justizministerialblatt Juristische Rundschau Juristische Rundschau für Privatversicherung Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

Kart KFR Kfz KG

Kartell Kommentierte Finanzrechtsprechung Kraftfahrzeug 1. Kammergericht 2. Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und Kosten-, Stempel- und Strafsachen 1. Kassenordnung 2. Konkursordnung Kommissionsdokumente Königlich Kostengesetz kritisch Kündigungsschutzgesetz in der Bekanntmachung vom 25.8.1969 Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen

HRefG HRegGebV HRR Hrsg. Hs./Hs HSG HV HVR

KGaA KGJ KO KOM Königl. KostG krit. KSchG KTS

XII

Abkürzungsverzeichnis

KWG

Kommunalwahlgesetz Kreditwesengesetz

LAG LG lit. LM LS LVA LZ

Landesarbeitsgericht Landgericht litera Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes, hrsg. v. Lindemaier Landessatzung Leitsatz Landesversicherungsanstalt Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht

m. m. Bespr. mglw. MitbestG MittRhNotK MittBayNot mN MuW mwN

mit mit Besprechung möglicherweise Mitbestimmungsgesetz vom 4.5.1976 Mitteilungen Rheinische Notar-Kammer Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins mit Nachweisen Markenschutz und Wettbewerb mit weiteren Nachweisen

NdsRpfl. n.F. NJOZ NJW NJW-RR NotBZ Nr. NRW NZA NZA-RR NZG NZM

Niedersächsische Rechtspflege neue Fassung Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift, Rechtssprechungsreport Zeitschrift für die notarielle Beurkundungspraxis Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht, Rechtsprechungsreport Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht

österr. (ö)OGH OGHZ OHG OLG OLGR OWiG

Österreichisches Oberster Gerichtshof (Österreich) Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs für die Britische Zone in Zivilsachen Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht OLG-Report: Zivilrechtsprechung der Oberlandesgerichte Ordnungswidrigkeitengesetz

ParGG PflegeVG ppa. ProdHaftG

Partnerschaftsgesellschaftsgesetz Pflege-Versicherungsgesetz per procura (in Vollmacht) Produkthaftungsgesetz

RabelsZ RAG RAG ARS

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Reichsarbeitsgericht Reichsarbeitsgericht, Arbeitsrechts-Sammlung (Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts und des Reichsehrengerichts, der Landesarbeitsgerichte, Arbeitsgerichte und Ehrengerichte, 1928 ff.) Rechtsberatungsgesetz Recht der Arbeit

RBerG RdA

XIII

Abkürzungsverzeichnis

Rdsch. RdW RegE RG

Rpfleger Rn ROHG ROHGE Rs. RuS Rz

Rundschau Das Recht der Wirtschaft Regierungsentwurf Reichgericht Reichsgesetz Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der Internationalen Wirtschaft Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und des Grundbuchrechts, zusammengestellt im Reichsjustizamt Rechtsprechung kaufmännischer Schiedsgerichte Richtlinie des Rates der EG vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (86/653/EWG) Rechtspfleger Randnummer Reichsoberhandelsgericht Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Rechtssache Recht und Schaden Randziffer

s. S. s.a. SAE Sächs. ScheckG Sg SGB Slg. sog. st. std. Rspr. StGB s.u.

siehe Seite siehe auch Sammlung arbeitsgerichtlicher Entscheidungen Sächsisch Scheckgesetz vom 14.8.1933 Sozialgericht Sozialgesetzbuch Sammlung sogenannte ständige ständige Rechtsprechung Strafgesetzbuch siehe unten

TB-Merkmale TranspR TVG Tz TzBfG

Tatbestandsmerkmale Transportrecht Tarifvertragsgesetz Teilziffer Teilzeit- und Befristungsgesetz

u.a. u.ä. UmwG Urt. u.U.

unter anderem und ähnliches Umwandlungsgesetz Urteil unter Umständen

v. VAG VerBAV VersVerm Vertikal-GVO VertriebsR VGA

von/vom Versicherungsaufsichtsgesetz in der Bekanntmachung vom 17.12.1992 Veröffentlichungen des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen Versicherungsvermittlung Die Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen Vertriebsrecht Bundesverband der Geschäftsstellenleiter und Assekuranz

RGSt RGZ RIW RJA RKS RL

XIV

Abkürzungsverzeichnis

vgl. v.H. Voraufl. VRS VV VVG VW

vergleiche von Hundert Vorauflage Verkehrsrechts-Sammlung Versicherungsvertreter Gesetz über den Versicherungsvertrag Versicherungswirtschaft

WarnRprs

1. Rechtsprechung des Reichsgerichts auf dem Gebiete des Zivilrechts, soweit sie nicht in der amtlichen Sammlung der Entscheidungen des RG abgedruckt ist, hrsg. v. Warnmeyer 2. Sammlung zivilrechtlicher Entscheidungen des Reichsgerichts hrsg. von Buchwald (Begründet von Warnmeyer) Wechselgesetz 1. Wassergesetz 2. Wechselgesetz 3. Wohnwirtschaftliche Gesetzgebung 1. Wertpapier Mitteilungen, Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht 2. Wohnwirtschaft und Mietrecht Wettbewerb in Recht und Praxis Wirtschaft und Wettbewerb Wirtschaft und Wettbewerb, Entscheidungen zum Kartellrecht Wiener Vertragsrechtskonvention

WechselG WG

WM WRP WuW WuW-E WVK Z z.B. ZBH ZBR ZEuP ZfA ZfLR ZfV ZGR ZHR ZPO ZR ZS ZSR z.T. zust. zutr. ZVersWiss ZVglRWi(ss) zwh.

XV

(in Zusammenhängen) Zeitschrift, Zeitung, Zentralblatt zum Beispiel Zentralblatt für Handelsrecht Zeitschrift für Beamtenrecht, Zurückbehaltungsrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Immobilienrecht Zeitschrift für Versicherungswesen Zeitschrift für Verwaltung Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht Zivilprozessordnung Zivilrecht Zivilsenat 1. Zeitschrift für Schweizerisches Recht 2. Zeitschrift für Sozialrecht zum Teil zustimmend zutreffend Zeitschrift für Versicherungswissenschaft Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft zweifelhaft

Inhaltsübersicht

VIII

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Soweit andere als im nachfolgenden Verzeichnis angegebene Auflagen zitiert werden, wird dies in den Fußnoten angegeben. AnwK-ArbR/Bearbeiter APS/Bearbeiter ArbR/Bearbeiter AR-Blattei SD

AR-Blattei ES

Hümmerich/Boecken/Düwell (Hrsg.), AnwaltKommentar Arbeitsrecht, 2 Bände, Bonn, 2. Aufl. 2010 Ascheid/Preis/Schmidt (Hrsg.), Großkommentar zum Kündigungsrecht, München, 4. Aufl. 2012 Goebel, Frank-Michael, PraxisAusbildung Arbeitsrecht, Bonn, 1. Aufl. 2005 Oehmann/Dieterich (Hrsg.), Arbeitsrecht-Blattei Systematische Darstellungen, Heidelberg, 71. Aufl. 2007 (Loseblatt) zitiert: Bearbeiter AR-Blattei SD v. Dieterich/Neef/Schwab (Hrsg.), Arbeitsrecht-Blattei Entscheidungssammlung, Heidelberg, 19. Aufl. 2006 zitiert: Bearbeiter AR-Blattei ES Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlegerechts, München, 3. Aufl. 2007 Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, München, 6. Aufl. 2012

Assmann/Schütze/ Bearbeiter Bauer/Diller Wettbewerbsverbote Baumbach/Hefermehl/Casper Baumbach/Hefermehl/Casper, Wechselgesetz, Scheckgesetz, WechselG u. ScheckG Recht der kartengestützten Zahlungen: WG, ScheckG, Kartengestützte Zahlungen, München, 23. Aufl. 2008 Baumbach/Hueck/ Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, München, 20. Aufl. 2013 Bearbeiter GmbHG Baumbach/Hopt Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, München, 36. Aufl. 2014 Baumbach/Bearbeiter ZPO Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung: ZPO, München, 72. Aufl. 2014 BeckRS Beck Rechtsprechung Blomeyer/Otto Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Alterversorgung, Kommentar, München, 4. Aufl. 2012 Bohnert OWiG Bohnert, OWiG, Kommentar zum Ordnungswidrigkeitenrecht, München, 3. Aufl. 2010 Boos/Fischer/SchulteBoos/Fischer/Schulte-Mattler (Hrsg.), Kreditwesengesetz: KWG, Mattler/Bearbeiter KWG München, 3. Aufl. 2008 Braun, InsO Braun (Hrsg.), Insolvenzordnung: InsO, München, 4. Aufl. 2010 zitiert: Bearbeiter in: Braun, InsO Bruck/Möller Baumann, Horst/Beckmann, Roland Michael/Johannsen, Katharina/ Johannsen, Ralf (Hrsg.), Großkommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, Berlin, 9. Aufl. 2008 ff. v. Brunn Händlerverträge Brunn, Johann Heinrich von, Die Händlerverträge der KraftfahrzeugWirtschaft, Frankfurt am Main 1949 Bürgers/Körber/ Bürgers/Körber (Hrsg.), Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, Bearbeiter AktG Heidelberg, 3. Aufl. 2014 Canaris Handelsrecht Canaris, Claus-Wilhelm, Handelsrecht, München, 24. Aufl. 2006 Canaris Vertrauenshaftung Canaris, Claus-Wilhelm, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, München 1971 Claussen/Bearbeiter Claussen, Bank- und Börsenrecht, 5. Aufl. 2014 Däubler/Bearbeiter TVG Däubler (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz mit Arbeitnehmer-Entsendegesetz, Kommentar, Baden-Baden, 3. Aufl. 2012 Detzer/Ullrich Detzer/Ullrich, Verträge mit ausländischen Handelsvertretern, 5. Aufl. 2011 Detzer/Ullrich Detzer/Ullrich, Verträge mit ausländischen Vertragshändlern, 4. Aufl. 2010 DKK/Bearbeiter BetrVG Däubler/Kittner/Klebe (Hrsg.), Betriebsverfassungsgesetz mit Wahlordnung und EBR-Gesetz, Frankfurt am Main, 14. Aufl. 2014

XVII

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

DLW/Bearbeiter Düringer/Hachenburg

Ebenroth/Boujong/Joost/ Strohn/Bearbeiter

Eberstein Ehrenbergs Hdb Ensthaler

ErfK/Bearbeiter Erman/Bearbeiter Flohr/Wauschkuhn Vertriebsrecht FK-InsO/Bearbeiter

Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß (Hrsg.), Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, Neuwied, 11. Aufl. 2014 Düringer, Adelbert/Hachenburg, Max, Das Handelsgesetzbuch vom 10. Mai 1897 (unter Ausschluss d. Seerechts) auf d. Grundlage d. Bürgerl. Gesetzbuchs, Mannheim 1935 Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB, Band 1 §§ 1–342e, 2. Aufl., München 2008, Band 2 §§ 343–475h, München, 3. Aufl. 2014 zitiert: Ebenroth/Bearbeiter Eberstein, Hans Hermann, Der Handelsvertreter-Vertrag, Frankfurt am Main, 9. Aufl. 2008 Ehrenbergs Handbuch des gesamten Handelsrechts, 5. Band, I. Abteilung, 1. Hälfte, 1. Lieferung, 1926 Ensthaler (Hrsg.), Gemeinschaftskommentar zum Handelsgesetzbuch: HGB, Neuwied, 7. Aufl. 2007 zitiert: Bearbeiter in: Ensthaler Müller-Glöge/Preis/Schmidt (Hrsg.), Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, München, 14. Aufl. 2014 Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Kommentar, Köln, 13.Aufl. 2011 Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht: Vertriebsrecht, München 2014

Wimmer (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zur Insolvenzordnung, München, 7. Aufl. 2013 Frankfurter Kommentar zum Jaeger (Hrsg.), Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht, 79. Lieferung Kartellrecht/Bearbeiter Dezember 2013 (Loseblatt) Gagel/Bearbeiter SGB III Gagel u.a., Sozialgesetzbuch III – Arbeitsförderung: SGB III, München, 53. Lieferung 04/2014 (Loseblatt) Geimer/Schütze Geimer/Schütze (Hrsg.), Europäisches Zivilverfahrensrecht, Kommentar, München, 3. Aufl. 2010 Genzow Genzow, F. Christian, Der Vertragshändlervertrag, Köln 1996 Germelmann/Bearbeiter Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz: ArbGG ArbGG, Kommentar, München, 8. Aufl. 2013 Giesler/Nauschütt/Bearbeiter Giesler/Nauschütt (Hrsg.), Franchiserecht, Handbuch, Neuwied, 2. Aufl. 2007 GK-BetrVG Wiese/Kreutz/Oetker/Raab/Weber/Franzen, Gemeinschaftskommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, 2 Bände, Band 1: §§ 1–73b mit Wahlordnungen, Band 2: §§ 74–132, Neuwied, 9. Aufl. 2010, zitiert: Bearbeiter GK-BetrVG Großkommentar AktG/ Hopt/Wiedemann (Hrsg.), Aktiengesetz Großkommentar, Berlin, 4. Aufl. Bearbeiter 1992 ff. Großkomm. HGB/Bearbeiter Staub, Hermann, Handelsgesetzbuch: Großkommentar, Berlin, 5. Aufl. 2008 ff. Habersack Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2011 Hanau/Steinmeyer/Wank Hanau/Steinmeyer/Wank, Handbuch des europäischen Arbeits- und Sozialrechts, München 2002 Heidel/Bearbeiter AktienR Heidel (Hrsg.), Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, Kommentar, BadenBaden, 4. Aufl. 2014 Hess/Weis/Wienberg InsO Hess/Weis/Wienberg (Hrsg.), Insolvenzordnung, Heidelberg, 2. Aufl. 2001 zitiert: Bearbeiter in: Hess/Weis/Wienberg InsO HK-HGB Glanegger/Kirnberger/Kusterer u.a., Heidelberger Kommentar zum Handelsgesetzbuch, Heidelberg, 7. Aufl. 2007 zitiert: Bearbeiter HK-HGB HSWG/Bearbeiter BetrVG Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai (Hrsg.), Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Neuwied, 8. Aufl. 2011 Hübbe/Bearbeiter Hübbe, John G. (Hrsg.), Vorschläge zur Neugestaltung des Handelsmaklerrechts, insbesondere des Rechts des Außenhandelsmaklers, Hamburg 1941

XVIII

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Hüffer AktG HWK/Bearbeiter

Hüffer, Aktiengesetz, München, 11. Aufl. 2014 Henssler/Willemsen/Kalb (Hrsg.), Arbeitsrecht Kommentar, Köln, 6. Aufl. 2014 Immenga/Mestmäcker/ Immenga/Mestmäcker (Hrsg.), Wettbewerbsrecht, Band 2: GWB, KommenBearbeiter tar zum Deutschen Kartellrecht, München, 5. Aufl. 2012 Kallmeyer/Bearbeiter Kallmeyer, Umwandlungsgesetz, Köln, 5. Aufl. 2013 Knieper/Jahrmarkt Knieper, Rolf/Jahrmarkt, Manfred, Zweigniederlassung, Zweigbüro, Filiale, Nebenbetrieb: rechtliche Regelungen, steuerliche Besonderheiten, betriebswirtschaftliche Überlegungen, Berlin 1972 Köhler BGB, Allgemeiner Teil Köhler, Helmut, BGB Allgemeiner Teil, München, 36. Aufl. 2012 Köhler/Bearbeiter UWG Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, Kommentar, München, 32. Aufl. 2014 Koller/Roth/Morck/Bearbeiter Koller/Roth/Morck, Handelsgesetzbuch: HGB, München, 7. Aufl. 2011 KölnKomm-AktG/Bearbeiter Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, Köln, 2.Aufl.1988ff (herausgegeben von Zöllner); 3. Aufl. 2004 ff (herausgegeben von Zöllner/Noack) KK-OWiG/Bearbeiter Senge (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten: OWiG, München, 3. Aufl. 2006 KR/Bearbeiter Etzel/Bader/Fischermeier, u.a., Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzrecht und zu sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften, Neuwied, 10. Aufl. 2013 Küstner/Thume I Küstner, Thume (Hrsg.), Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 1: Das Recht des Handelsvertreters, Frankfurt am Main, 4. Aufl. 2012 Küstner/Thume II Küstner, Thume (Hrsg.), Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Band 2: Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters. Warenvertreter, Versicherungs- und Bausparkassenvertreter, Frankfurt am Main, 8. Aufl. 2008 Küstner/Thume III Küstner, Thume (Hrsg.), Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 3: Reisende, Vertragshändler, Kommissionsagenten, Franchising, Direkt-, Struktur- und Internetvertrieb, Frankfurt am Main, 3. Aufl. 2009 Langen/Bunte/Bearbeiter Langen/Bunte (Hrsg.), Kommentar zum deutschen und europäischen Kartellrecht, München, 2 Bände, 11.Aufl. 2010 Loewenheim/Meessen/ Loewenheim/Meessen/Riesenkampff (Hrsg.), Kartellrecht, Riesenkampff/Bearbeiter 2 Bände, München, 2. Aufl. 2009 Löwisch/Rieble TVG Löwisch/Rieble, Tarifvertragsgesetz, Kommentar, München, 3. Aufl. 2012 Lutter/Bearbeiter UmwG Lutter/Winter (Hrsg.), Umwandlungsgesetz, 2 Bände, Köln, 4. Aufl. 2009 Lutter/Hommelhoff GmbHG Lutter/Hommelhoff u.a., GmbH-Gesetz, Köln, 18. Aufl. 2012 Martinek Franchising Martinek, Michael, Franchising, Heidelberg 1987 Martinek/Bearbeiter Martinek, Michael (Hrsg.), Handbuch des Vertriebsrechts, München, 3. Aufl. 2010 Maus/Bearbeiter HAG Schmidt/Koberski/Tiemann/Wascher, Heimarbeitsgesetz, Kommentar, München, 4. Aufl. 1998 Michalski Michalski, OHG-Recht, Kommentar, 2000 Michalski/Bearbeiter GmbHG Michalski (Hrsg.), Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz), 2 Bände, München, 2. Aufl. 2010 MünchArbR/Bearbeiter Bd. I Richardi/Wlotzke (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 1: Individualarbeitsrecht, München, 3. Aufl. 2009 MünchArbR/Bearbeiter Bd. II Richardi/Wlotzke (Hrsg.), Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht, Band 2: Kollektivarbeitsrecht/Sonderformen, München, 3. Aufl. 2009 MünchGesR/Bearbeiter Bd. I Gummert/Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band 1: BGB-Gesellschaft, OHG, Partnerschaftsgesellschaft, Partenreederei, EWIV, 3. Aufl. 2009 MünchGesR/Bearbeiter Bd. II Gummert/Weipert (Hrsg.), Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts, Band II: KG, GmbH & Co. KG, Publikums-KG, Stille Gesellschaft, 3. Aufl. 2009

XIX

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

2/3

MünchKommAktG / Bearbeiter MünchKommBGB/Bearbeiter MünchKommHGB/Bearbeiter MünchKomm-InsO/Bearbeiter MünchKommZPO/Bearbeiter Musielak/Bearbeiter Nagel/Gottwald IZPR Oetker/Bearbeiter Palandt/Bearbeiter Preis/Bearbeiter Arbeitsvertrag Prölss/Bearbeiter VAG Prölss/Martin/Bearbeiter VVG PWW/Bearbeiter Reithmann/Martiny/ Bearbeiter Röhricht/Graf v. Westphalen/ Bearbeiter

Roth/Altmeppen GmbHG Rowedder/Schmidt-Leithoff/ Bearbeiter GmbHG Schaub/Bearbeiter ArbR-Hdb Schleusener/Suckow/Voigt/ Bearbeiter Schleßmann K. Schmidt Gesellschaftsrecht K. Schmidt Handelsrecht Scholz/Bearbeiter GmbHG Schönke/Schröder/ Bearbeiter StGB Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau 3

Schüren/Bearbeiter AÜG (bzw. Schüren AÜG, wenn Schüren selbst Bearbeiter) Schwark/Bearbeiter Soergel/Bearbeiter Spindler/Stilz/ Bearbeiter AktG Staub/Bearbeiter

Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., München 2008 ff. Rebmann/Säcker/Rixecker (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, München, 5. Aufl. 2005ff Schmidt, Karsten (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch: HGB, München, 2. Aufl. 2005 ff. Kirchhof/Lwowski/Stürner (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3 Bände, München, 3. Aufl. 2013 Rauscher/Wax/Wenzel (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, 4 Bände, München, 4. Aufl. 2012 Musielak (Hrsg.), Kommentar zur Zivilprozessordnung: ZPO, München, 11. Aufl. 2014 Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, Handbuch, Köln, 6. Aufl. 2007 Oetker, Hartmut (Hrsg.), Kommentar zum Handelsgesetzbuch (HGB) 3. Aufl. 2013 Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch: BGB, München, 73. Aufl. 2014 Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, Handbuch der Vertragspraxis und -gestaltung, Köln, 4. Aufl. 2011 Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz: VAG, München, 2005 Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz: VVG, München, 28. Aufl. 2010 Prütting/Wegen/Weinrich (Hrsg.), BGB Kommentar, Köln, 8. Aufl. 2013 Reithmann/Martiny (Hrsg.), Internationales Vertragsrecht, Köln, 7. Aufl. 2010 Röhricht/Westphalen (Hrsg.), Handelsgesetzbuch: HGB, Kommentar zu Handelsstand, Handelsgesellschaften, Handelsgeschäften und besonderen Handelsverträgen (ohne Bilanz-, Transport- und Seerecht), Köln 3. Aufl. 2008 Roth/Altmeppen, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, Kommentar, München, 7. Aufl. 2012 Rowedder/Schmidt-Leithoff (Hrsg.), Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung: GmbHG, München, 5. Aufl. 2013 Schaub u.a., Arbeitsrechts-Handbuch, München, 15. Aufl. 2013 Schleusener/Suckow/Voigt (Hrsg.), Kommentar zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, München, 3. Aufl. 2010 Schleßmann, Das Arbeitszeugnis, Frankfurt am Main, 19. Aufl. 2010 Schmidt, Karsten, Gesellschaftsrecht, Köln, 4. Aufl. 2002 Schmidt, Karsten, Handelsrecht, Köln, 6. Aufl. 2014 Scholz (Hrsg.), Kommentar zum GmbHG, 3 Bände, Köln, Band 1 und 2: 11. Aufl. 2012/2013; Band 3: 10. Aufl. 2008 Schönke/Schröder (Hrsg.), Strafgesetzbuch: StGB, Kommentar, München, 29. Aufl. 2014 Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Der Vertragshändlervertrag, Frank furt am Main, 4. Aufl. 2008 Zitiert: Bearbeiter in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau Schüren (Hrsg.), Arbeitnehmerüberlassungsgesetz: AÜG, Kommentar, München, 4. Aufl. 2010 Schwark, Eberhard (Hrsg.), Kapitalmarktrechts-Kommentar, München, 4. Aufl. 2010 Soergel/Siebert (Hrsg.), Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 8 Bände, Stuttgart, 13. Aufl. 2001 ff. Spindler/Stilz (Hrsg.), Aktiengesetz, Kommentar, 2 Bände, München, 2. Aufl. 2010 s. GroßkommHGB

XX

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

Staudinger/Bearbeiter Straatmann/Timmermann Straatmann/Ulmer Straube/Bearbeiter Stumpf/Jaletzke/Schultze/ Bearbeiter Thomas/Putzo/Bearbeiter Trinkhaus Tschöpe/Bearbeiter Arbeitsrecht Uhlenbruck/Bearbeiter Ulmer/Schäfer Ulmer/Habersack/Winter/ Bearbeiter GmbHG Ulmer/Brandner/Hensen/ Bearbeiter AGB-Recht Westphal Vertriebsrecht I Westphal Vertriebsrecht II Westermann/Bearbeiter Wiedemann/Bearbeiter TVG Wolf/Lindacher/Pfeiffer Zöllner/Loritz/Hergenröder Arbeitsrecht Zöllner Wertpapierrecht Zöller/Bearbeiter ZPO

XXI

J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, 13. Bearbeitung, Berlin 1993 ff. Straatmann/Timmermann, Rechtsprechung kaufmännischer Schiedsgerichte (RKS), 1984 ff. Straatmann/Ulmer, Handelsrechtliche Schiedsgerichts-Praxis (HSG), 1975 ff. Straube, Kommentar zum HGB, Band 1: 3. Aufl. 2003, Band 2: 3. Aufl. 2003 ff. Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, Heidelberg, 3. Aufl. 1997 Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung: ZPO, München, 35. Aufl. 2014 Trinkhaus, Hans, Handbuch der Versicherungsvermittlung, Bd. 1, Provision und Abfindung der Versicherungsvermittler, Berlin 1955 Tschöpe (Hrsg.), Anwalts-Handbuch Arbeitsrecht, Köln, 8. Aufl. 2013 Uhlenbruck (Hrsg.), Insolvenzordnung: InsO, Kommentar, München, 13. Aufl. 2010 Ulmer/Schäfer, Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Partnerschaftsgesellschaft: GbR PartG, München, 6. Aufl. 2013 Ulmer/Habersack/Winter (Hrsg.), GmbH-Gesetz, Kommentar, 3 Bände, Tübingen, 2005–2008; Ergänzungsband zum MoMiG, 2010 Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht Kommentar, Köln, 11. Aufl. 2011 Westphal, Bernd, Vertriebsrecht, Band I: Handelsvertreter, Düsseldorf, 1. Aufl. 1998 Westphal, Bernd, Vertriebsrecht, Band II: Vertragshändler, Düsseldorf, 1. Aufl. 2000 Westermann/Wertenbruch (Hrsg.), Handbuch der Personengesellschaften, Loseblatt, Stand: März 2014 Wiedemann (Hrsg.), Tarifvertragsgesetz, Kommentar, München, 7. Aufl. 2007 Wolf/Lindacher/Pfeiffer (Hrsg.), AGB-Recht, Kommentar, München, 6. Aufl. 2013 Zöllner/Loritz/Hergenröder, Arbeitsrecht, München, 6. Aufl. 2008 Zöllner, Wolfgang, Wertpapierrecht, München, 14. Aufl. 1987 Zöller, Richard, Zivilprozessordnung: ZPO, Kommentar, Köln, 30. Aufl. 2014

Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur

XXII

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

ERSTES BUCH Handelsstand SIEBENTER ABSCHNITT Handelsvertreter Vor § 84 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

VORBEMERKUNGEN Vor § 84 Emde Schrifttum Dasjenige aus der Zeit vor der Novelle von 1953 ist größtenteils überholt; im Einzelnen siehe die Nachweise in Staub/Brüggemann 3. Aufl. Grundlegend immer noch: Schmidt-Rimpler Das Recht des Handlungsagenten in Ehrenbergs Handbuch V, 1. Danach (neben den zitierten Kommentaren): Detzer/Ullrich „Gestaltung von Verträgen mit ausländischen Handelsvertretern und Vertragshändlern“, 2000; Eberstein, Hans Herman „Der HandelsvertreterVertrag“, 9. Aufl. 2008; Ensthaler/Funk/Stopper „Handbuch des Automobilvertriebsrechts“, 2003; Emde, Raimond Die Handelsvertreter-GmbH, 1994; Genzow, F. Christian „Vertragshändlervertrag“, 1996; Giesler, Jan Patrick (Hrsg.) „Praxishandbuch Vertriebsrecht“, 1. Aufl. 2005, 2. Aufl. 2011; Graf v. Westphalen „Handbuch des Handelsvertreterrechts in EU-Staaten und der Schweiz“, 1995; Henschel/Beine/Buchwald Handbuch zum Recht des Handelsvertreters 1954; Hirsch Der gesetzlich fixierte „Typ“ als Gefahrenquelle der Rechtsanwendung, erläutert am Beispiel des „Handelsvertreters“ Festschrift Tiburtius (1964) 383; Hopt „Handelsvertreterrecht“, 4. Aufl. 2009; Josten/Lohmüller/Beuster Handelsvertretergesetz, Kommentar 2. Aufl. 1970; Küstner/Thume „Handbuch des gesamten Vertriebsrechts“, Band 1, 4. Aufl. 2012; Küstner/ Thume „Handbuch des gesamten Außendienstrechts“, Band 2, 8. Aufl. 2008; Martinek Vertriebsrecht als Rechtsgebiet und Aufgabe, ZVertriebsR 2012, 2 ff.; Martinek/Semler/Habermeier/Flohr „Handbuch des Vertriebsrechts“, 3. Aufl. 2010; Metzlaff, Karsten (Hrsg.) „Praxishandbuch Franchising“, 2003; Niebling, Jürgen „Vertragshändlerrecht“, 2. Aufl. 2003; Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau „Der Vertragshändlervertrag“, 4. Aufl. 2008 (teilweise auch 3. Aufl. 1997, zit. als Stumpf/Jaletzke/Schultze); Westphal, Bernd „Vertriebsrecht“, Band 1 Handelsvertreter, 1998; Westphal, Bernd „Vertriebsrecht“, Band 2 Vertragshändler, 2000. Literatur- und Rechtsprechungsübersichten: Emde Rechtsprechungsreport zum Vertriebsrecht BB 2012, 3029, 3087 m. Hinweisen zu den Vorjahresübersichten; Hübsch/Hübsch Die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zum Handelsvertreterrecht WM Sonderbeil. Nr. 1/2011; Kindler/Menges Die Entwicklung des Handelsvertreter- und Vertragshändlerrechts seit 2005, DB 2010, 1109.

A. B. I. II.

1

Übersicht Der Befund ____ 1 Die Genese des Handelsvertreterrechts ____ 9 Gesetzgebungsgeschichte bis zur Handelsvertreter-Richtlinie 1986 (RL) ____ 9 Die HV-Richtlinie 1986 (RL) und ihre Folgen ____ 13 1. Übernahme in deutsches Recht ____ 13 2. Zweck der RL ____ 15 3. Zwingender Charakter der RL-Vorschriften ____ 16 4. Abschließender Charakter ____ 17 5. Anwendungsbereich der RL ____ 18 a) Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich ____ 18 b) Örtlicher Anwendungsbereich ____ 26

Auslegung der RL ____ 27 a) RL-konforme Auslegung ____ 28 b) Handelsvertreterfreundlichste Auslegung ____ 29 7. Analoge Anwendung der RL-konform umgesetzten Vorschriften innerhalb des Anwendungsbereichs der RL? ____ 30 8. Anwendung der RL auf nicht von der RL erfasste Mittler ____ 31 9. Regelt die RL Beweislastfragen? ____ 32 10. Grundsatz effektiver Durchsetzung zwingenden Rechts im Verwaltungs-/ Gerichtsverfahren ____ 33 11. Diskrepanzen zwischen RL und deutschem Recht ____ 34 12. Vorlageverfahren zum EuGH ____ 35

6.

Emde

Vor § 84

C. D. E. I. II. III.

IV.

Emde

1. Buch. Handelsstand

Grundgesetzlicher Schutz ____ 36 Innere Ordnung des HV-Rechts ____ 37 Das auf Vertriebsmittler anwendbare Recht ____ 38 HGB ____ 38 Handelsbräuche ____ 39 BGB ____ 40 1. Allgemeiner Teil des BGB ____ 42 2. Allgemeines Schuldrecht ____ 43 3. Wegfall der Geschäftsgrundlage ____ 46 4. Gegenseitiger Vertrag ____ 47 5. §§ 305 ff. BGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen. Vertriebsrecht ist zugleich meist AGB-Recht ____ 48 a) Unwirksame Klauseln ____ 55 b) Wirksame Klauseln ____ 56 6. §§ 478, 479 BGB ____ 57 7. §§ 611 ff., 675 ff. ____ 58 8. § 611 BGB ____ 59 9. § 612 BGB ____ 60 10. § 612a BGB ____ 61 11. § 613 BGB ____ 62 12. § 613a BGB ____ 74 13. § 614 BGB ____ 75 14. § 615 BGB ____ 76 15. § 616 BGB ____ 80 16. § 617 BGB ____ 81 17. § 618 BGB ____ 82 18. § 619a BGB ____ 83 19. §§ 620–622 BGB ____ 84 20. § 623 BGB ____ 85 21. § 624 BGB ____ 86 22. § 625 BGB ____ 87 23. §§ 626, 627 BGB ____ 88 24. § 628 BGB ____ 90 25. § 629 BGB ____ 91 26. § 630 BGB ____ 92 27. § 675 BGB ____ 93 28. §§ 675, 663 BGB ____ 94 29. §§ 675, 665 BGB ____ 95 30. §§ 675, 666 BGB ____ 96 31. §§ 675, 667 BGB ____ 97 32. §§ 675, 668 BGB ____ 98 33. §§ 675, 669, 670 BGB ____ 99 34. §§ 675, 671 BGB ____ 100 35. §§ 675, 672, 673 BGB ____ 101 36. §§ 675, 674 BGB ____ 102 37. § 810 BGB ____ 103 38. § 855 BGB ____ 104 Kartellrecht ____ 105 1. Europäisches Kartellrecht ____ 105 a) Einleitung ____ 106 b) Häufige Formen wettbewerbsbeschränkender Abreden in Vertriebsverträgen ____ 108

c) Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden nach Art. 101 AEUV ____ 109 aa) Grundlagen ____ 109 bb) Wettbewerbsverhältnis ____ 110 cc) Spürbarkeit der Wettbewerbsklausel ____ 111 dd) Zwischenstaatlichkeitsklausel ____ 112 ee) Art. 101 Abs. 3 AEUV ____ 115 (1) Einleitung ____ 115 (2) Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) als Konkretisierung der Generalklausel des Art. 101 Abs. 3 AEUV ____ 119 (3) Fallgruppen des Art. 101 Abs. 3 AEUV ____ 121 (a) Verbesserung der Warenerzeugung ____ 121 (b) Verbesserung der Warenverteilung ____ 122 (c) Förderung des technischen Fortschritts ____ 123 (d) Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts ____ 124 (e) Gewinnbeteiligung der Verbraucher ____ 125 ff) Prüfungsreihenfolge ____ 126 gg) Umfang der Nichtigkeit ____ 130 hh) Beweislast ____ 131 d) Selektive Vertriebssysteme und Art. 101 AEUV ____ 132 aa) Qualitative selektive Vertriebssysteme ____ 132 (1) Überblick ____ 132 (2) Zulässigkeit des selektiven Vertriebs ____ 133 (3) Beispiele zulässiger und unzulässiger Selektionsmerkmale ____ 134 (4) Internetvertrieb im selektiven Vertriebssystem ____ 135 (5) Zulassungsanspruch ____ 136 bb) Quantitative selektive Vertriebssysteme ____ 137 e) Handelsvertreter-Kartellrecht ____ 138 aa) Historie des HandelsvertreterKartellrechts ____ 138 bb) Die Leitlinien zur GVO 330/ 2010 ____ 148 (1) Genese ____ 148 (2) Übersicht über Inhalt und Systematik der LL ____ 151 (3) Rechtsnatur der LL ____ 156

2

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

(4) Handelsvertreterverträge ____ 157 (a) TB-Voraussetzungen eines Handelsvertretervertrages im kartellrechtlichen Sinne („echter“ HV-Vertrag) ____ 157 (b) Rechtsfolgen „echter“ Handelsvertreterverträge ____ 175 (5) Eigenhändlergleiche, „unechte“ Handelsvertreterverträge ____ 179 (6) Zwischenergebnis ____ 180 cc) Unechte Vertragshändler- oder Franchiseverträge? ____ 181 f) Freistellung nach der kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen ____ 182 aa) Die GVO 330/2010 ____ 182 (1) Erwägungsgründe zur GVO ____ 189 (2) Art. 1 GVO ____ 191 (3) Art. 2 GVO ____ 194 (4) Art. 3 GVO ____ 201 (5) Art. 4 GVO ____ 202 (6) Art. 5 GVO ____ 221 (7) Art. 6 GVO ____ 235 (8) Art. 7–10 GVO ____ 236 bb) Die Kfz-GVO 461/10 ____ 237 (1) Historie der Kfz-GVOs ____ 237 (2) Ergänzende Leitlinien (LL) und häufig gestellte Fragen zur Kfz-GVO ____ 240 (3) Kfz-Vertrieb unter den neuem Regelungsregime der GVOs ____ 241 (a) Wo wird der Kfz-Vertrieb geregelt? ____ 241 (b) Zulässige Vereinbarungen zum Vertrieb ____ 242 (c) Neuwagenvertrieb durch autorisierte Werkstätten? ____ 245 (d) Kündigungsgründe ____ 246 (4) Fortschreibung einzelner Händlerschutzbestimmungen in den Selbstverpflichtungskatalogen und den Händlerverträgen ____ 247 (5) Zu den einzelnen Regelungen der Kfz-GVO ____ 254 (a) Art. 1 Kfz-GVO ____ 254 (b) Art. 2 Kfz-GVO ____ 255 (c) Art. 3 Kfz-GVO ____ 258 (d) Art. 4 Kfz-GVO ____ 259 (e) Art. 5 Kfz-GVO ____ 260

3

2.

Vor § 84

(aa) Zu (1) ____ 261 (bb) Zu (2) ____ 262 (cc) Zu (3) ____ 263 (dd) Zugang zu technischen Informationen ____ 264 (f) Art. 6 Kfz-GVO ____ 265 (g) Art. 7 Kfz-GVO ____ 266 (h) Art. 8 Kfz-GVO ____ 267 cc) Alt Kfz-GVO 1400/02 ____ 268 dd) GVO 1217/10 ____ 269 Deutsches Kartellrecht ____ 270 a) Einleitung ____ 270 b) Bagatellbekanntmachung ____ 275 c) §§ 19, 20 Abs. 1 GWB ____ 277 aa) Einführung ____ 277 (1) Bedeutung des § 19 GWB ____ 277 (a) Anwendungsbereich ____ 277 (b) Systematik der Vorschrift ____ 279 (2) Kündigungsschutz? ____ 282 (3) Auslauffrist? ____ 285 (4) Beweislast ____ 286 (5) Unterschiedliche Behandlung ____ 287 (6) Unbillige Behinderung ____ 289 (7) Ermessen des Unternehmers bei der Gestaltung des Vertriebssystems ____ 290 (a) Gleichbehandlung der selbständigen Vertriebsmittler untereinander ____ 292 (b) Gleichbehandlung zwischen Vertriebsmittlern und konzerneigenen Vertriebsgesellschaften ____ 293 (c) Vertragliche Verpflichtung des Unternehmers zum Vertriebssystem ausschließlich mit unabhängigen Vertriebsmittlern ____ 294 bb) Zu § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB ____ 295 (1) Marktbeherrschende Unternehmen ____ 295 (2) Gleichartiges Unternehmen ____ 296 (3) Maßgeblicher Markt ____ 297 (4) Alleinbezugsverpflichtung ____ 298 (5) Verkaufsanreize ____ 299 cc) Zu § 20 Abs. 1 GWB ____ 300 dd) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Behinderungs- und Diskriminierungsverbot ____ 303

Emde

Vor § 84

V.

Emde

1. Buch. Handelsstand

ee) Kontrahierungsanspruch, Belieferungsanspruch und ihr Verhältnis zum Schadenersatzanspruch ____ 304 (1) Einleitung ____ 304 (2) Kontrahierungsanspruch aus §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB i.V.m. § 33 Abs. 3 GWB ____ 305 (a) Grundlagen des Kontrahierungsanspruchs ____ 305 (b) Kontrahierungsanspruch ist nicht auf selektive Vertriebssysteme beschränkt ____ 307 (c) Zeitpunkt des Vorhandenseins der Selektionskriterien ____ 308 (d) Abhängigkeit ____ 309 (e) Beweislast ____ 310 (3) Anspruch aus § 33 Abs. 1, 3 i.V.m. Art. 101 AEUV ____ 311 (a) Streitstand ____ 311 (b) Ansicht des BGH ____ 312 (c) Zustimmung und Kritik an der Ansicht des BGH ____ 313 (4) Kein Kontrahierungs- und Belieferungsanspruch bei Unwirksamkeit des Vertriebssystems ____ 315 (5) Kündigung trotz Kontrahierungszwanges? ____ 316 (6) Verweigerung der Aufnahme nach vorheriger Kündigung? ____ 317 (7) Darlegungs- und Beweislast ____ 318 (8) Entscheidung über den Zulassungsanspruch ____ 319 (9) Gerichtlicher Rechtsschutz ____ 320 (10) Aufnahme als Vertragswerkstatt in das Werkstattnetz des Unternehmers ____ 321 (11) Belieferungsanspruch ____ 338 (a) Zulässigkeit ____ 338 (b) Begründetheit ____ 339 (c) Belieferungspflicht in quantitativen Vertriebsbindungssystemen ____ 340 (12) Belieferungspflicht mit Ersatzteilen ____ 341 ____ UWG 342 1. Zulässigkeit UWG-rechtlicher Streitigkeiten ____ 343 2. Begründetheit UWG-rechtlicher Streitigkeiten ____ 344

a) Fehlende Wettbewerbswidrigkeit ____ 344 b) Wettbewerbswidriges Verhalten ____ 345 3. Zurechnung ____ 346 VI. Das Antidiskriminierungsgesetz (AGG) ____ 347 VII. ZAG ____ 350 VIII. Versicherungsrechtliche Repräsentanteneigenschaft ____ 351 IX. Berufsverbote ____ 352 X. Beweislast ____ 353 F. Zwingendes Recht ____ 354 G. Spannungsverhältnis zwischen gesetzlichem Leitbild und rechtstatsächlicher Erscheinungsform ____ 357 H. Andere Formen von Absatzmittlern ____ 358 I. Handelsvertreterähnliche Mittler ____ 358 II. Handelsvertreterähnliche Stellung ____ 359 III. Beispiele ____ 369 IV. Typenkombinationsverträge ____ 370 I. Vertragshändler (Eigenhändler) ____ 371 I. Übereinstimmungen und Unterschiede in der Funktion ____ 371 II. Abgrenzung vom Fachhändler ____ 377 III. Vertragsschluss ____ 378 IV. Anwendbares Recht ____ 379 V. Die Entlohnung des Vertragshändlers ____ 404 VI. Preisanpassung – Anpassung des Händlerrabattes ____ 405 1. Individualverträge ____ 408 2. AGB ____ 411 VII. Rückgaberecht/Rücknahmepflicht für Vertragsware nach Vertragsende ____ 412 1. Rechtsgrundlage der Rücknahmepflicht ____ 413 2. Grund der Vertragsbeendigung ____ 414 3. Vertragliche Bestimmung des Rücknahmerechts ____ 415 4. Vertragliche Beschränkung des Rücknahmerechts ____ 416 5. Umfang der Rücknahmepflicht ____ 417 6. Rücknahmepreis ____ 418 7. Fälligkeit des Rücknahmeanspruchs ____ 419 8. Verjährung und Verwirkung ____ 420 9. Darlegungs- und Beweislast ____ 421 10. Rückkaufrecht des Unternehmers ____ 422 J. Franchiserecht ____ 423 I. Die unterschiedlichen Franchisesysteme ____ 425

4

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Abgrenzung vom Unselbständigen ____ 427 Rechtsnatur ____ 429 Abgrenzung zu anderen vertriebsrechtlichen Verträgen ____ 430 V. Abschluss ____ 431 VI. Aufklärungspflichten und Täuschung ____ 432 1. Pflichten des FG ____ 433 a) Pflicht zur vollständigen Aufklärung ____ 434 b) Täuschungshandlungen ____ 437 c) Rechtsfolgen ____ 438 d) Haftung von Verhandlungsgehilfen ____ 439 2. Pflichten des FN ____ 440 VII. Widerrufsrecht ____ 441 1. Widerrufsrecht nur bei Verbraucherverträgen ____ 442 2. Inhalt der Widerrufsbelehrung ____ 443 3. Rechtsfolgen des Widerrufsrechts ____ 444 VIII. Anwendbare Vorschriften ____ 445 IX. Leistungsinhalt ____ 446 1. Leistungspflichten des Franchisenehmers ____ 446 2. Leistungspflicht des Franchisegebers ____ 448 X. Gleichbehandlungsgebot ____ 449 XI. Vertragliche Vereinbarung ____ 450 XII. Leistungsstörungen ____ 451 XIII. Nichtigkeit ____ 454 XIV. Teilhabe des Franchisenehmers an Einkaufsvorteilen des Franchisegebers ____ 457 XV. Franchisenetzwerkhaftung ____ 464 XVI. Vertragspartner des Kunden – Geschäft mit dem FG? ____ 465 XVII. Vertragsende ____ 466 XVIII. Steuerrecht ____ 467 K. Kommissionär und Kommissionsagent ____ 468 L. Handelsmakler ____ 470 M. Gerichtliche Zuständigkeit und Auslegungsfragen ____ 471 II. III. IV.

Vor § 84

I.

Erfüllungs- und Leistungsort sowie Gerichtsstand des Erfüllungsortes ____ 471 II. Erfüllungsort für die Pflichten des Vertriebsmittlers ____ 474 III. Erfüllungsort für die Pflichten des Unternehmers ____ 478 IV. Einheitserfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ____ 479 V. Einheitserfüllungsort und -gerichtsstand außerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO? ____ 487 VI. Gerichtsstandsklauseln ____ 500 VII. Schiedsabreden ____ 509 N. Allgemeines zum gerichtlichen Verfahren ____ 510 I. Sachliche Zuständigkeit ____ 510 II. Schiedsverfahren ____ 511 III. Örtliche Zuständigkeit ____ 512 IV. Beweislast ____ 513 V. Eilverfahren ____ 514 VI. Revisionsgerichtliche Überprüfung ____ 515 VII. Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung ____ 516 VIII. Internationale Vertriebsrechtsstreitigkeiten ____ 517 O. Verjährung ____ 519 I. Inhalt der gesetzlichen Regelung ____ 519 II. Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung ____ 520 III. Verjährung in Einzelfällen ____ 521 1. Provisionen ____ 521 2. Informationsrechte (§ 87c) ____ 522 3. Ausgleichsanspruch ____ 523 4. Kenntnis oder Kennenmüssen ____ 524 a) Kenntnis oder Kennenmüssen bei Provisionsansprüchen ____ 525 b) Kenntnis oder Kennenmüssen beim Ausgleichsanspruch ____ 526 5. Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz/§ 242 BGB ____ 527 6. Vereinbarungen über die Verjährungsfrist ____ 528 P. Verwirkung ____ 531

A. Der Befund Die §§ 84 ff. regeln seit Bestehen des heutigen HGB das Handelsvertreterrecht. Alle 1 wesentlichen Rechte und Pflichten des HV sind hier niedergelegt. Schließen die Vertragspartner keinen abweichenden Vertrag, wird durch die §§ 84 ff. ein gesetzestypischer „Mustervertrag“ formuliert. Gleichwohl sind HV-Recht und das aus ihm entwickelte Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler, wie das gesamte deutsche Recht, Fallrecht. Die Mär kodifizierten Rechts stammt aus der Zeit der Begriffsjurisprudenz. Die §§ 84 ff. bleiben ausfüllungsbedürftig. Paradigma sind die §§ 89a, 89b, bei denen unbestimmte Rechtsbegriffe der Präzisierung durch Richterrecht harren. Weder lassen sich § 89a wich5

Emde

Vor § 84

1. Buch. Handelsstand

tige Gründe zur Vertragskündigung entnehmen, noch regelt § 89b die Berechnungsgrundlagen des Ausgleichs in der erforderlichen Präzision. Vertriebsrecht ist zudem typisches Praktikerrecht, was zu einer gewissen Phantasielosigkeit der Rechtsauslegung geführt hat. Wenn systematische Inkonsistenz gerügt wird, entgegnen die Richter, entschieden werde der Einzelfall unter Betonung der Einzelfallgerechtigkeit. Interessenwahrungspflicht (§ 86 Abs. 1) und Billigkeit (§ 89b Abs. 1 Nr. 2) geben hier besondere weit geöffnete Einfallstore. Der HV-Vertrag gehört zur Gruppe der Vermittlerverträge, zu denen die gesetzlich 2 kodifizierten Typen des Makler- und des Handelsvertretervertrages zählen. Gesetzlich nicht normiert sind etwa Vertragshändler-, Franchise-, Kommissionsagenten- und Vertriebslizenzverträge, deren vertriebsrechtliche Bestimmungen dem analog angewandten HV-Recht unterstehen. Vor allem das HV-Recht und das letztgenannte Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler werden unter dem Begriff des Vertriebsrechts zusammengeführt.1 Zahl und Bedeutung der Äußerungen in der Literatur sowie der richterlichen Entscheidungen verschiebt sich immer mehr vom Handelsvertreterrecht zum Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler.2 § 84 spricht allgemein von der Vermittlung oder dem Abschluss von „Geschäften“. 3 Im Wirtschaftsleben überwiegt die Vermittlung im Warengeschäft, weshalb auch das Recht des Warenvertreters – und nur dieses – durch die HV-Richtlinie 1986 (RL) geregelt wurde. Rechtstatsächlich bedeutsam sind jedoch auch HV als Vermittler anderer Wirtschaftsgüter, etwa von Versicherungen über Bausparverträge bis zu Patentlizenzen. Der HV ist der vorgeschobene Beobachtungsposten seines Auftraggebers. Seine Tätigkeit wird oft der von eigenen Mitarbeitern oder Niederlassungen des Unternehmers vorgezogen:3 Für Unternehmer ist es günstiger und rationeller, sich der Dienste eines selbständigen Mittlers zu versichern.4 Ihm schuldet der Unternehmer weder Urlaub5 oder Sozialabgaben, noch muss er die Kosten des Personals des Mittlers tragen. Der Mittler hat den Unternehmer über die Strömungen des Marktes, die Aufnahmefähigkeit desselben, das marktwirksame Auftreten neuer Technologien und die Reaktion der Kundschaft hierauf, die Liquidität der Kunden und ihre Wünsche informiert zu halten. Er ist Geschäftsmittler in einem erweitert zu denkenden Pflichtenkreis zur Förderung und Wahrung der Interessen dessen, für den er tätig wird und von dem er hierzu bestellt ist. Vor allem in der älteren Literatur wurde dem HGB-Gesetzgeber unterstellt, er habe 4 den HV als eine Art Handelsgehilfen,6 nicht als selbständigen Kaufmann, skizziert.7 Von Brunn8 sah den Handelsvertreter der Novelle 1953 als eine Art Zwitter zwischen Unternehmer und Angestelltem.9 Aber dieses Bild des Handelsvertreters entspricht nicht dem

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1 Hierzu und zu den Untergruppen des Vertriebsrechts Martinek Vertriebsrecht als Rechtsgebiet und Aufgabe ZVertriebsR 2012, 2 ff. 2 Zu statistischen Erhebungen über richterliche Entscheidungen Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (5). 3 Zu den Varianten eines unternehmerischen Vertriebssystems Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff. 4 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (132). 5 OLG München, Urt. v. 26.1.2012 – 23 U 3798/11, WM 2012, 1743. 6 AA mit klarer Darstellung des Problemkreises Michalski S. 282 ff. vgl. zum Parallelproblem beim Prokuristen Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 48 Rn 13. 7 Tendenziell oder ausdrücklich Antrag zu § 89 des Entwurfes, in: Bericht der XVIII. Kommission über den Entwurf eines H.G.B., S. 50; Schubert/Schmiedel/Krampe II/2, S. 1296; Düringer/Hachenburg, 1. Aufl., § 84 Anm. I 1 (zum 1. Entwurf); Gutachten der Handelskammern zu Hamburg, Bremen und Lübeck, S. 15 (zum 2. Entwurf); v. Gierke ZHR 117 (1955), 138 (141 f.); Rodig BB 1952, 893, überzeugend dagegen Engel BB 1953, 47. 8 S. 5. 9 Vgl. auch Rittner WuW 1993, 592 (605): „rechtstatsächlich zwischen Arbeitnehmern und Vertragshändlern“.

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Gesetz. Denn das HGB 1897 sowie alle folgenden Novellierungen hatten die rechtliche Selbständigkeit des Handelsvertreters bewusst betont10 und dem Vertreter einen Raum eigenständiger Organisationsautonomie und unternehmerischer Verantwortlichkeit zugewiesen, der die rechtliche Stellung des Handelsvertreters mit der des Handlungsgehilfen unvergleichbar macht. Bereits die Materialien zum HGB 1897 gingen mit Selbstverständlichkeit davon aus, dass es dem HV als selbstständigem Kaufmann oblag, die äußeren Rahmenbedingungen seiner Tätigkeit, wie etwa die Herstellung einer einsatzfähigen, planmäßig gegliederten Geschäftsorganisation in Eigenverantwortung zu planen. Der besondere Stellenwert dieser Organisationsautonomie11 und die aus ihr folgende Abgrenzung des HV vom Handlungsgehilfen wurde gerade in der Wissenschaft wiederholt hervorgehoben.12 Der Vertreter sei in der Schaffung seiner Vertriebsorganisation „rechtlich selbstbestimmt“ und in der Organisation des Geschäftes sein eigener Herr.13 Eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Vertriebsmittlers vom Unternehmer ist auch 5 angesichts der kurzen Kündigungsfristen des § 89 gleichwohl unverkennbar.14 Sie wird durch erhebliche Investitionen des Mittlers (Paradigma: Kfz-Vertriebsmittler, als Handelsvertreter etwa Mercedes-Benz-Händler) noch intensiviert. Auch sie erschweren es dem Vertreter, gegenüber dem Unternehmer gleichberechtigt aufzutreten,15 und dies nicht erst seit 1918.16 Die Selbständigkeit des HV erschöpft sich daher oft in seinem rechtlichen Status. Deshalb ist das Handelsvertreterrecht, auch unter der RL, in weitem Umfang Schutzrecht zu Gunsten des HV17 und enthält zahlreiche zwingende Normen. Schon ob der Unternehmer das vermittelte Geschäft abschliessen will, steht grundsätzlich bei ihm. Nicht nur, dass der HV der Entlohnung für seine Vermittlungsbemühungen, seiner Provision, verlustig geht, wenn der Unternehmer das vermittelte Geschäft ablehnt: die endgültige Entstehung des Provisionsanspruchs hängt im Falle des Abschlusses noch davon ab, ob das vermittelte und abgeschlossene Geschäft ausgeführt wird und die Gegenleistung beim Unternehmer eingeht (§ 87a). Aber auch jede Umstellung in der Produktion, jede Maßnahme der Preispolitik, jede Disposition über Vertriebsschwerpunkte hat der Handelsvertreter im Grundsatz so hinzunehmen, wie sie vom Unternehmer getroffen werden, und selbst wenn sie – im Rahmen eines Ermessensspielraums (Business judgement rule) – fehlerhaft getroffen werden. Nur für diese Grenze überschreitende Dispositionen, insbesondere willkürliche, haftet der Unternehmer nach § 280 BGB (zum Dispositionsrecht, s. § 86a Rn 73 ff.). Verlieren die Produkte des Unternehmers an Attraktivität, wirkt sich das auf die 6 Verdienstchancen des Handelsvertreters unmittelbar aus. Er ist in seinem wirtschaftlichen Schicksal mit dem Wohl und Wehe des Unternehmens, für das er tätig wird, verbunden. Gegen solche Abhängigkeit ist seine Selbständigkeit ein Korrektiv nur insofern,

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10 Denkschrift zur Reichstagsvorlage eines HGB, S. 67, 72 f.; Schubert/Schmiedel/Krampe II/2, S. 1005, 1009 f.; Bericht der XVIII. Kommission über den Entwurf eines H.G.B., S. 49 f.; Schubert/Schmiedel/ Krampe II/2, S. 1296; Handelsblatt v. 14.7.1952; Würdinger JR 1953, 437; Staub/Brüggemann 4. Aufl. Vor § 84 Rn 2. 11 Vgl. hierzu auch Ekkenga S. 118; HK/Ruß § 86 Rn 6. 12 Overlach S. 41 f.; Schmidt-Rimpler S. 28 f.; Stolterfoht S. 125 ff.; Hirsch in: FS Tiburtius, S. 396. 13 Schmidt-Rimpler S. 28 f. 14 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098 Rn 28 m. Anm. Hilgard zum HV und § 90a. 15 BVerfG, Beschl. v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84, NZA 1990, 389 (390); BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/ 05, BB 2006, 2492 (2493). 16 So aber BVerfG, Beschl. v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84, NZA 1990, 389 (390). 17 Canaris § 17 Rn 16.

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als sie ihm gestattet, sein Risiko zu verteilen und Agenturverträge mit mehreren Unternehmern nebeneinander einzugehen – sofern diese nicht miteinander in Wettbewerb stehen oder dem Unternehmer die Mehrfachtätigkeit aus anderem Grunde unzumutbar bleibt. Selbst das noch kann dem sogenannten Einfirmenvertreter des § 92a vertraglich untersagt oder praktisch unmöglich sein. Vor allem aber beschränkt den Handelsvertreter die Endlichkeit seiner Arbeitskraft. Nur wenigen Groß-Handelsvertretern gelingt es, ein auf viele Vertretungen gestütztes Handelsvertreterunternehmen mit zahlreichen Untervertretern oder Angestellten aufzubauen. Realistischerweise kann ein typischer HV ohne Angestellte nur zwischen ein und vier Vertretungen betreuen, es sei denn, die von ihm beworbenen Produkte werden an einen einheitlichen Kundenkreis veräußert. Damit ist er regelmäßig von den wenigen, vertretenen Unternehmen wirtschaftlich abhängig. Unter dem Druck eines kurzfristigen Kündigungsrechts nach § 89 und ohne gewerkschaftliche Repräsentanz – ein „Streik“ wäre eine zur Kündigung berechtigende Leistungsverweigerung – ist der Mittler – insbesondere zur Höhe der Provision – schnell bereit, Zugeständnisse zu machen. Gerade nach Ende der Aufbauphase und wenn die Vertretung „gut läuft“ neigen Unternehmer dazu, Provisionskürzungen durchzusetzen und notfalls den Vertrag zu beenden. Um den Ausgleichsanspruch zu sparen, sind sie bei der Suche nach „wichtigen Kündigungsgründen“ im Sinne der § 89a, § 89b Abs. 3 erfinderisch. Der Ausgleichsanspruch als „kleiner Kündigungschutz“ des HV bildet eine vergleichsweise niedrige Kündigungsschranke. Dabei trifft insbesondere den älteren HV eine solche Kündigung hart. Weil Unternehmen mit ihren Handelsvertretern langfristig zusammenarbeiten wollen, findet etwa ein 55-jähriger Vertreter meist keine neue, zufriedenstellende Vertretung. Diese Diskrepanz zwischen gesetztem Recht – das HGB von 1897 hatte mit den §§ 84 7 bis 92 (a.F.) erstmals in der Welt eine gesetzliche Regelung des Rechts des Handelsvertreters, damals Handlungsagent genannt, gebracht – und der beruflich-ökonomischen Wirklichkeit war, beginnend mit den Jahren nach dem ersten Weltkrieg, unübersehbar geworden. Nicht wenige Unternehmer gingen dazu über, anstelle der durch Tarife und Sozialversicherung teurer gewordenen Arbeitskraft von angestellten Reisenden äußerlich selbständige Handelsvertreter einzusetzen. Diese waren auf die Fristung ihrer Existenz mit oft kümmerlichen Provisionen angewiesen. Die Berufsnot nach dem zweiten Weltkrieg stärkte die Dringlichkeit einer Reform. Sie erfolgte durch das „Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuches (Recht der Handelsvertreter)“ vom 6.8.1953 (BGBl. I, 771), in Kraft seit 1.12.1953.18 Der 7. Abschnitt des HGB gibt vor, vom geschlossenen Bild eines Berufsstandes des 8 HV auszugehen. Dabei dürfte es sich um ein Missverständnis handeln: Die Gesetzesfassung scheint auf die Person des HV abzustellen (vgl. Wortlaut des § 84 Abs. 1 „Handelsvertreter ist …“). Tatsächlich wird in § 84 nicht die Person des HV definiert, sondern ein schuldrechtlicher Vertrag, der noch nicht einmal mit einer natürlichen Person geschlossen sein muss. Vielmehr können auch juristische Personen19 jeder Art und sogar Anstalten des öffentlichen Rechts, die privatrechtlich tätig werden, Handelsvertreter sein. Der Vertragsschließende braucht noch nicht einmal ausschließlich als Handelsvertreter Geschäfte zu schließen. Wie schon § 92b zeigt, kann er außerhalb des HV-Vertrages in gänzlich anderen Tätigkeiten seinen Erwerb finden. Die §§ 84 ff. regeln mithin nicht ein Berufsbild oder die rechtlichen Verhältnisse einer Person. Sie sind vertrags- und nicht personenbezogen.20 Handelsvertretertätigkeit ist eine rein schuldrechtliche Funktion.

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Amtliche Begründung des Entwurfs: BT-Drucks. I/3856. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, passim; Emde GmbHR 1999, 1005 ff. S. Canaris § 17 Rn 5.

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Rechtstatsächlich beweisen dies die HV im Nebenberuf, von der historischen, mit einem Ladengeschäft verbundenen Annahmestelle für Laufmaschenreparaturen bis hin zu dem Studenten, der für Zeitschriftenabonnements wirbt, von der Agentur für bestimmte Versandhäuser, die sich ein Geschäftsmann nebenher übertragen lässt, bis zu den großen Import- und Exportagenturen, die nicht selten ebenfalls neben sonstiger handelsgewerblicher Betätigung ihrer Inhaber (Makelei, Kommissionshandel) betrieben werden. Es gibt nicht „den“ Handelsvertreter als berufsständisch fixierten Typ. Einiges wertvolles Material zum rechtstatsächlichen Phänotyp findet sich bei Stolterfoth Die Selbständigkeit des Handelsvertreters (1973), der der Novelle 1953 (S. 32 ff.) einen Leitbild-Pluralismus bescheinigt, bei Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, sowie für eine Einzelsparte in der Schrift von Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung (1971). Eine Konturenschwäche des Spektrums kann konstatiert werden. Sie verstärkt sich aus dem Bestreben aller Branchen, den personalkostenaufwendigen und durch arbeitsrechtliche Schutzvorschriften eingeengten Vertrieb durch angestellte Vertreter oder durch Filialen zu ersparen und stattdessen auf den Vertrieb durch Handelsvertreter oder anderer Vertriebsmittler auszuweichen. B. Die Genese des Handelsvertreterrechts I. Gesetzgebungsgeschichte bis zur Handelsvertreter-Richtlinie 1986 (RL) Der Begriff des HV blickt auf eine überschaubare Lebenszeit zurück. Gesetzesspra- 9 che wurde er erst durch die HGB-Novelle vom 6.8.1953.21 Zuvor hieß der Handelsvertreter gegen den Widerstand der Berufsverbände22 „Handlungsagent“. Obwohl der Berufsstand rechtstatsächlich längst bekannt war23 wurde er erst nach langem Zögern des Gesetzgebers, das sich über das ADHGB,24 welches nur Dienstvertrags- sowie Handelsmaklerrecht (Art. 66 ff.) kannte,25 bis in das HGB26 fortsetzte, erstmals im Handelsgesetzbuch von 189727 einer umfassenden gesetzlichen Regelung unterworfen. Der Vergleich der historischen Gegebenheiten zur bis dato fehlenden Kodifikation des Vertragshändler- und Franchiserechts darf gezogen werden. Das gesetzliche Leitbild des HV, insb. über die verschiedenen Novellen, zu bestimmen wurde als „hoffnungslos“28 oder gefährlich29 bezeichnet. Am ehesten lag dem HGB

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21 BGBl. I, S. 771. 22 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 11. 23 Garies Handelsgesetzbuch, 2. Aufl. 1900, Vorb. zu § 84 I, S. 93 – spricht insoweit allerdings von einem Chaos von Namen, Beziehungen und Regeln, das zuerst der HGB-Gesetzgeber ordnete; sehr zurückhaltend auch Overlach Der Rechtsbegriff „Handlungsagent“, Diss. iur, Göttingen, 1926, S. 2 ff. 24 Vgl. Protokolle der Commission zur Berathung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetz-Buches, Protokoll I–XVL, S. 105 f. Erwähnt wurden die Verhältnisse der Handlungsagenten (ohne diesen Begriff zu gebrauchen) nur in Art. 272 Nr. 4 ADHGB. Eine lesenswerte Zusammenfassung der ADHGBKommissionsberatungen zum Handlungsagentenrecht findet sich bei Hirsch in: FS Tiburtius, S. 386 ff. 25 Schmidt-Rimpler Der Handlungsagent, in: Ehrenberg, Handbuch des gesamten Handelsrechts, 1926; Hopt § 84 Rn 2; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 1; Oetker/Busche § 84 Rn 3. 26 Vgl. noch das Gutachten der Handelskammern zu Hamburg, Bremen und Lübeck, angefertigt zum 2. HGB-Entwurf, S. 15 – das die Streichung der HGB-Vorschriften zum Agentenrecht empfahl. 27 V. 10.5.1897, RGBl. S. 219; eingehend zur Gesetzesgeschichte Eberstein S. 19 ff. Zum rechtstatsächlichen Erscheinungsbild damaliger HV siehe Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 11 ff. 28 Behm Der Handelsagent, 1913, S. 1 f. 29 Stolterfoht Die Selbständigkeit des Handelsvertreters 1973, S. 54; hierzu auch Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 52 ff.

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1897 das Leitbild des selbstständigen, „königlichen Kaufmanns“30 zugrunde. Hierbei handelte es sich um einen Einzelkaufmann ohne Angestellte und Betriebsorganisation, der in Bildsprache als eleganter Geschäftsreisender mit Zylinder, Schnauzbart und Spazierstock31 oder als „Diplomat der Volkswirtschaft“32 beschrieben wurde.33 Dieses rechtstatsächliche Leitbild entsprach möglicherweise nie den Tatsachen und entspricht es auch heute nicht. Es wurde gerade durch die Novelle 1953 vom Bild des eher schutzbedürftigen HV abgelöst. Im 20. Jahrhundert unterlag das Handelsvertreterrecht, motiviert durch das Bestre10 ben, die Vertreter vor dem regelmäßig existenten wirtschaftlichen Übergewicht des Unternehmers zu schützen, stärkeren Wandlungen als andere Bestimmungen über Handelsgeschäfte.34 Parallelen zum BGB-Dienstvertragsrecht, welches durch Schutzrecht zu Gunsten der Arbeitnehmer ergänzt wurde, sind naheliegend. Die HGB-Novelle 1953 als erste große Neuordnung reformierte das HV-Recht umfassend und stärkte die Stellung des Mittlers.35 Neben der neuen gesetzlichen Bezeichnung, sozialen Schutzvorschriften zu Gunsten des wirtschaftlich unterlegenen HV,36 wurde, aufbauend auf ausländischen, z.B. österreichischen, polnischen, holländischen, jugoslawischen, französischen und rumänischen Vorgaben, der Ausgleichsanspruch eingeführt.37 Seine Vorbilder waren etwa § 25 des Österreichischen Handlungsagentengesetzes v. 24.6.1921 (das österreichische HV-Recht ist bis heute aus dem dortigen HGB ausgegliedert); Art. 1751 des italienischen Codice Civile v. 16.3.1942; Art. 418u des schweizerischen Obligationsrechts in der Regelung des schweizerischen Bundesgesetzes über den Agenturvertrag v. 4.2.1949; für Frankreich einerseits das loi instituant le statut légal de voyageurs représentants et placiers du commerce et de l’industrie v. 18.7.1937 i.V.m. Art. 29k–29r Code du Travail, andererseits Art. 1984 ff. Code Civil, aber auch Vorarbeiten der Akademie des Deutschen Rechts38 und der Centralvereinigung der Deutschen Handelsvertreter- und Handelsmakler-Verbände (CDH)39 des Jahres 1949.40 Die bedeutsamste und für Mittler (wie Anwälte und Justizkassen) gewinnbringends11 te Änderung der Novelle 1953 war die Normierung des zwingenden Ausgleichsanspruchs nach Beendigung des Vertragsverhältnisses (§ 89b). Auch zahlreiche andere den HV begünstigende Vorschriften hat die Novelle für zwingend erklärt. Der Novellengesetzgeber ist damit den Bestrebungen der Interessenvereinigungen der HV gefolgt, die am Gesetzgebungsverfahren maßgebend beteiligt waren.

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30 Vgl. Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuches (Recht der Handelsvertreter), BT-Drucks. I/3856, S. 11. Stolterfoht S. 31 nimmt diesen Begriff auf. Siehe auch BVerfGE 81, 242 (257). 31 Jeske FAZ v. 29.3.1986. 32 Martin Deutsche Bergwerks-Zeitung v. 25.12.1932. 33 Eingehend Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 12. 34 Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 II 1. 35 Schlegelberger/Schröder Einl. § 84. 36 Vgl. BT-Drucks. I/3856, S. 10 f. zur faktischen Unterlegenheit des HV, die zur Einführung der Schutzvorschriften führte. So auch Canaris § 17 Rn 16 f.; zur Schutzbedürftigkeit des HV auch BVerfGE 81, 242 (256 ff.). 37 Ebenroth S. 15; Hopt § 84 Rn 2. 38 Denkschrift zum Entwurf eines Handelsvertretergesetzes, in: Nipperdey/Dietz, Entwurf eines Handelsvertretergesetzes. Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht Nr. 17, Berlin 1940; zusammenfassend Eberstein S. 19 ff. 39 Heute: Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH). 40 Eingehend Eberstein S. 19 ff.

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Abzulehnen ist die ohnehin der RL widersprechende und nur de lege ferenda inte- 12 ressierende Ansicht von Staub/Brüggemann 4. Aufl., den zwingenden Schutz der Novelle 1953 auf den Kreis der HV des § 92a zu beschränken, so wie das Gesetz den Handelsvertreter im Nebenberuf von der Anwendung einiger zwingender Bestimmungen ausgenommen hat. Vielmehr sprechen, wie auch Staub/Brüggemann 4. Aufl. erkannt hat, zahlreiche Gründe für zwingendes Recht zugunsten jedes HV, vor allem dessen wirtschaftliche Abhängigkeit von seinem Unternehmer, die sich nicht auf den kleinen Kreis der von § 92a angesprochenen HV beschränkt. Weiter erbringt der HV persönliche Leistungen, mit denen er in Vorlage zu treten hat, was das Risiko der ausbleibenden Honorierung und damit der Abhängigkeit potenziert. Dies gilt auch für den Ausgleichsanspruch. Denn auch insoweit tritt der HV in Vorlage, da die gewonnenen Stammkundenbeziehungen durch die Provision für die vermittelten einzelnen Geschäfte noch nicht abgegolten sind. Schließlich wird durch die zwingenden Normen verhindert, dass Zustände wiederkehren, die jeweils nach den beiden Weltkriegen auftraten, als die Rechtsform des HV zur Umgehung einer Beschäftigung als angestellter Reisender benutzt werden konnte und benutzt worden ist. Die Gefahr, in diese Grenzzone zu geraten, ist für den HV immer gegeben. II. Die HV-Richtlinie 1986 (RL) und ihre Folgen 1. Übernahme in deutsches Recht. Die Novelle des Jahres 1990,41 in Kraft seit dem 13 1.1.1990 (für Altverträge seit dem 1.1.1994),42 setzte die RL der EG v. 18.12.198643 in deutsches Recht um. Novelliert wurden u.a. die Kündigungsfristen des § 89 sowie die Ausschlussgründe beim Ausgleichsanspruch (§ 89b Abs. 3). Zahlreiche weitere Bestimmungen erhielten entsprechend dem Vorbild der RL zwingenden Charakter. Die RL wurde im Verlauf ihres langwierigen, in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückreichenden44 Entstehungsprozesses45 nach zunächst über das Schutzniveau des deutschen Rechts hinausgehenden,46 teilweise unveröffentlichten47 ersten Vorschlägen48 in einer von 37 auf 23 Vorschriften verkürzten Fassung49 stark durch das HGB geprägt.50 Der erste Entwurf scheiterte vor allem an dem auch durch das unterschiedliche Schutzverständnis

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41 BGBl. I/1910. Amtl. Begr. BT-Drucks. Nr. 3856, Erste Wahlperiode. Zum Umsetzungsgesetz Kuther NJW 1990, 304; Eckert NZA 1990, 384. 42 Siehe Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 32 ff. 43 86/653/EWG, ABl. EG vom 31.12.1986, Nr. L 382/17, wiedergegeben bei Hopt Materialien I und Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 1. Zu den Zielen der Richtlinie ausführlich Eberstein, S. 27 ff. 44 Ankele RdA 1982, 157; Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 8. 45 Zur Genese der RL Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in den Mitgliedsstaaten der EU, Diss. iur Köln 1994, S.3 ff.; Westphal EWS 1996, 43; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 2. 46 Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 9. 47 Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 8. 48 Die RL-Entwürfe wurden veröffentlicht in ABl. EG 1977 C 13 S. 2 sowie ABl. EG 1979 C 56 S. 5. Der erste veröffentlichte RL-Entwurf war recht detailliert; die Fassung des Jahres 1979 war eine geänderte Fassung des 1. RL-Entwurfs; vgl. Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 34 ff.; Küstner/von Manteuffel BB 1990, 291; Eberstein S. 26. 49 Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 10. 50 Westphal DB 2010, 1333 (1334); ders. EWS 1996, 43; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 10; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 2. Das galt auch für die ersten Entwürfe von 1977 und 1979, s. Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 34.

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motivierten,51 später aufgegebenen Widerstand Großbritanniens52 und dann auch Frankreichs.53 Allgemein waren die Unterschiede im HV-Recht der seinerzeitigen Mitgliedsstaaten bei aller Ähnlichkeit in der Struktur nicht unerheblich.54 Der Einfluss des HGB auf die später verabschiedete RL war so bedeutend, dass der nach der Umsetzung zur RL verfasste Bericht der Kommission v. 23.7.199655 die deutsche Rspr. zu § 89b im Kurzüberblick wiedergab, verbunden mit dem Hinweis, sie biete Rechtsanwendern anderer Staaten Hilfestellung und Orientierung.56 Während in vielen europäischen Ländern das Vorbild gebende deutsche Recht häufig zitiert werden soll,57 findet die Rspr. anderer EUStaaten relativ selten Zugang zur deutschen Rechtsdiskussion – vielleicht mit Ausnahme des vereinheitlichten europäischen Vertriebskartellrechts. Dies mag auch am mangelnden Zugriff zu den maßgeblichen Quellen liegen. Insgesamt stärkte die RL und ihr Umsetzungsgesetz die Position des HV gegenüber dem Unternehmer erneut.58 Das HV-Recht wurde damit zu europäischem Recht59 und europäische Rspr. formt es seither mit. Die RL hat, anders als im Vertragshändlerrecht,60 nach ihrer teilweise erheblich verspäteten Umsetzung in einigen Mitgliedsländern,61 zu einer weitgehenden Angleichung des HV-Rechts innerhalb der EU und sogar des EWR (da Norwegen, Island und Lichtenstein die Regelung übernommen haben)62 geführt.63 Die Bestrebungen innerhalb der EU, die RL aufzuheben, sind daher abzulehnen.64 Die Aufhebung würde ein Stück mühsam errungener, praktizierter und bewährter Rechtsvereinheitlichung beseitigen und damit einen „Erfolgsbeweis“ des EU-Rechts.65 Genug Beleg für die Akzeptanz der RL bei Unternehmern und Mittlern ist das Fehlen jeder wissenschaftlichen Diskussion über ihre Aufhebung. Die Aufhebung würde nur multinational tätigen Unternehmen helfen, die künftig auf das für sie günstigste Recht ausweichen könnten. Eine Abschottung der nationalen Rechte voneinander durch international zwingendes „Partikularrecht“ könnte die Folge sein. Trotz der Harmonisierung fehlt allerdings eine

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51 Großbritannien betonte eher den Schutz des vom überseeisch, in den Kolonien tätigen HV fernen Unternehmer, der einen Mißbrauch der Vertretungsmacht fürchten musste, s. Martinek ZVertriebsR 2014, 139; Saintier ZVertriebsR 2014, 166 (167f.). 52 Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 9; Martinek ZVertriebsR 2014, 139 f.; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh Rn 2. 53 Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 9; Martinek ZVertriebsR 2014, 139 f. Der Widerstand Frankreichs wurde nach der Option auf Einführung des Schadenersatzmodells aufgegeben. 54 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 6 ff. 55 Bericht der Europäischen Kommission über die Anwendung von Art. 17 der HV-Richtlinie, COM (96) 364. 56 Zum Einfluss deutschen Ausgleichsrechts auf die Rechtsprechung nationaler Gerichte anderer EGStaaten Krusche EWS 2001, 523. 57 Sellhorst EWS 2001, 481 (484). 58 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 11; Oetker/Busche § 84 Rn 4. 59 Eberstein S. 22; Emde DStR 2009, 1478. 60 Hier gibt es jedoch durch die Analogiebildung zum Vertreterrecht einen faktischen Zwang zur Angleichung. 61 Westphal EWS 1996, 43. 62 EWR-Abkommen, Anhang VII E.30 (ABl. EG 1994 L 1, S. 392); s. Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141). 63 Siehe Eberstein S. 28; Graf v. Westphalen Handelsvertreterrecht in den EU-Staaten und der Schweiz, 1995, passim; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 21 ff. Kritisch zu den Chancen der Rechtsangleichung Sellhorst EWS 2001, 481. 64 Döpfer ZVertriebsR 2014, 137; Martinek ZVertriebsR 2014, 139, wobei Martinek eine mit Mehrheit der Mitgliedsstaaten zu implementierende HV-VO fordert. 65 Kritisch Martinek ZVertriebsR 2014, 139 ff., der die RL gem. S. 144 für „im Wesentlichen gescheitert“ und „nicht reformierbar“ hält. Er fordert deshalb eine weitergehende HV-VO.

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absolute Rechtsidentität.66 Dies beruht nicht nur auf der trotz der Umsetzung fortbestehenden Bedeutung des (lokalen) Fallrechts sowie der Unabhängigkeit der Richter mit unterschiedlichen, national tradierten Interpretationsansätzen,67 sondern auch auf (z.T. unterstelltem) Umsetzungsermessen,68 Umsetzungsfehlern69 und – soweit es § 89b betrifft – unterschiedlichen Berechnungswegen.70 Britische Gerichte verneinen etwa, abweichend von der deutschen Rspr., die HV-Eigenschaft eines Tankstellenpächters und damit sein Ausgleichsrecht.71 Ein Mittler, der für einen Hersteller von Fenstern warb, wurde als nicht ausgleichsberechtigter HV im Nebenberuf angesehen, da Fenster überwiegend nur einmal gekauft würden.72 Gerade bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs ergeben sich signifikante Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten. Kritisiert wird auch die Häufung unbestimmter Rechtsbegriffe,73 etwa die „Interessenwahrnehmungspflicht“ nach Art. 3 Abs. 1 RL, die Termini „in angemessener Weise“ und „erforderliche Informationen“ in Art. 4 Abs. 1 RL, die „angemessene Vergütung“ des Art. 6 RL sowie die in Art. 18 RL genannten „Umstände, die dem Unternehmer zuzurechnen sind“. In jedem Fall wird man bei der Prüfung von Rechtsfragen nicht nur in das nationale Recht, sondern gleichfalls auf die RL blicken müssen. Dies gilt insb. für ihre zwingenden und halbzwingenden Vorschriften.74 Seit dem 1.1.1994 gilt das HGB auch für HV-Verträge, die in der früheren DDR nach 14 damaligem Recht begründet wurden.75 Das Handelsrechtsreformgesetz vom 22.6.199876 fügte § 84 Abs. 4 ein, hob § 90a Abs. 2 Nr. 2 auf und änderte § 90a Abs. 4. Desgleichen ist der HV nun nicht mehr „Musskaufmann“ i.S.d. § 1 Abs. 2 a.F.77 Er ist aber regelmäßig Gewerbetreibender und folglich Kaufmann i.S.d. § 1 Abs. 2 n.F., daneben sind nach der Neufassung des § 84 Abs. 4 die Vorschriften der §§ 84 ff. – nicht aber das übrige HGB78 – auch dann auf HV anwendbar, wenn ihr Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. 2. Zweck der RL. Das wohl wichtigste, immer wieder zitierte Ziel der RL ist der 15 Schutz des HV.79 Dies zeigen die Einleitung der RL, die den „Schutz der HV in ihren Be-

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66 Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 2; Westphal EWS 1996, 43; nach Sellhorst EWS 2001, 481 soll dies auch nicht bezweckt gewesen sein; zum Ausgleichsrecht Krusche EWS 2001, 523. 67 Sellhorst EWS 2001, 481. 68 Westphal EWS 1996, 43. 69 Westphal EWS 1996, 43; Westphal I Rn 6; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 215 ff.; zum italienischen Recht Lauser/Reifenrath RIW 2002, 746; Kindler RIW 2000, 161. 70 Zu Frankreich Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (278); Kiene RiW 2007, 287 ff.; Klein RIW 2002, 348 (351); Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 51; zu Italien Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (279). 71 Gary Parks vs. Esso, Supreme Court of Judicature in the Court of Appeal, Urt. v. 23.7.1999, CHANI 98/1482/3; zit. nach Sellhorst EWS 2001, 481. 72 Colin Stewart Hunter vs. Zenith Windows, Urt. v. 13.6.1997, Case No. 507457; zit. nach Sellhorst EWS 2001, 481. 73 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (143). 74 Emde DStR 2009, 1478. 75 Einigungsvertrag Anl. I Kap. III D Abschn. III 2; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 3. 76 BGBl. I/1474. 77 Emde VersR 1999, 1464. 78 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Emde VersR 1999, 1464. 79 EuGH, Urt. v. 17.1.2008 – C-19/07, EWS 2008, 151 (153); v. 30.4.1998 – C-215/97, Slg. 1998, I-2191 Rn 13; v. 9.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000, I-9305, Rn 20; v. 23.3.2006 – C-465/04, Slg. 2006, I-2879 Rn 19; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 61 (zu Art. 17–19); Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 61. Nach Ansicht von Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (143) ist der Harmonisierungsgedanke vorrangig.

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ziehungen zu ihren Unternehmern“ hervorhebt und die Vielzahl zwingender Vorschriften, die sich in der RL finden. Dieser Schutzzweck lag anderen europäischen Rechten, etwa dem englischen, bis zur Umsetzung der RL nicht zugrunde. Der Harmonisierungswunsch steht fast gleichrangig neben diesem Primärziel. Nach der zweiten Begründungserwägung soll die RL u.a. der Aufhebung der Beschränkungen der Ausübung des HV-Berufs, der Vereinheitlichung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Union80 und Stärkung der Sicherheit im Handelsverkehr dienen. Die RL bezweckt also auch die Niederlassungsfreiheit und einen unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt zu schützen. Wie sich aus der dritten Begründungserwägung der RL ergibt, möchte sie schließlich den Warenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern, indem die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des betroffenen Warenvertreterrechts (unten, Rn 19) angeglichen werden.81 Erschwernisse beim Abschluss internationaler Handelsvertreterverträge wurden vor allem darin gesehen, dass das Schutzniveau der einzelnen EU-Rechtsordnungen unterschiedlich ausgeprägt war und folglich jede Vertragspartei bemüht war, ein für sie günstigeres Recht mit seinen Eigentümlichkeiten zu vereinbaren.82 Insbesondere wurde die unterschiedliche Belastung der Unternehmer innerhalb der EU gerügt.83 Das galt nicht nur für die zu leistende Provision, sondern auch für den Aufwendungsersatzanspruch, den Ausgleichsanspruch, aber auch für das vertragsbegleitende Wettbewerbsverbot.84 Unternehmer, deren HV-Verträge einem niedrigeren Schutzniveau unterlagen, konnten ihre Waren günstiger anbieten, was die Wettbewerbsbedingungen beeinflusste.85 Dies hat sich angesichts der Rechtswahlfreiheit außerhalb der EU als Problem fortgetragen. Was der europäische RL-Geber wollte, kann auch außerhalb des Warenvertreterrechts für die Auslegung des nach dem Vorbild der RL novellierten Rechts von Interesse sein (unten, Rn 30 f.). 16

3. Zwingender Charakter der RL-Vorschriften. Der Inhalt der RL steht nicht zur Disposition von Gerichten oder nationalen Gesetzgebern, es sei denn, die RL räumt ausdrücklich Umsetzungsermessen ein.86 Umsetzungsermessen wurde den nationalen Gesetzgebern etwa für den Bereich der nebenberuflichen Tätigkeit des HV (Art. 2 Abs. 2), den Provisionsanspruch (Art. 3 Abs. 2 S. 2), das Bezirks- und Alleinvertretungsrecht (Art. 7 Abs. 2), das Einsichtsrecht (Art. 12 Abs. 4), das Schriftformerfordernis (Art. 13 Abs. 2), die Kündigungsfrist (Art. 15 Abs. 3), die Freiheit, zwischen der Ausgleichs- und Schadenersatzlösung zu wählen sowie – im Gegensatz zu Vorentwürfen der RL87 – die

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80 Siehe die Ermächtigungsgrundlagen der Artt. 47 Abs. 3, 94 EG sowie Eberstein S. 22; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 8; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 2; zum polnischen Handelsvertreterrecht Franek RIW 2002, 359. 81 EuGH, Urt. v. 23.3.2006, Honyvem Informazioni Commerciali – C-465/04, Slg. 2006, I-2879, Rn 19; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 62. 82 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 31/32. 83 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 26 ff. 84 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 27/28. 85 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 28. 86 Siehe etwa Art. 2 Abs. 2, 12 Abs. 4, 13 Abs. 2, 15 Abs. 3, 16, 17 Abs. 1, 20 Abs. 4 RL; hierzu Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 58 f., der auf S. 60 den ausdrücklich genannten Fällen des Umsetzungsermessens fehlendes Umsetzungsermessen in anderen Fällen entnimmt. 87 RL-Vorschläge v. 17.12.1976, ABl. C 13, S. 2 ff. sowie v. 2.3.1979, ABl. C 56, S. 5 ff.

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außerordentliche Kündigung (Art. 16)88 eingeräumt. Nur außerhalb ihrer zwingenden und halbzwingenden Bestimmungen, neben den praxisrelevanten Artt. 17–19 RL des Ausgleichsrechts etwa Art. 3, 4, 10 Abs. 2 und 3, 11 Abs. 3, 12 Abs. 1 und 2 sowie 13 Abs. 1 RL,89 steht die RL zur Disposition der Vertragsparteien.90 Zum Teil enthalten die parteizwingenden Vorschriften ein Verbot jeder abweichenden Parteivereinbarung, zum Teil lediglich ein Verbot einer abweichenden Parteivereinbarung zum Nachteil des HV. Diese detailliert ausgearbeiteten Verbotsnormen und der Grundsatz der Wettbewerbsfreiheit indizieren, dass alle Vorschriften, die keine Verbotsnorm enthalten, für die Parteien abdingbar sein sollen.91 Neben den ausdrücklich genannten Fällen zwingender Natur soll nach Ansicht von Westphal92 auch Art. 6 RL zwingend sein, demzufolge bei Fehlen einer Vereinbarung der HV Anspruch auf eine Vergütung hat, die am Ort seiner Tätigkeit üblich ist. 4. Abschließender Charakter. Gem. Art. 288 Abs. 3 AEUV ist die RL für jeden Mit- 17 gliedstaat hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel. In den von ihr geregelten Bereichen ist die RL abschließend.93 Dem lokalen Gesetzgeber ist auf dem Gebiet der Harmonisierung eine abweichende und die RL verwässernde eigene Tätigkeit untersagt,94 und zwar wegen des Ziels, einheitliche Regeln innerhalb der EU zu erreichen. Auch zugunsten des HV95 ist eine solche Tätigkeit nicht gestattet. Es gibt jedoch Teile des HV-Rechts, welche in der RL nicht abschließend kodifiziert wurden,96 etwa zu Verjährung, Vollmacht des HV, Inkasso und Delkredere, Aufwendungsersatz sowie die außerordentliche Kündigung.97 Speziell der Provisionsanspruch wird in der RL nur in Hinblick auf die Vermittlungs-, Folge-, Bezirks- sowie Alleinvertretungsprovision geregelt. In diesen Segmenten sind die Mitgliedsstaaten nahezu frei, ihre eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Sie haben jedoch Sinn und Zweck der RL zu beachten.98 Deren Ziele dürfen nicht konterkariert werden.99 Verfahrens- und Beweisfragen des nationalen Verfahrensrechts regelt die RL gleichfalls nicht unmittelbar100 (dazu unten, Rn 32).

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88 Siehe Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 12 ff. und 51. Zur Umsetzung in den Mitgliedsstaaten Westphal EWS 1996, 43 (47). 89 Emde DStR 2009, 1478. 90 BGH, Beschl. v. 24.4.2014 – VII ZR 163/13, NJW 2014, 1735 Rn 11 f.; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 II 1; Canaris § 17 Rn 23; aA Jörg Schmidt ZHR 156 (1992), 512 ff. 91 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 70 f. 92 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 71 f. 93 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 68 f. 94 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 6. 95 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 62 f. 96 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 64; Westphal EWS 1996, 43, insb. 49; Eckert NZA 1990, 384. 97 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 62; Westphal EWS 1996, 43 (49) auch zu unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedsstaaten. 98 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 62; Westphal EWS 1996, 43 (49). 99 Westphal EWS 1996, 43. 100 Emde EWiR 2009, 240.

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5. Anwendungsbereich der RL a) Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich 18

aa) Die RL gilt unmittelbar nur für HV. Unmittelbar gilt sie hingegen nicht für Repräsentanten, die keine HV sind, also HV-ähnliche Mittler, etwa Kommissionsagenten,101 Vertragshändler102 und Franchisenehmer (zur analogen Anwendung, s.u., Ziff. 8). Es gab in der Vergangenheit aber Bestrebungen, die RL auf Vertragshändler zu erstrecken oder eine vergleichbare Vertragshändler-RL zu schaffen.103 Diese Bestrebungen haben sich durch die Diskussion um die Abschaffung der RL vorerst erledigt.

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bb) Innerhalb des HV-Bereichs gilt die RL nur für Waren-HV,104 nicht für Dienstleistungsvertreter.105 Dies ergibt sich aus Art. 1 Abs. 2 RL, demzufolge HV i.S.d. RL ist, wer damit betraut ist, für eine andere Person den „Verkauf oder den Ankauf von Waren“ zu vermitteln oder hierüber Geschäfte abzuwickeln. Ob es sich dabei um eine Frage des „persönlichen“ oder „sachlichen“ Anwendungsbereiches handelt, mag diskutiert werden. Da das HV-Recht einen Vertragstyp und nicht eine persönliche Stellung regelt, dürfte es sich in erster Linie um eine Frage des sachlichen Anwendungsbereichs handeln. Damit ist zu bestimmen, wer ein Waren-HV ist.106 Weder die RL noch das Umsetzungsgesetz enthalten einen Hinweis darauf, was Waren i.S.d RL sind. Aus dem europarechtlichen Ursprung der RL folgt, dass dem europarechtlichen Verständnis des Warenbegriffs in Art. II 28 AEUV (ex Art. 23 EU) Rechnung zu tragen ist. Zwar findet sich dort, insb. innerhalb der Vorschriften zum freien Warenverkehr, keine Definition der Waren, so dass allenfalls die Abgrenzung zu anderen Grundfreiheiten Orientierung bieten kann. Der EuGH hat jedoch in einer Vielzahl von Entscheidungen konkretisiert, was unter den europäischen Warenbegriff fällt. Waren im europarechtlichen Sinne sind danach alle beweglichen Güter107 einschließlich nicht körperlicher Energien wie Elektrizität,108 Gas sowie Wasser.109 Auch elektronische Datenträger mit darin enthaltener Software sowie Abfälle fallen unter diesen Terminus.110 Dies gilt jedenfalls dann, wenn Software auf einem Datenträger verkörpert vertrieben wird.111 Richtigerweise kommt es auf die Verkörperung nicht an.112 Warenvertreter sind ferner Vermittler von Abfallbeseitigungsverträ-

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101 EuGH, Beschl. v. 10.2.2004 – C-85/03, BeckRS 2004, 77842; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 426. 102 Siehe BGH, Vorlagebeschl. v. 6.8.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.4.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 116 = EWiR 2009, 611 (Emde) = BeckRS 2009, 13178. 103 Genzow ZVertriebsR 2013, 81 (82). 104 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098, Rn 38; v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde); Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 38; Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141); Westphal EWS 1996, 43; Grundmann Europäisches Schuldvertragsrecht, 1999, S. 566, 572; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 6. 105 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141); Westphal EWS 1996, 43 (44). 106 Dazu Emde DStR 2009, 1478 (1479 ff.). 107 So soll der Begriff auch im englischen Recht verstanden werden, s. Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 33. 108 EuGH, Slg. 1964, 1251 ff.; EuGH – C-393/92, Slg. 1994, I-1477 (1516). Der HV, der Energieverträge vermittelt, soll nach Thume BB 2012, 975 aber kein Warenvertreter sein. 109 Hagemeister Der HV im englischen Recht und seine Ansprüche, 2004, S. 36; Emde DStR 2009, 1478 (1480); Thume BB 2009, 2490 (2491). 110 Hagemeister S. 36. 111 English Court of Appeal (1995), FCR 686; (1986) 15 Tr LR 444. 112 Hagemeister S. 31.

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gen113 und Tankstellen-HV.114 HV, die Dienstleistungen, geistiges Eigentum oder Rechte an Waren vertreiben, sind nach bisherigem Verständnis keine Warenvertreter. Bauspar-,115 Konzert-,116 Lotterie-,117 Musikvertreter,118 Reisebüros,119 Schifffahrtsvertreter,120 Sportagenten,121 Telefondienstevermittler,122 Theateragenten,123 sowie Versicherungsvertreter,124 angeblich auch Vermittler von Energielieferverträgen,125 fallen nach heute h.M. nicht in den Adressatenkreis der RL. Die Mitgliedsstaaten sind in diesem Bereich in ihrer Rechtssetzung frei.126 Folglich steht etwa dem Versicherungsvertreter in Ungarn RL-konform kein Ausgleichsanspruch zu127 und § 92c Abs. 2 lässt gegenüber dem als Dienstleistungsvertreter verstandenen Schifffahrtsvertreter auch bei innereuropäischer Tätigkeit den Ausgleichsausschluss zu. Vereinfacht könnte man sagen, Warenvertreter sei, wer Kaufverträge vermittle. Ein Mischvertreter fällt bei einheitlichem Vertrag unter die Vorschriften der RL. Denn er vertreibt „auch“ Waren.128 Selbst im Zollrecht werden alle Handelsgüter, die sich in das Zolltarifsschema einordnen lassen, vom Warenbegriff erfasst. Als Waren im zollrechtlichen Sinne kommen somit alle beweglichen, körperlich bestimmbaren Gegenstände in Betracht, welche durch den menschlichen Willen beherrschbar sind. Nach dem UN-Kaufrecht sind Waren gleichfalls nur bewegliche Sachen. Das Kriterium der Körperlichkeit ist jedenfalls dann erfüllt, wenn die Kaufsache bei der Übergabe beweglich war. Aus einer bewussten Änderung der Terminologie im französischen Text wird dort aber eine Ausdehnung des Warenbegriffs auf alle Sachen abgeleitet, die Gegenstand von Handelskäufen sein können. Dienstleistungen unterfallen allerdings auch nach dem UN-Kaufrecht nicht dem Warenbegriff. Es fragt sich jedoch, ob das Verständnis der Waren heute nicht weit i.S. aller Ge- 20 genstände des Handelsverkehrs ausgelegt werden sollte. Wirtschaftswissenschaftlich als Ware werden nämlich auch Dienstleistungen verstanden. Nach der Wirtschaftswissenschaft ist Ware jedes wirtschaftliche, materielle Gut, welches Gegenstand des Handels sein kann. Der seinerzeitige Wille des RL-Gebers und der Kompromisscharakter der

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113 Thume BB 2009, 2490 (2491). 114 Thume BB 2009, 2490 (2491). 115 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde) Rn 24 ff.; Thume BB 2012, 975; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 38; Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141); Westphal EWS 1996, 43 (44). 116 BGH, Urt. v. 20.2.1986 – I ZR 105/84, NJW-RR 1986, 709. 117 Vgl. EuGH, Urt. v. 24.3.1994, NJW 1994, 2013 (2014) – Schindler Rn 24 f.; Thume BB 2012, 975. Darüber ließe sich diskutieren, denn er vertreibt Lose als körperliche Gegenstände und auch Gewinnchancen sind Gegenstände des Warenverkehrs im wirtschaftlichen Sinn. 118 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141). 119 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141); Thume BB 2012, 975; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 38; Westphal EWS 1996, 43 (44). 120 EuGH, Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/12, EWS 2013, 422 = RIW 2013, 874 = EWiR 2014, 11 (Mankowski) Rn 30. 121 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141). 122 Thume BB 2012, 975. 123 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141). 124 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098, Rn 38; v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde) Rn 24 ff.; Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141); Thume BB 2012, 975; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 38; Westphal EWS 1996, 43 (44). 125 Thume BB 2012, 975. 126 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 38 f. 127 Pajor-Bytomski RIW 2005, 263 (269). 128 Hagemeister S. 36 ff., insb. S. 43.

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RL sprechen innerhalb ihres Anwendungsbereiches aber wohl gegen eine solche weite Auslegung.129 Unvertretbar ist sie nicht.130 21

cc) Außerdem sind gem. Art. 1 Abs. 3 RL Vertragspartner nicht vom Anwendungsbereich der RL erfasst, die als Organe befugt sind, für eine Gesellschaft oder Vereinigung verbindlich zu handeln, Gesellschafter, die rechtlich befugt sind, für die anderen Gesellschafter verbindlich zu handeln und Zwangsverwalter (receiver, gerichtlich bestellte Vermögensverwalter, Liquidatoren oder Konkursverwalter (trustee and bank trustee). Wenn jedoch ein Insolvenzverwalter nach deutschem Recht für einen insolventen HV handelt, sollte der Vertrag trotz der – umstrittenen – Amtstheorie gleichwohl von der RL erfasst bleiben, wenn er es zuvor war. Es kommt auf den Vertragsschließenden, den HV, und nicht seinen Insolvenzverwalter an.

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dd) Art. 2 Abs. 1 RL nimmt weitere Vertragspartner vom Anwendungsbereich der RL aus, nämlich z.B. HV, die für ihre Tätigkeit kein Entgelt erhalten. Warum solche besonders schutzbedürftigen HV vom Anwendungsbereich der RL ausgenommen wurden, ist nicht leicht erkennbar. Jedenfalls dürfte die Ausnahme nicht für HV gelten, die irgendein Entgelt, auch von Dritten, erhalten, wie beispielsweise HV, die vom Kunden bezahlt werden.131

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ee) Weiter sind HV vom Anwendungsbereich ausgenommen, soweit sie an Handelsbörsen oder auf Rohstoffmärkten tätig sind und die unter der Bezeichnung „Crown Agents for Overseas Governments and Administrations“ bekannte Körperschaft, wie sie im Vereinigten Königreich nach dem Gesetz von 1979 für die „Crown Agents“ eingeführt worden sind oder deren Tochterunternehmen.

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ff) Darüber hinaus kann jeder Mitgliedsstaat nach Art. 2 Abs. 2 RL vorsehen, dass die RL nicht auf Vertragspartner anwendbar ist, die HV-Tätigkeiten ausüben, welche nach dem Recht dieses Mitgliedsstaates als nebenberufliche Tätigkeiten angesehen werden. Vorbild dieser Regelung war der in Deutschland seit 1953 existierende § 92b.

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Bei den unter cc) und ee) genannten Fällen handelt es sich z.T. um Ausnahmen, die insbesondere Großbritannien forderte.

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b) Örtlicher Anwendungsbereich. Die RL ist darüber hinaus nur anwendbar, soweit der Warenvertreter in einem Mitgliedsstaat „niedergelassen“ ist. Dies ergibt sich aus der Einleitung („whereas“-Section) der RL, in der es heißt: „Diese Unterschiede erschweren im Übrigen auch erheblich den Abschluss und die Durchführung von Handelsvertreterverträgen zwischen einem Unternehmer und einem Handelsvertreter, die in verschiedenen Mitgliedsstaaten niedergelassen sind“. Im Übrigen wird in dieser Einleitung auch auf den Warenaustausch „zwischen den Mitgliedsstaaten“ hingewiesen und auf die „Wettbewerbsbedingungen und die Berufsausübung innerhalb der Gemeinschaft“. In der englischen Fassung der RL heißt es „established“, was in Richtung der Gründungstheorie des Gesellschaftsrechts und damit auf den Gründungsort weisen könnte. Damit ist die RL anwendbar, falls der Warenvertreter eine eigene Niederlassung inner-

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129 Emde DStR 2009, 1478 (1480). 130 Emde DStR 2009, 1478 (1480). 131 Außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der RL s. etwa die Nettopolicen der Versicherer, hierzu Reiff VersR 2012, 645 ff.

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halb der EU besitzt oder innerhalb der EU gegründet wurde (wenn man die englische Fassung so versteht). „Irgendeine“ Tätigkeit innerhalb der EU oder des EWR wird für die Anwendbarkeit der RL wohl nicht genügen, jedenfalls soweit es sich nicht um eine bedeutende handelt. Ebenso wenig reicht der private Wohnsitz des HV, möglicherweise aber eine Niederlassung des HV innerhalb der EU oder des EWR (s. § 92c Rn 11). 6. Auslegung der RL. Sowohl bei der allgemeinen, der richtlinenkonformen (unten, 27 Ziff. 6 a) wie auch der handelsvertreterfreundlichsten (unten, Rn 29) Auslegung, stellt sich die Frage, nach welchen Maßstäben die RL auszulegen ist. Die Auslegung ist anhand aller Umstände des Einzelfalls und des RL-Textes vorzunehmen. Der EuGH132 nennt die wörtliche133 und die systematische, zudem die teleologische Auslegung nach Sinn und Zweck der RL. In erster Linie scheint sich der EuGH, wohl auch der Multinationalität des Gerichts mit den daraus entstehenden unterschiedlichen Auslegungstraditionen geschuldet, am Wortlaut134 und erst in zweiter Linie an der teleologischen Auslegung135 zu orientieren. Zulässig ist weiter die grammatikalische (wobei die ggf. divergierende sprachliche Fassung aller Amtssprachen zu untersuchen ist),136 gemeinschaftsrechtkonforme137 sowie historische138 Auslegung, etwa anhand von Vorentwürfen.139 Alle Auslegungsschritte müssen autonom erfolgen.140 Da das deutsche Recht Pate gestanden hat, mag das deutsche Verständnis zur Zeit des Entstehens der RL gleichwohl im Rahmen der historischen Auslegung eine Rolle spielen.141 Denn immerhin verweist die Kommission zur Erläuterung des in der RL Gewollten selbst auf die deutsche Rspr.142 Die Auslegung ist soweit wie möglich an Wortlaut sowie Zweck der RL auszurichten. a) RL-konforme Auslegung. Im Verhältnis Privater zum Staat bleibt die RL inner- 28 halb ihres Regelungsbereichs, dem Recht der Warenvertreter, stets unmittelbar anzuwenden, sofern Umsetzungsfehler gerügt werden.143 Dies gilt jedoch nicht im horizontalen Verhältnis unter Privaten, um die es in Streitigkeiten meist geht.144 Im Rechtsverhält-

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132 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 (152) Rn 27, 29, 31. 133 EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C-203/09, DB 2010, 2495. 134 AA Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 56 („tritt zurück“). 135 Bleckmann ZGR 1992, 364 (365); ders. RIW 1987, 929 (930); ders. NJW 1982, 1177 (1178); Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 55 („stärkste Bedeutung“); Westphal DB 2010, 1333 (1334). 136 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 56. 137 EuGHE 1983, 4063 ff.; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 57. 138 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 56. 139 Bleckmann NJW 1982, 1177 (1178); Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 56. 140 Ebenroth/Hakenburg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 10; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 57; Emde DStR 2009, 1478 (1479). 141 AA Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 57. 142 Bericht der Kommission über die Anwendung des Art. 17 der Richtlinie auf den Handelsvertreter, COM (96) 364 endg. 143 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 7; Lauser/Reifenrath RIW 2002, 746 (752) unter Hinweis auf EuGH Slg. 1986, 723 Rn 48. 144 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 7, siehe auch Lauser/Reifenrath RIW 2002, 746 (752) unter Hinweis auf EuGH Slg. 1986, 723 Rn 48.

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nis unter Privaten kommt nur eine RL-konforme Auslegung in Betracht. Das Verhältnis zwischen RL-konformer Auslegung und nationalen Auslegungsmethoden ist umstritten. Der RL-konformen Interpretation gebührt innerhalb des Anwendungsbereichs der RL gegenüber nationalen Auslegungsmethoden absoluter Vorrang.145 Dies beruht auf dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem nationalen Recht.146 Notfalls muss die Auslegung sogar contra legem erfolgen.147 Damit müssen nationale Gerichte alle Vorschriften des HV-Rechts autonom und losgelöst von nationalem Recht148 europarechts- und richtlinienkonform interpretieren.149 Gleichwohl liegt ein Umsetzungsfehler vor, wenn der Text der nationalen Gesetze eine Frage nicht regelt, obwohl die RL dies fordert und sich das von der RL geregelte Ergebnis nur mittels RL-konformer Auslegung in das nationale Recht transportieren lässt.150 Die Gegenansicht will einen Vorrang der RL nicht anerkennen151 oder zumindest eine Grenze an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubtem ziehen.152 Zumindest verlangt der EuGH153 von den nationalen Gerichten eine volle Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, welchen das nationale Recht einräumt. Er hat dabei zum Ausgleichsrecht den Grundsatz HV-freundlichster Auslegung der RL154 aufgestellt, der über das Ausgleichsrecht hinausreichen dürfte (dazu unten, Rn 29). Auch bei der RL-konformen Auslegung besitzen Wortlaut sowie teleologische Auslegung einen hohen Stellenwert (s.o.). Unberechtigt dürfte die Ansicht sein, ein unmittelbarer Rückgriff auf die RL sei unzulässig.155 Schweigt die RL und ist ihr Sinn und Zweck nicht zu ermitteln, bedarf es keiner RL-konformen Interpretation. Die Pflicht zur RL-konformen Auslegung besteht jedenfalls gegenüber dem Adressatenkreis der RL sogar, wenn der Text der nationalen Regelung nach Erlass der RL unverändert blieb.156 Die RL überlagert den alten Text und richtet ihn europarechtlich aus.157 Er muss trotz identischen Wortlauts mglw. abweichend von dem früheren nationalen Verständnis und

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145 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = EWiR 2009, 239 (Emde); Auer ZBB 1999, 170; Bach JZ 1990, 1111; Lutter JZ 1992, 604; Spetzler DB 1993, 554. 146 EuGH, Slg. 1964, 1251. 147 Riesenhuber/Domröse RIW 2005, 47 (51); aA BVerfG, Beschl. v. 26.9.2011 – BvR 2216/06 u.a., NJW 2012, 669 Rn 47, 56 (kein Vertriebsrechtsfall); Tiedtke/Schmitt ZIP 2005, 681 (682): Falls das nationale Recht eine RL-konforme Interpretation nicht zulässt, verpflichtet auch der EuGH die Gerichte nicht zu einem contra-legem-Judikat, letztgenannte Ansicht wohl durch EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = EWiR 2009, 239 (Emde) in Frage gestellt. Eine teleologische Reduktion einer Norm soll aber zulässig sein: BVerfG, Beschl. v. 26.9.2011 – BvR 2216/06 u.a., NJW 2012, 669 Rn 58 ff. – kein Vertriebsrechtsfall. 148 Westphal DB 2010, 1333 (1334). 149 EuGHE 1990 I-4135; BGH, Urt. v. 13.1.2010 – VIII ZR 25/08 Rn 33 – Kfz-Vertragshändler; OLG Hamburg, Urt. v. 27.1.2011 – 3 U 260/08 (zum Recht des VV, ohne Diskussion des Anwendungsbereichs der RL); Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141); Thume BB 2011, 1800; Westphal DB 2010, 1333 (1334); Steinhauer EuZW 2009, 887 (888) zu § 89b; Hopt FS Medicus, S. 99; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 16; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 9; Hopt § 84 Rn 3; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 89b Rn 78; allgemein Lutter JZ 1992, 593; Götz NJW 1992, 1853. 150 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 91. 151 Di Fabio NJW 1990, 947; Dänzer-Vanlotti StVJ 1991, 2. 152 BVerfG, Beschl. v. 26.9.2011 – BvR 2216/06 u.a, NJW 2012, 669 Rn 47. 153 EuGH Slg. 1984, 1891; EuGH Slg. 1994, 3325. 154 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde), Tz 21, 23; aA Semler BB 2009, 2327 (2328 f.). 155 Freitag/Leible RIW 2001, 287 (293); zwh., denn die RL ist zumindest Auslegungsmaßstab. 156 Westphal DB 2010, 1333 (1334). 157 EuGH, Urt. v. 22.11.1978, EuGHE 1978, 2183; Hopt Neue Selbstständigkeit und Scheinselbstständigkeit, in: FS Medicus, S. 235, 247; Kiene RIW 2007, 287 (297).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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aus seinem nationalem Kontext gelöst ausgelegt werden158 (wobei die Herleitung der RL aus deutschem Recht mildernd wirkt). Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Entwurzelung nationaler Bestimmungen selbst bei Übernahme der europarechtlichen Regelung in nationales Recht.159 b) Handelsvertreterfreundlichste Auslegung. Mit Urt. v. 26.3.2009 entschied der 29 EuGH,160 im Normanwendungsbereich der RL zulässig sei allein eine nicht zum Nachteil des HV gereichende Auslegung zwingender Vorschriften der RL (im entschiedenen Fall: des Ausgleichsrechts). Es ist also zweistufig vorzugehen. Zunächst ist bei zwingenden Vorschriften mittels Auslegung nach einem klaren Auslegungsergebnis zu fahnden. Die Auslegung ist anhand der o.g. Maßstäbe vorzunehmen. Der EuGH161 zitiert gerade im Zusammenhang mit der handelsvertreterfreundlichsten Auslegung die wörtliche und die systematische Auslegung, zudem die Auslegung nach Sinn und Zweck der RL. Ergibt dieser erste Schritt kein klares Ergebnis, ist von den verbleibenden Varianten die handelsvertreterfreundlichste zu wählen. Zumindest bei zwei Auslegungsalternativen – aber wohl auch sonst – bedeutet dies immer die Auslegung zu bevorzugen, welche nach der RL die einerseits mögliche, also vertretbare (die Auslegung der RL geht also vor), und andererseits HV-freundlichste ist.162 Dies erinnert an das verwenderfeindlichste Verständnis des AGB-Rechts, meint aber nach dem Schutzzweck der RL wohl etwas anderes. Es kommt kaum darauf an, welche Auslegung im spezifischen Fall HV-freundlich ist, sondern welche es bei abstrakt-genereller Betrachtung in typischen Fällen wäre. Bliebe der konkrete Fall maßgeblich, gelangte man in unterschiedlichen Rechtsstreitigkeiten zu divergierenden Ergebnissen. Das wäre – anders als bei der auf die Prüfung eines individuellen Vertrages zielenden AGBKontrolle – mit der Auslegung abstrakt-genereller Normen unvereinbar und der Rechtsvereinheitlichung widerstreitend.163 In Zukunft wird man also rglm. den Wortlaut der RL prüfen müssen und ob das tradierte Verständnis von Literatur und Rspr. im Lichte dieses Wortlauts das HV-freundlichste Ergebnis beinhaltet. Das Urteil des EuGH v. 26.3.2009164 betraf mit den Artt. 17/18 RL zwingendes Ausgleichsrecht und seine von Gerichten gefundene Auslegung. Hierauf beziehen sich seine Aussagen und damit auch die zur HV-freundlichsten Auslegung. Für wen zwingend sagt der EuGH nicht. Es gibt Vorschriften, die für die Parteien und/oder die Nationalstaaten zwingend sind (s.o., Ziff. 3). Gemeint sein könnte, für die Mitgliedsstaaten zwingend, d.h. ihre Verpflichtung, die RL inhaltsgetreu umzusetzen. Tz 17 des Urteils hilft mit einem Verweis auf das Ingmar-Urteil des EuGH.165 Dort versteht sich zwingendes Recht zum einen i.S.d. der vorgenannten Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, die in „Ingmar“ relevanten Vorschriften des Ausgleichsrechts zwingend ohne Umsetzungsermessen einzuführen,166

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158 Westphal DB 2010, 1333 (1334). 159 Kiene RIW 2007, 287 (297). 160 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde) Rn 21, 23; zu dem Urteil Emde DStR 2009, 1478 ff.; ders. EWiR 2009, 239; Eckhoff BB 2009, 1609. 161 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 (152) Rn 27, 29, 31. 162 Emde DStR 2009, 1478 (1479); aA Pauly MDR 2013, 694 (695); Koch ZIP 2011, 1752 (1753); Semler ZVertriebsR 2013, 137; BB 2009, 2327 (2328 f.); Westphal DB 2010, 1333 (1337); Balke/Evke de Groot NJOZ 2010, 1551. 163 Emde DStR 2009, 1478 (1479). 164 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde). 165 EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000 I-9305 = NJW 2001, 2007. 166 EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000 I-9305 = NJW 2001, 2007, Tz 23.

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zum anderen i.S. fehlender Parteidispositivität.167 Die Entscheidung C-348/07168 scheint auf den ersten Blick, da es um einen Umsetzungsfehler geht und die Parteidispositivität insoweit nicht interessiert, mehr das mangelnde Umsetzungsermessen des nationalen Gesetzgebers zu betonen, „Ingmar“ eher die fehlende Parteidispositivität. Da das Urteil C-348/07 Art. 17 RL betrifft und Art. 17 Abs. 1 RL den Mitgliedsstaaten insoweit Umsetzungsermessen zubilligt, als sie zwischen dem Ausgleichs- und Schadensersatzmodell des Art. 17 RL wählen konnten, muss die Entscheidung sich auf parteizwingendes Recht beziehen. Letztlich dürfte die Frage, welches zwingendes Recht gemeint ist, irrelevant sein. Denn jede nationale Norm, die sich an der RL orientiert, ist in ihrem Lichte auszulegen, also RL-konform und vor dem Hintergrund des Zwecks der RL, der u.a.169 dem Schutz des HV dient.170 Dies zeigen Tz 21, 14 des Urteils C-348/07. Hier wird zur Begründung des Ergebnisses auf das Ziel des RL-Rechts verwiesen, die Interessen des HV gegenüber dem Unternehmer zu schützen und mit den Artt. 13–20 RL sogar auf dispositives Recht. Der zusätzliche Hinweis auf die zwingende Natur sollte also nur den Stellenwert des Ausgleichsrechts innerhalb des HV-Rechts hervorheben und vor allem deutlich machen, dass das HGB nicht von der RL abweichen darf.171 Vor allem bezog sich die Aussage des EuGH auf eine Auslegung deutscher Gerichte zum Ausgleichsrecht. Im Vordergrund stand mithin eine Auslegungsfrage. Es spricht viel dafür, dass die HV-freundliche Auslegung damit auf jeden vor Gericht anhängigen Auslegungsstreit anwendbar ist, soweit sich keine klare „HV-unfreundliche“ Auslegung ergibt. Zumindest gilt die Verpflichtung zur HV-freundlichsten Auslegung für parteizwingendes RL-Recht. Auch außerhalb des Ausstrahlungsbereichs zwingender RL-Vorschriften dürfte eine zumindest analoge Anwendung des Grundsatzes HV-freundlichster Auslegung angezeigt sein. Teilweise wird die Existenz des vom EuGH ausdrücklich postulierten Grundsatzes HV-freundlichster Auslegung bestritten. Die Ansichten und Begründungen sind recht indifferent: der Grundsatz HV-freundlichster Auslegung bedeutet nach Semler172 nur, dass nationales Recht nicht zu Ungunsten des HV von der RL abweichen dürfe. Zudem gelte der Grundsatz nur für Art. 17 RL. Gegen das erstgenannte Verständnis ist einzuwenden, dass der EuGH nicht den nationalen Gesetzgeber rügte, sondern eine Auslegungsfrage entschied und anzumerken, dass dann gerade wieder das nationale Recht auf seine HV-freundlichste Fassung zu prüfen, also auszulegen, wäre. Gegen die Beschränkung auf Art. 17 RL streitet, dass andere Vorschriften der RL kaum weniger bedeutend sind als diese sogar mit nationalem Umsetzungsermessen versehene Norm. Nach Auffassung von Koch173 ist dem Grundsatz nur zu entnehmen, dass eine Auslegung RL-widrig sei, die immer nachteilig für den HV sei. Aber was bedeutet das? Eine in jeder Situation nachteilige Auslegung wird es kaum geben. Laut Westphal174 gilt der Grundsatz nur für die Prüfung der Provisionsverluste. Aber das hat der EuGH eindeutig nicht gesagt. Zudem steht auch der Ansicht von Westphal die gegenüber den „Provisionsverlusten“ nicht mindere Bedeutung anderer RL-Vorschriften entgegen. Auch die von Westphal DB 2010, 1337 lin-

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167 EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000 I-9305 = NJW 2001, 2007, Tz 27. 168 EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = BB 2009, 1607 = EWiR 2009, 239 (Emde). 169 Zu den Zwecken der RL Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 32 f.; 79 ff. 170 Zu diesem Schutzzweck bereits EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000, I-9305 (Ingmar); Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 29 f.; 82. 171 Emde DStR 2009, 1478 (1481). 172 Semler BB 2009, 2327 (2328 f.). 173 Koch ZIP 2011, 1752 (1753). 174 Westphal DB 2010, 1333 (1337).

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ke Spalte beispielhaft genannte, angeblich HV-unfreundliche Auslegung des EuGH, derzufolge Vorteile der Muttergesellschaft nicht notwendigerweise denen der Tochter entsprechen müssen, überzeugt nicht. Denn hier war die Auslegung der RL nach anderen Maßstäben ergiebig und vorrangig. Selbst Semler gibt zudem zu, dass der Wortsinn der Rn 21 des Urteils die hier vertretene Ansicht stützt. 7. Analoge Anwendung der RL-konform umgesetzten Vorschriften innerhalb 30 des Anwendungsbereits der RL? Die analoge Anwendung einer in der RL vorgebildeten und in deutsches Recht transformierten Vorschrift ist auch im Anwendungsbereich der RL (außerhalb des Anwendungsbereichs ist dies unstrittig, siehe die Analogie zum HGB im Vertragshändler- und Franchiserecht)175 in gleicher Weise zulässig wie die analoge Anwendung deutschen Rechts.176 Dies gilt zumindest, wenn die Analogie HV-freundlich wirkt. Diskutiert wurde dies vor allem zu § 89b Abs. 3 Nr. 2 und seinem RL-Vorbild, Art. 18 Abs. 1a RL.177 Dort stand eine Analogie zu Lasten des durch die RL geschützten HV in Frage, die der EuGH ablehnte.178 Ebenso wie deutsches Recht definiert die RL nur den unmittelbaren Anwendungsbereich ihrer Normen. Sie schließt nicht aus, ihren Regelungsgehalt auf vergleichbare Sachverhalte anzuwenden. Bei der Analogie RL-konform transformierter Regelungen geht es um eine Analogie im EU-Sekundär- und nicht Primärrecht. Selbst auf der Ebene des EU-Primärrechts stellt die Rechtsanalogie eine gebräuchliche Praxis dar.179 Ein Übergriff in die alleinige Rechtssetzungskompetenz der Gemeinschaftsorgane dürfte mit einer Analogie nicht verknüpft sein.180 8. Anwendung der RL auf nicht von der RL erfasste Mittler. Auf nicht von der RL 31 erfasste Mittler, etwa Dienstleistungsvertreter, VV sowie HV-ähnliche Vertriebsmittler sind die RL, die RL-konforme Auslegung sowie das Gebot HV-freundlichster Auslegung unmittelbar nicht anwendbar.181 Eine europarechtliche Pflicht zur Anwendung besteht nicht.182 Es könnte aber eine analoge Anwendung in Frage kommen;183 jedenfalls aber eine Ausstrahlungswirkung der RL-Vorschriften.184

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175 Siehe Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677. 176 Siehe BGH, Vorlagebeschl. v. 6.8.2009, EWS 2009, 440; Vorlagebeschl. v. 29.4.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde) = BeckRS 2009, 13178, der diese Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV vorlegte (Entsch. in EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C-203/09, DB 2010, 2495); zumindest implizit Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677; Emde EWiR 2009, 386; für Art. 18 lit. a RL aA EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C-203/09, DB 2010, 2495. 177 Siehe EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C-203/09, DB 2010, 2495; BGH, Vorlagebeschl. v. 6.8.2009, EWS 2009, 440 = Vorlagebeschl. v. 29.4.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde); Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677; aA OLG Rostock, Urt. v. 4.3.2009 – 1 U 57/08, EWiR 2009, 385 mit abl. Anm. Emde. 178 EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C-203/09, DB 2010, 2495. 179 Emde EWiR 2009, 386; Bleckmann/Pieper in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 22. EL 08, Rn 165; Borchardt in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 15 Rn 22; Weber RIW 2009, 620 (622); vgl. auch Wiedemann Kommentar zu den GVOs des EWG-Kartellrechts, Bd. I, 1989, AT Rn 83 ff. zu EU-VO. 180 Emde EWiR 2009, 386. 181 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde) Rn 24 ff. 182 EuGH, Urt. v. 16.7.1998 – C-246/96, EuZW 1999, 21 = EWS 1998, 344 = RIW 1999, 981; Thume BB 2011, 1800 (1801). 183 Gegen die analoge Anwendung Dutta in: Reithmann/Martiny, 7. Aufl., Rn 2120, weswegen etwa die Vorschriften zum Ausgleichsrecht international nicht zwingend seien. 184 Tendenziell wohl BGH, Urt. v. 13.1.2010 – VIII ZR 25/08 Rn 33 – Kfz-Vertragshändler.

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1. Buch. Handelsstand

Hat der nationale Gesetzgeber Fragen für von der RL erfasste und nicht von der RL erfasste Mittler parallel und einheitlich geregelt („überschießende Umsetzung“),185 sind die Aussagen der RL und die RL-konforme Auslegung auch die Verhältnisse von Mittlern zu erstrecken, die nicht von der RL erfasst sind.186 Denn nationale Rechtsvorschriften, so der EuGH in seinem Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/12,187 seien zur Vermeidung von Auslegungsdivergenzen, Diskriminierung und Wettbewerbsverzerrungen unabhängig davon, unter welchen Bedingungen sie angewendet würden, einheitlich und europarechtskonform auszulegen. Das gilt diesem auf Schifffahrtsvertreter bezogenen Urteil gemäß auch dann, wenn es sich um einen HV handelt, der, wie ein Schifffahrtsvertreter, nicht in den Anwendungsbereich der RL fällt. Ein derartiger Wille zur einheitlichen Auslegung muss aber im Einzelfall feststellbar sein.188 Bereits Thume189 leitete aus der überschießenden Umsetzung eine innerstaatliche Pflicht zur Gleichbehandlung aller HV untereinander, also Waren- und Nichtwarenvertreter, auch in Bezug auf die bei beiden Gruppen erforderliche RL-konforme Auslegung her. Ob nicht von der RL erfasste Mittler dem Schutzniveau des RL-Rechts gleichgestellt werden, darf vom nationalen Gesetzgeber und Richter entschieden werden.190 Im HVRecht hat sich der deutsche Gesetzgeber aufgrund der – von Sondervorschriften (§§ 89b Abs. 5, 92) abgesehen – mangelnden Abgrenzung nicht von der RL erfasster Mittler von solchen, die die RL erfasst, für eine solche Gleichstellung entschieden.191 Es liegt also, abweichend von anderen europäischen Ländern, deren HV-Recht nur für den Warenvertreter gilt,192 eine „überschießende“ Umsetzung193 der RL über ihren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus vor. Insb. bei Diskrepanzen zwischen HGB und RL könnte man bei HV-ähnlichen Mittlern, deren Recht in einer Analogie zu den §§ 84 ff. gebildet wird, darüber nachdenken, zu welchen Normen die Analogie gesucht wird, HGB oder RL.194 Erste Rechtsquelle für nicht von der RL erfasste Mittler bleiben zwar die §§ 84 ff.,195 so dass das HGB anzuwenden ist. Sofern allerdings das HGB kraft unmittelbarer oder analoger Anwendung auch für nicht von der RL erfasste Mittler gilt, sollte es in gleicher Weise (einheitlich) und damit RL-konform so ausgelegt werden, wie es auch bei von der RL erfassten HV geschieht.196 Dies ergibt sich zwar weder aus der RL noch dem HGB, ist aber ein Gebot

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185 Gräfe/Giesa ZVertriebsR 2014, 29 (34). 186 EuGH, Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/12 Rn 31, EWS 2013, 422 = RIW 2013, 874 = EWiR 2014, 11 (Mankowski) m. Anm. von Bodungen BB 2014, 403 sowie Gräfe/Giesa ZVertriebsR 2014, 29; BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde); v. 16.2.2011 – VIII ZR 226/07, NJW-RR 2011, 614 Rn 19; Beschl. v. 29.4.2009 – VIII ZR 226/07, VersR 2009, 1116 Rn 9; Urt. v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, BGHZ 150, 248 (260 f.). 187 EuGH, Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/12 Rn 31, EWS 2013, 422 = RIW 2013, 874 = EWiR 2014, 11 (Mankowski) m. Anm. von Bodungen BB 2014, 403 sowie Gräfe/Giesa ZVertriebsR 2014, 29. 188 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde) Rn 26. 189 Thume BB 2012, 975; BB 2011, 1800 (1802); aA Reiff VersR 2012, 645 (653). 190 AA mglw. BGH, Vorlagebeschl. v. 6.8.2009, EWS 2009, 440; Vorlagebeschl. v. 29.4.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde), der in einem Vertragshändlerfall um eine Entscheidung des EuGH nachsuchte. 191 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098 Rn 38 – zu Versicherungsvertretern; Thume BB 2011, 1800 (1802); Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. IX Rn 20. 192 Laut Westphal EWS 1996, 43 (44) Dänemark, Finnland, Griechenland, Großbritannien, Luxemburg und Schweden. 193 Siehe Gräfe/Giesa ZVertriebsR 2014, 29 (34). 194 Eingehend Emde DStR 2009, 1478 (1479 ff.). 195 Eingehend Emde DStR 2009, 1478 (1479 ff.). 196 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098; v. 16.2.2011 – VIII ZR 226/07, DB 2011, 645 = WM 2011, 630.

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der Vernunft und mglw. auch des Art. 3 GG. Denn eine aufgrund unterschiedlicher Auslegung, einmal unter Einbeziehung und ein anderes Mal unter Nichteinbeziehung der RL sowie die RL-konformen Auslegung entstehende Disparität des Vertriebsrechts ist angesichts seiner relativen Einheitlichkeit kaum sinnvoll.197 Die sich entwickelnde Rspr. zum HV-Recht wäre auf andere Vertriebsmittler nur noch eingeschränkt zu übertragen.198 Für deutsches Umsetzungsrecht, welches bewusst nach dem Willen des Umsetzungsgesetzgebers über das RL-Recht hinausgeht, gibt es damit einen gesetzgeberischen Willen zu einheitlicher Auslegung.199 Das gilt insb. für den zwecks Umsetzung der RL novellierten Teil der §§ 84 ff., da der Gesetzgeber die Überlagerung durch die RL damit in Kauf genommen hat. Zweifel könnten bei nicht novellierten Teilen eingreifen, etwa § 89b Abs. 5 (Ausgleichsrecht des VV). Demzufolge soll es nach Aussicht des BGH Sondervorschriften geben, wie z.B. §§ 92, 89b Abs. 5 für VV, welche innerhalb ihres Anwendungsbereiches die Analogie und auch eine RL-konforme Auslegung ausschließen. Dies hat der BGH insbesondere für § 89b Abs. 5 angenommen und mit zweifelhaften Argumenten aus der Entstehungsgeschichte dieser Norm hergeleitet.200 Allerdings ist die Rspr. des BGH zur RL-konformen Auslegung auf den grundsätzlich von der RL nicht erfassten VV recht disparat.201 So hat der BGH etwa bei der Anwendung des § 90a Abs. 1 S. 2 auf den VV die Wertung des Art. 20 RL geprüft und folglich eine RLkonforme Auslegung erwogen.202 Er hat in seinem Urteil vom 25.10.2012203 ausgeführt, da der VV von der RL nicht erfasst sei, ergäbe sich die Notwendigkeit einer RL-konformen Auslegung nicht aus dem Europarecht selbst. Sie sei jedoch wegen des Gebots der einheitlichen Auslegung des nationalen Rechts erforderlich. Eine gespaltene Auslegung des § 90a je nachdem, ob er direkt oder kraft des Verweises des § 92 Abs. 2 Anwendung finde, komme nicht in Betracht. Denn es gäbe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber HV und VV hinsichtlich der nachvertraglichen Wettbewerbsabreden unterschiedlich behandeln wollte. Auch zu § 89b Abs. 1 hat der BGH eine RL-konforme Auslegung für möglich gehalten.204 Jedenfalls den in § 89b Abs. 5 in Bezug genommenen Abs. 1 wird man nach dem oben genannten Urteil des EuGH v. 17.10.2013205 anhand der RL und ggf. auch RL-konform auslegen müssen. Diese Differenzierungen sind wenig geglückt.206 Selbst im Vertragshändlerrecht ist eine Analogie zur RL und eine RL-konforme Auslegung möglich. Die RLkonforme Auslegung im Kfz-Vertragshändlerrecht hat der BGH207 wie folgt begründet: Die

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197 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098, Rn 38. 198 Emde DStR 2009, 1478 (1479 f.). 199 EuGH, Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/12 Rn 31, EWS 2013, 422 = RIW 2013, 874 = EWiR 2014, 11 (Mankowski) m. Anm. von Bodungen BB 2014, 403 sowie Gräfe/Giesa ZVertriebsR 2014, 29; vgl. auch BGH, Urt. v. 9.4.2002 – XI ZR 91/99, NJW 2002, 1881; Emde DStR 2009, 1478 (1481). 200 BGH, Beschl. v. 21.2.2013 – VII ZA 14/12, EWiR 2013, 485; Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde) für VV und Bausparkassen-HV und § 89b Abs. 5; krit. zu dieser Differenzierung Emde ZVertriebsR 2012, 137; Emde EWiR 2013, 486; Emde EWiR 2012, 208 (da § 89b Abs. 5 auf Abs. 1 verweist); Thume VersR 2012, 665 (668). Thume IHR 2012, 70 bezeichnet die Differenzierung des BGH als „überraschend“. 201 Emde EWiR 2013, 485 (486). 202 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098, Rn 38. 203 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098, Rn 38. 204 BGH, Nichtannahmebeschl. v. 8.3.2011 – VIII ZR 75/09 in Bestätigung des Urt. d. OLG Rostock v. 4.4.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde). 205 Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/12 Rn 31, EWS 2013, 422 = RIW 2013, 874 = EWiR 2014, 11 (Mankowski) m. Anm. von Bodungen BB 2014, 403 sowie Gräfe/Giesa ZVertriebsR 2014, 29. 206 Emde EWiR 2013, 486; EWiR 2012, 208. 207 BGH, Urt. v. 16.2.2011 – VIII ZR 226/07, DB 2011, 645 = WM 2011, 620 Rn 19; aA Thume in: Küstner/ Thume I, 4. Aufl., Kap. IX Rn 24; Thume IHR 2011, 7 (9). Anders für § 89b Abs. 5 (Ausgleichsrecht der VV und Bauspar-HV) BGH, Beschl. v. 21.2.2013 – VII ZA 14/12, EWiR 2013, 485 (Emde); Urt. v. 23.11.2011 – VIII

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RL-konforme Auslegung gelte nicht nur für HV-Verträge. Zwar regele die RL nur das Recht der HV, nicht das der Vertragshändler. Nach deutschem Recht sei aber HV-Recht auf Vertragshändler entsprechend anzuwenden. Dies gelte auch insoweit, als die Auslegung HVrechtlicher Bestimmungen durch die RL beeinflusst werde. Für den vom BGH beurteilten Vertrag war eine Analogie zum Warenvertreterrecht zu ziehen, so dass die Begründung schon deshalb zutraf. Richtig dürfte es sein, die zum Warenvertreterrecht erforderliche RLkonforme Auslegung auf alle Bereiche des Vertriebsrechts zu erstrecken, auch wenn es nicht um Warenvertreter und um unmittelbar von der RL betroffenes Recht geht. 32

9. Regelt die RL Beweislastfragen? Im Grundsatz regelt die RL keine Beweislastverteilung.208 Dies obliegt – soweit das materielle RL-Recht schweigt – nationalem Prozessrecht. Am ehesten iS. einer Beweislastregelung wird noch Art. 18 RL zu verstehen sein, der als Ausnahme-TB im Einklang mit § 89b Abs. 3 den Ausgleich unter bestimmten Umständen entfallen lässt. Da es sich auch nach der RL bei dem Wegfall des Ausgleichs um eine Ausnahme handelt, wird sie der Unternehmer beweisen müssen,209 es sei denn, es ist in der RL Besonderes geregelt, wie in Art. 18 lit. b RL. Diese Regelung enthält eine Beweislastregel, indem sie ausführt, der Ausgleich bestehe nicht, falls der HV das Vertragsverhältnis beendet habe, „es sei denn“, jene Beendigung sei aus Umständen, welche dem Unternehmer zuzurechnen sind oder durch Alter, Gebrechen oder Krankheit des HV gerechtfertigt. Hier gibt es nur eine Auslegungsvariante, die damit auch der HV-freundlichsten entspricht, nämlich, dass der HV Alter, Krankheit oder dem Unternehmer zuzurechnende Umstände nachweisen muss.210 Der Grundsatz HV-freundlichster Auslegung sowie der effektiven Durchsetzung der HV-schützenden Regelungen bedeutet nicht, dass nun sämtliche TB-Merkmale der RL vom Unternehmer zu beweisen wären. Soweit die RL zur Darlegungs- und Beweislast schweigt, kann ihr im Wege der Auslegung auch nicht die HV-freundlichste Aussage entnommen werden.211

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10. Grundsatz effektiver Durchsetzung zwingenden Rechts im Verwaltungs-/ Gerichtsverfahren. Wenngleich die RL kein Verfahrensrecht regelt – dessen Ausgestaltung obliegt den nationalen Gesetzgebern –, muss es die effektive Durchsetzung insbesondere der zwingenden Rechte des HV gewährleisten. Die Grundsätze der Ingmar-Entscheidung des EuGH212 finden hier ihr verfahrensrechtliches Pendant. Diesen Weg sind – vom BGH nicht beanstandet213 – mehrere Gerichte214 für durch die RL vorgeformtes,

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ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde) Rn 24 ff.; u.U. eine wenig geglückte Differenzierung, vgl. Emde aaO und Emde ZVertriebsR 2012, 137. 208 Emde DStR 2009, 1478 (1485); Emde EWiR 2009, 239 (240); Eckhoff BB 2009, 1609 (1610). 209 Emde DStR 2009, 1478 (1485). 210 Emde DStR 2009, 1478 (1485). 211 Emde DStR 2009, 1478 (1485). 212 Urt. v. 9.11.2000 – C-381/98, Slg. 2000, I-9305 = NJW 2001, 2007. 213 BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm Ayad. 214 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad; OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde); LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2012 – 39 O 74/11; zust. Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (48 f.); Oetker/Busche § 92c Rn 3; ablehnend Dathe NJOZ 2010, 2196 = NJW 2010, 3194; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246; Rühl IPRax 2007, 294 (297 ff.); Horn SchiedsVZ 2008, 210 (217 f.); Michaels/Kamman EWS 2001, 301 (310); Hopt § 92c Rn 12; i.E. auch ablehnend (aber zum Rechtszustand vor der RL BGH, Urt. v. 30.1.1961, NJW 1961, 1061 (1062). Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009), 818 (829) stimmt dem OLG München mit der Begründung zu, Schiedsgerichte seien nicht an die Kollisionsnormen der lex loci arbitrii gebunden. Der belgische Cour de Cassation v. 16.11.2006 (Van Hopplynus Instruments S.A. ./. Coherent Inc.), Rev. Dr. com belge 2007, 889 (890) m. Anm. Mertens sowie Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009). 818 ff. hat eine im Ergebnis identische Entscheidung getroffen.

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zwingendes Recht gegangen (dazu unten, Rn 505). Also werden selbst verfahrensrechtliche Vorschriften und erst recht materiell-rechtliche Beweislastregeln an den Aussagen des EuGH zu messen sein. Auch bei der gerichtlichen Durchsetzung des RL-Rechts bleibt immer die HV-freundlichste Auslegung der RL zu beachten.215 11. Diskrepanzen zwischen RL und deutschem Recht. Diskrepanzen zwischen der 34 RL und dem HGB sind vielfach erkennbar.216 Teilweise unterblieb die Übernahme von RLRecht in deutsches Recht, weil der Gesetzgeber meinte, sich auf eine im Einklang mit der RL stehende gefestigte Rspr. berufen zu können. Dieses Vorgehen ist wohl zu Recht Angriffen ausgesetzt,217 und zwar schon deshalb, weil die vorgeblich „feststehende“ Rspr. durch Gesetz vor Veränderungen geschützt werden müsste.218 Richtig wäre, soweit ihr Regelungsbereich reicht, die wörtliche Übernahme der RL gewesen. Dies hätte zudem, wenn alle EU-Staaten so verfahren wären, zu einem weitgehend einheitlichen innereuropäischem Recht geführt. Gerade wegen der Unheitlichkeit sowie der Umsetzungsfehler behält die RL ihren eigenen Anwendungsbereich. Etwas spitz könnte bei manchem „Umsetzungsfehler“ gefragt werden, ob die RL das Vorbild gebende Deutsche Recht fehlerhaft übernahm oder ob es sich umgekehrt verhält. Eine Diskussion hierüber ist müßig. Diskutiert werden Abweichungen zwischen RL und deutschem Recht insb. zu §§ 84, 86, 86a, 87, 87b Abs. 1, 87a Abs. 2, 87c, 89b und 92c. Siehe dazu bei den jeweiligen Kommentierungen. Die nicht umgesetzten Regelungen gelten aber zumindest kraft RL-konformer Auslegung. 12. Vorlageverfahren zum EuGH. Für Zweifelsfragen bei der Auslegung der RL ist 35 ausschließlich der EuGH im Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV (früher: Art. 177 EWG, Art. 234 EG) zuständig.219 Letztinstanzlich entscheidende Gerichte müssen, nicht letztinstanzlich entscheidende dürfen vorlegen.220 Die recht selektive Vorlagepflicht hat zu einer eher zufallsabhängigen, aber gleichwohl existenten Rechtsvereinheitlichung geführt.221 Die Vorlagepflicht ist nicht auf Fälle des unmittelbaren Anwendungsbereichs der RL, also den Warenvertreter, beschränkt, solange nicht offensichtlich ist, dass die erbetene Auslegung des Unionsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht oder dass die Frage allgemeiner oder hypothetischer Natur ist. Von der Vorlagefähigkeit ist auszugehen, solange die Frage für die Auslegung nationalen Rechts Bedeutung hat.222 Eine gegenteilige Ansicht würde zu einer Rechtsdisparität inner- und außerhalb des Adressatenkreises der RL führen.223

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Jedenfalls wäre eine klagestattgebende kalifornische Entscheidung in Europa anerkennungs- sowie vollstreckungsunfähig (Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009), 818 [832 ff.]; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 [250]). 215 Emde DStR 2009, 1478 (1486). 216 Zusammenf. Thume BB 2004, 2473; s.a. Sellhorst EWS 2001, 481; Westphal EWS 1996, 43 ff. 217 EuGH ZIP 2001, 1373 = EWiR 2001, 969 (Reich). 218 EuGH NJW 2001, 2244; Graf v. Westphalen BB 2002, 209 (210). 219 Hopt § 92c Rn 1, Beispiel: EuGH, Urt. v. 26.3.2009 – C-348/07, EWS 2009, 150 = EWiR 2009, 239 (Emde). 220 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141). 221 Martinek ZVertriebsR 2014, 139 (141). 222 Für die Entscheidungszuständigkeit EuGH, Urt. v. 28.10.2010 – C-203/09 Rn 23 f.; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 30; BGH, Vorlagebeschl. v. 6.8.2009, EWS 2009, 440; Vorlagebeschl. v. 29.4.2009 – VIII ZR 226/07, RIW 2009, 640 = VersR 2009, 1116 = EWiR 2009, 611 (Emde), der die Frage RL-konformer Auslegung des § 89b Abs. 3 Nr. 2 innerhalb eines Vertragshändlervertrages dem EuGH zur Vorabentscheidung vorlegt. Ebenso EuGH, Urt. v. 17.7.1997 – C-28/95, EuGHE 1997 I, 4161 = EuZW 1997, 658 = DB 1997, 1851 (aber keine vertriebsrechtliche Entscheidung). Gegen die Vorlagepflicht Hopt § 84 Rn 3; zweifelnd hinsichtlich der Vorlagepflicht auch Salomon/Wegstein BB 2010, 339; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 84 Rn 118. Zur Problematik Gaitanides in: von der Groeben/Schwarze, Vertrag über die Europäische Union, 6. Aufl., Art. 234 Rn 29. 223 Emde EWiR 2009, 612.

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C. Grundgesetzlicher Schutz 36

Die HV-Tätigkeit unterfällt dem grundgesetzlichen Schutz des Art. 12 GG.224 Gleiches gilt für die Tätigkeit des Unternehmers. Die betrieblichen Mittel des HV und des Unternehmers unterfallen dem Schutz des Art. 14 GG. D. Innere Ordnung des HV-Rechts

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Durch die Vielzahl der „Buchstabenparagraphen“, um welche die ursprünglich nur neun Vorschriften des HV-Rechts 1897 durch die Novellen bereichert wurden, ist das Gesetz trotz seiner relativen Kürze auf den ersten Blick unübersichtlich geworden. Dennoch bildet es die nachfolgend genannte innere Ordnung ab:225 § 84: Einleitende Legaldefinition § 85: Beurkundungsanspruch Die 86er Gruppe: Gegenseitige Rechte und Pflichten im allgemeinen § 86: Rechte und Pflichten des Handelsvertreters § 86a: Rechte und Pflichten des Unternehmers § 86b: Erweiterung dieser Rechte und Pflichten durch das Delkredere Die 87er Gruppe: Vergütung des Handelsvertreters § 87: Grundnorm § 87a: Der konkrete Provisionsanspruch (Verfestigung, Fälligkeit) § 87b: Berechnung der Provision § 87c: Nachprüfbarkeit der Provision § 87d: Auslagenersatz Die 88er Gruppe: Einreden aus dem Vertragsverhältnis § 88: Verjährung (nach Streichung jetzt § 195 BGB) § 88a: Zurückbehaltungsrechte des Handelsvertreters Die 89er Gruppe: Ende des Handelsvertreterverhältnisses § 89: Ordentliche Kündigung § 89a: Außerordentliche Kündigung § 89b: Ausgleichsanspruch Die 90er Gruppe: Nachvertragliche Bindungen § 90: Verschwiegenheitspflicht (wobei hier auch vertragsbegleitende Verschwiegenheitspflichten geregelt werden) § 90a: Wettbewerbsverbot Die 91er Gruppe: Außenverhältnis im Handelsvertreterrecht § 91: Gesetzlicher Ermächtigungsrahmen § 91a: Überschreitung der Außenermächtigung

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224 BVerfG, Beschl. v. 7.2.1990 – I BvR 26/84, BVerfGE 81, 242 = NJW 1990, 1469; OLG Naumburg, Beschl. v. 12.2.2010 – 6 U 164/09. 225 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 4.

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Die 92er Gruppe: Besondere Erscheinungsformen des Handelsvertreters § 92: Versicherungs- und Bausparkassenvertreter § 92a: Einfirmenvertreter § 92b: Handelsvertreter im Nebenberuf § 92c: Außereuropäischer Vertreter, Schiffslinienvertreter. Damit reichen die §§ 84 ff. – ähnlich dem BGB – von Geburt zum Tod, nämlich vom Entstehen des Handelsvertretervertrages zu seiner Beendigung durch Kündigung, woran sich Vorschriften über die Rechtsfolgen solcher Beendigung, besondere Sonderformen der HV sowie zum Geltungsbereich der Normen anschließen. E. Das auf Vertriebsmittler anwendbare Recht I. HGB Wie dargelegt untersteht der HV-Vertrag in erster Linie den hier kommentierten 38 §§ 84–92c. Sie sind vorrangig und verdrängen innerhalb ihres Anwendungsbereichs andere Gesetze, insbesondere das Dienstvertrags- und Geschäftsbesorgungsrecht des BGB. Ist also ein Beauftragter als ständiger Geschäftsvermittler tätig, wird auf ihn zuvörderst Handelsvertreterrecht angewandt und es darf nur subsidiär auf das BGB zurückgegriffen werden. II. Handelsbräuche Auch Handelsbräuche bestimmen den HV-Vertrag (§§ 157 BGB, 346 HGB).226 Mangels 39 abweichender Rechtswahl (eine allgemeine Rechtswahlklausel genügt) sind die am Erfüllungsort – meist dem Sitz des HV (dazu unten) – geltenden Handelsbräuche227 maßgeblich. III. BGB Subsidiär ist neben anderen Gesetzen228 vor allem das BGB auf HV anwendbar. Das 40 Recht des HV-Verhältnisses ist ein Teil des allgemeinen Geschäftsbesorgungs- und Dienstvertragsrechts des BGB, für welches es eine Reihe von Sonderregeln gibt. Denn der Handelsvertreter schuldet eine Tätigkeit, Dienste i.S.d. § 611 BGB, die eine Geschäftsbesorgung (§ 675 BGB) zum Gegenstand haben.229 Mangels Spezialität und entgegen anderslautender Stimmen230 sind im Grundsatz alle Regeln des BGB-Dienstvertrags- wie Geschäftsbesorgungsrechts anwendbar.231 Da der HV lediglich Vermittlungsbemühungen und keinen Vermittlungserfolg schuldet,232 bleibt Werkvertragsrecht unanwendbar.233 Daran ändert sich auch nichts, wenn er sich verpflichtet, eine bestimmte Zahl von Geschäf-

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226 Hopt § 86 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 227 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 228 Zum Rechtsrahmen der Vertriebsverträge übersichtsartig Martinek/Habermeier und Martinek/Wank in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., §§ 6, 12. 229 Hopt § 86 Rn 1; Oetker/Busche § 86 Rn 1. 230 Missverständlich Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 4 ff. 231 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 85 Rn 6; Oetker/Busche § 84 Rn 52 u. § 86 Rn 1. 232 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67. 233 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1.

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ten zu vermitteln oder abzuschließen.234 Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften können allenfalls im Einzelfall analoge Anwendung finden,235 insb. auf den Einfirmenvertreter (§ 92a Rn 17 f.). Keine Anwendung findet der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz236 (zum AGG Rn 347 ff.). Jedoch kann sich aus der Treupflicht,237 oder schützenswertem Vertrauen auf Gleichbehandlung238 und schließlich aus § 19 GWB eine Pflicht des Unternehmers ergeben, HV innerhalb des Systems nicht willkürlich, insbesondere in Grundsatzfragen, ungleich zu behandeln (§ 86a Rn 65 ff.). Verhandlungsgeschick ist dem Unternehmer jedoch nicht untersagt. Er darf mit einem HV einen günstigeren Vertrag als mit einem anderen schließen. Bei Vertragshändlern und Franchisenehmern soll regelmäßig eine Gleichbehandlungspflicht bestehen, die sich jedoch auch hier wahrscheinlich nur aus § 19 GWB ergeben könnte. Ob allein die stärkere Einbindung der letztgenannten unter Treupflichtgesichtspunkten die Gleichbehandlung fordert, ist unsicher. 41 Allerdings werden die Normen außerhalb der §§ 84 ff. teilweise durch speziellere Vorschriften des HV-Rechts verdrängt. Dies bedeutet jedoch nicht ihre strukturelle Unanwendbarkeit. Vielmehr treten sie hinter die spezielleren HGB-Normen zurück. Dies kommt in der Sache meist einer Unanwendbarkeit gleich, ist jedoch rechtstechnisch ein Aliud, was eine Rolle spielen kann, wenn dispositive HGB-Vorschriften explizit abbedungen wurden. Die verdrängten BGB-Bestimmungen werden regelmäßig wieder anwendbar, soweit sich aus der Derogation nicht eine speziellere Vertragsregelung oder ein Ausschluss auch des BGB entnehmen lässt. In der Praxis spielen die BGB-Vorschriften jedoch eine untergeordnete Rolle, während das HGB im Vordergrund steht. 42

1. Allgemeiner Teil des BGB. Der HV kann Repräsentant des Unternehmers nach §§ 30, 31 BGB sein239 (s. § 86a Rn 172 ff.). Anwendbar sind ferner die §§ 134, 138 BGB. Nach diesen Vorschriften kann der HV-Vertrag nichtig sein (§ 84 Rn 100 ff.). Der Abschlussvertreter besitzt Vollmacht zum Handeln für den Unternehmer i.S.d. § 164 BGB. Wegen der Erkundigungs- und Informationspflichten innerhalb des Vertriebssystems könnte unter den Mitgliedern des Vertriebssystems zurückhaltend an eine Wissenszurechnung nach § 166 BGB gedacht werden. Der Unternehmer muss sich Wissen des HV beim Abschluss als das seines Verhandlungsgehilfen zurechnen lassen.240 Immer aber ist zu berücksichtigen, dass es sich um selbständige Unternehmen handelt.

2. Allgemeines Schuldrecht. Die §§ 241 ff. BGB, insb. die §§ 311 ff. BGB sind anwendbar. Der HV hat seine Pflichten gemäß § 242 BGB so zu erfüllen, wie es Treu und Glauben erfordern.241 § 275 BGB ist nicht anwendbar.242 Der HV-Vertrag bildet ein Dauerschuldverhältnis.243 Die für Dauerschuldverhält44 nisse geltenden allgemeinen Regeln, insbesondere das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§§ 314, 626 BGB), werden weitgehend durch die spezielleren Vor43

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234 RGZ 87, 441; 95, 135; Eberstein S. 68. 235 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 155; Hopt § 92a Rn 1. 236 Hopt ZIP 1996, 1538; Hopt § 86 Rn 10, 30; § 86a Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1; LG Hamburg, Urt. v. 15.12.2006 – 406 O 175/06. 237 Hopt § 86 Rn 10. 238 BGH BB 1971, 484; Hopt § 86 Rn 10; bei Mehrfirmenvertreter kritisch Oetker/Busche § 86 Rn 21. 239 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR 296/11, DB 2013, 1107 = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729. 240 BGHZ 82, 222; BGH NJW 1965, 1174; 1985, 1080; Hopt § 84 Rn 52. 241 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5. 242 OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 8; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 98; s.a. OLG Nürnberg BB 1969, 933. 243 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 2; ebenso Oetker/Busche § 84 Rn 2.

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schriften des HV-Rechts verdrängt, nicht jedoch § 314 Abs. 2–4 BGB, die ohne Äquivalent im HV-Recht blieben.244 Daneben gelten die Regeln über Anfechtung und Nichtigkeit245 (hierzu § 84 Rn 100 ff.) sowie die Rechtsinstitute der CIC (§§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB)246 und PFV (§ 280 Abs. 1 BGB). Aus §§ 242, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (CIC) – nicht aus der vorvertraglich 45 noch nicht geschuldeten Interessenwahrungspflicht – leiten sich vorvertragliche Aufklärungspflichten der Parteien her, z.B. die Verpflichtung über Risiken, die der Vertragserfüllung entgegenstehen könnten, unaufgefordert hinzuweisen.247 Das gilt insbesondere für (wirtschaftliche) Risiken, die einer Vertragspartei – meist dem HV – nicht erkennbar sind. Besonders ausgeprägt ist die Diskussion zu diesen Pflichten im Franchiserecht (Rn 409 ff.). Gemäß § 315 BGB darf der Unternehmer Weisungs- und Bestimmungsrechte nur nach billigem Ermessen ausüben.248 3. Wegfall der Geschäftsgrundlage. Auch § 313 BGB (ehemals WGG) ist anwend- 46 bar.249 Gedacht wird an Fälle notwendiger Änderungen infolge wirtschaftlichen oder marktpolitischen Anpassungsbedarfs bzw. des Wegfalls der Existenzgrundlage. Die Praxis wendet in Fällen des WGG meist den in seiner Rechtsfolge starren § 89a an,250 wobei sogar vertreten wird, für einen Rücktritt vom Vertrag wegen WGG sei neben § 89a kein Raum,251 vielleicht zu Unrecht, weil die von § 313 Abs. 2 BGB geforderte Vertragsanpassung, die auch unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht geschuldet sein mag, die sensiblere Regelung bilden kann.252 So dürfte dauerndes Leistungsunvermögen des HV im Einzelfall wegen WGG eine fristlose Kündigung253 oder einen Rücktritt254 (der wie eine fristlose Kündigung behandelt wird)255 rechtfertigen. Nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip und unter Treupflichtgesichtspunkten darf allerdings nicht außerordentlich gekündigt werden, wo eine Vertragsanpassung gemäß WGG-Grundsätzen oder eine ergänzende Vertragsauslegung möglich ist und die Anpassung aus dem Mittlervertrag kein von den Parteien nicht gewünschtes „aliud“ formt. Die Anpassung eines HV-Vertrags an veränderte Umstände wegen WGG wird also durch § 89a nicht berührt.256 Gründe, die nicht als „wichtige“ i.S.d. § 89a gelten, werden meist auch nicht zu einem WGG führen.257 Weder Umsatzrückgang, Absatzchancen, Gewinn-, Ertragserwartungen oder die fehlende wirtschaftliche Tragfä-

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244 Das Erfordernis einer Abmahnung vor Kündigung entspricht ohnehin §§ 241 Abs. 2, 242 BGB wie auch der BGH-Rechtsprechung, vgl. BGH NJW-RR 1999, 539 = EWiR 1999, 611 (Emde); 705 (Emde); VersR 2001, 370 = BB 2001, 645 = NJW-RR 2001, 677 = EWiR 2001, 483 (Emde). 245 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60. 246 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 126; im Franchisevertrag OLG München BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749. 247 Siehe etwa Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 124 f. 248 Zum Franchiserecht Giesler/Nauschütt § 5 Rn 92. 249 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 48 ff.; Ende BB 1996, 2260 (2263); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 61. 250 Siehe Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 85 Rn 4 sowie BGH RIW 1959, 29 für einen in der DDR arbeitenden Vertreter bundesdeutscher Unternehmungen. 251 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 1; vgl. BGH, Urt. v. 11.4.1957 – VII ZR 280/56, BGHZ 24, 91 (95, 96) = NJW 1957, 989. 252 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 48. 253 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 5. 254 BGH, Urt. v. 26.4.1995 – VIII ZR 124/94, ZIP 1995, 910 (912); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 9; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 43. 255 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 9. 256 Emde BB 1996, 2260 (2263); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 4. 257 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 49.

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higkeit der Vertretung begründen im Regelfall einen WGG258 oder können zu einer Vertragsanpassung nach § 242 BGB leiten,259 möglicherweise aber eine Wettbewerbslage aufgrund unvorhergesehener technischer Entwicklungen oder der Nichtabsatz aufgrund von Gesetzesänderungen.260 Gleiches gilt, wenn im Gefolge einer Umgliederung der Wirtschaftsstruktur eines bestimmten Gemeinwesens die Existenzmöglichkeiten für den freien HV nicht mehr gegeben sind. Die Anpassungsmöglichkeit des § 313 Abs. 3 BGB besteht neben dem Recht aus § 89a, wobei ein Kündigungsgrund nach § 313 Abs. 3 BGB regelmäßig auch die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 89a erfüllen wird. Das infolge eines WGG eintretende Vertragsende führt zur Ausgleichsberechtigung. Die Ausgleichsauschlussgründe des § 89b Abs. 3 sind (analog) anzuwenden, wenn nicht ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt der Vertragsanpassung (§ 313 Abs. 1 BGB) ein anderes Ergebnis sachgerecht ist. Sofern die Voraussetzungen des § 89b Abs. 3 Nr. 1 nicht eingreifen, verliert der Vertreter infolge einer Eigenkündigung nach § 313 Abs. 3 BGB den Ausgleich. 47

4. Gegenseitiger Vertrag. Der HV-Vertrag ist gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB.261 Der HV verpflichtet sich zur Vermittlung oder zum Abschluss, der Unternehmer zur Zahlung der vereinbarten Vergütung, welche meist – aber nicht notwendigerweise – eine Provision ist. Wirbt der Mittler in Ausführung seiner Vertriebspflicht Stammkunden, erwirbt er eine ebenfalls im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Ausgleichsvergütung (§ 89b). Begleitet werden die Haupt- durch zahlreiche Nebenpflichten, insbesondere über §§ 241 Abs. 2, 242 BGB hinausgehende Schutz- und Treupflichten.262 Das allgemeine Leistungsstörungsrecht der §§ 320 ff. BGB ist damit auch im Vertretervertrag anwendbar,263 wobei beide Vertragsparteien jedoch in der Regel eher auf das präsentere Kündigungsrecht des § 89a ausweichen werden. Bei Untätigkeit des Vertreters kann der Unternehmer dem Vertreter eine Frist gemäß § 323 (früher: § 326) BGB setzen.264 Der HV darf seine Dienste zurückhalten, je nachdem, ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt, gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 273 BGB.265

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5. §§ 305 ff. BGB – Allgemeine Geschäftsbedingungen. Vertriebsrecht ist zugleich meist AGB-Recht.266 Dies wird oft unzureichend beachtet. Wird in den Tatsacheninstanzen einer gerichtlichen Auseinandersetzung nichts zur Qualifikation als AGB vorgetragen,267 werden Gerichte außer in Evidenzfällen die §§ 305 ff. BGB nicht anwenden. Diese Bestimmungen haben eine zunehmende Bedeutung. Noch in der 4. Aufl. des Staub spielte das AGB-Recht kaum eine Rolle, die dortigen Ausführungen müssen heute

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258 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 61; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 49. 259 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 61. 260 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 49. 261 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 1; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 44 ff.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 57; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl. § 85 Rn 1. 262 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 1 f. 263 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 44. 264 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 45 ff. 265 Für Franchiseverträge Giesler ZIP 2002, 420 (424). 266 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (7); Graf v. Westphalen DB 1984, 2335; Preis/Stoffels ZHR 160 [1996], 442 (443); Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 102, 112; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 86; für Kfz-Vertragshändlerverträge Ensthaler/ Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589. 267 Charakteristisch für ein derartiges Unterlassen BGH, Urt. v. 10.11.2010 – VIII ZR 327/09 Rn 21.

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als rudimentär und überholt angesehen werden. Jeder Unternehmer, der ein Vertriebsnetz mit mehreren Repräsentanten unterhält, achtet auf die Einheitlichkeit der ihnen gegenüber verwandten Verträge, etwa im Kfz-Vertragshändlerbereich.268 Ein Aushandeln, welches zur Einordnung als Individualabrede führt, fehlt regelmäßig.269 Es würde voraussetzen, dass der Verwender das Vertragsgefüge in seiner Gänze zur Disposition stellt.270 Praktisch alle Vertriebsverträge qualifizieren sich deshalb als AGB mit allenfalls marginalen Abweichungen. Insbesondere bei Vertragshändler- und Franchiseverhältnissen ergibt sich die Einheitlichkeit der Verträge und die daraus resultierende Vermutung der Mehrfachverwendung271 auch aus dem Gleichbehandlungsgebot und dem Gleichbehandlungswillen des Unternehmers. Unerheblich ist, ob der Unternehmer die Verträge nur für eine begrenzte Anzahl von Fällen verwenden will. Dieser Wunsch liegt in der Natur geschlossener Vertriebssysteme begründet. 272 Innerhalb eines Vertriebssystems könnte eine Vermutung für die Bewertung als AGB273 diskutiert werden, die der Unternehmer zu widerlegen hätte. Denn er kann vortragen, welche Verträge er mit welchen Mittlern gezeichnet hat. Im Prozess darf etwa ein HV die Eigenschaft als AGB beweisen, indem er den Beweis „Vorlage aller HV-Verträge durch den Unternehmer“ anbietet. Möglicherweise können auch andere HV und Unternehmer als Wettbewerber gegen unwirksame AGB im Wege der „Konkurrentenklage“ nach UWG vorgehen.274 Bei der Prüfung einer Klausel auf ihre Gesetzeskonformität ist zwischen dem Interesse 49 des Unternehmers am Aufbau eines einheitlichen Vertriebssystems, möglichen Benachteiligungen von Unternehmern mit vielgliedrigem Vertriebssystem sowie dem Schutzbedürfnis des Mittlers unter Berücksichtigung der Gebräuche des Handelsverkehrs (§ 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB)275 abzuwägen. Ein Verstoß gegen zwingendes Recht (§ 134 BGB) begründet zugleich einen Verstoß gegen § 307 BGB.276 Charakteristisch ist das Urteil des OLG München zu Einstandszahlungen.277 Es begründet die Unwirksamkeit einer Einstandszahlungsabrede, die nicht regelte, dass die vom Erstvertreter geworbenen Kunden ausgleichsrechtlich als Kunden des den Einstandspreis leistenden Nachfolgevertreters anzusehen sind, aus § 307 BGB, § 89b Abs. 4. Wie die Herleitung auch aus § 89b Abs. 4 zeigt, hätte das Ergebnis im Rahmen einer Individualvereinbarung nicht anders lauten dürfen. Eine Bedeutung haben die §§ 305 ff. BGB damit vor allem bei Vertragsklauseln, mit denen dispositive Regelungen abbedungen werden.278 Da der Prinzipal ebenso wie sein HV meist Unternehmer i.S.d. § 310 Abs. 1, § 14 BGB ist, 50 sind vorrangiger Prüfungsmaßstab nicht die §§ 308, 309 BGB sondern ist es § 307 BGB.279 Für die Unternehmereigenschaft genügt, dass der Mittler sie durch den Vertragsschluss

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268 Habersack/Ulmer S. 21; Niebling ZVertriebsR 2012, 79. 269 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 86. 270 Zu Vertriebsverträgen Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (81). 271 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 294. 272 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 295. 273 Emde EWiR 2002, 486; ders., VersR 2003, 549 (553); zu Bauträgerverträgen auch Gero Fischer WM 2003, 1. Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (81) vermerkt, dass es dieser Vermutung nicht bedürfe, da die AGBEigenschaft unschwer nachzuweisen sei. 274 Köhler NJW 2008, 177. 275 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (88). 276 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl. § 85 Rn 2. 277 OLG München, Urt. v. 20.10.2004 – 7 U 3194/04, BB 2005, 630 m. Anm. Semmler BB 2005, 965 und Emde EWiR 2005 471. 278 Eberstein S. 18 f.; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 73 ff.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 88; Emde MDR 2002, 190 (191); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 62. 279 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 112.

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begründet.280 Eine mit § 512 BGB vergleichbare Regelung ist im AGB-Recht nicht vorgesehen.281 Auch im Franchiserecht kommt dem übereinstimmend Gewollten Vorrang vor einer objektiven Auslegung der AGB zu.282 Gem. § 307 BGB sind AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders 51 entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist. Die Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, falls die Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB), oder wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, so einschränkt, dass der Vertragszweck gefährdet ist. Teilweise wird vertreten, in AGB dürfe überhaupt nicht zu Lasten des Mittlers von dispositivem Recht abgewichen werden.283 Dies ist etwas weitgehend, wenngleich die gemäß § 307 BGB gebotene Einzelfallbetrachtung oft zum selben Ergebnis führt. Generell kann aus dem Umstand, dass gesetzliche Regelungen abdingbar sind, nicht auf die Zulässigkeit bestimmter Abweichungen gerade in AGB geschlossen werden.284 Ob eine kartellrechtliche GVO das „gesetzliche“ Leitbild widerspiegelt, könnte wegen des Vorrangs und der Spezialität deutschen Gesetzesrecht diskutiert werden. Die Rechtsprechung ist dabei uneinheitlich. So hat der BGH Klauseln am Leitbild der GVO gemessen.285 Auch wenn es sich bei einer GVO nicht um ein gesetzliches Leitbild handelt,286 kommt den durch die Kommission erlassenen GVOs richtigerweise eine wichtige oder zumindest indizielle287 Stellung als gesetzliche Leitbilder288 zumindest im Rahmen der Billigkeitsabwägung289 zu, da sie nach Anhörung der beteiligten Kreise erlassen wurden.290 Insbesondere im unnormierten Vertragshändler- und Franchiserecht kann die Leitbildwirkung auch nach Wegfall der zivilrechtlichen Schutzbestimmungen aus der alten Kfz-GVO 1400/02 akzeptiert werden. Es bleibt das Problem ständiger Änderungen der GVOs und damit möglicher Wechselhaftigkeit der Rspr. Verstößt eine Klausel gegen eine GVO, folgt dem regelmäßig die Unwirksamkeit nach § 307 BGB.291 Schwierig ist die Berücksichtigung des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Will man die Leitbildfunktion der GVO aner-

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280 OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001 – 9 SchH 12/01, BB 2001, 2499 ff. = DB 2002, 423 (424); Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (80); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 87; aA Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 65. 281 OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001 – 9 SchH 12/01, BB 2001, 2499 ff. = DB 2002, 423, 424; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 87. 282 BGH NJW-RR 2000, 1159 (1160). 283 Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 85 Rn 2; von Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 3 wohl aufgegeben. 284 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1700) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de. 285 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; siehe auch BGH BB 2000, 60 mit Anm. Emde = EWiR 2000, 153 (Emde). 286 Ulmer/Schäfer ZIP 1994, 753; Habersack/Ulmer S. 30. 287 Habersack/Ulmer S. 30. 288 Niebling WRP 2009, 153 (154) = WRP 2010, 81 (82) = WRP 2010, 1454 (1455) = WRP 2011, 1518 (1519) = WRP 2012, 1361 (1362). 289 So BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209) = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324; OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner bei der Billigkeitsabwägung im Rahmen des § 19 GWB. 290 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 64; aA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 303, 319; Niederleithinger NJW 1991, 3078. 291 Niebling WRP 2006, 1334.

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kennen und widerspricht eine Klausel ihren Bestimmungen, wird die Nichtigkeit nur ausgeschlossen, wenn bei abstrakt-genereller Betrachtung jeder Vertrag des Vertriebssystems nach Art. 101 Abs. 3 AEUV befreit wäre.292 Nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB unterliegen nur Bestimmungen einer Inhaltskontrolle, 52 durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Rechtsvorschriften i.S.d. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB sind alle Gesetzesvorschriften im materiellen Sinne sowie ungeschriebene Rechtsgrundsätze, die ohne die inkriminierte Klausel gelten würden, im Vertriebsrecht auch die RL.293 Damit ist Kontrollmaßstab die Gesamtheit der wesentlichen Rechte und Pflichten, welche sich aus der Natur des Vertrages ergeben.294 Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht beschreiben (Leistungsbeschreibungen) und den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln (Preisvereinbarungen) sind einer Inhaltskontrolle entzogen (kontrollfreie Klauseln).295 Die Höhe der Hauptleistung ist daher – mit der Ausnahme des § 307 Abs. 3 S. 2 BGB296 – gem. § 307 Abs. 3 BGB – wohl trotz § 87b Abs. 1 – nicht Gegenstand einer Kontrolle nach dem AGB-Recht, sondern in erster Linie nach § 138 BGB, ggf. §§ 242 und 313 BGB.297 Die Kontrollfreiheit trifft etwa die Höhe der Provision,298 wegen ihrer Normierung in den §§ 87 ff. aber wohl nicht ihre generelle Abdingbarkeit.299 Von der Inhaltskontrolle ausgenommen sind ferner die Bestimmung der Vertragsparteien, Änderung der Vertragspartnereigenschaft, 300 Preisvereinbarungen, Hauptleistungsbeschreibungen, Warenbeschreibungen,301 Gebietszuweisungen302 und rein deklaratorische Klauseln. Kontrollfähig sind jedoch Regelungen zur Gebietsbeschränkung,303 einseitige Preisänderungsvorbehalte,304 Klauseln über die Rückzahlung von Provisionsvorschüssen im Falle der Kündigung305 sowie Anforderungen an die Ausgestaltung des Betriebes (Vertragshändler, FN!).306 Nachvertragliche Wettbewerbsverbote sind nur insoweit als Hauptleistungspflicht gem. § 307 Abs. 3 S. 1 BGB der Inhaltskontrolle entzo-

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292 Vgl. BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 293 Thume BB 2012, 975 (979). 294 BGH, Urt. v. 6.2.1985, BGHZ 93, 358 (360); v. 14.10.1997, BGHZ 137, 27 (29); v. 12.5.2004 – VIII ZR 159/03; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 89. 295 BGH, Urt. v. 12.5.2004 – VIII ZR 159/03. 296 Das Transparenzgebot bildet nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB auch bei Leistungsbeschreibungen einen Kontrollmaßstab, s. etwa LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. 297 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 89. 298 LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700; Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (82). 299 Siehe BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 (2654) Rn 21 – zumindest für Überhangprovision; OLG München, Beschl. v. 22.3.2012 – 23 U 4793/11, BeckRS 2012, 07024 = GWR 2012, 183 m. Anm. Köhl; für ein Derogationsverbot in AGB wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; streng auch OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = NJW-RR 2009, 1699. 300 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 304. 301 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 306. 302 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 306. 303 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 306. 304 BGH NJW-RR 2005, 1496 (1500); BGHZ 81, 229 (232); 93, 252 (255); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 65; Habersack/Ulmer S. 36. Denn es wird von dem Grundsatz abgewichen, dass Leistung und Gegenleistung im jeweiligen Vertrag festzulegen sind. AA für Listenpreisvereinbarungen OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW 2004, 644. 305 Kontrollmaßstab wären die selbst in Individualvereinbarungen zwingenden §§ 89, 89a; aA (ohne Auseinandersetzung mit diesen Vorschriften) BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 41; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700 (es handelt sich um eine rein deklaratorische, von Rechtsvorschriften nicht abweichende und damit kontrollunfähige Bestimmung); LAG München, Urt. v. 30.9.2008 – 8 Sa 697/07; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.9.2007 – 12 Sa 876/07; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06. 306 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (82).

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gen, als in § 90a kein Kontrollmaßstab gebildet wurde.307 Klauseln zum Ausgleichsanspruch werden wegen der Existenz des § 89b als Kontrollmaßstab nicht als kontrollfrei angesehen. Der Ausgleich ist allerdings ohnehin gem. §§ 307 BGB, 89b HGB derogationsfest. Auch sind Formularklauseln kontrollfähig, die Leistungsversprechen ausgestalten und modifizieren;308 ebenso Preisnebenabreden, die zwar mittelbar Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben, an deren Stelle aber, wenn eine wirksame vertragliche Regelung fehlte, dispositives Recht treten kann. Dies gilt etwa für eine Formularklausel in einem HV-Vertrag zwischen einem Luftfahrtunternehmen und dem Reisebüro, der zufolge Provisionen, welche die Reisebüros erhalten, allein auf Grundlage der Flugkosten und nicht der von Flughafen zu Flughafen variierenden Landegebühren berechnet werden.309 Der BGH hat diese Klausel an § 307 BGB gemessen und für wirksam gehalten. Hingegen hat er Einstandszahlungen des HV für den Kauf einer Vertretung als kontrollfrei angesehen,310 weil insoweit nicht von Rechtsvorschriften abgewichen wird. Bei so genannten Händlerstandards kann es sich um Vertragsbestandteile und 53 damit um AGB handeln. Verbleiben Zweifel, sind sie – wenn dies zum Vorteil des Händlers gereicht – gemäß § 305c BGB nur als Empfehlungen des Herstellers anzusehen.311 Für die Änderung von Händlerstandards gelten die gleichen Anforderungen wie bei sonstigen Änderungsvorbehalten,312 es sei denn, es handelt sich lediglich um Empfehlungen. Die Einordnung als AGB ändert sich nicht dadurch, dass der Hersteller den Mittler in Beiräten oder Ausschüssen, die sich aus dem Kreis der Mittler gebildet haben, in die Gestaltung der Verträge einbezieht.313 Selbst wenn diese Organisationen Änderungen einzelner Klauseln durchsetzen, gelten sie nicht als zwischen den Parteien ausgehandelt.314 Die Stellungnahme der Mittlervertretungen können jedoch für die Bewertung der Angemessenheit der Klausel Bedeutung gewinnen, da sie bei unbeeinflusstem Zustandekommen die Sichtweise der Mittler ausdrücken.315 Nur wenn die Vertretung der Mittler von allen Händlern zum Aushandeln der Verträge bevollmächtigt war, kann ein individuelles Aushandeln vorliegen.316 Soweit in dem Vertriebsvertrag die Geltung der dem Vertrag beigefügten allgemeinen AGB einer Partei (etwa Verkaufsbedingungen) vereinbart wird, ist dies zulässig. Falls nicht auf die jeweils aktuellen AGB verweisen wird, bleibt die Änderung dieser AGB eine Vertragsänderung, die nur konsensual erfolgen darf.317 Die Verwendung unwirksamer AGB begründet eine Verletzung von Nebenpflichten nach den §§ 311, 280 BGB318 und verpflichtet zum Schadenersatz.319 Ansprüche von Wettbewerbern dürfen nach § 8 UWG geltend gemacht werden.320

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307 Im Arbeitsrecht besteht hingegen eine größere Kontrollfreiheit, weil die §§ 74 weniger enge Regeln für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot treffen, siehe LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18.12.2008 – 2 Sa 378/08, LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.1.2008 – 10 Sa 60/07, NZA-RR 2008, 508; Straube BB 2013, 117. 308 BGH v. 24.4.1991, NJW-RR 1991, 1013. 309 BGH, Urt. v. 12.5.2004 – VIII ZR 159/03, MDR 2004, 1009 = NJW-RR 2004, 1206 = WM 2004, 2453. 310 BGH, Urt. v. 9.12.1992 – VIII ZR 23/92, NJW-RR 1993, 376 = MDR 1993, 1060; aA KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06. 311 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 108. 312 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 110. 313 Habersack/Ulmer S. 29; Westphal II Rn 64. 314 Westphal II Rn 64. 315 Habersack/Ulmer S. 29; Westphal II Rn 64. 316 Westphal II Rn 64. 317 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 114. 318 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (82); Niebling WRP 2009, 153 (155); Palandt/Grüneberg Vor § 307 Rn 14; aA LG Hamburg, Urt. v. 5.12.2008 – 412 O 152/06. 319 AA LG Hamburg, Urt. v. 5.12.2008 – 412 O 152/06. 320 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (82).

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Im Zweifel ist gem. § 306 Abs. 1 BGB nur die einzelne Klausel unwirksam. Der Ge- 54 samtvertrag bleibt wirksam. Insb. soll die Unwirksamkeit einzelner Klauseln eines Franchise-Vertrages gem. § 306 Abs. 1 BGB nicht zur Unwirksamkeit des Gesamtvertrages führen.321 a) Unwirksame Klauseln. Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe sind Bestim- 55 mungen mit folgendem Inhalt in Vertriebsverträgen für unwirksam gehalten worden: – Abbuchungsklauseln und Lastschriftverfahren: Eine in einem Tankstellen-HVVertrag enthaltene Klausel, die den Tankstellen-HV wegen der Ansprüche aus der laufenden Geschäftsverbindung mit dem Mineralölunternehmen, insb. der Abrechnungen aus Kraftstoffverkaufserlösen, Schmierstofflieferungen aus dem Agenturgeschäft und Lieferungen von Shopware, zur Teilnahme am Lastschriftverfahren in Form des Abbuchungsauftragsverfahrens verpflichtet, benachteiligt den HV unangemessen.322 Das gilt auch, wenn zwar die Alternative der Einzugsermächtigung besteht, die Wahlmöglichkeit jedoch nur eine scheinbare ist.323 Bei dem Lastschriftverfahren im Wege des Abbuchungsverfahrens kann der HV nach Einlösung der Lastschrift die Kontobelastung nicht mehr rückgängig machen. Er gibt die Bestimmung, ob und wann er Zahlungen an den Unternehmer leistet, in dessen Hand. Darin liegt ein schwerwiegender Eingriff in seine Dispositionsfreiheit, der nicht durch Vorteile, etwa Rationalisierungseffekte, ausgeglichen wird. Insb. ist nicht ersichtlich, dass das Einzugsermächtigungsverfahren als Alternative unzureichend wäre. Nicht entschieden wurde, wie die Klausel zu beurteilen wäre, wenn das Sonderkonto ausschließlich zur Aufnahme der Erlöse diente, welche der HV im Namen und für Rechnung des Unternehmers vereinnahmt, und die Verpflichtung zur Teilnahme am Abbuchungsauftragsverfahren nur für diese Fremdgelder Gültigkeit hätte. Als Argument für die Zulässigkeit einer derartigen Klausel könnte der Unternehmer ein Sicherungsinteresse hinsichtlich der ihm unmittelbar zustehenden Einnahmen geltend machen.324 Steinhauer325 schlägt als Abhilfe zu Gunsten der Unternehmer vor, eine Factoringvereinbarung zwischen HV und Unternehmer zu schließen, damit die eingenommenen Gelder zu Fremdgeldern würden. Unwirksam ist auch die Klausel in den AGB des Mineralölunternehmers, nach der er berechtigt sein soll, von einem Agenturkonto, auf welches der Tankstellen-HV die Erlöse aus den Verkäufen einzuzahlen hat, im Lastschriftverfahren Abschläge für Verkaufserlöse abzubuchen, die der HV noch nicht vereinnahmt hat.326 Begründung: Es zähle nicht zu den gesetzestypischen Pflichten des HV, für Verkaufserlöse in Vorlage zu treten. Er habe diese Beträge vielmehr herauszugeben (§ 667 BGB). Bei einem Franchisevertrag mit kurzer Abrechnungsperiode hat das OLG Düsseldorf327 keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel.

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321 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). 322 BGH, Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 m. abl. Anm. Steinhauer = WM 2010, 277; KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06; zweifelnd BGH, Urt. v. 13.12.2012 – IX XR 1/12, NJW-RR 2013, 950 = BB 2013, 655 m. Anm. Berger, das die Klausel jedenfalls für wirksam hält, wenn eine Bank Verwenderin der Klausel ist, und die Klausel dazu dient, zur Händlereinkaufsfinanzierung gewährte Darlehen mittels Abbuchungsauftragsverfahren zu tilgen. 323 KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06. 324 BGH, Urt. v. 14.10.2009 – VIII ZR 96/07, BB 2010, 205 m. abl. Anm. Steinhauer = WM 2010, 277. 325 Steinhauer BB 2010, 207 (208). 326 BGH, Urt. v. 8.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180; ebenso KG, Urt. v. 20.5.2007 – 23 U 87/05. 327 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466.

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Ablehnung von Aufträgen: Das in den AGB vereinbarte Recht des Unternehmers, Aufträge willkürlich abzulehnen.328 Abmahnung: Wenn eine außerordentliche Kündigung bei verwenderfeindlicher Auslegung ohne die nach § 314 BGB geforderte Abmahnung zulässig sein soll.329 Abrechnung: – Regelung, dass Abrechnungen nach Schweigen des Vertreters auf deren Zusendung als anerkannt gelten. Diese Gestaltung wird gewählt, um die Höhe der Provision dem Streit zu entziehen und die Kontrollrechte des § 87c als Hilfsrechte auszuschließen. Das Ergebnis dürfte sich auch aus § 87c Abs. 5 begründen. Das LG Frankfurt/Main330 hat jedoch in einem Einzelfall ein Interesse des Unternehmers anerkannt, durch eine solche Vereinbarung rasche und klare Verhältnisse zu schaffen. – Verpflichtung des HV, Durchschriften der Abrechnungen innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zugang zu prüfen und mit einem Bestätigungsvermerk oder evtl. Einwendungen an den Hersteller zurückzusenden.331 Es muss zumindest eine angemessene Prüfungszeit vereinbart werden. Absatzrisiko: Das Absatzrisiko des Unternehmers darf nicht auf den HV verlagert werden.332 Nach Ansicht des OLG Stuttgart333 sowie des OLG Hamburg334 ist es sogar sittenwidrig, wenn dem HV die Verpflichtung auferlegt wird, die zu vermittelnden Waren zu erwerben und er auf diese Weise das Absatzrisiko übernehmen muss. Der BGH335 teilt diese Auffassung zumindest für den Fall, in dem das Unternehmerrisiko ohne besonderes Entgelt auf den HV übertragen wird. Die Verpflichtung des HV zum Erwerb von Waren bzw. Produkten des Unternehmers widerspricht damit dem Wesen des HV-Vertrages und ist regelmäßig unwirksam.336 Adressen: Zahlungspflicht des Vertreters für die Mitteilung von Kundenadressen.337 Die wechselseitigen Informationspflichten forderten deren kostenlose Überlassung. Änderungsvorbehalte, einseitige Leistungs- oder Preisbestimmungsrechte:338 Zur Frage der Kontrollfähigkeit oben, Rn 52. Als Grundregel gilt: Unzulässig ist das Recht einer Partei, jederzeit (ohne Ankündigung) einseitig Preise, Provisionen,339 Rabatte (Handelsspannen),340 Boni, Gebühren, Nachlässe, Finanzierungsbedingungen, Werbeaufwendungen, Zuschüsse, Garantiekarten oder andere Verkaufsbedingungen zu ändern und neue Preislisten herauszugeben,341 vor allem bei wesentlichen

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328 Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2186. 329 KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06. 330 VersR 1998, 1238. 331 Emde MDR 1999, 1108 (1113); Emde EWiR 1999, 328. 332 Vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; OLG Hamburg, Urt. v. 31.1.1940, HVR Nr. 2; OLG Stuttgart, Urt. v. 5.7.1957 – 5 U 169/56, NJW 1957, 1281; OLG München, Urt. v. 8.8.2001 – 7 U 5118/00, OLGR 2000, 82; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60. 333 Urt. v. 5.7.1957 – 5 U 179/56, NJW 1957, 1281. 334 Urt. v. 31.1.1940, HVR Nr. 2. 335 Urt. v. 20.3.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60. 336 Ulmer/Brandner/Hensen, 10. Aufl., Anh. § 310 BGB Rn 407 m.w.N. 337 OLG Saarbrücken NJW-RR 1997, 99. 338 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = EWiR 2005, 815 (Emde); v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz); generell zu Preisanpassungsklauseln Hilber BB 2011, 2691. Das OLG München, Hinweisbeschl. v. 29.1.2014 – 23 U 4161/13 vermerkt, der Unternehmer sei aufgrund seiner Treupflichten in der Änderung nicht vollkommen frei. 339 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 9. 340 Niebling WRP 2009, 153 (158). 341 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – XIII ZR 125/98; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen § 85 Rn 2; aA noch Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 85 Rn 5: Entweder sind die niedrigeren Provisionssätze, die Verkleinerung

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Änderungen. Ausnahmsweise darf ein einseitiges Änderungsrecht mittels AGB festgelegt werden, wenn konkrete, schwerwiegende Gründe benannt werden und die Klausel erkennbar die Interessen des Mittlers angemessen berücksichtigt.342 Dazu muss das Änderungsrecht in der fraglichen Klausel genau eingegrenzt werden und sich im Rahmen des Angemessenen halten.343 Es müssen konkrete Regeln vorgesehen werden, wann und wie der Änderungsvorbehalt ausgeübt werden kann und soll.344 Bereits am Transparenzgebot scheitert der Änderungsvorbehalt, wenn er aus sich heraus nicht hinreichend klar ist. Oft ist es hierfür erforderlich, dass Beispiele für das einseitige Änderungsrecht genannt werden. Diese Grundregeln werden durch eine kaum überschaubare Zahl von Untergruppen und eine einzelfallbezogene Kasuistik differenziert. Zu unterscheiden sind Regelungen innerhalb und außerhalb des Rahmenvertrages, ob die Handelsspanne des Mittlers betroffen ist (dann strengere Voraussetzungen) oder nur der Listenpreis bestimmter Produkte (der sich leichter an Abkäufer weitergeben lässt). Schließlich spielt die Frage der Ankündigungsfrist eine Rolle. Über allem schwebt der Grundsatz, dass die Interessen beider Parteien angemessen zu berücksichtigen sind. aa) Änderungen der Rabatte, Provisionen und der Handelsspanne, die direkt den Gewinn beeinflussen, werden streng beurteilt. Sie berühren unmittelbar das Leistungs-Gegenleistungsverhältnis des Rahmenvertrages. In der Daihatsu-Entscheidung345 hat der BGH eine Klausel für unwirksam gehalten, nach der der Unternehmer berechtigt sein sollte, die Höhe des dem Vertragshändler eingeräumten Rabattsatzes jederzeit einseitig zu ändern und durch Mitteilung die Änderung Vertragsbestandteil werden zu lassen. Die Unangemessenheit, so der BGH, liege bereits darin, dass der Änderungsvorbehalt das wesentliche Recht des Händlers, nämlich die Verdienstmöglichkeiten, in einer solchen Weise einschränkt, dass das Erreichen des vom Händler erstrebten Vertragszweckes gefährdet wird.346 Damit ist eine Änderung des Rabattsatzes oder der Marge wohl grundsätzlich unangemessen.347 Der im AGB-Rahmenvertrag zugesicherte Preis soll zudem nur geändert werden dürfen, wenn die Klausel keine nachträgliche Änderung des vertraglich vereinbar-

_____ oder Verlegung des Bezirks sachlich vertretbar – bei der Provisionskürzung der Fall der vermehrten Hereinbringung von Versicherungsverträgen mit schlechtem Risiko: aber der Versicherer könnte den Vertragsabschluss überhaupt ablehnen, und eine geringere Provision ist für den Vertreter immer noch besser als gar keine –; dann ist der Vorbehalt hinsichtlich seiner konkreten Auswirkungen nicht zu beanstanden. Ist er dagegen sachlich nicht vertretbar (und wirkt sich so auch aus), was bei einer einseitigen Verkleinerung des Bezirks sehr viel häufiger zutreffen wird, dann hat der HV das Recht zu kündigen und erhält dafür seinen Ausgleich (§ 89b Abs. 3). Er ist also durchaus nicht schutzlos. Schon die drohende Ausgleichsberechtigung sorgt mit steigender Dauer des Vertragsverhältnisses dafür, den Unternehmer von einem unangemessenen Gebrauch einseitig diktierter Änderungen abzuhalten. Übersichtsartig zur Rspr. und zulässigen Klauseln (außerhalb des Vertriebsrechts) Kessel/Schwedler BB 2010, 585 ff. 342 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; ZIP 2000, 138 (145); NJW 1994, 1060 (1063); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 131; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 9, 67; aA Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83), der lediglich Präzision, objektive Anknüpfung und Wahrung der Interessen des Mittlers fordert. 343 BGH, Urt. v. 26.11.1984, ZIP 1985, 161 (163); Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 110. 344 BGH, Urt. v. 26.11.1984, ZIP 1985, 161 (163); Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 110. 345 BGH NJW 1994, 1060. 346 BGH NJW 1994, 1060 (1063) – Daihatsu. 347 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 69; Pfeffer NJW 1996, 681 (684).

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ten Äquivalenzinteresses, etwa eine Gewinnerhöhung, ermöglicht.348 Ob als Äquivalent für die Preiserhöhung ein Vertragslösungsrecht ausreicht, ist unsicher.349 Aufgrund dieser hohen Erfordernisse erscheint es in der Praxis nahezu ausgeschlossen, eine wirksame Änderungsvorbehaltsklausel auf dem notwendigen Abstraktionsgrad zu formulieren, welche die konkreten Umstände in ausreichendem Maße berücksichtigt.350 Insb. wird es dem Unternehmer kaum gelingen, eigene Kostensteigerungen als schwerwiegenden Änderungsgrund zu vereinbaren.351 bb) Weniger streng sollten bloße Änderungen des Listenpreises beurteilt werden.352 Listenpreise sollten geändert werden können, wenn hierbei die Interessen des Vertriebsmittlers hinreichend gewahrt sind. Mittels einer Listenpreisklausel behält sich der Unternehmer das Recht vor, seine Preisliste, auf die der Vertriebsmittler, etwa ein Vertragshändler, ein bestimmter Rabatt gewährt wird, anzupassen.353 Die Interessen des Händlers sind im Rahmen von Listenpreisklauseln zumindest dann hinreichend gewahrt, wenn sich der Unternehmer die Änderungen seiner Preisliste nur vorbehält, um eigene Kostensteigerungen durchzureichen und zusätzlich eine angemessene Ankündigungsfrist bis zum Wirksamwerden der Preiserhöhung einzuhalten ist.354 Der Hersteller wird, anders als bei der unter aa) genannten Reduzierung der Händlerspanne, schon deshalb bei Preisänderungen zurückhaltend sein, weil seine eigenen Absatzchancen bei übermäßigen Preiserhöhungen betroffen sind. Jedoch muss auf der Marktgegenseite dem Händler Planungssicherheit gegeben werden. U.U. hat er Ware bereits verkauft und muss sie nun zu einem unerwartet hohen Preis erwerben. Fraglich ist, ob in den AGB vorgesehen werden kann, dass die jeweils zum Zeitpunkt des Eingang der Willenserklärung des Käufers maßgebliche Preisliste gilt. Einerseits wird auch hierdurch der Käufer einer Unsicherheit ausgesetzt. Deshalb wird vertreten, die Preisänderung dürfe sich nicht auf bereits abgeschlossene Einzelgeschäfte erstrecken.355 Denn mglw. hat sich der Händler bereits gegenüber seinem Kunden gebunden und kennt die neuen Preise nicht. Andererseits darf sich der Händler nicht durch Verträge mit Dritten vor jeder Preiserhöhung schützen. Dem Unternehmer darf durch den Abschluss der Anschlussskäufe kein Geschäft aufgezwungen werden, das für ihn unwirtschaftlich ist. Der Interessengegensatz könnte aufgelöst werden, indem Preisänderungsklauseln, bei denen die Gewinnmarge des Unternehmers erhöht werden könnte, eine angemessene Umstellungsfrist regeln müssen. Z.T. werden generell an die Fristen des § 89 angelehnte Ankündigungszeiten befürwortet.356 Richtigerweise wird für AGB in Anlehnung an § 309 Nr. 1 BGB (Ausstrahlungswirkung) eine viermonatige Bindungsfrist an die Preise für erforderlich gehalten.357 Zwar trifft § 309 Nr. 1 BGB den vorliegenden Fall nicht, da die Vorschrift nur die Preiserhöhung zwischen Vertragsschluss und Lieferung regelt, nicht jedoch den bei Preisänderungsklauseln meist allein relevanten

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348 BGHZ 94, 335 (339) = NJW 1982, 331 (332); BGH NJW 1985, 855 (856); NJW-RR 1986, 211 (212); NJW 1986, 3134 (3135); Borges ZIP 2007, 1438. 349 Vgl. Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (41); Borges ZIP 2007, 1441 ff. 350 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 135. 351 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 69. 352 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 70. Für Kontrollfreiheit OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW 2004, 644. 353 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 70. 354 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 70. 355 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 71. 356 Gräfe ZVertriebsR 2013, 227. 357 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 129.

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Fall der Preisänderung zwischen Abschluss des Rahmenvertrages und ihn ausführendes Einzelgeschäft (Kaufvertrag).358 Zudem würde zumindest die im zweiten Hs. enthaltene Ausnahme für Dauerschuldverhältnisse den Rahmenvertrag selbst treffen.359 Bei abstrakt genereller Betrachtung sind aber Deckungslücken zu befürchten, wenn der Hersteller die Preise innerhalb eines kürzeren Zeitraums als vier Monate erhöht, der Händler diese Preiserhöhung aber wegen § 309 Nr. 1 BGB nicht an den Endverbraucher weitergeben darf. Denn der Händler kann seinen Gewinn wegen des mglw. geänderten Einkaufspreises nicht sicher kalkulieren, sofern er sich gegenüber dem Kunden bindet und erst dann bestellt. Der Unternehmer hat im Rahmen der ihm obliegenden Treupflicht hierauf Rücksicht zu nehmen.360 Dem mag er möglicherweise durch eine Voranfrage beim Hersteller oder einen Vorvertrag mit ihm entgegenwirken. Daher sollte der Viermonatszeitraum im Falle einer in AGB enthaltenen Preisanpassungsklausel als Regelankündigungsfrist angesehen werden, es sei denn, die ordentliche Kündigungsfrist ist kürzer oder der Sachverhalt fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 309 Nr. 1 BGB (Änderungsfrist dann ca. 4 Wochen). Sollen Preiserhöhungsklauseln auch Preise in bereits abgeschlossenen Kaufverträgen zwischen Hersteller und Händler ergreifen, so kann der Änderungsvorbehalt im Hinblick auf die Bindung des Händlers an § 309 Nr. 1 BGB für die ersten vier Monate nach Vertragsschluss nur vereinbart werden, falls er Waren ausnimmt, welche der Händler im Zeitpunkt der Preisänderung seinerseits schon weiterverkauft hat.361 cc) Fraglich ist, ob weniger strenge Voraussetzungen gelten, wenn keine festen Preise im Rahmenvertrag vereinbart werden. Das ist zumindest diskussionswürdig. Denn gerade langfristige Vertriebsverträge, deren Laufzeit auch den Mittler schützt, könnten anderenfalls kaum vereinbart werden. Das Preisrisiko würde überwiegend dem Unternehmer aufgebürdet. Es darf daher wohl vereinbart werden, dass die jeweils zum Zeitpunkt des Eingangs der Willenserklärung des Käufers ihm mitgeteilte Preisliste gilt (hierdurch und erst Recht durch den Zusatz „die für alle Käufer im Gebiet geltende Preisliste“), wird Willkür ausgeschaltet. Die Klausel dürfte deshalb zulässig sein.362 Besonders großzügig war das OLG Düsseldorf:363 Ein Preisänderungsrecht in einem Franchisevertrag soll zulässig sein, sofern die Preisänderungsklausel einen dynamischen Bezug mit der Verweisung auf die „jeweils aktuelle“ Preisliste aufweise, so dass es kein anfängliches „Vertrauen“ in einen bestimmten Preis gebe. Außerdem seien im Handelsverkehr Preiserhöhungsklauseln auch ohne Angabe der Erhöhungskriterien zulässig, selbst wenn dem Kunden für den Fall einer erheblichen Preissteigerung kein Lösungsrecht eingeräumt werde, sofern seine Interessen in anderer Weise ausreichend gewahrt würden.364 Für die Zulässigkeit einer solchen Klausel könne z.B. sprechen, dass die Parteien im Wesentlichen gleichgerichtete In-

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358 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (41). 359 Vgl. Nagel in: Stumpf/Jaletzke/Schultze Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl., Rn 405; Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (41). 360 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (41). 361 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 71; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 BGB, Rn 953. 362 Für eine Listenpreisklausel, derzufolge die bei Abschluss des Einzelgeschäfts jeweils aktuelle Preisliste des Unternehmers maßgeblich sein soll Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 72; BGH NJW 1985, 853 mit dem Argument, dass aufgrund der instabilen Mineralölpreise es kaum möglich sei, die Preise für die vertriebenen Schmiermittel bereits bei Abschluss der langfristigen Bezugsverträge festzusetzen. 363 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. 364 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 27.9.1984 – X ZR 12/84, BGHZ 92, 203; v. 16.1.1985 – VIII ZR 153/83, BGHZ 93, 256 ff.

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teressen verträten, was zwischen FN und FG der Fall sei.365 Jedenfalls darf ein Recht zur angemessenen Änderung der Listenpreise vereinbart werden, wenn der Wert des Produkts verbessert wird (Modellpflege) oder ein neues Produkt eingeführt wird. Schließlich ist das einseitige Recht der Preisanpassung in Rahmenvereinbarungen nach §§ 307, 308 Nr. 4 BGB nur wirksam, wenn es unter Berücksichtigung der Interessen des Vertragshändlers zumutbar ist.366 Die Rspr. ist teilweise streng: Es soll formularmäßig nicht festgesetzt werden, dass der Verkaufspreis am Tag der Rechnungsstellung gilt.367 Nichtig ist ferner die Klausel, die Vertragsware werde zu dem jeweils zur Zeit der Auslieferung an den Händler geltendem Händlereinkaufspreis in Rechnung gestellt. Hierdurch kann der Hersteller den Gewinn des Händlers einseitig beschneiden, falls jener bereits zu einem festen Preis an seine Kunden verkauft hat. Es könnte auf den Tag der Auftragserteilung des Einzelgeschäfts abgestellt werden.368 Wegen des einseitigen Änderungsrechts ebenso unwirksam ist die in Vertragshändler-AGB enthaltene Klausel „Für Bestellungen des Händlers gelten die Listenpreise für Vertragsware in ihrer zum Zeitpunkt der Annahme der Bestellung gültigen Fassung. Der Unternehmer ist berechtigt, die Listenpreise für Vertragsware jederzeit neu festzusetzen und wird den Händler von einer Neufestsetzung unverzüglich unterrichten“.369 Dies gilt auch, sofern sich der Unternehmer bereit erklärt, dem Vertragshändler die Preisdifferenz zu erstatten, falls jener wegen eigener wirtschaftlicher Bindungen nicht in der Lage ist, den erhöhten Preis an den Endabnehmer weiterzugeben und selbst, wenn der Unternehmer lediglich Importeur und nicht Hersteller ist.370 Denn der Unternehmer könnte einen Vorbehalt des Inhalts aufnehmen, dass die Preiserhöhung nur eintritt, falls sich der Importeur erhöhten Kaufpreisen ausgesetzt sieht. Letztlich werden die Voraussetzungen an die Änderungen von Listenpreisen immer geringer sein, je weniger der Mittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden ist. Muss er zum Beispiel keine Kosten für Investitionen tätigen, so nähert sich der Vertrag immer mehr einer bloßen Käufer-Verkäuferbeziehung an, in der die Preise jederzeit erhöht werden können. Nur durch die Einbindung und durch die Investitionen rechtfertigen sich überhaupt Einschränkungen der Vertragsfreiheit zu Lasten des Unternehmers. Lässt der Unternehmer den Händler weitgehend frei agieren, so wird er eher auf jeweils gültige Listenpreise oder jedenfalls auf Listenpreise verweisen können, die mit einer kurzen Ankündigungsfrist geändert werden. dd) Bei Kostenpositionen gelten generell die o.g. Ankündigungsfristen. Ausnahmsweise dürfen sie mit einer verkürzten Umstellungsfrist geändert werden. Jedenfalls darf ein Recht zur Änderung der Listenpreise bei Existenz schwerwiegender Änderungsgründe vereinbart werden, etwa plötzlicher Preiserhöhungen des Vorlieferanten, der Vorprodukte und für Rohstoffe371 sowie in Fällen des WGG.372 Daneben hat die

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365 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466 (zwh.). 366 Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 109. 367 OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.10.2008 – VI U (Kart) 3/08; Niebling WRP 2009, 153 (158). 368 BGH BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde); v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; NJW 1985, 853 (854); Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 369 OLG Bremen, Urt. v. 5.10.2006 – 2 U 47/06, OLGR 2007, 1 im Anschluss an BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR12/04, BGHZ 164, 11: aA OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. 370 OLG Bremen, Urt. v. 5.10.2006 – 2 U 47/06, OLGR 2007, 1. 371 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 131. 372 Habersack/Ulmer S. 37.

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Klausel auch hier dem Transparenzgebot zu genügen;373 die kostenbildenden Faktoren sind hinreichend transparent zu benennen.374 Der Vertragspartner muss erkennen, in welchem Umfang Preiserhöhungen auf ihn zukommen und er muss die Berechtigung der Preiserhöhungen in etwa überprüfen können.375 Mglw. wird man auch eine Klausel zur korrespondierenden Preissenkungspflicht wie bei Zinsanpassungsklauseln fordern müssen.376 ee) Bei Änderungen des Vertragsgebietes eines Vertragshändlers ist bedeutend, ob ihm ein Alleinvertriebsrecht zustand: Wurde dem Händler lediglich ein bestimmtes Gebiet ohne Zusicherung des Alleinvertriebs übertragen, so ist es mit § 307 Abs. 1 BGB vereinbar, wenn der vom Hersteller vorformulierte Vertrag auch ohne besondere Änderungsgründe dem Hersteller das Recht einräumt, einen weiteren Händler einzusetzen.377 Wurde der Vertragshändler hingegen zur alleinigen Betreuung des Vertragsgebietes berufen, so ist die Änderungsbefugnis des Herstellers nur dann mit § 307 Abs. 1 BGB vereinbar, wenn sie erhebliche Gründe voraussetzt und dem Vertragshändler eine angemessene Übergangszeit sowie einen angemessenen Ausgleich einräumt.378 Eine bloße Anknüpfung des Änderungsrechts an die „Sicherung des Marktanteils“ ist nicht ausreichend, und zwar auch dann nicht, wenn die Klausel dahin lautet, dass eine angemessene Berücksichtigung der Interessen des Vertragshändlers vorgenommen wird.379 Auch könnte für die Unzulässigkeit die zwingende Natur der Kündigungsfristen des § 89, bei Gewährung einer an § 89 angelehnten Umstellungsfrist das Verbot der Teilkündigung, zudem die zwingende Natur des § 89a angeführt werden. Unzulässig ist ferner der Vorbehalt der einseitigen Änderung des Vertreterbezirks bzw. des Kundenstamms durch den Unternehmer.380 Der Vertreterbezirk ist nicht nur wegen der Bezirksvertreterprovision des § 87 Abs. 2 ein wesentliches Vertragsrecht, welches einseitig nicht geändert werden darf. ff) Problematisch ist auch der Vorbehalt der Änderung der CI.381 Ein jederzeitiges Änderungsrecht ist wohl unzulässig.382 Nicht zu verkennen ist jedoch, dass der Unternehmer an solchen Änderungen ein berechtigtes Interesse haben mag, etwa wenn er seinen Markenauftritt ändert. Man wird hinreichend präzise definierte Voraussetzungen fordern müssen (Transparenz), die das Regel-Ausnahme-Verhältnis wahren. Die Leistungsfähigkeit der Mittler darf nicht überschritten werden.383 U.U. ist auch eine Kostenbeteiligung des Unterhmes zu fordern. gg) Eine Ausnahme vom Verbot einseitiger Leistungsänderungen soll für freiwillige Nebenleistungen des Unternehmers gelten,384 also solchen, die nicht im Synallagma zu Vertriebsbemühungen des Mittlers stehen und zusätzlich zu dem im Vertrag Versprochenen für Nebenleistungen gewährt werden.385 Die bloße Freiwilligkeit

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373 Borges ZIP 2007, 1438. 374 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (41). 375 BGHZ 94, 335 (340); BGH NJW 1986, 3136; Borges ZIP 2007, 1438. 376 Borges ZIP 2007, 1440; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 9 – Provisionen. 377 BGH BB 1985, 218 – Opel. 378 BGH NJW-RR 2005, 1496 (1500) – Honda; NJW 2000, 515 (521) – Kawasaki; BB 1984, 233 – Ford; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 66. 379 BGH BB 1988, 2101 (2205) – Peugeot. 380 AA Staub/Brüggemann, 4. Aufl., § 85 Rn 5. 381 Hierzu Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83). 382 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83). 383 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83). 384 BGHZ 124, 351 (362); Habersack/Ulmer S. 35; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 67. 385 BGH NJW 1994, 1060 (1063) unter Hinweis auf BGHZ 104, 82 (86); 104, 78.

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der Gewährung ist ein schlechter Maßstab. Denn jede vertragliche Leistung wird freiwillig gewährt (sonst § 123 BGB). Die Auslagerung von Hauptleistungen,386 etwa der Marge. in „freiwillige Leistungen“ ist folglich unzulässig. Die vorgenannten Anforderungen treffen jedes vertragliche Leistungsversprechen, unabhängig von seiner Benennung und seiner objektiven Rechtsnatur. Würde man dies gegenteilig sehen, wäre eine strukturelle Verschiebung in den Kalkulationsgrundlagen sowie im Gewicht der gewährten Vergütungsbestandteile zu befürchten, die mglw. einen Umgehungstatbestand im Sinne des § 306a BGB begründen würden.387 Die Möglichkeit einer Änderungskündigung bleibt unberührt.388 Aufwendungsersatz: § 87d bestimmt das gesetzliche Leitbild. Durch AGB darf ein Verwender nicht ohne guten Grund von dessen Regelungsgehalt abweichen.389 Eine vom HV vorgegebene Klausel, durch die der Unternehmer zum Ersatz sämtlicher vom HV im Rahmen seines regelmäßigen Geschäftsbetriebs getroffener Aufwendungen verpflichtet werden soll, soll unwirksam und nicht durchsetzbar sein.390 Ausbildung: Entgelt für die Ausbildung des Mittlers, wenn ihr keine Gegenleistung gegenübersteht.391 Das ergibt sich bereits aus § 138 BGB. Ausgleichsanspruch: Der Ausgleichsanspruch ist auch bei einem Vertragshändler ein wesentliches, sich aus dem Vertrag ergebendes Recht. Sein Ausschluss benachteiligt ihn daher regelmäßig unangemessen.392 Unwirksam sind im Ausgleichsrecht insbesondere: – Anrechnungsklauseln, nach denen „in Höhe des Barwerts der Altersversorgung kein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b entsteht“.393 Die Klausel verstößt gegen § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, Abs. 4 i.V.m. § 307 BGB und ist daher unwirksam. Sie schreibt den Abzug des Anwartschaftsbarwerts einer Altersversorgung bindend und ohne Berücksichtigung von Einzelfallmomenten vor. Eine differenzierende, jedoch von § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 3 als zwingendem Recht angeordnete Billigkeitsabwägung ist damit ausgeschlossen. Jedoch wird im Einzelfall ein Abzug des Anwartschaftsbarwerts der Altersversorgung vom Ausgleich unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit nicht beanstandet.394 Im Rahmen dieser Billigkeitsabwägung kann z.B. eine lange zeitliche Differenz zwischen Vertragsbeendigung und Fälligkeit des Versorgungsanspruches die Anrechnung verbieten. Die Klausel weicht auch insoweit vom Gesetz ab, als die von § 89b Abs. 1 Nr. 3 vorgeschriebene Billigkeitsprüfung den Ausgleich nicht reduziert, wenn der errechnete Rohausgleich oberhalb der Ausgleichshöchstgrenze valutiert. Billigkeitskriterien beschneiden lediglich den Rohausgleich. Die Klausel schreibt den Abzug jedoch nicht vom Rohausgleich sondern vom tatsächlich zu zahlenden und durch die Höchstgrenze bereits begrenzten Ausgleich vor.

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386 Habersack/Ulmer S. 35. 387 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 124 f. 388 Habersack/Ulmer S. 37. 389 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 23; Ebenroth/Löwisch/Hakenberg, 2. Aufl., § 87d Rn 14. 390 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 23. 391 OLG Hamm NJW-RR 1990, 567; LG Mönchengladbach NJW-RR 1991, 1207. 392 BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630). 393 BGH, Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 211/01, DB 2003, 144 = MDR 2003, 277 = WM 2003, 691 = EWiR 2003, 231 (Emde) = VersR 2003, 368; v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01, ZIP 2003, 264 = MDR 2003, 278 = WM 2003, 687 = EWiR 2003, 229 (Küstner) = VersR 2003, 323; OLG München, Urt. v. 5.8.2009 – 7 U 2055/09, VersR 2010, 209 (210); v. 10.3.2003 – 29 U 2509/02, NJW-RR 2003, 1286 = VersR 2003, 368; zusf. Graf v. Westphalen NJW 2003, 1988. 394 Vorgenannte Rspr. a.a.O.; so bereits Küstner VersR 2001, 58.

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Eine Formulierung in einer solchen Anrechnungsklausel, „diese Regelung beruht auf der Rechtsprechung des BGH“ verstößt gegen das Transparenzgebot, wenn die Klausel tatsächlich nicht dieser Rechtsprechung entspricht.395 – Ausschluss des Ausgleichs in einem Franchisevertrag: Da die analoge Anwendung des § 89b in Fällen des Subordinationsfranchising unzweifelhaft sei, liege eine unangemessene Benachteiligung vor.396 – Die Vereinbarung eines festen verwaltenden Vergütungsbestandteils der Provisionen (mit dem Ziel, den für die Ausgleichsberechnung maßgeblichen werbenden Teil zu reduzieren).397 – Ein von ESSO als Ersatz für den durch die Einstufung als Handelsvertreter im Nebenberuf entfallenden Ausgleichsanspruch gezahltes Überleitungsgeld darf nicht aufgrund einer AGB-Klausel zurückgefordert werden, nach der jede Kündigung von Seiten des Vertreters – mit Ausnahme der Kündigung aus Altersgründen – das Rückforderungsrecht auslöst. Eine solche Regelung widerspricht dem Derogationsverbot des § 89b Abs. 4. Die Ausschlussgründe des § 89b Abs. 3 werden unzulässig erweitert.398 Austrittsgebühr: Siehe Eintrittsvereinbarung. Auswechslung des Vertragspartners: Auch in einem Franchisesystem hat der Unternehmer regelmäßig kein berechtigtes Interesse daran, einen anderen Vertragspartner an seiner Stelle einzusetzen.399 Eine dies gestattende Klausel kann nur zulässig sein, wenn eine Umgestaltung konkret geplant ist und der neue Vertragspartner individualisierbar benannt wird. Der Franchisenehmer braucht sich keinen ihm unbekannten und möglicherweise insolventen Vertragspartner aufdrängen zu lassen. Belieferungspflicht: Die Verpflichtung des Unternehmers zur jederzeitigen Belieferung des Eigenhändlers kann nach den Umständen des Einzelfalls unwirksam sein, da damit allein der Unternehmer das Risiko trägt, produktions- und lieferbereit zu sein.400 Die bedenkliche Klausel kann aber durch andere Klauseln innerhalb des Vertragswerkes kompensiert werden und eine angemessene Risikoverteilung begründen, etwa bei Regelung von Kapazitätsgrenzen und einem Verweigerungsrecht des Unternehmers bei bestimmten Gründen.401 Belieferungsrecht: Wird vereinbart, der Unternehmer dürfe einen Vertragshändler auch ohne Bestellung beliefern, widerspricht dies den §§ 145 ff. BGB und ist unwirksam, und zwar nicht erst dann, wenn ein korrespondierendes Rückgaberecht nicht vereinbart wurde.402 Außerdem wird die Selbstständigkeit des Händlers beeinträchtigt. Berichtspflicht: Ihre Ausgestaltung und Erweiterung, sofern der HV keine hochwertigen Produkte, sondern preiswerte Massenartikel vertreibt.403 Auch bei Massenartikeln dürfte jedoch das Informationsbedürfnis des Unternehmers wegen des wirt-

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395 BGH, Urt. v. 20.11.2002 – VIII ZR 146/01, ZIP 2003, 264 = MDR 2003, 278 = WM 2003, 687 = EWiR 2003, 229 (Küstner) = VersR 2003, 323. 396 OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 = DB 2002, 2433; Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83). 397 BGH, Urt. v. 19.1.2011 – VIII ZR 168/09; BeckRS 2011, 03879 Rn 13 (Tankstellen-HV); v. 21.4.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 15 (Tankstellen-HV). 398 OLG Hamburg, Urt. v. 30.3.2006 – 10 U 16/05. 399 AA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 360. 400 Budde/Giks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 401 Budde/Giks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 402 Für die Unwirksamkeit nur in diesem Fall Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 232; die Klausel halten Stumpf/Jaletzke/Schultze, Rn 256 für wirksam. 403 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42.

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schaftlichen Risikos der großen Zahl und der Produkthaftungsgefahren erheblich sein. Bestimmungsrechte, einseitige: Siehe Änderungsvorbehalte. Betriebspflicht: Vereinbarung einer automatischen Beendigung des Vertrages, wenn ein Franchisenehmer den Betrieb nicht innerhalb einer bestimmten Frist eröffnet oder keinen wirtschaftlichen Erfolg hat.404 Die Unwirksamkeit der Klausel begründet sich vor allem aus dem vorgesehenen Automatismus.405 Zulässig dürfte jedoch die Vereinbarung eines Eröffnungsdatums sein. Der Unternehmer darf bei Verfehlung dann ggf. außerordentlich kündigen. Bezugsbindungen: wenn sie Querlieferungen kartellrechtswidrig beeinträchtigen. Nach aA sind sie nicht zu beanstanden, falls sie etwa in einem Franchisesystem dazu dienen, die charakteristischen Qualitätsanforderungen des jeweiligen Systems und der ihm zugrunde liegenden Geschäftsidee zu sichern.406 Eine Unwirksamkeit nach § 307 BGB tritt ein, wenn Waren nicht genutzt werden dürfen, die in keiner Konkurrenz zu den Vertragsprodukten stehen und das Marken-, System- und Qualitätsbild des Franchisesystems nicht zu gefährden geeignet sind.407 Bildmarke, Verbot der Nutzung: BMW-Werkstätten dürfen trotz einer entgegenstehenden Regelung in den Werkstattverträgen die Bildmarke „BMW“ für den Verkauf von Gebraucht-Kfz nutzen. Sollte sich das Verbot der Nutzung auch auf deren Verkauf erstrecken, wäre es gem. § 307 BGB nichtig, entschied das OLG München408 im Anschluss an den BGH409 und den EuGH.410 Boni und Rabatte: Sofern sich der Händler Boni und Rabatte durch den vorangegangenen Einkauf von Vertragsprodukten bei dem Unternehmer verdient hat, ist der Ausschluss dieser Ansprüche in AGB unzulässig.411 Direkt- oder Eigengeschäfte; Vorbehalt solcher Geschäfte des Herstellers: Der uneingeschränkte Vorbehalt von Eigengeschäften des Herstellers in einem Händlervertrag ist nur in Ausnahmefällen, etwa bei Existenz eines dem Mittler zugesicherten Alleinvertriebsrecht oder alternativ dessen erheblicher Eingliederung in die Vertriebsorganisation des Unternehmers und Abhängigkeit von seinen Weisungen und Entscheidungen,412 gem. § 307 BGB unzulässig.413 Nichts anderes gilt, sofern sich dem Vertrag auf andere Weise ein Wettbewerbsverbot des Unternehmers entnehmen lässt (§ 86a Rn 33 ff.). Soll die Klausel wirksam sein, dürfen dem Unternehmer die Eigengeschäfte nur begrenzt gestattet werden (etwa beschränkt auf Großkunden oder

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404 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 379. 405 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 379. 406 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 – Subway; OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; LG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2013 – 14c O 129/12 U, BeckRS 2014, 10383; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 342. 407 LG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2013 – 14c O 129/12 U, BeckRS 2014, 10383 (Putzmittel bei RestaurantFranchise); Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 243. 408 Urt. v. 6.4.2006 – 29 U 5193/05. 409 BGH GRUR 2003, 340 (342) – Mitsubishi; BGH GRUR 2003, 878 (879) – Audi. 410 EuZW 1999, 244 (247) Tz 47–54 – BMW. 411 BGH NJW 1994, 1060 (1063 ff.) – Daihatsu; Thume in: Küstner/Thume III, Kap. II Rn 26; Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 75. 412 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 413 BGH NJW 1994, 1060; s. aber BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376, 1379 = WM 2008, 1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f.; Emde VersR 2012, 536 (546); Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2003, 533 (535 f.).

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Altkunden)414 und dem Händler muss ein angemessener Ausgleich für die entgangenen Geschäfte gewährt werden (§ 86a Rn 33 ff.). Für den Ausgleich maßgeblich ist der entgehende Gewinn.415 Nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl hat die Vertragsklausel Höhe und Berechnungsgrundlagen der Kompensation zu regeln.416 Die Gründe für eine Eigenbelieferung müssen angeblich erheblich sein.417 Außerdem wird vertreten, dass die Klausel eine angemessene Ankündigungsfrist für die Direktbelieferung vorsieht (fraglich),418 wobei die Orientierung an den Kündigungsfristen des § 89419 wohl prohibitiv wirken und Direktgeschäfte ausschließen würde. Nach Ansicht von Niebling420 kommt der Vorbehalt von Direktgeschäften nur in HV-Verträgen in Betracht und sei im Kfz-Bereich unzulässig. Einsatz weiterer Händler im Vertragsgebiet nach Marktlage und Kundendienstbelangen: Ein dem einzelnen Händler zugesichertes Marktgebiet gehört zum wesentlichen Kern des Händlervertrages. Ein rechtmäßiger einseitiger Änderungsvorbehalt des Herstellers würde voraussetzen, dass die Änderung des Vertriebssystems die Belange des Händlers in angemessener Weise berücksichtigt.421 Einseitige Leistungsbestimmungsrechte des Unternehmers: s. Änderungsvorbehalte. Einsichtsrechte in die Bilanz und Buchführung des Mittlers sind unwirksam, falls keine objektiven Anhaltspunkte vorliegen, welche die Nichterfüllung vertraglicher Verpflichtungen in Folge finanzieller Unsicherheit oder Unregelmäßigkeiten nahe legen.422 Eine Eintrittsvereinbarung, die gem. § 89b Abs. 3 Nr. 3 zum Ausgleichsausschluss führt, soll nur individualvertraglich zulässig sein.423 Weitere Voraussetzung: ihr muss eine Gegenleistung gegenüberstehen.424 Die Pflicht zur Zahlung des Eintrittsgeldes nach Kündigung, ohne Differenzierung nach Kündigungsgrund und Vertragslaufzeit, ist ebenfalls unwirksam.425 Eintrittsgebühr, Rückzahlung: Der Ausschluss der Rückzahlung der Eintrittsgebühr eines FN für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Franchisevertrages ohne Rücksicht auf die Vertragsdauer und den Beendigungsgrund.426 Erfolgshaftung des HV: Eine Erfolgshaftung des HV für Erfolg und Erfüllung eines Geschäftes durch den Kunden oder seine Vermittlung, auch falls der Unternehmer Forderungen gegen Kunden in ein für Forderungen von HV und Unternehmer

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414 Siehe Emde VersR 2012, 536 (546); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 276 f. – Vertragshändler. 415 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; Gräfe ZVertriebsR 2013, 227. 416 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2590); aA wohl BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; Gräfe ZVertriebsR 2013, 227. 417 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2590). 418 S. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 151. 419 Gräfe ZVertriebsR 2013, 227. 420 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83) – sehr zweifelhaft. 421 LG Düsseldorf, Urt. v. 20.2.1991 – 12 O 284/90. 422 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 190. Ein solcher Ausnahmefall lag der Entscheidung OLG Frankfurt/M., Urt. v. 16.11.1961 – 6 U 71/60, NJW 1962, 870 zugrunde. 423 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 65. 424 OLG Hamm NJW-RR 1990, 567; LG Mönchengladbach NJW-RR 1991, 1207; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 116. 425 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 95. 426 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 391.

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zu führendes Kontokorrent einstellen.427 Die Unwirksamkeit dürfte jedoch bei der klassischen Delkrederehaftung nicht eintreten, weil sie dem gesetzlichen Leitbild entspricht. Ersatzteile: Die Klausel, nicht vom Kfz-Hersteller stammende Ersatzteile dürfe der Händler nicht verwenden, solange sie nicht den Qualitätsstandard der Herstellerteile erreichten, wobei bis zum Beweis des Gegenteils durch den Händler die Vermutung bestehe, dieser Standard werde verfehlt: Der Händler könne kaum nachweisen, dass Identteile denselben Standard besäßen wie Originalteile. Die Klausel sei wegen Intransparenz unwirksam: Ihr könne nicht entnommen werden, dass jene Bestätigung des Produzenten für den Nachweis genüge. Es könne offen bleiben, ob die Klausel für sog. Nachbauteile zulässig sei. Für Identteile bleibe sie unzulässig, was zur Gesamtnichtigkeit führe.428 Ersatzfahrzeuge: Eine uneingeschränkte Vorhaltepflicht von Ersatzfahrzeugen ist auch unter dem maßgeblichen Gesichtspunkt einer interessengerechten Wahrnehmung der Händlerbelange überzogen und bildet eine unangemessene Benachteiligung, da dem Reparaturkunden auch ein Vorführwagen zur Verfügung gestellt werden könnte. Außerdem war die verwendete Formulierung „angemessene Anzahl“ zu unbestimmt und verstieß gegen das Transparenzgebot.429 Angeblich eine feste Vergütung statt Provision,430 und zwar wegen des Leitbildes des § 87. Finanzierung: die in einem Kfz-Händlervertrag enthaltene Regelung, alle vom Hersteller gekauften Fahrzeuge seien über eine konzerneigene Bank zu finanzieren.431 Fixkosten: Eine erheblich ins Gewicht fallende Belastung des Mittlers mit Fixkosten,432 die an den Unternehmer zu zahlen ist, etwa für Werbeunterlagen.433 Franchiserichtlinien: Beachtung der jeweils als verbindlich bezeichneten Franchiserichtlinien, weil hierdurch eine dem Direktionsrecht des Arbeitgebers vergleichbare Abhängigkeit geschaffen werden soll434 (zwh.). Unter Umständen liegt ein unzulässiger einseitiger Änderungsvorbehalt vor. Freistellung: Im Arbeitsrecht wird überwiegend die Unzulässigkeit der Freistellungsklauseln vertreten, in Vorstandsverträgen soll sie zulässig sein.435 Wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses im HV-Recht, das die Möglichkeit der Freistellung bei Entfallen geben muss, dürfte sie bei voller finanzieller Kompensation wohl eher zulässig sein,436 es sei denn, seine Tätigkeit ist für den HV bei abstrakt-genereller Betrachtung von besonderer Bedeutung, etwa um den Verlust von Kundenbindungen auszuschließen, was ggf. eine Frage des Ausübungsermessens sein kann. Unzulässig ist die Freistellung ohne Entschädigung (Rechtsgedanke der §§ 90a, 249 BGB, Umgehung der Kündigungsfristen). Nach einer Ansicht soll die Klausel nur

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427 OLG Düsseldorf OLGR 1994, 281; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 428 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus, NJW 2006, 15. Die Entsch. dürfte trotz ihrer teilweise aus der Alt-GVO 1400/02 hergeleiteten Begründung nach wie vor zutreffend sein. 429 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.3.2004 – 1 U 31/03. 430 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; sehr zweifelhaft, da kontrollfreie Hauptleistung. 431 Graf v. Westphalen BB 1999, 1519 (1520). 432 Roth BB 2010, 2000 (2004). 433 Roth BB 2010, 2000 (2004) – aber Werbeunterlagen sind ohnehin nach § 86a Abs. 1, 3 zwingend kostenlos bereitzustellen. 434 OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 435 Vgl. Bauer/Arnold ZIP 2006, 2337 (2341). 436 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31.

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wirksam sein, falls sie eine Entschädigungsregelung enthält.437 Unwirksam soll sie auch sein, wenn dem Unternehmer gestattet wird, eine gegen Bezahlung erfolgte Freistellung des HV jederzeit zu widerrufen.438 Die einseitig eingeräumte Möglichkeit des „sich Umentscheidens“ setze den HV einer unerträglichen Lage aus (im Falle des OLG Celle wurde die Unwirksamkeit in Verbindung mit zu langer Kündigungsfrist bejaht). Garantie-/Gewährleistungsvergütung: Für Garantiearbeiten, die dem Unternehmer obliegen, weil jener eine Garantiezusage gegeben hat, erhält der Vertragshändler Aufwendungsanspruch aus GoA einschließlich eines angemessenen kalkulatorischen Gewinns. 439 Durch die Verkaufsmarge werden solche Tätigkeiten nicht abgegolten; sie entlohnt nur den Verkauf eines fehlerfreien Produktes.440 Bei einem Geschäftsbesorgungsvertrag muss der Geschäftsbesorger die vereinbarte oder eine übliche (§§ 612, 632 BGB) Vergütung erlangen, die den Gewinn einschließt.441 Auftragsrecht wird über § 675 BGB nur „entsprechend“ angewandt, so dass ein fehlender Anspruch auf Gewinn des von vergütungsfreier Tätigkeit ausgehenden Auftragsrechts im Vertragshändlerrecht442 kein Leitbild geben kann443 (s. auch § 1835 Abs. 3 BGB). Zudem resultiert ein Regressanspruch aus der zwischen den wechselseitigen Treupflichten,444 wenn der Mangel vom Hersteller zu vertreten ist; hilfsweise – bei entsprechendem Vertrag – aus §§ 612, 632 Abs. 2 BGB445 und ergänzender Vertragsauslegung, weil der Unternehmer nicht erwarten kann, dass der Vertragshändler gewinnbringende Tätigkeiten zu Gunsten nicht gewinnbringender Garantie-/Gewährleistungsarbeiten ohne Vergütung vernachlässigt (§ 354 HGB). Schließlich besitzt der Händler eigene Sachmängelrechte im Gewährleistungsfall446 und ggf. einen Regressanspruch nach §§ 478, 479 BGB.447 In AGB darf der Anspruch des Vertragshändlers nicht auf eine Kostenpauschale ohne kalkulatorischen Gewinn beschränkt werden.448 Das Garantierisiko liegt in der Sphäre des Garantiegebers, so dass dieser die daraus resultierenden Aufwendungen zu tragen hat.449 Unwirksam ist deshalb die Klausel, für seine im Rahmen von Garantiearbeiten erbrachten Leistungen erhalte der Händler Aufwendungsersatz nach Maßgabe einheitlicher Berechnungsgrundlagen, welche der Hersteller unter Berücksichtigung des für die jeweilige Garantieleis-

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437 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. VIII Rn 87; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31. 438 OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650. 439 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1065); Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Vertragshändlervertrag, Rn 21; Genzow Rn 75; Küstner/Thume III Rn 1353; II, 5. Kap., C II Rn 73; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 250; Westphal II Rn 106; Graf v. Westphalen DB 1999, 2553 (2555); Graf v. Westphalen NJW 1980, 2227; v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721 (728); aA Ströbl BB 2012, 1625 m.w.N.; Nickel NJW 1981, 1494; angeblich auch OLG Köln, Beschl. v. 9.1.2012 und 7.12.2011 – 19 U 155/11, zit. nach Ströbl BB 2012, 1625. 440 AA Ströbl BB 2012, 1625 (1627). 441 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 442 Diese Regelungen sind Teil des Vertragshändlervertrages, aA Ströbl BB 2012, 1625 (1626). 443 AA Ströbl BB 2012, 1625. 444 Siehe Emde kfz-betrieb 48/2001, 26. 445 Ströbl BB 2012, 1625 (1626). 446 Siehe Ströbl BB 2012, 1625. 447 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 246; v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721. 448 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1065); Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Vertragshändlervertrag, Rn 21; Genzow Rn 75; Westphal II Rn 106; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 251; aA Ströbl BB 2012, 1625. 449 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 251.

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tung technisch notwendigen Arbeitsaufwandes und der betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten bei dem Durchschnitt der hinsichtlich ihrer Betriebsgröße und Kostenstruktur vergleichbaren Händlerbetriebe nach billigem Ermessen bestimme: Es ergibt sich aus ihr nicht, ob der Händler Anspruch auf den ihm zustehenden kalkulatorischen Gewinn hat.450 Soweit der Händler verpflichtet ist, Gewährleistungsarbeiten auch für die Kunden anderer Vertragshändler zu erbringen, gelten die vorstehenden Grundsätze entsprechend. Eine dahingehende Klausel wäre auch als AGB zulässig.451 Sofern bei Gewährleistungsarbeiten Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen für Lagerhaltung, Fracht und Verpackung ausgeschlossen werden, widerspricht dies §§ 670, 307 BGB, weil der Beauftragte nach diesen Normen ein Recht auf Ersatz seiner Aufwendungen besitzt.452 Unwirksam ist ferner die Klausel, der Stunden-Verrechnungssatz für Gewährleistungsarbeiten werde der Kostenentwicklung angepasst und jeweils durch separate Rundschreiben bekannt gegeben: Dem Hersteller wird durch die Klausel ein einseitiges Recht zur Änderung des Preises eingeräumt. Zur Wirksamkeit einer solchen Klausel bedarf es zumindest einer Konkretisierung der Preisänderungsfaktoren.453 Gebietsschutz, Verlust: Entfallen eines Gebietsschutzes bei Nichterreichen einer unrealistischen Umsatzvorgabe;454 siehe auch Teilkündigung. Geschäftsgeheimnisse: Durch AGB kann eine Erweiterung der Geheimhaltung über § 90 hinaus zu Lasten des HV nicht wirksam begründet werden, weil solches im Regelfall dem gesetzlichen Leitbild des HV widerspricht.455 Jedenfalls gilt dies, sofern es an einem berechtigten Grund fehlt. Geschäftsleitung des HV-Unternehmens, Zustimmung des Unternehmers zur Besetzung: Ein Zustimmungsvorbehalt bildet eine unangemessene Benachteiligung des Mittlers. Es ist auch nicht klar, wie der Hersteller bei einer Veränderung des mit der Geschäftsleitung betrauten Personenkreises beurteilen kann, ob damit der angestrebte Erfolg ernsthaft gefährdet wird.456 Deshalb darf hieran mittels AGB auch kein außerordentliches Kündigungsrecht geknüpft werden,457 es sei denn, der Geschäftsleiter ist dem Unternehmer unzumutbar. Gratisinspektion: Für Gratisinspektionen an Fahrzeugen, die der Direkthändler nicht verkauft hat, steht den Vertragshändlern ein Anspruch auf eine Vergütung in der vom Hersteller festgesetzten Höhe gegen den Vertragshändler zu, von dem das Fahrzeug verkauft wurde.458 Eine davon abweichende Klausel wäre unwirksam. Großkundengeschäft: falls sich der Unternehmer das Großkundengeschäft vorbehält, selbst wenn ihm Direktgeschäfte gestattet sind.459 In der Übernahme des Großkundengeschäfts sei eine Teilbeendigung des Händlervertrages zu sehen, die ausgleichsbegründend wirke.

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450 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 451 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 255. 452 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz); Graf v. Westphalen DB 1999, 2553. 453 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – XIII ZR 165/92. 454 OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (für einen Franchisevertrag). 455 BGH ZIP 1993, 703 (704); OLG Koblenz NJW-RR 1987, 95; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 90 Rn 13 – jeweils für Geheimhaltung von Kundenanschriften. 456 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.3.2004 – 1 U 31/03; Emde GmbHR 1999, 1005 (1012); Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 106 ff. 457 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.3.2004 – 1 U 31/03. 458 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1992 – 6 U 105/91. 459 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2003, 533.

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Haftungsbegrenzungs- und Freizeichnungsklauseln: Klauseln, in denen der Unternehmer die Haftung für Vorsatz460 und grobe Fahrlässigkeit ausschließt, sind an § 309 Nr. 7a und b BGB zu messen, die auch im unternehmerischen Verkehr indirekt über § 310 Abs. 1 BGB i.V.m. § 307 BGB gelten.461 Eine Haftungsfreizeichnung in einer Formularklausel soll gegen § 307 Abs. 1 BGB verstoßen.462 Unwirksam sind etwa Klauseln wie „Wir haften nur für Vorsatz“, „Wir haften nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit“ oder „Wir haften nicht für mittelbare Schäden oder Folgeschäden wie entgangenen Gewinn“.463 Sie halten die Vorgaben der §§ 309 Nr. 7b, 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht ein, weil die in § 309 Nr. 7 BGB genannten Verschuldensformen, nämlich Haftung infolge einer fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung bei der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit, nicht von der Haftungsbegrenzung ausgenommen werden.464 Halteklauseln: AGB, die es dem Käufer eines fabrikneuen Ferraris bei Meidung einer Vertragsstrafe von 25.000 EUR verbieten, das Kfz innerhalb von 12 Monaten nach Übergabe zu veräußern.465 HV im Nebenberuf: Ein HV, der nach der Verkehrsauffassung hauptberuflich tätig ist, kann nicht durch Parteivereinbarung zum nebenberuflichen HV herabgestuft werden,466 erst recht nicht mittels AGB.467 Eine AGB-Klausel, die die Nebenberuflichkeit des HV bestimmt, muss bei abstrakt-genereller Betrachtung in allen außer fern liegenden Fällen zutreffend sein. Im Individualklageverfahren muss eine unbillige Benachteiligung des HV hinzukommen, die aber bereits in der Verwendung der den HV in Beweisschwierigkeiten bringenden Klausel zu finden sein dürfte. Die Klausel in einem Tankstellen-HV-Vertrag, der HV übernehme als HV im Nebenberuf im Namen und für Rechnung des Mineralölunternehmens den Verkauf sowie den Einzug der Verkaufserlöse, ist gemäß § 307 BGB unwirksam.468 Nach der herrschenden Übergewichtstheorie wird als HV im Hauptberuf nur ein HV angesehen, der vorwiegend als solcher tätig ist und aus dieser Tätigkeit den größten Teil seines Einkommens bezieht. Dabei werden der Shopbereich und der Betrieb der dazugehörigen Tankstelle als Einheit empfunden. Eine Vertretertätigkeit im Nebenberuf ist nicht anzunehmen, wenn zwischen der Vertretertätigkeit und der sonstigen Berufs- oder Erwerbstätigkeit ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang besteht und nach der Verkehrsauffassung gerade diese Verbindung in den betreffenden Wirtschaftskreisen häufig anzutreffen ist.469 Tankstellen-HV sind angesichts des Shop-Geschäfts nicht Ladeninhaber im „Hauptberuf“ und HV im „Nebenberuf“.470 Damit wird ihre Rechtslage durch eine derartige Klausel generell unzutreffend dargestellt.471 Die Kündigung des HV-Vertrages führt auch zur Beendigung des Shop-Vertrages. Des-

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460 Unzulässig; Leitbild des § 276 Abs. 3 BGB – s. Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (84). 461 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (84). 462 Graf v. Westphalen in: Graf v. Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Auswirkungen der Schuldrechtsreform auf den Schuldvertragsrecht, Rn 1 ff.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 97. 463 Budde/Giks ZVertriebsR 2012, 37 (44). 464 Budde/Giks ZVertriebsR 2012, 37 (44). 465 OLG Hamburg, Urt. v. 29.5.2002 – 5 U 170/01, OLGR 2003, 31; Niebling WRP 2012, 1361 (1366). 466 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. 467 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977; Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (84). 468 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977; OLG Hamburg, Urt. v. 30.3.2006 – 10 U 16/05. 469 OLG Hamburg, Urt. v. 30.3.2006 – 10 U 16/05. 470 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. 471 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977.

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halb entspricht die Schutzbedürftigkeit des Tankstellen-HV nicht der eines HV im Nebenberuf, der noch anderweitiges Einkommen hat.472 Intransparenz: In ihrer Gesamtheit intransparente Vertriebsmittlerverträge.473 Investitionen sollten sich innerhalb der Vertragslaufzeit amortisieren. Unangemessen kurz ist eine Kündigungsfrist, wenn die Amortisation nicht innerhalb der Vertragslaufzeit möglich ist und ein Alleinvertriebsrecht bereits mit Zugang der Kündigung enden soll.474 Investitionsersatzanspruch: Der vollständige Ausschluss des Investitionsersatzanspruches (§ 89 Rn 81 ff.) durch Formularvertrag verstößt gegen § 307 BGB und ist unwirksam.475 In seinem Umfang kann er durch AGB angemessen beschränkt werden.476 Kaufpreis für das Alleinvertriebsrecht, wenn der Kaufpreis pauschal bestimmt ist.477 Kontrollrechte: Klauseln, nach denen der Vertreter die Kosten der Kontrollrechte gemäß § 87c tragen soll,478 es sei denn, der HV hat nach dispositivem Recht die Kosten ohnehin zu übernehmen, regelm. etwa bei Ausübung des Einsichtsrechts. Die genannte Regelung dürfte auch § 87c Abs. 5 widersprechen. Kundennamen: Falls die Namen der vom HV selbst geworbenen Kunden zum Geschäftsgeheimnis erklärt werden.479 Das dürfte ungeachtet des Umstandes richtig sein, dass die schriftliche Kundenliste ein Geschäftsgeheimnis darstellt. Denn im Gedächtnis verhaftete Kundennamen darf der HV verwerten (§ 90 Rn 12). Der BGH480 sieht in einem generellen Verwertungsverbot in Hinblick auf dem HV anvertraute oder sonstige Kundenanschriften eine unangemessene Benachteiligung des HV i.S.d. § 307 BGB, weil ein so weitgehendes Verbot mit wesentlichen Grundgedanken und dem Leitbild des § 90 unvereinbar sei. Durch eine solche Vereinbarung werde es dem HV weitgehend unmöglich gemacht, nach Beendigung des Vertrages in Wettbewerb um Kunden zu treten, die vorher beim vertretenen Unternehmen gekauft haben. Wettbewerbsrechtlich sei das Vorgehen eines früheren HV nur dann zu beanstanden, wenn er sich bei dem Wettbewerb um die Kundschaft unlauterer Mittel bediene. Es dürfe aber ein Verbot geregelt werden, bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses von Kundenanschriften Aufzeichnungen zu behalten. Denn nach § 667 BGB sei der HV ohnehin verpflichtet, Kundenanschriften herauszugeben.481 Eine solche Vereinbarung führt – sollte sie einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot nahekommen – zu den Folgen des § 90a, insbesondere zur Pflicht, eine Karenzent-

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472 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977. 473 Vgl. Emde MDR 2006, 301 (302) zu Lizenzverträgen. 474 OLG Hamburg, Urt. v. 5.12.2002 – 5 U 69/02. 475 Graf v. Westphalen Klauselwerke, Vertragshändlervertrag, Rn 51; Martinek/van der Moolen in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 23 Rn 85; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 463; Westphal II Rn 679; Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (84); ders. WRP 2010, 1454 (1459); Foth BB 1987, 1270 (1273). 476 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 463. 477 OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1987, 548; LG Paderborn NJW-RR 1987, 872; LG Aachen NJW-RR 1994, 60; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 115. 478 Vgl. Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16. 479 OLG Koblenz NJW-RR 1987, 95; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 116. 480 BGH, Urt. v. 28.1.1993 – I ZR 294/90, WM 1993, 1471 = BB 1993, 818; best. durch Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 2/97, BB 1999, 1452. 481 BGH, Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 2/97, BB 1999, 1452.

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schädigung zu zahlen.482 Eine derartige Klausel mag aber für vom Unternehmer mitgeteilte Kundendaten zulässig sein, weil sie bereits nach dispositivem Recht als Geschäftsgeheimnis einzuordnen sind. Kündigungsklauseln: Gegenüber dem Mittler, im entschiedenem Fall ein Vertragshändler, obliegen dem Unternehmer gesteigerte Treue- und Rücksichtnahmepflichten, so dass aufgrund des wirtschaftlichen Ungleichgewichts der Vertragspartner nur außerordentlich schwerwiegende, vereinbarte Kündigungsgründe einer Überprüfung gem. § 307 BGB standhalten.483 Sind Regelungen zu Kündigungsfristen unwirksam, scheidet eine geltungserhaltende Reduktion regelmäßig aus. 484 Kündigungsklauseln sind unwirksam: – Bei Intransparenz;485 – Bei Vereinbarung von Kündigungsgründen, die ohne sachlichen Grund nur einer Partei zustehen. Das ist etwa bei den Strukturkündigungsklauseln des Kfz-Vertragshändlerrechts problematisch, die nur dem Hersteller ein Strukturkündigungsrecht zubilligen.486 Auch Händlerketten können Interesse an einer Strukturkündigung haben;487 – Da § 89a das gesetzliche Leitbild kennzeichnet, ist eine Abweichung nach § 307 BGB unwirksam. Auch in AGB können zwar wichtige Kündigungsgründe vereinbart werden.488 Sie sind jedoch unwirksam, wenn bei abstrakt-genereller Prüfung Kündigungsgründe geregelt werden, die keinen wichtigen Grund konstituieren.489 Die Unwirksamkeit lässt sich nicht vermeiden, indem man derartige Kündigungskataloge nur als Indizien ansieht, was die Parteien als der Vertragsfortführung entgegenstehend ansahen; in der Sache läuft dies auf eine unzulässige, geltungserhaltende Reduktion hinaus.490 Das gilt insbes., wenn bereits einfache Vertragsverstöße oder Verstöße gegen Verhaltensrichtlinien ein außerordentliches Kündigungsrecht geben sollen; – Falls ein Kündigungsrecht bei „wirtschaftlichem Misserfolg“491 oder „Zahlungseinstellung“492 vereinbart werden soll. Den Begriffen mangelt es an Transparenz. Zudem ist eine Kündigung bei Nichterreichen von Zielvorgaben unzulässig (s.u.); – Sollte die Klausel lauten: „ohne dass ein wichtiger Grund im Sinne des Gesetzes vorliegt, kann ... jede Partei diesen Vertrag mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende kündigen, wenn das Vertrauensverhältnis ernsthaft gestört ist“.493 Sie ist intransparent und verstößt gegen die zwingenden Kündigungsfristen des § 89;

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482 Thume, in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 90 Rn 6. 483 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 6.3.2009 – 2 U 29/09, ZIP 2009, 1336 (1337); Ensthaler/Genzow § 89a Rn 30. 484 OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650. 485 BGH BB 2000, 60 (63) m. Anm. Emde. 486 Vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618; Emde BB 2009, 2330 ff. 487 Emde BB 2009, 2330 (2332). 488 BGH, Urt. v. 12.3.1992 – I ZR 117/90, NJW-RR 1992, 1059; OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.7.1999 – 1 U 332/99, NJW-RR 1999, 1713; Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (77). 489 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 39; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 85. 490 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 12. 491 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt, § 9 Rn 86. 492 KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06. 493 BGH, Urt. v. 20.5.2003 – KZR 19/02, BB 2003, 2254 (2258).

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Falls die Klausel den Anspruch eines HV auf eine Gewinnbeteiligung ausschließt, wenn er selbst aus wichtigem Grund kündigt. Denn der Kündigungsgrund liegt in der Sphäre des Unternehmers;494 Wenn eine einseitige Vertragsbeendigung ohne Zustimmung des Unternehmers ausgeschlossen wird.495 In dieser Fassung liegt ein Verstoß gegen das zwingende Recht auf außerordentliche Kündigung nach § 89a; Unangemessen ist die Vereinbarung einer 12-monatigen Kündigungsfrist in einem Kfz-Vertragshändlervertrag oder einem anderen Händlervertrag mit investitionsträchtigem Geschäftsfeld.496 Auch eine Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ende eines Kalenderjahres in einem solchen Vertrag ist unangemessen kurz.497 Die Regelung wird durch eine angemessene Kündigungsfrist von einem Jahr zum Monatsende ersetzt.498 Es ist immer zu prüfen, ob sich aus anderen Klauseln des Vertrages eine Rechtfertigung für die kürzere Kündigungsfrist findet,499 etwa aus einem Kündigungsverzicht für einen begrenzten Zeitraum;500 Die für HV geltenden Kündigungsfristen des § 89 sind gesetzlicher Mindeststandard auch gegenüber anderen Vertriebsmittlern (etwa Vertragshändlern und Franchisenehmern).501 Da die Kfz-GVO 1400/02 eine 24-monatige Mindestkündigungsfrist vorschrieb, wird man jene in dieser Branche – möglicherweise auch nach 2013 – als Leitbild heranziehen und kürzere Fristen für unzulässig halten müssen; Unwirksam ist die Klausel, ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung mit sofortiger Wirkung liege vor, wenn der Vertragshändler seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Hersteller oder einem verbundenen Unternehmen nachhaltig nicht nachkomme: Der Begriff „nachhaltig“ sei zu unbestimmt. Außerdem sei die Klausel nicht ausreichend konkretisiert, da ein Vertragshändler nicht erkennen könne, welche Verbindlichkeiten gegenüber welchem konzernverbundenen Unternehmen eine außerordentliche Kündigung auslösen könnten;502 Ein uneingeschränktes Kündigungsrecht des Herstellers bei Änderungen der sachlichen und personellen Ausstattung des Vertragshändlers benachteiligt den Händler jedenfalls dann unangemessen, wenn es unabhängig davon eingreifen soll, ob und inwieweit durch derartige Veränderungen die Interessen des Herstellers oder Importeurs beeinträchtigt werden. Denn nicht jede Änderung der sachlichen oder personellen Ausstattung des Händlerbetriebs berührt nachteilig die Belange des Herstellers, wodurch sich durch eine derartige Klausel ein fast uneingeschränktes Kündigungsrecht ergeben würde;503 Kündigungserschwerende Klauseln, die die Rückzahlung „freiwilliger und bevorschusster“ Vergünstigungen in nicht unerheblicher Höhe an die Kündi-

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494 LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651. 495 OLG München, Urt. v. 20.11.1996, NJW-RR 1997, 1057. 496 BGH BB 1995, 1657 („Citroen“); Emde BB 2000, 63 (65); Emde VersR 2001, 148 (159); wohl auch Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 138; offen gelassen von Westphal II Rn 151. 497 OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989 – 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491. 498 OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989 – 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491. 499 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (140). 500 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (140). 501 Emde VersR 2001, 148 (159); Westphal OLGR 16/2000, K 35 (K 37); Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (85) – „in engen Grenzen“. 502 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.2003 – 26 O 218/97. 503 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.2003 – 26 O 218/97.

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gung knüpfen (s.a. § 89 Rn 90 ff.; es handelt sich um ein Problem, das ebenso bei Individualverträgen auftreten kann). Das gilt etwa für die Rückzahlung einer gewährten Sonderbonifikation. Sie wirkt unbillig kündigungserschwerend, sofern eine Sonderbonifikation vom HV nach einer von ihm erklärten Kündigung binnen 12 Monaten nach Zahlung zurückzugewähren ist.504 Anders jedoch bei einer Fälligkeitsregelung, derzufolge eine Bonuszahlung ein ungekündigtes Vertragsverhältnis voraussetzt. 505 Auch reine Treueprämien ohne Gegenleistungscharakter sind zulässig. – Angeblich ein langfristiger Ausschluss des Kündigungsrechts.506 Aber Festlaufzeiten sind üblich. Zudem zeigt das Leitbild des § 624 BGB die Üblichkeit. Angesichts dieser Strenge kann Unternehmern nur geraten werden, eine kurze Kündigungsfrist zu vereinbaren, und bei Nichteintritt bestimmter Gründe ausnahmsweise eine verlängerte Kündigungsfrist zu vereinbaren (spiegelbildliche Regelung). Lagerhaltung: Die Verpflichtung zur Lagerhaltung muss bei abstrakt-genereller Betrachtung Absatzfähigkeit und Nachfrage der gelagerten Produkte widerspiegeln.507 Selten benötigte Produkte, deren Absatz Schwierigkeiten entgegenstehen, dürfen nur im geringen Umfang zur Lagerung vorgeschrieben werden.508 Spiegelbildlich dürfen häufig nachgefragte Produkte auch in einem größeren Umfang zur Lagerhaltung vorgeschrieben werden. Die in einem Kommissionsagenturvertrag enthaltene Regelung, wonach der Kommissionsagent für den Warenschwund ab einem bestimmten Prozentsatz unabhängig davon haftet, ob er den Schwund zu vertreten hat, benachteiligt ihn auch als Unternehmer in unangemessener Weise.509 Die verbindliche Vorgabe eines festen Lagerbestandes an Neuwagen im Händlervertrag, welche den Vertragshändlern keine wenigstens verfahrensmäßig abgesicherte Möglichkeit einräumt, in ihrem wirtschaftlichen Interesse eine Herabsetzung dieser Vorgabe zu verlangen, stellt eine unangemessene Benachteiligung der Händler dar.510 Der Händler darf nicht verpflichtet werden, Ersatzteile Dritter getrennt von den Ersatzteilen der Vertragsware zu lagern.511 Marktverantwortungsbereich: War dem Mittler ein Alleinvertriebsrecht in seinem Gebiet eingeräumt worden, benachteiligt ihn eine Klausel, die dem Hersteller das Recht geben soll, einen weiteren Mittler einzusetzen, unangemessen und ist unwirksam.512 Auch hier dürften richtigerweise die o.g. Grundsätze zum Änderungsvorbehalt gelten, und zwar auch dann, wenn dem Händler kein Alleinvertriebsrecht zugesichert wurde.513 Außerdem kann der Einsatz anderer Händler den Treupflichten des Unternehmers widersprechen, sofern er zum „Kannibalismus“ unter den Händlern führt.

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504 OLG Naumburg, Beschl. v. 12.2.2010 – 6 U 164/09, zust. Evers VW 2010, 444; OLG Rostock, Urt. v. 25.9.2009 – 8 O 11/09; LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928. 505 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. 506 OLG München VersR 1997, 1003; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 32. 507 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 265. 508 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 265. 509 BGH, Urt. v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, BB 2003, 1463 (1464). 510 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.2003 – 26 U 218/97. 511 OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.3.2004 – 1 U 31/03. 512 BGHZ 89, 206 (211 ff.) = NJW 1984, 1182; BGHZ 93, 29 (52 f.) = BB 1985, 218; BGH NJW-RR 1988, 1077 (1080); Westphal II Rn 77; Ebenroth/Parche BB 1988 Sonderbeil. 10, S. 25; kritisch Bunte NJW 1985, 600 ff.; Habersack/Ulmer S. 90 mit kartellrechtlicher Begründung. 513 Habersack/Ulmer S. 91 unter Hinweis auf BGHZ 124, 351 (354 ff.), wo die auch ohne Alleinvertriebsrecht bestehenden Treupflichten des Herstellers gegenüber dem Händler betont werden und deshalb ein Recht des Herstellers verneint wird, in unbeschränkte Konkurrenz zum Händler zu treten.

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Mehrmarkenvertrieb, Zustimmungsvorbehalt zu diesem: Wenn die Zustimmung des Herstellers zu einem Mehrmarkenvertrieb daran geknüpft ist, dass dem Vertragshändler der Ausbau seiner Kapazität und der Umfang seiner Investitionen vorgeschrieben wurde, und er seine Kapazität allein mit Vertragsware unverschuldet und unvermeidlich nicht ausnutzen kann und deshalb nicht nur vorübergehend eine Bedrohung seiner wirtschaftlichen Existenz zu befürchten ist. Eine solche Regelung ist intransparent und widersprach zum Zeitpunkt der Entscheidung zudem den Anforderungen der früheren Kfz-GVO 1400/02.514 Mindestumsatz oder Mindestabnahmepflichten: Die Vereinbarung eines Mindestumsatzes515 und hieran anknüpfendes Kündigungsrecht516 kann jedenfalls dann unwirksam sein, wenn die Mindestumsätze bei abstrakt-genereller Betrachtung nur schwer zu erreichen sind517 oder der Umfang der abzunehmenden Vertragsware vollkommen außerhalb der Relation zur Größe und Wirtschaftskraft des Händlers steht.518 Nach aA dürfen Mindestumsätze ohne Rechtsfolgenverweis vereinbart werden, jedenfalls wenn sie realistisch sind.519 Die Rspr. zu Mindestumsätzen ist indifferent. Die Grundsatzentscheidung ist die sog. „Citroen“-Entscheidung des BGH.520 Einerseits hat der BGH dort den Grundsatz ausgesprochen, die Festlegung von Mindestabsatzmengen und Bezugspflichten in AGB von Händlerverträgen benachteilige die Händler grundsätzlich nicht unangemessen. Weiter tritt Unwirksamkeit nach dem „CitroenUrteil“ des BGH521 jedenfalls ein, falls die Klausel die Kündigung des Händlervertrages selbst dann gestattet, wenn der Mittler sich nach besten Kräften um das Absatzziel bemüht hat, es aber aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen verfehlt. In AGB geregelte Kündigungsgründe müssten objektiv so erheblich sein, dass sie eine fristlose Kündigung als angemessen erscheinen ließen. Außerdem ist nach dem CitroenUrteil Unwirksamkeit anzunehmen, wenn der Unternehmer Mindestabsatzmengen seiner Händler einseitig festsetzen darf.522 Mindestumsatzklauseln beinhalten zudem leicht eine unzulässige Kernbeschränkung, weil sie Querlieferungen523 zwischen den Händlern begrenzen. Bis zum Erreichen der Mindestabsatzmenge seien die Händler gehindert, Waren von anderen Händlern zu beziehen. Soweit der Vertrag vorschreibe, die Mindestabnahmemenge werde unter Einbeziehung der „Vertriebspolitik“ des Herstellers bestimmt, liege wegen der Verwendung dieses konturlosen Begriffs ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, das gewahrt werden muss.524 Für eine auch

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514 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.2.2004 – 1 U 31/03. 515 Graf v. Westphalen AGB-Klauselwerke, Handelsvertretervertrag, Rn 21; Palandt/Heinrichs § 307 Rn 111; kritisch auch Niebling WRP 2010, 631. 516 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz) zum KfzVertragshändler mit speziell kartellrechtlicher Begründung, BGH, Urt. v. 22.2.2005 – KZR 28/03, WRP 2005, 628 (631) = WuW 2005, 521 = NJW 2005, 1660 m. Anm. Thoma WRP 2005, 1132. 517 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 = WuW 2004, 1165 = GRUR 2005, 62= EWiR 2004, 1177 (Herbertz); zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 84. 518 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 228; nach Niebling WRP 2010, 631 ist Unwirksamkeit bereits wegen Intransparenz anzunehmen. 519 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (75). 520 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 = WuW 2004, 1165 = GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 521 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 = WuW 2004, 1165 = GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz); ebenso OLG Koblenz, Urt. v. 22.4.2010 – 2 U 352/09, BB 2010, 1691. 522 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 = WuW 2004, 1165 = GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz); Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (74); s.a. Niebling WRP 2010, 631. 523 Art. 4 Abs. 1 lit. c der früheren GVO 1400/02 = Art. 4 lit. d GVO 330/10, s. Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71. 524 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (77).

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nur vorläufige oder vorübergehende Berechtigung, Mindestabsatzmengen einseitig festzusetzen, fehle ein Bedürfnis.525 Intransparenz der Klausel tritt ein, wenn die Klausel die Kündigung des Vertrages bei fehlender Einigung über die Mindestabnahme gestattet. Denn der Händler kann nicht vorhersehen, bei welcher Mindestabnahmepflicht eine Einigungspflicht besteht und welche Zahl seiner Absatzförderungspflicht entspricht.526 Sieht die Klausel eine außerordentliche Kündigung bei fehlender Einigung über Abnahmeziele oder deren Nichterreichen vor, ist sie nur wirksam, sofern die Kündigung ausdrücklich an ein Verschulden,527 mglw. sogar an eine schwerwiegende Verletzung der Absatzförderungspflicht,528 etwa eine Verletzung der Bemühenspflicht,529 anknüpft. Die Regelung, wonach der Mittler und der Unternehmer „einvernehmlich davon ausgehen“, dass der Mittler bei einer Vertragslaufzeit von 5 Jahren eine bestimmte Mindestabsatzmenge pro Jahr erreichen werde, bringt zwar eine Erwartung der Vertragspartner zum Ausdruck; eine Verpflichtung des Kunden, die angegebene Mindestmenge tatsächlich abzunehmen, lässt sich einer solchen Formulierung jedoch nicht ohne Weiteres entnehmen.530 Eine Teilkündigung darf nicht daran angeknüpft werden, dass der Anteil der Zulassungen des Händlers an der Gesamtzahl der Zulassungen im Vertragsgebiet 25% unter dem bundesweiten Anteil der Zulassungen der Kfz des Herstellers liegt.531 Mindestabnahmemengen können daher kaum in AGB garantiert und wohl nur als Mengenrabatte vereinbart werden, wobei Mengenrabatte jedoch wettbewerbsrechtlich problematisch sind, wenn sie keine Kostenvorteile beim Hersteller widerspiegeln.532 Bei derartigen Klauseln besteht auch das Problem, dass außerordentliche Kündigungsgründe nicht über § 89a hinaus erweitert werden können und damit de facto nur die ordentliche Kündigung binnen der Fristen des § 89 bleibt – was wenig hilft. Für auflösende Bedingungen dürfte nichts Abweichendes gelten, zumal auch hier das Spannungsverhältnis zu den Mindestkündigungsfristen des § 89 verbleibt. Mithaftung: Folgende gegenüber einem FG übernommene Mithaftung der Gesellschafter einer FN ist zwar nicht gem. § 309 Nr. 11 lit. a BGB, jedoch wegen Intransparenz gemäß § 307 Abs. 3 S. 2 BGB unwirksam, da der präzise Umfang der Garantieübernahme aus ihr nicht ersichtlich wird:533 „Alle Gesellschafter des Franchisenehmers – mehrere als Gesamtschuldner – stehen für die vollständige und rechtzeitige Erfüllung aller aus dieser Vereinbarung und seiner Beendigung resultierenden Zahlungsverpflichtungen des Franchisenehmers garantiemäßig ein“. Nachbearbeitung: Der Unternehmer darf weder individualvertraglich (§ 87a Abs. 5) noch durch AGB534 von seiner Obliegenheit zur Nachbearbeitung stornierungsgefährdeter Verträge (§ 87a Rn 84 ff.) dispensiert werden. Unwirksam ist deshalb die in einem HV-Vertrag enthaltene Klausel „bei Vertragsaufhebung von Versicherungs-

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525 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, WRP 2004, 1378 = WuW 2004, 1165 = GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 526 Niebling WRP 2010, 631. 527 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (78); Niebling WRP 2010, 631 (632). 528 OLG Köln, Urt. v. 23.2.1996 – 19 U 114/95, NJW-RR 1997, 101; vgl. Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (78). 529 Flohr in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 307 BGB Rn 51. 530 OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.9.2012 – 9 U 188/10, MDR 2013, 80 zu einem Bierlieferungsvertrag. 531 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35 (Benachteiligung bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs, fehlender Ausgleich der Interessen). 532 Lorenz WRP 2005, 992 (995). 533 BGH, Urt. v. 26.10.2005 – VIII ZR 48/05, ZIP 2006, 474 m. Anm Billing WM 2007, 245. 534 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 37; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23.

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verträgen innerhalb der Provisionshaftungszeit erfolgt eine zeitanteilige Rückbuchung der Abschlussprovision. Dies gilt auch, wenn die X die Beiträge rückwirkend ermäßigt bzw. bereits entrichtete Beiträge zurückzahlt, auch wenn die Provisionshaftungszeit bereits abgelaufen ist“.535 Musterkollektion: Eine Vereinbarung, die den HV zum Kauf der ihm vom Unternehmer überlassenen Musterkollektion verpflichtet, ist als Individualabrede unwirksam.536 Umso eher muss dies für eine AGB-Klausel gelten.537 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot538 von einem Jahr ohne Karenzentschädigung. Grund: § 90a Abs. 1 S. 3 sowie Verstoß gegen § 307 BGB.539 § 90a hat Leitbildfunktion auch für nach Vertragsende getroffene Wettbewerbsvereinbarungen.540 Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Dauer von 3 Jahren im Inland und 2 Jahren im Ausland ist gem. § 307 BGB auch dann unwirksam, wenn es erst nach Vertragsende getroffen wurde und das Vertriebsgebiet lediglich Deutschland betraf.541 Unwirksam ist die Klausel: „Kündigt der Franchisegeber aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Franchisenehmers, entfällt die Karenzentschädigung.“. Die Nichtigkeit trifft aber nur diese Klausel.542 Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot entspricht dem Transparenzgebot, wenn der Umfang des Wettbewerbs nach dem örtlichen und inhaltlichen Geltungsbereich hinreichend konkretisiert ist.543 Beispiel für eine hinreichende Transparenz: Der HV darf für einen bestimmten Zeitraum in einem bestimmten Gebiet nicht für ein Konkurrenzunternehmen tätig werden.544 Neuwagenverkauf: Vgl. zunächst Rn 245 zum dispositiven Recht. Eine Klausel, die einer zugelassenen Werkstatt den Neuwagenverkauf verbieten soll, ist gem. § 307 BGB unwirksam.545 Die Klausel setzt den markenrechtlichen Erschöpfungsgrundsatz unzulässig außer Kraft und sieht eine weitergehende Einschränkung des Markengebrauchs vor, der über das Verbot der Verwendung der Marken im Neuwagengeschäft hinausgeht und sogar (unzulässig) Gebrauchtwagenverkaufsfälle erfasst.546 Die Werkstatt darf nicht schlechter gestellt werden als ein völlig ungebundener, freier Betrieb. Allein die Zugehörigkeit zum Werkstattsystem rechtfertigt keine weitergehende Einschränkung.547 Die autorisierte Werkstatt eines Händlers darf folglich auch Neufahr-

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535 OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, IHR 2014, 103. 536 OLG München DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320. 537 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12.3.1996 – 2 HKO 6793/94, HVR Nr. 842 = VersR 1997, 967 (L). 538 Zu der arbeitsrechtlichen Judikatur auf der Basis der §§ 74 ff. Straube BB 2013, 117. 539 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 (Franchisevertrag – es ist aber immer vorweg zu prüfen, ob ein solches Verbot in Eigenhändlerverträgen kartellrechtlich wirksam ist); OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 540 LG Hamburg, Urt. v. 5.12.2008 – 412 O 152/06; im selben Verfahrensgang offen gelassen von BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, NJW 2013, 2027 = BB 2012, 3098 m. Anm. Hilgard = EWiR 2013, 13 (Emde). 541 LG Hamburg, Urt. v. 5.12.2008 – 412 O 152/06. 542 OLG Hamm, Urt. v. 28.4.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708). 543 Straube BB 2013, 117 (118); s. dazu aus dem Arbeitsrecht: LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 30.1.2008 – 10 Sa 60/07, NZA-RR 2008, 508; LAG Hamm, Urt. v. 4.11.2008 – 14 Sa 818/08. 544 Straube BB 2013, 117 (118). 545 OLG Rostock, Urt. v. 21.5.2008 – 2 U 75/07, S. 5/6; OLG Thüringen, Urt. v. 26.6.2008 – 2 U 21/08; LG Köln, Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08; Urt. v. 6.3.2008 – 84 O 159/07, S. 10; LG Erfurt, Urt. v. 13.12.2007 – 2 HK O 244/07; aA Niebling WRP 2012, 1361 (1366); ders. WRP 2006, 1334 (1335) und wohl auch WRP 2011, 1416 (1417) – letztgenannte Quelle ohne Differenzierung zwischen Individualverträgen und AGB. Hielte man das Verbot für zulässig, könnten auch Wettbewerber nach UWG gegen den Neuwagenverkauf vorgehen, s. Niebling WRP 2012, 1361 (1366). 546 Urt. v. 25.6.2008 – 2 U 21/08. 547 Urt. v. 25.6.2008 – 2 U 21/08.

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zeuge der von dem Servicevertrag getroffenen Marke vertreiben, solange sie nicht vorspiegelt, Vertragshändler zu sein oder sonst irre führt.548 Dies gilt nach Ansicht des LG Köln549 jedenfalls so lange, wie der Hersteller sein Vertriebssystem nicht geschlossen hält. Eine solche Geschlossenheit verneinte das LG Köln bei der Marke Nissan, solange Nissan dulde, dass Verwertungsgesellschaften in ihrem Namen Kfz aus der Insolvenzmasse von Händlern an unabhängige Wiederverkäufer veräußert.550 Die Werkstatt darf die Wort- und Bildzeichen des Herstellers wegen des Erschöpfungsgrundsatzes des § 24 Abs. 1 MarkenG auch für die Bewerbung von Neufahrzeugen nutzen. Nicht zugelassene Zahlungsmittel: Eine Vereinbarung, wonach ein Tankstellenvertreter sämtliche Umsätze, die nicht mit zugelassenen Zahlungsmitteln erzielt werden, dem Mineralölunternehmen sofort zu vergüten hat, benachteiligt den HV unangemessen, auch wenn ihm die Gewährung von Stationskrediten untersagt ist. Dies ergibt sich aus der gerichtsbekannten Praxis der Mineralölunternehmen, die Vergabe von Stationskrediten nicht nur zu billigen, sondern zu fördern.551 Option: Ein einseitiges Recht des Unternehmers zur Vertragsverlängerung, das, sofern es geltend gemacht wird, die ordentliche Kündigung ausschließt, soll unwirksam sein.552 Personalpolitik: Einstellung von Mitarbeitern des Mittlers nach Weisung, Mitwirkung oder Zustimmung des Unternehmers. Preise Änderung: Siehe dazu „Änderungsvorbehalte“. Provisionsregelungen: – § 87 Abs. 1: Der BGH553 hat offen gelassen, ob § 87 Abs. 1 mittels AGB geändert werden darf. – Abweichungen von § 87a Abs. 2 und 3: Sie sind zwar auch in Individualverträgen gem, § 87a Abs. 5 unwirksam, widersprechen als AGB jedoch auch § 307 BGB.554 – Änderungsvorbehalt zur Provisionshöhe:555 Ein in AGB enthaltenes Provisionsbestimmungsrecht des Unternehmers ist unwirksam, sofern die Preisbestimmung des Unternehmers sich bei abstrakt-genereller Betrachtung nicht in etwa in dem durch Treu und Glauben gebotenen Rahmen eines angemessenen Verhältnisses zwischen Einstandspreisen, Geschäftskosten, Geschäftsrisiken und dem Gewinn hält. Außerdem darf die Klausel nicht seine beliebige und unverhältnismäßige Ausübung gestatten.556 – Änderung der Auszahlungsvoraussetzungen mit Kündigung: Dass mit Ausspruch einer ordentlichen Kündigung der Unternehmer die Provision – anders

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548 Siehe BGH, Urt. v. 17.3.2011 – I ZR 170/08, WRP 2011, 1417 m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416; v. 17.7.2003 – I ZR 256/00, GRUR 2003, 878 = NJW-RR 2003, 1402; Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480); Niebling WRP 2010, 81 (84). 549 Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08. 550 Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08. 551 KG, Urt. v. 21.5.2007 – 23 U 87/05, DB 2007, 1355. 552 OLG München NJW-RR 1997, 1057; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 37. 553 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07 Rn 21, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. v. Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); NJW-RR 1998, 629 (unter II 1b). 554 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. v. Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); v. 10.12.1997 –VIII ZR 107/97, BB 1998, 391; Thume BB 2012, 975 (979). 555 LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (87); Preis/Stoffels ZHR 160 (1996), 442 (477 ff.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 9. 556 LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487.

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als zuvor – erst auszahlen soll, nachdem der Kunde die Prämie für den vermittelten Versicherungsvertrag gezahlt hat (Entfallen der Vorfinanzierung), benachteiligt den HV unangemessen.557 Bezirksprovision: Es werden Zweifel geäußert, ob bei Zuweisung eines Bezirkes die Bezirksvertreterprovision ausgeschlossen werden darf.558 Es soll einer Kompensation bedürfen.559 Nachvertragliche Provision: angeblich Wegfall der Provisionspflicht der nachvertraglichen Provision nach § 87 Abs. 3 ohne Entschädigung560 bzw. für während der Vertragszeit geschlossene Geschäfte, die 6 Monate nach Vertragsende noch nicht ausgeführt wurden561 (zur Provisionsverzichtsklausel s. § 89b Rn 553 ff.). Provisionsgutschrift: Die Klausel eines Versicherungsvertretervertrages mit folgenden Worten:562 „Sofern es sich um eine unbegrenzte Zusage handelt, erfolgt eine Auszahlung erst, wenn ausreichende Sicherheiten beigebracht worden sind (z.B. Vertrauensschadenversicherung, Bankbürgschaft)“. Die Regelung widerspreche dem Transparenzgebot und führe zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertreters (§ 307 BGB). Verspätete Provisionsauszahlung: Gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist die Klausel, nach der Provisionszahlungen des Unternehmers 3 Jahre auf einem Sicherheitskonto des Unternehmers festgelegt und erst dann an den HV ausgezahlt werden.563 Widersprüchliche Provisionsbestimungen in in einem HV-Vertrag und einem zeitgleich abgeschlossenen Kooperationsübereinkommen sind wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, wenn unklar bleibt, welche Regelung unter welchen Voraussetzungen gelten soll.564 Provisionsminderung bei Preisnachlässen: wenn der HV anteilige Provisionsminderungen hinzunehmen hat, falls der Unternehmer Preisnachlässe gewährt.565 Verlustfreie Abwicklung: Die Vereinbarung einer Provision nur bei „verlustfreier Abwicklung des Kundengeschäfts“ ist unwirksam, sofern damit das vom Unternehmer zu tragende Verlustrisiko auf den HV verlagert werden soll. Der HV erwirbt seinen Provisionsanspruch auch bei Verlustgeschäften des Unternehmers. Ist er für jene verantwortlich, kann er einem Schadensersatzanspruch ausgesetzt sein.566 Verwaltungsprovision: Bestimmung des Anteils verwaltender Provisionen in AGB, was die Einordnung als kontrollfähige Preisnebenabrede voraus-

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557 In diese Richtung OLG München, Urt. v. 29.7.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell, das die Frage aber offen lässt. 558 OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.5.2005 – 8 U 242/04, HVR Nr. 1156; v. 13.7.1971 – 8 U 104/71, BB 1971, 1123 = HVR Nr. 446 (Gebietschutz wurde übertragen und HV durfte auf Stellung als Bezirksvertreter vertrauen); wohl auch Thume BB 2012, 975 (981). 559 Thume BB 2012, 975 (981). 560 Thume BB 2012, 975 (981); v. Bodungen/Hesse BB 2010, 533; aA Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364); Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (529); Westphal I Rn 524. 561 BGH NJW 1998, 629. 562 OLG Köln VersR 2002, 355. 563 OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.2.1990, BB 1990, 1068; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 98. 564 OLG München, Beschl. v. 22.3.2012 – 23 U 4793/11, BeckRS 2012, 07024 = GWR 2012, 183 m. Anm. Köhl. 565 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.4.1969, BB 1969, 1326; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 99. 566 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 6 sogar bei Individualverträgen.

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setzt.567 Denn der werbende und verwaltende Provisionsanteil darf nicht abstrakt sondern nur konkret-individuell festgelegt werden.568 Die Klausel, 40569 bzw. 50%570 der Provisionen seien verwaltende, ist gem. § 89b Abs. 4, § 307 BGB unwirksam. Deshalb dürfte eine konkrete Bestimmung in AGB schwierig sein. Sie setzt eine plausible, in allen außer fernliegenden Fällen zutreffende, klare Zuordnung zu den übernommenen Tätigkeiten voraus, die mit der Provision abgegolten werden.571 Rückgaberecht/Rücknahmepflicht von Lagerware und Ersatzteilen: Die Rücknahmepflicht des Herstellers und das Rückgaberecht des Händlers für Ersatzteile kann formularmäßig nicht generell ausgeschlossen,572 von der Zustimmung des Unternehmers573 oder davon abhängig gemacht werden, dass den Hersteller keinerlei Verantwortlichkeit für die Vertragsbeendigung trifft. Denn der Hersteller ist zur Rücknahme auch verpflichtet, wenn die Kündigung von beiden Seiten zu vertreten ist.574 Ebenso unzulässig sind Klauseln, welche die Rücknahme ausschließen, wenn den Händler keinerlei Verantwortung für das Vertragsende trifft575 oder solche, die das Rückgaberecht für den Fall ausschließen, dass der Händler den Vertrag ordentlich gekündigt hat.576 Die ordentliche Kündigung ist keine Vertragsuntreue, sondern lediglich die Ausübung eines vertraglichen Rechts.577 Unwirksam ist die Klausel, zur Rücknahme der Vertragsware sei der Hersteller nicht verpflichtet, falls die Beendigung des Vertragsverhältnisses auf Umständen beruhe, die den Hersteller zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt haben oder hätten oder der Vertragshändler das Vertragsverhältnis auflöst, ohne seinerseits zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt zu sein. Die Klausel schließt den Rücknahmeanspruch auch für den Fall aus, dass den Vertragshändler keinerlei Verantwortlichkeit für die Vertragsbeendigung trifft. Darin liegt eine mit Treu und Glauben unvereinbare, unangemessene Benachteiligung des Vertragshändlers.578 Die Klausel eines Kfz-Händlervertrags mit der Verpflichtung, gelieferte Kfz nach Vertragsende zum Netto-Rechnungswert (Händlereinkaufspreis gem. Faktura Händler ohne MwSt. und Fracht- und sonstige Nebenkosten, abzüglich gewährter Preisnachlässe oder Rückvergütungen sowie abzüglich etwaiger Wertminderungen) zurückzukaufen, ist gemäß § 307 BGB unwirksam.579 Die Klausel müsse so verstanden werden, als ob der Abzug für Wertminderun-

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567 KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 528. 568 Graf v. Westphalen NJW 2003, 1988. 569 BGH, Urt. v. 21.4.2010 – VIII ZR 108/09, BeckRS 2010, 13559 Rn 15 (Tankstellen-HV). 570 BGH, Urt. v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 16; v. 10.7.2002 – VIII ZR 58/00, BB 2002, 2151 = DB 2002, 2321 = NJW-RR 2002, 1548 = EWiR 2002, 1011 (Albicker) = WM 2003, 491 = VersR 2003, 242; Urt. v. 25.9.2002 – VIII ZR 253/99, ZIP 2003, 34 (38) = DB 2003, 146 = NJW 2003, 290 = WM 2003, 504 = MDR 2003, 279 = EWiR 2003, 435 (Just); KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06; OLG Hamm, Urt. v. 2.9.1999 – 4 U 26/99, EWiR 1999, 1127 (von Manteuffel/Evers). 571 BGH, Urt. v. 22.10.2003 – VIII ZR 117/03, NJW-RR 2004, 469; v. 1.6.2005 – VIII ZR 335/04, NJW-RR 2005, 1274. 572 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (87); Niebling WRP 2010, 1454 (1459). 573 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (87). 574 BGH BB 1988, 2201; Westphal II Rn 93. 575 BGHZ 128, 67; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 178. 576 BGH NJW-RR 1995, 524 (525) = BB 1995, 113; Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 46. 577 BGH NJW-RR 1995, 524 (525) = BB 1995, 113; OLG München BB 1993, 1753; Westphal II Rn 93; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 178. 578 BGH, Urt. v. 23.11.1994 – XIII ZR 254/93. 579 OLG Hamburg, Urt. v. 20.11.2002 – 4 U 211/01, n.v.

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gen auch Minderungen erfasse, die aufgrund des Alters der Kfz oder der Einführung eines Nachfolgemodells einträten. Dabei werde nicht danach differenziert, ob die Kündigung durch eine Vertragsverletzung des einen oder des anderen Teils ausgelöst werde, und von wem eine Kündigung ausgegangen sei. Vielmehr werde das Wertverlustrisiko infolge Zeitablaufs in allen Fällen einseitig auf den Händler verlagert, der eine Minderung des Rückkaufpreises selbst dann hinzunehmen habe, wenn sein Vertragspartner durch schuldhaftes Verhalten die Kündigung veranlasst habe. Zu erstatten sei der Händlereinstandspreis; Abzüge für Wertminderungen blieben ausgeschlossen. Der Rückkaufpreis sei zuzüglich gesetzlicher MwSt. zu entrichten.580 Ein zur Bestimmung des Rückkaufswertes vorgesehener Abzug von 25% von dem Erstkaufpreis ist unangemessen. Eine geltungserhaltende Reduktion auf das gerade noch zulässige Maß von 10%581 ist nicht möglich.582 Auch 15% sollen zu beanstanden sein.583 Die Klausel über den Abzug ist intransparent, wenn die zugrunde liegenden Bezugspreise nicht klar sind.584 Dem Händler darf nicht der Nachweis eines konkret geringeren Abzugs für die Kosten von Bearbeitung und Handling abgeschnitten werden (§§ 307 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 309 Nr. 5b BGB).585 Unwirksam ist die Klausel, bei Rücknahme von Vorführwagen und gefahrenen Lagerwagen werde zusätzlich zu einer Pauschale von 15% je gefahrenen Kilometer 0,06 Cent zu Lasten des Vertragshändlers berechnet, jeweils zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Die Pauschale von 15% verstoße gegen das Transparenzgebot und sei daher unangemessen, da nicht erkennbar werde, von welcher Bezugsgröße die Pauschale von 15% zu berechnen sei. Allerdings blieben die restlichen Bestandteile der Klausel wirksam, da eine pauschale Nutzungsentschädigung in Höhe von 0,06 Cent zuzüglich der tatsächlich anfallenden Umsatzsteuer nicht unangemessen sei.586 Die Regelung, nach der der Händler verpflichtet wird, auf Verlangen des Herstellers den gesamten Lagerbestand an den Hersteller zu verkaufen, ist ebenfalls unwirksam: Der Händler werde bei kundenfeindlichster Auslegung gezwungen, auch solche Lagerware an den Hersteller zu veräußern, die er bereits anderweitig verkauft habe. Damit könne er sich nur entweder gegenüber dem Hersteller oder dem Abkäufer vertragsbrüchig verhalten.587 Die Rücknahmepflicht darf nicht auf „im Eigentum des Händlers stehende Ware“ beschränkt werden. Der Hersteller hat vielmehr auch Ware zurückzunehmen, die der Händler zum Zweck der Eigenfinanzierung an eine konzerneigene Bank des Herstellers sicherungsübereignet hat.588 Unwirksam ist ferner die Klausel, nur beim Hersteller erworbene Lagerware des Kfz-Vertragshändlers werde zurückgekauft. Damit würden Käufe bei anderen Händlern (Querlieferungen) erschwert.589 Gleiches gilt für die

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580 OLG Hamburg, Urt. v. 20.11.2002 – 4 U 211/01, n.v. 581 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; BB 1995, 113 (114). 582 BGH, Urt. v. 23.11.1994 – XIII ZR 254/93, BGHZ 124, 351; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 189. 583 OLG Stuttgart, Urt. v. 22.12.1994 – 13 U 72/94; aA Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 191. 584 BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 193 f. 585 BGH NJW 1994, 1060 (1067); NJW 1985, 320 (326); Köhnen, in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 420. 586 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – XIII ZR 165/92. 587 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 588 KG BB 1999, 1518 m. Anm. Graf v. Westphalen. 589 BGH NJW 2000, 1191 = EWiR 2000, 361 (Emde); v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; aA OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.7.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628. In BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08 wurde die Klausel nicht geprüft, aber auch nicht beanstandet.

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Klausel, Fahrzeuge mit einem Alter von mehr als einem Jahr nicht rückzukaufen.590 Unwirksam ist die Beschränkung der Rücknahmepflicht auf solche Teile, die weniger als 3 Jahre vor Vertragsende geliefert wurden,591 ein aktuelles Modell,592 auf in einer gültigen Ersatzteilliste genannte Teile,593 wiederverkaufsfähige594 oder hochfrequente Teile. Die Rücknahmepflicht darf auch nicht auf 55% des Jahreseinkaufes beschränkt werden.595 Eine eventuelle Ausschlussfrist für die Rücknahme muss angemessen sein. Eine Ausschlussfrist von drei Monaten für den Rückkauf ist zu knapp,596 von 6597 oder 12 Monaten bleibt sie jedoch unbeanstandet.598 Der Händler wäre gerade in der naturgemäß auch sonst mit vielen Schwierigkeiten verbundenen Umstellungsphase nach Beendigung des Händlervertrages erheblich belastet,599 zumal er in der vom BGH überprüften Klausel u.a. zu untersuchen hatte, ob die Teile neu, unbeschädigt, originalverpackt, fachgerecht gelagert und wiederverkaufsfähig waren. Rückkaufrecht des Unternehmers: Hat der Unternehmer sich ein Rückkaufrecht hinsichtlich der noch beim Mittler vorhandenen Vertragsware vorbehalten (was zulässig ist),600 so darf er weder einen Abzug für die Kosten des Transports, noch der Gefahrtragung oder eine sonstige Reduzierung des Rückkaufpreises gegenüber dem Einkaufspreis durch Formularvereinbarung regeln,601 da sonst die Dispositionsfreiheit des Mittlers sowie das Äquivalenzprinzip des Vertrags gestört würden.602 Die Verpflichtung eines HV, vom Unternehmer an Dritte veräußerte Waren vom Unternehmer nach Rückgabe durch den Dritten an den Unternehmer zurückzukaufen (Leasingrückläufer) soll unwirksam sein.603 Zudem trägt der HV hier leitbildwiderstreitend das Geschäftsrisiko. Nach Ansicht des BGH ist die Rückkaufgarantie als Hauptleistungsabrede einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 HGB entzogen.604 Rücksendung von Ersatzteilen: Sie darf nicht von der Genehmigung des Herstellers abhängig gemacht werden.605 Schiedsgerichtsklausel: Unwirksam ist die nach New York weisende Schiedsgerichtsklausel in einem Subway-Franchisevertrag.606

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590 KG BB 1999, 1518 m. Anm. Graf v. Westphalen. 591 BGHZ 124, 351 = BB 1995, 113; Westphal II Rn 98; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 187. 592 BGH NJW 1994, 1060 (1066); aA für zum aktuellen Verkaufsprogramm des Unternehmers zählende Teile BGH WM 2007, 2048; DB 2008, 1913. 593 OLG Stuttgart, Urt. v. 22.12.1994 – 13 U 72/94; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 182 – der Hersteller könnte sonst über die Rücknahmepflicht disponieren. In BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08 wurde die Klausel nicht geprüft, aber auch nicht beanstandet 594 BGH NJW 1994, 1060 (1067); Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 127/04; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 183. 595 Graf v. Westphalen Klauselwerke, Vertragshändlerverträge, Rn 43; Westphal II Rn 97; aA OLG Köln, BB 1987, 148 bei einer Umschlagshäufigkeitslage von zweimal im Jahr. 596 BGH BB 1995, 113 (115) = ZIP 1995, 222 (224); OLG München BB 1996, 1685 = ZIP 1996, 1550 (1553); krit. Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 51. 597 OLG Köln, Urt. v. 28.4.2006 – 19 U 195/05, BeckRS 2008, 12151; Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 51. 598 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.2006 – 5 U 124/05; aA KG BB 1999, 1518 (1519). 599 BGH BB 1995, 113 (115) = ZIP 1995, 222 (224); OLG München BB 1996, 1685 = ZIP 1996, 1550, 1553. 600 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 54. 601 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 54. 602 Köhnen, in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 426. 603 Graf v. Westphalen BB 2009, 2378 (2384), 604 BGH, Urt. v. 9.4.2014 – VII ZR 404/12, BeckRS 2014, 09743. 605 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – XIII ZR 165/92. 606 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436. Für die Anerkennung eines Schiedsspruches auch OLG Bremen, Beschl. v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, OLGR 2009, 155.

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Schulungskosten: Um die Unwirksamkeit der Klausel zu vermeiden, dürfen die Kosten von Schulungsmaßnahmen bei abstrakt-genereller Betrachtung nur in einem angemessenen Verhältnis zu den Umsatzerwartungen des Vertragshändlers stehen.607 Möglicherweise ist, um Unwirksamkeit zu vermeiden, zwischen den Kosten der Schulungsveranstaltung (Unternehmer) und des zu schulenden Personals (etwa Reisekosten) zu unterscheiden.608 Sieht der HV-Vertrag vor, dass der HV auf Kosten des Unternehmers zum Versicherungsfachmann ausgebildet wird, ist eine Klausel, nach welcher er die summenmäßig nicht bekannten Ausbildungskosten bei Abbruch der Ausbildung zurückzahlen muss, wegen § 307 BGB unwirksam. Dies gilt insbesondere, wenn diese Regelung auch bei fristloser Kündigung durch den Handelsvertreter gelten soll, weil sie dann dem zwingenden § 89a widerspricht.609 Schriftformklauseln, und zwar qualifizierte610 sowie einfache611 (zweifelhaft). Schweigen als vereinbarte Zustimmung, etwa bei der Anerkennung von Provisionsabrechnungen. Steuerberater: Bestimmung eines vom Unternehmer vorgeschriebenen Steuerberaters oder anderen Beraters.612 Stornoreserve: Auch im Lichte des zwingenden § 87a Abs. 4 (Verschiebung des Fälligkeitszeitpunkts der Provisionszahlung) soll der Abzug von Teilen der Provision, um eine Stornoreserve aufzufüllen, grds. zulässig sein (§ 92 Rn 17). Es müssen aber transparente und durch den HV beweisbare Voraussetzungen für die Auszahlung der Stornoreserve vereinbart sein, damit die Klausel über den Stornoeinbehalt wirksam ist. Der allgemeine Vorbehalt, demzufolge der HV dem Unternehmer angemessene Sicherheiten zu stellen hat, ist vor diesem Hintergrund problematisch. Die Klausel in dem Vertrag eines VV, wonach dessen Anspruch auf Auszahlung der Stornoreserve nach seinem Ausscheiden erst entsteht, wenn sämtliche Forderungen des Unternehmers gegen ihn ausgeglichen sind und sämtliche Verträge sich außerhalb der Haftungszeit befinden, ist unwirksam, weil sie den VV entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.613 Die Klausel über den Einbehalt der Stornoreserve muss vorsehen, dass die Stornoreserve nach Vertragsende binnen eines angemessenen Zeitraums ausbezahlt wird,614 wobei die Auszahlung innerhalb eines Jahres nach Vertragsende noch angemessen sein soll,615 nicht jedoch erst drei Jahre nach Vertragsende.616 Im Versicherungsvertrieb wird man wegen § 80 Abs. 5 VAG in den von dieser Regelung betroffenen Sparten einen Auszahlungszeitraum von 5 Jahren zulassen müssen. Ist die Regelung zum Einbehalt der Stornoreserve unwirksam, muss das Guthaben vollständig und sofort ausgezahlt werden.617

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607 Genzow Rn 78; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 185. 608 Habersack/Ulmer S. 65. 609 OLG Celle, Urt. v. 24.4.2003 – 11 U 226/02; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 101; aA BAG, Urt. v. 24.10.2002, MDR 2003, 814 (815). 610 BGH NJW 1985, 630; Hopt § 85 Rn 5. 611 Hopt § 85 Rn 5. 612 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 71; Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 167; Liesegang BB 1991, 2381 (2383); aA Flohr Franchise-Vertrag, S. 164. 613 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – 16 U 134/11, NJOZ 2013, 894 m. Anm. Evers VW 2013, 46. 614 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086. 615 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086. 616 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086. 617 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – 16 U 134/11, NJOZ 2013, 894 m. Anm. Evers VW 2013, 46; aA OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.2.1993 – 16 U 79/92.

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Teilkündigungsklauseln.618 Dem HV wird ein Vertrag aufgezwungen, den er so nicht geschlossen hat619 und es werden ihm wesentliche Vertragsrechte einseitig und meist auch ohne Einhaltung der Kündigungsfristen des § 89 entzogen. Dieser einseitige Eingriff in das Vertragsgefüge ist unbillig. Jede Teilkündigungsklausel muss nach § 307 BGB zulässig sein und transparent formuliert werden.620 Insb. ist die Klausel unzulässig, der Hersteller sei berechtigt, durch Teilkündigung mit einer Frist von 12 Monaten unter Aufrechterhaltung des Vertrages im übrigen die Ausübung der Händlertätigkeit zu beschränken oder das Vertragsgebiet zu verkleinern bzw. weitere Vertragshändler einzusetzen und Niederlassungen zu errichten.621 Die Teilkündigung darf insb. nicht daran angeknüpft werden, dass der Anteil der Zulassungen des Händlers an der Gesamtzahl der Zulassungen im Vertragsgebiet 25% unter dem bundesweiten Anteil der Zulassungen der Kfz des Herstellers liegt.622 Auch die Lieferungs- und Zahlungsbedingungen sowie Händlerrichtlinien dürfen nicht mit einer Frist von 12 Monaten durch schriftliche Erklärung abgeändert werden.623 Ob sich die Unzulässigkeit dadurch begründen lässt, mit der Kündigung trete eine unbillige Verschlechterung der Beweislastsituation des HV in Bezug auf den Ausgleichsanspruch ein (weil er bei der Teilkündigung einen begründeten Anlass i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 1 nachweisen muss, was er im Falle einer Änderungskündigung nicht braucht),624 erscheint zweifelhaft, weil es Aufgabe der Rechtsprechung ist, Berechnungswege zu entwickeln. Ausnahmsweise kann die Klausel wirksam sein, wenn für die Teilkündigung eine angemessene, von § 89b unabhängige Kompensation gewährt wird.625 Sie muss jedenfalls die bis zum Ablauf der ersten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Ändernden entstehenden Nachteile des Betroffenen ausgleichen, transparent geregelt sein und darf nicht zu Rechtsunsicherheit führen. Ferner kann die Teilkündigung in Sonderfällen zulässig sein, in welchen evidente und schwerwiegende Kündigungsgründe in den AGB konkret und transparent benannt sind.626 Viele halten die Teilkündigung gänzlich für unwirksam.627 Siehe auch das Stichwort „Vertragsgebiet“. Unterlagen: Pflicht zum Kauf der nach § 86a zu überlassenden Unterlagen, etwa einer Musterkollektion.628 Die Verpflichtung zum Kauf solcher Unterlagen widerspricht dem unabdingbaren § 86a Abs. 1, wonach der Unternehmer dem HV die für

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618 Zum Bankvertrag siehe BGH, Urt. v. 8.11.2005 – XI ZR 74/05, NJW 2006, 430 = DB 2006, 333; zur Unzulässigkeit der Teilkündigung BGH BB 2000, 60 mit Anm. Emde = EWiR 2000, 153 (Emde); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 20. 619 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 81; Nocker Ausgleichsanspruch, Wien 2001, Rn 231 f. 620 Hopt § 89 Rn 18; Oetker/Busche 3. Aufl., § 89 Rn 13. 621 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35. 622 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35 (Benachteiligung bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs, fehlender Ausgleich der Interessen). 623 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 m. Anm. Emde = NJW 2000, 515 = EWiR 2000, 153 (Emde) und Anm. Westphal OLGR 16/2000, K 35. 624 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 m. insoweit abl. Anm. Emde; BGH BB 1984, 233 (235); Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, 4. Aufl. § 89 Rn 16. 625 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde BB 1988, 220; BGHZ 124, 351 (354); 89, 206 (211). 626 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 84. 627 OLG Köln NJW-RR 2002, 602 (603); Emde BB 2000, 63 (65); Genzow Rn 114; Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Vertragshändlerverträge, 1994, Rn 19. 628 LG Stuttgart, Urt. v. 20.2.1990, HVR Nr. 690; OLG Düsseldorf HVR Nr. 770; OLG München HVR Nr. 991; Hopt § 86a Rn 6.

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seine Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen müsse. Auch hier hätte die Entscheidung daher in einem Individualvertrag nicht abweichend lauten dürfen. Untervertreter: Die Klausel, der Hersteller werde eine Zustimmung zu Abschluss, Änderung oder Beendigung eines Untervertretervertrages nur verweigern, wenn sachlich gerechtfertigte Gründe die Verweigerung geboten erscheinen ließen. Durch die Abwägung, ob sachlich gerechtfertigte Gründe die Verweigerung geboten erscheinen ließen, entstehe ein ungerechtfertigter Ermessensspielraum.629 Unwirksam ist auch die in einem Untervertretervertrag enthaltene Klausel, wonach ein Anspruch auf Provision beim Untervertreter erst entsteht, falls beim Hauptvertreter für das vom Untervertreter vermittelte Geschäft Provisionszahlungen eingegangen sind. Dies gilt auch für die Klausel, nach der Provisionsansprüche des Untervertreters davon abhängen, dass der Hauptvertreter Provisionen innerhalb von 3 Monaten nach Beendigung des Vertriebsvertrags für von dem Untervertreter vermittelte Geschäfte erhalten hat.630 Nach §§ 87, 87a ist für das Bestehen eines Provisionsanspruchs des HV maßgeblich, ob das vermittelte Geschäft abgeschlossen und ausgeführt wird. Das Entstehen und ein etwaiges Erlöschen des Provisionsanspruchs knüpft stets an Umstände des „Hauptgeschäfts“ an. Demgegenüber würde nach der genannten Klausel der Provisionsanspruch nur bestehen, wenn der Hauptvertreter eine Provisionszahlung erhalten hat, und zwar unabhängig von Abschluss, Ausführung oder Erfüllung des vermittelten Geschäfts. Dies steht mit der gesetzlichen Konzeption des Provisionsanspruchs nicht in Einklang. Daran ändert auch nichts, dass von den Regelungen der §§ 87, 87a Abs. 1 grds. zu Lasten des HV abgewichen werden kann. Generell kann aus dem Umstand, dass gesetzliche Regelungen abdingbar sind, nicht auf die Zulässigkeit bestimmter Abweichungen gerade in AGB geschlossen werden.631 Die Ansprüche ständen letztlich im Belieben des Hauptvertreters. Die letztgenannte Klausel verstößt zudem gegen die zwingenden § 87a Abs. 3 S. 1, Abs. 5. Der HV besitzt einen Provisionsanspruch auch dann, wenn der Unternehmer das Geschäft nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen wird. Ein Geschäft wird auch dann „nicht so ausgeführt wie es abgeschlossen worden ist“, wenn es verspätet ausgeführt wird. Es kann deshalb Fälle geben, in denen der Hauptvertreter wegen „verspäteter“ Ausführung des Vertrags durch den Unternehmer einen Anspruch auf Provision auf Grund des durch den Untervertreter vermittelten Vertrags hat, Provisionszahlungen auch tatsächlich erhält und gleichwohl Provisionen nicht auszuzahlen hat. Verjährung: Wenig beachtet werden nicht zum Vertriebsrecht ergangene Entscheidungen des BGH: danach sind sowohl innerhalb632 wie außerhalb des unternehmerischen Verkehrs633 Klauseln unwirksam, wenn sie für den Verjährungseintritt eine Haftung generell ausschließen, ohne hiervon ausdrücklich Fälle des Vorsatzes sowie der §§ 307, 309 Nr. 7, 202 BGB auszunehmen. Unwirksamkeit tritt ebenso ein bei Verjährung der Ansprüche binnen 6 Monaten nach Fälligkeit (Verstoß gegen Treu und

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629 OLG Frankfurt, Urt. v. 25.2.2004 – 1 U 31/03. 630 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703 = BB-online BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de. 631 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1700) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4, www.betriebsberater.de. 632 BGH, Urt. v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486; v. 29.5.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 = BB 2008, 1529; v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674; OLG Köln, Urt. v. 16.4.2010 − 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056; aA für den unternehmerischen Verkehr LG Stuttgart, Urt. v. 3.8.2011 – 39 O 19/10 KfH. 633 BGH, Urt. v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774; OLG Köln, Urt. v. 16.4.2010 − 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056; Palandt/Grüneberg § 309 Rn 48.

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Glauben)634 bzw. falls alle Ansprüche aus dem Vertrag unabhängig von einer Kenntnis des HV 12 Monate nach dem Eintritt der Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs verjähren.635 Die Bestimmung könne zur Folge haben, dass Ansprüche verjähren, ehe der HV von ihrer Existenz Kenntnis erlange.636 Es sei ein Gebot Treu und Glaubens, die Verjährung nicht beginnen zu lassen, ehe der Berechtigte in der Lage sei, den Anspruch geltend zu machen.637 Zudem benachteilige die Klausel den HV unangemessen und sei mit wesentlichen Grundgedanken des § 88 (nach Streichung: § 195 BGB) unvereinbar.638 Klapperich639 sowie das OLG München640 widersprechen dem: Es bestehe, so Klapperich, für beide Vertragspartner ein Interesse, verjährungsverkürzende Vereinbarungen zu treffen. Nach Ansicht des OLG München641 hält die Klausel „die Verjährungsfrist für Ansprüche der Vertragsparteien beträgt abweichend von § 88 HGB (a.F.) ein Jahr. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist“, der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB stand. Entgegen dem BGH642 sei der Lauf der Verjährung unabhängig von der Kenntnis des VV von seinen Ansprüchen nicht zu beanstanden. Der Vertrag sehe weder einen Gebiets- noch Kundenschutz vor und der HV sei über mögliche Ansprüche stets informiert worden. Mit dem BGH ist dem OLG München nicht zuzustimmen: Grundsätzlich weisen gesetzliche Vorschriften über die Verjährung einen hohen Gerechtigkeitsgehalt auf.643 Dieser ist in einem formularmäßigen HV-Vertrag zu respektieren.644 Wenngleich bei verheimlichten Ansprüchen der HV im Wege der Naturalrestitution so wie bei zeitgerechter Information zu stellen ist,645 bleibt es ein Element elementarer Gerechtigkeit, dass der Lauf der Verjährung nicht vor Kenntnis des HV von seinen Ansprüchen beginnen darf. Fehlende Kenntnis ist insb. bei Direktgeschäften oder bei Ausführung abweichend von den Bestimmungen des vermittelten Vertrag (§ 87a Abs. 3) denkbar. Unzulässig ist wegen §§ 307, 89b Abs. 4 S. 1 eine unterhalb der 1-jährigen Geltungsmachungsfrist des § 89b vereinbarte Verjährungsfrist, soweit der Ausgleichsanspruch erfasst sein soll.646 Eberstein647 hält nach

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634 OLG Celle, Urt. v. 12.2.1988, NJW-RR 1988, 1064; aA LG Münster, Urt. v. 30.3.1978 – 7b O 169/77, n.v. sowie mglw. BGH, Urt. v. 10.5.1990, BB 1990, 2066 (2067) – mglw. inzwischen überholt. 635 BGH, Urt. v. 3.4.1996, MDR 1996, 801 = NJW 1996, 2097; OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/ 10, BeckRS 2010, 27223; Urt. v. 15.11.2000 – 7 U 3545/00, OLGR München 2001, 111; v. 7.2.1996 – 7 U 5042/ 95, NJW-RR 1996, 991; OLG Hamm, Urt. v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Celle, Urt. v. 12.2.1988 – 11 U 62/87, NJW-RR 1988, 1064; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88 Rn 9; aA OLG München v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zu einem Sonderfall (zwh.). 636 BGH, Urt. v. 10.5.1990, BB 1990, 2060; v. 3.4.1996, MDR 1996, 801 = NJW 1996, 2097; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. 637 OLG Hamm, Urt. v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. Das kann aber nur für die gesetzliche Fristen verkürzende Klauseln gelten, da auch das Gesetz kenntnisunabhängige Verjährungsregeln kennt. 638 OLG Celle, Urt. v. 12.2.1988, NJW-RR 1988, 1074. 639 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 103. 640 OLG München, Urt. v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, BB 2008, 117 = VersR 2009, 112. 641 OLG München, Urt. v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, BB 2008, 117 = VersR 2009, 112. 642 Urt. v. 3.4.1996, VersR 1996, 848 = NJW 1996, 2097. 643 Emde VersR 2001, 148 (151). 644 OLG München, Urt. v. 7.2.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991 (992). 645 BGH, Urt. v. 28.1.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 646 BGH, Urt. v. 3.4.1996, VersR 1996, 848 = NJW 1996, 2097; OLG München, Urt. v. 15.11.2000 – 7 U 3545/00, OLGR München 2001, 111; v. 7.2.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991; OLG Hamm, Urt. v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Celle, Urt. v. 12.2.1988 – 11 U 62/87, NJW-RR 1988, 1064; Küstner in: Küstner/Thume I, 3. Aufl., Rn 1305; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 9; aA OLG München, Urt. v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zu einem Sonderfall (zwh.). 647 Der Handelsvertreter-Vertrag, S. 180.

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Fortfall des § 88 jede verjährungsverkürzende Regelung – auch individualvertraglich – für unzulässig (zwh., siehe Rn 528 ff.). In Vertragshändlerverträgen dürften zwei Jahre unterschreitende, kenntnisunabhängige Verjährungsklauseln problematisch sein, und zwar schon wegen der Einschränkung der Rückgriffsmöglichkeiten nach §§ 479, 478 Abs. 4 BGB. Vertragsgebiet, Änderungen: Hier gilt das zur Teilkündigung Gesagte entsprechend. Vertragslaufzeit: Zu lange Unkündbarkeit. Die formularmäßig zulässige Grenze soll bei ca. 10 Jahren liegen,648 es sei denn, es gibt – der Transparenz wegen – möglichst im Vertrag benannte Gründe für eine längere Laufzeit. Nach Ansicht von Niebling649 sind Vertragshändler- und Franchiseverträge mit einer 5 Jahre übersteigenden Vertriebsbindung unwirksam, weil die Laufzeit dem Leitbild der GVO 330/10 widerspricht. Dies dürfte zwh. sein, weil die 5-jährige Laufzeit nur für dem Vertriebsmittler auferlegte Wettbewerbsverbote gilt. Die 20-jährige Laufzeit eines Franchisevertrages soll gem. § 307 BGB unwirksam sein.650 Vertragspartner: Recht des Unternehmers, an seiner Stelle jederzeit einen anderen Vertragspartner einzusetzen, es sei denn, es existieren sachliche Gründe und sie werden enumerativ benannt (etwa Aufbau eines mehrstufigen Vertriebssystems).651 Anderenfalls könnte der Unternehmer dem Mittler einen insolventen Vertragspartner unterschieben, was bereits § 826 BGB widersprechen dürfte. Vertragsstrafe: – Eine AGB, wonach eine Vertragsstrafe unabhängig von dem Verschulden des Vertragspartners verwirkt werden kann652 – Vertragsstrafe zur Absicherung eines Wettbewerbsverbots in Höhe einer doppelten Monatsprovision (hier: 17.000 EUR) für jeden Fall der Zuwiderhandlung, weil sie zur Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz des HV führen kann.653 – Vertragsstrafe eines Franchisevertrages in Höhe von 2.500 EUR zuzüglich MwSt für jeden Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot und die Geheimhaltungspflicht unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs, sofern das Vertragsstrafeversprechen verschuldensunabhängig gelten soll. Eine solche Regelung ist nur bei gewichtigen Gründen zulässig. – Vertragsstrafeversprechen in einem Vertrag mit einem unechten Hauptvertreter, nach der sich dieser verpflichtet, für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen ein Abwerbeverbot eine Vertragsstrafe von 5.000 EUR zu zahlen. Grund: Die Vertragsstrafe differenziert weder nach der objektiven Schwere des Verstoßes, etwa Versuch und Vollendung, noch dem Grad des Verschuldens. Auch fehlt eine Obergrenze.654 Unwirksam ist auch die Vereinbarung, dass für jeden Fall der Abwerbung eines Vertriebspartners eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 EUR „unter Ausschluss des Fortsetzungszusammenhangs“ versprochen wird. Der generelle Ausschluss der Einrede des Fortsetzungszusammenhangs benachtei-

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648 Vgl. zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 80; aA Niebling JR 2009, 393. 649 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (85); Niebling WRP 2009, 153 (154); Niebling JR 2009, 393. 650 LG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2013 – 14c O 129/12U, BeckRS 2014, 10383. 651 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 77. 652 BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878. 653 OLG Hamm, Urt. v. 2.12.1983, MDR 1984, 404. 654 LG Gießen, Urt. v. 31.8.2001 – 8 O 78/99. Problem der Obergrenze: Der Vertriebsmittler kann sich ausrechnen, ob sich Vertragstreue oder Vertragsverstoß eher lohnen, s. Flohr ZVertriebsR 2012, 53.

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ligt den Verwendungsgegner unangemessen; die Vertragsstrafenbestimmung ist insgesamt unwirksam.655 Vertragsstrafe von 2.500 EUR für jeden Wettbewerbsverstoß, unabhängig von der Schwere und dem Verschulden sowie ohne Obergrenze. Das Bedürfnis, sich gegen einen Wettbewerbsverstoß durch eine Vertragsstrafe zu sichern, sei nicht übermächtig groß. Denn dem Unternehmer stehe ein Schadenersatzanspruch zu, der sich auch durchsetzen lasse, weil sowohl der Ersatzanspruch wie die Vertragsstrafe voraussetzten, dass der Verstoß bekannt sei. Die Möglichkeit der Herabsetzung nach § 343 BGB bleibe im Klauselkontrollverfahren außer Betracht.656 Eine dem VV auferlegte Vertragsstrafe für jeden vorsätzlichen und fahrlässigen Wettbewerbsverstoß von 25.000 EUR ohne Differenzierung nach der Schwere des Verstoßes benachteiligt den HV unangemessen i.S.d. § 307 BGB, weil die Pönale auch im Falle leicht fahrlässiger Verstöße fällig gestellt werden soll, etwa nach Vermittlung einer Kfz-Versicherung an einen Kunden, von dem der VV die Eigenschaft als Kunde des Unternehmers nicht kannte.657 Die Klausel, nach der eine Vertragsstrafe nicht auf den aus demselben Grund resultierenden Schadenersatzanspruch anzurechnen ist.658 Eine zu hohe und verschuldensunabhängige Vertragsstrafe.659 Die Vertragsstrafe muss auch bei geringstmöglichem Verdienst noch angemessen sein.660 Die Unwirksamkeit kann sich auch daraus ergeben, dass nur der Vertreter die Strafe leisten soll (etwa bei beide Parteien treffenden Wettbewerbsverbot).661 Wenn einem HV für jeden Fall der Verletzung des Kunden- wie Quellenschutzes eine „Konventionalstrafe“ von 50.000 EUR auferlegt wird.662 Die unangemessen hohe Vertragsstrafe verstoße gegen Treu und Glauben. AGB unterlägen einer Inhaltskontrolle, ob sie eine § 242 BGB widerstreitende Benachteiligung des Vertragspartners enthielten. Eine „Einheitsstrafe“ dürfe nur so hoch sein, dass sie auch im Falle der geringsten denkbaren Pflichtverletzung angemessen bleibe. Daran mangele es hier. Die Regelung, wonach der Vertriebsmittler (im entschiedenen Fall ein Kommittent) für von ihm leicht fahrlässig verursachte Betriebsunterbrechungen beim anderen Vertragsteil nicht haftet und für den Fall der Verletzung wesentlicher Vertragspflichten eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 EUR unabhängig davon zu zahlen hat, ob er die Pflichtverletzung zu vertreten hat oder gewichtige Interessen des Unternehmers die Vereinbarung einer verschuldensunabhängigen Vertragstrafe in AGB ausnahmsweise rechtfertigen.663 Vertragsstrafe wegen Nichtentfernen von Werbehinweisen und Markenzeichen in Höhe von 2.500 EUR, bei Dauerhandlung oder fortlaufender Verletzung

655 OLG Köln, Beschl. v. 15.6.2010 – 19 U 53/10, BeckRS 2011, 04593; OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (zu einem Franchisevertrag); LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651. 656 OLG München, Urt. v. 13.12.1995 – 7 U 5432/95, NJW-RR 1996, 1181 = DB 1996, 422; aA zu § 348 HGB OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 657 OLG München, Urt. v. 29.7.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell; LG Erfurt, Urt. v. 1.6.2011 – 10 O 1247/10, BB 2011, 2516 (zum Franchisevertrag) m. krit. Bespr. Ayad und Flohr ZVertriebsR 2012, 52. 658 BGH, Urt. v. 21.11.1991, MDR 1992, 951. 659 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 5 Rn 95. 660 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 79. 661 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 79. 662 LG Coburg – 23 O 176/00, MDR-Report 20/2000, R 21. 663 BGH BB 2003, 1463 (1464).

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für jeden weiteren Tag der Zuwiderhandlung eine weitere Vertragsstrafe von 50 EUR je Tag. Die Vertragsstrafe ist unangemessen hoch, da die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu dessen Folgen für den Vertragspartner steht. Unverhältnismäßig ist die Vertragsstrafe, da ihre Höhe nicht am Gewicht des Vertragsverstoßes ansetzt, sich mit fortschreitender Dauer des vertragswidrigen Zustandes kontinuierlich steigert und weder eine zeitliche noch eine summenmäßige Beschränkung vorgesehen ist.664 – Vertragsstrafe für die verspätete Räumung der Station durch Tankstellen-HV von 500 EUR täglich ohne Schadensnachweis:665 Zwar bestehe ein Interesse an Räumungsdruck. Jedoch werde bereits nach 10 Tagen ein Betrag errreicht, der den Monatsverdienst des HV übersteige. – Die in AGB eines VV-Vertrag enthaltene Vertragsstrafeklausel: „Eine Vertragsstrafe ist verwirkt, wenn der Finanzdienstleister Kunden dazu überredet, Verträge aus dem Bestand beitrags- oder prämienfrei zu stellen, zu widerrufen, zu kündigen oder die geschuldeten Entgelte nicht mehr an die Partnergesellschaft zu zahlen. In diesem Fall beläuft sich die Vertragsstrafe auf das 3-fache der Provision, die dem Finanzdienstleister in den nächsten 12 Monaten aus dem Geschäft zugeflossen wäre, wenn der Vertrag weiterhin prämien- und beitragsaktiv im Bestand verblieben wäre“ benachteiligt den VV unangemessen und ist gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.666 Zum Einen verspricht die Klausel eine Vertragsstrafe unabhängig von einem Verschulden.667 Zum Anderen gilt dass in der inkriminierten Klausel angesprochene Verbot, Kunden dazu zu überreden, Verträge aus dem Beitrag/der Prämie freizustellen, zu widerrufen, zu kündigen oder die geschuldeten Entgelte nicht mehr an die Partnergesellschaften zu zahlen, ausnahmslos für sämtliche Verträge, unabhängig von der Sparte, der verbleibenden Laufzeit des Vertrages sowie den Gründen für die Kündigung, die Beitragsfreistellung usw. Es gibt auch keine zeitliche Begrenzung für das Verbot. Dieses sachlich und zeitlich uneingeschränkte Verbot benachteiligt den VV unangemessen.668 – Kumulation von Vertragsstrafe und Schadenersatz statt der Leistung.669 Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe auf das gerade noch zulässige Maß soll bei AGB wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion nicht in Betracht kommen.670 Vorführwagen: Die Pflicht zum Vorhalten einer Mindestzahl an Vorführwagen widerspricht Art. 3 Abs. 6 lit. d GVO 1400/02. Es werde zu Lasten der Händler der Spielraum für eine den vertraglichen Vorgaben entsprechende einvernehmliche oder durch einen unabhängigen Sachverständigen vorzunehmende Festsetzung des Bestands an Vorführwagen eingeengt. Gleiches gelte für ein Bestimmungsrecht in Bezug auf die Mindestanzahl sowie den Wechselintervall der Vorführwagen. Eine Freistellung der Klauseln nach Art. 101 Abs. 3 AEUV habe das Berufungsgericht zu

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664 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.2003 – 26 O 218/97. 665 KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06. 666 BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90. 667 BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878. 668 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90 (94); i.E. auch BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878. 669 BGH BB 1992, 307; Hopt § 86 Rn 32. 670 LG Erfurt, Urt. v. 1.6.2011 – 10 O 1247/10, BB 2011, 2516 (zum Franchisevertrag) m. krit. Bespr. Ayad und Flohr ZVertriebsR 2012, 52.

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prüfen.671 Unwirksam ist ferner die Klausel, Voraussetzung für die Gewährung des Grundrabattes sei die verbindliche Einhaltung der im Verkaufsplan vereinbarten Menge an Lager- und Vorführfahrzeugen. Die Klausel stellt allein auf die Menge von Lager- und Vorführwagen ab, wodurch der Grundrabatt verweigert werden kann, wenn die vereinbarte Anzahl an Lager- und Vorführwagen auch nur eine Woche nicht eingehalten wird. Zwar hat der Hersteller einen Anspruch darauf, dass der Vertragshändler die im Absatzplan individuell vereinbarte Zahl an Lager- und Vorführwagen anschafft und vorhält. Die Sanktion darf jedoch nicht außer Verhältnis stehen zu dem Gewicht des Vertragsverstoßes und seinen Folgen für den Vertragspartner.672 Aus dem gleichen Grund ist auch eine Klausel unwirksam, der zufolge ein Vertragshändler, welcher keinen aktuellen Vorführwagen – maximal 6 Monate zugelassen – unterhält, einen 3% unter dem Grundrabatt liegenden Rabatt erhält.673 Vorführwagenrabatt: Ein Vorführwagenrabatt ist zwar zulässig.674 Unwirksam ist hingegen die Klausel, sämtliche Modellreihen sollten im Bestand der Vorführfahrzeuge repräsentiert sein. Der Hersteller versuche, durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten der Vertragspartner durchzusetzen, ohne vorher die Belange des Händlers hinreichend zu berücksichtigen und einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.675 Werbung: Durchführung eigener Werbemaßnahmen des Franchisenehmers nur mit Zustimmung des Franchisegebers, aber Beteiligung an den Kosten „geeigneter Werbemaßnahmen“ des Franchisegebers mit monatlich 200 EUR zuzüglich MwSt.676 Wettbewerbsverbot des HV: Siehe zunächst § 86 Rn 80 ff. Eine geltungserhaltende Reduktion ist jedenfalls bei Überdehnung des sachlichen und räumlichen Geltungsbereichs nicht möglich677 (Vgl. zum Parallelproblem bei § 90a dort). – Ein über die gesetzliche Bindung aus der Interessenwahrnehmungspflicht hinausgehendes vertragliches Wettbewerbsverbot soll von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweichen (§ 307 Abs. 2 S. 1 BGB) und nur bei Vorliegen besonderer Umstände wirksam sein.678 Das erscheint zweifelhaft, weil sich der Existenz des § 90a die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen entnehmen lässt. Zudem handelt es sich bei der Erweiterung des Wettbewerbsverbots nur um eine Konkretisierung der gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht, die auch innerhalb eines Vertriebsnetzes durch AGB vorgenommen werden darf. – Intransparentes Verbot der Tätigkeit für einen anderen Unternehmer, der nach dem gleichen „Verkaufssystem“ arbeitet.679 – Klausel, die jede „Unterstützung“ eines Wettbewerbers mit einer Vertragsstrafe belegt, und zwar wegen Intransparenz.680 Wettbewerbsverbot des Unternehmers: Der Unternehmer soll sich nur individualvertraglich Direktlieferungen in das Gebiet des HV vorbehalten dürfen.681 Das ist

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671 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 672 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – XIII ZR 165/92. 673 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – XIII ZR 165/92. 674 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1992 – 6 U 105/91. 675 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 676 OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. 677 AA Bernhard NJW 2013, 2785 (2788/2789) – geltungserhaltende Reduktion möglich. 678 OLG München NJW-RR 1995, 292; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; aA für den VV OLG München BB 1993, 1835; s.a. BGH BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707. 679 OLG München NJW-RR 1995, 292. 680 OLG München, Urt. v. 13.12.1995 – 7 U 5432/95, NJW-RR 1996, 1181 = DB 1996, 422. 681 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30.

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fraglich, denn der Unternehmer unterliegt grds. keinem Wettbewerbsverbot. Unzulässig ist die Direktlieferung damit nur, wenn die in § 86a Rn 33 ff. genannten Grenzen überschritten werden, dann aber auch als Individualvereinbarung (§§ 138, 242 BGB, Rechtsgedanke des § 86a Abs. 3). Zudem muss der Unternehmer für die Direktlieferungen einen angemessenen Ausgleich vorsehen (siehe Rn 55, Stichwort „Direkt- oder Eigengeschäfte“; Rn 56, Stichwort „Direktverkäufe des Herstellers“). Zurückbehaltungsrecht: Ausschluss oder Einschränkung des Zurückbehaltungsrechts des § 88a Abs. 2, und zwar wegen Verstoßes gegen das gesetzliche Leitbild,682 auch zu Gunsten des HV683 (zwh.). Zwangsbelieferungsklauseln.684 Zweitmarke: Unwirksam ist das Verbot, für ein Zweitfabrikat Nutzen aus von Citroen getätigten Investitionen zu ziehen. Es sei unvermeidlich, dass von Citroen geschultes Personal erworbene Kenntnisse für die Wartung an Fahrzeugen der Zweitmarke anwende.685 b) Wirksame Klauseln. Wirksam sollen dagegen die nachfolgenden Klauseln sein: Ablehnung eines vermittelten Geschäfts: falls dem Unternehmer die Ablehnung eines vom HV vermittelten Geschäfts gestattet wird,686 jedoch nicht bei willkürlichem Ablehnungsrecht.687 Abtretung: Die Abtretbarkeit von Provisionsansprüchen kann auch durch AGB ausgeschlossen werden,688 wobei aber meist § 354a entgegensteht. Alleinvertriebsrecht: Ein Entgelt für dessen Einräumung soll verlangt werden dürfen.689 Angeblich soll auch die Klausel zulässig sein, dass ein Alleinvertriebsrecht mit Zugang der Kündigung entfällt, sofern eine finanzielle Kompensation geleistet wird.690 Altersversorgung: Sofern eine vom Unternehmer gewährte Altersversorgung entfällt, wenn ein Ausgleichsauschlussgrund nach § 89b Abs. 3 gegeben ist, ist dies nicht zu beanstanden. Eine dahingehende Regelung hält auch § 307 BGB stand.691 Aufwendungen: Nicht zu beanstanden ist eine vom Unternehmer vorgegebene AGB, die sämtliche, regelmäßig im Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen des HV durch die Zahlung der Provision für vollständig abgegolten erklärt.692 Sie steht nicht im Widerspruch zu § 87d. Ausgleichsanspruch: – Die AGB „mit der Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs verzichtet der Vertreter auf die unternehmerfinanzierte Altersversorgung“ verstößt nicht gegen

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682 BGH, Urt. v. 29.3.1995, BGHZ 129, 186 = NJW 1995, 1552 (1554); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 30. 683 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 684 Zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 9 Rn 75; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 207. 685 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 686 Hopt § 86a Rn 13. 687 H. Schmidt in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. § 310 BGB Rn 406; aA wohl Hopt § 86a Rn 13 (freies Ablehnungsrecht darf vereinbart werden). 688 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9. 689 BGH NJW-RR 1993, 376. 690 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362; in diese Richtung auch OLG München, Urt. v. 14.10.1993 – U (K) 5333/92, WuW/E OLG 5206 (5210), das annimmt, der Hersteller dürfe während der Kündigungsfrist trotz Alleinvertriebsrecht einen weiteren Händler einsetzen. 691 LG Potsdam, Urt. v. 9.4.2008 – 52 O 9/07, n.v. 692 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 23.

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die zwingende Natur des Ausgleichs (§ 89b Abs. 4), weil der Ausgleich selbst unberührt bleibt und lediglich die Altersversorgung entfällt. § 89b Abs. 4 verbietet Vereinbarungen, durch die der Ausgleichsanspruch von vom Gesetz nicht vorgesehenen Voraussetzungen abhängig gemacht wird. Dagegen verstoßen Abreden, die sich wie die vorgenannte nur mittelbar auf ihn auswirken, nicht gegen § 89b Abs. 4.693 Die Frage, welchen Anspruch der HV wähle, stelle eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffende Entscheidung dar, berühre aber die Rechtsposition des Ausgleichs nicht.694 Auch ein Verstoß gegen § 307 BGB scheide aus.695 Einen Widerspruch zur BGH-Rechtsprechung über die Unwirksamkeit einer formularmäßig vereinbarten Anrechnung der Altersversorgung liege nicht vor. Es gehe bei der Klausel nicht um die Anrechnung eines bestehenden Anspruchs auf den Ausgleich. Vielmehr werde die Altersversorgung unter der auflösenden Bedingung der Nichtgeltendmachung des Ausgleichs begründet. Der Umstand, dass bei Beendigung des Vertragsverhältnisses in vielen Fällen die Höhe des Ausgleichs noch nicht feststehe, so dass der Vertreter bei dessen Geltendmachung u.U. die für ihn günstigere Altersversorgung verliere, stelle keine unangemessene Benachteiligung dar. Die Berechnung und Durchsetzung des Ausgleichs falle in den Risikobereich des Vertreters. Mit der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 stehe ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung, sich über die Höhe und den Umfang des Ausgleichs im klaren zu werden. Verlängerung der Ausschlussfrist des § 89b Abs. 4 S. 2 bei gleichzeitiger Verkürzung der Verjährungsfrist, sofern die Verjährungsklausel den o.g. Anforderungen genügt. Der Ausgleichsanspruch des außerhalb der EU oder des EWR tätigen HV darf nach § 92c Abs. 1 mittels AGB ausgeschlossen werden.696 Ausschluss der nach h.M. für den Ausgleich HV-ähnlicher Mittler konstitutiven vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes (§ 89b Rn 41 ff.), also der Tatbestandsvoraussetzungen für eine solche Analogie. Ist etwa aufgrund der Regelungen eines Händlervertrages die Weitergabe der Kundendaten an den Hersteller ausgeschlossen und werden Kundendaten zu Marketingzwecken vom Händler ausschließlich an ein externes Marketingunternehmen übermittelt, welches sie nicht an den Unternehmer herausgibt, schuldet der Hersteller keinen Ausgleich.697 Die Regelung gibt also nur die nach h.M. bestehende Rechtslage wieder, derzufolge ohne vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes kein Ausgleichsrecht besteht.698 Zu einem anderen Ergebnis könnte man nur gelangen, wenn man wegen des geschäftsbesorgenden Charakters solcher Verträge den Widerspruch zum dispositiven Recht im Ausschluss der §§ 675 Abs. 1, 666 BGB sähe. Aber auch dann fehlt eine unbillige Benachteiligung des Mittlers, da er den die Ausgleichsvergütung rechtferti-

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693 BGH DB 2003, 1568 (1569). 694 BGH DB 2003, 1568 (1569). 695 BGH DB 2003, 1568 (1569). 696 OLG München, Urt. v. 11.1.2002 – 23 U 4416/01, MDR 2002, 1385 = RIW 2002, 319 = EWiR 2002, 485 (Emde) mit zust. Anm. Mankowski MDR 2002, 1352 und Bälz NJW 2003, 1559; OLG München, Urt. v. 20.11.2002 – 7 U 5609/01, EWiR 2003, 527 mit abl. Besprechung Evers; gegen die Zulässigkeit des Ausgleichsauschlusses Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83); ders. WRP 2010, 1454 (1458). 697 OLG Köln, Urt. v. 4.5.2001 – 19 U 13/01, VersR 2002, 1102; krit. Niebling WRP 2009, 153 (156). 698 Canaris § 17 Rn 27 hält hier einen Umgehungsversuch in Analogie zu § 89b Abs. 4 für naheliegend und gewährt dem Mittler bei fehlender Aufklärung über die Klausel einen Schadenersatzanspruch nach §§ 311, 280 BGB.

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genden Teil seiner Gegenleistung, die Zuführung des Kundenstammes, nicht zu erbringen braucht. Behaltensklausel für Vertriebsvergütungen: Die folgende Klausel in der „Rahmenvereinbarung für Wertpapiergeschäfte“ einer Bank ist wirksam: „Der Kunde erklärt sich damit einverstanden, dass die Bank die von dem Emittenten an sie geleisteten Vertriebsvergütung behält, vorausgesetzt, dass die Bank die Vertriebsvergütung nach den Vorschriften des WpHG (insbesondere § 31d WpHG) annehmen darf. Insoweit treffen der Kunde und die Bank die von der gesetzlichen Regelung des Rechts der Geschäftsbesorgung (§§ 675, 667 BGB, 384 HGB) abweichende Vereinbarung, dass ein Anspruch des Kunden gegen die Bank auf Herausgabe der Vertriebsvergütung nicht entsteht.“.699 Voraussetzung ist aber, dass der Kunde den wirtschaftlichen Wert seines Verzichts einschätzen kann.700 Berichtspflicht: Regelungen zu ihrer Ausgestaltung,701 es sei denn, der HV wird durch Übermaßberichte gegängelt, insbesondere wenn seine Selbstständigkeit berührt wird. Besichtigung des Betriebes des FN: Kontrollrechte des FG sind grds. akzeptabel, soweit sie sich im Rahmen des Erforderlichen bewegen. Diese gilt, soweit der FG den FN darauf kontrolliert, ob die Qualitätsstandards eingehalten sind, weil dies zur Sicherung von Identität und Integrität des Franchisesystems notwendig ist. Auch das Interesse des FG an ordnungsgemäßen Abrechnung der Franchisegebühr ist zu berücksichtigen, weil sich damit auch das Recht des FG legitimiert, in die Geschäftsbücher, Bilanzen pp. des FN Einblick nehmen zu können.702 Betriebspflichten des Franchisenehmers und die entsprechenden Kontrollrechte des Franchisegebers sind mit § 307 BGB vereinbar, wenn sie zur Sicherung von Identität und Integrität des Franchisesystems erforderlich sind.703 Sie sind Ausdruck der Absatzförderungspflicht des FN sowie seiner lizenzvertraglichen Pflicht zur Nutzung der Marke. Der FG hat ein Interesse an Betriebspflichten und entsprechenden Kontrollrechten, weil dies für die ordnungsgemäße Abrechnung der zumeist umsatzbezogenen Franchisegebühr erforderlich ist.704 Bonuszahlungen: Die Regelung in einem HV-Vertrag, die Bonuszahlungen von einem durch den Untervertreter selbst vermittelten Basisprovisionsumsatz abhängig macht und ein zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Bonusprovisionen ungekündigtes Vertragsverhältnis voraussetzt, begegnet keinen rechtlichen Bedenken.705 Das HVRecht sieht einen Anspruch auf Bonuszahlungen nicht vor. Es handelt sich um freiwillige Leistungen, die Belohnungs- und Motivationselemente enthalten und folglich freier als die §§ 87 ff. angeknüpft werden können.706 Direktverkäufe des Herstellers: Die Klausel: „Soweit durch Direktverkäufe der Absatz des Händlers in seinem Vertragsgebiet im Einzelfall nachweislich beeinträchtigt wird, kann der Händler von XY einen angemessenen Ausgleich verlangen. Ge-

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699 BGH, Urt. v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, ZIP 2014, 310; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.8.2012 – 10 U 85/11, ZIP 2012, 2337 = WM 2012, 1951. 700 BGH, Urt. v. 14.1.2014 – XI ZR 355/12, ZIP 2014, 310. 701 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42 vertritt hingegen die generelle Unzulässigkeit formularvertraglicher Regelungen zur Berichtspflicht. 702 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 – Subway. 703 Liesegang BB 1991, 2381 ff. 704 Liesegang BB 1991, 2381 ff. 705 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. 706 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703.

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gebenenfalls wird dieser Ausgleich von XY nach billigem Ermessen bestimmt“:707 Sie ist hinreichend transparent. Für den Direktbelieferungsvorbehalt von Großkunden gebe es sachliche Gründe, etwa den Wunsch nach Bindung an den Hersteller. Zwar muss ein Hersteller Mittlern bei deren weitgehender Eingliederung in seine Vertriebsorganisation und Abhängigkeit von Weisungen und Entscheidungen des Herstellers für eventuelle, mit einem Direktbelieferungsvorbehalt verbundene Beeinträchtigungen eine angemessene Kompensation unter Einschluss entgangenen Gewinns gewähren. Eine konkrete Aufzählung aller mglw. in Betracht kommender Nachteile ist aber nicht erforderlich.708 Dem Mittler obliege nach dispositivem Recht die Beweislast für einen Schaden. Bei der Beschränkung der Kompensation auf „nachweisbare Beeinträchtigungen“ fehle mithin eine Abweichung vom Gesetz (§ 309 Nr. 12 BGB). Zur Art der Beeinträchtigung könne der Händler ohnehin besser als der Hersteller vortragen.709 Die Gründe für eine Direktbelieferung müssen angeblich erheblich sein.710 Nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl hat die Vertragsklausel Höhe und Berechnungsgrundlagen der Kompensation zu regeln.711 CI: Die Vorgabe einer CI, sofern die Üblichkeiten im Handel und die Leistungsfähigkeit der Mittler nicht wesentlich überschritten werden.712 Zu Änderungsvorbehalten s.o. Einkaufsvorteile des Franchisegebers: Die Klausel, Einkaufsvorteile verblieben beim Franchisegeber, soll dem Transparenzgebot genügen und den FN nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligen.713 Auch eine Klausel, kraft derer der FN pauschal auf sämtliche Auskunfts- und Herausgabeansprüche betreffend der vom FG vereinnahmten Einkaufsvorteile verzichtet, soll mit dem Leitbild eines Franchisevertrags übereinstimmen und weder überraschend noch unangemessen sein.714 Entschlussfrist zwischen außerordentlicher Kündigungserklärung und Kenntnis des Kündigungsgrundes: Eine im Franchisevertrag geregelte zweimonatige Entschlussfrist zwischen Kenntniserlangung des Kündigungsgrunds und dem Ausspruch der Kündigung ist nicht gem. § 307 BGB unwirksam.715 Freistellung nach Kündigung: Eine Regelung über die Freistellung nach Kündigung.716 Geschäftsführung des Mittlers, Mitspracherechte des Unternehmers: Wirksam ist die Klausel, der Hersteller schließe den Händlervertrag im Vertrauen auf die Befähigung der aufgeführten Personen sowie auf die Zusage des Vertragshändlers, dass deren persönliche Dienste für die Handelsgeschäfte zur Verfügung ständen. Der Vertragshändler erkläre, dass es sich bei diesen Personen um den oder die maßgeblichen Geschäftsführer oder den oder die wesentlichen Eigentümer des Unternehmens

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707 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 708 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 709 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 710 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2590). 711 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2590). 712 Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (83). 713 Flohr BB 2007, 6 (8); wohl auch BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); zu den Einkaufsvorteilen vgl. Flohr BB 2009, 2159 ff. 714 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504. 715 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.11.2011, I-18 U 13/11; ZVertriebsR 2012, 187. 716 BGHZ 129, 186.

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handele. Es würden keine Rechtsfolgen mit einem Verstoß gegen diesen Vertrauensgrundsatz verbunden. Die Klausel führe nur die gemeinsame Erwartung der Vertragsparteien aus, dass sich an den Eigentumsverhältnissen des Unternehmens nichts ändern werde.717 HV im Nebenberuf: Die Vereinbarung, der HV sei ein solcher im Nebenberuf, kann durch AGB getroffen werden,718 jedoch nur sofern die Feststellung bei abstraktgenereller Betrachtung in allen Fällen zutreffend ist. Insolvenz: Die Klausel eines Kfz-Händlervertrags, die eine Kündigung aus wichtigem Grund bei Insolvenzantragsstellung oder Insolvenz des Händlers erlaubt, stellt keine unangemessene Benachteiligung dar.719 Sie widerspricht auch nicht § 112 InsO. Jeder Gläubiger eines Insolvenzschuldners muss befürchten, dass sich die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses künftig ergebenden Forderungen infolge der ungewissen wirtschaftlichen Situation des Insolvenzschuldners nicht werden realisieren lassen. Die vom Unternehmer erklärte Kündigung ist auch einen Monat vor Ablauf der 2-jährigen ordentlichen Kündigungsfrist zulässig.720 Ganz allgemein sollen Lösungsklauseln, nach denen sich ein Vertragspartner von dem Vertrag im Falle des Bestehens von Insolvenzantragsgründen des anderen Vertragspartners durch Kündigung nach § 89a lösen darf, zulässig sein, und zwar sowohl im Falle der Insolvenz des HV721 als auch der Insolvenz des Unternehmers.722 Ob dies auch nach der nicht zu HV-Verträgen ergangenen Entscheidung des BGH zu Energielieferverträgen723 gilt, ist Gegenstand der Diskussion. Dafür spricht das besondere Vertrauensverhältnis, das einem Vertriebsvertrag immanent ist, der Rückschluss aus § 116 InsO (der bei Insolvenz des Unternehmers eine automatische Vertragsbeendigung vorsieht) und in Eigenhändlerverträgen das erhebliche Ausfallrisiko des Unternehmers. Auch bei Unwirksamkeit der Lösungsklausel kann der Unternehmer aber unmittelbar aus § 89a kündigen (§ 89a Rn 26). Karenzentschädigung: Die Karenzentschädigung nach § 90a ist grundsätzlich in einer Summe bei Vertragsende fällig. Angesichts des Leitbildes monatlicher Provisionszahlung darf auch in AGB die Zahlung in Raten, etwa monatlichen, vereinbart werden. Die Vereinbarung einer Karenzentschädigung auf 50% der nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre, bei kürzerer Vertragsdauer während dieser Zeit zugunsten des HV entstandenen früheren Monatsvergütung, zahlbar monatlich nachträglich, soll nicht zu beanstanden sein.724 Konsignationslagerabrede: Unbedenklich sind folgende Klauseln: „Die in das Konsignationslager gelieferten Produkte werden mit Entnahme durch den Abnehmer dessen Eigentum, bis zur Entnahme verbleiben sie im Eigentum des Lieferanten“; „Mit Entnahme kommt zwischen den Parteien ein Kaufvertrag zu den Bedin-

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717 BGH, Urt. v. 26.11.1984 – XIII ZR 214/83. 718 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92b Rn 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 92b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92b Rn 23; aA Hopt § 92b Rn 3. 719 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 6.3.2009 – 2 U 29/09, ZIP 2009, 1336; OLG München, Urt. v. 26.4.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406; Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). 720 OLG München, Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406. 721 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2455 (2456). 722 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2455 (2457) – in diesem Fall wird der Vertrag jedoch ohnehin nach § 116 InsO automatisch beendet. 723 BGH, Urt. v. 15.11.2012 – XI ZR 169/11, WM 2013, 274; dazu etwa Raeschke-Kessler/Christopeit WM 2013, 1592. 724 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.2.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (529 f.).

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gungen des Rahmenliefervertrages zustande“ oder „Die Einlagerung wird so vorgenommen, dass der Eigentümer der Produkte jederzeit festgestellt werden kann“.725 Konzernverrechnungsklausel, die der konzerneigenen P.S.A.-Bank die Aufrechnung gestattet, wenn der Zahlungsverkehr zwischen Citroen und ihren Vertragshändlern über diese Bank abgewickelt wird.726 Kündigung: Wirksam ist die Klausel, derzufolge ein Kommitent bei Beendigung des von ihm geschlossenen Mietvertrages den Agenturvertrag kündigen darf. Der Einwand, dann könne er den Mietvertrag beenden, um einen Kündigungsgrund zu erhalten, verfange nicht. Ein solches Verhalten führe zur Unwirksamkeit der Kündigungserklärung, nicht aber der Klausel (Ausübungskontrolle).727 Kündigungsfrist: Längere als in § 89 vorgesehene Kündigungsfristen dürfen auch mittels AGB vereinbart werden.728 Ist der HV-Vertrag nur mit einer Frist von 9 Monaten zum Ende eines jeden dritten Kalenderjahres kündbar, verstößt dies nicht gegen §§ 307 BGB, 89 Abs. 1 S. 1 und 3, sofern die Kündigungsfrist für beide Vertragspartner gilt.729 Eine bei Einrücken in eine höhere Hierarchiestufe verlängerte Kündigungsfrist von 12 Monaten zum Ende eines Quartals benachteiligt den HV nicht unangemessen i.S.d. § 307 BGB, zumal der Unternehmer in Hinblick auf Ausbildungsbeihilfen und andere Investitionen Interesse an einer längerfristigen Bindung seiner Mittler haben mag.730 Evers731 kritisiert das Urteil: Der VV sei darauf angewiesen, innerhalb des Vertriebssystems aufzusteigen und in seiner Entscheidung über den Aufstieg und damit das Einrücken in eine längere Kündigungsfrist unfrei. Regelmäßig stellt es keine unangemessene Benachteiligung dar, wenn die im vorformulierten Vertrag eines HV im Nebenberuf geregelte Kündigungsfrist länger ist als die gesetzliche Kündigungsfrist eines hauptberuflichen HV. Die im Vertrag eines HV im Nebenberuf enthaltene Klausel, nach der die ordentliche Kündigung nach einer Vertragslaufzeit von 3 Jahren noch unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten auf das Ende eines Kalenderjahres zulässig ist, sollte trotz ihrer im Einzelfall dann auf 23 Monate verlängerten Vertragsdauer einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 Nr. 1 BGB standhalten.732 Nur im Einzelfall kann eine Verlängerung bedenklich sein.733 Das kann etwa der Fall sein, wenn nur eine Partei der verlängerten Frist unterliegt.734

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725 Budde/Giks ZVertriebsR 2012, 37 (47). 726 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 727 BGH, Urt. v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, BB 2003, 1463, 1464 = EWiR 2004, 115 (Emde). 728 OLG München, Urt. v. 29.7.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell. 729 KG, Urt. v. 26.6.1997, MDR 1997, 1041. 730 OLG München, Urt. v. 29.7.2010 – 23 U 5643/09, BB 2010, 2987 m. Anm. von Bodungen/Schnell. 731 VW 2010, 313. 732 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90; aA OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650; aA die wohl h.M.: BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878; OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650; Hopt § 92b Rn 7; Oetker/Busche § 92b Rn 5: Dies erscheine, so das OLG Celle, für eine nebenberufliche Tätigkeit, bei der beide Seiten auf rasche Beendigung angewiesen sein können, gem. §§ 307, 310 BGB unbillig. BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878 begründet dies mit der Erwägung, ein nebenberufliches HV-Verhältnis solle rascher beendet werden können als das Vertragsverhältnis eines HV im Hauptberuf, für den bei einer Vertragsdauer von über 5 Jahren eine Kündigungsfrist von 6 Monaten für den Schluss eines Kalendermonats maßgeblich wäre. Eine zeitlich gestaffelte Verlängerung der Kündigungsfrist sehe § 92b Abs. 1 S. 2, anders als § 89, nicht vor. Der HV könne darauf angewiesen sein, rasch einen existenzsichernden Hauptberuf zu finden. 733 OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650, zwh.; für das grds. Recht zur Verlängerung OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90 (92). 734 OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650; aA zu Recht OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90.

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Kundenadressen: Vertragsstrafe für jede nach Vertragsende zurückbehaltene Kundenadresse,735 insbesondere wenn sie nur 125 EUR pro zurückbehaltener Adresse beträgt.736 Kreditgewährung: Die Höhe des dem Tankstellenvertreter gewährten Agenturkredits darf von ESSO festgelegt und jederzeit angepasst werden. Es handele sich lediglich um einen besonderen Abrechnungsmodus der Provision.737 Die Mitverpflichtung eines Ehegatten für die Rückführung eines solchen Agenturkredits ist auch nicht sittenwidrig, wenn der Ehegatte aufgrund der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft ein eigenes Interesse an der Eingehung der Verbindlichkeit hat. Davon kann ausgegangen werden, sofern der Ehegatte die Tankstelle zu 90% selbst betrieben hat.738 Marke, Verwendung: die Verpflichtung, Marken- und Geschäftsbezeichnungen des Franchisesystems zu verwenden.739 Mindestabnahmeverpflichtung: Wenn es bei den recht kurzen Kündigungsfristen des § 89 verbleibt und diese solange verlängert werden, als bestimmte Abnahmeziele erreicht werden. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot: Wirksam ist die Klausel: „Der Franchisenehmer verpflichtet sich, über den Zeitraum von einem Jahr nach Beendigung dieses Vertrags in seinem Vertragsgebiet einen dem Mini-Lernkreis-Nachhilfeunternehmen vergleichbaren Betrieb nicht allein oder mit Dritten zu eröffnen, zu betreiben, sich daran zu beteiligen oder in diesem tätig zu sein. Für die Einhaltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots wird eine von den Franchisegebern monatlich zu zahlende Karenzentschädigung in Höhe von 50% des durchschnittlichen monatlichen Nettogewinns aus dem Franchisebetrieb vereinbart.“.740 Preisbindungsbestimmung in einem HV- oder Kommissionsagentenvertrag, da sie lediglich das gesetzliche Weisungsrecht wiederholt. Etwas anderes soll gelten, wenn der Kommissionsagent in ein System eingebunden ist, welches der lückenlosen Einführung und praktischen Durchsetzung der vertikalen Preisbindung dient.741 Wegen des Preisbindungsverbots gegenüber Vertragshändlern und Franchisenehmern ist die Entscheidung nicht auf diese Bereiche übertragbar (Rn 205). Produktionseinstellung: Klauseln, die dem Hersteller das Recht einräumen, jederzeit die Produktion von Vertragswaren einzustellen oder diese zu verändern sind wirksam.742 Der Vertragshändler kann sich vor einer Haftung gegenüber dem Kunden schützen, indem er sich die Annahme der Kundenbestellung innerhalb einer ausreichenden Frist vorbehält, um die Lieferbarkeit zu prüfen.743 Provisionen: wenn nach den AGB eines Luftfahrtunternehmens die Provision eines als HV agierenden Reisebüros unter Ausschluss der Landegebühren berechnet wird. Die Klausel weicht nicht in einem solchem Maß von § 87b Abs. 2 ab, dass dies mit wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes unvereinbar wäre.744

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735 BGH BB 1993, 818 = NJW 1993, 1787; Eberstein S. 83. 736 BGH NJW 1993, 1786; Urt. v. 10.5.1995 – VIII ZR 144/94, MDR 1995, 916 (wobei der Zurückbehalt inaktiver Adressen keine Vertragsstrafe auslöst). 737 OLG Hamburg, Urt. v. 30.3.2006 – 10 U 16/05. 738 OLG Koblenz, Beschl. v. 18.2.2010 – 2 W 9/10, WM 2010, 1597. 739 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 328. 740 OLG Hamm, Urt. v. 28.4.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708). 741 BGH, Urt. v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707, 1712 = EWiR 2004, 115 (Emde). 742 BGH BB 1985, 218; Westphal II Rn 83. 743 BGH BB 1985, 218; Westphal II Rn 84. 744 BGH, Urt. v. 12.5.2004 – VIII ZR 159/03, MDR 2004, 1009 = NJW-RR 2004, 1206.

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Eine Beschränkung des Provisionsanspruchs des HV, die den Anspruch nur entstehen lässt, wenn der nach dem Vertragsverhältnis zu vermittelnde Finanzierungsvertrag ausschließlich aufgrund der Vermittlungstätigkeit des HV zustande kommt, bildet wegen der Dispositivität der Provisionsregelungen keine unangemessene Benachteiligung des HV.745 Provision des Versicherungsvertreters: Die Vergütung eines VV nur auf der von § 92 Abs. 3 vorgesehenen Provisionsbasis ohne Gewährung eines Garantieeinkommens ist nach § 307 BGB nicht zu beanstanden, zumal nur eine eingeschränkte Klauselkontrolle gem. § 307 Abs. 3 BGB in Betracht kommt.746 Provisionsverzichtsklausel hinsichtlich der nach Vertragsende fälligen Provisionen.747 Sie begründete nach dem bis 2009 geltenden § 89b den Ausgleichsanspruch des VV748 (seitdem aber wohl nicht mehr)749 und ermöglicht dem Nachfolgevertreter, die beim Vorgänger entfallenden Folgeprovisionen für die Bestandsbetreuung zu erhalten.750 Die Klausel ist nicht überraschend.751 Selbst wenn der VV-Vertrag 33 Anlagen enthält, handelt es sich bei der Provisionsverzichtsklausel um keine ungewöhnliche Klausel i.S.d. § 305c Abs. 1 BGB.752 Es entspricht nicht der gesetzlichen Wertung, dass dem HV entweder ein Anspruch auf Zahlung der Folgeprovision oder auf Zahlung eines Ausgleichsanspruchs zugestanden werden müsse; die Klausel widerspricht auch nicht § 89b Abs. 3, 5.753 Die Verzichtsklausel muss aber die nach § 87a Abs. 5 zwingenden Provisionsbestandteile vom Verzicht ausnehmen. Anderenfalls ist sie gem. § 87a Abs. 5 unwirksam,754 was jedoch kein AGB-rechtliches Problem bildet. Der Verzicht sollte nach den einzelnen Arten von Provisionen unterscheiden, so dass im Falle der Teilunwirksamkeit wirksame Teile der Klausel bestehen bleiben können.755 Provisionsvorschuss, Rückzahlung: bei dem gesetzlichen Leitbild entsprechender Fassung sind Regelungen über die Höhe des Vorschusses kontrollfrei (Hauptleistung und fehlendes gesetzl. Leitbild). Bei Klauseln über die Rückzahlung gilt das wegen des gesetzlichen Leitbildes der §§ 89, 89a (Kündigungserschwernis) nicht unbedingt.756 Zudem kann § 87a Abs. 1, S. 2, Abs. 2, 3 und 5 verletzt sein, wenn es sich

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745 AA OLG München, Beschl. v. 22.3.2012 – 23 U 4793/11, BeckRS 2012, 07024 = GWR 2012, 183 m. Anm. Köhl. 746 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5a ZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 44; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.9.2007 – 12 Sa 876/07. 747 BGHZ 30, 107; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 3.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492; OLG Jena, Beschl. v. 28.4.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; OLG Köln VersR 2001, 1377 (1378); OLG Frankfurt/M., Urt. v. 18.2.1986, DB 1986, 1174 = BB 1986, 697; LG Darmstadt, Urt. v. 13.8.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646; von Bodungen/Hesse BB 2010, 533; Sieg VersR 1964, 789; Hopt § 92 Rn 5; Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. I Rn 17; aA Daum VersR 2011, 565; Graf v. Westphalen DB 2000, 2256. 748 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 3.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492 (493); OLG Jena, Beschl. v. 28.4.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645. 749 Daum VersR 2011, 565 (568). 750 OLG Jena, Beschl. v. 28.4.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; OLG Köln VersR 2001, 1377 (1378); Krämer VersR 2010, 1647. 751 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 3.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492. 752 LG Darmstadt, Urt. v. 13.8.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646. 753 OLG Jena, Beschl. v. 28.4.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; LG Darmstadt, Urt. v. 13.8.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646; Krämer VersR 2010, 1647; aA Daum VersR 2011, 565 (568). 754 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. v. Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein = NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4; LG Stuttgart, Urt. v. 3.8.2011 – 39 O 19/10 KfH; Krämer VersR 2010, 1647 (1648). 755 von Bodungen/Hesse BB 2010, 533. 756 AA BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 41; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700 (es handelt sich um eine rein deklaratorische, von Rechtsvorschriften nicht

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in Wahrheit nicht mehr um einen „Vorschuss“, sondern verdiente Provision handelt. Kontrollfähigkeit besteht gem. §§ 89, 89a mglw. im Falle eines unangemessen hohen Vorschusses.757 Selbst eine Individualvereinbarung wäre am Maßstab dieser zwingenden Gesetzesvorschriften nach § 134 BGB zu überprüfen. Die Regelung über die vorschüssige Zahlung von Provisionen ist nicht überraschend.758 Sie ist branchenüblich und orientiert sich an den §§ 87 ff.759 Auch Rückzahlungsklauseln sollen nicht überraschend sein.760 Jedoch wird es immer auf ihren Inhalt ankommen.761 Rückkauf von Lagerware nach Vertragsende: Eine in AGB niedergelegte Erklärungsfrist des Händlers, den Rückkauf binnen 6 Monaten nach Vertragsende anzukündigen, soll wirksam sein,762 ebenso von 12 Monaten.763 Daran könnte zumindest bei der 6-Monatsfrist gezweifelt werden, da sie nicht dem gesetzlichen Leitbild entspricht.764 Die Vereinbarung des zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung gültigen (niedrigeren) Listenpreises, gegebenenfalls abzüglich gewährter Sondernachlässe, oder des Zeitwertes als Rückkaufpreis ist zulässig.765 Dass der Hersteller bei Vertragsende noch beim Händler vorhandene Kfz nur zum Netto-Rechnungswert ohne MwSt und ohne Frachtund sonstige Nebenkosten zurückkauft, wurde ebenfalls für wirksam gehalten: Auf Frachtkosten, die beim Rückkauf anfielen, beziehe sich die Klausel nicht. Solche seien vom Hersteller zu tragen. Die Erstattung der beim Erstkauf entstandenen Frachtkosten brauche der Hersteller nicht zu versprechen, weil der Händler in Gewinnerzielungsabsicht erwerbe und damit mit dem Ziel, die Frachtkosten über den Verkaufspreis auf den Käufer abzuwälzen.766 Die Klausel schließe auch die Zahlung der MwSt durch den Hersteller nicht aus. Auf den in den AGB genannten Nettopreis dürfe der Händler die MwSt aufschlagen. Ein in der Klausel vereinbarter pauschaler Abzug von 10% für den zu erwartenden Verwertungsverlust des Herstellers stelle keine unangemessene Benachteiligung des Händlers dar,767 ebenso wenig ein Abzug von 0,12768 oder 0,15769 DM pro gefahrenen KM bei Kfz. Deshalb bildet auch die Klausel, dass für „ältere Modelljahre“ ein Abschlag von 10% vorzunehmen ist, keine unangemessene Benachteiligung770 (mglw. aber Problem der Transparenz). Einen ausdrücklichen Hinweis, dass der Händler einen geringeren Schaden nachweisen kann, muss die Klausel nicht enthalten.771 Wirksam

_____ abweichende und damit kontrollunfähige Bestimmung); LAG München, Urt. v. 30.9.2008 – 8 Sa 697/07; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.9.2007 – 12 Sa 876/07; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06. 757 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 43. 758 LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. 759 LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. 760 LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700; LAG München, Urt. v. 30.9.2008 – 8 Sa 697/07; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.9.2007 – 12 Sa 876/07; v. 24.5.2007 – 18 Sa 244/07; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06 (sämtlich ohne Auseinandersetzung mit §§ 89, 89a). 761 LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. 762 OLG Köln, Urt. v. 28.4.2006 – 19 U 195/05, BeckRS 2008, 12151; Graf v. Westphalen Klauselwerke, Vertragshändlerverträge, Rn 44; Westphal II Rn 99; Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789). 763 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.12.2006 – 5 U 124/05; aA KG BB 1999, 1518 (1519). 764 AA Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789) mit der Erwägung, die Treupflichten forderten eine rasche Geltendmachung des Rückkaufverlangens. 765 BGH NJW-RR 1988, 1077 (1081); KG BB 1999, 1518. 766 Das gilt allerdings auch für den Einkaufspreis selbst! 767 BGH BB 1995, 113 (114); Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 768 BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461. 769 OLG Hamburg VersR 1981, 138 (139); Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 196. 770 KG BB 1999, 1518; aA Graf v. Westphalen BB 1999, 1519 (1520). 771 BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461; BGH WM 1982, 907 = ZIP 1994, 461; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 197.

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und nicht intransparent ist ferner die Regelung: „Der Rückkaufpreis für Ersatzteile bestimmt sich nach dem Netto-Rechnungswert (das ist der Händlereinkaufspreis gem. Faktura H./Händler ohne Mehrwertsteuer und ohne Fracht- oder sonstige Nebenkosten) abzüglich gewährter Preisnachlässe oder Rückvergütungen oder – falls und soweit der Netto-Rechnungswert nicht festgestellt werden kann – nach der im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung geltenden unverbindlichen Preisempfehlung von H. abzüglich des Durchschnitts der in den letzten zwei Jahren vor der Vertragsbeendigung vorgenommenen Preiserhöhungen sowie abzüglich des Durchschnitts der in den letzten zwei Jahren vor der Vertragsbeendigung für den Ersatzteilbezug gewährten Händlerrabatte“.772 Die Einschränkung der Rückgabe auf zum Zeitpunkt der Vertragsbeendigung zum Verkaufsprogramm des Unternehmers gehörende Teile soll zulässig sein.773 Die Regelung, dass nur originalverpackte Teile zurückgekauft werden, ist von der Rspr. ohne nähere Erörterung unbeanstandet gelassen worden.774 Darüber ließe sich diskutieren: durch eine entsprechende Packungsgröße könnte der Hersteller über seine Rücknahmepflicht disponieren. Schmutz und Staub auf der Verpackung schadet regelm. nicht.775 Der Unternehmer soll für den Fall einer unberechtigten Vertragsbeendigung des Händlers den Rückkauf des Ersatzteillagers ausschließen dürfen.776 Die Rückkaufverpflichtung folge aus der nachvertraglichen Treupflicht des Herstellers, wenn dieser den Unterhalt eines Teilelagers verlangt habe. Verstoße der Händlers selbst gegen vertragliche Verpflichtungen (im entschiedenen Fall: durch fristlose Eigenkündigung ohne wichtigen Grund), so könne er sich auf eine nachwirkende Treupflicht seines Vertragspartners nicht mehr berufen.777 Da Nutzungsvergütungen zuzüglich MwSt. zu leisten sind, darf dies auch in der Klausel festgelegt werden.778 Schadenersatzpauschale für Einstellung der Tätigkeit: Eine Schadenersatzpauschale für den Fall der ohne wichtigen Grund vorgenommenen Einstellung der Tätigkeit durch den Handelsvertreter (für jeden Monat des vorzeitigen Ausscheidens die Hälfte des Durchschnittsverdienstes pro Monat aus den letzten 24 Monaten).779 Bereits nach allgemeinem Zivilrecht sei die Vertragspartei, die den Vertretervertrag unberechtigt kündige, aus § 280 BGB schadenersatzpflichtig. Die Bestätigung dieser Pflicht durch Formularvertrag schließe das Recht des Vertragspartners, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen, nicht aus. Schiedsgutachter: Die vertraglich vorgeschriebene Teilung der Kosten eines Schiedsgutachters: Es entspreche gefestigten Rechtsgrundsätzen, dass die Kosten eines Schiedsgutachters im Zweifel den Parteien hälftig zur Last fielen.780 Schiedsgerichtsklausel: Auch eine Schiedsgerichtsklausel darf anhand des § 307 BGB überprüft werden. Ein Franchisegeber hatte das Schiedsgericht angerufen, ge-

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772 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 773 BGH WM 2007, 2048; DB 2008, 1913. 774 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 5.4.2006 – 2110/06, BeckRS 2006, 12472; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 1962/01, NJOZ 2002, 2175; OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.7.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628; zust. Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 185; aA Köhnen in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 406. In BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08 wurde die Klausel nicht geprüft, aber auch nicht beanstandet. 775 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 184. 776 OLG München NJW-RR 1998, 1563. 777 OLG München NJW-RR 1998, 1563. 778 BGHZ 124, 351 = ZIP 1994, 461; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 199. 779 OLG München NJW-RR 1998, 1189. 780 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15.

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stützt auf eine in AGB enthaltene Schiedsklausel. Der Franchisenehmer hielt diese Schiedsklausel für unwirksam, da er erst durch die Aufnahme der Franchisetätigkeit Kaufmann geworden sei. Das OLG Oldenburg781 hielt die Schiedsabrede gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB für unbedenklich. Der Franchisenehmer sei Kaufmann. Es genüge, dass mit Aufnahme seiner Tätigkeit die Kaufmannseigenschaft begründet wurde. Zu Schiedsabreden in internationalen Vertriebsverträgen unten, Rn 509 ff. Schulung: Die Verpflichtung, Personal des Mittlers müsse auf seine Kosten regelmäßig in einem nicht überzeichneten Umfang geschult werden, ist unbedenklich, solange die Klausel den Umfang der Schulungen transparent wiedergibt. Schulungskosten: Eine Regelung, nach welcher der HV die Kosten der Vertriebsausbildung im Falle der Vertragsbeendigung maximal 24 Monate ab Beginn der Tätigkeit zurückzuzahlen hat, wobei 12 Monate nach Vertragsbeginn die Hälfte und weitere 12 Monate später der Restbetrag erlassen wird. Die Schulung diene berufsbezogenem Wissen. Angesichts der gestaffelten Erstattungsregelung trete die Kündigungserschwernis nach § 89 zurück.782 Ob auch eine unzulässige Behinderung der außerordentlichen Kündigung nach § 89a vorlag, wurde nicht thematisiert. Zulässig ist auch die Verpflichtung zur Übernahme von Schulungskosten – selbst der Kosten der eigentlichen Schulungsveranstaltung –, wenn das Interesse des Mittlers oder seines Personals das des Unternehmers an der Schulung deutlich überwiegt.783 Selbstbelieferungsvorbehalt: In Abgrenzung zu seiner Daihatsu-Entscheidung,784 in der der BGH billigte, die Ausführung von Lieferverträgen „nach Maßgabe der Liefermöglichkeiten“ zu verweigern, erklärte der BGH,785 die Klausel in einem Vertragshändlervertrag, der Importeur eines ausländischen Herstellers müsse Lieferverträge nur „nach Maßgabe der Liefermöglichkeiten“ schließen, sei wirksam. Denn der Importeur könne die Selbstbelieferung durch die von ihm vertretene ausländische Marke nicht beeinflussen, was einen hinreichenden Grund für die Lösung aus der eingegangenen Bindung darstelle786 (zwh. bei verbundenen Unternehmen). Die Freistellung des Unternehmers von seinen Vertragspflichten kommt aber nur in Betracht, wenn er die Selbstbelieferung nicht beeinflussen kann. Es muss also ein hinreichender Grund für die Lösung aus der eingegangenen Bindung existieren. Bei verbundenen Unternehmen ist an eine Zurechnung zu denken. Eine Regelung über die Entschädigung des Händlers ist offenbar nach Ansicht des BGH ebenfalls eine Wirksamkeitsvoraussetzung. Telefonnummer: Die Verpflichtung, die Telefonnummer auf den nachfolgenden Mittler auch ohne Entschädigung zu übertragen, verstößt nicht gegen § 307 BGB.787 Überhangprovision: Sie kann wohl auch durch AGB ausgeschlossen werden.788 Übertragung des Franchisebetriebes: Die Verpflichtung des Franchisenehmers, die Rechte und Pflichten aus dem Vertrag nicht ohne Zustimmung des Franchisegebers zu übertragen.789 Der Franchisegeber hat wegen der Geheimhaltung seines Know-

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781 OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001 – 9 SchH 12/01, BB 2001, 2499. 782 BAG MDR 2003, 814; Hopt § 86 Rn 51; aA OLG Celle, Urt. v. 24.4.2003 – 11 U 226/02. 783 Habersack/Ulmer S. 65. 784 BGHZ 124, 351 (359) = ZIP 1994, 461 (464). 785 BGH NJW 2000, 1191 = EWiR 2000, 361 (Emde). 786 BGHZ 124, 351 (359) = ZIP 1994, 461 (464); BGH NJW 2000, 1191 = EWiR 2000, 361 (Emde). 787 OLG Köln, Urt. v. 17.9.2004 – 19 U 171/03; Niebling ZVertriebsR 2012, 79 (87). 788 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (365); zweifelnd Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Handelsvertreterrecht Rn 34; referierend Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528). 789 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 355.

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How ein berechtigtes Interesse daran, dass keine Außenstehenden in das Franchisesystem eindringen.790 Allerdings muss die Klausel unter dem Vorbehalt stehen, dass die Zustimmung erteilt wird, sofern keine Interessen des Franchisegebers berührt sind. Holt der Franchisenehmer die Zustimmung nicht ein, kann darin eine zur Kündigung berechtigende Verletzung des Vertrauensverhältnisses liegen. Verjährung: Die in einem HV-Vertrag enthaltene Klausel: „Alle Ansprüche aus diesem Vertrag verjähren in 12 Monaten nach Fälligkeit, ... gerechnet von der Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigen“,791 wobei der Unternehmer die Kenntnis zu beweisen hat.792 In der Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr ab Fälligkeit und Kenntnis von der Entstehung des Anspruchs liegt keine Verkürzung der zwingenden Frist für die Geltendmachung des Ausgleichs nach § 89b Abs. 4 S. 2. Der gleichzeitige Ablauf von Verjährungs- und Geltungmachungsfrist hindert den HV nicht, diese Frist auszuschöpfen. Will er sie voll nutzen, ist er lediglich gehalten, den Anspruch so geltend zu machen, dass zugleich auch die Verjährung unterbrochen wird793 (was allerdings bereits ein Hindernis bildet und mglw. der zwingenden Natur des § 89b widerspricht). Da die Regelung auch gleichmäßig für beide Vertragsparteien gilt, soll sie den HV nicht einseitig belasten. Die Verjährung beginnt dann mit Vertragsende und nicht mit dem Schluss des jeweiligen Jahres zu laufen.794 Wirksam soll auch folgende Klausel sein: „Alle Ansprüche aus diesem Vertrag verjähren in 6 Monaten nach Fälligkeit, spätestens gerechnet von der Erlangung der Kenntnis der berechtigten Partei von den Umständen, die die Entstehung eines Anspruchs rechtfertigen. Hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs gem. § 89b beginnt die Verjährungsfrist mit dem Ablauf der Frist gem. § 89b Abs. 4 S. 1“.795 Für die Abkürzung der Verjährung bestehe ein anerkennenswertes Interesse.796 Die gesetzliche Verjährungsfrist kann auch nach Auffassung des OLG München797 verkürzt werden. Zwar konstituierten die gesetzlichen Vorschriften über die Verjährung einen sehr hohen Gerechtigkeitsgehalt. Eine Verkürzung könne aber hingenommen werden, sofern sichergestellt sei, dass sie für den Anspruchsinhaber in der Regel ohne weiteres erkennbar sei (Transparenzgebot). Versicherung des FG: Unwirksam ist die Verpflichtung des FN, Versicherungen abzuschließen, durch die nicht nur er und seine Angestellten, sondern auch der FG, mit ihm verbundene Unternehmen sowie seine Beauftragten und Angestellten Versicherungsschutz erhalten sowie die zusätzlich Versicherten gegen jede Art von Haftung, Schaden, Verlust und Aufwendung (einschließlich Anwaltsgebühren) und Schäden schadlos zu halten, die bei oder im Zusammenhang mit dem Betrieb des Restaurants entstehen, und zwar unabhängig von ihrer Ursache oder einem Verschulden oder

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790 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 355. 791 KG VersR 2002, 1554; aA OLG Köln, Urt. v. 16.4.2010 − 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056. Begründung des OLG Köln: Nach dem Wortlaut der Klausel – insbesondere durch die Formulierung „… spätestens gerechnet von Erlangung der Kenntnis des Berechtigten von den Umständen, die die Entstehung des Anspruchs rechtfertigt.“ – sei unklar, ob zur Fälligkeit Kenntnis hinzukommen müsse, so dass der Anspruch frühestens 2 Jahre nach Fälligkeit verjähren könne, oder ob frühere Kenntnis die Verjährung vor Fälligkeit in Gang setze. 792 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. 793 KG VersR 2002, 1554 (1555). 794 Küstner in: Küstner/Thume I, 3. Aufl., Rn 1302. 795 OLG Hamm, Beschl. v. 4.6.2012 – 18 U 213/11, BeckRS 2014, 08705; LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697. 796 OLG Hamm, Beschl. v. 4.6.2012 – 18 U 213/11, BeckRS 2014, 08705; LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697. 797 VersR 1999, 1369 = BB 1998, 2445.

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Fahrlässigkeit (einschließlich alleinigem oder zusammenwirkenden Verschulden) seitens des Mitversicherten. Für eine solche weitreichende Regelung besteht kein schützenswertes Interesse des FG.798 Außerdem dürfte die Klausel unklar sein. Versicherungspflicht von Lagerwaren: Sie ist zulässig, weil dem Hersteller ein berechtigtes Interesse zugesprochen wird, dass die unter Eigentumsvorbehalt stehenden Lagerwaren versichert werden und der Hersteller sein Interesse sichern darf, indem er selbst den Versicherer aussucht und den Versicherungsvertrag abschließt. Der Vertragshändler, der die Ware bereits im Besitz hatte und die Gefahr des zufälligen Untergangs trägt, hat die Versicherungskosten zu bezahlen.799 Vertragsstrafen: Wirksam sollen sein: – Vereinbarung mittels AGB800 und nach „Hamburger Brauch“, d.h. Festsetzung einer vom Berechtigten in jedem Einzelfall zu bestimmenden „angemessenen“ Vertragsstrafe nach billigem Ermessen.801 – Ein Vertragsstrafeversprechen in einem formularmäßigen VV-Vertrag, nach dem es dem VV bei Meidung einer Vertragsstrafe in Höhe von 1.500 EUR untersagt ist, von dem Unternehmer angebahnte Geschäfte nachvertraglich umzudecken. Es bleibe zu berücksichtigen, dass beide Parteien Kaufleute und insoweit gemäß § 348 in der Verabredung einer Vertragsstrafe freier gestellt seien, als dies im übrigen Zivilrechtsverkehr angenommen werden könne.802 – Die abstrakte Bezeichnung „konkurrierende Produkte oder Dienstleistungsgeschäfte für Dritte“ in einer Vertragsstrafeklausel; es sei nicht erforderlich, dass die konkurrierenden Produkte in jedem Detail den vermittelten Produkten entsprächen.803 – Pauschalierter Schadensersatz für die nicht rechtzeitige Rückgabe des Franchise-Backshops in Höhe von 500 EUR pro Tag im Lichte einer vereinbarten Pachtgebühr von 11.127 EUR netto.804 Werbung: Zulässig ist es, wenn der Vertragshändler seine Werbung inhaltlich und graphisch nach etwaigen vom Hersteller gegebenen Richtlinien gestalten und jede Werbung für Vertragsware, gegen die der Hersteller Einspruch erhebt, unverzüglich unterlassen muss.805 Bei nicht produktbezogener Werbung wird man für das Unterlassungsbegehren aber ein berechtigtes Interesse fordern müssen. Werbezuschuß;806 Wettbewerbsverbot: ein auf die Dauer des Vertrages beschränktes Wettbewerbsverbot.807 Es folgt ohnehin aus der Interessenwahrungspflicht. Es ist wohl auch zulässig, wenn es im angemessenen Umfang über das gesetzliche Wettbewerbsverbot hinausgeht.

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798 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 – Subway. 799 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1992 – 6 U 105/91. 800 BGH, Urt. v. 16.7.1998 – VII ZR 9/97, ZIP 1998, 1756; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 42. 801 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 112; zum Franchiserecht: Giesler/Nauschütt § 5 Rn 95 (Problem: ggf. mangelnde Transparenz, gleichwohl ist die Klausel wohl zulässig). 802 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 803 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90 (94); von BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 = VersR 2013, 860 = WM 2013, 878 zwar aufgehoben, aber nicht wegen dieser Erwägung. 804 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. 805 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1992 – 6 U 105/91. 806 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 – Subway. 807 BGH BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707.

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Zurückbehaltungsrecht: Erweiterung des Zurückbehaltungsrechts zugunsten des Vertreters. Zwar entspricht § 88a Abs. 2 dem gesetzlichen Leitbild.808 Die Abweichung benachteiligt den Unternehmer jedoch regelmäßig nicht ungebührlich.809 Zustimmungsfiktion zur Auftragsbestätigung bei fehlendem Widerspruch innerhalb von zwei Wochen: Die Regelung soll im kaufmännischen Verkehr rechtmäßig sein, da der Vertragshändler auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung verzichte und der Vertrag nach § 151 BGB auch ohne Annahmeerklärung zustande komme. Die gesetzliche Regelung gilt jedenfalls dann, wenn die Abweichung derart ist, dass der Hersteller mit einer Zustimmung des Vertragshändlers nicht mehr rechnen darf.810 Zweitmarke: Eine Klausel, die bei Übernahme einer Zweitmarke die Verwechslung der Marken ausschließen soll. Selbst in kleinen Verkaufsräumen könnten Marken so angeordnet werden, dass die Zugehörigkeit zur jeweiligen Marke klar erkennbar bleibe.811

6. §§ 478, 479 BGB. Vor der Schuldrechtsnovelle 2002 fehlte eine Regelung zum 57 Rückgriff des Händlers gegen den Lieferanten. Seitdem sollen die §§ 478, 479 BGB bis zum Ablauf der in § 479 Abs. 2 BGB genannten Fünfjahresfrist eine „Regressfalle“ zu Lasten des Händlers verhindern.812 Im Vertragshändlerrecht bestand allerdings schon zuvor ein Rückgriffsrecht des Händlers, u.a. aus §§ 675, 670 BGB (Rn 55, Stichwort Garantie/Gewährleistungsvergütung). 7. §§ 611 ff., 675 ff. Sofern das BGB anzuwenden ist, ist im Grundsatz an die subsidi- 58 äre Geltung der §§ 611 ff. BGB wie der §§ 675 ff. BGB einschließlich des dort in Bezug genommenen Auftragsrechts zu denken.813 Immer ist zu prüfen, ob das HGB vorrangig gilt oder die selbständige Stellung des Handelsvertreters der Anwendung des BGB entgegensteht.814 Dazu bedarf es aber – da gesetzliche Normen im Zweifel gelten – eines hinreichend klar erkennbaren Willens. Im Einzelnen: 8. § 611 BGB. Die Vorschrift ist uneingeschränkt anwendbar und tritt nicht hinter 59 § 84 zurück.815 Denn § 84 ist die Legaldefinition, § 611 BGB regelt Vertragspflichten. Eher schon könnte man an ein Zurücktreten hinter § 86 Abs. 1 denken. Insbesondere ist § 611 BGB anwendbar, wenn eine von den §§ 87 ff. abweichende Vergütungsart, etwa ein Festgehalt,816 vereinbart wurde. Zudem zeigt § 611 Abs. 2 BGB die Zulässigkeit sogenannter Mischverträge, bei denen die Handelsvertretertätigkeit nur einen Teil der Gesamttätigkeit einnimmt.817

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808 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 809 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 810 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.6.1992 – 6 U 105/91; zweifelhaft, da Schweigen keine Willenserklärung darstellt. 811 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 812 v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721. 813 Emde MDR 2002, 190 ff.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 127 ff.; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen § 86 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3, 4; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1. 814 Westphal I Rn 7. 815 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 129; aA Martinek/Flohr/ Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 40; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 5; Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 32. 816 Hopt § 87 Rn 5. 817 Häufig ist beispielsweise die Kombination von Handelsvertreter- und Vertragshändlertätigkeit.

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9. § 612 BGB. § 612 Abs. 1 BGB wird durch § 87 verdrängt.818 § 612 Abs. 2 BGB tritt hinter § 87b Abs. 1 zurück, soweit die übliche Höhe von Provisionen zu bestimmen ist.819 Hinsichtlich des Festvergütungsanteils gilt § 612 Abs. 2 BGB.

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10. § 612a BGB. Die Vorschrift ist Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens und gibt Selbstverständliches wieder. Zumindest der Rechtsgedanke ist daher anwendbar.820

11. § 613 BGB. Die Dienste des HV sind im Zweifel in Person zu leisten, der Anspruch auf sie ist im Zweifel nicht übertragbar.821 Wegen dieses Bildes persönlicher Tätigkeit geht der BFH822 davon aus, der Gewerbebetrieb eines HV habe in der Regel keinen Geschäftswert, weil seine Tätigkeit im Gegensatz zu zahlreichen anderen gewerblichen Betätigungen im allgemeinen keinen nennenswerten Kapitaleinsatz erfordere und der geschäftliche Erfolg des HV im Regelfall von dessen persönlichen Arbeitseinsatz bestimmt werde. Da die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung nur „im Zweifel“ gilt, ist umstritten, welchen Inhalt sie im HV-Recht hat. Es ist von Vertragsverhältnis zu Vertragsverhältnis und je nach tatsächlichem Erscheinungsbild des Vertreterunternehmens zu differenzieren. Im Grundsatz gilt die Pflicht zur persönlichen Dienstleistung für jeden HV,823 auch, 63 wenn der Unternehmer ein größeres HV-Unternehmen oder eine HV-Gesellschaft824 beauftragt oder der Mittler für ein Großunternehmen tätig wird.825 Auch in diesen Fällen sind die Normen nicht abbedungen. Bei der HV-Gesellschaft gilt im Grundsatz, dass die Person dessen, der die Dienste eines HV in der Gesellschaft zu erbringen hat, zunächst nicht feststeht. Juristische Personen sind zwar selbst zur Dienstleistung verpflichtet, sie handeln jedoch „persönlich“ durch ihre Organe.826 Wer eine HV-Gesellschaft mit den Aufgaben des HV für sein Unternehmen betraut, ist deshalb, in Umkehrung der Regel der §§ 613, 664 BGB, im Zweifel damit einverstanden, dass die Vertreterfunktionen durch denjenigen ausgeübt werden, der jeweils nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen für die Gesellschaft nach außen handelnd auftreten kann. Etwas anderes kann aber die personalistische Struktur der Gesellschaft oder eine Vertragsauslegung ergeben. Es wird sich deshalb empfehlen, im HV-Vertrag klarzustellen, auf wessen Person die Vertreterfunktionen abgestellt sein sollen. Dann nämlich sichert der Unternehmer die Rechtsfolge, dass, wenn die betreffende Person aus der Gesellschaft (oder ihrem Leitungsorgan) ausscheidet, der Vertrag endet – idealerweise sollte es dann als auflösende Bedingung oder Kündigungsgrund so bestimmt sein –, mindestens aber aus wichtigem Grunde ge62

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818 Emde MDR 2002, 190, 191; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 131; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 41. 819 Siehe Evers/Kiene DB 2002, 1309 (1313). 820 Emde MDR 2002, 190 (191); Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 2 Rn 134. 821 OLG Düsseldorf ZIP 2010, 194 = EWiR 2010, 159 (Ströbl); Hopt § 86 Rn 19; aA Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) – die Ansicht von Steinhauer/Weppner kehrt das im HV-Recht bestehende Leitbild höchstpersönlicher Tätigkeit um, und nimmt diese nur im Einzelfall an. 822 BFH, Urt. v. 26.2.1964 – I 383/61 U, BFHE 79, 521; v. 7.10.1976 – IX R 50/72, BFHE 121, 21; v. 29.7.1982 – IX R 49/78, BFHE 136, 270; v. 12.7.2007 – X R 5/05, BeckRS 2007, 24003071; ebenso OLG Hamm, Urt. v. 9.3.2011 – II-8 UF 207/10 für eine Versicherungsagentur. 823 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 7; Westphal I Rn 8; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 85 Rn 6; aA Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) – nur im Einzelfall; so wohl nun auch Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 5. Die Höchstpersönlichkeit trifft entgegen Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331) gerade auch HV-Verträge von Tankstellenpächtern und Warenvertretern. 824 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 42. 825 Hopt § 86 Rn 19. 826 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8.

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kündigt werden kann.827 Sonst bleibt es beim Grundsatz, dass der Vertrag mit der Gesellschft fortläuft, und er insb.auch bei Veränderungen des Status der Gesellschaft Bestand behält. Das gilt zumindest so lange, als eben dieser Gesellschafter die Vertretertätigkeit in der Gesellschaft betreibt oder sogar die Gesellschaft zur Weiterführung als Einzelkaufmann übernimmt. Auch eine Vertretergesellschaft kann die von ihr geschuldeten Dienste nicht ohne Zustimmung des Unternehmers auf einen anderen, sei dieser Einzelhandelskaufmann oder Handelsgesellschaft, übertragen. Gleichwohl setzen die §§ 613, 664 BGB der Organisationsfreiheit des HV eine Grenze: 64 Der Unternehmer hat ein bestimmtes HV-Unternehmen mit der Erbringung der Leistungen beauftragt. Die §§ 613, 664 BGB schützen sein berechtigtes Interesse, dass sich das Erscheinungsbild des Unternehmens, dessen wirtschaftlich-faktische Kontinuität, insbesondere seine personelle Kontinuität, nicht unzumutbar ändert. Bei erheblichen und unzumutbaren Änderungen in dessen Erscheinungsbild, etwa bei Ausscheiden von Schlüsselpersonen, besteht ein Unterlassungsanspruch, notfalls ein Kündigungsrecht.828 So wird man etwa den Eintritt eines Teilhabers in eine HV-Gesellschaft für zulässig 65 halten dürfen, falls hierdurch keine dem Unternehmer unzumutbare Änderung der wirtschaftlich-faktischen Kontinuität des HV-Unternehmens eintritt, etwa wenn der Teilhaber im Außenverhältnis – jedenfalls bei Erfüllung der konkreten Vertragspflichten – nicht auftritt. Ein Gesellschafterwechsel, z.B. in einer Personenhandelsvertretungsgesellschaft, bedarf nicht generell der Zustimmung des Unternehmers.829 Vielmehr kommt es auf das Ausmaß der Änderung an (s.o.). Bei einer Einpersonengesellschaft ist zwar jene zur „persönlichen Dienstleistung“ verpflichtet.830 Jedoch bedeutet etwa der Tod oder die Auswechslung des tätigen (Allein-)gesellschafters eine dem Unternehmer unzumutbare wesentliche Änderung. Je größer und unpersönlicher das Erscheinungsbild des Vertreterunternehmens bei Vertragsschluss, umso weniger ist das Vertrauen des Unternehmens auf das Unterbleiben organisatorischer oder personeller Umgestaltungen schützenswert. War etwa der Geschäftsführer eines mittelgroßen HV-Unternehmens für dessen Erscheinungsbild bestimmend, so kann sein Ausscheiden eine gem. den §§ 613, 664 BGB unzulässige Änderung sein. Dagegen wird ein personeller Wechsel im Unternehmen eines Großvertreters möglicherweise keine vertragswidrige Änderung bewirken. Ob die Abberufung oder Neubestellung des Geschäftsführers einer HV-Gesellschaft mit den §§ 613, 664 BGB vereinbar ist, hängt gleichfalls sehr von der Realstruktur des betreffenden Unternehmens ab.831 Jedoch bleibt der HV trotz der §§ 613, 664 BGB berechtigt, Hilfspersonal einzustellen, 66 dessen er sich bei der Wahrnehmung seiner Vertragspflichten bedienen darf,832 etwa einen Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten oder einen anderen Mitarbeiter. Voraussetzung: er muss deren Tätigkeit überwachen und es darf keine Substitution eintreten. Das gilt selbst wenn dem HV die Beschäftigung von Untervertretern vertraglich nicht gestattet war. Der HV ist – wie § 84 Abs. 3 zeigt833 – im Zweifel insb. zur Beschäftigung von Unterver-

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827 Schmidt-Rimpler S. 308, Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 4b. 828 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 128 ff., 208 ff.; Emde GmbHR 1999, 1005 (1011); Emde MDR 2002, 190 (191); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 135; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 7. 829 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 25. 830 Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 86 Rn 4. 831 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 101. 832 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. III Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 5; Hopt § 86 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 14. 833 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen § 86 Rn 5.

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tretern berechtigt,834 es sei denn, der Unternehmer durfte berechtigt auf ein persönliches Tätigwerden seines Vertragspartners vertrauen, etwa bei äußerst vertraulichen und außerordentlich bedeutsamen Vorgängen.835 Selbst bei Vertragsschluss mit einem Einzelvertreter besteht ein solches Vertrauen jedoch nicht immer. In Zweifelsfällen sind Anhaltspunkte im Vertrag zu suchen, wobei es für weitgehende Freiheit des HV bei der Einstellung von Hilfspersonen spricht, wenn ein ausdrückliches oder mittels Vertragsauslegung gefundenes Verbot der Beschäftigung von Hilfspersonen fehlt. Jedoch muss der HV seine Hilfskräfte anleiten und überwachen. Mangelt es hieran, ersetzen die Hilfskräfte die Leistung des HV, ohne dass er die „Oberaufsicht“ behält, so ist die Grenze zulässiger Hilfstätigkeit überschritten und sind die §§ 613, 664 BGB verletzt. Auch besteht eine Informationspflicht des HV über die Tätigkeit seiner Untervertreter. Dem Unternehmer steht jedoch im Regelfall kein Widerspruchsrecht gegen die Tätigkeit der Hilfspersonen zu, so lange keine Substitution eintritt. Unterlässt der HV die Information über Strukturveränderungen, können daraus Schadenersatzansprüche des Unternehmers resultieren, wobei ein Schaden schwer vorstellbar ist. Dass ein Unterlassen der Information als solches zu einem völligen Wegfall des Vertrauens und damit zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht des Unternehmers nach § 89a führen könnte, ist eher ausgeschlossen, zumal der Unternehmer ohnehin der Tätigkeit der Hilfspersonen ohne Substitution nicht widersprechen darf. 67 Gerade die internen Aufgaben gegenüber dem Unternehmer wie Berichtspflicht, Abrechnungsverkehr u.ä., aber auch die Wahrnehmung der Funktionen nach § 91 Abs. 2, darf der HV unter seiner Verantwortung Hilfspersonen überlassen. Dagegen kann der HV seinen Vertrag nicht ohne Zustimmung des Unternehmers auf einen anderen „übertragen“, etwa durch Verkauf der Agenturfirma. Der Unternehmer braucht sich keinen beliebigen Nachfolger aufdrängen zu lassen.836 Ob der HV, wenn er einen stichhaltigen Grund hat, die Vertretung aufzugeben, und er dem Unternehmer einen voll geeigneten Nachfolger vorschlägt, der Unternehmer aber gleichwohl die Zustimmung nicht erteilt, das Vertragsverhältnis mit der Rechtsfolge kündigen darf, dass ihm daraufhin wg. eines berechtigten Grundes nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 der Ausgleichsanspruch verbleibt, erscheint zweifelhaft. Im Einzelfall mögen aus § 242 BGB Zustimmungspflichten des Unternehmers zur Übertragung herzuleiten sein. Sie charakterisieren jedoch nicht den Regelfall. Der Unternehmer kann gute Gründe, etwa eigene Vorstellungen zur Nachfolgefrage, haben, seine Zustimmung zu verweigern. Zweifelsfälle gehen zu Lasten des HV. Stimmt der Unternehmer der Abgabe der Vertretung an einen Nachfolger zu bzw. erreicht der HV, wenn er mehrere Unternehmer vertritt, die Zustimmung aller Unternehmer, so kann er seine Agenturfirma samt Verträgen übertragen. Das Vertragsverhältnis geht nicht automatisch auf den oder die Erben des HV über. 68 Allerdings kann der Vertrag abweichende Bestimmungen treffen, z.B. dahin, dass ein Sohn oder die Witwe des HV das Recht zur Fortführung der Vertretung haben sollen. Eine Fortsetzungsklausel ist aber selbst dann nicht anzunehmen, wenn die Erben – ggf. mit dem Unternehmer vereinbart – Mitarbeiter der HV-Firma waren. Ob dann ggf. ein förmlicher neuer Vertrag mit ihnen abgeschlossen werden muss oder der alte Vertrag sich automatisch fortsetzt (dies ist mangels entgegenstehender Vereinbarung gem. §§ 1922, 1967 BGB der Regelfall), bleibt eine Frage seiner näheren Ausgestaltung. Bei der Formulierung der Klausel ist Vorsicht angetan. Denn bei automatischer Fortführung müsste der fortsetzungsunwillige Erbe – wohl ausgleichsschädlich (§ 89b Abs. 3 Nr. 1) – kündigen. Beim Tod des Unternehmers wird man dagegen annehmen müssen, dass hier der An-

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BGHZ 56, 290; 59, 87 (92, 93); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 87; Hopt § 86 Rn 19. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. OLG Frankfurt/Main RzW 1960, 172.

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spruch auf die Leistung der Dienste aus dem HV-Vertrag im Zweifel auf die Erben, wenn sie das Unternehmen fortführen, übergeht. Denn auf die Person des Unternehmers ist das HV-Verhältnis nicht in gleichem Maße abgestellt wie auf die Person des HV und es besteht zu Lasten des Unternehmers keine Pflicht zur persönlichen Dienstleistung. Ist der Vertretervertrag unter der Agenturfirma des HV abgeschlossen837 ist der 69 HV persönlich oder die mit ihr bezeichnete juristische Person Vertragspartner. Die Firma ist kein eigenes Rechtssubjekt. Sie ist der Name, unter dem der Kaufmann seine Erklärungen im Handelsverkehr abgibt (§ 17 Abs. 1). An der im Zweifel eintretenden Verpflichtung, seine Dienste in Person und grds. unübertragbar zu leisten (§ 613 BGB), wird durch das Rubrum des Vertrages nichts geändert. Eine Ausnahme von der Pflicht zur persönlichen Dienstleistung des Firmeninhabers wird nur dann gefunden werden können, wenn es dem Unternehmer gerade darauf ankam, die Agenturfirma – also den Organisationsrahmen – als solche und damit ihren good will mit der Vertretung betraut zu sehen, dergestalt, dass ihm dieser good will wichtiger ist als die Person des jeweiligen Inhabers. Einen solchen good will soll die Agenturfirma üblicherweise nicht besitzen.838 Gegenbeispiel ist die erfolgreiche Tätigkeit seit mehreren Generationen in Händen derselben Familie oder eine besondere Reputation aus anderen Gründen, etwa: Aufbau eines eigenen Rufes der Agentur durch ungewöhnliche Werbemaßnahmen oder Spezialisierung mit dem Erfolg, dass gerade sie auf Unternehmer, welche eine Vertretung für ihre Erzeugnisse suchen, eine erhöhte Anziehungskraft ausübt und auch die Kunden wegen der hervorragenden Einrichtung des Agenturbetriebs ihre Abschlüsse bevorzugt über sie zu tätigen ein Interesse haben.839 Als Grundregel mag gelten: Je größer und unpersönlicher das Vertreterunternehmen, umso eher muss der Unternehmen Änderungen in dessen Erscheinungsbild akzeptieren. Der HV ist durch die §§ 613, 664 BGB nicht daran gehindert, sein Unternehmen ei- 70 nem identitätswahrenden Rechtsformwechsel zu unterwerfen oder es – sofern er im Handelsregister eingetragen ist 840 – aus seinem persönlichen Vermögen auszugliedern,841 auch durch Eintritt einer GmbH in eine oHG und Austritt der übrigen Gesellschafter im Wege der Anwachsung nach § 738 BGB.842 Der HV bestimmt insoweit über die Organisationsform, deren Wahl Teil seiner Organisationsautonomie ist.843 Die §§ 613, 664 BGB verbieten diese Maßnahmen nicht.844 Sofern ein identitätswahrender Rechtsformwechsel nach UmwG eintritt, bleibt der HV-Vertrag trotz Rechtsformwechsels mit dem identischen Rechtsträger bestehen (§ 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).845 Auch im Falle der Verschmelzung oder Ausgliederung geht der HV-Vertrag auf den neuen Rechtsträger über (§ 20 UmwG);846 ebenso bei der Ausgliederung gem. § 131 UmwG847 – und zwar nach dem

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837 Das geschieht nicht selten; ein Fall solcher Art lag der Entscheidung RGZ 129, 80 zugrunde. 838 BGH, Urt. v. 9.3.1977 – IV ZR 166/75, BGHZ 68, 163 (168) = NJW 1977, 949 = DB 1962, 501; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.8.2012 – 16 UF 170/12, BeckRS 2014, 00977; OLG Hamm, Urt. v. 9.3.2011 – II-8 UF 207/10, NJW-RR 2011, 1443. 839 OLG Frankfurt/M. RzW 1960, 172. 840 Evers VW 2011, 1262. 841 Steinhauer BB 2012, 526 (527) – zum Tankstellenvertrieb; Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330; Evers VW 2011, 1262. 842 OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814 sowie Hilgard BB 2011, 1811; Steinhauer BB 2012, 526 (527). 843 Emde Die Handelsvertreter-GmbH 1994, S. 120 ff.; Westphal BB 1999, 2517. 844 Hierzu Westphal BB 1999, 2517. 845 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 47. 846 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 47; Wachter EWiR 2014, 344. 847 OLG Köln, Urt. v. 28.3.2014 – 19 U 143/13, BeckRS 2014, 10602; Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331); Evers VW 2011, 1262; Wachter EWiR 2014, 344.

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UmwG auch dann, wenn zivilrechtlich eine Zustimmung des Unternehmers erforderlich sein sollte, etwa auf Grund einer Vereinbarung.848 § 673 BGB steht dem automatischen Übergang nach dem UmwG ebenfalls nicht entgegen.849 Ob der Wechsel nach HV-Recht eine Vertragsverletzung bildet und ein Kündigungsrecht des Unternehmers nach § 89a besteht, ist eine vom UmwG unabhängige, sich anschließende Frage.850 Im Grundsatz ist ein Kündigungsrecht eher abzulehnen,851 wobei der BGH852 (zum Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage) betont, die Verschmelzung selbst begründe kein Kündigungsrecht. Es seien aber keine hohen Anforderungen an ein solches zu stellen und es genüge, dass die Betroffenen mit konkreten, nicht ganz unerheblichen, nachteiligen Änderungen rechnen müssten. Derartige Änderungen sollen fehlen, falls die Betreuung im Wesentlichen unverändert bleibt.853 Jedoch schützen die §§ 613, 664 BGB den Unternehmer vor wesentlichen Änderungen im Erscheinungsbild des HV-Unternehmens. Ändert sich die wirtschaftlich-faktische Kontinuität des HV-Unternehmens infolge der Umwandlung erheblich und werden hierdurch die Interessen des Unternehmers so bedeutend tangiert, dass ihm eine Vertragsfortsetzung unzumutbar ist, mag nach Abmahnung854 ein außerordentliches Kündigungsrecht bestehen – aber nur dann;855 ebenso wenn er erkennbar mit einer natürlichen Person kontrahieren wollte.856 Eine gegenteilige Ansicht würde den Mittler zu sehr gegenüber anderen Dauerschuldverhältnissen benachteiligen.857 Im Tankstellenbereich soll ein solches außerordentliches Kündigungsrecht rglm. ausscheiden.858 Zwar darf der als als Einzelkaufmann und in das Handelsregister eingetragene HV damit umwandlungsrechtlich sein Unternehmen und den HV-Vertrag auf eine GmbH ausgliedern und deren Anteile (samt HV-Vertrag) an einen Dritten abtreten.859 Die GmbH riskiert aber in den o.g. Ausnahmefällen die (außerordentliche) Kündigung des HV-Vertrages. § 89b Abs. 3 Nr. 3 steht nicht entgegen, weil diese Vorschrift die Zustimmung des Unternehmers zur Übertragung voraussetzt.860 Die beim Rechtsformwechsel von einer Personen- zu einer Kapitalgesellschaft eintretende Haftungsbeschränkung kann angesichts der geringen finanziellen Risiken des Unternehmers im Verhältnis zu seinem HV nur in krassen Ausnahmefällen ein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmers begründen,861 meist nur im Zusammenwirken mit anderen Umständen. Gleiches

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848 Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331). 849 Karsten Schmidt DB 2001, 1019; BGH, Urt. v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, DB 2014, 825 zum Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage. 850 Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331); BGH, Urt. v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, DB 2014, 825 zum Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage. 851 Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331). 852 BGH, Urt. v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, DB 2014, 825 = EWiR 2014, 343 (Wachter) Rn 28. 853 BGH, Urt. v. 21.2.2014 – V ZR 164/13, DB 2014, 825 = EWiR 2014, 343 (Wachter) Rn 28 zum Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage. 854 Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). 855 Emde Die Handelsvertreter-GmbH 1994, S. 129 f.; zurückhaltend bei der Gewährung eines Kündigungsrechts nach § 89a auch Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1331); Steinhauer BB 2012, 526 (527) – nur bei besonderem Vertrauensverhältnis, unter Hinweis auf LG Göttingen, Urt. v. 21.3.2007 – 5 O 247/06. 856 LG Göttingen, Urt. v. 21.3.2007 – 5 O 247/06, VersR 2007, 1696; krit. zu diesem Urteil Steinhauer/ Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). 857 In diese Richtung auch Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332). 858 Steinhauer BB 2012, 526 (527). 859 Evers VW 2011, 1262. 860 AA wohl Evers VW 2011, 1262. 861 OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814 sowie Hilgard BB 2011, 1811; Emde Die Handelsvertreter-GmbH 1994 S. 130 ff.; Steinhauer/Weppner ZIP 2010, 1330 (1332).

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dürfte für die Ausgliederung von einem Einzelkaufmann zur Kapitalgesellschaft gelten und trotz der dort erhöhten finanziellen Risiken des Unternehmers wohl auch im Eigenhändlerrecht. Der Unternehmer mag sich etwa durch Zug-um-Zug-Leistung oder nach § 321 BGB schützen. Zu Kündigungsgründen, die durch die Besonderheiten einer HVGmbH begründet werden könnten, wird unten bei § 89 ausgeführt. Problematisch sind die Fälle, in denen ein identitätswahrender Rechtsformwechsel 71 oder eine Gesamtrechtsnachfolge gemäß UmwG ausscheidet, etwa bei Gründung einer oHG durch Eintritt eines Neugesellschafters. Der Vertragspartner wird hier durch die Neugründung kein anderer. Vielmehr ist der HV nach wie vor als Einzelkaufmann verpflichtet und kann nur durch einverständliche Vertragsänderung eine Übertragung des Vertrages auf die neugegründete Gesellschaft herbeiführen.862 Die Person des Vertragspartners darf nicht ausgetauscht werden. Angesichts der Möglichkeit des identitätswahrenden Formwechsels wird kaum ein HV diese Gelegenkeit wählen. Westphal863 verweist darauf, der HV könne bei fehlender Zustimmung des Unternehmers die gegründete Gesellschaft als Untervertreterin einsetzen. Dem ist nur bei Zumutbarkeit ihrer Tätigkeit beizupflichten. Was für die Übertragbarkeit der Dienste des HV gilt, gilt gleichermaßen für den Fall 72 einer „Aufspaltung“, so durch Aufnahme eines Teilhabers in die Agenturfirma. Selbst wenn der HV einen triftigen Grund hat, einen Junior-Partner aufzunehmen (vorgerücktes Lebensalter) und er dem Unternehmer eine geeignete, vertrauenswürdige Person vorstellt, so wird der Unternehmer seine Einwilligung versagen dürfen, ohne dem HV einen begründeten, den Ausgleichsanspruch wahrenden Anlass zur Kündigung oder sogar einen Erfüllungsanspruch zu geben. Wenn im Außendienst der bisherige Agenturinhaber weiter allein tätig bleibt, behält es hierbei sein Bewenden. Damit werden die §§ 613, 664 BGB zu Normen, die dem Schutz der Unternehmens- 73 kontinuität dienen. Sie garantieren dem Vertragspartner eines größeren Vertreterunternehmens zwar nicht notwendigerweise die Leistungserfüllung durch dieselbe natürliche Person, schützen ihn aber vor wesentlichen Umgestaltungen des Unternehmens. Erfolgt eine wesentliche Änderung des Erscheinungsbildes, kann der Unternehmer die Beibehaltung des status quo fordern. Insbesondere bleibt dem HV unbenommen, den Vertrag aus wichtigem Grund nach § 89a zu kündigen.864 Einer unzulässigen außerordentlichen Kündigung des Unternehmers kann der HV mit einer Feststellungsklage begegnen, mit der die Fortführung des Vertrages festgestellt wird. 12. § 613a BGB. Die Vorschrift ist weder direkt noch nach ihrem Rechtsgedanken 74 anwendbar,865 nicht einmal auf arbeitnehmerähnliche HV i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG, da § 5 Abs. 3 ArbGG nur das prozessuale und nicht das materielle Recht regelt.866 Entsprechend geht der HV-Vertrag im Falle der Veräußerung des Unternehmens nicht automatisch gem. § 613a BGB auf den Unternehmensnachfolger über.867 Es liegt kein (abhängiges) Arbeitsverhältnis vor. Der HV müsste vielmehr dem Übergang des Vertreterverhältnisses auf den Unternehmensnachfolger zustimmen.868 Allerdings kann ein Vertragsübergang

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862 Westphal BB 1999, 2517; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 86 Rn 7. 863 Westphal BB 1999, 2517. 864 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 102. 865 Emde MDR 2002, 190 (191); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 136; aA noch Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 2 Rn 136; Martinek/ Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 43; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 8; Westphal I Rn 8. 866 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 136. 867 BGH DB 1962, 1636. 868 BGH VersR 1960, 797.

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aus § 25 folgen,869 demzufolge wie bei § 613a BGB auch Dauerschuldverhältnisse auf den Übernehmer übergehen können.870 Wäre man anderer Ansicht, bliebe der Umgehung Tür und Tor geöffnet. Der Unternehmer könnte exakt dasselbe Unternehmen unter anderem Namen fortführen und das Altunternehmen in eine leere Hülle verwandeln. Dann müsste er möglicherweise noch nicht einmal einen Ausgleich nach § 89b leisten. In der Regel wird der Vertreter seine – ggf. konkludente – Zustimmung zur Weiterführung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmensnachfolger erteilen; er sollte diese Erklärung von der Regelung seiner Ausgleichsansprüche abhängig machen. Fehlt eine Zustimmung des HV, bleibt dem Unternehmer nichts übrig, als das Vertragsverhältnis zu kündigen, sofern er nicht eine wegen des Verkaufs erklärte außerordentliche Kündigung durch den HV provozieren will; in beiden Fällen hat der HV den Ausgleichsanspruch, der sich gegen den bisherigen Unternehmer richtet und für den der Unternehmensnachfolger unter den Voraussetzungen des § 25 mithaftet. 75

13. § 614 BGB. Bei Provisionszahlung hat die Vorschrift keinen Anwendungsbereich.871

14. § 615 BGB. § 615 BGB ist auf HV anwendbar.872 Die Norm gilt zu Gunsten aller Dienstverpflichteten, also auch des HV.873 Vereinbarte Vergütung i.S.d. Vorschrift ist entweder die Provision oder eine versprochene Festvergütung. Eine Anwendung des § 615 BGB kann etwa in Betracht kommen bei einem Annahmeverzug, in den der Unternehmer dadurch gerät, dass z.B. durch Versagen seiner betrieblichen Organisation der HV seine Vertretertätigkeit nicht aufnehmen kann (Unterbleiben eines Einführungsschreibens an die Kundschaft, einer Zuteilung des Bezirks – falls die Zuteilung im Vertrag noch vorbehalten worden war –, einer Zurverfügungstellung der in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen). Vorbehaltlich weitergehender Schadensersatzansprüche im Falle eines Verschuldens (dazu unten) hat der HV dann Anspruch auf die vereinbarte Vergütung (§ 615 S. 1 BGB) in Gestalt eines etwa vereinbarten Fixums,874 sonst in Anwendung des Gedankens des § 642 BGB einen Anspruch auf angemessene Entschädigung. § 615 BGB kann ferner einschlägig sein, wenn der Unternehmer ein vom HV vermitteltes Geschäft aus Willkür oder schikanöser Schädigungsabsicht ablehnt, weil so weit seine Dispositionsfreiheit gegenüber dem HV nicht reicht.875 Annahmeverzug kann sich schließlich ergeben, wenn der Unternehmer dem HV un77 berechtigt fristlos kündigt und ihm einstweilen die Fortsetzung seiner Tätigkeit untersagt. Weigert sich der Unternehmer ohne sachliche Gründe, etwa nach unberechtigter

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869 OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988; Emde MDR 2002, 190 (191); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 136; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 84 Rn 33. 870 Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl. 1999, § 8 I 4c; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 149 ff.; aA offensichtlich BGH HVR Nr. 419; Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, 1966, S. 32; generell Beuthien NJW 1993, 1737 ff.; Heymann/Emmerich § 25 Rn 42. 871 I.E. Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 9; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 137; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 44. Jedoch kommt sie bei Festvergütung zur Anwendung. 872 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31; § 89a Rn 78; Emde MDR 2002, 190 (191); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 138; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 47; Hopt § 86 Rn 4; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 6. 873 Steindorff ZHR 130 (1967), 26 (82, 84). 874 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 72c. 875 Siehe etwa Steindorff ZHR 130 (1967), 86.

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Kündigung,876 Aufträge des HV entgegenzunehmen oder ihn weiterzubeschäftigen und hindert dadurch das Entstehen von Provision, so steht dem HV zusätzlich – also konkurrierend877 – ein Schadenersatzanspruch wegen Schlechterfüllung (§§ 280 ff. BGB) in Höhe des entgangenen Gewinns zu, es sei denn, der Unternehmer ist nicht zur Annahme der vermittelten Geschäfte verpflichtet, z.B. wenn jene unzumutbar sind. Grds. muss der HV seine Dienste anbieten, um Annahmeverzug herbeizuführen. Widerspricht ein gekündigter HV der vom Unternehmer ausgesprochenen Kündigung nicht und bietet seine Leistung nicht entsprechend § 615 BGB an, so darf der Unternehmer im Ausnahmefall ggf. nach Treu und Glauben von einer einverständlichen Abwicklung des gekündigten Vertragsverhältnisses ausgehen. Der HV ist dann mit einem Anspruch auf Schadenersatz ausgeschlossen.878 Beweiserleichterungen zur Höhe des Schadens verbessern die Darlegungsmöglich- 78 keiten des HV gem. §§ 252 BGB, 287 ZPO,879 und zwar richtigerweise sowohl im Schadenersatzrecht wie im Rahmen des konkurrierenden § 615 BGB. Soweit Bezirksprovisionen gezahlt werden, bedarf es eines Rückgriffs auf § 615 BGB 79 nur beschränkt, falls der Unternehmer die Dienste des HV nicht annimmt, aber selbst oder durch andere HV im Gebiet des Mittlers Geschäfte macht. Denn der Anspruch auf Bezirksprovision entsteht ohne Zutun des HV. Der HV besitzt also einen vertraglichen Anspruch. Der BGH880 hat deshalb gegenüber einem Bezirksvertreter die Anwendung des § 615 S. 2 BGB abgelehnt: mit Recht, gerade weil die Bezirksprovision „tätigkeitsunabhängig“ ist. Eine Anrechnung sonstigen Erwerbs des HV ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt gerechtfertigt, dass der HV durch die eingestellte Betreuung des Bezirks Aufwendungen erspart, da das Maß seiner Aufwendungen ohnehin im Verhältnis zum Unternehmer nicht von Belang ist. Auch der Bezirksvertreter ist auf die §§ 615, 280 BGB angewiesen, soweit er einen Verlust durch die Unmöglichkeit eigener Tätigkeit im Bezirk erfährt. Ein Schaden ist ihm nach der Differenzprognose dann nur in Höhe der infolge der Unmöglichkeit eigener Tätigkeit entgangenen Provisionen abzüglich ersparter Kosten entstanden und auch § 615 S. 2 BGB ist insoweit anwendbar. Da die allg. Geschäftskosten als „Sowieso-Kosten“ gerade aus den entgangenen Provisionseinnahmen bedient werden sollen, sind jene (fortlaufenden) Allgemeinkosten jedoch meist nicht erspart und folglich nicht von dem Anspruch des HV abzusetzen. Der Anwendungsbereich des § 615 S. 2 BGB dürfte damit auf die tatsächlichen Kostenreduzierungen beschränkt sein, welche der Unternehmer zu beweisen hat. 15. § 616 BGB. Satz 1 gilt nicht für HV, die Provisionen erhalten,881 da ein solcher 80 Vertreter üblicherweise nur im Falle einer mitwirkenden Kausalität für die Kundenwerbung Provisionen verdient. Bei Festvergütung findet § 616 BGB Anwendung;882 ebenso auf den Bezirksprovisionsanteil.

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876 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 47. 877 Siehe Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 47. 878 OLG Köln, Urt. v. 30.9.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (408). Diese Aussage ist zweifelhaft, weil auch ohne Widerspruch des HV eine pflichtwidrige und schuldhafte Handlung einen Schadenersatzanspruch begründet. 879 BGH ZIP 2001, 1461 = WM 2001, 2010. 880 BGH, Urt. v. 18.6.1959, BB 1959, 718 = DB 1959, 787 = VersR 1959, 596; BB 1992, 1162; zust. Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 10; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 45, § 18 Rn 47. 881 Für generelle Unanwendbarkeit Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 45. 882 Prasse in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 2 Rn 139.

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16. § 617 BGB. Die Vorschrift ist zwar theoretisch anwendbar,883 wird jedoch praktisch kaum eingreifen.884

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17. § 618 BGB. Entsprechendes gilt für § 618 BGB.885 Die Norm findet nur Anwendung, wenn der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften (etwa Muster) „zu beschaffen hat“, was etwa beim Tankstellenvertreter der Fall sein mag. Regelmäßig ist der HV hierfür verantwortlich. Auch die Abs. 2 und 3886 des § 618 BGB sind grds. anwendbar, haben praktisch jedoch kaum Anwendungsbereich. Sofern § 618 BGB anwendbar ist, ist auch die Unabdingbarkeit nach § 619 BGB gegeben.

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18. § 619a BGB. § 619a BGB findet im Vertriebsrecht keine Anwendung. Die Bestimmung regelt lediglich den Verschuldensmaßstab eines Arbeitnehmers. Im Vertriebsrecht hingegen gelten kaufmännische Pflichtmaßstäbe (§ 86 Abs. 3),887 und zwar selbst dann, wenn der Mittler kein Kaufmann sein sollte (§ 84 Abs. 4). Maßgeblich ist daher die allgemeine Vorschrift des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.

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19. §§ 620–622 BGB. § 620 Abs. 1 BGB ist anwendbar, weil die vorrangige Spezialregel des § 89 den Anwendungsbereich der allgemeinen Vorschriften nur für „auf unbestimmte Zeit“ eingegangene Verträge sperrt.888 § 620 Abs. 2 BGB findet als Auslegungsregel zur Dauer des Dienstverhältnisses Anwendung,889 nicht aber in seiner Rechtsfolge. Die Verweisungskette der §§ 620 Abs. 2, 621, 622 BGB findet folglich auch dann keine Berücksichtigung, falls eine Festvergütung vereinbart wurde. Denn § 89 trifft eine spezielle Regelung,890 auch wenn mit dem HV ein festes Honorar vereinbart wurde.

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20. § 623 BGB. § 623 gilt nur für Arbeitsverhältnisse, also nicht im HV-Recht, selbst wenn der HV ein arbeitnehmerähnlicher sein sollte.891

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21. § 624 BGB. Umstritten ist die Geltung des § 624 BGB. Er bestimmt, dass ein Dienstverhältnis – ein solches ist auch das HV-Verhältnis –, welches auf Lebenszeit oder (fest) auf längere Zeit als 5 Jahre eingegangen ist, vom Verpflichteten nach Ablauf von 5 Jahren mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden kann. Die Vorschrift ist mit diesem S. 1 zwingend. Ein HV oder ein anderer Vertriebsmittler, der sich zu mehr als 5-jähriger Dienstleistung verpflichtet, darf den Vertrag mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten kündigen.892 Damit wird neben § 89 eine weitere Kündigungsmöglichkeit eingeräumt.

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883 AA Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 12; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 46. 884 Emde MDR 2002, 190 (192); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 140. 885 Für die Anwendbarkeit Hopt § 86 Rn 4. 886 Hopt § 86 Rn 4. 887 Oetker BB 2002, 43. 888 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 15; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 7; Hopt § 86 Rn 4; § 89 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3; aA Staub/ Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 32. 889 Emde MDR 2002, 190 (192); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 144; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3a; aA Hopt § 86 Rn 5. 890 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 16; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 7; Hopt § 89 Rn 6. 891 Richardi/Annuß NJW 2000, 1231; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Palandt/Putzo § 623 Rn 2. 892 OLG Hamm BB 1978, 1335; KG MDR 1997, 1041 (1042); Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 201; Emde MDR 2002, 190 (192); Ballerstedt JZ 1970, 371; Heyer NJW 1965, 1573; Klapperich in: Giesler,

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Nach OLG Hamm BB 1978, 1335 muss untersucht und darauf abgestellt werden, „ob das Element der persönlichen Dienstleistung dem HV-Verhältnis das Gepräge gebe“. Die Entscheidung ist zu billigen.893 Die Anwendung des § 624 BGB kann daher im Einzelfall ausscheiden, wenn der Vertrag mehr unternehmens- als personenbezogen geführt wird,894 etwa bei Vertragsschluss mit einem größeren HV-Unternehmen, auch einer HV-Gesellschaft.895 Notfalls wäre hier von einem § 242 BGB-Einwand auszugehen. Auf die Arbeitnehmerähnlichkeit des HV kommt es nicht an.896 § 624 BGB ist nicht auf unselbständige Dienstverhältnisse (Arbeitsverhältnisse) beschränkt, sondern umfasst Dienstverhältnisse jeder Art. Er teilt deshalb auch nicht einen ausschließlich sozialen Schutzzweck.897 Er wahrt vielmehr den Entfaltungsraum der Persönlichkeit dahin, dass niemand ohne die Möglichkeit einer normalen Kündigung vertraglich gebunden sein soll, einem anderen seine Dienste auf Lebenszeit oder fest für länger als 5 Jahre zur Verfügung zu stellen. Die Grundsätze des WGG bilden keinen § 624 BGB verdrängenden Ausgleich.898 Sie gelten auch im BGB, schließen aber auch dort § 624 BGB nicht aus. Der Standpunkt von Boldt,899 § 89 sei gegenüber § 624 BGB lex specialis, ist eine petitio principii: Denn damit wird behauptet, was erst bewiesen werden müsste. § 624 BGB ist auch auf Vertragshändler-900 und Franchiseverträge901 anwendbar. Die Gegenansicht verweist darauf, dass auch der FG Leistungen erbringe, es fehle eine vergleichbare Interessenlage.902 Für den Bereich des Tankstellenvertriebs hat der BGH die Anwendbarkeit des § 624 BGB verneint.903 22. § 625 BGB. Die Bestimmung gilt auch für den HV,904 da das HV-Recht keine spe- 87 ziellere Regelung enthält. Auch § 89 Abs. 3 bildet keine verdrängende Sonderregelung,

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Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 145; Canaris § 17 Rn 84, 94; Semler in: Martinek/ Semler/Habermeier/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 19 Rn 4; Hopt § 86 Rn 4; § 89 Rn 7 (aA aber „in besonderen Fällen“, siehe Rn 7); HK/Ruß § 89 Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 8f und 41a; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 4, sofern das dienstvertragliche Element vorherrscht; aA LG Hamburg NJW 1963, 1550 mit zust. Anm. Würdinger; BGH, Urt. v. 9.6.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 = NJW 1969, 1662 (1663); v. 31.3.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692; Leo DB 1961, 2518; Duden NJW 1962, 1326; Boldt BB 1962, 906; Würdinger NJW 1963, 1550; Höft VersR 1973, 600 (601); für Tankstellenvertreter: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 5; differenzierend Westphal I Rn 10; Rittner NJW 1964, 2255; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 50; s.a. die Einzelfallentscheidungen BGHZ 52, 171 und OLG Hamm DB 1978, 1445. 893 AA Duden NJW 1962, 1326; Boldt BB 1962, 906. 894 Rittner NJW 1964, 2252; Brüggemann ZHR 131 (68), 27; Hopt § 89 Rn 7. 895 Rittner NJW 1964, 2255; Emde MDR 2002, 190 (192); Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 208; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 8; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 145. 896 Hopt § 89 Rn 7; aA Duden NJW 1972, 1326; Würdinger NJW 1963, 1550. 897 AA Duden NJW 1962, 1326. 898 So aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 3. 899 Boldt BB 1962, 906. 900 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 311. 901 Canaris § 18 Rn 28; Höpfner in: Giesler/Nauschütt, § 12 Rn 28; Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 330; Hopt § 86 Rn 4; aA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 149; Giesler/Güntzel in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 4 Rn 505. 902 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 149; Giesler/Güntzel in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 4 Rn 505. 903 BGH, Urt. v. 9.6.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 = NJW 1969, 1662 (1663); v. 31.3.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692; zust. Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 8; Oetker/Busche § 89 Rn 4; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 5. 904 Emde MDR 2002, 190 (192); Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 19; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 146; Hopt § 89 Rn 6, 24; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, § 85 Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 4a, 5; aA Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 121; Hopt § 89 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89

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da sie nur für HV-Verträge mit bestimmter Dienstzeit gilt und nicht für die Fortsetzung in anderen Fällen (dort allenfalls analog). 23. §§ 626, 627 BGB. §§ 89, 89a sind vorrangig.905 Allerdings ist es rechtstechnisch fraglich, ob § 89a auch die Anwendung der Zweiwochenfrist zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB sperrt.906 Davon geht die h.M. aus und fordert vom Unternehmer nur eine angemessene Frist zur Entscheidungsfindung von etwa einem Monat (dazu bei § 89a). Die Ansicht zur Nichtanwendbarkeit der Fristenregelung des § 626 Abs. 2 BGB darf mittlerweile als Gewohnheitsrecht bezeichnet werden (§ 89a Rn 45 ff.). Somit gelten nur Verwirkungsgrundsätze, was auch Auffassung des BGH ist.907 § 626 Abs. 2 S. 3 über die Mitteilung des Kündigungsgrundes soll hingegen einen allgemeinen, auch für den HVVertrag geltenden Rechtsgrundsatz enthalten.908 § 627 Abs. 1 BGB ist unanwendbar. Sonst würden die Kündigungsfristen des § 89 89 umgangen. Ein HV leistet keine Dienste höherer Art i.S.d. Norm.909 Der HV ist Hilfsperson des Unternehmers um dessen wirtschaftlicher Ziele willen; seine Dienste haben keinen anderen Stellenwert als den, am Umsatz wirtschaftlicher Güter im unmittelbaren Vollzug vorbereitend und unterstützend beteiligt zu sein. Gegenüber § 627 BGB ist § 89a schon im TB anders gelagert. § 627 BGB fordert nicht das Vorliegen eines wichtigen Grundes, wie er für § 89a unumgänglich ist.

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24. § 628 BGB. Abs. 2 wird durch § 89a Abs. 2 verdrängt.910 § 628 Abs. 1 BGB kann für Provisionsvertreter kaum einen Anwendungsbereich haben, weil jene auf Grund der Provisionstatbestände ihre Vergütung verdienen.911 Die Norm gilt aber für HV mit Festvergütung.912

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25. § 629 BGB. Der HV darf seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei bestimmen (§ 84 Abs. 1 S. 2). Deshalb ist § 629 BGB unanwendbar.913

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Rn 3. Ob man für die Gegenansicht den RegE BT-Drucks 11/3077, S. 9 anführen kann, halte ich für zweifelhaft. 905 Leo DB 1961, 1518; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 20; Flohr in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89a Rn 4; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 147; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 49; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 6; Hopt § 86 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 1; Oetker/Busche § 89a Rn 4. 906 OLG Karlsruhe VW 1978, 195 hat sich für die Anwendung ausgesprochen. 907 BGH EWiR 1999, 705 (Emde). 908 LG Köln NJW-RR 1992, 485; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 3; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89a Rn 6; Oetker/Busche § 89a Rn 4 u. 9. 909 Kassung AfP 2004, 89 (94); LG Köln, Urt. v. 11.3.2002 – 2 O 594/00, S. 7 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 1; aA Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1059 f.): Ein Wertungswiderspruch zwischen § 627 BGB und dem HVRecht scheide aus. Selbst wenn die Regelung des § 627 BGB den Zweck verfolge, beiden Parteien ein sanktionsloses Kündigungsrecht zu geben, schließe § 89b als „kleiner Kündigungsschutz“ des HV § 627 BGB nicht aus. Dies zeige bereits die Co-Existenz von §§ 89a und 89b. 910 Emde MDR 2002, 190 (192); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 149; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 51. 911 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 7; Leo DB 1961, 1518. 912 Hopt § 89a Rn 2. 913 Leo DB 1961, 1519; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 22; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 148; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 115; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 52;

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26. § 630 BGB. Entgegen der wohl h.M.914 und Staub/Brüggemann 4. Aufl.915 ist die 92 Vorschrift anwendbar, und zwar auch auf HV, die keine arbeitnehmerähnliche Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a sind.916 Richtig ist, dass § 630 BGB – wie im Übrigen alle Normen des BGB-Dienstvertragsrechts – vor allem den in enger persönlicher Bindung zum Dienstberechtigten stehenden, abhängigen Dienstverpflichteten als typischen Normadressaten vor Augen hatte. Daraus folgt aber nicht notwendig die Unanwendbarkeit auf andere Dienstverhältnisse. Das Leitbild persönlicher Leistung prägt auch das HV-Recht. Grundlage des § 630 BGB ist nicht die rechtliche, soziale oder wirtschaftliche Stellung des Dienstverpflichteten, sondern der Umstand, dass beide Vertragsparteien in einem länger dauernden Rechtsverhältnis miteinander verbunden waren.917 § 630 BGB gibt dem Dienstverpflichteten als Ausfluss der das dauernde Vertragsverhältnis begleitenden Treupflichten918 einen Anspruch auf Zeugniserteilung, der ohne diese Vorschrift aus der allgemeinen Verpflichtung zu gegenseitiger Loyalität, Treue (§ 242 BGB)919 und Unterstützung entwickelt werden müsste. Auf diese hat jeder Vertragspartner, unabhängig von seiner wirtschaftlichen und rechtlichen Stellung, Anspruch. Deshalb gilt die Vorschrift sogar zu Gunsten einer HV-GmbH.920 Selbstverständlich kann auch ein HV Interesse an der Erteilung eines Zeugnisses haben. Ein Kaufmann kann einem anderen Kaufmann sehr wohl ein „Zeugnis“ erteilen. Kaum kann die An- und Abmeldung bei der Gewerbesteuer oder dem Ordnungsamt ein Zeugnis ersetzen (so aber Staub/Brüggemann 4. Aufl.). Weshalb die Selbständigkeit der Erteilung eines Zeugnisses entgegenstehen soll, ist gleichfalls nicht ersichtlich, zumal weder §§ 84 ff. noch § 630 BGB die Anwendung ausschließen.921 27. § 675 BGB. Der HV-Vertrag ist Geschäftsbesorgungsvertrag i.S.d. § 675 BGB.922 93 Danach sind grundsätzlich die §§ 663, 665–670, 672–674 BGB anwendbar.923 § 675 BGB und das Auftragsrecht des BGB gehen allerdings von der Besorgung eines Einzelgeschäfts aus, während beim HV-Vertrag ein Dauerrechtsverhältnis in Rede steht. Das führt jedoch nur zur teleologischen Reduktion im Einzelfall, keinesfalls zur generellen Unanwendbarkeit.

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Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 3; Hopt § 86 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 38. 914 RGZ 87, 440 (443); OLG Celle BB 1967, 775; Leo DB 1961, 1518 (1519); Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 23; Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 12; Westphal I Rn 12; Voß/Höft Das Recht der Versicherungsvermittlung 1985, S. 661, 731; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 51; Hopt § 86 Rn 5; § 89 Rn 6; MünchKomm BGB/Schwerdtner § 630 Rn 3; Palandt/Putzo § 630 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 33. 915 Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 84 Rn 38. 916 Auf jene wollen Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 52; Herschel/ Beine/Buchwald S. 145, die Anwendung begrenzen. Es fragt sich jedoch, welche Rechtfertigung die Differenzierung haben soll. Materiell-rechtliche Wirkungen hat § 92a heute nicht, seine Bedeutung begrenzt sich auf die prozessuale Bestimmung des Rechtsweges nach § 5 Abs. 3 ArbGG; hierzu Martinek/ Wank in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 12 Rn 49. 917 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 76. 918 Vgl. BGHZ 74, 281 (289): „Nebenpflicht aus dem Dienstverhältnis“. 919 So noch Palandt/Gramm 15. Aufl., 1956, § 630 Anm. 1. 920 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 77; i.E. auch Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 33; ablehnend Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, München 1966, S. 236 („absurd“); RGRK-Eisemann § 630 Rn 9. 921 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 75 ff.; Emde GmbHR 1999, 1005 (1009); Emde MDR 2002, 190 (192); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 151. 922 OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452 (1453) für nebenberufliche HV; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 24; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Hopt § 84 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 5; Oetker/Busche § 86 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1. 923 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 2; Hopt § 86 Rn 6; Oetker/Busche § 86 Rn 1.

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28. §§ 675, 663 BGB. § 663 BGB ist anwendbar, sofern die TB-Voraussetzungen vorliegen.924 Das dürfte selten der Fall sein, zumal die Norm eher auf den Einzelauftrag passt.

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29. §§ 675, 665 BGB. § 665 BGB konkretisiert das im HV-Recht bestehende Weisungsrecht des Unternehmers und findet damit Anwendung.925 Dem Weisungsrecht wird jedoch durch die Selbständigkeit des Vertreters Grenzen gesetzt926 (dazu unten).

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30. §§ 675, 666 BGB. Der HV ist gegenüber dem Unternehmer auskunfts- wie berichtspflichtig, § 666 BGB detailliert jene Auskunftspflicht,927 wobei sich der HV meist auf den zwar nicht spezielleren, für ihn jedoch recht günstigen § 87c stützen wird. Allerdings gibt es im HV-Recht eine einzelfallbezogene Rspr. zum Inhalt der Berichtspflicht des Mittlers, so dass die zu § 666 BGB ergangene Rspr. jeweils auf ihre Vereinbarkeit mit der Judikatur zum HV-Recht zu untersuchen ist.928 Näheres unten, § 86 Rn 155 ff.

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31. §§ 675, 667 BGB. Auch § 667 BGB ist grundsätzlich anwendbar,929 etwa bei der Herausgabe vereinnahmter Gelder.930 Jedoch ist nach dem Inhalt des Handelsvertretervertrags häufig eine abweichende oder detaillierende Absprache getroffen,931 ggf. konkludent. Einzelheiten werden oben, § 86 Rn 37 ff. behandelt.

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32. §§ 675, 668 BGB. Die Anwendbarkeit932 setzt voraus, dass der HV Geld an den Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat. Nach der Vertragsgestaltung wird dies meist nicht der Fall sein.933

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33. §§ 675, 669, 670 BGB. Mangels entgegenstehender Absprachen sind die Aufwendungen des HV durch die Provision abgegolten934 (s. § 87d). Einen Vorschuss sieht das HV-Recht allein in § 87a Abs. 1 S. 2 vor. Nur bei unerwartet hohen Aufwendungen, die sich nicht aus der Provision bezahlen lassen, darf daher ein Vorschuss gefordert werden.935 Beseitigt ein Vertragshändler Mängel, kann er für die Ersatzteile Vergütung nach § 670 BGB936 sowie nach § 632 BGB937 fordern.

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924 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 153; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Hopt § 86 Rn 6; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl. Vor § 84 Rn 12; § 84 Rn 31. 925 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Hopt § 86 Rn 6. 926 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 154. 927 I.E. auch Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56. 928 Emde MDR 2002, 190 (193); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 155; gegen die Anwendbarkeit Staub/Brüggemann 4. Aufl. Vor § 84 Rn 12. 929 BGH, Urt. v. 8.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180 = WM 2006, 245 = ZIP 2006, 288 = NJW-RR 2006, 339 = EWiR 2006, 129 (Hensen) = GRUR 2006, 787; OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452 (1453); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Hopt § 86 Rn 6; Oetker/Busche § 86 Rn 40 ff. 930 OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452. 931 Emde MDR 2002, 190 (193); Klapperich, in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 156. 932 Für die Anwendbarkeit Hopt § 86 Rn 6. 933 Emde MDR 2002 190 (193); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 157. 934 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 158; gegen die Anwendbarkeit Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 31. 935 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 43: § 669 BGB unanwendbar. 936 Graf v. Westphalen DB 1999, 2553; BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62. 937 Graf v. Westphalen DB 1999, 2553.

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34. §§ 675, 671 BGB. § 671 BGB ist anwendbar.938 Eine Kündigung zur Unzeit analog 100 § 671 Abs. 2 BGB wird im Hinblick auf die einzuhaltenden Kündigungsfristen regelmäßig ausscheiden.939 35. §§ 675, 672, 673 BGB. Die Bestimmungen sind generell anwendbar.940 Der Rege- 101 lungsgehalt des § 673 BGB wird durch § 613 BGB unterstützt. Jedoch kann von dem Erben des HV kaum gem. § 673 BGB verlangt werden, er solle die Besorgung des übertragenen Geschäfts bei Gefahr fortsetzen, da ihm hierzu regelmäßig die erforderlichen Kenntnisse fehlen werden (persönliche Dienstpflicht i.S.d. § 613 BGB).941 36. §§ 675, 674 BGB. § 674 BGB ist anwendbar,942 zumindest wenn der Vertrag nicht 102 durch Willenserklärungen der Parteien endet.943 37. § 810 BGB. § 87c Abs. 4 schließt die Anwendung des § 810 BGB nicht aus. Jedoch 103 sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 810 BGB strenger, so dass sich der HV eher auf § 87c Abs. 4 stützen wird.944 38. § 855 BGB. Ein Inkasso-HV ist Besitzmittler des Unternehmers.945

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IV. Kartellrecht 1. Europäisches Kartellrecht. Das EU-Kartellrecht ist lex specialis gegenüber dem 105 nationalen Kartellrecht und hat damit Vorrang gegenüber nationalem Recht, auch gegenüber dem GWB. Was durch EU-Kartellrecht gestattet ist, kann durch das GWB nicht untersagt werden.946 Fällt ein Vertrag unter europäisches Kartellrecht, weil er geeignet ist, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen, ist auf ihn nur europäisches und kein deutsches Kartellrecht anzuwenden. Umgekehrt unterfällt der Vertrag nur deutschem Kartellrecht, falls der zwischenstaatliche Handel nicht beeinträchtigt wird.947 Befreien eine GVO948 oder die Leitlinien zur GVO949 den Vertrag innerhalb ihres Anwendungsbereiches, ist der Vertrag auch nach dem GWB wirksam. Eine vertriebsrechtliche Vereinbarung darf aufgrund nationalen Rechts nur verboten werden, wenn sie auch nach Art. 101 AEUV unzulässig ist. Umgekehrt dürfen nationales Recht und nationale Wettbewerbsbehörden eine Vereinbarung nicht unbeanstandet lassen, falls sie gegen Art. 101 AEUV verstößt. Das Gemeinschaftsrecht setzt sich also in jedem Fall durch. Lediglich in Hinblick auf Vereinbarungen, die lokale oder allenfalls regionale Bedeutung

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938 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 4. 939 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 4. 940 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 123 ff.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Hopt § 86 Rn 6; hinsichtlich § 673 BGB; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 4; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 12. 941 Emde MDR 2002, 190 (193); Klapperich, in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 159; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 4. 942 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 56; Hopt § 86 Rn 6; Oetker/Busche § 86 Rn 1; aA Staub/ Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 12, § 84 Rn 31. 943 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 4. 944 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67. 945 BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 = NJW 2010, 3578. 946 EuGH, Slg. 1994 I, 15; Gerstner in: Giesler/Nauschütt, Franchiserecht, § 2 Rn 4; Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1659). 947 Gerstner in: Giesler/Nauschütt, Franchiserecht, § 2 Rn 4. 948 Art. 3 II VO 1/2003; Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687); aA Gerstner in: Giesler/ Nauschütt, Franchiserecht, § 2 Rn 4. 949 Bechtold GRUR 2012, 107 (108).

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haben und die deshalb die Anwendungsschwelle des Gemeinschaftsrechts nicht erreichen, bleibt Raum für nationales Wettbewerbsrecht und für wettbewerbspolitische Bewertungen, die von denen des Gemeinschaftsrechts abweichen.950 Dies hat das Kartellverfahrensrecht in Art. 3 Abs. 2 VO (EG) 1/2003 klargestellt.951 Soweit eine Vereinbarung geeignet ist, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen, also der Anwendungsbereich des EU-Wettbewerbsrechts erreicht ist, müssen die nationalen Wettbewerbsbehörden Art. 101 AEUV einschließlich der GVO’s und LL anwenden. Das gilt auch, sofern die Parteien das deutsche Recht mittels Rechtswahlklausel wählten. Spiegelbildlich unterliegen Vertriebsverträge bei außereuropäischem Vertriebsgebiet und fehlender Berührung deutscher Wettbewerbsinteressen nicht deshalb deutschem Kartellrecht, weil die Geltung deutschen (Zivil-)Rechts vereinbart wurde.952 a) Einleitung. Jeder Hersteller hat verschiedene Möglichkeiten, seinen Warenabsatz zu organisieren. Er kann sich einerseits Angestellter bedienen und durch sie ein eigenes Filial- bzw. Niederlassungsnetz etablieren. Er darf aber auch selbständige Absatzmittler einschalten. Da diese Absatzmittler untereinander substituierbar sind, ist es häufig Zufall, welcher Rechtsform selbstständiger Absatzmittler er sich bedient. Der Einsatz von HV ist aus kartellrechtlicher Sicht interessant, weil HV-Verträge nicht unter das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen (Rn 138 ff.):953 Der HV übt im Gütertausch nur eine Hilfsfunktion aus; er ist gegenüber dem Unternehmer weder Nachfrager noch Anbieter. Vielmehr sucht er als vom unternehmerischen Absatzrisiko entbundener Interessenwalter seines Geschäftsherrn Geschäftschancen. Da er lediglich kommunikatives Hilfsorgan des Unternehmers ist,954 fehlt es an einer eigenständigen Wettbewerbsstellung auf dem Gütermarkt, die durch Beschränkung seiner Handlungsfreiheit beeinträchtigt werden könnte. Der Hersteller darf dann die Preise und Konditionen vorschreiben, zu denen der HV die Waren und Dienstleistungen verkaufen darf.955 Die EU-Kommission hat das Vertriebskartellrecht mit der Einführung der GVO 2790/ 107 99956 und fortgesetzt von der Nachfolge-GVO 330/10957 neu geordnet. Sie befreit innerhalb ihres Anwendungsbereichs alle Vertriebsverträge von den Beschränkungen des Art. 101 AEUV und wird deshalb als Schirm-GVO, also als Auffang-GVO, bezeichnet. Ihr Wirkungsbereich trifft insbesondere Vertragshändler- und Franchiseverträge.958 Das HV-Kartellrecht (Rn 138 ff.) wurde nur in den Leitlinien zur GVO 330/10 geregelt. Anders als im materiellen Vertriebsrecht bildet das HV-Recht im Kartellrecht also nicht das Fundament des Vertriebsrechts sondern beschreitet einen Sonderweg. Das liegt an der grundsätzlichen kartellrechtlichen Unbedenklichkeit der HV-Verträge, die sie vom Regelungsfokus entfernt.

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b) Häufige Formen wettbewerbsbeschränkender Abreden in Vertriebsverträgen. Vertikale Vereinbarungen sind für den Wettbewerb oft weniger schädlich als horizontale Vereinbarungen. Sie können aber dennoch unter bestimmten Umständen ein

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950 Weitbrecht Beil. zu NJW Heft 8/2003; ders. EuZW 2003, 69 (70). 951 Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687). 952 AA (und fernliegend) Niebling WRP 2010, 1454 (1458). 953 Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. 954 Martinek/Wank in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 13 Rn 8; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. 955 Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. 956 ABl. 1999 Nr. L 336/21. 957 ABl. EU v. 23.4.2010, L 102, S. 1. 958 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1208); Lange EWS 2001, 18 (19); Schultze/Pautke/Wagener VertikalGVO, 2001, Rn 153.

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großes wettbewerbsbeschränkendes Potential haben. 959 Wettbewerbsbeschränkenden Charakter können etwa folgende, vertriebsrechtliche Vereinbarungen haben: – Abreden über ein Provisionsabgabeverbot,960 es sei denn, es ist durch Gesetz (§ 81 Abs. 2 S. 4 VAG) oder VO vorgeschrieben.961 – Abstimmung der Unternehmer über die Höhe der Vergütung ihrer Vertriebsmittler bzw der Vermittler untereinander, etwa im Versicherungsvertrieb.962 Alleinbelieferungspflichten.963 Sofern die Alleinbelieferungspflicht nicht aus anderem Grunde, etwa mittels einer GVO freigestellt ist, sind insb. Alleinbelieferungspflichten mit einer Dauer von mehr als 5 Jahren kaum nach Art. 101 Abs. 3 AEUV oder aus anderem Grunde freistellungsfähig (Tz 195 LL). Vor § 84 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde – Alleinbezugspflichten964 und Markenzwang. Bei Alleinbezugspflichten und Markenzwang von weniger als einem Jahr will die Kommission (Tz 133 LL) regelmäßig eine Spürbarkeit verneinen, sofern sie von Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung gefordert werden. Bei solchen Vereinbarungen von 1–5 Jahren, die Unternehmen in nicht marktbeherrschender Stellung anwenden, ist eine sorgfältige Gegenüberstellung der wettbewerbsfördernden und -widrigen Auswirkungen erforderlich (Tz 133 LL). Beträgt die Dauer mehr als 5 Jahre, ist regelmäßig von fehlenden Effizienzgewinnen auszugehen (Tz 133 LL). Um sie für den Unternehmer wenig belastend zu fassen, wird eine Unterteilung in ein Grund- und ein weniger in den Vordergrund zu rückendes Diversifikationssortiment angeregt.965 Selbst wenn eine Alleinbezugsverpflichtung keine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellt, ist zu prüfen, ob sie nicht wie eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs wirkt. Dabei ist zu untersuchen, wie sich ein solcher Vertrag in Verbindung mit anderen gleichartigen Verträgen auf die Möglichkeit der Mitbewerber aus dem Inland oder aus anderen Mitgliedstaaten, auf dem relevanten Markt Fuß zu fassen oder ihren Anteil an diesem Markt zu vergrößern, auswirkt.966 – Alleinvertriebsrecht967 (wegen der Nivellierung des markeninternen Wettbewerbs, Tz 151 LL – es kommt aber eine Freistellung nach der GVO 330/10 in Frage, s. Tz 152 LL). – U.U. Ausschließlichkeitsbindungen. Im Versicherungsvertrieb sollen sie aber kartellrechtsneutral sein,968 insb. falls sie mit „echten“ HV geschlossen werden.969 – Berichts- und Informationspflichten von HV-ähnlichen Mittlern und unechten HV, soweit sie gegenüber den gesetzlichen Informationspflichten erweitert werden und nicht produktbezogene sondern auf das Mittlerunternehmen bezogene Informationen, etwa über dessen Preise und Rentabilität, betreffen.970

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959 EuGH, Urt. v. 14.3.2013 – C-32/11 Rn 43, EWS 2013, 154. 960 Vgl. etwa Stancke VersR 2009, 1168 (1170, 1173). 961 Stancke VersR 2009, 1168 (1173). 962 Stancke VersR 2009, 1168 (1172). 963 BKartA, Beschl. v. 14.7.2009 – B 3 64/05 (Merck), WuW/E, 2009, 1312 (1315) = DE-V 1790 (1793); Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Gerstner in: Giesler/Nauschütt, § 2 Rn 56; Siegert NJW 2007, 188 (189). 964 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter; Westphal ZEuP 2002, 828 (831); offen gelassen von BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 965 Flohr BB 2009, 2159 (2163). 966 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 43 – Tankstellenvertreter. 967 Siegert NJW 2007, 188 (189). 968 Eingehend m.w.N. Stancke VersR 2009, 1168 (1170). 969 Stancke VersR 2009, 1168 (1171). 970 Wiemer WuW 2009, 750.

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Direktbezugsverpflichtungen.971 Gebietsschutzvereinbarungen.972 Kundenkreisbeschränkungen973 (Tz 168 LL), etwa Beschränkungen des Internet-Vertriebs (dazu Rn 211 ff.) oder der Ausschluss des Vertriebs über das Internet auf der Handelsplattform EBay.974 Informationsaustausch unter Wettbewerbern: So soll bereits die Information über die Höhe der Vertriebsvergütung unter den Wettbewerbern kartellrechtlich problematisch sein.975 U.U. Mindestabnahmepflichten.976 Verbot des Parallelhandels.977 Preisbindung der zweiten Hand.978 Das Verbot der Preisbindung gilt trotz des einheitlichen Systemauftritts auch in Franchiseverträgen.979 Preisspaltung,980 etwa, wenn der Hersteller mit dem Händler vereinbart, dass die Rabattquote reduziert wird, falls der Händler bestimmte Kundengruppen beliefert981 oder separate Preise für den online- und offline-Vertrieb vorschreibt.982 Markenexklusivität.983 eine quantitative Selektion.984 Querlieferungsverbote.985 Rücklieferungsverbote:986 Einem Händler mit Sitz innerhalb der EU kann von einem ebenfalls innerhalb der EU ansässigen Unternehmer nicht jeder Direktverkauf oder jede Rücklieferung in die EU untersagt werden, selbst wenn der Vertriebsmittler au-

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971 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. 972 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Gerstner in: Giesler/Nauschütt, § 2 Rn 52. 973 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.); Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. 974 OLG München, Urt. v. 2.7.2009 U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold) m. Anm. Immenga BB 2009, 2561; LG Kiel, Urt. v. 8.11.2013 – 14 O 44/13, ZVertriebsR 2014, 178 = WRP 2014, 252 = EWiR 2014, 337 (Engelhoeven/Semder) – kein selektiver Vertrieb; LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1181; Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 zum selektiven und nicht selektiven Vertrieb; mglw aber – je nachdem, ob erforderlich – nicht im selektiven Vertrieb, s. OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789. 975 EuGH, Urt. v. 5.12.2013 – C-455/11 P, NZKart 2014, 63 – Solvay; Stancke VersR 2009, 1168 (1172) zum Versicherungsvertrieb. 976 Niebling WRP 2010, 631. 977 LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde); Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen 2001, Rn 35. 978 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter; Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001 Rn 35; Sosnetza/Hoffmann AG 2008, 107 ff.; zu den Hintergründen des Preisbindungsverbots (auch) des US-amerikanischen Kartellrechts Kasten RIW 2007, 419; krit. Kasten WuW 2007, 994. 979 OLG München NJW-E-WettbR 1997, 234; aA Bechtold GWB § 1 Rn 49 f. 980 Nolte BB 2014, 1155 (1161). 981 LG Köln, Urt. v. 15.2.2013 – 90 O 57/12, WuW 2013, 889. 982 Nolte BB 2014, 1155 (1161). 983 Siegert NJW 2007, 188 (189). 984 OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 (519) m. abl. Anm. Schultze/ Spenner. 985 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 554. 986 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 555.

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ßerhalb der EU tätig werden soll (Art. 101 Abs. 1 AEUV), falls hierdurch eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb der EU bzw. eine Beeinträchtigung der Warenströme zwischen den Mitgliedsstaaten eintritt.987 Ob hierdurch eine Wettbewerbsbeschränkung eintritt, entscheidet u.a. der Preisunterschied der betreffenden Produkte innerhalb und außerhalb der EU. Sofern durch die Höhe der Zölle, die Beförderungskosten oder andere Kosten ein Reimport unwahrscheinlich bleibt, ist eine Beeinträchtigung ebenso wenig gegeben, wie wenn die ausgeführten Produkte nur einen unbedeutenden Prozentsatz des Gesamtmarktes dieser Waren bilden. Selektive Vertriebssysteme988 (dazu Rn 132 ff.), etwa die Selektionskriterien der Kfz-Hersteller und Importeure.989 Der Kfz-Vertrieb bildet rglm. ein selektives und wettbewerbsbeschränkendes Vertriebssystem.990 Sprunglieferungsverbote:991 Ein Sprunglieferungsverbot verbietet etwa dem auf der Großhandelsstufe angesiedelten Vertragshändler die direkte Veräußerung an Endkunden. Hierdurch wird der Einzelhändler „übersprungen“.992 Vertrieb von Wettbewerbern durch eine gemeinsame Vertriebsorganisation. Dabei kommt es aber auf die Verhältnisse des Einzelfalls an.993 Verwendungsbeschränkungen hinsichtlich der Ware.994 Vereinbarungen zwischen Kfz-Versicherer und Kfz-Händlern, mit denen Kfz-Versicherer sich zweiseitig entweder mit als Reparaturwerkstätten tätigen Kfz-Vertragshändlern oder mit einer Vereinigung solcher Händler auf den Stundensatz verständigen, den der Versicherer für die Reparatur von bei ihm versicherten Fahrzeugen zu zahlen hat, wobei vorgesehen wird, dass dieser Satz u.a. von der Zahl und dem %-Satz von Versicherungsverträgen abhängt, die die Vertragshändler als Versicherungsagent für die Gesellschaft vertrieben haben.995 Wettbewerbsrichtlinien der Unternehmer, etwa die Wettbewerbsrichtlinien im Versicherungsvertrieb,996 es sei denn, sie entsprechen den Vorgaben der Gesetze und der Rspr.997 Wettbewerbsverbote.998 Das gilt im Grundsatz auch für Wettbewerbsverbote in echten HV-Verträgen.999 Zuschüsse für die Vermittlung von Leasingverträgen: Sie sind wettbewerbsbeschränkend, falls der Hersteller dem Händler einen Zuschuss bzw. eine Prämie für den Fall

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987 EuGH EWS 1998, 209 = EWiR 1999, 65 (Röhling); Gippini-Fournier in: Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff, Kartellrecht, Europäisches Recht, Art. 81 Abs. 1 Rn 196. 988 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 39; KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 Rn 33 – Scout/EBay-Verkauf. 989 Böni WuW 2013, 479 (480). 990 Böni WuW 2013, 480 (483). 991 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 555. 992 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 555. 993 Stancke VersR 2009, 1168 (1177) zum Versicherungsvertrieb. 994 Gehring/Fort EWS 2007, 160 (162, 165). 995 EuGH, Urt. v. 14.3.2013 – Rs C-32/11, EWS 2013, 154. 996 Stancke VersR 2009, 1168 (1177). 997 Stancke VersR 2009, 1168 (1177). 998 LG Frankfurt/Main, Urt. v. 15.11.2002 – 3-11 O 87/02, EWiR 2003, 573 (Emde); Bauer/de Bronett EUGruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35; Gerstner in: Giesler/Nauschütt § 2 Rn 47; Westphal ZEuP 2002, 828 (831). 999 EuGH WuW/E EU-R 1215, Tz 82; zu Verträgen von Tankstellen-HV Steinhauer BB 2009, 2386; aA Kapp WuW 2007, 1218 (1220).

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gewährt, dass der Händler einen Leasingvertrag der herstellereigenen oder -nahen Leasinggesellschaft vermittelt.1000 Denn die Prämie zielt auf einen Verzicht der Entscheidungsfreiheit des Händlers.1001 Die Gewährung derartiger Zuschüsse ist nicht vom Interesse des Herstellers an der Absatzförderung gedeckt. Sie ähnelt einem Treuerabatt und behindert deshalb die außenstehenden händlernahen Leasinggesellschaften unbillig i.S.d. § 19 GWB.1002 Gewährt der Hersteller den Zuschuss unmittelbar der herstellereigenen oder herstellernahen Leasinggesellschaft, fehlt es an einer wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarung i.S.d. Art. 101 AEUV.1003 Bei Gewährung eines Zuschusses an die herstellereigene Leasinggesellschaft folgt dies schon aus dem konzerninternen Charakter der Maßnahme.1004 c) Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden nach Art. 101 AEUV 109

aa) Grundlagen. Gemäß Art. 101 AEUV (früher: Art. 81 EG, Art. 85 EWG) sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, welche den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten. Nach Art. 101 Abs. 2 AEUV sind die verbotenen Vereinbarungen nichtig,1005 ohne dass es einer vorherigen Entscheidung bedarf. Dieses Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden gilt, wie seit der Entscheidung Grundig/Consten1006 anerkannt ist, auch für vertikale Absprachen, d.h. Vertriebsvereinbarungen,1007 und u.U. auch für HV-Verträge,1008 nämlich dann, wenn der HV nicht in das Unternehmen des Prinzipals eingegliedert ist (Auffassung des EuGH) oder als mit wirtschaftlichem Risiko versehener „unechter“ HV bewertet wird (Auffassung der Kommission, s. Rn 148 ff.). Folglich sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in Vertriebsverträgen (außer HV-Verträgen) grundsätzlich unzulässig und nichtig. Voraussetzung der Nichtigkeit ist eine Vereinbarung. „Einseitige Maßnahmen” des Unternehmers gegenüber seinem Mittler unterfallen nicht dem Kartellverbot des Art. 101 AEUV, anders als „sonstige Maßnahmen“.1009 Es muss eine zumindest stillschweigende Willensübereinstimmung hinsichtlich der in Frage stehenden Wettbewerbsbeschränkung vorliegen, damit die Maßnahme als „sonstige“ i.S.d. Art. 101 AEUV verboten ist.1010 Beispiele sind Vorabermächtigungen im Händlervertrag für nachträgliche Ergänzungen1011 oder einseitiges Handeln mit der Erwartungshandlung einer Folgepflicht,1012 insb., wenn nachträgliche Kontrollen erwartungsgemäßes Verhalten unterstreichen. Solche

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1000 Habersack/Ulmer S. 119 ff., 133; aA mglw BGH, Urt. v. 12.11.1991, NJW 1992, 1827 = ZIP 1992, 428 = BB 1992, 453; BGH aber u.U. von EuGH ZIP 1995, 1766 = RIW 1996, 148 überholt (so die Analyse von Habersack/Ulmer S. 123). 1001 Habersack/Ulmer S. 121. 1002 Habersack/Ulmer S. 133. 1003 Habersack/Ulmer S. 133. 1004 Habersack/Ulmer S. 133. 1005 LG Erfurt, Urt. v. 21.8.2007 – 1 HK O 19/07, BeckRS 2013, 10304 für einen Händlervertrag, allerdings ohne nähere rechtliche Ausführungen. 1006 EuGHE 1966, 322 (387, 392); Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 3. 1007 S. insb. die Darstellung des EU-Kartellrechts bei Giesler/Nauschütt, § 2. 1008 Emde BB 2002, 949; Lubitz EWS 2003, 557; Stancke VersR 2009, 1168 (1170) zu Versicherungsvertretern; Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1193. 1009 Simon EWS 2010, 497 (499). 1010 Simon EWS 2010, 497 (499); Wertenbruch EWS 2004, 145; Kamann/Bergmann EWS 2004, 151. 1011 EuGH, Urt. v. 13.7.2006 – C-74/04, Slg. 2006, I 6585 = EWS 2006, 365; Simon EWS 2010, 497 (499). 1012 EuG, Urt. v. 26.10.2000 – T-41/96, Slg. 2000, II 3383 = EWS 2001, 121; Simon EWS 2010, 497 (499).

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Kontrollen sind aber keine Voraussetzungen des Verstoßes gegen Art. 101 AEUV.1013 Dies hat die Kommission nachzuweisen.1014 Wettbewerbsbeschränkungen, die für das Funktionieren eines Franchisesystems unerlässlich sind, bleiben von dem Verbot des Art. 101 AEUV ausgenommen,1015 insb. solche, mit denen die Weitergabe von Know-How oder Unterstützungsleistungen des FG verhindert werden sollen1016 oder die für die Identität und das Ansehen des Systems erforderlich sind1017 (Rn 132 ff.). Zu Letztzeren zählen etwa: – Bezugsbindungen können für ein Franchise-System wesensimmanent sein, da nur durch sie die Einheitlichkeit des Vertriebssystems („Einheitlichkeit des Produktauftritts“) gesichert werden kann;1018 – nachvertragliche Wettbewerbsverbote; – Mindestöffnungszeiten; – die Verpflichtung zum einheitlichen Außenauftritt (CI); – die Verpflichtung, einen Mindestumfang des Verkaufssortiments zu führen; – die Verpflichtung zur Markennutzung; – die Verpflichtung zum Standard der Betriebsführung;1019 – Vorschriften über die Präsentation bzw. Benachteiligung von Fremdprodukten.1020 Auf die Unwirksamkeit nach Art. 101 AEUV darf sich jede Vertragspartei berufen.1021 Sie ist auch von Schiedsgerichten zu beachten.1022 AGB-Klauseln, welche die Wettbewerbsfreiheit eines Vertragspartners entgegen Art. 101 AEUV beschränken, sind nicht nur gem. Art. 101 Abs. 2 AEUV, sondern ferner nach § 307 BGB unwirksam.1023 Da es sich bei Art. 101 AEUV um einen Teil des „ordre public“ handelt, darf eine Nichtbeachtung nationalen oder europäischen Kartellrechts durch ausländische Gerichte und Schiedsgerichte deren Urteilen entgegengehalten werden.1024 Soweit das Schiedsgericht kartellrechtliche Einwendungen geprüft hat und zu einem plausiblen Ergebnis gelangt ist, ist die erneute umfassende Prüfung dieser Einwände im Anerkennungsverfahren unzulässig.1025 bb) Wettbewerbsverhältnis. Es muss eine Verhinderung, Einschränkung oder Ver- 110 fälschung des Wettbewerbs bestehen. Unternehmer und Mittler können auch auch als Wettbewerber gegenüberstehen. Zum einen sind sie rglm. potentielle Wettbewerber,1026

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1013 EuGH, Urt. v. 10.2.2011 – C-260/09 P Activision Blizzard Germany GmbH ./. Europäische Kommission [Nintendo], GRUR Int. 2011, 320. 1014 Simon EWS 2010, 497 (499). 1015 EuGH, Urt. v. 28.1.1986, NJW 1986, 1415; OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway; Bunte NJW 1986, 1406; Neumann RIW 1985, 612; Skaupy WuW 1986, 445; Kevekordes BB 1987, 74; Joerges ZHR 151 (1987), 195; Flohr BB 2009, 2159 (2161); Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 215 ff. 1016 Flohr BB 2009, 2159 (2161). 1017 Flohr BB 2009, 2159 (2161). 1018 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 – Subway; OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway; LG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2013 – 14c O 129/12 U, BeckRS 2014, 10383. 1019 OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway. 1020 Flohr BB 2009, 2159 (2163). 1021 EuGH GRUR 2002, 367. 1022 Karsten Schmidt zit. nach Heukamp SchiedsVZ 2006, 95. 1023 BGH, Urt. v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 1024 Thüringer OLG, Beschl. v. 8.8.2007 – 4 ScH 3/06, WuW DE-R 2008, 119 = WuW 2008, 353; C.A. Paris, 18.11.2004, JCP.-Ed.Gen. 2005, 570; hierzu Niggemann SchiedsVZ 2005, 265. 1025 Thüringer OLG, Beschl. v. 8.8.2007 – 4 ScH 3/06, WuW DE-R 2008, 119 = WuW 2008, 353. 1026 Wiemer WuW 2009, 750 (751).

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was jedoch für ein Wettbewerbsverhältnis nur im Ausnahmefall genügt (Tz 27 LL).1027 Das insb. bei zulässigem Direktvertrieb des Unternehmers im Vertriebsgebiet existierende (Rest)Wettbewerbsverhältnis1028 ist jedenfalls nach der GVO 330/10 gestattet, solange der Unternehmer dem Händler nur als Wettbewerber auf der Handelsstufe gegenüber tritt (Wettbewerb um Endkunden), d.h. der Händler nicht als Produzent auftritt (Rn 198). Wiemer unterscheidet wie folgt: Verbietet der Unternehmer dem Mittler aktiven Vertrieb in bestimmten Gebieten oder zu bestimmten Kundengruppen, darf der passive Vertrieb dem Mittler gem. Art. 4 lit. b GVO 330/10 nicht untersagt werden. Beide Vertragspartner bleiben Wettbewerber.1029 Verspricht der Unternehmer dem Mittler, was kartellrechtlich zulässig ist, vollkommene Exklusivität oder beliefert er nur Kunden, die sein Mittler faktisch oder rechtlich nicht bedienen kann, kommt es auf den Einzelfall an, ob die Parteien potentielle, zukünftige Wettbewerber sind. Bei sehr langfristigem Vertrag, nicht zu erwartendem künftigen Wettbewerb und vor Vertragsschluss fehlendem Wettbewerb kann ein Wettbewerbsverhältnis abzulehnen sein.1030 Auch Vertriebsmittler eines einheitlichen Vertriebssystems können untereinander zumindest potentielle Wettbewerber sein.1031 111

cc) Spürbarkeit der Wettbewerbsklausel. Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 101 AEUV ergibt, verstoßen nur solche Wettbewerbsbeschränkungen gegen Art. 101 AEUV, die zu einer „spürbaren“ Einschränkung des Wettbewerbs führen.1032 Ob eine solche Einschränkung besteht, ist nach Inhalt und Zielen, dem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang der Vertriebsvereinbarung, der Natur der betroffenen Produkte sowie den Bedingungen und der Struktur des Marktes zu bestimmen.1033 Wenn feststeht, dass eine Vereinbarung eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezweckt, braucht ihre Spürbarkeit nicht geprüft zu werden. Ob dann die Bagetellbekanntmachung (dazu sogleich) noch hilft, wird bezweifelt.1034 Lässt jedoch die Prüfung des Inhalts der Vereinbarung keine hinreichende Beeinträchtigung des Wettbewerbs erkennen, sind die Auswirkungen zu untersuchen und es müssen Umstände vorliegen, aus denen sich insgesamt ergibt, dass der Wettbewerb tatsächlich spürbar verhindert, eingeschränkt oder verfälscht worden ist.1035 Vertriebsverträge sind oft erst dann geeignet, den zwischenstaatlichen Handel spürbar zu beschränken, wenn sie in ein Netz gleichartiger Verträge eingebunden sind (Bündeltheorie).1036 Zur Konkretisierung1037 des Merkmals der Spürbarkeit hat die Kommission die Bagatellbekanntmachung1038 (oder: de minimis-Bekanntmachung) er-

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1027 Siehe etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.2.2014 – VI-U (Kart) 7/12, WuW DE-R 4242. 1028 Wiemer WuW 2009, 750 (751). 1029 Wiemer WuW 2009, 750 (752). 1030 Wiemer WuW 2009, 750 (752). 1031 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.2.2014 – VI-U (Kart) 7/12, WuW DE-R 4242. 1032 EuGH, Urt. v. 13.12.2012 – C-226/11, WRP 2013, 172 = ZVertriebsR 2013, 30 Rn 17, 20; Slg. 1966, 281 (306); Slg. 1969, 295 (302); Terhechte EWS 2002, 66; Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II, Rn 3; Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 3. 1033 EuGH, Urt. v. 13.12.2012 – C-226/11, WRP 2013, 172 = ZVertriebsR 2013, 30 Rn 21. 1034 Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (281). 1035 EuGH, Urt. v. 14.3.2013 – C-32/11, EWS 2013 154, Rn 34; v. 4.10.2011 – C-403/08 und C-429/08, Rn 135; v. 13.12.2012 – C-226/11, WRP 2013, 172 = ZVertriebsR 2013, 30 Rn 35; v. 8.12.2011, C-272/09 P Rn 65; C-389/10 P Rn 75; v. 13.10.2010 – C-439/09, Rn 34; v. 6.10.2009 – C-501/06 P, C-513/06 P, C-515/2006 und C-519/06, Slg. 2009 I-9291 Rn 55; v. 4.6.2009 – C-8/08 Slg. 2009, I-4529 Rn 28,30; v. 13.7.1966 – 56/64; 58/64, Slg. 1966, 429. 1036 Schröter in: Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 81 Abs. 1 Rn 2000. 1037 Terhechte EWS 2002, 66; Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 4. 1038 Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gem. Art. 81 Abs. 1 EG nicht spürbar beschränken, ABl. 2001 Nr. C 368, S. 13 ff.; hierzu Terhechte EWS 2002, 66; Altfassung ABl. EG v. 9.12.1997, Nr. C 372, S. 13 ff.

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lassen.1039 Sie verneint Spürbarkeit, sofern bei vertikalen Vereinbarungen unter Unternehmen, die nicht im Wettbewerb zueinander stehen, auf dem von der Vereinbarung betroffenen sachlich-räumlich relevanten Markt1040 der von jedem der beteiligten Unternehmen1041 gehaltene Marktanteil 15% (bis 2001: 10%) Marktanteil nicht überschreitet1042 und eine Kernbeschränkung fehlt.1043 Die Kommission geht zudem von mangelnder Spürbarkeit aus, wenn der Umsatz der beteiligten Unternehmen jeweils höchstens 50 Mio. EUR (plus maximal 10% in 2 aufeinanderfolgenden Jahren) oder die Jahresbilanzsumme höchstens 43 Mio. EUR erreicht.1044 Auch wenn die Grenzwerte der Bagatellbekanntmachung überschritten werden, ist es im Einzelfall möglich, dass der Wettbewerb nicht spürbar beschränkt ist.1045 Denn die Bagatellbekanntmachung gibt in Form eines Leitfadens nur Erfahrungswerte wieder, bindet nach ihrem Art. 4 S. 3 die Behörden und Gerichte der Mitgliedsstaaten jedoch nicht.1046 Letztlich bleiben also die Schwellenwerte unverbindlich, da sie einen bloßen Anhaltspunkt bilden sollen.1047 Die Kernbeschränkungen der Ziff. 11 der Bagatellbekanntmachung entsprechen Art. 4 lit. b GVO 330/10, so dass die Bagatellbekanntmachung nicht hilft, wenn die Freistellung des Verbots des Verkaufs außerhalb des zugewiesenen Gebiets erstrebt wird. Sachlich relevant soll nach einer Ansicht der Markt sein, auf dem sich der Unternehmer Vertriebsmittler (im entschiedenen Fall selbständiger HV) bedient,1048 also um deren Tätigkeit konkurriert. Nach aA richtet er sich nach der Austauschbarkeit der in Frage stehenden Waren aus der Sicht der Marktgegenseite.1049 Der räumlich relevante Markt bestimmt sich nach der funktionellen Austauschbarkeit fü die Marktgegenseite. Unternehmen, die aus dieser Sicht eine alternative Lieferquelle darstellen, gehören regelm. demselben räumlichen Markt an.1050 Er umfasst das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen mit der Lieferung der relevanten Erzeugnisse oder Dienstleistungen beschäftigt und in denen die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind.1051 Bedeutsam können Transportkosten, Sprache, Vorlieben und kulturelle Eigenarten sein.1052 Bei großen Mittlern wird der räumlich relevante Markt umfangreicher sein als bei kleinen, da erstgenannte eher bereit sein werden, ihre Vermittlungsbemühungen in einem größeren Umkreis zu organisieren.1053 Greift die Bagatellbekanntmachung nicht ein, etwa weil eine Kernbeschränkung berührt ist, soll Spürbarkeit bei einem Marktanteil der betroffenen Unternehmen von 5% vorliegen.1054 Auch Vereinbarungen zwischen kleinen und mittleren Unterneh-

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1039 Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1218. 1040 ABl. EG v. 22.12.2001 – C-368/14, I 3; s. hierzu etwa Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1660). 1041 Es kommt also nicht etwa nur auf den Marktanteil der Vertriebsmittler an, aA zu Franchiseverträgen mglw. Billing/Lettl WRP 2012, 773 (781) bei Fn. 77. 1042 Rn 9 der LL zur GVO 330/10; Rn 7 lit. b der Bagatellbekanntmachung 2001 (2001/C 368/07). 1043 Zusammenfassend Terhechte EWS 2002, 66. 1044 ABl. EG v. 22.12.2001 – C-368/14, I 3 i.V.m. der Empfehlung der Kommission v. 6.5.2003, ABl. EG L 124/36. 1045 Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II, Rn 4. 1046 EuGH, Urt. v. 13.12.2012 – C-226/11, WRP 2013, 172 = ZVertriebsR 2013, 30 Rn 24 ff.; Terhechte EWS 2002, 66 (69) 1047 EuGH, Urt. v. 13.12.2012 – C-226/11, WRP 2013, 172 = ZVertriebsR 2013, 30 Rn 31. 1048 LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde). 1049 Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 43. 1050 Janssen in: Oelschlägel/Scholz, Handbuch Versandhandelsrecht, 2013, Kap. 9D Rn 231. 1051 LL für vertikale Beschränkungen, ABlEG Nr. C 291 v. 13.10.2001, 1 Rn 90. 1052 Janssen in: Oelschlägel/Scholz, Handbuch Versandhandelsrecht, 2013, Kap. 9D Rn 231. 1053 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 625. 1054 LG Frankfurt/Main, Urt. v. 15.11.2002 – 3-11 O 87/02, EWiR 2003, 573 (Emde).

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men1055 führen zu keiner Spürbarkeit,1056 sofern die in der Anlage zur Bagatellbekanntmachung genannten Schwellenwerte nicht überschritten werden.1057 dd) Zwischenstaatlichkeitsklausel. Voraussetzung des Verbots des Art. 101 AEUV ist die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten (Zwischenstaatlichkeitsklausel). Dazu muss die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung unmittelbar oder mittelbar geeignet sein, die Freiheit des Handels zwischen Mitgliedstaaten auf eine Weise zu gefährden, die der Verwirklichung der Ziele eines einheitlichen zwischenstaatlichen Marktes nachteilig sein kann.1058 Zunächst muss festgestellt werden, ob der Handel zwischen den Mitgliedstaaten be113 troffen ist. Dies ist der Fall, wenn die in Rede stehende Vereinbarung „Außenwirkung“ auf den zwischenstaatlichen Handel entfalten kann. Eine Außenwirkung liegt in aller Regel vor, sofern Unternehmer verschiedener Mitgliedstaaten an der Vereinbarung beteiligt sind. Es kann aber ausreichen, wenn die Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen eines Mitgliedstaates getroffen wird, sich aber auf das gesamte Gebiet des Mitgliedstaates bezieht, da es einen wesentlichen Teil des gemeinsamen Marktes darstellt.1059 Der EuGH hat wiederholt entschieden, dass es für die Außenwirkung genügt, wenn ein wesentlicher Teil des gemeinsamen Marktes betroffen ist, etwa Luxemburg.1060 Dass einer der Vertragspartner in einem Drittland sitzt, führt nicht notwendigerweise zur Unanwendbarkeit des Art. 101 AEUV:1061 Schließt ein Unternehmer eines Mitgliedsstaates einen Vertrag mit einem Unternehmer eines Drittstaats, kann Art. 101 AEUV verletzt sein, falls Reimporte in die Gemeinschaft realistischerweise zu erwarten sind und behindert werden.1062 Die Verpflichtung in einem Vertriebsvertrag, aus einem Nicht-EU-Staat keinesfalls in die EU zu exportieren, kann folglich den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten – je nach bestehender Marktstruktur und nach Position, Produktion und Verkauf des Lieferanten im Gemeinschaftsmarkt und vorausgesetzt, dass Preisunterschiede den Reimport realistisch erscheinen lassen – beeinträchtigen.1063 Voraussetzung ist aber eine Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung. Deshalb ist es im Grundsatz richtig zu sagen, Art. 101 AEUV und auch die GVO gälten nicht für vertikale Vereinbarungen mit Vertriebspartnern außerhalb der EU bzw. des EWR.1064 Dagegen ist nicht erforderlich, dass die Beeinträchtigung des Handels zwischen den 114 Mitgliedstaaten nachgewiesen wird. Ausreichend ist die konkrete Gefahr der Beeinträchtigung. Die Voraussetzungen der Zwischenstaatlichkeitsklausel sind also nur dann nicht erfüllt, wenn nach allen objektiven, rechtlichen oder tatsächlichen Umständen ausge112

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1055 S. Definition von kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (2003/361/EG) vom 20.5.2003; Altfassung Anh. zur Kommissionsempfehl. 96/280/EG, ABl. 1996 Nr. L 107/8; zur Erhöhung der Schwellenwerte DB 2002, 312; s.a. die Mitteilung in EuZW 2001, 739; vgl. weiter Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1218. 1056 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1207 f.). 1057 Vgl. DB 2002, 312; s.a. die Mitteilung in EuZW 2001, 739. 1058 EuGH, Slg. 1966, 322 (389); Slg. I-1997, 4411,4412; Giesler/Nauschütt § 2 Rn 13. 1059 EG-Kommission, Entsch. v. 11.6.2002, COMP/36.571/D-1 – Lombard Club, WuW/E 2004, 823 = EU-V 949; EuGH, Slg. 1992 II-1995 (1998 ff.) Rn 57; Giesler/Nauschütt § 2 Rn 14. 1060 EuG, Urt. v. 27.7.2005, Rs.T-49/02 bis T-51/02 – Brasserie nationale/Kommission, WuW 2005, 1311 – EU-R 9/67. 1061 EuGH, Urt. v. 25.11.1971 – Rs 22/71 – Beguelin, Slg. 1971, 949. 1062 EuGH EWS 1998, 209 = EWiR 1999, 65 (Röhling); Komm. ABl. 1964, Nr. 58 S 915/64; ABl. 1968, L 276, S. 25/28; ABl. 1977, L 30, S. 10, 14; ABl. 1978, L 550, S. 16, 24; Schröter in: Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht Art. 81 Abs. 1 Rn 205; Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1660). 1063 Gippini-Fournier in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Europäisches Recht, Art. 81 Abs. 1 Rn 196. 1064 Creutzig EG – Gruppenfreistellungsverordnung für den Kraftfahrzeugssektor, Rn 721.

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schlossen werden kann, dass die zur Prüfung stehende Vereinbarung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann. Lässt sich das nicht feststellen, ist eine Abwägung der Gesamtumstände erforderlich.1065 ee) Art. 101 Abs. 3 AEUV (1) Einleitung. Mit der Verabschiedung der Kartellverfahrensordnung (EG) Nr. 1/ 115 2003 vom 16.12.20021066 gilt seit 1.5.2004 ein neues Kartellverfahrensrecht. Zum Übergangszeitraum und den Wirkungen vorheriger Einzelfreistellungen vgl. BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = EWiR 2007, 547 (Emde). Nach der VO Nr. 17/62 waren lediglich Art. 101 Abs. 1 und 2 AEUV unmittelbar anwendbar: Falls für eine Vereinbarung die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV vorlagen, so bedurfte es eines positiven Aktes der Freistellung, und zwar entweder durch GVO – die Vereinbarung war freigestellt, wenn sie sich unter die Voraussetzungen einer solchen GVO subsumieren ließ – oder durch Einzelfreistellung, also mittels Entscheidung der Kommission.1067 Gem. Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 sind Vereinbarungen, Beschlüsse und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV, welche den TB des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen, jetzt verboten, ohne dass dies des Ausspruchs in einer Entscheidung bedarf. Art. 101 Abs. 3 AEUV ist damit als Legalausnahme zu verstehen, mit der Folge, dass die Vorschrift „ipso iure“ unmittelbar anwendbar ist. Im Einklang mit dem Wortlaut des Absatzes wurde bis 1.5.2004 eine unmittelbare Wirkung des Art. 101 Abs. 3 AEUV abgelehnt. Die Erfüllung der TB-Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV führte also bis zu diesem Tag nicht „ipso iure“ zum Wegfall des Verstoßes gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV. Seit dem 1.5.2004 kann ein Vertriebssystem unmittelbar nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zulässig sein, obwohl die Anwendungsvoraussetzungen einer GVO nicht erfüllt sind.1068 Es bedarf keines besonderen Freistellungsaktes in Form einer Einzelfreistellung; eine solche kann auch nicht mehr erlangt werden.1069 Jeder den Wettbewerb beschränkenden Vereinbarung kann eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zukommen.1070 Folglich hat der BGH in seiner Entscheidung v. 28.6.20051071 geurteilt, die Nichterfüllung der in der GVO genannten Freistellungsvoraussetzungen führe seit Wirksamwerden der VO 1/2003 ab 1.5.2004 zu keiner automatischen Nichtigkeit der Verträge. Denn die Nichtigkeit setzt zudem die Nichterfüllung der TB-Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV voraus. Ob Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 dem Wortlaut des Art. 101 Abs. 3 AEUV widerspricht, der aus- 116 drücklich eine „Nichtanwendbarkeitserklärung“ fordert, ist noch nicht ausdiskutiert. Formal könnte man argumentieren, Art. 1 Abs. 2 VO 1/2003 enthalte eine solche Erklärung oder Freistellung und sei damit die weiteste Form einer GVO.1072 Andererseits spricht manches dafür, dass die Freistellung in Einzelfällen für begrenzte Bereiche erteilt werden muss, weil sonst Art. 101 Abs. 3 AEUV von vornherein als Legalausnahme von Art. 101 Abs. 1 AEUV hätte formuliert werden müssen, was jedoch unterblieb. Der VO hat damit mglw. den Wortlaut des Art. 101 Abs. 3 AEUV überschritten und sich der von ihm geforderten Einzelfallentscheidung oder der differenzierten Gruppenbildung enthoben.1073 Nach Ansicht von

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1065 1066 1067 1068 1069 1070 1071 1072 1073

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Giesler/Nauschütt, § 2 Rn 16. ABlEG Nr. L 1 v. 4.1.2003, S. 1. Weitbrecht Beilage zu NJW Heft 8/2003; ders. EuZW 2003, 69 (70). Schumacher WuW 2005, 1222 (1225); BGH, Urt. v. 13.7.2004, „Citroen“. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383; Niebling WRP 2010, 1454 (1455). Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 64. BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57. Weitbrecht EuZW 2003, 69 (70). Vgl. Karsten Schmidt BB 2003, 1237; aA Weitbrecht EuZW 2003, 69 (70).

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Baron1074 besitzen die GVOs auch nach Einführung der VO 1/2003 neben der VO 1/2003 gleichen Rang. Sie blieben nach dieser Ansicht durch die Einführung der VO 1/2003 unberührt. Ist eine Freistellung entweder aus der VO 1/2003 oder aus einer GVO zu bejahen, schließt dies die Anwendung der anderen Regelung nicht aus. Im Ergebnis gilt die jeweils weitergehende Freistellung, wie umgekehrt im Falle der Verbotskonkurrenz ohne ausdrückliche gegenteilige Freistellung das jeweils weitergehende Verbot maßgeblich ist. 117 Nach Art. 101 Abs. 3 AEUV können Vereinbarungen, deren Nutzen – etwa auf Grund einer Effizienzsteigerung1075 – so groß ist, dass sie die wettbewerbsbeschränkende Wirkung der Vereinbarung überwiegen, von dem Verbotstatbestand des Art. 101 AEUV freigestellt werden. Aus der Unvereinbarkeit einer Klausel mit der GVO folgt mithin nicht mehr zwingend die Nichtigkeit nach Art. 101 AEUV; die Legalprüfung erfolgt nicht mehr abschließend in den Freistellungstatbeständen der GVO. Vielmehr muss in einem weiteren Schritt geprüft werden, ob die Klausel nach der Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV wirksam ist.1076 Der Unternehmer hat also die Möglichkeit, das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV im Einzelfall zu beweisen.1077 Nach Abs. 3 könnte auch ein Verhalten freigestellt sein, wenn jenes zwar nicht nach der aktuellen, sondern einer Alt-GVO freigestellt war – vorausgesetzt dafür gab es keinen zwingenden Grund. Unternehmen sowie nationale Kartellbehörden und Gerichte sind ermächtigt und verpflichtet, selbst zu prüfen, ob Vereinbarungen die vier Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen und deshalb nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen.1078 Die „Selbstveranlagung der Unternehmer“1079 führt zur Rechtsunsicherheit.1080 Helfen konnte früher ein „Comfort letter“, mit dem die Kommission mitteilte, dass für sie derzeit kein Anlass zu einem Einschreiten bestehe. Anstelle des „Comfort letter“ und der Negativatteste1081 ist der sogenannte „Guidance-letter“ getreten, welcher ein Beratungsschreiben mit einer informellen Stellungnahme der Kommission zu neuartigen Fragen im Zusammenhang mit Art. 101, 102 AEUV enthält. Für die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV sind spürbare objektive Vorteile Vor118 aussetzung.1082 Faktoren, die für die Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV relevant sind, hat die Kommission in den Tz 122 ff. LL zur GVO 330/10 beschrieben. Betont wird insbesondere das Erfordernis von Effizienzgewinnen (Tz 122, 145 LL).1083 Erwartet werden substantiierte Angaben hinsichtlich Art, Ursache, Wahrscheinlichkeit, Ausmaß und Zeitpunkt der Effizienzgewinne.1084 Die Kommission1085 betont, auch Vertriebsvereinbarungen könnten zu qualitativen Effizienzgewinnen führen. So könnten spezialisierte Vertriebshändler Dienstleistungen erbringen, die besser auf die Bedürfnisse der Kunden abgestellt sind, die Auslieferung beschleunigen oder eine erhöhte Qualitätssicherung in der Vertriebskette anbieten (zu selektiven Vertriebssystemen Rn 132 ff.). Gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV soll beispielsweise der Erhalt des technisch komplexen Produktes Kfz, die Vermeidung

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1074 WuW 2006, 358 ff. 1075 Leitfaden zur früheren Kfz-GVO 1400/02, Einl., S. 7. 1076 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); v. 13.7.2004 „Citroen“ – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz). 1077 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 66; Rheinländer WRP 2005, 285; Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). 1078 ABlEG Nr. L 1 v. 4.1.2003, S. 1. 1079 Bechtold GRUR 2012, 107; Funke/Just DB 2010, 1389; Malec/von Bodungen BB 2010, 2383. 1080 Schumacher WuW 2005, 1222 ff. 1081 Hierzu Bechtold GRUR 2012, 107. 1082 St. Rspr. des EuGH, u.a. v. 13.7.1966, Rs. 56 und 58/64. 1083 Tz 122 LL; Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. I, Art. 81 Rn 19. 1084 Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I, Art. 81 Rn 19. 1085 Leitlinien der Kommission über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags (2004/C 101/07) vom 27.4.2004, Rn 72.

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von Umweltschäden, die Schaffung von Arbeitsplätzen vor dem Hintergrund der hohen Anzahl der Händlerinsolvenzen und das Interesse an der Exklusivhaltung von Luxusartikeln vorteilhaft i.S.d. Art. 101 Abs. 3 AEUV sein.1086 Schulte1087 hält eine nach h.M. gemäß Art. 101 AEUV unzulässige Preisbindung1088 wegen der positiven Wirkungen auf den Wettbewerb nach Art. 101 Abs. 3 AEUV für zulässig, wenn sie innerhalb einer Verbundgruppe mittelständischer Unternehmen – etwa zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer – vereinbart wurde und die Preisbindung, z.B. durch gemeinsame Werbeaktionen, den Wettbewerb zu Großunternehmen erleichtert. Wenn eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 GVO 330/10 erfüllt ist, begründet dies keine Vermutung, dass die Vereinbarung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt.1089 Nach aA ist dann die Erfüllung der Kriterien der Art. 101 Abs. 3 AEUV unwahrscheinlich.1090 (2) Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) als Konkretisierung der General- 119 klausel des Art. 101 Abs. 3 AEUV. GVOs, die vor dem 1.5.2004 als „gebündelte Einzelfreistellungen“ 1091 angesehen werden konnten, und bestimmte typisierte Vertragsmuster summarisch vom Kartellverbot ausnehmen1092 (zu ihnen Rn 182 ff.) sind durch Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht überflüssig geworden. Zu Unrecht wird bezweifelt, ob neben der Freistellung nach der GVO noch Raum für eine Anwendung der Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV bleibt. Die konkretisierende Wirkung der GVO schließt die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV nicht aus.1093 Vielmehr stellen GVOs innerhalb ihres Anwendungsbereiches klar, dass die Legalausnahme des Art. 101 Abs. 3 AEUV eingreift.1094 Schumacher1095 bezeichnet die GVOs als „rechtlich verbindliche Konkretisierungen“ der spezifischen Vorgaben des Art. 101 Abs. 1 und 3 AEUV. Sie haben allerdings keinen rechtsgestaltenden sondern lediglich feststellenden Charakter,1096 besitzen also für die Praxis als speziellere Norm „Prüfungsvorrang“ vor Art. 101 Abs. 3 AEUV.1097 Nur wenn eine GVO hinter den Regelungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV zurückbleibt, ist gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV zu prüfen. Da europäische Gerichte nicht an GVOs gebunden sind, wird für sie Abs. 3 vorrangig bleiben. Geht die GVO über die Regelungen des Abs. 3 hinaus, bleibt die GVO anwendbar,1098 bindet die europäischen Gerichte aber nicht. Materiellrechtlich auf Grundlage des Art. 101 Abs. 3 AEUV ergangene GVOs bilden jedoch generelle Normen sowie Gesetze im materiellen Sinne, die

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1086 Schumacher WuW 2005, 1222 (1229/1230). 1087 WRP 2005, 1500 ff. 1088 Schulz-Süchting in: Münchener Vertragshandbuch, Band 3, Wirtschaftsrecht II, IV. 2, Anm. 13; Jestaedt in: Langen/Bunte, Kommentar zum Deutschen und Europäischen Kartellrecht, Band 1, 9. Aufl., Art. 81, Fallgruppen Rn 272; Pagenberg/Geissler, Lizenzverträge, 4. Aufl., S. 150, Rn 205; Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, Band 1, 4. Aufl., Art. 85, Rn 297, Rn 1539; Klotz in: Schröter/Jakob/ Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, 2003, Art. 81 – Fallgruppen: Liefer- und Bezugsvereinbarungen, Rn 11; 80, 210 ff.; Art. 4 lit. a GVO 2790/99, Art. 4 Abs. 1 lit. a GVO 772/2004; von Falck/Schmaltz in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht, 2005, GVO-Technologie Rn 40; Baron a.a.O., GVO Vertikal, Rn 164; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 572; Kahlenberg BB 2004, 391; Schulte WRP 2005, 1500 (1502). 1089 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 28. 1090 Ensthaler NJW 2007, 815 (816). 1091 Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687). 1092 Schulte WRP 2005, 1500 (1502). 1093 AA Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1750. 1094 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) unter II 2b; Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (687). 1095 WuW 2005, 1222 (1225). 1096 Bechtold WuW 2003, 343; aA wohl Karsten Schmidt BB 2003, 1237 (1241). 1097 Wagner WRP 2003, 1369 (1378). 1098 Wagner WRP 2003, 1369 (1378).

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nach Art. 288 AEUV in allen Mitgliedstaaten unmittelbar gelten1099 sowie nationale Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten in kartellrechtlichen Fragen binden.1100 Will das nationale Gericht von einer GVO abweichen, ergibt sich die Vorlagepflicht an den Gerichtshof aus Art. 267 AEUV.1101 Zivilrechtlich durchsetzbare Rechte und Pflichten zwischen den Vertragspar120 teien begründen GVOs nicht.1102 Die zivilrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen Vertriebsmittler und Auftraggeber richten sich also nicht nach der GVO sondern ausschließlich nach nationalem Recht.1103 Dies gilt auch für mögliche Ausgleichsansprüche.1104 So ergab sich etwa aus der Kfz-GVO 1400/02 kein gesetzlicher Direktanspruch eines Fahrzeugkäufers gegenüber einem Vertragshändler auf Erbringung von Vertragsleistungen aus einer Herstellergarantie bezüglich eines aus dem EU-Ausland reimportierten Fahrzeugs.1105 Rechtsfolge der Nichteinhaltung einer GVO ist lediglich das Entfallen der Freistellung.1106 Jedoch sollte es bei der Regel bleiben, dass die kartellrechtlichen Bestimmungen Leitbildwirkung i.S.d. § 307 BGB haben. Die Regelungen eines Vertriebsvertrags werden zudem im Zweifel GVO-konform auszulegen sein. Denn die Parteien werden ein Verständnis vermeiden wollen, welches eine Freistellung verhindert,1107 jedenfalls, wenn es nicht verwenderfeindlich zu verstehen ist. Zudem können die in einer GVO genannten Beispiele freigestellter Klauseln bei der Auslegung von Generalklauseln herangezogen werden und Leitbildwirkung bei ähnlichen Gestaltungen entfalten.1108 Für den spiegelbildlichen Fall – die GVO stellt die Klausel nicht frei – wird eine Leitbildwirkung für die Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV abgelehnt.1109 (3) Fallgruppen des Art. 101 Abs. 3 AEUV 121

(a) Verbesserung der Warenerzeugung. Bei der Freistellung eines selektiven Vertriebssystems wurde die Begründung, es beinhalte ein stabilisierendes Element für die Erhaltung von Arbeitsplätzen als Verbesserung der allgemeinen Bedingung der Warenerzeugung gerade unter den Voraussetzungen einer ungünstigen Wirtschaftskonjunktur vom EuGH aufrechterhalten.1110 Auch in einem mit einem Markenlizenzvertrag verbundenen Wettbewerbsverbot wurde nicht nur eine Verbesserung der Warenverteilung gesehen, sondern auch der Warenerzeugung.1111 Das ist zweifelhaft. Entständen mehr Verkaufsstellen, gäbe es auch mehr Arbeitsplätze.

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1099 Wagner WRP 2003, 1369 (1372); Schulte WRP 2005, 1500 (1502); Baron WuW 2006, 358 ff. 1100 EuGH, Urt. v. 28.2.1991, Rs. C-234/89 „Delimitis“, Slg. 1991, I-935 Rn 46; Schumacher Recht des KfzVertriebs in Europa, S. 11. 1101 EuGH, Urt. v. 11.12.1980, Rs. 31/80, Slg. 1980, 3775 Rn 13f; zur Vorlagepflicht: EuGH, Urt. v. 6.10.1982, Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415; vgl. Schumacher Recht des Kfz-Vertriebs in Europa, S. 17/18. 1102 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde). 1103 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 44. 1104 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 44. 1105 OLG Stuttgart, Urt. v. 26.3.2008 – 3 O 93/07, EuZW 2008, 772. 1106 EuGH, Urt. v. 18.1.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113; Wegner/Schroeder EuZW 2007, 115. 1107 OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 20.1.2009 – 11 U 49/08, BBL 2009–337–3, www.betriebs-berater.de (insoweit in BB 2009, 337 nicht abgedruckt) = NJOZ 2009, 794 = GRUR-RR 2009, 325 (LS). 1108 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1750; Bechtold WuW 2003, 343. 1109 Schulte WRP 2005, 1500 (1502). 1110 EuGH, Urt. v. 25.10.1977 – Rs. 26/76 – Metro/Kommission, Slg. 1977, 1875 (1915) Rn 43. 1111 EuGH, Urt. v. 28.2.2002, Fn 13, II-352 Rn 352 (353); Kommission, Entsch. v. 21.12.1994, Rs. IV/33218, ABl. 1994 L 378/17, 29 Rn 109; 32, 140.

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(b) Verbesserung der Warenverteilung. Der EuGH hat in der Erhaltung des Fach- 122 handelsvertriebs für beratungsintensive Produkte (Farbfernseher) einen objektiven Vorteil gesehen. 1112 Tatsächlich darf der selektive Vertrieb eher als „wettbewerbsdämpfend“ betrachtet werden, da sich Händler nur mit einer begrenzten Zahl von Konkurrenten auseinandersetzen müssen, die gleichen Bedingungen wie sie selber unterliegen.1113 Die Verpflichtung der Alleinvertriebshändler zum Alleinbezug, zum Unterlassen von Konkurrenz und von aktivem Wettbewerb außerhalb des zugewiesenen Gebiets1114 sowie von Vertriebsmittlern zur Absatzförderung, zur Nutzung des Warenzeichens oder einer bestimmten Ausstattung, sollen demgemäß von Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt sein.1115 (c) Förderung des technischen Fortschritts. Das Eingreifen dieser Fallgruppe ist 123 bei vertriebsrechtlichen Wettbewerbsbeschränkungen nur schwer vorstellbar, allenfalls bei hoch technisierten Produkten. (d) Förderung des wirtschaftlichen Fortschritts. Zu denken ist hier insbesondere 124 an eine Rentabilitätssteigerung oder die Sicherheit der Versorgung.1116 (e) Gewinnbeteiligung der Verbraucher. Die Versorgung der Verbraucher mit ei- 125 nem breiten Angebot qualitätsvoller Produkte zu günstigen Preisen gehört zu den Zielen des Wettbewerbsrechts.1117 Für das TB-Merkmal „Gewinnbeteiligung der Verbraucher“ ist entscheidend, ob ein ausreichender Wettbewerbsdruck unter den an den wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen beteiligten Unternehmen erhalten bleibt. Der Wettbewerbsdruck muss in der Regel von Mitbewerbern ausgehen.1118 Eine Beschränkung wird meist gewählt, um Wettbewerb auszuschalten. Eine angemessene Gewinnbeteiligung der Verbraucher ist bei ihr überwiegend nicht erkennbar. ff) Prüfungsreihenfolge. Sind die TB-Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 1 AEUV er- 126 füllt, ist eine in einem Vertriebsvertrag enthaltene Wettbewerbsbeschränkung nur dann zulässig, falls sie entweder gem- Art 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO 1/2003, vor Erlass der VO 1/2003 durch eine Einzelfreistellung1119 bzw. eine aufgrund der generellen Ermächtigung der VO Nr. 19/651120 erlassene GVO1121 gestattet wird.1122 Zunehmend bedient sich die Kommission auch reiner Bekanntmachungen in Form der Leitlinien (LL),1123 um ihre zukünftige Entscheidungspraxis nach außen zu tragen.

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1112 EuGH, Urt. v. 22.10.1986, Rs. 75/84, Slg. 1986, 3074 (3088) Rn 54. 1113 Mäsch ZIP 1999, 1507 (1508). 1114 Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 207. 1115 Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 207. 1116 Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 23. 1117 Meessen in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 25. 1118 Kommission, Entscheidung v. 22.7.1969, Rs. IV/26625, ABl. 1969 L 195/1, Meessen in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. I., Art. 81 Rn 26. 1119 Hierzu Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 9 ff. 1120 VO v. 2.3.1965, ABl 1965 Nr. 36/533 i.d.F. der VO v. 10.6.1999, ABl. 1999 Nr. L 148/1. 1121 Siehe Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 12. 1122 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203. 1123 Weitbrecht EuZW 2002, 581. Weiß EWS 2010, 257 hält die Leitlinien für eine Verletzung des Art. 290 AEUV.

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Die kartellrechtliche Prüfungsreihenfolge in Vertriebsfällen stellt sich daher wie folgt dar:1124 1. Greift das grundsätzliche Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden gemäß Art. 101 AEUV ein? 2. Gibt es Ausnahmen von diesem Verbot, z.B. a) wegen fehlender Spürbarkeit, insbesondere konkretisiert1125 in der für Gerichte allerdings nicht bindenden1126 Bagatellbekanntmachung1127 oder bei Vertragsschluss zwischen kleinen und mittleren Unternehmen gemäß Anhang zur Kommissionsempfehlung ABl. v. 20.5.2003 L 124/36 b) gemäß Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO 1/2003 c) einer GVO, insb. der GVO 330/10 und den sie erläuternden Leitlinien? Meist wird zuerst das Eingreifen einer GVO geprüft, da dies mit dem geringsten Aufwand festzustellen ist.1128 Handelt es sich bei dem Mittler gemäß den LL zur GVO 330/10 um einen echten HV, greift das Kartellverbot des Art. 101 AEUV nicht ein1129 d) durch die Bagatellbekanntmachung 2007 des BKartA?1130

Der EuGH darf sich nur auf der Grundlage des ihm vom nationalen Gericht unterbreiteten Sachverhalts zum Gemeinschaftsrecht äußern. Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, die gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auf einen konkreten Fall anzuwenden.1131 Im Grundsatz ist von der Unzulässigkeit aller den Handel zwischen den Mitglieds129 staaten beeinträchtigenden und spürbaren Wettbewerbsbeschränkungen auszugehen, soweit Art. 101 Abs. 3 AEUV i.V.m. Art. 2 Abs. 1 VO 1/2003, Bagatellbekanntmachung, Einzelfreistellung, GVOs (einschließlich der GVO 330/10) oder Leitlinien nicht freistellen.

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gg) Umfang der Nichtigkeit. Die Nichtigkeit nach Art. 101 Abs. 2 AEUV erfasst nur die von dem Verbot nach Art. 101 Abs. 1 AEUV erfassten Teile. Nur wenn sie nicht von der Vereinbarung insgesamt zu lösen sind, führt dies zur Gesamtnichtigkeit.1132 Können die betreffenden Teile von der Vereinbarung gelöst werden, so sind die Auswirkungen der Nichtigkeit auf die übrigen Bestandteile des Vertrages oder auf andere vertragliche Verpflichtungen nach nationalem Recht zu beurteilen,1133 ebenso, ob eine geltungserhaltende Reduktion möglich ist.1134 Das Schicksal des Gesamtvertrages im Falle der

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1124 Tz 110 LL; Emde WRP 2005, 1492 (1494); Emde BB 2002, 949; Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481); siehe auch Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1185 mit ähnlichem Prüfungsschema. 1125 Terhechte EWS 2002, 66; Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 4. 1126 Terhechte EWS 2002, 66 (69). 1127 Kommission, Bekanntmachung über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die den Wettbewerb gem. Art. 81 Abs. 1 EG nicht spürbar beschränken, ABl. 2001 Nr. C 368, S. 13 ff.; Altfassung ABl. EG v. 9.12.1997, Nr. C 372, S. 13 ff.; hierzu Giesler/Nauschütt § 2 Rn 17 ff.; zur neuen Bagatellbekanntmachung Terhechte EWS 2002, 66. 1128 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481). 1129 Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1185. 1130 Vgl. zu ihr Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173. 1131 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (443), Rn 28. 1132 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 = WuW EU-R 1475, 447 Rn 78; aA (ohne Begründung) LG Erfurt, Urt. v. 21.8.2007 – 1 HK O 19/07, BeckRS 2013, 10304. 1133 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (447) = WuW EU-R 1475 Rn 79; Urt. v. 18.12.1986, VAG France, 10/86, Slg. 1986, 4071 Rn 14, 15; v. 30.11.2006 – Brünsteiner und Autohaus Hilgert, C-376/05 und C-377/05, Slg. 2006, I-11383 Rn 48. 1134 Weidenbach/Mühle EWS 2010, 353 (358).

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Unwirksamkeit seiner wettbewerbsbeschränkenden Teile bestimmt sich nämlich nach nationalem Recht.1135 Sofern nicht lediglich eine Klausel untergeordneter Bedeutung nichtig ist, führt die Teilnichtigkeit in Individualverträgen gem. § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages,1136 wobei aber nach dem Schutzgedanken des Mittlerrechts u.U. die Grundsätze des faktischen Vertrages gelten (vgl. § 84 Rn 90). Bei AGB ist § 306 Abs. 1 BGB anwendbar1137 und vorrangig,1138 so dass ohne erschwerende Tatumstände lediglich die Unwirksamkeit der unzulässigen Klausel und keine Gesamtnichtigkeit des Vertrages eintritt.1139 Gesamtnichtigkeit entsteht hier gemäß § 306 Abs. 3 BGB nur dann, wenn das Vertragsgleichgewicht infolge der Unwirksamkeit der inkriminierten Klausel grundlegend gestört wird.1140 Gemeint sind Fälle des Vertragsungleichgewichts, die unter dem Gesichtspunkt des § 313 Abs. 1 BGB (WGG) relevant wären.1141 Das gilt auch, falls sich die Unwirksamkeit nicht aus den §§ 307–309 BGB sondern aus anderen Vorschriften ergibt, etwa sofern einzelne Klauseln wegen Verstoßes gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften unwirksam sind.1142 §§ 139, 306 Abs. 3 BGB dürfen als dispositives Recht durch eine salvatorische Klausel abbedungen werden, sofern nicht Sinn und Zweck des Art. 101 AEUV Gesamtnichtigkeit trotz salvatorischer Klausel fordert,1143 z.B. weil sich durch die Teilnichtigkeit der Charakter des Vertrages erheblich verändern würde.1144 Ob ein Unternehmer auf eine vertraglich vereinbarte Wettbewerbsbeschränkung wirksam durch einseitige Erklärung verzichten kann, muss dass nationale Gericht prüfen.1145 Die Ersetzungsklausel innerhalb einer salvatorischen Klausel ist regelmäßig dahin zu verstehen, dass die Parteien die nichtige Bestimmung zur GVO-Konformität führen sollen.1146 Als AGB dürfte sie wohl unwirksam sein.1147 Auch die Verletzung der Kernbeschränkung einer GVO führt nicht automatisch zur Nichtigkeit sondern nur dann, wenn der Restvertrag keinen selbständigen Regelungsbereich ausfüllt.1148 Da Art. 101 AEUV ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB darstellt1149 können dem Verletzten Schaden-

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1135 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (447) = WuW EU-R 1475 Rn 75; Rittner DB 2000, 1211 (1212); Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 6. 1136 Liesegang NZKart 2013, 233 (238) – nach seiner Ansicht rglm. nicht anzunehmen; Semler ZVertriebsR 2012, 156 (160); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203; Wendel WRP 2002, 1395 (1399); Emde WRP 2005, 1492 (1500); Emde MDR 2006, 301; aA für HV-Verträge Hopt § 86 Rn 11. 1137 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Wendel WRP 2002, 1395 (1399); Hopt § 86 Rn 11. 1138 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 1139 Emde MDR 2006, 301. 1140 Siehe BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Beschl. v. 26.7.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS); BGHZ 130, 150 (155); OLG München, Urt. v. 26.6.2002, BB 2002, 2521 = OLGR 2003, 113. 1141 Emde MDR 2006, 301. 1142 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 1143 Liesegang NZKart 2013, 233 (238) – nach seiner Ansicht rglm. nicht anzunehmen; Semler ZVertriebsR 2012, 156 (160). 1144 Wendel WRP 2002, 1395 (1398); Emde MDR 2006, 301. Das wird etwa angenommen, wenn ein auf 10-jährige Dauer geschlossener Liefervertrag wegen Verstoßes gegen die 5-Jahres-Grenze des Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 unwirksam ist, weil aufgrund der Nichtigkeit der 10-jährigen Vertragsdauer dann ein unbefristeter Vertrag vorläge, der nicht im Wege der geltungserhaltenden Reduktion auf 5 Jahre verkürzt werden kann (OLG Düsseldorf DB 2002, 943 (944); krit. Canaris DB 2002, 930 ff.). Zu der 5-Jahresgrenze des Art. 5 Abs. 1 lit. a. GVO 330/10 Emde WRP 2005, 1492 ff. 1145 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441, 446 = WuW EU-R 1475 Rn 67. 1146 Wendel WRP 2002, 1395 (1399). 1147 Vgl. Wendel WRP 2002, 1395 (1399). 1148 Wendel WRP 2002, 1395 (1399). 1149 LG Mainz, Urt. v. 15.1.2004 – 12 HKO 52/02, NJW-RR 2004, 478.

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ersatzansprüche zustehen, die sich wegen der darin liegenden Vertragsverletzung auch aus § 280 BGB begründen. 131

ee) Beweislast. Die Nichtigkeit nach Art. 101 AEUV muss die Partei oder Behörde beweisen, die sich auf sie beruft (Art. 2 VO (EG) 1/2003). Die Darlegung und der Beweis, dass die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV oder der Freistellung nach einer GVO vorliegen, obliegt dem Unternehmen, das sich auf diese Bestimmung beruft (Art. 2 VO (EG) 1/2003).1150 Insb. hat hat derjenige eine Freistellung darzulegen und zu beweisen, der sich auf sie berufen will.1151 Wer sich auf die Gültigkeit eines Restvertrages beruft, trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass bei Fehlen einer salvatorischen Klausel der nichtige Vertrag auch ohne die die Nichtigkeit begründenden Vertragsbestandteile geschlossen worden wäre. Kommt er dieser Darlegungs- und Beweislast nicht nach, ist der gesamte Vertrag nichtig.1152 d) Selektive Vertriebssysteme und Art. 101 AEUV aa) Qualitative selektive Vertriebssysteme

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(1) Überblick. Qualitativ selektive Vertriebssysteme stellen eine Vertriebsform dar, bei der die Hersteller mittels qualitativer Kriterien1153 Anforderungen an die Verkaufsstätten stellen, durch die ein einheitlicher Vertriebsstandard für bestimmte Produkte gewährleistet wird und bei welchen die Hersteller diese Kriterien versuchen durchzusetzen. 1154 Gerade Franchisesysteme stellen häufig selektive Vertriebssysteme dar (s.a. Rn 187).1155 Umstritten ist, ob Franchising generell einen selektiven Vertrieb bildet, für den die zu diesem Gebiet entworfenen Sonderregeln gelten.1156 Das wird man angesichts der Verschiedenartigkeit von Franchiseverträgen kaum generell beantworten können. Die Auswahlmerkmale müssen aufgrund der Beschaffenheit der Vertragswaren oder Dienstleistungen erforderlich sein und für alle um die Aufnahme in das Vertriebssystem werbenden Händler einheitlich gelten und in nicht diskriminierender Weise angewandt werden.1157 Unterschieden wird zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Beim offenen System unterliegen weder Unternehmer noch Händler einer Beschränkung hinsichtlich ihres Abnehmerkreises; sie dürfen an alle Geschäftspartner veräußern. Beim geschlossenen System dürfen sowohl Unternehmer als auch Händler nur an Endkunden verkaufen und darüber hinaus an solche Wiederverkäufer, welche die qualitativen Selektionskriterien erfüllen.1158 Die systemzugehörigen Händler werden vertraglich zur Erbringung bestimmter Marketing-, Beratungs- und Kundendienstleistungen verpflichtet.1159 Sie

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1150 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 27 ff. 1151 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 66; LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382). 1152 LG Frankfurt/M., Urt. v. 6.1.2006 – 3-11 O 42/05, EWiR 2007, 45. 1153 Westphal II Rn 425, 429. 1154 LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322. Zu markenrechtlichen Steuerungsmöglichkeiten im Rahmen selektiver Vertriebssysteme Pelzer EWS 2011, 220. 1155 Flohr BB 2009, 2159 (2161); Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 215 ff. 1156 Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 81; Liebscher/Heinrich/Petsch, Vertriebsverträge S. 78 f.; Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 ff. 1157 EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C-158/11, BB 2012, 1883, Rn 33 mit Anm. Schultze „Auto24 SARL ./. Jaguar Land Rover France SAS. 1158 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 71. 1159 Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Westphal II Rn 419 ff.

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dürfen das Systemprodukt nur innerhalb des Systems absetzen. Hierdurch werden Händler vom Vertrieb ausgeschlossen, welche die Standards nicht erfüllen.1160 Als Folge ergeben sich Einschränkungen des markeninternen Wettbewerbs.1161 Die Händler sind in ihren Entscheidungen über die Art und Weise des Produktvertriebs an die Systemvoraussetzungen gebunden.1162 Die Klausel, nach der es dem systemzugehörigen Händler nicht gestattet ist, das Produkt an Systemaußenseiter zu verkaufen, hat zur Folge, dass die Lieferverweigerung des Herstellers zu einem Disziplinierungsinstrument gegenüber Händlern wird, die sich einer kartellrechtswidrigen Preis- und Vertriebspolitik des Herstellers nicht beugen.1163 Nach den LL zur GVO 330/10 setzt ein selektiver Vertrieb voraus, dass nicht nur der zum selektiven Vertrieb zugelassene Händler, sondern auch der Hersteller der Verpflichtung unterliegt, die Produkte nur an solche Händler zu verkaufen, welche die vorgegebenen Selektionskriterien erfüllen. Der Hersteller kann den selektiven Vertriebs auf gewisse Märkte, z.B. einige Länder, beschränken und in anderen Märkten seine Waren im einfachen Vertrieb verkaufen.1164 Es ist nicht erforderlich, dass die Auswahlmerkmale eines selektiven Vertriebssystems veröffentlicht werden, weil damit die Gefahr verbunden wird, dass Geschäftsgeheimnisse bekannt werden.1165 Sie müssen Interessenten aber auf Anfrage mitgeteilt werden. (2) Zulässigkeit des selektiven Vertriebs. Der selektive Vertrieb führt idR zu einer 133 Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 AEUV und bezweckt dies sogar.1166 Denn die beiderseitige Verpflichtung von Hersteller und Mittler, nicht an Unternehmen außerhalb der Vertriebsorganisation zu liefern, verwehrt den letztgenannten den Zugang zu den Produkten des Herstellers.1167 Es handelt sich hierbei auch um eine Kundenkreisbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. b GVO 330/101168 (Rn 206 ff.). Wenngleich sich Art. 1 lit. e, Art. 4 lit. c GVO 330/10 mittelbar die Zulässigkeit selektiver Systeme und ihrer Qualitätsmerkmale entnehmen lässt, beurteilt sich die kartellrechtliche Zulässigkeit qualitativer Selektionskriterien in erster Linie nach Art. 101 AEUV sowie der hierzu ergangenen Rspr.1169 Eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV1170 oder Art. 4 lit. b GVO 330/10 (Rn 206 ff.) ist möglich. Nach den LL zur Kfz-GVO 461/10 (Tz 43) fällt der rein qualitative Selektivvertrieb mangels wettbewerbswidriger Auswirkung i.d.R. nicht unter Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern drei Voraussetzungen erfüllt sind: Erstens muss die Beschaffenheit des fraglichen Produkts einen selektiven Vertrieb fordern. Zweitens müssen die Händler oder Werkstätten

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1160 Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Haslinger WRP 2009, 279. 1161 Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). 1162 Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). 1163 Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). 1164 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). 1165 EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C-158/11, BB 2012, 1883, Rn 31 m. Anm. Schultze „Auto24 SARL ./. Jaguar Land Rover France SAS. 1166 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u. a.) Rn 39; KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 Rn 33 – Scout/EBay-Verkauf; Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (595); Creutzig BB 2002, 2133; Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 35. 1167 EuGH Slg. 1983, 3151/AEG/Telefunken; Mäsch ZIP 1999, 1507 (1509); Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). 1168 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2385). 1169 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, Rn 96. 1170 Rösner WRP 2010, 1114 (1116). Nach Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (598) dürfte es dem Anbieter bei Beschränkungen des Internetvertriebs schwer fallen, die Voraussetzungen des Abs. 3 nachzuweisen.

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aufgrund im vornhinein festgelegter objektiver Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden, die für alle potentiellen Wiederverkäufer einheitlich festzulegen und unterschiedslos anzuwenden sind. Drittens dürfen die Kriterien nicht über das Erforderliche hinausgehen. Auch nach der Entscheidungspraxis des EuGH sowie anderer Gerichte unterfallen qualitative Selektionskriterien schon nicht dem TB des Art. 101 Abs. 1 AEUV, sofern die Selektion des vertriebenen Produkts zur Sicherstellung der Qualität bzw. des korrekten Produktgebrauchs erforderlich ist und die Selektionskriterien objektiver und qualitativer Natur sind sowie einheitlich und diskriminierungsfrei1171 angewendet werden,1172 das Absatzsystem zur Stärkung des Wettbewerbs beiträgt, im Verbraucherinteresse liegt und schließlich die Ausgestaltung des Vertriebssystems einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält. Die Freistellung selektiver Vertriebssysteme steht nicht im Widerspruch zur MarkenRL, insb. ihrem Art. 8 Abs. 2.1173 Die Selektionskriterien dürfen jedoch nicht das erforderliche Maß überschreiten.1174 Angeblich müssen sie jedoch über die für den Verkauf der Produkte geltenden einzelstaatlichen oder unionsrechtlichen Regelungen hinausgehen.1175 Die Eigenschaft des in Rede stehenden Erzeugnisses muss ferner zur Wahrung seines Image, seiner Qualität, seines Gebrauchs oder aufgrund der Beratung ein selektives Vertriebssystem erfordern.1176 Dann ist ein Wettbewerbsverstoß ausgeschlossen:1177 Ein solches System kann, richtig eingesetzt, sogar zu einer Verstärkung des Wettbewerbs unter den Herstellern konkurrierender Produkte führen, etwa im Hinblick auf einen hohen Standard an Beratung und Kundenservice, auch wenn, wie eingeräumt wird, der Wettbewerb innerhalb der Marke und damit insb. der Preiswettbewerb leidet. In diesem Sinne wettbewerbsfördernd soll etwa die Aufrechterhaltung eines Fachhandels sein, der in der Lage ist, bestimmte Dienstleistungen für hochwertige und technisch hoch entwickelte Erzeugnisse zu erbringen, die eine Einschränkung des Preiswettbewerbs zu Gunsten eines andere Faktoren als die Preise betreffenden Wettbewerbs rechtfertigen.1178 Folglich werden Beschränkungen des markeninternen Wett-

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1171 EuGH, Urt. v. 10.7.1980, Slg. 1980, 2511 Rn 20; KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 – Scout/EBay-Verkauf, dort diskriminierungsfreie Handhabung abgelehnt. 1172 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 41; Urt. v. 10.7.1980, Slg. 1980, 2511 Rn 20; Urt. v. 25.10.1977 – 26/76, Slg. 1977, 1875 Rn 20 ff.; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 47; LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322. 1173 EuGH, Urt. v. 23.4.2009 – C-59/08, GRUR 2009, 593. 1174 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 41; v. 25.10.1977, Slg. 1977, 1875 (1907 ff.); Slg. 1980, 3775; v. 22.10.1986, Slg. 1986, 3021 (3074); Rösner WRP 2010, 1114 (1115); Bauer/de Bronett Die EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, Rn 55; Birk EuZW 2000, 485 (488). 1175 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 51. 1176 EuGH, Urt. v. 11.12.1980, Slg. 1980, 3775 Rn 16; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 51; KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 – Scout/EBay-Verkauf; LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382); LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322; zur Kfz-GVO und zum Merkmal der Erforderlichkeit Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). 1177 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 40. 1178 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 40.

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bewerbs bis zu einem gewissen Grad hingenommen.1179 Gefordert wird eine Gesamtschau.1180 Es komme auf die konkrete Prüfung im Einzelfall an, ob von einem Vertriebssystem insgesamt eine eher wettbewerbsfördernde oder -beeinträchtigende Wirkung ausgehe,1181 wobei dem Unternehmer Ermessensspielraum zusteht.1182 Möglw. gilt zu den Kriterien ein Übermaßverbot.1183 Zu untersuchen ist jeweils, ob wegen der Verbreitung solcher Absatzsysteme in einer bestimmten Branche oder aus sonstigen Gründen für andere Vertriebsformen kein Raum verbleibt (also ein verstärkt wettbewerbsbeschränkender Effekt eintritt) und eine „Erstarrung der Preisstruktur“ zu befürchten ist.1184 Eine bloße quantitative Selektion ohne qualitative Kriterien wird kein selektives Vertriebssystem begründen.1185 Zu bejahen ist die Zulässigkeit selektiver Vertriebssysteme etwa für hochwertige, technisch anspruchsvolle Erzeugnisse1186 (Unterhaltungselektronik, PC, Kfz),1187 andere hochwertige Waren1188 (Uhren,1189 Schmuck, Luxusparfüms und Luxuskosmetika), 1190 aber auch Feinkeramik, Tafelgeschirr, 1191 Schulranzen der Marke Scout,1192 Presseerzeugnisse,1193 mglw. auch bei Kfz-Ersatzteilen,1194 nicht jedoch bei wenig entwickelten Konsum- oder Verbrauchsgütern.1195 Im Bereich der gehobenen Depotkosmetik vertreiben sämtliche Hersteller ihre Produkte durch selektive Vertriebssysteme. Es soll ein Mustervertrag existieren, der angeblich dem EU-Standard entspricht.1196 In diesen Bereichen soll nur der Vertrieb über sorgfältig ausgewählte Wiederverkäufer bzw. Einzelhandelsgeschäfte1197 Qualität, Beratung und richtigen Gebrauch gewährleisten.1198

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1179 Rheinländer GRUR 2007, 383 (385). 1180 Mäsch ZIP 1999, 1507 (1510). Eingehend diskutiert in KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 – Scout/EBay-Verkauf, dort aber offen gelassen. 1181 EuGH, Slg. 1986, 321, Rn 40, 41 – Metro II. 1182 Fesenmair GRUR-Prax 2013, 283 (284); Rösner WRP 2010, 1114 (1115). 1183 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1751) zur alten Kfz-GVO 1400/02. 1184 EuGH Slg. 1977, 1875 (1907 ff.) – Metro I; EuGH Slg. 1983, 3151 (3194 ff.) – AEG Telefunken; EuGH Slg. 1986, 3021 (3074 ff.) – Metro II. 1185 Westphal II Rn 425, 429. 1186 Fesenmair GRUR-Prax 2013, 283 (284). 1187 Böni WuW 2013, 479. 1188 Vgl Lettl WRP 2010, 807 (821); Haslinger WRP 2009, 279. 1189 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Lettl WRP 2010, 807 (821). 1190 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09. 1191 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Lettl WRP 2010, 807 (821). 1192 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 =, WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789; LG Berlin, Urt. v. 24.7.2007 – 16 U 412/07 (Kart), K & R 2008, 321; LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 U 263/07 (Kart), WuW 2008, 856 DE-R 2322 = K & R 2008, 388; Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1308); Pautke/Schultze BB 2009, 1383; krit. Haslinger WRP 2009, 279 (281); zweifelnd auch LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382); offen gelassen von KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 – Scout/EBay-Verkauf, unter eingehender Diskussion. 1193 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Lettl WRP 2010, 807 (821); Westphal II Rn 426. 1194 Tz. 43 LL Kfz-GVO; Wegner BB 2010, 1867 (1868) – die darauf hinweist, die unter der Alt-GVO 1400/ 02 gefassten Verträge könnten deshalb fortgeführt werden. 1195 Kommission, Entsch. v. 20.12.1984, ABl. 1985 Nr. L 19/17, Rn 15 – Grohe; Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 208; Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (595). 1196 Haslinger WRP 2007, 926. 1197 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417). 1198 EuGH Slg. 1983, 3151, Rn 33 – AEG-Telefunken.

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Letztlich dürfte es auf die Art des Produktes und seine Exklusivität weniger ankommen.1199 Bei Premiummarken dürfen jedoch über dem Durchschnitt liegende Selektionsvoraussetzungen gefordert werden.1200 Art. 101 Abs. 1 AEUV ist nach Ansicht des EuGH dann verletzt, wenn über die einfache Fachhandelsbindung hinaus, die durch die Absatzbeschränkung auf Händler mit fachlich qualifizierten Personal und geeigneter Sachausstattung sowie damit eng verbundenen Kriterien gekennzeichnet ist, der Hersteller die Händler an zusätzliche wettbewerbsbeschränkende Verpflichtungen bindet. Zu nennen sind etwa Mindestumsätze, Wettbewerbsverbote, Alleinbezugsbindungen, Paralleleinfuhrverbote und schließlich Preisbindung und ähnlich wirkende Maßnahmen.1201 Nach Tz 69 LL Kfz-GVO 461/10 gilt das Gleiche, wenn die gesetzliche oder erweiterte Gewährleistungspflicht des Kfz-Herstellers davon abhängig gemacht wird, dass der Endverbraucher nicht unter die Gewährleistung fallende Instandsetzungs- und Wartungsdienste nur innerhalb des Netzes zugelassener Werkstätten des Herstellers ausführen lässt. In diesen Fällen ist das Vertriebssystem nur nach einer Einzelfreistellung durch die Europäische Kommission wirksam.1202 134

(3) Beispiele zulässiger und unzulässiger Selektionsmerkmale. Die Vereinbarung qualitativer Selektionskriterien ist unproblematisch, sofern sie sich auf die fachliche Eignung des Händlers, seines Personals, seine sachliche Ausstattung, die Lage, Präsentation der Ware, Markenumfeld sowie Sortimentsbreite beziehen.1203 Jedes Kriterium muss durch den Charakter der Vertragswaren und das vom Hersteller verfolgte Vertriebskonzept gerechtfertigt sein.1204 Dies bedeutet im Detail und je nach den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls: Unzulässige Einschränkungen bilden: – Anforderungen, die für einen fachgerechten Verkauf nicht erforderlich sind, etwa im Internetvertrieb.1205 – Der generelle Ausschluss des Internetvertriebs im Bereich von Luxus-Kosmetika.1206 – Einschränkungen, die allein dazu dienen, den „Prestige-Charakter“ des betreffenden Produkts zu schützen.1207 Andererseits hat das EuG die wenig schützenswerte „Aura des Luxus“ als Rechtfertigung für ein selektives Vertriebssystem von Luxuskosmetika als ausreichend angesehen.1208

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1199 Die LL Tz 54 sprechen nur von „Waren“; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1026); Rösner WRP 2010, 1114 (1115); tendenziell auch Lettl WRP 2010, 807 (821). 1200 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). 1201 Grundlegend EuGH, Slg. 1980, 3775 (3791) Rn 16. 1202 Mäsch ZIP 1999, 1507 (1510). 1203 EuGH NJW 1978, 480; Haslinger WRP 2009, 279. 1204 Westphal II Rn 427. 1205 LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07 Kart; hierzu Haslinger WRP 2009, 279 (281). 1206 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 57. 1207 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 46; aA Wegner BB 2011, 2959; Oechsler LMK 2011, 325999. 1208 EuG, Urt. v. 12.12.1996 – Rs-T-19/92, GRUR Int. 1998, 149 (155), Tz 144 ff.; zust. BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, ZIP 1998, 2070 (2072); auf diesen Widerspruch weist Rahlmeyer ZVertriebsR 2012, 59 zu Recht hin.

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Verbot des Internetvertriebs bei Kontaktlinsen1209 und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln,1210 da hier keine eingehende Beratung erforderlich ist. Kernbeschränkungen, etwa eine Preisbindung.1211 Die Forderung, eine Kommunikationsanbindung mit dem Hersteller in einer genau vorgeschriebenen Weise einzurichten, wenn der Händler das gleiche Ergebnis auf andere, günstigere oder flexiblere Weise erreichen kann.1212 Der Hersteller ist hinsichtlich der Schnittstelleninformationen marktbeherrschend, so dass auch die Voraussetzungen des Missbrauchs gemäß Art. 102 AEUV, §§ 19, 20 GWB vorliegen können.1213 Regelungen, die von jeder Werkstatt in jedem Fall das körperliche Vorhalten von Werkzeugen oder Ersatzteilen fordern, selbst wenn sie von einer anderen Werkstatt zeitnah herbeigebracht werden können.1214 Regelungen, nach denen die Produkte in Räumlichkeiten und in Anwesenheit eines Pharmakologen verkauft werden sollen, sofern es sich bei den Produkten um Kosmetika und Körperpflegeprodukte handelt.1215 Angeblich Verpflichtungen bezüglich Umsatz, Mindestabnahme und Lagerhaltung für ein auf Qualität ausgerichtetes selektives Vertriebssystem.1216 Zulässige Beschränkungen bilden: Die Verpflichtung zur erforderlichen Beratung durch Fachkräfte,1217 inbes. zum Vorhalten geschulten Personals und Geschäftsführern, die eine angemessene Lagerung, Ausstellung und Vorführung der Produkte gewährleisten,1218 die Ware nur in einem branchenspezifischen, repräsentativen Warenumfeld anzubieten,1219 aber nicht zur Sicherung des „Prestige-Charakters,1220

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1209 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 44; v. 2.12.2010 − C-108/09, EuZW 2011 112 Rn 76 − KerOptika. 1210 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 44; EuZW 2004, 21 Rn 106, 107, 112. 1211 Rheinländer WRP 2007, 501 (502) m.w.N.; Rheinländer GRUR 2007, 383 (384). 1212 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1753) zur alten Kfz-GVO 1400/02. 1213 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1754). 1214 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). 1215 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer Rn 47 – wenn eine individuelle und konkrete Prüfung des Inhalts und des Ziels dieser Vertragsklausel sowie des rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhangs, in dem sie steht, ergibt, dass diese Klausel in Anbetracht der Eigenschaften der in Rede stehenden Produkte nicht objektiv gerechtfertigt ist (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u.a.); aA Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 53. Anders wohl beim Vertrieb von Kontaktlinsen, s. EuGH, Urt. v. 2.12.2010 – C-108/09, ZVertriebsR 2013, 170; BKartA, Beschl. v. 25.9.2009 – B 3 – 123/08, WuW DE-V 1813 = WuW 2010, 91. 1216 EuGH, Rs. 31/80, Slg. 1980, 3775, Rn 16 (L’Oréal/De nieuwe Amck); Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 212. 1217 Haslinger WRP 2009, 279 (283). 1218 Westphal II Rn 428. 1219 KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 Rn 33 ff. Scout/EBay-Verkauf; Kommission, ABl. 1977, L 30/10, 11 – Junghans; Nolte BB 2014, 1155 (1160); Rösner WRP 2010, 1114 (1115). 1220 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 46; aA Oechsler LMK 2011, 325999.

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zum Vertrieb über stationäre Händler, d.h. Einzelfachgeschäfte,1221 zum Ausschluss des Versandhandels,1222 keine Links auf abwertende Domain-Namen zu unterhalten,1223 zu einem schnellen Seitenaufbau,1224 einer leichten Navigationsfähigkeit,1225 einer Animation des Internetkunden zum Besuch des Ladenlokals,1226 zur klaren Anbindung an das Ladenlokal des Händlers mit Verweis auf dessen Standort und die dort verfügbare Verkaufsberatung,1227 zu technischen und kaufmännischen Vorgaben,1228 zur Sicherstellung zügiger Bereitstellungsfristen für die Kundenauslieferung,1229 zur Sortimentsbreite im Internetangebot,1230 zur Übernahme der Kosten der Rückgabe eines Produkts,1231 zur Verwendung sicherer Zahlungssysteme,1232 zur schnellen Auslieferung an den Kunden,1233 dass die Webseite des Absatzmittlers Links zu den Webseiten anderer Händler und/oder zum Lieferanten enthält,1234 den Kunden mit Hilfe von Bluetooth-Verbindungen und sog. Beacons eine OnlineBestellung mit mobilen Endgeräten zu ermöglichen,1235 dass digitale Bezahlwege möglich sein sollen,1236 zur Qualität der Webseite oder des Portals des Absatzmittlers,1237 zum Schutz der Identität und des Namens der Betriebsorganisation,1238 zum einheitlichen Erscheinungsbild sowie der Wiedererkennbarkeit des Produkts,1239 dass das Erscheinungsbild des Internetvertriebs dem des stationären Fachgeschäfts entspricht,1240 zur Erbringung von Garantieleistungen,1241 das gesamte Sortiment oder jedenfalls wesentliche Teile einer Markenware zu führen,1242 die Produkte von verwechslungsfähigen anderen Produkten abzugrenzen,1243

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1221 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417). 1222 Kommission, ABl 1992, L 12/24; ABl. 1994, L 20/15; Rösner WRP 2010, 1114 (1116); Bergmann ZWeR 2004, 28 (34). 1223 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1224 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1225 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1226 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1227 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1228 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1229 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1230 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1231 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1232 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1233 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1234 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1235 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1236 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1237 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1238 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1239 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1240 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1241 Westphal II Rn 428. 1242 LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322. 1243 Kommission, ABl. 1983, L 348/20 (22) – Murat, Komm E. 16.12.1985, ABl. 1985 L 376/15, 18 – Villeroy & Boch; Nolte BB 2014, 1155 (1160); Rösner WRP 2010, 1114 (1115).

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im Kfz-Vertrieb Selektionskriterien zu Größe und Ausstattung des Schauraumes, Ausbildung des Verkaufspersonals, Mindestabnahmemengen, die Verpflichtung, von einem bestimmten Standort aus zu operieren (Standortklausel), Beschränkungen des Verkaufs an nicht zugelassene Händler, etwa nicht autorisierte Wiederverkäufer1244 Supermärkte und Internet-Händler,1245 Qualität der Werkstatträume, des Personals oder der Ausrüstung;1246 Modellangebot und Zahl der Vorführwagen.

(4) Internetvertrieb im selektiven Vertriebssystem. Aus distributionspolitischen 135 Gründen wünschen Hersteller gerade in selektiven Vertriebssystemen oft die prestigeträchtige Aura des stationären Vertriebs mit persönlichem Kundenkontakt, die dabei gegebenen Beratungsmöglichkeiten und die „Erfahrbarkeit des physischen Kontakts“.1247 Oft verfügen stationäre Verkaufsstätten deshalb über keinen supplementären InternetVertrieb.1248 Da Art. 4 lit. c GVO 330/10 im selektiven Vertriebssystem Beschränkungen des passiven Verkaufs nicht freistellt und Internetverkauf grds. als passiver Verkauf angesehen wird (siehe die Kommentierung zu Art. 4 lit. b, c GVO 330/10, Rn 206 ff.), besteht die kartellrechtliche Unbedenklichkeit eines solchen aktiven und passiven Verkaufsverbots nur, wenn das System bereits tatbestandlich nicht gegen Art. 101 AEUV verstößt.1249 Ob im selektiven Vertrieb das vollständige Verbot oder die Beschränkung des Internetvertriebs, insb. auch des Vertriebs über Plattformen wie Amazon und EBay, bei konsequenter Anwendung der Selektionskriterien eine Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 AEUV, § 1 GWB bildet, wird diskutiert.1250 Teilweise wird ein Wettbewerbsverstoß nach Art. 101 AEUV, § 1 GWB abgelehnt.1251 Dann wäre auch das Totalver-

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1244 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1245 Ensthaler WuW 2002, 1042, 1044; Wendel WRP 2002, 1395 (1405). 1246 Creutzig BB 2002, 2133 (2143). 1247 Kritisch gegenüber diesen Zielen Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (593 ff.); Rösner WRP 2010, 1114 (1117). 1248 Haslinger WRP 2009, 279 (282). 1249 Rösner WRP 2010, 1114 (1118). 1250 Hierzu Franck WuW 2010, 772 ff. Für die kartellrechtliche Zulässigkeit: Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1309); Haslinger WRP 2009, 279 (282); Immenga BB 2009, 2561; Rheinländer WRP 2005, 285 (287); Bergmann ZWeR 2004, 28 (39 f.); Bauer WRP 2003, 243 (247). Für die Unzulässigkeit und einen Kartellverstoß, der allerdings freigestellt sein kann: Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417); OLG München, Urt. v. 2.7.2009 U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold) m. Anm. Immenga BB 2009, 2561; LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382): der Verkauf über EBay stellt keine Verbindung zu einer bestimmten Produkteigenschaft auf; Lohse WuW 2014, 120 (125 f.) – schon fraglich, ob Vertrieb über die Internet-Plattformen das Produktimage schädigt und dieser Schutz Beschränkungen rechtfertigt; Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2270). Zum nicht selektiven Vertrieb LG Kiel, Urt. v. 8.11.2013 – 14 O 44/13, ZVertriebsR 2014, 178 = WRP 2014, 252 = EWiR 2014, 337 (Engelhoeven/Semder); Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (598 f.). Zu § 1 GWB KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104 Rn 33 ff. Scout/EBay-Verkauf, das die Frage des Verstoßes offen lässt, den Meinungsstreit aber recht umfassend darstellt. 1251 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789; LG Kiel, Urt. v. 8.11.2013, BeckRS 2013, 19630 (dort wurde wegen Lieferungen des Herstellers an Großkunden und den Großhandel, der an nicht autorisierte Händler weiterlieferte, ein Recht zum Verbot des Verkaufs über Internetplattformen abgelehnt); Franck WuW 2010, 772 [774]); Wiring MMR 2010, 659; Rösner WRP 2010, 1114 (1124); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2272); Immenga BB 2009, 2561: Beim selektiven Vertrieb hochwertiger Markenprodukten fehle i.d.R. schon TB-mäßig eine Wettbewerbsbeschränkung. Beim Vertrieb anderer, minderwertiger Produkte sei der Ausschluss des Vertriebs über Auktionsplattformen durch die GVO freigestellt, sofern die Marktanteilschwelle nicht überschritten werde. In anderen Fällen liege die Annahme einer Wettbewerbsbeschränkung nahe.

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bot des Internethandels zulässig.1252 Hielte man den Verbotsbereich des Art. 101 AEUV für berührt, was eine bedeutende Meinungsgruppe jedenfalls für das vollständige Vertriebsverbot annimmt (Grenzfall: Qualitätsanforderungen), stellt sich auf nächster Stufe die Frage einer Freistellung nach Art. 4 GVO 330/10. Dazu bei Art. 4 lit. b und c GVO, Rn 206 ff., dort auch zu den im Selektivvertrieb zulässigen Qualitätsanforderungen. Der Internetvertrieb darf im selektiven Vertriebssystem eingeschränkt werden (Tz 54 LL), jedoch nur innerhalb bestimmter Grenzen.1253 Meist wird in den dem selektiven Vertrieb zugrundeliegenden Vertriebsverträgen– was gestattet sein soll1254 – ein „Überwiegen“ des stationären Verkaufs gefordert.1255 Der BGH billigte eine Klausel, derzufolge mindestens 50% des Umsatzes im stationären Vertrieb erzielt werden muss.1256 Es ist zu unterscheiden: Das generelle Verbot des Internetvertriebs gegenüber Händlern des selektiven Vertriebssystems ist – außer in extremen Ausnahmefällen1257 – kartellrechtlich unzulässig,1258 ebenso das Verbot, ein bestimmtes Segment der autorisierten Produkte über das Internet zu vertreiben.1259 Die Auswahl des Marktes obliegt dem Unternehmer.1260 Für den Internet-Verkauf dürfen jedoch vergleichbare oder gleichwertige qualitative Anforderungen1261 gestellt werden wie für den stationären Handel.1262 Das bedeutet angesichts der Unterschiede der Vertriebswege nicht notwendigerweise eine vollständige Identität. Gefordert werden nur vergleichbare Ergebnisse.1263 Zulässig ist deshalb die Beschränkung des Internetvertriebs auf Fälle, in denen der Internetvertrieb nur neben dem Betrieb eines Fachhandelsgeschäfts mit Ausstellungsräume (Tz 54 LL)1264 gestattet ist („brick-store-Klausel“) und der Internetvertrieb den gleichen Anforderungen wie das Fachhandelsgeschäft unterliegt.1265 Eine Fachhandelsbindung und Rahmenbe-

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1252 Für die Zulässigkeit eines Totalverbotes: Rheinländer WRP 2005, 285 (287); Bergmann ZWeR 2004, 28 (39 f.); Bauer WRP 2003, 243 (247); unter bestimmten Voraussetzungen auch Rösner WRP 2010, 1114 (1118). 1253 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, MMR 2004, 536; OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789; zust. Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1023); Nolte BB 2014, 1155 (1159 ff.); überschritten nach Ansicht des LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 etwa im dortigen Fall. Kritisch zu Beschränkungen des Internet-Vertrieb und zur Herleitung aud Tz 54 LL Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (597). 1254 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02 – Depotkosmetik im Internet, MMR 2004, 536 (zu einem Belieferungsanspruch nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB) – im dortigen Fall hatte der Unternehmer zu max. 50% den Internetvertrieb gestattet; aA Haslinger WRP 2009, 279 (281). Zum Urt. des BGH zusammenfassend Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1022 f.). 1255 Rösner WRP 2010, 1114 (1120); Haslinger WRP 2009, 279 (281); Lettl WRP 2010, 807 (818) sieht ab einem vorgeschriebenen offline-Verkauf von 50% eine nicht von der GVO 330/10 freigestellte Wettbewerbsbeschränkung. 1256 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW DE-R 1203 ff. = WRP 2004, 374 (376). 1257 Lettl WRP 2010, 807 (820). 1258 Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233; Haslinger WRP 2009, 279 (280). 1259 Haslinger WRP 2009, 279 (284). 1260 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (417). 1261 Nolte BB 2014, 1155 (1159) – kein Verstoß gegen Art. 101 AEUV. 1262 LL zur GVO Rn 56; Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (597). 1263 Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (597). 1264 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (420); LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07 Kart; Pautke/Schultze BB 2009, 1383; hierzu Haslinger WRP 2009, 279 (281) – womit reine Internet-Händler ausgeschlossen werden können (Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233); aA LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382). 1265 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (419); krit. Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233, die auf eine sachliche Rechtfertigung der einzelnen Kriterien abstellen wollen.

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dingungen für einen Internetverkauf1266 stellen qualitative Kriterien für den Verkauf dar, die zulässig sind.1267 Richtet etwa der Hersteller von hochpreisigen Schulranzen, die er als Markenware vertreibt, ein selektives Vertriebssystem ein, in dem er seinen Fachhändlern vorschreibt, ein stationäres Einzelhandelsgeschäft mit dem Ambiente eines Fachgeschäfts zu unterhalten, sämtliche Markenprodukte einschließlich Ergänzungswaren zu bevorraten und anzubieten, kompetentes Fachpersonal einzusetzen sowie das Geschäft während der ortsüblichen Ladenöffnungszeit geöffnet zu halten, so bedeutet die zusätzliche Verpflichtung, im Internet nur über einen diesen Anforderungen entsprechenden eigenen Internetshop und nicht über Auktionsplattformen zu vertreiben, keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV,1268 § 1 GWB1269 oder § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB,1270 nicht jedoch beim Vertrieb von Kontaktlinsen.1271 Zulässig ist das Verbot des Verkaufs nicht hausüblicher Mengen.1272 Die vorgenannten Grundsätze gelten nach Wegfall der Kfz-GVO 1400/02 auch im Kfz-Vertrieb,1273 (5) Zulassungsanspruch. Selektive Vertriebssysteme widersprechen nur dann nicht 136 Art. 101 AEUV, wenn jeder Händler, der die festgesetzten Vertriebsstandards erfüllt, zum Handel zugelassen wird.1274 Die Zulassungsbedingungen müssen einheitlich und objektiv festgelegt und in nicht diskriminierender Weise angewandt1275 und möglichst bestimmt festgelegt werden, um dem Hersteller beim Zulassungsanspruch keine Möglichkeit willkürlicher Händlerauswahl zu geben.1276 Die Zahl der Kandidaten darf durch Qualitätskriterien nicht indirekt begrenzt werden.1277 Der Zulassungsanspruch folgt aus § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, oft i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB1278 (siehe Rn 304 ff.): Hält sich der Hersteller nicht an den Gleichbehandlungsgrundsatz, verletzt sein Vertriebssystem Art. 101

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1266 Lettl WRP 2010, 807 (818) mit Beispielen. 1267 LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322; hierzu Haslinger WRP 2009, 279. 1268 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (416); Rösner WRP 2010, 1114 (1124) – zu EBay und amazon; Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1307); Haslinger WRP 2009, 279 (280); Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1024); wohl auch Franck WuW 2010, 772 ff.; aA LG Berlin, Urt. v. 24.7.2007 – 16 U 412/07 (Kart), GRUR-RR 2008, 252 = K & R 2008, 321 (Verfügungsverfahren); v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (Hauptverfahren – es fehle die Erforderlichkeit des Selektionskriteriums); hierzu Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1024). 1269 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (416); LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322 = GRUR-RR 2008, 253; zust. Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1025). 1270 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (419); LG Mannheim, Urt. v. 14.3.2008 – 7 O 263/07, WuW 2008, 856 DE-R 2322 = GRUR-RR 2008, 253; zust. Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1025). 1271 EuGH, Urt. v. 2.12.2010 – C-108/09, ZVertriebsR 2013, 170; BKartA, Beschl. v. 25.9.2009 – B 3 – 123/ 08, WuW DE-V 1813 = WuW 2010, 91. 1272 Haslinger WRP 2009, 279 (284). 1273 Niebling WRP 2010, 81 (83). 1274 EuGH, Urt. v. 25.10.1983, Slg. 1983, 3151 Rn 45; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09 Rn 47; Rheinländer WRP 2007, 501 (502) m.w.N.; Emde NZKart 2013, 355 ff.; Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 212. 1275 EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C-158/11, BB 2012, 1883, Rn 33 m. Anm. Schultze „Auto24 SARL ./. Jaguar Land Rover France SAS. 1276 EuGH, Urt. v. 25.10.1977, Rs. 26/76, Slg. 1977, 1875 (1905) Tz 20 – Metro I; EuG, Urt. v. 12.12.1996, Rs. T-88/92, Slg. 1996, II-1961, 2012 Rn 117 – Leclerc; EuGH, Urt. v. 25.10.1983, Rs. 107/87, Slg. 1983, 3151 (3194) Rn 35; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1277 Leitfaden zur früheren GVO 1400/2002, Frage 12. 1278 Vgl. BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02 – Depotkosmetik im Internet, MMR 2004, 536 (dort verneint); Emde NZKart 2013, 355 ff.

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AEUV.1279 Richtet der Unternehmer einen eigenen Internetvertrieb ein, soll daraus jedoch kein Zulassungsanspruch selbständiger Internethändler folgen.1280 Um diskriminierenden Verzögerungstaktiken der Hersteller bei der Zulassung eines Händlers zum selektiven Vertriebssystem vorzubeugen, verlangt die Kommission, dass der Hersteller grds. binnen 4 Wochen über einen Zulassungsantrag entscheidet.1281 Verweigert der Hersteller einem Händler die Zulassung, so muss er in einem Antwortschreiben an den Bewerber darlegen, welche Voraussetzungen er als noch nicht erfüllt ansieht.1282 Eine Lieferverweigerung ist nur zulässig, wenn die Nichterfüllung der Systembedingungen durch den Bewerber entweder unstreitig oder gerichtlich festgestellt ist.1283 Einem einzelnen Händler, der die Zulassungsvoraussetzung zu einem selektiven Vertriebssystem erfüllt, darf der Vertriebsvertrag nicht ohne wichtigen Grund gekündigt werden. Eine derartige Kündigung wäre eine nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB unzulässige Diskriminierung,1284 die auch gem. Art. 101 Abs. 2 AEUV unwirksam wäre.1285 Will der Hersteller seine Vertriebspolitik ändern, so muss er allen Händlern im Wege der „Strukturkündigung“ kündigen.1286 Ebenso wie bei der Zulassungsverweigerung sind die Kündigungsgründe dann mitzuteilen.1287 Wird die Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen, weil der Händler Ware an Außenseiter verkauft, so verlangt die Kommission, dass eine Liefersperre nur durchgeführt werden darf, wenn der Verstoß unbestritten oder gerichtlich festgestellt ist.1288 137

bb) Quantitative selektive Vertriebssysteme. Sowohl in einem quantitativen selektiven Vertriebssystem wie in einem qualitativen selektiven Vertriebssystem müssen die Händler anhand von „festgelegten Merkmalen“ i.S.d. der GVO 330/10 ausgewählt werden,1289 bei erstgenannten zu Zahl und Auswahl, beim letztgenannten zu den Qualitätsanforderungen. Quantitative Vertriebsbindungssysteme beschränken die Anzahl der Händler zahlenmäßig (unmittelbar durch Beschränkung der Gesamtzahl der Händler, mittelbar durch Vorgaben zu Mindestumsätzen,1290 Größe des Geschäfts1291 oder Lagerhaltung1292 etc.).1293 Auch nach den LL zur Kfz-GVO 461/10 treten beim quantitativen Selektivvertrieb zu den Beschränkungen des qualitativen Selektivvertriebs Auswahlkriterien hinzu, welche die Anzahl der in Frage kommenden Händler bzw. Werkstätten unmittelbar begrenzen, indem entweder ihre Zahl ausdrücklich festgelegt wird oder

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1279 BGH ZIP 1998, 2070 (2072); Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1280 Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1023). 1281 Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1282 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1283 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12.1993, ABl. 1994 L 20/15 – Grundig II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1284 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12.1993, ABl. 1994 L 20/15 – Grundig II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1285 Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1286 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12.1993, ABl. 1994 L 20/15 – Grundig II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1287 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 1288 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Kommission v. 21.12.1993, ABl. 1994 L 20/15 – Grundig II; Rheinländer WRP 2007, 501 (503). 1289 EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C 158/11, BB 2012, 1883, Rn 29 m. zust. Anm. Schultze zur alten Kfz-GVO 1400/02. Schultze BB 2012, 1886 weist darauf hin, dass die Aussagen des Urteils auch für die GVO 330/10 und die neue Kfz-GVO 461/10 gelten. 1290 Tz 44 LL Kfz-GVO; Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (464). 1291 Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (464) Fn. 18. 1292 Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (464) Fn. 18. 1293 Emde NZKart 2013, 355 (363); Haslinger WRP 2009, 279 (280); zu einem solchen System OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. abl. Anm. Schultze/Spenner.

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bspw. Mindestverkaufszahlen vorgeschrieben werden. Deshalb fielen solche Kriterien mit großer Wahrscheinlichkeit unter Art. 101 Abs. 1 AEUV,1294 da sie i.d.R. als stärker wettbewerbsbeschränkend angesehen werden als Netze, denen ausschließlich qualitative Auswahlkriterien zugrunde liegen (Tz 44 LL Kfz-GVO). Das EuG1295 hat beim Verkauf eines Produkts nur über Apotheken, deren Zahl in einigen Ländern kraft Gesetzes begrenzt ist, ein quantitatives System angenommen. Im Vertrieb von Kfz kann ein quantitativ-selektives Vertriebssystem kartellrechtlich zulässig1296 sein; im Kfz-Kundendienst und Ersatzteilgeschäft soll es hingegen unzulässig sein1297 (zwh.). Die quantitativen Selektionskriterien müssen im Voraus eindeutig durch den Hersteller festgelegt sein, sie dürfen zwar unter Beachtung des Grundsatzes der Vertragstreue und des § 307 BGB (zu Änderungsvorbehalten in AGB Rn 55 – Stichwort: „Änderungsvorbehalte“) geändert werden,1298 jedoch nicht willkürlich. Falsch dürfte die Ansicht sein, Auswahlkriterien für quantitative Vertriebssysteme müssten nicht zwingend objektiv, einheitlich und unterschiedslos, also nicht diskriminierend, festgelegt werden.1299 Auch im Rahmen eines quantitativen selektiven Vertriebssystems muss jedoch der genaue Inhalt der festgelegten Merkmale überprüfbar sein.1300 Daraus schließt Schultze,1301 ein Unternehmer könne in einem quantitativ selektiven Vertriebssystem Händlerbewerber unterschiedlich, ja geradezu willkürlich behandeln: Wenn die Anzahl von Händlern in einem bestimmten Gebiet auf 10 begrenzt sein soll und es jene 10 Händler gebe, könne das Unternehmen bei einem weiteren Bewerber diesen unter Hinweis auf die zahlenmäßige Begrenzung ablehnen, einem der aktuellen Händler kündigen oder den Bewerber zulassen. Ebenso sei es denkbar, dass das Unternehmen sich entscheide, die quantitativen Kriterien zu ändern und auf 11 zu erhöhen. In der Praxis werden kaum Systeme mit ausschließlich quantitativen Kriterien aufgestellt. Vielmehr werden jene um qualitative Selektionskriterien ergänzt.1302 Sofern eine Wettbewerbsbeschränkung nach Art. 101 Abs. 1 AEUV vorliegt, kommt es für die wettbewerbsrechtliche Freistellung meist auf das Eingreifen einer GVO an. Nach den GVOs 330/10 und 461/10 greift die Freistellung für Selektivvertriebsvereinbarungen unabhängig davon ein, ob Auswahlkriterien quantitativer oder rein qualitativer Art Anwendung finden, sofern die Bedingungen der GVO eingehalten werden (Tz 175 LL GVO 330/10; Tz 46 LL Kfz-GVO). Beim Vertrieb neuer Kfz soll der quantitative Selektivvertrieb i.d.R. die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllen, falls die Marktanteile der beteiligten Unternehmen 40% nicht überschreiten (Tz 56 LL Kfz-GVO 461/10). Dabei können Standortklauseln die Freistellung ausschließen (Tz 56 LL Kfz-GVO 461/10). Zur Belieferungspflicht in quantitativ-selektiven Systemen unten, Rn 304 ff.

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1294 Rösner WRP 2010, 1114 (1116). 1295 Slg. II 1992, 415. 1296 Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (467). 1297 OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 – zwh. und deshalb m. abl. Anm. Schultze/Spenner; Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364); Bechtold BB 2011, 1610 (1612); Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (469). 1298 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3084) – „JPG Le Male“; Bechtold NJW 2003, 3729 (3731); ders. EG-Kartellrecht, VO 2790/99 Rn 19. 1299 AA EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C-158/11, BB 2012, 1883, Rn 32–35 m. Anm. Schultze – Auto24 SARL ./. Jaguar Land Rover France SAS. 1300 EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C-158/11, BB 2012, 1883, Rn 39 m. Anm. Schultze – Auto24 SARL ./. Jaguar Land Rover France SAS. 1301 BB 2012, 1885. 1302 Haslinger WRP 2009, 279 (280).

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e) Handelsvertreter-Kartellrecht Literatur: Emde Das Handelsvertreter-Kartellrecht nach den Leitlinien zur GVO 2790/99, BB 2002, 949; Semler Echte und unechte Handelsvertreter – Abgrenzungsfragen und kartellrechtliche Bedeutung, ZVertriebsR 2012, 156.

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aa) Historie des Handelsvertreter-Kartellrechts.1303 Bereits in seinen Urteilen vom 13.7.1966 in den Rechtssachen Consten und Grundig1304 und Kommission/Italien1305 hat der EuGH grundlegende Aussagen zur Frage der Anwendung des Art. 101 AEUV (damals: Art. 85 EG) auf HV-Verträge getroffen. In der Entscheidung Italien/Rat und Kommission1306 judizierte er: „Es wäre schließlich verfehlt, die Lage eines Herstellers, der mit dem Verteiler seiner Erzeugnisse eine Alleinvertriebsvereinbarung getroffen hat und deshalb Art. 85 unterworfen ist, mit derjenigen eines Herstellers zu vergleichen, der den Vertrieb seiner Erzeugnisse auf irgendeinem Wege, beispielsweise den des Einsatzes von Handelsvertretern, in sein eigenes Unternehmen eingegliedert hat und damit nicht von Art. 85 erfasst wird. Beide Fälle sind rechtlich verschieden und auch sonst unterschiedlich zu würdigen, da zwei Absatzorganisationen, von denen die eine in das Hersteller-Unternehmen eingegliedert ist, die andere nicht, nicht notwendig die gleiche Wirksamkeit entfalten. Dem Verbot des Art. 85 unterliegen ... alle Vereinbarungen zwischen mehreren Unternehmen. Somit ist es nicht anwendbar, wenn es sich um ein einziges Unternehmen handelt, das seine Vertriebsorganisation in seinen eigenen Geschäftsbetrieb eingegliedert hat“.

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Der EuGH stellte damit klar, dass HV-Verträge auf dem nachgelagerten Produktmarkt1307 in Hinblick auf Art. 101 AEUV einer abweichenden Beurteilung unterliegen können als Vertragshändlerverträge. Den Unterschied zwischen beiden Vertriebsformen sah der EuGH hier in der Eingliederung des HV in das Vertriebssystem des Unternehmers. Im Fall Suiker Unie1308 bestätigte der EuGH diese Bewertung: „... dass es in der Regel Wesen und Sinn einer rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehung der hier fraglichen Art entspricht, wenn Hersteller oder Vereinigungen von Herstellern den Absatzmittlern, die in ihrem Namen und für ihre Rechnung verkaufen, untersagen, ohne ihre Zustimmung gleichzeitig für konkurrierende Hersteller tätig zu werden. Wird ein solcher Absatzmittler für seinen Geschäftsherren tätig, so kann er grundsätzlich als ein in dessen Unternehmen eingegliedertes Hilfsorgan angesehen werden, das den Weisungen des Geschäftsherrn zu folgen hat und sonach mit dem betroffenen Unternehmen ebenso wie ein Handlungsgehilfe eine wirtschaftliche Einheit bildet. Bei dieser Sachlage stellt die bloße Tatsache, dass der Geschäftsherr einem solchen Hilfsorgan das Verbot auferlegt, ohne seine Zustimmung mit Waren zu handeln, die geeignet sind, seinen eigenen Waren Konkurrenz zu machen, noch keinen Missbrauch dar. Etwas anderes gilt, wenn dem Absatzmittler aufgrund der zwischen ihm und dem Geschäftsherren getroffenen Abmachung, die die Vertragsparteien als „Handelsvertreter-Vereinbarung“ bezeichnen, Aufgaben erwachsen oder verbleiben, die aus wirtschaftlicher Sicht insofern denen eines Eigenhändlers ähneln, als der Absatzmitlter die finanziellen Risiken des Absatzes bzw. der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen hat. Da in diesem Fall der Absatzmittler nicht als ein in das Unternehmen des Geschäftsherren eingegliedertes Hilfsorgan anzusehen ist, kann ein zwischen beiden vereinbartes Wettbewerbsverbot, wenn es von einem marktbeherrschen-

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1303 Siehe hierzu insb. Roniger Das neue Vertriebskartellrecht, 2000, E 15 ff.; Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 149 ff.; Kapp/Andresen BB 2006, 2253; Kapp WuW 2007, 1218 (1220). 1304 EuGH v. 13.7.1966, Slg. 1966, 429. 1305 EuGH v. 13.7.1966, Rs. 32/65 Italien/Rat und Kommission, Slg. 1966, 457. 1306 Slg. 1966, 457 (485 f.). 1307 Für den vorgelagerten Markt um die Vermittlerleistungen (Rechtsverhältnis HV-Unternehmer) kann Abweichendes gelten. 1308 EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478 (481 ff.).

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den Unternehmen auferlegt wurde, einen Missbrauch im Sinne des Art. 86 darstellen, weil es geeignet ist, die beherrschende Stellung noch weiter zu verfestigen.“

Wenngleich der EuGH in erster Linie die „Eingliederung“ des HV als Befreiungs- 140 merkmal von den Beschränkungen des heutigen Art. 101 AEUV ansah,1309 stellte er zugleich auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ab und verwies auf die „Eigenhändlernähe“ eines wirtschaftlichem Risiko ausgesetzten HV.1310 Die Weisungsgebundenheit als Indiz für die Eingliederung sollte widerlegt sein, falls der HV zugleich als Eigenhändler tätig war. In der nachfolgenden Reisevermittler-Entscheidung1311 ließ der EuGH die Frage der Risikoverteilung jedoch unbeachtet. Er hob allein auf das formale Kriterium ab, dass einerseits die Reisevermittler für mehrere Reiseveranstalter Reiseleistungen verkauften (Mehrfirmen-HV) und andererseits die Reiseveranstalter ihre Reisen über mehrere Reisevermittler veräußerten. Daraus folgerte er, die Reisevermittler seien keine in das Unternehmen des einzelnen Reiseveranstalters eingegliederten Hilfsorgane. Dies stellte zu sehr auf die Person und Stellung des HV und zu wenig auf das einzelne Vertragsverhältnis ab, welches unabhängig von anderen Verträgen zu beurteilen war. In der Volkswagen-Entscheidung stellte der EuGH deshalb neben der formalen Eingliederung wieder auf die Übernahme eines wirtschaftlichen Risikos des HV ab.1312 Nach der Spruchpraxis des EuGH ist der vertikal Gebundene nur dann Verbotsadres- 141 sat des Art. 101 AEUV, falls er unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer bleibt. Nur in dieser Situation liegt eine dem Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV unterfallende Vereinbarung zwischen zwei Unternehmen vor.1313 Bei der Prüfung dieser Frage kommt es nicht auf die formale Trennung der Unternehmen an, sondern darauf, ob sie sich auf dem Markt einheitlich verhalten.1314 Ein Absatzmittler ist kein selbstständiger Unternehmer, falls er sein Verhalten auf dem Markt nicht eigenständig bestimmt, weil er vollständig von seinem Geschäftsherrn aufgrund der Tatsache abhängig ist, dass der Unternehmer die finanziellen und kommerziellen Risiken in Bezug auf die betreffende wirtschaftliche Tätigkeit trägt.1315 Das maßgebliche Element für die Feststellung, ob ein Vertriebsmittler ein unabhängiger Wirtschaftsteilnehmer ist, besteht also in dem mit dem Geschäftsherrn geschlossenen Vertrag und insb. in dessen sich auf die Übernahme finanzieller und kommerzieller Risiken des Warenabsatzes an Dritte beziehenden ausdrücklichen oder stillschweigenden Klauseln.1316 Die Rechtsnatur des Vertrages ist auch allein maßgeblich, wenn der HV-Vertrag mit Mittlern einer fremden Absatzorganisation geschlossen wird, z.B. mit Mitgliedern der Vertriebsorganisation eines anderen Versicherers oder mit KfzMittlern, die für einen Versicherer Versicherungsprodukte vertreiben.1317 Die Frage der Gefahrtragung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realität und

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1309 So auch BGH, Urt. v. 4.4.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) = WM 2008,1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 40. 1310 Siehe die Analyse der Rspr. bei Semler ZVertriebsR 2012, 156 (158). 1311 EuGH WuW/E EWG/MUV 803 – Reisevermittler. 1312 EuGH Slg. 1995 I-3477, Rn 125 – Bundeskartellamt/Volkswagen AG, VAG Leasing. 1313 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; v. 11.9.2008 – Rs. C 279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475, Rn 36 – Tankstellenvertreter; zust. Stancke VersR 2009, 1168 (1170) zum Versicherungsvertreter. 1314 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; EuGH Slg. 1972, 619 Rn 140. 1315 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 44; BGHZ 112, 218 (TUI); Steinhauer BB 2009, 2386 (2387) zu Tankstellen-HV; Hopt § 86 Rn 34, 38. 1316 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 36 – Tankstellenvertreter. 1317 Im Ergebnis Stancke VersR 2009, 1168 (1171), der die Frage problematisiert.

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nicht der rechtlichen Qualifizierung der Vertragsbeziehungen im innerstaatlichen Recht zu untersuchen.1318 Verbleiben dem Absatzmittler Aufgaben, die aus wirtschaftlicher Sicht denen eines 142 unabhängigen Wirtschaftsteilnehmers ähneln, etwa wenn der Absatzmittler die finanziellen und kommerziellen Risiken des Absatzes oder der Abwicklung der mit dem Dritten geschlossenen Verträge zu tragen hat, ist der Absatzmittler kein von der Anwendung des Art. 101 AEUV befreites, in das Unternehmen des Geschäftsherrn eingegliedertes Hilfsorgan.1319 Er bleibt aber HV i.S.d. § 84 ff. mit allen dort geregelten Rechten und Pflichten. Das gilt auch für „unechte HV“ gemäß den Leitlinien zur GVO 330/10 (Rn 148 ff.). Unter das Verbot des Art. 101 AEUV fallen nach Ansicht des EuGH bei HV nur Rege143 lungen, welche das Verhältnis des HV zu seinem Unternehmer bestimmen. Regelungen, die das Verhältnis des HV über den Verkauf der Waren an Dritte – die geworbenen Kunden – für den Geschäftsherrn betreffen, fallen nicht unter das Verbot des Art. 101 AEUV, weil der HV insoweit kein unabhängiger Marktteilnehmer ist.1320 Nicht unter das Verbot des Art. 101 AEUV fallen deshalb z.B. Bestimmungen über die Festsetzung des Endverkaufspreises1321 oder zur Prämienhöhe im Versicherungsvertrieb.1322 Dagegen können Ausschließlichkeits- und Wettbewerbsverbotsklauseln, welche die Beziehungen zwischen dem HV und dem Geschäftsherrn als insoweit unabhängige Wirtschaftsteilnehmer betreffen, gegen Art. 101 AEUV verstoßen, soweit sie zu einer Abschottung des betreffenden Marktes führen.1323 Im HV-Vertrieb übliche und damit vertragsimmanente Abreden, etwa Wettbewerbsverbote, 1324 Informations- und Berichtspflichten 1325 sowie Ausschließlichkeitsabreden,1326 sind jedoch gegenüber „echten“, eingegliederten HV nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der maßgeblichen Risiken wird unterschieden zwischen den Risiken des Absatzes der Ware und denen marktspezifischer Investitionen.1327 Es wird vermutet, dass der HV die Risiken des Absatzes der Waren in folgenden Fällen trägt: falls er dem Lieferanten den Betrag zahlen muss, welcher der Menge des gelieferten und nicht des tatsächlich verkauften Kraftstoffes entspricht,1328 er mit der Übernahme der Waren vom Lieferanten deren Besitzer wird, unmittelbar oder mittelbar die mit dem Vertrieb der Waren verbundenen Kosten, insb. die Beförderungskosten übernimmt, Lager auf eigene Kosten unterhält oder für etwaige Schäden an den Waren haftet, beispielsweise ihren Verlust oder ihre Verschlechterung. Soweit es Risiken betrifft, die mit den marktspezifischen Investitionen verbunden sind, d.h. Investitionen, die erforderlich sind, damit der HV

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1318 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 36 – Tankstellenvertreter. 1319 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 45; v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 36 – Tankstellenvertreter. 1320 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 41 – Tankstellenvertreter; v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 61; Kobras/Steinhauer RIW 2010, 214 (215) – mit dem Hinweis, das Gleiches für § 1 GWB gilt. 1321 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 36 – Tankstellenvertreter. 1322 Stancke VersR 2009, 1168 (1172). 1323 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 36 – Tankstellenvertreter; v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 62. 1324 EuGH, Urt. v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478 (481 ff.); Hopt § 86 Rn 38. 1325 Wiemer WuW 2009, 750 (753). 1326 EuGH, Urt. v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478 (481 ff.); Stancke VersR 2009, 1168 (1170 f.) zum Versicherungsvertrieb; Hopt § 86 Rn 38. 1327 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 38 ff. – Tankstellenvertreter. 1328 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 38 – Tankstellenvertreter.

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Verträge mit Dritten aushandeln oder abschliessen kann, ist zu prüfen, ob er Investitionen in Räumlichkeiten oder Ausstattungen, wie etwa in einen Kraftstofftank bei Tankstellenvertretern, oder in Werbeaktionen tätigt. Ist das der Fall, gehen diese Risiken auf ihn über.1329 Am meisten umstritten aus der Rspr. der vergangenen Jahre blieb das Urteil des EuG 144 vom 15.9.2005.1330 In jener Entscheidung hob das EuG die den Mercedes-Vertrieb betreffende Entscheidung der Kommission 2002/758/EG vom 10.10.2001 gegen Daimler Chrysler auf.1331 Die Kommission hatte Mercedes-Benz Autohäuser als unechte HV angesehen1332 (zu „unechten“ HV unten, Rn 148 ff.). Das EuG urteilte gegenteilig und großzügiger: Der Begriff der Vereinbarung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV und damit das Eingreifen des in Art. 101 AEUV normierten Kartellverbots setze eine Willensübereinstimmung zwischen mindestens 2 Personen voraus. Der TB des Art. 101 AEUV sei nicht erfüllt, sofern eine Entscheidung des Herstellers ein einseitiges Verhalten darstelle. An „zwei Personen“ im wirtschaftlichen Sinne und damit einer Vereinbarung i.S.d. Art 101 AEUV fehle es bei wirtschaftlicher Einheit zwischen ihnen. Zwischen HV und Unternehmer existiere eine wirtschaftliche Einheit, falls der HV ein in den Betrieb des Unternehmers eingegliedertes Hilfsorgan sei. Ein HV werde als in den Betrieb des Unternehmers eingegliedertes Hilfsorgan angesehen, sofern er Weisungen des Geschäftsherrn zu folgen habe. Nur falls der HV einem Eigenhändler gleiche und wie dieser die finanziellen Risiken des Absatzes oder der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen habe, fehle es an einer solchen Einheit. Dürfe der HV trotz eigener Rechtspersönlichkeit sein Geschäftsgebaren nicht autonom bestimmen, sondern habe den Weisungen des Herstellers zu folgen, so bleibe das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV auf die Beziehung zwischen ihm und seinem Geschäftsherrn unanwendbar.1333 Nach diesem Maßstab befürwortete der EuGH die wirtschaftliche Einheit zwischen Daimler und seinen HV auch wegen des Mangels erheblicher wirtschaftlicher Risiken des HV (Rn 246). Der Standardvertretervertrag sei von Daimler vorgegeben. Der HV habe zudem beim Aushandeln der Preise keine Befugnisse. Die Eingliederung als ein neben der wirtschaftlichen Risikobetrachtung stehendes 145 Merkmal ist nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl abzulehnen.1334 Es widerspräche den Denkgesetzen, wenn bei völlig identischer Eingliederungstiefe von Kfz-HV und KfzVertragshändlern (bei den meisten Herstellern und Importeuren) nur HV aus der kartellrechtlichen Beurteilung nach Art. 101 AEUV und dem Regelungsbereich der GVO (heute: GVO 330/10) fielen. Die HV seien gerade im Kfz-Bereich derart in das Unternehmen eingebunden, dass von einer franchiseähnlichen Stellung gesprochen werden könne.1335 Es sei nicht systemgerecht, die GVO auf echte HV nicht anzuwenden, während Vertragshändler und unechte HV in den Genuss ihrer Vorteile kämen.1336 Betreibe der Hersteller

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1329 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter. 1330 T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933; mit Komm. Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 sowie kritischer Besprechung Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff. 1331 EuZW 2001, 674; hierzu Lubitz EWS 2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. In wesentlichen Teilen aufgehoben wurden die seinerzeitigen Leitlinien entgegen Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (300) durch diese Entscheidung nicht. 1332 ABl. EG 2002 Nr. L 257, 32 ff., aufgehoben durch EuGH, Urt. v. 15.9.2005 – Rs. T-325/01. 1333 Zur Unterscheidung zwischen echten und unechten HV s.a. Emde BB 2002, 949. 1334 Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168 ff.). 1335 Niebling Das Recht des Automobilvertriebs, 1996, S. 77 ff.; ders., GRUR 2000, 19 (22); Ensthaler/ Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (169). 1336 Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (171).

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unterschiedlich gestaltete Vertriebssysteme unter Einsatz verschiedener Absatzmittlertypen, die ihrerseits stark angenähert seien, fände die GVO auch auf echte HV Anwendung.1337 Daimler dürfte sonst zwei unterschiedliche Vertriebssysteme unterhalten, einerseits (außerhalb Deutschlands) ein der GVO 330/10 unterstehendes Vertragshändlersystem, andererseits in Deutschland mit HV. Die Angehörigen des einen Systems (Händler) wären denen des anderen Systems in Hinblick auf das Schutzniveau überlegen.1338 Dies widerspreche dem Gebot der Systemgerechtigkeit. Der echte Kfz-HV dürfe gem. § 313 Abs. 1 BGB Vertragsanpassung fordern. Die europäische Rspr. (EuGH1339 und das EuG)1340 stellt – neben den vom Vertriebs146 mittler zu tragenden Risiken1341 – damit auf die Position des HV als eingegliedertes Hilfsorgan des Unternehmers ab1342 und unterscheidet zwischen freigestellten HV-Verträgen ohne finanzielles Risiko und nicht freigestellten mit finanziellem Risiko.1343 Bei fehlendem Risiko bejaht sie die Eingliederung. Diese Unterscheidung hat die Kommission in den Tz 12 ff. der Leitlinien zur GVO 330/10 aufgenommen (Rn 148 ff.). Für die Kommission1344 steht die tatsächliche wirtschaftliche Funktion und Betätigung des HV, die primär durch die Übernahme des finanziellen und wirtschaftlichen Risikos determiniert wird, stärker als zentrales Abgrenzungskriterium im Vordergrund.1345 Der HV-Vertrag wird daran gemessen, inwieweit der HV finanzielle und geschäftliche Risiken übernimmt. Anders als die Kommission, welche noch in ihrer Begründungserwägung zur Entscheidung des EuG v. 15.9.20051346 die Ansicht vertrat, die Eingliederung sei kein eigenständiges Merkmal zur Abgrenzung eines HV vom Eigenhändler, wird die Eingliederung von der Rspr. auch des EuG herausgestellt.1347 Im Ergebnis geht auch die europäische Rspr. – wie die Kommission in den LL zur GVO 330/10 (Rn 148 ff.) – unter dem Begriff der Eingliederung darauf ein, ob wirtschaftliche Risiken vorliegen oder nicht.1348 Das EuG prüft das wirtschaftliche Risiko lediglich unter anderer Überschrift und in „Verkleidung“ einer Eingliederungsprüfung.1349 Ist der HV bei einem Teil seiner Geschäfte als HV und bei einem anderen Teil als Ei147 genhändler tätig („Doppelprägung“) und betreffen jene Geschäfte dieselbe Ware, so soll

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1337 Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (171). 1338 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2593). 1339 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 36 – Tankstellenvertreter. 1340 EuG, Urt. v. 15.9.2005 – T-325/01, Rn 41; Daimler/Kommission unter Verweis auf weitere Rspr. vom 16.12.1975 – 40/73, 48/73, 50/73, 54/73, 56/73, 111/73, 113/73, 114/73; Suiker Unie u.a./Kommission, Slg. 1975, 1663 und v. 24.10.1995 – C-266/93; VAG Leasing, EuGH, Slg. 1995, I-3477. 1341 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; EuGH, 32/65, Slg. 1966, 457 (458) – Italien/Rat und Kommission; Rs. C-226/93, Slg. 1995, I-3477 – BKart/VW und VW Leasing; siehe hierzu Semler ZVertriebsR 2012, 156 (158). 1342 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; st. Rspr. seit Rs. 56/64 und 58/64, Slg. 1966, 321, 387 – Consten und Grundig/Kommission; siehe Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168); Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2254); Lubitz EWS 2003, 556 (558 f.). Nach Ansicht der Kommission in der Mercedes-Benz-Entscheidung ABl. EG 2002, Nr. L 257, 1 (34), spielt dieses Merkmal allerdings keine Rolle. 1343 Siehe auch Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 34. 1344 Entscheidung der Kommission vom 10.10.2001 bezüglich eines Verfahrens nach Art. 81 EG (Kommission/Mercedes Benz) – ABl. EG Nr. L 257 v. 25.9.2002, S. 1 Rn 153 ff. 1345 Siehe Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). 1346 Rs. T-325/01, EuZW 2005, 766. 1347 EuG, Urt. v. 15.9.2005 – T-325/01, Rn 86; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168). 1348 Ebenso Eilmansberger ZweR 2006, 64 (69 f.). 1349 Funke/Just DB 2010, 1389 (1391) – „zwei Seiten derselben Medaille“; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2592); zum Streitstand Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2254); vgl. auch Wiemer WuW 2009, 750 (753).

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er kartellrechtlich wie ein Eigenhändler anzusehen sein und nicht den Tz 12 ff. LL zur GVO 330/10 unterfallen.1350 Gleiches soll bei einer Mehrfirmenvertretung auf dem gleichen Produktmarkt gelten. So seien etwa Reisevermittler i.d.R. keine eingegliederten HV, da sie für verschiedene Reiseveranstalter tätig seien und die Reiseveranstalter ihre Reisen über eine Vielzahl von Reisevermittlern vertrieben.1351 Dies erscheint zweifelhaft, da auch ein Mehrfirmen-HV oder ein HV mit Doppelprägung Hilfsorgan sein kann und die Eingliederung innerhalb des einzelnen Vertrags zu prüfen ist. Ohnehin stellt die neuere Rspr. des BGH weniger auf die Eingliederung als die Risikoverteilung ab (Annäherung an die LL der Kommission). Umgekehrt soll die Eingliederung bei einem Einfirmen-HV rglm. zu befürworten sein.1352 Bei dem als Abschlussvertreter agierenden HV, der eigenständig die Konditionen des Vertrages aushandeln darf, soll es auf die Vorgaben des Unternehmers und den sich daraus ergebenden Handlungsspielraum des HV ankommen.1353 Die Bestimmung eines Fixpreises durch den Unternehmer soll die Eingliederung als echter HV nicht ausschließen.1354 Richtigerweise ist die Eingliederung in jedem Fall im einzelnen Vertragsverhältnis zu untersuchen. Je mehr die Freiheit des HV, eigene wirtschaftliche Entscheidungen im Zusammenhang mit dem vermittelten Produkt zu treffen vertraglich eingeschränkt wird, um so eher dürfte ein HV-Vertrag dem Kartellrecht entzogen sein.1355 bb) Die Leitlinien zur GVO 330/2010 (1) Genese. Seit 1962 wurde das HV-Kartellrecht durch die Weihnachtsbekanntma- 148 chung der Kommission 1356 geregelt. Sie erfasste lediglich Alleinvertriebsverträge mit HV und differenzierte ähnlich der Entscheidung Suiker Unie (Rn 214) zwischen Vereinbarungen, die HV-typisch waren und solchen, die einem Vertragshändlervertrag gleichstanden.1357 Als maßgebliches Kriterium für die Separierung zwischen handelsvertreter- und vertragshändlerähnlichen Abreden wurde das mit dem Absatz oder der Vertragsabwicklung verbundene finanzielle Risiko angesehen, wobei Beispiele „eigenhändlergleicher“ HV gebildet wurden, die sehr dem Tz 16 der heutigen LL zur GVO 330/10 entsprachen: Außer bei Übernahme der Delkredere-Haftung habe der HV funktionsmäßig kein weitergehendes Risiko aus dem Handelsgeschäft zu tragen. Übernehme er dennoch solche Risiken, nähere er sich funktionell und wirtschaftlich dem Eigenhändler und müsse daher wettbewerbsrechtlich auch wie ein solcher behandelt werden. Der Verbotstatbestand des Art. 101 AEUV (damals: Art. 85 Abs. 1 EWG) sollte folglich für Alleinvertriebsverträge mit HV nicht erfüllt sein und nur für Vertragshändlerverträge oder vertragshändlerähnliche Vereinbarungen gelten. Schon 1973 änderte die Kommission ihre in der Weihnachtsbekanntmachung ver- 149 kündete Ansicht. Für die Anwendung des heutigen Art. 101 AEUV sollte nunmehr entscheidend sein, ob der HV zum einen für mehrere Geschäftsherren und zum anderen

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1350 EuGH, Urt. v. 16.12.1975 (Suiker Unie), Slg. 1975, 1663, 2024/2025, Rz. 554/547; Semler ZVertriebsR 2012, 156 (158); Walcher WRP 2005, 850 (851). 1351 EuGH, Urt. v. 1.10.1987, Vlaamse Reisebureaus, Slg. 1987, 3821 (3828) Rn 20; Semler ZVertriebsR 2012, 156 (158); Walcher WRP 2005, 850 (851). 1352 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). 1353 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). 1354 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). 1355 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). 1356 ABl. EG 1962 S. 2921. 1357 S. OLG Hamburg WuW/E DE-R 506.

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auch (im Inland) als Eigenhändler für dieselbe Ware auftrat.1358 Nachdem der EuGH in der „Reisevermittler-Entscheidung“1359 für die Anwendung des Art. 101 AEUV auf die Mehrfachvertretung abstellte und folglich auf das Erfordernis der Eigenhändlertätigkeit verzichtete, hielt auch die Kommission nicht länger am kumulativen Erfordernis beider Kriterien fest. Vielmehr vollzog sie in dem „Vorentwurf-Bekanntmachung betreffend HV-Verträge“1360 einen Paradigmenwechsel: Es sollte nur noch der eingebundene Einfirmen-HV von der Anwendung des heutigen Art. 101 AEUV ausgenommen sein. Die Separierung des eingebundenen Einfirmen-HV vom Eigenhändler bzw. vom nicht eingebundenen HV sollte anhand der materiellen und wirtschaftlichen Risikoverteilung erfolgen. Dagegen kam es für die Unterscheidung zwischen Einfirmen- und Mehrfirmen-HV nicht mehr auf die Verteilung des wirtschaftlichen Risikos an. Entscheidend sollte sein, ob der HV gleichzeitig mehrere konkurrierende Produktpaletten führte.1361 Mit Einführung der GVO 2790/99 zum 1.1.2000 ersetzten die Tz 12–20 ihrer Leitlinien 150 (hierzu Staub/Emde 5. Aufl. Vor § 84 Rn 193 ff.) die Weihnachtsbekanntmachung des Jahres 1962.1362 Die Rechtsverhältnisse der HV wurden nicht direkt in der GVO 2790/99, sondern nur in ihren LL geregelt. Im Mittelpunkt der Tz 12 ff. der LL zur GVO 2790/99 stand die eine eigene „kartellrechtliche“ Begrifflichkeit bildende1363 und nicht an die §§ 84 ff. oder die RL (dort gibt es keine „unechten“ HV),1364 jedoch – ohne dass diese die gleichen Bezeichnungen verwendet1365 – an europäische Rspr. anknüpfende Differenzierung: Sogenannte „echte“ HV-Verträge, bei denen sich die Tätigkeit des HV auf eine reine Mittler- ohne Wettbewerbsstellung beschränkte,1366 waren vom heutigen Art. 101 AEUV freigestellt,1367 unterfielen aber den §§ 84 ff. „Unechte“ HV-Verträge wurden wie Eigenhändlerverträge1368 behandelt, blieben also nicht nach Tz 12–20 der seinerzeitigen Leitlinien freigestellt. Sie unterfielen dem Wettbewerbsverbot des Art. 101 AEUV. 151

(2) Übersicht über Inhalt und Systematik der LL. Die Ziff. 12–21 LL1369 zur GVO 330/10 haben die von den LL zur GVO 2790/99 entwickelte Unterscheidung zwischen „echten“ und „unechten“ HV in der Sache übernommen, allerdings ohne die umstrittene Begrifflichkeit des „echten“ oder „unechten“ HV1370 (prägnant Ziff. 16 LL). Der HV wird jetzt kartellrechtlich (nur) als HV apostrophiert. Ob ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV generell ausscheidet, der HV also nicht vom Verbots-TB des Art. 101 AEUV erfasst wird (und er damit keiner Freistellung nach der GVO 330/10 bedarf), bestimmt sich nach wie vor danach, ob der HV ein – in Tz 16 LL genanntes – wirtschaftliches Risiko über-

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1358 Kommission, ABl. 1973 Nr. L 217, S. 3 bis 6 – SCPA/Kali und Salz; hierzu Kapp WuW 2007, 1218 (1220 ff.). 1359 EuGH WuW/E EWG/MUV 803 – Reisevermittler. 1360 IV/484/90-DE. 1361 Kapp/Andresen BB 2006, 2253. 1362 Hopt § 86 Rn 38. 1363 Hierzu übersichtsartig Semler ZVertriebsR 2012, 156 ff. 1364 Rittner DB 2000, 1211 (1213). 1365 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157); siehe aber Generalanwältin Kokott im Schlußantrag EuGH v. 13.7.2006 – C-217/05 Rn 67, CELEX 62005CC0217. 1366 Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 (168). 1367 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 81 – Fallgruppen Liefer- und Bezugsvereinbarungen Rn 53; Emde BB 2002, 949 ff.; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff.; Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertreter. 1368 Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (281); Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 41 ff.; Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 146. 1369 ABl. C 130/1 v. 19.5.2010. 1370 Siehe Simon EWS 2010, 497 (498).

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nimmt.1371 Der Begriff des unechten HV als Gegenpol ist entfallen. Man mag sich ihn leitbildartig als Eigenhändler („unabhängiger Händler“ i.S.d. Tz. 17 LL; „unabhängiges Unternehmen“ nach Tz 21 LL) vorstellen, wenngleich auch HV mit finanziellen Risiken HV i.S.d. HGB bleiben. In der Sache müssen weiterhin echte und unechte HV unterschieden werden, weil ein mit finanziellen Risiken belasteter HV ein solcher i.S.d. §§ 84 ff. sein kann, nicht jedoch i.S.d. Tz 12–21 LL. Kartellrechtlich bleibt der finanziell belastete HV „unechter“ HV. Ein Rückgriff auf die RL erfolgt nicht; die einzelstaatlichen Gesetze zu HV-Verträgen sind belanglos.1372 Letztlich knüpft damit die Kommission auch1373 heute an die Systematik der Weih- 152 nachtsbekanntmachung 1962 und die dort enthaltene Separierung für den HV risikoloser, HV-gleicher Vereinbarungen einerseits und für den HV mit finanziellem Risiko verbundener eigenhändlergleicher Vereinbarungen andererseits an.1374 Zum Teil wird sogar vertreten, die Unterscheidung beider Vertretergruppen entspreche der der Weihnachtsbekanntmachung 1962.1375 Auch das hierneben vom EuGH wiederholt angewandte Merkmal der Eingliederung nehmen die LL entgegen Schultze/Pautke/Wagener1376 sowie Pfeffer/Wegner1377 auf, wie Tz 18 dokumentiert. Denn dort wird in Übereinstimmung mit dem Urteil Suiker Unie1378 ausgeführt, in HV-Verträgen sei die Verkaufs- und Ankaufsfunktion Bestandteil der Tätigkeiten des Unternehmers als Auftraggebers. Mithin werden HV insoweit als in das Unternehmen des Auftraggebers eingegliedert betrachtet. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen in nicht nach den Tz 12–21 befreiten „unechten“ HV-Verträgen unterliegen nur dann nicht dem Verbot des Art. 101 AEUV, wenn der Vertrag auf anderem Wege, etwa durch die GVO 330/10, freigestellt ist.1379 Kartellrechtlich ist der HV, der kein eigenes unternehmerisches Risiko trägt, da- 153 mit gegenüber dem Vertrieb z.B. durch Vertragshändler oder Franchisenehmer privilegiert,1380 weil der Unternehmer größere Freiheiten etwa hinsichtlich des Weisungsrechts oder der Preisgestaltung besitzt.1381 In der Reihe Eigenvertrieb-HV-Vertragshändlern nimmt der HV-Vertrieb damit hinsichtlich seiner Gestaltungsmöglichkeiten eine Mittelstellung ein. Während HV-Verträge grundsätzlich (Ausnahme Tz 20 im Falle der Kollusion) vom 154 Wettbewerbsverbot des Art. 101 AEUV freigestellt sind, hängt die Freistellung bei eigenhändlergleichen HV-Verträgen davon ab, ob es sich um wettbewerbsbeschränkende Abreden handelt, die das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV oder das Verhalten des HV gegenüber dem Kunden regeln.1382 Auch jene Unterscheidung war bereits in der Weihnachtsbekanntmachung angelegt, wenngleich dort mit anderem Ergebnis (s.u.). Die echte HV-Verträge freistellenden Tz 12–21 LL befreien nach Auffassung des LG München I1383 nicht gegenüber Dritten – dort einem Wettbewerber – von den Beschränkungen des

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1371 1372 1373 1374 1375 1376 1377 1378 1379 1380 1381 1382 1383

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Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2270). Siehe etwa Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). Simon EWS 2010, 497 (498). Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1208). Vertikal-GVO, 2001, Rn 152. EWS 2006, 296 (297, 298). EuGH v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478 (481 ff.). Kapp WuW 2007, 1218 (1219). Genzow IHR 2014, 10 ff.; Walcher WRP 2005, 850 (851); Emde BB 2002, 949 (954). Walcher WRP 2005, 850; Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. Kapp WuW 2007, 1218 (1222). LG München I, Urt. v. 21.3.2006 – 33 O 24781/04, WuW 2006, 626 (628) – DE-R 1708 (1710).

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Art. 101 AEUV. Das LG München I bejahte aber eine Freistellung aus Art. 2 Abs. 1 der heutigen GVO 330/10. Gem. Tz 12 LL ist der HV eine juristische oder natürliche Person, die mit der Voll155 macht ausgestattet ist, im Auftrag einer anderen Person (des Auftraggebers) entweder im eigenen Namen oder im Namen des Auftraggebers Verträge auszuhandeln und/oder zu schließen, die entweder den Ankauf von Waren oder Dienstleistungen durch den Auftraggeber zum Gegenstand haben oder den Verkauf von Waren und Dienstleistungen des Auftraggebers. Die LL gelten mithin für Waren-, Dienstleistungs-, Vermittlungs- und Abschlussvertreter (Tz 12). Die von den LL verwendeten Begriffe sind weit auszulegen. 156

(3) Rechtsnatur der LL. Die LL enthielten und enthalten – da sie sich nicht auf eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage stützen können1384 – keine Rechtssätze1385 und kein sekundäres Gemeinschaftsrecht.1386 Ihnen mangelt es also an bindendem Charakter,1387 insb. für Gerichte.1388 Jedoch bleiben sie als Verwaltungsgrundsätze,1389 welche die Ansicht ihrer Verfasser wiedergeben, gleich einer Gesetzesbegründung1390 eine wichtige Hilfe bei der Interpretation1391 des GVO-Textes und entfalten in der Beratungspraxis, da die Kommission von ihnen nicht ohne Angabe der Gründe abweichen darf,1392 faktische Bindungswirkung.1393 In der Praxis sind sie so lange von vorrangiger praktischer Bedeutung, bis ein Gericht ihre Unvereinbarkeit mit Art. 101 AEUV feststellt.1394 Sie geben mithin in Form einer Bekanntmachung1395 die eigene Beurteilung der Kommission1396 und deren künftigen Entscheidungsmaßstab1397 wieder und beeinflussen hierdurch die Entscheidungspraxis nationaler Kartellbehörden und Gerichte.1398 De facto bedeutet dies: Was nach den LL zulässig ist, darf praktiziert werden. Wenn die Bewertung im Einzelfall von den LL abweicht, besteht jedenfalls ein besonderes Rechtfertigungsbedürfnis.1399 Zum Teil wird bezweifelt, dass die LL Einfluss auf die Rechtsprechung des EuGH haben,1400 eine Skepsis, die durch die Entscheidungspraxis europäischer Gerichte Nahrung gewinnt. Zumindest kommt den LL Orientierungsfunktion zu.1401

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1384 Darázs EuZW 2003, 138 (139). 1385 EuGH, Urt. v. 11.7.2013 – C-439/11P, NZKart 2013, 364 – Ziegler/Kommission; Rittner DB 2000, 1211 (1213); Darázs EuZW 2003, 138 (139). 1386 Lange EWS 2001, 18. 1387 Nolte BB 2013, 1667; Köhnen BB 2010, 781 (783); Lange EWS 2001, 18; Hopt § 86 Rn 38. 1388 Nolte BB 2013, 1667; Semler ZVertriebsR 2012, 156 (158). 1389 Langen/Bunte/Baron, Einf. EG-KartellR Rn 155; Rösner WRP 2010, 1114 (1118); Darázs EuZW 2003, 138 (139). 1390 Rösner WRP 2010, 1114 (1118). 1391 Thomas EuR 2009, 423 (432 f.); Rösner WRP 2010, 1114 (1118). 1392 EuGH, Urt. v. 11.7.2013 – C-439/11P, NZKart 2013, 364 – Ziegler/Kommission. 1393 Nolte BB 2013, 1667. 1394 Pautke/Schultze BB 2001, 317; Langen/Bunte/Baron, Einf. EG-KartellR Rn 155. 1395 Weitbrecht EuZW 2002, 581. 1396 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383; Rittner DB 2000, 1211 (1213). 1397 Nolte BB 2013, 1667; Bechtold EWS 2001, 49 (53); Hopt § 86 Rn 38. 1398 Siehe LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde); Langen/Bunte/Baron, Einf. EG-KartellR Rn 155; Weitbrecht EuZW 2002, 581 (583). 1399 Bechtold GRUR 2012, 107 (108). 1400 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 198. 1401 Emde BB 2002, 949 (951); Walcher WRP 2005, 850 (851); Funke/Just DB 2010, 1389.

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(4) Handelsvertreterverträge (a) TB-Voraussetzungen eines Handelsvertretervertrages im kartellrechtlichen 157 Sinne („echter“ HV-Vertrag). HV-Verträge im kartellrechtlichen Sinne der GVO 330/10 (unter den LL der GVO 2790/99 noch: „echte“ HV) sind nur solche, bei denen der HV keine oder nur unbedeutende finanzielle oder geschäftliche Risiken eingeht1402 (Tz 15). Diese Merkmale knüpfen an die oben (Rn 217 ff.) dargestellte Rspr. des EuGH1403 und die bisherigen Kriterien der LL zur GVO 2790/99 an. Das vom EuG in dem Urt. v. 15.9.20051404 als Indiz für einen HV-Vertrag genannte Kriterium der Weisungsgebundenheit und des geringen Ermessensspielraums des HV wird in den LL nicht genannt.1405 Finanzielle und geschäftliche Risiken werden gemäß der „Kriterienliste“1406 des Tz 14 LL in drei Gruppen unterteilt, nämlich solche die 1. wie z.B. die Finanzierung von Lagerbeständen – unmittelbar mit den Verträgen verbunden sind, welche der HV für den Auftraggeber geschlossen/ausgehandelt hat, 2. geschäftsspezifische Investitionen betreffen, d.h. solche, die der HV tätigen muss, um seine Tätigkeit auszuüben und Verträge mit Abnehmern des Unternehmers schließen zu können, 3. in Verbindung mit anderen Tätigkeiten auf demselben sachlich relevanten Markt stehen, soweit der Unternehmer deren Übernahme vom HV auf dessen Risiko verlangt. In der GVO 330/10 neu berücksichtigt wurden als Auffang-TB1407 die in Nr. 3 erwähnten Risiken. Abweichend vom GVO-Entwurf betrifft das Beispiel nun Risiken auf dem selben Markt wie das vertriebene Produkt.1408 Als Beispiele für solche Risiken werden genannt: der Service beim Neuwagenverkauf über HV1409 (fraglich, da nicht derselbe Markt wie der Neuwagenverkauf),1410 Reparaturleistungen1411 und Garantien,1412 Beförderungs- und Transportkosten,1413 Produkt-1414 oder zumindest eine generelle und nicht im Einzelfall vereinbarte Delkrederehaftung,1415 die gleichzeitige Tätigkeit als HV und Vertragshändler für dieselben Produkte (etwa unterschiedliche Mineralöle beim Tankstellenverkauf),1416 nicht jedoch Laden und Waschstraße beim Tankstellen-HV.1417 Während

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1402 Simon EWS 2010, 497 (498); Hopt § 86 Rn 38. 1403 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter; EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437; EuG, Urt. v. 15.9.2005 – Rs. T-325/01, Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933; EuGH Rs. 40 u.a./73, Europäische Zuckerindustrie, Slg. 1975, 1663 und Rs. C-266/93, VW-Herstellerleasing, Slg. 1995, I-3477, EWS 1996, 14, Rn 19; siehe die Analyse bei Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298); Simon EWS 2010, 497 (498). 1404 T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933. 1405 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (301). 1406 Simon EWS 2010, 497 (498). 1407 Funke/Just DB 2010, 1389 (1391). 1408 Simon EWS 2010, 497 (498). 1409 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505); Schultze/ Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2271). 1410 Simon EWS 2010, 497 (498). 1411 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). 1412 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). 1413 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). 1414 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). 1415 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); aA Semler ZVertriebsR 2012, 156 (158), da es sich um ein HV-typisches Risiko handelt. 1416 Simon EWS 2010, 497 (498). 1417 Simon EWS 2010, 497 (498).

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der Neuwagenverkauf ohne das Angebot einer Werkstatt nach Ansicht von Schultze/ Pautke/Wagener1418 unmöglich erscheine, könnten Tankstellen auch ohne angeschlossenen Supermarkt betrieben werden.1419 Dass der kombinierte Vertrieb mglw. lukrativer ist, spreche nicht dagegen.1420 Muster der nach Vertragsende meist wertlosen1421 „geschäftsspezifischen Investitionen“ sind z.B. die mittels oder im Zusammenhang mit dem HV-Vertrag auferlegten Kosten für hersteller- und markenspezifische Ausrüstung, etwa solche, die es dem HV erst ermöglichen, in der spezifischen Branche tätig zu werden,1422 z.B. „Corporate-IdentityEmbleme“,1423 allgemein Investitionen in Service,1424 beispielsweise in die Werkstatt eines Kfz-HV,1425 spezielle Kleidung für Servicepersonal,1426 spezifische Reparaturwerkzeuge1427 oder die Erbringung von Service- und Gewährleistungsarbeiten im eigenen Namen.1428 Gegenbeispiele nicht geschäftsspezifischer Investitionen bilden solche in Telefonanlage, EDV, Büromöbel oder Maschinen, die sich auch nach Vertragsende nutzen lassen,1429 es sei denn, ein Verkauf der Investitionsgüter ist nur mit erheblichem Verlust möglich, z.B. bei herstellerbezogenen Maschinen wegen des kleinen Kreises potentieller Käufer (dann liegt eine verlorene Aufwendung vor).1430 Beide Gruppen von Risiken muss nach dem HVBild der LL grundsätzlich der Unternehmer tragen, damit ein vom Verbot des Art. 101 AEUV „freigestellter“ HV-Vertrag vorliegt. Trägt dagegen – leitbilduntypisch – der HV jene Risiken in mehr als unbedeutendem Umfang (die Übernahme geringer Risiken ist also gestattet – Tz 15 der LL),1431 liegt kein HV-Vertrag sondern ein als HV-Vertrag „getarnter“ Eigenhändlervertrag vor,1432 den die LL nur eingeschränkt freistellen. 158 Nach Ansicht von Steinhauer1433 befreit es den Unternehmer von dem kartellrechtlichen Risiko, wenn er den HV (im Beispiel von Steinhauer ein Tankstellen-HV) als Kompensation für das übernommene Risiko mit klar dafür definierten (zusätzlichen) finanziellen Vorteilen bedenkt, etwa erhöhten Provisionen oder einem Kostenzuschuss. Das ist jedoch allenfalls hilfreich, falls dieser Vorteil das finanzielle Risiko auch im denkbar schlechtesten Fall ausgleicht. Das Insolvenzrisiko des Unternehmers wird ohnehin nicht abgedeckt, jedoch von der Kommission in Tz 16 lit. a und f beispielhaft nicht als schädlich angesehen. Im Versicherungsvertrieb ist es unschädlich, wenn der Bestand der Provision an die Police geknüpft wird.1434 Schädlich soll es sein, falls die Höhe der Provision am Verlauf des versicherten Risikos hängen soll.1435 Zusätzliche Dienstleistungen, wie die Schadensbearbeitung,1436 müssen vollständig vergütet werden.1437

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1418 1419 1420 1421 1422 1423 1424 1425 1426 1427 1428 1429 1430 1431 1432 1433 1434 1435 1436 1437

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BB 2009, 2266 (2271). So wohl auch Simon EWS 2010, 497 (498). Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2271). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 161. Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 161. Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 162. Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 165. OLG Frankfurt/M. HVR Nr. 1086; Hopt § 86 Rn 38. Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). Leitlinien Tz 16 lit. d; Stancke VersR 2009, 1168 (1171). Stancke VersR 2009, 1168 (1171). Stancke VersR 2009, 1168 (1171). LL Tz 16 lit. a, f; Stancke VersR 2009, 1168 (1171).

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Nach Ansicht des EuGH gehen die Gefahren marktspezifischer Investitionen auf den 159 Mittler (im entschiedenen Fall ein Tankstellen-HV) über, wenn er mit der Übernahme der Waren vom Lieferanten deren Besitzer wird.1438 Auch der EuGH befürwortet in der Sache die Einordnung als nicht nach Art. 101 AEUV befreiter „eigenhändlergleicher“ HV, falls der Mittler Investitionen im Zusammenhang mit dem Absatz der Waren, z.B. für Räumlichkeiten oder Ausstattung wie einen Kraftstofftank,1439 vornehmen sowie in Werbeaktionen investieren müsse.1440 Dem Mittler, welchem die mit dem Vertrieb der Waren verbundenen Kosten, insb. die Beförderungskosten zugewiesen seien, trage gleichfalls das Absatzrisiko.1441 Auch nach dem EuGH schadet die Übernahme des Lagerrisikos:1442 Trägt der HV die Haftung für Schäden an der Ware unabhängig davon, ob er der Pflicht nachkommt, die Waren unter Bedingungen aufzubewahren, welche einen Verlust oder ihre Verschlechterung ausschließen, übernimmt er das Absatzmittlungsrisiko.1443 Maßgeblich ist das mit der Bezahlung der Waren verbundene Risiko, etwa für den Fall, dass der Mittler keine Käufer findet oder später bezahlt wird.1444 Wenn dem Mittler die Waren innerhalb von 9 Tagen vom Hersteller bezahlt werden, soll er das kommerzielle Risiko tragen.1445 EuGH und Kommission kommen daher trotz unterschiedlicher Nomenklatur oft zum selben Ergebnis. Einen Schwellenwert für ein schädliches finanzielles Risiko nennen die LL nicht.1446 160 Ein HV-Vertrag im kartellrechtlichen Sinne liegt vor, sofern der HV in Hinblick auf alle vorgenannten Risiken keine oder nur unbedeutende Risiken trägt. Er setzt mithin voraus, dass der Unternehmer, so Tz 15 der LL, (fast) sämtliche in Tz 14 genannte finanziellen und geschäftlichen Risiken übernimmt, so dass der HV keine unabhängige Wirtschaftstätigkeit ausübt. Insbesondere muss die Verkaufs- und Ankauffunktion des HV Bestandteil der Tätigkeiten des Unternehmers – folglich dessen Aufgabe und Risiko – bleiben (siehe Tz 18), und zwar ungeachtet des Umstands, dass der HV ein eigenständiges Unternehmen führt. Nur dann ist der HV in das Vertriebssystem des Unternehmers „eingegliedert“. Die Rechtsform des HV ist – was als interne Organisationsmaßnahme selbstverständlich sein dürfte – für die Einordnung der Risiken und die Zuordnung zu HVoder kartellrechtlich nicht privilegiertem Vertrag unerheblich (Tz 12),1447 ebenso die Verteilung der Risiken gem. den einzelstaatlichen Gesetzen (in Deutschland etwa §§ 86, 87d). Nach Ansicht der Kommission in Tz 13 der LL soll es für die Abgrenzung nicht darauf ankommen, ob der HV für einen oder mehrere Unternehmer tätig ist.1448 Die Richtigkeit dieser Wertung wird vor dem Hintergrund der Entscheidung des EuGH in Sachen „Flämische Reisebüros“1449 bestritten.1450 Jede andere Wertung als die von der Kommission eingenommene hätte die Umgehung aber zu einfach gemacht.

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1438 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 52. 1439 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter. 1440 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 (444) = WuW EU-R 1475 Rn 39 – Tankstellenvertreter; v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 59. 1441 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 53; Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). 1442 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 54. 1443 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 55. 1444 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 56. 1445 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 58. 1446 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). 1447 Hopt § 86 Rn 38. 1448 So auch Stancke VersR 2009, 1168 (1171) für den Versicherungsvertrieb. 1449 EuGH, Urt. v. 7.10.1987, Amtl. Slg. 1987, 3801. 1450 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50.

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Lubitz1451 vertritt, die Berücksichtigung allgemeiner Kosten, also der Kosten, die unabhängig vom konkreten Erfolg des Geschäftes eintreten, wie z.B. Transportkosten, Unterhalt eines Ersatzteillagers usw., dürften für die Einordnung als HV- oder anderem Vertrag unmaßgeblich sein. Ob die allgemeinen Geschäftskosten den HV kartellrechtlich unbillig belasteten, hänge im Wesentlichen von der Höhe seiner Grundprovision ab. Es dürfe für die rechtliche Einordnung nicht entscheidend sein, wie hoch der Anteil der allgemeinen Kosten sei. Dem dürfte nicht beizupflichten sein, weil es sich um geschäftsspezifische Kosten handelt, die üblicherweise der Unternehmer trägt und die LL die Lagerhaltung klar als relevantes Risiko benennen. Jedoch dürfen entgegen dem LG Frankfurt/M.1452 die Kosten behördlicher Genehmigungen, die als Allgemeinkosten den Geschäftsbetrieb betreffen, nicht zur Einordnung als unechter HV führen. Möglicherweise war in dem vom LG Frankfurt/M. entschiedenen Fall eine andere Bewertung gerechtfertigt, weil diese Kosten untypisch hoch lagen. Wer die genannten Risiken übernimmt, ist – so Tz 17 – an Hand der Umstände des 162 Einzelfalls zu untersuchen,1453 und zwar unter Prüfung der tatsächlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten und – wie Tz 17 erneut betont – unabhängig von der Rechtsform des HV. Insoweit müssen, wie der EuGH1454 anerkennt, die nationalen Gerichte die mit dem Absatz der Waren verbundenen Risiken, die Finanzierung des Lagers, sowie die Risiken berücksichtigen, welche mit den marktspezifischen Investitionen verbunden sind, d.h. Investitionen, die erforderlich sind, damit der Absatzmittler Verträge mit Dritten aushandeln und abschließen kann. Es kommt also nicht nur auf den Wortlaut des Vertrages an, sondern auch auf dessen tatsächliche Durchführung. Zumindest erlaubt die praktische Durchführung Rückschlüsse zum vertraglich Vereinbarten. Nach Auffassung der Kommission in dem partiell an die Formulierung der Weih163 nachtsbekanntmachung angelehnten Tz 16 der LL soll ein dem Art. 101 AEUV nicht unterfallender HV-Vertrag insb. (Regelbeispiele – Tz 17 LL) dann vorliegen, wenn das Eigentum an den gekauften und verkauften Vertragswaren nicht auf den HV übergeht (Warenvertreter)1455 oder der HV die Vertragsdienstleistungen nicht selbst erbringt (Dienstleistungsvertreter)1456 und zusätzlich der HV (bereits die Erfüllung eines Merkmals kann die Freistellung hindern) – nicht an den Kosten der Lieferung der betreffenden Waren einschließlich der Beförderungskosten (sofern sie nicht vom Unternehmer übernommen werden) beteiligt ist, – nicht auf eigenes Risiko Vertragswaren lagert oder die Lagerhaltung finanziert bzw. –außer bei Verschulden – für den Verlust der Lagerwaren haftet,1457 – gegenüber Dritten keine Haftung für Schäden durch das verkaufte Produkt übernimmt (Produkthaftung),1458 es sei denn, er ist als HV dafür verantwortlich, 161

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1451 EWS 2003, 560 (558). 1452 EWiR 2003, 573 (Emde). 1453 Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 39. 1454 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 51. 1455 Dann liegt nach Ansicht Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 169 bereits kein HVVertrag vor. 1456 Beides ist fast nicht anders denkbar. Vor allem ist der HV durchweg nie Eigentümer der vertriebenen Waren. 1457 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 178 empfehlen zur Vermeidung dieses Merkmals, der HV solle dem Unternehmer die Lagerkosten in Rechnung stellen. 1458 Es sei denn, der HV haftet aus eigener Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden, s. Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb. Wird das Vertragsprodukt durch den HV in die EU eingeführt, haftet er gegenüber dem Kunden aus Produkthaftung. Nach Ansicht Schultze/Pautke/Wagener VertikalGVO, 2001, Rn 194 fehlt das Risiko deshalb nur, wenn der Unternehmer den HV von diesem Risiko

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keine Haftung dafür übernimmt, dass der Kunde seine Vertragspflichten erfüllt (Ausfallrisiko), ausgenommen den Verlust der Provision des HV (Provisionsrisiko). Bereits die Übernahme des Delkredere-Risikos soll i.d.S. schädlich sein,1459 weder mittelbar noch unmittelbar verpflichtet ist, Investitionen in die Verkaufsförderung (z.B. Werbung) zu tätigen, keine marktspezifischen Investitionen in Ausrüstungen, Räumlichkeiten oder Personal tätigen muss (als Beispiele werden der Kraftstofftank des Mineralölvertreters1460 oder spezielle Software des VV erwähnt), und keine anderen Tätigkeiten auf Verlangen des Unternehmers auf demselben sachlich relevanten Markt wahrnehmen muss, es sei denn, der Unternehmer übernimmt hierfür die Kosten.

In der Praxis sind insb. die Kriterien der Investitionen in die Verkaufsförderung so- 164 wie der marktspezifischen Investitionen in Ausrüstung, Räumlichkeiten oder Personal Gegenstand der Diskussion.1461 Diese waren früher vom EuGH nicht als Abgrenzungsmerkmal herangezogen worden,1462 werden es jedoch jetzt.1463 Unter „marktspezifischen“ Investitionen versteht die Kommission solche, die nach einer Geschäftsaufgabe „verloren“ sind.1464 Es kommt folglich darauf an, ob der HV diese Investitionen nachvertraglich und werthaltig verwenden (dies wäre etwa der Fall beim Erwerb von allgemein gebräuchlicher Software, nicht aber bei Vertriebssoftware)1465 oder die angeschafften Investitionsgüter ohne wesentlichen Verlust wieder veräußern kann.1466 Eine Kostenbelastung mit allg. Werbemitteln wäre eine schädliche Investition.1467 Häufig widerspräche eine solche Belastung auch § 86a Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 RL. Vor diesem Hintergrund dürfte ferner eine dem HV auferlegte Verpflichtung zum Erwerb von Musterkollektionen – je nach Einzelfall – Verbotsverdacht auslösen.1468 Soweit ein HV nur eines1469 und – erst recht – mehrere der in Tz 14, 16 genannten Nega- 165 tivkriterien erfüllt, können – nicht müssen1470 – die im HV-Vertrag enthaltenen Wettbewerbsbeschränkungen Art. 101 Abs. 1 AEUV unterfallen, falls dessen Anwendung nicht

_____ freistellt. Diese Bewertung ist zweifelhaft, weil es bei dem in Tz 16 genannten Risiko nicht um das der Eigenhaftung des HV gegenüber Dritten, etwa aus Delikt, geht, sondern um das Risiko unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis zum Unternehmer. 1459 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 57; Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 196; aA Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257), die in der Delkredereübernahme für bestimmte – nicht alle – Geschäfte ein Zusatzgeschäft zum HV-Vertrag sehen, welches bei der kartellrechtlichen Prüfung unbeachtet bleiben müsse. Nur im „Extremfall“ werde der HV durch die Delkredereübernahme zu einem „unechten Vertreter“ i.S.d. Leitlinien zur GVO 330/10. 1460 Stancke VersR 2009, 1168 (1171); LL Tz 16. 1461 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50; s.a. Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). 1462 Lange EWS 2001, 29; Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). 1463 EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C 217/05, GRUR 2007, 437 (440) Rn 51. 1464 LL Tz 14. 1465 Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb. 1466 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50. 1467 LL Tz 16; Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb. 1468 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50. 1469 Undeutlich und möglw. aA Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2271); offen de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). 1470 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 50.

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aus anderen Gründen, etwa wegen fehlender Spürbarkeit oder nach Art. 101 Abs. 3 AEUV, ausgeschlossen ist (vgl. Tz 17, 21 LL). Die Regelbeispiele des Tz 16 LL sind daher trotz der Aussage des Tz 21 LL, die Vereinbarung unterfalle dann Art. 101 AEUV, widerlegbar und besagen nicht, dass Investitionen der dort beschriebenen Art zwingend zur Erfüllung des Verbotstatbestandes des Art. 101 AEUV führen.1471 Sie konkretisieren, ohne eine abschließende Regelung zu enthalten („diese Aufstellung ist nicht erschöpfend“, Tz 17 LL), lediglich die Generalklausel des Tz 15 LL, derzufolge ein „echter“ HV-Vertrag vorliegt, wenn der HV keine oder nur unbedeutende Risiken trägt. Tz 16 LL nennt daher „weiße Klauseln“ („safe harbour“), bei deren Erfüllung gewöhnlich (Gegenbeweis zulässig) der Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV nicht erreicht ist, was der Kautelarjurisprudenz Rechtssicherheit geben soll. Jedoch besagen die Beispiele der Tz 16 LL nicht im Umkehrschluss, ihre Nichterfüllung leite automatisch zum Verbotstatbestand.1472 Im Einzelfall mag daher die Übernahme eines der in Tz 16 LL aufgezählten Risiken gleichwohl nicht zur Anwendung des Art. 101 AEUV führen. Die Nichtanwendbarkeit des Verbots-TB des Art. 101 Abs. 1 AEUV mag sich auch aus Art. 101 Abs. 3 AEUV ergeben. 166 Kosten, welche der HV gemeinschaftsweit und nach der RL leitbildtypisch zu übernehmen hat und daher der HV-Tätigkeit „vertrags- oder wesensimmanent“ sind, können die Einordnung als eigenhändlergleicher HV kaum begründen.1473 Beispiele: Provisionsausfallrisiko,1474 das wohl auch in § 87d gemeinte Risiko allgemeiner Geschäftskosten,1475 allgemeiner Investitionen in das HV-Unternehmen, etwa in Räume und Personal (Tz 15 LL)1476 oder für die Beschäftigung von Untervertretern oder Angestellten.1477 Es handelt sich um ein mit der HV-Tätigkeit untrennbar verbundenes Risiko (Tz 15).1478 Ist die Übernahme der in Tz 16 LL genannten Risiken „vertragsimmanent“, so fehlt es trotz der Separierung von Zivil- und Kartellrecht an einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV und es bedarf keiner „Freistellung“ durch die LL. Insbesondere Pflichten, die – wie die Interessenwahrnehmungspflicht in der RL 19861479 (dort: Art. 3 Abs. 1) – europarechtlich determiniert sind, können den Vertrag als „HV-typisch“ nicht in den Bereich eigenhändlergleicher HV-Verträge und damit in den Bereich des Verbotstatbestandes führen. Denn die Kommission wollte nicht verbieten, was EU-Recht mittels der RL europaweit einförmig nach einheitlichem Leitbild geschaffen hatte. Der „gesetzestypische“ HV i.S.d. §§ 84 ff., soweit er dem Leitbild der RL folgt, unterfällt nicht dem Verbot des EU-Wettbewerbsrechts. Mit dem „echten“ HV hatten die LL exakt diesen HV-Typ im Auge und wollten ihn vom Verbot des Art. 101 AEUV ausnehmen.1480 Für RL-typische HV ändert sich also weder durch die GVO 330/10 noch durch ihre Leitlinien viel am bisherigen Rechtszustand.1481 Vertragsimmanenz halten etwa Schultze/Pautke/Wagener1482 in bestimmten Branchen bei

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1471 Rittner DB 2000, 1211 (1214); Nolte WuW 2006, 254 (257); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). 1472 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (298). 1473 Vgl. Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). 1474 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). 1475 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). 1476 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). 1477 Offengelassen von Rittner DB 1999, 2097, 2100. 1478 Siehe Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157); Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 159. 1479 ABl. EG v. 31.12.1986, Nr. L 382/17, wiedergegeben bei Hopt Materialien I und Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 1 f. Zu den Zielen der RL ausführlich Eberstein S. 20 ff. 1480 Klotz in: Schröter/Jakob/Mederer, Kommentar zum Europäischen Wettbewerbsrecht, Art. 81 – Fallgruppen Liefer- und Bezugsvereinbarungen Rn 57. 1481 Emde VersR 2001, 148 (157); ebenso Pukall NJW 2000, 1375 (1377); Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 86 Rn 27a; übermäßig pessimistisch noch Rittner DB 1999, 2097 (2101): Die meisten HV-Verträge würden dem Verbot des Art. 101 AEUV unterfallen. 1482 Vertikal-GVO, 2001, Rn 196.

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der Übernahme der Delkrederehaftung für möglich. Gleiches mag für manche Arten von Investitionen gelten. Bei allen Regelbeispielen der Tz 16 ist zudem zu berücksichtigen, dass geringe Beteiligungen,1483 Investitionen, Risiken und Haftung, zulässig bleiben und die Freiheit von den Beschränkungen des Art. 101 AEUV nicht ausschließen (s.o.). Auf eine dahin gehende Klarstellung hatte insb. eine Stellungnahme des Europäischen Parlaments1484 zu den LL der GVO 2790/99 gedrängt und folglich ist dies in der Grundregel des Tz 15 LL zum Ausdruck gebracht worden („keine oder nur unbedeutende Risiken“). Dem stimmt der EuGH im Ergebnis zu: Art. 101 AEUV bleibt unanwendbar, falls der Mittler nur einen geringen Teil des wirtschaftlichen Risikos trägt.1485 Nach Auffassung des OLG Hamburg1486 in einer Entscheidung, welche einen noch nach den GVO 1983 und 1984/84 zu beurteilenden Altfall betraf, sollen Risiken, die – wie ein Absatzrückgang – beide Vertragspartner gleichermaßen bedrohen, ebenso wenig in die Abgrenzung einfließen wie Risiken, die – wie etwa ein Betrug – jeden Teilnehmer am Rechtsleben gefährden. Wenn sich diese Wertung, was Pohlmann1487 annimmt, auf den heutigen Rechtszustand übertragen lassen sollte, ist dem nur bedingt zuzustimmen: Zum einen macht jetzt Tz 16 lit. b LL deutlich, dass auch das Risiko des Verlustes von Lagerbeständen – wohl auch infolge einer Straftat – schädlich sein soll. Zum anderen kann die Generalisierung, beide Vertragspartner treffende Risken seien bei der Abgrenzung unmaßgeblich, so nicht richtig sein. Denn die meisten wirtschaftlichen Risiken gefährden beide Vertragspartner, so dass hierdurch die Abgrenzung der Leitlinien nivelliert würde. Das LG Frankfurt/Main1488 sah infolge der Zuweisung folgender Kosten auf den als Autovermieter nach dem „Hertz“-System tätigen HV die Stellung als eigenhändlergleicher HV begründet: Ausstattung von Büro- und Vermietlokal sowie Parkflächenkennzeichnung, Signalisation, Kosten behördlicher Genehmigungen, Werbemaßnahmen, Kosten der Vertragsdokumentation (sog. Transaktionsgebühr), Avalkosten für eine zur Sicherheit gestellte Vertragserfüllungsbürgschaft sowie die Überführungskosten der zu vermietenden Fahrzeuge. Es bestehen allerdings Zweifel, ob die Kosten einer Sicherheit tatsächlich solche sind, die typischerweise der Unternehmer zu tragen hat und die auf den HV „abgewälzt“ werden.1489 Nach Ansicht des OLG Hamburg1490 widersprechen die Tankstellen-HV-Verträge von ESSO nicht Art. 101 AEUV, da dem HV nicht mehr als unbedeutende Risiken in Bezug auf die für den Unternehmer geschlossenen Verträge zugewiesen worden waren. Ein nach den LL befreiter HV sei derjenige, den keine der Risiken aus den für den Geschäftsherrn vermittelten Geschäften träfe und der lediglich als Hilfsorgan in dessen Unternehmen integriert sei. Das OLG sah folgende Risiken nicht als so erheblich an, dass die Grenze zum eigenhändlergleichen HV überschritten wurde: – Dass der HV Schmierstoffe im geringen Umfang vorfinanzieren müsse, wenn die Höhe des dafür übernommenen Kredites mindestens einmal jährlich überprüft und angepasst werde und Absatzveränderungen zur sofortigen Anpassung des Agenturkredits führen sollten.

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Zweifelnd Rittner DB 2000, 1211 (1214); Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 165, 171. Resolution v. 3.5.2000; s. Rittner DB 2000, 1211 (1212). EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (441) Rn 61. EWiR 2001, 229 (Pohlmann). EWiR 2001, 229 (230). EWiR 2003, 573 (Emde). Die Entscheidung wurde in der Berufungsinstanz aufgehoben. Emde EWiR 2003, 573. OLG Hamburg, Urt. v. 30.3.2006 – 10 U 16/05.

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Die teilweise Ablehnung der Rücknahme von Schmierstoffen nach Überlagerung. Der HV müsse als Lagerhalter den Ablauf der Verfalldaten überwachen. Er dürfe bei einer Verletzung dieser Nebenpflicht keine Rücknahme der nicht mehr abzusetzenden Ware fordern. Das Diebstahl-1491 und Delkredere-Risiko.1492 Die Anmietung der Tankstelle: Die Anmietung von Geschäftsräumen sei typischerweise mit der Tätigkeit als HV verbunden.

Der BGH1493 hat offen gelassen, ob Tankstellen-HV HV i.S.d. LL zur heutigen GVO 330/10 sind. Mit einem Agenturkredit sei für den Tankstellen-HV kein die Einordnung als „unechter“ HV rechtfertigendes finanzielles Risiko verbunden. Die Mineralölunternehmen würden den Agenturkredit kostenfrei und zinslos bis zur Auflösung der Geschäftsverbindung zur Verfügung stellen.1494 Eine Abgrenzung der Risiken findet sich auch in dem oben, Rn 144, bereits erwähn172 ten Urteil des EuG vom 15.9.2005,1495 mit dem das EuG die den Mercedes-Vertrieb betreffende Entscheidung der Kommission 2002/758/EG v. 10.10.2001 gegen Daimler Chrysler aufhob.1496 Die Kommission hatte Mercedes-Benz Autohäuser als eigenhändlergleiche, unechte HV angesehen.1497 Für diese Einordnung waren die folgenden wirtschaftlichen Risiken des HV entscheidend: Beteiligung am Preisrisiko, dass Preiszugeständnisse beim Neuwagenverkauf vollständig sowie Mengen- oder Verwerterrabatte bis zur Höhe von 6% zzgl. Boni zu Lasten der Provision des HV gingen, Übernahme des Transport- und Transportkostenrisikos für Neufahrzeuge, erhebliche eigene Aufwendungen zur Verkaufsförderung durch Erwerb von Vorführwagen auf eigene Rechnung, Einrichtung der Werkstatt auf eigene Kosten, Unterhaltung eines Ersatzteillagers auf eigene Rechnung sowie Überwiegen der Umsätze des HV aus eigenunternehmerischer Tätigkeit gegenüber denjenigen aus der Vermittlung von Neuwagen um ein Mehrfaches. Das EuG urteilte großzügiger: Ein HV unterfalle nicht dem Verbot des Art. 101 AEUV, falls er keine finanziellen Risiken des Absatzes oder der Abwicklung der mit Dritten geschlossenen Verträge zu tragen habe. Der HV habe beim Aushandeln der Preise keine Befugnisse. Er müsse keine Neuwagen auf Lager halten, das Preisrisiko der Lagerhaltung entfalle also. Preisnachlässe zu Lasten seiner Provisionen bildeten kein Preisrisiko. Ein Risiko trage der HV, soweit er verpflichtet sei, Vorführwagen zu erwerben.1498 Die Kfz würden jedoch zu einem Vorzugspreis in Rechnung gestellt und nach 3–6 Monaten weiterveräußert. Das Risiko sei also gering. Es sei nicht dargetan, dass die Vergütung für Gewährleistungsarbeiten des HV kaufmännisch unangemessen wäre und ein finanzielles Risiko darstelle. Diese Großzügigkeit eröffnet auch Franchisesystemen die Möglichkeit, sich als Mittel der Preisbindung HV-Systemen zuzuwenden. Kritisch äußerten sich Ensthaler/GesmannNuissl:1499 Bei zutreffender Wertung der Aufgaben des Kfz-HV hätte das EuG mglw. ent171

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1491 Ebenso KG Berlin, Urt. v. 26.3.2007 – 23 U 7/06. 1492 AA wohl Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384). 1493 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII ZR 117/06, WRP 2007, 977; s. zu Tankstellen-HV auch EuGH, Urt. v. 14.12.2006 – C-217/05, GRUR 2007, 437 (441). 1494 BGH, Urt. v. 18.4.2007 – VIII R 117/06, WRP 2007, 977. 1495 T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933; mit Komm. Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 sowie krit. Besprechung Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff. 1496 EuZW 2001, 674; hierzu Lubitz EWS 2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. 1497 ABlEG 2002 Nr. L 257, 32 ff., aufgehoben durchEuGH, Urt. v. 15.9.2005 – Rs. T-325/01. 1498 Immerhin handelte es sich um bis zu 80 Vorführwagen/Jahr, die der HV auf eigenes Risko anschaffen und als Gebrauchtwagen veräußern musste, siehe Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (300). 1499 EuZW 2006, 167 (168).

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scheiden müssen, dass ihr Risiko ebenso hoch wie das von Kfz-Vertragshändlern sei. DaimlerChrysler-HV müssten sich verpflichten, Fahrzeuge nach Ablauf eines Leasingvertrages zum Restwert zurück zu nehmen und ihre Verkaufsräume entsprechend der Corporate Identity DaimlerChryslers zu gestalten, was ein erhebliches Risiko begründe.1500 Nach Ansicht von Pfeffer/Wegner1501 ist nach dem Urteil DaimlerChrysler ./. Kom- 173 mission bei den finanziellen Risiken zwischen Hauptrisiken und sonstigen Risiken abzugrenzen. Hauptrisiken seien die Risiken, welche unmittelbar mit den vermittelten Verträgen im Zusammenhang ständen und sich ausschließlich für die Vermittlungs-/ Verkaufsleistung amortisieren müssten. Zu den Hauptrisiken zählten neben dem Finanzierungs- und Absatzrisiko (einschließlich des Delkredererisikos)1502 auch das Risiko der Vertragserfüllung gegenüber dem Kunden (Produkt- und Produkthaftungsrisiko). In der schwarzen Liste der LL seien diese Hauptrisiken in den Spiegelstrichen 3, 6 und 7 aufgeführt. Sie dürften auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der kartellrechtlichen Bewertung eines HV-Vertrages spielen. Bei den Hauptrisiken sei die Übernahme unbedeutender Risiken unschädlich.1503 Die Absatzförderungspflicht sei die Hauptpflicht des HV. Er müsse daher in sie investieren. Sonstige Risiken seien solche, deren Verwirklichung nicht mit dem Erfolg der Vermittlungs-/Verkaufsleistung zusammenhinge, die sich daher auch nicht über die Vermittlungsleistung amortisieren müssten.1504 Investitionen in die Absatzförderung seien bei begrenztem Risiko zulässig.1505 Investitionen in die Werbung blieben auch im Rahmen eines echten HV-Vertrages zulässig.1506 Wenn das Kriterium der Eingliederung erfüllt sei und Hauptrisiken beim Handelsherrn lägen, spreche eine Vermutung dafür, dass der HV als Hilfsorgan des Handelsherrn agiere.1507 Tz 18 LL nennt wettbewerbsbeschränkende Abreden, die in HV-Verträgen stets zu- 174 lässig sind. Die in Tz 18 LL genannten Beispiele der Vertragsgestaltung sollen einen sicheren Hafen bei der Formulierung dieser Verträge geben, also das – wenn auch rudimentäre – Vertragskorsett eines kartellrechtlich zulässigen HV-Vertrages. Ausdrücklich freigestellt sind gemäß Tz 18 LL: – Sämtliche Verpflichtungen des HV bezüglich der für den Unternehmer geschlossenen bzw. ausgehandelten Verträge; – Beschränkungen hinsichtlich des Gebiets, in welchem der HV die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf; – Beschränkungen hinsichtlich der Kunden, an die der HV die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf; – Festlegung der Preise und der Bedingungen, zu denen der HV die fraglichen Waren oder Dienstleistungen verkaufen oder beziehen darf. (b) Rechtsfolgen „echter“ Handelsvertreterverträge. Tz 15, 16 und 18 LL bestim- 175 men die Rechtsfolgen kartellrechtlich akzeptierter, „echter“ HV-Verträge. Gemäß Tz 13 LL ist Art. 101 AEUV auf einen HV-Vertrag ohne finanzielles Risiko zumindest insoweit

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1500 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2592). 1501 EWS 2006, 296 (302). 1502 AA Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257), die in der Delkredereübernahme für bestimmte – nicht alle – Geschäfte ein Zusatzgeschäft zum HV-Vertrag sehen, welches bei der kartellrechtlichen Prüfung unbeachtet bleiben müsse. Nur im „Extremfall“ werde der HV durch die Delkredereübernahme zu einem „unechten HV“ i.S.d. LL zur GVO 330/10. 1503 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (302). 1504 Eilmansberger ZWeR 1/2006, 64 (72); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (302). 1505 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (303). 1506 Rittner DB 2000, 1211 (1214); Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (303). 1507 Pfeffer/Wegner EWS 2006, 296 (302).

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unanwendbar, als die Regelung die An- und Verkaufsfunktion des HV betrifft. Damit gemeint sind Vertragsbestimmungen, welche die vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Verträge betreffen. Den gem. Tz 18 LL von Art. 101 AEUV nicht erfassten Regelungen zur An- und Verkaufsfunktion hinsichtlich ihrer kartellrechtlichen Unbedenklichkeit gleichgestellt werden die in Tz 18, 19 LL genannten Klauseln, welche das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV regeln. Bei „echten“ HV-Verträgen sind also sämtliche dieser wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen, sofern kein Fall der Kollusion (Tz 20 LL) vorliegt, nicht von Art. 101 AEUV erfasst.1508 Das gilt unabhängig davon, ob der Vertrag die Voraussetzungen der GVO 330/10 einhält. Er unterfällt nach Ansicht der Kommission vielmehr insoweit auch ohne die Einhaltung ihrer TB-Merkmale „ipso Leitlinie“ nicht Art. 101 AEUV. Unter diesen Umständen können – je nach Vertragsgestaltung – nicht nur wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen, welche die Tätigkeit des HV bei der Werbung gegenüber den Kunden einschränken (z.B. Gebietsschutzabreden, Wettbewerbsverbote)1509 vom Verbots-TB nicht erfasst sein, sondern auch solche, welche das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV regeln (z.B. Ausschließlichkeitsbindungen,1510 Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen, Verpflichtung zur Gleichpreisigkeit,1511 Preisvorgaben).1512 Nicht vom Verbots-TB des Art. 101 AEUV erfasst sind damit in „echten“ HV-Verträ176 gen – je nach den Regelungen des Vertrages – insbesondere – Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen,1513 – Preis- und Konditionenvorgaben,1514 – Die Verpflichtung des Unternehmers, die HV gleich zu behandeln, etwa bei den Provisionsabreden,1515 – ein Verbot der Provisionsweitergabe oder -teilung (Tz 49 LL).1516 Ausnahme: Wenn der Unternehmer kein berechtigtes Interesse an der Beachtung seiner Preispolitik nachweisen kann.1517 In Tz 19 LL werden die Folgen bestimmter, das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV betreffender Bestimmungen beschrieben, zum einen Klauseln, die den Unternehmer daran hindern, andere HV im Gebiet/Kundenkreis/Bezirk des HV zu ernennen (Alleinvertreterklauseln) und zum anderen von Wettbewerbsabreden (Markenzwangoder Alleinvertreterklauseln). Tz 19 LL stellt Alleinvertreterklauseln in HV-Verträgen ausdrücklich frei,1518 sofern nicht ein Fall der Marktabschottung vorliegt (Rn 177). Exklusivbindungen des Unternehmers sind also zulässig. Jedenfalls aber können sie ggf. durch die GVO 330/10 freige-

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1508 Kapp WuW 2007, 1218 (1224); so wohl auch Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 40; Langen/Bunte/Baron Einf. EG-KartellR Rn 158. 1509 Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2256 f.); Kapp WuW 2007, 1218 (1223): Prüfungsmaßstab sei allein Art. 102 AEUV. 1510 Kommissionsentscheidung BIPAR. 1511 Hopt § 86 Rn 35, 36 (zum GWB). 1512 Lange EWS 2001, 18 (19). 1513 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 48; Schultze/Pautke/Wagener, Vertikal-GVO, 2001, Rn 155. 1514 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 51; Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 155. 1515 Hopt § 86 Rn 35, 36 (zum GWB). 1516 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 51; Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257). 1517 Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257). 1518 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (159); Hopt § 86 Rn 38.

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stellt werden1519 oder nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu Effizienzgewinnen führen.1520 Alleinvertreterklauseln sind Regelungen, die dem Unternehmer verbieten, andere HV für bestimmte Geschäfte, Kunden oder Gebiete zu ernennen. Alleinvertreterklauseln betreffen ausschließlich den markeninternen Wettbewerb und dürften i.d.R. keine wettbewerbswidrigen Wirkungen entfalten. Der Unternehmer kann folglich aufgrund seiner Preishoheit Wettbewerb unter seinen HV verhindern, sofern der HV nicht seine Provision mit dem Kunden teilt. Eine Exklusivbindung des Prinzipals hat also meist nur Auswirkungen auf den „Intra-Brand-Wettbewerb“, und damit keine wettbewerbsbeschränkende Wirkung. Wettbewerbsverbote, die sich ausschließlich gegen bestimmte, einzelne Unternehmer richten, können gleichwohl unzulässig sein.1521 Auch Exklusivbindungen des HV1522 sind grds. zulässig. Gem. Tz 19 LL können ver- 177 tragsbegleitende wie nachvertragliche Exklusivbindungen des HV („Markenzwangoder Wettbewerbsverbote“), also Bestimmungen, die dem HV untersagen, für einen Wettbewerber des Unternehmers tätig zu werden,1523 nur dann ausnahmsweise unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen, sofern sie zur kumulativen Abschottung des relevanten Marktes führten, auf dem die Vertragswaren oder -dienstleistungen verkauft oder gekauft würden.1524 Auch sie können gem. Art. 5 GVO 330/10 befreit sein. Außerdem mögen im Einzelfall Effizienzgewinne gem. Tz 144–148 LL gegeben sein. Tatsächlich dürfte eine Marktabschottung nur in Ausnahmefällen vorstellbar sein; z.B. wenn in bestimmten Märkten nur wenige „Spezialisten“ oder stationäre HV mit besonderer, auf den Vertrieb eingerichteter Ausstattung als HV tätig sind1525 und sie durch die Exklusivbindung an der Tätigkeit für andere Unternehmer gehindert werden. Teilweise wird vertreten,1526 auch gegenüber HV dürften Wettbewerbsverbote ohne Gefährdung der kartellrechtlichen Unbedenklichkeit nicht vereinbart werden. Dem kann für den Regelfall nicht beigetreten werden, da Tz 19 LL Markenzwangklauseln leitbildartig nur im Falle der Kollusion (dies wäre ein ohnehin unzulässiger Umgehungsfall) dem Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV unterwirft.1527 Tz 20 LL trifft mit dem Fall der Kollusion eine Sonderregelung für eine Konstellation, in der ausnahmsweise auch HV-Verträge vom Verbot des Art. 101 AEUV erfasst sind. Hieraus kann im Rückschluss entnommen werden, dass in anderen Fällen eine Befreiung eintritt. Gegenüber dem HV besteht hinsichtlich der Auferlegung eines Konkurrenzverbotes größere Vertragsfreiheit als gegenüber dem Eigenhändler. Denn beim HV trägt in erster Linie der Unternehmer das Vertriebsrisiko.1528 Nur dieses Verständnis steht im Einklang mit der Entscheidung des EuGH in der Angelegenheit Suiker Unie:1529 Denn dort hatte der EuGH bei HV-Verträgen eine Exklusivitätsbindung des HV, d.h. das Verbot für konkurrierende Hersteller tätig zu werden, gestattet.

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1519 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (159). 1520 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (159). 1521 Kapp WuW 2007, 1218 (1227). 1522 Kapp WuW 2007, 1218 (1224); Hopt § 86 Rn 38; aA Bauer/de Bronett EUGruppenfreistellungverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 52; unklar Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 157. 1523 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (159). 1524 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (160). 1525 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 52. 1526 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 52. 1527 Kapp WuW 2007, 1218 (1224); Langen/Bunte/Baron Einf. EG-KartellR Rn 158. 1528 Kapp WuW 2007, 1218 (1226). 1529 EuGH, Urt. v. 16.12.1975, Slg. 1975, 1663, 478 (481 ff.).

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Wäre man anderer Ansicht, gälte im Ergebnis nichts anderes: Die LL i.V.m. der GVO können nur das vom Verbot des Art. 101 AEUV befreien, was ihm überhaupt unterfällt. Wettbewerbsverbote, welche dem HV verbieten, für einen Konkurrenten des Unternehmers tätig zu werden, sind jedoch durch Art. 3 Abs. 1 RL im Verhältnis zu HV europarechtlich erlaubt1530 und dem HV-Vertrag als Konkretisierung der Interessenwahrungspflicht1531 immanent.1532 Sie unterfallen nicht dem Verbotstatbestand des Art. 101 AEUV (Immanenztheorie) – s. Rn 166.

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(5) Eigenhändlergleiche, „unechte“ Handelsvertreterverträge. Eigenhändlergleiche HV-Verträge sind nicht durch die Tz 12 ff. LL im Wege der „Bereichsausnahme“ von Art. 101 AEUV freigestellt.1533 Sofern Art. 101 AEUV diese Verträge erfasst (was nicht automatisch aus der Einordnung als „unechter“ HV folgt),1534 bedarf es einer außerhalb der LL geregelten Freistellung, etwa nach der GVO 330/101535 (Tz 18 LL).1536 Dies betrifft auch das Verbot der Preisbindung, mehr als 5-jähriger Wettbewerbsverbote des Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10,1537 welches in eigenhändlergleichen Verträgen das vertragsbegleitende Wettbewerbverbot des § 86 analog im Wege der Spezialität verdrängt1538 sowie Wettbewerbsbeschränkungen, die das wirtschaftliche Verhalten des Mittlers gegenüber den Kunden beim Verkauf (bzw. Kauf) der Vertragsprodukte betreffen (z.B. Gebiets- und Kundenkreisbeschränkungen, Preisvorgaben), also den Markt für die Waren und/oder Dienstleistungen, deren Verkauf der Mittler fördern soll. Auch das Verbot der Provisionsweitergabe, d.h. das Verbot der Teilung der Provision mit dem Kunden, darf gegenüber eigenhändlergleichen HV nicht vereinbart werden;1539 ein solcher Mittler soll seine Vergütungshöhe gegenüber dem Kunden selbst festlegen dürfen.1540 Liegt ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vor, können die Kartellbehörden den beteiligten Unternehmen aufgeben, Zuwiderhandlungen abzustellen (Art. 7 VO 1/2003; § 32 Abs. 1 GWB). Ggf. können sie Geldbußen verhängen (Art. 23 VO1/2003, § 81 GWB). Zivilrechtliche Folgen können sich gleichfalls ergeben: die Verträge können gem. Art. 101 Abs. 1 AEUV, § 1 GWB i.V.m. § 134 BGB nichtig sein.1541 Es stellt sich darüber hinaus die Frage nach den Auswirkungen auf den Vertrag gem. § 139 BGB.1542

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(6) Zwischenergebnis. „Echte“ HV-Verträge sind zumindest hinsichtlich der Vertragsbestimmungen zur An- und Verkaufsfunktion des HV sowie den in Tz 18, 19 LL gleichgestellten Bestimmungen zum Verhältnis zwischen Unternehmer und HV vom Verbot wettbewerbsbeschränkender Abreden des Art. 101 AEUV befreit. Dabei ist davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil der HV-Verträge dergestalt als „echt“ und nicht als „eigenhändlergleich“ anzusehen ist. Eigenhändlergleiche HV-Verträge werden

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1530 Kapp WuW 2007, 1218 (1224). 1531 Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 27. 1532 Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 28. 1533 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). 1534 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). 1535 Stancke VersR 2009, 1168 (1171) zum Versicherungsvertrieb; Hopt § 86 Rn 38. 1536 Die partiell anders lautende, für die GVO 2790/99 eingenommene Ansicht aus Staub/Emde, 5. Aufl., Vor § 84 Rn 223 ff., wird aufgegeben. 1537 Hierzu Emde WRP 2005, 1492. 1538 Emde WRP 2005, 1492 (1495 ff.). 1539 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 5; Kapp/Andresen BB 2006, 2253 (2257). 1540 AA Stancke VersR 2009, 1168 (1172) zum Versicherungsvertrieb. 1541 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157). 1542 Semler ZVertriebsR 2012, 156 (157).

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hingegen nur freigestellt, wenn eine Einzel- oder Gruppenfreistellung eingreift oder der Verbotstatbestand des Art 101 AEUV aus anderen Gründen, etwa wegen fehlender Spürbarkeit, nicht erfüllt ist. cc) Unechte Vertragshändler- oder Franchiseverträge? Von Karsten Schmidt ist 181 die Frage gestellt worden, ob es nicht – vergleichbar „unechten“, eigenhändlergleichen HV – möglicherweise unechte Vertragshändler oder Franchisenehmer gibt, die nur nach außen als eigene Wirtschaftsstufe auftreten, aber wie „echte“ HV zu behandeln sind.1543 Dann dürften ihnen gegenüber Preise und Konditionen für den Weiterverkauf vorgeschrieben werden. Das wird wohl abzulehnen sein. Sowohl nach dem Abgrenzungskriterium des wirtschaftlichen Risikos wie der Eingliederung heben sich diese Mittler von „echten“ HV ab. Gerade der Umkehrschluss aus der LL, die im Falle der Übernahme wirtschaftlicher Risiken, wie dem aus dem Folgegeschäft solcher Mittler, eine „Befreiung“ durch die Zuweisung zur Gruppe der nicht von Art. 101 Abs. 1 AEUV betroffenen Mittler ablehnt, spricht gegen den Gedanken von Karsten Schmidt. Eine kartellrechtliche Sonderregelung, nämlich die Rechtsfigur der „echten“ HV, sollte nicht zu Lasten des Schutzgedankens des Kartellrechts unnötig erweitert werden. Schließlich werden sich kaum TB-Voraussetzungen finden lassen, die eine saubere Separierung von anderen Eigenhändlern erlauben. f) Freistellung nach der kartellrechtlichen Gruppenfreistellungsverordnungen aa) Die GVO 330/2010. Seit dem 1.6.2010 hat die neue Vertikal-GVO 330/101544 die 182 dem Schutz der Marktgegenseite dienende1545 Alt-GVO 2790/99 (zu ihr Staub/Emde 5. Aufl. Vor § 84 Rn 113 ff.) abgelöst. Vor der GVO 2790/99 stellten die GVOs 1983/83, 1984/83 sowie die Franchise-GVO 4087/881546 vertikale Beschränkungen vom seinerzeitigen Verbot des Art. 81 EG (jetzt wortgleich Art. 101 AEUV) frei. Im Wesentlichen folgt die GVO 330/10 (im Folgenden „GVO“) Aufbau und Systematik der GVO 2790/99.1547 Teilweise beschränken sich die Unterschiede auf die Übersetzung;1548 die bedeutendsten Änderungen finden sich in den erläuternden LL.1549 So wurde etwa der Begriff des „Käufers“ durch „Abnehmer“ und der des „Lieferanten“ durch „Anbieter“ ersetzt. Zudem gilt die zur Unanwendbarkeit der Freistellung führende Marktanteilschwelle von 30% jetzt nicht nur für den Anbieter, also meist den Hersteller oder in der Rechtsprache des HGB den „Unternehmer“, sondern auch für den „Abnehmer“, also den Vertriebsmittler. Überflüssige Vorschriften wurden gestrichen, etwa Art. 6 GVO 2790/99, der einen Entzug des Rechtsvorteils der Freistellung im Einzelfall vorsah (Art. 29 Abs. 1 VO/03 regelt dies); der bisher in Art. 8 GVO 2790/99 geregelte Fall der Nichtanwendung der GVO ist in Art. 6 GVO 330/10 – mit Ausnahme des weggefallenen Art. 8 Abs. 2 GVO 2790/99 – inhaltsgleich und lediglich mit einigen terminologischen Veränderungen geregelt, Art. 12, 12a GVO 2790/99 sind ersatzlos weggefallen. Die GVO 330/10 muss sehr komplexe und sich teilweise widerstreitende Interessen 183 berücksichtigen und regeln.1550 Sie bietet innerhalb ihres eng auszulegenden1551 Rege-

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1543 1544 1545 1546 1547 1548 1549 1550 1551

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Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (670). ABl. EU v. 23.4.2010, Nr. L 102, S. 1; zur Genese der GVO Niebling WRP 2010, 81 (82 f.). Grundmann NJW 2000, 14 (20). Vgl. Metzlaff BB 2000, 1201 (1202). Kritisch zum geringen Umfang der Änderungen sowie zur Reform Rösner WRP 2010, 1114 (1124). Kritisch Rösner WRP 2010, 1114 (1123). Simon EWS 2010, 497. Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (10). EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C 439/09, WRP 2011, 1577 Rn 57; Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (597).

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lungsbereichs einen „sicheren Hafen“.1552 Jedenfalls ist sie für die Anwendung und Auslegung des europäischen Kartellrechts von eminenter Bedeutung. Sie bindet nicht nur die Kommission, wenn sie in Einzel- und Ausnahmefällen auf der Grundlage der Wettbewerbsregeln tätig wird, sondern sie hat auch außerhalb der Verfahren der Kommission für den Rechtsanwender – Gerichte, Unternehmen, Anwälte – eine wichtige Funktion als Motor und Garant für die einheitliche Auslegung des europäischen Kartellrechts.1553 Die GVO regelt anstelle sektorenbestimmender Einzel-GVOs jede Form vertikaler Wettbewerbsbeschränkungen (sogenannte „Schirm-GVO“). Lediglich der Kfz-Vertrieb wird bis 31.5.2013 durch die speziellere GVO 1400/02 geregelt, danach mittels der GVO 461/10 nur noch der Kfz-After-Sales-Bereich. Durch die GVO 330/10 soll der vor 2000 formale Ansatz des Gruppenfreistellungsregimes für vertikale Bindungen aufgegeben und durch eine Anbindung an die wirtschaftlichen Auswirkungen der Vereinbarung ersetzt werden. Ziel war es, möglichst viele vertikale Bindungen von dem bis Einführung der GVO 2790/99 bestehenden Anmeldezwang zu befreien.1554 Die wirtschaftlichen Auswirkungen werden nach den Marktanteilen der auf verschiedenen Produktions- oder Vertriebstufen tätigen Unternehmen bestimmt. Nahezu alle Vereinbarungen mit geringerer Marktwirkung sind innerhalb eines „Sicherheitsbereichs“ von 30% des Marktanteils des Anbieters und des Abnehmers (unter Einschluss verbundener Unternehmen) freigestellt. Nicht freigestellt werden Verträge, die besonders gefährliche „schwarze Klauseln“ oder Kernbeschränkungen enthalten (siehe Art 4 GVO). Auch an dem Verbotstatbestand des heutigen Art. 101 AEUV hat sich durch die Ein184 führung der GVO 330/2010 nichts geändert.1555 Geändert hat sich lediglich die freistellende GVO. Eine Freistellung nach der GVO ist allerdings nur erforderlich, falls die zu prüfende Vereinbarung überhaupt gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV verstößt (Tz 8 LL),1556 was insb. bei Franchiseverträgen fraglich sein kann (Rn 132 ff., 187 ff.). Auch sofern die Spürbarkeit aufgrund des Eingreifens der De minimis-Bekanntmachung (ABl. v. 22.12.2001 – C-368/13), der Empfehlung betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. v. 20.5.2003 – L-124/36) auf bestimmte HVVerträge, auf die Art. 101 Abs. 1 AEUV generell nicht anwendbar ist, sowie der Bekanntmachung über die Beurteilung von Zulieferverträgen (ABl. v. 3.1.1979 – C-1/2) fehlt, braucht kein Gedanke an das Eingreifen der GVO verschwendet zu werden. Umgekehrt darf aus der fehlenden Freistellung nach der GVO nicht geschlossen werden, dass die Vereinbarung unter Art. 101 AEUV fällt.1557 Die GVO 330/10 gilt innerhalb der gesamten EU,1558 die Rspr. der europäischen Ge185 richte ist allerdings im Zweifel vorrangig (LL Ziff. 4). Nationale Vorschriften müssen notfalls „GVO-konform“ ausgelegt werden.1559 Die GVO geht in ihrem Anwendungsbereich dem GWB vor,1560 was allerdings seit der Anlehnung des GWB an Art. 101 AEUV keine Bedeutung mehr hat. Die Anwendung des Art. 102 AEUV wird durch die GVO nicht be-

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1552 Funke/Just DB 2010, 1389 (1390). 1553 Bechtold GRUR 2012, 107 (108). 1554 Rittner DB 2000, 1211. 1555 Eingehend zur Diskussion um die Einführung der GVO 1400/2002 Emde VersR 2004, 1499 (1505 ff.); Emde VersR 2004, 419 (420 ff.); Emde VersR 2003, 151 (161). 1556 Funke/Just DB 2010, 1389 (1391); Lettl WRP 2010, 807 (810). 1557 Lettl WRP 2010, 807 (810). 1558 Über die Anwendung der Vertriebs-GVO im ungarischen Recht berichtet Darázs EuZW 2003, 138. 1559 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817. 1560 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212); Emde WRP 2005, 1492 (1494).

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rührt (Tz. 1 LL).1561 Treffen Vertikalvereinbarungen in Wahrheit Abreden über horizontale Absprachen, wird die GVO unanwendbar.1562 Die GVO stellt zudem nur originär vertriebsrechtliche Regelungen frei (Tz 26 LL, näher unten, Rn 194 ff. zu Art. 2 GVO). Von der GVO erfasst werden jedenfalls alle – auch mehrseitigen – Verträge betreffend Bezug, Verkauf und Weiterverkauf, insbesondere HV-,1563 Vertragshändler-,1564 Standardsoftwarevertriebs-,1565 Franchise-,1566 beispielsweise Großhandels-Franchisesysteme, Versicherungsvermittler1567 (soweit diese Vermittler überhaupt als „echte“ HV i.S.d. Tz 12ff. LL Freistellungsbedürfnis besitzen), selektive Vertriebssysteme,1568 ab 1.6.2013 auch KfzVertriebsverträge (gem. Art. 2 Abs. 5 GVO galt die alte Kfz-GVO 1400/02 nur bis zu diesem Datum,1569 seitdem gilt (nur) im After-Sales-Geschäft ihre Nachfolge-GVO 461/10),1570 Herstellungslizenz-1571 und OEM-Verträge. Gemischte Verträge werden nur soweit freigestellt, wie die Verbindung zu diesen Wirtschaftszweigen reicht.1572 Spezielle Regeln für Bier- und Tankstellenvertrieb fehlen. Auch das Franchising wird in der GVO nicht erwähnt sondern lediglich in Tz 43 ff., 189 ff. LL.1573 Insbesondere Lizenzverträge unterfallen der GVO nur, wenn die Lizenzierung nicht das primäre Element der Vereinbarung darstellt. Es müssen also vertriebsrechtliche Fragen im Vordergrund stehen; Regelungen zu Marken-, Urheberrechten und Know-How dürfen nicht den Schwerpunkt des Lizenzvertriebsvertrages bilden.1574 Reine Lizenzverträge ohne vertriebsrechtliche Gravität sind nicht nach der GVO freigestellt.1575 Für die Anwendung der GVO bilden die von der Kommission veröffentlichten Leitli- 186 nien (LL) eine Auslegungshilfe (dazu Rn 148 ff.). Die LL gehen über den Bereich der Freistellungsvoraussetzungen hinaus und behandeln sowohl Einzelfälle der Anwendung als auch die Anwendung des Art. 101 Abs. 3 AEUV im Wege der Einzelfallprüfung auf nicht von der GVO erfasste Wettbewerbsbeschränkungen.1576 Bei Franchisesystemen, die lediglich ein Vertriebskonzept verkaufen, ohne dass 187 der FG Hersteller ist, tritt das Lizenzelement gegenüber dem Verkauf des Know-Hows in den Hintergrund, so dass der Anwendungsbereich der GVO erreicht ist. Dies gilt auch für Master-Franchise-Verträge.1577 Franchiseverträge unterfallen nicht der GVO-Technologie, weil das Vertriebselement vorrangig ist. Die Technologie-GVO ist nicht etwa anwendbar, weil es in Franchiseverträgen weniger um den Vertrieb als um die Vervielfältigung einer erfolgreichen Geschäftsidee geht. Fraglich ist gerade bei Franchisesystemen aber immer, inwieweit überhaupt ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vorliegt (Tz 190 f. LL) – was systematisch vorrangig zu prüfen wäre, in der Praxis aber durch eine Prüfung der Frei-

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1561 Lettl WRP 2010, 807 (808); aA Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267): regelmäßig kein Verstoß möglich. 1562 BKartA, Beschl. v. 14.7.2009, B 3 – 64/05, WuW DE-V 1790 (1797 ff.). 1563 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383. 1564 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383. 1565 Angeblich aber nicht aber Individualsoftwareverträge, so Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1207); in dieser Allgemeinheit zweifelhaft. 1566 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383; Fritzemeyer BB 2002, 1658. 1567 Tz 16 lit. f LL; Stancke VersR 2009, 1168 ff. 1568 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383. 1569 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481); Lettl WRP 2010, 807 (808). 1570 Simon EWS 2010, 497. 1571 Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1660). 1572 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1205). 1573 Siehe Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (401). 1574 Etwa im Rahmen von Franchising, vgl. Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1207). 1575 Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (401). 1576 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 20. 1577 Pukall NJW 2000, 1375 (1377).

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stellungsvoraussetzungen nach der GVO verdrängt wird. Denn 1986 entschied der EuGH in „Pronuptia“,1578 sich mit der Einzelfreistellungs-Entscheidung der Kommission vom 17.12.1986 in den Fällen Yves Rocher1579 sowie Pronuptia1580 deckend, im Rahmen des Vertriebsfranchising fielen Verpflichtungen des FN nicht unter Art. 101 AEUV, die vom FG entwickelten Geschäftsmethoden und das von ihm vermittelte Know-How einzusetzen, nur Waren des FG und eines von diesem ausgewählten Lieferanten zu verkaufen, den Verkauf nur in dem nach Anweisung des FG eingerichteten und ausgestatteten Ladengeschäft vorzunehmen, für jede Werbung die Zustimmung des FG einzuholen sowie während der Vertragsdauer oder während eines angemessenen Zeitraumes nach Vertragsbeendigung kein Geschäft mit gleichem oder ähnlichem Zweck zu eröffnen, mit dem der FN zu einem anderen Mitglied der Vertriebsorganisation in Wettbewerb treten könne. Dagegen verstoße es gegen Art. 101 AEUV, wenn der FN verpflichtet sei, Vertragsware nur in einem vertraglich festgelegten Geschäftslokal zu verkaufen. Nach der Pronuptia-Entscheidung stellen damit Klauseln, die für die Funktionsfähigkeit des Franchisesystems unerlässlich sind, keine Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 AEUV dar. So bildet etwa die Unterordnung unter die Corporate Identity des Franchisesystems regelmäßig keine Wettbewerbsbeschränkung,1581 ebenso wenig ein Markenzwang, der die einheitliche Gestaltung des Netzes ermöglicht (Tz 191 LL) oder ein Gebietsschutz (Tz 191 LL). Die Kommission hat in Anlehnung an diese Grundsätze in Tz 45 LL typische Verpflichtungen des FN beschrieben, die in Franchiseverträgen grundsätzlich als zum Schutz des geistigen Eigentums des FG notwendig angesehen und deshalb durch die GVO freigestellt werden: a) Die Verpflichtung, weder unmittelbar noch mittelbar in einem ähnlichen Geschäftsbereich tätig zu werden; b) die Verpflichtung, keine Anteile am Kapital eines Wettbewerbers zu erwerben, sofern dies dem FN ermöglichen würde, das geschäftliche Verhalten des Unternehmens zu beeinflussen; c) die Verpflichtung, das vom FG mitgeteilte Know-How nicht an Dritte weiterzugeben, solange dieses Know-How nicht öffentlich zugänglich ist; d) die Verpflichtung, dem FG alle bei der Nutzung der Franchise gewonnenen Erfahrungen mitzuteilen und ihm sowie anderen FN die nicht ausschließliche Nutzung des auf diesen Erfahrungen beruhenden Know-Hows zu gestatten; e) die Verpflichtung, dem FG Verletzungen seiner Rechte des geistigen Eigentums mitzuteilen, für die er Lizenzen gewährt hat, gegen Rechtsverletzer selbst rechtliche Schritte einzuleiten oder den FG in einem Rechtsstreit gegen Verletzer zu unterstützen; f) die Verpflichtung, das vom FG mitgeteilte Know-How nicht für andere Zwecke als die Nutzung der Franchise zu verwenden; g) die Verpflichtung, Rechte und Pflichten aus der Franchisevereinbarung nur mit Erlaubnis des FG auf Dritte zu übertragen.

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1578 EuGH NJW 1986, 1415 = WuW-E EWG/MUR 693; dazu Bunte NJW 1986, 1406. 1579 WuW/E EV 1193. 1580 WuW/E EV 1201 ff.; zusammenfassend Skaupy BB 1996, 1899. 1581 EuGH, Urt. v. 28.1.1986 – Rs 161/84, NJW 1986, 1415 (1416); Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 758.

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Im Einzelnen: 188 (1) Erwägungsgründe zur GVO. Ziff. 3, 6 der Erwägungsgründe zur GVO nennen den 189 Grund der Freistellung vertikaler Vereinbarungen. Bei vertikalen Vereinbarungen unter nicht im Wettbewerb stehenden Unternehmen könne angenommen werden, dass die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV erfüllt werden (Erwägungsgrund 3) sowie die Effizienz der Produktions- und Vertriebskette erhöht werde (Erwägungsgrund 6). M.a.W.: Die vertikale Zusammenarbeit ist grundsätzlich förderlich für den Wettbewerb und gewollt. Sie ist weniger wettbewerbsschädlich, weil sie zwischen unabhängigen Unternehmen und nicht unter Wettbewerbern geschlossen wird (Tz 98 LL). Wie auch Art. 2 Abs. 1 GVO zeigt, bildet die GVO mithin eine Konkretisierung des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Vereinbarungen, die Art 101 AEUV nicht unterfallen, sollen und brauchen durch die GVO nicht freigestellt zu werden (Erwägungsgrund 5). Es darf vermutet werden – so Ziff. 8 der Erwägungsgründe – dass vertikale Vereinbarungen, die bestimmte Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen nicht enthalten, zu einer Verbesserung der Produktion oder des Vertriebs und zu einer angemessenen Beteiligung der Verbraucher und den daraus entstehenden Gewinnen führen, sofern der auf jedes der beteiligten Unternehmen (bei der GVO 2790/99 nur auf den Lieferanten) entfallende Anteil an dem relevanten Markt 30% nicht überschreitet. Die GVO gilt damit nur für Vereinbarungen, bei denen sowohl der Hersteller wie der Vertriebsmittler auf dem relevanten Markt einen Marktanteil von 30% nicht überschreitet, wofür derjenige beweispflichtig ist, der sich auf eine GVO beruft.1582 Oberhalb dieser Marktanteilsschwelle könnten Wettbewerbsnachteile ausgleichende Vorteile nicht vermutet werden (Erwägungsgrund 9). Gemäß Ziff. 10 der Erwägungsgründe sind vertikale Vereinbarungen, welche be- 190 stimmte Arten schwerwiegender wettbewerbsschädigender Beschränkungen enthalten, etwa die Festsetzung von Mindest- oder Festpreisen für den Weiterverkauf oder bestimmte Arten des Gebietsschutzes, durch die GVO nicht freigestellt. Gemäß Ziff. 13 der Erwägungsgründe kann die Kommission im Einzelfall den Vorteil der Anwendung der GVO entziehen, falls der Vertriebsvertrag Wirkungen zeitigt, die mit den Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV unvereinbar sind. Es handelt sich um eine „Handsteuerung“. Will ein Händler geltend machen, ein Vertriebsbindungssystem erfülle, insb. wegen diskriminierender Anwendung der qualitativen Systemvoraussetzungen, nicht die TBVoraussetzungen einer Freistellung nach der GVO, soll dies nur in jenem Verfahren möglich sein.1583 Dort trägt der Lieferant, der sich auf die Freistellung beruft, die Beweislast, dass deren Voraussetzungen, insbesondere eine nicht diskriminierende Anwendung, erfüllt sind.1584 An einen solchen Entzug ist bei erheblicher Marktmacht des Vertriebsmittlers oder bei Existenz gleichartiger paralleler Netze von Vertriebsvereinbarungen mit Marktbeschränkung zu denken. (2) Art. 1 GVO. Art. 1 der GVO enthält die maßgeblichen Definitionen. Die GVO stellt 191 vertikale Vereinbarungen frei, d.h. gem. lit. a Vereinbarungen zwischen zwei1585 oder mehr Unternehmen, von denen jedes auf einer anderen Ebene der Vertriebs- oder Produktionskette tätig ist und bei denen die Vereinbarung Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen1586 oder

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1582 LG Berlin, Urt. v. 21.4.2009 – 16 O 729/07, BB 2009, 1381 (1382). 1583 Haslinger WRP 2007, 926 (927). 1584 Haslinger WRP 2007, 926 (927). 1585 Zwei Unternehmen, Unternehmer und Mittler, genügen, s. Lettl WRP 2010, 807 (810). 1586 Die nationale Definition des Kaufes ist irrelevant. Maßgeblich ist eine autonome Auslegung, Auch Werk- und Dienstleistungen sowie sachenrechtliche Verträge können einbezogen sein, s. Lettl WRP 2010, 807 (810).

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weiterverkaufen dürfen. Mittels der GVO freigestellt sind folglich nur Waren- und Dienstleistungsmittler und nur die Bedingungen des Bezugs und Verkaufs, nicht mehr. Als vertriebenes Produkt kommt grds. alles in Betracht, was Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs und damit von Austauschverträgen sein kann, unabhängig von Produktart und Verwendungszweck.1587 Eine Beschränkung auf Warenvertreter gibt es, anders als unter der RL, damit nicht. Mittler, die Miet- oder Leasingverträge vermitteln, sind Dienstleistungsvermittler, Tz 26 LL darf nicht zu Missverständnissen verleiten (nur reine Miet- und Leasingverträge sind nicht erfasst). Bedeutsam ist die Definition des Abnehmers (gemäß der Terminologie der deutschen Übersetzung der Alt-GVO 2790/99: „Käufer“) in Art. 1 lit. h GVO. Danach ist Abnehmer auch ein Unternehmen, welches auf der Grundlage einer unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallenden Vereinbarung Waren oder Dienstleistungen für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft. In der Literatur1588 wurde zur GVO 2790/99 diskutiert, ob wegen der Fassung ihres Art. 1 lit. h die GVO auch HV-Verträge freistellt. Art. 1 lit. h GVO stellt klar, dass Abnehmer auch ein Unternehmen sein kann, welches auf Grundlage einer unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fallenden Vereinbarung Waren und Dienstleistungen für Rechnung eines anderen Unternehmens verkauft. Art. 1 lit. h GVO bezeichnet damit auch HV als „Abnehmer“,1589 da die Abnehmer gerade nicht für sich, also „auf eigene Rechnung“ verkaufen müssen. Die Ansicht,1590 die GVO sei auf HV unanwendbar, da Art. 1 lit. h GVO als „Abnehmer“ nur Unternehmer definiere, die Vertragsprodukte „für Rechnung“ eines anderen Unternehmers veräußerten, ist unzutreffend. Die englische Fassung der GVO stellt mit der Verwendung der Formulierung „on behalf of another undertaking“ klar, dass der deutsche Ausdruck des „für Rechnung“Verkaufs weit auszulegen ist und folglich auch HV erfasst,1591 bei denen die Rechnung vom Unternehmer als Geschäftsherrn gestellt wird. Trotz der missverständlichen Definition fallen folglich auch HV-Verträge unter diese Definition, obwohl HV bei ihrem Unternehmer nicht „abnehmen“ oder „kaufen“ .1592 Die Erwähnung der HV-Verträge in den Tz 12 ff. LL stellt dies klar. Eine von der Frage der Anwendbarkeit zu unterscheidende Frage ist die, ob die auf das Käufer-Verkäufer-Verhältnis zugeschnittenen und nach einer Meinungsgruppe an den Gegebenheiten im HV-Gewerbe vorbeigehenden Regeln der GVO zu HV-Verträgen „passen“.1593 Der Auslegungsunsicherheit hat die Kommission durch die zu HV-Verträgen ausführenden Tz 12 ff. LL entgegengewirkt, nach denen die GVO auf HV ohne wirtschaftliches Risiko unanwendbar bleibt (Rn 185 ff.). Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. d GVO liegt eine Wettbewerbsbeschränkung vor, wenn der 192 Händler verpflichtet wird, unmittelbar oder mittelbar mehr als 80% seines Gesamtbezuges an Vertragswaren oder Substituten beim Unternehmer zu beziehen. Dies hat Folgen für Mindestabnahmepflichten: Bei einem Vorjahresbedarf von 25 Produkten darf dem Händler i.d.R. nur eine Mindestabnahme von 80% hierzu aufgegeben werden.1594 Gemäß Art. 1 lit. e sind selektive Vertriebssysteme solche, bei denen der Unter193 nehmer („Anbieter“) die Waren nur an Mittler („Abnehmer“) veräußert, die nach bestimmten Kriterien ausgewählt werden und nicht an Mittler außerhalb des Vertriebssystem verkaufen dürfen (Rn 132 ff.). Ob danach ein selektives Vertriebssystem vorliegt, ist

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1587 Lettl WRP 2010, 807 (810). 1588 Rittner DB 2000, 1211 (1212); DB 1999, 2097 (2101); Lange EWS 2001, 18 (22 f.). 1589 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 145. 1590 Rittner DB 2000, 1211 (1212); DB 1999, 2097 (2101); Ebenroth/Lange, 1. Aufl., Vor § 84 Anh. II Rn 44. 1591 Bauer/de Bronett EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen, 2001, Rn 49; i.E. auch Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1206); Pukall NJW 2000, 1375 (1377). 1592 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 145. 1593 Rittner DB 2000, 1211. 1594 Niebling WRP 2010, 631 (632) zur Kfz-GVO.

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eine Frage des Einzelfalls. Immer ist eine Verpflichtung des Unternehmers erforderlich, keine Waren an nicht zum Vertrieb zugelassene Händler zu verkaufen. Fehlt sie, mangelt es im kartellrechtlichen Sinne an einem selektiven Vertriebssystem.1595 Es kann aber im zivilrechtlichen Sinne vorliegen, sofern sich der Unternehmer bei der Suche und Zulassung seiner Vertriebsmittler „selektiv“ verhält. (3) Art. 2 GVO. Die GVO stellt in ihrem Art. 2 Abs. 1 im Wege „vermuteter Rechtmä- 194 ßigkeit“1596 (Tz 23 LL) alle vertikalen Beschränkungen mit zwei oder mehr Parteien (Art. 1 Abs. 1 lit. a GVO) vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV frei (Schirmfreistellung), sofern die Marktanteile der Parteien unterhalb der Schwellenwerte des Art. 3 liegen und der Vertrag keine Kernbeschränkungen des Art. 4 GVO enthält: Denn gem. Art. 2 Abs. 1 GVO gilt das Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht für Verträge und aufeinander abgestimmte Vereinbarungen zwischen Unternehmen auf unterschiedlicher Vertriebsstufe (Vertriebsverträge), sofern die Bedingungen betroffen sind, zu denen die Parteien bestimmte Waren und Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen können (Art. 1 Abs. 1 lit. a GVO). Maßgeblich ist der funktionale Unternehmensbegriff, welcher darauf abhebt, ob eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird.1597 Die Termini „Ware“ und „Dienstleistung“ sind weit auszulegen.1598 Selbst Energielieferverträge werden erfasst.1599 Herkunft und Verwendungszweck der Ware sind unerheblich,1600 ebenso der Inhalt des Vertrags, sofern die Art. 5 und 5 GVO nicht verletzt sind. So werden etwa Alleinvertriebsverträge freigestellt (Tz 152 LL), ebenso Kundenkreisbeschränkungen (Tz 168 ff. LL), Alleinbelieferungspflichten (Tz 193 LL) oder Vorauszahlungen.1601 Zugangsvorauszahlungen, etwa Listungsgebühren, sind bis zu einem Marktanteil von 30% freigestellt (Tz 203 LL).1602 Bei Marktanteilen von über 30% sieht die Kommission die Gefahr einer Marktabschottung auf dem nachgelagerten Markt, vergleichbar einer Alleinbelieferungspflicht oder eines Marktausschlusses auf dem Anbietermarkt, insbesondere für kleinere, weniger finanzkräftigere Anbieter, sowie der Schaffung eines begünstigten Umfelds für eine Kollusion zwischen Händlern gerade in konzentrierten Vertriebsmärkten. Die freizustellende Wettbewerbsbeschränkung muss im Verhältnis der Parteien des Vertriebsvertrages bestehen.1603 Leitbildgemäß will Art. 2 Abs. 1 GVO typische Vertragshändler- und Franchisever- 195 träge vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV freistellen. Typische HV-Verträge unterfallen nach Tz. 12 ff. LL nicht Art. 101 Abs. 1 AEUV (Rn 166, 178). Durch den weiten Anwendungsbereich des Art. 2 GVO wird das Regel-Ausnahmeverhältnis des Art. 101 Abs. 1 und Abs. 3 AEUV praktisch umgekehrt.1604 In der Praxis lautet der Grundsatz: Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen sind freigestellt.1605

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1595 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209). 1596 Lettl WRP 2010, 807 (808). 1597 EuGH Slg 1995, I 4013, Rn 14 ff. 1598 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 62. 1599 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 62. 1600 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 63. 1601 Siehe Funke/Just DB 2010, 1389 (1396). 1602 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2270). 1603 Veelken in: Immenga/Mestmäcker, EG-Wettbewerbsrecht, Ergänzungsband, S. 29; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 64. 1604 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 95. 1605 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 95.

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Erforderlich ist eine vertikale Vereinbarung. Die an ihr beteiligten Unternehmen müssen auf unterschiedlichen Produktions- oder Vertriebsstufen operieren;1606 die Regelungen im Kern horizontaler und nicht vertikaler Natur sein,1607 dem kartellrechtsneutralen Hauptzweck des Vertrages sowie einem anerkennenswerten Interesse dienen.1608 Für Abreden ohne sachlichen Bezug zur Vertriebsvereinbarung gilt die Freistellung nicht. Freigestellt werde also nur originär vertriebsrechtliche Regelungen, nicht z.B. die Einschränkung des Rechts eines Vertragspartners, Forschungsarbeiten vornehmen zu dürfen (Tz 26 LL).1609 Nicht vertriebsrechtlich sind Regelungen, welche nur anlässlich einer Vertriebsvereinbarung geschlossen wurden, ohne dass ein innerer Zusammenhang zum Vertrieb besteht.1610 Nicht verlangt wird, dass die Bestimmung sich auf die abgesetzte Ware oder Dienstleistung beschränkt.1611 Diese Aussage konkretisiert Art. 2 Abs. 3 GVO. Er stellt Vertriebsvereinbarungen frei, welche die Übertragung von geistigen Eigentumsrechten auf den Vertriebsmittler oder die Nutzung solcher Rechte durch ihn betreffen. Die Freistellung gilt allerdings nur, wenn die Bestimmungen – Bestandteil einer vertikalen Vereinbarung sind, welche die Bedingungen enthält, zu denen die beteiligten Unternehmen bestimmte Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen; – die Übertragung solcher Rechts auf den Abnehmer oder die Lizenzierung zu deren Nutzung durch den Abnehmer betreffen; – nicht den Hauptgegenstand der Vereinbarung bilden; – unmittelbar die Nutzung, den Verkauf oder den Weiterverkauf von Waren oder Dienstleistungen an den Abnehmer oder dessen Kunden betreffen (bei Franchiseverträgen, bei denen der Zweck der Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums in der Vermarktung liegt, werden die Waren oder Dienstleistungen vom Hauptfranchisenehmer bzw. von den Franchisenehmern angeboten); – im Verhältnis zu den Vertragswaren oder -dienstleistungen keine Wettbewerbsbeschränkung enthalten, die denselben Zweck wie vertikale Vereinbarungen haben, die nicht unter die GVO fallen. Mithin sind Regelungen über geistige Eigentumsrechte freigestellt, die einen Annex zur Vertriebsvereinbarung bilden.1612 Die Vereinbarung muss vorrangig dem Vertrieb dienen.1613 Praktisch bedeutsam ist diese Regelung bei Franchiseverträgen und Vertriebsverträgen mit lizenzrechtlichem Einschlag, Tz 43 ff. LL. Lizenzbestimmungen in Franchisevereinbarungen fallen unter die GVO, wenn alle 5 vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind (Tz 44 LL). Nach Ansicht der Kommission in Tz 44 LL sind diese Voraussetzungen i.d.R. erfüllt, da bei den meisten Franchisevereinbarungen der FG den FN Waren und/oder Dienstleistungen bereitstellt und insbesondere kommerzielle und technische Unterstützung gewährt. Franchisevereinbarungen, die ausschließlich oder in erster Linie die Vergabe von Lizenzen für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums betreffen, fallen gem. Tz 44 LL jedoch nicht unter die GVO. Die Kommission wird aller-

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1606 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 615. 1607 Wiemer WuW 2009, 750 (757). 1608 Wiemer WuW 2009, 750 (758). 1609 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 68. 1610 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 68; Schultze/ Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 2001 Rn 230; GVO-Vertikal Rn 68; Wiemer WuW 2009, 750 (757). 1611 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 65. 1612 Funke/Just DB 2010, 1389 (1390); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 75. 1613 Funke/Just DB 2010, 1389 (1390).

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dings auch auf solche Vereinbarungen die in der GVO und LL dargelegten Grundsätze anwenden (Tz 44 LL). Der Mitverkauf urheberrechtlich geschützter Software unterliegt grds. dem Anwendungsbereich der GVO. Nach Art. 2 Abs. 2 GVO gilt die Freistellung zwischen einer Unternehmensvereini- 197 gung und ihren Mitgliedern oder zwischen einer solchen Vereinigung und ihren Lieferanten nur, wenn alle Mitglieder der Vereinigung Wareneinzelhändler sind und keines ihrer einzelnen Mitglieder zusammen mit seinem verbundenen Unternehmen einen jährlichen Gesamtumsatz von mehr als EUR 50.00.000 erzielt. Art. 2 Abs. 4 GVO regelt die Freistellung vertikaler Vereinbarungen zwischen Wett- 198 bewerbern. Vertikale Vereinbarungen unter Wettbewerbern sind grds. nicht freistellungsfähig.1614 Hiermit soll der Marktaufteilung vorgebeugt werden.1615 Selbst potenzielle Wettbewerber, die in Art. 1 Abs. 1 lit. c GVO nun ausdrücklich definiert sind, werden von dieser Einschränkung betroffen, wobei die Möglichkeit des Wettbewerbs auf realistischen Annahmen beruhen muss (Tz 27 LL). Das Wettbewerbsverhältnis muss sich gerade auf die vertriebenen Produkte für den relevanten sachlichen und räumlichen Markt beziehen.1616 Verkauft der Unternehmer – wie häufig – die Vertragsprodukte auch selbst – etwa im Direktvertrieb, wäre der Vertriebsvertrag grds. ein solcher unter Wettbewerbern.1617 Nur ausnahmsweise bleibt der Vertrag unter Wettbewerbern freigestellt, nämlich in Fällen des zweigleisigen Vertriebs,1618 in welchen die Wettbewerber nicht wechselseitige vertikale Vereinbarungen treffen, d.h. nur ein Wettbewerber den anderen mit dem Vertrieb betraut. Beispiele sind Brauereien, die eigene Gaststätten betreiben,1619 Vertriebssysteme von Kfz-Herstellern mit eigenen Verkaufsniederlassungen, die in Wettbewerb zu ihren Händlern treten1620 oder FG mit eigenen Geschäften und FN.1621 Bedingung der Freistellung ist in diesem Fall, dass der Unternehmer einschließlich verbundener Unternehmen (Art. 1 Abs. 2 GVO) zugleich Hersteller und Händler von Waren, der Abnehmer einschließlich verbundener Unternehmen hingegen Händler ist, der keine mit den Vertragswaren in Wettbewerb stehenden Waren herstellt oder der Unternehmer ein auf mehreren Wirtschaftsstufen tätiger Dienstleister ist und der Mittler auf der Wirtschaftsstufe, auf der er die Vertriebsdienstleistungen oder –waren bezieht, kein Wettbewerber ist. Der Vertriebsmittler ist hier nicht als Hersteller tätig, der Restwettbewerb, etwa im Bereich der Direktgeschäfte des Herstellers, beschränkt sich auf die Handelsebene.1622 Mit dieser Regelung soll Umgehungen des Kartellverbots durch Vertriebsvereinbarungen in Fällen entgegengewirkt werden, die in Wahrheit allein horizontale Wettbewerbsbeschränkungen bilden. Auch der Informationsaustausch unter Wettbewerbern ist nicht per se freige- 199 stellt, etwa über Markt und Preise.1623 Vertragliche Informationsrechte des Unternehmers können durch Art. 2 Abs. 1 GVO freigestellt sein, sofern sie dazu dienen, den Erfolg des Distributors im Vertragsgebiet zu bewerten, etwa Informationen zu verkaufter Men-

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1614 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). 1615 Murach GWR 2010, 210. 1616 Funke/Just DB 2010, 1389 (1390); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 89. 1617 Fritzemeyer BB 2002, 1658 (1661). 1618 Simon EWS 2010, 497 (499). 1619 Simon EWS 2010, 497 (499). 1620 Creutzig BB 2002, 2133 (2134); Polley/Seeliger EWS 2002, 507, s.a. Art. 2 Abs. 3 Alt-Kfz-GVO 1400/02. 1621 Simon EWS 2010, 497 (499). 1622 Wegner BB 2010, 1803; Wiemer WuW 2009, 750 (755). 1623 EuGH, Urt. v. 5.12.2013 – C-455/11 P, NZKart 2014, 63 – Solvay; LL Tz 212 Fn 55; Lettl WRP 2010, 807 (810).

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ge, der Marktlage, Absatz (sog. absatzbezogene Informationen), Verwendungszweck der Produkte beim Kunden (produktionsbezogene Informationen) sowie supportbezogene Informationen, z.B. für Schulungs- und Supportveranstaltungen.1624 Für Angaben zu kundenspezifischen oder preisbezogenen Daten und Umsätzen fehlt ein anerkennenswertes Interesse des Unternehmers; hierdurch kann die Preissetzungsfreiheit des Mittlers beschränkt werden.1625 Separieren die Informationsrechte nicht hinreichend zwischen zulässigen und unzulässigen Daten, können sie gem. Art. 101 AEUV, § 307 BGB unwirksam sein. Nach Art. 2 Abs. 5 GVO gilt die GVO nicht für Vertriebsverträge, deren Gegenstand in 200 den Geltungsbereich einer anderen GVO fällt. Dies betraf vor allem die bis 2013 geltende alte Kfz-GVO 1400/021626 sowie ihre Nachfolgeregelung.1627 Eine weitere branchenbezogene Sonderregelung für vertikale Beziehungen enthält die GVO-Versicherungen.1628 201

(4) Art. 3 GVO. Gemäß Art. 3 Abs. 1 GVO scheidet eine Freistellung aus, sofern der Anteil auch nur einer der an der Vereinbarung beteiligten, ggf. mehreren Parteien,1629 also einer der beteiligten Unternehmer (Hersteller) oder eines Vertriebsmittlers unter Einbeziehung verbundener Unternehmen (Art. 7 lit. g GVO) auf dem relevanten Markt, auf welchem die Vertragswaren oder -dienstleistungen vertrieben werden, 30% überschreitet. Gemäß Tz 87 LL maßgeblich für die Bestimmung des Marktanteils des Unternehmers ist seine Marktmacht auf dem Verkaufsmarkt, auf welchem er über seine Mittler vertreibt, und für die Bestimmung des Marktanteils der Mittler ihre Marktmacht auf den Bezugsmarkt gegenüber den Unternehmen. Also ist für den Anbieter der Absatzmarkt und für den Abnehmer der Nachfrage- oder Beschaffungsmarkt1630 auf demselben Produktmarkt beider Beteiligter1631 entscheidend1632 (der Verkaufsmarkt des Abnehmers ist also entgegen dem ersten Entwurf der GVO irrelevant),1633 bemessen – notfalls geschätzt (Tz 93 LL)1634 – nach der Substituierbarkeit der Produkte (Tz 89 LL) und dem Absatzwert1635 (Art. 7 GVO).1636 Häufig sind die maßgeblichen Märkte beider Beteiligter räumlich identisch (etwa ein nationaler Markt);1637 das muss jedoch nicht zwingend so sein.1638 Zur Bestimmung des relevanten Marktes vgl. Tz 87 ff. LL. Bei Verträgen mit 3 Vertriebspartnern (Tz 90 LL) sowie in mehrstufigen Verträgen mit Unternehmen auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen muss der Schwellenwert von 30% bei jeder einzelnen Lieferbeziehung eingehalten sein.1639 Insbes. im Anschlussmarkt, etwa bei Ersatzteilen, kann der Schwellenwert für Hersteller1640 – aber wohl selten für

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1624 Wiemer WuW 2009, 750 (758 f.). 1625 Wiemer WuW 2009, 750 (758). 1626 Simon EWS 2010, 497 (Kfz-GVO als einzige branchenspezifische Regelung). 1627 Simon EWS 2010, 497; Lettl WRP 2010, 807 (808). 1628 VO (EU) Nr. 267/2010 v. 24.3.2010, ABl. EU 2010 Nr. L 83/1. 1629 Die Vorschrift gilt auch bei Beteiligung mehrerer Parteien (Lettl WRP 2010, 807 [812]; Murach GWR 2010, 210). 1630 Simon EWS 2010, 497 (498). 1631 Simon EWS 2010, 497 (498). 1632 Lettl WRP 2010, 807 (811); Murach GWR 2010, 210. 1633 Simon EWS 2010, 497 (498). 1634 Lettl WRP 2010, 807 (811). 1635 Tz 93 LL. 1636 Lettl WRP 2010, 807 (811 f.). 1637 Simon EWS 2010, 497 (498). 1638 Simon EWS 2010, 497 (498). 1639 Murach GWR 2010, 210. 1640 Lettl WRP 2010, 807 (811); Wegner BB 2010, 1803 (1804).

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Mittler1641 – überschritten sein (Tz 91 LL), wobei im Einzelfall zu entscheiden wäre, ob es sich um getrennte Märkte handelt.1642 Unter der GVO 2790/99 war der Marktanteil des Mittlers nur bei Alleinbelieferungsvereinbarungen i.S.d. Art. 1 lit. c GVO 2790/99 relevant.1643 Jetzt ist in jedem Fall auch die Position des Abnehmers bedeutsam, um der Marktmacht großer Handelsunternehmen und ihrer Fähigkeit Rechnung zu tragen, wettbewerbsbeschränkende Regelungen durchzusetzen.1644 Das schränkt den Bereich der Freistellung ein1645 und wirft praktische Probleme auf,1646 insb. beim Verkauf an Unternehmen, die auf vielen Märkten vertreiben.1647 Der Unternehmer wird auch den Marktanteil des Mittlers überwachen müssen.1648 Insoweit besitzen beiden Parteien den gleichen Informationsstand: Denn für den Marktanteil des Mittlers ist der beiden Parteien bekannte Bezugsmarkt gegenüber dem Unternehmer relevant (s.o.). Es dürfte daher irrelevant sein, ob der Unternehmer von der Richtigkeit der vom Abnehmer gelieferten Zahlen überzeugt ist,1649 und damit auch, ob der im Nichtigkeitsfalle besser geschützte und auch eher durch betroffene Klauseln eingeschränkte Abnehmer Interesse an der Kartellrechtswidrigkeit haben mag, um seine Verhandlungsposition zu verbessern. Vermutet wurde, dass zu hohe Marktanteile verschwiegen werden könnten, um den Vertrag nicht zu gefährden oder die Marktmacht herunterzuspielen, Unsicherheiten sollten deshalb voraussehbar sein.1650 Da der Unternehmer jedoch nicht auf Informationen des Mittlers zu seinem Marktanteil angewiesen war (s.o.), dürften diese Stimmen von unzutreffenden Annahmen ausgegangen sein. Möglicherweise sind Probleme auch deshalb handhabbar, da auch bei Überschreiten der Marktanteilsschwelle nicht automatisch von der kartellrechtlichen Unwirksamkeit des Vertriebssystems auszugehen ist. Das gilt gerade, wenn nur einzelne Abnehmer innerhalb eines Vertriebssystems den Schwellenwert überschreiten (fehlende Spürbarkeit; nur der einzelne Vertrag ist wohl nicht freigestellt) oder ein u.U. wettbewerbskonformes qualitativ-selektives Vertriebssystem vorliegt (Rn 120 ff.). Eine quantitative Selektion ist bei Überschreiten der 30%-Grenze hingegen nicht mehr möglich. Beide Parteien werden bei der Einschätzung der Marktmacht zusammenarbeiten1651 und ggf. unabhängige Marktstudien beauftragen1652 müssen; vertragliche Zusicherungen bedeutsam werden, verbunden mit der Pflicht zur regelmäßigen Information über Veränderungen.1653 Unzutreffende Informationen begründen einen Schadenersatzanspruch aus §§ 280, 311 BGB. Wegen der Irrelevanz solcher Selbsteinschätzungen lässt sich die Freistellung kaum erreichen, indem in die Präambel des Mittlervertrages die Ansicht beider Parteien aufgenommen wird, ihr Marktanteil unterschreite 30%, so dass

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1641 Wegner BB 2010, 1803 (1806). 1642 Lettl WRP 2010, 807 (811). 1643 Simon EWS 2010, 497 (498) Fn 4; kritisch zu dieser Novellierung etwa Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). 1644 Simon EWS 2010, 497; Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2384); Rösner WRP 2010, 1114 (1123); Lettl WRP 2010, 807 (809). Nach Funke/Just DB 2010, 1389 (1392) hätte dem durch einen Entzug im Einzelfall Rechnung getragen werden können. 1645 Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). 1646 Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). 1647 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); die kritischen Stimmen referiert Lettl WRP 2010, 807 (811). 1648 Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). 1649 AA de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (504); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). 1650 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2385); Funke/Just DB 2010, 1389 (1392); Semler/Bauer DB 2000, 193 (195). 1651 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). 1652 Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). 1653 Funke/Just DB 2010, 1389 (1392).

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die GVO freistelle.1654 Zeitlich für die Marktanteilsschwelle ist der sachlich und räumlich relevante Markt des vorhergehenden Kalenderjahres (Art. 8 Abs. 1 GVO). Wird die Marktanteilschwelle in Bezug auf einzelne Produkte überschritten, gilt die GVO nur hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, bei denen die Marktanteilschwelle nicht überschritten ist. In Bezug auf die übrigen Waren und Dienstleistungen gelten die normalen Wettbewerbsregeln (Tz 72, 73 LL). Die Freistellung bleibt nach Art. 8 Abs. 2 GVO bestehen, sofern der jährliche Gesamtumsatz in 2 aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren die Schwelle um nicht mehr als 10% überschreitet. Eigenproduktion (Verwendung im Unternehmen oder in den verbundenen Unternehmen) bleibt bei der Berechnung des Marktanteils unberücksichtigt.1655 202

(5) Art. 4 GVO. Art. 4 GVO nennt nicht freigestellte schwarze Klauseln oder Kernbeschränkungen. Der GVO fehlen jedoch – anders etwa der früheren Kfz-GVO 1475/95 – „weiße Klauseln“, d.h. Regelungen, denen keine Bedenken entgegenstehen. Freistellung erfahren sollen nur wettbewerbsrechtlich unbedenkliche Vereinbarungen ohne die in Art. 4 GVO genannten Kernbeschränkungen. Anders gewendet: Kernbeschränkungen sind Vereinbarungen, bei denen keine wettbewerbsrechtlich positiv zu beurteilenden Effizienzgewinne zu erwarten sind. Die Freistellung der Vereinbarung entfällt insgesamt, sofern eine oder mehrere Kernbeschränkung(en) in einer Vertikal-Vereinbarung enthalten ist oder sind (Tz 70 LL). Existieren Kernbeschränkungen, bleibt also der gesamte Vertriebsvertrag – und nicht nur die Kernbeschränkung – nicht freigestellt („die Freistellung gilt nicht für vertikale Vereinbarungen“).1656 Kernbeschränkungen gelten unabhängig vom Marktanteil als spürbare Beeinträchtigung des Wettbewerbs.1657 Die Freistellung kann dann auch über die Bagatellbekanntmachung nicht erlangt werden.1658 In Ausnahmefällen können Kernbeschränkungen für eine Vereinbarung objektiv notwendig und angemessen sein, etwa wenn sie erforderlich sind, um einem aus Sicherheitsoder Gesundheitsgründen bestehenden öffentlichen Verbot, gefährliche Stoffe an bestimmte Kunden abzugeben, nachzukommen (Tz 60 LL). Darüber hinaus haben Unternehmen die Möglichkeit, im Einzelfall die Einrede der Effizienz nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu erheben (Tz. 47, 60 LL, s.o. Rn 115 ff.),1659 wobei jedoch regelmäßig eine solche Freistellung unwahrscheinlich ist (Tz. 47 LL). Vertikale Kernbeschränkungen unterliegen insoweit einer Einzelfallprüfung.1660 Eine einseitige „schwarze Verhaltensweise“ des Herstellers beseitigt die Freistellung nur für den Zeitraum des Verstoßes.1661 Dem Hersteller dürfen nicht ohne weiteres „schwarze Verhaltensweisen“ seiner ausländischen Vertragshändler zugerechnet werden.1662 Niebling1663 vertritt, nach Nichtigkeit des Gesamtvertrags verbliebe ein Anspruch der Händler auf Belieferung aus § 242 BGB. Der Hersteller verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits den Vertrag durch Rechtsbruch zerstöre, an-

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1654 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1211). Diese Aufassung kann Gerichte und Behörden nicht binden. 1655 EuGH, Urt. v. 11.7.2006 – Rs. C-205/03, Slg. 2006, I-6295; de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (504). 1656 LL Tz 47; Simon EWS 2010, 497 (500); Lettl WRP 2010, 807 (813). 1657 Schönbohm WRP 2004, 695 (696). 1658 Schönbohm WRP 2004, 695 (696); Creutzig EuZW 2002, 560, Baron in: Loewenheim/Meessen/ Riesenkampff Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 232. 1659 Simon EWS 2010, 497 (500); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). 1660 Paulweber/Kögel AG 1999, 500 (505); Ackermann EuZW 1999, 741. 1661 BGH, Urt. v. 30.3.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185; OLG Schleswig, Urt. v. 9.7.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378; i.E. zuvor bereits OLG Celle v. 22.6.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581= 2001, 65. 1662 BGH, Urt. v. 30.3.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. 1663 WRP 2002, 310 (313).

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dererseits aber die Belieferung einstellen wolle. Dieser Ansicht widerspricht das OLG Schleswig1664 und wohl auch der BGH.1665 Art. 4 GVO bezeichnet fünf Kernbeschränkungen: 203 – lit. a: Preisbindung des Vertriebsmittlers. – lit. b: Beschränkungen des Gebiets oder des Kundenkreises, in das oder an den der Mittler – vorbehaltlich einer etwaigen Beschränkung in Bezug auf den Ort seiner Niederlassung – die vermittelten Waren oder Dienstleistungen verkaufen darf, mit Ausnahme von: – Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder an Kundengruppen, die der Unternehmer sich selbst vorbehalten oder ausschließlich einem anderen Mittler zugewiesen hat, sofern dadurch Verkäufe seitens der Kunden des Mittlers nicht begrenzt werden, – Beschränkungen des Verkaufs an bestimmte oder alle Endverbraucher durch Mittler (Abnehmer), die auf der Großhandelsstufe tätig sind, – Beschränkungen des Verkaufs an nicht zugelassene Händler, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems innerhalb des vom Unternehmer für den Betrieb des Systems festgelegten Gebiets auferlegt werden, – Beschränkungen der Möglichkeiten des Mittlers, Teile, die zur Weiterverwendung geliefert werden (unter Einschluss aller Zwischenprodukte, Tz 55 LL), an seine Kunden zu verkaufen, welche diese Teile für die Herstellung derselben Art von Waren verwenden würden, wie sie die Unternehmer herstellt. – lit. c: Beschränkung des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbraucher, soweit diese Beschränkungen Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden, welche auf der Einzelhandelsstufe tätig sind. Den Mitgliedern des selektiven Vertriebssystems darf aber verboten werden, Geschäfte von nicht zugelassenen Niederlassungen aus zu betreiben. – lit. d: Beschränkungen von Querlieferungen zwischen den einzelnen Händler eines selektiven Vertriebssystems. Dieses Verbot gilt selbst dann, wenn jene Händler auf unterschiedlichen Handelsstufen tätig sind. – lit. e: Beschränkungen des Anbieters von Teilen, die den Anbieter daran hindern, diese Teile als Ersatzteile an Endverbraucher oder Reparaturbetriebe oder andere Dienstleister zu verkaufen, die der Abnehmer nicht mit der Reparatur oder Wartung seiner eigenen Waren betraut hat. Im Einzelnen: Art. 4 GVO ist die in der Praxis bedeutsamste Regelung der GVO. Jeder Vertriebs- 204 vertrag muss solche Kernbeschränkungen vermeiden. Ob die jeweilige Kernbeschränkung zu einem wirtschaftlichen Erfolg führt, ist für die Anwendung des Art. 4 unerheblich.1666 Die Kernbeschränkungen sind eng auszulegen.1667 Zu lit. a (Preisbindung). Eine unzulässige Preisbindung des Mittlers (Abneh- 205 mers) nach Art. 101 AEUV setzt eine vertragliche Abrede und damit eine Willensübereinkunft zwischen Anbieter und Abnehmer im Hinblick auf die Weiterveräußerungspreise

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1664 Urt. v. 9.7.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378; i.E. zuvor bereits OLG Celle v. 22.6.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581 2001, 65; zusf. Emde VersR 2002, 151 (158); 2001, 148 (159). 1665 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 1666 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 146. 1667 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 174.

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voraus1668 (sonst mglw. Art. 102 AEUV). Dem Mittler vorgeschriebene Fest- und Mindestweiterverkaufspreise bilden eine Kernbeschränkung,1669 selbst wenn sie Produkte Dritter betreffen,1670 ebenso differenzierte Einkaufs-1671 oder Verkaufspreise (Preisspaltung), etwa für den online- und offline-Vertrieb.1672 Das Gleiche gilt für die Bindung an Marktpreise von Wettbewerbern.1673 Unverb. Preisempfehlungen (UVP) als einseitige Maßnahme ohne „Vereinbarungscharakter“ i.S.d. Art. 101 AEUV 1674 (wohl nicht nur bei Unterschreiten der Schwellenwerte von 30% – so jedoch Tz 226 LL), Höchstpreise,1675 Meistbegünstigungsklauseln zu Gunsten des Abnehmers,1676die Übergabe einer Liste mit vorgeschlagenen Preisen oder der Aufdruck eines Preisvorschlages auf dem Produkt1677 sind zulässig, sofern sich diese sich nicht infolge von Druck oder der Gewährung von Anreizen wie Fest- oder Mindestverkaufspreise auswirken.1678 Unzulässig ist ferner jede indirekte Preisbindung,1679 etwa finanzielle Vergünstigungen für das Einhalten eines bestimmten Preisniveaus,1680 z.B. Kfz-Vertragshändlern gewährte Boni für die Beachtung der UVP.1681 Bereits die Kontaktaufnahme zwischen Mittler und Unternehmer über die Preisgestaltung und die nachträgliche und wiederholte Thematisierung (weil hiermit die Kontrolle der Preise und mögliche Konsequenzen impliziert werden) ist bedenklich.1682 Gleiches gilt für ein Preisbeobachtungssystem,1683 weil es darauf hindeutet, dass im Falle fehlender Preisdiziplin Sanktionen folgen. Wenn sich der Hersteller beim Händler nach dessen Preiskalkulation erkundigt, kann dies eine kartellrechtlich neutrale Handlung, eine einseitige Druckausübung nach Art. 102 AEUV oder eine Vereinbarung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV darstellen.1684 Das BKartA legt strenge Maßstäbe an und knüpft an die Kontaktaufnahme nach Mitteilung einer UVP den Verdacht einer Ab-

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1668 Lettl WRP 2011, 710 (732). 1669 Freund WuW 2011, 29 (31); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (506); Bayreuther EWS 2000, 106 (112); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212); Bechtold EWS 2001, 49 (52); zur ökonomischen Sicht in Vertikalverträgen Schwalbe WuW 2011, 1197. 1670 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). 1671 Nolte BB 2014, 1155 (1161). 1672 Nolte BB 2014, 1155 (1161). 1673 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). 1674 Billing/Lang ZVertriebsR 2013, 207 (212); Nolte BB 2013, 1667 (1672) zum Kfz-Vertrieb; Lettl WRP 2011, 710 (713); Simon EWS 2010, 497 (500); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (506); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395). 1675 Lettl WRP 2011, 710 (727); Simon EWS 2010, 497 (500); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386); Metzlaff BB 2000, 1201 (1206); Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (402). Nach Ansicht von Bayreuther EWS 2000, 106 (111) bleibt unklar, ob die GVO Höchstpreisbindungen zulässt. 1676 BKartA, Beschl. v. 20.12.2013 – B 9-66/10, BeckRS 2014, 04343; Ackermann EuZW 1999, 741 (743); Schultze/Pautke/Wagener Rn 426 ff.; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 155; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 640; nicht aber Meistbegünstigungsklauseln zu Lasten des Abnehmers, s. Nolte BB 2014, 1155 (1162); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). 1677 Lettl WRP 2011, 710 (730). 1678 Billing/Lang ZVertriebsR 2013, 207 (212). 1679 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). 1680 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386). 1681 Niebling WRP 2005, 717 (718). 1682 BKartA, Beschl. v. 25.9.2009 – B 3-123/08 – Ciba Vision (hierzu Lettl WRP 2013, 1272 ff.), WuW DE-V 1813; Billing/Lang ZVertriebsR 2013, 207 (212/213); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395 f.); aA Freund WuW 2011, 29 ff. sowie Lettl WRP 2011, 710 (727) für den Fall einer bloßen Erläuterung. 1683 AA Lettl WRP 2011, 710 (728). 1684 Hierzu Lettl WRP 2013, 1272 ff.

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stimmung des Marktverhaltens.1685 Der BGH1686 scheint ebenso wie der EuGH1687 bestimmte Gespräche zwischen Hersteller und Vertriebsmittler über die Preisgestaltung zuzulassen. I.E. wird es auf die Untertöne und darauf ankommen, was der Mittler aufgrund des Verhaltens des Unternehmers im speziellen Fall oder in anderen Fällen erwarten durfte, nämlich den Wunsch nach bloßer Information ohne Hintergedanken oder die Ausübung von Druck. Beugt sich der Händler dem Druck, so liegt eine Vereinbarung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV vor.1688 Der Begriff des Preises bezieht sich nicht nur auf den Wiederverkaufspreis gegenüber dem Endverbraucher sondern auf sämtliche preisbildende Faktoren. Damit sind auch Vereinbarungen, welche dem Händler eine Gewinnspanne vorschreiben, als Kernbeschränkung verboten,1689 ebenso – außer gegenüber kartellrechtlich privilegierten HV i.S.d. Tz 12 ff. LL. – Provisionsteilungsabreden (Tz 49 LL). Die Kündigung eines Händlers, der der Aufforderung, die Verkaufspreise an die UVP anzupassen, nicht nachkommt, kann als ein Versuch angesehen werden, die Händlerpreise zu binden und damit unzulässig sein.1690 Ebenfalls ist es unzulässig, einen solchen Händler aus diesem Grund nicht zu einem Vertriebssystem zuzulassen.1691 Eine Einschränkung des Preisbindungsverbots nach Art der amerikanischen „rule of reason“ kommt nur im Ausnahmefall gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV in Betracht1692 (Tz 223 LL), wobei aber eine angemessene Beteiligung der Verbraucher erforderlich ist.1693 Insoweit können sich aus der Festsetzung von Fest- und Mindestweiterverkaufspreisen Effizienzgewinne ergeben, etwa beim Markteintritt (Tz 225 LL),1694 Lockvogel- oder Verdrängungsangeboten großer Händler,1695 Sonderangeboten in einheitlichen Vertriebssystemen, etwa Franchisesystemen (Tz 225 LL), sowie kurzzeitigen Sonderangebots- oder Niedrigpreisinitiativen, etwa von 2–6 Wochen.1696 Trotz der strengen Regelung eröffnen die LL damit Raum für eine erfolgreiche Verteidigung solcher Preise im Einzelfall.1697 Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Effizienzgewinns trägt der Unternehmer.1698 Die Preisbindung des Unternehmers ist nicht verboten.1699 Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob eine Klausel dem Vertriebsmittler die Preisfreiheit gestattet.1700 Zu lit. b (Kundenkreisbindungen). Auch Beschränkungen des Gebiets oder der 206 Kunden, an welche der Mittler veräußern darf, sind freistellungsunfähig. Der Unternehmer hingegen darf sich hinsichtlich des Gebietes oder Kundenkreises beschränken

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1685 BKartA, Beschl. v. 25.9.2009 – B 3-123/08 – Ciba Vision, hierzu Lettl WRP 2013, 1272 ff. 1686 Beschl. v. 6.11.2012 – KZR 13/12, GRUR-RR 2013, 182 – UVP für Rucksäcke. 1687 Urt. v. 10.2.2011 – C-260/09, GRUR-Int. 2011, 320 Rn 72 – Nintendo. 1688 Lettl WRP 2013, 1272 (1274 f.). 1689 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 636. 1690 Spenner/Kiani ZVertriebsR 2013, 335 (336). 1691 Spenner/Kiani ZVertriebsR 2013, 335 (336). 1692 Simon EWS 2010, 497 (500); aA (kaum freistellungsfähig): Lettl WRP 2010, 807 (813) (großzügiger aber Lettl WRP 2011, 710 [733 ff.]); Sosnetza/Hoffmann AG 2008, 107 ff.; Schwaderer WuW 2008, 653 (660); krit. gegenüber der rule of reason Martinek ZVertriebsR 2013, 3 ff. 1693 Vgl. Sosnetza/Hoffmann AG 2008, 107 (113). 1694 Simon EWS 2010, 497 (501); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). 1695 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). 1696 Simon EWS 2010, 497 (501); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2386); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507); Murach GWR 2010, 210. 1697 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). 1698 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). 1699 Stancke VersR 2009, 1168 (1174) für Preisbindungen, an die ein Versicherer in Rahmenvereinbarungen zu einem Maklerkonzept gebunden wird. 1700 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa ./. Tobar, EWS 2008, 441 = WuW EU-R 1475, 446 Rn 71; Tz 50 LL.

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(Tz. 50 LL). Zum Begriff des Kundenkreises ist umstritten, ob dieser falsch übersetzt wurde, da andere Sprachfassungen auch die Deutung zulassen, dass keine nach bestimmten Kriterien abgrenzbare Kundengruppe gemeint ist, sondern jeder einzelne Kunde betroffen sein könne.1701 Durch die Festlegung des Ortes der Niederlassung des Mittlers lässt sich allerdings eine gewisse Gebietsbeschränkung erreichen.1702 Die Klarstellung, dass der Unternehmer dem Mittler den Ort seiner Niederlassung vorschreiben darf, wurde erst durch die GVO 330/10 neu eingefügt,1703 Unter der GVO 2790/99 wurden Standortklauseln als unzulässig angesehen.1704 Standortklauseln können bei Nichteingreifen der GVO, etwa infolge überschrittener Marktanteile, problematisch sein und können nur dann von Art. 101 Abs. 3 AEUV erfasst sein, wenn dies zum Schutz vertragsspezifischer Investitionen des Vertragshändlers erforderlich ist.1705 Gemeint sind Kundenbeschränkungen in Hinblick auf einzelne Kunden oder ganze 207 Gruppen von Kunden.1706 Beschränkungen der Verwendung der vertriebenen Ware durch den Vertriebsmittler (etwa: „Field of Use-Klauseln“, „Verwendungsbeschränkungen“ oder das Verbot des Internet-Vertriebs,1707 zu letzterem näher unten) bilden ebenso wie das im selektiven Vertrieb übliche Verbot des Verkaufs an „Außenseiter“1708 grds. eine unzulässige Beschränkung des Kundenkreises i.S.d. Art. 4 GVO.1709 Sie sind auch durch die Bagatellbekanntmachung nicht freigestellt.1710 Selbst indirekte oder mittelbare Maßnahmen, die sich wie eine Gebiets- oder Kundenkreisbeschränkung auswirken, sind unzulässig, etwa mittelbarer Druck (Tz 50 LL). Zu denken ist insoweit an wirtschaftliche Nachteile in Bezug auf eine Reduzierung der Vergütung, unterschiedliche Vergütungen nach Gebiet und Land1711 oder off- und online veräußerten Produkten (Doppelpreissystem), z.B. Qualitätskriterien, die für die Gewährleistung einer fachgerechten Montage und Inbetriebnahme eine Sondervergütung gewähren, welche im InternetVertrieb nicht erzielt werden kann,1712 Kündigungsdrohungen, Beschränkungen der Liefermenge, Forderung nach Anzahlungen1713 oder daran, dass der Unternehmer trotz wohl zulässiger Differenzierung der Garantieleistung in den einzelnen Staaten für die jeweils gewährte Garantie keine gemeinschaftsweite Durchsetzbarkeit anbietet.1714 Ebenso, wenn der Unternehmer die Garantie nur Kunden vorbehält, die bei dem zuständigen Alleinvertriebshändler gekauft haben.1715 Es ist jedoch zulässig, dass der Händler nur seinen Kunden eine zusätzliche Garantie gibt.1716 In selektivem Vertriebssystemen erlaubt ist die ver-

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1701 Zweifelnd Herrlinger NZKart 2014, 92 (94). 1702 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387). 1703 Simon EWS 2010, 497 (502); Funke/Just DB 2010, 1389 (1392) mit krit. Stellungnahme zur Bezeichnung als „Niederlassung“. 1704 S. Staub/Emde 5. Aufl., Vor § 84 Rn 134. 1705 LL GVO 330/10, Rn 185; siehe Nolte BB 2013, 1667 (1668/1669). 1706 Herrlinger NZKart 2014, 92 (94). 1707 Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310); Pautke/Schultze BB 2009, 1383. 1708 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2385). 1709 Gehring/Fort EWS 2007, 160 (165); aA Bechtold/Denzel WuW 2008, 1272 ff. 1710 Wegner BB 2011, 2959 – zum Verbot des Internetvertriebs; Gehring/Fort EWS 2007, 160 (163, 166); aA Bechtold/Denzel WuW 2008, 1272 (1280). 1711 Nolte BB 2013, 1667 (1673) zum Kfz-Vertrieb. 1712 BKartA – B 5-100/10, ZVertriebsR 2013, 199. 1713 Nolte BB 2013, 1667 (1673) zum Kfz-Vertrieb. 1714 Tz 50 der LL zur GVO 330/10; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 641. 1715 EuGH, Rs. C-373/90, Slg. 1992, I-131, Rn 18; Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 203. 1716 EuGH, Rs. 86/82, Slg. 1984, 883 Rn 34 – Hasselblad/Kommission; Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 203.

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tragliche Beschränkung von Garantieleistungen auf von zugelassenen Händlern verkaufte Erzeugnisse, da dies dazu dient, den Vertrieb durch Außenseiter zu verhindern.1717 Die Weigerung des Herstellers, Gewährleistung für Kfz zu erbringen, welche der Endkunde grenzüberschreitend kauft oder im Wege einer Querlieferung von dem einem anderen System zugehörigen Händler mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat erworben hat,1718 widerspricht ebenfalls lit. b und auch lit. c. Das gleiche gilt, wenn der Hersteller so erworbene Fahrzeuge von Rückrufaktionen oder unentgeltlichen Kundendienstleistungen ausschließt.1719 Jedoch weichen die gesetzlichen Gewährleistungsrechte der EUStaaten oft voneinander ab und die nationalen Gewährleistungsumfänge sind beim Neuwagenverkauf eingepreist. Der Hersteller ist deshalb nicht verpflichtet, eventuell vorteilhaftere Gewährleistungsumfänge des Zielmitgliedsstaats zu erbringen.1720 Gebilligt werden Verkaufsbeschränkungen, die sich aus der Natur des Produkts ergeben (z.B. bei gefährlichen Produkten). Das Gleiche gilt für solche, die der Sicherung gesetzlicher Vorschriften dienen, etwa des Verbots der Lieferung von Zigaretten und Alkohol an Jugendliche oder Kinder. Art 4 lit. b nennt die o.g. 4 Ausnahmen, bei deren Eingreifen eine Gebietsbeschrän- 208 kung ausnahmsweise zulässig ist. (a) Am bedeutendsten ist die erste Ausnahme, dergemäß aktiver Verkauf des Mitt- 209 lers in Gebiete untersagt werden darf, welche vom Lieferanten oder einem anderen Händler besetzt sind, d.h. die sich der Unternehmer zur ausschließlichen Belieferung vorbehalten oder einem Dritten zur ausschließlichen Belieferung zugewiesen hat. Die Vorschrift führt zu erheblichen Anwendungskosten.1721 Sie zwingt die Unternehmen in Exklusivitätsvereinbarungen, wo sie vielleicht nicht nötig wären.1722 Oft werden die vorbehaltenen Gebiete in Anlagen zum Vertrag benannt. Die Anlagen müssen jeweils – aktuell gehalten werden dürfen, etwa durch Mitteilung des Unternehmers über neu besetzte Gebiete.1723 Wäre dazu jeweils eine konsensuale Vertragsänderung zulässig, könnte ein zuvor eingesetzter Mitteilung die Besetzung nachfolgender Gebiete durch Verweigerung der Zustimmung hindern. Deshalb wird meist vereinbart, dass die Ergänzung der Anlagen durch bloße Mitteilung des Unternehmers möglich ist. Eine solche Vereinbarung dürfte zulässig sein, was zumindest aus einer europarechtskonformen Auslegung folgt. Der BGH hat auch an anderer Stelle eine „GVO-konforme Auslegung“ zugelassen.1724 Praktikabilitätsgesichtspunkte sprechen also dafür, eine einseitige Erklärung des Herstellers genügen zu lassen.1725 Die vorbehaltenen Gebiete müssen tatsächlich besetzt sein;1726 jedenfalls muss dies ernsthaft vorgesehen sein.1727 Dem Anbieter vorbehalten ist

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1717 EuGH, Rs. C-376/92, Slg. 1994, I-15, Rn 32, 33 – Metro/Cartier; Weiß in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, AEUV Art. 101 Rn 212. 1718 Nolte BB 2013, 1667 (1673). 1719 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 49; Nolte BB 2013, 1667 (1673). 1720 Nolte BB 2013, 1667 (1673). 1721 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). 1722 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). 1723 Sonst könnten solche Gebiete niemals bezeichnet werden, da bei Abschluss des ersten Vertriebsvertrages zwangsläufig noch keine anderen Vertriebsmittlern vorbehaltene Gebiete existieren können. 1724 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817. 1725 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1213). 1726 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1213). Ob es ausreicht, dass sich der Hersteller sämtliche, dem Vertriebsmittler nicht zugewiesene Gebiete der Welt für sich reserviert, erscheint zweifelhaft; vgl. Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (403). 1727 Wegner BB 2010, 1803 (1807); aA wohl Lettl WRP 2010, 819.

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ein Gebiet also nur dann, wenn er die Kunden tatsächlich beliefert bzw. eine Belieferung ernsthaft will. Der bloße Wille zum Ausschluss genügt nicht.1728 Nicht möglich ist es, den einzigen Abnehmer auf ein Gebiet zu beschränken, wenn Hersteller oder andere Abnehmer nicht außerhalb dieses Gebietes liefern.1729 Sind Gebiete nur teilweise besetzt, dürfen nur teilbesetzte Gebiete vorbehalten werden (weil sonst durch „Gebietsschneiderei“ die Ausnahme zur Regel würde). Die Besetzungsform hingegen braucht nicht erwähnt zu werden.1730 Die Größe des betroffenen Gebiets oder die Zahl der Kunden ist unerheblich. Es kann sich sogar um das Verbot der Belieferung eines einzigen namentlich benannten Kunden handeln.1731 Verkäufe seitens der Kunden des Mittlers dürfen nicht begrenzt werden. Dadurch soll bei mehrstufigen Vertriebssystemen ein absoluter Gebietsschutz ausgeschlossen werden. Beschränkungen des passiven Verkaufs gegenüber sog. „Kommkunden“ sind re210 gelm. eine Kernbeschränkung.1732 Voraussetzung ist aber, dass der Anwendungsbereich der Art. 101 AEUV, § 1 GWB eröffnet ist (siehe zum selektiven Vertrieb Rn 120 ff.). Die Kommission hat in Tz 61 LL klargestellt, dass unter bestimmten Umständen sogar Beschränkungen des passiven Verkaufs Art. 101 AEUV nicht widerstreiten. Die Kommission erkennt a.a.O. eine Ausnahme zugunsten von Lieferanten an, die anderenfalls von einem Markteintritt absehen würden. Diese Ausnahme rechtfertigt sich dadurch, dass mit der Einführung einer neuen Marke oder mit dem Eintritt in einen neuen geographischen Markt i.d.R. erhebliche Investitionen verbunden sind, um das Produkt bekannt zu machen und eine Nachfrage zu begründen (s.a. Tz 117 LL). Daher wird der Händler oft nur zu Investitionen bereit sein, wenn er zumindest für eine gewisse Zeit gegen aktive und passive Verkäufe in seinem Gebiet oder an seine Kunden durch andere Händler geschützt ist.1733 Gem. Tz 107 LL sind daher Gebietsbeschränkungen, die einen Händler auch vor passiven Verkäufen schützen, während der ersten 2 Jahre der Geschäftstätigkeit des Händlers nicht als Wettbewerbsbeschränkung i.S.d. Art. 101 Abs. 1 AEUV anzusehen, soweit die Investitionen des Händlers zum Aufbau des Geschäfts notwendig sind.1734 Die Alleinvertriebsvereinbarung bleibt freigestellt, wenn neben dem alleinigen Händler auch der Lieferant selbst die Produkte im Vertragsgebiet vermarktet (Tz 51 LL).1735 In Tz 51 LL wird der Begriff des aktiven Verkaufs definiert:1736 Er liegt entweder bei der gezielten Ansprache einzelner Kunden, bestimmter Kundengruppen (Massen-E-Mails) oder Kunden in einem Gebiet durch Werbung oder Verkaufsförderungsmaßnahmen, die speziell auf jene Kunden ausgerichtet sind (weil die Werbemaßnahme nur bei Geschäftsschluss mit diesen Kunden wirtschaftlich wäre)1737 oder bei Errichtung eines Lagers oder einer Verkaufsstätte in dem Bereich. Passiver Verkauf ist hingegen die Reaktion auf eine unaufgeforderte Interessenbekundung oder Bestellung von „Kommkunden“,1738 d.h.

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1728 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 197; Semler/ Bauer DB 2000, 193 (198). 1729 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387). 1730 Unentschieden Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1213). 1731 Semler/Bauer DB 2000, 193 (198); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 181. 1732 Nolte BB 2013, 1667 (1673) zum Kfz-Vertrieb; Simon EWS 2010, 497 (502); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 190. 1733 Siehe Funke/Just DB 2010, 1389 (1395). 1734 Simon EWS 2010, 497 (501); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395); Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233. 1735 Siehe Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Funke/Just DB 2010, 1389 (1395). 1736 Dazu OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.2.2014 – VI-U (Kart) 7/12, WuW 2014, 638 = DE-R 4242 (4246). 1737 LL Tz 51 S. 6; i.E. Lettl WRP 2010, 807 (814 ff.). 1738 Simon EWS 2010, 497 (502).

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die Erledigung solcher Anfragen, ggf. durch Vertragsschluss. Werbemaßnahmen allgemeiner Art,1739 etwa mittels Homepage im Internet,1740 gelten im Regelfall als passiver Verkauf (Tz 52 LL),1741 auch bei Autohäusern.1742 Das Aufsuchen der Website eines Vertriebshändlers und die Kontaktaufnahme mit ihm durch einen Kunden bildet einen passiven Verkauf1743 (Tz 52 LL), ebenso die Sprachwahl (Tz 52 LL)1744 oder eine zum Verkauf leitende automatische Information durch den Händler (Tz 52 LL).1745 Werbemaßnahmen im Internet können nur als aktiver Verkauf angesehen wer- 211 den, wenn sie gezielt einzelne Kunden oder Kundengruppen ansprechen,1746 etwa mittels selektiv versandter Post oder E-Mail,1747 durch Verwendung gebiets- oder kundenbezogener Banner oder Links1748 (Tz 53 LL), im Extremfall mit Umleitung auf andere Seiten,1749 oder wenn der Mittler Zahlungen an Suchmaschinen oder andere Dienste leistet, um Nutzer eines Gebiets anzuziehen (Tz 53 LL). Außerhalb dieses eng definierten Bereichs des aktiven Verkaufs bildet jedes Verbot oder jede Behinderung des Internetvertriebs des Mittlers,1750 gleich ob vollständig1751 oder in einem Teilbereich, zeitlich limitiert oder unlimitiert,1752 etwa indem sich der Anbieter den Internetvertrieb allein vorbehält,1753 die Anwesenheit eines Beraters (hier: eines Pharmakologen) fordert,1754 der Verkauf über Internetplattformen wie EBay und amazon1755 (dazu auch unten zu lit. c, Rn 219) oder in andere Länder1756 untersagt wird, regelm. – vielleicht mit Ausnahme des für die Funktion eines selektiven Vertriebs Erforderlichen1757 (Rn 132 ff., 187) – eine unzulässige, schwerwiegende und gegen lit. b verstoßende Wettbewerbsbeschränkung,1758 sofern nicht be-

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1739 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267). 1740 Funke/Just DB 2010, 1389 (1394); Lettl WRP 2010, 807 (816 f.); zweifelnd – da Einrichtung und Betrieb eines Online-Shops Aktivität erfordere – Rahlmeyer ZVertriebsR 2012, 57 – wobei Aktivität beim Vertrieb und bei der Schaffung der Vertriebsstätte verwechselt werden. 1741 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (39). 1742 Niebling WRP 2010, 1454 (1457). 1743 Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310). 1744 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). 1745 Funke/Just DB 2010, 1389 (1394). 1746 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 191. 1747 Westphal II Rn 384. 1748 Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310). 1749 Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310). 1750 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212). 1751 Nolte BB 2014, 1155 (1157); hierzu Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 62. 1752 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (41); Wiring MMR 2010, 659; Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233. 1753 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). 1754 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 54; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 62. 1755 OLG Schleswig, Urt. v. 5.6.2014 – 16 U (Kart) 154/13, BeckRS 2014, 12538 – Verbot in AGB; LG Kiel, Urt. v. 8.11.2013 – 14 O 44/13, ZVertriebsR 2014, 178 = WRP 2014, 252 = EWiR 2014, 337 (Engelhoeven/ Semder) – kein selektiver Vertrieb; Engelhoeven/Semder EWiR 2014, 337 (338); Lohse WuW 2014, 120 (125 f.) – schon fraglich, ob Vertrieb über die Internet-Plattformen das Produktimage schädigt und der Schutz des Produktimages Beschränkungen rechtfertigt; aA Pichler/Hertfelder NZKart 2014, 47 (50). 1756 Haslinger WRP 2009, 279 (284). 1757 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 57. 1758 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 54; Oest/Wagener RIW 2012, 35 (39/40); Bonacker GRURPrax 2012, 326553; Rösner WRP 2010, 1114 (1119); Haslinger WRP 2009, 279 (280); Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233; Lettl WRP 2010, 807 (818 f.).

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sondere Umstände (Extremsituationen),1759 etwa die Gefährlichkeit des Produktes,1760 das Verbot rechtfertigen. Zumindest die gezielte Beeinflussung von Suchmaschinen durch „meta-tags“ kann als beschränkbarer, aktiver Verkauf i.S.d. GVO angesehen werden. Die Ansicht, dass die Beschränkung des Vertriebs an Internetkunden keine Beschränkung des „Kundenkreises“ sei,1761 da kein Kundenkreis gesperrt werde, ist eher fernliegend, da auch Internetkunden einen „Kundenkreis“ bilden. 212 Teilweise wird bei Beschränkungen des Internetvertriebs schon das tatbestandliche Eingreifen eines Wettbewerbsverstoßes nach Art. 101 AEUV, § 1 GWB verneint, etwa beim selektiven Vertrieb hochwertiger Markenprodukte1762 (Rn 132 ff.) oder Franchiseverträgen (Rn 187), nicht jedoch beim Vertrieb von Kontaktlinsen.1763 Eine Freistellung unmittelbar aus Art. 101 Abs. 3 AEUV ist folglich immer zu prüfen.1764 Im Anwendungsbereich der GVO sind Beschränkungen des Internetvertriebs an Verbraucher nur gestattet, solange sie das „Wie“ des Internetvertriebs betreffen.1765 Gegenüber „echten HV“ (Rn 138 ff.) wäre ein Verbot des Internet-Vertriebs zulässig.1766 Stationäre Selektionskriterien dürfen auf den Internet-Vertrieb übertragen, aber, soweit es das Wesen des Vertriebsweges nicht erfordert (Tz 56 LL), gegenüber den Kriterien für den stationären Vertrieb in der Sache nicht verschärft werden (Tz 54, 56 LL).1767 Völlige Identität der Kriterien ist nicht erforderlich (Tz 56 LL),1768 der Schutz des Vertriebssystems z.B. gegen Außenseiter mag in einem Vertriebsweg strengere Kriterien erfordern (Tz 56 LL),1769 etwa eine geringere Höchstabgabemenge pro online- als offline-Kunden.1770 Nicht freigestellt bleiben Beschränkungen, die direkt oder indirekt darauf abzielen, den Internetvertrieb ganz oder teilweise zu verhindern, also dessen „Ob“ regeln.1771 Bereits nach Tz 54 LL darf der Unternehmer – auch im Wege einer nachträglichen Vertragsänderung1772 (sie ist erforderlich, falls die Parteien zuvor, ggf. konkludent, abweichend verfuhren) und angeblich auch außerhalb eines selektiven Vertriebssystems1773 – Qualitätsanforderungen zum Internet-Vertrieb1774 stellen, insb. solche, die dazu führen, dass sich der Internet-Auftritt in sein Gesamtvertriebssystem1775 einfügt, solange sie im Einklang mit seinem Vertriebsmodell stehen,1776 etwa um

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1759 Lettl WRP 2010, 807 (818 f.). 1760 Nolte BB 2014, 1155 (1157); Innerhofer ZVertriebsR 2013, 266 (269); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508); Pautke/Schultze BB 2001, 317 ff. 1761 Herrlinger NZKart 2014, 92 (94). 1762 Immenga BB 2009, 2561. 1763 BKartA, Beschl. v. 25.9.2009 – B 3 – 123/08, WuW DE-V 1813 = WuW 2010, 91. 1764 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/Président de l’Autorité de la concurrence u. a.) Rn 59; Oest/Wagener RIW 2012, 35 (40). 1765 Rösner WRP 2010, 1114 (1119). 1766 Nolte BB 2014, 1155 (1157). 1767 Funke/Just DB 2010, 1389 (1393); Pautke/Schultze BB 2009, 1383; Lettl WRP 2010, 807 (819). 1768 Lettl WRP 2010, 807 (820). 1769 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). 1770 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). 1771 Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 57; Wegner BB 2011, 2959 (2960); siehe hierzu bereits Szönyi GRUR Int. 2004, 567 (568, 569) sowie Emde BB 2005, 389 (390). 1772 Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). 1773 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42) – wobei immer zu prüfen sein soll, ob die Anforderungen über die Anforderungen an den Verkauf im stationären Handel in unzulässiger Weise hinausgehen. 1774 Nolte BB 2014, 1155 (1159); Pichler/Hertfelder NZKart 2014, 47 (49); Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42); Bonacker GRUR-Prax 2012, 326553; GRUR-Prax 2011, 324628 = GRUR-Prax 2011, 501; Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Rösner WRP 2010, 1114 (1120); Funke/Just DB 2010, 1389 (1393); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (507). 1775 Wiring MMR 2010, 659. 1776 Nolte BB 2014, 1155 (1159).

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das Ambiente eines Ladengeschäfts zu visualisieren.1777 Die Qualitätsanforderungen dürfen nicht so bemessen sein, dass sie kein Händler vernünftigerweise erfüllen kann; sie dürfen im Selektivvertrieb eher höher liegen.1778 Auch ein Syndikationswunsch des Herstellers mit seinem Internetauftritt, entweder durch Nutzung einer spezifischen Markenplattform oder weiterer CI-Elemente, ist, ebenso wie generell Vorschriften zur zur einheitlichen CI1779 sowie zur nicht prohibitiv wirkenden Nutzung der vom Unternehmer geschützten Kennzeichen,1780 unproblematisch, solange nicht hohe Anschlussgebühren, etwa in vierstelliger Höhe pro Einzelmarke, gefordert werden.1781 Außerdem darf der Unternehmer – sofern die Beschaffenheit der Ware dies rechtfertigt1782 – ein oder mehrere stationäre Geschäfte („Brick-store-Klausel“),1783 Ausstellungsräume, einen nach Wert und Menge bestimmten Anteil des offline-Handels 1784 eine bestimmte Sortimentstiefe,1785 Präsentation, Beratung (online),1786 Gesamtbild,1787 Abgrenzung von no-name-Produkten sowie Produkten niedriger Qualitätsstufen),1788 Vorgaben zum äußeren Niveau,1789 der Gestaltung der Homepage (Anpassung an das Luxusimage, 1790 zur fotographischen Abbildung1791 und zu Produkthinweisen1792 fordern. Ferner darf der Unternehmer nicht prohibitiv wirkende technische Standards vorgeben,1793 etwa Navigationsgeschwindigkeit und -möglichkeiten,1794 Auflösungsqualität,1795 benutzerfreundlichen Aufbau,1796 schnelle Lieferung,1797 Domainnamen.1798 Auch das indirekte Verbot passiver Verkäufe ist nicht freigestellt. Unzulässig wäre deshalb z.B. eine geographische Beschränkung,1799 wie die Verpflichtung des Händlers zum „re-routing“, d.h. Einsichtnahmen von Kunden außerhalb seines Gebietes durch die automatische Umleitung auf die Homepage eines im Gebiet des Einsehenden belegenen Händlers 1800 zu begegnen (Tz 52 lit. a LL), ebenso die

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1777 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). 1778 Nolte BB 2014, 1155 (1159). 1779 Rösner WRP 2010, 1114 (1121). 1780 Rösner WRP 2010, 1114 (1121). 1781 Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Haslinger WRP 2009, 279 (283). 1782 Nolte BB 2014, 1155 (1158). 1783 Womit reine Internet-Händler ausgeschlossen werden können, angeblich auch außerhalb eines Selektivsystems: Nolte BB 2014, 1155 (1158); Pichler/Hertfelder NZKart 2014, 47 (49); Innerhofer ZVertriebsR 2013, 266 (270) – zu lit. c; Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42); Simon EWS 2010, 497 (502) – erforderlich soll aber sein, dass es sich um eine Qualitätsanforderung handelt (Oest/Wagener RIW 2012, 35 [42]). 1784 LL Tz 52 S. 8 Spiegelstr. 3; Lettl WRP 2010, 807 (817); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508); wobei eine Kernbeschränkung vorliegen soll, sofern der Anteil des offline-Verkaufs de facto zu einem InternetVertriebsverbot führt (Lettl WRP 2010, 807 [818]), etwa ab einem vorgeschriebenen Anteil des offlineAbsatzes von 50% (Lettl WRP 2010, 807 [817]). 1785 Rösner WRP 2010, 1114 (1121). 1786 Rösner WRP 2010, 1114 (1121). 1787 Lettl WRP 2010, 807 (818); Haslinger WRP 2009, 279 (283). 1788 Rösner WRP 2010, 1114 (1120); Lettl WRP 2010, 807 (818) – keine abwertenden Domainnamen, etwa „Discount“ (Rösner WRP 2010, 1114 [1120]; Pischel GRUR 2008, 1066 [1071]). 1789 Lettl WRP 2010, 807 (818). 1790 Haslinger WRP 2009, 279 (283). 1791 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42). 1792 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42). 1793 Rösner WRP 2010, 1114 (1120). 1794 Nolte BB 2014, 1155 (1160); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Lettl WRP 2010, 807 (818); Haslinger WRP 2009, 279 (283). 1795 Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Haslinger WRP 2009, 279 (283). 1796 Lettl WRP 2010, 807 (818). 1797 Rösner WRP 2010, 1114 (1121); Lettl WRP 2010, 807 (818); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). 1798 Lettl WRP 2010, 807 (818). 1799 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (41). 1800 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508).

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Unterbrechung der Transaktion, sobald die Kreditkarte eines nicht gebietsansässigen Kunden verwendet wird (Tz 52 lit. b LL),1801 eine Beschränkung des über das Internet getätigten Teils der Gesamtverkäufe (Tz 52 lit. c LL),1802 wobei der Unternehmer hier jedoch Mindestwert oder -menge offline bestimmen darf (Tz 52 lit. c LL)1803 oder Vereinbarungen, nach denen den Mittlern geringere Rabatte gewährt werden, falls sie Vertragswaren in andere Vertragsgebiete innerhalb des gemeinsamen Marktes liefern, sofern die höheren Preise nicht ausnahmsweise durch sonstige Gründe sachlich gerechtfertigt sind.1804 Es ist dem Hersteller ferner verboten, den Mittler die für die Lieferung an gebietsfremde Kunden benötigte Vertragsware vorzuenthalten1805 oder dem Händler das nach außen unsichtbare Hosting der Website durch Dienstleister gänzlich zu untersagen (Qualitätsanforderungen dürfen gestellt werden).1806 Generell ist die Vereinbarung höherer Preisen im online- als im offline-Verkauf („dual pricing“, Tz 52 lit. d LL) nicht gestattet.1807 Eine Ausnahme ist gem. Tz 64 LL zulässig, wenn es hierfür sachliche Gründe gibt,1808 etwa höhere Kosten1809 oder eine höhere Beschwerde- und Haftungsquote im Onlineverkauf. Unter bestimmten Umständen kann sowohl ein aktiver wie ein passiver Verkauf untersagt werden, etwa in Folge erheblicher Investitionen des Händlers bei Markteintritt (Tz 61 LL) oder bei Markteinführungstests (Tz 62 LL). Mithin ist es schwierig, gegenüber Händlern die Begrenzung ihrer Verkäufe auf das 213 eigene Gebiet durchzusetzen, da das Medium „Internet“ weltweit nutzbar ist. Ein Formulierungsvorschlag findet sich bei Wauschkuhn.1810 Subjektive wirtschaftliche Erwägungen reichen für das Verbot regelm. nicht aus.1811 Auch Kfz-Händler dürfen im Internet werben.1812 Dem Händler kann auch nicht untersagt werden, eine Internet-Website als zusätzli214 che Vertriebsaktivität zu seinem Ladenlokal zu unterhalten.1813 Angeblich benötigt ein Vertragshändler keine Zustimmung des Unternehmers und Markeninhabers, um eine Website unter dem Markennamen des Unternehmers zu unterhalten.1814 Ob deshalb jeder Vertriebsmittler sein Veto gegen das Erstellen einer Website des Unternehmers einlegen darf, so dass es diesem fast unmöglich wird, aus eigenem Antrieb eine solche zu fertigen,1815 erscheint sehr fraglich.

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1801 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). 1802 Nolte BB 2014, 1155 (1159); Oest/Wagener RIW 2012, 35 (41); kritisch Rösner WRP 2010, 1114 (1124). Nach aA darf der Unternehmer mindestens 50% (BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW DE-R 1203 ff. = WRP 2004, 374 [376]) oder sogar das Überwiegen (Rösner WRP 2010, 1114 [1120] – um ein „AlibiGeschäftslokal“ zu verhindern) des stationären Vertriebs (BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW DE-R 1203 ff. = WRP 2004, 374 (376); Rösner WRP 2010, 1114 [1120, 1124]; de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 [507]; Pischel GRUR 2008, 1066 [1070]; Bauer WRP 2003, 243 [247]) vorschreiben. 1803 Kritisch auch hier Rösner WRP 2010, 1114 (1124), weil der Hersteller kaum für jeden Händler eine passende Einschätzung treffen könne. 1804 Westphal II Rn 388. 1805 Westphal II Rn 389. 1806 Nolte BB 2014, 1155 (1160). 1807 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Wiring MMR 2010, 659; de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (508). 1808 Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233. 1809 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). 1810 Der Vertragshändlervertrag, 2. Aufl. 2003, § 6. 1811 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (40). 1812 Niebling WRP 2012, 1361 (1365). 1813 Nolte BB 2014, 1155 (1158). 1814 Szönyi GRUR Int. 2004, 567 (568). 1815 Szönyi GRUR Int. 2004, 567 (569).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

Vor § 84

(b) Nach der zweiten Ausnahme ist es zulässig, den Verkauf an Endverbraucher durch einen Großhändler zu beschränken. Hiermit soll es dem Anbieter ermöglicht werden, die Groß- und Einzelhandelsstufe getrennt zu halten (Tz 55 LL). Diese Ausnahmebestimmung schließt es jedoch nicht aus, dass der Großhändler an bestimmte, z.B. größere, Endverbraucher verkauft, während ihm gleichzeitig der Verkauf an andere (alle anderen) Endverbraucher untersagt wird (Tz 55 LL). (c) Bei der dritten Ausnahme (Beschränkung des Verkaufs an nicht zugelassene Händler, die Mitgliedern eines selektiven Vertriebssystems auferlegt werden) besteht die Einschränkung, dass die Beschränkung nur „innerhalb des vom Anbieter für den Betrieb des selektiven Vertriebssystems festgelegten Gebiets“ möglich ist.1816 Beschränkungen für Gebiete außerhalb des selektiven Vertriebssystems bleiben also unzulässig.1817 Mit dem „festgelegten“ Gebiet wird auch ein designiertes Gebiet erfasst, d.h. ein Gebiet, in welchem der selektive Vertrieb noch nicht durchgeführt wird, aber vorgesehen ist.1818 Händler in einem selektiven Vertriebssystems dürfen daher grds. Nichtmitglieder des Systems beliefern, soweit jene in einem Gebiet ansässig sind, welches nicht für den Betrieb des selektiven Vertriebsystems festgelegt ist1819 (Ausnahme: Verbot aktiven Verkaufs nach Art. 4 lit. b Ziff. 1, dazu unten). Diese Nichtmitglieder unterliegen keiner Verkaufsbeschränkung durch den Anbieter und können daher andere Nichtmitglieder beliefern, die sich sogar innerhalb des selektiven Systems befinden.1820 Dies kann der Anbieter verhindern, indem er für alle EU-Mitgliedsstaaten den Betrieb eines selektiven Vertriebssystems festlegt.1821 Das exemplifiziert sich am Nebeneinander eines selektiven und exklusiven Gebiets: Wird innerhalb der EU sowohl ein selektives wie ein exklusives System betrieben, so kann ein Händler aus einem Gebiet mit selektivem Vertrieb gem. Art. 4 lit. b Ziff. 1 daran gehindert werden, aktiv in ein Gebiet zu verkaufen, das einem Exklusivhändler vorbehalten ist. Einem Exklusivhändler kann jedoch nicht der Verkauf in das selektive Gebiet verboten werden, nur gem. Art. 4 lit. b. die Eröffnung eines Geschäfts in diesem Gebiet.1822 Zu lit. c Beschränkungen des aktiven oder passiven Verkaufs an Endverbrau- 215 cher. Aktiver und passiver Verkauf an Endverbraucher durch auf der Einzelhandelsstufe tätige Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems darf im selektiven Vertriebssystem – anders als nach lit. b außerhalb solcher Systeme1823 – grds. nicht untersagt werden. Es sind nur Vereinbarungen gestattet, nach denen Händler ihre Geschäfte nur aus zugelassenen Niederlassungen heraus betreiben dürfen (Standortklausel).1824 Bei mobilen Verkaufsstellen darf ein Gebiet festgelegt werden, welches für den Verkauf an den Endverbraucher eingehalten werden muss (Tz 56 LL).

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1816 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). 1817 Diese zusätzliche Verkürzung des Ausnahmetatbestandes wurde durch die GVO 330/10 eingeführt, s. Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Lettl WRP 2010, 807 (819); de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (506); die Beschränkung gereicht vor allem zum Nachteil kleinerer und im Aufbau befindlicher Vertriebssysteme (de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 [506]). 1818 LL Tz 55; Simon EWS 2010, 497 (501). 1819 Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). 1820 Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). 1821 Funke/Just DB 2010, 1389 (1393). 1822 Simon EWS 2010, 497 (501/502). 1823 Kritisch zu dieser Ungleichbehandlung Lettl WRP 2010, 807 (820). 1824 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2387); Funke/Just DB 2010, 1389 (1392); Schultze/Pautke/ Wagener Vertikal-GVO, 2001, Rn 621 f.

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1. Buch. Handelsstand

Lit. c ist für die unter diesen Unterpunkt fallenden selektiven Vertriebssysteme (zum Begriff Art. 1 Abs. 1 lit. e GVO) gegenüber lit. b (i) innerhalb des räumlichen Ausdehnungsbereichs des Selektivsystems spezieller.1825 Selbst der aktive Verkauf innerhalb eines selektiven Vertriebssystems ist also, anders als gem. lit. a, nicht auszuschließen.1826 Die Kernbeschränkung des lit. c gilt nur für Händler auf der Einzelhandelsstufe. Soweit Mitglieder des selektiven Vertriebssystems auf mehreren Vertriebsstufen tätig werden, sind damit verbotene Kernbeschränkungen nur Beschränkungen des Mitglieds in seiner Eigenschaft als Einzelhändler. Beschränkungen im Zusammenhang mit seiner Vertriebstätigkeit auf vorgelagerten Handelsstufen, etwa als Großhändler, sind zulässig.1827 216 Insbesondere Vermittler1828 (Tz 52 LL Kfz-GVO 461/10), unabhängige Werkstätten1829 oder Leasingunternehmen sind Endverbraucher (Tz 51 LL Kfz-GVO 461/10). Das Verbot der Belieferung von Leasingunternehmen scheidet damit aus.1830 Kauft das Leasingunternehmen hingegen Waren auf Vorrat ohne konkreten Auftrag bestimmter Leasingnehmer, sind Leasinggesellschaften Wiederverkäufer, soweit sie sich nicht darauf beschränken, Fahrzeuge zu verkaufen, um die Aufträge Ihrer Kunden zu erfüllen, sondern Lagerbestände bilden, die sie der künftigen Kundschaft anbieten.1831 Der Hersteller soll vom Händler verlangen dürfen, er möge vor Abschluss des Verkaufsgeschäfts mit einem konkret benannten Leasingunternehmen die Leasingbestimmungen prüfen und sicherstellen, dass kein „getarnter“, unautorisierter Wiederverkäufer beliefert wird.1832 Eine Pflicht des Händlers zur Vorlage von Kopien jeder einzelnen Leasingvereinbarung soll jedoch unverhältnismäßig sein.1833 Besondere Bedeutung hat diese Kernbeschränkung nach Wegfall einer den Kfz-Vertrieb betreffenden Kfz-GVO in dieser Branche.1834 Sofern es um Vertrieb auf der Einzelhandelsstufe geht, besteht eine Kernbeschrän217 kung, wenn es einem zugelassenen Alleinvertriebshändler auf der Einzelhandelsstufe untersagt wird, aktive oder passive Verkäufe an Endverbraucher in Gebieten zu tätigen, die anderen zugelassenen Händlern exklusiv zugewiesen sind, oder die sich der Anbieter selbst vorbehalten hat. Die von Art. 4 lit. b (i) offengehaltene Möglichkeit eines Gebietsoder Kundenschutzes in Bezug auf den aktiven Wettbewerb konkurrierender Händler im selektiven Vertriebssystem steht damit innerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 4 lit. c nicht offen.1835 Deshalb darf hier auch – anders als unter Art. 4 lit. b. GVO, s.o. – der aktive (und erst recht der passive) Vertrieb in solche Gebiete nicht eingeschränkt werden. Folglich kann ein Unternehmer seinem Händler Exklusivität nur insoweit versprechen, als sie sich auf das unmittelbare Verhältnis zwischen ihm und dem Händler beschränkt, etwa dergestalt, dass sich der Unternehmer verpflichtet, in einem bestimmten Gebiet nur einen, eben diesen, Händler einzusetzen.1836

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1825 Lettl WRP 2010, 807 (820). 1826 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (40/41). 1827 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 3. Aufl., Rn 784. 1828 Häufig gestellte Fragen zur GVO 461/10, Frage 12; hierzu Nolte BB 2013, 1667 (1672); Niebling WRP 2012, 1361 (1366). 1829 Häufig gestellte Fragen zur GVO 461/10, Frage 12. 1830 Nolte BB 2013, 1667 (1672). Es muss aber sichergestellt sein, dass es sich nicht um einen verkappten Wiederverkäufer handelt, Tz 51 LL Kfz-GVO 461/10. 1831 EuG, Urt. v. 15.9.2005 – Rs. T-325/01 – Mercedes-Benz, Rn 138 ff.; EuGH, Urt. v. 24.10.1995 – C-266/ 93 – BKartA ./. Volkswagen, Slg. 1995, I-3477; v. 24.10.1995 – C-70/93 – BMW/ALD, Slg. 1995, I-3439; Nolte BB 2013, 1667 (1672). 1832 Nolte BB 2013, 1667 (1673). 1833 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 51; Nolte BB 2013, 1667 (1673). 1834 Siehe hierzu Nolte BB 2013, 1667 (1672 ff.). 1835 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 3. Aufl., Rn 789 1836 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 3. Aufl., Rn 789

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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Das ist der Grundsatz. Eine Ausnahme gilt, wenn selektiver Vertrieb mit Alleinvertrieb ohne selektiven Charakter in anderen Gebieten verbunden wird. Hier soll den Händlern des selektiven Vertriebsgebietes untersagt werden dürfen, aktive Verkäufe an Abnehmer (sämtliche anderen außer dem exklusiven) Händler oder Endverbraucher) in den außerhalb des Selektivgebietes belegenen Alleinvertriebsgebieten zu tätigen. (Art. 4 lit. b (iii) und Ziff. (i)). Dagegen müssen die zugelassenen Selektivhändler im passiven Verkauf an Abnehmer in den Alleinvertriebsgebieten frei bleiben (Art. 4 lit. b Ziff. ii).1837 Umgekehrt sind die Händler in den Alleinvertriebsgebieten frei, die Vertragsprodukte aktiv und passiv an Abnehmer in den Systemgebieten zu verkaufen.1838 Nur hierauf beziehen sich die mißverständlichen Tz 56, 51 LL, denen zufolge Bestimmungen zum Schutz eines andernorts betriebenen Alleinvertriebssystems i.S.d. ersten Ausnahme zu Art. 4 lit. a zulässig sein sollen, also Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder an Kundengruppen, die der Unternehmer sich selbst vorbehalten oder ausschließlich einem anderen Mittler zugewiesen hat, sofern dadurch Verkäufe seitens der Kunden des Mittlers nicht begrenzt werden.1839 Deshalb soll die Kombination von selektivem und einfachem Vertrieb innerhalb der EU jedenfalls im Falle von länderbezogenen Preisgefällen von geringem Interesse sein.1840 Würden die Tz 56, 51 LL wörtlich genommen, bestände praktisch kein Unterschied zwischen lit. c und lit. b. Auch bei lit. c könnte daran gedacht werden, dass das genannte Verbot schon tat- 218 bestandlich keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV darstellt (dazu Rn 212 und unten). Angesichts des in lit. c zum Ausdruck gekommenen Willens der Kommission, dass es sich bei diesem Verbot regelmäßig um eine Schwarze Klausel handelt, ist mit einer billigenden Kommissionsentscheidung jedoch kaum zu rechnen. Insb. die Bewertung der im Verhältnis zum generellen Verbot des Internet-Vertriebs 219 weniger einschränkenden partiellen Beschränkungen, etwa des Verbots des Verkaufs über Internet-Auktionsplattformen, z.B. EBay oder amazon,1841 ist ebenso wie unter lit. b auch unter lit. c umstritten. Nach einer Ansicht stellt das Verbot des Warenvertriebs über solche Internet-Auktionsplattformen als Qualitätsvorgabe1842 bzw. logische Fortsetzung des Rechts des Unternehmers, Qualitätsanforderungen zu stellen1843 jedenfalls im selektiven Vertrieb1844 schon tatbestandlich keinen Verstoß gegen Art. 101 AEUV,1845 keine Kundenkreisbeschränkung i.S.d. Art. 4 GVO1846 (s.o., Rn 212) und keinen Verstoß gegen § 1 GWB1847 dar, wobei es auf den Einzelfall ankommt. Solche Auktionsplattformen richteten sich an alle Internetbenutzer; ihre Kunden könnten auch mittels anderer Ver-

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1837 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 3. Aufl., Rn 789. 1838 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO, 3. Aufl., Rn 800. 1839 Schultze/Pautke/Wagener Vertikal-GVO 3. Aufl. Rn 782. 1840 Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2268). 1841 Hierzu Rösner WRP 2010, 1114 (1122), der es für zulässig hält, diese Vertriebsform zu verbieten. Beispiel (dort Verbot des Verkaufs über EBay wegen fehlendem diskrimierungsfreien Verkaufs abgelehnt): KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 = ZVertriebsR 2014, 104. 1842 Rösner WRP 2010, 1114 (1124). 1843 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42/43); Rösner WRP 2010, 1114 (1121 f.). 1844 Nolte BB 2014, 1155 (1161); zum nicht selektiven Vertrieb Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (598 f.). 1845 Wiring MMR 2010, 659; Rösner WRP 2010, 1114 (1124); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2272). 1846 OLG München, Urt. v. 2.7.2009 – U (K) 4842/08, WuW/E DE-R 2698 = EWiR 2010, 361 (KuntzeKaufhold) m. insoweit zust. Anm. Immenga BB 2009, 2561 (sogar für den nicht selektiven Vertrieb); LG München I, Urt. v. 24.6.2008 – 33 O 22144/07, CR 2008, 806; Pichler/Hertfelder NZKart 2014, 47 (51); Simon EWS 2010, 497 (502); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Ruess/Slopek WRP 2009, 1021 (1026); Immenga BB 2009, 2561. Diese Ansicht beruft sich auch auf Tz 54 LL, s. Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (597) die aA sind. 1847 KG, Urt. v. 19.9.2013 – 2 U 8/09, BB 2013, 2768 m. Anm. Kiani = WRP 2013, 1517 (1520) = ZVertriebsR 2014, 104 Rn 48 wg. Beeinträchtigung des Produktimages, letztlich aber offen gelassen.

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triebsformen erreicht werden. Eine Beschränkung liegt nach jener Meinungsgruppe nicht vor.1848 Nach aA liegt tatbestandlich ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vor. Eine Freistellung nach der GVO 330/10 scheide aus: Die Beschränkung des Internetvertriebs bilde als Beschränkung des Kundenkreises eine Kernbeschränkung i.S.d. Art. 4 lit. b, c GVO.1849 Das gelte erst recht im nicht selektiven Vertrieb.1850 Ein durch lit. c geschützter Händler müsse frei sein, über das Internet zu werben und zu verkaufen.1851 Es fehle weiter ein aktiver Verkauf, welchen der Unternehmer untersagen dürfe, sofern er sich den Kundenkreis selbst vorbehalten habe.1852 Auch Qualitätsvorgaben, die den Verkauf über das Internet praktisch unmöglich machen, sind nach dieser Meinungsgruppe nicht gestattet.1853 Andere Qualitätsvorgaben seien im Einzelfall auf ihre Verträglichkeit mit der GVO zu prüfen.1854 In den LL zur GVO hat die Kommission erstmals die Möglichkeit angesprochen, dass Unternehmer ihren Vertriebsmittlern Kriterienvorgaben dazu machen können, ob und wenn ja, wie die Händler Internetplattformen Dritter nutzen können.1855 Befindet sich die Website des Mittlers auf der Plattform eines Dritten, kann der Unternehmer verlangen, dass Kunden die Website nicht über eine Seite erreichen, die den Namen oder das Logo der Plattform trägt.1856 Davon betroffen sind gerade Aktionsplattformen wie EBay.1857 Die Ausführungen der LL sprechen dafür, dass der Vertrieb über solche Internetplattformen zumindest durch Qualitätsvorgaben1858 geregelt werden darf. Jedenfalls kann das Verbot des Internetvertriebs nicht dem zulässigen Verbot des Betreibens von Geschäften aus nicht zugelassenen Niederlassungen i.S.d. Art. 4 lit. c 2. Hs GVO gleichgestellt werden, da es sich nicht um eine „virtuelle Niederlassung“ handelt.1859 220

Zu lit. d Verbot von Querlieferungsbeschränkungen. Durch das Verbot von Querlieferungsbeschränkungen nach Art. 4 lit. d GVO in selektiven Vertriebssystemen soll eine Beschränkung des markeninternen Wettbewerbs verhindert werden.1860 Querliefe-

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1848 OLG München, Urt. v. 2.7.2009 – U (K) 4842/08, EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold), BBL 20092561-2, www.betriebs-berater.de mit Anm. Immenga BB 2009, 2561. 1849 LG Kiel, Urt. v. 8.11.2013 – 14 O 44/13, ZVertriebsR 2014, 178 = WRP 2014, 252 = EWiR 2014, 337 (Engelhoeven/Semder) – zu lit. b (kein selektiver Vertrieb); Lohse WuW 2014, 120 (128 f.) – zu lit. b und c: „wahrscheinlich bereits keine Schädigung des Produktimages“; Innerhofer ZVertriebsR 2013, 266 (270); Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (596 ff.); Rösner WRP 2010, 1114 (1118); Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1310); Haslinger WRP 2009, 279 (284). 1850 Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (598); aA OLG München, Urt. v. 2.7.2009 – U (K) 4842/08, WuW/E DE-R 2698 = EWiR 2010, 361 (Kuntze-Kaufhold) m. Anm. Immenga BB 2009, 2561; wohl auch Fesenmair GRUR-Prax 2013, 283 (285). 1851 Seeliger/Klauß GWR 2010, 303635 = GWR 2010, 233; Oest/Wagener RIW 2012, 35 (40/41). 1852 Bechtold EG-Kartellrecht, 2. Aufl., 2009, Art. 4 VO 2790/1999, Rn 15; Dieselhorst/Luhn WRP 2008, 1306 (1311); aA Bonacker GRUR-Prax 2012, 326553; Rösner WRP 2010, 1114 (1121). 1853 Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (596 f.). Das gilt auch im nicht-selektiven Vertrieb, s. Schweda/ Rudowicz WRP 2013, 590 (599 f.). 1854 Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (596 ff.) – zum selektiven Vertrieb; Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (599 f.) – zum nicht-selektiven Vertrieb. 1855 LL Rn 54 S. 5. 1856 LL Rn 54 S. 5–6; s. Nolte BB 2014, 1155 (1161); kritisch Schweda/Rudowicz WRP 2013, 590 (597). 1857 Oest/Wagener RIW 2012, 35 (42). 1858 Hierauf beschränkt das LG Kiel, Urt. v. 8.11.2013 – 14 O 44/13, ZVertriebsR 2014, 178 = WRP 2014, 252 = EWiR 2014, 337 (Engelhoeven/Semder) Rn 24 den Anwendungsbereich der Rn 54 LL. 1859 EuGH, Urt. v. 13.10.2011 – C-439/09, BB 2011, 2956 m. Anm. Wegner = RIW 2011, 786 m. Anm. Oest/ Wagener RIW 2012, 35 = ZVertriebsR 2012, 55 m. Anm. Rahlmeyer (Pierre Fabre Dermo-Cosmétique SAS/ Président de l’Autorité de la concurrence u.a.) Rn 58; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09, Rn 60 ff.; Rösner WRP 2010, 1114 (1119) – dahinter soll der Gedanke stehen, dass GVOVorschriften nicht analogiefähig seien, s. Rahlmeyer ZVertriebsR 2012, 57. 1860 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 220.

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rungen unter zugelassenen Händlern dürfen nicht beschränkt werden. Eine Alleinbezugsverpflichtung, derzufolge die Waren nur vom Unternehmer bezogen werden dürfen, stellt daher eine Kernbeschränkung dar.1861 Klauseln, die die Lieferung an nicht zugelassene Händler verbieten (Graumarktbezug) bilden keine Kernbeschränkung.1862 Das mit einem außerordentlichen Kündigungsrecht bei Nichterreichen verbundene Verkaufsziel in einem Vertragshändlervertrag ist gem. Art. 101 Abs. 1, 2 AEUV nichtig,1863 weil hierdurch Querlieferungen beschränkt werden.1864 Absatzziele und Mindestumsätze dürfen nur vereinbart werden, sofern der Händler nicht zur Beschaffung der Ware allein vom Vertragspartner verpflichtet bleibt, d.h. Querlieferungen nicht ausgeschlossen werden.1865 Bestimmte Bonuszahlungen können sich als mittelbare Behinderung des Querbezugs auswirken. Wenn der Unternehmer verkaufsbezogene Bonusansprüche gewährt, muss er jene, damit eine mittelbare Behinderung des Querbezugs ausscheidet, auch für Vertragsware zahlen, die zulässigerweise aus anderen Quellen innerhalb des Vertriebssystems bezogen wird.1866 Bei einkaufsbezogenen Bonuszahlungen schafft der Unternehmer lediglich einen Anreiz für Einkäufe bei ihm selbst. Dies ist gestattet.1867 Sofern eine Mengenzielvereinbarung nur zu einem kleinen Teil mit einer Bezugsverpflichtung aus einer bestimmten Quelle verbunden ist, wird man die Abrede nicht als unzulässiges Querlieferungsverbot qualifizieren können.1868 Auch hier kann dem Querlieferungsverbot der Effizienzeinwand entgegengehalten werden, etwa falls Vertragsgroßhändler, die in verschiedenen Gebieten angesiedelt sind, in ihren Gebieten erhebliche Investitionen erbringen, so dass anderen Großhändlern der Verkauf in Gebiete der investierenden Großhändler untersagt werden muss (Tz 63 LL). (6) Art. 5 GVO. Art. 5 GVO enthält sogenannte „graue“ oder „rote“ Klauseln. Es 221 handelt sich um erhebliche Beschränkungen des Wettbewerbs von mittlerer Schwere, die missbilligt werden. Ein Verstoß gegen Art. 5 GVO hat keine Auswirkung auf die Vereinbarung insgesamt. Von der Freistellung ausgeschlossen sind allein die in Art. 5 GVO genannten Einzelregelungen.1869 Die übrigen Vereinbarungen bleiben freigestellt und wirksam (Tz 65, 71 LL).1870 Eine geltungserhaltende Reduktion oder eine Anpassung nach den Grundsätzen des § 313 BGB scheidet aus.1871 Nach aA1872 entfällt die Freistellung sämtlicher wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen des Vertrags. Wenn allerdings die unwirksamen Klauseln einen wesentlichen Teil der Vereinbarung bilden, kann der Gesamtvertrag gem. §§ 139, 306 Abs. 3 BGB unwirksam sein.1873 Ob der Hersteller der Nich-

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1861 Thoma WRP 2005, 1132 (1134); Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 645. 1862 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 222. 1863 BGH, Urt. v. 22.2.2005 – KZR 28/03, WRP 2005, 628 (631) = WuW/E DE-R 1449, WuW 2005, 521 = EuZW 2005, 286 = NJW 2005, 1660. 1864 Thoma WRP 2005, 1132 (1134). 1865 Thoma WRP 2005, 1132 (1135); s.a. Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71. 1866 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 701. 1867 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 701. 1868 Thoma WRP 2005, 1132 (1135). 1869 BGH, Beschl. v. 26.7.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS) = WuW 2005, 1141 (DE-R 1151) = WRP 2005, 1535 = NJW 2005, 3376 = EWiR 2006, 13 (Emde) = GRUR Int. 2006, 59; Funke/Just DB 2010, 1389 (1393); Wendel WRP 2002, 1395 (1398). 1870 Murach GWR 2010, 210; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVOVertikal Rn 298. 1871 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 299. 1872 Rickmann WuW 2003, 752 (755) zur Kfz-GVO 1400/02. 1873 Liesegang NZKart 2013, 233 (238) – nach seiner Ansicht reglm. nicht anzunehmen; Rickmann WuW 2003, 752 (756); Niebling WRP 2002, 310 (313); aA wohl OLG Schleswig, Urt. v. 9.7.2002 – 6 U Kart 72/01,

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tigkeit durch einseitigen Verzicht auf die wettbewerbsbeschränkenden Bestimmungen entgegenwirken kann, erscheint zweifelhaft, weil beiden Vertragspartnern hierdurch ein Vertrag mit ursprünglich nicht gewolltem Inhalt aufgezwungen wird.1874 Eine dahingehende Einigung ist jedoch gestattet, sofern der Vertrag dann GVO-konform wird. Sind sowohl die Voraussetzungen des Art. 4 wie des Art. 5 GVO gegeben, so greift die weitergehende Rechtsfolge des Art. 4 GVO ein.1875 222 –





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Rote Klauseln des Abs. 1 sind lit. a: alle unmittelbaren oder mittelbaren Wettbewerbsverbote, welche für eine unbestimmte Dauer oder für eine Zeit von mehr als 5 Jahren vereinbart werden. Dabei gelten Wettbewerbsverbote, deren Dauer sich über den Zeitraum von 5 Jahren hinaus stillschweigend verlängern, als für unbestimmte Dauer vereinbart. Die Begrenzung auf 5 Jahre greift nach Art. 5 Abs. 2 GVO ausnahmsweise nicht ein, wenn die Vertragswaren oder -dienstleistungen vom Mittler in Räumlichkeiten und auf Grundstücken verkauft werden, die Eigentum des Anbieters oder durch diesen von Dritten, nicht mit dem Mittler verbundenen Unternehmern gemietet oder gepachtet worden sind und das Wettbewerbsverbot nicht über den Zeitraum hinausreicht, in welchem der Mittler diese Räumlichkeiten und Grundstücke nutzt. lit. b: Alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Mittler veranlassen, Waren oder Dienstleistungen nach Beendigung der Vereinbarung nicht herzustellen bzw. zu erbringen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen (nachvertragliches Wettbewerbsverbot). Ausnahmsweise soll die in Art. 5 Abs. 1 lit. b GVO genannte Beschränkung gem. Art. 5 Abs. 3 GVO zulässig sein, wenn sich die zu prüfenden Verpflichtungen (kumulativ) – auf Waren oder Dienstleistungen beziehen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen, – sich auf Räumlichkeiten oder Grundstücke beschränken, von denen aus der Mittler während der Vertragsdauer seine Geschäfte betrieben hat (solange diese Räumlichkeiten fortbestehen – Tz 67 LL), – unerlässlich sind, um dem Mittler vom Unternehmer übertragenes, wesentliches (Art. 1 Abs. 1 lit. g, Tz 68 LL) Know-How zu schützen, – und ein solches Wettbewerbsverbot auf einen Zeitraum von höchstens einem Jahr nach Beendigung des Vertriebsvertrages begrenzt ist. In jedem Fall darf aber die Nutzung und die Offenlegung von nicht allgemein bekannt gewordenem Know-How zeitlich unbegrenzt geschützt werden (Art. 5 Abs. 3, letzter S. GVO). lit. c: Alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, welche die Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems veranlassen, Marken bestimmter konkurrierender Lieferanten nicht zu verkaufen.

Zu lit. a: Sofern Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung auf dem Gemeinsamen Markt eintritt, verstößt ein in einen Vertriebsvertrag eingefügtes Wettbewerbsverbot gegen Art. 101 AEUV. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO stellt lediglich Verbote bis zu einer Höchstdauer von fünf Jahren frei. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO gilt, wie der Umkehrschluss aus

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OLGR 2002, 378; i.E. zuvor bereits OLG Celle v. 22.6.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581 2001, 65; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO, Rn 298. 1874 BGH, Beschl. v. 26.7.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS) = WuW 2005, 1141 (DE-R 1151) = WRP 2005, 1535 = NJW 2005, 3376 = EWiR 2006, 13 (Emde) = GRUR Int. 2006, 59. 1875 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO, Rn 302.

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Abs. 1 lit. b, Abs. 3 zeigt, nur für vertragsbegleitende und nicht die in Abs. 1 lit. a, Abs. 3 geregelten nachvertraglichen Wettbewerbsverbote.1876 Zunächst ist auch hier zu prüfen, ob das Wettbewerbsverbot Art. 101 Abs. 1 224 AEUV widerspricht. Nur dann ist eine Freistellung nötig. So wird für Franchiseverträge teilweise vertreten, dass die Laufzeit des Wettbewerbsverbots über 5 Jahre hinausreichen dürfe, wenn die Verpflichtung notwendig ist, um Identität und Ruf des Franchisesystems und das Know-How des FG zu sichern.1877 Zulässig kann ein nicht von der GVO freigestelltes Wettbewerbsverbot auch sein, falls gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV die positiven Effizienzgewinne die aus dem Wettbewerbsverbot entstehenden Nachteile überwiegen. Mögliche Fallgruppen hat die Kommission in Tz 29 ff.; 106 ff.; 122 ff. LL beschrieben. Sofern eine spürbare Wettbewerbsbeschränkung nicht vorliegt, können auch über 5 Jahre hinausgehende Wettbewerbsverbote vereinbart werden,1878 ebenso bei sehr erheblichen Investitionen des Unternehmers (Tz 146 LL). Auch falls sehr umfangreiche Investitionen getätigt wurden, die eine Amortisation über den 5-Jahres-Zeitraum hinaus erfordern, darf ein Wettbewerbsverbot über mehr als 5 Jahre vereinbart werden.1879 Das Gleiche gilt im Fall der Förderung des Markenimages und des Ansehens des Vertriebsnetzes (Tz 30 LL). Was Wettbewerbsverbote sind, wird in Art. 1 lit. d GVO definiert. Es handelt sich 225 um alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Mittler veranlassen, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen des Unternehmers im Wettbewerb stehen, sowie alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen des Mittlers, mehr als 80% seiner auf der Grundlage des Einkaufswertes des betreffenden Jahres, oder – falls in der Branche üblich – anhand des Wertes des vorherigen Kalenderjahres berechneten gesamten Einkäufe von Vertragswaren oder -dienstleistungen sowie ihrer Substitute auf dem relevanten Markt von dem Unternehmer oder einem anderen vom Unternehmer bezeichneten Unternehmen zu beziehen (s.a. Tz 66 LL). Danach fallen auch Mindestabnahmeverpflichtungen 1880 sowie Alleinbezugsvereinbarungen 1881 unter den Begriff des Wettbewerbsverbots, sofern die 80%-Grenze oder das Verbot der Behinderung von Querlieferungen des Art. 4 lit. d in selektiven Vertriebssystemen1882 durch sie unterlaufen wird. Selbst eine Mindestabnahmeverpflichtung, die unter der Schwelle von 80% des jährlichen Gesamtbezugs liegt, kann einem Markenzwang gleichkommen, wenn ein Händler, der eine neue Marke seiner Wahl eines konkurrierenden Herstellers führen will, gezwungen wird, so viele Produkte der derzeit von ihm vertriebenen Marke zu kaufen, dass die Geschäfte des Händlers nicht mehr rentabel sind (Tz 37 LL Kfz-GVO). Unterhalb dieses Schwellenwertes können Bezugsbedingungen frei von den Beschränkungen des Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO vereinbart werden, auch im Kfz-Verkauf sowie im Kfz-After-Sales Markt.1883 Auch mittels AGB können Alleinbezugsrechte

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1876 Falsch daher wohl OLG Naumburg, Urt. v. 18.7.2013 – 2 U 76/13 (Kart), WRP 2013, 1402 m. deshalb abl. Anm. Rahlmeyer ZVertriebsR 2014, 111 und Gruber WuW 2014, 596. 1877 Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 773; Metzlaff BB 2000, 1201 (1208). 1878 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 257. 1879 Wobei eine vertragsspezifische Investition erforderlich ist; s.a. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 167. 1880 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 264; Niebling WRP 2010, 631 für den Kfz-Bereich. 1881 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 247. 1882 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485). 1883 GVO 461/10 LL Rn37; Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (469/470).

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begründet werden, ohne dass diese Klausel unwirksam wäre, weil sie nicht mit einem Alleinvertriebsrecht verbunden ist. Wie dargelegt und aus Art. 1 lit. d GVO ersichtlich, sind unmittelbare und mittelbare 226 Wettbewerbsverbote untersagt, was für eine weite Auslegung des Verbots spricht.1884 Mittelbare Wettbewerbsbeschränkungen sind etwa Qualitätsbeschränkungen, die darauf ausgerichtet sind, vom Verkauf von Konkurrenzprodukten abzuhalten,1885 Prämien für den Vertrieb nur einer Marke,1886 für den Vertrieb der Wettbewerbsprodukte nur über eine eigene Rechtsperson, 1887 Zielrabatte, progressiv gestaffelte Mengenrabatte, Treuerabatte, Kombinationspreise oder für einen separaten Ausstellungsraum,1888 englische Klauseln,1889 Werbeverbote1890 sowie die Verpflichtung, dass der Händler für den Vertrieb konkurrierender Marken eine gesonderte Gesellschaft gründet.1891 Solche indirekten Maßnahmen sollen aber nur dann wie ein Wettbewerbsverbot wirken, wenn ein Mehrmarkenvertrieb wirtschaftlich nicht möglich ist.1892 Falls ein Wettbewerbsverbot durch solche indirekten Maßnahmen intendiert ist, sollte ähnlich wie bei der Spürbarkeit die Intention für die Unzulässigkeit genügen. Nach Ansicht von Wegner1893 bildet das Verbot, Serviceleistungen für Kfz anderer Marken anzubieten, kein Wettbewerbsverbot i.S.d. Art. 1 Abs. 1 lit. d GVO. Denn aufgrund der markenspezifischen Marktabgrenzung handele es sich nicht um im Wettbewerb stehende Leistungen, die demselben Produktmarkt zuzuordnen seien. Bei Verträgen über Wertstattdienstleistungen im Kfz-Bereich unterfalle daher ein solches Verbot nicht Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO und sei ohne zeitliche Grenze zulässig (zweifelhaft). Betroffen vom Verbot mittelbarer und unmittelbarer Wettbewerbsverbote sind nur 227 Verpflichtungen des Vertriebsmittlers. Beschränkungen des Unternehmers sind zugelassen und werden von der GVO nicht untersagt.1894 Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO erhält nach Auslaufen der Kfz-GVO 1400/02 besondere Bedeu228 tung im Kfz-Vertrieb (s. auch Tz 26 LL Kfz-GVO 461/10).1895 Die einer zugelassenen Werkstatt auferlegte Verpflichtung, für Instandsetzungsarbeiten im Rahmen der Gewährleistung, des unentgeltlichen Kundendienstes und von Rückrufaktionen nur vom Kfz-Hersteller gelieferte Original-Ersatzteile zu verwenden, wird nicht als Wettbewerbsverbot gewertet (Rn 39 LL Kfz-GVO). Nach Ablauf der 5Jahresfrist dürfen Hersteller ihren Händlern oder Werkstätten auch nicht vorschreiben, nur an bestimmte Leasingfirmen zu verkaufen.1896 Die hier beschriebenen Grundsätze gelten auch im Versicherungs-1897 oder Tankstellenvertrieb.1898 Ein Tankstellenvertrag mit einer mehr als 5-jährigen Laufzeit unterfällt nicht der Freistellung nach der GVO, sofern der Unternehmer einen Marktan-

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1884 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 262. 1885 Nolte BB 2013, 1667 (1670); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). 1886 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). 1887 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). 1888 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). 1889 Nolte BB 2013, 1667 (1670). 1890 Nolte BB 2013, 1667 (1670); Kommission, Entsch. v. 29.6.2000 – Intrepernior-Spring, ABl. 2000 L 195/49. 1891 Nolte BB 2013, 1667 (1670). 1892 Nolte BB 2013, 1667 (1670); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1484). 1893 Wegner BB 2010, 1803 (1808). 1894 Rahlmeyer ZVertriebsR 2014, 111 (112); Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388); Thomas WuW 2010, 177 (180); Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 256. 1895 Siehe Nolte BB 2013, 1667; Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485); Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (467); Köhnen BB 2010, 781 (784); Niebling WRP 2010, 81 (83); Niebling WRP 2010, 1454 (1456), der diese Rückkehr zum Markenzwang als „befremdlich“ bezeichnet. 1896 Ensthaler WuW 2002, 1042, 1048. 1897 Stancke VersR 2009, 1168 (1171 f.). 1898 EuGH, Urt. v. 2.4.2009 – C-260/07 – Tankstellenvertreter.

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teil von mehr als 30% besitzt und die Waren und Dienstleistungen nicht in Räumlichkeiten oder auf Grundstücken verkauft werden, die sich im Eigentum des Lieferanten befinden oder durch diesen von Dritten, nicht mit dem Käufer verbundenen Unternehmen gemietet oder gepachtet worden sind.1899 Wettbewerbsverbote, die auf 5 Jahre beschränkt werden, sind grundsätzlich zu- 229 lässig (Tz 66 LL). Solche für einen unbestimmten Zeitraum (etwa bei Verlängerung mangels Kündigung)1900 oder für eine Festlaufzeit von mehr als 5 Jahren sind hingegen nicht von der GVO freigestellt, auch wenn die Freistellung weiterhin für die übrigen Bestimmungen der Vertikalvereinbarung gilt (Tz 26 LL Kfz-GVO). Verbote, deren Dauer sich über den Zeitraum von 5 Jahren hinaus stillschweigend verlängern, gelten nach dem Text des Art. 5 als für unbestimmte Dauer vereinbart.1901 Dass § 86 ein unlimitiertes, vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot entnommen wird, schließt die Nichtigkeit nicht aus. Art. 101 AEUV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO verdrängt das zeitlich unbegrenzte Wettbewerbsverbot des § 86 im Wege der kartellrechtlichen Spezialität.1902 Ein mehr als 5 Jahre dauerndes Wettbewerbsverbot kann daher bei einem unter Art. 101 AEUV fallenden Vertrag regelmäßig nicht aus § 86 entnommen werden.1903 Wegen des Verbots mehr als 5 Jahre übersteigender Wettbewerbsverbote wird geraten,1904 der GVO unterliegende Vertriebsverträge mit Konkurrenzverboten auf jenen Zeitraum zu beschränken. Dies ist problematisch, weil der Vertriebsmittler nach dem durch Fristablauf eintretenden Vertragsende einen Ausgleich gem. § 89b fordern darf. Sinnvoller ist es oft, lediglich das Wettbewerbsverbot zu beschränken. Eine Kündigungsmöglichkeit vor Ablauf der Frist ändert nichts an der fehlenden Freistellung des Konkurrenzverbots. Die Parteien dürfen jedoch entweder den Gesamtvertrag oder das Wettbewerbsverbot auf 5 Jahre befristen und vereinbaren, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ablauf der 5-Jahresfrist Verhandlungen über eine Fortsetzung des Wettbewerbsverbots begonnen werden, solange jene ergebnisoffen geführt werden und die Entschlussfreiheit des Abnehmers nicht beschränkt wird. Eine Verlängerung über das fünfte Jahr hinaus bedarf der Zustimmung beider Seiten. Nichts darf den Mittler daran hindern, das Wettbewerbsverbot nach Ablauf der 5 Jahre auslaufen zu lassen (Tz 66 LL, Tz 26 LL Kfz-GVO). Ein Anschlussvertrag mit einem neuen Wettbewerbsverbot bildet nicht in jedem Fall einen Verstoß und ist zulässig, falls das Ergebnis nicht auf (ggf. faktischem) wirtschaftlichem Druck, etwa Kündigungsandrohung1905 oder infolge erheblicher Investitionen des Mittlers1906 des Unternehmers beruht (sonst mglw. Umgehung und unbefristeter Kettenvertrag). Bei einseitiger Verlängerungsoption des Abnehmers ist seine Entschlussfreiheit unbeschränkt, weshalb eine solche Vertragsbestimmung zulässig ist.1907 Enthält der Anschlussvertrag wesentliche Änderungen (vor allem zugunsten des Mittlers), kann dies je nach Inhalt für oder gegen eine Umgehungsabsicht sprechen. Behinderungen, Kündigungsdrohungen bei wirtschaftlicher Abhängigkeit oder die Androhung, dass der Markenzwang wieder eingeführt werde, bevor der Händler genügend Zeit hatte, um seine

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1899 EuGH, Urt. v. 2.4.2009 – C-260/07. 1900 So bereits früher die Kommissionspraxis: Kommission, Entsch. v. 23. 12. 1992, ABl. 1993 Nr. L 183/1, Rn 112 – Silber; best. durch EuG, Rs. T-9/93, Slg. 1995, II-1611, Rn 123 f. – Schöller/Kommission. 1901 Malec/von Bodungen BB 2010, 2383 (2388). 1902 Emde WRP 2005, 1492 ff.; Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214). 1903 Westphal II Rn 402. 1904 Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214). 1905 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1486), die Kündigung soll nach Ansicht von Wegner/ Oberhammer aber wirksam sein (Problem der Schikanekündigung). 1906 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485). 1907 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1485).

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unwiederbringlichen Investitionen zu amortisieren, kommen einer stillschweigenden Verlängerung des Markenzwangs gleich (Tz 66 LL, Tz 26 LL Kfz-GVO). Weigert sich der Händler mit einem unbefristeten Vertrag, die Markenexklusivität nach Ablauf der 5-Jahres-Frist zu verlängern und kündigt dem Hersteller daraufhin ordentlich, soll dies ein Indiz für die Ausübung unberechtigten Drucks sein. Es wird deshalb empfohlen, nicht zu drohen und keinen Kündigungsgrund zu nennen.1908 Das erschwert die Beweisführung, ändert jedoch den Tatbestand nicht. Eine generelle Befristung aller Verträge des Unternehmers oder des Wettbewerbsverbots auf 5 Jahre dürfte keine Umgehungsabsicht indizieren, zumal etwa im Franchiserecht die Unwirksamkeit längerer als 5-jähriger Verträge behauptet wird. Ohnehin ließe sich das gleiche Ergebnis durch Kündigung zum Ende des 5. Jahres erzielen. Nach ergebnislosen Verhandlungen und Ablauf der 5-Jahresfrist setzt sich ein vertragliches Wettbewerbsverbot nicht als solches dispositiven Rechts fort.1909 Auch falls ausschließlich die zeitlichen Grenzen des Verbots überschritten werden, kommt eine geltungserhaltende Reduktion nicht in Betracht.1910 Gleichwohl sind längere Laufzeiten des Vertriebsvertrages problematisch, sofern das Wettbewerbsverbot für eine Partei essentialia ist. Denn dann könnte bei Unwirksamkeit der Klausel mglw. Gesamtnichtigkeit nach §§ 139, 306 BGB eintreten. Die 5-Jahres-Grenze kommt nicht zur Anwendung, sofern der Unternehmer dem Vertriebsmittler seine eigenen Räumlichkeiten oder sein Grundstück zur Verfügung gestellt hat.1911 Gleichgestellt werden Fälle, in denen der Unternehmer fremde Immobilien gemietet oder gepachtet oder sie dem Käufer zur Verfügung gestellt hat.1912 Gelingt es nicht, eine freistellungsfähige Klausel zu vereinbaren, darf höchstens eine 5-jährige Vertragslaufzeit geregelt werden.1913 Es ist Aufgabe des nationalen Gerichts zu prüfen, ob eine Konkurrenzschutzklausel für eine unbestimmte Dauer gelten soll und damit mglw. von der Freistellung ausgeschlossen ist.1914 230 Wird ein Händler einem Alleinbezugsrecht unterworfen, so muss ihm als Gegenleistung nicht zwingend Exklusivität zugesichert werden. Dies folgt bereits daraus, dass ein Mittler wegen der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht bereits kraft § 86 Abs. 1 einem Wettbewerbsverbot unterliegt, welches einer Alleinbezugsverpflichtung nahe kommt, ohne dass er deshalb notwendigerweise Alleinvertreter sein müsste. Das Alleinvertriebsrecht kann aber – muss jedoch nicht – im Synallagma zu einem Wettbewerbsverbot des HV stehen. Endet das Wettbewerbsverbot des Mittlers, etwa aufgrund von Vereinbarungen, Zeitablauf oder kartellrechtlicher Unzulässigkeit, kann vereinbart werden, dass auch das Alleinvertriebsrecht endet. 231

Zu lit. b: Die Regelung des Art. 5 Abs. 1 lit. b GVO1915 entspricht der früheren Praxis. Obwohl rglm. unzulässig,1917 ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot des Vertriebsmittlers ausnahmsweise (enge Ausegung, regelm. keine Analogie!) gestattet, wenn kumulativ1918 die vier in Art. 5 Abs. 3 GVO lit. a–d genannten Umstände vorliegen.1919 1916

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1908 Nolte BB 2013, 1667 (1672); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1486) zum Kfz-Vertrieb. 1909 Emde BB 2006, 1061 (1066). 1910 Rahlmeyer ZVertriebsR 2014, 111 (112); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214); aA OLG Naumburg, Urt. v. 18.7.2013 – 2 U 76/13 (Kart), WRP 2013, 1402 m. abl. Anm. Rahlmeyer ZVertriebsR 2014, 111. 1911 Hierzu EuGH, Urt. v. 2.4.2009 – C-260/07 – Tankstellenvertreter. 1912 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 277. 1913 Giesler/Güntzel ZIP 2006, 1792 (1794). 1914 EuGH, Urt. v. 11.9.2008 – Rs. C-279/06, Cepsa./.Tobar, EWS 2008, 441 (446) = WuW EU-R 1475 Rn 61. 1915 Vgl. zu ihr etwa Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (403); Genzow in: Ensthaler § 90a Rn 23. 1916 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 1, GVO-Vertikal Rn 253. 1917 Genzow in: Ensthaler, § 90a Rn 23. 1918 Funke/Just DB 2010, 1389 (1392). 1919 Bauer/de Bronett Rn 167.

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Sie beziehen sich vor allem auf Franchiseverträge.1920 Sind die TB-Merkmale der lit. a–d erfüllt, ist die Freistellung gem. Art. 5 Abs. 3 lit. d auf den Zeitraum von einem Jahr begrenzt. Das ist eine Abweichung von § 90a, die oft unbeachtet bleibt (§ 90a Rn 14). Nachvertragliche Beschränkungen des Unternehmers sind – wie bei lit. a – zulässig und werden durch die GVO nicht untersagt.1921 Die Ausnahme (Freistellung) der lit. a des Art. 5 Abs. 3 GVO ist sachlich begrenzt auf 232 Konkurrenzprodukte. Solche müssen dem gleichen sachlichen Markt wie die Vertragsprodukte angehören, d.h. das Know-How muss bei ihnen in ähnlicher Weise wie bei den Vertragsprodukten nutzbar sein.1922 Fehlt es an Know-How, greift die Privilegierung nicht ein.1923 Räumlich ist die Ausnahme gemäß lit. b begrenzt auf den Ort der Geschäftstätigkeit des Mittlers während der Vertragslaufzeit. Unerheblich ist dabei, wem die Räumlichkeiten oder das Grundstück gehören und ob sie dem Vertriebsmittler vom Unternehmer überlassen wurden.1924 Gem. lit. c muss das Wettbewerbsverbot zum Schutz des vom Unternehmer überlassenen Know-How unerlässlich sein. Unerlässlich ist ein Wettbewerbsverbot, sofern es erforderlich ist, um den Mittler daran zu hindern, das vom Unternehmer überlassene Know-How zu seinem eigenen Vorteil auszunutzen. Außerdem darf die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots gemäß lit. d ein Jahr nicht überschreiten. Nach Ansicht des OLG Schleswig1925 kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für das Funktionieren eines Franchisesystems essentiell sein; es soll dann nicht gegen Art. 101 AEUV verstoßen. Gemäß Art. 5 Abs. 3, letzter Satz GVO, darf der Unternehmer den Mittler hinsicht- 233 lich der Nutzung und der Offenlegung von nicht allgemein bekannten Know-How zeitlich unbegrenzten Beschränkungen unterwerfen. Geschützt wird hierdurch geheimes Know-How. Dies gilt insbesondere für Know-How in Franchiseverträgen, welches erforderlich ist, um die Identität des Systems zu wahren oder die Übertragung des Wissens zu schützen.1926 Zu lit. c: Gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c GVO sind alle unmittelbaren oder mittelbaren Ver- 234 pflichtungen von der Freistellung ausgeschlossen, welche die Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems veranlassen, Marken bestimmter konkurrierender Lieferanten nicht zu verkaufen. Hiermit soll eine Kollusion auf horizontaler Ebene verhindert werden, die bewirkt, dass führende Anbieter durch Schaffung eines exklusiven Clubs von Marken bestimmte Marken vom Markt ausschließen (Tz 182 LL). Im Kfz-Vertrieb ist der selektive Vertrieb die verbreiteste Vertriebsform (Tz 42 LL Kfz-GVO). In zulässigen selektiven Vertriebssystemen kann es dem Unternehmer freistehen, seinem Vertragspartner den Verkauf von Produkten aller konkurrierender Marken zu untersagen. Die Markenexklusivität als solche wird also durch Art. 5 Abs. 1 lit. c GVO nicht von der Freistellung ausgeschlossen.1927 Von lit. c erfasst sind nur gezielt gegen einzelne („bestimmter“) Konkurrenzunternehmen gerichtete Vertragsklauseln,1928 d.h. der Ausschluss einzelner, bestimmter Marken,

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1920 Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 774. 1921 Thomas WuW 2010, 177 (180). 1922 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal, Rn 285. 1923 Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 775. 1924 Schultze/Pautke/Wagener Rn 693; Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 285. 1925 OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway. 1926 Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 ff.; siehe hierzu auch Emde WRP 2005, 1492 ff. 1927 Vgl. Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 291. 1928 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 290; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 656.

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insb. durch einen „kollektiven Boykott“ mehrerer Unternehmer (Tz 69 LL). Diese Marken müssen entweder namentlich benannt oder bei scheinbar abstrakter Umschreibung eindeutig namentlich bestimmbar sein. Das letztgenannte Erfordernis soll Umgehungsversuche ausschließen. Selektionskriterien, die nicht auf einzelne Unternehmen zielen, sind zulässig.1929 Es muss sich um eine rechtlich bindende Verpflichtung handeln. Eine faktische Bindung durch Ausübung von Druck oder Gewährung von Anreizen reicht nicht, auch wenn sie in ihrer Wirkung einer rechtlichen Bindung ähnliche Auswirkungen zeigt.1930 235

(7) Art. 6 GVO. Gemäß Art. 6 GVO kann die Kommission durch VO erklären, dass in Fällen, in denen mehr als 50% des betroffenen Marktes durch nebeneinander bestehende Netze gleichartiger vertikaler Beschränkungen abgedeckt werden, die GVO auf vertikale Vereinbarungen, die bestimmte Wettbewerbsbeschränkungen auf diesem Markt enthalten, keine Anwendung findet. Beim Vertrieb von Kfz auf Einzelhandelsebene soll eine solche Abschottung der Märkte unwahrscheinlich sein (Tz 34 LL Kfz-GVO).

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(8) Art. 7–10 GVO. Art. 7 GVO regelt die Marktanteilsermittlung, Art. 8 GVO die Umsatzermittlung. Art. 8 GVO i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GVO bestimmt, dass für die Umsatzermittlung den an der vertikalen Vereinbarung beteiligten Unternehmen die Umsätze verbundener Unternehmen zuzurechnen sind, weshalb auch im Kfz-Bereich nicht die Marktmacht der einzelnen Fahrzeugmarke sondern des Gesamtkonzerns oder der Gesamtgruppe betrachtet wird.1931 Gem. Art. 9 wird Art. 101 Abs. 1 AEUV im Zeitraum zwischen dem 1.6.2010 und dem 31.5.2011 im Hinblick auf Vereinbarungen, die zwar nicht die Voraussetzungen einer Freistellung i.S.d. GVO 330/10, jedoch der GVO 2790/99 erfüllen, nicht angewandt. Nach Art. 10 Abs. 1 GVO gilt die GVO seit dem 1.6.2010 und gem. Abs. 2 bis zum 31.5.2022. Eine Verlängerung wäre wünschenswert, und zwar bereits deshalb, weil den Marktteilnehmern durch Änderungen der GVO erzwungene ständige Anpassungen ihrer Verträge und wechselndes Recht unzumutbar sind. Die sich ständig ändernden GVOs sind ein Ärgernis. Die Novellierungen widerlegen die Sachgerechtigkeit der jeweiligen Vorgängerregelung sowie die Notwendigkeit solcher kartellrechtlichen Regelungswerke. Sie widerstreiten zudem der Rechtssicherheit, zumal die Rspr. sich bei der Klauselkontrolle und sogar bei der Frage der analogen Anwendung der HGBVorschriften auf HV-ähnliche Mittler an diesen GVOs orientiert.1932 Die Rechtsunsicherheit wird damit ins Zivilrecht getragen. bb) Die Kfz-GVO 461/10

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(1) Historie der Kfz-GVOs. Die erste branchenspezifische GVO für den Kfz-Vertrieb bildete die GVO 123/85 v. 12.12.1984, welche am 1.7.1985 in Kraft trat und bis zum 30.6.1995 wirksam war. Zuvor hatte sich die Kommission seit Anfang der 70iger Jahre in mehreren Entscheidungen zu Einzelfreistellungsanträgen unterschiedlicher Kfz-Hersteller geäußert.1933 Um der steigenden Anzahl solcher Einzelfreistellungsanträge entgegenzuwirken, entstand die GVO 123/85,1934 welche durch die am 1.7.1995 in Kraft getretene

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1929 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 294. 1930 Baron in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, GVO-Vertikal Rn 294; zweifelhaft. 1931 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481). 1932 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, BeckRS 2009, 22193; kritisch Emde BB 2009, 2330 (2331). 1933 Siehe die grundlegenden Entscheidungen zum BMW-Händlervertrag v. 13.12.1974, ABl. EG Nr. L 29 v. 3.2.1975, 1. 1934 Siehe Böni WuW 2013, 479 (480).

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und bis zum 30.9.2002 anwendbare GVO 1475/951935 ersetzt wurde. Ob die teilweise mit großem Enthusiasmus begrüßte,1936 von Anderen skeptisch beäugte1937 Kfz-GVO 1400/ 02 tatsächlich publiziert werden würde, war zunächst unsicher.1938 Diskutiert wurde eine Verlängerung der Alt-GVO 1475/95,1939 ihr völliges Entfallen oder eine Schirm-GVO mit kfz-spezifischen Ergänzungen.1940 Die neue Kfz-GVO 461/101941 (im Folgenden „Kfz-GVO“) trat zum 1.6.2010 in Kraft,1942 ergänzt durch ihre Leitlinien (LL) und die am 27.8.2012 veröffentlichten Antworten auf häufig gestellte Fragen zu ihrer Anwendung.1943 Eine von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Studie der London Economics kam zuvor zu dem Ergebnis, auf dem Neuwagenmarkt herrsche starker Wettbewerb. Hier sei die Kfz-GVO 1400/02 gut umgesetzt worden. Im Servicebereich funktioniere der Wettbewerb jedoch nicht so, wie es wünschenswert sei. Im Ersatzteilbereich sei Wettbewerb am wenigsten existent.1944 Die GVO habe den Herstellern zu umfangreiche Gestaltungsspielräume belassen, ohne Instrumente bereitzustellen, um jene wirksam zu überprüfen.1945 Insb. behinderten die Hersteller durch umfangreiche Standards, deren Erfüllung wegen der damit verbundenen Kosten schwerfalle, einen freien Wettbewerb.1946 Nach Vorstellung des Evaluierungsberichts reichten die Vorschläge von der Abschaffung einer branchenspezifischen Regelung bis zu einer verschärften Neuauflage.1947 Im weiteren Verlauf wurden 4 Regelungsoptionen mit ihren Vor- und Nachteilen vorgestellt.1948 Letztlich entschied sich die Kommission für eine Mischung aus einer branchenspezifischen Regelung für den After-Sales-Bereich in Kombination mit der grds. Anwendung der Vertikal-GVO auf den Vertrieb1949 (Art. 3 KfzGVO). Die Kommission vertrat die Ansicht, dass es im Neuwagenvertrieb keine erheblichen Wettbewerbsbeeinträchtigungen gebe, die das Fortbestehen einer gesonderten Regelung für den Kfz-Sektor rechtfertige und entschied sich damit gegen ein Fortbestehen der GVO 1400/02 oder einer anderen, den Kfz-Vertrieb betreffenden GVO (Tz 12 LL).1950 Es herrsche starker Wettbewerb. Die Margen der Kfz-Hersteller und Kfz-Händler seien gering. Mehrere Jahre lang hätten Produktionsüberkapazitäten und technologische Neuerungen zum Nutzen der Verbraucher zur Senkung der Kfz-Preise und zur Verbesserung des Angebots

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1935 VO (EG) Nr. 1475/95 der Kommission v. 28.6.1995 über die Anwendung v. Art. 85 Abs. 3 des Vertrags auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen bei Kfz, ABlEG L 145 v. 29.6.1995, 25. 1936 Ensthaler BB 25/2001 „Die erste Seite“. 1937 Rittner WuW 2002, 329: noch engere Zwangsjacke für den Kfz-Vertrieb. Der Entwurf wirke an vielen Stellen zu wenig durchdacht, der exklusive Vertrieb könne nicht gut als Alternative zum selektiven gestellt werden, da beide Prinzipien sich ergänzten. Der Mehrmarkenvertrieb brauche nicht über Art. 3 Nr. 3 GVO 1475/95 hinaus freigestellt zu werden. Der enge Verbund von Vertrieb und Kundendienst habe sich bewährt. 1938 Zusammenfassend Böni WuW 2013, 479 (481). 1939 Vgl. etwa Bechtold EWS 2001, 49. 1940 Böni WuW 2013, 479 (481); Weber Kfz-Betrieb 16/2001, 26. 1941 VO EU Nr. 461/2010, ABl. v. 28.10.2010, L 129/52. 1942 Zur Genese der GVO 461/10 Köhnen BB 2010, 781 ff. 1943 Abrufbar unter ec.europa-eu/competition/sectors/motor_vehicles/legislation; hierzu Frenz WRP 2013, 163. 1944 Jagels Kfz-Betrieb 35/2006, S. 10; zum Bewertungsbericht der EU-Kommission Wendel BB 2008, 1294 ff. 1945 Ensthaler zit. nach Jagels Kfz-Betrieb 35/2006, S. 11. 1946 Vgl. von Maltzan Kfz-Betrieb 26/2007, S. 16. 1947 Böni WuW 2013, 480 (483). 1948 Böni WuW 2013, 480 (483). 1949 Nolte BB 2013, 1667. 1950 Kritisch zu dieser Differenzierung zwischen Primär- und Sekundärmarkt Prasse BB 2010, 1481.

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beigetragen. Die Finanzkrise habe den Preisdruck verschärft. Unter diesen Umständen seien die bisherigen Regeln zu kompliziert und restriktiv und trieben indirekt die Vertriebskosten in die Höhe, auf die durchschnittlich 30% des Preises eines Neufahrzeugs entfielen. Die Regeln seien zu vereinfachen. Der Markt für den Kfz-Vertrieb werde künftig genauso behandelt wie andere Märkte. Die neue Kfz-GVO 461/10 gilt daher nur noch für den After-Sales-Bereich. Hier bleibt das bisherige System im Grundsatz bestehen. Für den Neuwagenvertrieb gilt ab 1.6.2013 – nach Auslaufen der Kfz-GVO 1400/02 für diesen Geschäftsteil – die Schirm-GVO 330/10, ebenso für Verträge über Teile im Erstausrüstermarkt.1951 Zumindest bis zum 1.10.2013 blieben der alten GVO 1400/02 konforme und auf den Neuwagenvertrieb bezogene Verträge freigestellt, mglw. auch danach, da die alte KfzGVO zu Lasten der Hersteller strenger war.1952 Wegen der größeren Freiheit unter der neuen GVO war eine Kündigung der der alten Kfz-GVO 1400/02 gemäßen Verträge nicht erforderlich. Zahlreiche Hersteller haben gleichwohl die Gelegenheit zur Kündigung genutzt.1953 Unter der neuen Kfz-GVO entfallen die 30%ige Bezugsbindung im Ersatzteilbe238 reich,1954 die Bestimmungen zur Mindestkündigungsfrist (Art. 3 Abs. 5 GVO 1400/02),1955 zur Übertragung von Händlerverträgen (Art. 3 Abs. 3 GVO 1400/02), zur Anrufung eines Schiedsrichters (Art. 3 Abs. 6 GVO 1400/02), zur Verfügbarkeitsklausel (Art. 4 lit. f GVO 1400/2002), zur Standortwahl (Art. 5 Abs. 2 lit. a, Abs. 3 GVO 1400/02),1956 zur untervertraglichen Weitergabe von Serviceleistungen (Art. 4 Abs. 1 lit. g GVO 1400/02) sowie zum Begründungszwang für Kündigungen (Art. 3 Abs. 4 GVO 1400/02). Der Mehrmarkenvertrieb kann entgegen Art. 5 Abs. 1 GVO 1400/02 für den Zeitraum von 5 Jahren1957 eingeschränkt werden1958 und eine Bezugspflicht von Neuwagen von bis zu 80% vorgesehen werden.1959 Zu den Altregelungen siehe 2. Aufl, Vor § 84 Rn 168 ff. Damit wurden wesentliche Schutzvorschriften zugunsten des Händlers gestrichen,1960 239 weil sie nach Ansicht der Kommission zivilrechtlichen und keinen wettbewerbsrechtlichen Charakter trugen.1961 Die in Tz 7 der LL zur Kfz-GVO angesprochenen und unten, Rn 247 ff. besprochenen Selbstverpflichtungskataloge der Hersteller (ACEA-Code of Good Practice)1962 oder Händler (CECRA-Code of Conduct – CoC)1963 werden wohl wenig helfen, zumal sie nur für Unternehmen gelten, die sich ihnen freiwillig unterwerfen,1964 wozu keine Pflicht besteht.1965 Deshalb hat etwa Österreich die Kündigung mit 2-jähriger Frist, die Möglichkeit zum Verkauf des Autohauses samt Vertrag sowie die Existenz von Schlich-

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1951 Wegner BB 2010, 1803 (1806). 1952 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1487). 1953 Baeuchle kfz-betrieb Heft 15/2013, 26. 1954 Schuhmacher/Erdmann WuW 2011, 462 (468). 1955 Entsprechend dem Citroen-Urt. des BGH (EBE 1995, 259) gilt nun eine einjährige Mindestkündigungsfrist, s. Niebling WRP 2010, 81 (84). 1956 Nolte BB 2013, 1667 (1669); Wegner BB 2010, 1803 (1806). Grund: Investitionen des Händlers sollen geschützt werden, s. Nolte BB 2013, 1667 (1669). 1957 Nolte BB 2013, 1667 (1669); Köhnen BB 2010, 781 (784). 1958 Nolte BB 2013, 1667 (1669); Böni WuW 2013, 479; Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483 f.); aA Niebling WRP 2010, 81 (84). 1959 Nolte BB 2013, 1667 (1670). 1960 Krit. Niebling WRP 2010, 1454 (1458); Prasse BB 2010, 1481. 1961 Vgl. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483); Wegner BB 2010, 1803 (1809). 1962 Wiedergegeben etwa in Kfz-Betrieb Spezial 11/2010, 49. 1963 Wiedergegeben etwa in Kfz-Betrieb Spezial 11/2010, 49. 1964 Nolte BB 2013, 1667 (1671); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483); Köhnen BB 2010, 781 (784). 1965 Nolte BB 2013, 1667 (1671); Wegner BB 2010, 1803 (1809). Eine Beweislastumkehr hinsichtlich des Nachweises fehlender Freistellung folgt aus der Nichtunterwerfung unter einen Kodex gleichfalls nicht (Wegner BB 2010, 1803 [1809]).

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tungsstellen gesetzlich festgeschrieben;1966 die Schweiz die an die Alt-GVO angelehnte Kfz-Bekanntmachung bis 2015 verlängert.1967 (2) Ergänzende Leitlinien (LL) und häufig gestellte Fragen zur Kfz-GVO. Die 240 Kommission hat auch zu der Kfz-GVO ergänzende LL erlassen.1968 Zu ihrer Rechtsnatur unten, Rn 156. Im Kfz-Vertrieb muss der Anwender daher nun mit mindestens 5 Dokumenten arbeiten (Kfz-GVO, GVO 330/10, LL-Kfz-GVO, LL-GVO 330/10 sowie „häufig gestellte Fragen“ zu der Kfz-GVO).1969, 1970 (3) Kfz-Vertrieb unter den neuem Regelungsregime der GVOs (a) Wo wird der Kfz-Vertrieb geregelt? Die neue Kfz-GVO 461/10 regelt nur den 241 Service, also das After-Sales-Geschäft. Die Schirm-Vertriebs-GVO 330/10 (zu ihr Rn 182) gilt nun auch für den Vertrieb von Kfz.1971 Sie regelt den Vertrieb aller Fahrzeuge, nicht nur solcher, die von der Definition des Art. 1 Abs. 1 GVO 461/10 (vgl. dazu Rn 254) erfasst sind. Insb. wird auch der Vertrieb von Fahrgestellen (Chassis) erfasst,1972 zudem von Gebrauchtfahrzeugen.1973 Die branchenspezifische Vertriebs-GVO über den Vertrieb von Kfz ist damit entfallen. Die Freistellungsfähigkeit nach der Schirm-GVO gilt auch im Kfz-Vertrieb nur bis zur beiderseitigen Marktanteilsschwelle von 30%. Damit stellt sich die Frage einer Einzelfreistellung. Theoretisch ist eine solche möglich, ab einem Marktanteil von 40% jedoch schwierig.1974 Nach Ansicht von Nolte1975 sollte der Marktanteil im Kfz-Vertrieb, abweichend von der Marktanteilsfeststellung gemäß der Kfz-GVO (dazu Rn 255 ff.) oder nach §§ 19, 20 GWB (Rn 324), aus der Sicht der gewerblichen Kfz-Händler abgegrenzt werden. Das ist zweifelhaft und kann zumindest für den Marktanteil des Kfz-Händler selbst nicht gelten. Abgestellt sein dürfte in beiden Fällen auf die Marktanteile aus der Sicht der Endverbraucher. Es gelten daher die unter Rn 256 f. dargelegten Maßstäbe. (b) Zulässige Vereinbarungen zum Vertrieb. Auch unter dem Regelungsregime 242 der GVOs 330/10 und 461/10 gibt es keine zwingende Verbindung zwischen Kundendienst und Verkauf. Nach der GVO zulässig wäre es, dass der Händler keine Werkstattleistungen erbringt. Die Händler können aber im Händlervertrag dazu verpflichtet werden. Umgekehrt braucht eine Werkstatt nicht notwendigerweise Handel zu betreiben. Sie kann jedoch dazu ebenfalls im Werkstattvertrag verpflichtet werden.1976 Die Hersteller können im selektiven System zwei- oder mehrstufige Vertriebssysteme mit Importeuren oder Großhändlern einrichten, ihre Neufahrzeuge im Eigenvertrieb oder zweiglei-

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1966 Creutzig Kfz-Betrieb Heft 15/2013, 28. 1967 Creutzig Kfz-Betrieb Heft 15/2013, 28. 1968 ABl. EU v. 28.5.2010 – C 138/16. 1969 Frequently asked questions (häufig gestellte Fragen) zur Kfz-GVO v. 27.8.2012. Diese FAQ sind keine Rechtsakte. Eine Abweichung bedarf daher keiner Vorlage zum EuGH, s. Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1970 Zu den daraus entstehenden Schwierigkeiten auch Nolte BB 2013, 1667. 1971 Hierzu etwa Nolte BB 2013, 1667 ff. 1972 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1973 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1974 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1975 BB 2013, 1667 (1668/1669). 1976 Anders unter der GVO 1400/02: Dort war es unzulässig, Werkstatt und Händler zu der jeweils komplementären Leistung zu verpflichten, s. Emde Vertriebsrecht, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 174; Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509).

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sig über Eigen- und Absatzmittlervertrieb verkaufen.1977 Die Hersteller dürfen sich ein Mitvertriebsrecht gegenüber dem Endkunden vorbehalten;1978 ein Alleinvertriebsrecht jedoch nur unter den Voraussetzungen des Art. 4 GVO.1979 Mit rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaften darf der Händler nach wie vor – jedenfalls aus Rechtsgründen – beliebig viele Marken vertreiben.1980 Wenn die Voraussetzungen des § 19 GWB erfüllt sind, soll der Hersteller zur Begründung der ordentlichen Kündigung verpflichtet sein.1981 Auch unter den neuen GVOs 330/10 und 461/10 darf ein Kunde einen bevollmächtigen Vermittler mit dem Kauf beauftragen; dieses Recht darf in den Händlerverträgen nicht ausgeschlossen werden. Vermittler sind Personen, die ein neues Kfz für einen Verbraucher kaufen, ohne Mitglied des jeweiligen Vertriebsnetzes zu sein. Der Kaufvertrag kommt dann mit dem Kunden zustande, nicht mit dem Vermittler.1982 Die Einkaufsvermittler müssen ihren Vermittlerstatus durch einen gültigen Auftrag nachweisen.1983 Dabei darf der Vermittler auch das Internet zur Vermittlung benutzen.1984 Da eine Werkstatt hinsichtlich des Neuwagenvertriebs nicht Mitglied des Vertriebsnetzes des Unternehmers ist, darf sie als Vermittlerin tätig werden. 243 Nach wie vor dürfen Hersteller zwischen einem exklusiven und quantitativ-selektiven Vertrieb wählen.1985 Der Dualismus der Systeme ergab sich unter der alten Kfz-GVO 1400/02 aus deren Art. 41986 und beide Systeme sind nach wie vor kartellrechtsgemäß. Sie müssen aber die Voraussetzungen des Art. 4 GVO 330/10 einhalten, was besonders im exklusiven System problematisch ist. Eine Verknüpfung beider Systeme war unter der GVO 1400/02 nicht erlaubt,1987 dürfte nun aber bei Einhaltung der Grenzen des Art. 4 GVO zulässig sein. Im bis zu einem beidseitigen Marktanteil von 30% freigestellten exklusiven Vertriebs, dessen Zulässigkeit Art. 4 lit. b GVO 330/10 (früher: Art. 4.1 lit. b Kfz-GVO 1400/02) entnommen werden kann (Beschränkungen des aktiven Verkaufs in Gebiete oder zu Kundengruppen die sich der Hersteller selbst oder anderen Händlern vorbehalten hat)1988 darf dem Händler ein überschneidungsfreies1989 Gebiet zugewiesen1990 und dürfen aktive Verkäufe und aktive Werbung1991 außerhalb jenes Gebiets untersagt werden.1992 Andere Händler dürfen in diesem Vertriebsgebiet nicht aktiv werben und der Hersteller kann Händlern die Eröffnung von Niederlassungen im Vertragsgebiet eines anderen Händlers untersagen.1993 Innerhalb eines ggf. nicht Art. 101 AEUV verletzenden (Rn 132 ff.) und im Falle einer Verletzung des Art. 101 AEUV möglicherweise durch die GVO 330/10 bis zu einem Marktan-

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1977 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1978 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1979 Vgl. hierzu: Nolte BB 2013, 1667 (1668). 1980 Nolte BB 2013, 1667 (1670). 1981 Nolte BB 2013, 1667 (1672). 1982 Nolte BB 2013, 1667 (1672). 1983 LL zur Kfz-GVO, Rn 52; Nolte BB 2013, 1667 (1672). 1984 Nolte BB 2013, 1667 (1672). 1985 Siehe zum Rechtszustand unter der früheren Kfz-GVO 1400/02 Emde Vertriebsrecht, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 172 f.; Ensthaler WuW 2002, 1042 (1043/1044); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508); Wendel WRP 2002, 1395 (1405); Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2593). 1986 Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044). 1987 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1099) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde); Ensthaler BB 2002, 313 (314); Siegert NJW 2007, 188 (189). 1988 Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044); Wendel WRP 2002, 1395 (1405). 1989 Ensthaler BB 2002, 313 (314). 1990 Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). 1991 Creutzig BB 2002, 2133 (2140). 1992 Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508); Wendel WRP 2002, 1395 (1406). 1993 Creutzig BB 2002, 2133 (2140).

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teil von 30% freigestellten1994 selektiven Vertriebssystems (unterteilt in qualitativen und quantitativ-selektiven Vertrieb) und erwähnt in Art. 4 lit. c GVO 330/10 (früher: Art. 4 Ziff. 1 lit. b (iii))1995 wählen die Hersteller ihre Händler anhand von qualitativen Kriterien aus.1996 Sachliche1997 Standards dürfen festgelegt werden (näher oben, Rn 132 ff.). Zusätzlich könnten quantitative Selektionskriterien gewählt werden, z.B. die Obergrenze der Händleranzahl1998 (zur quantitativen Selektion Rn 137). In einem solchen System dürfen die Händler aktiv innerhalb der gesamten Gemeinschaft Fahrzeuge an Endverbraucher veräußern1999 (Art. 4 lit. c GVO 330/10). Der Hersteller darf den Händlern also kein bestimmtes Absatzgebiet zuweisen,2000 gebietsbezogene Verkaufsziele, Neuwagenzuteilungen und Bonussysteme sind nicht erlaubt.2001 Internet-Verkauf ist im selektiven System unbeschränkt zulässig.2002 Im exklusiven System darf nur der aktive Internet-Verkauf untersagt werden,2003 s. Rn 211 ff. Die Übernahme des Großkundengeschäfts soll in einem selektiven Vertriebssystem angeblich unzulässig sein.2004 Zugewiesen werden kann ein Hauptstandort, der nicht geschlossen werden darf.2005 Auch im selektiven System nicht freigestellt sind Qualitätsstandards, die mittelbar Wettbewerbsverbote zur Folge hätten, etwa Mindestgröße der Ausstellungsfläche und Mindestumsatzgröße 2006 (Art. 5 GVO 330/10). Zusätzliche Standorte sind unzulässig, wo der Hersteller ein exklusives Vertriebssystem betreibt.2007 Unterschiedliche Standards der Händler in verschiedenen EU-Staaten sollen nicht gestattet sein2008 (zweifelhaft). Nationale Marketingaktionen sind im exklusiven wie im selektiven Vertrieb zulässig.2009 Welches System der Hersteller wählt, ergibt sich aus dem Vertrag, etwa der Wahl 244 von Marktverantwortungsbereichen. Der Hersteller ist insoweit frei und darf in verschiedenen Ländern unterschiedliche Systeme einführen.2010 In diesem Fall soll der Händler im selektiven System hinsichtlich seiner aktiven Verkäufe die Rechte des Händlers des exklusiven Systems (Gebietschutz) zu beachten haben. Er soll nicht in diese Gebiete hinein liefern dürfen, ebenso wie der Exklusivhändler angeblich nicht die freien Händler beliefern darf, die im Gebiet des selektiven Vertriebs ansässig sind.2011 Dies begegnet Zweifeln, weil der Hersteller für klar definierte Verbote zu sorgen hätte. Die Mehrzahl der Hersteller und Importeure (Ausnahme: Suzuki) hat sich bereits unter der GVO 1400/02 für den quantitativ-selektiven Vertrieb entschieden,2012 da man das Risiko einer unkontrollierten Öffnung des Vertriebsnetzes für nicht autorisierte Wiederverkäufer wie Supermärkte und Handelsketten im Rahmen eines Exklusivvertriebs vermeiden wollte.2013 An

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1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013

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Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044). Ensthaler BB 2002, 313 (314). Niebling WRP 2006, 1334 (1335). Nolte BB 2013, 1667 (1668). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1045); Ensthaler BB 2002, 313 (315); Creutzig EuZW 2002, 560 (561). Rickmann WuW 2003, 752 (759); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (508). Ensthaler BB 2002, 313. Niebling WRP 2010, 81 (83); Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2003, 533. Wendel WRP 2002, 1395 (1413). Creutzig BB 2002, 2133 (2141). Creutzig BB 2002, 2133 (2141). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1046). Creutzig BB 2002, 2133 (2139). Ensthaler WuW 2002, 1042 (1044). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2593). Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 29. Nolte BB 2013, 1667 (1668); Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112).

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§ 19 GWB dürften Regelungen im Händlervertrag scheitern, z.B. mit einer bestimmten Bank, Telefon- oder Leasinggesellschaft zusammenzuarbeiten oder ein bestimmtes EDVSystem anzuschaffen.2014 245

(c) Neuwagenvertrieb durch autorisierte Werkstätten? Nach den LL dürfen zugelassene Werkstätten, außer in der Einführungsphase eines Vertriebssystems, nicht zum Verkauf von Neuwagen verpflichtet werden (Tz 71 LL). Händler dürfen jedoch zum Service verpflichtet werden. Vollfunktionsverträge sind also, obwohl Tz. 71 LL auch Raum für ein gegenteiliges Verständnis gibt, wieder möglich.2015 Ob sie ratsam sind, ist fraglich. Denn der Kontrahierungszwang im Werkstattbereich nach § 19 GWB (Rn 321 ff.) könnte auf den Händlervertrag abfärben. Zwar unterliegt der Hersteller zumindest kartellrechtlich der Verpflichtung, jedem Interessenten für einen Werkstattvertrag, der die Selektionskriterien des Herstellers erfüllt, einen Werkstattvertrag anzubieten („Kontrahierungszwang“, Rn 321 ff.). Den Neuwagenvertrieb braucht der Hersteller der autorisierten Werkstatt jedoch nicht anzubieten.2016 Nach einer Ansicht2017 stellt der Verkauf von Neuwagen durch zugelassene Werkstätten ohne vertragliche Gestattung eine Verletzung des Werkstattvertrages dar2018 und darf auch mittels AGB (Rn 55, Stichwort „Neuwagenverkauf“) untersagt werden. 2019 Der Vertragswerkstättenvertrag begründe die Nebenpflicht, nicht in Wettbewerb zum Vertriebssystem des Herstellers/Importeurs zu treten. Rechtsfolge seien Unterlassungs-, Schadenersatz- und Auskunftsansprüche; zudem das Recht zur fristlosen Kündigung.2020 Markenrechtliche Ansprüche erscheinen jedoch zweifelhaft, wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen allenfalls, sofern die Werkstatt einen Vertragshändler zum Vertragsbruch veranlasst oder Schleichbezug vorliegt (Rn 345). Die Werkstatt darf sich nicht als Vertragshändler gerieren,2021 was ausscheidet, wenn sie auf ihre Service-Partnereigenschaft hinweist. Es spricht viel für die Zulässigkeit des Neuwagenverkaufs auch durch eine zugelassene Werkstatt,2022 und die Unzulässigkeit dies ausschließender Klauseln nach § 307 BGB (Rn 55, Stichwort „Neuwagenverkauf“), weil die Kfz-GVO die Rechte von Händlern und Werkstätten gerade stärken und nicht einschränken wollte. Wenn der Hersteller die Werkstatt nicht mit dem Vertrieb beauftragt, ist die Werkstatt in diesem Bereich frei (Art. 2 Abs. 1 GG). Sie unterliegt also beim Vertrieb keinem Wettbewerbsverbot und er darf ihr auch nicht untersagt werden. Auch ein Gegenschluss aus § 90a für den nachvertraglichen Wettbewerb bestätigt diesen Befund. Wenn beim nachvertraglichen Wettbewerb keine Beschränkung außerhalb des Vertragsgegenstandes möglich ist, gilt dies in gleicher Weise beim vertragsbegleitenden Wettbewerb. Soweit dementsprechend nichts im Vertrag geregelt wurde, hält der BGH – wohl wegen des damit verbundenen Vertrauensvorschusses2023 – den Verkauf von Neuwagen nur

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2014 Creutzig BB 2002, 2133 (2137); Ensthaler WuW 2002, 1042 (1048). 2015 Nolte BB 2013, 1667 (1670); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483). 2016 Nolte BB 2013, 1667 (1672). 2017 Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1346); Niebling WRP 2006, 1334 (1335). 2018 Niebling JR 2009, 393. 2019 Niebling WRP 2006, 1334 (1335); aA LG Erfurt, Urt. v. 13.12.2007 – 2 HKO 244/07. 2020 Das Argument dürfte sich wenden lassen: Mit gleicher Begründung könnte eine Verpflichtung des Herstellers begründet werden, nicht in Wettbewerb zur Werkstatt zu treten. 2021 BGH, Urt. v. 17.3.2011 – I ZR 170/08, WRP 2011, 1417 m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; OLG Rostock, Urt. v. 21.5.2008 – 2 U 75/07; Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 ff. 2022 Dies lässt sich im Umkehrschluss auch der Entscheidung BGH, Urt. v. 17.3.2011 – I ZR 170/08, WRP 2011, 1417 m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428 entnehmen. Denn sonst hätte diese Entscheidung nicht auf eine mögliche Irreführung rekurrieren müssen. 2023 Berlit LMK 2011, 324689.

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dann für unzulässig, wenn beim angesprochenen Verkehr der unzutreffende Eindruck entstehen könne, der Werbende sei „Vertragshändler“ eines Automobilherstellers.2024 Ähnlich judizierte das OLG Rostock,2025 demzufolge der Verkauf von Neufahrzeugen durch eine zugelassene Vertragswerkstatt nur dann untersagt ist, wenn sich aus der Anzeige der Vertragswerkstatt der Eindruck herleite, sie könne auf Grund von Vertragsbeziehungen zum Unternehmer sofort Neufahrzeuge liefern. Die bloße Bezeichnung als Vertragspartner des Herstellers dürfte aber zulässig sein, da auch die Vertragswerkstatt dessen Vertragspartner ist.2026 Selbst dem nicht vertragsrechtlich autorisierten Händler ist es folglich erlaubt, auf den Gegenstand seiner Tätigkeit, etwa den Verkauf von Kfz der Marke Ford, hinzuweisen und dabei die Wortmarke Ford zu benutzen. Dabei jedoch mit Begriffen zu arbeiten wie „Spezial-Werkstatt für …“ oder die Marke des Automobilherstellers in den Firmennamen aufzunehmen, und damit die Assoziation eines engen Vertrages zum Hersteller wäre wiederum irreführend.2027 Sofern ein solcher Eindruck nicht hervorgerufen werde, ergeben sich aus dem Vertragswerkstattvertrag keine weitergehenden Rücksichtnahmepflichten, welche den Verkauf von Neufahrzeugen ausschliessen. Nach Ansicht des LG Köln2028 muss ein nicht autorisierter Wiederverkäufer, der EU-Fahrzeuge veräußert – insbes. eine Vertragswerkstatt –, darauf hinweisen, dass es sich bei den Fahrzeugen um EU-Neuwagen handele. Anderenfalls erwecke er den Eindruck einer Vertragshändlereigenschaft. Das Thüringer OLG2029 verneint einen Anspruch des Herstellers aus § 24 Abs. 1 MarkG wegen markenrechtlicher Erschöpfung. Aus der GVO 1400/02 lasse sich ein Verbot für Werkstattbetriebe, Neuwagenverkäufe durchzuführen, nicht herleiten. Ohnehin könne eine Werkstatt nicht dem Händler-Vertriebssystem zugehörig betrachtet werden. Ihre Pflichten ergäben sich ausschließlich aus dem Werkstattvertrag. Ob vertragliche Beschränkungen der Werkstatt in Bezug auf den Neuwagenverkauf freigestellt wären, könne dahinstehen. Der Unternehmer habe die Schutzinstrumente für sein Vertriebsbindungssystem selbst im Vertrag zu installieren und könne sich bei deren Versagen nicht auf die Generalklausel des § 242 BGB zurückziehen. Es bestehe kein vertraglicher Anspruch (§§ 241, 280 BGB), den Neuwagenverkauf zu unterlassen, insb. nicht aus ungeschriebenen vertraglichen Nebenpflichten. Treupflichten müssten sich an die durch den Werkstattvertrag begründeten Pflichten anlehnen und dürften nicht vertragliche Lücken schließen, die mangels Zugehörigkeit zum Vertragshändlersystem oder wegen Fehlens ausdrücklicher Vereinbarungen entständen. Insoweit könnten die Treupflichten des Werkstattbetriebs nicht weitergehen als die freier Händler. Das Fehlen einer vertraglichen Regelung oder sonstiger diskriminierungsfreier Schutzmechanismen für das Vertriebssystem dürfe nicht über dem Werkstattvertrag angeblich immanente Treupflichten korrigiert werden. Erweckt die in die Ladenbeschilderung eines Händlers aufgenommene Marke eines Herstellers den unrichtigen Eindruck, zwischen Händler und Hersteller bestehe eine vertragliche Verbindung, wird nach dem OLG Frankfurt/M.2030 die Herkunftsfunktion der fremden Marke beeinträchtigt; die Schutzschranken der §§ 23, 24 MarkenG greifen in diesem Fall nicht ein. Geht in einem solchen Fall der Markeninhaber

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2024 BGH, Urt. v. 17.3.2011 – I ZR 170/08, WRP 2011, 1417 m. insoweit zust. Anm. Niebling WRP 2011, 1416; zust. auch Niebling WRP 2012, 1361 (1366). Ähnlich – mit markenrechtlicher Begründung und außerhalb des Kfz-Bereichs OLG Frankfurt, Urt. v. 21.3.2013 – 6 U 170/12, BeckRS 2013, 06349. 2025 Urt. v. 21.5.2008 – 2 U 75/07; zust. Niebling WRP 2010, 1454 (1457). 2026 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09 und KZR 7/09, WRP 2011, 909 m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; Niebling WRP 2012, 1361 (1366). 2027 Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2028 Beschl. v. 8.5.2009 – 28 O 210/08, n.v. 2029 Urt. v. 25.6.2008 – 2 U 21/08. 2030 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 21.3.2013 – 6 U 170/12, GRUR-RR 2013, 433.

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jedoch gegen die Verletzung über einen längeren Zeitraum nicht vor, obwohl er – wie auch der Verletzer weiß – bei Beachtung der ihn treffenden Beobachtungspflicht die Verletzung hätte erkennen können, kann der sich aus der Verletzung ergebende Schadensersatzanspruch verwirkt sein; nicht verwirkt ist dagegen in diesem Fall der markenrechtliche Unterlassungsanspruch.2031 246

(d) Kündigungsgründe. Die Kündigung eines Vertragshändlervertrages kann rglm. nur aus Gründen erfolgen, die aus dem Vertrieb resultieren, die Kündigung des Werkstattvertrages nur aus Gründen, die aus dem Werkstattgeschäft herrühren,2032 es sei denn, das Vertrauen entfällt insgesamt. Ein Abrechnungsbetrug im Rahmen des KfzVertriebs soll dergestalt geeignet sein, das Vertrauen sowohl im Rahmen des Händlerswie des Werkstattvertrages zu erschüttern und eine Kündigung beider Verträge zu rechtfertigen;2033 ebenso soll die fehlende Anschaffung von Spezialwerkzeugen zur außerordentlichen Kündigung des Händlervertrages berechtigen,2034 nicht jedoch der Rückstand mit Zahlungen aus dem Vertriebsvertrag.2035

(4) Fortschreibung einzelner Händlerschutzbestimmungen in den Selbstverpflichtungskatalogen und den Händlerverträgen. Wie oben Rn 239 dargestellt, haben Herstellerverbände Selbstverpflichtungskataloge entworfen, die allerdings nur für Unternehmen gelten, die sich ihnen freiwillig unterwerfen.2036 Man könnte darüber diskutieren, ob es sich bei diesen Selbstverpflichtungskatalogen um Branchenstandards handelt, die bei der AGB-Kontrolle und im Rahmen der Generalklauseln zu berücksichtigen sind. Jedenfalls wird es sich bei der Selbstverpflichtung und den in die Verträge übernommenen Tatbeständen um AGB handeln, die verwenderfeindlich auszulegen sind. Die Kommission will die vertragliche Umsetzung dieser Selbstverpflichtungskodizes im Falle einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung als entlastenden Umstand berücksichtigen.2037 In den Selbstverpflichtungskatalogen leben die Verlängerung der Kündigungsfrist auf 2 Jahre, ihre Verkürzung auf ein Jahr im Falle einer Strukturkündigung sowie die Regeln über die außergerichtliche Streitschlichtung fort.2038 Im CECRA-CoC ist auch das Recht zur Übertragung des Vertrages und der schriftlichen Begründung mit angemessener Kündigungsfrist fortgeschrieben worden. Die in der alten Kfz-GVO 1400/02 enthaltenen und in die Selbstverpflichtungskataloge überführten Händlerschutzbestimmungen werden nachfolgend kommentiert: 248 Gem. Art. 3 Abs. 4 GVO 1400/02 musste eine Kündigung schriftlich begründet werden.2039 Diese Regelung ist auch in Art. 3.2 CECRA-CoC enthalten. Die Begründung muss ausführlich, objektiv und transparent sein.2040 Sie muss erkennen lassen, warum der Vertrag mit dem konkret betroffenen Händler nicht fortgesetzt werden soll.2041 Genannt wer247

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2031 OLG Frankfurt/ M., Urt. v. 21.3.2013 – 6 U 170/12, GRUR-RR 2013, 433. 2032 OLG Braunschweig, Urt. v. 1.9.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10; Creutzig BB 2002, 2133 (2147); Nolte WRP 2005, 1124 (1126, 1127). 2033 Nolte WRP 2005, 1124 (1126, 1127). 2034 LG Düsseldorf, Urt. v. 17.7.2009 – 14c O 95/09, BeckRS 2009, 24224. 2035 OLG Braunschweig, Urt. v. 1.9.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10. 2036 Nolte BB 2013, 1667 (1671); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483); Köhnen BB 2010, 781 (784). 2037 Kfz-LL, Rn 7 S. 4; Nolte BB 2013, 1667 (1671). 2038 Nolte BB 2013, 1667 (1672). 2039 Eingehend Emde VersR 2004, 1499 (1507); s.a. Niebling WRP 2005, 717 (718). 2040 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 8.4.2014 – 11 U 105/13 (Kart), BeckRS 2014, 09888; Pfeffer NJW 2002, 2110 (2112); Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). 2041 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 8.4.2014 – 11 U 105/13 (Kart), BeckRS 2014, 09888.

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den müssen objektive Fakten.2042 Die pauschale Begründung, die Verträge sollten europaweit vereinheitlich werden, ist intransparent.2043 Dies galt nach Ansicht Ensthalers schon vor Einführung der GVO,2044 und müsste folglich nach Wegfall der Schutzbestimmung in der GVO auch jetzt wieder gelten. Jener Schutzzweck trifft im besonderen Maße außerordentliche Kündigungen sowie Strukturkündigungen (dazu im Folgenden), so dass auch bei ihnen eine Begründung erforderlich ist.2045 Denn der Gekündigte muss wissen, aus welchem Grund der Unternehmer für sich ein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nimmt, um die Erfolgsaussichten eines Widerspruchs oder einer Klage abschätzen zu können. Auch der früher für die GVO 1400/02 genannte Zweck schränkt das Begründungserfordernis nicht ein. Welcher Grund die Kündigung rechtfertigte, soll gerade anhand der Begründung überprüft werden. Sie ist deshalb immer zu geben. In der Kündigungserklärung darf auf andere Schreiben, auch die eines nicht am Vertrag beteiligten Dritten, verwiesen werden.2046 Die Nichtverlängerung eines befristeten Vertrages, die 6 Monate vor Auslaufen des Vertrages der anderen Vertragspartei mitgeteilt werden muss, ist keiner Begründungspflicht unterworfen.2047 Die Begründung muss eine wirksame Überprüfung der Kündigungsgründe gewährleisten. Das Gericht muss in der Lage sein, aus der Begründung sowohl die für die Gültigkeit der streitigen Vereinbarung als auch für den Ersatz des dem Händler entstandenen Schadens notwendigen Konsequenzen zu ziehen.2048 Eine Kündigung, die dieses Begründungserfordernis nicht einhält, ist unwirksam.2049 Jedenfalls nach § 305c Abs. 2 BGB definiert dieses Verständnis die verwenderfeindlichste Auslegung.2050 Das Begründungserfordernis hindert den Hersteller wohl nicht, in einem Gerichtsverfahren Kündigungsgründe nachzuschieben.2051 Gem. Art. 3 Abs. 5 GVO 1400/02 1. Alt. musste der Vertrag eine Laufzeit von min- 249 destens 5 Jahren und sich die Vertragsparteien verpflichtet haben, eine Nichtverlängerung mindestens 6 Monate im Voraus anzukündigen (lit. a). Die 2. Alt. war, dass der Vertrag unbefristet geschlossen wird und die Vertragsparteien eine Kündigungsfrist von mindestens 2 Jahren vereinbarten (lit. b). Diese Frist konnte auf ein Jahr verkürzt werden, wenn der Lieferant entweder (i) aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder aufgrund besonderer Absprache bei Beendigung der Vereinbarung eine angemessene Entschädigung zu zahlen hatte oder (ii) sich für den Lieferanten die Notwendigkeit ergab, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren („Strukturkündigung“). Der Ausgleichsanspruch analog § 89b war keine angemessene Entschädigung in diesem Sinne.2052 Durch diese Regelung der GVO 1400/02 sollte die Stellung

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2042 Niebling WRP 2003, 609 (610). 2043 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 8.4.2014 – 11 U 105/13 (Kart), BeckRS 2014, 09888. 2044 Ensthaler WuW 2002, 1042 (1047). 2045 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 8.4.2014 – 11 U 105/13 (Kart), BeckRS 2014, 09888; aA Niebling WRP 2003, 609 (610). 2046 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 Rn 18. 2047 Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 31. 2048 EuGH, Urt. v. 18.1.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm. Wegner/Schroeder. 2049 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 8.4.2014 – 11 U 105/13 (Kart), BeckRS 2014, 09888; BGH, Beschl. v. 28.10.2004 – III ZR 205/03, NJW 2005, 147 für das HeimG. 2050 Im Ergebnis: Wegner/Schroeder EuZW 2007, 115 (116); offen gelassen von BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 16. 2051 Nolte WRP 2005, 1124 (1126, 1127); Niebling WRP 2006, 1334; aA noch Niebling WRP 2005, 717; Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (395). 2052 Nolte BB 2013, 1667 (1671); Creutzig BB 2002, 2133 (2147); Niebling WRP 2003, 609 (610); aA Reufels/ Laufen WuW 2004, 392 (398). Für die Ansicht von Reufels/Laufen spricht immerhin, dass der

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der Mittler, insb. ihre wirtschaftliche Unabhängigkeit,2053 gegenüber dem Unternehmer gestärkt werden. Die 1. Alt. hat in Art. 3.3 CECRA-CoC Eingang gefunden, während Art. 2 ACEA-Code of Good Practice bei Verträgen mit einer Festlaufzeit nur eine Mindestfrist von 6 Monaten für die Ankündigung der Nichtverlängerung vorsieht. Sowohl Art. 2 ACEACode of Good Practice; Art. 3.3 CECRA-CoC haben die 2. Alt. übernommen. Die Händler sollen ihr Agieren am Markt und ihre Wettbewerbsposition nicht unter dem Druck eines jederzeitigen Kündigungsrechts planen müssen. Die Strukturkündigung mit 1-jähriger Frist soll es dem Lieferanten ermöglichen, auf 250 wirtschaftliche Veränderungen schnell zu reagieren und anpassungs- und leistungsfähige Strukturen zu entwickeln.2054 Eine Umstrukturierung soll etwa gestattet sein, wenn sich die Gesamtzahl der Händlerstandorte von 638 um 103 reduzierte und von einem 2-stufigen auf ein 1stufiges System entsprechend den Empfehlungen einer Unternehmensberatungsgesellschaft umgestellt werden soll, sofern dabei von den bisherigen Standorten lediglich 286 bestehen bleiben und 253 der 638 bisher tätigen Händler durch 249 leistungsfähigere Händler ersetzt werden sollen, bei einem wirtschaftlichen Vorteil von 91 Mio. EUR.2055 Strittig ist, ob eine Strukturkündigung mit verkürzter 1-jähriger Frist wegen Einführung einer neuen GVO zulässig ist.2056 Kurze Umstellungsfristen, etwa zwischen Publikation der GVO 1400/02 am 1.8.2002 (ABl. EG L 203/30) und dem Ende der Anpassungsfrist zum 30.9.2003, können die Beteiligten in Zeitnot bringen.2057 Sofern Hersteller angesichts der Kenntnis von der nahenden Umstellung die Verträge mit 2-jähriger Regelkündigungsfrist hätten kündigen konnten, besteht keine „Notwendigkeit“ zur außerordentlichen Strukturkündigung mit 1jähriger Frist.2058 2005 legte der BGH2059 dem EuGH gem. dem heutigen Art. 267 AEUV die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob BMW infolge der Einführung der neuen Kfz-GVO 1400/02 zum Ablauf der Übergangsfrist von der Alt-GVO 1475/95 zur NeuKfz-GVO 1400/02 am 30.9.2003 die nach der alten GVO gefassten Händlerverträge im Wege der Strukturkündigung mit einjähriger statt mit der von beiden GVOs vorgeschriebenen Regelkündigungsfrist von 2 Jahren kündigen durfte. Der BGH neigte seinerzeit der Ansicht zu, eine Strukturkündigung mit 1-jähriger Frist sei zulässig und die Kündigung mit 2jähriger Frist unzumutbar. Gleiches gelte für einen einseitigen Verzicht des Herstellers auf die wettbewerbsbeschränkenden Regeln des Händlervertrages, weil dieser nur konsensual

_____ Ausgleichsanspruch nicht in allen Ländern der EU anerkannt ist und damit eine die verkürzte Kündigungsfrist rechtfertigende „Zusatzleistung“ sein könnte. 2053 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990; zu diesem Urteil Emde BB 2009, 2330 ff. 2054 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 15. 2055 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 24; krit. Emde BB 2009, 2330 ff. 2056 Die Zulässigkeit einer Strukturkündigung mit einjähriger Frist befürworten Wendel WRP 2002, 1401; Schumacher Recht des Kfz-Vertriebs in Europa, 2005, S. 102 f. Gegen die Zulässigkeit sprechen sich aus: Leitfaden zur GVO 1400/02, Frage 20; Nolte BB 2013, 1667 (1671); Niebling WRP 2010, 81 (82); Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618; Creutzig EuZW 2002, 560 (563); Emde GRUR 2006, 997 ff.; Emde EWiR 2001, 24; Emde VersR 2002, 162; Genzow Kfz-Betrieb 4/2001, 27 unter Hinweis auf LG München I – 11 HKO 15987/99; Niebling WRP 2005, 717; Nolte WRP 2005, 1129; Reckmann WuW 2003, 755 f. Für die Strukturkündigung Nissans verneint OLG Köln, Urt. v. 7.12.2007 – 19 U 60/07 (rechtskräftig; zust. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 [619 ff.]) die Berechtigung zur Strukturkündigung. BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 sowie OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.5.2008, 11 U 39/07, BB 2008, 1417 = EWiR 2008, 497 (Emde), verneinen sie. 2057 Nach Ansicht von Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 sah die Kommission keine besonderen Umstellungsschwierigkeiten. 2058 Emde GRUR 2006, 997 ff. Zum Parallelproblem bei Ablauf der GVO 1400/02 Wendel BB 2008, 1292 (1303). Auch hier wird wohl nur eine Kündigung mit 2Jahresfrist in Betracht kommen. 2059 BGH, Beschl. v. 26.7.2005 – KZR 14/04, BB 2005, 2208 = ZIP 2005, 1936 (LS) = WuW 2005, 1141 (DE-R 1151) = WRP 2005, 1535 = NJW 2005, 3376 = EWiR 2006, 13 (Emde) = GRUR Int. 2006, 59.

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geändert werden dürfe. Möglicherweise berücksichtigte die Entscheidung zu wenig, dass die Kündigungsklausel in den Händler-AGB bei zweifelhafter Verständnismöglichkeit verwenderfeindlich gegen BMW auszulegen war. 2060 Der EuGH (Vulcan Silkeborg, 2061 BMW,2062 letztere zum Vorlageverfahren des BGH) sowie anschließend der BGH2063 entschieden dann, unter welchen Voraussetzungen eine Strukturkündigung zulässig ist: Der EuGH judizierte: Das Inkrafttreten der neuen Kfz-GVO 1400/02 führe nicht zur „Notwendigkeit“ einer Strukturkündigung mit verkürzter Frist, ebenso wenig eine möglicherweise infolge der novellierten GVO erforderliche Vertragsanpassung. Jedoch könne das Inkrafttreten nach dem spezifischen Aufbau des Vertriebsnetzes des einzelnen Lieferanten eine Strukturkündigung „notwendig“ machen, wobei der Lieferant für diese Voraussetzung beweispflichtig sei. Die nationalen Gerichte müssten prüfen, ob ausnahmsweise eine Umstrukturierung erforderlich sei.2064 Sie setze eine bedeutsame Änderung der Vertriebsstrukturen des betroffenen Lieferanten sowohl in finanzieller wie räumlicher Hinsicht voraus. 2065 Die Notwendigkeit der Strukturkündigung könne auch mit Gründen der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden, die jedoch interne oder externe objektive Umstände voraussetzten, welche ohne eine schnelle Umstrukturierung – mit einjähriger Kündigungsfrist – in Anbetracht des Wettbewerbsumfeldes die bestehenden Strukturen des Vertriebsnetzes beeinträchtigen könne. Die subjektive Beurteilung des Herstellers reiche nicht aus, um die Notwendigkeit einer Umstrukturierung darzutun. Bei vorgesehener Änderung von Selektionskriterien verneinen Ensthaler/Gesmann-Nuissl2066 die Berechtigung zur Strukturkündigung. Aber es wird auf den Einzelfall ankommen. Für das deutsche Recht wäre auch § 307 BGB zu berücksichtigen,2067 jedenfalls im 251 Rahmen einer AGB-Kontrolle. Die Strukturkündigung verkürzt die Kündigungsfrist nur zugunsten der Hersteller, was nicht nur § 307 BGB,2068 sondern auch § 89 Abs. 2 S. 1 widerspricht.2069 Auch große Händlerketten können Interesse an einer durch sie erklärten Strukturkündigung haben. Die meisten Strukturkündigungsklauseln dürften vor diesem Hintergrund unwirksam sein, worauf es allerdings auf Basis der alten BGH-Rechtsprechung2070 zur Strukturkündigung nicht ankam, unter den neuen Selbstverpflich-

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2060 Eingehend Emde GRUR 2006, 997 ff. 2061 EuGH, Urt. v. 7.9.2006 – C-125/05, Slg. 2006, I S. 7637 = RIW 2007, 60; EuGH, Urt. v. 30.11.2006 – C-376/05. 2062 GRUR Int. 2007, 232 mit zust. Anm. Ensthaler NJW 2007, 815. 2063 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990. 2064 So auch BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 21. 2065 Zust. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618. 2066 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). 2067 Siehe bereits Emde EWiR 2005, 13; Emde BB 2005, 1121/1122; zur Strukturkündigung und der Beweislast nach der Kündigung auch Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2591). 2068 Vgl. etwa OLG Celle, Beschl. v. 9.6.2005 – 11 U 110/05, OLGR 2005, 650; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); aA OLG Köln, Urt. v. 18.12.2008 – 19 U 33/08; OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.9.2004 – 1 U 632/03-161, BeckRS 2005, 01443 (aber ohne Erörterung des § 89 Abs. 2 S. 1). 2069 Emde BB 2009, 2330; Emde EWiR 2008, 498; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); aA OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 13.5.2008 – 11 U 39/07, BB 2008, 1417 = EWiR 2008, 497 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 18.12.2008 – 19 U 33/08. Danach bildet die GVO 1400/02 eine Spezialregelung. Aber bei ihr handelt es sich nur um eine VO der EU-Kommission, welche nach BGH v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 = EWiR 2006, 273 (Emde) zwischen den Parteien keine zivilrechtlichen Rechte und Pflichten erzeugt. Das OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.9.2004 – 1 U 632/03-161, BeckRS 2005 01443, verneint einen Verstoß der Strukturkündigungsklausel gegen § 307 BGB: Der Hersteller habe ein Interesse an einer schnellen Kündigungsmöglichkeit, sofern er umstrukturieren wolle. Das fehlende Recht des Händlers zur Anschlusskündigung führe nicht zur Unwirksamkeit. Mit der in § 89 enthaltenen Regel der Fristenparität setzte sich das OLG nicht auseinander. 2070 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde).

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tungskatalogen (AGB!) aber wieder ankommen könnte. Auf das europäische Leitbild der GVO können sich die Hersteller nun wohl nicht mehr berufen. Ohnehin gestattete die Alt-GVO 1400/02 zwar die Strukturkündigungsklausel, setzte aber nur einen Mindeststandard und disponierte nicht über das nach deutschem Recht bestehende Erfordernis, dem Händler die gleiche Kündigungsfrist zu gewähren. Beweispflichtig für die TB-Voraussetzungen der Strukturkündigung, die objek252 tiv vorliegen müssen2071 und den Vollbeweis des § 286 ZPO erfordern,2072 ist der Kündigende,2073 und zwar auch wegen des Ausnahmecharakters der Strukturkündigung sowie der Unklarheitenregel des § 305c Abs. 2 BGB.2074 Das gilt auch bei der Kündigung eines Werkstattvertrages.2075 Zweifel gehen damit zu Lasten des Unternehmers.2076 Es soll jedoch eine fundierte Tatsachenfeststellungen voraussetzende2077 Prognose genügen, derzufolge die TB-Voraussetzungen plausibel zu antizipieren sind.2078 Der Hersteller soll deshalb nicht substantiiert darlegen und beweisen zu müssen, dass sich sein Entscheidungsspielraum so verengt hat, dass die binnen Jahresfrist zu realisierende Umstrukturierung aus objektiven Gründen die einzig gebotene Entscheidung war, um die Effizienz des Vertriebsnetzes zu erhalten und wirtschaftliche Nachteile abzuwenden.2079 Das berechtigte Interesse des Unternehmers, die Struktur seines Vertriebsnetzes möglichst schnell zu ändern, um den durch die Schwäche des Händlernetzes verursachten Markteinbußen alsbald entgegenzuwirken, soll ausreichen, um die Notwendigkeit der Umstrukturierung zu begründen und eine Strukturkündigung zu rechtfertigen.2080 Es soll nicht Sache der nationalen Gerichte sein, die wirtschaftlichen und geschäftlichen Überlegungen in Frage zu stellen, aufgrund derer ein Lieferant die Entscheidung zur Umstrukturierung getroffen hat.2081 Vielmehr soll es auch unter Berücksichtigung des Schutzzweckes der Vorschrift und ihres Ausnahmecharakters genügen, dass die Notwendigkeit auf plausible Weise gerechtfertigt werden kann mit Gründen der wirtschaftlichen Effizienz, die sich auf interne oder externe objektive Umstände des Unternehmens des Lieferanten stützen, welche ohne eine schnelle Umstrukturierung des Vertriebsnetzes in Anbetracht des Wettbewerbsumfeldes, in welchem der Lieferant agiert, die Effizienz der bestehenden Strukturen beeinträchtigen können.2082 Wirtschaftlich nachteilige Folgen, welche der Lieferant im Falle einer Kündigung mit 2-jähriger Frist erleiden könnte, sind erheblich,2083 nach einer missverständlichen Passage des BGH sogar Abfindungs- und Ausgleichsansprüche2084 (weshalb sich die Strukturkündigung, die zu § 89b-Ansprüchen führt, selbst

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2071 OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.5.2005 – I-6 U 80/04, n.v. 2072 Emde BB 2009, 2330 (2333). 2073 BGH, Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 13/09, WRP 2011, 244 Rn 14 m. abl. Anm Niebling; v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = WRP 2009, 1121, insb. Rn 30; OLG Köln, Urt. v. 7.12.2007 – 19 U 60/07; Emde EWiR 2008, 498; Emde BB 2009, 2330 (2333). 2074 Emde BB 2009, 2330 (2333). 2075 BGH, Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 13/09, WRP 2011, 244 m. abl. Anm Niebling. 2076 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = WRP 2009, 1121, krit. Emde BB 2009, 2330 (2333). 2077 Emde BB 2009, 2330 (2333). 2078 Emde BB 2009, 2330 (2333). 2079 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 31; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620); krit. Emde BB 2009, 2330 (2333). 2080 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 31. 2081 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 27. 2082 BGH, Urt. v. 20.10.2010 – VIII ZR 13/09, WRP 2011, 244 Rn 14 m. abl. Anm Niebling; v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990, krit. Emde BB 2009, 2330 (2333). 2083 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 27. 2084 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 25; abl. deshalb Niebling WRP 2011, 248.

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begründen würde).2085 Die Beurteilung der negativen Folgen beruhe auf Prognosen, welche sich nach einer Umstrukturierung nicht mehr verifizieren ließen. Unerheblich sei daher, ob sich die Prognose bestätige.2086 Nachteile bräuchten daher nicht exakt beziffert zu werden; es genüge, dass im Fall der Fortführung des bisherigen Vertriebssystems über einen Zeitraum von einem weiteren Jahr voraussichtlich sinkende Marktanteile drohten.2087 Gerichte sind jedoch nicht auf eine bloße Willkürkontrolle beschränkt.2088 Die Notwendigkeit einer Umstrukturierung kann nicht der freien Beurteilung des Lieferanten unterliegen, sollen die Händler nicht jeden wirksamen gerichtlichen Schutz verlieren.2089 Eine als Strukturkündigung unwirksame Kündigung wird als solche mit Regelkündigungsfrist aufrechterhalten.2090 Kann der Unternehmer die erforderlichen Tatsachen nicht darlegen und beweisen, etwa weil er sich auf Geschäftsgeheimnisse berufen will,2091 muss er sich auf die Regelkündigungsfrist beschränken.2092 Die unberechtigte Strukturkündigung führt zur Schadensersatzpflicht.2093 Gem. Art. 3 Abs. 6 GVO 1400/02 musste ein Vertrag, um freigestellt zu sein, das An- 253 rufen eines unabhängigen Sachverständigen oder eines Schiedsrichters gestatten. Auch diese Regelung hat über die Selbstverpflichtungskataloge (Art. 1 ACEA-Code of Good Practice, Art. 3.4 CECRA-CoC) Eingang in die Händlerverträge erfahren. Unter der GVO 1400/02 war umstritten, ob das Verfahren zwingend vor Einreichung einer Klage vor ordentlichen Gerichten durchzuführen war.2094 Das war richtigerweise nicht der Fall.2095 Heute wird das Recht der Parteien, staatliche Gerichte anzurufen, in den Selbstverpflichtungskatalogen ausdrücklich geregelt. Es wird nicht vorausgesetzt, dass die Einschaltung des unabhängigen Sachverständigen, Schiedsrichters oder Gerichts vor dem Wirksamwerden der Kündigung erfolgen muss.2096 (5) Zu den einzelnen Regelungen der Kfz-GVO (a) Art. 1 Kfz-GVO. Art. 1 Kfz-GVO enthält Begriffsbestimmungen. Art. 1 lit. a, b glei- 254 chen den entsprechenden Bestimmungen der GVO 330/10. Es wird auf die obige Kommentierung, Rn 191, verwiesen. Gem. Art. 1 Abs. 1 lit. a Kfz-GVO ist eine vertikale Vereinbarung eine Vereinbarung oder abgestimmte Verhaltensweise, die zwischen 2 oder mehr Unternehmen besteht, von denen jedes für die Zwecke der Vereinbarung oder der abgestimmten Verhaltensweise auf einer anderen Ebene der Produktions- und Vertriebskette tätig ist,2097 und die die Bedingungen betrifft, zu denen die beteiligten Unternehmen Waren oder Dienstleistungen beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen dürfen. Die Unternehmen dürfen aber keine Wettbewerber sein,2098 es sei denn, das Wettbewerbsverhältnis besteht

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2085 Emde BB 2009, 2330 (2333). 2086 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 32. 2087 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 32. 2088 OLG Köln, Urt. v. 7.12.2007 – 19 U 60/07. 2089 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 27. 2090 OLG Köln, Urt. v. 7.12.2007 – 19 U 60/07. 2091 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620). 2092 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620). 2093 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (620). 2094 Wendel WRP 2002, 1395 (1403). 2095 OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713. 2096 EuGH, Urt. v. 18.1.2007 – C-421/05 – City Motors Groep NV/Citroen Belux NV, EuZW 2007, 113 m. Anm. Wegner/Schroeder. 2097 Unterschiedliche Handelsstufen, s. Wegner BB 2010, 1803. 2098 Wegner BB 2010, 1803.

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nur auf der Einzelhandelsstufe (Art. 2 Abs. 4 lit. a, b GVO 330/10).2099 Der Betrieb eigener Werkstätten durch den Hersteller auf Einzelhandelsebene ist daher unschädlich.2100 Importeurverträge zwischen Kfz-Herstellern außerhalb der EU und Importeuren in der Gemeinschaft werden von der Kfz-GVO erfasst, ebenso B-Serviceverträge oder Serviceverträge mit untervertraglich beauftragten Werkstätten. 2101 Leasingverträge zwischen Unternehmen hingegen fallen weder unter die allg. EU-Regeln für vertikale Vereinbarungen 2102 noch in den Geltungsbereich der Kfz-GVO. Vereinbarungen zwischen Leasingunternehmen und privaten Fahrzeugführern fallen nicht unter Art. 101 AEUV. In lit. g wird der Begriff des Kfz definiert. Hierdurch wird der Anwendungsbereich der Kfz-GVO von dem der GVO 330/10 abgegrenzt.2103 Die Kfz-GVO gilt ebenso wie die Vorgänger-GVO 1400/02 für Kfz, also für Fahrzeuge mit Selbstantrieb und mindestens 3 Rädern aller Art, die für den Verkehr auf öffentlichen Straßen bestimmt sind. Erfasst sind davon etwa Nutzfahrzeuge, Busse, Reisemobile, nicht jedoch Motorfahrzeuge, die nicht auf öffentlichen Straßen geführt werden,2104 also etwa Kfz, die nur gelegentlich öffentliche Straßen befahren (z.B. landwirtschaftliche Fahrzeuge, solche für Baustellen, Traktoren2105 und Erdbewegungsmaschinen),2106 Fahrzeuge ohne Räder (z.B. Kettenfahrzeuge), Gebraucht-Kfz und Motorräder.2107 Abs. 2 entspricht Abs. 2 der GVO 330/10. Auch hier wird auf die obige Kommentierung Rn 194 ff. verwiesen. 255

(b) Art. 2 Kfz-GVO. Dieser Artikel bestimmte als Schonfrist2108 die Fortgeltung der AltKfz-GVO 1400/02 bis zum 31.5.2013 für den Neuwagenvertrieb – nicht aber den After-SalesVertrieb (dort gilt die Kfz-GVO 461/10 ab dem 1.6.2010, s.a. Tz 14 LL). Bis dahin sollte die Kfz-GVO nicht für Kfz-Vertriebsverträge gelten, welche die in der Alt-GVO 1400/02 festgelegten Freistellungsvoraussetzungen für den Bezug, Verkauf und Weiterverkauf neuer Fahrzeuge erfüllte (s. auch Tz 3, 10, 13 LL). Seit diesem Datum gilt für den Neuwagenvertrieb die GVO 330/102109 und damit auch der dort genannte doppelte Schwellenwert von 30% Marktanteil.2110 Wegen des Überschreitens dieser Schwellenwerte im Kfz-Ersatzteilmarkt hat die Kfz-GVO mglw. einen geringen Anwendungsbereich (Tz. 39 LL),2111 anders als im Bereich des Kfz-Verkaufs, in dem die 30%-Schwelle meist unterschritten wird.2112 Ferner finden die schwarzen und roten Klauseln der GVO 330/10 Anwendung.

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2099 Wegner BB 2010, 1803. 2100 Wegner BB 2010, 1803. 2101 Pfeffer NJW 2002, 2110 (2111) zur GVO 1400/02. 2102 LL zur GVO 330/10, Rn 26; FAQ zur GVO 461/10 vor Frage 7. 2103 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 2104 Vogel in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Band 1, Europäisches Recht, GVO-Kfz Art. 1 Rn 25; Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, 2003, Rn 608 zur GVO 1400/02. 2105 Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, 2003, Rn 608; Buchner EG-Kartellrecht und Vertriebssysteme, insbesondere der Kfz-Vertrieb, München 2006, S. 193 zur GVO 1400/02. 2106 Creutzig EG Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, 2003, Rn 608 zur GVO 1400/02. 2107 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 684; Creutzig BB 2002, 2133 (2136); Wendel WRP 2002, 1395 (1404) zur GVO 1400/02. 2108 Prasse BB 2010, 1481. 2109 Köhnen BB 2010, 781 (783). 2110 Nolte BB 2013, 1667 (1668); Böni WuW 2013, 479 (484); Köhnen BB 2010, 781 (783). 2111 LL zur Kfz-GVO Rn 39; Böni WuW 2013, 479 (485); Wegner BB 2010, 1803; Wegner BB 2010, 1867. Zu zulässigen Vertragsklauseln außerhalb des Anwendungsbereichs der GVO Wegner BB 2010, 1867 ff. 2112 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1481).

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Im Falle der Nichtanwendbarkeit der Kfz-GVO kann Art. 101 Abs. 3 AEUV relevant werden.2113 Eine Einzelfreistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV ist theoretisch denkbar,2114 oberhalb eines Marktanteils von 40% jedoch schwierig.2115 Der Anwendungsbereich der GVO soll zudem eingeschränkt sein, weil unabhängige Akteure meist nach der deminimis-Bekanntmachung nicht in den Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV fallen.2116 Nach Ansicht von Böni2117 hätte sich daher die Erkenntnis aufdrängen können, dass eine produktspezifische GVO nicht am Leben gehalten werden müsse. Zur Marktanteilsabgrenzung im Kfz-Vertrieb vgl. Bendfeld Kfz-Betrieb Spezial No- 256 vember 2010, 43 ff. Beim Kfz-Vertrieb ist der sachlich relevante Markt von Hersteller und Händler2118 anhand der Stückzahlen verkaufter Kfz im räumlich relevanten Markt, meist einer Nation (z.B. Deutschland)2119 abzugrenzen. Etwa beim internationalen Großflottengeschäft (Speditionen, Autovermieter) kann aber auch das gesamte Gebiet des EWR räumlich maßgeblich sein. 2120 Der Absatzwert gibt kein hinreichendes Abgrenzungsmerkmal, weil aus Käufersicht nur das einzelne Kfz substituiert wird. Für die Bestimmung des Marktanteils maßgeblich ist in erster Linie die offizielle Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes. Danach haben beispielsweise 2009 die Marken des VW-Konzerns (Audi, Seat, Skoda, VW) die 30%-Grenze um 4,2% überschritten. Sie können sich daher nicht auf die Freistellungswirkung der GVO berufen. Dies könnte auch für andere Hersteller gelten, wenn nicht nur nach Marken sondern nach Fahrzeugsegmenten abgegrenzt wird. Für eine solche Marktanteilsabgrenzung nach den Segmenten Kleinstwagen, Kleinwagen, Mittel-, obere Mittel-, Ober-, Luxusklasse, Sportwagen, Mehrzweckfahrzeuge, Geländewagen2121 und ggf. Fahrzeugen mit Elektro- und Gasantrieb2122 spricht die fehlende Substituierbarkeit aus Käufersicht. Denn der Käufer eines Oberklasse-Pkw wird seinen Kaufwunsch mglw. nur mit anderen Produkten der Oberklasse substituieren, nicht jedoch mit Produkten der Unterklasse.2123 Eine solche Feinaufteilung würde dazu führen, dass Hersteller insb. in der Oberklasse die 30%-Grenze überschreiten.2124 Grundsätzlich ist der Markt mit Pkw von weniger als 3,5 t ein einzelnes Marktsegment.2125 Innerhalb des Nutzfahrzeugmarktes könnte beispielsweise nach leichten (weniger als 5 t), mittelschweren (5–16 t) und schweren Nutzfahrzeuge (mehr als 16 t) abgegrenzt werden.2126Vor § 84 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde Für die Berechnung der Marktanteile im Bereich der Reparaturen und Wartung 257 von Kfz gilt: Abweichend vom sonstigen Bedarfsmarktkonzept2127 nimmt die Kommission im Rahmen der Kfz-GVO eine andere sachliche Marktabgrenzung vor, um zu prüfen, ob

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2113 Böni WuW 2013, 479 (485). 2114 Nolte BB 2013, 1667 (1668). 2115 LL zur Kfz-GVO Rn 56 S. 1; Nolte BB 2013, 1667 (1668). 2116 Böni WuW 2013, 480 (486). 2117 Böni WuW 2013, 480 (488). 2118 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1483). 2119 Nolte BB 2013, 1667 (1669); Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). 2120 Nolte BB 2013, 1667 (1669). 2121 Zu dieser Aufteilen der Kommission vgl. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482), die ebenso wie Nolte BB 2013, 1667 (1669) die Aufteilung aber auf die weniger differenzierten Segmente PKW, leichte und mittel/schwere Nutzfahrzeuge beschränken möchten. 2122 Vgl. Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482), wobei diese Antriebsarten zumindest partiell mit konventionellen Antriebsarten substituierbar sein dürften. 2123 Kritisch Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). 2124 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). 2125 Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). 2126 LL zur Kfz-GVO 1400/02, S. 77; Wegner/Oberhammer BB 2011, 1480 (1482). 2127 Kritisch zu dieser Abweichung Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (368 ff.).

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ein Vertragswerkstättenvertrag in den Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt. Sie stellt bei der Abgrenzung nicht auf die Marktsicht der Vertragswerkstatt im Markt und die Vergabe von Vertragswerkstättenverträgen ab, sondern auf die Sicht des Endkunden. Aus seiner Sicht wird eine Unterscheidung zwischen Werkstattleistungen für Kfz verschiedener Marken nötig. Schließlich käme für den Endkunden nur eine solche Werkstatt in Betracht, die Serviceleistungen an seinem konkreten Kfz durchführe. Sodann sei der Marktanteil des Herstellers auf diesem markenspezifischen Markt für Serviceleistungen zu betrachten, was regelmäßig zu einem Marktanteil von über 30% führt.2128 Maßstab sind damit die Absatzwerte bzw. Service-Umsätze im Netz einer Marke innerhalb eines Kalenderjahres auf dem geographisch und sachlich relevanten Markt. Im Gegensatz zum Vertrieb von neuen Kfz werden im Service die Marktanteile verschiedener Marken, auch die untereinander verbundener Unternehmen, als separate Märkte begriffen.2129 Die Bestimmung des Marktanteiles für jede einzelne Marke erfolgt daher separat (markenspezifisch).2130 Nach einer Ansicht ist der Markt für Garantieleistungen nicht bei der Bestimmung des Marktanteils einzubeziehen,2131 da er nicht vom Endkunden, sondern vom Hersteller nachgefragt werde und die Garantieleistungen bereits beim Neuwagenverkauf bezahlt2132 wurden. Sofern ein überwiegender Teil der Käufer die Ersatzteilund Servicekosten über die Lebenszeit des Fahrzeugs hinweg bei der Kaufentscheidung einbezögen, solle es sich um einen Systemmarkt mit eigener Marktabgrenzung handeln (Tz 57 LL), etwa bei Flottenkunden.2133 Wegner2134 will diesen Grundsatz auch auf Privatkunden anwenden. Die Ansicht, derzufolge der Markt für Garantieleistungen nicht in die Marktanteilsbestimmung einzubeziehen ist, dürfte abzulehnen sein.2135 Nur weil der Hersteller die Vornahme von Gewährleistungs- und Garantiearbeiten durch Mitglieder seines Vertriebsnetzes vorschreibt, können diese Leistungen nicht von der Marktanteilsberechnung ausgenommen werden. Sonst hätte es der Hersteller in der Hand, durch bilaterale Vereinbarungen zwischen sich und den Mitgliedern seines Vertriebsnetzes den maßgeblichen Marktanteil herab zu setzen. Auch dass der Hersteller diese Arbeiten bezahlt, führt zu keiner anderen Beurteilung.2136 Die Marktstärke wird nicht weniger gewichtig, weil der Hersteller die Leistungen entlohnt.2137 258

(c) Art. 3 Kfz-GVO. Gem. Art. 3 Kfz-GVO gilt die Schirm-GVO 330/10 ab dem 1.6.2013 für Vertriebsverträge über den Bezug, Verkauf oder Weiterverkauf neuer Kfz. Es handelt sich um eine „Hin- und Herverweisung“ von Art. 2 Abs. 5 Schirm-GVO 330/10 auf die KfzGVO.

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(d) Art. 4 Kfz-GVO. Art. 4 Kfz-GVO enthält ähnlich dem Art. 2 Abs. 1 GVO 330/10 eine Generalfreistellung für Vertriebs- und Kundendienstverträge im After-Sales-Bereich. In Ausführung des Art. 101 Abs. 3 AEUV gilt das Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht für Vertriebsverträge, welche die Bedingungen regeln, unter denen die beteiligten Unternehmen Kfz-Ersatzteile beziehen, verkaufen oder weiterverkaufen oder Instandset-

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2128 2129 2130 2131 2132 2133 2134 2135 2136 2137

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LL-Kfz-GVO, 15, 39 57; vgl. Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (368). LL zur Kfz-GVO Rn 57; Wegner BB 2010, 1803 (1804); Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (368). Böni WuW 2013, 479 (485). Wegner BB 2010, 1803 (1805). Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (369). Wegner BB 2010, 1803 (1805). Wegner BB 2010, 1803 (1804 f.). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2595 f.). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2596 f.). Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2006, 2589 (2596 f.).

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zungs- und Wartungsdienstleistungen für Kfz erbringen dürfen, und die die Freistellungsvoraussetzungen der GVO 330/10 (einschließlich der 30%-Schwellenwerte)2138 erfüllen sowie keine der in Art. 4, 5 Kfz-GVO aufgeführten Beschränkungen enthalten (Tz 17 LL). Bei Ersatzteilen ist der Geltungsbereich der Kfz-GVO nach Art. 4 i.V.m. der Definition des Begriffs „Ersatzteile“ in 1 Abs. 1 lit. h Kfz-GVO nur eröffnet, wenn mit ausreichender Sicherheit feststeht, dass das Bauteil für den Einbau in oder an einem Kfz bestimmt ist. Dies gilt jetzt auch bei Schmieröllieferungen, wohl auch an Tankstellen. Abzustellen ist darauf, ob die Teile notwendig für die Nutzung des Kfz sind. Bei nachträglich montierten Zubehörteilen wie z.B. Navigationssystemen, Musikanlagen, Mobilfunkgeräten etc. ist dies in der Regel nicht der Fall, es sei denn, sie sind werksseitig montiert.2139 Die Freistellung greift nur ein, soweit die Vereinbarung vertikale Beschränkungen enthält. Die Freistellung muss sich also auf die vertikale Beschränkung selbst beziehen; sie erfasst keine mit dem Vertriebsvertrag nicht im Zusammenhang stehenden Abreden (vgl. zum Parallelproblem bei der GVO 330/10 Rn 194 ff.). (e) Art. 5 Kfz-GVO. Art. 5 Kfz-GVO enthält Kernbeschränkungen, ebenso wie Art. 4 260 GVO 330/10. Liegt ein Verstoß gegen eine Kernbeschränkung vor, so ist die Vertikalvereinbarung insgesamt nicht freigestellt (Argument aus dem Wortlaut: „Die Freistellung gilt nicht für vertikale Vereinbarungen …“, sie gilt also insgesamt nicht). Es wird vermutet, dass sie unter Art. 101 Abs. 1 AEUV fällt und die Voraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV wahrscheinlich nicht erfüllt (Tz. 17 LL). Gem. Art. 5 Kfz-GVO gilt die Freistellung des Art. 4 Kfz-GVO nicht für Vertikalvereinbarungen, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen unter der Kontrolle der beteiligten Unternehmen Folgendes bezwecken: (1) Beschränkungen des Verkaufs von Kfz-Ersatzteilen durch Mitglieder eines selektiven Vertriebssystems an unabhängige Werkstätten, welche diese Teile für die Instandsetzung und Wartung eines Kfz verwenden; (2) die zwischen einem Anbieter von Ersatzteilen, Instandsetzungsgeräten, Diagnoseund Ausrüstungsgegenständen und einem Kfz-Hersteller vereinbarte Beschränkung der Möglichkeiten des Anbieters, diese Waren an zugelassene oder unabhängige Händler, zugelassene oder unabhängige Werkstätten oder Endverbraucher zu verkaufen; (3) die zwischen einem Kfz-Hersteller, der Bauteile für die Erstmontage von Kfz verwendet, und dem Anbieter dieser Bauteile vereinbarte Beschränkung der Möglichkeiten des Anbieters, seine Waren- oder Firmenzeichen auf diesen Teilen oder Ersatzteilen effektiv und gut sichtbar anzubringen. (aa) Zu (1). Diese Kernbeschränkung hat nach Ansicht von Wegner2140 mglw. nur 261 klarstellende Bedeutung, da die Werkstätten, welche die Teile einbauten, Endverbraucher i.S.d. Art. 4 lit. c GVO 330/10 sein könnten. Sobald es für unabhängige Werkstätten schwierig ist, Originalteile über zugelassene Händler zu beziehen, ist ein Kfz-Hersteller zur Belieferung der Werkstätten verpflichtet2141 (vgl. zum Kontrahierungsanspruch im Ersatzteilbereich Rn 341). Zugelassene

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2138 2139 2140 2141

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Wegner BB 2010, 1803. Vogels/Köhnen, in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 3 Rn 661. Wegner BB 2010, 1803 (1807). Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 11.

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Werkstätten dürfen die Lieferung von Originalteilen an unabhängige Werkstätten verweigern, da sie keine marktbeherrschende Stellung besitzen.2142 Dieses Verhalten wird jedoch kartellrechtswidrig, wenn Mitglieder eines Selektivvertriebssystems übereinkommen, keine Originalteile an unabhängige Werkstätten zu verkaufen.2143 Schon Art. 102 AEUV widerspricht es, wenn ein Kfz-Hersteller die Gewährung von Prämien oder Rabatten für Originalteile an die Bedingung knüpft, dass die Werkstätten von ihm auch Ersatzteile für Fahrzeuge anderer Hersteller beziehen.2144 Wettbewerbswidrig wäre auch ein Zusammenwirken von Kfz-Anbietern und zugelassenen Werkstätten dergestalt, dass die zugelassenen Händler die Originalteile nicht an unabhängige Werkstätten liefern und sich zugleich der Kfz-Anbieter weigert, dies zu tun.2145 Ebenso wenig darf ein Kfz-Anbieter die Mitglieder seines zugelassenen Vertriebsnetzes daran hindern, Ersatzteile an unabhängige Werkstätten zu verkaufen, die unabhängige Ersatzteilhändler als Vermittler nutzen.2146 Prämien und Rabattsysteme als bloß wettbewerbsförderndes Mittel sind erlaubt, obwohl durch sie Werkstätten zu vermehrten Verkäufen von Ersatzteilen einer bestimmten Marke angereizt werden.2147 In Rn 69 der Ergänzenden Leitlinien wurde der allgemeine Grundsatz formuliert, dass Vereinbarungen über den rein qualitativen Selektivvertrieb nur dann unter eine Ausnahmeregelung nach dem EU-Wettbewerbsrecht fallen, wenn die Gewährleistung des Herstellers nicht davon abhängig ist, dass der Endverbraucher andere als die unter die Gewährleistung fallenden Instandsetzungs- und Wartungsarbeiten nur innerhalb des Netzes zugelassener Werkstätten ausführen lässt. Gleichermaßen darf in den Gewährleistungsauflagen nicht verlangt werden, dass bei nicht unter die Gewährleistung fallenden Austauschmaßnahmen nur Ersatzteile mit Markenzeichen des Herstellers verwendet werden dürfen. Diese beiden Arten von Beschränkungen führen aller Wahrscheinlichkeit nach dazu, dass eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Fahrzeughersteller und seinen zugelassenen Händlern oder Werkstätten gegen EU-Wettbewerbsrecht verstößt. Diesem allgemeinen Grundsatz liegt die Argumentation zugrunde, dass ein solches Verhalten zu einem Ausschluss unabhängiger Werkstätten oder zur Ausschaltung alternativer Kanäle für die Herstellung und den Vertrieb von Ersatzteilen führen könnte. Dies wiederum könnte sich auf den Preis auswirken, den die Verbraucher für Instandsetzungs- und Wartungsdienste zahlen müssen.2148 Ein solcher Ausschluss darf auch nicht durch einen Dritten, etwa eine Versicherung, erfolgen.2149 Anders könnte mglw. entschieden werden, wenn eine erweiterte Gewährleistung Jahre nach dem Kauf erfolgt. Denn hier haben die Händler keinen privilegierten Zugang

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2142 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 10 mit Fn. 17; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2143 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 10 mit Fn. 18; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2144 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 8; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2145 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 11; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2146 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 12; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2147 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 8; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2148 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Seite 2; Frenz WRP 2013, 163 (164). 2149 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 3; Frenz WRP 2013, 163 (164).

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zum Kunden wie beim oder kurz nach dem Kauf.2150 Das „5-Sterne-Premium-Paket“ eines Kfz-Herstellers, welches für Käufer neuer Fahrzeuge den gleichzeitigen Abschluss eines Vertrages über kostenlose Kundendienstleistungen bis zu einer bestimmten Zeit– und/oder Kilometergrenze beinhaltet, soll zulässig sein, wenn die Begrenzung auf vier Jahre und 50.000 km lautet.2151 Auch beim Leasing ist ein Ausschluss des Kundendienstes durch Anreize zum Besuch zugelassener Werkstätten des Herstellers unzulässig, es sei denn, der Hersteller bleibt Leasinggeber.2152 Dieses Eigentümerinteresse besteht allerdings nicht mehr, wenn eine Übertragung des Eigentums auf den Leasingnehmer fest absehbar ist.2153 Ein Kfz-Anbieter darf seine zugelassenen Werkstätten verpflichten, die Ersatzteile anderer Marken getrennt von den Ersatzteilen seiner eigenen Marke zu lagern, solange es den Werkstätten dadurch nicht übermäßig erschwert wird, Ersatzteile anderer Marken zu lagern.2154 Auflagen dieser Art dürfen nicht in unangemessener Weise die Lagerbestandskontrolle erschweren, mehr Lagerraum erforderlich machen oder den Zugang derart erschweren, dass Werkstätten davon abgebracht werden, Ersatzteile anderer Marken zu führen. Möglicherweise nicht gerechtfertigt wäre es, wenn ein Kfz-Anbieter Werkstätten verpflichtet, für Ersatzteile anderer Marken ein getrenntes Lager vorzusehen und diese nicht an den Werksplätzen zu lagern.2155 (bb) Zu (2). Die Kernbeschränkung des Art. 5 lit. b Kfz-GVO hat mit der „Essential- 262 Facilities-Theorie“ Verbindung.2156 Denn ohne Zugang zu den markenspezifischen Instandsetzungswerkzeugen können unabhängige Werkstätten keine Instandsetzung vornehmen. Über die Reichweite des Art. 4 lit. e GVO 330/10 hinaus erfasst Art. 5 lit. b KfzGVO als Kernbeschränkung auch einschränkende Vorgaben, die ein Kfz-Hersteller Ersatzteilherstellern hinsichtlich der direkten Belieferung von autorisierten Werkstätten macht.2157 Teilweise wird dies als nicht zu rechtfertigende Diskriminierung angesehen.2158 Lit. b ist gegenüber Art. 4 lit. e GVO 330/10 auch insofern strenger, als nach der GVO 330/10 zwar ebenfalls Verkäufe an den unabhängigen Ersatzteilmarkt und Endverbraucher nicht untersagt werden dürfen. Wohl aber darf der Hersteller sich vorbehalten, die Mitglieder seines zugelassenen Händler-/Werkstattnetzes selber zu beliefern.2159 Soweit die Kernbeschränkung in lit. b Waren umfasst, welche nicht Regelungsgegenstand der Kfz-GVO sind, nämlich Vereinbarungen über Diagnose-/Ausrüstungsgegenstände oder Instandsetzungsgeräte, überschreitet die Kfz-GVO nach Ansicht von Wegner2160 ihren Regelungsbereich, weswegen die Kernbeschränkung leer laufen soll.

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2150 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 4; Frenz WRP 2013, 163 (164). 2151 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2006 – VI-U (Kart) 15/06, WuW 2007, 161 = DE-R 1865. 2152 Denn als Eigentümer darf er über sein Eigentum verfügen; s. häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor vom 27.8.2012, Frage 7; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2153 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 7; Frenz WRP 2013, 163 (165). 2154 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 9; Frenz WRP 2013, 163 (165/166). 2155 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 9. 2156 Frenz WRP 2013, 163 (166). 2157 Böni WuW 2013, 480 (486) 2158 Böni WuW 2013, 480 (486) 2159 Wegner BB 2010, 1803 (1807). 2160 Wegner BB 2010, 1803 (1807).

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(cc) Zu (3). Die Beschränkung nach lit. c ist erforderlich, damit die Kompatibilität der Teile leichter erkennbar wird (Tz 24 LL). Sie soll es Werkstätten und Endverbrauchern erleichtern, Ersatzteile aus alternativen Quellen – nämlich direkt vom Zulieferer der Originalteile auf dem Erstausrüstermarkt – zu beziehen, indem jene durch das aufgebrachte Markenzeichen den Hersteller des Zulieferteils identifizieren können.2161

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(dd) Zugang zu technischen Informationen. Gem. Rn 63 LL zur Kfz-GVO darf der Kfz-Lieferant unabhängigen Marktbeteiligten den Zugang zu den für die Instandsetzung oder Wartung seiner Kfz oder für Umweltschutzmaßnahmen erforderlichen technischen Informationen, Diagnose- oder anderen Geräten und Werkzeugen neben einschlägiger Software oder die fachliche Unterweisung nicht verweigern. Auch die häufig gestellten Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor behandeln den Zugang zu diesen technischen Informationen ausführlich. Grund der Verpflichtung ist die insoweit bestehende Quasi-Monopolstellung der Hersteller.2162 Die Verpflichtung entspricht einer Kernbeschränkung.2163 Die Verpflichtung braucht jedoch nicht im Werkstattvertrag begründet oder erläutert zu werden.2164 Den unabhängigen Marktbeteiligten ist der Zugang unverzüglich in nicht diskriminierender und verhältnismäßiger Form zu gewähren und die Angaben müssen verwendungsfähig sein. Zu den unabhängigen Marktbeteiligten zählen unabhängige Werkstätten, Teilehändler, Hersteller von Werkstattausrüstungen oder -werkzeugen, Herausgeber von technischen Informationen, Automobilclubs, Pannenhilfsdienste, Anbieter von Inspektions- und Prüfungsdienstleistungen, Einrichtungen für die Aus- und Weiterbildung von Werkstattmitarbeitern sowie unabhängige Ersatzteilhersteller.2165 Der Zugang muss unter anderem die uneingeschränkte Nutzung der geistigen Eigentumsrechte, des know-how, der elektronischen Kontroll- und Diagnosesysteme eines Kfz, deren Programmierung gemäß den Standardverfahren des Lieferanten, die Instandsetzung- und Wartungsanleitung, die Wartungsgeschichte des Fahrzeugs2166 und die für die Nutzung von Diagnose- und Wartungsgeräten sowie sonstige Ausrüstung erforderlichen Informationen einschließen (Ausnahme: Diebstahlssysteme, Informationen zur Manipulation an Tempomaten und Tachometern).2167 Herausgegeben werden brauchen aber nur die technischen, nicht aber die kommerziellen Informationen. Zu letzteren gehören z.B. Werkstattstundensätze oder Abrechnungssoftware, welche zwar zur Ausführung von derartigen Arbeiten genutzt werden kann, aber hierfür nicht erforderlich ist.2168 Unzulässig ist es, wenn der Hersteller die Übermittlung von Informationen oder allgemein den Zugang zu seinem Werkstattnetz davon abhängig macht, dass der Interessent nicht für die Reparatur von Fahrzeugen der Marke eines Wettbewerbers zugelassen ist2169 oder die Werkstatt eine bestimmte Menge an Ersatzteilen oder Werkzeugen der Marke des Kfz-Herstellers abnimmt.2170 Der Kfz-Hersteller darf

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2161 Wegner BB 2010, 1803 (1807). 2162 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 15; Frenz WRP 2013, 163 (166). 2163 Wegner BB 2010, 1867 (1870). 2164 AA Niebling WRP 2011, 1269 (1271). 2165 Wegner BB 2010, 1867 (1870). 2166 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 17; Frenz WRP 2013, 163 (166). 2167 Ensthaler WuW 2002, 1042 (1050); Wendel WRP 2002, 1395 (1410 ff.). 2168 Rn 65 LL Kfz-GVO; Wegner BB 2010, 1867 (1870). 2169 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 18; Frenz WRP 2013, 163 (167). 2170 S. häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 16; Frenz WRP 2013, 163 (166)

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von der Werkstatt eine Schulung verlangen, sofern jene für Arbeiten an dem betreffenden System erforderlich ist und nicht lediglich für einen allgemein fachgerechten Umgang mit der Technik als solcher, etwa bei der Schulung zu Kunstoff-Karosserietechnik.2171 Zum Schutz vor Missbrauch darf eine Überprüfung des Vorstrafenregisters verlangt werden.2172 Da die Informationen „diskriminierungsfrei“ erteilt werden müssen, wird daraus geschlossen, dass sie den unabhängigen Werkstätten zu den gleichen Preisen erteilt werden müssten, wie etwa Vertragshändlern und Vertragswerkstätten.2173 Das halte ich für diskussionswürdig, da die den Vertragshändlern und -werkstätten auferlegten Verpflichtungen zur Erfüllung der Selektionskriterien – je nach Sachverhaltsgestaltung – einen hinreichenden Grund zur Ungleichbehandlung geben können und die Treupflichten des Unternehmers gegenüber ihren Vertragshändlern und -werkstätten fordern könnten, von ihnen ein geringeres Entgelt zu verlangen. (f) Art. 6 Kfz-GVO. Nach dieser Bestimmung kann die Kommission durch VO erklä- 265 ren, dass in Fällen, in denen mehr als 50% des relevanten Marktes durch parallele Netze gleichartiger vertikaler Beschränkung abgedeckt werden, die Kfz-GVO auf vertikale Vereinbarungen, welche bestimmte Beschränkungen des Wettbewerbs auf diesem Markt enthalten, keine Anwendung findet. (g) Art. 7 Kfz-GVO. Bis zum 31.5.2021 wird die Kommission die Anwendung der Kfz- 266 GVO überwachen und einen Bericht erstellen. (h) Art. 8 Kfz-GVO. Die Kfz-GVO tritt am 1.6.2010 in Kraft und gilt bis zum 31.5.2023. 267 Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat. cc) Alt Kfz-GVO 1400/02 Zur Alt-Kfz-GVO 1400/02 siehe die 2. Aufl., Vor § 84 Rn 168 ff. sowie Staub/Emde 268 5. Aufl., Vor § 84 Rn 152 ff. Die aus der GVO 1400/02 übernommenen Händlerschutzbestimmungen werden unter Rn 247 ff. besprochen. dd) GVO 1217/10 Vertriebsvereinbarungen können auch nach der GVO 1217/102174 über Forschung 269 und Entwicklung freigestellt sein.2175 Die Systematik dieser hier nicht näher besprochenen GVO folgt dem Muster der anderen GVOs. Art. 3 der GVO regelt als wesentliche Voraussetzung der Freistellung einige Grundanforderungen, Art. 4 der GVO deren zeitliche Begrenzung. Die Parteien können das Ergebnis ihrer Zusammenarbeit durch einen echten gemeinsamen Vertrieb des Vertragsproduktes gem. Art. 3 Abs. 5, Art. 5 lit. b ii, Art. 5 lit. c GVO 1217/10 verwerten. Ein echter gemeinsamer Vertrieb liegt vor, wenn die Parteien ein Gemeinschaftsunternehmen oder einen Dritten mit dem Vertrieb betrauen oder

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2171 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 15; Frenz WRP 2013, 163 (166). 2172 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012, Frage 15; Frenz WRP 2013, 163 (166). 2173 S. etwa Frage 89 des Leitfadens zur GVO 1400/02. 2174 GVO (EU) Nr. 1217/10 der Kommission v. 14.12.2010 über die Anwendung von Art. 101 Abs. 3 AEUV auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen über Forschung und Entwicklung, ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 36 ff. 2175 Dazu Schubert NZKart 2013, 278 ff.

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den Vertrieb in die Hände einer gemeinsamen Abteilung legen.2176 Art. 5 GVO 1217/10 definiert Kernbeschränkungen. Ebenso wenig wie nach der GVO 330/10 darf der passive Verkauf beschränkt werden. Der aktive Verkauf darf lediglich in Gebieten und gegenüber Kunden beschränkt werden, die einer der Parteien im Wege der Spezialisierung zur Verwertung ausschließlich zugewiesen wurden.2177 Die Festsetzung von Preisen bildet nach Art. 5 lit. c GVO 1217/10 eine verbotene Kernbeschränkung.2178 Ausgenommen hiervon sind die Festsetzung des Preises für direkte Abnehmer sowie die der Lizenzgebühren für direkte Lizenznehmer, wenn die gemeinsame Verwertung der Ergebnisse den gemeinsamen Vertrieb der Vertragsprodukte oder die gemeinsame Erteilung von Lizenzen für die Vertragstechnologie umfasst. 2. Deutsches Kartellrecht Literatur: Billing/Lettl Franchising und § 20 GWB, WRP 2012, 773.

a) Einleitung. Gem. § 130 Abs. 2 GWB findet das GWB nur Anwendung auf Wettbewerbsbeschränkungen, die sich im Geltungsbereich des GWB auswirken, selbst wenn sie außerhalb seines Geltungsbereiches veranlasst werden. Auf wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen mit rein innerstaatlicher Wirkung findet lediglich deutsches Kartellrecht Anwendung. Dazu müsste die Verhaltensweise (nur) im Inland eine spürbare Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken.2179 Auch mittelbare Auswirkungen genügen.2180 Bei Vertragsschluss zwischen zwei ausländischen Vertriebspartnern müsste die abgestimmte Verhaltensweise den inländischen Markt regeln,2181 was nicht der Fall ist, wenn das Vertriebsgebiet nicht im Inland liegt. Zum 1.7.2005 trat die 7. GWB-Novelle in Kraft. Sie führte zu einem grundsätzlichen 271 Systemwandel.2182 Im Kartellverbot des § 1 GWB wurden die Worte „miteinander im Wettbewerb stehenden“ gestrichen. Vom Kartellverbot erfasst sind seither nicht mehr nur horizontale, sondern auch – zuvor von §§ 14–18 a.F. GWB (dazu 2. Aufl, Vor § 84 Rn 257) geregelte – vertikale Vereinbarungen,2183 die jetzt unter die Generalklausel des § 1 GWB fallen.2184 Nach der Gleichstellung vertikaler und horizontaler Vereinbarungen durch die 7. GWB-Novelle ist auch bei vertikalen Verträgen, also auch bei Vertriebsverträgen, erforderlich, dass der Vertragszweck die Notwendigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Auslegung geboten sein lässt. Ein anzuerkennendes Interesse statt einer solchen Notwendigkeit reicht nicht mehr aus.2185 Die bisherige Rechtsprechung hierzu ist also unmaßgeblich.

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2176 Siehe Schubert NZKart 2013, 278 (281). 2177 Siehe Schubert NZKart 2013, 278 (282). 2178 Siehe Schubert NZKart 2013, 278 (283). 2179 Stockmann in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GWB, § 130 Rn 51. 2180 Stockmann in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GWB, § 130 Rn 51. 2181 Stockmann in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GWB, § 130 Rn 52. 2182 Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1165; Kirchhain WuW 2008, 167. 2183 OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (416); RegE zur 7. GWB-Novelle BT-Drucks. 15/3640, S. 23 ff.; LG München I, Urt. v. 21.3.2006 – 33 O 24781/ 04, WuW 2006, 626 (628) – DE-R 1708, 1710; Karl/Reichelt DB 2005, 1436 (1437); Kahlenberg/Haellmigk BB 2005, 1509; Thomas WuW 2010, 177 (178); Stancke VersR 2009, 1168 (1169) zum Versicherungsvertrieb. 2184 Hopt § 86 Rn 34, 36. 2185 BGH, Urt. v. 10.12.2008 – KZR 54/08, NJW 2009, 1751 = WuW/E DE-R 2554.

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§ 1 GWB hat seit der 7. GWB-Novelle den gleichen Regelungsgehalt wie Art. 101 272 Abs. 1 AEUV.2186 § 2 Abs. 1 GWB enthält eine als Generalklausel formulierte Ausnahme vom Kartellverbot, die insb. eingreifen kann, wenn außerhalb des Anwendungsbereiches des Art. 101 AEUV auf die Vereinbarung eine EU-GVO unanwendbar ist oder deren Voraussetzungen nicht erfüllt sind. § 2 Abs. 1 GWB übernimmt die Freistellungsvoraussetzungen des Art. 101 Abs. 3 AEUV. Das Vorliegen der in § 2 Abs. 1 GWB genannten vier Voraussetzungen wird vermutet, wenn eine EU-GVO auf die Vereinbarung anwendbar ist und deren TB erfüllt ist. Im Vertriebsrecht sind insoweit die Schirm-Vertriebs-GVO 330/10 und die Kfz-GVO 1400/02 relevant.2187 Klarstellend überträgt Art. 2 Abs. 2 GWB den Regelungsgehalt der GVO in Form einer dynamischen Verweisung in das deutsche Recht.2188 An dieser Verweisung wird wegen Art. 80 Abs. 1 GG Kritik geäußert.2189 Bei fehlender Freistellung durch eine GVO mangelt es an einer offensichtlichen Freistellungsfähigkeit, die aber keine Indizwirkung für eine individuelle Prüfung der Freistellungsvoraussetzungen nach § 2 Abs. 1 GWB aufweist. 2190 Neben § 1 GWB kann § 138 BGB anwendbar sein.2191 Eingegliederte, „echte“ HV (oben, Rn 138 ff.) sind wie bei Art. 101 AEUV von den Beschränkungen des § 1 GWB befreit. Der Unternehmer darf seinem eingegliederten HV z.B. Weisungen2192 und ihm im Rahmen des § 90a Wettbewerbsverbote2193 auferlegen. Im Ergebnis hat das deutsche Kartellrecht damit gegenüber Art. 101 AEUV keinen eigenständigen Regelungsgehalt mehr. Die Rspr. zum europäischen und deutschen Kartellrecht sollte sich weitgehend entsprechen, was zu begrüßen ist. Auch das deutsche Kartellrecht unterliegt daher dem System der Legalausnah- 273 me.2194 Gebiets- und Kundenbeschränkungen waren nach deutschem Kartellrecht vor der 7. GWB-Novelle zulässig. Jetzt stellen sie Verstöße gemäß § 1 GWB dar (Art. 4 lit. b GVO 330/10).2195 Ob der Freistellungsausschluss für Gebiets- und Kundenbeschränkungen im deutschen Kartellrecht sachgerecht ist, wird bezweifelt.2196 Das deutsche Kartellrecht habe nicht die Funktion, den europäischen Binnenmarkt zu unterstützen; die Ausschaltung des Wettbewerbs sei in innerstaatlichen Fällen weniger wahrscheinlich.2197 Preisbindungen sind im deutschen Kartellrecht ebenfalls unwirksam (Art. 101 AEUV, Art. 4 lit. a GVO 330/10). 2198 Unverbindliche Preisempfehlungen sind jedoch wirksam.2199 Höchstpreisbindungen sind zulässig, wie sich aus § 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 4 lit. a 2. Hs. GVO 330/10 ergibt.2200 Voraussetzung ist, dass sich die Höchstpreisbindung nicht faktisch wie ein Fest- oder Mindestverkaufspreis auswirkt. Unzulässigkeit kann auch eintreten, wenn die Höchstpreisbindung wie ein Orientierungspreis wirkt.2201 Unwirksame Höchstpreisbindungen aus Altverträgen werden nicht automatisch wirksam.2202 Meist-

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2186 2187 2188 2189 2190 2191 2192 2193 2194 2195 2196 2197 2198 2199 2200 2201 2202

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Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1166. Siehe Kahlenberg/Haellmigk BB 2005, 1509 (1510). Köhnen in Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 771. Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 2 Rn 1160. Köhnen, in Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 775. BGH, Urt. v. 10.12.2008, WuW DE-R 2554; Thomas WuW 2010, 177 ff. Hopt § 86 Rn 35. Hopt § 86 Rn 37. Kirchhain WuW 2008, 169. Kirchhain WuW 2008, 170. Kirchhain WuW 2008, 170. Kirchhain WuW 2008, 171. Kirchhain WuW 2008, 172. Kirchhain WuW 2003, 167 (175). Kirchhain WuW 2008, 172. Kirchhain WuW 2008, 173. Kirchhain WuW 2008, 174.

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begünstigungsklauseln verstoßen auch innerstaatlich gegen das Kartellverbot. 2203 Meistbegünstigungsklauseln zu Lasten des Lieferanten sind freigestellt, wenn der Marktanteil des Lieferanten 30% nicht übersteigt (§ 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Satz 2, Art. 3 Abs. 1 GVO 330/10).2204 Mehr als 5-jährige Wettbewerbsverbote sind wie im EUKartellrecht unzulässig (§ 2 Abs. 2 GWB i.V.m. Art. 5 Abs.1 lit. a 1. Hs. GVO 330/10).2205 Für Altverträge soll das Wettbewerbsverbot mit einer geringeren Laufzeit aufrechterhalten werden.2206 Die 8. GWB-Novelle2207 brachte weitere Änderungen, von denen vor allem die Neu274 formulierung des früheren § 20 GWB in den §§ 19, 20 GWB n.F. relevant ist. b) Bagatellbekanntmachung. Die Freistellung eines Vertriebsvertrages kann nach deutschem Recht auch nach der Bagatellbekanntmachung 2007 und der Bekanntmachung KMU 2007 des BKartA erfolgen.2208 Das Bundeskartellamt ist nicht nur für die Anwendung des GWB sondern auch des Art. 101 AEUV zuständig.2209 Die EU-Bagatellbekanntmachung gilt ausschließlich im Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV, d.h. nur dann, wenn die Wettbewerbsbeschränkung spürbare Auswirkung auf den zwischenstaatlichen Handel haben kann. Keine Anwendung kann die Bagatellbekanntmachung 2007 des BKartA finden, falls die Vereinbarung nicht in den Anwendungsbereich des § 1 GWB/Art. 101 AEUV fällt oder von §§ 2, 3 GWB, einer GVO oder Art. 101 Abs. 3 AEUV freigestellt ist.2210 In diesem Fall besteht kein Aufgreifermessen des BKartA. Die Bagatellbekanntmachung greift nur innerhalb folgender Schwellenwerte ein: Bei 276 einer nicht horizontalen Vereinbarung liegt der insgesamt maximal zulässige Marktanteil auf allen betroffenen Märkten bei 15%. Kann die Einordnung nicht zweifelsfrei vorgenommen werden, gilt die geringere 10%-Schwelle.2211 Besteht der Verdacht, dass auf einem betroffenen Markt der Wettbewerb durch einen kumulativen Marktabschottungseffekt von Vereinbarungen beschränkt wird, beträgt die Marktanteilsschwelle jeweils 5%. Ein solcher kumulativer Abschottungseffekt liegt vor, wenn 30% oder mehr des betroffenen Marktes von nebeneinander bestehenden Netzen von Vereinbarungen verschiedener Lieferanten für den Verkauf entsprechender Waren/das Angebot entsprechender Dienstleistungen abgedeckt werden. Unzulässige Kernbeschränkungen bilden die Festsetzung von Preisen oder Preisbestandteilen beim An- oder Verkauf von Erzeugnissen/Dienstleistungen in Bezug auf mit Dritten ausgehandelten Verträgen sowie die Beschränkung von Produktion, Bezug oder Absatz von Waren oder Dienstleistungen, insbesondere durch die Aufteilung von Versorgungsquellen, Märkten oder Abnehmern. Auf vertikale Vereinbarungen werden dieselben strengen Maßstäbe wie auf horizontale Vereinbarungen angewendet.2212 Insbesondere erlaubt das Bundeskartellamt nicht die gängigen Ausnahmen in vertikalen Vereinbarungen zur Beschränkung des Gebiets- oder Kundenkreises, in das oder an den der Käufer die Vertragswaren oder Dienstleistungen 275

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2203 BKartA, Beschl. v. 20.12.2013 – B 9 – 66/10, BeckRS 2014, 04343; Kirchhain WuW 2008, 175. 2204 Kirchhain WuW 2008, 175; Bar WuW 2004, 259 (264); Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1212); Ackermann EuZW 1999, 741 (743); Semler/Bauer DB 2000, 193 (197). 2205 Kirchhain WuW 2003, 167 (176). 2206 BGH, Urt. v. 10.2.2004, RdE 2004, 260 (261); Kirchhain WuW 2003, 167 (177). 2207 Verkündet am 29.6.2013 (BGBl. 2013, Teil I Nr. 32, S. 1738). 2208 Dazu Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173. 2209 Art. 3 Abs. 1 VO 1/2003, § 50 GWB; vgl. Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1174). 2210 Vgl. Bagatellbekanntmachung 2007, Rn 3; Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1174). 2211 Bagatellbekanntmachung 2007, Rn 8–10. 2212 Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1173).

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verkaufen darf.2213 Es kann nicht angenommen werden, dass eine Vereinbarung, die nach der Bagatellbekanntmachung des BKartA nicht freigestellt ist, regelmäßig über § 2 GWB i.V.m. einer GVO automatisch freigestellt wäre. In den allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen einer GVO, wie z.B. im Bereich des Automobilvertriebs, können verschiedene – rein zivilrechtliche – Voraussetzungen enthalten sein, die eine Vereinbarung erfüllen muss, wenn sie die GVO in Anspruch nehmen will. Diese brauchen die Hersteller/Importeure, deren Marktanteil unter 5% liegt, im europäischen Recht nicht zu erfüllen, ohne hierdurch mit dem Kartellrecht in Konflikt zu geraten. Fällt eine solche Vereinbarung mangels Zwischenstaatlichkeit nicht mehr in den Anwendungsbereich des Art. 101 AEUV, was z.B. bei einer Vereinbarung zwischen einem Kfz-Händler und einem ausschließlich regional tätigen Unterhändler in Betracht kommen kann, so wäre nicht die EU-Bagatellbekanntmachung sondern die Bagatellbekanntmachung 2007 des BKartA anwendbar. Ein solcher Händler könnte sich bei identischer Vertragsgestaltung nach deutschem Recht nicht darauf verlassen, dass seine Vereinbarung vom Bundeskartellamt nicht aufgegriffen würde.2214 Vereinbart er ein selektives Vertriebssystem, welches das Verbot des Verkaufs an Wiederverkäufer beinhaltet, könnte dies, als „Beschränkung des Absatzes“, der Anwendung der Bagatellbekanntmachung 2007 entgegenstehen. Zwar folgt aus der Nichterfüllung der Voraussetzungen der Bagatellbekanntmachung 2007 nicht, dass das Bundeskartellamt nun zwingend jegliche Vereinbarung, die die Bagatellbekanntmachung im Ansatz oder im Detail nicht erfüllt, verfolgen wird.2215 Sinnvoll ist ein derartiges Auseinanderfallen der Beurteilung aber nicht.2216 Denn es führt die weitgehende Anpassung des GWB an die europäische Systematik ad absurdum, wenn gerade bei Vereinbarungen mit geringfügiger Auswirkung auf den Wettbewerb die schwierige Abschätzung vorgenommen werden muss, ob eine Vereinbarung dem Art. 101 AEUV unterfällt oder nicht.2217 Das Merkblatt KMU 2007 des BKartA ersetzt das entsprechende Merkblatt des BKartA zur Kartellnovelle vom 16.12.1998. Nicht anwendbar ist das Merkblatt auf zwischenbetriebliche Kooperationen, welche geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel spürbar zu beeinträchtigen.2218 Zulässig bleiben Vertriebskooperationen, die sich darauf beschränken, Aufträge in Abhängigkeit der Frachtkosten zu vergeben.2219 Preisabreden können ausnahmsweise zulässig sein, sofern sie zwingend mit dem Rationalisierungserfolg verbunden sind, etwa bei einer Vertriebsgemeinschaft.2220 c) §§ 19, 20 Abs. 1 GWB aa) Einführung (1) Bedeutung des § 19 GWB (a) Anwendungsbereich. Nach wie vor besondere Bedeutung hat im Vertriebsrecht 277 § 19 GWB, insb. sein Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 GWB.2221 Auch Vertriebsmittler, insb.

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Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1174). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Rissmann EuW 2006, 884; Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1175). Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1176). Merkblatt KMU 2007 Rn 33. Pfeffer/Wegner BB 2007, 1173 (1177). Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 943.

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HV,2222 VV,2223 Vertragshändler und FN,2224 können sich bei entsprechender Marktstärke des Unternehmers auf das Diskriminierungsverbot der §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB berufen, angeblich jedoch nicht, falls der Vertriebsmittler in seinem Gebiet keinem Wettbewerb ausgesetzt ist.2225 Die Anwendbarkeit ist nicht ausgeschlossen, weil der HV weder Anbieter noch Nachfrager hinsichtlich der vom Unternehmer vertriebenen Produkte ist2226 oder die §§ 84–92c eine in sich geschlossene, §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB vorgehende und verdrängende Sonderregelung beinhalten.2227 Nach denjenigen, die in den §§ 84 ff. eine verdrängende Sonderregelung sehen, bestimmt sich die Entschließungs- und Dispositionsfreiheit des Unternehmers gegenüber dem HV nur nach HV-Recht und endet erst bei Willkür oder Absicht bewusster Schädigung des HV. Darüber hinaus soll sie durch §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB nicht weiter eingeschränkt sein.2228 Tatsächlich ist der Regelungsgegenstand der §§ 84 ff. kein kartellrechtlicher, so dass er der Anwendung der §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB nicht im Wege der Spezialität entgegensteht. Die Analyse von Jacobsen,2229 es sei kaum vorstellbar, dass ein Unternehmer seinen HV diskriminiere oder unbillig benachteilige, dürfte unzutreffend sein. Allerdings will auch die die Anwendbarkeit des § 19 GWB ablehnende Meinungsgruppe dessen Anwendung vor Abschluss des HV-Vertrags oder nach dessen Beendigung zulassen.2230 278 § 19 Abs. 2 Nr. 1 sowie § 20 Abs. 1 GWB sind auch auf mittels GVO freigestellte Vertriebssysteme anwendbar,2231 weil eine solche Freistellung nichts über die in §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB geregelten Fragen aussagt. Die Gegenansicht verneint die Anwendbarkeit der §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB und damit eine Belieferungspflicht insb. bei der Prüfung der Aufstellung und Anwendung von Selektionskriterien im Rahmen freigestellter selektiver Vertriebssysteme,2232 selbst wenn es sich bei der freigestellten Maß-

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2222 Immenga/Mestmäcker/Markert § 26 Rn 125; Spenner in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 19 GWB Rn 168; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 32; Wellenhöfer-Klein ZIP 1997, 774 (776); offengelassen in BGH, Urt. v. 26.2.1970 – KZR 17/68, LM BGB § 138 Bb Nr. 28 = NJW 1970, 855. 2223 Stancke VersR 2009, 1168 (1177). 2224 Billing/Lettl WRP 2012, 773 (776). 2225 OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834 (zwh.). 2226 So aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 78. 2227 OLG Düsseldorf OLGR 1998, 11; Rittner WuW 1993, 592 (602 ff.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 77; Carlhoff in: Frankfurter Kommentar zum GWB § 26 Rn 162; aA Immenga/Mestmäcker/Markert § 26 Rn 125; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 33; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 32; Wellenhöfer-Klein ZIP 1997, 774 (776). 2228 BGH, Urt. v. 7.3.1989 – KZR 15/87, BGHR GWB § 26 Abs. 2 Behinderung 5; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 78. 2229 Jacobsen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1264. 2230 Vgl. BGH, Urt. v. 21.2.1989 – KZR 3/88, EBE 1989, 263 = EWiR 1989, 783; v. 26.10.1972 – KZR 54/71, LM GWB § 26 Nr. 22 = NJW 1973, 280; v. 22.10.1973 – KZR 22/72, LM GWB § 26 Nr. 24 = NJW 1974, 141; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 78. 2231 Billing/Lettl WRP 2012, 773 (780/781); Weitbrecht EuZW 2003, 72; aA LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“ (zur quantitativen Selektion); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); Wirtz WuW 2003, 1039 ff. 2232 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – „JPG Le Male“; Pischel GRUR 2011, 685 (689); Schultze/Pautke/Wagener BB 2009, 2266 (2267); Becker/Pfeiffer ZWeR 2004, 268 (277); Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (688); Wirtz WuW 2003, 1039 (1042); Hübschle in: Lange, Hdb. z. dt. und europ. KartellR, 2. Aufl. (2006), § 3 Rn 943; Jaeger in: Frankfurter Komm. Art. 3 VO 1/2003 Rn 18 f.; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff § 20 Rn 71; Rixen in: Frankfurter Komm. z. KartellR, Bd. 4, Losebl. Std. 4/2008, § 20 Rn 175, 177, 179; Schultz in: Langen/Bunte, § 20 Rn 141 – aber ein solches selektives Vertriebssystem verstößt oft schon nicht gegen Art. 101 AEUV und bedarf mithin keiner Freistellung.

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nahme um eine nicht von Art. 101 AEUV erfasste „einseitige“ handelt2233 (wofür die Lieferverweigerung ein typisches Beispiel bildet).2234 Selektive Vertriebssysteme stellten Vereinbarungsgeflechte und keine einseitigen Handlungen des Herstellers dar, welche in Abgrenzung zum europäischen Kartellrecht allein von § 19 GWB erfasst seien.2235 §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB seien daher nur auf einseitige Handlungen des Herstellers gegenüber seinen gebundenen Vertriebshändlern und einseitige Handlungen gegenüber außenstehenden Dritten anwendbar, etwa falls der außenstehende Händler nicht zum selektiven Vertriebssystem zugelassen werde, obwohl er die Selektionskriterien erfülle.2236 Zutreffend hat der BGH jedoch ausgesprochen, auch im Geltungsbereich europäischen Kartellrechts ließen sich aus §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB Ansprüche auf Belieferung und Vertragsschluss herleiten.2237 In jedem Fall ist die Freistellung ein abwägungsrelevanter Umstand,2238 insb. bei der Billigkeitsbewertung. (b) Systematik der Vorschrift. § 19 GWB enthält den Verbotstatbestand. Praktisch 279 wird meist § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Erste Voraussetzung der Anwendbarkeit ist, dass das Unternehmen, gegen welches vorgegangen werden soll, zu dem in §§ 19, 20 GWB genannten Normadressatenkreis gehört. Zweitens ist erforderlich, dass entweder eine unbillige Behinderung oder eine gegenüber gleichartigen Unternehmen unterschiedliche Behandlung ohne sachlich gerechtfertigten Grund vorliegt. § 20 Abs. 1 GWB erweitert den Normadressatenkreis um die Fälle der relativen Marktmacht, bei denen die Marktmacht nicht absolut wie bei den marktbeherrschenden Unternehmen festgestellt wird, sondern relativ in Bezug auf ihre Anbieter oder Nachfrager. Die relative Marktmacht ergibt sich aus der Abhängigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen von der Marktgegenseite in Form des Fehlens ausreichender und zumutbarer Ausweichmöglichkeiten. In der Praxis wird kaum noch auf die Marktbeherrschung abgestellt, da sich eine Abhängigkeit aufgrund relativer Marktstärke leichter begründen lässt.2239 Der Begriff der geschützten Unternehmen i.S.d. §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB ist 280 weit gefasst.2240 Nach §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB Verpflichtete sind etwa die meisten Kfz-Hersteller.2241 Auch die Herausgeber des amtlichen Telefonbuches, die zugleich die „Gelben Seiten“ verlegen, unterliegen mit Rücksicht auf die von ihnen ausgeübte Marktmacht erhöhten Anforderungen, wenn sie sich weigern, die ihnen von im eigenen Namen handelnden Werbevermittlern angedienten und geworbenen Anzeigenaufträge entgegenzunehmen.2242

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2233 Pischel GRUR 2011, 685 (689). 2234 Siehe Pischel GRUR 2011, 685 (689). 2235 Harte-Bavendamm/Kreutzmann WRP 2003, 682 (689). 2236 Wirtz WuW 2003, 1039 (1044). 2237 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = EWiR 2006, 273 (Emde); v. 12.5.1998 – KZR 23/95, BB 1998, 2353 = NJW-RR 1999, 189. 2238 BGH, Urt. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WuW/E DE-R 2514 = WRP 2009, 208; v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203 (1205) = WRP 2004, 374; OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08; Weitprecht EuZW 2003, 69/72; Glöckner WRP 2003, 1127 (1337); Billing/Lettl WRP 2012, 773 (780). 2239 Westphal II Rn 416. 2240 Rixen in: Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht § 20 Rn 403. 2241 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); zuvor bereits BGH, Urt. v. 23.2.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491 (2493) – Opel-Blitz; Beschl. v. 19.1.1993 – KVR 25/91, WuW/E 2875 (2878 ff.) – Herstellerleasing; Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983 (2988) – Kfz-Vertragshändler; OLG Celle, Urt. v. 22.6.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581, 2001, 65 = OLGR Celle 2001, 126. 2242 OLG Bremen, Urt. v. 18.12.2003 – 2 U 71/03, OLGR 2004, 202.

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Dem selektiven Vertriebssystem mit qualitativer Selektion stehen §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB nicht im Wege, vorausgesetzt, es wird seinerseits nicht diskriminierend angewandt und die Qualifikationsanforderungen sind sachgerecht und angemessen.2243 Selbst wenn die Qualifikationsanforderungen nicht sachgerecht und angemessen sein sollten, besteht nur ein Aufnahmeanspruch, wenn die weiteren TB-Voraussetzungen der §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB erfüllt sind (dazu Rn 304 ff.).

(2) Kündigungsschutz? § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB wird insb. geprüft, wenn die Unwirksamkeit einer Kündigung geltend gemacht werden soll.2244 Im Grundsatz gilt: Der Unternehmer ist auch als Adressat des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB in der Gestaltung seines Vertriebssystems frei2245 (zur Dispostionsfreiheit § 86a Rn 73 ff.). Angeblich bestehen auf dem Markt der Vertriebsleistungen sogar weitergehende Beschränkungsmöglichkeiten als auf dem Markt der vertriebenen Produkte.2246 Einmal bestehende Lieferbeziehungen können für die Zukunft nicht unabänderlich gestaltet werden; die Kündigung eines Vertriebsvertrages erfordert aus kartellrechtlicher Sicht keine besondere Rechtfertigung.2247 Dies würde dem Wesen des Wettbewerbs als dynamischen Prozess, der steter Veränderung unterworfen ist, widersprechen. Die Kündigung gegenüber einem Vertriebsmittler kann gerade Ausdruck des Wettbewerbs sein, um einen günstigeren Dienstleister zu wählen. Die Kündigungsmöglichkeit hindert eine Wettbewerbserstarrung. Das Freihaltebedürfnis des Unternehmers ist gegen das Schutzbedürfnis des Mittlers2248 unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes2249 abzuwägen. Dabei fällt auf Seiten des Händlers dessen Interesse an der Belieferung ins Gewicht. Zugunsten des Unternehmers ist zu berücksichtigen, dass § 19 GWB ihm unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seines Vertriebssystems belässt2250 und nur den Missbrauch von Marktmacht verhindern will. Eine innerhalb der Frist des § 89 erklärte Kündigung ist regelmäßig wirksam und 283 wird durch § 19 GWB nicht ausgeschlossen,2251 selbst wenn ein Kündigungsgrund und eine sachliche Rechtfertigung fehlen.2252 Dem Unternehmer steht die Vertragsbeendigung grundsätzlich frei (§§ 89, 89a). Nach Kündigung existiert grundsätzlich kein Anspruch auf Fortsetzung des Vermittlungsvertrages. I.d.R. ist die von § 89 als angemessen beurteilte Kündigungsfrist genügend, um dem Mittler eine ausreichende Anpassungsund Umstellungszeit zuzubilligen. Die ordentliche Kündigung muss auch nicht begründet werden.2253 Nur bei Existenz eines Kontrahierungszwanges gem. §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20

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2243 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. II, § 20 Rn 91. 2244 OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834; Canaris § 17 Rn 87; Niebling WRP 2002, 310. 2245 BGH, WuW/E DE-R 1151, 2003, 395; OLG Celle, Urt. v. 29.3.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864 = WuW 2002, 504 (Kfz-Vertragshändler). 2246 OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. 2247 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2859); OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. 2248 OLG Celle, Urt. v. 22.6.2000 – 13 U 137/98 – WuW DE-R 581 = WuW 2001, 65 = OLGR 2001, 126; Spenner in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 19 GWB Rn 69. 2249 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); v. 23.2.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491 (2493) – Opel-Blitz; Beschl. v. 19.1.1993 – KVR 25/91, WuW/E 2875 (2878) ff. – Herstellerleasing; Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983 (2988) – KfzVertragshändler. 2250 Spenner in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 19 GWB Rn 69. 2251 Vgl. Langen/Bunte/Schultz § 20 Rn 173 f. 2252 OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834; Niebling WRP 2002, 310. 2253 BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260.

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Abs. 1 GWB gilt anderes: Die ordentliche Kündigung eines einzelnen oder eines Teils der Vertriebsmittler ist dann – aber nur dann – regelmäßig ausgeschlossen2254 (Verbot der Ungleichbehandlung, s. Rn 287 f.). Greift der Kontrahierungszwang ein, darf der Unternehmer den geschlossenen Vertrag nur aus sachlichem oder sogar wichtigem Grund beenden, ggf. mittels außerordentlicher Kündigung (s.u., Rn 316).2255 In jedem Fall möglich bleibt die Strukturkündigung aller Vertriebsmittler2256 (s.u., Rn 316). Das Kündigungsrecht steht allerdings unter dem Vorbehalt Treu und Glau- 284 bens.2257 Eine Grenze liegt auch in dem Verbot sittenwidrigen Handelns (§ 89 Rn 74 ff.). Die Tendenz der Gerichte liegt darin, eine ordentliche Kündigung nur bei Schikane, widersprüchlichem Verhalten oder zeitnahen Aufforderungen des Herstellers, zu investieren (Investitionsschutz), für rechtswidrig zu halten.2258 Wird von einem Unternehmer die ordentliche Kündigung eines HV-Vertrages angedroht, um eine Änderung der Zusammenarbeit zu erreichen, so bestehen meist weder vertragliche noch gesetzliche (§§ 138, 826 BGB, § 19 GWB) Schadensersatzansprüche, falls die ordentliche Kündigung keines besonderen Grundes bedarf und die Kündigungsfrist nicht unangemessen kurz ist.2259 Dazu s. § 89 Rn 78. So kann sich ein Kündigungsschutz ergeben, falls der HV auf Veranlassung des Herstellers besondere Investitionen erbracht hat. Dieser Kündigungsschutz unter Investitionsgesichtspunkten folgt aber nicht aus § 19 GWB, sondern aus dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens (§ 242 BGB) oder den §§ 627 Abs. 2, 671 Abs. 2, 712 Abs. 2, 723 Abs. 2, 2226 Abs. 2 BGB analog2260 (§ 89 Rn 81 ff.). Deshalb brauchen die strengen TB-Voraussetzungen des § 19 GWB in einem solchen Fall nicht vorzuliegen. (3) Auslauffrist? Nach zutreffender Ansicht2261 hinterlässt § 19 GWB bei Existenz ei- 285 nes sachlichen Grundes zumindest die Wirkung, dass dem Mittler eine angemessene Auslauf- oder Umstellungsfrist zugesprochen wird. Nicht nur bei Vertragshändlern soll eine solche von 12 Monaten angemessen sein.2262 Im außereuropäischen Bereich ist wegen der möglichen Verkürzung der Kündigungsfristen nach § 92c von Fall zu Fall zu entscheiden, wobei das Leitbild des § 89 einen Anhalt bieten kann. (4) Beweislast. Wer Ansprüche aus §§ 33, 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB geltend 286 macht, trägt die Darlegungs- und Beweislast nicht nur für die Normadressateneigenschaft des Behindernden, sondern auch für das Vorliegen einer Behinderung oder unterschiedlichen Behandlung gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich ge-

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2254 BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.9.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v.; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (622); Rixen in: Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht § 20 Rn 178; aA Nolte WRP 2005, 1124 (1128). 2255 Siehe BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.9.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v.; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (622). 2256 Vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623). 2257 Niebling WRP 2002, 310. 2258 Niebling WRP 2002, 310. 2259 OLG Hamburg, Urt. v. 20.2.2003 – 3 U 26/99, GRUR-RR 2003, 325 (Tankstellen-HV-Vertrag). Immer ist allerdings zu prüfen, ob eine unzulässige Schikanekündigung vorliegt (siehe BGH NJW 1970, 855). 2260 S. Creutzig NJW 2002, 3430 (3432). 2261 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = BeckRS 2012, 04855 Rn 31; v. 12.2.1980 – KRB 4/79, WuW/E BGH 1729 (1730) – Ölbrenner; Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (260); Rixen in: Frankfurter Kommentar zum Kartellrecht § 20 Rn 178. 2262 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = BeckRS 2012, 04855 Rn 26; v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E BGH 2983.

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rechtfertigten Grund.2263 Er muss z.B. darlegen und beweisen, dass er die Merkmale erfüllt, die der Lieferant für das qualitative-selektive Vertriebssystem festgelegt hat.2264 (5) Unterschiedliche Behandlung. Maßgeblicher Gesichtspunkt des § 19 GWB ist die Pflicht zur Gleichbehandlung betroffener Unternehmen. Im Normbereich des § 19 GWB folgt der Ungleichbehandlung eine Schadenersatzpflicht aus § 33 GWB.2265 Eine Ungleichbehandlung darf nicht unbillig sein. Ob sie ausscheidet, wenn die VertriebsGVO 330/10 die inkriminierte Bestimmung freistellt, hat der BGH offen gelassen.2266 Jedenfalls sei die Wertung des Gemeinschaftsrechts in die Abwägung nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB einzubeziehen.2267 Richtigerweise gibt die GVO zwar einen Fingerzeig für zivilrechtliche Fragestellungen,2268 entscheidet sie jedoch nicht abschließend.2269 Kündigt der Hersteller allen Absatzmittlern im Wege der Strukturkündigung, fehlt es an einer Ungleichbehandlung.2270 Fraglich ist, ob der Unternehmer bei Erfüllung der TB-Voraussetzungen des § 19 288 GWB verpflichtet ist, seine Vertriebsmittler untereinander und jene mit dem unternehmerischen Eigenvertrieb gleich zu behandeln.2271 Die Gleichbehandlungspflicht nach § 19 GWB besteht nur zwischen separaten „Unternehmen“. Die Rechtsprechung ist geprägt von der Situation des Einzelfalles. 287

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(6) Unbillige Behinderung. Die Erhöhung des Werksabgabepreises von Kfz gegenüber den Vertragshändlern stellt keine unbillige Behinderung i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB dar, weil Händler Fahrzeuge an Kunden wegen der jenen gewährten Rabatte regelmäßig unterhalb der UPE des Herstellers verkaufen und die Erhöhung des Werksabgabepreises kompensieren können, indem sie ihren Kunden geringere Rabatte gewähren.2272 Allerdings darf ein vereinbarter Rabatt nicht einseitig geändert werden.

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(7) Ermessen des Unternehmers bei der Gestaltung des Vertriebssystems. Der Unternehmer ist durch § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB grds. nicht daran gehindert, sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für richtig und wirtschaftlich sinnvoll hält2273 (zum Dispositionsrecht des Unternehmers § 86a Rn 73 ff.). Er muss dabei

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2263 BGHZ 96, 337 = NJW 1986, 1877; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI – U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121. 2264 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121. 2265 BGH NJW-RR 2003, 834. 2266 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209) = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 2267 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 (209) = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324; OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner. 2268 Siehe BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817. 2269 Siehe Emde BB 2009, 2330 ff. 2270 AA mglw. OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. 2271 Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (258). 2272 OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1261). 2273 BGH, Urt. v. 24.9.2002 – KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051/1053 – Vorleistungspflicht; v. 27.4.1999 – KZR 35/97, WuW/E DE-R 357 – Feuerwehrgeräte; v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel; v. 25.10.1998 – KVR 1/87, WuW/E BGH 2535 (2540) – Lüsterbehangsteine; v. 24.3.1981 – KZR 2/80, WuW/E BGH 1793 (1797) – SB-Verbrauchermarkt; v. 8.5.1979 – KZR 13/78, 1587 (1590) – Modellbauartikel I; v. 10.10.1978 – KZR 10/77, WuW/E BGH 1527 (1530) – Zeitschriften-Grossisten; v. 30.9.1971 – KZR 13/70, WuW/E BGH 1215 – Kraftwagen-Leasing; v. 27.9.1962, KZR 6/61, WuW/E BGH 502 (508) – Treuhandbüro; OLG Stuttgart v. 16.6.2003 – 2 U 144/02, WuW/E DE-R 1191 (1195) – TelefonbuchInserate; OLG Düsseldorf v. 19.3.2003 – U (Kart) 20/02, WuW/E DE-R 1184 (1186) – InfraCard-Tarif; OLG Hamburg v. 19.6.2002 – 5 U 28/02, WuW/E DE-R 1076 (1080) – Online-Ticketshop; Spenner in: Flohr/

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aber nach sachlichen Gesichtspunkten vorgehen und das System konsequent und nicht willkürlich durchführen. Die Freiheit zur Ausgestaltung des Absatzsystems beinhaltet auch die Freiheit zu seiner Umgestaltung, jedenfalls sofern sachliche Gründe (etwa: Rationalisierung, die Ertragssituation, Anpassung an die wirtschaftliche Entwicklung oder gesteigerter Wettbewerbsdruck) dafür sprechen.2274 Eine solche Umstellung rechtfertigt auch den Abbruch bestehender Lieferbeziehungen2275 und den Wunsch, den Vertrieb über selbständige Tochtergesellschaften zu organisieren,2276 angeblich selbst bei Existenzgefährdung des Mittlers.2277 Allerdings kann es erforderlich sein, den bisher belieferten Abnehmern eine angemessene Umstellungsfrist einzuräumen (s.o., Rn 285). Dabei ist die konkrete Marktstärke des Normadressaten zu berücksichtigen. Je größer die Marktmacht des Normadressaten, desto höher das Maß an Rücksichtnahme, welches von ihm verlangt werden muss.2278 Da eine sofortige Umstellung regelm. ausscheidet, darf der Unternehmer sich sukzessive von den Vertriebsmittlern lösen.2279 Dafür gibt es dann sachliche Gründe. Die Gestaltungsfreiheit bezieht sich namentlich auf die unternehmerische Grund- 291 entscheidung, ob ein Hersteller sich eines unternehmenseigenen Absatzsystems oder eines Systems fremder Absatzmittler bedienen will.2280 Zulässig ist auch der Ausschluss von Marktstufen im Absatzsystem. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB steht dem Direktvertrieb an Einzelhändler unter Ausschaltung des Großhandels oder unmittelbaren Endverbrauchers nicht entgegen.2281 Der Unternehmer ist weder nach HV-Recht noch nach Kartellrecht, auch nicht nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, daran gehindert, sich einen besonderen Vertriebsweg, etwa den Internetvertrieb, gegenüber seinen HV selbst vorzubehalten.2282 Zu Eigenhändlern s. Rn 206 ff. Entscheidet sich ein Unternehmen für ein unternehmenseigenes Absatzsystem, so besteht grds. kein Anspruch unternehmensfremder Händler auf Belieferung.2283 Werden unternehmensfremde Absatzmittler in das Absatzsystem eingeschaltet, so entsteht eine grds. Pflicht, gleichartige Unternehmen bei der Belieferung gleich zu behandeln. Eine Auswahl ist nur unter sachlichen Gesichtspunkten gerechtfertigt.2284 Der Normadressat ist aber kartellrechtlich nicht verpflichtet, seinen Vertrags-

_____ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 19 GWB Rn 52; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 89; Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 112. 2274 BGH, Urt. v. 10.11.1998 – KZR 6/97, WuW/E DE-R 220 – U-Bahn-Buchhandlung; v. 17.3.1998 – KZR 20/96, WuW/E DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel; Spenner in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 19 GWB Rn 69. 2275 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = BeckRS 2012, 04855; v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel; v. 10.2.1987 – KZR 6/86, WuW/E BGH 2360 – Freundschaftswerbung; v. 8.3.1983 – KZR 1/82, WuW/E BGH 1995 (1996) – Modellbauartikel III; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 89. 2276 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = BeckRS 2012, 04855; v. 10.2.1987 – KZR 6/86, WuW/E BGH 2360 (2367); Billing/Lettl WRP 2012, 773 (780). 2277 BGH, Urt. v. 10.2.1987 KZR 6/86, WuW/E BGH 2360 (2367); Billing/Lettl WRP 2012, 773 (780). 2278 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 89. 2279 Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 115. 2280 BGH, Urt. v. 24.9.2002 – KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051 (1083) – Vorleistungspflicht. 2281 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 90. 2282 BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) = WM 2008, 1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f. 2283 OLG Celle, Urt. v. 29.3.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864 = WuW 2002, 504 (Kfz-Vertragshändler, selektives Vertriebssystem); Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 90. 2284 BGH, Urt. v. 24.9.2002 – KZR 28/99, WuW/E DE-R 1051 (1053) – Vorleistungspflicht; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 90.

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partner vor Wettbewerb zu schützen, um ihm die Existenz oder ein auskömmliches Einkommen zu sichern. Eine solche Pflicht kann sich nur aus der Treubindung ergeben. Die Zielsetzung des Kartellrechts verbietet es, bestehende Wettbewerbsstrukturen dauerhaft festzuschreiben.2285 292

(a) Gleichbehandlung der selbständigen Vertriebsmittler untereinander. Im Anwendungsbereich des § 19 GWB besteht in gleicher Situation eine Pflicht des Unternehmers zur Gleichbehandlung der unabhängigen (nicht mit dem Unternehmer verbundenen), selbständigen Vertriebsmittler.2286 So entschied der BGH im Opel-Blitz-Urteil,2287 von einem Unternehmer, der der überwiegenden Zahl seiner Vertragshändler die Fortsetzung des Vertrages angeboten habe und lediglich einem oder wenigen den Abschluss verweigere, dürften die von der Verweigerung Betroffenen nach §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB Vertragsschluss fordern. Sie würden nämlich in dem fraglichen Markt „Geschäftsverkehr mit dem Unternehmer“ gegenüber anderen Händlern diskriminiert. Jenes Ergebnis dürfte sich auf das HV-Recht übertragen lassen. Der Händler muss jedoch seinen Geschäftsbetrieb so stark auf die Produkte des Herstellers ausgerichtet haben, dass er nur unter Inkaufnahme erheblicher Wettbewerbsnachteile zu einem anderen Hersteller wechseln kann. Daran ist auch zu denken, sofern der vom Mittler aufgebaute Kundenstamm auf die zuvor vertriebenen Produkte fixiert ist. Ähnlich wie der BGH im Opel-Blitz-Urteil entschied das OLG Celle:2288 ordne ein Kfz-Hersteller sein Vertriebsnetz neu und einige sich mit der Interessenvertretung der Vertragshändler auf einen für die ausscheidenden Händler als angemessen anzusehenden Ausgleichsanspruch analog § 89b, müsse der Hersteller einen ausscheidenden Händler gleichbehandeln, wenn jener mit der Beendigung des Händlervertrages nicht einverstanden sei. Der Hersteller dürfe von seiner gleichmäßigen Übung gegenüber früheren Vertragshändlern nicht willkürlich abweichen, weil dies gegen das Diskriminierungsverbot des § 19 GWB verstoße und einen Schadenersatzanspruch auslöse, der über § 33 Abs. 3 GWB, 249 BGB zur Gleichbehandlungspflicht führe.

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(b) Gleichbehandlung zwischen Vertriebsmittlern und konzerneigenen Vertriebsgesellschaften. Auch im Anwendungsbereich des § 19 GWB ist der Unternehmer nicht daran gehindert, ein Mischsystem eigener Niederlassungen mit einem Absatz durch Mittler zu kombinieren.2289 Daran schließt sich jedoch die Frage an, ob den Unternehmer eine Pflicht zur Gleichbehandlung seiner Vertriebsmittler mit konzerneigenen Vertriebsgesellschaften trifft. (aa) Dies ist nach einer Auffassung der Fall. So hat der BGH in einer Entscheidung die Pflicht zur Gleichbehandlung zwischen konzerneigenen Vertriebsgesellschaften und unabhängigen Absatzmittlern befürwortet.2290 (bb) AA war der BGH in einem kartellrechtlichen Judiz zur Auskehrung von Einkaufsvorteilen in Franchisesystemen: Konzerneigenen Betrieben dürften günstigere

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2285 OLG Frankfurt, Urt. v. 11.5.2004 – 11 U (Kart) 27/03, GRUR-RR 2004, 276 (277) – AutobahnRaststätte; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2: GWB, § 20 Rn 91. 2286 Emde VersR 2012, 536 (541). 2287 WuW BGH 2491. 2288 OLG Celle, Urt. v. 29.3.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864 (866), 2002, 504. 2289 Emde VersR 2012, 536 (541). 2290 BGH WuW/E DE-R 1151, 2003, 395; wohl auch OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; Hopt § 86a Rn 15.

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Konditionen eingeräumt werden als konzernfremden. Niemand sei verpflichtet, zu seinen Lasten fremden Wettbewerb zu fördern.2291 Auch nach Auffassung des OLG Düsseldorf verstößt eine FG weder gegen das Diskriminierungsverbot noch gegen das Verbot unbilliger Behinderung, sofern sie eigenen Filialen Ware zu günstigeren Konditionen als ihren FN zur Verfügung stellt. Es handele sich bei eigenen Filialen und FN nicht um gleichartige Unternehmen i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB.2292 Die zum Vergleich herangezogenen Unternehmen müssten „andere“ Unternehmen seien. Die sei nicht der Fall, da die Vergleichsunternehmen mit dem bevorzugten Konzernunternehmen eine unternehmerische Einheit bildeten.2293 Eine Behinderung gem. § 19 GWB scheide aus. Die Bevorzugung von Konzernunternehmen könne sich zwar als Behinderung von Wettbewerbern darstellen. Jedoch sei jene idR nicht unbillig.2294 Etwas anderes gelte nur, falls sich die Außenwirkung der konzerninternen Vorgänge auf dem Markt zwischen den Konkurrenten auswirkten und zu einer wettbewerbswidrigen Schieflage führe.2295 Bei einer solchen Betrachtungsweise würde § 19 GWB jedoch innerhalb von Vertriebssystemen kaum eingreifen. (cc) Der letztgenannten Meinungsgruppe ist jedenfalls zu widersprechen, wenn der Eigenvertrieb des Unternehmers mittels selbstständig (in eigener Rechtsform) organisierter Gesellschaften erfolgt. Dann hat sich der Unternehmer dafür entschieden, jene Unternehmen wie Dritte zu behandeln (was voraussetzt, dass er es auch tut). Bei einem Eigenvertrieb des Unternehmers durch ihn selbst, und nicht durch verbundene, selbständige Konzerngesellschaften, ist der Unternehmer jedoch kein Drittunternehmen i.S.d. § 19 GWB: Die Vorschrift ist in dieser Situation unanwendbar.2296 Ein Durchgriff ist gleichwohl im Einzelfall denkbar. (dd) Da dem Unternehmer die Freiheit seiner Disposition auch dergestalt zusteht, dass er eigene Vertriebsgesellschaften einsetzen darf, wo er zuvor unabhängige Mittler beschäftigte und das Recht zur ordentlichen Kündigung durch § 19 GWB nicht ausgeschlossen wird,2297 steht § 19 GWB einer Kündigung der Mittler zum Zweck, jene durch einen Eigenvertrieb des Unternehmers, z.B. mittels Konzernunternehmen, zu ersetzen, nicht entgegen.2298 Das gilt insb., wenn der Unternehmer auch in der Vergangenheit aus solchen Gründen gekündigt hat (fehlende Ungleichbehandlung). (c) Vertragliche Verpflichtung des Unternehmers zum Vertriebssystem aus- 294 schließlich mit unabhängigen Vertriebsmittlern. Jedoch kann sich der Unternehmer vertraglich verpflichten, ein Vertriebssystem ausschließlich mit unabhängigen Mittlern zu unterhalten.2299 Dazu s. zunächst § 86a Rn 94. Die Klausel „Der Vertrieb erfolgt ... nur über XX-Vertragshändler“ schließt etwa den Verkauf des Herstellers durch konzerneige-

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2291 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde); wohl zu Recht den BGH ablehnend Oechsler LMK 2009 276152. 2292 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). 2293 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). 2294 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). 2295 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740) = EWiR 2007, 395 (Emde). 2296 Emde VersR 2012, 536 (541). 2297 OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834; Niebling WRP 2002, 310. 2298 BGH, Urt. v. 24.9.2002 – KZR 38/99, WuW/E DE-R 1051 (1083) – Vorleistungspflicht; Emde VersR 2012, 536 (541 f.). 2299 Emde VersR 2012, 536 (540).

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ne Gesellschaften aus.2300 Den Verstoß gegen dieses Versprechen kann auch ein Händler geltend machen, dem nicht im eigenen Vertriebsgebiet, aber in dessen unmittelbarer Nachbarschaft (hier: 20–30 Autominuten) als Konkurrent entgegengetreten wird.2301 bb) Zu § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB 295

(1) Marktbeherrschende Unternehmen. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB setzt eine marktbeherrschende Stellung des Unternehmers voraus. Diese wird es nur selten geben. Meist wird § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB daher über § 20 Abs. 1 GWB anwendbar.

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(2) Gleichartiges Unternehmen. Das Merkmal des Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, wurde mit der 8. GWB-Novelle gestrichen. Geblieben ist der Begriff des „gleichartigen Unternehmen“. In diesem weit auszulegenden2302 TB-Merkmal kommt das Prinzip der Gleichbehandlung zum Ausdruck.2303 Die wirtschaftliche Funktion des gleichartigen Unternehmens muss im Wesentlichen übereinstimmen. Im Allgemeinen sind Unternehmen gleichartig, welche auf derselben Wirtschaftsstufe, etwa als Vertriebsmittler, stehen.2304 Beispiele: Vertragshändler2305 oder FN2306 eines bestimmten Herstellers im Verhältnis zueinander. Die qualitative Einschränkung bei der Auswahl der Vertriebsmittler schließt die übliche Zugänglichkeit nicht aus,2307 ebenso wenig die Beschränkung des Vertriebs auf HV.2308 HV eines Unternehmers sind aber nicht mit anderen, unabhängigen Unternehmen (etwa Werbeagenturen) gleichartig. Im Hinblick auf die von ihnen vermittelten Geschäfte sind HV ein in die Betriebsorganisation ihres Prinzipals eingegliedertes Hilfsorgan. Sie bilden insoweit mit ihm eine wirtschaftliche Einheit. Da alle Risiken aus dem vermittelten Absatzgeschäft den Geschäftsherrn treffen, entspricht der Vertrieb über HV wirtschaftlich und funktional dem Direktvertrieb über Tochtergesellschaften.2309

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(3) Maßgeblicher Markt. Der maßgebliche Markt war nach einer bisher h.M. der mit den zu vertreibenden Produkten. So sah das OLG Düsseldorf2310 in seiner Rolex-Entscheidung als für die Beherrschung relevanten Markt den Angebotsmarkt betreffend den Bezug hochwertiger Luxusuhren durch den Facheinzelhandel an. Der in geographischer Hinsicht relevante Markt sei nach Maßgabe der räumlich gegebenen tatsächlichen Austauschmöglichkeiten aus der Sicht der nachfragenden Einzelhändler zu bestimmen.

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2300 OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. 2301 OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. 2302 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203 (1204) – Depotkosmetik; v. 17.3.1998 – KZR 30/96, WuW/E BGH DE-R 134 – Bahnhofsbuchhandel. 2303 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 60. 2304 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 61. 2305 BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E BGH 2983 (2988) – Kfz-Vertragshändler; v. 23.2.1988 – KZR 20/886, WuW/E BGH 2491 (2494) – Opel-Blitz. 2306 Billing/Lettl WRP 2012, 773 (778). 2307 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, WuW/E DE-R 1203 (1204) – Depotkosmetik im Internet; OLG Celle, Urt. v. 22.7.2000 – 13 U 137/98 (Kart), WuW/E DE-R 581 – VAG-Vertrieb; OLG München, Urt. v. 23.5.1996, U (K) 1951/95, WuW/E OLG 5659 – Versand-Parfümerie – OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.9.1995 – 6 U 102/95, WuW/E OLG 5652; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 65. 2308 BGH, Urt. v. 15.4.1986 – KVR 3/85, WuW/E BGH 2238 (2246). 2309 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = BeckRS 2012, 04855. 2310 Urt. v. 29.10.2003 – XI-U (Kart) 30/00, WuW DE-R 1480.

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Kann der Mittler wegen dort bestehender Vertriebsbindungen nicht auf andere Gebiete ausweichen, ist sein Vertriebsgebiet der räumlich relevante Markt.2311 Bei höherwertigen Verbrauchsgütern, wie etwa Luxusuhren, sei die Kundennachfrage im Allgemeinen nicht regional oder örtlich gebunden, sondern entfalte eine hohe Mobilität. Dementsprechend sei eine das Gebiet Deutschlands unterschreitende Marktabgrenzung nicht geboten. Im Franchisebereich soll das zu vertreibende Produkt den Markt definieren, etwa bei Heimwerkermärkten der Bau- und Heimwerkerbedarf.2312 Nach der Rspr. des BGH2313 dürfte es jetzt auf den vorgelagerten Bezugsmarkt des Mittlers ankommen, d.h., darauf, auf welche anderen Bezugsquellen er ausweichen kann. Geht es um eine Vertragsfortsetzung sind auch die Ausweichmöglichkeiten des Mittlers nach Vertragsende zu untersuchen. Eine Marktabgrenzung nach Vertriebswegen (z.B. Vertriebsmittler/ Eigenvertrieb) ist regelmäßig nicht geboten,2314 allenfalls nach Vertriebsstufen (Großhandel/Einzelhandel).2315 Die Marktabgrenzung ist Sache des Tatrichters, da sie wesentlich von tatsächlichen Gegebenheiten abhängt. Das Revisionsgericht kann nur überprüfen, ob der Tatrichter von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen ist, ob er alle für die Abgrenzung wesentlichen Umstände hinreichend in Betracht gezogen hat und ob seine Entscheidung im Einklang mit den Gesetzen und einschlägigen Erfahrungssätzen steht.2316 (4) Alleinbezugsverpflichtung. Die für eine 5-jährige Vertragslaufzeit vereinbarte 298 Alleinbezugsverpflichtung eines Mittlers – dort eines FN – stellt auch dann keine unbillige Wettbewerbsbehinderung i.S.v. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB dar, wenn sie das gesamte Warensortiment umfasst und dazu dient, die Einheitlichkeit eines Franchisesystems und seiner Qualitätsstandards zu sichern. Das folgt aus Art. 4 lit. a GVO 330/10, auf die im Rahmen der Billigkeitsprüfung zurückgegriffen werden kann. Der FG, der seinen FN als Großhändler mit der Vertragsware beliefert und diesem nicht sämtliche Einkaufsvorteile weitergibt, erfüllt nicht den TB einer unbilligen Behinderung iSv § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. Auch die Kombination einer 100%-igen Bezugsbindung mit der Nichtweitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile stellt nicht per se eine unbillige Behinderung des FN dar. Das gilt jedenfalls dann, wenn der FG seinen FN als Großhändler mit der Vertragsware beliefert und für diese Großhandelstätigkeit einen Teil der Einkaufsvorteile einbehalten darf2317 (Rn 457 ff.). Sollte die Laufzeit der Alleinbezugsverpflichtung 5 Jahre übersteigen, kann ein Verstoß (nach Art. 101 AEUV) vorliegen und der Mittler einen Anspruch auf Vertragsänderung geltend machen.2318 Ein Verstoß liegt insb. vor, falls die Alleinbezugsvereinba-

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2311 OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. 2312 Billing/Lettl WRP 2012, 773 (778). 2313 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. zust. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2314 BKartA, Fallbericht v. 15.9.2010 – B-3.59/10 „Versandapotheke“; Janssen in: Oelschlägel/Scholz, Handbuch Versandhandelsrecht, 2013, Kap. 9D Rn 227. 2315 Janssen in: Oelschlägel/Scholz, Handbuch Versandhandelsrecht, 2013, Kap. 9D Rn 227. 2316 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2317 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324; Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; hierzu etwa Flohr BB 2009, 2159 ff. Damit hob der BGH den „Praktiker-Beschluss“ (v. 8.5.2006 – B 9 – 149/04, ZIP 2006, 1007) des BKartA auf. 2318 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.4.2007 – VI-U Kart 13/06; hierzu Flohr BB 2009, 2159 (2161).

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rung nicht erforderlich ist, um das Erhalt oder Funktionieren des Franchisesystems zu sichern.2319 299

(6) Verkaufsanreize. Marktbeherrschende Unternehmen dürfen Mitarbeitern von Vertriebsmittlern grundsätzlich keine Anreize für den Verkauf der Produkte des Marktbeherrschers gewähren. Verkaufsanreize sind nur insoweit zulässig, als sie durch Kostenvorteile oder andere wirtschaftliche Gründe objektiv gerechtfertigt sind und auf transparenten Bedingungen beruhen. Anreize für nicht exklusive Händler sind ab einer Größenordnung von 15 EUR (Daumenregel des Jahres 2005) nicht den beim Vertriebsmittler tätigen Verkaufsangestellten, sondern dem Mittler zu gewähren. Von der Veranstaltung von Verkaufswettbewerben sollte abgesehen werden. Anreize für nicht exklusive Absatzmittler dürfen nicht dazu führen, dass der Mittler seinen Kunden das betreffende Produkt ohne Beachtung objektiver Kriterien und ausschließlich wegen der Prämie empfiehlt.2320

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cc) Zu § 20 Abs. 1 GWB. § 20 Abs. 1 GWB wird vor allem in Vertragshändlerverträgen regelmäßig anwendbar sein.2321 Die relative Marktmacht muss im Vertikalverhältnis zwischen verschiedenen Marktstufen vorliegen. Sie ist aus der Sicht desjenigen Unternehmens zu bestimmen, dessen Abhängigkeit geprüft werden soll.2322 Der Begriff der Abhängigkeit wird durch das Fehlen ausreichender und zumutba301 rer Ausweichmöglichkeiten definiert, s. Wortlaut des § 20 Abs. 1 GWB.2323 Vertriebsvertragstypisch ist die unternehmensbedingte Abhängigkeit,2324 insb im Kfz-Vertragshändlerrecht,2325 aber auch im Franchiserecht.2326 Sie liegt vor, wenn sich ein Abnehmer aufgrund längerer, regelmäßig vertraglich abgesicherter Lieferbeziehung auf einen Händler festgelegt hat und ein Wechsel zu einem anderen Unternehmer deshalb nur mit existenzgefährdenden Folgen möglich ist.2327 Die Abhängigkeit ergibt sich vor allem daraus, dass der Kundenstamm des Mittlers nicht ohne weiteres auf eine andere Marke umgestellt werden kann,2328 da der Mittler einen bedeutenden Teil seines Betriebskapitals durch die

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2319 Flohr BB 2009, 2159 (2161 f.). 2320 Lorenz WRP 2005, 992 ff.; zu diesem Thema auch Heermann WRP 2006, 8 ff. 2321 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 943. 2322 BGH, Urt. v. 12.11.2002 – KZR 11/01, WuW/E DE-R 1087 (1091); v. 24.9.2002 – KZR 34/01, WuW/E DER 1011 (1012); Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 23. 2323 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 24. 2324 Vgl. BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428 (Zulassungsanspruch einer Kfz-Werkstatt), dort aber abgelehnt; v. 1.7.1976 – KZR 34/75, WuW-E BGH 1455 – BMW-Direkthändler; OLG Stuttgart, Urt. v. 23.3.1979 – 2 W (Kart) 8/79, WuW/E OLG 2103 – PorscheVertragshändler; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.1979 – U (Kart) 7/79, WuW/E OLG 2133 – Premiumbier; KG, Urt. v. 28.11.1979 – (Kart) 12/79, WuW-E OLG 2247 – Parallellieferteile; Billing/Lettl WRP 2012, 773 (775) zum Franchising; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 41; Martinek/ Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 52. 2325 BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/95, WuW/E BGH 2993 (2988) – Kfz-Vertragshändler; v. 10.1.1993 – KVR 25/91, WuW/E BGH 2875 (2877) – Herstellerleasing; v. 23.2.1988 – KZR 20/86, WuW/E BGH 2491 (2493) – Opel Blitz; Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 52. 2326 BKartA, Beschl, v. 8.5.2006 – B 9 – 149/04, S. 29 – Praktiker; aA Billing/Lettl WRP 2012, 773 (777). 2327 Siehe OLG Frankfurt, Urt. v. 8.6.1978 – 6 U (Kart.) 132/77, WuW-E OLG 1998 (1999); Billing/Lettl WRP 2012, 773 (775); Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 41. 2328 OLG Stuttgart, Urt. v. 23.3.1979 – 2 W (Kart) 8/79, WuW/E OLG 2103 – Porsche-Vertragshändler; OLG Düsseldorf, Urt. v. 16.10.1979 – U (Kart) 7/79, WuW/E OLG 2133 – Premiumbier; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 41.

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auf die Marke spezialisierten Ersatzteile, Spezialwerkzeuge und Spezialmaschinen gebunden hat und die Umstellung auf neue Einrichtungen dieser Art eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen würde. Der Wechsel zu einer anderen Marke stellt häufig keine ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeit dar. 2329 Zur Bestimmung der Abhängigkeit sind alle Umstände in Betracht zu ziehen auch die Vertrags- oder Mindestlaufzeit, 2330 die Verpflichtung zum Einhalten der Selektionskriterien (weil damit ein Wechsel zur CI anderer Unternehmer erschwert wird)2331 oder Bezugspflichten.2332 Bei einer ebenfalls im Vertriebsrecht nicht untypischen2333 sortimentsbedingten Abhängigkeit kommt es darauf an, welche Bezugsalternativen für jenes Unternehmen bestehen2334 (etwa Tätigkeit für andere Marken),2335 bei einer nachfragebedingten Abhängigkeit darauf, welche Absatzalternativen das Unternehmen hat. Die Unterfälle der sortimentsbedingten Abhängigkeit, nämlich Spitzenstellungsabhängigkeit2336 und Spitzengruppenabhängigkeit2337 ergeben sich nicht aus dem Vertriebsvertrag sondern aus der Art der vertriebenen Produkte. Eine Spitzenstellungsabhängigkeit liegt vor, falls der Hersteller auf Grund der Qualität und Exklusivität seiner Produkte ein solches Ansehen und eine solche Bedeutung besitzt, dass der Repräsentant darauf angewiesen ist, gerade diese Ware anzubieten.2338 Ein hoher Marktanteil spricht für eine solche Abhängigkeit,2339 nicht jedoch ein solcher von 4–5% bei Umsatzzuwächsen von 20% und einem Anteil der fraglichen Produkte am Gesamtumsatz von 1%.2340 Wenn trotz hoher Distributionsrate (80% der Händler führten die Produkte des Herstellers) 20% der Händler ohne jene Ware auskommen, spricht dies gegen eine Spitzenstellungsabhängigkeit. 2341 Das OLG Düsseldorf 2342 verneinte im Einklang mit der Rspr. des BGH2343 einen aus Art. 101 AEUV i.V.m. §§ 33 Abs. 3 GWB, 249 BGB hergeleiteten Belieferungsanspruch gegen den Hersteller von „Rolex-Uhren“ wegen einer „Spitzenstellungsabhängigkeit“ eines Händlers von diesen Uhren. Es könne aber Schadenersatz in Gestalt einer Belieferungsverpflichtung aus § 19 i.V.m. § 33 S. 1 GWB und § 249 BGB geschuldet sein, wenn ein marktbeherrschendes oder jedenfalls marktstarkes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, einem anderen, insbes. einem von ihm abhän-

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2329 AA nach den Verhältnissen im Werkstattbereich von Nutzfahrzeugen BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRURPrax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428 (Zulassungsanspruch einer Kfz-Werkstatt). 2330 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 20/10, IHR 253 Rn 49; aA Billing/Lettl WRP 2012, 773 (776) zum Franchisevertrag – mit der Begründung, sie binde beide Vertragspartner. Anderes dürfte jedenfalls gelten, wenn sie in AGB des Unternehmers vereinbart wird. 2331 BKartA, Beschl, v. 8.5.2006 – B 9 – 149/04, ZIP 2006, 1007; vgl. Billing/Lettl WRP 2012, 773 (777). 2332 AA Billing/Lettl WRP 2012, 773 (776) zum Franchisevertrag. 2333 Pischel GRUR 2011, 685 (686). 2334 Billing/Lettl WRP 2012, 773 (776). 2335 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428 (Zulassungsanspruch einer Kfz-Werkstatt). 2336 Hierzu BGH, Urt. v. 9.5.2000 – KZR 28/98, GRUR 2000, 1108 (1109). 2337 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 34. 2338 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v.16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082) – JPG Le Male. 2339 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v.16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082) – JPG Le Male. 2340 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v.16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082/3083) – JPG Le Male. 2341 BGH, Urt. v. 9.5.2000 – KZR 28/98, NJW-RR 2000, 1286 (Leitsatz dort unrichtig wiedergegeben). 2342 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2003 – VI-U (Kart) 30/00, WuW 2005, 244 = DE-R 1480. 2343 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/95, BB 1998, 2332 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485.

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gigen Unternehmen, Geschäftsbeziehungen ohne einen sachlich gerechtfertigten Grund oder in einer unbillig behindernden Weise verweigert (zum Kontrahierungsanspruch Rn 304 ff.). Ob eine unbillige Behinderung oder eine sachlich ungerechtfertigte ungleiche Behandlung erfolgt, ist auch hier anhand einer Abwägung der individuellen Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB einschließlich der Wertung des europäischen Kartellrechts zu ermitteln. Im entschiedenen Fall fehlte eine Belieferungspflicht wegen des geringen Distributionsgrades (von 10.000 Uhren- und Schmuckfachgeschäften führten lediglich 140 Rolex-Uhren) und der mangelnden Erwartung der beteiligten Verkehrskreise, die Fachgeschäfte müssten diese Uhren führen. Eine Spitzengruppenabhängigkeit liegt vor, falls der Händler zwar nicht eine bestimmte, aber mehrere allgemein anerkannte Marken aus einer Spitzengruppe im Sortiment führen muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben.2344 Bei einer Ware, die nicht über ein selektives Vertriebssystem abgesetzt wird, geht eine Spitzengruppenabhängigkeit im Allgemeinen mit einer hohen Distributionsrate einher.2345 Die hohe Präsenz der Produkte (Distributionsrate von 80%) dokumentiert, dass sie von den meisten Fachhändlern als unverzichtbarer Bestandteil eines entsprechenden Sortiments angesehen werden und eine Spitzengruppenabhängigkeit vorliegt,2346 nicht aber bei einer Distributionsrate von 64%.2347 Nur in besonders gelagerten Fällen kann eine Distributionsrate von 5–10% genügen.2348 Ein Anspruch auf ein Vollsortiment besteht nicht ohne Erfüllung der vorgenannten Voraussetzungen.2349 Bei der Prüfung der Abhängigkeit ist auch das eigene Verhalten des abhängigen Un302 ternehmens zu berücksichtigen, etwa wenn das Unternehmen in zurechenbarer Weise seinen Betrieb einseitig auf die Geschäftsbeziehung mit einem anderen Unternehmen ausgerichtet hat (selbstverschuldete Abhängigkeit).2350 Bei einem Verschulden können dem abhängigen Unternehmen größere Opfer und Risiken zugemutet werden, als einem Unternehmen, welches ohne eigenes Zutun in Abhängigkeit geraten ist.2351 Die Zurechnung zu Lasten des abhängigen Unternehmens darf jedoch nicht erfolgen, wenn die einseitige Ausrichtung der Geschäftsbeziehungen marktüblich ist oder vom Geschäftspartner verlangt wurde2352 (Beispiel: Ausrichtung auf die CI des Unternehmers). Hat ein Mittler die in § 89 genannte Zeitspanne ungenutzt verstreichen lassen, obwohl Anlass bestand, sich um Ausweichmöglichkeiten zu bemühen, so kann Abhängigkeit zu verneinen sein.2353 Der Mittler ist gehalten, sich um eine andere Marke zu bemühen und während einer gewissen Zeit die dafür erforderlichen Investitionen vorzunehmen sowie seinen Kundenstamm umzustellen.2354

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2344 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3082) – „JPG Le Male“. 2345 BGH, Urt. v. 9.5.2000 – KZR 28/98, NJW-RR 2000, 1286. 2346 BGH, Urt. v. 9.5.2000 – KZR 28/98, NJW-RR 2000, 1286. 2347 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3083) – JPG Le Male. 2348 BGH, Urt. 24.9.1979 – KZR 16/78, WuW/E BGH 1671 = WuW 1980, 415; KZR 20/78, WuW/E BGH 1629 = WuW 1980, 127; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HK O 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3083) – JPG Le Male. 2349 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3083) – JPG Le Male. 2350 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 35. 2351 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 35. 2352 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 35. 2353 KG v. 3.12.1974, (Kart) 37/74, WuW/E OLG 1548 (1541); OLG Düsseldorf v. 21.2.1978 – (Kart) 16/76, WuW/E OLG 1913 (1918) – Allkauf, Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 43. 2354 Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, § 20 Rn 43.

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dd) Rechtsfolgen des Verstoßes gegen das Behinderungs- und Diskriminie- 303 rungsverbot. Gegen einen Verstoß nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB kann die Kartellbehörde im Untersagungsverfahren vorgehen. Sie kann ferner ein Bußgeldverfahren nach §§ 81 ff. GWB einleiten. Ebenso besteht die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch die Kartellbehörde gem. § 34 GWB. Nach § 33 Abs. 1 GWB können zivilrechtlich Unterlassungsund Beseitigungsansprüche (verschuldensunabhängig) sowie nach Abs. 3 (verschuldensabhängig) Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, und zwar sowohl von den Betroffenen als auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbstständiger beruflicher Interessen. Denkbar ist etwa ein Schadenersatzanspruch gem. §§ 33 Abs. 3, 19 GWB, gerichtet auf Rücknahme einer Kündigung bzw. auf Wiedereingliederung in das Absatzsystem der Beklagten.2355 Aus § 33 Abs. 1, 3 GWB i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB kann sich ggf. auch ein Anspruch auf Vertragsschluss, insb. auf Belieferung oder Aufnahme ergeben2356 (zum Kontrahierungsanspruch Rn 304 ff.), Ansprüche aus cic und Arglistanfechtung werden diskutiert.2357 Gem. § 134 GWB sind Vertragsbestimmungen nichtig, die Dritte beim Marktzugang unbillig behindern. Dagegen sind Rechtsgeschäfte, durch die die Marktpartner unterschiedlich behandelt werden, grds. nicht nichtig, da die Gleichbehandlung in der Regel durch entsprechende Abänderung der Vereinbarung möglich ist und die dem Beeinträchtigtem zur Verfügung stehenden Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche meist zur Durchsetzung seiner Interessen ausreichen.2358 ee) Kontrahierungsanspruch, Belieferungsanspruch und ihr Verhältnis zum Schadenersatzanspruch (1) Einleitung. Grundsätzlich steht es Lieferanten, die keine marktstarke oder 304 marktbeherrschende Stellung auf dem Markt haben, frei, die Belieferung von Händlern zu verweigern. Es besteht weder beim selektiven Vertriebssystem noch beim Vertriebssystem ohne selektive Zulassungskriterien ein Kontrahierungszwang, es sei denn, der Lieferant ist marktbeherrschend oder marktstark (§§ 19, 20 GWB).2359 Es ist umstritten, unter welchen Umständen ausnahmsweise2360 in erheblicher Abweichung von dem Recht des Unternehmers auf negative Abschlussfreiheit2361 Dritten ein Anspruch auf Zugang zu einem Vertriebssystem und zur Belieferung durch den Unternehmer zustehen kann. Insoweit zu unterscheiden sind der Belieferungs- und Kontrahierungsanspruch.2362 Der Kontrahierungsanspruch ist auf Abschluss eines Rahmenvertrages (Vertriebsvertrages) über die Belieferung gerichtet, der Belieferungsanspruch auf „weniger“, nämlich die bloße Belieferung ohne bindenden Rahmenvertrag. Gewichtend beschrieben bildet der Belieferungsanspruch einen „kleinen Kontrahierungsanspruch“, gerichtet auf

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2355 OLG Celle, Urt. v. 22.6.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581, 2001, 65 = OLGR Celle 2001, 126 (im dortigen Fall abgelehnt). 2356 BGH, Urt. v. 24.6.2003 – KZR 32/01, WuW/E DE-R 1144 (1146) – Schülertransporte; v. 24.9.1979, KZR 20/78, WuW/E BGH 1629 (1630) – Modellbauartikel II; v. 8.5.1979 – KZR 13/78, 1587 (1588) – Modellbauartikel I, v. 20.11.1975, KZR 1/75, WuW/E BGH 1391 – Rossignol; Loewenheim in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, § 20 Rn 107. 2357 Dück/Schultes NZKart 2013, 228. 2358 BGH, Urt. v. 24.6.2003, KZR 32/01, WuW/E DE-R 1144 (1145) – Schülertransporte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.3.2003, U (Kart) 20/02, WuW/E DE-R 1184; Loewenheim in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, § 20 Rn 105. 2359 Emde NZKart 2013, 355; Spenner/Kiani ZVertriebsR 2013, 335 (336). 2360 Zum Ausnahmecharakter des Belieferungsanspruchs Traugott WuW 1997, 486 (493). 2361 Art. 2 Abs. 1 GG; s. Traugott WuW 1997, 486 (487); Wegener BB 2010, 1867 (1872). 2362 Emde NZKart 2013, 355.

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den Abschluss nur der Einzelgeschäfte ohne rahmenvertragliche Absicherung.2363 Beide Ansprüche sind als Schadenersatzanspruch aus § 33 Abs. 3 GWB zumindest gegeben, sofern die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB erfüllt sind. Das ist, obwohl nicht viele Klagen auf Abschluss und Belieferung Erfolg zu haben scheinen,2364 weitgehend unstrittig (siehe Rn 305). Stark umstritten ist, ob auch ein Anspruch aus § 33 Abs. 1, 3 i.V.m. Art. 101 AEUV besteht (dazu Rn 311 ff.). Eine Folgefrage ist dann, ob ein Wahlrecht des Anspruchstellers auf Belieferung oder – weitergehend – rahmenvertraglich gesicherte Aufnahme in das Vertriebssystem des Unternehmers besteht. Dazu Rn 312 ff. (2) Kontrahierungsanspruch aus §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB i.V.m. § 33 Abs. 3 GWB 305

(a) Grundlagen des Kontrahierungsanspruchs. Unterliegt der Hersteller gem. §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB einem Kontrahierungszwang, so ist er zum Abschluss des Vertriebsvertrages und anschließender Belieferung verpflichtet.2365 Der Anspruch folgt zumindest als verschuldensabhängiger2366 Schadensersatzanspruch aus §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 i.V.m. § 33 Abs. 3 GWB, § 249 BGB, falls ein marktstarker Unternehmer einem von ihm abhängigen Interessenten Geschäftsbeziehungen ohne sachlich gerechtfertigten Grund verweigert2367 und die Selektionskriterien des Unternehmers erfüllt sind. Dann ist es ihm untersagt, einen Rahmenvertrag oder die Annahme von Aufträgen ohne sachlichen Grund abzulehnen.2368 Daneben kann ein verschuldensunabhängiger2369 Beseitigungsanspruch aus § 33 Abs. 1 GWB, § 1004 BGB bestehen. AA war (wohl unzutreffend) das OLG Koblenz:2370 Danach kann eine Lieferverpflichtung nicht auf die heutigen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB i.V.m. § 33 Abs. 1, 3 GWB gestützt werden, weil § 33 GWB in seiner Rechtsfolge lediglich auf einen Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch gerichtet sei. Das für § 33 Abs. 3 GWB erforderliche Verschulden ist bereits dann anzunehmen, wenn der Normadressat erkennen konnte, dass keine Gründe zur Abschlussverweigerung vor-

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2363 Emde NZKart 2013, 355. 2364 S. etwa BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. zust. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2003 – XI-U (Kart) 30/00, WuW DE-R 1480 – Rolex. 2365 Emde NZKart 2013, 355 (356). 2366 Kritik an dem Verschuldenserfordernis äußert Markert in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, § 20 Rn 228. Die Kritik dürfte berechtigt sein, bleibt jedoch wegen des verschuldensunabhängigen Anspruchs aus § 33 Abs. 1 GWB, § 1004 BGB irrelevant. Ein Verschulden liegt zumindest vor, wenn der Unternehmer den Vertrag trotz Aufforderung des Bewerbers nicht schließt. Denn dann obliegt dem Unternehmer eine Rechtsprüfung. 2367 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485; v. 17.1.1979 – KZR 1/78, NJW 1979, 2152 = LM § 26 GWB Nr. 34 = WuW-E 1567 (1569) – Nordmende; v. 26.10.1972 – KZR 54/71, NJW 1973, 280 = LM § 26 GWB Nr. 22 = WuW-E 1238 (1245) – Registrierkassen; BGHZ 49, 90 (98) = NJW 1968, 400 – Jägermeister; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2003 – VI-U (Kart) 30/00, WuW 2005, 244 = DE-R 1480; Traugott WuW 1997, 486 (487 ff.) – zum Belieferungsanspruch; Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 188; Rehbinder in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht II, § 33 Rn 52; aA Lübbert in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 8; s.a. Mäsch ZIP 1999, 1507. 2368 OLG Brandenburg, Urt. v. 31.3.2009 – Kart U 4/08, WuW DE-R 2824 – Lotteriegesellschaft. 2369 OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.3.1980 – 6 U 223/77, WuW/E OLG 2217; v. 8.11.1978 – 6 U 192/77, WuW/E OLG 2085 (2091); KG v. 12.10.1979 – (Kart) U 540/79, WuW/E OLG 2210; Aicher/Schroeder/ Schuhmacher/Stockenhuber in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, 40. Aufl. 2009, Art. 81 Rn 253; offen gelassen in BGH v. 8.5.1979 – KZR 13/78, WuW/E BGH 1587 – Modellbauartikel I. 2370 OLG Koblenz, Urt. v. 4.6.2013 – 3 U 375/13, BB 2013, 2131 mit abl. Anm. Ayad.

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lagen. Der Kontrahierungszwang hat insb. im Kfz-Werkstattgeschäft (dazu Rn 321 ff.) Bedeutung verlangt. Im Grundsatz ist anerkannt, dass im Anwendungsbereich der §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 306 Abs. 1 GWB in gleicher Situation eine Pflicht des Unternehmers zur Gleichbehandlung der Bewerber zu einem Vertriebssystem mit den bereits zugelassenen Vertriebsmittlern besteht (Rn 292 ff.). Theoretisch kann ein solcher Kontrahierungszwang zugunsten aller Bewerber um einen Vertriebsvertrag eingreifen, gleich ob es sich um einen HV-,2371 Vertragshändler-2372 oder Franchisevertrag handelt. Ebenso ist die Art des betroffenen Vertriebssystems unbeachtlich. (b) Kontrahierungsanspruch ist nicht auf selektive Vertriebssysteme be- 307 schränkt. Die meisten Quellen betreffen selektive Vertriebssysteme. Dort wird der Anspruch bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen des §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 33 GWB bejaht, sofern der Bewerber die jeweiligen Selektionsbedingungen erfüllt.2373 Auf solche Systeme beschränkt ist der Anspruch jedoch nicht. Ganz allgemein müssen beim Bewerber alle Voraussetzungen für die Aufnahme in das Vertriebssystem des Unternehmers vorliegen.2374 (c) Zeitpunkt des Vorhandenseins der Selektionskriterien. Vor Abschluss des er- 308 strebten Vertrages braucht der Bewerber nur Selektionskriterien zu erfüllen, deren Erfüllung angesichts der Unsicherheit, ob der Vertrag gezeichnet wird, wirtschaftlich zumutbar sind. Fehlt es an der Zumutbarkeit, genügt die einseitige Erklärung oder die Verpflichtung des Bewerbers, die Selektionskriterien nach Wirksamwerden des Vertrages zu erfüllen. Dies gilt etwa für Mindestbevorratungsmengen. Ohnehin ist zu prüfen, zu welchem Zeitpunkt ein bestimmtes Selektionskriterium erfüllt sein muss. Im Zweifel (§ 305c Abs. 2 BGB) ist dies erst der Vertragsbeginn. Der Hersteller darf aber den Vertrag aus wichtigem Grund kündigen, soweit der Bewerber die Selektionsbedingungen nicht binnen angemessener Frist umsetzt. Außerdem kann der Hersteller die Selektionskriterien ändern; hierin liegt regelm. kein Rechtsmißbrauch.2375 Bei der Anschaffung von durch die Selektionskriterien geforderten Geräten steht dem Bewerber Ermessen zu. Kann der erstrebte Rahmenvertrag auch ohne ein Spezialgerät sachgerecht ausgeführt werden, sind Erwerbsverpflichtungen unter Kündigungsandrohung unzulässig.2376 Sofern der Internetvertrieb untersagt werden darf, bietet dies einen sachlich gerechtfertigten Grund, die Belieferung reiner Internethändler sowie ihre Aufnahme in das Händlernetz zu verweigern.2377 (d) Abhängigkeit. Schwierigkeiten bereitet die Feststellung der vom Bewerber dar- 309 zulegenden und nachzuweisenden Abhängigkeit.2378 Dazu Rn 301.

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2371 Zum Versicherungsvertrieb etwa Stancke VersR 2009, 1168 (1177). 2372 Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 748 zu KfzVertragshändlern. 2373 Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 748 zu KfzVertragshändlern. 2374 BGH, Urt. v. 30.6.1981 – KZR 11/80, NJW 1981, 2357. 2375 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.1.2013 – VI-U (Kart) 5/12, NZKart 2013, 125 – „Großhandelsverband Haustechnik“ zur Änderung von Satzungsbestimmungen. 2376 Niebling WRP 2009, 153 (157). 2377 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, „Depotkosmetik im Internet“, WuW/E DE-R 1203; Nolte BB 2014, 1155 (1158). 2378 Beispiele: BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485;

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(e) Beweislast. Sämtliche Tatbestandsmerkmale des Kontrahierungsanspruchs sind vom Anspruchsteller zu beweisen,2379 auch die Erfüllung der Selektionskriterien des Unternehmers.2380 Denn der Anspruch ist für den Anspruchsteller günstig. Außerdem handelt es sich um eine von ihm zu beweisende Ausnahme von der negativen Vertragsfreiheit. (3) Anspruch aus § 33 Abs. 1, 3 i.V.m. Art. 101 AEUV

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(a) Streitstand. Umstritten ist, ob der Kontrahierungsanspruch – und ein solcher auf Belieferung – außer aus §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB i.V.m. § 33 Abs. 1,2381 3 GWB auch aus § 33 Abs. 1, 3 GWB i.V.m. dem heutigen Art. 101 AEUV2382 gerechtfertigt sein kann. Das verneint die hM.2383 Mit einer Spezialität des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB wird man dies schon wegen des Vorranges des Europarechts nicht begründen können.2384 Der wichtigste Anwendungsfall eines Verstoßes gegen Art. 101 AEUV ist auch hier die Verweigerung des Vertragsschlusses trotz Erfüllung aller Zugangsvoraussetzungen zu einem selektiven Vertriebssystem (Rn 132 ff.). Verweigert der Hersteller den Zugang, verletzt sein Vertriebssystem Art. 101 AEUV.2385 Die Zulassungsbedingungen müssen einheitlich und objektiv festgelegt und in nicht diskriminierender Weise angewandt2386 und möglichst bestimmt festgelegt werden, um dem Hersteller beim Zulassungsanspruch keine Möglichkeit willkürlicher Händlerauswahl zu geben.2387 Ehe § 33 GWB den Schadenersatz- und Beseitigungsanspruch auch auf Verstöße gegen Art. 101 AEUV erstreckte, wur-

_____ OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 4.10.2010 – 1 U 1228/10 – Le Male; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2003 – U (Kart) 30/00 – Rolex. 2379 Emde NZKart 2013, 355 (358); Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 190. 2380 Bechtold NJW 2003, 2729 (3733). 2381 Liesegang NZKart 2013, 233 (239) hält nur beim Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, nicht jedoch beim Schadenersatzanspruch, eine Beschränkung auf Geldersatz für möglich. Begründung: Der Unterschied zum Schadenersatzanspruch bestehe darin, dass Beseitigungs- bzw. Unterlassungsansprüche nicht darauf gerichtet seien, den Händler so zu stellen, wie er ohne den Kartellverstoß stünde, sondern darauf, andauernde kartellrechtswidrige Behinderungen zu beseitigen. Hierfür könne er entweder die Belieferungsverweigerung beenden oder die Belieferungsverweigerung fortsetzen und nur deren Kartellrechtswidrigkeit beenden. 2382 Die Frage zivilrechtlicher Rechtsfolgen des Art. 101 AEUV ist eine solche nationalen Rechts, s. EuGH, Urt. v. 18.9.1992 – Rs. T 24/90, Slg. 1992, II-2223 = EuZW 1993, 103; Jaeger in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht I, Art. 81 Abs. 2 Rn 32. Zu § 33 GWB zeigt dies aus der Sicht deutschen Rechts auch sein Wortlaut. 2383 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.10.2003 – VI-U (Kart.) 30/00, WuW DE-R 1480; Weyer GRUR 2000, 848 (848 ff.); Bechtold NJW 2003, 3729 (3731 f.); Traugott WuW 1997, 486 (491 ff.); Creutzig EGGruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 501; Schuhmacher in: Liebscher/ Flohr/Petsche, Handbuch der EU-Gruppenfreistellungsverordnungen, 2003, § 9 Rn 36; aA OLG München WuW/E OLG 5659 (5662); 5760; Rheinländer Selektives Vertriebssystem und Belieferungsansprüche ausgeschlossener Händler; Rheinländer WRP 2007, 501; Rheinländer GRUR 2007, 383; Haffinger WuW 1998, 456; Jaeger in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht I, Art. 81 Abs. 2 Rn 44; Rehbinder in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht II, § 33 Rn 52; vgl. hierzu auch Haslinger WRP 2007, 926. 2384 Emde NZKart 2013, 355 (358). 2385 Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2386 EuGH, Urt. v. 14.6.2012 – C 158/11, BB 2012, 1883 Rn 33 m. Anm. Schultze – Auto24 SARL ./. Jaguar Land Rover France SAS. 2387 EuGH, Urt. v. 25.10.1977 – Rs. 26/76, Slg. 1977, 1875 (1905) Tz 20 – Metro I; EuG, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. T-88/92, Slg. 1996, II-1961, 2012 Rn 117 – Leclerc; EuGH, Urt. v. 25.10.1983 – Rs. 107/87, Slg. 1983, 3151 (3194) Rn 35; Schlussantrag des Generalanwalts v. 3.3.2011 – C-439/09; Rheinländer WRP 2007, 501 (502).

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de diese Frage unter den Anspruchsgrundlagen § 823 Abs. 2 BGB (statt § 33 Abs. 3 GWB) oder § 1004 BGB (statt § 33 Abs. 1 GWB) erörtert.2388 (b) Ansicht des BGH. Nach Ansicht des BGH2389 – geäußert ohne Vorlage nach 312 Art. 267 AEUV – steht einem Abschluss eines Rahmenvertrages2390 und Belieferung fordernden Wiederverkäufer, welchem der Warenhersteller die Aufnahme in ein selektives Vertriebssystem verweigert, obgleich der Wiederverkäufer die nach europäischem Kartellrecht zulässigen qualitativen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Vertriebssystem erfüllt, aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV kein unmittelbarer, auf Vertragsschluss oder Belieferung gerichteter Anspruch zu. Zwar ging der BGH davon aus, dass § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 249 BGB als Rechtsfolge zu einem Kontrahierungs- und Belieferungsanspruch führen könne. Die Existenz einer Kontrahierungspflicht müsse jedoch, wie der BGH betonte, in jedem Einzelfall geprüft und mglw. unterschiedlich entschieden werden. Maßgeblich sei nicht die Wirkung des wettbewerbswidrigen Verhaltens, sondern ob der Anspruchsteller zu dem geschützten Personenkreis zähle und ob ein Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, gewährt werden solle2391 (was beides wohl der Anspruchsteller zu beweisen hätte). Bei Wiederverkäufern sei ein Kontrahierungsanspruch nicht vom Schutzzweck des heutigen Art. 101 AEUV erfasst. Der BGH konnte deshalb offen lassen, ob ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vorlag. Würden Wiederverkäufer vom Hersteller nicht beliefert, obwohl alle qualitativen Voraussetzungen für die Aufnahme in ein selektives Vertriebssystem beständen und unterbinde der Hersteller gleichzeitig den Warenbezug der Außenseiter durch lieferbereite Depositäre, könne ihnen lediglich ein auf Geldersatz gerichteter Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV als Schutzgesetz zustehen.2392 Beliefere der Hersteller Wiederverkäufer diskriminierungsfrei, die seinen qualitativen Ansprüchen genügten, scheide der Belieferungsanspruch ohnehin aus. Dass die h.M. aus dem unter Ziff. 2 dieses Beitrages erörterten Anspruch nach § 33 Abs. 3 GWB i.V.m. §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB einen Kontrahierungs- und Belieferungsanspruch herleite, könne, so der BGH, wohl wegen des anderweitigen Schutzzweckes des heutigen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB nicht auf den Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV übertragen werden. Ein Kontrahierungs- oder Belieferungsanspruch könne sich daher allenfalls aus § 33 Abs. 1, 3 GWB i.V.m. §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB ergeben.2393 Die Beschränkung auf einen finanziellen Ausgleich wird also – wenig griffig – mit fehlender

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2388 Siehe etwa BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485. 2389 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485. Ebenso am gleichen Tag KZR 24/96 und KZR 25/96. 2390 Dort ein „Depotvertrag“ des Kosmetikhandels. 2391 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 (2072) = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485; zu Recht kritisch gegenüber diesem recht unpräzisen Schutzzweckgesichtspunkt Jaeger in: Loewenheim/ Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht I, Art. 81 Abs. 2 Rn 37 ff. 2392 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 (2072) = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 („Depotkosmetik“) m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485; Westphal II Rn 413. 2393 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 unter II 1. – Depotkosmetik.

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Schutzbedürftigkeit begründet, nicht jedoch mit (alternativer) Kausalität2394 – die im Übrigen auch einen Geldersatz ausschließen dürfte.2395 Geldersatz gewährte der BGH auch in einem weiteren Urteil: Sei ein nicht zum selektiven Vertriebssystem eines Herstellers zählender Wiederverkäufer fabrikneuer Kfz aufgrund der Weigerung ausländischer Vertragshändler unfähig, Neufahrzeuge an systemfremde Wiederverkäufer zu liefern und Bestellungen seiner Kunden für Neuwagen auszuführen, könne ihm ein Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 Abs. 1 AEUV zustehen, wenn in der fraglichen Zeit eine Freistellung des beanstandeten Verhaltens nach einer GVO ausscheide.2396 Welcher Art der Anspruch auf Zahlung von Geld sein soll, zeigt der BGH nicht auf. Er wird darauf gerichtet sein, den Bewerber so zu stellen, wie er ohne die kartellrechtswidrige Lieferverweigerung gestanden hätte. Also muss der Gewinn erstattet werden, der dem Bewerber dadurch entgangen ist, dass er die begehrte Ware nicht vertreiben konnte.2397 (c) Zustimmung und Kritik an der Ansicht des BGH. Birk2398 stimmt dem BGH zu: Eine allgemeine Belieferungspflicht sei abzulehnen. Händler- wie Herstellerinteressen blieben gleichwertig. Die Zulässigkeitskriterien für ein selektives Vertriebssystem regelten den Interessenausgleich zwischen beiden Vertriebspartnern: Der Hersteller dürfe sein System frei wählen. Er habe dabei die eigene Freiheit mit der Chancengleichheit anderer in Bezug auf den Marktzutritt abzuwägen. Ein Belieferungsanspruch bestehe, wenn das System zulässig sei und der Händler alle qualitativen Voraussetzungen erfülle. Gleiches gelte, falls die Kriterien dazu dienten, den Händler auf versteckte Weise zu disziplinieren. Berücksichtigt werden dürften Kapazitätsüberlegungen, Bonität, Bedeutung der Ware u.a. Die Anforderungen an den Hersteller wüchsen mit seiner Marktmacht; die Freiheit anderer dürfe möglichst wenig beeinträchtigt werden (mildestes Mittel). Tatsächlich wird dem BGH zu Recht widersprochen:2399 Wenn ein Schadensersatzan314 spruch gem. § 33 Abs. 3 GWB (zur Zeit der BGH-Entscheidung v. 12.5.1998:2400 § 823 Abs. 2 BGB) oder ein Beseitigungsanspruch aus § 33 Abs. 1 GWB (früher: 1004 BGB) i.V.m. Art. 101 AEUV in Betracht kommt, darf der Ausgeschlossene entgegen dem BGH auch Aufnahme und Belieferung im Wege der Naturalrestitution fordern.2401 Die Prüfung des jeweiligen Schutzzweckes ist wenig griffig und führt zur Rechtsunsicherheit. Auch ist der Wertungswiderspruch schwer verständlich, der darin begründet liegt, dass der BGH den Schadenersatzanspruch aus dem heutigen § 33 Abs. 3 GWB i.V.m. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB bejaht, den gleichen Anspruch aus Art. 101 AEUV jedoch ablehnt. Möglicherweise äußerte sich hier eine heute durch Zeitablauf verflossene Zurückhaltung gegenüber europäischem Kartellrecht. Die Verhinderung der Lieferverweigerung liegt gerade im Schutzzweck des Kartellverbots2402 und des Restitutionsgedankens. Die dem Aufnahme313

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2394 Was Liesegang NZKart 2013, 233 (236 ff.) erwägt, aber ablehnt. 2395 Liesegang NZKart 2013, 233 (237). 2396 BGH, Urt. v. 30.3.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. 2397 Liesegang NZKart 2013, 233 (235). 2398 Birk EWS 2000, 485. 2399 Emde NZKart 2013, 355 (359). 2400 BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, WRP 1999, 101 = BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 – Depotkosmetik. 2401 Liesegang NZKart 2013, 233 ff.; Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (604) für einen Servicevertrag; Bechtold BB 2011, 1610 (1611); Mäsch ZIP 1999, 1507; Jaeger in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht I, Art. 81 Abs. 2 Rn 44; zust. Emde VersR 2001, 148 (158). 2402 Liesegang NZKart 2013, 233 (237).

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anspruch möglicherweise entgegenstehenden Gedanken, man könne den Hersteller nicht dauerhaft an einen Händler binden bzw. eine Belieferungspflicht sei mit der Vertragsschlussfreiheit des Initiators des Vertriebsbindungssystems unverträglich,2403 weil er in Ausübung seiner Dispositionsfreiheit das Vertriebssystem umstellen dürfe2404 (etwa: Aufgabe des Vertriebssystems oder Vertriebsweges,2405 Übergang zum Direktvertrieb),2406 weshalb ein Kontrahierungs- oder Belieferungsanspruch nur gegeben sein könne, falls sich das Ermessen des Unternehmers auf die Belieferung reduziert habe,2407 sind nicht überzeugend. Ein Zivilurteil stellt immer eine Momentaufnahme auf der Basis des Sachstandes zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung dar.2408 Spätere Änderungen des Systems schließt ein Urteil nicht aus; dem Unternehmer steht ggf. eine Vollstreckungsgegen-2409 oder Abänderungsklage (§ 323 ZPO)2410 offen. Solche Änderungen sind jedoch nicht sehr wahrscheinlich, zumal der Unternehmer meist durch Kündigungsfristen oder durch ein gegenüber jedem Systemteilnehmer bestehenden Kontrahierungszwang an der schnellen Beendigung aller Vertriebsverträge gehindert ist.2411 Ein den Neueintritt in das System begehrender Bewerber wird zudem (außer durch statistischen Nachweis der Durchschnittsgewinne anderer Händler) i.d.R. kaum in der Lage sein, einen Schadenersatzanspruch zu beweisen, insb. welche Umsätze und Gewinne er mit dem Verkauf des Systemprodukts hätte erzielen können und wie sich dies auf seinen Umsatz mit substituierenden Produkten ausgewirkt hätte.2412 Denn ein „Newcomer“ besitzt keine Kenntnis von Umsätzen der Vergangenheit, aus denen er seine Schäden berechnen könnte. Für eine rechtswidrige Weigerung, den Händler aufzunehmen, kann der Hersteller folglich schwer belangt werden, was eine effektive Rechtsdurchsetzung erschwert.2413 Diskutieren ließe sich weiter, ob der heutige Wortlaut des § 33 GWB, der – anders als zur Zeit der BGH-Entscheidung2414 – einen gleichrangigen Schadenersatzanspruch sowohl bei Verletzung des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB wie des Art. 101 AEUV gewährt, also bei Verletzung des europarechtlichen Art. 101 AEUV keinen Rückgriff auf die allgemein zivilrechtlichen § 823 Abs. 2 BGB bzw. § 1004 BGB mehr erfordert, indiziert, dass mit dem Kontrahierungsanspruch eine gleichartige Rechtsfolge gewollt ist. Dafür spricht, dass

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2403 Haslinger WRP 2007, 926. Gegenargument: Auch aus § 19 GWB kann ein Kontrahierungszwang folgen. 2404 Bechtold NJW 2003, 3729 (3732); Lübbert in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 4. 2405 Liesegang NZKart 2013, 233 (235); Lübbert in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 4. 2406 Liesegang NZKart 2013, 233 (235); Traugott WuW 1997, 486 (489). 2407 Lübbert in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 5; Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (372) zum Kfz-Werkstattbereich. Nach Ansicht von Traugott WuW 1997, 486 (489) gibt es jedenfalls im Rahmen des § 19 GWB schon wegen der bestehenden und nur mit Kündigungsfrist kündbaren Verträgen mit anderen Vertriebsmittlern keine andere Rechtsfolge als den Kontrahierungsanspruch. 2408 Mäsch ZIP 1999, 1507; zust. Emde VersR 2001, 148 (158); Markert in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, § 20 Rn 231. 2409 Jaeger in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht I, Art. 81 Abs. 2 Rn 44. 2410 OLG Karlsruhe, Urt. v. 12.3.1980, WuW/E OLG 2217 (2223); Markert in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, § 20 Rn 231. 2411 Traugott WuW 1997, 486 (489) zu § 20 GWB. Traugott WuW 1997, 486 (491/492) verneint aber einen Kontrahierungsanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV, weil er zu Unrecht in allen Fällen des Verstoßes gegen Art. 101 AEUV von einer Unwirksamkeit von System und Rahmenvertrag ausgeht. 2412 Rheinländer GRUR 2007, 383 (384); Mäsch ZIP 1999, 1507. 2413 Jaeger in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht I, Art. 81 Abs. 2 Rn 44. Zum kartellrechtlichen Effektivitätsgrundsatz EuGH, Urt. v. 6.6.2013 – RS. C-536/11, BB 2013, 1551 – DonauChemie. 2414 Siehe den Wortlaut der Vorschrift vor der Novelle v. 7.7.2005 (BGBl. I S. 1954).

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§ 33 GWB ersichtlich von einer Gleichartigkeit der Rechtsfolge ausgeht, zudem der Grundsatz effektiver Durchsetzung europarechtlicher Normen. Dagegen sprechen die unterschiedlichen TB-Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB einerseits und des Art. 101 AEUV andererseits und dass die Rechtsfolge – Schadenersatz und Naturalrestitution – schon zum Zeitpunkt der BGH-Entscheidung in den Fällen eines Verstoßes gegen den seinerzeitigen Art. 85 EGV (heute Art. 101 AEUV) und dem jetzigen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB identisch war. Mir scheint zwar die vom BGH befürwortete unterschiedliche Rechtsfolge gerade angesichts der besonderen Bedeutung des Europarechts und der erheblichen Schwere eines europarechtlichen Verstoßes wenig verständlich. Da der BGH seine Entscheidung aber mit dem Schutzzweck des heutigen Art. 101 AEUV und nicht dem der § 823 Abs. 2 BGB/§ 1004 BGB begründete, lässt die Novellierung des § 33 GWB die Argumentation des BGH formal unberührt.2415 315

(4) Kein Kontrahierungs- und Belieferungsanspruch bei Unwirksamkeit des Vertriebssystems. Bejaht man den Kontrahierungsanspruch, so besteht er nur, soweit das Vertriebssystem und der Vertriebsvertrag, zu dem Beitritt begehrt wird, infolge des Kartellverstoßes nicht unwirksam werden. Denn zu einem unwirksamen Vertrag und System kann kein Beitritt gefordert werden2416 („keine Gleichheit im Unrecht“). Deshalb soll ein Kontrahierungsanspruch wegen Unwirksamkeit des Systems ausscheiden, wenn durch die Kartellrechtswidrigkeit der Belieferungsverweigerung und des darin liegenden Verstoßes gegen die gleichmäßige Anwendung der festgesetzten Selektionskriterien, etwa bei systematischer Absprache über wettbewerbswidrige Vertriebspraktiken zwischen allen Systembeteiligten, das gesamte Vertriebssystem gegen Art. 101 AEUV verstößt.2417 Ob das System wegen der Kartellrechtswidrigkeit einzelner Vertragsbestimmungen unwirksam wird, bestimmt sich nach §§ 139, 306 BGB. Dies wird nur selten anzunehmen sein.2418 Der Kontrahierungsanspruch aus § 33 Abs. 1, 3 GWB i.V.m. Art. 101 AEUV hat damit vor allem in Fällen Bedeutung, in denen ein leichterer Verstoß gegen Art. 101 AEUV vorliegt oder sich der Verstoß gerade aus der diskriminierenden Wirkung des Systems ergibt. Durch den Ausschluss kartellrechtswidriger Systeme vom Kontrahierungszwang wird der Zweck der Wettbewerbsvorschriften auch nicht in ihr Gegenteil verkehrt.2419 Denn durch die Zulassung eines weiteren Händlers zum kartellrechtswidrigen System würde die wettbewerbsbeschränkende Wirkung dieses Systems nur potenziert, ein sicherlich nicht gewolltes Ergebnis.

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(5) Kündigung trotz Kontrahierungszwanges? Vgl. zunächst oben, Rn 282 zum Kündigungsschutz aus § 19 GWB. Fraglich ist, unter welchen Umständen die Kündigung eines Vertriebspartners möglich ist, obwohl ein Kontrahierungszwang besteht.2420 Einigkeit dürfte darüber bestehen, dass das Vertragsverhältnis bei Existenz eines Kontrahierungszwangs nicht aus Gründen beendet werden darf, aus denen der Abschluss eines

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2415 Emde NZKart 2013, 355 (360). 2416 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde) – zu § 19 GWB; Rheinländer GRUR 2007, 383 (385); Traugott WuW 1997, 486 (491/492); Bunte in: Langen/Bunte, 11. Aufl. (2010), Art. 81 Generelle Prinzipien Rn 257; skeptisch Liesegang NZKart 2013, 233 (238). 2417 Rheinländer GRUR 2007, 383 (385). 2418 Liesegang NZKart 2013, 233 (238). 2419 So aber Liesegang NZKart 2013, 233 (238). 2420 Zu dieser Frage BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.9.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v.; Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 – zu Kfz-Werkstattverträgen; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (622); Nolte WRP 2005, 1124 (1128).

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Vertrages nicht verweigert werden kann.2421 Uneinig ist man sich in der Folgefrage, ob der Unternehmer den Vertrag dann nur bei Vorliegen besonderer Gründe von einigem Gewicht oder – weitergehender – nur bei Existenz wichtiger Gründe außerordentlich kündigen darf.2422 Der zivilrechtliche Kontrahierungszwang als Rechtsfolge spricht eher dafür, dass wichtige Kündigungsgründe vorliegen müssen. Die TB-Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB (eine unterschiedliche Behandlung wäre bei Existenz sachlicher Gründe gerechtfertigt) streiten hingegen für die unternehmerfreundlichere Auffassung, die sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung genügen lässt. Mir scheinen eher die den Kontrahierungsanspruch rechtfertigenden Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB entscheidend. Da ein Kontrahierungsanspruch bei unterschiedlicher Behandlung besteht,2423 dürften bereits sachliche Gründe zur unterschiedlichen Behandlung eine Kündigung rechtfertigen. So auch das OLG München: Ergebe sich aufgrund der umfassenden Interessenabwägung im Einzelfall ein Kontrahierungszwang zu gleichen Vertragsbeziehungen, so könne sich die Kündigung eines bereits bestehenden Mittlervertrages als unbillige Behinderung darstellen, sofern für jene – an sich als ordentliche, ohne besonderen Grund zulässige – Kündigung kein sachlich gerechtfertigter Grund vorliegt. Der Händler sei in diesem Fall nicht auf Schadensersatzansprüche beschränkt. Vielmehr sei bereits die sich als unbillige Behinderung darstellende Kündigung selbst als einseitige – infolge Fehlens eines sachlichen Grundes – sachlich nicht gerechtfertigte Maßnahme unwirksam, so dass es bei der Fortsetzung des Vertrages verbleibt.2424 Aber auch die Ansicht, welche die Rechtsfolge des Kontrahierungszwanges betont und einen wichtigen Kündigungsgrund zur Ablehnung des Kontrahierungszwanges fordert, ist vertretbar, zumal wenn man den Anspruch auch aus § 33 GWB i.V.m. Art. 101 AEUV herleitet. Mit dieser strengeren Ansicht wird vertreten, in jedem selektiven Vertriebssystem, welches sich allein auf qualitative Kriterien stützt, solle der Ausspruch einer ordentlichen Kündigung gegenüber Händlern, die alle selektiven Kriterien erfüllen, aber keinen wichtigen Grund zur Kündigung gesetzt hätten, nicht wirksam erfolgen dürfen. Entweder sei die Kündigung unwirksam oder der Vertriebsmittler habe Anspruch auf Abschluss eines identischen Neuvertrags.2425 Die ordentliche Kündigung eines einzelnen oder eines Teils der Vertriebsmittler ist bei bestehendem Kontrahierungsanspruch ohne zumindest einen sachlichen Grund rglm. ausgeschlossen.2426 Denn der Gekündigte müsste sofort wieder in das Vertriebssystem aufgenommen werden – § 242 BGB, venire contra factum proprium.2427 Wegen fehlender Ungleichbehandlung2428 i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB möglich bliebe die – in der Terminologie der Alt-GVO 1400/2000 – sogenannte „Strukturkündigung“ aller Vertriebsmittler.2429 In keinem Fall darf die Kündigung Ausdruck einer planmäßigen, auf

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2421 Nolte WRP 2005, 1124 (1129). 2422 Siehe BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1263); OLG München, Urt. v. 29.9.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v.; Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (603) zu Kfz-Servicepartnern; Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (622). 2423 Siehe Traugott WuW 1997, 486 (488/489). 2424 OLG München, Urt. v. 29.9.1993 – 7 U 2249/93, S. 16, n.v. 2425 Creutzig BB 2002, 2133 (2147); Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (396). 2426 AA Nolte WRP 2005, 1124 (1128). 2427 Nolte WRP 2005, 1124 (1129); Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 188; Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 903 zum Kontrahierungszwang im Kfz-Werkstattgeschäft. 2428 AA mglw. OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834. 2429 Vgl. Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (623).

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die Umgehung des Zulassungsanspruchs gerichteten Vertriebspolitik i.S.e. quantitativen Selektion sein.2430 Das Nichterreichen vereinbarter Verkaufs- und Absatzziele soll aber nach Ansicht von Nolte die Kündigung erlauben.2431 Dies kann nur im Einzelfall zutreffend sein, da das Verfehlen vereinbarter Ziele nicht notwendigerweise dem Verantwortungsbereich des Mittlers zufallen muss. Jedoch sollen erhebliche, wiederholte Verstöße im Leistungs- und Vertrauensbereich2432 die Kündigung erlauben. Nach Nolte soll eine dauerhafte Aufnahmeverweigerung nur gestattet sein, falls sich ein schwerwiegender Verstoß unmittelbar gegen den Lieferanten richtet und den „Goodwill“ seiner Waren oder Dienstleistungen am Markt beeinträchtigt.2433 317

(6) Verweigerung der Aufnahme nach vorheriger Kündigung? Fraglich ist, ob der Zugang zum Vertriebssystem mit der Begründung verweigert werden kann, der Vertrag sei zuvor wegen einer Vertragsverletzung gekündigt worden. In der französischen Rspr. ist dies angenommen worden.2434 Allerdings darf nach jener Rspr. der Zugang nur für einen angemessenen Zeitraum abgelehnt werden. Nach der hier eingenommenen, eben dargelegten Ansicht folgt aus dem Kontrahierungszwang, dass der Neuabschluss verweigert werden darf, wenn dafür sachliche Gründe bestehen.2435 Nach der Gegenansicht darf nur demjenigen die Aufnahme verwehrt werden, dem bei Annahme eines gedachten Dauerschuldverhältnisses außerordentlich gekündigt werden könnte.2436 Eine erhebliche Vertragsverletzung der Vergangenheit bildet einen solchen sachlichen Grund (s.o. und unten zum Werkstattvertrag Rn 333). Die Frage des Wiederauflebens des Aufnahmeanspruchs nach berechtigter Kündigung und anschließender „Abkühlungsphase“ soll mit Hilfe einer Beweislastumkehr zu lösen sein. Der eine Wiederaufnahme begehrende Anspruchsteller soll nachweisen müssen, dass künftiges Fehlverhalten ausscheidet.2437 Daran mag man wegen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses (Regel bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen: Kontrahierungszwang) zweifeln.

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(7) Darlegungs- und Beweislast. Wer auf Abschluss eines Vertrages klagt, hat die TB-Merkmale des Kontrahierungsanspruchs darzulegen und zu beweisen. Er hat insb. die Abhängigkeit zu beweisen2438 und dass er die vom Hersteller festgelegten Selektionsmerkmale erfüllt.2439 Zu den Selektionsmerkmalen genügt zunächst die Darlegung, sie seien gegeben. Der Vortrag, dass alle Qualitätsmerkmale erfüllt werden, die ein oder mehrere zugelassene Händler aufweisen, ist erst auf subtanziertes Bestreiten des Herstel-

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2430 Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (604). 2431 Nolte WRP 2005, 1124 (1128); aA Frage 9 des Fragenkatalogs im Leitfaden zur GVO 1400/02. Nolte a.a.O., rügt insoweit fehlende Regelungskompetenz der EU-Kommission und Mangel der Rechtsqualität des Fragenkatalogs. Der Entscheidung BGH, Urt. v. 22.2.2005 – KZR 28/03, NJW 2005, 1660 dürfte sich aber ein Verbot der außerordentlichen Kündigung bei mangelnder Zielerreichung entnehmen lassen. 2432 Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (604) – zu Kfz-Serviceverträgen. Nach Ansicht von Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (604) reicht es als Kündigungsgrund, wenn der Hersteller einen Vertragshändler mit Servicebetrieb nicht einsetzen kann, weil alle Interessenten den Vertragsschluss wegen der Konkurrenz des Servicepartners verweigern. Grund: Keine Wettbewerbsbeschränkung, sondern Erweiterung des Wettbewerbs im Händlerbereich durch Zutritt des neuen Händlers. 2433 Nolte WRP 2005, 1124 (1130). 2434 Cour de’appel de Versailles (2. Kammer, 2 Sektion) v. 29.2.1996, Balluz 1997, Summaire 62; zitiert nach Vogel in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, GVO-Kfz Rn 29. 2435 Reufels/Laufen WuW 2004, 392 (397); vgl. Nolte WRP 2005, 1129. 2436 Vgl. ansatzweise Nolte WRP 2005, 1129. 2437 Nolte WRP 2005, 1124 (1130); Bechtold NJW 2003, 3729 (3734). 2438 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI – U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 2439 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121.

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lers erforderlich. Nur in diesem Fall ist es nicht ausreichend, die Erfüllung der Standards pauschal zu behaupten.2440 Deshalb muss der die Aufnahmepflicht bestreitende Hersteller als Erstes vortragen, warum der Aufnahme Begehrende die Standards nicht erfüllt oder dass es außerhalb der Erfüllung der Qualitätsmerkmale einen sachlich gerechtfertigten Grund für die Aufnahmeverweigerung gibt und dies ggf. zu beweisen.2441 (8) Entscheidung über den Zulassungsanspruch. Der Hersteller muss über ein 319 Zulassungsgesuch ohne ungebührliche Verzögerung und in nicht diskriminierender Form entscheiden.2442 Um diskriminierenden Verzögerungstaktiken bei der Zulassung zu einem selektiven Vertriebssystem vorzubeugen, verlangt die Kommission, dass der Hersteller grds. binnen vier Wochen über einen Zulassungsantrag entscheidet.2443 Hohe Eintrittskosten und nicht sachgerechte Selektionskriterien mit Abschreckungscharakter2444 sind unzulässig. Anforderungen, die dazu dienen, dem Hersteller ohne sachlichen Grund eine Vergütungsquelle zu verschaffen, etwa indem durch Auditierungen erhebliche Kosten entstehen oder die unnötige Hindernisse für den Vertragsschluss aufbauen, sind unwirksam.2445 Verweigert der Hersteller einem Händler die Zulassung, so muss er in einem Antwortschreiben an den Bewerber darlegen, welche Voraussetzungen er als noch nicht erfüllt ansieht.2446 Pflichtwidrigkeiten und Verzögerungen bei der Vertragsvergabe eines Werkstattvertrages können zu Schadensersatzansprüchen führen.2447 Dabei muss der Unternehmer die ihn betreffende Rechtslage kennen; ein Verbotsirrtum ist regelmäßig nicht schuldausschließend. (9) Gerichtlicher Rechtsschutz. Der Bewerber darf seinen Kontrahierungsanspruch 320 mittels eines Leistungsantrags auf Abschluss eines Vertriebsvertrages sichern.2448 Mit der Rechtskraft des Urteils, welches den Unternehmer zum Abschluss des Vermittlungsvertrages verpflichtet, wird die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung nach § 894 ZPO fingiert.2449 Als „Minus“ zu einem Antrag auf Abschluss eines Vertrages oder Belieferung könnte die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung beantragt werden.2450 Ein Feststellungsantrag kann aber wegen des Vorranges der Leistungsklage problematisch sein.2451 Eine einstweilige Verfügung auf Abschluss wird regelmäßig

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2440 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; Niebling WRP 2007, 1426 (1427). 2441 Liesegang NZKart 2013, 233 (237). 2442 Creutzig BB 2002, 2133 (2144). 2443 Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2444 Niebling WRP 2011, 1269 (1270). 2445 Niebling WRP 2007, 1426 (1427). 2446 Kommission v. 21.12.1983, ABl. 1983 L 376/41 – SABA II; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2447 OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; Niebling WRP 2006, 1334; Niebling WRP 2011, 1269 (1270) – unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung, also des § 19 GWB; Niebling WRP 2009, 153 (155); sehr weitgehend: OLG Stuttgart v. 22.7.2004 – 2 U 202/03, aufgehoben durch BGH v. 28.6.2005 – KZR 26/04, GRUR 2006, 57: Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der GVO. 2448 Siehe etwa BGH, Urt. v. 12.5.1998 – KZR 23/96, BB 1998, 2353 = ZIP 1998, 2070 = DB 1998, 2461 = NJW-RR 1999, 189 – Depotkosmetik – m. Anm. Mäsch ZIP 1999, 1507 und Birk EWS 2000, 485; OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 774 (776); 847 (849); LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2012 – 37 O 095/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 239 (241). 2449 Rheinländer WRP 2007, 501 (503). 2450 BGH, Urt. v. 1.12.1981 WuW/E BGH 1879 (1880); Markert in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, § 20 Rn 231. 2451 An der Zulässigkeit zweifelnd OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121.

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wegen der darin liegenden Vorwegnahme der Hauptsache2452 nur als (vorläufiger) Belieferungsanspruch bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens und bei Existenz erhebliche Wettbewerbsnachteile2453 oder einer bestehenden oder drohenden Notlage2454 möglich sein.2455 Sie bedarf nach bisher h.M. sogar des Nachweises einer existenziellen Abhängigkeit von dem Hersteller. Die Abhängigkeit soll im Kfz-Werkstattgeschäft fehlen, falls die Werkstatt EU-Neufahrzeuge veräußert2456 und einen weiteren Werkstattvertrag führt.2457 Letzteres dürfte zweifelhaft sein, da auf Grund der Markengebundenheit des Kundenstammes jedenfalls bei einer – vom BGH2458 allerdings abgelehnten – markenbezogenen Betrachtungsweise eine Abhängigkeit existieren dürfte und keiner der betroffenen Hersteller den Antragsteller auf die Möglichkeit des Vertragsschlusses mit dem anderen Hersteller verweisen darf.2459 Tatsächlich bedarf es einer Notlage oder Existenzgefährdung nicht in jedem Fall. Ausreichend ist es, wenn die Leistungsverfügung zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vermögensnachteils oder zur Abwendung eines endgültigen Rechtsverlustes erforderlich ist.2460 Das schutzwürdige Interesse des Unternehmers, nicht in einem nur mit eingeschränkten Erkenntnis- und Beweismöglichkeiten ausgestalteten summarischen Verfahrens zu einer Leistung verpflichtet zu werden, gewinnt umso mehr an Gewicht, wenn sich ihre Folgen nicht oder nur schwer wieder rückgängig machen lassen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Verfügungsantrags einzubeziehen.2461 Gerade bei großen Händlern ist eine Existenzgefährdung kaum vorstellbar.2462 Für Großunternehmen gibt es jedoch kein minderes Recht. Zur Vermeidung von Zahlungsausfällen muss ggf. die Lieferung gegen Vorkasse beantragt werden.2463 321

(10) Aufnahme als Vertragswerkstatt in das Werkstattnetz des Unternehmers. Ein Seitenstück der Diskussion um den Kontrahierungszwang bildet der Streit um das Recht einer Werkstatt, als zugelassene Vertragswerkstatt in das Werkstattnetz des Unternehmers aufgenommen zu werden. Auch ein Werkstattvertrag enthält vertriebsrechtliche Elemente, nämlich in Bezug auf den Vertrieb von Ersatzteilen und Werkstattleis-

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2452 Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 188; Rehbinder in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht II, § 33 Rn 54. 2453 OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 774 (776); 847 (849); KG, Urt. v. 12.9.1990 – Kart U 3919/90, WuW/E OLG 4628 (4629); OLG Hamburg WuW/E OLG 5703 (5705 f.); LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2012 – 37 O 095/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 239 (241); Martinek/Kahlenberg in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 39 Rn 188; Rehbinder in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht II, § 33 Rn 54; Markert in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 3. Aufl. 2001, § 20 Rn 232. 2454 OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 774 (776); 847 (849); LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2012 – 37 O 095/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 239 (241). 2455 Zum Werkstattvertrag vgl. Kessel/Koch BB 2009, 1032 ff. 2456 LG Köln, Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08. 2457 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 27, KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416; LG Köln, Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08; Böckenholt GRURPrax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2458 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 17, KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; zust. Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (370). 2459 Emde NZKart 2013, 355 (362). 2460 OLG München GRUR-RR 2003, 56; GRUR-RR 2002, 181; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176; Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). 2461 OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 774 (776); 847 (849); LG Düsseldorf, Urt. v. 11.9.2012 – 37 O 095/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 239 (241). 2462 Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). 2463 OLG Braunschweig v. 1.9.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10.

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tungen.2464 In der Sache gibt es wenig Abweichungen zum Aufnahmeanspruch in anderen Bereichen des Vertriebsrechts, nur mehr Quellen zur Rechtslage. Nach bis zu den Entsch. des BGH v. 30.3.20112465 herrschender und mit zahlreichen Stimmen auch heute vertretener Ansicht waren Kfz-Hersteller nicht nur im Verhältnis zu den mit ihnen bereits vertraglich verbundenen Vertragshändlern und -werkstätten sondern auch zu den Bewerbern um Vertragshändler- und Vertragswerkstättenverträge jedenfalls marktstarke Unternehmen i.S.d. §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB, von denen Händler und Werkstätten als kleine oder mittlere Unternehmen unternehmensbedingt abhängig sind.2466 Aus diesen Normen ergebe sich, so diese Ansicht, in einem qualitativselektiven Werkstattsystem ein einklagbarer Kontrahierungsanspruch auf Abschluss eines Werkstattvertrages, sofern der Bewerber die qualitativen Vorgaben des Unternehmers (Selektionskriterien) erfülle,2467 und unabhängig davon, wie viele Werkstätten bereits in einer bestimmten Region tätig waren.2468 Bei § 19 GWB handele es sich um eine Generalklausel. In sie flössen Wertentscheidungen anderer Normen ein.2469 Wenn kartellrechtlich von einem Kontrahierungszwang ausgegangen wurde (s.u., Rn 328), war dies nach bisher h.M. auch im Rahmen des § 19 GWB zu berücksichtigen, u.a. wegen des Gebots europarechtsfreundlicher Auslegung deutscher Generalklauseln: Da die Aufnahmevoraussetzungen in den Selektionskriterien der Händlerverträge enthalten seien, müssten sie – schon damit die Gleichbehandlung kontrollierbar bleibe – sämtliche abwägungsrelevanten Umstände nennen. Die Selektionskriterien begründeten damit für sich die Vermutung ihrer Vollständigkeit. Folglich ging man davon aus, dass die Hersteller in den Selektionskriterien die sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung sowie die Billigkeitserwägungen abschließend niedergelegt hatten (was wohl auch heute zutreffen dürfte). Deshalb sollten – außer die Nichterfüllung der Selektionskriterien – im Lichte des von der EU-Kommission grds. geforderten Kontrahierungszwanges nur sachli-

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2464 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202). 2465 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; Besprechungen beider Urt. von Bechtold BB 2011, 1610. 2466 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); hierzu Niebling WRP 2006, 1334; zuvor bereits BGH, Urt. v. 23.2.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491 (2493) – Opel-Blitz; Beschl. v. 19.1.1993 – KZR 25/91, WuW/E 2875 (2878 ff.) – Herstellerleasing; v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983 (2988) – Kfz-Vertragshändler; OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner (Nutzfahrzeuge); OLG Braunschweig v. 1.9.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10; Niebling WRP 2006, 1334; Wendel WRP 2002, 1395 (1408); Creutzig BB 2002, 2133 (2140); Anspruchsgrundlage: Allg. Diskriminierungsverbot des Art. 102 AEUV, § 19 GWB und §§ 19, 33 GWB, § 249 BGB; Niebling WRP 2003, 609 (610). 2467 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 70; Frage 72 des Leitfadens der EU-Kommission zur Kfz-GVO 1400/02 (zum kartellrechtlichen Kontrahierungszwang); BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; v. 24.4.2008 – 86 O 8/08; OLG Braunschweig v. 1.9.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10; Niebling WRP 2012, 1361 (1362); WRP 2010, 1454 (1458); WRP 2010, 81 (82, 85); JR 2009, 393; WRP 2007, 1426 (1427); WRP 2003, 609 (610) Creutzig BB 2002, 2133 (2144); Bauer/de Bronett Die EUGruppenfreistellungsVO für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen 2001 Rn 17; Creutzig EGGruppenfreistellungsverordnung (GVO) für den Kraftfahrzeugsektor, Rn 502 ff., 571, 903; Reimann KfzGruppenfreistellungsverordnung 2004, Rn 113; zweifelnd Roniger/Hermertsberger Kfz-Vertrieb neu, Wien 2003, Art. I Rn 42; krit. Wegner BB 2010, 1867 (1872), die darauf hinweist, der Hersteller sei nicht mehr Herr über Struktur und Dichte seines Werkstattnetzes. 2468 Pfeffer NJW 2002, 2110 (2114); Polley/Seeliger EWS 2002, 507 (509). 2469 Vgl. Loewenheim/Meessen/Riesenkampff § 20 Rn 69.

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che oder sogar wichtige Gründe i.S.d. § 89a2470 (s.o. zur Diskussion, welche Gründe die Ablehnung des Vertragsschlusses rechtfertigen) den Aufnahmeanspruch ausschließen. Kfz-Hersteller sollten dieser Ansicht gemäß Betrieben, die autorisierte Werkstatt des 322 Vertriebsnetzes des Herstellers werden wollten, also auch zivilrechtlich den Abschluss eines Werkstattvertrages nur bei Nichterfüllung der Selektionskriterien verweigern dürfen, etwa aus Gründen, die in der Qualität der Werkstatt lagen.2471 Es wurde von dieser früher h.M. vertreten, wegen der im Ersatzteil- und Service-Markt (räumlich relevanter Markt: Deutschland) 2472 regelm. überschrittenen 2473 Marktanteilsschwelle von 30% durch alle Hersteller (s.o., Rn 255) sei eine Begrenzung der Zahl der Werkstätten (sog. „quantitative Selektion“) nicht nur kartellrechtlich, sondern auch zivilrechtlich unzulässig.2474 Zunächst schien es so, als billige der BGH die früher h.M. Er verneinte 20052475 nach 323 den Besonderheiten des Einzelfalls einen Aufnahmeanspruch aus § 19 GWB: Nutze der Hersteller ein Vertriebssystem, in welchem er nur eine begrenzte Anzahl an Werkstätten zulasse, werde ein Bewerber nicht ungleich behandelt und es fehle ein Aufnahmeanspruch aus §§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB. In dem vom BGH entschiedenen Fall praktizierte der Kfz-Hersteller bis zum Ablauf einer kartellrechtlichen Übergangsfrist zum 1.1.2003 ein quantitativ-selektives System, welches exklusiv an bestimmte Werkstätten vergebene Gebiete vorsah. Selbst bei unterstellter Kartellrechtswidrigkeit dieses Systems ergab sich nach Ansicht des BGH keine die Aufnahme rechtfertigende Ungleichbehandlung i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB (Diskriminierungsverbot),2476 weil die Werkstattverträge dann (insgesamt) kartellrechtlich nichtig gewesen und gleichfalls keine den Aufnahmeanspruch rechtfertigende Ungleichbehandlung eingetreten wäre (Rn 315). Erst mit der Einführung eines (rechtmäßigen) qualitativ-selektiven Systems sei der Hersteller verpflichtet gewesen, die Vertragswerkstatt zuzulassen. Zwar gestatte die GVO 1400/02 den KfzHerstellern für den Werkstatt- und Ersatzteilbereich nur noch eine qualitative und keine quantitative Selektion. Zivilrechtlich durchsetzbare Verhaltenspflichten des Herstellers ließen sich jedoch aus der GVO nicht herleiten. Der Hersteller bleibe auch nicht zur Vermeidung einer nach §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB untersagten unbilligen Behinderung verpflichtet, die Werkstatt zuzulassen. Für die Prüfung dieses TB-Merkmals sei eine Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des Gesetzes vorzunehmen. Dabei falle auf Seiten des Werkstattanwärters sein Interesse ins Gewicht, möglichst frühzeitig zugelassen zu werden. Zugunsten des Herstellers sei zu berücksichtigen, dass § 19 GWB ihm unternehmerischen Freiraum bei der Gestaltung und Pflege seines Vertriebssystems belasse und

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2470 Siehe Bechtold NJW 2003, 3729 (3734); Niebling WRP 2011, 1518 (1520). 2471 Niebling WRP 2010, 1454 (1458). 2472 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 18, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428, Rn 18; OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner. 2473 OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; Ensthaler WuW 2002, 1042 (1050) („bei komplexen Reparaturen regelmäßig über 50%); Wendel WRP 2002, 1395 (1408); Niebling WRP 2003, 609 (610/611); zur Marktanteilsabgrenzung Wegner BB 2010, 1803 (1804 f.). Gegen eine Einbeziehung der Garantieleistungen in die Marktabgrenzung Wegner BB 2010, 1803 (1805); Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (369). 2474 Niebling WRP 2010, 1454 (1458), was sie kartellrechtlich auch nach dem Urt. BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) bleibt, siehe Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364); Bechtold BB 2011, 1610 (1612); Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 ff. 2475 BGH, Urt. v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde). 2476 Creutzig EuZW 2002, 560 (562).

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nur den Missbrauch von Marktmacht verhindern wolle. Einen solchen Missbrauch und damit eine unbillige Behinderung verneinte der BGH, da der Hersteller sich auf die möglw. irrige aber vertretbare Ansicht zurückziehen durfte (Rechtsirrtum), er habe die Klägerin erst ab dem 1.1.2003, also später, zulassen müssen.2477 Fazit: Der BGH wurde so verstanden, dass er einen Zulassungsanspruch aus dem heutigen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB befürwortete, falls andere Werkstätten zugelassen wurden2478 (Gleichbehandlungspflicht i.S.d. heutigen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB), ihn jedoch in diesem Einzelfall ablehnte. Einen ersten Anhaltspunkt auf die neue Rspr. gab ein Urteil des OLG Düsseldorf. 324 Nach ihm war die Judikatur des BGH zum Verbot der Diskriminierung und Behinderung von Vertragshändlern durch marktstarke Kfz-Hersteller auf das Verhältnis von Herstellern und Vertragshändlern von motorisierten Zweirädern nicht ohne Nachweis der marktbeherrschenden Stellung des Herstellers zu übertragen.2479 Gleichwohl relativ überraschend verneinte der BGH dann in seinen „MAN-Entscheidungen“ 2011 einen Kontrahierungsanspruch im Nutzfahrzeugbereich. Er bestätigte zwar die Anwendbarkeit des jetzigen § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, lehnte jedoch auf der Tatsachenebene eine Abhängigkeit des Bewerbers ab (was bei weniger ausgeprägten Ausweichmöglichkeiten der Werkstatt zumindest theoretisch abweichende Ergebnisse zulässt).2480 Dieser Tatsachenebene vorgelagert waren Rechtsausführungen des BGH zur Marktanteilsbestimmung, die von der zuvor wohl h.M. abwichen: Anders als es die Kommission für den Bereich des Kfz-Service in den LL zur Kfz-GVO vertritt2481 (Rn 257), sei – so der BGH – für den zivilrechtlichen Kontrahierungsanspruch nicht der Marktanteil des jeweiligen Herstellers aus Sicht des Endkunden maßgeblich.2482 Der Marktanteil sei allein aus Sicht der Aufnahme begehrenden Werkstatt zu bestimmen; aus ihrer Warte betrachtet müsse der Hersteller marktbeherrschend oder marktstark sein. Bei dem für den Aufnahmeanspruch maßgeblichen Markt handelt es sich somit gegenüber dem Kundenmarkt um einen „vorgelagerten“ Markt.2483 Der Markt gegenüber den Endkunden sei jenem Markt nachgelagert. Der nachgelagerte Kundenmarkt könne nur ausnahmsweise Auswirkungen auf die Marktstärke im vorgelagerten Markt haben.2484 Der für den Kontrahierungsanspruch aus Werkstattsicht vorgelagerte Markt, an dem sich der Aufnahmeanspruch messen müsse, umfasse alle Produkte, Dienstleistungen und Rechte, die den Zutritt zu dem nachgelagerten Endkundenmarkt erleichterten. Dazu zählten das Angebot von Ersatzteilen, Diagnosegeräten und Spezialwerkzeugen, die Vermittlung der erforderlichen markenspezifischen Fachkenntnisse sowie die Zulassung als Vertragswerkstatt für bestimmte Fahrzeugmarken. Angebot und Nachfrage um die Zulassung als Vertragswerkstatt bildeten keinen

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2477 Wobei sich fragt, ob der Unternehmer nicht spätestens während des Rechtsstreits Prüfungspflichten unterlag und deshalb ein Rechtsirrtum ausschied. 2478 OLG München, Urt.v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; Emde EWiR 2006, 273 (274); Niebling WRP 2006, 1334; Wendel/Ströbl WRP 2006, 1336 (1339); aA mglw. OLG Köln, Urt. v. 7.12.2007 – 19 U 60/07. 2479 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI – U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 2480 Praktisch sind solche abweichenden Tatsachenfeststellungen wahrscheinlich nicht zu erwarten. 2481 Rn 70 der LL zur Kfz-GVO 461/10. 2482 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. zust. Anm. Schultze/Oest, KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2483 Kritisch zu dieser Marktabgrenzung Walz EWiR 2011, 465 (466), der eine markenspezifische Marktabgrenzung befürwortet. 2484 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 12, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428.

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eigenständigen Markt. 2485 Eine marktbeherrschende Stellung im vorgelagerten Markt folge nicht aus dem Umstand, dass eine Zulassung als Vertragswerkstatt nur unter Mitwirkung des jeweiligen Herstellers möglich sei. Die Stellung als Vertragswerkstatt bilde keine Ressource, die für den Zugang zum Endkundenmarkt in den o.g. Bereichen unerlässlich sei.2486 Im maßgeblichen „vorgelagerten“ Markt um die genannten Dienstleistungen sei der Marktanteil entgegen bisheriger Ansicht nicht markenbezogen, sondern markenübergreifend abzugrenzen.2487 Das gelte ungeachtet dessen, dass im Endkundenmarkt der Marktanteil markenbezogen zu bestimmen sei.2488 Nach bis 2011 h.M. erfolgte die Marktanteilsbestimmung auch gegenüber den Bewerbern um einen Vertrag bezogen auf die einzelne Marke, auch bei Marken eines Konzerns. Ein außerhalb des Vertriebsnetzes des Unternehmers stehender Bewerber soll da325 nach, anders als möglicherweise ein Vertragshändler, der sich bereits ausschließlich an einen Fahrzeughersteller und seine CI gebunden hat,2489 oder anders als eine bereits zugelassene Werkstatt, die ihren Geschäftsbetrieb durch erhebliche Investitionen auf einen bestimmten Fahrzeughersteller ausgerichtet hat,2490 nicht von dem Hersteller unternehmensbedingt abhängig i.S.d. § 19 GWB2491 sein. Eine sortimentsbedingte Abhängigkeit (zur Abgrenzung, oben Rn 301) fehle ebenfalls: Der Bewerber könne auch ohne Zulassung als Vertragswerkstatt im Werkstattgeschäft tätig werden.2492 Auch aus Art. 102 AEUV ergebe sich kein Zulassungsanspruch.2493 Nach zuvor wohl h.M. brauchte sich der Bewerber nicht auf eine Tätigkeit als freie Werkstatt verweisen zu lassen, weil dies zumindest bei Haltern von Kfz mit einem Alter von weniger als 2 Jahren zu einem Abwandern von Stammkunden (und damit zu einer Abhängigkeit) führte.2494 Damit mangelt es nach dem BGH und den ihm folgenden Stimmen wegen fehlender 326 Abhängigkeit zivilrechtlich regelm. an einem Zulassungsanspruch aus § 19 GWB.2495 Das

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2485 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 15, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2486 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 20, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2487 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 17, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; zust. Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (370). 2488 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 17, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2489 So: BGH, Urt. v. 23.2.1988 – KZR 20/86, WuW/E 2491 (2493) – Opel-Blitz; v. 21.2.1995 – KZR 33/93, WuW/E 2983 (2988) – Kfz-Vertragshändler. 2490 BGH, Urt. v. 9.2.2006 – KZR 26/04, WuW/E DE-R 1621 = NJW-RR 2006, 689 Rn 1, 16 – qualitative Selektion. 2491 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 26, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (601 f.). 2492 Zu den Ausweichmöglichkeiten einer Markenwerkstatt auf die Tätigkeit einer unabhängigen Werkstatt bereits Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1205 f.) – wohl etwas überzeichnend. 2493 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 28, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (601 f.). 2494 OLG Braunschweig v. 1.9.2009 – 2 U 157/09, zit. nach Genzow kfz-betrieb 45/2009, 10. 2495 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428 – Nutzfahrzeugbereich; Bespr. beider Urt. durch Bechtold BB 2011, 1610; ebenso OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.12.2011 – VI-U (Kart) 19/11 – PKW; siehe ferner Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (601 f.); Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 ff.; Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364); wohl auch Bechtold BB 2011, 1610 (1611) zu 3 – zur Folgefrage, ob deshalb eine ordentliche Kündigung der Servicepartner zulässig ist, s. Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600.

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gilt jedenfalls, solange Bewerber die Möglichkeit besitzen, auf eine Tätigkeit als markenfreie Werkstatt auszuweichen.2496 Falls ohne Zulassung als Markenwerkstatt Wartungsdienstleistungen der Werkstatt unmöglich oder wirtschaftlich sinnlos werden, könnte ein Zulassungsanspruch aufleben,2497 etwa aufgrund technischen Detailwissens, welches nur der Markenwerkstatt zur Verfügung steht.2498 Dem könnte wieder entgegnet werden, dass die Kfz-GVO einen Auskunftsanspruch der freien Werkstatt vorsieht, mittels dessen technische Informationen zum Hersteller abgefragt werden können (Rn 264). Teils wird – wie beim allg. Kontrahierungsanspruch (Rn 304 ff.) „als Kompensation“ 327 für den nach dem Vorstehenden recht „schwachen“ Anspruch aus § 19 GWB ein ebenfalls auf Zulassung gerichteter zivilrechtlicher Anspruch aus Art. 101 AEUV i.V.m. § 33 GWB befürwortet,2499 teils abgelehnt,2500 wobei die jenen Zulassungsanspruch Ablehnenden darauf verweisen, es könne keinen Anspruch auf Aufnahme zu einem Art. 101 AEUV widersprechenden Vertriebssystem geben2501 (wohl ein Zirkelschluss). Kartellrechtlich dürfte der Zulassungsanspruch noch immer Freistellungsvoraus- 328 setzung sein:2502 Die Kommission will nämlich auch nach den MAN-Entscheidungen bei ihrer den Zulassungsanspruch befürwortenden Auffassung bleiben. So soll etwa ausweislich Ziff. 12 der häufig gestellten Fragen zur Kfz-GVO 461/102503 ein Hersteller den Zugang zu seinem Netz zugelassener Werkstätten nicht mit der Begründung verweigern dürfen, dass die interessierte Werkstatt bereits für die Reparatur von Fahrzeugen der Marke eines konkurrierenden Kfz-Anbieters zugelassen ist, was zeigt, dass nach Ansicht der EU-Kommission ein Kontrahierungszwang besteht. Daher könnten zivilrechtliche und kartellrechtliche Lage differieren, ein für die Einheit der Rechtsordnung nicht unbedingt förderliches Ergebnis.2504 Das Verbot der quantitativen Selektion erfasst nach Ansicht der Kommission auch mittelbare Quantifizierungsvorgaben, etwa verbindliche Mindestumsätze2505 oder die Verpflichtung, neben den Werkstattdienstleistungen auch Neufahrzeuge zu vertreiben.2506 Auch eine Freistellung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV soll in solchen Fällen ausscheiden.2507 Das könnte dazu führen, dass Hersteller durch die kartellrechtlichen Folgen der Aufnahmeverweigerung zum Vertragsschluss motiviert werden.2508 Daraus folgt: § 19 GWB kann nach wie vor einen Zulassungsanspruch rechtfer- 329 tigen, soweit seine TB-Voraussetzungen eingreifen: Ist das der Fall, darf der Hersteller weder einen Bewerber um Werkstattleistungen noch eine bereits zugelassene Werkstatt gegenüber vergleichbaren Unternehmen unbillig behindern noch sachlich ungerechtfertigt ungleich behandeln (§ 20 Abs. 1 GWB). Auch einem Supermarkt darf die z.B.

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2496 Walz EWiR 2011, 465 (466). 2497 Walz EWiR 2011, 465 (466). 2498 Walz EWiR 2011, 465 (466) nennt das Beispiel der Verwendung von Carbonwerkstoffen. 2499 Ströbl/Schäfer WRP 2013, 600 (604); Bechtold BB 2011, 1610 (1611). 2500 Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (372). 2501 Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (372). 2502 LL zur Kfz-GVO 461/10, Rn 70, 43; Emde MDR 2013, 1079 (1081); Niebling WRP 2012, 1361 (1362 f.); WRP 2011, 1269; WRP 2011, 1518 (1519); Schultze/Oest BB 2011, 1363 (1364), wobei letztere nicht an eine Änderung der Kommissionspraxis glauben; Bechtold BB 2011, 1610 (1611), der auf S. 1613 diese Uneinheitlichkeit kritisiert. 2503 Häufig gestellte Fragen zur Anwendung des EU-Kartellrechts im Kfz-Sektor v. 27.8.2012. 2504 Emde MDR 2013, 1079 (1081); Bechtold BB 2011, 1610 (1613). 2505 LL zur Kfz-GVO 461/10 Rn 44. 2506 LL zur Kfz-GVO 461/10 Rn 71. 2507 LL zur Kfz-GVO 461/10 Rn 71; siehe zum Ganzen Wegner BB 2010, 1867 (1872). 2508 Emde MDR 2013, 1079 (1081).

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Aufnahme nicht verweigert werden, sofern er die Selektionsbedingungen erfüllt 2509 (dann agiert er nicht mehr als Supermarkt sondern als Werkstatt). Da der Kontrahierungsanspruch an die Marktstärke („Abhängigkeit“) und nicht an die GVO anknüpft, bleiben er und seine Herleitung aus § 19 GWB auch nach Wegfall der alten Kfz-GVO 1400/02 und unter der Ägide der GVOs 330/10 und 461/10 relevant. Der Anspruch greift auch ein, wenn unterhalb eines Marktanteiles von 30% der Anwendungsbereich der GVO eröffnet ist. Das ist naheliegend. Denn die Kommission versteht unter Rn 70 ihrer Ergänzenden Leitlinien zur Kfz-GVO2510 quantitative Kriterien und damit eine Begrenzung des Zugangs zu Werkstattverträgen der Hersteller generell (also auch bei Eingreifen der Kfz-GVO 461/10) als Verstoß gegen Art. 101 AEUV. Zur Marktanteilsbestimmung im Werkstattbereich oben Rn 206. Sofern der Hersteller in die Werkstattverträge nur die Klausel aufnimmt, die Vertragsware allein an einen nach bestimmten Kriterien ausgewählten Abnehmerkreis zu verkaufen und sich die Abnehmer ihrerseits verpflichten, keine nicht zugelassene Wiederverkäufer zu beliefern, soll nach Ansicht von Wegner2511 keine Wettbewerbsbeschränkung und damit kein Aufnahmeanspruch bestehen. Dies erscheint zweifelhaft, da eine solche Regelung nur Bedeutung für die Freistellung eines Systems haben kann, nicht jedoch für den Aufnahmeanspruch aus § 19 GWB. Weitgehend Einigkeit besteht und bestand allerdings darüber, dass sich aus Art. 101 AEUV i.V.m. der GVO 330/10 oder der alten Kfz-GVO 1400/02 kein Kontrahierungszwang des Kfz-Herstellers oder -Importeurs zum Abschluss eines Werkstattvertrages ergibt, sondern bei einem Verstoß gegen Art. 101 AEUV lediglich das Entfallen der Freistellung.2512 Ebenso wenig folgt ein Kontrahierungszwang aus der Verpflichtung, sämtlichen Beteiligten Zugang zu den allerdings für Instandsetzung und Wartung erforderlichen Informationen zu geben (dazu Rn 264).2513 Zur Frage, welche Selektionskriterien der Bewerber vor Abschluss des Vertrages zu erfüllen hat oben, Rn 308. Auch bei der Diskussion um den Kontrahierungszwang im Werkstattbereich stellt sich die oben, Rn 317, angesprochene Frage, ob sachliche oder nur wichtige Gründe die Verweigerung des Abschlusses rechtfertigen können. Sie ist nicht anders als unter Rn 317 zu entscheiden. Sachliche Gründe von einigem Gewicht genügen, um den Vertragsschluss zu verweigern. Angeblich unklare mietvertragliche Verhältnisse oder ein Schaden des Herstellers im Zusammenhang mit der Insolvenz einer anderen Gesellschaft reichen jedoch nicht aus.2514 Es genügt jedoch, wenn feststeht oder zumindest angenommen werden muss, dass das den Werkstattvertrag beanspruchende Unternehmen der faktischen Leitung von Personen untersteht, welche die Namens- und Markenrechte des Herstellers missbrauchen.2515

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2509 Wendel WRP 2002, 1395 (1405) zur GVO 1400/02. 2510 Amtsblatt der EU v. 28.5.2010, C 138/16 Rn 70. 2511 Wegner BB 2010, 1867 (1873). 2512 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 24, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); OLG München, Urt. v. 8.1.2009 – U (K) 1501/08, BB 2009, 518 m. Anm. Schultze/Spenner; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; Nolte WRP 2005, 1124 (1125); Pfeffer NJW 2002, 2910 (2912); aA Creutzig EG-Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz-Sektor, Rn 1503; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (622); BB 2005, 1749 (1757). 2513 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 6.3.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336 (1337). 2514 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121. 2515 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121.

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Soweit nach Wegfall der Kfz-GVO 1400/02 wieder Vollfunktionsverträge (einheitlicher Vertriebs- und Werkstattvertrag) eingeführt wurden, stellt sich das durch die neuere Entscheidungspraxis des BGH2516 relativierte Problem der Infektion des Kontrahierungszwanges auf den Gesamtvertrag. Eine zugedachte „Trennung“ der Verträge wird eher ausscheiden, so dass sich der Kontrahierungsanspruch auf den Vertriebsvertrag erstrecken könnte, sofern der Hersteller keinen separaten Werkstattvertrag anbietet. Man mag auch die gegenteilige Ansicht einnehmen und den (durchschnittlichen) Marktanteil aller mit dem Vollfunktionsvertrag übertragenen Pflichten einschließlich der Vertriebspflicht für maßgeblich halten, so dass wegen des dann geringeren Gesamtmarktanteils ein Kontrahierungszwang eher ausscheiden wird. Wer auf Abschluss eines Händler- oder Servicevertrages klagt, hat die TB-Merkmale des Kontrahierungsanspruchs darzulegen und zu beweisen (s. auch oben, Rn 318). Er hat insb. die Abhängigkeit zu beweisen2517 und dass er die vom Hersteller festgelegten Selektionsmerkmale erfüllt.2518 Zu den Selektionsmerkmalen genügt zunächst die Darlegung, sie seien gegeben. Der Vortrag, dass alle Qualitätsmerkmale erfüllt werden, die ein oder mehrere zugelassene Servicepartner aufweisen, ist erst auf subtantiiertes Bestreiten des Herstellers erforderlich. Nur in diesem Fall ist es nicht ausreichend, die Erfüllung der Standards pauschal zu behaupten.2519 Deshalb muss der die Aufnahmepflicht bestreitende Hersteller als Erstes vortragen, warum der Aufnahme Begehrende die Standards nicht erfüllt oder dass es außerhalb der Erfüllung der Qualitätsmerkmale einen sachlich gerechtfertigten Grund für die Aufnahmeverweigerung gibt und dies ggf. zu beweisen.2520 Der Hersteller muss über ein Zulassungsgesuch ohne ungebührliche Verzögerung und in nicht diskriminierender Form entscheiden. Näheres oben, Rn 319. Der Anspruchsteller darf im Hauptsacheverfahren auf Zugang klagen2521 (Rn 320). Auch hier soll der Nachweis einer existenziellen Abhängigkeit von dem Kfz-Hersteller erforderlich sein. Die Abhängigkeit soll fehlen, falls die Werkstatt EU-Neufahrzeuge veräußert2522 und einen weiteren Werkstattvertrag führt.2523 Letzteres dürfte zweifelhaft sein, da auf Grund der Markengebundenheit des Kundenstammes jedenfalls bei einer – vom BGH2524 allerdings abgelehnten – markenbezogenen Betrachtungsweise eine Abhängigkeit existieren dürfte und keiner der betroffenen Hersteller den Antragsteller auf die Möglichkeit des Vertragsschlusses mit dem anderen Hersteller verweisen darf. Wie unter Rn 320 ausgeführt bedarf es einer Notlage oder Existenzgefährdung nicht in jedem Fall.

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2516 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest, KZR 7/09. 2517 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI – U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 2518 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121. 2519 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121; Niebling WRP 2007, 1426 (1427). 2520 Liesegang NZKart 2013, 233 (237). 2521 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 6/09, NJW 2011, 2730 = BB 2011, 1361 = EWiR 2011, 465 (Walz) m. Anm. Schultze/Oest; KZR 7/09 Rn 24, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; v. 28.6.2005 – KZR 26/04, WRP 2006, 109 (111) = GRUR Int. 2006, 57 = EWiR 2006, 273 (Emde); OLG Frankfurt/M., Urt. v. 10.10.2006 – 11 U 3/06, GRUR-RR 2007, 121. 2522 LG Köln, Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08. 2523 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 27, KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416; LG Köln, Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08; Böckenholt GRURPrax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428. 2524 BGH, Urt. v. 30.3.2011 – KZR 7/09 Rn 17, KZR 7/09, NJOZ 2011, 1193 = WRP 2011, 909 = GRUR-RR 2011, 391 (Ls.) m. Anm. Niebling WRP 2011, 1416 sowie Böckenholt GRUR-Prax 2011, 323068 = GRUR-Prax 2011, 428; zust. Wegner/Oberhammer WuW 2012, 366 (370).

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(11) Belieferungsanspruch 338

(a) Zulässigkeit. Es ist auch denkbar, dass sich ein Interessent darauf beschränkt, auf Belieferung und nicht auf Vertragsschluss zu klagen. Nur im Ausnahmefall ist ein Leistungsantrag, gerichtet auf zukünftige Belieferung des Händlers, gem. § 253 ZPO unzulässig.2525 Unzulässigkeit soll etwa vorliegen, falls der Antrag nicht hinreichend spezifiziert ist, z.B. weil lediglich ein Antrag auf Lieferung von Gegenständen, die erst nach Typ und genauer Stückzahl durch zukünftige Bestellungen konkretisiert werden müssten, gestellt wird. Es müssen also die genauen Bedingungen des Geschäfts im Antrag benannt werden.2526 Eine Klage auf Abgabe eines Angebots durch den Unternehmer soll ausscheiden,2527 die Klage auf Feststellung der Belieferungspflicht jedoch zulässig sein.2528 Auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zum Ablauf des Hauptsacheverfahrens ist zumindest bei existenzieller Betroffenheit möglich.2529

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(b) Begründetheit. Auch der Belieferungsanspruch kann sich in erster Linie aus den §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 20 Abs. 1 GWB i.V.m. § 33 GWB2530 ergeben, nach der hier vertretenen Ansicht auch i.V.m. Art. 101 AEUV (siehe Rn 311 ff.). Es fehlt jedoch an einer den Belieferungsanspruch rechtfertigenden unbilligen Ungleichbehandlung i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, sofern der Hersteller andere Absatzmittler nur nach Abschluss eines Rahmenvertrages beliefert, etwa eines Vertragshändler- oder Franchisevertrages, und der Antragsteller nicht dessen Abschluss begehrt oder auf ihn keinen Anspruch besitzt.2531 So hat die Rspr. einen Belieferungsanspruch abgelehnt, wenn einem Vertragshändler gekündigt wurde, um einen ruinösen Wettbewerb zwischen ihm und einem neu eingesetzten Händler zu verhindern. Nach Kündigung durch den Hersteller scheitere ein Belieferungsanspruch daran, dass der Händler nicht mehr zum selektiven Vertriebssystem des Herstellers gehöre.2532 Das dürfte regelmäßig auch nach § 33 GWB i.V.m. Art. 101 AEUV nicht anders zu beurteilen sein. Denn der Verstoß gegen Art. 101 AEUV folgt meist aus der Nichtzulassung zum selektiven Absatzsystem trotz Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen. Aus diesem Grund kann ein Kontrahierungsanspruch begründet sein, der scheinbar weniger belastende isolierte Belieferungsanspruch jedoch nicht.2533 Kein Belieferungsanspruch soll auch gegeben sein, wenn der diskriminierte Händler ursprünglich selbst an einer wettbewerbswidrigen Absprache beteiligt war und erst später aus dieser Politik ausschert und deshalb nicht mehr beliefert wird.2534 Ein Parfümhersteller, der ein selektives Vertriebssystem betreibt, ist nicht deshalb nach § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB zur Belieferung reiner Internethändler verpflichtet, weil er den Mitgliedern seines selektiven

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2525 Rheinländer WRP 2007, 501 (503); Musterklage bei Karl Beck’sches Prozessformularbuch 12. Aufl. 2013, L 24. 2526 BGH WuW/E BGH 2125 (2126); 1885 (1886); Lübbert in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 5. 2527 OLG München WuW/E DE-R 313 (314); Lübbert in: Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 2. Aufl. 2008, § 30 Rn 5. 2528 Rheinländer WRP 2007, 501 (503). 2529 LG Düsseldorf, Urt. v. 2.9.2009 – 14c O 95/06 – dort EV abgelehnt. 2530 BGH, Urt. v. 30.6.1981 – KZR 11/80, NJW 1981, 2357; Traugott WuW 1997, 486; Emde NZKart 2013, 355 (362); Bechtold GWB, 3. Aufl. 2002, § 20 Rn 48; Rehbinder in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht II, § 33 Rn 52. 2531 OLG Celle, Urt. v. 29.3.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864 = WuW 2002, 504 (Kfz-Vertragshändler, selektives Vertriebssystem). 2532 OLG Celle, Urt. v. 29.3.2001 – 13 U 53/00, WuW DE-R 864, 2002, 504. 2533 Kritisch Rehbinder in: Loewenheim/Meesen/Riesenkampff, Kartellrecht II, § 33 Rn 52. 2534 Rheinländer GRUR 2007, 383 (385).

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Vertriebssystems neben dem stationären Handel auch den Internethandel erlaubt. Denn dass der stationäre Handel auch per Internet vertreiben darf, wird durch Art. 4 lit. b GVO 330/10 vorgeschrieben. Es liegt mithin eine sachlich gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor.2535 Ein aus Art. 102 AEUV, § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB begründeter Belieferungsanspruch wegen Ungleichbehandlung mag auch fehlen, sofern andere Mittler nach Vertragsende nicht mehr beliefert werden.2536 Es gibt also nicht in jedem Fall ein Wahlrecht des Anspruchstellers zwischen Rahmenvertrag und bloßer Belieferung ohne rahmenvertragliche Begleitung. Wird ein in seiner vertraglichen Ausgestaltung zulässiges selektives Vertriebssystem aufgrund einer Willensübereinstimmung zwischen dem Hersteller und einzelnen Händlern über die Durchsetzung einer bestimmten, kartellrechtswidrigen Geschäftspolitik ungleichmäßig gehandhabt, so soll aus Art. 101 Abs. 2 AEUV ein Belieferungsanspruch des diskriminierten Händlers entstehen.2537 (c) Belieferungspflicht in quantitativen Vertriebsbindungssystemen. Noch nicht 340 sicher geklärt ist, ob ein Händler, dem die Belieferung verweigert wird, im Rahmen eines quantitativen Vertriebsbindungssystems (dazu Rn 137) eine Belieferungsklage auf der Grundlage der §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 33 GWB erheben kann.2538 Ein Recht auf Belieferung in einem solchen System wird mit dem Argument verneint, der Hersteller habe mit Implementierung eines quantitativen Systems zu erkennen gegeben, dass sein System nicht die Voraussetzungen eines für alle gleichermaßen qualifizierten Händler allgemein zugänglichen Geschäftsverkehrs i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB erfüllen solle.2539 Einem quantitativen System sei immer eine gewisse Willkür immanent, da nicht jeder Händler beliefert werden müsse.2540 Der Hersteller dürfe seine quantitative Selektion jederzeit ändern, so dass mit dem Wesen quantitativer Systeme ein individueller Zulassungsanspruch, gestützt auf eine Diskriminierung, unvereinbar sei.2541 Zudem werde ein quantitatives System von der Vertriebs-GVO gestattet, ein Zulassungsbegehren scheitere auch daran2542 (zweifelhaft, denn die GVO trifft zum Aufnahmebegehren keine Aussage). Richtig ist: Auch in einem quantitativen System kann ein Zugangsanspruch bestehen.2543 Das ist sicher, falls das System zulässig ist (was als erstes zu prüfen wäre), der Bewerber alle Voraussetzungen des Systems erfüllt und die Höchstzahl zugelassener Vertriebsmittler noch nicht ausgeschöpft ist. Selbst wenn die Höchstzahl erreicht ist, kann ein Zulassungsanspruch nach §§ 19 Abs. 2 Nr. 1, 33 GWB bestehen, falls (nur) die quantitative Begrenzung unzulässig ist. Das System steht nur im Einklang mit Art. 101 AEUV, sofern es eine nachvollziehbare und eindeutige Festlegung gibt, woraus die zahlenmäßige Beschränkung der Händlerzahl folgt bzw. woran sie festgemacht wird.2544 Bewerber müssen, sofern das Gebiet noch unbesetzt ist, eine klar definierte und realistische Chance auf

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2535 BGH, Urt. v. 4.11.2003 – KZR 2/02, DB 2004, 311; ähnlich OLG Karlsruhe, Urt. v. 25.11.2009 – 6 U 47/08, MDR 2011, 1436 = WRP 2010, 412 = WuW DE-R 2789 (420) – Scout-Schulranzen. 2536 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2537 Rheinländer GRUR 2007, 383 (386). 2538 Hierzu LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3084) – JPG Le Male (dort abgelehnt); Haslinger WRP 2007, 926 (927). 2539 Bechtold NJW 2003, 3729 (3730). 2540 Bechtold EG-Kartellrecht VO 2790/99, Art. 1 Rn 18 ff.; vgl. auch Haslinger WRP 2007, 926 (927). 2541 AA wohl Harte-Bavendamm/Kreutzmann DB 2003, 682 (691). 2542 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – JPG Le Male. 2543 Emde NZKart 2013, 355 (363). 2544 Haslinger WRP 2007, 926 (928); aA LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3084) – JPG Le Male; Bechtold NJW 2003, 3729 (3730) (bestimmte Kriterien der quantitativen Selektion brauchen nicht im Voraus festgelegt werden; die Festlegung erschöpfe sich in der quantitativen Selektion als solcher).

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Beitritt haben. Auch kommt es darauf an, ob das erstrebte Ziel durch die Wahl milderer, weniger beeinträchtigender Mittel erreicht werden kann.2545 Unzulässig wäre es, die quantitativen Selektionskriterien nur auf ein einzelnes Autorisierungsbegehren anzuwenden.2546 Ein Recht zur Verweigerung der Zulassung und/oder zur Nichtbelieferung besteht aber auch hier, wenn hierfür sachliche und objektive Gründe existieren.2547 341

(12) Belieferungspflicht mit Ersatzteilen. Eine weitere Ausnahme von der Dispositionsfreiheit des Unternehmers ist mit der Verpflichtung des Unternehmers zur Lieferung von Ersatzteilen anerkannt worden:2548 Grundsätzlich besteht zwar keine solche Belieferungspflicht.2549 Sofern der Unternehmer den Markt beherrscht, muss er einen ausgeschiedenen Händler oder HV2550 jedoch ausnahmsweise gem. §§ 20 Abs. 1, 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB mit Ersatzteilen beliefern.2551 Der für die Untersuchung der Marktbeherrschung maßgebliche Markt ist der für Ersatzteile,2552 wobei es einen Teilmarkt für OriginalErsatzteile gibt.2553 Eine unmittelbar oder mittelbar andersartige Behandlung gegenüber gleichartigen Unternehmen i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB, bestimmt sich nicht nach dem mglw. diskriminierenden Verhalten des Unternehmers, sondern danach, was innerhalb der in Betracht kommenden Kreise bei natürlicher wirtschaftlicher Entwicklung2554 üblich bzw. angemessen ist.2555 Wenn andere Unternehmer Ersatzteile liefern, ist dies als üblich und angemessen maßgeblich.2556 Mit dem Bestreben, den Wartungs- und Reparaturdienst auf das eigene Unternehmen zu konzentrieren, kann das diskriminierende Unternehmen nicht bestimmen, was ein üblicherweise zugänglicher Geschäftsverkehr ist.2557 Bei der Frage, ob die Lieferverweigerung unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund erfolgt, sind auch hier die beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB gegeneinander abzuwägen.2558 Maßgeblich für das Unbilligkeitsurteil sind alle Umstände des Einzelfalls. Dabei fällt einerseits das Interesse des ausgeschiedenen Mittlers ins Gewicht, seine Kunden weiterhin zu betreuen;2559 andererseits das Interesse des Unternehmers, den Absatz seiner Erzeugnisse nach eigenem Ermessen zu gestalten.2560 Die Unbil-

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2545 BGHZ 81, 322. 2546 Emde NZKart 2013, 355 (363); Haslinger WRP 2007, 926 (928); offen gelassen von LG NürnbergFürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – JPG Le Male. 2547 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 16.4.2010 – 4 HKO 2611/09, WuW/E DE-R 3078 (3085) – JPG Le Male. 2548 Hierzu Emde MDR 2013, 1079 ff. 2549 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 22. 2550 OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2551 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 25. 2552 BGH, Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E BGH, 1238 (1442) – Registrierkassen; KG, Beschl. v. 23.1.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4965) – Kälteanlagen-Ersatzteile; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991 – U (Kart) 12/91, WuW/E OLG 4901 (4904) – Dehnfolien-Verpackungsmaschinen; OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2553 BGH, Urt. v. 27.4.2000, NJW-RR 2000, 773 – Feuerwehrgeräte; v. 21.2.1989, NJW-RR 1989, 1310 – Frankiermaschinen; v. 23.2.1988, GRUR 1988, 640 – Reparaturbetrieb; v. 26.10.1972, GRUR 1973, 277 – Registrierkassen. 2554 KG, Beschl. v. 23.1.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4967) – Kälteanlagen-Ersatzteile. 2555 BGH, Urt. v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E BGH, 1238 (1442) – Registrierkassen. 2556 Emde MDR 2013, 1079. 2557 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991 – U (Kart) 12/91, WuW/E OLG 4901 – DehnfolienVerpackungsmaschinen. 2558 BGH, Beschl. v. 23.2.1988 – KZR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482); v. 26.10.1972 – KZR 54/71, WuW/E BGH, 1238 (1443) – Registrierkassen; OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2559 OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2560 KG, Beschl. v. 23.1.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4968) – Kälteanlagen-Ersatzteile.

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ligkeit wird nach h.A. weder beseitigt, weil Kunden ggf. beim ausländischen Unternehmer bestellen können,2561 noch weil andere Bezugsquellen im Ausland bestehen.2562 AA ist das KG:2563 Es hält die Nichtbelieferung mit Ersatzteilen durch das inländische Tochterunternehmen des Herstellers für keine unbillige Behinderung, wenn den Nachfragern andere Bezugsquellen offen stehen und insb. der Direktbezug beim ausländischen Hersteller oder ausländischen Händlern möglich bleibt. Der Vorteil des Anspruchstellers reduziere sich dann auf die schnellere Belieferung aus dem Inland infolge der Lagerhaltung des deutschen Tochterunternehmens.2564 Dieser Vorteil sei jedoch, so das KG, kein schützenswerter Umstand. Es ist aber zu prüfen, ob der Bezug von anderen (deutschen) Händlern eine zumutbare Ausweichmöglichkeit darstellt.2565 Die persönliche Zuverlässigkeit und die Erfahrung des vormaligen Mittlers und Anspruchstellers sind bei der Billigkeitsabwägung zu berücksichtigen.2566 Sofern die Parteien z.B. 46 Jahre erfolgreich und ohne Beanstandung zusammengearbeitet haben, darf sich der Unternehmer nicht darauf berufen, dem Mittler fehle die erforderliche Qualifikation und Zuverlässigkeit.2567 Das Interesse eines Herstellers, die Wartung der vertriebenen Produkte ausschließlich selbst oder durch verbundene Unternehmen ausführen zu lassen, bildet i.d.R. keine Rechtfertigung für die Verweigerung der Belieferung anderer Unternehmen mit OriginalErsatzteilen.2568 Für die Billigkeitsabwägung irrelevant soll ferner die Befürchtung des Unternehmers bleiben, durch eine unsorgfältige Ausführung von Reparaturarbeiten werde sein Ruf beeinträchtigt.2569 Auch der Wunsch des Herstellers nach Einbeziehung der Antragssteller in das betriebsinterne Qualitätssicherungssystem rechtfertigt keinen Belieferungsausschluss.2570 Ein wesentlicher Aspekt, der im Rahmen der Bewertung zu berücksichtigen sein kann, ist der Umstand, ob der anfragende Händler/Servicepartner in Konkurrenz zu Vertragshändlern des Lieferanten steht.2571 In diesem Fall würde der Lieferant dem Konkurrenzunternehmen zwangsläufig einen Wettbewerbsvorteil bei der Akquise von Neugeschäften einräumen, was je nach den Verhältnissen des Einzelfalls nach Ablauf einer Übergangsfrist eine Lieferverweigerung rechtfertigen mag.2572 Einen Ausnahmefall kennzeichnet auch die Entscheidung des OLG Düsseldorf.2573 Es entschied, eine Belieferungspflicht mit Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien gegenüber einem ehemaligen HV bestehe nicht, wenn dieser von einem Wettbewerber übernommen wor-

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2561 OLG Stuttgart, Urt. v. 16.5.1997 – 2 U 73/96, WuW/E DE-R 6 (8) – Kennzeichnungsgeräte. 2562 OLG Stuttgart, Urt. v. 16.5.1997 – 2 U 73/96, WuW/E DE-R 6 (8) – Kennzeichnungsgeräte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991 – U (Kart) 12/91, WuW/E OLG 4901 – Dehnfolien-Verpackungsmaschinen. 2563 Beschl. v. 23.1.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4970 ff.). 2564 Beschl. v. 23.1.1992 – Kart 24/89, WuW/E OLG 4951 (4970 ff.). 2565 BGH, Beschl. v. 23.2.1988 – KVR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482). 2566 BGH, Beschl. v. 23.2.1988 – KVR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482). 2567 OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2568 BGH, Urt. v. 26.10.1972, WuW/E BGH 1238 (1243 f.) – Registrierkassen; v. 23.2.1988, WuW/E BGH 2479 (2482 f.) – Reparaturbetrieb; v. 27.4.1999, WuW/E DE-R 357 (360) = GRUR 2000, 95 – Feuerwehrgeräte; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.1991, WuW/E OLG 4901 (4905 f.) – Dehnfolien-Verpackungsmaschinen; OLG Stuttgart, Urt. v. 16.5.1997, WuW/E DE-R 6 (7 f.) – Kennzeichnungsgeräte; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.8.1997, WuW/E DE-R 79 (81 f.) – Feuerwehr-Drehleitern; Immenga/Mestmäcker, GWB, § 20 Rn 172; enger KG, Urt. v. 23.1.1992, WuW/E OLG 4951 (4968 ff.) – Kälteanlagen-Ersatzteile; OLG München, Urt. v. 6.6.1991, WuW/E OLG 5032 (5033 f.) – Wartung von Reanimationsgeräten; Hopt § 86 Rn 37. 2569 BGH, Beschl. v. 23.2.1988 – KVR 2/97, WuW/E BGH 2479 (2482). 2570 OLG Stuttgart, Urt. v. 16.5.1997 – 2 U 73/96, WuW/E DE-R 6 (9) – Kennzeichnungsgeräte. 2571 BGH NJW-RR 1989, 1310 – Frankiermaschinen; Urt. v. 22.10.1973, NJW 1974, 141 – Buchungsmaschinen; zust. Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 26. 2572 BGH NJW-RR 1989, 1310 – Frankiermaschinen; Urt. v. 22.10.1973, NJW 1974, 141 – Buchungsmaschinen; zust. Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 26. 2573 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2013 – VI-U (Kart) 36/13, ZVertriebsR 2014, 102 = NZKart 2014, 35 (36).

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den sei. In einem solchen Fall dürfe dem HV bei fortbestehendem Vertrag aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden. Folglich könne kein Recht des HV bestehen, mit Ersatzteilen beliefert zu werden. In dieser Situation darf der Unternehmer auch von der Handhabung abweichen, seine ehemaligen HV mit Ersatzteilen- und Verbrauchsmaterialien zu beliefern.2574 Dieses Argument lässt sich möglicherweise auf Fallgestaltungen übertragen, in denen ein HV nach der Beendigung des Vertrages Produkte eines Wettbewerbers vertreibt: Auch dann würde bei bestehendem Vertrag ein Kündigungsrecht bestehen. Man könnte also wie im Fall des OLG Düsseldorf argumentieren, dass es dem Unternehmer dann nicht angesonnen werden kann, den HV zu beliefern. Jedenfalls scheidet ein Belieferungsanspruch nach Auffassung des OLG Düsseldorf aus, wenn der HV den Vertrag selbst gekündigt und sich dadurch des Anspruchs auf die Vertragsleistung, die er nunmehr begehrt, freiwillig begeben hat.2575 U.U. ist die Belieferungsverpflichtung auf einen angemessenen Zeitraum zu befristen. Wie lange diese Anpassungsfrist zu bemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, namentlich nach der Zumutbarkeit für die Vertragspartner.2576 Bei einer Lebensdauer der vertriebenen Produkte von 20 Jahren muss eine unbegrenzte Lieferfrist ausgesprochen werden.2577 Sehr weit geht ein Urteil des OLG München,2578 welches angesichts der vorgenannten Entscheidungen eine Minderansicht bilden dürfte: Danach darf ein gekündigter Vertragshändler keine fortdauernde Belieferung fordern, sofern der Unternehmer Wert darauf legt, dass in einem bestimmten Bezirk nur ein Unternehmen sowohl als Vertragshändler wie als Reparaturbetrieb tätig wird. Soweit Belieferung geschuldet ist, muss diese diskriminierungsfrei zu den in dem maßgeblichen Abnehmerkreis üblichen Preisen erfolgen.2579 V. UWG 342

Das UWG ist auch auf HV,2580 Vertragshändler und FN2581 anwendbar, insb. die Generalklausel des § 3 UWG.2582 Dass Parteien auf unterschiedlicher Vertriebsstufe tätig sind, schließt ein Wettbewerbsverhältnis nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG nicht aus.2583 (Ehemaliger) HV und Unternehmer befinden sich deshalb in einem Wettbewerbsverhältnis, wenn sie beide gleichartige Waren und Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen.2584 Verstößt ein Vertriebsmittler gegen § 3 UWG, darf er gem. § 8 UWG auf Beseitigung und Unterlassung in Anspruch genommen werden. § 9 UWG begründet einen Schadenersatzanspruch. Den Schutz des UWG genießen nur kartellrechtlich zulässige selektive Vertriebssysteme (Rn 132 ff.). Ein kartellrechtlich unzulässiges selektives Vertriebssystem genießt keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz.2585 Es ist entweder rechtlich unwirksam, so dass zu seinem Nachteil keine wett-

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2574 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2013 – VI-U (Kart) 36/13, ZVertriebsR 2014, 102 = NZKart 2014, 35 (36). 2575 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2013 – VI-U (Kart) 36/13, ZVertriebsR 2014, 102 = NZKart 2014, 35 (36). 2576 OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2577 OLG Frankfurt, Urt. v. 12.11.1987 – 6 U 176/86, WuW OLG 4233. 2578 V. 6.6.1991 – U (K) 6631/90, WuW/E OLG 5032. 2579 Emde MDR 2013, 1079 (1080). 2580 Köhler WRP 2009, 898 (900). 2581 Köhler WRP 2009, 898 (900). 2582 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35. 2583 BGH, Urt. v. 17.10.2013 – I ZR 173/12, GRUR 2014, 573; OLG Hamm, Urt. v. 24.1.2013 – 4 U 186/12, ZVertriebsR 2013, 228 (230). 2584 OLG Köln, Urt. v. 6.2.2013 – 6 U 127/12, GRUR-RR 2013, 257 = WRP 2013, 938 Rn 4. 2585 Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig GWB 2. Aufl. § 4 Nr. 10 Rn 124 ff.

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bewerbsrechtlich unzulässige Maßnahme möglich ist. Oder es ist den gebundenen Händlern nicht zuzumuten, sich an das System zu halten, weil der Unternehmer keine ausreichende Vorsorge gegen Missbräuche getroffen hat. Liegt ein geschütztes System vor, ist es wettbewerbswidrig, einen gebundenen Händler zum Vertragsbruch gegenüber dem Unternehmer zu verleiten (1. Alt.). Das bloße Ausnutzen des Vertragsbruchs eines so gebundenen Händlers ist hingegen wettbewerbsrechtlich unbedenklich. Von einem Verleiten zum Vertragsbruch kann nur ausgegangen werden, wenn der ungebundene Händler den Vertragsbruch außerhalb des Üblichen in einer Intensität fördert, die geeignet ist, den gebundenen Händler über die Verletzung seiner vertraglichen Pflichten ernsthaft nachdenken zu lassen. Die einfache Lieferanfrage eines außerhalb eines Vertriebsbindungssystems stehenden gewerblichen Abnehmers bei einem gebundenen Mittler stellt ebenso wenig wie die Entgegennahme des Angebots ein wettbewerbswidriges Verleiten zum Vertragsbruch dar.2586 Neben der 1. Alt. ist die zweite wettbewerbsrechtlich unzulässige Alt. die des Schleichbezugs.2587 Er liegt vor, wenn ein Wettbewerber gegenüber einem gebundenen Händler so tut, als sei er ebenfalls gebundener Händler oder aus anderen Gründen zum Bezug der gebundenen Ware zum Zwecke des weiteren Vertriebs berechtigt. Durch das Wettbewerbsrecht zur Abwehr der unzulässigen Handlung aktiv legitimiert ist der Verletzte. Der Exklusivhändler eines nachgeahmten Produkts kann als unmittelbar Verletzter gegen vermeidbare Herkunftstäuschungen geschützt sein, wenn durch die Nachahmung nicht nur über die Herkunft von einem bestimmten Hersteller, sondern zugleich auch über die Herkunft aus seinem Unternehmen getäuscht wird.2588 Vertriebsbindungssysteme sind keine Verhaltenskodizes i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 5 UWG.2589 Nicht jeder schuldrechtliche Austauschvertrag und Vertriebsvertrag hat das Gewicht eines Verhaltenskodex. Insb. ist dies bei einseitig vom Unternehmer gestellten Selektionskriterien abzulehnen, bei deren Nichtbeachtung bestenfalls ein Vertragsverstoß gegenüber dem Unternehmer vorliegt, Verbraucherinteressen jedoch unberührt bleiben.2590 Wettbewerbsrichtlinien privater Verbände – etwa die Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft – können (müssen aber nicht)2591 die Anschauungen der beteiligten Verkehrskreise wiedergeben, in welchen Fällen eine Wettbewerbswidrigkeit vorliegt.2592 Sie sind daher bei der Bewertung eines Verhaltens eine Auslegungshilfe, können jedoch nur bei allseitiger Überzeugung ihrer Richtigkeit durch die maßgeblichen Verkehrskreise entscheidend sein. 1. Zulässigkeit UWG-rechtlicher Streitigkeiten. Die Feststellungsklage eines Grau- 343 importeurs, die Vertragshändler eines Kfz-Herstellers seien berechtigt, an Kunden mit Wohnsitz in einem anderen europäischen Staat oder an Wiederverkäufer zu verkaufen, soll unzulässig sein, weil es an einer Rechtsbeziehung zwischen den Parteien auch dann fehlt, wenn ein Vertragshändler Schadenersatzansprüche an den Kläger abgetreten hat.2593

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2586 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.4.2002 – 20 U 15/02, GRUR-RR 2003, 89; Sosnitza WRP 2009, 373 ff. 2587 BGH WRP 2009, 177 (179 f.) – bundesligakarten.de; GRUR 2000, 724 (726) – Außenseiteranspruch II; GRUR 1999, 1113 (1114) – Außenseiteranspruch. 2588 BGH GRUR 1994, 630 (634) – Cartier-Armreif; 1991, 223 (225) – Finnischer Schmuck; 1988, 620 (621 f.) – Vespa; Omsels in: Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig GWB, 2. Aufl., § 4 Nr. 9 Rn 237. 2589 Schmidhuber WRP 2010, 593 (596 ff.); aA Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 ff.; Hoeren BB 2008, 1182; ders. WRP 2009, 789. 2590 Schmidhuber WRP 2010, 593 (596 ff.). 2591 Siehe Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. Rn 30 zu den Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft – es handelt sich um eine Frage des Einzelfalls. 2592 BGH GRUR 1969, 474 (476); 1991, 462 (463). 2593 OLG Schleswig, Urt. v. 9.7.2002 – 6 U Kart 72/01, OLGR 2002, 378.

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a) Fehlende Wettbewerbswidrigkeit. Nicht wettbewerbswidrig sind: Ein sachliches Abschiedsschreiben,2594 in dem der HV auf die Trennung vom bisherigen Unternehmer hinweist. Ebenso darf er Kunden aufsuchen und über das Vertragsende berichten.2595 Das kann aber nur insoweit gelten, als die Kundenliste keinem Geheimnisschutz unterliegt.2596 Nach der Rspr. zu § 90 darf der HV nur im Gedächtnis verhaftete Adressen nutzen (siehe § 90 Rn 12). Die Abwerbung von HV durch einen Wettbewerber des Unternehmers.2597 Das Ausspannen der HV ist selbst dann erlaubt, wenn die Abwerbung bewusst und planmäßig erfolgt und grds. unabhängig davon, welche und wie viele Mitarbeiter abgeworben werden. Die Schwelle zur Unzulässigkeit wird überschritten, wenn das Verhalten bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist oder die Behinderung derart ist, dass der beeinträchtigte Mitbewerber seine Leistungen am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann.2598 Zudem wäre es unzulässig, wenn der HV von dem Wettbewerber zum Vertragsbruch verleitet wird.2599 Ein Unternehmer, der durch Beschäftigung eines bei einem Mitbewerber tätigen HV, dem wegen eines Wettbewerbsverbots eine Tätigkeit für Konkurrenten nicht gestattet ist, den Vertragsbruch des Mitarbeiters lediglich ausnutzt, ohne ihn zu dem Vertragsbruch zu verleiten, handelt auch nicht deshalb unlauter, weil er das Wettbewerbsverbot kennt oder kennen muss.2600 Die Abwerbung des HV (also ehemaligen Kollegen) eines vormaligen Unternehmers durch einen ausgeschiedenen HV.2601 Während eines laufenden HV-Vertrages verstößt die Abwerbung von Kollegen jedoch gegen die Interessenwahrungspflicht.2602 Einem HV soll es aber nicht verwehrt sein, sich mit seinen Kollegen über seine beruflichen Pläne zu unterhalten, dabei auf bessere Verdienstmöglichkeiten hinzuweisen und mit ihnen ggf. darüber zu sprechen, ob sie gemeinsam in einen anderen Betrieb überwechseln.2603 Die Wiederholungsgefahr für den Anspruch eines Versicherers gegen einen Mitbewerber auf Unterlassung der gegen den Arbeitsvertrag verstoßenden Abwerbung von HV zugunsten eines anderen Versicherers entfällt mit dem Ausscheiden des HV aus dem HV-Vertrag, sofern das Verhalten des HV nicht befürchten lässt, er werde auch nach Vertragsbeendigung Beschäftigte des früheren Unternehmers planmäßig zur Behinderung desselben abwerben.2604 Die Bezahlung des HV durch den Kunden. Sie ist nicht Voraussetzung und Wesensmerkmal des HV-Vertrages (§ 87 Rn 23). Der HV-Vertrag fordert lediglich eine

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2594 BGH, Urt. v. 30.10.1962, WRP 1963, 50 (52); OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.3.1986, VW 1986, 690; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. X Rn 36. 2595 BGH, Urt. v. 6.11.1963, NJW 1964, 351; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. X Rn 36. 2596 Siehe BGH, Urt. v. 6.11.1963, NJW 1964, 351 sowie die Kommentierung zu § 90. 2597 OLG Oldenburg, Urt. v. 19.4.2012 – 1 U 98/07, WRP 2013, 943; v. 15.2.2007 – 1 U 97/06, WRP 2007, 460. 2598 OLG Oldenburg, Urt. v. 19.4.2012 – 1 U 98/07, WRP 2013, 943. 2599 OLG Oldenburg, Urt. v. 15.2.2007 – 1 U 97/06, WRP 2007, 460. 2600 BGH, Urt. v. 11.1.2007 – I ZR 96/04, WRP 2007, 951. 2601 OLG Stuttgart, Urt. v. 6.11.1992 – 2 U 169/92, BeckRS 1992, 05088. 2602 OLG Stuttgart, Urt. v. 6.11.1992 – 2 U 169/92, BeckRS 1992, 05088. 2603 OLG Stuttgart, Urt. v. 6.11.1992 – 2 U 169/92, BeckRS 1992, 05088. 2604 OLG Stuttgart, Urt. v. 6.11.1992 – 2 U 169/92, BeckRS 1992, 05088.

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ständige Vertriebspflicht. Lässt sich daher ein VV, der seine Agenturbindung gegenüber dem VN offen legt, für die Beratung und die Vermittlung einer Netto-Police vom VN eine eigenständige Vergütung versprechen, verstößt dies nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 34d Abs. 1 GewO.2605 Durch das vom VN versprochene Honorar erweckt der VV auch nicht den unzutreffenden Anschein, er sei Versicherungsmakler.2606 Das gilt insbesondere, wenn nicht der Eindruck erweckt wird, der VV stünde als unabhängiger Berater auf der Seite des VN.2607 Ein eventueller Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 soll zudem wettbewerbsrechtlich irrelevant sein.2608 Hausbesuche eines HV, selbst wenn sie schriftlich nicht angekündigt oder vereinbart wurden.2609 Denn der Betroffene braucht den HV nicht zu empfangen. Ein „erzwungener Zutritt“, also hartnäckiges bzw. aufdringliches Verhalten des HV, ist jedoch ebenso wettbewerbswidrig wie die Nichtbeachtung des an der Haustür angebrachten Hinweises, Vertreterbesuche seien unerwünscht. 2610 Wettbewerbswidrig kann ein unerbetener Vertreterbesuch sein, falls der Interessent nur Prospektmaterial angefordert hatte.2611 Nachahmung einer vertriebsrechtlichen Geschäftsidee: Ein Franchisesystem wird nicht sittenwidrig nachgeahmt, wenn es sich lediglich um die Nachahmung einer bloßen Werbeidee handelt, etwa indem in einem Franchisesystem ein rollschuhfahrender und in anderem ein mopedrollerfahrender Pizza-Zusteller gezeigt wird.2612 Nicht nur ein einzelner, grober Verstoß, sondern auch mehrere an sich mindere Verstöße können dazu führen, dass das Gesamtverhalten des Vertriebsmittlers unzumutbar wird. Hierbei könnten auch Verfehlungen berücksichtigt werden, die nicht unmittelbar vor der vorzeitigen Auflösung gesetzt wurden. Der eigentliche Anlassfall muss jedoch eine gewisse Mindestintensität erreicht haben.2613 Nutzung der Marke oder des Logos des Unternehmers mit dessen Zustimmung: Die Rspr. zur Nutzung der Wort-/Bildmarke eines Unternehmens ist nicht frei von Inskonsistenzen: Relativ sicher scheint das Recht zu sein, die Wortmarke zu nutzen. Die Leuchtreklame eines ehemaligen Vertragshändlers und jetzigen freien KfzBetriebs mit den Aufschriften „VW“ und „Audi“ und dem Zusatz „Spezialist“ ohne Verwendung des Originalschriftzuges (Bildmarke) dieser Marken soll als Anpreisung der eigenen Tätigkeit in Bezug auf solche Fahrzeuge zu verstehen sein, die markenund wettbewerbsrechtlich zulässig ist.2614 Noch weitergehend judizierte der BGH,2615 Mitsubishi habe keinen berechtigten Grund i.S.v. § 24 Abs. 2 MarkenG, dem nicht in sein Vertriebssystem eingebundenen Wiederverkäufer der Markenware bei dessen Werbung, die keine besondere Geschäftsbeziehungen (etwa als Vertragshändler)2616 zu ihr vortäuscht, die Verwendung des Firmenlogos (Bildmarke) zu untersagen und ihn auf die bloß namentliche Nennung des Produktes (Wortmarke) zu beschränken.

_____ 2605 2606 2607 2608 2609 2610 2611 2612 2613 2614 2615 2616

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BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57. BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 22. BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 24. BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 28. BGH GRUR 1959, 277. LG Hamburg WRP 1987, 272. BGH GRUR 1968, 648; ZIP 1990, 199. Österreichischer OGH v. 8.3.1994 – 4 Ob 16/94. Österreichischer OGH v. 23.2.2009 – 8 ObA 61/08s. Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 30.1.2002 – 4 C.142/01, GRUR-Int. 2002, 946. Urt. v. 7.11.2002 – I ZR 202/00, WRP 2003, 534 = GRUR 2003, 340. Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480).

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Wenig später ergänzte der BGH,2617 Audi dürfe einem freien Kfz-Vermittler nicht verbieten, mit ihrer Wort-/Bildmarke für die vermittelten Produkte zu werben. Der Händler könne sich auf die markenrechtliche Erschöpfung des § 24 Abs. 1 MarkenG berufen. Auch zugelassenen Vertragswerkstätten darf die Verwendung des Markenlogos eines Herstellers beim Angebot seiner Neufahrzeuge, die der Werkstatt – ohne Schleichbezug – etwa als EU-Importe angeboten worden sind, nicht verwehrt werden, sofern die Verwendung nur im Zusammenhang mit dem beworbenen Fahrzeug geschieht und nicht in einer Weise, die geeignet ist, einen Irrtum dahingehend hervorzurufen, dass die Werkstatt autorisierte Vertragshändlerin wäre. 2618 Daran mangelt es, wenn sich der Mittler als EU-Mittler bezeichnet oder eine Vielzahl unterschiedlicher Marken vertreibt.2619 Eine Entscheidung des BGH v. 14.4.20112620 grenzt diese Rechte ein: Die Verwendung der Wort-/Bildmarke „VW“ (also des Bildzeichens und nicht nur des Wortes „VW“) in der für Inspektionen vorgesehenen Werbung von ATU verstoße gegen die guten Sitten i.S.d. § 23 Nr. 3 MarkenG, sofern die Nutzung nur der Wortmarke die Interessen VWs weniger beeinträchtige. Außerdem könne hierin eine Beeinträchtigung der durch § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG geschützten Werbefunktion der Marke liegen. Die Vermittlungstätigkeit eines Versicherungsvermittlers, die die Grenzen der gem. § 34d Abs. 1 GewO gegebenen Erlaubnis überschreitet, erfolgt in wettbewerbswidriger Weise.2621 Die Werbung eines Unternehmers mit Produkten zu bestimmten Preisen, die der Unternehmer auch durch selbstständige Eigenhändler (etwa Vertragshändler, FN) verkauft, auf deren Preisgestaltung der Unternehmer jedoch wegen des Verbots der Preisbindung keinen Einfluss nehmen darf, sofern ein für den Durchschnittsverbraucher eindeutiger und klarer Hinweis erfolgt, dass die selbständigen Eigenhändler nicht an die in der Werbung genannten Preise gebunden sind. Ein solcher Hinweis kann etwa durch die Formulierung „nur bei teilnehmenden Märkten“ erfolgen, aufgrund derer sich der Adressat der Werbung bei den Mittlern erkundigen kann, ob sie der Preisempfehlung folgen.2622 Gem. § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG besteht keine Pflicht des FG, alle teilnehmenden FN bei systemweiter Werbung mit einer unverbindlichen Preisempfehlung namentlich zu benennen.2623 b) Wettbewerbswidriges Verhalten. Wettbewerbswidrig ist: Ein Abschiedsschreiben, wenn der HV mit einem Schlag den gesamten Kundenkreis seines früheren Geschäftsherrn an sich ziehen will und den Unternehmer dadurch wirtschaftlich zu vernichten versucht.2624 Die Werbung eines Mittlers in dem einem anderen Mittler exklusiv zugewiesenen Gebiet, sofern die Exklusivität wechselseitig gewährt wurde. Der HV verstößt zu-

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2617 BGH, Urt. v. 17.7.2003 – I ZR 256/00, GRUR 2003, 878 = NJW-RR 2003, 1402; ebenso OLG Naumburg GRUR-RR 2001, 297 (298) – Mitsubishi; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2001, 299 (300) – Mercedes-Stern; hierzu auch Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480). 2618 LG Köln, Urt. v. 6.3.2008 – 84 O 159/07, S. 10; Niebling WRP 2010, 81 (84). 2619 BGH, Urt. v. 17.7.2003 – I ZR 256/00, GRUR 2003, 878 = NJW-RR 2003, 1402 (1403); Lamberti/Wendel WRP 2009, 1479 (1480). 2620 BGH, Urt. v. 14.4.2011 – I ZR 33/10, WRP 2011, 1602. 2621 BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 16. 2622 Lettl WRP 2013, 1105 ff. 2623 Billing/Lang ZVertriebsR 2013, 207 ff. 2624 Siehe BGH, Urt. v. 3.12.1969, DB 1970, 340 = NJW 1970, 471; v. 6.11.1963, NJW 1964, 351; RG, Urt. v. 25.10.1935, RGZ 149, 114 (121); Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. X Rn 38.

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dem gegen die zwischen den HV bestehenden Treupflichten. Der geschützte HV kann ihn auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Wenn ein Außenseiter in ein geschlossenes Vertriebssystem eindringt: Ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 8 Abs. 1 UWG ist aber nur gegeben, falls der Käufer einen gebundenen Vertragshändler oder eine gebundene Vertragswerkstatt entweder bewusst zum Vertragsbruch verleitet oder ihn über die Wiederverkaufsabsicht täuscht (Schleichbezug), z.B. sich als Verkaufsvermittler ausgibt, einen Strohmann vorschiebt oder mit ungetreuen Angestellten des Vertragshändlers zusammenwirkt. Fehlt es dagegen an einer dieser Voraussetzungen (Verleiten zum Vertragsbruch oder Schleichbezug), bestehen Ansprüche nach §§ 3, 8 Abs. 1 UWG nicht.2625 Der Hersteller/Importeur, der gegen einen gewerblichen Wiederverkäufer vorgehen will, stößt oft auf Beweisschwierigkeiten. Einen Schleichbezug wird er kaum nachweisen können. Etwas besser sieht die Situation beim Verleiten zum Vertragsbruch aus.2626 Ein solches kann im Einzelfall bestehen, weil es dem Vertragshändler eines selektiven Vertriebssystems vertraglich untersagt ist, die Ware an nicht autorisierte Wiederverkäufer zu verkaufen. Es genügt jedes bewusste Hinwirken darauf, dass der andere einen Vertragsbruch begeht, wenn auch dessen Widerstand noch so gering ist. Legt der Hersteller dar, dass er ein gedanklich lückenloses Vertriebssystem unterhält, soll eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass der Außenseiter die Ware nur auf wettbewerbsrechtlich unzulässige Weise erworben haben kann.2627 Das ist schon deshalb zweifelhaft, weil der Außenseiter die Bindungen innerhalb des Vertriebssystems nicht kennen muss, schon gar nicht außerhalb seines Heimatlandes. Geschäftsgeheimnisse: Ein HV verwertet unzulässig eine Kundenliste des Unternehmers als Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 17 Abs. 2 UWG, wenn die Namen der Kunden im Rahmen der geschäftlichen Tätigkeit in die persönlichen Unterlagen des HV gelangt sind und von ihm bei der Ausübung seiner Geschäftstätigkeit außerhalb des Unternehmens verwertet werden.2628 Dem Unternehmer ist das Verhalten des HV nicht über § 8 Abs. 4 UWG zuzurechnen, weil es um eine wettbewerbswidrige Verwertung von Geheimnissen des früheren Unternehmers und damit nicht um eine von § 8 Abs. 4 UWG vorausgesetzte Gefährdung durch das arbeitsteilige Zusammenwirken von HV und Unternehmer geht. Der Unternehmer kann jedoch eigenverantwortlich als Störer oder als Tatbeteiligter am Geheimnisverrat haften. Eine Haftung des Unternehmers aus § 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 2 UWG kommt insbesondere in Betracht, sofern der Unternehmer dem HV für „mitgebrachte“ Kunden eine recht hohe Zusatzprovision von 15% verspricht. 2629 Mithin haftet der Inhaber eines hiervon profitierenden Betriebs für Spionage oder Geheimnisverrat eines HV, falls er den Verstoß fördert.2630 Ähnlich entschied das OLG Saarbrücken: Der HV handelt wettbewerbswidrig, wenn er nach seinem Ausscheiden Kundenlisten des früheren Unternehmers, welche er unbefugt an sich gebracht hat, zum Zwecke des Wettbewerbs für ein Konkurrenzunternehmen nutzt. Dieser durch § 17 Abs. 2 UWG und nicht durch § 90 eröffnete Anspruch ist hinsichtlich sämtlicher Kunden begründet, gleich ob es sich um

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2625 BGH BB 1999, 1888; Busche WRP 1999, 1231; Ensthaler NJW 2000, 2482; Köhler BB 1999, 1892; Sack WRP 2000, 447; Tiemann WRP 2004, 289; Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1343). 2626 Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1343). 2627 WRP 2000, 734 (736); OLG Thüringen WRP 1997, 980; Wendel/Ströbl WRP 2004, 1340 (1344). 2628 BGH GRUR 2003, 453 (454). 2629 BGH GRUR 2003, 453 (454). 2630 Dittmer EWiR 2003, 731 (732).

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Stammkunden oder sonstige Kunden des Unternehmers handelt. Nicht zu entscheiden sei der Fall der Verwertung von Kundenadressen, welche dem HV bei seinem Ausscheiden im Gedächtnis blieben. Greife der HV unter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 UWG auf Kundenlisten seines früheren Unternehmers zurück, so sei ihm jegliche Verwertung untersagt.2631 Zu § 17 UWG s.a. die Kommentierung zu § 90. U.U. die Kündigungshilfe. Gem. Nr. 48 der Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft ist es für den Bereich der Lebensversicherung verboten, einen möglichen Kunden dazu zu veranlassen, ein bestehendes anderweitiges oder beantragtes Versicherungsverhältnis zu lösen, um eine Lebensversicherung abzuschließen oder zu vermitteln. Eine Wettbewerbswidrigkeit liegt nicht vor, wenn der Wechsel von einer Lebensversicherung zur anderen für den VN sinnvoll ist.2632 Die Mitteilung des Unternehmers, ein HV-Vertrag sei mit sofortiger Wirkung gekündigt worden, kann eine herabsetzende Äußerung i.S.d. § 4 Nr. 7 UWG darstellen, wenn der Vertrag tatsächlich nur durch eine ordentliche, fristgebundene Kündigung beendet worden ist.2633 Nutzung der Marke oder des Logos des Unternehmers ohne dessen Zustimmung: Ist eine Marke ohne Zustimmung ihres Inhabers für seine Agenten oder Vertreter eingetragen worden, darf der Markeninhaber gem. §§ 11, 17 MarkenG Löschung, Übertragung, Unterlassung oder Schadenersatz fordern. Agent oder Vertreter i.S.d. §§ 11, 17 MarkenG ist jeder Absatzmittler, der dem Inhaber der Marke so zur Wahrnehmung seiner Interessen verpflichtet ist, dass er die Marke nicht ohne dessen Zustimmung eintragen lassen darf.2634 Markenrechtlichen Ansprüchen kann jedoch Rechtsmissbrauch entgegengehalten werden, wenn ein Vertriebspartner nach 7-jähriger Vertragsdauer Rechte aus den noch während der Vertragsbeziehung und ohne Einverständnis oder Kenntnis des Unternehmers in Behinderungsabsicht angemeldeten Marken geltend macht, um dem Unternehmer von einer weiteren Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit den vertriebenen Produkten auszuschließen.2635 Die Nutzung vorgefertigter Kündigungsschreiben, je nach Sachverhaltsgestaltung. Einzelheiten sind strittig: Das OLG Köln vertrat in seiner Entscheidung vom 16.3.1990,2636 bei einer Lebensversicherung reiche das bloße Abwerben von Kunden eines Wettbewerbers nicht für die Annahme unlauteren Verhaltens i.S.d. § 3 UWG aus, sofern nicht sonstige unlautere Momente hinzuträten. Ein unlauteres Abwerben könne vorliegen, wenn ein Konkurrent oder ein das Unternehmen wechselnder Vertreter den Kunden des bisherigen Prinzipals Kündigungshilfe mittels vorgedruckter oder sonst mechanisch vervielfältigter Formularschreiben leiste. Nach aA soll die Hilfe des Versicherungsvertreters bei der Fertigung von Kündigungsschreiben der Versicherungsnehmer für sich betrachtet noch kein wettbewerbswidriges Verhalten darstellen.2637 Träten jedoch weitere Umstände hinzu, etwa die Förderung des Vertragsabschlusses mit einem Wettbewerber und die Herabsetzung des früheren

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2631 OLG Saarbrücken, Urt. v. 24.7.2002 – 1 U 901/01, GRUR-RR 2002, 359. 2632 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. X Rn 32. 2633 OLG Köln, Urt. v. 6.2.2013 – 6 U 127/12, GRUR-RR 2013, 257 = WRP 2013, 938. 2634 BGH, Urt. v. 26.6.2008 – I ZR 190/05, NJW-RR 2009, 114 (118); GRUR 2008, 611 = WRP 2008, 940 Rn 21. 2635 BGH, Urt. v. 26.6.2008 – I ZR 190/05, NJW-RR 2009, 114 (116). 2636 GRUR 1990, 536. 2637 BGH, Urt. v. 7.4.2005 – I ZR 140/02, GRUR 2005, 603; OLG Rostock, Hinweisbeschl. v. 4.12.2008 – 1 U 57/08; OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.3.1986, VW 1986, 690; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. X Rn 29.

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Unternehmers,2638 gelte anderes. In diesem Fall dürfe der Unternehmer wegen entfallender Billigkeit zumindest einen Teil des Ausgleichs zurückfordern.2639 Das OLG Nürnberg judizierte mit Urt. v. 24.7.1990,2640 eine Kündigungshilfe sei unlauter, falls sich der Kunde bereits zum Vertragsschluss mit dem Abwerbenden entschlossen habe. Denn in diesem Fall werde der Entschluss durch die Hilfeleistung bei der Kündigung gefördert. Zudem nehme der Abwerbende den Kunden durch die Mitnahme und das Absenden der Kündigungsschreiben die Möglichkeit, sich nochmals mit der Frage der Kündigung auseinander zu setzen. Dem stimmt das OLG München2641 zu: Die Kündigungshilfe sei auch dann, wenn die Entscheidung des Kunden für einen Wechsel getroffen sei, unlauter, weil der Kunde auf diese Weise „bei der Stange“ gehalten werde, ohne dass er die Frage der Kündigung nochmals überdenken könne. Das OLG Brandenburg hatte in seiner Entscheidung vom 12.6.20012642 über die Kundenabwerbung durch einen ehemaligen Mitarbeiter, der als Versicherungsvertreter für das Unternehmen tätig gewesen war und nach der Kündigung eine selbstständige Tätigkeit als Versicherungsmakler aufgenommen hatte, zu entscheiden. Das OLG war der Ansicht, es stehe einem ehemals als HV für ein Unternehmen Tätigen auch nach Beendigung des Vertreterverhältnisses grundsätzlich frei, dem Unternehmen, für welches er bisher tätig gewesen war, auch in dem Bereich Konkurrenz zu leisten, in welchem er es vorher vertrat. Einen generellen Anspruch auf Erhaltung seines Kundenstammes besitze der Unternehmer nicht. Wettbewerbsrechtlich zu beanstanden sei ein solches Verhalten nur, wenn unlautere Mittel angewendet würden. Unlauter sei es nicht, wenn Kündigungshilfe unter Verwendung von Formularen geleistet werde. Das OLG Celle nahm in seiner Entscheidung vom 13.9.20012643 an, die Aufforderung an den Kunden zur Kündigung von Verträgen mit Wettbewerbern bei gleichzeitiger Vorlage eines vorgefertigten Kündigungsschreibens sei unlauter, wenn es sich um eine außerordentliche Kündigung handele. Der BGH2644 entschied zum Franchiserecht, die Abwerbung von vertraglich gebundenen Kunden durch Vorlage vorformulierter Kündigungsschreiben, die nach Einfügen des Kündigungstermins nur noch zu unterschreiben seien, bliebe auch dann zulässig, falls die Abwerbung durch den ehemaligen Angestellten des HV erfolge und dieser Angestellte nun im Rahmen seiner Tätigkeit als Franchisenehmer handele. Möglicherweise wäre der Fall anders zu beurteilen, wenn es sich bei dem Abwerbenden nicht um einen vormaligen Angestellten, sondern um den HV selbst handelte. Denn dann läge bei Nutzung von Geschäftsgeheimnissen des Unternehmers ein gem. § 90 unzulässiger Geheimnisbruch des HV vor. Sollte der Vertreter Sach-, HUK- und Rechtsschutzversicherungen vermitteln, war die Verwendung von vorgedruckten oder sonst auf mechanischem Wege vervielfältigten Kündigungsschreiben gemäß Ziff. 56 der alten Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft vom 15.12.1977 unzulässig. Fischer2645 vertritt in einer Besprechung des BGHUrteils, die Kündigungshilfe sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände wettbewerbswidrig. Solche seien etwa die Gefahr der Irreführung (§ 5 UWG), sofern der

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Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. X Rn 29. OLG Rostock, Hinweisbeschl. v. 4.12.2008 – 1 U 57/08. NJW-RR 1991, 233. GRUR 1994, 136. Urt. v. 24.6.1993, VersR 2002, 759. 13 U 46/01. BGH, Urt. v. 7.4.2005 – I ZR 140/02, ZIP 2005, 1380 = WRP 2005, 874 m. Bespr. Fischer WRP 2005, WRP 2005, 1230.

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Abwerbende den Akzent auf die Kündigungshilfe lege und dabei dem Abzuwerbenden entscheidungserhebliche Angaben zum eigenen Leistungsangebot vorenthalte, die dieser als Informationsgrundlage benötige, um eine sachgerechte Entscheidung in Bezug auf Kündigung und Wechsel treffen zu können. Gewähre der Abwerbende die Kündigungshilfe nur, wenn der Kunde zu ihm wechselt, so müsse dieser auf die Verknüpfung hingewiesen werden. Von einer unzumutbaren Belästigung (§ 7 Abs. 1 UWG) durch das Eindringen in die Privatsphäre sei auszugehen, falls dem Kunden im Rahmen einer unangekündigten Haustürwerbung das Kündigungsschreiben vorgelegt werde. Eine „Überrumpelung“, vor der § 7 UWG ebenfalls schütze, komme bei unangekündigter Haustürwerbung in Betracht, wenn der Abwerbende sich die Kündigung sofort unterschreiben lasse und mitnehme. Die Einordnung der Kündigungshilfe als unangemessene unsachliche Beeinflussung (§ 4 Nr. 1 UWG) durch übertriebenes Anlocken oder Verschaffen einer psychischen Zwangslage sei kaum denkbar. Ein Verstoß gegen § 4 Nr. 7, Nr. 8 UWG komme in Betracht, wenn der Konkurrent herabgesetzt, verunglimpft oder durch Behauptung nicht erweislich wahrer Tatsachen in seinem Ruf geschädigt werde. Eine sonstige gezielte Behinderung eines Wettbewerbers i.S.d. § 4 Nr. 10 UWG werde in der Regel verneint werden können, da ein lauterkeitsrechtlicher Schutz vor der Abwerbung der eigenen Kundschaft durch Konkurrenten nicht bestehe. Der Abwerbung durch ehemalige Mitarbeiter könne durch die Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots vorgebeugt werden. Unlauter sei es allerdings, falls Kundendaten verwendet werden, die auf unlautere Weise erlangt wurden. Die Feststellung eines Zuwiderhandelns gegen eine privatwirtschaftliche Wettbewerbsrichtlinie ersetze nicht die Prüfung, ob ein unlauteres Verhalten im Sinne des UWG vorliege. Nachahmung: Gem. § 4 Nr. 9 UWG handelt unlauter, wer das Subway-FranchiseKonzept nahezu identisch nach vorheriger Tätigkeit als Subway-FN nachahmt, bei gleichem Warenangebot, bei identisch gebliebenem, nicht einmal farblich verändertem Mobiliar, dem unveränderten „Baukastenprinzip“ (Fertigung der Ware vor den Augen des Kunden), unveränderter Produktionsstraße mit dem auch farblich unveränderten Tresen und dem Fortbestand des „Mauerwerk“-Motivs, jedoch bei anderem Label.2646 Daneben liegt eine unlautere Rufausbeutung nach § 4 Nr. 9 UWG vor. Unangekündigte Telefonanrufe zu Wettbewerbszwecken sowohl im privaten wie im gewerblichen Bereich.2647 Dies gilt namentlich, wenn zu dem Inhaber des Telefonanschlusses keine geschäftliche Beziehung bestand.2648 Nichts anderes kann angenommen werden, sofern der Vertreter seinen Anruf vorher schriftlich ankündigte.2649 Ausnahme: der Angerufene hat zuvor sein (stillschweigendes) Einverständnis mit dem Anruf erklärt.2650 Ein in AGB enthaltenes Einverständnis mit telefonischer Werbung ist unzulässig.2651 Entsprechende Grundsätze gelten für Fernkopien. Unverlangte E-Mails, mit denen ein HV versucht, Mitarbeiter eines anderen Unternehmens abzuwerben, solange nicht (zumindest) eine mutmaßliche Einwilligung für deren Zusendung vorliegt. Ein HV, der in einem Strukturvertrieb wirbt, ist Unternehmer i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG. Ein Unternehmen, das wie der HV Produkte im Direktmarketing verkauft, und der HV sind Mitbewerber i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3

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OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway. Emde VersR 2001, 148 (151). BGH DB 1970, 1583; WRP 1991, 470; BB 1990, 301; GRUR 1989, 753/754; BGHZ 54, 188. BGH WM 1989, 1396 = ZIP 1989, 1258. BGH ZIP 1990, 199; BB 1991, 1140; 1995, 1211. BGH BB 1999, 1130.

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UWG, soweit sie als Nachfrager nach gleichartigen Dienstleistungen auftreten. Das ist der Fall, wenn sowohl das Unternehmen als auch der HV Vertriebspartner für den Direktvertrieb suchen. Sofern ein gebundener Versicherungsvermittler im Wege der Ventillösung konkurrierende Versicherungsprodukte mehrerer anderer Versicherer anbietet (unzulässige geschäftliche Handlung i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG).2652 Die Versendung von Schreiben an vormalige Kunden, mit denen wegen „wichtiger Vertragsinformationen“ um einen Anruf beim Mittler gebeten wird, wenn hierdurch die Kunden abgeworben werden sollen und der Eindruck hervorgerufen wird, es handele sich um ein Schreiben des vormaligen Unternehmers.2653 Die Verwendung unwirksamer (formularmäßiger) Vertragsbestimmungen, z.B. Wettbewerbsverbote, etwa nach § 90a, oder unwirksamer Beschränkungen des Ausgleichs,2654 ebenso die ohne Zustimmung des Händlers vorgenommene Gegenüberstellung von unverbindlicher Preisempfehlung mit dem tatsächlichen Preis, wenn dem Händler ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt wurde2655 oder die Verwendung von Klauseln, die nach Art. 101 AEUV nichtig sind.2656 Wenn der HV heimlich eine weitere Vertretung für einen Wettbewerber übernimmt, ohne den Wettbewerber von der Heimlichkeit in Kenntnis zu setzen.2657 Vortäuschen der Vertragshändlereigenschaft: Niemand, der nicht Vertragshändler des Unternehmers ist, darf sich als solcher gerieren.2658 Eine Werkstatt oder ein Händler dürfen z.B. keinen Vertriebsvertrag mit einem Kfz-Hersteller vortäuschen, der nicht existiert. Entsteht beim angesprochenen Verkehr durch die Verwendung des Begriffs „XY-Vertragspartner“ der unzutreffende Eindruck, der Werbende sei „Vertragshändler“ eines Automobilherstellers, liegt darin eine wettbewerbsrechtlich relevante Irreführung. Der Geschäftsverkehr erwartet von einem Händler, der vertraglich in das Vertriebsnetz eingebunden ist, ein besonders geschultes Fachpersonal, mithin eine gehobene Qualität bei der Beratung, beim Service und bei Werkstattleistungen. Zudem liegt es nicht fern, dass sich die Verbraucher von einem Vertragshändler eine besondere Nähe zum Hersteller und damit bessere tatsächliche und rechtliche Möglichkeiten bei der Regelung von Garantie- und Kulanzfällen versprechen als bei einem Betrieb, der mit dem Hersteller lediglich als Servicepartner verbunden ist.2659 Der Werbehinweis „Kfz-Meisterbetrieb speziell für Mercedes-Benz“ ist aber als zulässig angesehen worden,2660 ebenso die Werbung mit „Mercedes-Benz Spezial-Abteilung“ durch einen Autoreparaturdienst.2661 Die Angabe „Porsche-Spezial-Werkstatt“ für eine Kfz-Werkstatt ohne Vertragsbeziehungen zu Porsche wurde hingegen untersagt, weil der Verkehr nicht hinreichend zwischen „Vertragswerkstätten“ und „Spezialwerkstätten“ für Porsche-Fahrzeuge unterscheidet.2662

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2652 OLG Schleswig, Urt. v. 13.7.2010 – 6 U 26/10, VersR 2011, 115. 2653 LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. 2654 Koch WM 2001, 1016 (1019); Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35. 2655 BGH, Urt. v. 28.6.2001 – I ZR 121/99, BB 2001, 1973. 2656 LG Frankfurt/M., Urt. v. 15.11.2002 – 3-11 O 87/02, EWiR 2003, 573 (Emde). Die Entscheidung wurde angeblich vom OLG Frankfurt/M. aufgehoben. 2657 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35. 2658 OLG München, Urt. v. 28.1.1988 – 29 U 6053/86, GRUR 1988, 708; i.E. auch BGH, Urt. v. 17.3.2011 – I ZR 170/08, WRP 2011, 1417. 2659 BGH, Urt. v. 17.3.2011 – I ZR 170/08, WRP 2011, 1417; abl. Niebling WRP 2011, 1518 (1523 f.). 2660 OLG Hamm GRUR 1989, 285 (287). 2661 KG GRUR 1977, 537. 2662 KG WRP 1978, 54.

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Der HV lässt trotz bestehenden Vertragsverhältnisses einen Wettbewerber des Unternehmers in bereits angebahnte Geschäfte mit Kunden eintreten.2663 Erweckt ein Kfz-Hersteller in Kundenanschreiben den unzutreffenden Eindruck, die Kunden könnten Nachteile bei der Abwicklung von Gewährleistungsansprüchen erleiden, sollten sie ihre Wartungs- und Reparaturarbeiten nicht bei einem Vertragshändler des Herstellers durchführen lassen, so kann darin eine unbillige Behinderung eines aus dem Vertragshändlernetz ausgeschiedenen freien Händlers nach § 3 UWG in Form einer boykottähnlichen Maßnahme liegen.2664

3. Zurechnung. Vgl. zunächst oben, Rn 345 Stichwort „Geschäftsgeheimnisse“, zur Verwertung der Kundenliste. Die Strafvorschrift des § 17 UWG gilt nicht für den HV, da er als Selbständiger kein tauglicher Täter ist.2665 Er kann jedoch Teilnehmer sein. Beauftragte von Absatzorganisationen,2666 etwa HV2667 und Vertragshändler,2668 sind jedoch als Beauftragte i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG anzusehen, so dass der Unternehmer für deren Wettbewerbsverstöße auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann. Für die wettbewerbswidrige Handlung eines Franchisenehmers haftet der Franchisegeber grds. nicht auf Schadenersatz. Eine Störerhaftung kann nur Abwehransprüche begründen.2669 Hingegen hat ein Vertriebshändler, der Schuldner einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ist, für die in einer auch in seinem Namen gezeichneten, von dem Hersteller geschalteten Werbeanzeige liegende Zuwiderhandlung einzustehen, wenn er dessen Praxis zur Veröffentlichung zentraler, mit den Händlern im Detail nicht abgestimmter Werbeaktionen kennt und seine Haftungserklärung beim Hersteller nicht aktenkundig gemacht hat.2670 VI. Das Antidiskriminierungsgesetz (AGG)

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Am 18.8.2006 trat das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Kraft. Das AGG ist im nachfolgend dargestellten Umfang auf Vertriebsverträge anwendbar,2671 auch auf die von HV, Vertragshändlern oder Franchisenehmern. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG finden sämtliche Vorschriften des AGG zum Schutze der Beschäftigten vor Benachteiligungen auf Selbständige Anwendung, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind. Dies sind gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 ArbGG Selbständige – zu ihnen zählen die vorgenannten Mittler –, die nicht persönlich sondern lediglich wirtschaftlich abhängig sind. Maßgebend ist, dass der Schwerpunkt der Erwerbstätigkeit bei einem Auftraggeber liegt und die hieraus entstehende Vergütung die wesentliche Existenzgrundlage darstellt. Da die Vorschrift § 5 Abs. 1 S. 2

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2663 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35. 2664 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 3.8.2004 – 11 U 17/04 (Kart), GRUR-RR 2005, 197. 2665 RG LZ 1914, 399; JW 1927, 2387; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35; Köhler/Piper UWG § 17 Rn 12; Schmidt-Rimpler S. 88; aA RG MuW 1932, 235 (237); Schlegelberger/ Schröder § 90 Rn 12. 2666 OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013 – 3 U 26/12, ZVertriebsR 2013, 232 (235); OLG Köln, Urt. v. 8.10.2010 – 6 U 69/10, MMR 2011, 321; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35; für Franchiseverträge Giesler/Nauschütt § 3 Rn 90. 2667 OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013 – 3 U 26/12, ZVertriebsR 2013, 232 (235); OLG Köln, Urt. v. 8.10.2010 – 6 U 69/10, MMR 2011, 321; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35; für Franchiseverträge Giesler/Nauschütt § 3 Rn 90. 2668 OLG Hamburg, Urt. v. 27.6.2013 – 3 U 26/12, ZVertriebsR 2013, 232 (235). 2669 BGH BB 2000, 1959. 2670 OLG Köln, Urt. v. 30.3.2007 – 6 U 207/06, WRP 2007, 1272. 2671 Budde BB 2007, 731 (732); Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11; Hopt § 86 Rn 10.

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Alt. 2 ArbGG weitgehend entspricht, kann die diesbezügliche Rspr. herangezogen werden2672 (s. § 84 Rn 49). Abzulehnen ist die Ansicht,2673 derzufolge selbstständige Absatzmittler, die nur für einen Unternehmer tätig sind, immer unter diese Vorschrift fallen.2674 Allerdings werden HV, die nur für einen Unternehmer tätig sind, häufig derart einzuordnen sein, da sie faktisch wirtschaftlich und sozial von ihm abhängig sind.2675 Eine Verdienstgrenze ist nicht maßgeblich. Das gleiche gilt für Franchisenehmer und Vertragshändler.2676 Nach aA gilt das AGG für HV insgesamt nur hinsichtlich seiner Zugangsbedingungen, nicht jedoch hinsichtlich der Ausübungsbedingungen.2677 Nach beiden Meinungsgruppen finden auf Vertriebspartner jedenfalls die Normen des AGG Anwendung, welche nach § 6 Abs. 3 AGG für Selbständige gelten. Gem. § 6 Abs. 3 AGG sind Absatzmittler, die lediglich für einen Auftraggeber tätig werden bzw. mit denen eine Alleinbezugsverpflichtung (etwa beim Vertragshändler) vereinbart wurde, den arbeitsrechtlichen Vorschriften des AGG unterworfen.2678 Auf sie anwendbar sind die Vorschriften, welche den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie den beruflichen Aufstieg regeln.2679 Der sachliche Anwendungsbereich des AGG ist zwar grundsätzlich in § 2 AGG geregelt. Er wird jedoch durch § 6 Abs. 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG für Selbstständige beschränkt auf die „Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zur Erwerbstätigkeit sowie für den beruflichen Aufstieg“. Dagegen sind gem. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG die dort geregelten Bereiche ausgeschlossen, weil hier die Existenz eines Beschäftigungsverhältnisses vorausgesetzt wird.2680 „Beruflicher Aufstieg“ ist für Absatzmittler unpassend und kann auf die vergleichbaren Sachverhalte „Karriere im System“, Erweiterung des Sortiments bzw. des Geschäftskonzepts, des Vertragsgebietes, des Rechts zur Eröffnung eines weiteren Systembetriebs, die Zuteilung eines zusätzlichen Vertragsgebietes, eine mit diesen Erweiterungen verbundene finanzielle Besserstellung etc. erstreckt werden.2681 Umstritten ist, ob der sachliche Anwendungsbereich auf Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Beendigung des Vertragsverhältnisses auszuweiten ist.2682 Es ist kein Grund ersichtlich, warum während des Vertrages Benachteiligungsverbote bestehen, während die Beendigung eines unter Umständen langjährigen Vertragsverhältnisses ohne einen Diskriminierungsschutz möglich sein soll.2683 Die Anwendung des AGG ist auch zu bejahen, wenn mehrere Vertriebspartner als Personengesellschaft tätig werden. Sie können sogar als arbeitnehmerähnliche Personen angesehen werden, wenn sie wirtschaftlich vom Auftraggeber abhängig sind. Dann gilt für sie das AGG insgesamt. Anderenfalls gelten für sie lediglich die Bestimmungen über Zugang und Aufstieg.2684 Die Anwendung des AGG auf als juristische Person organisierte Vertriebsmittler ist ausgeschlossen. Es kann aber damit gerechnet werden, dass die Rspr. Aus-

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2672 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. 2673 Budde BB 2007, 733 (732). 2674 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. 2675 Budde BB 2007, 731 (732). 2676 Budde BB 2007, 731 (735). 2677 Bauer/Göpfert/Krieger DB 2005, 595 (597). 2678 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. 2679 Budde BB 2007, 731 (732); Hopt § 86 Rn 10. 2680 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11. 2681 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12). 2682 Budde BB 2007, 731 (733); Thüsing Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz, 2007, S. 41, Rn 96; aA Bauer/Göpfert/Krieger AGG, 2007, § 2 Rn 30, § 6 Rn 31; Schleusener in: Schleusener/Suckow/Voigt, AGG, 2007, § 6 Rn 16; Wilemsen/Schweibert NJW 2006, 2583 (2584). 2683 Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12). 2684 Budde BB 2007, 731 (732).

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nahmen für Fälle der „Ein-Personen-Gesellschaft“ bilden wird.2685 Die Anwendbarkeit der Vorschriften aus dem zivilrechtlichen Abschnitt des AGG ist gemäß § 19 Abs. 1 AGG beschränkt auf Massengeschäfte, vergleichbare Schuldverhältnisse und zivilrechtliche Schuldverhältnisse, die eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben. Diese Vorschriften sind auf Vertriebsverträge mit HV, Vertragshändlern und Franchisenehmern unanwendbar.2686 348 In § 1 AGG werden sechs Merkmale aufgeführt, auf die sich das Benachteiligungsverbot bezieht, nämlich Alter, Behinderung, ethnische Herkunft bzw. Rasse, Geschlecht, Religion und Weltanschauung sowie sexuelle Identität. Beispiel für eine unmittelbare Benachteiligung ist es, wenn einem Bewerber wegen des Geschlechts eine Absage erteilt wird. Eine mittelbare Benachteiligung liegt gem. § 3 Abs. 2 AGG vor, falls durch ihrem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren, Personen wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt werden, es sei denn, ein rechtfertigender Grund liegt vor. Bei Franchiseverträgen kann das Benachteiligungsverbot etwa bei der systemtypischen Kleidung bedeutsam werden, sofern bestimmte, eine religiöse Überzeugung begründende Kleidungen nicht getragen werden können.2687 Nach § 7 Abs. 2 AGG sind Regelungen in Vereinbarungen unwirksam, die gegen das AGG verstoßen. Dies kann beispielsweise dazu führen, dass eine diskriminierende Vereinbarung über Provisionskürzungen oder Gebietsverkleinerungen unwirksam ist. Gem. § 15 Abs. 1 AGG bleibt der Unternehmer verpflichtet, bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot den entstandenen Schaden zu ersetzen, falls der Unternehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Ein abgelehnter Bewerber hat keinen Anspruch auf Abschluss eines Vertriebsvertrages (§ 15 Abs. 6 AGG).2688 Der Schadenersatzanspruch gem. § 15 Abs. 1 AGG umfasst die bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder einer Festlaufzeit, bei Franchiseverträgen leicht eine fünfbis zehnjährige Vertragslaufzeit,2689 entgehenden Gewinne. Diskutiert wird, diesen Schadensersatzanspruch auch im Falle einer zu erwartenden Festlaufzeit auf den bis zum Ablauf der Kündigungsfrist gem. § 89 entstehenden Schaden zu beschränken,2690 was regelwidrig sein dürfte. Oft wird sich – außer bei großen Vertreterunternehmen mit Vergleichsmaßstäben – die Benachteiligung kaum je nachweisen lassen. Woran sollte die Diskriminierung gemessen werden? Offensichtlich dürfte sie lediglich werden, wenn derselbe Unternehmer unterschiedlichen Gruppen grds. einen geringen Provisionssatz verspricht. Es hilft, dass der Benachteiligte gem. § 22 AGG lediglich Indizien beweisen muss, die eine Benachteiligung vermuten lassen. Dann kehrt sich die Beweislast um. Der Unternehmer trägt die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen das AGG vorliegt. Empfohlen wird, bei Strukturkündigungen sollten Anhaltspunkte vermieden wer349 den, die auf die Anwendung unzulässiger Kriterien schließen ließen.2691 Potenzielle Auftraggeber sollten Stellenausschreibungen z.B. für HV oder Franchisenehmer möglichst neutral formulieren.2692 Auch die Auswahlentscheidung bei einer Erweiterung des Vertriebsgebietes kann gegen das AGG verstoßen.2693 So könnte die Voraussetzung einer langjährigen ununterbrochenen Beschäftigung für die Erweiterung des Vertrages zu

_____ 2685 2686 2687 2688 2689 2690 2691 2692 2693

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Budde BB 2007, 731 (732); Hopt § 86 Rn 10. Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12/13). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (12/13). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (13). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (13). Giesler/Güntzel ZIP 2008, 11 (14). Budde BB 2007, 731 (733). Budde BB 2007, 731 (735). Budde BB 2007, 731 (735).

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einer mittelbaren Benachteiligung weiblicher Vertriebspartner führen, bei denen eine Unterbrechung ihrer beruflichen Tätigkeit wesentlich häufiger eintritt als bei männlichen Kollegen.2694 Selbst die Höhe des Provisionsanspruches darf nicht an das Alter des HV geknüpft werden.2695 Die Beendigung eines Vertriebsvertrages sollte nachweisbar nach den Kriterien des § 1 AGG getroffen werden. VII. ZAG HV sind Agenten i.S.v. § 1 Abs. 7 ZAG.2696

350

VIII. Versicherungsrechtliche Repräsentanteneigenschaft Der HV ist hinsichtlich der Kfz-Versicherung versicherungsrechtlicher Repräsentant 351 des Unternehmers, wenn er aufgrund einer mit dem Unternehmer getroffenen Vereinbarung das durch den Unternehmer geleaste und vorfinanzierte Kfz zu eigenen Zwecken nutzen durfte, der Pkw nicht in den Geschäftsbetrieb des Unternehmers eingegliedert war und der HV nach Ablauf der Leasingzeit das Fahrzeug auszulösen bzw. bei vorzeitigem Ausscheiden aus dem Unternehmen zu übernehmen hatte.2697 IX. Berufsverbote Dem HV kann die Tätigkeit in anderen Berufen untersagt sein. So verbietet etwa § 17 352 SpG BW2698 HV nicht öffentlich-rechtlicher Unternehmen, die gewerbsmäßig Bank-, Finanzdienstleistungs- oder Versicherungsgeschäfte betreiben oder vermitteln, und deren Zusammenschlüsse die Zugehörigkeit zum Verwaltungsrat der Sparkasse. X. Beweislast Die Beweislast für die Anwendbarkeit der vorgenannten Normen trägt derjenige, der 353 sich auf sie beruft.2699 F. Zwingendes Recht Das HV-Recht 1897 kannte nur dispositives Recht, wenngleich die Parteien natürlich 354 von Anfang an nicht darüber disponieren konnten, ob der Mittler nun HV war oder nicht. Im Grundsatz ist das HV-Recht noch immer disponibel,2700 so dass die grundgesetzlich geschützte Gestaltungs- und Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)2701 außer an den nachfolgend näher dargestellten zwingenden Vorschriften der §§ 84 ff. nur ihre Grenzen an den §§ 242, 134, 138 BGB2702 sowie an den §§ 305 ff. BGB findet. Insbesondere die RL 1986

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2694 2695 2696 2697 2698 2699 2700 2701 2702

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Budde BB 2007, 731 (735). Budde BB 2007, 731 (735). Warius in: Herzog, Geldwäschegesetz, 2. Aufl. 2014, GwG § 2 Rn 94. OLG Koblenz, Urt. v. 22.12.2000 – 10 U 508/00, VersR 2001, 1507. I.d.F. v. 19.7.2005 (GBl. S. 587) BWGültV Sachgebiet 7640. Für das Kartellrecht OLG Hamburg EWiR 2001, 229 (Pohlmann). Hopt § 86 Rn 7. BVerfGE 8, 274 (328); 88, 384 (403); st. Rspr.; Cornils NJW 2001, 3758. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1.

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brachte jedoch eine weitgehende Einschränkung dieser Gestaltungsfreiheit.2703 Ihre Rechtfertigung findet sie in der Schutzbedürftigkeit des HV, der rechtstatsächlich oft einem Arbeitnehmer gleicht.2704 Eine Vereinbarung, die gegen eine zwingende Vorschrift verstößt, ist gem. § 134 BGB unwirksam. Jedoch wird, sofern nicht das gesamte Vertragsgefüge, d.h. das Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung auseinanderfällt, regelmäßig anzunehmen sein, dass der HV-Vertrag auch ohne den nichtigen Teil geschlossen worden wäre (§§ 139 BGB, 306 Abs. 3 BGB).2705 Gemäß § 92c kann von den zwingenden Regeln abgewichen werden, sofern der HV seine Tätigkeit außerhalb des Gebietes der EU oder der anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum ausübt oder mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut wird, welche die Befrachtung, Abfertigung oder Ausrüstung von Schiffen oder die Buchung von Passagen auf Schiffen zum Gegenstand haben (s. Kommentierung zu § 92c). 355 Zwingend sind folgende Bestimmungen: § 85 (Urkundsanspruch), § 86 Abs. 1, 2 (Interessenwahrnehmungs- und Benachrichtigungspflicht des Vertreters), § 86a Abs. 1, 2 (Überlassungs- und Unterrichtungspflicht des Unternehmers), § 86b Abs. 1 (Delkredereprovision), § 87a Abs. 1 (Vorschussanspruch), § 87c (Abrechnungs- und Informationsanspruch des Vertreters), § 88a (Zurückbehaltungsrecht), § 89a Abs. 1 (außerordentliche Kündigung). 356 Halbzwingend sind die §§ 87a Abs. 2 (Nichtleistung des Kunden), 87a Abs. 3 (Nichtausführung des Geschäfts), 87 Abs. 4 (Fälligkeit des Provisionsanspruch), 89 Abs. 1 (Mindestkündigungsfristen), 89b Abs. 1–3 (Ausgleichsanspruch), 90a Abs. 1–4 (nachvertragliche Wettbewerbsabrede), 92a (Mindestentgelt) und 92b (Kündigungsfrist beim Handelsvertreter im Nebenberuf; hier muss die Kündigungsfrist für beide Vertragspartner gleich lang sein). Bei den halbzwingenden Vorschriften ist eine Abweichung zum Nachteil des Vertreters nicht gestattet. G. Spannungsverhältnis zwischen gesetzlichem Leitbild und rechtstatsächlicher Erscheinungsform 357

Die §§ 84 ff. und die genannten Vorschriften des „Nebenrechts“ gelten für alle HV, unabhängig von ihrem rechtstatsächlichen oder gesetzlichen Erscheinungsbild.2706 Regelungsgegenstand der §§ 84 ff. ist trotz ihres vielleicht missverständlichen Wortlautes das Vertragsverhältnis,2707 nicht die Person des Mittlers. Im Grundsatz spielt es folglich für das HGB keine Rolle, ob der Vertreter groß oder klein,2708 neben- oder hauptberuflich tätig, Einzelkaufmann oder Handelsgesellschaft ist. Ein allenfalls vor Umsetzung der RL 1986 auf europäischer Ebene2709 existierender Leitbild-Pluralismus,2710 sollte ihn das HGB angesichts der von ihm bezweckten Regelung des Vertragsverhältnisses, nicht des Status des HV, überhaupt gekannt haben, ist für die Gesetzesanwendung unerheblich. Nur muss jeweils geprüft werden, ob § 242 BGB oder eine an §§ 133, 157 BGB orientierte Vertragsauslegung die konkrete Anwendung des Gesetzes beeinflusst. Paradigma ist § 89a. Dasselbe Verhalten mag gegenüber einem HV ein Kündigungsrecht geben, gegenüber einem anderen nicht.

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2703 Siehe etwa Eberstein S. 17; Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 58 ff.; Westphal I Rn 16. 2704 Man denke etwa an Versicherungsvertreter. 2705 Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 60; Westphal I Rn 14; Hopt § 86 Rn 11; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 5. 2706 Bei der HV-GmbH: Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 52 ff. 2707 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 64. 2708 Krusche EWS 2001, 523. 2709 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., Vor § 84 Anh. Rn 2. 2710 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 18.

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H. Andere Formen von Absatzmittlern I. Handelsvertreterähnliche Mittler Die Vorschriften der §§ 84 ff. sind auf Verträge mit Vertriebsmittlern entsprechend 358 anwendbar, wenn ihre rechtliche und tatsächliche Position der eines HV gleicht oder ähnelt.2711 Die analoge Anwendung des HV-Rechts als Fundament im Bausteinsystem des Vertriebsrechts,2712 zumindest aber dessen Orientierungspunkt,2713 wird deshalb im gesamten ungeregelten Vertriebsmittlerrecht zugunsten handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler befürwortet,2714 wenn die nachfolgend genannten Analogiekriterien erfüllt sind, nämlich (1) der Vertriebsmittler selbständig ist, (2) sich die vertraglichen Beziehungen zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler nicht in einer reinen Verkäufer-Käuferbeziehung erschöpfen, der Vertriebsmittler vielmehr nach Gestaltung und/oder Handhabung des Vertrages durch Pflichten, wie sie in einer Käufer-Verkäuferbeziehung nicht bestehen, auf Dauer so in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliedert ist, dass er wirtschaftlich in großem Umfang einem HV vergleichbare Aufgaben zu erledigen, insbesondere den Absatz des Unternehmers laufend zu fördern hat und insgesamt den HV-typischen Bindungen unterliegt.2715 Eine solche Eingliederung kann auch bei einer konzerneigenen Vertriebsgesellschaft vorliegen und wird gerade dort häufig gegeben sein.2716 Die schlagwortartige Verkürzung der „HV-ähnlichen Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers“ ist problematisch, weil bereits beim HV eine Einbindung in das Vertriebssystem nicht TB-Merkmal des § 84 ist.2717 Es muss also ein Innenverhältnis zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler ähnlich dem eines HV-Vertrages existieren,2718 wobei sich die Integrationstiefe, auch als „vertikale Vorwärtsintegration“ bezeichnet,2719 – abhängig von der Situation des Einzelfalles – in der Reihe Belieferungs-, Fachhändler-, Vertragshändler-, Kommissionsagenten2720 zu Franchiseverträgen steigern soll.2721 Generell lässt sich eine immer stärkere Einbindung der Absatzmittler in die Vertriebssysteme der Unternehmer attestie-

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2711 Zur Ausgestaltung von Vertriebssystemen, Einheitsgesellschaft, Handelsvertretersystem, Kommissionsagentur, Vertragshändler- und Franchisesysteme Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff. 2712 Emde VersR 1999, 1464. 2713 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (4). 2714 Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (24): „gesetzliche Leitbildfunktion“. 2715 Zum Vertragshändler: BGH, Urt. v. 13.7.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); v. 28.6.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919; NJW 1984, 2101; v. 9.10.2002 – VIII ZR 95/01, NJW-RR 2003, 98; BB 1988, 1770; BB 1967, 44; NJW 1962, 1107; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.3.2012 – I-16 U 199/10, BeckRS 2012, 13564 – Motorrad-Vertragshändler; OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume; BB 1997, 2451; OLG München BB 1997, 595, Emde WRP 2003, 468 ff.; Emde WRP 2006, 449 ff.; Ostendorf MDR 2008, 1377; Siegert NJW 2007, 188 f.; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 357; Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 29; Martinek/van der Moolen in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 24 Rn 7; Westphal II Rn 131; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 169. 2716 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23). 2717 Canaris § 17 Rn 14. 2718 Hopt § 84 Rn 13. 2719 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (5). 2720 Vgl. dazu BGH, Urt. v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1059) = BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707 (1712) = EWiR 2004, 115 (Emde): Einbindung des Kommissionsagenten bejaht; wohl auch BGH, Urt. v. 1.6.1964 – VII ZR 235/62, BB 1964, 823. 2721 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (5).

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ren.2722 Bedeutsam ist die wirtschaftliche Vergleichbarkeit, die eher gegeben sein dürfte als eine rechtliche Vergleichbarkeit. Sie wird – was unten Rn 363 ff. näher ausgeführt wird – durch eine dem Mittler auferlegte Vertriebspflicht indiziert. Da die Vertriebspflicht jedoch häufig nicht ausdrücklich geregelt wird, muss die HV-ähnliche Einbindung dann anderen Indizien entnommen werden. Häufig spielt das Kriterium der HVähnlichen Einbindung in der oft auf Kfz-Vertragshändler bezogenen Rspr. eine geringe Rolle, weil es in diesem Segment zweifelsfrei besteht.2723 (3) Als drittes Analogiekriterium wird die spätestens bei Vertragsende,2724 ggf. konkludent,2725 begründete Verpflichtung des Mittlers gefordert, dem Unternehmer während oder zum Ende des Vertragsverhältnisses seinen Kundenstamm durch Übermittlung der Kundendaten so zu überlassen, dass dessen Vorteile bei Vertragsende sogleich für den Unternehmer nutzbar sind.2726 Dieses Analogiekriterium ist jedoch nur für die Gewährung des Ausgleichsanspruchs analog § 89b erforderlich, weshalb es dort näher dargestellt wird (§ 89b Rn 41 ff.). Bei der Analogie zu anderen Vorschriften des HVRechts braucht es hingegen nicht vorzuliegen.2727 Denn anders als bei der Gewährung des Ausgleichs muss kein Kundenstamm übergeben werden, um die analoge Anwendung anderer Regelungen der §§ 84 ff. zu rechtfertigen.2728 II. Handelsvertreterähnliche Stellung 359

Siehe auch § 89b Rn 33 ff. In Literatur und Rechtsprechung werden folgende vertraglich, ggf. konkludent2729 begründete oder im Wege ergänzender Vertragsauslegung gefundene2730 Indizien genannt, aus denen auf die HV-ähnliche Eingliederung zu schließen sein soll.2731 Die wichtigsten Indizien werden eingangs genannt. – Förderung des Absatzes und der Interessen des Herstellers im Vertragsgebiet2732 = Vertriebspflicht – Absatzrisiko des Mittlers2733

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2722 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (5). 2723 Ostendorf MDR 2008, 1377. 2724 BGH NJW-RR 1992, 421 (423). 2725 BGH DB 1986, 1067 (1070); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 171; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 23. 2726 BGH NJW 1983, 2877 (2878); BB 1993, 2399; NJW 1996, 2159 (2160); BGHZ 29, 83 (90); 34, 282 (286); BGH NJW 1964, 1952; NJW-RR 1994, 99; BGHZ 135, 14; BGH WM 1998, 1256; OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 106; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 171; aA Karsten Schmidt DB 1979, 2357 (2359 f.); Eckert WM 1991, 1237 (1243 f.); Küstner/Thume, Außendienstrecht III, 2. Aufl. 1998, Rn 1820. 2727 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 36; Emde DB 2003, 981 (985): aA OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, BeckRS 2013, 13370 unter C 2a. 2728 Emde DB 2003, 981 (985). 2729 Canaris § 17 Rn 18. 2730 Canaris § 17 Rn 18. 2731 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 35; Martinek/van der Moolen in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 24 Rn 8; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 359; Westphal II Rn 131; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2732 BGH, Urt. v. 10.2.1993, BB 1993, 2399; v. 21.1.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint); v. 3.3.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816 = BB 1983, 997; OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume (Analogie verneint); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 772; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2733 LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449.

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ständige Wahrnehmung der Interessen des Herstellers, verbunden mit einer besonderen Treupflicht, der Interessenwahrungspflicht2734 Verpflichtung zum Besuch potentieller und bestehender Kunden2735 Kontroll- und Überwachungsrechte des Unternehmers,2736 insb. Berechtigung des Herstellers, jederzeit Zutritt zu den Geschäfts- und Lagerräumen des Vertragshändlers zu verlangen2737 Verpflichtung zum Vertrieb nach den Richtlinien des Herstellers2738 Alleinvertriebsrecht2739 vertragliches2740 oder nachvertragliches2741 Konkurrenzverbot Wenn ein Vermittlungsvertrag nicht nur die HV-Tätigkeit, sondern gleichermaßen den Absatz in Form von Eigengeschäften vorsieht. Dann liegt die Substituierbarkeit und damit die HV-gleiche Einbindung nahe.2742 In diesem Fall ist es dem Unternehmer gleich, ob der Mittler als HV oder Vertragshändler vermittelt2743 die Verpflichtung des Unternehmers, die Tätigkeit des Mittlers zu unterstützen und die Geräte zu einem marktgerechten Preis zu liefern2744 eine Gesamtbetrachtung der Verpflichtungen zur wirksamen Absatzförderung, zu den Anforderungen an die Geschäftstätigkeit, das Auftreten, zum Vorhalt eines Bestandes aus der Produktpalette des Herstellers, zu Anforderungen an Größe, Ausstattung etc. des Geschäftsbetriebs, Datenaustausch sowie zu Vorgaben betreffend das Rechnungswesen2745

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2734 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWIR 2007, 661 (Emde) – Analogie dort verneint; LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 214 ff.; Ostendorf MDR 2008, 1377. 2735 BGH, Urt. v. 3.3.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816. 2736 BGH, Urt. v. 13.7.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWIR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); v. 9.10.2002 –VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/ Dau, Rn 772; Genzow Rn 11, 65, 67–71, 73–76, 79; Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 24, 34; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); aA Thume IHR 2013, 173 (175). 2737 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2738 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141). 2739 BGH, Urt. v. 3.3.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816; v. 21.6.1972 – VIII ZR 96/71, MDR 1972, 1028; BGHZ 89, 206; BGH MDR 1993, 520; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Port/ Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 359; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau Rn 772; Graf v. Westphalen FG Jürgen Gündisch, S. 77 ff.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; jedoch soll dieses Merkmal nicht allein genügen BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2740 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume (Analogie verneint); OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 359; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 98; Hopt § 84 Rn 13. Bei Fehlen eines Konkurrenzverbots kann daher eine HV-gleiche Eingliederung fehlen, so OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168. 2741 BGH, Urt. v. 21.1.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint). 2742 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2743 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2744 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2745 OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09 – BMW.

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Pflicht zur Beachtung einer einheitlichen Corporate Identity2746 Zuweisung eines bestimmten Vertrags- oder Marktverantwortungsgebietes,2747 auch wenn kein Gebietsschutz besteht2748 die Pflicht, keine Angebote in das Ausland abzugeben2749 andererseits wieder die Möglichkeit des Absatzes der Herstellerprodukte auch außerhalb des Vertragsgebietes Pflicht zur Befolgung angeblich auch allgemeiner2750 – also wohl nicht nur vertriebsbezogener – Weisungen des Unternehmers,2751 Richtlinien und Empfehlungen des Herstellers für den Verkauf Berechtigung des Herstellers zu Weisungen bezüglich des zu beliefernden Kundenkreises;2752 zu Vorgaben hinsichtlich der gegenüber den Abkäufern zu verwendenden Zahlungs- und Lieferbedingungen2753 (kartellrechtlich wohl unzulässig) bzw. für Kontaktaufnahme und Verhandlungen mit Endkunden Einrichtung von geeigneten Geschäfts- und Werkstatträumen, Vorgaben zu deren Ausstattung2754 Hervorhebung, Wahrung und Pflege des Markennamens des Herstellers2755 Verpflichtung zur Werbung durch den Händler,2756 ggf nach Vorgaben des Unternehmers,2757 auch hinsichtlich der Werbekosten2758 Verpflichtung zur Schulung der Mitarbeiter durch den Händler2759 oder Hersteller2760 Verpflichtung zur technischen Schulung des Händlers durch den Hersteller2761 Verpflichtung zur Durchführung von Kundendienst-2762 und Reparaturleistungen2763

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2746 Flohr BB 2007, 1866. 2747 BGH, Urt. v. 3.3.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816; v. 21.1.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 359; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2748 BGH, Urt. v. 12.1.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520. 2749 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2750 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2751 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde) (Analogie dort verneint); v. 7.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume (Analogie verneint); Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 359; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378, 1379). 2752 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2753 BGH, Urt. v. 7.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2754 Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2755 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2756 BGH, Urt. v. 12.1.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; krit. Thume IHR 2013, 173 (175). 2757 BGH, Urt. v. 7.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2758 BGH, Urt. v. 7.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951. 2759 BGH, Urt. v. 3.3.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816 = BB 1983, 997; Wauschkuhn in: Schultze/ Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772. 2760 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2761 BGH, Urt. v. 10.2.1993, BB 1993, 2399. 2762 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141). 2763 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379).

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Übernahme der dem Unternehmer obliegenden Erfüllung von Gewährleistungsansprüchen des Kunden2764 Einrichtung und Betreuung von Vertragswerkstätten im Vertragsgebiet Pflicht zur Vorhaltung von Lagerware,2765 insb. eine Lagerpflicht für Ersatzteile2766 Vorhaltung von Produkten zu Ausstellungs- und Vorführzwecken,2767 insb. die Pflicht zum Erwerb von Vorführgeräten2768 Mindestabnahmepflicht von Herstellerprodukten2769 Orientierung an vorgegebenen Listenpreisen2770 oder Verpflichtung zu Preisnachlässen,2771 wobei kartellrechtlich allein unverbindliche Preisempfehlungen zulässig sind2772 Abstimmungspflichten bei der Preisgestaltung des Händlers2773 Einsichtsrechte in die Geschäftsunterlagen des Händlers2774 eine ins Einzelne gehende Unterrichtung des Unternehmers über Entwicklungen am Markt, die Geschäftsabschlüsse2775 sowie sonstige für den Absatz wesentliche Umstände – HV-ähnliche Berichtspflicht,2776 insb. wenn über Kundennamen vierteljährlich zu berichten ist2777 einheitliche Buchführung nach Vorgabe des Herstellers2778 Hinweis auf die Vertragshändlereigenschaft für den Hersteller,2779 ggf im Firmennamen gemeinsame Markt- und Messepolitik mit dem Hersteller,2780 insb. Verpflichtung zum Besuch von Messen2781 Einsatz des Händlers für die Marke/Ware auf eigene Kosten2782

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2764 LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449. 2765 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2766 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Wauschkuhn in: Schultze/ Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141). 2767 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141). 2768 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2769 BGH, Urt. v. 9.10.2002 –VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003, 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520; Martinek/van der Moolen in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 24 Rn 8; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Graf v. Westphalen FG Jürgen Gündisch, S. 80 ff; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2770 BGH, Urt. v. 7.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951. 2771 BGH, Urt. v. 10.2.1993, BB 1993, 2399; Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2772 Thume IHR 2013, 173 (174); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Kirchhain WuW 2008, 167 (172). 2773 BGH, Urt. v. 21.1.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542 (Analogie dort verneint). 2774 BGH, Urt. v. 12.1.2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413 = MDR 2000, 592; aA Thume IHR 2013, 173 (175). Solche Einsichtsrechte sind jedenfalls unter Wettbewerbern kartellrechtlich bedenklich. 2775 BGH, Urt. v. 12.1.2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413 = MDR 2000, 592. 2776 BGH, Urt. v. 12.1.2000 – VIII ZR 19/99, NJW 2000, 1413 = MDR 2000, 592; v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520; v. 7.11.1991 – I ZR 51/90, MDR 1992, 951; v. 3.3.1983, BB 1983, 997; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 241; Canaris § 17 Rn 17; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378, 1379). 2777 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2778 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2779 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2780 BGH, Urt. v. 3.3.1983 – I ZR 34/81, MDR 1983, 816 = NJW 1983, 1789. 2781 BGH, Urt. v. 12.1.2000 – VIII ZR 19/99, MDR 2000, 592; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/ Spenner/Dau, Rn 772; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379). 2782 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101.

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Pflicht zur Wahrung der Betriebsgeheimnisse des Unternehmers2783 Verpflichtung zum Vorhalten eines Verkäufers für die Vertragsprodukte2784 die Übersetzung von anfallenden Texten in die Landessprache2785 (als Indiz von zweifelhaftem Wert).

Keinesfalls müssen alle vorgenannten Kriterien gleichzeitig erfüllt sein,2786 noch nicht einmal ihr überwiegender Teil. Sie haben zudem unterschiedliches Gewicht,2787 so dass es einer wertenden Betrachtung bedarf.2788 Auch ist nicht erforderlich, dass alle nur denkbaren vertretertypischen Kriterien vorliegen.2789 Es kommt vielmehr darauf an, dass der Mittler dem Gesamtbild ach wie ein HV eingegliedert ist.2790 Dagegen soll es gegen eine handelsvertretergleiche Einbindung sprechen, wenn 361 – zwar ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt und eine Alleinbezugsverpflichtung begründet wurde sowie der Händler das Markenzeichen des Herstellers zu verwenden hatte, ihm aber hinsichtlich des Vertriebs keine konkreten Vorgaben gemacht wurden2791 – eine Verpflichtung des Händlers zur nachdrücklichen Absatzsteigerung sowie zu einem vierteljährigen Erfahrungsaustausch über die Marktsituation sowie Preisgestaltung vereinbart war, ebenso Mindestabnahmemengen und Informationsund Berichtspflichten betreffend die Geschäftsentwicklung, jedoch eine Pflicht zur Information über einzelne Geschäftsabschlüsse fehlt2792 – ein Absatzgebiet zugewiesen wurde, der Mittler einer Abnahmeverpflichtung sowie einem Konkurrenzverbotes unterlag, jedoch eingehende Informations- und Berichtspflichten fehlten2793 – eine Verpflichtung zur Ausrichtung auf die Organisation des Herstellers nicht vereinbart wurde2794 – Kontroll- oder Überwachungsrechte – von der Nachprüfung von Reklamationen abgesehen2795 – des Herstellers nicht existieren2796 – der Geschäftsbetrieb des Händlers nicht spezifisch auf die Ware des Unternehmers ausgerichtet war2797 – eine enge Kooperation durch persönliche Kontakte, Verkaufsgespräche, gegenseitige Besuche, Besprechungen sowie Strategietreffen als auch durch die Kooperation

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2783 Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 236 ff. 2784 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520. 2785 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 2786 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 36; Canaris § 17 Rn 18; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 361; Westphal II Rn 137; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 772; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141). 2787 Westphal II Rn 138. 2788 OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume. 2789 OLG München, Hinweisbeschl. v. 23.12.2009 – 7 U 3071/09 – BMW. 2790 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 361. 2791 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – I ZR 244/86, BB 1988, 1770 = NJW-RR 1988, 1305. 2792 OLG Hamm, Urt. v. 9.6.2004 – 35 W 5/04, NJW-RR 1996, 226; zweifelh. 2793 OLG Hamm, Urt. v. 15.5.1995, NJW-RR 1996, 226; zweifelh. 2794 OLG Köln, Urt. v. 20.5.1994 – 19 U 237/93, BB 1994, 1881. 2795 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – I ZR 244/86, BB 1988, 1770 = NJW-RR 1988, 1305 = MDR 1988, 1026. 2796 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – I ZR 244/86, BB 1988, 1770 = NJW-RR 1988, 1305 = MDR 1988, 1026; OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume; v. 20.5.1994 – 19 U 237/93, BB 1994, 1881. 2797 OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume. Es stellt sich aber immer die Frage, was dies konkret heißt. Auch ein HV ist ohne spezifisch auf die Produkte des Unternehmers ausgerichteten Geschäftsbetrieb HV.

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bei der Entwicklung neuer Produkte und die Überlassung von Verkaufs- und Besuchsberichten bestand, der Händler aber nicht wie im HV-Recht verpflichtet war, die Interessen des Herstellers wahrzunehmen, ein Konkurrenzverbot zu achten oder einen Mindestbezug einzuhalten und keine generelle Richtlinienkompetenz des Herstellers bestand2798 ein Konkurrenzverbot nicht geregelt wurde2799 der Unternehmer keine Absatzorganisation am zugewiesenen Markt unterhält.2800 Im entschiedenen Fall gab es auf dem zu bearbeitenden Markt nur einen Kunden als Monopolisten; eine weitergehende Absatzförderung habe nicht erfolgen können2801 der Vertriebsmittler (ein Markenlizenznehmer) keine Waren des Unternehmers oder mit ihm verbundener Unternehmen vertrieb, sondern nur solche, die er sich von dritter Seite beschaffte und mit der Marke des Unternehmers versah2802 angeblich falls bei einem Markenlizenzvertrag der Markeninhaber und Lizenzgeber auf dem Gebiet vom Lizenznehmer vertriebenen Waren selbst nicht tätig ist.2803 Aus dem Vergleich mit Franchisingverträgen ergäbe sich nichts anderes. Dort sei eine vergleichbare Interessenlage nur in Fallgestaltungen angenommen worden, in welchen dem FN der Vertrieb von Produkten des FG zugewiesen war und nach Beendigung des Vertragsverhältnisses die während der Vertragslaufzeit vom FN neu geworbenen Kunden dem FG allein zustehen sollten2804 angeblich wenn zwar Absatzförderungspflicht und Wettbewerbsverbot vereinbart sind, jene Pflichten aber im unmittelbaren Zusammenhang damit standen, dass die Mittler ein exklusives Vertriebs- und Verkaufsrecht eingeräumt erhielten und der Hersteller deshalb darauf angewiesen war, dass der Händler hiervon Gebrauch macht2805 angeblich sofern zwar eine allg. Pflicht zum intensiven Verkauf, zur umfangreichen Werbung, zum Einsatz geschulten Personals, zur Kundenberatung sowie zu Werkstatttätigkeiten bestanden, „diese sich jedoch aus der „vereinbarten Zusammenarbeit des Vertragshändlers und des Unternehmers erklärten“ und auch im Interesse des Vertragshändlers lägen2806 sofern die die Einbindung und die Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes mglw. begründenden Vorschriften nur den Hauptzweck des Vertrags, im entschiedenen Fall eine Markenlizenzvereinbarung, unterstützen sollen 2807 (zweifelhaft, da es auf den Zweck auch beim HV nicht ankommt)

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2798 OLG München, Urt. v. 8.1.1997 – 7 U 4334/96, BB 1997, 595. 2799 OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 – aber es gilt ohnehin kraft § 86 Abs. 1 und ist im Vertragshändlerecht kartellrechtlich problematisch. 2800 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde); aA OLG Hamburg DB 1980, 972; Hopt § 84 Rn 15. 2801 Richtigerweise kann ein Kunde genügen, OLG Hamburg DB 1980, 972; Hopt § 84 Rn 15. 2802 BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 3/09 Rn 26 (kein Urteil des Vertriebsrechtssenats), zweifelh., da auch der Produktionsfranchisenehmer oder der mit Arbeitnehmern (Dritten) arbeitende Dienstleistungsvertreter einen Ausgleichsanspruch erhält. Zudem wird auch hier das Produkt mit dem Markennamen des Unternehmers assoziert; der Kundenstamm fällt ihm zu. 2803 BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 3/09 Rn 32 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats. 2804 BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 3/09 Rn 32 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats. 2805 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde) – eher zweifelhaft. 2806 OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume. In dieser Allgemeinheit eher fernliegend. Denn dann besäße kaum ein Vertragshändler ein Ausgleichsrecht. 2807 BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 3/09 Rn 29 – kein Urteil des Vertriebsrechtssenats.

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ein Alleinvertriebsvertrag einem Händler neben einem Wettbewerbsverbot u.a. allgemeine Verkaufsförderungspflichten, eine systematische Verkaufsschulung sowie eine allgemeine, abstrakte Marktdaten betreffende Berichtspflicht zur laufenden Unterrichtung des Herstellers über den Ausbau der Organisation und die Einstellung der Kunden zu den Erzeugnissen des Herstellers auferlegt2808 Absatzziele sowie die Verpflichtung zur intensiven Bearbeitung des Vertragsgebietes vereinbart sind, jedoch nähere Einzelheiten zu der dabei einzuhaltenden Vorgehensweise und den verbundenen Kontroll- und Weisungsbefugnissen der Herstellerin fehlen2809 der Vertrag erst mit dem Abschluss des ersten Verkaufsgeschäfts in Kraft trat, und deshalb keine Pflicht zum Tätigwerden regelt2810 der Mittler keinen vertriebs-, produkt- oder tätigkeitsbezogenen Weisungen des Unternehmers unterlag, vielmehr in der Ausgestaltung des Verkaufs2811 bzw. der Werbung2812 frei bleibt Einsichtsrechte des Herstellers in die Geschäftsunterlagen fehlen2813 (aber das betrifft das dritte Analogiekriterium).

Entscheidend ist das Gesamtbild des Vertrags.2814 Bei Franchiseverträgen soll sich die Einbindung aus der Systemeingliederungs- und -förderungspflicht ergeben.2815 Irrelevant ist, ob die Vergütung händler- oder HV-typisch ist. Dies ist erst für die Berechnungsgrundlage des Ausgleichsanspruchs bedeutsam.2816 Tatsächlich dürfte es entgegen dem BGH in der oben zitierten Entscheidung2817 auf die Existenz einer Absatzorganisation des Unternehmers nicht ankommen. Die Worte von der „Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers“ leiten in die falsche Richtung. Vertriebsrecht ist vertrags-, nicht systembezogen. Selbst wenn der Unternehmer kein Vertriebssystem unterhält und nur einen einzigen Mittler beschäftigt, kann dieser eine eigene Absatzorganisation des Unternehmers ersetzen.2818 Noch weniger kommt es auf die Absatzorganisation des Mittlers selbst an. Ferner ist das Bestehen von Kontroll- und Überwachungsrechten nicht zwingend, soweit sich die Einbindung aus anderen Kriterien ergibt.2819 Die Einräumung eines Alleinvertriebsrechts oder eines Gebietschutzes ist gleichfalls keine notwendige Voraussetzung der Analogie;2820 ebenso wenig der Einsatz eigenen Kapitals

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2808 OLG Stuttgart, Urt. v. 16.5.1997 – 2 U 229/96, NJWE-WettbR 1998, 46 (48) = LNR 1997, 14508 (dort letztlich offen gelassen und Ausgleich wg. Fehlens einer vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes verneint). 2809 OLG Köln, Urt. v. 12.1.2007 – 19 U 11/97, IHR 2007, 200 (207). 2810 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 Rn 18 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2811 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – I ZR 244/86, MDR 1988, 1026; v. 21.1.1987 – VIII ZR 169/86, MDR 1987, 490 = WM 1987, 542. 2812 OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 m. Anm. Thume. 2813 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – I ZR 244/86, MDR 1988, 1026; in BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, BB 1993, 2399 = MDR 1993, 520 wegen der Existenz von Berichtspflichten für überflüssig gehalten. 2814 Ostendorf MDR 2008, 1377 (1379); Canaris § 17 Rn 18. 2815 Canaris § 18 Rn 23. 2816 LG München I, Urt. v. 17.4.2009 – 3 HK.O 2148/07, S. 8. 2817 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2818 Emde EWiR 2007, 661 (662). 2819 BGH BB 1992, 596; Westphal II Rn 139. 2820 BGH DB 1983, 2412; BB 1988, 1770; Westphal II Rn 139; Hopt § 84 Rn 13.

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oder die Unterhaltung eines Lagers2821 bzw. die Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers.2822 Nach Ansicht des BGH2823 führt eine Vertriebspflicht nicht zur HV-gleichen Einbindung, wenn die Vertriebspflicht nur das Gegenstück zur gewährten Exklusivität darstellt. Schon zuvor war der BGH zurückhaltend, aus der Vertriebspflicht eine Einbindung herzuleiten.2824 Dies ist äußerst zweifelhaft, weil unter solchen Bedingungen einem Vertragshändler, dem Exklusivität zugesichert wurde und der damit einen besonderen Schutz erlangen will, grundsätzlich kein Ausgleichsanspruch mehr zusteht, soweit nicht weitere Analogiekriterien vorliegen. Es kann nicht sein, dass durch eine vertiefte Einbindung in das Vertriebssystem der Ausgleichsanspruch entfällt.2825 Vielmehr deutet die Exklusivität eher auf eine engere Einbindung hin. Vor allem steht auch dem Leitbild der Analogie, dem Ausschließlichkeitsvertreter, ein Ausgleich zu. Die vom BGH2826 betonte Freiheit im Verkauf trifft fast alle Vertragshändler. Das Merkmal ist daher kaum greifbar und würde bei strikter Anwendung zu einer weitgehenden Ausgleichsfreiheit führen. Sofern eine Vertriebspflicht existiert, spricht dieses klare Indiz für eine Einbindung, die der Pflicht des HV zur Werbung und (beim Abschlussvertreter) zum Abschluss entspricht. Von den o.g. für die Einbindung sprechenden Kriterien sind neben der nach §§ 84, 363 86 im Vordergrund des HV-Rechts stehenden Vertriebspflicht – hinter dieser leitbildtypischen Pflicht zurücktretend – wahrscheinlich allenfalls die ständige Wahrnehmung der Interessen des Herstellers, verbunden mit einer besonderen Treupflicht, die Unterrichtung des Unternehmers über Entwicklungen am Markt, Kontrollrechte des Unternehmers2827 und in geringerem Umfang ein ohnehin kartellrechtlich nur auf fünf Jahre zulässiges (Rn 223 ff.) Konkurrenzverbot2828 (dieses obliegt zwar dem HV kraft Gesetzes, es gibt jedoch zahlreiche HV, die von ihm befreit sind), die Zuweisung eines Vertragsgebietes (ein solches gibt es aufgrund kartellrechtlicher Vorgaben allerdings nicht einmal beim typischerweise ausgleichsberechtigten Kfz-Vertragshändler) sowie die Verfolgung von vertriebstypischen Weisungen, Richtlinien und Empfehlungen des Händlers, die Pflicht zur Wahrung der Betriebsgeheimnisse sowie eine Berichtspflicht relevant,2829 wobei letztere für den Vertragshändler als eher untypisch empfunden wird. Allerdings unterliegt der Vertragshändler einer Informationspflicht (§ 86 Rn 141). Er ist also verpflichtet, den Unternehmer über die Marktverhältnisse zu informieren. Auch der HV erhält einen Ausgleichsanspruch, ohne dass ihm ausdrücklich ein Wettbewerbsverbot auferlegt werden muss. Jedes weitere Kriterium dürfte irrelevant sein, weil es auch beim HV typischerweise nicht vorzufinden ist. Die vorgenannten Pflichten und Kriterien bilden die Rechtsfolge, nicht den Rechtsgrund der Statusfrage und Analogie,2830 und das

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2821 BGH NJW 1977, 896. 2822 BGH NJW 1977, 896. 2823 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2824 BGH, Urt. v. 8.6.1988, BB 1988, 1770. 2825 Emde EWiR 2007, 661 (662). 2826 BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde). 2827 BGH, Urt. v. 8.6.1988, BB 1988, 1770; v. 7.11.1991, BB 1992, 596; Wauschkuhn in: Schultze/ Wauschkuhn/Spenner/Dau Rn 775. 2828 Thume IHR 2013, 173 (174). 2829 BGH, Urt. v. 7.11.1991, BB 1992, 596; Wauschkuhn in: Schultze/Wauschkuhn/Spenner/Dau, Rn 775; Ostendorf MDR 2008, 1377. 2830 AA BGH, Urt. v. 13.6.2007 – VIII ZR 352/04, NJW-RR 2007, 1327 = MDR 2007, 1084 = EWiR 2007, 661 (Emde).

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auch beim HV-ähnlichen Mittler. Ihre vertragliche Regelung lässt allenfalls den Rückschluss zu, dass der Mittler wie ein HV in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden werden sollte. 364 Diejenigen, die mehr als die vorgenannten Merkmale als Voraussetzung der Analogie fordern,2831 verlangen für die Analogie mehr, als beim gesetzestypischen HV für dessen Einordnung als HV und ein Ausgleichsrecht erforderlich ist.2832 HV-Recht ist weitgehend dispositiv. Ein HV-Vertrag kann sogar formfrei geschlossen werden (§ 85) und oft wird in diesem Fall nicht mehr vereinbart, als dass der HV für den Unternehmer vermittelnd tätig sein soll und als Gegenleistung eine bezifferte Provision erhält. Die Rechtsfolge ergibt sich dann aus dem Gesetz, nämlich die Provisions- (§§ 87 ff.) und Ausgleichspflicht (§ 89b). Für die Einordnung als HV nicht gefordert werden hingegen die oben genannten Analogiekriterien, insb. die Zusicherung eines Alleinvertriebsrechts, die Gewährung eines Bezirksschutzes oder die Verpflichtung zur Lagerhaltung. Ganz sicher gilt das für die Verpflichtung zum Kundendienst, die HV-untypisch ist, was nichts besser dokumentiert, als dass die frühere Kfz-GVO 1400/02 im Kfz-Vertragshändlerrecht eine zwingende Trennung von Verkauf und Kundendienst vorschrieb. Analogiebegründend kann nur sein, was in § 84 geregelt ist. Soweit der Vertriebsmittler selbständiger Gewerbetreibender ist und wie der HV einer Vertriebspflicht unterliegt (für den HV: mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften betraut, beim HV-ähnlichen Mittler: mit dem Vertrieb betraut), ist das wichtigste Analogiekriterium die einem HV vergleichbare Verpflichtung zum Vertrieb (Absatzförderungspflicht).2833 Liegt sie vor, ergibt sich das auf einen solchen Mittler anzuwendende Recht aus der analogen Anwendung des HV-Rechts. Die häufig auf Zufälligkeiten beruhende Bezeichnung des Vertrages als HV-, Ver365 tragshändler- oder Franchisevertrag ist für diese Rechtsfolgen unerheblich.2834 Entscheidend ist allein die Aufbauleistung des Vertriebsmittlers in Hinblick auf den Kundenstamm, in welchem Rechtskleid auch immer. Bei gleicher Verpflichtung zum Vertrieb dem HV einen Ausgleich zu gewähren, den mit höherem Risiko – weil mit eigenem Kapitaleinsatz – arbeitenden Vertragshändler, Franchisenehmer oder Markenlizenznehmer mit Vertriebspflicht jedoch nicht, bedürfte einer sehr eingehenden Erklärung. 366 Die Vertriebs- oder Absatzförderungspflicht bildet damit das bedeutendste – aber nicht das einzige – Analogiekriterium.2835 Weisungsgebundenheit oder Interessenwahrungspflicht als Analogietatbestände treten hinter ihr als Indikator zurück.2836 Die letztgenannten Pflichten sind vielen Rechtsverhältnissen immanent, als Treupflicht etwa Geschäftsbesorgungs- (§§ 675, 665 BGB) und Dienstverträgen. Sie bestehen z.B. auch zwischen GmbH-Geschäftsführer und Gesellschaftern. Beide Pflichten sind – anders als die ständige Vermittlungspflicht – also nicht HV-typisch. Dies gilt insb. für die in den §§ 84 ff. nicht einmal normierte Weisungsfolgepflicht. Eine hier nicht gefasste Pflicht ist als vorrangiger Indikator einer Gesetzesanalogie ungeeignet.2837 Die Weisungsfolgepflicht wird

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2831 Typisch Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 968. 2832 Kritisch auch Thume IHR 2013, 173 (174), der das Leitbild eines „durchschnittlichen“ (besser wohl „gesetzesgemäßen“) HV-Vertrages anwenden will. 2833 Eingehend Emde WRP 2006, 449 ff.; ebenso Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520). 2834 BGH, Urt. v. 23.9.1975, BB 1976, 6 (7); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 8. 2835 BGH, Urt. v. 31.1.1991 – I ZR 142/89, BB 1991, 1210; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 19; Emde WRP 2003, 468 ff.; Emde WRP 2006, 449 ff.; Emde EWiR 2007, 661 (662); Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167. 2836 AA Ostendorf MDR 2008, 1377 ff. 2837 AA Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378).

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zwar oft geregelt und ergibt sich bei Existenz vertriebsrechtlicher Vertragsteile als Rechtsfolge konkludent aus dem Vertrag. Sie wird teils aus § 86 Abs. 1 (Interessenwahrungspflicht) entnommen,2838 richtigerweise aber wohl aus §§ 675, 665 BGB.2839 Diese Herleitung aus allgemeinem Zivilrecht zeigt, dass auch die Weisungsgebundenheit nicht nur den Typus des HV prägt und nicht aus sich heraus analogiebegründend wirken kann. Die Interessenwahrungspflicht ergibt sich als Rechtsfolge aus dem durch die ausdrückliche oder stillschweigende Vertriebspflicht indizierten vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages und ist selbst ohne dahingehende, ausdrückliche Abrede wegen der Verpflichtung des Mittlers zur Loyalität gegenüber dem Prinzipal stillschweigend vereinbart. Die Vertriebspflicht hingegen grenzt den HV vom nicht ausgleichsberechtigten, jedoch ebenfalls einer Interessenwahrungspflicht unterliegenden 2840 Handelsmakler nach §§ 93 ff. ab.2841 Sie ist HV-typisch, weil leitbildprägend, und das auch im Bereich des Vertriebs durch HV-ähnliche Mittler.2842 Allerdings lässt sich die Existenz der Vertriebspflicht häufig nur aus Indizien herleiten und hier gewinnt die vertragliche Vereinbarung HVtypischer Rechtspflichten und Rechtsfolgen, etwa eines vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots, das eigentlich Rechtsfolge und nicht Rechtsgrund der Statusfrage ist, Bedeutung.2843 Eine Vielzahl vertraglich vereinbarter Pflichten, die den Mittler dem Leitbild des HV nähern, deuten daher auf eine HV-gleiche Einbindung hin. Verträge, die eine Vertriebspflicht enthalten, substituieren einen Eigenvertrieb des 367 Unternehmers durch HV, Vertragshändler oder andere ausgleichsberechtigte Vertriebsmittler. Ein zwingendes Analogiekriterium ist diese Substitution nicht, nur ein weiterer Indikator. Dass um den vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages – insb. die Vertriebspflicht – herum nicht dem Vertriebsrecht zugehörige Klauseln, etwa markenrechtliche Regelungen oder eine Produktionspflicht gelegt werden, ist kein analogieausschließender Umstand, ebenso wenig, wie es weitere um den Vertriebsrechtskern gruppierte Regelungen sind, etwa kaufrechtliche Bestimmungen (zumal die Kaufverträge meist unter dem Rahmenvertrag geschlossene, separate Einzelverträge bilden)2844 bzw. die Pflicht zur Zahlung von Lizenz- oder Franchisegebühren.2845 Sie könnten wirtschaftlich besehen auch in einem geringeren Vertragshändlerrabatt enthalten sein.2846 Wie wenig bedeutsam solche Nebenabreden sind, zeigt schon das heutige Erscheinungsbild der anerkannt ausgleichspflichtigen, samt Anlagen oft mit dreistelliger Seitenzahl und zahlreichen vertriebsuntypischen Abreden versehenen Tankstellen- und Kfz-Handelsvertreterverträge (Mercedes-Benz), Kfz-Vertragshändlerverträge 2847 oder Franchiseverträge. Gerade die letztgenannten Verträge beinhalten umfassende Regeln zur Nutzung der Marke des Unternehmers sowie zum Systemauftritt und ein ausgleichspflichtiger Produktionsfranchi-

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2838 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. III Rn 149; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 25; Oetker/Busche § 86 Rn 16. 2839 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 15; OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31; kritisch hierzu Ostendorf MDR 2008, 1377 (1378). 2840 Hopt § 93 Rn 24. 2841 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. I Rn 118; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2d; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 7; Emde DB 2003, 981 (982). 2842 Niebling WRP 2010, 631 zum Kfz-Vertragshändler. 2843 Emde EWiR 2007, 661 (662). 2844 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520). 2845 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 250. 2846 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 250. 2847 Vgl. zum extensiven Inhalt solcher Verträge beispielhaft BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus, NJW 2006, 15; v. 13.7.2004 – KZR 10/03, GRUR 2005, 62 = EWiR 2004, 1177 (Herbertz).

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severtrag neben den vertriebsrechtlichen Klauseln nicht wenige Bestimmungen zu Produktion und Produktionsverfahren. In Vertragshändlerverträgen schließen sich den vertriebsrechtlichen Regelungen solche zu den Kaufverträgen zwischen den Vertragspartnern an. 2848 An der Analogie ändert sich durch diese Zusatzregelungen nichts: Sie ergänzen den zur Analogie führenden Vertriebskern, schließen die Charakterisierung als Vertriebsvertrag jedoch nicht aus. Dass z.B. ein Produktionsfranchise- oder Markenlizenzvertrag neben dem Vertrieb die Produktion des Unternehmers ersetzt, berührt die Anwendung der §§ 84 ff. auf die vertriebsrechtlichen Regelungen des Gesamtvertrages nicht. Einem Mischvertrag ist immanent, dass verschiedene Teile des Vertrags unterschiedlichem Regime unterstehen können. Die Übertragung von Know-How, wie sie beim Franchisevertrag geschieht, ist gleichfalls keine Analogievoraussetzung. Sie ist nicht HV-typisch. Eine angeblich gegebene „pachtvertragliche Komponente“2849 etwa von Markenli368 zenzverträgen oder Vertragshändlerverträgen2850 kann die Analogie nicht beiseite setzen. Vielleicht zeigt dies außer der Diskussion um die pachtvertragliche Einordnung des ausgleichspflichtigen Franchisevertrages bereits der Vergleich zum Tankstellen-HV,2851 bei dem die Analogie befürwortet wird und der oft als Tankstellenpächter bezeichnet wird. Das Pachtrecht enthält zwar kein Ausgleichsrecht – weshalb ein reiner Pachtvertrag nicht ausgleichspflichtig wäre. Andererseits regelt es aber auch keinen Ausschluss der Ausgleichsberechtigung. Die pachtrechtliche Komponente vervollständigt den vertriebsrechtlichen Kern des Vertrages. Bei dem dann gegebenen Mischvertrag bliebe nach wie vor eine Regelungslücke bestehen: Ein Pächter unterliegt keiner Vertriebspflicht und muss deshalb keine Kunden werben. Die seine Vertriebspflicht erfüllende Aufbauarbeit am Kundenstamm wird durch das Pachtrecht nicht honoriert, weshalb sich ohne Analogie zum Vertriebsrecht möglicherweise eine Vergütungspflicht aus § 354 HGB oder § 812 BGB2852 ergäbe. Auch in Franchiseverträgen wird nach einer Meinungsgruppe auf die lizenzvertraglichen Vertragsteile Pachtrecht angewandt.2853 Gleichwohl besteht dort eine Ausgleichsberechtigung. III. Beispiele 369 – –

Diese Analogiekriterien sind etwa bei folgenden Typen von Vertriebsmittlern erfüllt: Vertragshändlern,2854 insbesondere Kfz-Vertragshändlern2855 Franchisenehmern2856

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2848 Emde DB 2003, 981 (983). 2849 Martinek/Wimmer-Leonhardt WRP 2006, 204 (207, 219); Canaris § 18 Rn 17. 2850 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 6.3.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336: Es handelt sich nur um eines vieler Elemente des Vertrages. 2851 BGH NJW 1985, 862; NJW 1998, 66; 1998, 71; NJW-RR 2002, 1548; Urt. v. 8.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180; OLG Köln OLGR 2003, 170; VersR 2001, 1234; Westphal OLGR-Kommentar 12/2002, K 35; Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. I Rn 161; Semmler Die Rechtsstellung des Tankstellenhalters zwischen Handelsvertreter und Vertragshändler, Baden-Baden 1995; Heyer Rechtsfragen an Tankstelle und Garage, Würzburg 1964; Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung, Berlin 1971; aA English Court of Appeal; Entsch. v. 23.7.1999, ZEuP 2002, 823 m. Anm. Westphal. 2852 S. BGH, Urt. v. 5.10.2005 – XII ZR 43/02, ZflR 2006, 92 = NZM 2006, 15 = EWiR 2006, 101 (Eckert). 2853 Plassmeier in: Heide/Pauly/Amend, Anwaltsformulare, Franchiserecht, Rn 24, S. 876. 2854 BGH NJW 1983, 2877 (2878); BB 1993, 2399; NJW 1996, 2159 (2160); OLG Köln ZIP 2002, 420 (426); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 169; Hopt § 84 Rn 11 ff.; krit. Kirsch NJW 1999, 2779 (Kommentar zu Kirsch bei Emde VersR 2001, 148 [163]). 2855 BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83, NJW 1985, 623 (630). Besonders plastisch: OLG Köln, Urt. v. 15.11.2002 – 19 U 94/02, VersR 2003, 105. 2856 Siehe BGH NJW-RR 1997, 170 (175); OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, DB 2002, 2433; LG Hanau, Urt. v. 28.5.2002 – 6 O 106/01, n.v.; Martinek Franchising, S. 353, 366 ff.; Niebling

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Kommissionsagenten2857 Markenlizenznehmern2858 Service-Providern, die Netzkapazitäten von Netzbetreibern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vertreiben.2859 IV. Typenkombinationsverträge

Mischverträge zwischen verschiedenen Arten von Vertriebsverträgen sind häufig. 370 Sie sind z.B. teils HV-, teils Eigenhändlerverträge, insb. Vertragshändlerverträge. Es wird diskutiert, wie diese Typenkombinationsverträge einzuordnen sind. Nach der so genannten Absorptionstheorie soll das gesamte Rechtsverhältnis der Ordnung eines bestimmten Typs unterworfen sein.2860 Die Kombinations- oder Kumulationstheorie wendet hingegen die gesetzlichen Bestimmungen der im Typenkombinationsvertrag vertretenen Vertragstypen auf nur den jeweils einem Typus zuzuordnenden Teil des Regelwerks an.2861 Richtigerweise ist im Grundsatz die Kumulationstheorie. Auf eventuelle gemeinsame Bestimmungen, deren Zuordnung zu einzelnen Vertragstypen unmöglich ist (was bei vor der Klammer gezogenen Bestimmungen schwerlich denkbar ist, weil sie jeweils beiden Verträgen zugeordnet werden können), werden die Rechtsvorschriften angewandt, die zum Schwerpunkt des Vertrages passen. In der Praxis dürfte es kaum Schwierigkeiten geben, weil auf alle Vertragstypen letztlich HV-Recht angewandt wird, notfalls analog. I. Vertragshändler Schrifttum v. Brunn Die Händlerverträge in der Kraftfahrzeugwirtschaft (1949); ders. Ausgleichsansprüche beim Eigenhändlervertrag, DB 1961, 419; ders. Zum Recht des Eigenhändlers, Festschrift 150 Jahre Carl Heymanns Verlag (1965) 327; Buchwald Vertragshändler – Handelsvertreter? Zur Auswirkung des § 89b HGB, GmbHR 1957, 102; Evans-v. Krbek Die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts auf den Vertragshändler, 1976; Finger Die Stellung des Vertragshändlers bei Beendigung des Vertrages, DB (1970) 141; Glaser Steht dem Generalvertreter ein Ausgleichsanspruch zu? DB (1957) 1173; Habersack/Ulmer Rechtsfragen des Kraftfahrzeugvertriebs durch Vertragshändler, (1998); Kreifels/Lang Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers, NJW 1970, 1769; Martiny Zustandekommen von Gerichtsstandsvereinbarungen und stillschweigende Rechtswahl bei Vertragshändlerverträgen, AWD (1972) 165; Mücke Ist § 89b HGB auf Vertragshändler anwendbar? MDR 1956, 641; Nies Kann einem Eigenhändler der Ausgleichsanspruch des § 89b HGB zustehen? MDR 1961, 556; Hans-Carl Nipperdey Handelsvertreter und Eigen-(Vertrags-)händler.

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Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 205 ff.; Giesler ZIP 2000, 2098 ff.; Giesler WM 2001, 1441 ff.; Haager NJW 2002, 1463 (1471); Martinek ZIP 1988, 1362 (1378). 2857 BGH, Urt. v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1059) = BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707, 1712 = EWiR 2004, 115 (Emde) – nach den Verhältnissen des dortigen Falles; Canaris § 16 Rn 13; Karsten Schmidt § 28 III 1b aa; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (27); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 426; wohl auch BGH, Urt. v. 1.6.1964 – VII ZR 235/62, BB 1964, 823 wonach eine Analogie wohl eher als beim Eigenhändler bejaht werden kann. 2858 Emde WRP 2003, 468; Emde WRP 2006, 449; Prasse MDR 2008, 122 (127); aA BGH, Urt. v. 29.4.2010 – I ZR 3/09; OLG Hamburg, Urt. v. 27.11.2008 – 3 U 146/06 m. Anm. Imhof GWR 2009, 286654; Martinek/ Wimmer-Leonhardt WRP 2006, 204 ff. 2859 Pollklesener DB 2003, 927. 2860 BAG, Urt. v. 6.2.1969, AP Nr. 11 zu § 611 BGB; Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 31. 2861 OLG Hamburg, Urt. v. 12.8.1976, VersR 1977, 567; OLG Frankfurt, Urt. v. 27.9.1994, WiB 1996, 640 (641) – Pronuptia III.

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Der Ausgleichsanspruch des § 89b HGB, Festschrift Hedemann (1958) 207; Ostendorf Grenzen der analogen Anwendung von § 89b HGB auf Händler außerhalb des Kfz-Vertriebs, MDR 2008, 1377; Renz Das Rechtsverhältnis zwischen dem Vertragshändler und seinem Lieferanten, Diss. Heidelberg (1966); Sandrock Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers: der Bundesgerichtshof auf den Spuren von Odysseus, Festschrift Rob. Fischer (1979) 657; Karsten Schmidt Kundenstammüberlassung und „Sogwirkung der Marke“: taugliche Kriterien für den Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers? DB 1979, 2357; Schröder Steht ein Ausgleichsanspruch auch einem Eigenhändler (Vertragshändler) zu? BB 1958, 252; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers (Vertragshändlers), BB 1961, 809; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers, DB 1966, 449; Schuler Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers? NJW 1959 649; ders. Zum Ausgleichsanspruch des Eigenhändlers und des Handelsvertreters, NJW 1961 758; Steffens Der Alleinverkaufsvertrag, Diss. Hamburg (1960); Stumpf/Zimmermann Zu den Voraussetzungen des Anspruchs des Vertragshändlers auf Zahlung eines Ausgleichs, BB 1978, 429; Sturm Der Eigenhändler im Außenprivatrecht, Festschrift Wahl (1973) 207 ff.; Peter Ulmer Der Vertragshändler, 1969 (dazu Rittner ZHR 135 [1971], 62).

I. Übereinstimmungen und Unterschiede in der Funktion 371

Der unselbständige (angestellte) Reisende und der selbständige HV sind, abgesehen vom Aufbau eines Filialnetzes, nicht die einzigen Vertriebsformen, welche ein Unternehmer wählen mag. Er kann sich auch des Absatzes durch selbständige Mittler bedienen, die auf eigene Rechnung arbeiten, gleichwohl aber in seinen Vertriebsorganismus fest eingegliedert sind. Diese Erscheinung findet sich oft bei Markenartikeln (Kfz, Möbeln, Büromaschinen, Elektrogeräten, aber auch in der Getränkeindustrie – Vertrieb durch Abfüllunternehmer). Die Belieferung des Marktes erfolgt dann oft unter regionaler Aufteilung durch Händler, die jeweils, oft mit Alleinvertriebsrecht, einen bestimmten Bezirk zugewiesen erhalten. Grund des Vertriebes durch Vertragshändler ist u.a., dass sie den Herstellern Vertriebskosten in Höhe von 15% der unverbindlichen Preisempfehlung ersparen.2862 Der Vertragshändler ist zunächst einmal Eigenhändler.2863 Eigenhändler ist der 372 selbständige Kaufmann, der im eigenen Namen und für eigene Rechnung kauft sowie verkauft und weder rechtlich noch wirtschaftlich für einen anderen Unternehmer tätig ist.2864 Der Eigenhändler wird zum Vertragshändler, wenn die oben, Rn 359 ff., genannten Analogiekriterien erfüllt sind und er mit einem Unternehmer einen als Daueroder Rahmenvertrag2865 eingeordneten Bezugsvertrag mit ständiger, HV-ähnlicher Bindung schließt, durch den er in dessen Vertriebs- und Absatzorganisation eingegliedert wird, mit der Verpflichtung, den Vertrieb der Ware oder der Produkte des Unternehmers in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu fördern (Vertriebspflicht)2866 (zur Rechtsnatur unten, Rn 363 ff.). Der EuGH2867 stellt für seine Definition eines „Vertragshändlervertrages“, da er den Begriff der „Dienstleistung“ des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ausfüllen musste, sehr auf die Rechte des Händlers ab, wenn er betont, der Vertrag bestehe in einem von zwei Wirtschaftsteilnehmern für die Zukunft geschlossenen Rahmenvertrag, der Liefer- und Bezugsverpflichtungen zum Gegenstand habe und spezifische Vertrags-

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2862 Creutzig BB 2002, 2133. 2863 In der früheren Rspr. häufig synonym für den Vertragshändler gebraucht, s. BGH, Urt. v. 11.12.1958 – II ZR 73/57, BGHZ 29, 83 (87); v. 16.2.1961 – VII ZR 239/59, BGHZ 34, 282 (285); vgl. Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (6). 2864 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 98. 2865 Habersack/Ulmer S. 23; Canaris § 17 Rn 10 f. 2866 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (21) unter Hinweis auf die Definition der Finanzverwaltung. 2867 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 = EuZW 2014, 181 Rn 36 ff.

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klauseln über den Vertrieb der vom Lizenzgeber verkauften Waren durch den Vertragshändler enthalte. Der Vertragshändler wirke durch die Gewährleistung des Vertriebs der Erzeugnisse an der Förderung ihrer Verbreitung mit. Dank der ihm nach dem Vertriebsvertrag zustehenden Beschaffungsgarantie und ggf. dank seiner Beteiligung an der Geschäftsstrategie des Unternehmers, insb. an Aktionen zur Absatzförderung, sei der Vertragshändler in der Lage, den Kunden Dienstleistungen und Vorteile zu bieten, die ein einfacher Wiederverkäufer nicht bieten könne, und somit für die Erzeugnisse des Unternehmers einen größeren Anteil am lokalen Markt zu erobern. Die Auswahl der Händler durch den Unternehmer verschaffe dem Vertragshändler einen Wettbewerbsvorteil, weil er als Einziger das Recht habe, die Erzeugnisse in einem bestimmten Gebiet zu verkaufen, oder zumindest, weil dieses Recht nur einer beschränkten Zahl von Händlern zustehe. Außerdem sehe der Vertriebsvertrag oft vor, dass dem Vertragshändler Hilfe in Form von Zugang zu Werbematerial, Vermittlung von Know-how durch Fortbildungsmaßnahmen oder auch Zahlungserleichterungen gewährt werde. Die Summe dieser Vorteile stelle einen wirtschaftlichen Wert dar. Nach Art. IV.E-5:101 Draft Common Frame of Ref. ist der distribution contract ein Vertrag „under which one party, the supplier, agrees to supply the other party, the distributor, with products on a continuing basis and the distributor agrees to purchase them, or to take and pay for them, and to supply them to others in the distributor’s name and on the distributor’s behalf“. Meist beziehen Vertragshändler die Ware käuflich vom Hersteller, um sie im Wege des Weiterverkaufs abzusetzen. Gerade zum bloßen Eigen- oder Großhändler besteht der Unterschied in dem (auch) geschäftsbesorgenden Charakter des Vertrages mit Vertriebspflicht zugunsten des Unternehmers.2868 Beschränken sich die Bindungen hingegen auf eine bloße Verkäufer-Käufer-Beziehung, liegt kein Vertragshändlervertrag vor.2869 Die Bezeichnung des Vertrags als Vertragshändlervertrag oder etwa als Konzes- 373 sionärs- oder Großhändlervertrag ist für die rechtliche Einordnung nicht anders als beim HV-Vertrag irrelevant. Zwar können dem Händler nach der Abschaffung der Preisbindung zweiter Hand für Markenartikel durch die Kartellnovelle 1973 nicht mehr rechtsgültig die Innehaltung bestimmter Preise und Konditionen beim Weiterverkauf auferlegt werden.2870 Wohl aber sind „Empfehlungen“ zulässig. Daneben bleibt ein breiter Bereich zulässiger Weisungsgebundenheit. Der Händler kann verpflichtet werden, auf Anfordern Vertriebsschwerpunkte zu bilden, an Vertriebskonferenzen teilzunehmen, Einsicht in seine Bücher und Bilanzen zwecks Vergewisserung über seine Leistungsfähigkeit zu gestatten (zur Unwirksamkeit in AGB Rn 55 „Einsichtsrechte“). Berichtspflichten mehr oder weniger großen Umfangs pflegen das Bild der Integration in das Vertriebsnetz zu runden. Das Vertriebsnetz kann auch mehrstufig organisiert sein – weshalb im Folgenden dem „Hersteller“ der „Lieferant“ an die Seite gestellt wird –, etwa in der Automobilbranche. Es gibt auch Vertriebsmittler, die teils als HV, teils als Vertragshändler für denselben Hersteller tätig sind.2871 Die Integration oder Eingliederung in das Vertriebsnetz des Herstellers bei 374 Existenz einer Vertriebspflicht, ist das, was dem Vertragshändler und dem HV gemeinsam ist. Beide haben die Pflicht, den Absatz der Erzeugnisse ihres Unternehmers

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2868 Canaris § 17 Rn 5. 2869 Vgl. BGH, Urt. v. 11.12.1958 – II ZR 73/57, BGHZ 29, 83 (87) = NJW 1959, 14; v. 16.2.1961 – VII ZR 239/59, BGHZ 34, 282 (286) = NJW 1961, 662; v. 14.4.1983 – I ZR 20/81, NJW 1983, 2877; OLG Köln NJWRR 1995, 29; Canaris § 17 Rn 1 ff.; Westphal II Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 20; Alff Rn 328. 2870 KG NJW 1981, 2823. 2871 BGH DB 1974, 233.

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(Herstellers) zu fördern. Konkurrenzware dürfen sie nicht führen. Von den Dispositionen des Unternehmers (Herstellers) sind sie, obwohl selbständige Kaufleute, wirtschaftlich, von seinen (zulässigen) Weisungen – auch hier besteht ein Weisungsrecht2872 – rechtlich abhängig. Zulässig sind in erster Linie Weisungen zur Vertriebspolitik und weniger zur Unternehmensorganisation des Vertragshändlers und zu den Verkaufsvorgängen des Händlers.2873 Es gelten insoweit die § 86 Rn 180 ff. für den HV dargelegten Maßstäbe. Auch die rechtliche Struktur ihres Tätigkeitsfundaments ist die gleiche: den Rahmen ihrer Arbeit gibt ein mit dem Unternehmen (Hersteller) geschlossener Rahmenvertrag; in Ausführung desselben haben die einzelnen Vertriebsakte sich zu vollziehen. 375 Dennoch gibt es erhebliche Unterschiede. Der Vertragshändler „reist“ meist nicht, sondern ist eher ortsfest, wobei auch dies kein festes Abgrenzungsmerkmal ist, da es stationäre HV (etwa: Tankstellen-HV und Mercedes-Benz-HV) gibt, aber auch reisende HV-ähnliche Vertriebsmittler („Eismänner“). Die Dienste des HV sind auch oft weniger kapitalintensiv. Der HV vermittelt oder schließt Geschäfte für seinen Unternehmer, der sie ausführt. Für die danach ausgeführten, auf seine erfolgreiche Vermittlung zurückzuführenden Geschäfte wird er vom Unternehmer entlohnt in Gestalt von Provisionen, berechnet nach einem meist festen Prozentsatz vom Abschluss. Andere Risiken als die, dass der Unternehmer das vermittelte Geschäft nicht abschließt, ein Geschäft aus vom Unternehmer nicht zu vertretenden Gründen nicht zur Durchführung gelangt oder der Kunde nicht zahlt (§ 87a Abs. 2, 3) und der HV dadurch seine Provision verliert, trägt er normalerweise nicht. Dies ist Grund dafür, dass die EU-Kommission in den Leitlinien zur GVO 330/10 (Rn 138 ff.) HV und Eigenhändler durch das übernommene finanzielle Risiko abgrenzt. Das Provisionsrisiko des HV liegt zwar außerhalb seiner Einwirkungsmöglichkeit. Er kann sich aber dadurch schützen, dass er sein Risiko verteilt, indem er mehrere Vertretungen für verschiedene Unternehmer in nicht konkurrierenden Waren übernimmt und dadurch Sortiment und Tätigkeitsfeld auf breitere Basis stellt. Die Risiken des Vertragshändlers sind wesensbedingt andere. Der Vertragshänd376 ler arbeitet auf eigene Rechnung. Er kauft und verkauft, muss Werbung im eigenen Namen betreiben, unterliegt Mangelgewährleistungsrecht und muss ggf. Service anbieten. Für alles benötigt er eigenes Kapital. Das Risiko des Vertragshändlers erfährt nicht nur gegenüber dem eines HV sondern auch gegenüber dem eines ungebundenen Händlers eine Verschärfung, da der Vertragshändler wegen der eingeschränkten Sortimentsfunktion nur mit Einschränkungen einen Risikoausgleich zwischen den Artikeln anstreben kann2874 und sich dem Schicksal der Produkte „seines“ Unternehmers unterordnen muss. Ferner darf sich der Vertragshändler aufgrund der Vertriebs- und Absatzförderungspflicht2875 nicht frei entscheiden, ob er von Fall zu Fall tätig werden will. Vielmehr hat er sich analog § 84 ständig um den Absatz der Herstellerprodukte zu bemühen.2876 Er trägt die Risiken der Umschlagsaufgaben des Handels, etwa der Vorausdisposition, der Transportgefahr, der Lagerhaltung und einer etwaigen Kreditierung des Verkaufspreises an den Abnehmer, während sich der HV auf die Markterschließungs-, Marktbeobachtungs- sowie die Kundenberatungsfunktion konzentrieren kann.2877 Wenngleich auch der Vertragshändler bei der Absatzförderung Dienste persönlicher Art einzusetzen hat, so doch zu einem mindestens gleichgewichtigen Teil im Interesse seines eigenen unter-

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2872 2873 2874 2875 2876 2877

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Ulmer S. 417; Canaris § 17 Rn 44. Canaris § 17 Rn 44. Westphal II Rn 7. Sie steht im Vordergrund, s. Niebling WRP 2010, 631. Westphal II Rn 18; Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2255. Westphal II Rn 37.

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nehmerischen Kapitalwagnisses. Wird der Vertragshändlervertrag beendet, so sind die Folgen für den Vertragshändler oft einschneidender als für den HV: Er kann sein Kapital aus seinem Betrieb, dessen Warenbestand er nun nicht mehr vertreiben darf und dessen Kundendienstabteilung mit meist nicht unerheblich hohen Investitionen nutzlos geworden ist, nur unter Verlust herausziehen. Auch die Kunden gehen ihm verloren. Gerade als Letztverbraucher bleiben sie zu einem erheblichen Teil der „Marke“ treu; ihr Stamm kommt also dem Nachfolger zugute, wofür trotz des automatischen Übergangs des Kundenstammes („Sogwirkung der Marke“) nach h.M. kein Ausgleich zu zahlen ist, sofern dem Unternehmer die Kunden des HV-ähnlichen Vertriebsmittlers nicht ausdrücklich namhaft gemacht wurden. Deshalb ist die Zahl bekannter Händlerinsolvenzen erheblich, insb. im kapitalintensiven Kfz-Vertragshändlerbereich. Insolvenzen von HV, außer Verbraucherinsolvenzverfahren, sind hingegen eher selten. Zu weit dürfte die für den Kfz-Vertrieb gestellte Analyse gehen, die ehemals mittelständischen Händler seien zu Filialen des Herstellers mutiert.2878 Unter dem Druck eines „freien Kündigungsrechts“ seien den Händlern kaufmännisch unvertretbare Investitionen in DM-Milliardenhöhe (1999: 3 Mrd.) abverlangt worden.2879 Es sei nicht nachvollzogen worden, was andernorts gelte: Ausübung von Macht sei mit Haftung verbunden. Es stelle sich die Frage nach der Anwendung des Konzernrechts mit Verlustausgleichspflicht (§§ 302 f. AktG).2880 II. Abgrenzung vom Fachhändler Ob es zwischen dem Vertragshändler und dem als Großhändler tätigen Eigenhänd- 377 ler noch die Gruppe der Fachhändler gibt, ist Gegenstand der Diskussion und wird vertreten.2881 Der Fachhändler kann sich vom Vertragshändler durch die fehlende Vertriebspflicht und die geringere Integration in das Vertriebssystem des Unternehmers unterscheiden. Zwingend ist dies nicht, da der umgangssprachliche Begriff des Fachhändlers weniger auf die vertriebsrechtliche Einbindung als die gegenüber dem Kunden hervortretende fachliche Spezialisierung zielt.2882 Auch der Vertragshändler vertreibt die Produkte auf eigene Rechnung mit eigenem Namen und kann für verschiedene Hersteller tätig werden,2883 ist jedoch in das Vertriebssystem des Herstellers oft enger eingebunden, weil er regelmäßig der qualitativen,2884 ggf. auch der quantitativen Selektion unterliegt und den Endverbrauchern gegenüber zur Beratung hinsichtlich des Produktes – spiegelbildlich gegenüber dem Hersteller zur Teilnahme an Schulungen etc. – verpflichtet ist. Eine eventuell bestehende Absatzförderungspflicht des Fachhändlers soll nur Nebenpflicht,2885 seine Weisungsfolgepflicht weniger ausgeprägt sein.2886 Nicht anders als beim Vertragshändler müssen die Verkaufsräume des Fachhändlers bestimmten im Fachhändlervertrag vereinbarten Voraussetzungen entsprechen. Auf Grund dieser Ein-

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2878 Ensthaler BB 2002, 313 (314); ders. BB 25/2002, „Die erste Seite“. 2879 Ensthaler BB 2002, 313 (314); ders. BB 25/2002, „Die erste Seite“. 2880 Ensthaler/Gesmann-Nuissl/Stopper DB 2003, 257 (258). 2881 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (5); Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 35 ff.; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 30 Rn 6, 10; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 106; zum Fachhändler näher Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (25 f.). 2882 Die fachliche Spezialisierung sieht auch Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (25), die jedoch den „spezifischen Grad vertikaler Vorwärtsintegration“ des Fachhändlers betont. 2883 Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 36; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (25). 2884 Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (25). 2885 Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (25). 2886 Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (26).

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bindung kann, wollte man dem Begriff des Fachhändlers rechtliches Eigenleben zubilligen, die Geltung der §§ 85, 86 Abs. 12887 und 3, 86a Abs. 2, 89, 89a und 90a diskutiert werden.2888 § 89b ist hingegen ohne HV-gleiche Einbindung unanwendbar, zum einen mangels Erfüllung des ersten Analogiekriteriums (insb. fehlende Vertriebspflicht), zum anderen, weil die Namen der Abkäufer dem Unternehmer nicht mitgeteilt zu werden pflegen (Fehlen des zweiten Analogiekriteriums). III. Vertragsschluss 378

Der Vertragshändlervertrag ist als Typus gesetzlich nicht geregelt. Er unterliegt keiner Form2889 und kann auch durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden.2890 Der Vertrag unterfällt wie der Franchisevertrag (Rn 396) einem zwingenden Schriftformerfordernis nach §§ 510 Abs. 1, 512, 355 BGB, wenn er die regelmäßige Lieferung von Waren der gleichen Art oder die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen zum Gegenstand hat und es sich bei dem Vertragshändler um einen Verbraucher handelt2891 (dazu Rn 441 ff. beim Franchisevertrag). Verbraucher ist der Vertragshändler, wenn der Vertragsschluss zur Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit dienen soll.2892 Der Verbraucher ist über sein Widerrufsrecht zu belehren. Bei Unterlassen verlängert sich die Widerrufsfrist auf unbegrenzte Zeit (§ 355 Abs. 3 S. 3 BGB). Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit der kreditähnlichen Elemente des Vertrages, also insbesondere der Bezugsverpflichtung2893 und damit gem. § 139 BGB gegebenenfalls zur Gesamtnichtigkeit des Vertrages. 2894 Dem Vertragshändlerverhältnis liegt durchweg ein detaillierter schriftlicher Vertrag, in aller Regel unter Nutzung eines vom Hersteller allgemein verwendeten Vertragsformulars (AGB),2895 zugrunde. IV. Anwendbares Recht

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Angesichts des Fehlens gesetzlicher Bestimmungen erhebt sich die Frage, an welchen gesetzlichen Maßstäben der Vertrag zu messen ist bzw. welches dispositive Recht eingreift. Die Einordnung des Vertragshändlervertrages in gesetzliche Kategorien ist umstritten. Die Rechtsbeziehungen des Händlers zum Hersteller – bei mehrstufigem Vertragshändler-Einsatz: zum Lieferanten – wurden früher2896 als solche eigener Art auf der Basis der Interessenverknüpfung angesehen, in welchen Elemente der Geschäftsbesorgung, der Abnahmeverpflichtung (gegenüber dem Hersteller bzw. Lieferanten) und

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2887 Dafür Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 106; mit guten Gründen gegen die Analogie Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (25), da der Fachhändler eher eigene Interessen verfolgen darf, als der auch in Vertriebsfragen weisungsgebundene HV. 2888 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 30 Rn 77, 80, 82, 98, 103, 107, 122, 136, 131, 132, 143 ff., 158; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 106. 2889 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 51. 2890 BGH WM 1987, 962; Westphal II Rn 44. 2891 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 54; Westphal II Rn 48. 2892 BGH NJW 1986, 1988 (1989); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 55. 2893 BGH BB 1995, 217; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 57; Westphal II Rn 50; aA Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 58; Stumpf/ Jaletzke/Schultze Rn 130, die Gesamtnichtigkeit des Vertrages annehmen. 2894 BGH BB 1995, 217 (219); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 57. 2895 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 938; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 52. 2896 So noch BGH DB 1979, 165.

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schließlich Bindungen verschiedenen Inhalts und verschiedener Gerichtetheit sich mischen. Der Vertragshändlervertrag ist ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag i.S.d. §§ 611, 675 BGB.2897 Allerdings muss der Begriff der Geschäftsbesorgung für die Interessen eines anderen2898 präzisiert werden. Das eigene Interesse des Vertragshändlers an der gegebenen Interessenverknüpfung mindert das die Geschäftsbeziehung prägende Gewicht der Inpflichtnahme für den Hersteller/Lieferanten deshalb nicht, weil es nicht mehr ist als das Motiv, welches den Vertragshändler dazu bestimmt, die selbständige Vertretung der „Marke“ für das Vertragsgebiet zu übernehmen. Teils wird der Vertragshändlervertrag als ein auf Dauer gerichteter Rahmen- und Geschäftsbesorgungsvertrag eigener Art bezeichnet, durch den sich der Vertragshändler verpflichtet, die Produkte des Unternehmers im eigenen Namen und auf eigene Rechnung auf Grund besonderer Kaufverträge zu beziehen und weiterzuvertreiben, und durch den der Vertragshändler in die Vertriebsorganisation des Unternehmers eingegliedert wird.2899 Das betont Kaufverträge als Inhalt der Geschäftsbesorgung zu sehr. Der Vertragshändlervertrag kann jedoch kaufrechtliche Elemente2900 beinhalten, sofern bereits in ihm die Bedingungen für die später aufgrund des Rahmenvertrags mit dem Unternehmer abzuschließenden Einzelkaufverträge festgelegt werden. Regelmäßig sind die in Ausführung des Vertrages getätigten Geschäfte eigenständig.2901 Nach der Definition der Rspr.,2902 die auch von der Literatur vertreten wird,2903 ist der Vertragshändler ein Kaufmann, dessen Unternehmen in die Vertriebsorganisation eines Herstellers, etwa von Markenwaren, in der Weise eingegliedert ist, dass er durch einen Vertrag mit dem Hersteller oder einem von ihm eingesetzten Zwischenhändler verpflichtet wird, ständig im eigenen Namen und auf eigene Rechnung die Vertragswaren im Vertragsgebiet zu vertreiben und den Absatz zu fördern, die Funktionen und Risiken seiner Handelstätigkeit hieran auszurichten und im Geschäftsverkehr das Herstellerzeichen, sofern vorhanden, neben der eigenen Firma herauszustellen. Entscheidend und für die Folgerungen beim Ausgleichsanspruch grundlegend sind die von P. Ulmer herausgearbeiteten Erkenntnisse hinsichtlich der Entgeltlichkeit des Vertragshändlervertrages. Das Entgelt für die Absatzförderungsförderungspflicht des Vertragshändlers liegt meist nicht oder jedenfalls nicht wesensnotwendig in besonders günstigen Konditionen für den Bezug der Vertragsware.2904 Es liegt in der Eröffnung der günstigen Verdienstchancen beim Weiterverkauf, die der good will der „Marke“ begründet, an dem der Hersteller bzw. Lieferant den Vertragshändler damit teilhaben

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2897 P. Ulmer S. 264 f.; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 937; Evans-v. Krbek S. 94; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 23; Habersack/Ulmer S. 22; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (26); Graf v. Westphalen DB 1999, 2553. 2898 P. Ulmer S. 266; hier: die Absatzförderungspflicht. 2899 BGHZ 29, 83 (87) = NJW 1959, 144; BGHZ 34, 282 (285) = NJW 1961, 662; BGHZ 54, 338 (341) = NJW 1971, 29; BGHZ 68, 340 (343) = NJW 1977, 896; BGHZ 74, 136 (139) = NJW 1979, 1783; BGH, Urt. v. 9.10.2002 – VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003, 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 937. 2900 Genzow Rn 5, 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 100; Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 7; aA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 40; Ebenroth S. 33 („auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag“). 2901 Canaris § 17 Rn 11 nimmt einen Vorvertrag an. 2902 BGH, Urt. v. 11.2.1977 – I ZR 185/75, BGHZ 68, 340 (346 ff.); v. 21.10.1970 – VIII ZR 255/68, BGHZ 54, 338 (340 f.). 2903 Ulmer Der Vertragshändler, insb. S. 206; s.a. Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., S. 758; Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (6). 2904 A.a.O. S. 285.

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lässt2905 und den der Händler weiter fördert. Hingegen bildet ein Vertragshändlervertrag abweichend von den zu seiner Durchführung abgeschlossenen Einzelverträgen keinen Kaufvertrag i.S.d. UN-Kaufrechts.2906 ebenso wenig wie Franchiseverträge.2907 Auch im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts beurteilen sich etwa die Auswirkungen der Unwirksamkeit oder der Kündigung eines Vertriebsvertrages auf die einzelnen Kaufverträge nach nationalem Recht2908 Er bildet regelmäßig kein Dauerschuldverhältnis in der Form des Sukzessivlieferungsvertrages.2909 Anders ist es, wenn im Rahmenvertrag bereits feste Lieferabsprachen getroffen werden.2910 Da der Vertragshändlervertrag einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscha380 rakter bildet, sind, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts Abweichendes ergibt, die oben genannten Regeln des Geschäftsbesorgungsrechts (Rn 93 ff.) anwendbar. Insbesondere hat der Unternehmer entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. durchaus ein Interesse an einer Information nach § 666 BGB. Er kann sich dabei jedoch auch auf §§ 242, 259 ff. BGB stützen. Anwendbar sind auch § 665 BGB2911 sowie die Auslegungsregeln der §§ 672– 674 BGB über den Einfluss des Todes des Auftraggebers und des Beauftragten. Hier wird aber immer im Einzelfall zu prüfen sein, ob diese Regeln nicht nach der Art oder Größe des Geschäftes stillschweigend abbedungen sind. Das ist beim Vertragshändler tendenziell eher als beim HV anzunehmen, weil bei ihm häufiger der Kapitaleinsatz und die Geschäftsausstattung und weniger die persönliche Vermittlungsleistung im Vordergrund stehen mag. Unanwendbar sind meist – im Einzelfall mag sich nach der Art der Geschäftsausführung Gegenteiliges ergeben – die §§ 667 BGB (Herausgabepflicht des Beauftragten), 668 BGB (Verzinsung verwendeten Geldes), 669 BGB (Vorschusspflicht) und 670 BGB (Aufwendungsersatz). Anwendbar ist wieder § 665 BGB über das Abweichen von erteilten Weisungen und § 666 BGB hinsichtlich der Pflicht zur Erstattung der erforderlichen Nachrichten. Seinem Regelungstyp nach ist auf den vertriebsrechtlichen Teil eines Vertragshändlervertrages in erster Linie HV-Recht analog anwendbar. Tatsächlich steht das Regelungsregime des HV-Rechts den vertriebsrechtlichen Inhalten eines Vertragshändlervertrages am nächsten.2912 Es ersetzt daher auch bei Unwirksamkeit einzelner Klauseln des Vertragshändlervertrages die unwirksamen Regelungen.2913 Fraglich ist, inwieweit insbesondere die zwingenden Bestandteile des HV-Rechts 381 auch für das Recht des Vertragshändlers als unabdingbar zu gelten haben. Sieht man von den Bestimmungen ab, die für das Vertragshändlerverhältnis seiner 382 Eigenart wegen kaum passen (etwa: §§ 86b (Delkredere),2914 87 Abs. 1,2915 – § 87 Abs. 3 ist

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2905 A.a.O. S. 288. 2906 BGH, Urt. v. 4.4.1979, BGHZ 74, 136; v. 26.11.1980, NJW 1981, 1156 zum Haager Kaufrecht; Schlechtriem/Schwenzer Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl. 2004, Art. 1 Rn 31; Piltz NJW 2003, 2056 (2058); Piltz NJW 2000, 553 (555); ICC Arbitration Case 8908/1989; ICC International Court of Arbitration Bulletin 10, 83, Handelsgericht Zürich IHR 2001, 45; United States District Court for the Eastern District of Pennsylvania IHR 2002, 28; aA Corte Suprema di Cassazione, European Law Forum (EuLF) 2001, 11. 2907 Schlechtriem/Schwenzer Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4. Aufl. 2004, Art. 1 Rn 32. 2908 Piltz NJW 2000, 553 (556). 2909 AA Kirsch NJW 2002, 2520 (2522). 2910 Piltz NJW 2003, 2056 (2058); Helsinki Court of Appeals, Urt. v. 26.10.2000, CISG-Case, CISG-online; Canaris § 17 Rn 12. 2911 Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (26). 2912 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1100) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 2913 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 (1100) = RIW 2007, 614 = EWiR 2007, 547 (Emde). 2914 Hopt § 84 Rn 11. 2915 Thume IHR 2014, 52; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 144.

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anwendbar2916 – 87a2917 und 87c2918 (jedoch kann dem Vertragshändler ein Auskunftsanspruch nach § 666 BGB und § 242 BGB zustehen)2919 – Provision2920 und sie betreffende Kontrollrechte2921 –, 91, 91a2922 – Abschlüsse in Vollmacht des Unternehmers –, 922923 – Versicherungs- und Bausparkassenvertreter –, 92a,2924 92b2925 – Kleinvertreter und HV im Nebenberuf –), wohl auch § 86a Abs. 12926 (jedenfalls in den meisten Fällen), so ist die grundsätzliche Analogiefähigkeit des HV-Rechts heute wohl eher allgemeine Ansicht. In Betracht gezogen wurde historisch die Annahme einer Rechtsanalogie, welche die allgemeinen Rechtsgedanken des HV-Rechts auf das Vertragshändlerrecht ausgedehnt hätte. Konsequenz wäre gewesen, alle Grundgedanken des HV-Rechts auf das Vertragshändlerrecht anzuwenden. Eine Prüfung hinsichtlich der Analogiefähigkeit einzelner Vorschriften des HV-Rechts wäre überflüssig geworden. Eine solche Rechtsanalogie wurde jedoch mit dem Argument abgelehnt, das HV-Recht enthalte solch analogiefähige allgemeine Rechtsgedanken nicht.2927 Stattdessen wurde eine Gesetzesanalogie zu einzelnen Vorschriften vorgezogen.2928 Dies ist zutreffend: Wie der HV unterliegt der Vertragshändler analog § 84 einer Absatzförderungspflicht, der zufolge er sich nachhaltig für den Absatz der Vertragswaren einzusetzen hat.2929 Die Absatzförderungspflicht, auch als Vertriebspflicht bezeichnet, begründet die Vertragshändlereigenschaft sowie die Analogie und ist zugleich die wichtigste Hauptpflicht des Vertragshändlers. Zum ständigen Kauf oder Bezug ist der Vertragshändler ohne dahingehende Regelung nicht verpflichtet;2930 lediglich zu bestmöglichen Absatzbemühungen. Gleichwohl darf er nicht durch ständig überhöhte Preise den Absatz der Vertragswaren gefährden.2931 Die Vorschriften des HV-Rechts, welche die Innenbeziehung zwischen HV und Unternehmer regeln, sind analogiefähig, wegen des Eigenverkaufs des Vertragshändlers jedoch nicht die Regelungen, die das Außenverhältnis des HV zum Kunden betreffen.2932 Der Unternehmer darf dem Vertragshändler aber trotz der dem Händler obliegenden Absatzförderungspflicht keine unbestellte Ware liefern, in Rechnung und in die Kreditfinanzierung

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2916 BGH NJW 1984, 2411; Martinek/van der Moolen in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 25 Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 146 (weil der Händler den Abschluss selbst in der Hand haben soll. Aber häufig entscheidet der Kunde); Hopt § 84 Rn 11. 2917 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 91. 2918 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 20a; Stumpf/Jaletzke/ Schultze Rn 333 (für § 87c Abs. 2 und 3). Es kann aber eine analoge Anwendung in Betracht kommen, wenn der Händler provisionsartige Vergütungselemente erhält, s. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1, 20a. 2919 BGH, Urt. v. 2.4.1957 – VIII ZR 60/56, NJW 1957, 1026; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103. 2920 BGH, Urt. v. 9.2.1984 – I ZR 226/81, NJW 1984, 2411; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 320, 388 ff.; Hopt § 84 Rn 11. 2921 Hopt § 84 Rn 11. 2922 Hopt § 84 Rn 11. 2923 Hopt § 84 Rn 11. 2924 Hopt § 84 Rn 11. 2925 Hopt § 84 Rn 11. 2926 Westphal II Rn 158. 2927 BGHZ 29, 83 ff. 2928 BGHZ 29, 83 ff.; NJW 1962, 1107; BB 1967, 44; NJW 1977, 896, BB 1983, 997; DB 1983, 2412; NJW 1984, 2101; BB 1988, 1770, BB 1992, 596; BB 1993, 2399; BB 1996, 1458; OLG Hamm NJW-RR 1996, 226; OLG Köln BB 1997, 2451; OLG München BB 1997, 595. 2929 Habersack/Ulmer S. 24; Westphal II Rn 446; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (26); Niebling WRP 2010, 631 (zum Kfz-Vertragshändler). 2930 AA Canaris § 17 Rn 32. 2931 Canaris § 17 Rn 32; Westphal II Rn 451. 2932 Westphal II Rn 140.

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einstellen.2933 HV wie Vertragshändler stehen in einem Dauerrechtsverhältnis zum Unternehmer (Hersteller/Lieferanten), sie sind seinem Vertriebsorganismus eingegliedert und von seinen Dispositionen zur Produktpalette abhängig. Das Gebot der Zusammenarbeit bringt hier wie dort für beide Vertragsteile Pflichten zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Teils mit sich. Anwendbar sind namentlich § 85,2934 §§ 86 Abs. 1,2935 Abs. 3, 86a Abs. 2 S. 3 sowie die aus § 86a Abs. 2 hergeleitete allgemeine Informationspflicht,2936 die Pflicht zur Gewährung der üblichen Vergütung (§ 86b Abs. 1),2937 § 87d,2938 § 88a, soweit der Vertragshändler bzw. bei § 88a Abs. 2 der Unternehmer in einem handelsvertreterähnlichen Vertragsverhältnis stehen2939 und es um Ansprüche geht, die unmittelbar aus der Geschäftsbeziehung resultieren,2940 etwa Boni und Prämien,2941 die Kündigungsvorschriften der §§ 89,2942 89a,2943 90a2944 und § 92c,2945 aber auch die Bestimmungen über den Aufwendungsersatz (§ 87d)2946 und über die Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 90).2947 Im Zentrum der Erörterungen schließlich steht die Analogiefähigkeit des § 89b zum Ausgleichsanspruch. Die Interessenwahrungspflicht des Vertragshändlers geht in analoger Anwen383 dung des § 862948 positiv auf Unterrichtung über die Entwicklung des Vertriebs und die am Rande desselben gewonnenen, das gemeinsame Interesse berührenden allgemeinen Erkenntnisse über die gebotenen verkaufsfördernden Maßnahmen, Werbung oder Kundendienst. Darin ähnelt sie der Informationspflicht des HV. Der Vertragshändler muss

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2933 LG Frankfurt/Main – 3/14 O 131/09, BB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer. 2934 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 37, 53; Stumpf/Jaletzke/ Schultze Rn 134 ff.; Westphal II Rn 156; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103. 2935 BGH NJW 1984, 2101; Westphal II Rn 146; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (26). 2936 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 290; Westphal II Rn 159; Stumpf/Jaletzke/Schultze, Rn 287; Ulmer S. 433. 2937 Habersack/Ulmer S. 45. 2938 BGH NJW 1984, 2101; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 37; Westphal II Rn 161; aA Hopt § 84 Rn 11. 2939 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 32; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8; Oetker/Busche § 88a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 8. 2940 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8. 2941 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8. 2942 BGH, Urt. v. 9.10.2002 –VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde); EBE 1995, 259; BB 1967, 94; v. 5.4.1962 – VII ZR 202/60, DB 1962, 635 = NJW 1962, 1107; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 123 ff.; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 37; Westphal II Rn 150; Hopt § 84 Rn 11; aA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 622 ff.; Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 25, 26, 30 bis 40; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103; zu den Kündigungsfristen: Graf v. Westphalen FG Jürgen Gündisch S. 83 ff. 2943 BGH DB 1962, 635; NJW 1982, 2432; v. 10.2.1993 – VIII ZR 48/92, NJW-RR 1993, 682 (683); OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 37; Westphal II Rn 152; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103; Hopt § 84 Rn 11. 2944 BGH, Urt. v. 12.11.1986, NJW-RR 1987, 612 (zum Franchisevertrag); Hermes RIW 1999, 81 (82); Spenner in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 90a Rn 54; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 132, 492, 717; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 37, 58; Westphal II Rn 155 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103; Hopt § 84 Rn 11. 2945 Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 886; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103. 2946 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 4; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 27; Hopt § 87d Rn 11; Oetker/Busche § 87d Rn 11. 2947 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 37; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 44, 236 ff.; Westphal II Rn 162; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 103. 2948 BGHZ 54, 338 (341); 68, 340 (343); 74, 136 (139); 93, 29 (39); Genzow Rn 90; Habersack/Ulmer S. 22 für den Kfz-Vertrieb.

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etwa sein Augenmerk auf die Verletzung der Schutzrechte der von ihm vertretenen Marke im Vertragsgebiet richten und Tatbeständen dieser Art nachgehen. Die Herleitung der Informationspflicht aus einer Analogie zu § 86 ist gegenüber derjenigen aus § 666 BGB die überzeugendere insofern, als sie sich auf die Interessenwahrung im Dauerverhältnis bezieht, während § 666 BGB den Einzelauftrag im Auge hat, zudem ist § 86 lex specialis. Aus § 86 wird auch die Pflicht des Vertragshändlers entnommen, sich des Vertriebs von Konkurrenzware zu enthalten. Was insoweit für den HV gilt, gilt in gleicher Weise, verstärkt durch ein eventuelles Privileg des Alleinvertriebsrechts,2949 für den Vertragshändler. Wie der HV darf der Händler allerdings nicht-konkurrierende Erzeugnisse ohne Zustimmung seines Vertragspartners, des Herstellers/Lieferanten, in sein Sortiment aufnehmen.2950 Die Interessenwahrungs-, allgemein ausgedrückt: die Loyalitätspflicht des Vertragshändlers, gebietet es ferner, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Herstellers nicht preiszugeben, und zwar in gleicher Weise wie beim HV auch über das Vertragsende hinaus in analoger Anwendung des § 90;2951 ein Verstoß kann wie beim HV die außerordentliche Kündigung rechtfertigen. 2952 Ebenfalls aus der Interessenwahrungspflicht ergibt sich, dass der Vertragshändler die „Marke“ und ihren Schutzbereich sorgsam zu beachten und ihre Verwässerung durch unsachgemäßen Gebrauch nicht nur zu vermeiden, sondern innerhalb der Sphäre seiner Verantwortung nach seinen Möglichkeiten und Kräften zu verhindern hat.2953 Ganz allgemein hat er jedes den Unternehmer oder das vertriebene Produkt schädigende Verhalten zu unterlassen. Insoweit besteht eine nach Vertragsende nachwirkende Pflicht des Vertragshändlers. Wenn ihm eine bestimmte Marke zum Alleinvertrieb überlassen worden war, geht es aber zu weit, anzunehmen, er müsse sich des Gebrauchs einer ähnlichen Marke für ein anderes, nunmehr von ihm vertriebenes Erzeugnis enthalten,2954 solange eine Verwechslungsgefahr ausscheidet. Der Vertrieb eines Wettbewerbsprodukts steht ihm nach Vertragsende in Abwesenheit einer Wettbewerbsabrede (mit Karenzentschädigung) jedoch frei. In Analogie zu § 86a existieren im Spannungsverhältnis zur Dispositionsfreiheit des 384 Unternehmers2955 (§ 86a Rn 73 ff.) stehende, auf Grund der hohen Investitionen und der hohen Eingliederung oft stärker als gegenüber dem HV ausgeprägte2956 Förderungs- und Loyalitätspflichten (Treupflichten) des Herstellers/Lieferanten im Verhältnis zum Vertragshändler.2957 Jedenfalls aber übersteigen sie die vieler anderer Verträge.2958 Jene Treupflichten ergeben sich aus der Natur des auf engen Austausch von Leistung und Gegenleistung ausgerichteten Vertragsverhältnisses, wobei die Interessenwahrungspflicht des Händlers wie beim HV die Treupflicht des Herstellers überwiegt. Der Umstand, dass der Händler nicht nur seine Tätigkeit, sondern auch seinen Geschäftsbetrieb und das von ihm investierte Kapital weitgehend den Interessen des Herstellers unterordnet, verpflichtet den Hersteller, den schutzwürdigen Belangen des Händlers angemessen Rechnung zu

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2949 BGH LM § 1 UWG Nr. 57. 2950 AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. und P. Ulmer S. 423 ff. 2951 Westphal II Rn 458 ff. 2952 Westphal II Rn 460. 2953 P. Ulmer S. 425. 2954 BGH BB 1967, 54. 2955 Westphal II Rn 518. 2956 Canaris § 17 Rn 35; Habersack/Ulmer S. 26/27. 2957 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 271; Habersack/Ulmer S. 26/27; Westphal II Rn 516. 2958 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225).

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tragen und dessen Interessen nicht ohne begründeten Anlass zuwider zu handeln.2959 Selbst ohne Kapitaleinsatz des Mittlers schützt ihn die dem Unternehmer auferlegte Treupflicht, da sie aus dem Dauerschuldverhältnis selbst entspringt. Sie verstärkt sich durch einen Kapitaleinsatz.2960 Auch aufgrund dieser Förderpflicht darf der Hersteller dem Vertriebsmittler die Gewinnchance nicht ohne gerechtfertigten Grund verkürzen.2961 Dem Bemühen der Händler, die Vertragsprodukte bestmöglich und unter den strengen Vorgaben des Herstellers an den Endkunden zu bringen, steht die Pflicht des Herstellers gegenüber, im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit (§ 86a Rn 73 ff.) alles zu unterlassen, was die Marktposition und die Gewinnaussichten seines Vertriebspartners beeinträchtigen könnte.2962 Grds. wird man daher eine Pflicht des Unternehmers zur Belieferung des Händlers annehmen müssen,2963 sie ist geradezu Kern des Vertrages. Soweit eine solche Verpflichtung nicht ausdrücklich geregelt ist, ergibt sie sich aus Treu und Glauben.2964 Sie ist die Kehrseite der oft mit enormen Kosten verbundenen Marketingverpflichtungen der Händler.2965 Zwar ist der Unternehmer nicht verpflichtet, den Vertragshändler so zu beliefern, wie dieser es jeweils wünscht und abruft (zur Belieferungspflicht § 86a Rn 63 ff.). Der Vertragshändlervertrag stellt keinen Vorvertrag auf Abschluss demnächstiger Lieferverträge dar.2966 In dem Fehlen einer bedingungslosen Lieferpflicht gegenüber dem Vertragshändler liegt die Parallele zum Fehlen der Abschlusspflicht gegenüber dem HV, der das Geschäft bis zur Abschlussreife vermittelt hat. Der Hersteller unterliegt auch hier einer gewissen Dispositionsfreiheit. Allerdings darf er Lieferwünsche des Vertragshändlers nicht grundlos ablehnen,2967 insb. wenn er die Ware vorrätig hat oder sie unschwer produzieren oder erwerben kann.2968 Selbst eine befristet ausgesprochene Kündigung des Vertragshändlervertrages durch den einen oder anderen Teil ist kein zureichender Grund, für die Restdauer des Vertrages die Entgegennahme von Bestellungen zu verweigern2969 oder zu reduzieren.2970 Verletzt ein Hersteller die vertraglich zugesagte Exklusivität des Händlers, etwa indem er im zugewiesenen Bezirk andere Händler einsetzt, hat der verletzte Händler gem. §§ 249, 252 BGB Anspruch auf Ersatz des Gewinns, der ihm entgangen ist.2971 Zur Vorbereitung des Ersatzanspruches darf der Händler, will er seinen Schaden nicht aus dem Rohertrag der Vergangenheit berechnen, Auskunft über die vertragswidrigen Verkäufe des Herstellers an andere

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2959 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 2960 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 2961 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 2962 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2005, 1749 (1753); OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 2963 BGH BB 1958, 540 (541); BB 1972, 193; OLG Bremen BB 1966, 756; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 284; Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 15; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. 9–11, Rn 888; Genzow Vertragshändlervertrag Rn 82; Canaris § 17 Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Rheinländer WRP 2007, 501 (502); aA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 341 (müsste ausdrücklich vereinbart werden). 2964 Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 17; Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2965 Rheinländer WRP 2007, 501 (502). 2966 Nach Ansicht von Canaris § 17 Rn 36 ist die Rechtslage aber zugunsten des Händlers ähnlich fest. 2967 BGH NJW 1958, 1138. 2968 Canaris § 17 Rn 36. 2969 Einschränkend P. Ulmer S. 488. 2970 AA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 141. 2971 BGH, Urt. v. 17.4.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686.

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Händler im geschützten Gebiet verlangen.2972 Auskunft und Schadenersatz können im Wege der Stufenklage geltend gemacht werden. Einen gewichtigen Anhalt für den Umfang der dem Händler entgangenen Geschäfte stellen die Geschäfte dar, welche in der fraglichen Zeit im geschützten Vertragsgebiet durch den Hersteller oder von ihm eingesetzte Händler gezeichnet werden.2973 Dies schließt es nicht aus, bei der Schadensberechnung einen besonderen Einsatz der anderen Händler oder deren spezielle Betriebssituation zu berücksichtigen.2974 Der Hersteller ist allgemein zur Wahrung der Interessen des Händlers verpflichtet, etwa durch Überlassen der für den Vertrieb notwendigen speziellen Hilfsmittel, Sicherstellung gleichbleibender Qualität der Ware, jedoch nur im Ausnahmefall zu angemessener Werbung für das Produkt.2975 Führt der Vertragshändler Gewährleistungs- oder Garantiearbeiten aus, steht ihm voller Aufwendungsersatz einschließlich eines angemessenen kalkulatorischen Gewinns zu (Rn 55, Stichwort „Garantie-Gewährleistungsvergütung“). Zur Rückkaufpflicht hinsichtlich der Lagerware s.u. Ein Vertragshändlervertrag begründet weder aus den §§ 19, 33 GWB, wegen schuld- 385 hafter Verletzung von Treuepflichten, § 313 Abs. 1 BGB oder den §§ 675, 670 BGB eine Verpflichtung des Herstellers zum Ausgleich der Einbußen, welche der Händler erleidet, weil der Hersteller die Preise für Vertragswaren senkt (hier Kfz) und der Händler infolge dessen Kfz, die der Vertragshändler als Neufahrzeuge an Autovermieter veräußert und dann auf Grund einer gegenüber dem Hersteller übernommenen Rückkaufverpflichtung zurückgekauft hat, nicht mehr mit Gewinn absetzen kann.2976 Auch soll sich aus dem Vertragshändlerverhältnis keine Pflicht des Herstellers ergeben, die Belieferung des Vertragshändlers mit mangelhafter Ware zu vermeiden, um ihn vor Schäden durch Verlust von Kunden zu bewahren.2977 Die mit dem Hersteller/Lieferanten abgeschlossenen einzelnen Kaufverträge sind rechtlich selbständig,2978 auch (wie sich insb. in der Zeit nach ausgesprochener Kündigung des Vertragshändlerverhältnisses zeigt) selbständig abzuwickeln. Hinsichtlich kaufvertraglicher Ansprüche ist der Vertragshändler regelmäßig auf die Gewährleistungsansprüche für die einzelne Lieferung beschränkt. Allenfalls anhaltend schlechte Lieferungen mögen dem Vertragshändler das Recht zur fristlosen Kündigung des Vertragshändlervertrages und Ersatzansprüche aus dem Rahmenvertrag geben.2979 Grundsätzlich unterliegt es der Dispositionsfreiheit des Herstellers, wie er seine Pro- 386 duktion gestalten will. In dem Waschmaschinenfall BGH BB 1972, 193 hatte der Hersteller die Produktion einer neuen Serie entwickelt und konnte deshalb vorübergehend nicht mehr die vereinbarte Mindestmenge des bisherigen Typs liefern. Selbst hierauf hatte – so

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2972 BGH, Urt. v. 17.4.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 – dort i.E. abgelehnt. 2973 Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden bestimmt sich nach den Beweiserleichterungen des § 287 ZPO: Es genügt eine auf gesicherter Grundlage bestehende Wahrscheinlichkeit. Der Kläger hat Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, welche für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten; so BGH, Urt. v. 3.12.1999 – IX ZR 332/98, VersR 2001, 246; siehe auch Freitag/Leible RIW 2001, 287. 2974 BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. 2975 AA Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 295; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101. 2976 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 18.11.2003 – 11U (Kart) 35/03, GRUR-RR 2004, 120 = OLGR 2004, 134. 2977 BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686; zweifelhaft. 2978 OLG München, Hinweisbeschl. v. 29.1.2014 – 23 U 4161/13. 2979 Finger S. 144.

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der BGH – der Vertragshändler Rücksicht zu nehmen; der Sachverhalt gab ihm kein Recht zur fristlosen Kündigung, wenn der Hersteller ihm für den vorübergehenden Ausfall an den Lieferungen des bisherigen Typs die entsprechende Menge des neuen Typs zur Verfügung stellte. Denn das wiederum verlangte die Rücksichtnahme auf die Belange des Vertragshändlers. Überhaupt erheischt die Loyalitätspflicht des Herstellers analog § 86a Abs. 2, dem Vertragshändler vorausschauend Nachricht zu geben, wenn wegen Produktionsengpässen Lieferung nicht uneingeschränkt möglich sein wird oder wenn Umstellungen in der Produktion anstehen. Auch der Vertragshändler muss seine eigenen Dispositionen entsprechend treffen können. Wird bei P. Ulmer2980 doch sogar mit Recht angenommen, dass der Hersteller/Lieferant den Vertragshändler rechtzeitig zu unterrichten hat, wenn er einen befristeten Vertragshändlervertrag nicht verlängern will: dem Vertragshändler muss Gelegenheit gegeben sein, seine Lagerbestände so rechtzeitig abzubauen, dass er bei dem demnächstigen Vertragsende keinen größeren Kapitalverlust erleidet. Die Unterrichtung muss so früh wie möglich, mindestens jedoch binnen der Kündigungsfristen des § 89 analog erfolgen (Rechtsfolge bei Unterlassen: Schadenersatz). Die Ansprüche auf Information durch den Unternehmer sind für den HV durch die 387 zusätzliche Bestimmung des § 86a Abs. 2 S. 2 Hs. 2 als zwingende gestaltet. Damit stellt sich hier – und zugleich für spätere Zusammenhänge, in denen die Analogie von zugunsten des HV zwingenden Rechtssätzen zur Erörterung stehen wird – das Problem, wie weit die Analogie des Grundgehalts der einzelnen Norm auch deren zwingende Geltung mit sich führt. Das wiederum hängt davon ab, ob der Vertragshändler generalisiert – auf den konkreten Vertrag wird man schon aus Gründen der Rechtssicherheit nicht abstellen dürfen – in gleicher Weise wie der HV als schutzbedürftig angesehen werden kann. Es ist bereits darauf hingewiesen worden, dass es die Figur „des“ schutzbedürftigen HV nicht gibt. Wollte man die Analogie für die Unabdingbarkeit davon abhängig machen, ob der Vertragshändler im Einzelfalle schutzbedürftig sei, dann trüge das nicht nur einen Bruch in den Analogievollzug hinein, der dogmatisch nicht vertretbar wäre.2981 Man lieferte sich darüber hinaus auch kaum lösbaren Schwierigkeiten aus, nach welchen Kriterien sich die Schutzbedürftigkeit bemessen solle. Im Gegenteil: In vielen Fällen dürfte der Vertragshändler schutzbedürftiger als der HV sein, da er mit erheblichem Kapitaleinsatz arbeitet. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung zu § 89b zweimal einen Ansatz gemacht, eine spezifische Schutzbedürftigkeit des Vertragshändlers aus diesen und anderen Merkmalen zu bestimmen: er hat beim dritten Mal seine Bemühungen aufgegeben. Die Analogie zum HV-Recht ist immer da gerechtfertigt, wo der Vertragshändler einem HV vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist (Rn 359 ff.). Wird dieses Analogiekriterium angenommen, ist der Vertragshändler entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. bei generalisierender Betrachtungsweise auch einem HV vergleichbar schutzbedürftig. Die zwingenden Vorschriften des HVRechts sind grundsätzlich auf ihn anwendbar, soweit sich nicht aus ihrer Natur etwas anders ergibt. Das zeigen klassische Abgrenzungsfälle, in denen der Absatzmittler formell als Vertragshändler unter Vertrag genommen wird, obwohl er der Sache nach wie ein HV gestellt ist.2982 In solchen Fallgestaltungen wird ohnehin HV-Recht auch gegen die rein äußerliche Eingruppierung des betreffenden Absatzmittlers als Vertragshändler angewandt. Die bloße Etikettierung entscheidet nicht.

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2980 S. 434. 2981 So auch Kreifels/Lang S. 1774. 2982 BGH WM 1975, 1107; BB 1981, 871.

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Zwingend ist auch die Bestimmung des § 86a Abs. 1. Auch sie ist analog anwendbar. Danach ist der Hersteller/Lieferant verpflichtet, dem Vertragshändler Unterlagen und Hilfsmittel für den Vertrieb zu überlassen. Dazu gehören Werbematerialien, Kundendienstanleitungen, aber auch die Ausrüstung für die Durchführung des Kundendienstes. Wenn P. Ulmer2983 betont, die Lieferung könne im Gegensatz zum HV nicht unentgeltlich verlangt werden, gibt es dafür wenig Begründungsansätze. Denn die Interessenlage ist durchaus der beim HV vergleichbar, und nicht nur bei der Erstausstattung. Von Bedeutung ist namentlich die aus der gebotenen Förderung der Absatztätigkeit des Vertragshändlers grundsätzlich erwachsende Pflicht des Unternehmers, seine Vertragshändler unter sich gleich zu behandeln, nicht einem von ihnen ohne rechtfertigenden Grund bessere Konditionen einzuräumen und ihm dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen;2984 dies auch unabhängig von den besonderen Voraussetzungen des Diskriminierungsverbots aus § 19 GWB. Als rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung nennt P. Ulmer2985 etwaige besondere Verhältnisse während der Anlaufzeit oder Standortnachteile. Bei eingeschränkter Liefermöglichkeit wird der Hersteller seine Vertragshändler gleichmäßig zu berücksichtigen haben.2986 In engem Zusammenhange mit der Loyalitätspflicht des Herstellers nach § 86a stehen die Fragen der Sicherung des Vertriebsrechts des Vertragshändlers. Oft – nicht immer – wird eine sog. Absatzbindung des Herstellers vertraglich vereinbart. Sie bedeutet, dass der Hersteller nicht direkt in das Vertragsgebiet liefern darf, vorbehaltlich bestimmter Abnehmergruppen, die von dem Verbot ausgenommen werden. Gekoppelt sein kann damit ein Alleinvertriebsrecht – der Hersteller lässt in einem bestimmten Vertragsgebiet nur diesen einen Vertragshändler zu – und/oder ein Gebietsschutz – der Hersteller verpflichtet sich gleichzeitig, Vertragshändlern in anderen Bezirken die Beschränkung ihres Tätigwerdens auf ihre Bezirke aufzuerlegen (näher s. Rn 209). In der einen oder der anderen Form sind solche Sicherungen in den Vertragshändlerverträgen häufig enthalten. Allerdings muss der Vertrag sich hierüber schon aussprechen; die Bezeichnung „Generalvertreter“ kann auch untechnisch gemeint sein und besagt jedenfalls noch kein Alleinvertriebsrecht.2987 Die Rechtsstellung eines so geschützten Vertragshändlers erinnert an die des Bezirksvertreters nach § 87 Abs. 2. Indessen kann diese Bestimmung nicht analog anwendbar sein.2988 Dem Unternehmer sind meist Direktgeschäfte überhaupt nicht gestattet. Tätigt er sie, kann er sich schadenersatzpflichtig machen und § 87 Abs. 2 ist nicht maßgeblich. Ein Alleinvertriebsrecht erfasst – neben seinem Hauptinhalt, der Nichtzulassung weiterer Vertragshändler im Vertragsgebiet – die Pflicht des Unternehmers, sich nicht selbst als Konkurrent des Vertragshändlers im Vertragsgebiet durch Direktbelieferung zu betätigen.2989 Der Schadensersatz geht alsdann auf die entgangene Weiterverkaufsspanne abzüglich der darauf liegenden Kosten. Außerdem kann Herausgabe des durch den Direktverkauf erzielten Reinerlöses nach § 687 Abs. 2 BGB verlangt werden.2990

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2983 S. 433. 2984 P. Ulmer S. 434. 2985 S. 437 Fn. 133. 2986 V. Brunn Händlerverträge S. 85 ff., anders anscheinend P. Ulmer S. 437 Fn 134; zum HV RG JW 1914, 403/404. 2987 BGH DB 1970, 872. 2988 BGH NJW 1984, 2411; Canaris § 17 Rn 21 (Vertrieb erfolgt im Eigeninteresse des Händlers, nicht als Geschäftsbesorgung für den Unternehmer); Hopt § 87 Rn 29. 2989 RG Recht 1920, Nr. 715, P. Ulmer S. 428, Peterek BB 1966, 353. 2990 Offen gelassen in BGH NJW 1964, 151; aA Staub/Brüggemann und P. Ulmer S. 429/430; OLG Celle Recht 1908, Sp. 491 Nr. 2809.

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Gleichermaßen verpflichtet es zum Schadensersatz, wenn der Hersteller/Lieferant dem Vertragshändler dadurch im Vertragsgebiet Konkurrenz macht, dass er die Absatzbindungs- oder Alleinvertriebsklausel unterläuft und ein gleiches Erzeugnis wie die Vertragsware, nur unter anderer äußerer Aufmachung und anderer Bezeichnung, unmittelbar vertreibt.2991 Sind dem Unternehmer einzelne Direktgeschäfte gestattet, begeht er weder eine Ver392 tragsverletzung noch ist § 87 Abs. 2 anwendbar. Denn der Unternehmer behält sich die Direktgeschäfte gerade vor, damit er jene schließen darf, ohne um Zustimmung des Händlers nachzusuchen oder ihm verpflichtet zu sein. Der BGH2992 fordert jedoch für die mit einem Direktbelieferungsvorbehalt verbundenen Beeinträchtigungen einen angemessenen Ausgleich, falls dem Händler ein Alleinvertriebsrecht zugesagt wurde. Liegt eine echte Gebietsschutzabrede vor, so können, wenn andere Vertragshänd393 ler den Gebietsschutz durch Lieferungen in das geschützte Vertragsgebiet verletzen, Schadensersatzansprüche gegen den Unternehmer begründet sein, sofern dieser seiner Verpflichtung aus der Gebietsschutzklausel, dem konkurrierenden Vertragshändler die Respektierung des Vertragsgebiets aufzuerlegen (Vertragsstrafe), nicht gehörig nachgekommen ist oder sie nicht durchsetzt. Eine darüber hinausgehende allgemeine Einstandspflicht des Unternehmers, dem Vertragshändler Schäden aus Verletzung des geschützten Gebiets durch Belieferung gebietsansässiger Kunden von dritter Seite zu ersetzen, ist aus der Gebietsschutzabrede jedoch nicht herzuleiten. Auch so weit würde eine Analogie zu § 87 Abs. 2 nicht gezogen werden können. Ob wiederum die Alleinvertriebsabrede auch einen Gebietsschutz oder einen Kundenschutz in dem Sinne, dass kaufwillige Kunden an den zuständigen Vertragshändler zu verweisen seien, mitenthalte, ist Sache der Auslegung des Vertrages.2993 Allgemein wird sich das nicht sagen lassen, auch wenn es in früheren Urteilen2994 gelegentlich so gesehen worden war. Denn anders als beim Vertrieb durch HV, wo sämtliche vermittelten Bestellungen beim Unternehmer zusammenlaufen und von ihm ausgeführt werden, hat im Vertragshändlervertrieb der Hersteller/Lieferant keine unmittelbare Möglichkeit, die Lieferung in das Vertragsgebiet des einen, obwohl von ihm für dieses Gebiet „konzessionierten“ Vertragshändlers durch den Vertragshändler eines anderen Gebiets zu unterbinden oder mindestens den „übergangenen“ Vertragshändler an diesem Geschäft in der einen oder anderen Form zu beteiligen – unterbinden könnte er das höchstens mittelbar durch die obigen Vertragsstrafeklauseln oder einen Kündigungsvorbehalt. Das Risiko, dass sein Alleinvertriebsrecht für einen bestimmten Bezirk von außen und ohne Mitwirkung des Unternehmers unterlaufen wird, trägt grundsätzlich der Vertragshändler.2995 Enthält ein Vertragshändlervertrag keine Bestimmung über die Rabatte, ist analog 394 § 87b Abs. 1 von der branchenüblichen Handelsspanne auszugehen. Lässt sich diese nicht feststellen, ist die Lücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließen.2996

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2991 BGH BB 1972, 1204: Der Kunde ist geneigt, unter der veränderten Aufmachung und Bezeichnung eine technische Verbesserung zu vermuten. 2992 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 151. 2993 Vgl. BGH NJW 1966, 1117 (1118). 2994 OLG Colmar PucheltsZ 1906, 24 (26 ff.); OLG Hamburg HansGZ 1911, Hauptblatt 275 Nr. 123. 2995 Vgl. OLG Köln DB 1975, 49 – die dortige Kurzinformation lässt allerdings nicht erkennen, welche Schutzabrede im konkreten Falle getroffen worden war – und OLG Stuttgart BB 1966, 798 – Vertragshändler. Sehr weit in der Frage einer schuldhaft mittelbaren Begünstigung solchen Unterlaufens durch den Hersteller geht BGH DB 1961, 601 (HV). 2996 Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 Rn 953.

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Keine Probleme bietet die analoge Anwendung des § 87d über den Ausschluss des Aufwendungsersatzes. Trägt schon der HV, obwohl er für fremde Rechnung arbeitet, die Kosten seines Geschäftsbetriebs selbst, so muss das erst recht für den auf eigene Rechnung arbeitenden Vertragshändler gelten.2997 Es gilt im Grundsatz – vorbehaltlich der anerkannten Grundsätze zum Invesitionsschadensersatzanspruch – für ihn selbst dann, wenn er besondere Aufwendungen in seinen Betrieb investiert hat, die bei Vertragsende sich noch nicht haben amortisieren können. Insb. scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch des Händlers aus,2998 solange er im eigenen Interesse tätig wird. Die Möglichkeit der Kündigung des Vertragshändlervertrages pflegt keiner der bekannt gewordenen und von P. Ulmer2999 untersuchten Formularverträge ungeregelt zu lassen. Unter dem Gesichtspunkt der analogen Anwendbarkeit des HV-Rechts ist daher nur zu fragen, ob dessen Kündigungsbestimmungen bei Fehlen oder der Unwirksamkeit einer vertraglichen Abrede ergänzend eingreifen, und wie weit zwingendes Kündigungsrecht (§§ 89 Abs. 3, 89a Abs. 1 S. 2) sich auch gegenüber vertraglicher Regelung zugunsten des Vertragshändlers durchsetzt. Dass Dauerrechtsverhältnisse kündbar sein müssen, ergibt sich bereits aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die in den Regelungen für andere Dauerrechtsverhältnisse ihren Niederschlag gefunden haben (aus dem BGB: §§ 314, 573, 620 Abs. 2, 723). Für die ordentliche Kündigung liegt dann allerdings, wenn vertragliche Abreden fehlen, die Schwierigkeit in der Bestimmung der Kündigungsfrist. Hier hilft nur die analoge Anwendung der Kündigungsfristen des HV-Rechts nach § 89 Abs. 1 und 2,3000 bei aller durch die Kürze der Frist für den HV und damit auch für den Vertragshändler und seine Abwicklungsschwierigkeiten bedingten Härte. § 627 Abs. 2 BGB wird man nicht anwenden dürfen.3001 Auch § 89 Abs. 3 ist analog anzuwenden;3002 ebenso das Verbot der Teilkündigung.3003 Bei Vertragshändlern in investitionsintensiven Geschäftsbereichen wird man verlängerte Kündigungsfristen von 1–2 Jahren annehmen müssen (§ 89 Rn 81 ff.). Analog anwendbar ist § 89a.3004 Diese Kündigungsmöglichkeit ist bei allen Dauerschuldverhältnissen rechtens (§ 314 BGB). Man könnte sich sogar fragen, ob nicht auf § 314 BGB als allgemeine Vorschrift zurückzugreifen wäre, nicht auf § 89a. Das ist jedoch wegen der größeren Sachnähe des HV-Rechts abzulehnen, woraus sich auch die Nichtanwendbarkeit der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB im Vertragshändlerrecht ergibt.3005 Vielmehr gilt hier, wie im HV-Recht, eine angemessene Überlegungsfrist (§ 89a Rn 35 ff.).

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2997 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 27. AA wohl Hopt § 84 Rn 11: Aber er wird dem Vertragshändler wohl keinen gegen den Unternehmer gerichteten Anspruch auf Aufwendungsersatz zubilligen? 2998 Ulmer S. 416; Canaris § 17 Rn 22; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 4. 2999 A.a.O. S. 127 ff. 3000 P. Ulmer S. 448/449; für Anwendung des § 89 Abs. 1: BGH LM § 89 HGB Nr. 1, RG WarnRspr. 1929, Nr. 52; OLG Stuttgart BB 1972, 548; OLG Colmar LZ 1913, Sp. 948 – die beiden letztgenannten Entscheidungen zu § 92 Abs. 1 a.F. –; Emde DB 2003, 981 (982); Westphal OLGR-Komm. 16/2000, K 35; Canaris § 17 Rn 23; Westphal II Rn 556; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36; Hopt § 84 Rn 11; differenzierend Oetker/Busche § 89 Rn 26 ablehnend Evans-v. Krbek S. 109 ff., wo allerdings nicht deutlich wird, welche Kündigungsfristen denn nun zu gelten hätten; für Anwendung des § 89 Abs. 2: Mücke S. 642. 3001 Für dessen Anwendung allerdings implizit RGZ 95, 166. 3002 AA Staub/Brüggemann, Vor § 84 Rn 22. 3003 BGH BB 2000, 59 m. Anm. Emde; Westphal II Rn 553. 3004 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 48/92, NJW-RR 1993, 682 (683); NJW 1982, 2432; DB 1962, 635; OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (141); Flohr in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89a Rn 1; Westphal II Rn 152; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Hopt § 84 Rn 11. 3005 BGH DB 1994, 728; Westphal II Rn 153 f.

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Das außerordentliche Kündigungsrecht ist auch im BGB zwingend (vgl. etwa § 723 Abs. 3 BGB). Seine im HV-Recht zwingende Geltung (§ 89a Abs. 1 S. 2) ist deshalb auch im Vertragshändlerrecht anzuerkennen. Die Kündbarkeit aus wichtigem Grund war schon vom RG unter der Geltung des § 92 Abs. 2 a.F. zugelassen worden;3006 der BGH hat sich dem angeschlossen.3007 Kündigungsgründe sind in mannigfacher Form denkbar. Es können hierzu gehören: Wiederholte Belieferung mit mangelhafter Ware trotz Abmahnung, nachhaltige Verletzung der Informationspflichten, Zahlungsschwierigkeiten beim Vertragshändler, unerlaubte Konkurrenz oder wettbewerbliche Benachteiligung von Seiten des Herstellers, unerlaubtes Führen von Konkurrenzware durch den Vertragshändler (im Einzelnen § 89a Rn 26). Da das Vertragshändlerverhältnis auf vertrauensvoller Zusammenarbeit beruht, stellt vor allem der Missbrauch dieses Vertrauens einen Grund zur fristlosen Kündigung dar. Die durch schuldhaftes Handeln veranlasste fristlose Kündigung seitens des anderen Teils verpflichtet den Kündigungsgegner nach § 89 Abs. 2 zum Schadensersatz, und dies in analoger Anwendung auch im Vertragshändlerverhältnis. Zum Anspruch auf Rücknahme der Lagerware Rn 412 ff. Von Staub/Brüggemann 4. Aufl. ist zudem – unabhängig von Anlass und Form der Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses – die analoge Anwendung des § 87 Abs. 3 in Erwägung gezogen worden.3008 Diese Bestimmung sei der Sache nach ein Anwendungsfall des § 354.3009 Auch der Vertragshändler habe, in Erfüllung seiner Pflicht zur Absatzförderung dem Hersteller/Lieferanten Dienste geleistet, wenn er den Weiterverkauf erfolgreich so weit angebahnt habe, dass es nach Auslaufen des Vertragshändlervertrags zu einem Abschluss mit seinem Nachfolger (oder mit dem Unternehmer im Wege des Direktverkaufs) komme. Der Unternehmer habe analog § 87 Abs. 3 dem Nachfolger die Verpflichtung aufzuerlegen, den bisherigen Vertragshändler an der Verdienstspanne teilhaben zu lassen (§ 328 BGB) oder, wenn er selbst den Verkauf abwickele, dem bisherigen Vertragshändler einen angemessenen Teil der Verdienstspanne zu vergüten. Davon kann in Einzelfällen auszugehen sein, jedoch nur als gemäß § 242 BGB bestehender Anspruch. Regelmäßig dürfte kein solcher Anspruch bestehen. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann in gleicher Weise wie bei einem HV vereinbart werden. Bei diesem erfordert § 90a ebenso wie beim Vertragshändler die Schriftform.3010 Auch die bezahlte Karenz des HV bei einer mit dem Vertragshändler getroffenen Wettbewerbsabrede ist gem. § 90a Rn 16 zwingend.3011 Für die Beschränkung des Wettbewerbsverbots auf zwei – früher drei Jahre – (§ 90a Abs. 1 S. 2) gilt gleiches.3012 Zu kartellrechtlichen Problemen § 90a Rn 16. Am umstrittensten ist die Frage, ob dem Vertragshändler in analoger Anwendung des § 89b ein Ausgleichsanspruch zusteht. Dazu s. § 89b Rn 33 ff.

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3006 RG WarnRspr. 1929, Nr. 52, RG DR 1942, 1226. 3007 BGH NJW 1967, 825; 1982, 2432. 3008 Vor § 84 Rn 25; ebenso P. Ulmer S. 488/489, der allerdings die aus § 87 Abs. 3 in analoger Anwendung abzuleitende Verpflichtung des Unternehmers, einem nachfolgenden Vertragshändler die Beteiligung des ausscheidenden Vertragshändlers an dem Verdienst aufzuerlegen, außer Betracht läßt und deshalb der Analogie nur einen geringen praktischen Spielraum zubilligen will; aA BGH VersR 1960, 653 (655); Finger S. 147. 3009 AA Evans-v. Krbek S. 117. 3010 BGH WM 1987, 512 (Franchisenehmer); Hopt § 90a Rn 5; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 26. 3011 Canaris § 17 Rn 23; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 26. 3012 OLG München BB 1963, 1114.

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V. Die Entlohnung des Vertragshändlers Was dem Vertragshändler der einzelne Abschluss einbringt, ist nicht eine Provision, 404 sondern ist seine Handelsspanne („Marge“, „Rabatt“ oder „Differenz zwischen VK und EK“), aus der er sich bezahlt macht.3013 Der Vertragshändler braucht als kaufmännischer Geschäftsbesorger nicht unentgeltlich tätig zu werden. Er ist schon nach § 354 berechtigt, vom Unternehmer für die Übernahme der im Interesse des Unternehmers liegenden Vertragspflichten ein Entgelt zu verlangen.3014 Der Unternehmer schuldet dem Vertragshändler aber nicht die Zahlung bestimmter Beträge für den Vertrieb der Vertragswaren, sondern die Einräumung einer realistischen Handelsspanne.3015 Als Gegenleistung für die Absatzförderungspflicht des Vertragshändlers ist daher die Eröffnung einer weitgehend gesicherten Verdienstmöglichkeit durch die Teilnahme am Vertrieb zu qualifizieren.3016 Der Unternehmer soll verpflichtet sein, dem Vertragshändler einen Grundrabatt oder vergleichbare Vergütungen zuzusichern. Denn sonst stände der Leistung des Vertragshändlers allein der Wettbewerbsvorsprung durch die Teilnahme am Goodwill des Herstellers und die Beschränkung des Absatzes der Vertragswaren gegenüber. Damit würde sich der Vertragshändler, wenn er weitgehend in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert und von dessen Weisungen und Entscheidungen abhängig ist, hinsichtlich seiner wirtschaftlichen Existenz völlig in die Hände des Herstellers begeben.3017 Jedenfalls für Fälle enger Einbindung ohne wirtschaftlichen Bewegungsraum ist dem zuzustimmen. Genzow3018 vertritt die Sittenwidrig- wie Nichtigkeit von Händlerverträgen mit unzureichenden Verdienstmöglichkeiten. Möglicher Erwerb aus dem Werkstatt- und Gebrauchtwagengeschäft dürfe bei Kfz-Händlerverträgen in die Gesamtbetrachtung der Verdienstmöglichkeiten nicht einbezogen werden, da die Kardinalpflicht des Neuwagenvertriebs allein im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der aus ihm stammenden Vergütung steht,3019 soweit dieser Rabatt überhaupt vom Hersteller geleistet wird (nur dann kann ein solches Gegenseitigkeitsverhältnis bestehen). Die Handelsspanne besteht entweder in der Differenz zwischen dem Verkaufspreis des Unternehmers an den Vertragshändler einerseits und dem vom Vertragshändler festgesetzten Preisen bzw. einer unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers andererseits. Gelegentlich wird sie in Höhe eines Abzuges von der üblichen Preisliste des Herstellers vereinbart. Dieser Rabatt wird als „Vertragshändlerrabatt“3020 bezeichnet. Das Recht zur Festsetzung der (ggf. unverbindlichen) Verkaufspreise folgt aus der Organisationsautonomie des Unternehmers, soweit es sich nicht um „Mondpreise“ handelt.3021 Hinzu treten oft Zusatzleistungen mit verhaltensbezogenem oder absatzorientiertem lenkenden Charakter, meist als „Bonus“ oder „Gratifikation“ bezeichnet.3022 Bei den Zuschüssen, Gratifikationen und Boni kann es sich um Nebenleistungen handeln, wenn diese für andere

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3013 Eingehend Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 115 ff.; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 148 ff. s.a. Habersack/Ulmer S. 14. 3014 Ulmer S. 282; Habersack/Ulmer S. 25. 3015 Ulmer S. 282; Habersack/Ulmer S. 22, 25. 3016 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; BGHZ 124, 351 (362); Ulmer S. 282, 426 ff.; Habersack/Ulmer S. 25. 3017 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 3018 Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24. 3019 Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24. 3020 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 117 f. 3021 Habersack/Ulmer S. 34. 3022 Westphal II Rn 484.

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Leistungen als die Erfüllung der Vertriebspflicht gewährt werden.3023 Mit zunehmender Bekanntheit und Ausdifferenzierung des Vertriebssystems wird die eigentliche Marge oft zu Gunsten der lenkenden Boni und Gratifikationen zurückgefahren.3024 Die Handelsspanne liegt meist höher als die Provision eines HV, weshalb sie bei der Ausgleichsberechnung auf die Provision eines HV zurückgeführt werden soll. Im Kfz-Bereich dient etwa ein erheblicher Teil der Handelsspanne (8,5–11%) der Erfüllung der CI-Kriterien der Hersteller sowie der Ausstattung der Werkstatt.3025 Hersteller sind bei der Gestaltung der Preise gegenüber ihren Vertragshändler nicht frei. Nimmt der Hersteller durch Abgabe einer echten unverbindlichen Preisempfehlung (UPE) Einfluss, darf er die Preise, zu denen er die Händler beliefert, nicht so festsetzen, dass ihnen keine angemessene Gewinnspanne verbleibt. Der Abgabepreis an die Händler und die UPE müssen entsprechend harmonisiert werden.3026 Einen Schwerpunkt hat die Rechtsprechung zum Vertragshändlerrecht und insb. zum Leistungs-/Gegenleistungsverhältnis in ihren Entscheidungen zu KfzVertragshändlern gefunden.3027 Wegen ihrer hohen Investitionen nehmen diese Händler eine Sonderstellung ein. Die zu ihnen ergangene Rechtsprechung lässt sich daher nicht in jedem Fall übertragen.3028 An Sonderaktionen der Hersteller, mit denen z.B. besonders ausgestattete oder besonders günstige Sondermodelle oder -aktionen vorgestellt werden, müssen sich Vertragshändler nicht beteiligen.3029 Besteht ein faktischer Beteiligungszwang verstößt dies gegen die dem Hersteller obliegende Treupflicht, sofern sich daraus spürbar nachteilige Auswirkungen auf die Verdienstmöglichkeiten des Händlers ergeben.3030 Eine solche Treupflichtverletzung kann angenommen werden, falls die dem Händler obliegende Beteiligung an der Sonderaktion der Höhe seiner Marge nahe kommt oder entspricht.3031 Ansonsten sind Sonderaktionen zulässig, sofern dem Vertragshändler die freie Entscheidung über die Beteiligung zusteht.3032 VI. Preisanpassung – Anpassung des Händlerrabattes 405

Da zwischen Vertragsabschluss und möglichem Abschluss eines Einzelgeschäfts ein langer Zeitraum, ggf. Jahrzehnte, liegen kann, hat der Unternehmer ein besonderes Interesse, Preisänderungsklauseln in Vertragshändler- oder Franchiseverträge einzufügen.3033 Deshalb behält sich der Unternehmer regelmäßig die Neufestsetzung der unverbindlichen Preisempfehlung vor.3034 Die Rspr. muss diesem Bedürfnis entgegenkommen und darf nicht zu einer Erstarrung der Preisfindung führen oder die Parteien auf die von keiner Partei gewollte Änderungskündigung3035 verweisen. Leitbild ist § 315 BGB,3036 dessen Voraussetzungen soweit als möglich in der Preisanpassungsklausel konkretisiert werden müssen (s.u.).

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3023 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 121. 3024 Vgl. Habersack/Ulmer S. 14. 3025 Habersack/Ulmer S. 18. 3026 OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 3027 Westphal II Rn 28. 3028 Westphal II Rn 28. 3029 Habersack/Ulmer S. 58. 3030 Habersack/Ulmer S. 58. 3031 Habersack/Ulmer S. 58. 3032 Habersack/Ulmer S. 58. 3033 Vgl. Nagel in: Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl., Rn 398 ff.; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 124 ff.; Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (42) 3034 Habersack/Ulmer S. 14. 3035 Vgl. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 63. 3036 Vgl. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 63.

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Der Händlervertrag muss die Bedingungen der Einzelgeschäfte und die Preise nicht 406 nennen.3037 Das wäre auch kaum praktikabel, da diese dann über die Vertragsdauer festgeschrieben wären. Vermeidet der Vertrag dies, bestimmen sich die Bedingungen der Einzelgeschäfte nach dem Prinzip von Angebot und Annahme bei Abschluss des Einzelgeschäftes.3038 Werden die Verkaufspreise in einem Vertragshändlervertrag nicht ausdrücklich genannt, so besteht meist keine Einigung dahingehend, dass die zum Zeitpunkt der ersten Willenserklärung oder bei Vertragsschluss gültige Preisliste unverändert für die gesamte Vertragslaufzeit gelten sollte.3039 Oft werden im Rahmenvertrag Listenpreisklauseln eingefügt, nach denen der jeweils geltende Listenpreis des Herstellers gelten soll,3040 mit der Folge, dass keine Festpreise über die gesamte Vertragslaufzeit vereinbart sind. U.U. liegt eine zumindest konkludente Einigung auf einen bestimmten Anfangspreis vor, ggf. durch Ausführung mehrerer Einzelgeschäfte. Wird der Verkaufspreis im Rahmenvertrag festgelegt, wäre eine einseitige Preisanpassung nur zulässig, wenn sie wirksam in der Rahmenvereinbarung vereinbart wurde3041 (in AGB kaum möglich, s. Vor § 84 Rn 55 „Änderungsvorbehalte“). Es gilt daher der Gestaltungshinweis, im Rahmenvertrag keine Verkaufspreise zu vereinbaren. Das Thema der Preisanpassung ist sensibel, weil der Hersteller durch übermäßige 407 Preiserhöhungen die Weiterführung des Vertrages i.S.e. „stillen Kündigung“ verhindern kann. Grenzen setzen sein Eigeninteresse am Verkauf und die Treupflicht, die willkürlich unangemessen unterschiedliche Preise zwischen den Vertragshändlern eines einheitlichen Vertriebssystems ausschließen. 1. Individualverträge. Individualvertraglich vereinbart unterliegen Preisanpas- 408 sungsklauseln den Grenzen der §§ 138, 315 BGB.3042 Willkürliche Preisanpassungen überschreiten das Dispositionsrecht des Unternehmers und sind unwirksam. Ob sich dem Unternehmer ein an § 315 BGB orientiertes Leistungsbestimmungsrecht zusteht oder er es sich vertraglich vorbehalten kann, ist umstritten. Die Rspr hat dies teils zugelassen:3043 So entschied das OLG Stuttgart,3044 Fiat dürfe aufgrund des Fehlens einer Rabattvereinbarung im Vertragshändlervertrag nach § 316 BGB die Rabatte für ihre Produkte gem. § 316 BGB bestimmen. Allerdings ist eine konkludente Margenvereinbarung denkbar,3045 etwa wenn über längere Zeit hinweg eine bestimmte Marge gewährt wurde und Einigkeit über den Ausschluss einer Preiserhöhung bestand. Da die Marge im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Vertriebspflicht des Vertragshändler steht, fragt sich allerdings, ob nicht in Wahrheit der Vertragshändler das Bestimmungsrecht i.S.d. § 316 BGB besitzt.3046 Außerdem wäre an eine Analogie zu § 87b Abs. 13047 oder an eine ergänzende Vertragsauslegung unter Rückgriff auf den hypothetischen Parteiwillen3048 zu denken. In

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3037 Vgl. Martinek/Manderla in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 18. 3038 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 20.12.2012 – 11 U 45/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 42. 3039 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 20.12.2012 – 11 U 45/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 42. 3040 Vgl. Horn NJW 1985, 1122. 3041 Becker in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 9 Rn 108. 3042 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 63. 3043 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 20.12.2012 – 11 U 45/12 (Kart), ZVertriebsR 2013, 42; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.4.1996 – 2 U 35/95, zit. nach Habersack/Ulmer S. 38; die Revision wurde vom BGH durch Beschl. v. 7.5.1997 – VIII ZR 175/96 – nicht angenommen. 3044 OLG Stuttgart, Urt. v. 26.4.1996 – 2 U 35/95, zit. nach Habersack/Ulmer S. 38; die Revision wurde vom BGH durch Beschl. v. 7.5.1997 – VIII ZR 175/96 – nicht angenommen. 3045 Habersack/Ulmer S. 39. 3046 Habersack/Ulmer S. 43. 3047 Habersack/Ulmer S. 43. 3048 Habersack/Ulmer S. 46.

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1. Buch. Handelsstand

jedem Fall schuldet der Unternehmer unter Treupflichtgesichtspunkten eine angemessene Ankündigungsfrist, damit sich der Vertragshändler auf Preisänderungen einstellen kann. Eine Ankündigungsfrist, die der Frist zur ordentlichen Vertragskündigung entspricht, ist immer zulässig. Sie ist aus Sicht des Unternehmers aber regelmäßig zu lang. Die Angemessenheit der Ankündigungsfrist bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Sieht sich ein Hersteller schwer kalkulierbaren Schwankungen der Rohstoffpreise ausgesetzt, kann für diesen Fall eine konkrete Preisanpassungsklausel im Vorwege kaum formuliert werden.3049 Sie darf dann auch nicht erwartet werden. Auch die Anforderungen an die Abstrahierung der Preisänderungsfaktoren in AGB (dazu Rn 55, Stichwort „Änderungsvorbehalte“) können in diesem Fall herabgesetzt sein. Wenn Verkaufspreise im Händlervertrag genannt wurden, eine an § 242 BGB orien409 tierte Auslegung diese Preise als fix erscheinen lässt und eine Preisänderungsklausel fehlt oder unwirksam ist, wird eine Preisänderung unzulässig sein. Sicher ist dies bei Vereinbarung eines Festpreises. Es gilt dann der Grundsatz „pacta sunt servanda“. Will der Hersteller dann die Preise erhöhen, muss er den Weg der Änderungskündigung einschlagen. Bei widerspruchsloser Hinnahme angemessener Preiserhöhungen in der Vergangenheit kann eine konkludente Preisänderungsklausel nach dem Maßstab des § 315 BGB vereinbart worden sein. Bleibt der Teil der Klausel wirksam, der eine Preisänderung generell zulässt und ergreift die Unwirksamkeit nur den Teil der Klausel, der die Bedingungen der Preiserhöhung regelt, gilt das dispositive Recht, also §§ 138 und ggf. 315 BGB (s.o.). Dessen Geltung ist angesichts des Umstandes, dass kein Händler von jahrelanger Preisstabilität ausgehen darf, das mglw. sachgerechte Ergebnis. Eine Ausnahme von den Beschränkungen einseitiger Preisänderungen soll für freiwillige Leistungen des Unternehmers gelten,3050 also wohl solche, die ohne Gegenleistung erbracht werden (woran es im Zweifel mangelt). Die bloße Freiwilligkeit der Gewährung ist ein schlechter Maßstab. Denn jede vertragliche Leistung wird freiwillig erbracht. Ein der Preiserhöhung folgendes Lösungsrecht des Vertragshändlers vom Ver410 trag entsprechend den für Endverbraucher geltenden Entscheidungen BGH ZIP 1984, 330 (333) und BGH ZIP 1989, 1196 (1198) besteht nicht.3051 Allerdings kann eine nicht gerechtfertigte Preiserhöhung dem Vertragshändler nach Abmahnung einen Grund zur außerordentlichen Kündigung nach §§ 89a, 89b Abs. 3 S. 2 geben. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls.3052 411

2. AGB. Was in Individualverträgen unwirksam ist, ist es erst recht in AGB. Näher Rn 55 „Änderungsvorbehalte“. VII. Rückgaberecht/Rücknahmepflicht für Vertragsware nach Vertragsende

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Eine eher nur beim Vertragshändler diskutierte Förderungspflicht des Herstellers besteht darin, dass er bei Vertragsende gehalten sein kann, den Händler beim Absatz der noch vorhandenen Lagerbestände zu unterstützen, etwa die Überleitung der Bestände auf den Nachfolger zu vermitteln (ggf. unter Abschlägen vom Einstandspreis) oder auch sie zurückzunehmen, sofern sie aus sachlich vertretbaren Vorausdispositio-

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3049 BGH, Urt. v. 16.1.1985, BB 1985, 1223; 1985, 260, Nagel in: Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl., Rn 408. 3050 BGHZ 124, 351 (362); Habersack/Ulmer S. 35. 3051 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 130. 3052 BGH, Urt. v. 16.1.1985, BB 1985, 1223; 1985, 260; Nagel in: Stumpf/Jaletzke/Schultze, Der Vertragshändlervertrag, 3. Aufl., Rn 408.

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nen herrühren.3053 Dies gilt besonders dann, wenn der Vertragshändler ein Lager oder bestimmtes Depot zu unterhalten gehabt hatte.3054 Auch im Teilegroßhandel besteht eine Rücknahmeverpflichtung.3055 Die Verpflichtung kann in gleicher Weise beim FN3056 akut werden. Vor § 84 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde 1. Rechtsgrundlage der Rücknahmepflicht. Der Unternehmer ist selbst ohne aus- 413 drückliche Rücknahmeverpflichtung verpflichtet, Lagerware und Ersatzteile nach Beendigung des Vertragshändlervertrages,3057 eines Franchisevertrages3058 oder eines Werkstattvertrages3059 zurückzunehmen. Die Rücknahmepflicht ergibt sich nicht aus den §§ 985, 667, 675 BGB, § 242 BGB3060 oder einer analogen Anwendung des HV-Rechts sondern aus der nachvertraglichen Treupflicht des Unternehmers,3061 ggf. aus einer vertraglichen Vereinbarung.3062 Der Händler hat, wenn die Vertragsbeendigung nicht aus einem von ihm zu vertretenden Grund erfolgte, einen Anspruch auf Rücknahme der Vertragswaren und Ersatzteile, die er aufgrund der Vorgaben des Herstellers in seinem Lagerbestand gehalten hat, sofern er zur Lagerhaltung verpflichtet war.3063 Es wäre ungerecht, wenn der Vertriebsmittler das Absatzrisiko allein tragen müsste.3064 Die Rücknahmepflicht besteht auch dann, wenn sich ein neuer Händlervertrag anschließt3065 oder der vorherige Händler danach autorisierte Werkstatt des Herstellers3066 bleibt. Denn eine Beendigung des Vertrages liegt nicht nur vor, wenn zwischen den Parteien überhaupt keine Vertragsbeziehungen mehr bestehen.3067 Dass der BGH die Rücknahmepflicht auch aus Treupflichten hergeleitet hat, weil Sinn und Zweck der auferlegten Lagerhaltung entfallen seien und dem Händler eine Veräußerung des Lagerbestandes wegen der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse nicht mehr zumutbar sei, rechtfertigt nicht den Umkehrschluss, das Vorhalten eines Ersatzteillagers sei weiterhin im vollen

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3053 P. Ulmer S. 472. 3054 BGHZ 54, 338 (343 ff.); Canaris § 17 Rn 48. 3055 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08; VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393; aA OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 4.3.2008 – 11 U 42/07; 11 U 45/07. 3056 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 79. 3057 BGH NJW 1995, 524 = ZIP 1995, 1222; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01; VersR 2002, 886; OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 106; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (145 ff.); Schriefers BB 1992, 2158; Ensthaler/GesmannNuissl BB 2009, 618 (621). 3058 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (8). 3059 Niebling WRP 2011, 1269 (1272); Niebling WRP 2006, 1334 (1335). 3060 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.3.2012 – I-16 U 199/10, BeckRS 2012, 13564 – Motorrad-Vertragshändler (dort Rückkaufpflicht des Unternehmers wegen fehlender Neuwertigkeit der Ware und anderen Verkaufsmöglichkeiten des Händlers abgelehnt). 3061 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078; BB 1995, 113 ff. = WM 1994, 1121 (1130); WM 1988, 1344 (1349 f.) = ZIP 1988, 1182; BB 1970, 1458; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146); Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (8); Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 173. 3062 BGH NJW-RR 1999, 106; ZIP 1994, 461 ff.; ZIP 1988, 1182. 3063 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 3064 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (145). 3065 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08; v. 9.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393. 3066 BGH, Urt. v. 18.6.2008 – VIII ZR 154/06, DB 2008, 1913; v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078, Rn 24; OLG Frankfurt, Urt. v. 1.8.2006 – 11 U 13/06 (Kart), WRP 2006, 1387 = WM 2007, 2078; Niebling WRP 2010, 81 (82). 3067 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 = NJW-RR 2008, 1371 Rn 25.

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Umfang sinnvoll.3068 Damit hob der BGH die Vorinstanz OLG Frankfurt/M.3069 auf, nach der eine ergänzende Vertragsauslegung den Rückkaufanspruch ausschloss, weil bei Abschluss der Rückkaufklausel die Möglichkeit der Fortsetzung des Händlervertrages durch einen Werkstattvertrag nicht vorherzusehen war. Gleichwohl bestand auch nach Ansicht des OLG Frankfurt der Rücknahmeanspruch, falls die Werkstatt nicht oder nicht mehr in zumutbarem Maße die Möglichkeit besitzt, das Ersatzteillager zu amortisieren. Für eine Rücknahmepflicht spricht bereits das Formulierungsrisiko (§ 305c BGB) des Herstellers, der „Mitzieheffekt“ des Verkaufs für das Werkstattgeschäft und die nach Wegfall des Verkaufs reduzierten Reparaturaufträge. In jedem Fall kann der Rückkaufanspruch nur ausscheiden, wenn die Zusammenarbeit auf der Grundlage eines im Wesentlichen übereinstimmenden Vertrags fortgesetzt wird.3070 Ein solcher Ausnahmefall ist nicht schon gegeben, sobald sich an den bisherigen Vertrag, der sowohl das Neuwagenals auch das Werkstattgeschäft umfasste, ein neuer Händlervertrag (für den Kfz-Vertrieb) und ein Werkstattvertrag anschließen. Es kommt vielmehr auf die konkrete Ausgestaltung der neuen Verträge, d.h. darauf an, ob die Geschäftsbeziehung auch hinsichtlich des Ersatzteilgeschäfts im Wesentlichen unverändert fortgeführt wird. Dazu dürfen dem weiteren Absatz der Ersatzteile durch den Händler im Vergleich zur bisherigen Geschäftsbeziehung keine unzumutbaren Schwierigkeiten entgegenstehen. Solche Schwierigkeiten treten aber ein, wenn unter dem neuen Vertrag der Ersatzteilgroßhandel entfällt, welcher 70% des Geschäftes erfasst.3071 Ausgenommen von der Rückkaufpflicht sind Teile, zu deren Bevorratung als Mindestbestand der bisherige Händler nach dem neuen Servicevertrag verpflichtet ist.3072 414

2. Grund der Vertragsbeendigung. Nur der Händler, der dem Hersteller/Lieferanten Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben hat, verliert seine Ansprüche auf Rücknahme3073 und es kann für jene Situation jede Rücknahme auch formularvertraglich ausgeschlossen werden. Hat der Händler das Vertragsende allein oder überwiegend vertreten, ohne dass ein wichtiger Kündigungsgrund besteht, dürfte die Rücknahmepflicht aus Treupflicht bestehen bleiben.3074 Nach aA ist ein Rekurs auf die Treupflicht des Unternehmers zumindest ausgeschlossen, wenn der Händler die Vertragbeendigung allein verschuldet hat.3075 Eine ordentliche Kündigung bildet als gesetzlich gestattetes Verhalten kein Verschulden des Händlers.3076 Im umgekehrten Falle, bei außerordentlicher Kündigung des Händlers wegen schuldhaften Verhaltens des Herstellers, drohen

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3068 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 = NJW-RR 2008, 1371 Rn 27. 3069 Urt. v. 31.3.2006 – 21 U 25/05, WRP 2006, 1384; zust. Wendel/Ströbl WRP 2006, 1336 ff. 3070 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08 Rn 15; v. 9.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393. 3071 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08 Rn 17; v. 9.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393. 3072 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08; v. 9.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393; v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WM 2007, 2078, Rn 37; v. 18.6.2008 – VIII ZR 154/06, WM 2008, 2076. 3073 BGHZ 54, 338 (346); BGH, Urt. v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 175. 3074 AA Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 176; offen gelassen von BGHZ 128, 67. 3075 BGH NJW-RR 1988, 1077 (1081); NJW 1971, 29 (31); OLG München BB 1998, 1332; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 405; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147). 3076 BGH BB 1995, 113 (114) = NJW 1995, 524 (525); 1988, 2201; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 405; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 177; Wauschkuhn/ Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147).

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dem Unternehmer Schadensersatzansprüche des Händlers aus § 89a Abs. 2 analog.3077 Eine Verpflichtung zur Lagerhaltung ist, wenn der Schadenersatzanspruch eingreift, keine Anspruchsvoraussetzung.3078 Da die Nichtverwertbarkeit oder die erschwerte Verwertbarkeit (je nachdem, ob der Mittler die Ware noch absetzen darf) durch die Kündigung hervorgerufen wurde, muss der Warenbestand vom Unternehmer, unbeschadet weitergehender Verpflichtung zum Ersatz des dem Händler entstehenden Umstellungsschadens gem. § 249 BGB (Naturalrestitution), zumindest gegen Erstattung des Einstandspreises oder gegen Verzicht auf den noch ausstehenden Kaufpreises zurückgenommen werden.3079 Weitergehender, entgangener Gewinn ist gem. § 252 BGB zu erstatten,3080 ersparte Aufwendungen sind ggf. abzuziehen,3081 § 254 BGB mag anwendbar sein.3082 Haben beide Parteien die Vertragsbeendigung verschuldet, wird die Rücknahmepflicht unter Berücksichtigung der beiderseitigen Verursachungsanteile eingeschränkt.3083 In diesem Fall bleibt die Rücknahmepflicht in vollem Umfang bestehen; die Rücknahmevergütung ist jedoch angemessen herabzusetzen.3084 Hat keiner der Parteien die Vertragsbeendigung zu vertreten, steht dem Händler ein Anspruch auf Rücknahme der Lagerwaren zu. 3. Vertragliche Bestimmung des Rücknahmerechts. Das Rücknahmerecht darf 415 vertraglich geregelt und konkretisiert werden. Bezieht sich die vertraglich vereinbarte Rückkaufpflicht auf fabrikneue Ware, so besteht die Rückkaufpflicht nicht, wenn seit der Herstellung mehr als 12 Monate vergangen sind und eine mehrmonatige Zulassung des Kfz zum Straßenverkehr vorliegt.3085 Auch eine Rücknahmepflicht aus § 242 BGB existiert bei derartiger Ware nicht.3086 Die eine Rücknahmepflicht regelnde Klausel darf nicht „einschränkend“ bzw. „ergänzend“ so ausgelegt werden, dass die Rücknahme ausscheidet, falls sich an den beendeten Händlervertrag ein neuer Händlervertrag anschließt3087 bzw. die Rücknahmepflicht nur besteht, sofern der Händler im Einzelfall auf Grund der veränderten Verhältnisse nicht mehr oder nicht mehr im zumutbaren Maße, insbesondere innerhalb eines angemessenen Zeitraumes, die Möglichkeit hat, das Ersatzteillager zu amortisieren.3088 4. Vertragliche Beschränkung des Rücknahmerechts. Individualvertraglich dür- 416 fen die Parteien den Rücknahmeanspruch innerhalb der Grenzen der §§ 138, 242 BGB

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3077 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147); Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 40 ff. 3078 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 41. 3079 BGHZ 54, 338 = BB 1970, 1458; BGH BB 1995, 113 (114); Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 f.; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 173; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147); die Kritik von Finger in der Anm. zu BGHZ 54, 338 in NJW 1971, 555 verkennt, dass der BGH hier nur den Grundsatz der Naturalrestitution angewandt hat. 3080 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (148). 3081 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (148); Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 42. 3082 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (148); Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 43. 3083 BGHZ 54, 338 (346 f.); BGH ZIP 1988, 1182 (1187 f.); Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 406; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147). 3084 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 406. 3085 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.3.2012 – I-16 U 199/10, BeckRS 2012, 13564. 3086 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.3.2012 – I-16 U 199/10, BeckRS 2012, 13564. 3087 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08; v. 9.12.2009 – VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393; v. 18.6.2008 – VIII ZR 154/06, DB 2008, 1913. 3088 BGH, Urt. v. 18.6.2008 – VIII ZR 154/06, DB 2008, 1913.

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festsetzen oder ausschließen,3089 es sei denn, die unberechtigte Vertragsbeendigung erfolgte mit Vorsatz. Für den Fall, dass der Hersteller die Vertragsbeendigung zu vertreten hat bzw. den Händler keine Verantwortung trifft,3090 ist eine Beschränkung des Rücknahmeanspruchs im Formularvertrag unzulässig. Zu Formularklauseln Vor § 84 Rn 42, 43. Möglicherweise wird man Andeutungen des BGH entnehmen können, dass die Rückkaufpflicht auf einen vorgegebenen Mindestlagerbestand begrenzt werden darf.3091 Sofern eine AGB den Unternehmer zum Rückkauf der bei dem Händler befindlichen Vertragsware berechtigt, jedoch nicht verpflichtet, lässt sich keine Pflicht zum Rückkauf herleiten.3092 417

5. Umfang der Rücknahmepflicht. Grundsätzlich bezieht sich die Rücknahmepflicht auf das gesamte Lager,3093 soweit die Pflicht zur Bevorratung ging,3094 egal welchen Alters, insb. auch auf Tageszulassungen bei Kfz, je nach Alter auch auf Vorführwagen. Übermäßige Bestände, die aufgrund von Dispositionsfehlern des Händlers gehalten werden, müssen nicht zurückgenommen werden.3095 Verweigert der Händler eine Rücknahme, steht dies einem Dispositionsfehler gleich.3096 Trotz des Zurückweisungsrechts bei Teilleistungen, darf sich der Händler darauf beschränken, nur einen Teil der Lagerbestände zurückzugeben. 3097 Denn hierdurch wird der Unternehmer nicht belastet. Grunds. sind nur vom Unternehmer erworbene Waren zurückzunehmen.3098 Die Rücknahmepflicht erstreckt sich aber auch auf Waren, die der Händler zum Zwecke der Eigenfinanzierung an eine konzerneigene Bank des Herstellers sicherungsübereignet hat.3099 Dies gilt auch, wenn die Rücknahmepflicht nur für „im Eigentum des Händlers stehende Ware“ vereinbart wurde.3100 Zumindest im selektiven Vertrieb3101 ist der Hersteller nach der Honda-Entscheidung des BGH3102 zudem verpflichtet, nicht vom Hersteller bezogene Lagerware zurückzunehmen. Dies dürfte eine Folge des Rechts auf Querbelieferung sein und wird deshalb von Kleinmann/Siegert3103 zu Unrecht bemängelt. Letztlich stammt die Ware auch hier vom Unternehmer. Ob auch unbenutzte Spezialwerkzeuge, die vom Händler auf Veranlassung des Unternehmers angeschafft wurden, ohne vertragliche Regelung rücknahmefähig sind, wird uneinheitlich beurteilt.3104 Die Rücknahme wird in diesem Fall als Naturalrestitution nur über einen Investitionsersatzanspruch (§ 89 Rn 81 ff.) erfolgen können,3105 notfalls kann der Rücknahmeanspruch auch hier aus der

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3089 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 412. 3090 BGHZ 128, 67; Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 178. 3091 BGH, Urt. v. 9.12.2009 – VIII ZR 93/08 Rn 19; VIII ZR 91/08, NJW-RR 2010, 353 = WRP 2010, 393. 3092 OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.3.2012 – I-16 U 199/10, BeckRS 2012, 13564. 3093 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146). 3094 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146). 3095 OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 106. 3096 Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (788). 3097 Unentschieden Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 403; differenzierend nach Anspruchspruchsgrundlagen Stumpf/Jaletzke/Schultze 689 f.; dagegen: LG Frankfurt/ Main BB 1977, 1475. 3098 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146). 3099 KG BB 1999, 1518 mit Anm. Graf v. Westphalen; Emde VersR 2001, 148 (165). 3100 KG BB 1999, 1518 mit Anm. Graf v. Westphalen. 3101 Auf ihn beschränken Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146) den Anwendungsbereich der Honda-Entscheidung. 3102 BGH ZIP 2005, 1785; aA OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.7.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628. 3103 BB 2006, 785 ff. 3104 Dagegen: LG Köln, Urt. v. 8.11.2001 – 86 O 120/99, n.v.; LG Frankfurt/Main BB 1982, 209; Westphal II Rn 660; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 702. 3105 Genzow Rn 135; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 401.

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Treupflicht hergeleitet werden. Darauf, dass die Vertragsware originalverpackt ist, dürfte es nicht ankommen,3106 es genügt, dass sie in neuwertigem und unbenutztem Zustand ist.3107 Ein Entfernen der Verpackung, die für die Rechtsdurchsetzung erforderlich ist, etwa durch den gerichtlich bestellten Sachverständigen, bleibt ohnehin irrelevant. Für den Rücknahmeanspruch gelten die §§ 346 ff. BGB analog.3108 6. Rücknahmepreis. Der Rücknahmepreis ist grds. der Zeitwert, im Zweifel der 418 Einkaufspreis im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung, mindestens 3109 jedoch der vom Händler entrichtete Kaufpreis – § 346 Abs. 1 BGB (wobei gewährte Boni und Rabatte abzuziehen sind).3110 Von dem Rücknahmepreis können die vom Händler gezogenen Nutzungen (§ 346 Abs. 1 BGB) bzw. deren Wert (§ 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB) abgezogen werden, was etwa für Vorführgeräte von Bedeutung sein kann.3111 Wertersatz hat der Händler zu leisten bei einer Verarbeitung oder Umgestaltung der Lagerware (§ 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB) oder bei einer Verschlechterung, die über die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme hinausgeht (§ 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB).3112 Bei Vorführwaren liegt die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme im Vorführzweck. Ihr Gebrauchsvorteil führt nicht zu einer Ersatzpflicht des Händlers gem. § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB.3113 Ein Anspruch des Händlers auf Ersatz des ihm durch den Rückkauf entgangenen Gewinns kommt nur bei Vertretenmüssen des Herstellers in Bezug auf die Vertragsbeendigung und als Schadenersatzanspruch in Frage.3114 Durch eine lange Lagerdauer kann eine erhebliche Wertminderung der Ware eintreten. Fehler oder Wertminderung der zurückzugebenden Gegenstände stehen der Rücknahmepflicht zwar nicht grds. entgegen. Da der Händler das Lagerrisiko nicht grds. trägt,3115 ist ein über § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB hinausgehender Abzug vom Einkaufspreis für die Wertminderung nur bei vom Händler verschuldeter Verschlechterung in Form eines Schadensersatzanspruchs anzuerkennen,3116 ferner sofern der Händler die Beendigung des Vertrages verschuldet hat.3117 Es besteht aber keine Vermutung dafür, dass bei der zurückzugebenden Lagerware eine Wertminderung eingetreten ist.3118 Eine Reduzierung des Rückkaufspreises in Höhe von 10% des Netto-Einkaufspreises wegen zu erwartender Verwertungsverluste ist auch mittels AGB zulässig. Da Grund des Abzuges von 10% der mit der Neueinlagerung zahlreicher Einzelteile verbundene Verwaltungsaufwand des Hersteller ist, kann diskutiert werden, ob die Redu-

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3106 AA wohl BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697; OLG Frankfurt, Urt. v. 5.4.2006 – 2110/06, BeckRS 2006, 12472; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 1962/01, NJOZ 2002, 2175; OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.7.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628; OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 3107 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179. 3108 BGH NJW 1994, 1060 (1067); NJW 1972, 1191; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146). 3109 AA Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146): Wertminderung durch Lagerdauer schon bei der Bestimmung des Kaufpreises und nicht erst als Schadenersatzanspruch zu berücksichtigen. 3110 BGH NJW-RR 1988, 1077 (1081); NJW 1971, 29 (31); KG BB 1999, 1518; OLG München BB 1996, 1685 (1686). 3111 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146). 3112 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146). 3113 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 416. 3114 Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789, 791). 3115 Der Hersteller verpflichtet den Händler zur Lagerhaltung, so dass wohl dem Unternehmer das Lagerrisiko zugewiesen werden muss. Weiter verpflichtet § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB nur zum Wertersatz für eine Verschlechterung, die über die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme (Lagerhaltung) hinausgeht. 3116 BGH NJW 1972, 1191 (1192); Schriefers BB 1992, 2161; aA Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (146): reduziert bereits ohne Verschulden den Rückkaufpreis. 3117 BGHZ 54, 338. 3118 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 414; Westphal II Rn 662.

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zierung bei der Rückgabe von Vertragsware angemessen ist, die in leicht überschaubarer Anzahl erfolgt.3119 Befindet sich der Hersteller mit der nach Vertragsende geschuldeten Rücknahme der Teile im Annahmeverzug, darf der Händler gem. § 304 BGB i.V.m. § 354 HGB für die Dauer des Annahmeverzugs des Herstellers die ortsüblichen Lagerkosten beanspruchen.3120 419

7. Fälligkeit des Rücknahmeanspruchs. Mangels vertraglicher Bestimmung wird der Anspruch mit Beendigung des Händlervertrags fällig.3121 Eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Rückkaufes existiert kraft Gesetz nicht. Der Händler braucht den Rückkauf noch nicht einmal binnen angemessener Frist zu fordern.3122

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8. Verjährung und Verwirkung. Die Verjährungsfrist für den Rückkaufanspruch beginnt mit Beendigung des Händlervertrags zu laufen. Nur weil der Hersteller den Rücknahmeanspruch ablehnt, handelt es sich um keine zweifelhafte Rechtsfrage, für die die Verjährung zu einem späteren Zeitpunkt zu laufen beginnt.3123 Ohne (wirksame) Fristregelung zur Rücknahme kann der Rückkauf innerhalb der allgemeinen Verjährungs- oder Verwirkungsfrist gefordert werden;3124 vor Ablauf der Verjährungsfrist ist eine grundsätzlich denkbare3125 Verwirkung kaum denkbar. In Abwesenheit einer vertraglichen Regelung kommt ein Ausschluss binnen eines Jahres nach Vertragsende nicht in Betracht.3126 Der Händler muss bei Vertragsbeendigung einen kompletten Geschäftsbetrieb abwickeln. Deshalb sind keine strengen Voraussetzungen zu stellen.3127 Ein gekündigter Kfz-Vertragshändler verwirkt seinen Anspruch gegen den Hersteller auf Rückkauf des Ersatzteillagers nicht deswegen gemäß § 242 BGB, weil er den Anspruch erst nach rechtskräftigem Abschluss eines zwischen den Parteien geführten Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung des Händlervertrages geltend macht.3128 Vor Entscheid des Rechtsstreites hat der Händler keinen Anlass, den Rückkauf zu fordern, weil er von dem Fortbestehen des Vertrages ausgeht. Ältere Ersatzteile könnten noch für die Reparatur älterer Kfz verwendet werden.3129

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9. Darlegungs- und Beweislast. Es ist grundsätzlich Sache des Händlers, das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rückkaufanspruch darzulegen und zu beweisen.3130 Die Originalverpackung sowie die Fabrikneuheit der Ersatzteile darf der Hersteller bestrei-

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3119 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 3 Rn 420. 3120 BGH, Urt. v. 22.3.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403. 3121 OLG Frankfurt/Main, Hinweisbeschl. v. 23.3.2010 – 11 U 5/10 (Kart), BeckRS 2010, 21415; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147). 3122 Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 188; aA Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147). Begründung nachvertragliche Treupflicht des Händlers fordert rasche Erklärung. Aber selbst für § 89b gilt eine Jahresfrist. 3123 OLG Frankfurt/Main, Hinweisbeschl. v. 23.3.2010 – 11 U 5/10 (Kart), BeckRS 2010, 21415. 3124 OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 3125 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 416; Kleinmann/Siegert BB 2006, 785 (789). 3126 AA Niebling Vertragshändlerrecht 2. Aufl. Rn 188. 3127 AA Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (147), die auf das Interesse des Unternehmers auf rasche Abwicklung und die begrenzte Verkaufsfähigkeit der Teile verweisen. 3128 OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 3129 OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 3130 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 = NJW-RR 2007, 1697 Rn 45; BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 127/04, BeckRS 2006 12687, II 1b; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (621).

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ten,3131 allerdings wohl nur nach einer Überprüfung.3132 Unterlässt er die Überprüfung, kann das Bestreiten unsubstantiiert sein.3133 Alle zum Rückkauf angebotenen Ersatzteile sind aufzulisten und dem Unternehmer mitzuteilen, und zwar – soweit zur Identifikation erforderlich (und nur dann) – nach Nummer, Teilebezeichnung, Bestandszahl und Preis.3134 Mehr ist auch in einer Klage nicht gefordert.3135 Der Händler hat nicht für jedes einzelne Teil in der Aufstellung die Erfüllung der Rücknahmevoraussetzungen darzulegen.3136 Die Bezugsquelle braucht nicht benannt zu werden.3137 Nach der vom BGH abgelehnten Ansicht des LG Frankfurt, derzufolge bei einem auf den Vertragshändlervertrag folgenden Servicevertrag nur die für den Weiterverkauf vorgesehenen Teile zurückzunehmen waren, sollte der Händler nachweisen müssen, dass die von ihm zum Rückkauf geforderten Teile nicht für den Werkstattbereich vorgesehen waren.3138 Der Tatrichter muss ggf. durch Beweisaufnahme die Rücknahmefähigkeit der Ersatzteile feststellen.3139 Das pauschale Bestreiten des Herstellers, dass die Ware von ihm bezogen wurde, dürfte in den meisten Fällen irrelevant bleiben. Er kann aufgrund eigener Aufzeichnungen feststellen, ob er die Ware veräußert hat3140 (soweit dieses Bestreiten nach der HondaEntscheidung3141 – Recht auf Rückgabe der durch Querbezug erworbenen Ware – überhaupt bedeutsam ist). Bei Vorhandensein von Originalvertragsware soll zudem ein Anscheinsbeweis dafür bestehen, dass der Händler die Ware beim Unternehmer erworben hat.3142 10. Rückkaufrecht des Unternehmers. Spiegelbildlich zur Rückkaufverpflichtung 422 des Unternehmers darf dem Händler vertraglich eine Rückverkaufspflicht auferlegt werden.3143 Diskutiert wird, ob sie sich spiegelbildlich der Rückkaufverpflichtung aus den Treupflichten ergibt, insb. im selektiven Vertriebssystem.3144 Dagegen könnte sprechen, dass ein nachvertragliches Verkaufsverbot des Händlers die Eigennutzung (er wurde Eigentümer!) nicht ausschließt. In jedem Fall muss das Rückkaufrecht Waren ausnehmen, die für die Erfüllung vor Vertragsende geschlossener Kaufverträge mit Abkäufern des Händlers erforderlich sind (in Individualverträgen ggf. einschränkende Vertragsauslegung in diesem Sinne möglich). Anderenfalls würde der Händler zum Vertragsbruch gezwungen. Erst recht darf eine solche Rückgabevereinbarung nicht für den Fall der vom Unternehmer verschuldeten Kündigung getroffen werden. Ohne vertragliche Vereinbarung dürfte sich aus der nachvertraglichen Treuepflicht kein Recht des Unternehmers auf Rückforderung der Lagerware ergeben.3145 Das gilt auch im selektiven Vertriebssystem.3146

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3131 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, NJW-RR 2007, 1697 (1702) Rn 47. 3132 OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 3133 OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 3134 Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (621). 3135 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.9.2013 – 16 U 61/11, BeckRS 2014, 11111. 3136 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.9.2013 – 16 U 61/11, BeckRS 2014, 11111. 3137 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 25.9.2013 – 16 U 61/11, BeckRS 2014, 11111; Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2009, 618 (621). 3138 LG Frankfurt/M., Urt. v. 20.6.2007 – 3–4 O 187/06, BeckRS 2010, 00576. 3139 BGH, Urt. v. 18.7.2007 – VIII ZR 227/06, WRP 2007, 1210 = WM 2007, 2078 Rn 48. 3140 OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.2.2007 – U (Kart) 22/06, BeckRS 2007, 07179; OLG Köln, Urt. v. 1.3.2002 – 19 U 182/01, NJOZ 2002, 2375 = OLGR 2002, 221 = VersR 2002, 886. 3141 BGH ZIP 2005, 1785; aA OLG Saarbrücken, Urt. v. 20.7.2005 – 1 U 532/04, BeckRS 2005, 11628. 3142 Vogels/Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 3 Rn 397. 3143 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 53 ff. 3144 Dafür Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 54. 3145 AA Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 129 (148). 3146 AA Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 129 (148).

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J. Franchiserecht Literatur: Jacobsen/Schäfer Vorvertragliche Aufklärungspflichten – Darstellung am Beispiel des Franchising, ZAP 2008, 1085; Marx/Löffler Die bilanzielle Abbildung besonderer Entgelte beim Franchising, DB 2012, 1337.

Die deutsche Franchise-Wirtschaft wächst stetig. 980 Franchise-Systeme haben zusammen mit 66.900 Franchise-Unternehmen 2011 einen Umsatz von rd. 60 Milliarden EUR 3147 erwirtschaftet. Gastronomiesysteme wie McDonald oder Burger-King wurden geradezu zum Aushängeschild des Franchising. Aber auch in anderen Branchen ist Franchising weitverbreitet, etwa bei der Getränkeabfüllung, im Bereich der AutomatenVideotheken,3148 Nachhilfeschulen oder Zahnarztpraxen.3149 Selbst im Kfz-Vertrieb wären sie zulässig.3150 Das Franchiserecht bildet damit einen interessanten Teil des Vertriebsrechts.3151 Gleichwohl gibt es kein kodifiziertes Franchiserecht, abweichend von vielen anderen Ländern.3152 Insbesondere fehlt, anders als beim HV-Recht, vereinheitlichtes europäisches Recht. In Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und Schweden gibt es Gesetze zum Umfang der vorvertraglichen Aufklärungspflichten. In Deutschland wird das Franchiserecht durch die §§ 84 ff., die Regelungen des allgemeinen Zivil-, Handels-, Gesellschafts-, Wettbewerbs-, Kartell-, Verbraucherschutz-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts sowie die Rechtsprechung geprägt.3153 Franchisesysteme wurden erstmals in den USA eingeführt, und zwar 1889 von Gene424 ral Motors und im Jahr 1902 von Rexal. Sie sind aus ökonomischer Sicht attraktiv, weil sie durch ihr Branding eine Antwort auf Qualitätsunsicherheiten der Verbraucher geben3154 und die Existenzgründung erleichtern.3155 Franchising ist ein Vertriebssystem, durch das Waren und/oder Dienstleistungen und/oder Technologien vermarktet werden. Es gründet sich auf eine enge und fortlaufende Zusammenarbeit rechtlich sowie finanziell selbstständiger und unabhängiger Unternehmen, dem Franchisegeber (FG) und seinem Franchisenehmer (FN). Der FG gewährt seinem FN das Recht und legt ihm gleichzeitig die Verpflichtung auf, ein Geschäft entsprechend seinem Konzept zu betreiben. Dieses Recht berechtigt und verpflichtet den FN gegen ein direktes oder offen vereinbartes indirektes Entgelt im Rahmen und für die Dauer eines zu diesem Zweck zwischen den Parteien abgeschlossenen Franchisevertrags per laufender technischer und betriebswirtschaftlicher Unterstützung durch den FG den Systemnamen und/oder das Warenzeichen und/oder die Dienstleistungsmarke und/oder andere gewerbliche Schutz- und Urheberrechte sowie das Know-How, die wirtschaftlichen und technischen Methoden und das Geschäftsordnungssystem des FG zu nutzen.3156 Nach der Definition der Tz 43 LL zur GVO 423

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3147 Marx/Löffler DB 2012, 1337. 3148 Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.6.2008 – 4 U 72/08, GRUR-RR 2009, 30 = NJW-RR 2009, 392. 3149 BGH, Urt. v. 26.2.2009 – I ZR 222/06, BeckRS 2009, 21885. 3150 Niebling WRP 2010, 1454 (1456); aA Niebling WRP 2010, 81 (83) zum Rechtszustand unter der GVO 1400/02 (schon seinerzeit zwh.). 3151 Emde VersR 2001, 148 (154). 3152 Siehe etwa Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (7) – Frankreich, USA. Wer etwa die regelmäßigen Länderberichte des Newsletter „International Franchising“ der IBA Legal Practice Division durchsieht, wird feststellen, dass sogar Länder wie Vietnam ein kodifiziertes Franchiserecht kennen (Decree on Franchising v. 31.3.2006, vgl. Holmes Newsletter International Franchising May 2007, 13). 3153 Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 51. 3154 Marx/Löffler DB 2012, 1337. 3155 Marx/Löffler DB 2012, 1337. 3156 Siehe etwa BSG, Urt. v. 4.11.2009 – B 12 R 3/08 R, BeckRS 2010, 66915 Rn 26.

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330/10 gewährt der FG dem FN neben der Lizenz für die Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums an Marken- oder sonstigen Zeichen und von Know-How zum Zwecke der Nutzung und des Vertriebs von Waren bzw. Erbringung von Dienstleistungen für die Nutzung dieser Rechte während der Laufzeit der Vereinbarung fortlaufend kommerzielle oder technische Unterstützung in Form von Beschaffungsleistungen, Schulungsmaßnahmen, Immobilienberatung, Finanzplanung usw. Die Lizenzunterstützung sei Bestandteil der Geschäftsmethode, für die die Franchise erteilt werde. Das Franchisesystem kennzeichnet sich daher durch die Stichworte „Know-How“, „geheim“, „wesentlich“ und „genau beschrieben“,3157 bei bestehender Gegenleistungspflicht des FN zur Leistung der Franchisegebühren. Der FG muss das dem FN zur Verfügung gestellte Know-How nachweisen.3158 Dies ist für die Angemessenheit der Franchisegebühren wichtig.3159 Der Franchisevertrag bildet keinen Gesellschaftsvertrag, weil sich der FN nicht am Unternehmensträger des FG beteiligt. Zur Frage, ob Franchisesysteme einen selektiven Vertrieb bilden Rn 187. Insb. im Ärztebereich werden berufsrechtliche Zweifel an der Zulässigkeit von Franchisesystemen geäußert. Es ist jedoch mit dem Grundrecht der freien Berufsausübung nicht vereinbar, einem niedergelassenen Zahnarzt die Verwendung eines Logos zu untersagen, mit dem schlagwortartig auf die Einhaltung geprüfter Qualitätsstandards eines FranchiseUnternehmens hingewiesen und zugleich die Internetadresse angegeben wird, die nähere Informationen über die Standards und ihre Kontrolle enthält.3160 I. Die unterschiedlichen Franchisesysteme Unterschieden wird zunächst nach der Art der vertriebenen Produkte. Werden Sach- 425 güter abgesetzt, handelt es sich um Waren- oder Produktfranchising. Beim Vertrieb von Dienstleistungen spricht man von Dienstleistungsfranchising.3161 Stellt der FN die Produkte des FG vor dem Vertrieb unter der Marke des FG nach dessen Anweisungen her, spricht man von Produktionsfranchising.3162 Nach der Art des Systems unterscheidet Martinek Subordinationsfranchising und Partnerschaftsfranchising in den Formen des Koordinations-, Koalitions- und Konföderationsfranchising.3163 Subordinationsfranchising ist eine Fortentwicklung des Vertragshändlervertriebs3164 und kennzeichnet sich durch eine weisungsabhängige Stellung des FN auf der Grundlage eines Geschäftsbesorgungsvertrags mit zahlreichen Elementen des HV-Rechts. Es ordnet sich am ehesten in das klassische Vertriebsrecht i.S.d. eines auf den §§ 84 ff. fußenden Rechtsgebiets ein. Der FN hat sein Unternehmen nach den vertriebspolitischen Weisungen und Vorgaben des zur Kontrolle befugten FG zu führen3165 (darauf beruht gerade die Uniformität des Systems),

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3157 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 4. 3158 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 9. 3159 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 10. 3160 BVerwG, Urt. v. 24.9.2009 – 3 C 4/09, NJW 2010, 547 = GRUR-Prax 2009, 293766 = GRUR-Prax 2009, 42. 3161 EuGH, Urt. v. 28.1.1986 – Rs. 161/84, Slg. 1986, 353 Rn 13 – Pronuptia; Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 3 Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 109. 3162 EuGH, Urt. v. 28.1.1986 – Rs. 161/84, Slg. 1986, 353 Rn 13 – Pronuptia; Billing/Lettl WRP 2012, 773 (774). 3163 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 3 Rn 25; Martinek ZIP 1988, 1362 (1369 f.).; ders. ZHR 161 (1997), 67 (85 ff.).; ebenso Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (28); krit. und aA Skaupy NJW 1992, 1785 (1788). 3164 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 3 Rn 26, 27. 3165 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 3 Rn 27.

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bleibt aber – wie der HV – selbständig. Die oben dargestellten Analogievoraussetzungen zum HV-Recht sind auf Grund der Eingliederungstiefe in die vertriebspolitischen Vorgaben der Systemzentrale beim Subordinationsfranchising qua Natur übererfüllt. Gleichwohl darf die Selbständigkeit des Subordinationsfranchisenehmers nicht verletzt werden. Eher untypisch für das heutige Verständnis des Franchising ist das sog. Partnerschaftsfranchising.3166 Hier soll ein durch Weisungsunterworfenheit geprägtes Unterordnungsverhältnis fehlen. Das System wird durch partnerschaftliche Zusammenarbeit auf der Grundlage von Austauschverträgen gekennzeichnet,3167 Abstimmung und Mitbestimmung betreffend den Absatz der angebotenen Waren oder Dienstleistungen treten unter Nutzung des vom FG zur Verfügung gestellten Know-Hows/Franchisepakets, für welches der FN die Franchisegebühren zahlt, an die Stelle von Weisungen. Der geschäftsbesorgende Charakter des Systems ist im Vergleich zum HV-Vertrieb schwach ausgeprägt; eine Vertriebspflicht des FN fehlt hier meist.3168 Da es sich bei dem Partnerschaftsfranchising nicht um klassisches Vertriebsrecht im o.g. Sinne handelt, können die §§ 84 ff. nur im Ausnahmefall angewandt werden.3169 Dies gilt insb. für § 89b. Gedacht werden könnte allenfalls an die Analogie zur einzelnen Vorschriften, etwa §§ 85 und 89. In erster Linie ist jedoch GbRRecht anwendbar, ggf. ergänzt durch das Recht der stillen Gesellschaft.3170 Abgegrenzt werden die verschiedenen Formen nach dem Inhalt der Verträge, wobei die Bezeichnung wie im HV-Recht irrelevant ist.3171 Bei Mischformen bestimmt sich das anwendbare Recht nach dem Schwerpunkt der einzelnen Regelungen, auf unterschiedliche Regelungen des einheitlichen Vertrages darf verschiedenes Recht angewandt werden. 426 Bei dem Koordinationsfranchising (Austauschfranchising) werden gleichförmige Austauschverträge ohne die Pflicht des FN zur Befolgung von Weisungen sowie zur Wahrung der Interessen des Unternehmers geschlossen.3172 Die gegenseitigen Treupflichten sind schwächer ausgeprägt als beim Subordinationsfranchising. Der Franchiseeffekt wird durch Koordination der einzelnen Verträge der Vertragspartner erreicht.3173 Das Koalitionsfranchising bildet eine atypische zweigliedrige Innengesellschaft zwischen FN und FG. Die Partner haben den vereinbarten Gesellschaftszweck zu fördern, um den Vertrieb nach Maßgabe des gemeinsamen Franchisekonzepts zu unterstützen. Durch die Parallelität der Innengesellschaftsverträge wird der Franchiseeffekt erreicht.3174 Im Konföderationsfranchising (Bündnis- oder Blockfranchising) schließen sich alle Beteiligte im Wege eines Dauerschuldverhältnisses, dem Systemvertrag, zu einer GbR zusammen, deren Gegenstand die Pflicht zur Betriebseingliederung und Absatzförderung durch alle Gesellschafter ist. Daneben bestehen die separaten, auf Bildung einer (weiteren) Innengesellschaft gerichteten Koalitionsfranchiseverträge zwischen FG und dem einzelnen FN.3175

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3166 Beispiel: Schweizerisches Bundesgericht, Urt. v. 8.9.2011 – 4 A 148/2011, ZVertriebsR 2013, 187. Skeptisch gegenüber dieser Sonderform Canaris § 18 Rn 22. 3167 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 112. 3168 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 3 Rn 27; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 112. 3169 Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 27 Rn 91; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 113. 3170 Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 27 Rn 96, Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 113. 3171 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 109. 3172 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 112. 3173 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 4 Rn 63 ff.; § 19 Rn 88 ff.; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 112. 3174 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 4 Rn 67 ff.; § 19 Rn 92 ff.; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 112. 3175 Martinek/Martinek in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 4 Rn 71 ff.; § 19 Rn 98 ff.

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Klassisches Vertriebsrecht im vorgenannten Sinne bilden auch diese Systemformen nicht. Häufig sind auch mehrstufige Franchisesysteme. Ein Master-Franchisenehmer erhält das Recht, ein bestimmtes Gebiet durch Vergabe von Unter-Franchiseverträgen zu erschließen3176 (wobei Regelungen zu den Folgen der Beendigung des Mastervertrages auf die Subverträge getroffen werden sollten – etwa eine Verpflichtung zu deren Übertragung auf den FG). Die Bedeutung der vorgenannten Unterscheidungen darf nicht überschätzt werden. II. Abgrenzung vom Unselbständigen Die Abgrenzung bestimmt sich analog § 84 nach dem Merkmal der Selbständigkeit 427 des FN.3177 Wird sie missachtet, handelt es sich beim „Franchisenehmer“ analog § 84 Abs. 2 um einen Angestellten3178 bzw. die die Selbständigkeit verletzenden Bestimmungen sind unwirksam (vgl. § 84 Rn 20 ff.). Die unternehmerische Selbständigkeit des FN fordert, dass diesem ein Kernbereich eigener wirtschaftlicher Entfaltungsmöglichkeiten und Entscheidungsfreiheit verbleibt.3179 Dem Franchisevertrag sind intensive Weisungsund Bindungsrechte des FG ggü. dem FN immanent.3180 Dies ist keine Frage der Arbeitnehmereigenschaft sondern der Kontrolle nach den §§ 134, 138, 242, 307 BGB.3181 Dienen Bestimmungen lediglich der Durchsetzung systemkonformen Verhaltens können sie als vertragsimmanent keine Arbeitnehmereigenschaft begründen. Probl. ist deshalb vor allem der Fall, dass der FN allein ohne eigene Mitarbeiter tätig ist.3182 Für das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses spricht, wenn dem FN bestimmte Arbeitszeiten vorgegeben werden, ohne dass dies zwingend für die Ausführung des Geschäfts erforderlich wäre,3183 ebenso wenn der FN nur unwesentl. auf die Höhe des Umsatzes und die Gestaltung seiner Tätigkeit Einfluss nehmen kann sowie dem FG umfangreiche Kontrollrechte eingeräumt werden.3184 Nicht für die Arbeitnehmereigenschaft sprechen: – Die Erfolglosigkeit des FN: Der erfolglos operierende FN wird nicht allein wegen seiner Erfolglosigkeit zum AN;3185 – Ein Weisungsrecht des FG hinsichtlich der Ausstattung der Räumlichkeiten;3186 – Die Verpflichtung des FN, ein bestimmtes Warensortiment zum Zwecke der Vermarktung über den FG zu beziehen, zumal, wenn weitere Waren von Dritten bezogen werden können;3187 – Die Verpflichtung, ausschließlich das vom FG zur Verfügung gestellte Werbematerial zu verwenden;3188

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3176 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 80. 3177 Canaris § 18 Rn 13. 3178 BGH, Beschl. v. 4.11.1998 – VIII ZB 12/98, BGHZ 140, 11 = ZIP 1998, 2104; BAG ZIP 1997, 1714; OLG Düsseldorf ZIP 1997, 624, 1039; Wolf/Horn/Lindacher § 9 AGBG Rn 101; Weltrich DB 1988, 806; Matthiessen ZIP 1988, 1089; Skaupy NJW 1992, 1785 (1789, 1790); Horn/Henssler ZIP 1998, 589; Hopt DB 1998, 863 (866); Braun NZA Sonderheft 1999, 3. 3179 LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; OLG München BB 2002, 2521. 3180 BGH, Urt. v. 5.10.1981, NJW 1982, 1817; v. 3.10.1984, NJW 1985, 1894. 3181 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 3182 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 3183 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 3184 LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.10.1987, LAGE BetrVG 1972 § 5 Nr. 16; s. LSG BE v. 27.10.1993, NZA 1995, 139. 3185 LAG RP 12.7.1996 LAGE BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 32. 3186 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3187 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3188 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285.

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Die Verpflichtung, den Firmensitz an einem bestimmten Ort zu führen;3189 Die Verpflichtung, das Ladengeschäft im Rahmen der gesetzlichen Ladenschlusszeiten möglichst lange offen zu halten, selbst wenn damit eine Öffnungszeit von wöchentlich 52 Stunden vorgegeben war. Denn über die Pflicht zum persönlichen Einsatz in diesem Zeitrahmen sei hiermit nichts gesagt;3190 Vertragswidrige Beschränkungen, weil dadurch niemand zum Arbeitnehmer wird.3191 Gegen die Arbeitnehmereigenschaft sprechen: Die Berechtigung, Arbeitnehmer selbst einzustellen;3192 Dass dem FN über den eigentl. Vertragszweck des Franchising hinaus keine weiteren Weisungen erteilt werden, insb. hins. Verkaufszeiten, sondern sich die Vertragspflichten auf den Kern des Franchising beschränken;3193 Dass der FN seinen Betrieb weitgehend selbst organisiert und über Anzahl und Personen, die er zur Erbringung der Dienstleistung einsetzt, frei entscheiden kann;3194 Die Nichteinbindung in das Abrechnungssystem des FG;3195 Das uneingeschränkte Verbot jedweder anderer Tätigkeit.3196

Wenn ein FN eigenständig sein Geschäft führt, sein Geschäftslokal selbst anmietet, selbständig Arbeitnehmer einstellen und die Endpreise bestimmen kann, ist er auch keine arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG.3197 III. Rechtsnatur

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Bei dem Subordinations-Franchisevertrag schließt sich der FN im Rahmen eines vertikal-kooperativ organisierten Absatzsystems rechtlich selbstständiger Unternehmen3198 einem meist eingeführten, einheitlichen Vertriebssystem des Franchisegebers fast immer gegen Zahlung von Franchisegebühren an. Das System tritt am Markt uniform auf und wird geprägt durch das Leistungsprogramm des Systempartners sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem zur Gewährleistung eines systemkonformen Verhaltens.3199 Zwar ist der FN selbständiger Unternehmer und bietet seine Leistungen eigenständig am Markt an. Charakteristisch ist aber, dass der FN wegen des Auftretens unter dem Markennamen des FG, für dessen Nutzung sowie die Nutzung der überlassenen Rechte – Warenzeichen-, Schutz-, Namensrechte, Rechte an technischer Ausstattung, Know-How – (Franchisepaket) er die Franchisegebühren zahlt, und das zu einheitlichem Auftreten von FG und FN nach außen führen soll, wenig als eigenständiger Marktteilnehmer wahrgenommen wird. Beide Parteien ziehen Nutzen aus dem Marktauftritt des FN, da die Tätigkeit des FN – auch – den Markennamen und die Interessen des FG stärkt (deshalb analoge Anwendung des § 89b). Der Franchisevertrag ist ein Typen-

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3189 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3190 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3191 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3192 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3193 Preis in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011 § 611 Rn 29. 3194 BGH, Urt. v. 27.1.2000, NZA 2000, 390; BAG, Urt. v. 21.2.1990, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 57; v. 24.4.1980, AP BGB § 84 Nr. 1. 3195 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3196 LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487. 3197 BGH, Beschl. v. 16.10.2002 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 = MDR 2003, 285. 3198 Hänlein DB 2000, 374. 3199 Hänlein DB 2000, 374.

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kombinationsvertrag,3200 er kann Elemente des Dienst-,3201 Geschäftsbesorgungs-,3202 Pacht-,3203 Lizenz-3204 (Übertragung gewerblicher Schutzrechte) und Kaufvertrages enthalten, wobei der Frendgeschäftsbesorgungsgedanke, ebenso wie beim Vertragshändler, weniger ausgeprägt als beim HV auftritt. Der vertriebsrechtliche Charakter des Vertrages steht im Vordergrund,3205 im Gegensatz zum Pachtvertrag beschränkt sich die Rolle des FG nicht auf die Überlassung des Pachtobjekts. Er unterliegt vielmehr stärkeren Treuund Förderpflichten, das partnerschaftliche Element ist umfassend ausgeprägt.3206 Der Vertrag bildet keinen gesetzlich ausgeformten Typ, und er wurde – auch wegen seines relativen kurzen rechtstatsächlichen Auftritts – nicht gesetzlich erfasst. Dies ist auch nicht geplant, wenngleich insb. von den Verbänden der FN erwünscht. Vielmehr kommt es im besonderen Maße darauf an, was die Parteien im Einzelfall vereinbart haben.3207 Dem übereinstimmenden Verständnis des Gewollten gebührt dabei der Vorrang vor einer objektiven Auslegung von AGB.3208 Ob es sich bei dem Franchisevertrag um einen Sukzessivlieferungsvertrag handelt, ist eine Frage des Einzelfalls. Wenn der Vertrag die Verpflichtung zur fortlaufenden Abnahme von Vertragswaren enthält, mag dies der Fall sein.3209 Die Einräumung von Nutzungsrechten an Marken, Gebrauchs- und Geschmacksmustern, gelegentlich Patenten, Geschäftsbezeichnungen und Urheberrechten sowie die Überlassung von Know-How spielt beim Franchising eine bedeutsame Rolle.3210 Dies ist allerdings kein im Kern vertriebsrechtliches Problem. Zum Inhalt von Master-Franchise-Verträgen liegt eine Empfehlung des UNIDROIT vor.3211 IV. Abgrenzung zu anderen vertriebsrechtlichen Verträgen Die Abgrenzung zum Vertragshändlervertrag ist oft fließend, insb. falls der Händ- 430 ler – wie im Kfz-Vertrieb – mittels Selektionskriterien zur Eingliederung in die Betriebsorganisation des Unternehmers gezwungen wird und daher auch bei ihm ein einheitlicher Systemauftritt vorliegt. Das sichtbarste Unterscheidungsmerkmal bildet die Pflicht zur Zahlung von Franchisegebühren3212 – aber auch der Vertragshändler mag etwa Werbekostenbeiträge zahlen. Zum HV-Vertrag ist die Abgrenzung einfacher: Ein FN veräußert anders als der HV meist im eigenen Namen. Wenngleich auch ein HV-Vertrag mit einer franchiseähnlichen Eingliederungspflicht begründet werden kann, liegt bei Vermittlung oder Abschluss im Unternehmernamen ein HV-Vertrag vor.3213 Die analoge Anwendung der §§ 84 ff. ist dann überflüssig, das HV-Recht ist unmittelbar anwendbar.

_____ 3200 3201 3202 3203 3204 3205 3206 3207 3208 3209 3210 3211 3212 3213

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Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1338). Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1338). Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1338). Canaris § 18 Rn 17. Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1338). Martinek ZVertriebsR 2013, 198 unter 2. Yanakakis International Franchising Newsletter 5/2009, 20 (22). BGH NJW-RR 2000, 1159 (1160). BGH NJW-RR 2000, 1159 (1160). Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 96. Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 116. UNIDROIT, Guide to International Master Franchise Arrangements 2. Aufl. 2007. Canaris § 18 Rn 7. Canaris § 18 Rn 5.

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V. Abschluss 431

Der Franchisevertrag kommt durch konsensuale Willenserklärungen zustande. Er kann formfrei geschlossen werden,3214 Rückschluss aus § 85 analog. Das Vertragshandbuch braucht nicht in den Franchisevertrag einbezogen zu werden. Es bildet keine essentialia negotii.3215 Für Franchiseverträge, die unter die Bestimmungen des Verbraucherkreditrechts fallen, gilt für den gesamten Vertrag samt Nebenabreden (Miet- und Darlehensverträge) 3216 ein Schriftformerfordernis gem. § 510 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB.3217 Das Offenlassen von Lücken führt zur Formnichtigkeit, etwa wenn vergessen wurde, den Standort oder das Eröffnungsdatum einzusetzen3218 oder eine im Vertragstext zitierte Anlage nicht beigefügt wurde.3219 Bei Verfehlung dieser Form sind nach § 510 Abs. 2 BGB zunächst nur die kreditrechtlichen oder kreditähnlichen Teile des Franchisevertrages unwirksam.3220 Nach aA ist von einer Gesamtunwirksamkeit des Franchisevertrages auszugehen.3221 Im Regelfall ist auch nach der erstgenannten Ansicht gemäß § 139 BGB eine Gesamtunwirksamkeit des Vertrages anzunehmen.3222 Grds. kann jede natürliche Person oder Gesellschaft FG und/oder FN werden. Ob es nicht ratsam ist, dass Kapitalgesellschaften FN werden, weil die dahinterstehenden Personen, die das Know-How und Training empfangen, weder persönlich zur Geheimhaltung noch zur Wettbewerbsunterlassung verpflichtet sind3223 ist fraglich. Daran mangelt es auch, wenn eine natürliche Person Vertragspartner ist, und Angestellte Know-How-Training erhalten. Außerdem dürfte in diesem Fällen ein Durchgriff (§ 86 Rn 122 ff.) in Betracht kommen. Schutz bietet eine vertragliche Bindung der genannten Personen. Franchiseverträge sind in der Regel Formularverträge.3224 Zu einzelnen Klauseln siehe Rn 55 f. VI. Aufklärungspflichten und Täuschung

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Grundsätzlich trägt auch bei einem Franchisevertrag jede Partei ihr Vertragsrisiko. Es obliegt jedem Vertragspartner selbst, sich über die Risiken und Chancen einer geschäftlichen Verbindung zu informieren und sich ein eigenes Bild von den Marktchancen zu verschaffen.3225 Gleichwohl treffen beide Parteien Aufklärungspflichten,3226 FG und FN. Die Aufklärungspflichten des FG sind meist im Zusammenhang mit fehlender Aufklärung vor

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3214 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 122. 3215 LG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2013 – 14c O 129/12U, BeckRS 2014, 10383. 3216 Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 479 f. 3217 Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 479; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 450. 3218 LG Berlin, Urt. v. 29.11.1999 – 99 O 63/99, n.v.; ähnlich KG Berlin, Beschl. v. 11.2.1993 – 2 W 706/93, n.v.; Böhner NJW 1992, 3135 (3137); Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 459. 3219 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 460. 3220 BGH, Urt. v. 14.12.1994, ZIP 1995, 105 (107) = NJW 1995, 722; v. 16.4.1986, ZIP 1986, 781 (783). 3221 OLG Hamm, Urt. v. 28.7.1992, ZIP 1992, 1224 (1226); Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 462; Giesler WM 2001, 1441. 3222 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 276. 3223 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1268). 3224 Liesegang BB 1991, 2181; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 294. 3225 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46; OLG Schleswig, Beschl. v. 22.1.2008 – 1 W 27/07, NJW-RR 2009, 64; OLG Brandenburg, Urt. v. 28.9.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 51; OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2002 – 5 U 220/01, DB 2003, 1054. 3226 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (6).

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Vertragsschluss relevant. Dogmatisch abzugrenzen sind Täuschungshandlungen einerseits und unvollständige Aufklärung andererseits.3227 Eine unterlassene Aufklärung macht nur schadensersatzpflichtig, wenn eine Aufklärungspflicht bestand. Eine Täuschungshandlung wird auch ohne eine Aufklärungs- oder Beratungspflicht zur Schadensersatzpflicht.3228 Im Ergebnis führen beide Handlungen zu denselben Rechtsfolgen. 1. Pflichten des FG. Diskutiert werden Aufklärungspflichten und Täuschungshand- 433 lungen meist im Zusammenhang mit Verfehlungen des FG:3229 Dieser muss vollständig und richtig aufklären und darf aufklärungsrelevante Informationen nicht zurückhalten.3230 a) Pflicht zur vollständigen Aufklärung. Aufklärungspflichten existieren, wenn ein 434 Wissens- oder Informationsgefälle existiert. Sie beginnen mit dem ersten Kontakt3231 und verdichten sich mit der Vertragsfortführung. Der FG lässt den FN an ihm unbekannten Know-how partizipieren; dieser unterwirft sich einer vom FG vorgegebenen Marketingstrategie und besitzt ein Informationsmonopol.3232 Der FG hat aufgrund seiner besseren Informationslage und Kenntnis des Systems den FN über sämtliche Umstände aufzuklären, die allein ihm bekannt sind und von denen er weiß oder wissen muss, dass die Entscheidung der anderen Partei durch deren Kenntnis beeinflusst wird.3233 Gerade einen Existenzgründer muss der FG deshalb besonders deutlich aufklären.3234 Fragen des Vertragspartners müssen vollständig und richtig beantwortet werden;3235 übergebene Unterlagen vollständig und richtig sein.3236 Für vorvertragliche Aufklärungspflichten beispielhaft sind die im US-amerikanischem Recht einzelstaatlich geregelten Pflichten. So sieht das USamerikanische Recht vor, dass der FG die Vertragsbedingungen in einem 20 Punkte umfassenden Auskunftsformular eingehend erläutert. Ob dies als Vorbild für das deutsche Recht gesehen werden kann, ist Gegenstand der Diskussion.3237 Das internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts (Unidroit) hat ein Modellrecht über die Offenlegungspflichten (Model franchise disclosure law) entwickelt.3238 Über den Inhalt der Aufklärungspflicht existieren ferner Richtlinien des deutschen Franchise-Verbandes zur vorvertraglichen Aufklärung.3239 Beide Empfehlungen sind nicht zwingend, jedoch besonders die deutsche RL für die Auslegung des Sorgfaltsmaßstabes relevant.

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3227 Timmermann ZVertriebsR 2013, 166 (167); Böhner BB 2011, 2248 (2251); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099; Giesler/Nauschütt BB 2003, 435. 3228 Timmermann ZVertriebsR 2013, 166 (167). 3229 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (6). 3230 Vgl. bereits BAG DB 1980, 2039; zu den Aufklärungspflichten generell Böhner BB 2011, 2248. 3231 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 96. 3232 Schäfer Die Pflicht des Franchisegebers zur vorvertraglicher Aufklärung, Diss. iur. 2007, S. 77, Peters Vorvertragliche Informationspflichten des Franchisegebers, 2002, S. 78; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1091). 3233 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.1.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64; OLG Köln, Beschl. v. 16.5.1994 – 2 W 14/94, n.v.; LG Hamburg, Urt. v. 6.6.1995 – 312 O 519/94, n.v.; Böhner BB 2011, 2248 (2251); Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1091). 3234 Flohr ZVertriebsR 2014, 112 (113). 3235 BGH, Urt. v. 14.1.1993 – IV ZR 206/91, NJW 1993, 1323 (1324); OLG Frankfurt/M., Urt. v. 12.5.2011 – 22 U 181/08, ZVertriebsR 2012, 51 m. Anm. Metzlaff, n.v. (Beweis für unrichtige Beantwortung der Frage dort nicht erbracht); Böhner BB 2011, 2248 (2249). 3236 LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142. 3237 Dafür Hibt/Siemens RIW 2000, 597. 3238 Wiedergegeben mit Explanatory Report in Unif. L. Rev. 2002, 1066; dazu Czerwenka IHR 2003, 53; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 7. 3239 Wiedergegeben in: Jahrbuch Franchising 1999/2000, S. 243 ff.

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Das zur Aufklärung verwendete Datenmaterial muss auf einer sorgfältigen Untersuchung des Marktes und einer realistischer Einschätzung beruhen, auf den konkreten Standort ausgerichtet sein und darf nicht lediglich den Charakter einer Schätzung aufweisen.3240 Handelt es sich lediglich um eine Schätzung, muss darauf eindeutig hingewiesen werden,3241 ebenso falls Umsatzanalysen auf einer unsicheren Basis beruhen,3242 ein übergebener individueller und auf den künftigen Franchisebetrieb zugeschnittener Businessplan fehlerhaft und korrekturbedürftig ist3243 oder ein Pilotbetrieb sinkende Umsatzzahlen aufweist.3244 Eine Prognose muss auf realistischer Einschätzung beruhen.3245 Der FG darf sein System nicht erfolgreicher darstellen, als es tatsächlich der Fall ist3246 und gegenüber dem FN unzutreffende Vorstellungen über die Rentabilität erwecken.3247 Der FG muss den FN befähigen, auf der Grundlage des vorgelegten Materials eine Wirtschaftlichkeitsprüfung vornehmen zu können3248 sowie den Umfang der über das Startkapital hinaus anfallenden Aufwendungen sowie den Zeitraum der Anfangsverluste abzuschätzen.3249 Insbesondere falls er konkrete Vertriebsvorgaben gibt und die Parteien ein Recht des FG zur fristlosen Kündigung für den Fall der Nichteinhaltung dieser Vorgaben vereinbaren, müssen jene auf einer realistischen und sorgfältigen, auf das konkrete Vertriebssystem bezogenen Marktanalyse beruhen.3250 Namentlich hat der FG aufzuklären über die Erfolgschancen des Systems,3251 das voraussehbare Scheitern des Vertragszweckes (Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens);3252 Funktion, Wirkungsweise,3253 Leistungen, Vorteile und Entwicklung des Franchisesystems, die Zahl der Franchisebetriebe,3254 die Anforderungen an den FN, die Konkurrenz- und Marktsituation, den intra-brand-Wettbewerb,3255 das erforderliche Mindest- und Startkapital, die durchschnittlich erforderlichen Finanzmittel, die durchschnittliche Umsatz- und Ertragserwartung, vergleichbare Betriebe,3256 jedenfalls aber den vermutlich zu erzielenden Um-

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3240 OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr. 3241 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (47) m. Anm. Flohr; OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr; LG Hamburg, Urt. v. 17.1.2014 – 332 O 249/12, ZVertriebsR 2014, 112 m. Anm. Flohr. 3242 Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 91. 3243 BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09, DB 2011, 2314 – Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 263 StGB. 3244 BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09, DB 2011, 2314 Rn 20 – Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 263 StGB. 3245 OLG München, Beschl. v. 1.8.2002 – 8 U 5085/01, BB 2003, 443; Timmermann ZVertriebsR 2013, 166 (167). 3246 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46. 3247 BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09, DB 2011, 2314; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46; LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142 (fehlerhafte Rentabilitätsvorschau). 3248 OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. krit. Anm. Flohr. 3249 OLG Stuttgart, Urt. v. 13.7.2001 – 2 U 223/00, n.v. 3250 OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2002 – 5 U 220/01, DB 2003, 1054. 3251 OLG München, Urt. v. 24.4.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; Canaris § 18 Rn 53. 3252 Böhner BB 2011, 2248 (2253). 3253 OLG München, Urt. v. 24.4.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; Hibt/Siemens RIW 2000, 597. 3254 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 3255 Liesegang BB 1999, 857. 3256 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100).

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satz,3257 die Rentabilität des Systems im Allgemeinen3258 (nicht aber des konkreten Standortes), bei Bezugspflichten alle Preise,3259 generell über Gebühren und Kosten einschließlich verdeckter Preisaufschläge, 3260 berufliche Zulassungsvoraussetzungen, 3261 erforderliche Bedingungen für den Geschäftserfolg, z.B. wenn das System nur bei günstigem Standort, hoher Kundenfrequenz sowie der Lage in mittleren oder größeren Städten erfolgreich sein kann,3262 den fehlenden Schutz vertragswesentlicher immaterieller Rechte, sofern sie Gegenstand gerichtlicher bzw. ernsthafter außergerichtlicher Auseinandersetzungen sind,3263 das mangelnde Recht des FN, anzuschaffende Einrichtungen (etwa wegen entgegenstehender Schutzrechte des FG) zu nutzen,3264 die Zahl der neugewonnenen Franchisepartner innerhalb des letzten Jahres,3265 die „Scheiterungsquote“, also den Anteil gescheiterter FN3266 sowie die durchschnittlichen Kosten eines Franchisebetriebs.3267 Sofern ein bestimmter Franchisebetrieb trotz anonymisierter Daten zu identifizieren wäre, ist eine Bekanntgabe seiner Daten ohne seine Zustimmung unzulässig.3268 Wenn der FG über betriebswirtschaftliche Kennzahlen vergleichbarer Franchisebetriebe informiert, darf er nicht lediglich Höchstwerte vergleichbarer Unternehmen angeben.3269 Angesichts einer möglichen Streuung genügen auch Durchschnittswerte nicht.3270 Der FN darf mangels gegenteiliger Hinweise davon ausgehen, dass das Franchisekonzept ausreichend erprobt ist.3271 Der FG muss aber nicht über jeden einzelnen denkbaren Punkt aufklären, da das un- 436 ternehmerische Risiko grundsätzlich beim FN liegt. Es obliegt grundsätzlich dem FN, sich über die Risiken und Chancen der geschäftlichen Verbindung, also das Vertragsrisiko,3272 zu informieren und sich ein eigenes Bild von den Marktchancen zu verschaffen.3273 Die Aufklärungspflicht hat allein die Funktion, das Risiko besser überschaubar und eingrenzbarer zu machen. Realisiert sich ein gut geprüfter Plan nicht, ist dem FG kein Vorwurf zu machen.3274 Der FG hat auch nicht die Aufgabe eines Existenzgründungsberaters.3275 Ihm obliegt es nicht, den FN über alle allgemeinen Risiken seiner beruflichen

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3257 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46; OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. krit. Anm. Flohr. 3258 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46; OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. krit. Anm. Flohr; OLG München BB 1988, 865; NJW 1994, 667 f.; OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2001 – 5 U 2201/01; aA OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 51; OLG Schleswig, Urt. 22.1.2008 – 1 W 27/07, NJW-RR 2009, 64. 3259 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1094); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 3260 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1094). 3261 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1094). 3262 Böhner BB 2011, 2248 (2253). 3263 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1095). 3264 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1095). 3265 Richtlinien des deutschen Franchiseverbandes, zweifelnd Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1098). 3266 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 12.5.2011 – 22 U 181/08, ZVertriebsR 2012, 51 m. Anm. Metzlaff, n.v.; OLG München, Urt. v. 24.4.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; Böhner BB 2011, 2248 (2253); aA Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1097); Schäfer S. 171; Czerwenka IHR 2003, 53 (57). 3267 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 35. 3268 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 3269 LG Hamburg, Urt. v. 6.6.1995 – 312 O 519/94; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 3270 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 3271 OLG München NJW-RR 1997, 812 (814) = EWiR 1996, 1103 (Martinek); OLG Stuttgart, Urt. v. 13.7.2001 – 2 U 223/00, n.v.; Urt. v. 6.6.1995 – 312 U 519/94, n.v.; Böhner NJW 1994, 635 (636); Schäfer S. 150; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1095). 3272 Böhner BB 2011, 2248 (2254). 3273 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.1.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64; Böhner BB 2011, 2248 (2251). 3274 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099. 3275 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46; Böhner BB 2011, 2248 (2251).

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Selbstständigkeit und über die „Durststrecke“ in der Aufbauphase aufzuklären oder für ihn umfassende Kalkulationen zu erstellen, welche ein mit betriebswirtschaftlichen Grundkenntnissen vertrauter FN selbst fertigen kann.3276 Insbesondere braucht der FG seinem FN vor Vertragsschluss keine auf den speziellen Standort bezogene Standortanalyse (die Eignung des konkreten Standortes für das geplante Unternehmen muss nicht überprüft werden), 3277 Marktanalyse 3278 oder eine Wirtschaftlichkeitsberechnung 3279 vorzulegen. Das gilt jedenfalls, falls eine solche dem FG nicht vorliegt.3280 Eine Rentabilitätsgarantie oder -vorschau3281 schuldet der FG daher nicht.3282 Die sich aus dem Gebot von Treu und Glauben abzuleitenden allgemeinen Auskunfts- und Beratungspflichten des FG würden überspannt, wollte man annehmen, er müsse dem FN nicht nur das Datenmaterial für eine eigene Wirtschaftlichkeitsprognose überlassen, sondern darüber hinaus auf eigene Kosten eine auf den Standort bezogene Rentabilitätsuntersuchung durchführen und dem FN für deren Richtigkeit einstehen.3283 Es ist Sache des FN, aus dem Datenmaterial des FG Rückschlüsse auf die Erfolgsaussichten des geplanten Franchise zu ziehen und zu diesem Zweck eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durchzuführen.3284 Nicht zu informieren ist auch über anhängige Gerichtsverfahren untergeordneter Bedeutung, die Anzahl vorzeitig beendeter Franchiseverträge oder die allgemeine Geschäftsentwicklung der Branche.3285 437

b) Täuschungshandlungen. Täuschungshandlungen kommen vor allem bei unrichtiger Beantwortung explizit gestellter Fragen oder der Übergabe unrichtiger Dokumente und Informationen3286 vor. Der FG darf einen (potentiellen) FN nicht über vertragswesentliche Umstände täuschen und ihn in die Irre führen. Täuschungshandlungen betreffen beispielsweise die unzutreffenden Aussagen, es gebe eine große Zahl

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3276 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46; OLG Schleswig, Beschl. v. 22.1.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64. 3277 OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.6.2004 – VI-U (Kart) 40/02, BeckRS 2004, 12148; OLG Brandenburg NJWRR 2006, 51; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3101); OLG München BB 2001, 1759 (1760); Böhner NJW 1994, 635 (636); Schäfer S. 201; aA OLG Köln, Urt. v. 16.5.2004, zit. nach Flohr WiB 1996, 1137 (1140); OLG München, Urt. v. 16.5.1994 – 2 W 14/99, n.v.; OLG Stuttgart, Urt. v. 13.7.2001 – 2 U 223/00, n.v.; OLG Rostock DB 1995, 2006,; LG Essen, Urt. v. 9.5.2005 – 18 O 238/04; Flohr WiB 1996, 1137 (1140 f.); Braun NJW 1995, 504 (505); Giesler ZIP 1999, 2131 (2136). 3278 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3101). 3279 OLG Schleswig, Beschl. v. 22.1.2008 – 1 W 27/07, MDR 2008, 791 = NJW-RR 2009, 64; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 51; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.6.2004 – U (Kart) 40/02; OLG Lüneburg, Urt. v. 21.8.2006 – 4 U 193/06; Flohr ZVertriebsR 2012, 182. 3280 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1097); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3101); Metzlaff in: Metzlaff, § 7 Rn 12. 3281 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1097); Schäfer S. 218; Peters S. 149; OLG Brandenburg NJW-RR 2006, 51 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.6.2004 – VI U (Kart) 40/02, n.v.; aA Martinek in: Flohr, Franchising im Wandel, S. 245; Liesegang in: Flohr, Franchising im Wandel, S. 233; Flohr ZAP F. 6, S. 343 (350); Giesler in: Giesler/Nauschütt, Kap. 5 Rn 27. 3282 Böhner NJW 1994, 635 (636); ders. BB 2001, 1749; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099; Flohr WiB 1996, 1137 (1141; Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1096). 3283 AA OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. krit. Anm. Flohr. 3284 OLG Brandenburg, Urt. v. 28.9.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 51 (52); siehe hierzu auch OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 25.1.2005 – 11 U (Kart) 12/04; zit. nach Haager NJW 2005, 3394 (3399). 3285 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1093); aA Flohr Franchisevertrag, S. 28, der Angaben zur Wettbewerbs- und Marktsituation fordert. 3286 BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09, DB 2011, 2314 – unrichtiger individueller Businessplan; LG Hamburg, Urt. v. 17.1.2014 – 332 O 249/12, ZVertriebsR 2014, 112 m. Anm. Flohr = BeckRS 2014, 06779 – unrichtiger qm-Umsatz.

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erfolgreicher FN;3287 man könne als FN viel Geld sicher verdienen, während utopische Umsatzzahlen als vorsichtige Schätzungen bezeichnet wurden;3288 es bestehe ein bundesweites Netz von Master-FN und deshalb ein reichhaltiger Erfahrungsschatz;3289 zur Erprobung und zu dem bisher erzielten Markterfolg des Franchisesystems;3290 zum qmUmsatz;3291 zu vorhandenenen Kunden im Einzugsbereich des FN;3292 in der dem FN angebotenen Franchiseregion führe der FG „bestehende Großkundenverträge“;3293 bei Rahmenverträgen mit Großkunden sei der FG der größte Spezialdienstleister im Bereich Farbentfernung und Oberflächenschutz;3294 zu bundesweit tätigen Unternehmen in einer Referenzliste;3295 der FG betreue seit über zehn Jahren erfolgreich Großkunden aus ganz Deutschland;3296 zur aus der Gesamtschau der Unterlagen herzuleitenden Tatsache, dass der FG zu namhaften Großkunden Beziehungen unterhalte;3297 der Erfolg sei praktisch vorprogrammiert, obwohl von 135 FN 28 Unternehmen wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten3298 und die Darstellung einer krisensicheren Zukunft, während in dem Franchisesystem erhebliche Schwierigkeiten bestanden.3299 Eine Pflichtverletzung ist jedenfalls anzunehmen, wenn die vom FG zur Verfügung gestellten Daten inhaltlich falsch, nicht aktuell oder in der notwendigen Gesamtschau irreführend sind.3300 c) Rechtsfolgen. Wird der Geschädigte zu einem nachteiligen Vertragsschluss be- 438 stimmt, den er ohne die Pflichtverletzung des anderen Teils unterlassen hätte, steht dem Geschädigten ein Wahlrecht zu.3301 Er darf entweder unter Aufhebung und Rückabwicklung des Vertrages seine Leistung und Ausgleich der nutzlosen Aufwendungen verlangen3302 oder den Vertrag entsprechend angepasst bestehen lassen.3303 Eine vorvertragliche Haftung kann aus den §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB3304 oder aus Deliktsrecht (§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB)3305 folgen. Weiter bestehen die Rechte aus § 123 BGB, die zu einer Haftung aus § 311 Abs. 2 BGB führen, mit der Folge, dass der Getäuschte gem. § 249 BGB die Rückgängigmachung des Vertrages verlangen kann.3306 Da für einen Anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 249 BGB jedes Verschulden genügt, besteht auch bei einer fahrlässigen Täuschung regelmäßig für den getäuschten Vertragspartner die Mög-

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3287 OLG München, Urt. v. 13.11.1997, BB 1988, 865. 3288 OLG München, Urt. v. 16.9.1993, NJW 1994, 667 ff. 3289 OLG Köln, Urt. v. 7.9.2001 – 19 U 83/01, n.v. 3290 LG Hamburg, Urt. v. 2.5.1995 – 312 O 519/94, n.v.; bestätigt durch OLG Hamburg, Urt. v. 17.4.1996 – 5 U 137/95, n.v. 3291 LG Hamburg, Urt. v. 17.1.2014 – 332 O 249/12, ZVertriebsR 2014, 112 m. Anm. Flohr = BeckRS 2014, 06779. 3292 LG München I, Urt. v. 31.7.2001 – 4 O 2319/00, n.v. 3293 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (48). 3294 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (48). 3295 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (48). 3296 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (48). 3297 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (49). 3298 OLG München v. 24.4.2001, BB 2001, 1759 (1761). 3299 OLG Köln, Urt. v. 7.9.2001 – 19 U 83/01, n.v. 3300 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (47). 3301 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46. 3302 BGHZ 69, 53 f.; 115, 213 (220 f.); BGH NJW 1987, 2511 (2512); 2000, 1254 (1256); WM 1990, 479 (480); Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1088); Hager NJW 1999, 2081 (2086). 3303 Jacobsen/Schäfer ZAP 2008, 1085 (1088). 3304 Canaris § 18 Rn 53; Giesler/Nauschütt BB 2003, 435. 3305 BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09, DB 2011, 2314 = ZVertriebsR 2013, 96 m. Anm. Timmermann ZVertriebsR 2013, 166 – fehlender Hinweis auf Korrekturbedürftigkeit der übergebenen Businessplans; Giesler/Nauschütt BB 2003, 435. 3306 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46.

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lichkeit, als Schadensersatz die Rückgängigmachung des Vertrages zu verlangen.3307 Die Haftung für Prognosen, etwa Umsatz und Rentabilitätsplanungen, tritt beispielsweise ein, wenn die Prognosezahlen auf keiner nachvollziehbaren, realistischen Grundlage basieren3308 und die Täuschung in Bezug auf Tatsachen erfolgt, die für die Willensbildung von ausschlaggebender Bedeutung sind.3309 Das OLG Frankfurt/M.3310 verneint Schadenersatzansprüche eines FN wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, falls die vom FG prognostizierten Umsatzvorgaben lediglich um rund 15% verfehlt wurden. Nach Ansicht von Haager3311 übersieht das Gericht dabei, dass der Break-Even und damit ein rentables Betreiben des Ladenlokals erst bei einem Erreichen von mindestens 98% des vorgegebenen Mindestumsatzes eingetreten wären. Ob die Grundsätze zur Prospekthaftung oder zur Haftung im Kapitalanlagebereich anwendbar sind, ist umstritten. Teilweise wird dies verneint, weil der Erfolg des FN weitgehend von Marktlage, Einsatz und Tüchtigkeit abhängt, die Parteien persönlich verhandelten und ein hinreichendes Schutzniveau bestehe.3312 Andere wiederum bejahen die Anwendbarkeit, z.T. unter Hinweis auf die Eigenschaft des FN als Kapitalanleger.3313 Die Prospekthaftung trete neben die Haftung des FG aus §§ 311 Abs. 2, 280 BGB. Ihm seien falsche Prospektangaben zuzurechnen, wenn er die Fehlerhaftigkeit kannte oder kennen musste und dennoch den Prospekt publiziert. Im Wege des Schadenersatzes ersetzt wird der Vertrauensschaden.3314 Der FG hat den FN so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht auf die Richtigkeit der Aufklärung bei Abschluss des Franchisevertrages vertraut hätte (negatives Interesse).3315 Geschuldet werden die gezahlten Franchisegebühren (ggf. anteilige Herabsetzung),3316 die Aufwendungen für den Bürobetrieb sowie die Kosten und Investitionen,3317 welche für das Führen des Franchisebetriebs nach den Vorgaben des FG entstanden sind, jedoch unter Abzug der erzielten Einnahmen,3318 Restwerte und Verwertungserlöse,3319 zudem Rückgängigmachung des Vertrages.3320 Den FG trifft die Beweislast dafür, dass die vorvertraglichen Angaben zutreffend sind3321 und er vollständig und wahrheitsgemäß aufgeklärt hat, da nur er hinreichend Einblick in die Umstände hat, die zu den mitgeteilten

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3307 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46. 3308 BGH, Urt. v. 7.10.1987, WM 1987, 1557 (1558); LG Hamburg, Urt. v. 2.5.1995 – 312 O 519/94, n.v.; OLG Hamburg, Urt. v. 17.4.1996 – 5 U 137/95, n.v.; OLG München, Urt. v. 5.8.2002, BB 2003, 443; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 46. 3309 OLG München, Urt. v. 1.8.2002 – 8 U 5085/01, BB 2003, 443. 3310 Urt. v. 25.1.2005 – 11 U (Kart) 12/04; zit. nach Haager NJW 2005, 3394 (3399). 3311 NJW 2005, 3394 (3399). 3312 OLG Naumburg OLG-NL 2003, 28 (31); OLG München, Urt. v. 24.4.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner, BB 2001, 1749; Becker in: Metzlaff (Hrsg.), Praxishandbuch Franchising, § 11 Rn 298 ff.; Holtz ZVertriebsR 2014, 23 ff. 3313 Giesler ZIP 1999, 2121; Canaris 24. Aufl., § 18 IV Rn 60; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 69. 3314 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 53; Giesler ZIP 2000, 21 (31). 3315 OLG Brandenburg, Urt. v. 28.9.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 53. 3316 Canaris § 18 Rn 55. 3317 Canaris § 18 Rn 55. 3318 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 55. 3319 OLG München, Urt. v. 24.4.2001 – 5 U 2180/00, BB 2001, 1759 m. Anm. Böhner BB 2001, 1749; OLG München, Urt. v. 16.9.1993, NJW 1994, 667 ff. 3320 OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr; Canaris § 18 Rn 55. 3321 OLG München, Urt. v. 13.11.1987, BB 1988, 865 ff.; LG Hamburg, Urt. v. 17.1.2014 – 332 O 249/12, ZVertriebsR 2014, 112 m. Anm. Flohr = BeckRS 2014, 06779; LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142; LG Hamburg, Urt. v. 2.5.1995 – 312 O 519/94, n.v.

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Informationen geführt haben3322 und dokumentieren kann. Nach aA obliegt es dem FG zumindest nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast, die Vollständigkeit und inhaltliche Richtigkeit seiner vorvertraglichen wörtlichen Angaben und seines vorvertraglichen Zahlenwerks substantiiert darzutun, sobald der FN hinreichend substantiiert Anzeichen für – zumindest – unzureichende bzw. irreführende und auch tatsächlich falsche vorvertragliche Angaben des FG vorgetragen hat.3323 Die zumindest sekundäre Darlegungslast des FG besteht im gesteigerten Umfang, wenn der FN ab Vertragsbeginn im Zeitraum von vier Monaten nur vier Aufträge mit einem Umsatz von rund 1.500,00 EUR statt in der Umsatzplanung des FG für das erste Franchisejahr in Aussicht gestellter 101.000,00 EUR (bzw. rund 33.000,00 EUR für vier Monate) abwickeln konnte.3324 Folge der Nichterfüllung der zumindest sekundären Darlegungslast des FG soll nach dieser Ansicht zwar keine Beweislastumkehr sein, jedoch eine Geständnisfiktion zugunsten des Klägers i.S.v. § 138 Abs. 3 ZPO.3325 Ist eine Aufklärungspflichtverletzung bewiesen, so knüpft sich daran die widerlegbare Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens.3326 Oft wird für den FN bei vernünftiger Betrachtung nur die Abstandnahme vom Abschluss des Franchisevertrages naheliegen. 3327 Die Kausalität zwischen Täuschung und Aufklärungspflichtverletzung und dem Entschluss des FN, den Franchisevertrag zu unterzeichnen, wird vermutet.3328 Sofern keine ungefragte Aufklärungspflicht besteht, hat der FN Fragen sowie eine unrichtige Antwort zu beweisen.3329 Ein Mitverschulden des FN ist zwar nicht pauschal auszuschließen. So geht das OLG München3330 in einem Urteil aus dem Jahr 2001 von einem Mitverschulden des FN aus. Ein FG darf dem FN jedoch regelmäßig nicht als Mitverschulden entgegenhalten, dass er leichtfertig den Anpreisungen des FG3331 und den von ihm genannten Umsatzzahlen3332 vertraut und keinen Fachmann eingeschaltet hat.3333 Insb. braucht der FN nicht nach Umständen zu forschen (Due Diligence), über die der FG ungefragt aufklären muss.3334 Ein unterlassener Due Diligence begründet kein Mitverschulden.3335 Zum Schadensersatzprozess Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2005, § 4 Rn 43. Nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz sind keine Schadenersatz-Sammelklagen von FN wegen Verletzung vorver-

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3322 OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.2002 – 5 U 220/01, DB 2003, 1054. 3323 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46. 3324 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46. 3325 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46. 3326 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (52); OLG Hamm, Urt. v. 28.9. 2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr; Böhner BB 2011, 2248 (2254). 3327 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (52). 3328 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 48. 3329 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 12.5.2011 – 22 U 181/08, ZVertriebsR 2012, 51 m. Anm. Metzlaff, n.v.; Böhner BB 2011, 2248 (2255). 3330 Urt. v. 24.4.2001, BB 2001, 1759 (1761). 3331 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (51); OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr; OLG München, Urt. v. 16.9.1993, NJW 1994, 667 ff. m. Anm. Böhner NJW 1994, 635 und Anm. Braun NJW 1995, 504; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 50; Böhner BB 2011, 2248 (2252); differenzierend nach Geschäftserfahrung vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handelsund Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 108; Flohr WiB 1996, 1137 (1139); Böhner NJW 1994, 635. 3332 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (51); OLG Hamm, Urt. v. 22.12.2011 – I-19 U 35/10, ZVertriebsR 2012, 177; OLG München, Urt. v. 16.9.1993 – 6 U 5495/92, NJW 1994, 667 m. Anm. Braun NJW 1995, 504. 3333 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (51) m. Anm. Flohr; OLG Hamm, Urt. v. 28.9.2010 – I-19 U 35/10, BeckRS 2011, 28767 = ZVertriebsR 2012, 177 m. Anm. Flohr. 3334 Böhner BB 2011, 2248 (2253). 3335 Strenger wohl Böhner BB 2011, 2248 ff.

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traglicher Aufklärungspflichten möglich.3336 Nach Ansicht von Flohr3337 besteht wegen des ausdifferenzierten Schutzniveaus der Aufklärungspflichten kein Anlass, die vorvertragliche Haftung in Franchiseverträgen gesetzlich zu regeln. 439

d) Haftung von Verhandlungsgehilfen. FG bedienen sich bei der Anwerbung von FN häufig sogenannten „Area Developer“ oder „Development Agents“ als Verhandlungsgehilfen.3338 Eine Eigenhaftung dieser Vermittler wegen wirtschaftlichen Eigeninteresses ist i.d.R. ausgeschlossen.3339 Möglich ist aber eine Haftung des Verhandlungsgehilfen nach den Grundsätzen der Sachwalterhaftung.3340 So kann die deutsche Tochtergesellschaft eines ausländischen FG als Verhandlungsgehilfin des FG nach den Grundsätzen der Sachwalterhaftung wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ausnahmsweise selbst haften. Dies ist anzunehmen, sofern sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hat und gleichsam in eigener Sache tätig wird, z.B. wenn sie eine selbstübernommene Gewähr für die Richtigkeit einer von ihr übergebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung übernimmt, indem sie zusichert, im Falle eines Scheiterns des Projekts werde sie das Franchiseobjekt übernehmen, „wie sich das für eine große Franchisefamilie gehöre“.3341 Nach Giesler/Güntzel3342 muss der Verhandlungsgehilfe eine echte vertragliche Garantie gegeben haben, um zu haften. Nach Flohr3343 liegt wegen der Informationsasymmetrie regelmäßig eine Sachwalterposition des Verhandlungsgehilfen vor. Mir scheint die Position von Flohr den Regelfall eher zu treffen, zumal der FG das ihn treffende Vertrauen gewissermaßen „auslagert“. Ob mit dem Verhandlungsgehilfen ein eigener Auskunftsoder Beratungsvertrag geschlossen wurde, was grds. denkbar ist,3344 hängt vom Einzelfall ab. Anhaltspunkte dafür sind ein persönliches Engagement in der Form von Zusicherung nach Art einer Garantieübernahme, das Versprechen eigener Überprüfung von Angaben, die Beiziehung des Auskunftsgebers auf Verlangen des Empfängers, die Einbeziehung in solche Verhandlungen als unabhängige neutrale Person oder eine bereits anderweitig bestehende Vertragsbeziehung zwischen Auskunftsgeber und -empfänger.3345 Bei Planzahlrechnungen für Franchisegründungen soll im Regelfall ein Beratungsvertrag fehlen.3346 Giesler/Güntzel3347 wollen einen Beratungsvertrag annehmen, falls der Verhandlungsgehilfe die Auswertung des Datenmaterials eigenhändig vornimmt und Werturteile und Rückschlüsse daraus zieht sowie umfangreiche und professionell erscheinende MusterBusiness- und Investitionspläne vorlegt, so dass der Franchise-Interessent von einer eigenen Aufbereitung der tatsächlichen Zahlen absieht. Schließlich kann an einer Haftung

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3336 Flohr BB 2006, 389 (392/393). 3337 ZVertriebsR 2014, 55; ZVertriebsR 2013, 273. 3338 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264. 3339 BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993 = NJW 2006, 2547 (LS); OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.4.2004 – VI-U (Kart) 12/03; v. 18.2.2004 – VI-U (Kart) 42/02; Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1265). 3340 BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993 = NJW 2006, 2547 (LS); Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1265). 3341 BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993 = NJW 2006, 2547 (LS). Das OLG Düsseldorf hat die Klage nach Rückverweisung m. Urt. v. 15.11.2006 – VI-U (Kart) 42/02 abgewiesen: Der Beweis, dass der Verhandlungsgehilfe diese Äußerung vorbrachte, konnte nicht geführt werden. 3342 ZIP 2013, 1264 (1266). 3343 BB 2006, 389 (396). 3344 Geprüft von BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993 = NJW 2006, 2547 (LS); OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.2.2004 – VI-U (Kart) 42/02; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.4.2004 – VI-U (Kart) 12/03. 3345 S. Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1266). 3346 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.4.2004 – VI-U (Kart) 12/03; v. 18.2.2004 – VI-U (Kart) 42/02; krit. Giesler/ Güntzel ZIP 2013, 1264 (1267). 3347 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1267).

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nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB oder § 826 BGB gedacht werden.3348 Theoretisch können auch Dritte, z.B. Kapitalgeber, Vermieter oder Familienangehörige, in den Schutzbereich des vorvertraglichen Schuldverhältnisses und damit der Aufklärungspflichten einbezogen werden. 3349 Erforderlich sind Leistungsnähe, Einbeziehungsinteresse oder Gläubigernähe, Erkennbarkeit und damit Zumutbarkeit der Haftung sowie Schutzbedürftigkeit des Dritten.3350 Das Risiko einer solchen Haftung dürfte eher gering sein.3351 Bei Eigenkapitalgebern sollen nach Ansicht von Giesler/Güntzel3352 rglm. ein Interesse an der Einbeziehung in den Schutzbereich der Aufklärungspflichten bestehen. 2. Pflichten des FN. Auch der FN unterliegt Aufklärungspflichten:3353 Er hat über 440 seine beruflichen Fähigkeiten, persönlichen Eigenschaften und finanziellen Möglichkeiten aufzuklären.3354 VII. Widerrufsrecht Literatur: Flohr Umsetzungsgesetz zur EU-Verbraucherrechte-Richtlinie, ZVertriebsR 2013, 334; ders. Die Widerrufsbelehrung – neues und hoffentlich Endgültiges zu einem zweifelhaften Instrument ders Verbraucherschutzes, ZVertriebsR 2012, 70.

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Zur Historie Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (71 f.).

1. Widerrufsrecht nur bei Verbraucherverträgen. Franchiseverträge, die mit 442 Unternehmen abgeschlossen werden, bedürfen keiner Widerrufsbelehrung. 3355 Nur Franchiseverträge, die mit Verbrauchern i.S.d. § 13 BGB abgeschlossen werden, benötigen eine Widerrufsbelehrung. Von einem Vertragsschluss mit einem Verbraucher soll bei einem Franchisevertrages rglm. nicht auszugehen sein.3356 Gem. § 512 BGB gilt für Rechtsgeschäfte im Zuge einer Existenzgründung der für Verbraucher (s.o.) geschaffene § 510 BGB entsprechend, und damit auch das Widerrufsrecht des § 355 BGB sowie das Schriftformgebot des § 510 Abs. 2 BGB. Erst recht gilt das bei Rechtsgeschäften zur Vorbereitung einer Existenzgründung. 3357 Bei Verbraucherverträgen (§ 355 Abs. 1 BGB)3358 entsteht ein Widerrufsrecht, falls der Vertrag eine Bezugsverpflichtung i.S.d. § 510 Abs. 1 Nr. 3 BGB enthält („wiederkehrender Erwerb oder Bezug von Sachen“).3359 Das ist sogar anzunehmen, wenn ein Rückgaberecht des FN vorgesehen ist. Die meisten Franchiseverträge enthalten eine derartige Bezugsbindung,3360 sie soll zur Sicherung

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3348 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1267); abgelehnt v. OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.4.2004 – VI-U (Kart) 12/03. 3349 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1268). 3350 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1268). 3351 Giesler/Güntzel ZIP 2013, 1264 (1268). 3352 ZIP 2013, 1264 (1270). 3353 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (6). 3354 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (6); Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 114. 3355 Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3356 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (74) – der dafür plädiert, Franchiseverträge generell von dem Widerrufsvorbehalt zu befreien; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 3357 BGH, Urt. v. 15.11.2007 – III ZR 295/06, ZIP 2008, 27 = NJW 2008, 435. 3358 Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3359 Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 486; Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3360 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 413; vgl. OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466.

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eines einheitlichen Qualitätsniveaus zulässig sein.3361 Es handelt sich um ein „verstecktes“ Entgelt.3362 Ausreichend ist es, wenn sich die Verpflichtung zum wiederkehrenden Erwerb oder Bezug von Sachen aus dem Franchisevertrag mittelbar ergibt.3363 Sie besteht nicht, wenn dem FN das Recht zusteht, binnen von zwei Jahren nach Vertragsunterzeichnung selbst zu entscheiden, ob er das Franchise nutzt oder nicht.3364 Die Widerrufsbelehrung ist bei solchen Verbraucherverträgen nur dann unnötig, wenn die in § 512 BGB genannte Investitionssumme des FN einen Betrag von 75.000 EUR übersteigt.3365 Die Verpflichtung zum Bezug der Erstausstattung führt zur Anwendbarkeit der §§ 512, 510 Abs. 1, 355 BGB, sofern die Erstausstattung in Teilleistungen geliefert wird und in Teilleistungen zu bezahlen ist.3366 Die Wertgrenze von 75.000 EUR unterliegt nach einer Meinungsgruppe der teleologischen Reduktion, wenn ein Franchisegeschäft von einem Existenzgründer neu gegründet wird3367 oder ein Existenzgründer oder Kleingewerbetreibender tätig wird.3368 Bleibt zweifelhaft, ob die Investition diesen Betrag übersteigt, sollte eine Widerrufsbelehrung erfolgen. Nach einer Ansicht3369 kommt es zur Bestimmung der Wertgrenze nicht auf den Wert des Gesamtengagements an. Vielmehr sei jede Willenserklärung gesondert zu bewerten, was den Schutz des Existenzgründers betont. Da in der Regel eine Eintrittsgebühr die Wertgrenze von 75.000 EUR nicht erreicht, bedeutet dies, dass auch beim Existenzgründungsfranchisenehmer von der Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung auszugehen wäre.3370 Nach aA müssen auch Beträge berücksichtigt werden, die sich erst aus der Einbeziehung weiterer Verträge – namentlich der zukünftig noch abzuschließenden Einzelverträge mit Lieferanten – ergeben.3371 Bei einer 20jährigen Vertragslaufzeit käme es etwa darauf an, welcher Gesamtabnahmewert des Warenbezuges sich über diesen Zeitraum prognostizieren lässt.3372 Beim Warenfranchising wird die Wertgrenze von 75.000 EUR gelegentlich überschritten, beim Dienstleistungsfranchising soll dies zweifelhaft sein. Ungeklärt bleibt, wann beim Dienstleistungsfranchising ein Widerrufsrecht besteht. Rspr. und Lehre nehmen zutreffend ein Widerrufsrecht an, falls der FN vertraglich verpflichtet ist, seinen Vertrieb jederzeit nach den Änderungen unterliegenden Systemvorgaben des FG umzugestalten3373 oder im Falle der Weiterentwicklung der Franchise zusätzliche Gebühren zu entrichten hat.3374 Wer trotz gesetzlicher Ver-

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3361 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 – Subway; Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway; LG Düsseldorf, Urt. v. 21.11.2013 – 14c O 129/12U, BeckRS 2014, 10383; Giesler/ Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 342. 3362 Canaris § 18 Rn 39. 3363 BGH, Urt. v. 14.12.1994, ZIP 1995, 105 (107); OLG Hamm, Urt. v. 28.7.1992, ZIP 1992, 1224 ff.; Giesler/ Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 413. 3364 OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway. 3365 BGH, Urt. v. 15.11.2007 – III ZR 295/06, ZIP 2008, 27 = NJW 2008, 435 (für §§ 13, 312 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1 BGB); Beschl. v. 24.2.2005, ZIP 2005, 622 = NJW 2005, 1273; OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 641; LG Köln, Urt. v. 17.8.2012 – 24 O 331/11, BeckRS 2014, 11906; Flohr ZVertriebsR 2013, 334; Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (75); Kulke EWiR 2008, 485; Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100); Metzlaff in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising § 8 Rn 486. 3366 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 414. 3367 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 263; von Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 407 aufgrund der Gesetzesänderung aufgegeben. 3368 Giesler ZIP 2002, 420. 3369 OLG Schleswig, Urt. v. 11.6.2010 – 1 U 122/09; OLG Brandenburg, Urt. v. 31.8.2005, NJW 2006, 159. 3370 Flohr BB 2006, 389 (394). 3371 OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway. 3372 LG Köln, Urt. v. 17.8.2012 – 24 O 331/11, BeckRS 2014, 11906. 3373 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 18.4.1997 – 18 O 115/96, zit. nach Giesler ZIP 2002, 420 (422). 3374 Giesler ZIP 2002, 420 (422).

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pflichtung keine oder eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung beifügt, handelt wettbewerbswidrig i.S.d. UWG.3375 2. Inhalt der Widerrufsbelehrung. Ist der FN Verbraucher i.S.d. § 13 BGB und die 443 Wertgrenze von 75.000 EUR nicht erreicht, wird eine mit zutreffender Anschrift des Unternehmers versehene,3376 bei deutscher Vertragssprache in deutsch verfasste (anders bei ausländischer Vertragssprache),3377 deutliche (Sperrschrift, Unterstreichung, Einrahmung)3378 und damit hervorgehobene Widerrufsbelehrung notwendig. Der gesetzlich vorformulierte Text sollte wegen der damit verbundenen Gefahr der Unwirksamkeit verwendet und nicht abgeändert werden.3379 Der Fristbeginn muss genannt werden.3380 Auf die Widerrufsfolgen braucht nicht hingewiesen zu werden; es gibt jetzt aber keine gesetzlichen Muster ohne Nennung der Widerrufsfolgen.3381 Unschädlich bleibt, wenn infolge einer Novellierung hinsichtlich des Fristbeginns statt auf § 312e Abs. 1 S. 1 auf § 312g Abs. 1 S. 1 verwiesen wird.3382 Die Widerrufsbelehrung ist unzureichend, falls sie nur Hinweise zu den Pflichten des FN im Falle des Widerrufs enthält, jedoch nicht zu seinen Rechten.3383 Enthält ein Vertrag einen Hinweis auf die Widerrufsmöglichkeit, obwohl nach dem Gesetz ein Widerrufsrecht fehlt, so wird im Zweifel ein vertragliches Widerrufsrecht eingeräumt3384 (die Einräumung eines solchen ist zulässig). Seit dem 13.7.2014 hat sich das Recht der Widerrufsbelehrung umfassend geändert.3385 Ab diesem Datum muss der Text einer neuen Widerrufsbelehrung verwendet werden, der in einem Musterformular als Anl. 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB wiedergegeben wird. Dies bedeutet, dass die Widerrufsbelehrung bzw. deren amtliches Muster künftig Gesetzeskraft hat und durch die Instanzgerichte nicht verworfen werden kann.3386 Altverträge, die bis zum 12.7.2014, 00:00 Uhr, abgeschlossen wurden, sind von den neuen Regelungen nicht betroffen. Für sie gilt das alte Recht fort, auch wenn das Gesetz keine Übergangsregelung enthält.3387 § 355 BGB regelt das Recht der Widerrufsbelehrung in einer ab 13.7.2014 geltenden Fassung. Die gesetzlichen Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung entsprechen dem Grunde nach dem bis Juli 2014 geltendem Recht.3388 Neu ist nur der Zeitpunkt, zu dem die Widerrufsfrist beginnt. Hier sieht das Gesetz unterschiedliche Alternativen vor, so dass jedes Franchisesystem prüfen muss, zu welchem Zeitpunkt die Widerrufsfrist für den abzuschließenden Franchisevertrag beginnt.3389 Wird die Widerrufsbelehrung – obwohl notwendig – vergessen oder entspricht sie nicht den gesetzlichen Anforderungen, so erlischt das Widerrufsrecht nach einem Jahr und 14 Tagen.3390

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3375 KG Berlin, Beschl. v. 8.9.2009 – 5 W 105/09; Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (76); für einen Bagatellverstoß bei unwirksamer Widerrufsbelehrung OLG Hamm, Urt. v. 5.11.2009 – 4 U 121/09. 3376 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (76). 3377 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77). 3378 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (75). 3379 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (73, 74). Zur Fehlerhaftigkeit der früher vorgegebenen Widerrufsbelehrung u.a. Woitkewitsch MDR 2007, 630; zu den mit der Belehrung verbundenen Problemen Ebnet NJW 2011, 1029. 3380 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). 3381 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77). 3382 OLG Brandenburg, Urt. v. 8.10.2013 – 6 U 97/13, ZVertriebsR 2013, 388. 3383 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). 3384 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). 3385 Gesetz v. 14.6.2013 in Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie (BR-Drucks. 498/13, hierzu Flohr ZVertriebsR 2013, 334). 3386 Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3387 Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3388 Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3389 Flohr ZVertriebsR 2013, 334 (334/335). 3390 Flohr ZVertriebsR 2013, 334 (335).

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3. Rechtsfolgen des Widerrufsrechts. Besteht ein Widerrufsrecht, können Franchiseverträge gem. §§ 510 Abs. 1,3391 512, 355 BGB3392 widerrufen werden.3393 Für den Fall des Widerrufs ist im Regelfall von der Einheitlichkeit der mit dem Franchisevertrag im Zusammenhang stehenden Nebenverträge auszugehen. 3394 Die Frist zum Widerruf beträgt 2 Wochen (§ 510 Abs. 1, 355 Abs. 1 BGB).3395 Sie beginnt am Folgetag des Tages (§ 187 Abs. 1 BGB)3396 zu dem der FN eine ordnungsgemäße Belehrung über sein Widerrufsrecht erhalten hat (§ 355 Abs. 1 S. 1 BGB – ab 13.7.2014: § 355 Abs. 2 BGB) und endet gem. §§ 182 Abs. 2, 193 BGB am letzten Tag der Wochenfrist um 24:00 h. Fällt die Frist auf einen Sonnabend oder Sonntag, verlängert sie sich bis zum nächsten Werktag um 24:00 h.3397 Wahrscheinlich wird man für eine ordnungsgemäße Prüfung der Vertragspflichten und damit den Fristbeginn nicht nur die Aushändigung des Vertrages sondern auch des Franchise-Handbuchs fordern müssen.3398 Die Fristenregeln wurden vielfach geändert.3399 Bis zum 12.7.2014 gilt gem § 355 Abs. 2, 4 BGB grds., dass das Widerufsrecht spätestens 6 Monate nach Vertragsschluss erlischt, jedoch nicht, falls keine Belehrung entsprechend § 360 Abs. 1 Nr. 1–4 BGB in Textform erfolgte.3400 Mangelt es an einer wirksamen Widerrufsbelehrung, kann bei bis zum 12.7.2014, 00:00 h geschlossenen Verträgen3401 unbefristet widerrufen werden. Durch den Widerruf entsteht ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (§§ 357, 346 ff. BGB)3402 siehe jetzt aber § 357 Abs. 7 BGB für Warenlieferungen und Abs. 8 für Dienstleistungen. Eine Rückabwicklung nach den §§ 812 ff. BGB scheidet aus. Geschuldet wird die Rückgewähr der empfangenen Leistungen und Nutzungen. Das Handbuch ist zurückzugeben.3403 Ein Problem stellt der Nutzungsanspruch (§§ 346 Abs. 1, 347 BGB) dar, wenn der Widerruf erfolgt, nachdem der FN aus der Franchise bereits Nutzungen gezogen hat. Nutzungen sind nur so weit zu ersetzen, wie das Recht durch den Gebrauch im Wert gemindert wird. Franchise nutzt sich jedoch nicht ab, gelegentlich gewinnt sie durch Aufwendungen des FN sogar an Wert, weil die Marke im Vertragsgebiet bekannt wird. Generell ist eine Rückgewähr erhaltenen Know-Hows nicht möglich.3404 Das Know-How

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3391 Die Regelung wird durch die zum 13.7.2014 für Neuverträge geltende Novellierung nicht berührt, s. Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3392 Zu der ab 13.7.2014 geltenden Fassung Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3393 BGH, Urt. v. 16.4.1986, BGHZ 94, 226 = NJW 1985, 1544 zum AbzG; OLG Hamm, Urt. v. 28.4.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708); Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3100). 3394 BGH, Urt. v. 5.11.1997, WM 1998, 126; OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.1.1987, WM 1987, 599 (600) (Auswirkung der Nichtigkeit des Franchisevertrages auf einen Mietvertrag); OLG Nürnberg, Urt. v. 3.2.1998 – 3 U 3361/96, n.v. (Auswirkung eines Widerrufs nach VerbrKrG); Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 273. 3395 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 416. 3396 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (75). 3397 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (75). 3398 Nach Ansicht von Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77) nur, wenn es als Anlage zum Vertrag bezeichnet wurde. Aber es kommt nicht darauf an, sondern ob die Nichteinhaltung der Bestimmungen des Handbuches eine Vertragsverletzung bildet. Für eine hinreichende Prüfungsfrist auch LG Heidelberg – 11 O 150/06, zit. nach Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77) bei Fn. 76. 3399 Vgl. zum wechselnden Rechtszustand OLG Hamm, Urt. v. 28.4.2009 – 4 U 13/09, NJW-RR 2009, 1707 (1708); OLG Frankfurt GRUR 1984, 691; Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (71); Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 211; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 425. 3400 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165); Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (73). 3401 Flohr ZVertriebsR 2013, 334. 3402 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165); Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 441. 3403 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77). 3404 Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77) – weshalb Flohr dem FG empfiehlt, nicht vor Ablauf der Widerrufsfrist zu leisten.

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bildet keinen Wert, sofern es z.B. ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des FG genutzt werden kann, welche der FN nicht mehr erhält.3405 Wertersatz ist zu leisten, wenn die Rückgewähr oder Herausgabe nach der Natur des Erlangten ausgeschlossen ist/oder der empfangene Gegenstand verbraucht oder veräußert worden ist.3406 In Höhe des Wertersatzanspruches des FG ist seine Forderung mit dem Gebührenrückzahlungsanspruch des FN zu saldieren.3407 Nach Ansicht des LG Dortmund3408 ist bei der Berechnung des Wertersatzes die im Vertrag vereinbarte Gegenleistung zugrunde zu legen. Wertlos ist ein Franchisehandbuch, das nicht auf die Belange des Systems zugeschnitten ist.3409 Der FN dürfte analog § 90 auch im Rückgewährschuldverhältnis zur Geheimhaltung verpflichtet sein.3410 VIII. Anwendbare Vorschriften Grundsätzlich ist HV-Recht auf den vertriebsrechtlichen Teil des Franchisever- 445 trages analog anwendbar. 3411 Die §§ 84, 3412 85, 3413 86a Abs. 1 3414 sowie die Unterrichtungspflicht des § 86a Abs. 23415 (wobei die Informationspflichten des FG über die im HV-Vertrag hinausgehen), 3416 87d, 3417 88a,3418 89,3419 89a3420 einschl. seines Abs. 2,3421

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3405 BGH, Urt. v. 14.12.1994 – VIII ZR 46/94, ZIP 1995, 105 (107 f.); Giesler WM 2001, 1441 (1442); ZIP 2002, 420 (423). 3406 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165); Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 442. 3407 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2013, § 4 Rn 442; Giesler ZIP 2002, 420 (423). 3408 LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). 3409 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 447; Flohr WiB 1995, 1010; aA OLG Dresden, Urt. v. 28.9.1995, NJW-RR 1996, 1013. 3410 AA wohl Flohr ZVertriebsR 2012, 70 (77). 3411 Ebenso im Schweizer Recht, s. BGE 89 II 33; Kull ZVertriebsR 2012, 168 (170). 3412 Prasse MDR 2008, 122 (123); differenzierend Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469. 3413 Canaris § 18 Rn 26; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Prasse MDR 2008, 122 (123). 3414 Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (28); Prasse MDR 2008, 122 (123); Martinek ZIP 1988, 1362 (1375, 1377); Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469. 3415 Höpfner in: Giesler, Franchiserecht, § 7 Rn 20; aA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469. 3416 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 130. 3417 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 4; aA Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 28; Oetker/Busche § 87d Rn 11.; Canaris § 18 Rn 25. 3418 OLG Köln BeckRS 2004, 11626; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Prasse MDR 2008, 122 (123); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 34; Oetker/Busche § 88a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. 3419 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; Canaris § 18 Rn 27; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 143 ff.; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 492; Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K35 (K37); Westphal II Rn 109, 150; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 38; Oetker/Busche § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 6. 3420 Prasse MDR 2008, 122 (123); aA OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.11.2011, I-18 U 13/11; ZVertriebsR 2012, 183; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 13.11.2009 – 2 U 76/09, BeckRS 2009, 86480; LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142; Giesler ZIP 2004, 744 (§ 314 BGB anwendbar); Flohr in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89a Rn 1. 3421 Canaris § 18 Rn 45.

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90,3422 90a,3423 92b, 92c 3424 sind auf Subordinations-Franchiseverträge analog anzuwenden;3425 § 89b gleichfalls3426 (§ 89b Rn 33 ff.). Voraussetzung ist die HV-ähnliche Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers. Sie wird angenommen, wenn der vertriebsrechtliche Teil des Vertrags unter dem Verdikt des einheitlichen Auftretens nach außen (Systemanwendungspflicht) und unter qualitätssichernden Maßnahmen des Unternehmers steht, der FN die seitens des FG entwickelten Richtlinien anwenden, an Fortbildungen teilnehmen und Kontrollen durch den FG dulden muss. Weitere Indizien sind ein Vertriebsschutz für das zugewiesene Gebiet sowie ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.3427 Für die analoge Anwendung des § 89b – aber nur für diese – muss als zweites Analogiekriterium die vertragliche Verpflichtung des FN zur Übertragung des Kundenstammes hinzutreten. Auch ein Dienstleistungsfranchisingvertrag,3428 bei dem der FN die Dienstleistungen selbst erbringt, kann ausgleichspflichtig sein, wenn in Ausführung der Vertriebspflicht ein Kundenstamm aufgebaut wird. Gleiches gilt für einen Produktionsfranchisevertrag, bei welchem der FN die Waren selbst produziert. Das ausgleichspflichtige Leistungs-Gegenleistungsverhältnis wird allein durch die Vertriebspflicht einerseits und den Aufbau des Kundenstammes andererseits definiert. Umstritten ist die Anwendbarkeit von § 86.3429 Richtigerweise wird in dieser Frage differenziert, d.h. die analoge Anwendung von § 86 Abs. 1 wird angenommen,3430 während § 86 Abs. 2 von

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3422 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Prasse MDR 2008, 122 (123). 3423 BGH, Urt. v. 12.1.1986 – I ZR 209/84, NJW-RR 1987, 612 = MDR 1987, 556 = DB 1987, 1039; KG MDR 1974, 144; Canaris § 18 Rn 26; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Prasse MDR 2008, 122 (123). 3424 AA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3425 Giesler Franchiseverträge, Rn 143 f. m.w.N. Zum Schweizerischen Recht befürwortet das Schweizer Bundesgericht, Urt. v. 8.9.2011 – 4 A 148/2011, ZVertriebsR 2013, 187 die Anwendung agenturrechtlicher Vorschriften. 3426 OLG Celle, Urt. v. 19.4.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1864); OLG Dresden, Urt. v. 27.9.2001 – 19 U 881/01, OLGR 2003, 298; OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 (2523); OLG Naumburg, Urt. v. 28.4.2006 – 10 U 45/05; LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487; LG Hanau, Urt. v. 28.5.2002 – 6 O 106/01, n.v.; LG Frankfurt/M., Urt. v. 19.11.1999 –3-8 O 28/99 (bestätigt durch OLG Frankfurt/M., Vergl. v. 16.9.2003 – 11 U 13/00), EWiR 2004, 69 (Albicker); LG Berlin, Urt. v. 6.9.2004 – 101 O 23/04; LG Kiel, Urt. v. 9.12.2003 – 16 O 56/02; Bodewig BB 1997, 637; Canaris § 18 Rn 29 (HV-ähnliche Eingliederung angesichts des einheitlichen Außenauftritts stets gegeben); Flohr Franchisevertrag, 3. Aufl., S. 243 (244); Ekkenga Die Inhaltskontrolle von Franchise-Verträgen, S. 179 f.; Emde in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 550; Prasse NJW 2008, 122 (126) – im anonymen Massengeschäft auch ohne vertragliche Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes –; Jacobsen/Prasse NWB 2002, 2877 (2887) Loseblattsammlung Fach 19, 1119; Graf v. Westphalen Vertragsund AGB-Klauselwerke, Franchising, Rn 41; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 418; Hopt § 84 Rn 10, § 89b Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 24; einschränkend Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 89b Rn 33; Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. II Rn 117; Metzlaff Praxishandbuch Franchising, § 8 Rn 411 ff.; Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 29 Rn 81; Kroll in: Giesler/Nauschütt, Franchiserecht, 2. Aufl., S. 578 ff; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 667 ff.; Köhler NJW 1990, 1689 (1691 f.); Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, § 16 Rn 200; Giesler Die Rückabwicklung gescheiterter Rückabwicklungsansprüche, in: FS Dahs, S. 412–414; Liesegang Der Franchisevertrag, 6. Aufl., S. 46 Fn. 56 mit der Betonung der Prüfung in jedem Einzelfall; ebenso zum österreichischen Recht OGH v. 17.12.1997 – 9 Ob 2065/96h, zit. nach Petsche/Lager/Kutsche ZVertriebsR 2013, 202; aA Höpfner in: Giesler/Nauschütt, Franchiserecht, 1. Aufl., § 7 Rn 47 ff.; Giesler/Nauschütt, 2. Aufl., S. 854; offen gelassen in BGH, Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 130/96, NJW 1997, 3304 (3308 f.) – Benetton. 3427 LG Hanau, Urt. v. 28.5.2002 – 6 O 106/01, n.v. 3428 Hierzu Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 76 ff. 3429 Martinek Franchising, S. 319; aA Herrfeld, S. 288. 3430 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 205.

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der Analogie ausgenommen wird.3431 Aufgrund der analogen Anwendung des § 86 Abs. 1 unterliegt auch der FN einem Wettbewerbsverbot.3432 Die Vorschriften über die Provision des HV, §§ 873433 Abs. 13434 und 2,3435 87a,3436 87b,3437 87c3438 sind unanwendbar, die analoge Anwendung des § 87 Abs. 33439 kann jedoch im Einzelfall erwogen werden. Unanwendbar sind ferner §§ 86a, 91,3440 91a,3441 923442–92a. Das Auftragsrecht des BGB ist gleichfalls überwiegend anwendbar, so die §§ 664, 666, 672–674 und § 670 i.V.m. § 683 BGB3443 (hierzu unten, Rn 81 ff.). IX. Leistungsinhalt 1. Leistungspflichten des Franchisenehmers. Wie andere Vertriebsmittler unter- 446 liegt auch der FN, der meist spätestens mit Vertragsschluss Kaufmann3444 und Unternehmer wird, einer Vertriebs- oder Absatzförderungspflicht.3445 Meist ergibt sie sich aus der Systemanwendungspflicht.3446 Nicht anders als beim Vertragshändler ist sie doppelrelevant: Zum einen begründet sie vermöge der durch sie hervorgerufenen Einbindung in das Vertriebssystem die analoge Anwendung des HV-Rechts. Zum anderen ist sie Rechtsfolge des Franchisevertrages. Dies gilt jedenfalls für die meisten Franchiseverträge und für diejenigen, bei denen die §§ 84 ff. analog anzuwenden sind. Als Ausdruck seiner Absatzförderungspflicht unterliegt der FN der Betriebseingliederungs-3447 oder Systemanwendungspflicht. Er muss das Franchisekonzept anwenden.3448 Folge ist die QuasiFilialität. Gerade deshalb wird Franchising in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen.3449 Franchisesysteme wollen nicht erkannt werden.3450 Der FN ist zur persönlichen

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3431 Höpfner in: Giesler/Nauschütt, § 7 Rn 17 ff.; aA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011. § 4 Rn 217. 3432 OLG München, Urt. v. 15.5.1999 – 29 U 4446/98, EWiR 1999, 595 (Martinek), Canaris § 18 Rn 42; Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 45; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 206; Teutsch in: Küstner/Thume III, Rn 1794; Skaupy Franchising, 2. Aufl. S. 180. 3433 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3434 OLG Celle, Urt. v. 19.4.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1863); Flohr BB 2007, 1866; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 154. 3435 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 155. 3436 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 92; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3437 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3438 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 114. Anders aber, wenn der FN provisionsartig vergütet wird. 3439 AA OLG Celle, Urt. v. 19.4.2007 – 11 U 279/06, BB 2007, 1862 (1863); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 156. 3440 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3441 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3442 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 468. 3443 Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 27 Rn 52 ff.; Böhner NJW 1998, 109. 3444 OLG Oldenburg, Beschl. v. 12.11.2001 – 9 SchH 12/01, BB 2001, 2499. 3445 Martinek S. 260 ff.; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 194; Canaris § 18 Rn 15; Dutta in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2082; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 110. 3446 Vgl. Canaris § 18 Rn 33. 3447 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 110. 3448 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 198. 3449 Siehe Pasderski in: Giesler/Nauschütt, § 6 Rn 11 ff.; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 199. 3450 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 199.

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Dienstleistung verpflichtet (§§ 613, 664 BGB). Er darf seine Tätigkeit nur mit Zustimmung des FG auf einen Dritten, auch eine von ihm gegründete Gesellschaft, übertragen.3451 Grundsätzlich muss das Recht des FN zur Erteilung von Sub-Franchiseverträgen im Franchisevertrag geregelt werden. Ohne eine vertragliche Regelung besteht es wegen der Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung nicht. Der FN darf sich zwar Hilfskräfte bedienen. Sub-Franchisenehmer darf er jedoch ohne vertragliche Gestattung nur mit Zustimmung des Unternehmers bestellen. Je nach Vertrag unterliegt der FN im Regelfall einer Betriebsführungspflicht.3452 Er muss den Franchisebetrieb aufbauen, eröffnen und unterhalten.3453 Sofern nicht wirksam anderweitig vereinbart, hat der FN sein Geschäftslokal nicht pausenlos zu öffnen, jedoch so, wie es seiner Absatzförderungspflicht entspricht. Gleich dem HV ist er zur Berichterstattung über die wesentlichen Ereignisse im Vertriebsgebiet und über seine Vertriebsbemühungen verpflichtet. Die Berichte sind unverzüglich zu erstatten, sobald dies notwendig ist. Die Notwendigkeit hängt von den konkreten Bedürfnissen der Parteien ab. Die Berichtspflicht kann jedoch auch vertraglich vereinbart werden, wobei der FN nicht übermäßig eingeengt werden darf. Wochenoder Tagesberichte sind regelmäßig mit der Selbstständigkeit eines FN unverträglich und daher unzulässig. Es gilt im Grundsatz das in § 86 Rn 159 ff. zur Berichtspflicht des HV Gesagte entsprechend. Der FN ist zur Auskunft gem. §§ 675, 666 BGB sowie § 86 Abs. 2 verpflichtet;3454 der FG soll zudem Einsichtsrechte in die Bücher des FN haben3455 (dann bestände bereits deshalb eine ausgleichsbegründende Verpflichtung zur Bekanntgabe des Kundenstammes). Grundsätzlich ist der FG und nicht der FN zur überregionalen Werbung verpflichtet. Die regionale Werbung kann – wenn dies vertraglich vereinbart wurde – dem FN auferlegt werden. Zu ihr dürfte der FN auch ohne vertragliche Vereinbarung berechtigt und – je nach Üblichkeit des Einzelfalls – im Rahmen seiner Vertriebspflicht auch verpflichtet sein. Meist verpflichtet sich der FN im Franchisevertrag zur Zahlung von Franchisege447 bühren.3456 Diese Gebühren separieren sich häufig in Eintrittsgebühren,3457 laufende Gebühren sowie Marketing- und Werbegebühren3458 (meist für die überregionale Werbung).3459 Mit der Eintrittsgebühr können der Systemeintritt, also die Teilhabe an dem Franchisesystem und/oder die im Zusammenhang mit der Betriebseröffnung erbrachte Ausstattungs- und Systemeingliederungsleistung abgegolten werden, etwa Entwicklungs, Erprobungs-, Dokumentations-, Image-, Aufbau und Erstschulungsleistungen.3460 Sie kann eine Gegenleistung für bereits bei Vertragsbeginn erbrachte oder zukünftige Leistungen bilden,3461 was insb. Bedeutung für die Verpflichtung zur Rückgewähr bei vorzei-

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3451 Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 27 Rn 52. 3452 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 208. 3453 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 208. 3454 Canaris § 18 Rn 37. 3455 Canaris § 18 Rn 37. 3456 OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway (8% des Umsatzes); Canaris § 18 Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 110. 3457 Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1339). Beispiel: BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09, DB 2011, 2314 (Eintrittsgeld 25.000 EUR; Haftungsfall wg. Täuschung – Eingehungsbetrug). Angeblich werden in 85% der Fälle Eintrittsgebühren erhoben , so Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1339). Zur bilanziellen Behandlung der Eintrittsgebühr Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1340). Zur Rückzahlungspflicht im Falle des Vertragsendes eingehend Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 92 ff. 3458 OLG Schleswig, Urt. v. 26.9.2013 – 16 U (Kart) 50/13, BeckRS 2013, 21955 – Subway (4,5% des Umsatzes); Canaris § 18 Rn 34; zur bilanziellen Behandlung Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1342). 3459 Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1342). 3460 Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1339). 3461 Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 89 Rn 96 f.

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tigem Vertragsende (Rn 455 f.) haben kann. Mit den laufenden Franchisegebühren kann können ebenfalls bei Vertragsbeginn erbrachte Systemeingliederungsleistungen honoriert werden, aber auch spätere Leistungen des FG, etwa und Betriebsförderungsleistungen des FG,3462 Gebietsschutz, Bereitstellung der Einkaufsmöglichkeiten, Nutzung von Logo und CI, laufende Information, Fortbildung und Systementwicklung.3463 Die Eintrittsgebühr soll nach § 307 BGB zulässig sein, sofern ihr wirtschaftliche und rechtliche Vorteile gegenüberstehen3464 (s.a. § 89b Rn 367 ff.). Da sie aber auch eine vorzeitige Kündigung des FN verhindern soll,3465 gelten ggf. die in § 89 Rn 90 ff. zu den kündigungserschwerenden Wirkungen solcher Vereinbarungen genannten Maßstäbe. Zur Rückerstattungspflicht bei vorzeitigem Vertragsende unten Rn 455 . Möglicherweise handelt es sich bei den Gebühren um eine kontrollfreie Hauptleistung (Rn 52 f.). Die Angemessenheit bestimmt sich nach den §§ 138, 242 BGB.3466 82% der FG berechnen ihre laufenden Gebühren prozentual vom Umsatz. Teilweise werden Spannen angegeben, innerhalb derer sich umsatzabhängige Franchisegebühren regelmäßig bewegen sollten, um eine Unangemessenheit zu vermeiden. Es werden Spannen von 2–5%, 1–10%,3467 2–20%3468 oder 14%3469 genannt. Es kommt jedoch jeweils auf den Einzelfall an; die Angemessenheit ist durch Sachverständigengutachten festzustellen. 40% der Franchisesysteme erheben eine monatliche Fixgebühr. Sie betrug um 2007 im Durchschnitt 230 EUR. Häufig ist eine Kombination beider Gebührenarten zu verzeichnen.3470 2. Leistungspflicht des Franchisegebers. Der FG muss dem FN die nötige Unter- 448 stützung und Rücksicht3471 (Förderungspflicht) angedeihen lassen.3472 Es handelt sich auch im Franchiserecht um eine Neben-, nicht um eine synallagmatische Hauptpflicht.3473 Da wechselseitige, auch den FG verpflichtende3474 Treupflichten existieren, hat der FG alles zu tun, um die Aufgaben des FN zu fördern und dessen Interessen nicht zuwiderzuhandeln, sogar vor Betriebseröffnung.3475 Diese Pflicht folgt auch aus der besonders engen Einbindung beider Parteien in den Franchisevertrag. Ihr Ausdruck ist etwa die Verpflichtung zur Einarbeitung der FN in das Systemkonzept3476 (je nach Bedeutung u.U. Hauptpflicht), die Pflicht zur zentralen Steuerung des Systems,3477 zur überregionalen Werbung,3478 zu Unterstützungsleistungen bei Bankgesprächen, öffentlich-recht-

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3462 Canaris § 18 Rn 34; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 249. 3463 Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1340). 3464 Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 134. 3465 Marx/Löffler DB 2012, 1337 (1340). 3466 Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 136 ff. 3467 Skaupy S. 135. 3468 Martinek S. 301. 3469 Vgl. Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 241. 3470 Vgl. Flohr in: Wachter, Handbuch des Fachanwalts für Handels- und Gesellschaftsrecht, Münster 2007, Kap. 6 Rn 140. 3471 Canaris § 18 Rn 57. 3472 Canaris § 18 Rn 16, 44. 3473 Für die Einordnung als Hauptpflicht Canaris § 18 Rn 16. 3474 Canaris § 18 Rn 57. 3475 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 136. 3476 Canaris § 18 Rn 16. 3477 Canaris § 18 Rn 16. 3478 Canaris § 18 Rn 16.

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lichen Genehmigungen3479 oder bei der Erstellung eines Muster-Buisinessplans.3480 Ob sie sich dazu verdichtet, dem FN eine wirtschaftliche Existenzgrundlage für das franchisierte Geschäft zu verschaffen,3481 erscheint zweifelhaft. Es gilt im Wesentlichen das Gleiche wie bei HV und Vertragshändler. Eine Pflicht, das Franchisesystem beliebig zu erweitern (Systemaufbaupflicht), trifft den FG nicht.3482 Er darf das System jedoch nicht bewusst lückenhaft lassen, wenn er zuvor andere Erwartungen geweckt hat. Gleiches gilt, sofern eine gewisse Zahl von Franchisebetrieben für die Funktionalität erforderlich ist.3483 Der FG muss werthaltiges Know-How an den FN übertragen,3484 etwa durch Schulungen oder ein Systemhandbuch.3485 Wenn im Franchisevertrag die Übertragung besonderen Know-How vereinbart wird, ohne dass sich der FG vergewissert hat, ob das System überhaupt über solches verfügt, führt dies zum Einwand des nicht erfüllten Vertrages.3486 Das Know-How muss Unterscheidungskraft und Abgrenzbarkeit besitzen. Geheim braucht es nicht sein,3487 solange es werthaltig ist. Auch nicht Geheimes kann zu einem Mix komponiert werden, der Geldwert besitzt. Häufig wird das Know-how in Richtlinien oder einem Betriebshandbuch wiedergegeben, welches nur bei Vereinbarung bindender Vertragsbestandteil wird. Mit angemessener Umstellungsfrist, deren Länge nach der Notwendigkeit und der Eilbedürftigkeit der Umstellung zu bestimmen ist (regelmäßig wird eine an § 89 angelehnte Umstellungsfrist von 6 Monaten nicht zu beanstanden sein), können die Richtlinien an aktuelle Bedürfnisse angepasst werden. Dafür besteht insbesondere im Franchisebereich Bedarf. Zum Teil wird eine Pflicht des FG zur Fortentwicklung des Know-How angenommen. Fehlt es an Know-How oder erfüllt das Know-How nicht die vereinbarten Anforderungen, muss zwischen Äquivalenz- und Leistungsstörungen unterschieden werden.3488 Eine Äquivalenzstörung liegt vor, falls die Übertragung des Know-How nicht ausdrücklich vereinbart wurde oder ausdrücklich nur öffentliches Know-How übertragen werden sollte und die Gegenleistung des FN orientiert an dieser Leistungserwartung unangemessen hoch erscheint.3489 Ein Fall der Leistungsstörung tritt ein, wenn vertraglich zugesichertes Know-How fehlt oder es den vereinbarten Anforderungen nicht entspricht.3490 Die Rechtsfolge ergibt sich aus den §§ 320, 280, 138 BGB sowie den Gewährleistungsvorschriften.3491 Da auch das Lizenzelement eine Gegenleistung der Franchisegebühr bilden kann, wird die jeweilige Bedeutung der auf das Know-How begrenzten Leistungsstörung zu bewerten sein. Der FN soll sich nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen dürfen, solange die Äquivalenzstörung nicht existenzgefährdend wirkt. Ob die Konkurrenzschutzpflicht des FG eine vertragsimmanente Pflicht darstellt, ist umstritten.3492 Die Konkurrenzschutzpflicht ist Spiegelbild der

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3479 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 136. 3480 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 137. 3481 So Flohr ZVertriebsR 2012, 176. 3482 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 150. 3483 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 150. 3484 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 117 ff. 3485 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 126. 3486 Giesler ZIP 2003, 1025. 3487 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 125; Giesler ZIP 2003, 1025. 3488 Giesler ZIP 2003, 1025 (1031). 3489 Giesler ZIP 2003, 1025. 3490 Giesler ZIP 2003, 1025. 3491 Giesler ZIP 2003, 1025. 3492 Dafür: OLG Celle, Beschl. v. 28.8.2008 – 13 U 178/08; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 161 ff.; Metzlaff Praxishandbuch Franchising § 26 Rn 72; Liesegang BB

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Hauptpflicht zur Überlassung des Know-Hows3493 und existiert, jedenfalls hergeleitet aus der Treupflicht3494 und § 3 UWG, in ihrem Kern – begrenzt auf einen im Einzelfall zu bestimmenden Nahbereich – als Rücksichtnahmepflicht unabhängig von einer Gebietsschutzregelung3495 zumindest in Form des Schutzes vor – durch den FN zu beweisenden3496 – existenzbedrohendem Wettbewerb.3497 Er wurde bei einem Umsatzverlust von lediglich 15–30% verneint.3498 Dieser Schutz ist umso erforderlicher, je stärker sich der FN in die Betriebsorganisation des FG eingegliedert und seine wirtschaftlichen Dispositionen durch Einsatz von Kapital, Arbeitskraft und Personal ausgerichtet hat.3499 Der FN muss seine Investitionen amortisieren und angeblich einen angemessenen Gewinn (mindestens 30% über der Vergütung eines angestellten Managers) erzielen können. Selbst Fritzemeyer, der eine Konkurrenzschutzpflicht ablehnt, nimmt eine Schadenersatzpflicht des FG an, wenn er das Franchise ungerechtfertigt häufig vergibt. Richtig dürfte die Existenz einer Leistungstreuepflicht sowie eines Schädigungsverbots des FG sein, welche es verbieten, einem „Kannibalismus“ der FN untereinander Vorschub zu leisten. Will sich der FG trotz Zubilligung von Gebietsschutz an den FN einen parallelen Direktvertrieb vorbehalten, muss dies ausdrücklich vereinbart3500 und eine angemessene Kompensation geleistet werden. Teilweise wird auch dann ein solcher Vorbehalt für unwirksam gehalten.3501 Kommt ein FG den vertraglich übernommenen Beratungs- und Werbepflichten nicht nach, steht dem FN angeblich kein Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrecht zu.3502 Der FG ist zur überregionalen Werbung berechtigt und innerhalb der Üblichkeiten wohl auch verpflichtet. Er darf sich diese überregionale Werbung auch vorbehalten. Für eine das Vertriebssystem schädigende Werbung kann der FG wegen der Verletzung der Rücksichtnahmepflicht haften.3503 Gegebenenfalls muss der FN den FG auf das Problem hinweisen.3504 Ein FG hat gem. §§ 666, 675 BGB über die vereinnahmten Werbekostenpauschalen als zugunsten der FN zu verwendendes, treuhände-

_____ 1999, 857; hierzu Emde VersR 1999, 1464 (1468); dagegen: Fritzemeyer BB 2000, 472; offen gelassen von OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2012 – I-16 W 62/11, BeckRS 2012, 04916. 3493 Liesegang BB 1999, 857. 3494 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 161. Nach Flohr ZVertriebsR 2012, 176 leitet sie sich aus der Pflicht des FG zur Sicherung eine Existenzgrundlage des FN her – zweifelhaft. 3495 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 162. 3496 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2012 – I-16 W 62/11, ZVertriebsR 2012, 174 m. Anm. Flohr = BeckRS 2012, 04916. 3497 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2012 – I-16 W 62/11, ZVertriebsR 2012, 174 m. Anm. Flohr = BeckRS 2012, 04916; OLG Celle, Beschl. v. 28.8.2008 – 13 U 178/08; OLG Schleswig, Urt. v. 18.1.1994 – 6 U Kart 46/92, bestätigt durch Nichtannahmebeschluss des BGH v. 4.4.1995 – KZR 33/94 und durch Zurückweisung der dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerde durch Beschl. v. 6.7.1995 – BvR 1034/95; Flohr ZVertriebsR 2012, 176/177; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 162; Rauser in: Metzlaff § 16 Rn 83 ff. 3498 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2012 – I-16 W 62/11, ZVertriebsR 2012, 174 m. Anm. Flohr = BeckRS 2012, 04916. 3499 BGH, Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 130/96, NJW 1996, 3304 (3307 f.); Ende NJW 1999, 326 ff. 3500 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 166. 3501 LG Berlin, Urt. v. 21.6.2001 – 14 O 177/01, n.v.; hiergegen BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) = WM 2008, 1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f. 3502 LG Braunschweig, Urt. v. 14.7.2004 – 22 O 289/04, zit. nach Haager NJW 2005, 3394 (3396) unter Berufung auf OLG Frankfurt/Main NJWE–WettbR 1996, 142. 3503 BGH, Urt. v. 6.7.1995, ZIP 1995, 1286 = BB 1995, 1792 (1794) – Benetton; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 158 f.; aA BGH, Urt. v. 29.6.1959, NJW 1959, 1964; v. 30.1.1986, NJW 1986, 1931; v. 6.5.1993, WM 1993, 1725; v. 21.6.1972, WM 1972, 1092; v. 10.2.1993, WM 1993, 1464; v. 19.1.1972, BB 1972, 193. 3504 BGH, Urt. v. 23.7.1997, BGHZ 136, 295.

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risch gebundenes Vermögen abzurechnen. Es handelt sich nicht um dem FG zustehende Gelder, sondern um treuhänderisch gebundenes Vermögen, welches zugunsten der FN für Werbemaßnahmen einzusetzen ist.3505 Nach Vertragsende besteht nach den oben Rn 412 ff. zum Vertragshändler wiedergegebenen Grundsätzen eine Rücknahmepflicht des FG hinsichtlich der dem FN zum Vertrieb überlassenen, von ihm aber nicht mehr abzusetzenden Produkte, sofern der FN zur Lagerhaltung verpflichtet war.3506 X. Gleichbehandlungsgebot 449

Im Gegensatz zum HV-Recht wird im Franchiserecht überwiegend vertreten, dass der FG zur Gleichbehandlung seiner FN verpflichtet sei.3507 Diese Abweichung rechtfertigt sich möglicherweise aus der systembedingt engeren Einbindung des FN in das Vertriebssystem des Unternehmers, als sie gegenüber dem HV praktiziert wird. Der FG darf angesichts des Preisbindungsverbots beim Abnehmer des FN keine Preiserwartungen wecken. Wirbt daher ein FG, der Waren- oder Dienstleistungen teils über ein FranchiseSystem, teils über eigene Filialen vertreibt, unter Angabe fester Endverkaufspreise, ohne die Preisangaben auf die eigenen Filialen zu beschränken oder auf deren Unverbindlichkeit für die Franchisebetriebe hinzuweisen, so kann von dieser Werbung ein wirtschaftlicher Druck auf die FN zur Übernahme der beworbenen Preise ausgehen, der einer verbotenen Preisbindung gleichkommt.3508 Der FG muss entweder in seiner Werbung zwischen Filial- und Franchisebetrieben differenzieren oder deutlich herausstellen, dass er eine unverbindliche Preisempfehlung bewirbt. Nicht ausreichend sind Zusätze „ab“ oder „bis zu“.3509 Fraglich ist auch, ob die übliche Formulierung „nur bei teilnehmenden Betrieben“ klar genug ist. Der durch eine unberechtigte Preisbindung entstehende Schaden des FN errechnet sich aus der Spanne zwischen den Verkaufpreisen, welche er infolge des faktischen Drucks durch die Werbung gewähren muss und den Preisen, welche ohne diesen Druck erzielt worden wären, wobei gem. §§ 252 S. 2 BGB, 287 ZPO zu schätzen ist. Möglicherweise besteht eine vom FG zu widerlegende Vermutung eines Schadens in Höhe der Differenz zwischen beworbenen und vom FN gesetzten Preisen. Dass sich durch die Werbung u.U. die Absatzchancen erhöhen, bleibt unberücksichtigt.3510 XI. Vertragliche Vereinbarung

450

Wie dargestellt, werden die vertraglichen Pflichten der Parteien meist umfassend geregelt. Nicht anders als beispielsweise Kfz-Vertragshändlerverträge sind Franchiseverträge für ihren extensiven Inhalt bekannt. Der FG kann sich wirksam verpflichten, nicht in Wettbewerb zum FN zu treten, der FN darf u.a. Verpflichtungen zum Qualitätsmanagement, zu einem Mindestsortiment, zur Zahlung von Werbekosten, Vertraulichkeit, Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen, zum einheitlichen Erscheinungsbild der Betriebsstätte oder zu Kontrollen durch den FG übernehmen.3511

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3505 OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436; LG Köln, Urt. v. 17.8.2012 – 24 O 331/11, BeckRS 2014, 11906. 3506 BGH, Urt. v. 5.11.1997 – VIII ZR 351/96, NJW 1998, 540; Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (8); Martinek/ Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 29 Rn 59–63. 3507 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 149. 3508 BGH, Urt. v. 20.5.2003 – KZR 27/02, BB 2003, 2258 = WuW/E DE-R 1170, WuW 2003, 1192 = DB 2003, 2435 = WRP 2003, 1454 = NJW-RR 2003, 1624. 3509 Giesler ZIP 2004, 744. 3510 Kiethe WRP 2004, 1004 (1010 f.). 3511 Liebscher/Petsche EuZW 2000, 400 (404); Emde VersR 2001, 148 (157).

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XII. Leistungsstörungen Die Rechtsfolgen einer Schlechterfüllung des Franchisevertrages bestimmen sich 451 danach, welche Pflicht verletzt ist. Bei vertriebsrechtlichen Pflichten stehen in erster Linie die analoge Anwendung des § 89a einschließlich seines Abs. 2 und auch jenseits des vertriebsrechtlichen Pflichtenkreises des § 280 BGB in Frage. Die Maßstäbe des HVRechts gelten auch hier. Die dienstvertraglichen Rechtsfolgen entsprechen dem oft, treten allerdings meist zurück, da ihre Verletzung i.d.R. auch eine Verletzung der vertriebsrechtlichen Absatzförderungspflicht bilden wird.3512 Soweit die Erstausstattung oder die Belieferung der Vertragswaren zwischen den Vertragspartnern in Frage steht, kann Kaufrecht Anwendung finden, etwa die §§ 434, 437 ff. BGB.3513 Insbesondere für die in Ausführung des Rahmenvertrages geschlossenen, rechtlich selbständigen3514 Kaufverträge über die Belieferung mit Vertragswaren gelten unzweifelhaft die §§ 434, 437 ff. BGB.3515 Der Rücktritt nach Kaufvertragsrecht erfasst möglicherweise analog § 139 BGB den gesamten Franchisevertrag, wenn nach Sinn und Zweck und dem Interesse der Vertragspartner anzunehmen ist, dass der Gesamtvertrag keine Geltung behalten soll.3516 Die Regelungen über das Miet- und Pachtrecht treten meist zurück. Die §§ 137 ff., 581 Abs. 2 BGB sind daher im Regelfall unanwendbar.3517 Das gilt auch hinsichtlich der Überlassung von Franchise- und Betriebshandbüchern, weil dieser Fall durch analoge Anwendung des § 86a gelöst werden kann.3518 In erster Linie auf ggf. separat geschlossene Miet- und Pachtverträge, etwa über Betriebsräume, ist Miet- oder Pachtrecht anwendbar. Im Fall der Nicht- oder Schlechtleistung des FG hat der FN folgende Rechte: ZBR 452 gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder gem. § 273 Abs. 1 BGB; Androhung einer außerordentlichen Kündigung sowie Gewährleistungsrechte. Ein Minderungsrecht des FN lässt sich den §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1, Hs. 2, 441 Abs. 3 BGB (Teilunmöglichkeit) entnehmen. Voraussetzung ist Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB). Sie liegt in der Regel vor, da der überwiegende Teil der Leistung des FG den Charakter eines absoluten Fixgeschäftes einnimmt. Bei mangelhaften Know-How-Transfer kommt ein Minderungsrecht analog §§ 581 Abs. 2, 537 BGB in Betracht. Die Aushändigung des Franchisehandbuchs stellt eine vertragliche Hauptpflicht dar. Die Einrede des nicht erfüllten Vertrages kann auch im Falle völliger Fehlerhaftigkeit des Handbuchs erhoben werden.3519 Diskutiert wird, ob der FG gem. §§ 581 Abs. 2, 537 BGB Gewähr für die Geeignetheit des Marketingkonzepts zur Erreichung des Zweckes leistet.3520 Im Fall einer Nicht- oder Schlechtleistung steht den Vertragspartnern zudem Schadenersatz nach §§ 280 Abs. 1, 241 BGB zu. Führt die Änderung der Systemvorgaben im laufenden Franchisevertrag zu unverhältnismäßig hohen Investitionen, die sich nicht mehr amortisieren, kann der FN die Einwendung nach § 275 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 BGB erheben und ggf. analog § 87d Ersatz der Aufwendungen fordern.

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3512 AA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 259, die §§ 275 Abs. 1, 326 Abs. 1 Hs. 2, 441 Abs. 3, 434, 437 BGB entsprechend anwenden wollen. 3513 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 267. 3514 OLG München, Hinweisbeschl. v. 29.1.2014 – 23 U 4161/13 zum Vertragshändlervertrag. 3515 LG München I, Urt. v. 22.1.2001 – 8 HKO 1156/00, n.v.; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 267. 3516 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 267. 3517 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 194; aA Giesler/ Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 263; Canaris § 18 Rn 46. 3518 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2011, § 4 Rn 194; aA Giesler/ Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 263. 3519 Giesler ZIP 2000, 2098. 3520 So Kroll Informationspflichten im Franchising, 2001, S. 109 ff.

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Angeblich haftet der FG nicht, falls die Tätigkeit des FN einen zu hohen Kapitaleinsatz fordert,3521 zudem nicht für das Fehlen eines Pilotbetriebes, weil das System auch ohne einen solchen anwendungstauglich sein kann.3522 Für die wettbewerbswidrige Werbung eines FN haftet der FG grundsätzlich nicht 453 auf Schadenersatz. Sofern der FG die im Streite stehende Werbung nicht veranlasst hat, kommt allenfalls ein durch Unterlassen begangener Verstoß in Betracht. Dieser setzt eine Erfolgsabwendungspflicht voraus, welche sich insbesondere nicht aus der Überlassung von „good will“ ergibt. Eine möglicherweise in Betracht kommende Störerhaftung kann nur Abwehr-, nicht aber die geforderten Schadenersatzansprüche begründen.3523 XIII. Nichtigkeit 454

Ein Franchisevertrag kann u.a. gem. §§ 134, 138 BGB,3524 § 306 BGB, Art. 101 AEUV oder § 34 GWB a.F.3525 (s. § 85 Rn 8) nichtig sein.3526 Die Wirksamkeit des Vertrages darf zudem ex tunc beseitigt werden (Anfechtung,3527 außerordentl. Kündigung). Eine sittenwidrige Knebelung wird bei Franchiseverträgen angenommen, sofern die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des FN nicht nur übermäßig und unzumutbar durch eine ungleichgewichtige Verteilung von Vorteilen und Risiken beschränkt wird, sondern der FG seine wirtschaftliche Übermacht zur Fremdbestimmung des FN einsetzt und dieser deshalb seine wirtschaftliche Entschließungsfreiheit im wesentlichen Teil einbüßt3528 bzw. fast vollkommen dem Willen des FG unterworfen und faktisch zum Angestellten im eigenen Betrieb wird.3529 Indiz dafür können Weisungs- und Zustimmungsrechte des FG sowie deren Umfang sein.3530 Weiter kann eine Anzahl einseitig belastender Klauseln im Vertragswerk, die einer Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB nicht standhalten, den Franchisevertrag bei der gebotenen Gesamtschau als sittenwidrig erscheinen lassen.3531 Gewisse Weisungs- und Kontrollbefugnisse sind allerdings franchisetypisch, um auch im Interesse des FN die Einhaltung der systemtypischen Qualitätsstandards zu gewährleisten und die korrekte Anwendung des vom FG zur Verfügung gestellten KnowHow sicherzustellen.3532 Weiter wird auf die einseitige Risikoverteilung abgestellt.3533 Das

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3521 Canaris § 18 Rn 49. 3522 Canaris § 18 Rn 49. 3523 BGH, Urt. v. 6.4.2000, I ZR 67/98, NJW-RR 2000, 1710 = NJW 2001, 441 (LS) = MDR 2001, 163. 3524 BGH, Beschl. v. 17.7.2002 – VIII ZR 347/00; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857; OLG Naumburg, Urt. v. 28.4.2006 – 10 U 45/05, BeckRS 2007, 03091; LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142; Giesler ZIP 2003, 1025. 3525 OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 HKO 4/05, BeckRS 2007, 01074. 3526 Giesler WM 2001, 1441. 3527 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 m. Anm. Flohr – Anfechtung nach § 123 BGB. 3528 LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142. 3529 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Hamm, Urt. v. 13.3.2000 – 8 U 113/99, NZG 2000, 1169 (1170 f.), OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521 ff. 3530 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. 3531 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857; LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487. 3532 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857. 3533 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, OLGR Oldenburg 2008, 24 = BeckRS 2007, 16857.

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OLG Düsseldorf 3534 untersucht die Nichtigkeit wie folgt: Zunächst werde das Vorhandensein einer auffälligen Vielzahl einseitig belastender Klauseln geprüft, die den Anforderungen der Inhaltskontrolle nicht standhielten. Erschienen die dem FG eingeräumten Weisungs- und Zustimmungsrechte, Eingriffs- und Kontrollbefugnisse weitgehend und engten den dem FN verbleibenden unternehmerischen Spielraum sehr stark ein, werde geprüft, ob die aus dem Vertrag herzuleitenden Verpflichtungen des FG ebenfalls von einigem Gewicht seien und unternehmerisches Risiko beließen. Sei das der Fall, ließe dies unter Berücksichtigung der franchisetypischen Interessenlage beider Vertragspartner und der beiderseitiger Risiken und Chancen die Bewertung zu, dass eine zur Nichtigkeit führende Sittenwidrigkeit fehle. Nach diesem Maßstab sah das OLG Düsseldorf3535 die unternehmerische Freiheit des FN durch das vorgeschriebene Sortiment und die Bezugspflicht beim FG i.V.m. einer preisgebundenen Bezugsverpflichtung ohne nennenswerten gestalterischen Spielraum und ohne eigenes Marketing als kaum gegeben an. Dessen unternehmerische Freiheit beschränke sich im Wesentlichen auf die Bestimmung der Bestellmengen. Auch Buchhaltung, Kassenführung und Zahlungsverkehr unterlägen Reglementierungen. Letzteres sei jedoch franchisetypisch, den Beschränkungen ständen Verpflichtungen des FG von bedeutendem Gewicht gegen, etwa die Übergabe eines komplett eingerichteten Geschäftslokals sowie die systemtypischen Leistungen mit Know-How. Das LG Bielefeld3536 sah den Umstand, dass der FG bei 10jähriger Vertragslaufzeit das gesamte Inkasso für den FN übernahm und die daraus resultierende Abhängigkeit als entscheidend an. Diese Abhängigkeit wurde verstärkt, da der FN 9,5% seines Nettoumsatzes an den FG zu zahlen hatte, mindestens jedoch 1160 DM/Monat zzgl. Mehrwertsteuer, wobei sich der Betrag nach dem Ablauf des ersten und des zweiten Jahres jeweils um weitere 200 DM erhöhte. Die Verlegung des Geschäftslokales bedurfte der Genehmigung des FG; der Kundenstamm war zu übertragen. Ein Franchisevertrag soll auch sittenwidrig sein, wenn die realen, durch die Systemwertschöpfung zu erwirtschaftenden „Lizenzanalogiesätze“ durch die Belastung mit den laufenden Franchisegebühren um mehr als 100% überschritten werden.3537 Unterwirft sich ein FN einem System, welches eine nahezu 100%ige Kooperation mit dem FG verlangt, kann hieraus nicht ohne weitere Anhaltspunkte auf eine Sittenwidrigkeit des Vertrages geschlossen werden, solange unternehmerische Gestaltungsräume verbleiben.3538 Die „Unterwerfung“ ist oft Geschäftszweck. Bei vereinbarten Mindestgebühren müssen diese, so wird vertreten, am Standort des FN mit den lokalen Fixkosten auf Dauer zu „rechnen“ sein.3539 Dies bedeute, dass ein break-even-point nach 18 Monaten erreicht sein müsse.3540 Ergebe sich aus dem Vergleich mit den Durchschnittserträgen der Branche, dass der durchschnittliche Ertrag der Standorte einer Branche wesentlich unter den Mindestfranchisegebühren liege, so könne sich auch daraus eine unangemessene Überbelastung ergeben.3541 Jedoch soll eine Franchise-Gebühr von 12,5% nach den Umständen des Einzelfalls nicht sittenwidrig sein.3542 Im Fall der Unwirksamkeit ist gem. §§ 812 ff. BGB rückabzuwickeln,3543 und zwar

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OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466. LG Bielefeld, Urt. v. 28.1.2010 – 9 O 385/04, BeckRS 2013, 02142. Dehe/Meeth BB 2002, 2524. OLG Naumburg, Urt. v. 28.4.2006 – 10 U 45/05, BeckRS 2007, 03091. Dehe/Meeth BB 2002, 2524. Dehe/Meeth BB 2002, 2524. Dehe/Meeth BB 2002, 2524. LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 m. Anm. Flohr.

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entsprechend der Saldotheorie. 3544 Beide Vertragspartner müssen empfangene Leistungen zurückgewähren. Folglich hat der FG erhaltene Zahlungen unter Abzug von Warenlieferungen, Nebenkosten und Fernsprechgebühren zurückzuerstatten. Schulungskosten werden nicht angerechnet. Die Saldotheorie soll aber dahingehend eingeschränkt sein, dass der FN als Bereicherungsgläubiger etwaige Zurückbehaltungsrechte bzw. Gegenansprüche des FG nicht bereits – etwa im Rahmen eines Antrages auf eine Zug-um-Zug-Verurteilung – zu berücksichtigen hat.3545 Probleme bereiten immaterielle Leistungen des FG, insb. Know-How. Es ist festzustellen, ob das erhaltene Fachwissen einen saldierungsfähigen wirtschaftlichen Wert besitzt, was der FG darzulegen und zu beweisen hat. Von einer Werthaltigkeit ist regelmäßig nicht auszugehen (insbesondere, wenn die Leistungen ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des FG genutzt werden können), sofern die Leistungen nicht Ausdruck des franchise-spezifischen Know-Hows sind. Nicht anwendbar ist die Saldotheorie, wenn der Franchisevertrag mit Wirkung ex nunc beseitigt wird. Je nach Situation kann der FN Ansprüche, ggf. in Anspruchskonkurrenz, auf Vertragsaufhebungsschaden analog § 89a Abs. 2, Rücknahme und Vergütung von Vertragswaren (Ausnahme: Kündigung wg. schuldhaften Verhaltens des FN), Investitionsschutz (unklar ob als Kündigungs- oder Schadenersatzanspruch, nach Ansicht Gieslers vorrangig als finanzielle Ersatzleistung)3546 sowie Zurückbehaltungsrecht an gemieteten Geschäftsräumen geltend machen. Hat der FN eine Eintrittsgebühr gezahlt, hängt es von den Umständen des Einzel455 falls ab, ob sie bei vorzeitiger Vertragsbeendigung nach den Grundsätzen zu Einstandszahlungen (§ 89b Rn 367 ff.) pro rata temporis gem. § 812 BGB zurückzuzahlen ist. Im Wesentlichen gelten die Ausführungen § 89b Rn 378 ff. entsprechend. Besonderheiten können sich daraus ergeben, dass die Eintrittsgebühr weniger der Ausgleichsvermeidung dient und mehr der Honorierung übergebenen Know-Hows. Auch dieses KnowHow hat für den FN aber möglicherweise nur Wert, wenn der Vertrag eine gewisse Laufzeit hat. Auch insoweit sind transparente Regelungen zur Rückzahlung im Falle vorzeitiger Vertragsbeendigung wesentlich. Ein FN darf nach § 812 BGB Rückzahlung geleisteter Franchisegebühren fordern, 456 wenn der Franchisevertrag in wesentlichen Teilen der Inhaltskontrolle gem. § 307 BGB nicht standhält und deshalb nach § 306 Abs. 3 BGB insgesamt unwirksam ist.3547 Meist ist dies nicht der Fall.3548 Eine Gesamtunwirksamkeit und keine geltungserhaltende Reduktion ist anzunehmen, falls die Unwirksamkeit zahlreiche, die unternehmerische Betätigung des FN regelnde Klauseln, aber auch die vereinbarte Vergütungsregelung betrifft, so dass ein der Ausfüllung durch dispositives Recht und ergänzende Vertragsauslegung zugänglicher Rest nicht mehr verbleibt.3549 In Anwendung der Saldotheorie muss sich der Anspruchsteller einen Abzug gefallen lassen, dessen Höhe mit 2/3 Reduktion vom OLG München3550 nicht beanstandet wurde. Das zur Verfügung gestellte „KnowHow“ stellt keinen Wert dar, wenn es ausschließlich im Zusammenhang mit weiteren Leistungen des FG genutzt werden kann, die nach dem Scheitern des Franchiseverhältnisses nicht mehr zur Verfügung stehen.3551 Die Nichtigkeit eines Franchisevertrages

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OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (52) m. Anm. Flohr. OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.10.2013 – I-22 U 62/13, ZVertriebsR 2014, 46 (52). Richtigerweise wohl beides, nach Wahl des FN. OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. LG Dortmund, Urt. v. 30.3.2012 – 3 O 31/11, ZVertriebsR 2013, 163 (165). OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521. OLG München, Urt. v. 26.6.2002 – 7 U 5730/01, BB 2002, 2521.

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führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der in seiner Ausführung geschlossenen Kaufverträge.3552 Auch im Franchiserecht gelten die Grundsätze des faktischen Vertrages (§ 84 Rn 102). XIV. Teilhabe des Franchisenehmers an Einkaufsvorteilen des Franchisegebers Umstritten ist, inwieweit FG zur Weitergabe von Einkaufsvorteilen (sog. „kick- 457 backs“) an ihre FN verpflichtet sind. Zunächst: Eine generelle Verpflichtung des FG, vorteilhafte Einkaufsbedingungen auszuhandeln, fehlt. 3553 Verhandlungsverschulden ist nur schadenersatzträchtig, falls unternehmerisches Ermessen überschritten wurde. Einkaufsvorteile sind von der unstrittig zulässigen Handelsspanne3554 abzugrenzen, die der FG erhebt, wenn er selbst Produzent und Verkäufer ist. Der US-amerikanische RobinsonPatment-Act3555 verbietet kick-backs. 1. Nach einer Ansicht gibt es keinen etwa aus §§ 812, 675 Abs. 1, 666, 667, 242 BGB 458 hergeleiteten gesetzlichen Anspruch auf Weitergabe von Einkaufsvorteilen des FG an FN.3556 Eine solche Pflicht könne höchstens einer Auslegung der vertraglichen Abreden entnommen werden.3557 Ergäbe sie eine Weitergabepflicht, habe der FG alle systemimmanenten Vorteile des Franchisesystems offenzulegen und auszukehren.3558 Insbesondere müssten Einkaufsvorteile nicht weitergegeben werden, wenn vertraglich auf den Verbleib der kick-backs beim FG hingewiesen (was die Zulässigkeit solcher Klauseln impliziert) oder die Weitergabe in den zwischen FG und Lieferanten gezeichneten Lieferverträgen ausgeschlossen wurde3559 (diese wären jedoch bei fehlender Beteiligung der FN ein Vertrag zu seinen Lasten). Diese Auffassung fühlte sich durch die Apollo-Urteile des Jahres 20033560 bestärkt. Zwar befürwortete der Kartellsenat hier Auskunfts- und Zahlungsansprüche der FN auf der Grundlage einer Auslegung des Franchisevertrages. Alle drei Entscheidungen enthielten die Formulierung, es könne offen bleiben, ob neben der vertraglichen Regelung auch andere rechtliche Gesichtspunkte als Grundlage des verfolgten Begehrens in Betracht kämen. Dies wurde als Hinweis auf die Nichtexistenz eines gesetzlichen Anspruchs interpretiert – angesichts des Vorrangs vertraglicher Ansprüche wohl eine Fehldeutung. In den Hertz-Urteilen des BGH beantwortete er die Frage nicht,

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3552 BGH, Urt. v. 16.4.1986, NJW 1986, 1988; v. 23.7.1997 – VIII ZR 130/96, EWiR 1997, 985 (Schlechtriem); OLG Brandenburg, Urt. v. 28.9.2005 – 4 U 37/05, NJW-RR 2006, 53. 3553 Flohr BB 2007, 6 (9). 3554 Giesler/Güntzel ZIP 2006, 1792. 3555 U.S.C. § 13(c). 3556 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504; Beschl. v. 16.1.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324; Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740); Flohr BB 2006, 1074; ders. BB 2007, 741; ders. BB 2007, 6 (7); ders. BB 2009, 2159 ff.; Prasse MDR 2004, 256; Haager NJW 2004, 1220; zum Streitstand auch Haager NJW 2002, 1463. 3557 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U 24/10, ZVertriebsR 2012, 52; VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504; Beschl. v. 16.1.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324; Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 (740); Flohr BB 2006, 1074; ders. BB 2007, 741; ders. BB 2007, 6 (7); ders. BB 2009, 2159 ff.; Prasse MDR 2004, 256; Haager NJW 2004, 1220; zum Streitstand auch Haager NJW 2002, 1463. 3558 NJW 2004, 1220. 3559 Flohr BB 2006, 389 (393). 3560 BGH ZIP 2003, 2030; ZIP 2004, 773; Urt. v. 25.5.2003 – KZR 29/02 und weitere Urteile.

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ob sich Zahlungsansprüche aus den §§ 675, 666, 242, 667 BGB ergeben könnten,3561 weil der BGH Ansprüche gegen eine Beklagte wegen fehlender Einkaufsvorteile ablehnte und gegen die andere schon auf Grund einer Vertragsauslegung befürwortete. Auch jenes Urteil wurde von manchen so verstanden, als unterstütze es die Position derjenigen, die gesetzliche Auskunfts- und Zahlungsansprüche der FN ablehnten.3562 Bereits zuvor hatte der BGH in seinem Urt. v. 2.2.19993563 ausgeführt, in einem Franchisesystem bestehe keine gesetzliche Pflicht des FG, die von ihm ausgehandelten Einkaufsvorteile in vollem Umfang an die FN – ggf. anteilig den Regiebetrieben – herauszugeben. Der BGH hat darauf abgestellt, dass für die Erreichbarkeit optimaler Geschäftserfolge des FN im Wettbewerb mit konkurrierenden Anbietern auch und insb. günstige Einkaufsbedingungen von ausschlaggebender Bedingung sein können. Dem seien die Interessen des FG gegenüberzustellen.3564 Je nach Ausgestaltung der Verträge besitze er ein berechtigtes Interesse, einen Teil der Einkaufsvorteile einzubehalten, um damit zusätzlich von ihm zu erbringende Leistungen vergütet zu erhalten. Das sei insb. der Fall, wenn er – wie üblich bei Vertriebsfranchiseverträgen – die Funktion eines Großhändlers übernehme. Dann mache er mit der Einbehaltung eines Teils der Einkaufsvorteile von seinem Recht zur freien Preisbildung Gebrauch. Die Einkaufsvorteile blieben Gegenleistung für den Koordinierungsaufwand, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs, das Insolvenzrisiko sowie die Gewährleistungspflicht. 3565 Diese Leistungen würden durch die Franchisegebühr nicht abgedeckt.3566 Das OLG Düsseldorf3567 verneint auch einen Schadenersatzanspruch aus §§ 33, 19 GWB: Der FG sei bei Abschluss des Franchisevertrages kein marktstarkes Unternehmen i.S.v. § 20 Abs. 1 GWB gewesen. Eine unternehmensbedingte Abhängigkeit der FN nach § 19 GWB könne frühestens durch den langfristigen Franchisevertrag begründet worden sein. Auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses komme es nicht an, soweit es um die Frage gehe, ob der FG den FN durch die vertraglichen Regelungen zu den Einkaufsvorteilen unbillig behindere oder diskriminiere. Es fehle zudem an einer Diskriminierung, weil der FG keinem ihrer FN einen Anspruch auf Weiterleitung von Einkaufsvorteilen eingeräumt habe und ferner an einer unbilligen Behinderung, weil der Franchisevertrag lediglich die Gesetzeslage (kein Anspruch der Franchisenehmer auf Einkaufsvorteile) wiedergebe. FG vereinbaren deshalb oft, dass Einkaufsvorteile als Gegenleistung für Listungs- und Konditionengespräche beim FN verbleiben,3568 was zulässig sein soll.3569 Eine solche Vereinbarung setzt in AGB (§ 307 BGB – es dürfte sich um keine kontrollfreie Hauptleistung handeln) die vom FG zu beweisende Werthaltigkeit seiner Gegenleistung voraus. Entsprechende Regelungen zu Einkaufsvorteilen und Werbekosten müssen klar formuliert sein.3570 Zudem bleibt das faktische Verhalten des FG genauso wichtig wie der Vertragstext, insb. seine vorvertragliche Aufklärung. Der FG

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3561 BGH ZIP 2006, 810 = BB 2006, 1071. 3562 Vgl. Giesler/Güntzel ZIP 2006, 1792 (1794). 3563 BGH KVR 11/97, NJW 1999, 2006, 171 (175 f.) = WRP 1999, 534 ff. insoweit in BGHZ 140, 342 und WuW/E DE-264 nicht abgedruckt; offen gelassen in BGH, Urt. v. 20.5.2003 – KartZR 19/02, NJW-RR 2003 1635 (1637) = WRP 2003, 1448 ff. – Apollo-Optik. 3564 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 3565 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 3566 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). 3567 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504. 3568 Flohr BB 2007, 6 (7). 3569 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel). Eine solche Klausel formuliert Flohr BB 2009, 2159 (2162). 3570 Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504.

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darf seine Vorteile keinesfalls kleinreden.3571 Die Praxis lehrt, dass FG mit derlei Aufklärung Zurückhaltung üben, obwohl damit erhebliche rechtliche Risiken einhergehen.3572 Nur bei Einhaltung dieser Kautelen genügt die Klausel, Einkaufsvorteile verblieben beim FG, dem Transparenzgebot und benachteiligt den FN nicht unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB.3573 In Individualverträgen wären §§ 138, 242 BGB Kontrollmaßstab. Insgesamt ist es nach dieser Auffassung rechenschaftsfreies Interna des FG, in welcher Weise er seine Einkünfte erzielt. 2. Nach der Gegenansicht ist die Schadenersatzpflicht und ein vorgeschaltetes Aus- 459 kunftsrecht3574 auch ohne vertragliche Verpflichtung zur Weiterleitung der Einkaufsvorteile existent.3575 Jene Ansicht vertritt, der BGH habe einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft und Zahlung nicht abgelehnt. Gem. §§ 675, 667, 242 BGB, 20 Abs. 1, 2, 33 GWB3576 treffe den FG auch ohne dahin gehende vertragliche Abrede die Pflicht zur Herausgabe von Prämien, Rückvergütungen, Werbekosten, Zuschüssen, Provisionen und Einkaufsvorteilen, welche Lieferanten aufgrund des Warenbezugs der FN an ihn zahlten. Entgegenstehende Regelungen verstießen gegen § 307 BGB.3577 3. Für die kartellrechtliche Praxis dürfte der Streit durch den „Praktiker-Beschluss“ 460 des BGH3578 entschieden sein:3579 FN würden nicht dadurch unbillig behindert, dass der FG, welcher ihnen gegenüber als Großhändler auftritt, nach dem Franchisevertrag nicht verpflichtet sei, Rabatte, Boni, Rückvergütungen und ähnliche Einkaufsvorteile, die ihm von seinem Lieferanten gewährt werden, in vollem Umfang an die FN weiterzugeben. Damit hob der BGH im Einklang mit der Vorinstanz3580 den „Praktiker-Beschluss“ des BKartA3581 auf. Nach beiden Meinungsgruppen sind zunächst die vertraglichen Abreden zu prü- 461 fen, ehe es auf gesetzliche Ansprüche ankommt: Enthält der Franchisevertrag (hier Apollos) die Klausel, „Vorteile ... zur Erreichung optimaler Geschäftserfolge“ seien an die FN weiter zu geben, verpflichtet sie den FG in ihrer nach § 305c Abs. 2 BGB maßgeblichen verwenderfeindlichsten Auslegung zur Weitergabe sämtlicher Einkaufsvorteile. Die FN können dann gem. § 242 BGB Auskunft über die erzielten Einkaufsvorteile fordern.3582 Gleiches gilt, falls der Vertrag die Teilnahme der FN an Einkaufskonditionen und eine Auskunfts-

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3571 Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504. 3572 Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504. 3573 Flohr BB 2007, 6 (8). 3574 LG Dortmund, Teilurt. v. 19.8.2010 – 13 O 85/05 Kart, BeckRS 2010, 26733. 3575 OLG München BB 1997, 1430; LG Dortmund, Teilurt. v. 19.8.2010 – 13 O 85/05 Kart, BeckRS 2010, 26733; LG Hamburg, Urt. v. 10.4.2001 – 313 O 182/99 und 313 O 184/99; Böhner NJW 1998, 109; Böhner WRP 2006, 1089 (1092); Emde EWiR 2004, 67 (68); Giesler ZIP 2004, 744; Flohr DStR 2001, 710; Giesler in: Giesler/Nauschutt, Franchiserecht, 2002, § 5 Rn 137. 3576 Flohr BB 2007, 6 ff. 3577 AA Flohr BB 2007, 6 (8). 3578 BGH, Beschl. v. 11.11.2008 – KVR 17/08, WRP 2009, 208 = EWiR 2009, 541 (Giesler/Güntzel); aA BKartA, Beschl. v. 8.5.2006 – B9-149/04, ZIP 2006, 1788. mit Anm. Giesler/Güntzel; hierzu Flohr BB 2007, 6 ff. (durch den BGH aufgehoben). 3579 Siehe die Analyse von Flohr BB 2009, 2159 ff. 3580 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 16.1.2008 – VI-Kart 11/06 (V), GRUR-RR 2008, 324. 3581 BKartA, Beschl. v. 8.5.2006 – B9-149/04, ZIP 2006, 1788. mit Anm. Giesler/Güntzel; hierzu Flohr BB 2007, 6 ff. 3582 BGH, Urt. v. 20.5.2003 – KZR 19/02 – Apollo, BB 2003, 2254 (2255) = DB 2003, 2434 = WRP 2003, 1448 = MDR 2003, 1344 = NJW-RR 2003, 1635 = EWiR 2004, 67 (Emde); ebenso BGH, Urt. v. 20.5.2003 – KZR 27/02, NJW-RR 2003, 1624. Zu dem Urteil Böhner BB 2004, 119.

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pflicht über die Sonderkonditionen vorschreibt.3583 Sieht der Franchisevertrag hingegen nur eine Unterstützungspflicht bei der Bearbeitung von Verfahrensweisen hinsichtlich des Erwerbs von Material und Ausrüstung vor oder die Verpflichtung, laufend zentrale Leistungen zur Verfügung zu stellen,3584 ergibt sich keine Herausgabepflicht. Bei einmaliger Auskehrung ist zur Vermeidung von Folgeansprüchen besser ein Vorbehalt zu erklären.3585 Auch im Lichte der BGH-Rspr. dürfte es aber dabei bleiben, dass der FG im Rahmen 462 seiner vorvertraglichen Aufklärungspflicht hinreichend transparent über den Verbleib der Einkaufsvorteile aufzuklären hat.3586 Die Aufklärung ist für den FN auch für seine Liquiditätsplanung wichtig.3587 Die Wirksamkeit einer Aufklärung mittels AGB ist umstritten,3588 dürfte aber bei hinreichender Deutlichkeit und Transparenz anzunehmen sein. Spricht eine Klausel dem FN Einkaufsvorteile zu, muss sie Auskunft und Rechnungslegung ermöglichen.3589 Ob es dazu genügt, die Auskunft durch einen WP testieren zu lassen, erscheint zwh.3590 Im Falle fehlender Aufklärung ist an eine Haftung aus §§ 280, 823 Abs.2 BGB, 263 StGB, an § 311 BGB und ein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu denken.3591 Das Schweigen über den Verbleib ist Betrug, die Aufklärungspflicht ergibt sich aus dem Franchisevertrag.3592 Kenntnisse einer Einkaufsvorteile verhandelnden Muttergesellschaft müsse sich der FN zurechnen lassen.3593 Soweit es sich bei den kick-backs um „verdeckte Franchisegebühren“ handelt, die 463 im Franchisevertrag unerwähnt blieben, wird vertreten, der Vertrag erfülle nicht das Schriftformerfordernis des § 510 Abs. 2 BGB.3594 Letzteres ist zweifelhaft. Es dürfte zwischen dem Franchisevertrag und den in seiner Ausführung geschlossenen Kaufverträgen zu unterscheiden sein. Beide stehen in keinem untrennbaren Zusammenhang, da die Anzahl der zu schließenden Einzelverträge und die Höhe des Gewinns aus ihnen noch unbestimmt ist. Zudem handelt es sich bei den Rabatten nicht um essentialia des Vertrages, welche dem Schriftformerfordernis unterliegen.3595 XV. Franchisenetzwerkhaftung 464

Diskutiert wird, ob es neben dem Franchisevertragsrecht ein Franchisenetzwerkrecht gibt, aus dem sich eine zusätzliche Grundlage etwa für die Weiterleitung von Einkaufsvorteilen herleiten lässt.3596 Das dürfte eher zweifelhaft sein.3597 Die Beziehungen der Mitglieder eines Vertriebssystems untereinander sind nicht so eng, als dass sie zur Außenwirkung gegenüber Dritten führen (s. § 86 Rn 133). Im Vordergrund steht das bila-

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3583 BGH, Urt. v. 22.2.2006 – VIII ZR 40/04, WRP 2006, 595 = ZIP 2006, 810 = WM 2006, 923 = BB 2006, 1071 m. Anm. Flohr = NJW-RR 2006, 776 = GRUR 2006, 610. 3584 OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738, 739 = EWiR 2007, 395 (Emde). 3585 Flohr BB 2009, 2159 (2164). 3586 Flohr BB 2006, 389 (393); Flohr BB 2007, 741 (742); Flohr BB 2009, 2159 (2163); was angesichts geringer Transparenz gegen die Wirksamkeit der von Flohr BB 2009, 2159 (2162) formulierten Klausel sprechen könnte (dort auch Ausschluss der Auskunftsansprüche). 3587 Flohr BB 2009, 2159 (2163). 3588 Befürwortend Flohr BB 2007, 6 (8). 3589 Flohr BB 2009, 2159 (2162). 3590 Dafür Flohr BB 2009, 2159 (2162). 3591 Flohr BB 2007, 6 ff. 3592 Emde VersR 2004, 1499 (1504). 3593 OLG München, Urt. v. 27.7.2006 – 23 U 5590/05, BB 2007, 14; Flohr BB 2007, 6 ff. 3594 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 137; Giesler ZIP 2004, 744. 3595 Emde BB 2005, 390 (391). 3596 Siehe Böhner BB 2004, 119; Teubner ZHR 198 (2004), 1; einschränkend Giesler ZIP 2004, 744. 3597 Gegen ein Franchisenetzwerkrecht etwa Canaris § 18 Rn 20.

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terale Verhältnis zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler, hinter das die Beziehungen der Mitglieder des Vertriebsnetzes untereinander zurücktreten.3598 XVI. Vertragspartner des Kunden – Geschäft mit dem FG? Sofern bei Vertragsschluss nicht weitere Umstände vorliegen, führt allein die Tatsa- 465 che, dass innerhalb eines Franchisesystems Marken oder sonstige Kennzeichen einheitlich als Bestandteil zur Bildung von weitere Bestandteile enthaltenden Firmen- oder sonstigen geschäftlichen Bezeichnungen verwendet werden, typischerweise nicht zum Handeln in fremden Namen3599 oder zur Verpflichtung des FG oder anderer FN nach Rechtsscheingrundsätzen.3600 Ob eine andere Beurteilung in Betracht zu ziehen ist, wenn Unternehmen im Rahmen eines Franchisesystems unter identischen Bezeichnungen auftreten, ohne dass ersichtlich wird, ob es sich jeweils um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, könne, so der BGH, offen gelassen werden.3601 Dies wird jedoch zum Teil angenommen: Eine Haftung des FG für Verbindlichkeiten des FN und damit eine Franchisenetzwerkhaftung soll, etwa unter dem Gesichtspunkt widersprüchlichen Verhaltens,3602 § 278 BGB als Erfüllungsgehilfe des FN,3603 gem. § 831 BGB als Verrichtungsgehilfe des FN3604 oder nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter3605 möglich sein, falls der Markenname des Franchisesystems durch gemeinsame und überregionale Werbung, Systemlogo, Symbole, Slogan, Handelsnamen und sonstige Geschäftsbezeichnungen überregionale Bedeutung gewonnen habe und die Firma des FN dahinter zurücktrete.3606 Auch soll aus der Quasi-Filialität der Franchisesysteme die Gefahr einer Rechtsscheinhaftung jedenfalls der Systemzentrale in direkter oder analoger Anwendung des § 56 resultieren.3607 Der nach § 15a GewO bekanntzugebende Firmenname trete zurück, weil er von den maßgeblichen Verkehrskreisen regelmäßig unbemerkt bleibe. Die Verpflichtung des FG könne sich zudem aus den Grundsätzen des unternehmensbezogenen Geschäfts3608 sowie der Duldungs- und Anscheinsvollmacht ergeben.3609 Eine Anfechtung der Rechtsscheinsvollmacht scheide regelmäßig aus, weil sich der FG über die Rechtswirkungen des gemeinsamen Auftritts bewusst sei: Er verpflichte die FN regelmäßig dazu, ihre Stellung als selbständige und unabhängige Unternehmen kenntlich zu machen.3610 Sogar die Netzwerkhaftung der anderen Franchisebetriebe wird erwogen,3611 etwa aufgrund rechtsgeschäftlicher Mitverpflichtung oder aus Vertrauenshaftung. Professionelle Geschäftspartner, z.B. Banken,

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3598 Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (672). 3599 Canaris § 18 Rn 59; Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, §§ 54, 55 Rn 66. 3600 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813); aA Canaris § 18 Rn 60. 3601 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813). 3602 Canaris § 18 Rn 60. 3603 Canaris § 18 Rn 62. 3604 Teubner ZHR 154 (1990), 311 f.; Bräutigam WM 1994, 1194; Canaris § 18 Rn 64. 3605 Canaris § 18 Rn 63. 3606 Buck-Heeb/Dieckmann DB 2008, 855 (857); Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 27 Rn 66; Bräutigam in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising 2003, § 13 Rn 4 f. 3607 Vgl. Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 200. 3608 Heeb/Dieckmann BB 2008, 855 (856). 3609 Heeb/Dieckmann BB 2008, 855 (858); Wolf/Ungeheuer BB 1994, 1027; Pasderski in: Giesler/ Nauschütt, Franchiserecht, 2. Aufl. 2007, Kap. 6 Rn 27 f.; Bräutigam in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising 2003, § 13 Rn 6; aA Ullmann NJW 1994, 1255 (1556). 3610 Buck-Heeb/Dieckmann BB 2008, 855 (858); Wolf/Ungeheuer BB 1994, 1027; Pasderski in: Giesler/ Nauschütt, Franchiserecht, 2. Aufl. 2007, Kap. 6 Rn 27 f.; Bräutigam in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising 2003, § 13 Rn 6; aA Ullmann NJW 1994, 1255 (1556). 3611 Ablehnend Canaris § 18 Rn 61.

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wird die wahre Rechtslage ohnehin bekannt sein.3612 Das Problem stellt sich vorwiegend in den oft wirtschaftlich weniger bedeutenden Kundenbeziehungen.3613 Nicht mit der Außenhaftung zu verwechseln sind die Treupflichten unter den Mitgliedern des Franchisesystems, vertikal nach oben und horizontal untereinander. Sie können gerade im Franchiserecht mit erheblichem Investitionsbedarf und angesichts des Verdikts der Einheitlichkeit, welches von allen Mitgliedern Systemtreue fordert, bestehen. XVII. Vertragsende 466

Franchiseverträge haben häufig eine Laufzeit von 5–10 Jahren,3614 damit sich die Investitionen des FN amortisieren können. Die in § 89 normierten Kündigungsfristen des HV-Rechts gelten analog im Franchiserecht, sofern der FN einem HV vergleichbar in das Vertriebsystem des FG integriert ist.3615 § 89 gewährt dem HV Schutzfristen, binnen derer er sich um eine neue Tätigkeit bemühen kann. Die Notwendigkeit einer solchen Umstellungsfrist besteht bei einem FN zumindest dann, wenn er seinen Geschäftsbetrieb im o.g. Sinne vertragsgemäß weitgehend auf das Vertriebskonzept des FG zuzuschneiden hat.3616 Nicht selten können gegenüber dem HV-Recht längere Kündigungsfristen erforderlich sein, vor allem im Falle erheblicher Investitionen:3617 So soll regelmäßig eine Mindestkündigungsfrist von zwei Jahren nicht zu unterschreiten sein.3618 Geht mit dem Franchisevertrag ein Mietvertrag über die Geschäftsräume einher, wird diskutiert, ob der FN bei einem gleichzeitig endenden Mietvertrag zu einer Nutzungsfortsetzung berechtigt ist.3619 Regelmäßig wird dies nicht der Fall sein. Demgegenüber soll die analoge Anwendung des § 89a Abs. 13620 mangels Regelungslücke seit der Einführung des § 314 BGB ausgeschlossen sein,3621 was mglw. dogmatisch zutreffend, wegen der größeren Regelungsnähe des HVRechts aber diskussionswürdig ist.3622 Jedenfalls kann die Rspr. zum inhaltsgleichen § 89a übernommen werden. Zu wichtigen Kündigungsgründen s. die Kommentierung zu § 89a. FN oder Vertragshändler sind häufig unter der Marke oder Geschäftsbezeichnung des Vertriebssystems in Telefonbüchern und Verzeichnissen eingetragen. Diese Eintragung muss nach Vertragsende in der nächst erreichbaren Ausgabe geändert werden.3623 Für die Umsetzung haftet der FN nicht, wenn seine Änderungsanweisung nicht ausgeführt wird.

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3612 Canaris § 18 Rn 58. 3613 Canaris § 18 Rn 59. 3614 Prasse MDR 2008, 122 (123). 3615 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251; Canaris § 18 Rn 27; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 143. 3616 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251. 3617 Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 29 Rn 12 ff., 39 ff. 3618 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 496; Pfeffer NJW 1985, 1241 (1247). 3619 Eingehend Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 282 ff. 3620 Zu ihr Martinek/Martinek/Habermeier in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 27 Rn 55 ff.; § 29 Rn 18 ff.; BGH, Urt. v. 17.12.1998 – I ZR 106/96, NJW 1999, 1177 m. Anm. Martinek EWiR 1999, 303. 3621 OLG Düsseldorf, Urt. v. 9.11.2011, I-18 U 13/11, ZVertriebsR 2012, 183; Giesler ZIP 2002, 420 (426); Giesler ZIP 2004, 744; aA Höpfner in: Giesler/Nauschütt, § 12 Rn 44. 3622 Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 294; aA wohl Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469. 3623 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 632; Giesler WM 2001, 658.

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Der Verlag ist nicht Erfüllungshilfe des Vertriebsmittlers.3624 Auch im Zeitraum zwischen Kündigungserklärung und Vertragsende haben sich beide Parteien vertragsgemäß zu verhalten. Der FG hat den FN zu beliefern3625 und ihm – außer in Fällen evident zu erwartenden Mißbrauchs – regelmäßig im bisherigen Umfang Know-How zu übertragen.3626 XVIII. Steuerrecht Von FN in einen „gemeinsamen Werbeetat“ eingezahlte und zum Bilanzstichtag 467 noch unverbrauchte zweckgebundene Werbebeiträge zur Finanzierung der dem FG obliegenden überregionalen Werbung sind beim FG erfolgsneutral zu behandeln.3627 K. Kommissionär und Kommissionsagent Mit dem Kommissionär der §§ 383 ff. hat der HV gemeinsam, dass er wie jener für fremde 468 Rechnung tätig wird. Auch ist die Weite des Branchenfeldes im Prinzip die gleiche. Die entscheidenden Unterschiede zwischen HV und Kommissionär liegen im Grundsatz darin, dass der HV an seinen Unternehmer durch Dauervertrag gebunden ist, während der Kommissionär im Einzelauftrag tätig wird;3628 zum anderen: dass der HV nur vermittelt, äußerstenfalls im Namen seines Auftraggebers abschließt, also erkennbar für diesen auftritt, während der Kommissionär im eigenen Namen auftritt und abschließt3629 (das Kommissionsgeschäft ist der Hauptanwendungsfall der sog. verdeckten Stellvertretung). Außerdem kennt das Kommissionsrecht die sog. Gelegenheitskommission eines sonst in anderen Branchen tätigen Kaufmanns, die im HV-Recht keine Entsprechung hat (der HV im Nebenberuf, § 92b, ist rechtlich und soziologisch keine vergleichbare Erscheinung). Auch hat der HV nicht das Selbsteintrittsrecht in das vermittelte Geschäft, welches dem Kommissionär nach § 400 zusteht. Die eigentliche Warenkommission wiederum ist im Inlandsgeschäft bis auf geringe Reste wie im Weinhandel, Briefmarkenhandel, Kunst- und Antiquitätenhandel verschwunden; nur im Export hat sie hier noch eine gewisse Bedeutung. Obwohl der Kommissionär grds. im Einzelauftrag tätig wird, ist er, wenn er zur 469 kommissionsweisen Wahrnehmung von Aufträgen im Dauerverhältnis mit seinem Auftraggeber steht, – rechtstatsächlich angeblich fast ohne Bedeutung3630 – Kommissionsagent.3631 Beispiele sollen Tchibo und Pressegrossisten bilden.3632 Der Verkauf erfolgt dann zu den vom Unternehmer vorgegebenen Preisen, weil – ähnlich wie beim HV – kein Verbot der Preisbindung besteht.3633 Der Kommmissionsagent ist alleiniger Ver-

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3624 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 632; Giesler WM 2001, 658. 3625 AA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 152, soweit die Belieferung eine nachvertragliche Konkurrenztätigkeit des FN unterstützen würde. 3626 AA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 152, wenn die Gefahr nachvertraglicher Wettbewerbstätigkeit besteht und keine wesentlichen Nachteile des FN, wie etwa Umsatzeinbußen, drohen. 3627 BFH, Urt. v. 22.8.2007 – X R 59/04, DB 2008, 324. 3628 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Vor § 84 Rn 10. 3629 S. Billing in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 84 Rn 93 f. 3630 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (4). 3631 BGH, Urt. v. 26.9.1980 – I ZR 119/78, BGHZ 79, 89 (97) = NJW 1981, 918; RGZ 69, 363 (365); Martinek ZHR 161 (1997), 67 (75); Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (112); Billing in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 84 Rn 93; Hopt § 84 Rn 19; eingehend Dau in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 383 HGB Rn 5 ff. 3632 Dau in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 383 HGB Rn 7. 3633 Dau in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 383 HGB Rn 8.

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tragspartner des Kunden (Abnehmers) mit allen sich daraus ergebenden Pflichten. Nur im Innenverhältnis entlastet ihn der Unternehmer meist von allen mit der Vertragserfüllung nach außen zusammenhängenden Aufgaben, z.B. Gewährleistung, Kundendienst. Er übernimmt ferner das Risiko für Absatz, Transport, Lagerhaltung, Gewährleistung. Das Absatzrisiko trifft den Kommissionsagenten bei Übernahme der Kosten durch den Unternehmer nicht.3634 Hierdurch gewinnt der Unternehmer einen durch eine erfolgsorientierte Provision (§ 396 Abs. 1) entlohnten, ständig beauftragten Absatzmittler mit der Stellung eines verdeckten Stellvertreters und braucht nicht selbst in direkte Vertragsbeziehungen zu dem Kunden zu treten.3635 Faktisch handelt es sich um eine Mischform zwischen HV und Vertragshändler.3636 In Anlehnung an die Definition des HV in § 84 Abs. 1 könnte man formulieren, Kommissionsagent sei, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, Geschäfte für Rechnung eines anderen Unternehmers im eigenen Namen abzuschließen.3637 Vom Vertragshändler und vom FN unterscheidet sich der Kommissionsagent insoweit, als dass er nicht für eigene, sondern für die Rechnung des Unternehmers tätig ist.3638 Der Typus ist im Gesetz nicht geregelt. Da die Bindung im Dauerverhältnis ihn mit dem HV, der Modus der Interessenwahrnehmung durch Abschlüsse im eigenen Namen für fremde Rechnung mit dem Kommissionär verbindet, kommt erneut die Frage ins Spiel, wieweit in den Innenbeziehungen zum Auftraggeber HV-Recht analog anzuwenden sei.3639 Das ist regelmäßig der Fall.3640 Auf den Kommissionsagenten entsprechend anwendbar sind die §§ 85,3641 86,3642 86a, 86b,3643 87 Abs. 1,3644 2,3645 3,3646 87a Abs. 3,3647 87c,3648 87d,3649 88a,3650 89,3651 89a3652 und 89b,3653 sowie §§ 90,

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3634 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (21). 3635 Martinek ZHR 161 (1997), 67 (76). 3636 Dau in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 383 HGB Rn 10. 3637 Canaris § 16 Rn 2; Billing in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 84 Rn 93. 3638 Vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056; Billing in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 84 Rn 94. 3639 Evans-v. Krbek S. 118 ff. 3640 RGZ 69, 363 (365); RG HRR 1934, 1298; Dau in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vorb § 383 HGB Rn 12; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 97; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Vor § 84 Rn 11, § 383 Rn 5; Hopt § 84 Rn 19; Schlegelberger/Schröder, § 84 Rn 20; Martinek ZHR 161 (1997), 67 (76); Ulmer/ Habersack ZHR 159 (1995), 109 (113). 3641 Canaris § 16 Rn 12. 3642 BGH, Urt. v. 20.3.2003 – I ZR 225/00, NJW-RR 2003, 1056 (1059); Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (125 ff.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 97. 3643 Canaris § 16 Rn 12. 3644 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 161. 3645 RG JW 1917, 157; Canaris § 16 Rn 7. 3646 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 97; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 103. 3647 Canaris § 16 Rn 8; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 95. 3648 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 117 (jedenfalls Abs. 1). 3649 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23); Canaris § 16 Rn 8; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 29. 3650 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 36; Oetker/Busche § 88a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. 3651 RGZ 69, 363 (365); OLG München HVR Nr. 894; Ebenroth S. 158; Thume in: Küstner/Thume III, Kap. 2 Rn 23; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 163; Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 153; Canaris § 16 Rn 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36; Hopt § 89 Rn 19; Oetker/Busche § 89 Rn 26. 3652 Canaris § 16 Rn 10. § 626 Abs. 2 BGB ist auch insoweit nicht anwendbar, es gilt die für HV maßgebliche Ausschlussfrist (Canaris § 16 Rn 10). 3653 BGH BB 1964, 823; Canaris § 16 Rn 13; Billing in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Vor § 84 Rn 61; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 426; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 97; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Vor § 84 Rn 11; Hopt § 84 Rn 19 (wie Hopt schreibt, noch eher als beim

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90a,3654 90b und 92c, nicht aber die §§ 91 und 91a sowie die sonstigen Vorschriften über die Provision und deren Abrechnung. L. Handelsmakler Vom Handelsmäkler – zur Abgrenzung zum Zivilmakler siehe BGH DB 1982, 5903655 – 470 unterscheidet sich der HV durch das Merkmal der ständigen Geschäftsvermittlung3656 (§ 84 Rn 79). „Gelegenheitsagenten“ sind daher Makler und nicht „freie Mitarbeiter“.3657 Die Wortwahl ist auch hier für die Abgrenzung unmaßgeblich.3658 Sind Mittler sowohl als HV wie als Handelsmäkler tätig (z.B. Exportvertreter, Linienvertreter und Schiffsmakler; Makleragent in der Versicherung),3659 ist für das konkrete Einzelgeschäft zu prüfen, in welcher Funktion es vermittelt oder geschlossen wurde. Folgen ungenügender Trennung gehen im Zweifel zu Lasten des Mittlers, es sei denn, der Vertrag wurde vom Unternehmer formuliert. Neben solchen Zwillingserscheinungen gibt es Zwischenbildungen zwischen HV und Handelsmakler, bei denen von Fall zu Fall zu prüfen ist, welche Regeln aus dem Recht des einen oder des anderen zu der jeweils auftauchenden Frage die größere Sachnähe haben. Entscheidend ist allein der Tatbestand, nicht die von den Parteien verwendete Terminologie.3660 Wegen seiner Treupflichten gegenüber dem Unternehmer und der unausweichbaren Pflichtenkollission ist für den konkreten Geschäftsabschluss die Tätigkeit als HV der einen Partei bei gleichzeitiger Tätigkeit als Makler für die andere Partei unzulässig.3661 Handelsmakler können sich nicht auf die Rechte eines HV berufen, etwa Buchauszug oder Ausgleichsanspruch. M. Gerichtliche Zuständigkeit und Auslegungsfragen I. Erfüllungs- und Leistungsort sowie Gerichtsstand des Erfüllungsortes Literatur: Mankowski Commercial Agents under European jurisdiction rules, Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 ff.

Fraglich ist, wo bei Vertriebsmittlern der Erfüllungsort ihrer Leistungspflichten 471 liegt.3662 Die Antwort auf diese Frage hat auch Bedeutung für die gerichtliche Zuständig-

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Vertragshändler); Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 20; wohl auch BGH BB 1964, 823. Die analogiebegründende Pflicht zur Offenlegung der Kundendaten ergibt sich zumindest aus § 384 Abs. 2 HGB (Canaris § 16 Rn 14). 3654 BGH NJW-RR 1987, 612 (613); OLG München BB 1963, 1194; Canaris § 16 Rn 12; Spenner in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 90a Rn 67; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 90a Rn 44; Oetker/Busche § 90a Rn 46. 3655 HV, tätig für Grundstücksmakler: nicht Untermakler, da dieser typmäßig nicht zum Tätigwerden verpflichtet. 3656 Zur Abgrenzung BGH BB 1982, 1877; NJW 1992, 2818 mit Anm. Dehner NJW 1993, 2225 (mit Indizien); Hopt § 84 Rn 20. 3657 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 95. 3658 Hopt § 84 Rn 20. 3659 Bruck-Möller Vor § 43, 26. 3660 Siehe hierzu die Fälle OLG Bamberg MDR 1966, 56 (Möbelhaus bedient sich ein und desselben Mittlers für regelmäßig wiederkehrende Abschlüsse mit der Bundeswehr, aber ohne festen Dauerauftrag: Handelsmäkler trotz Bezeichnung als HV); OLG Stuttgart BB 1959, 537 (Auftrag zur Herstellung von Geschäftsverbindungen als einstweilen bloßer Rahmen für spätere Abschlüsse, mit Kontaktpflege und laufender Unterrichtung über neue Muster: Mäklervertrag). 3661 BGH, Urt. v. 23.11.1973 – IV ZR 34/73, NJW 1974, 137; Hopt § 84 Rn 20; vgl. auch OLG Bamberg MDR 1966, 55; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 94. 3662 Im Einzelnen Emde RIW 2003, 505.

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keit in Vertriebsmittlerstreitigkeiten, insb. für die häufigen internationalen HV-Streitigkeiten.3663 Die RL regelt die Frage nicht ausdrücklich, so dass diesbezüglich klare Vorgaben 472 fehlen.3664 Eine Regelung, derzufolge der Erfüllungsort generell am Sitz des HV liegen sollte, hat die Kommission zur Schaffung eines HGB abgelehnt.3665 Maßgeblich ist § 269 BGB. Leistungsort ist gem. § 269 BGB der Ort, an dem der Schuldner die Leistungshandlung vorzunehmen hat. Er wird in der juristischen Terminologie auch als Erfüllungsort bezeichnet3666 und bestimmt sich in erster Linie nach den Parteivereinbarungen,3667 sofern die Parteien als Kaufleute über den Erfüllungsort disponieren dürfen. Ohne Vereinbarung richtet er sich nach dem Gesetz. Die h.A. verneint einen einheitlichen Erfüllungsort für die Pflichten beider Parteien 473 aus einem Vertriebsvertrag.3668 Der Erfüllungsort für die Pflichten des HV und Unternehmers liegt nach dieser h.A. jeweils am Ort der gewerblichen Niederlassung des Schuldners zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 2, 1 BGB).3669 Insbesondere BGH NJW 1988, 9663670 lehnte einen Erfüllungsortes am Sitz des HV ab und damit auch den dort belegenen Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO. Der BGH entschied durch den seinerzeit für das Vertriebsrecht zuständigen 1. Zivilsenat, der Gerichtsstand des Erfüllungsortes für die gegen einen portugiesischen Unternehmer gerichtete Informations-, Provisions- und Ausgleichsklage liege am Sitz des Unternehmers. Sämtliche geltend gemachten Ansprüche seien dort zu erfüllen. Der Umstand, dass der Schwerpunkt der vertraglichen Beziehungen am Vertriebsort liege, reiche nicht aus, jenen Ort als einheitlichen Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungen anzusehen. Auf diesen Schwerpunkt habe die Rechtsprechung lediglich bei der Frage abgestellt, welches materielle Recht nach dem hypothetischen Parteiwillen anzuwenden sei.3671 Gerade in Hinblick auf den gem. § 87c zu erteilenden Buchauszug könne nicht davon ausgegangen werden, dass dem Unternehmer generell die Leistung am Sitz des HV zumutbar sei. Der Unternehmer sei zur Erfüllung der Buchauszugsforderung in aller Regel auf die in seiner Niederlassung befindlichen Geschäftsunterlagen angewiesen und werde bestrebt sein, jenen Anspruch, der auch das Recht auf Einsicht in Geschäftsunterlagen einschließe (§ 87c Abs 4), an seinem Sitz zu erfüllen. Ob dieser Ansicht zugestimmt werden sollte, ist fraglich. Durchaus diskutiert werden könnte ein Einheitserfüllungsort am Sitz des Vertriebsmittlers.3672 Für innereuropäische Streitigkeiten hat diese Streitfrage, weil dort i.S.d. Einheitsgerichtsstandes entschieden, wegen Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO keinen hohen Stellenwert. Durchaus Bedeutung hat die h.M. aber für internationale, aber außereuropäische Streitigkeiten. II. Erfüllungsort für die Pflichten des Vertriebsmittlers 474

Gem. § 269 Abs. 1 und 2 BGB ist Erfüllungsort für die Leistungen des Vertriebsmittlers grundsätzlich der Ort seiner gewerblichen Niederlassung zur Zeit der Begründung

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3663 Analyse zum Fallmaterial bei Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 ff. 3664 Emde DStR 2009, 1478 (1485). 3665 9. Sitzung v. 30.11.1895, IX zu § 68 des Entwurfs. 3666 Palandt/Heinrichs § 269 Rn 1. 3667 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 3668 OLG Karlsruhe IPRspr 1987, 112a; LG München II IPRspr 1984, 142; Geimer IZPR, 3. Aufl., Rn 1494 Fn. 574; Eberstein 8. Aufl. 1999, S. 144 Fn. 1; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 59. 3669 Hopt § 86 Rn 46. 3670 Kurze Zeit später bestätigt durch NJW 1988, 1466. 3671 BGHZ 53, 332 (337); Küstner/Thume Außendienstrecht III, 2.Aufl. 1998, Rn 2127 ff. 3672 Emde RIW 2003, 505.

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des Mittlervertrages,3673 und zwar unabhängig davon, ob dieser Ort im Vertriebsgebiet liegt3674 und wie viel der Mittler an andere Orte reist. Dies gilt insb. für die Herausgabeund die Aufbewahrungspflicht und auch für den nur reisend tätigen Mittler. Sofern der Mittler keinen registerlichen Niederlassungsort oder keine gewerbliche Niederlassung hat, ist als Erfüllungsort der Ort anzusehen, an welchem er seinen geschäftlichen Mittelpunkt hat, wo er seine Geschäftsräume unterhält, wohin seine Geschäftsbriefe gehen, von wo er seine Reisen antritt und wohin er von ihnen zurückkehrt.3675 Jener Ort kann gelegentlich mit dem Niederlassungsort des Unternehmers zusammenfallen, ist aber grundsätzlich davon zu separieren. Dass aus der Natur des Schuldverhältnisses (§ 269 Abs. 1 BGB) zu folgern sei, der HV habe stets am Niederlassungsort des Unternehmers seine Vertragspflichten zu erfüllen, ist nicht anzuerkennen. Der Unternehmer setzt den HV oft gerade deshalb ein, weil er mit den Verhältnissen an dem von seinem Niederlassungsort entfernten Vertriebsort nicht vertraut ist. Insbesondere die Vermittlungs- und Abschlusspflicht ist nicht immer am Sitz der 475 Kunden zu erfüllen. Mittels moderner Kommunikationsmedien kann der HV auch von seinem Geschäftssitz aus erfüllen, etwa unter Zuhilfenahme von Telefon, Fernkopie und E-Mail. Deshalb ist heute eher davon auszugehen, dass der HV den Schwerpunkt seiner Vermittlungstätigkeit an seinem Sitz erbringt. Zu einem Vertriebsvertrag zwischen einem deutschen Vertragshändler und einem 476 italienischen Hersteller entschied der Kassationshof3676 vor Geltung der EuGVVO,3677 Erfüllungsort für die Verpflichtung zur Übermittlung von Kaufaufträgen sei der Ort, an dem die Aufträge zur Kenntnis des Vertragspartners zu bringen seien (Art. 15 CISG). Werde diese Verpflichtung von einem deutschen Händler zu Gunsten einer italienischen Gesellschaft übernommen, bestehe gem. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die Zuständigkeit der italienischen Gerichte betreffend einen Streit über eine Kündigung, welche in Folge der Verletzung dieser Verpflichtung erklärt wird. In einer Anmerkung zum Urteil referiert Braggion3678 die Grundsätze, nach denen italienische Gerichte ihre Zuständigkeit in Vertriebsmittlerstreitigkeiten prüfen. Offenbar teilt die italienische Praxis den Standpunkt der deutschen h.M., die im Vertriebsmittlerrecht einen Einheitserfüllungsort verneint. Für folgende Pflichten des Mittlers ist sein Sitz, mangels eines solchen sein geschäft- 477 licher Mittelpunkt,3679 bei Begründung des HV-Vertrages3680 Erfüllungsort: – Für die ihm obliegenden Pflichten;3681 – Für die Hauptpflicht der Vermittlung und des Abschlusses; – Für die Rückgabe von überlassenen Unterlagen nach Vertragsende oder Ablauf der Überlassungszeit;3682 – Für die Rückzahlung überzahlter Provisionen; – Für gegen den Vertriebsmittler gerichtete Schadenersatzforderungen;

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3673 OLG Hamburg HVR Nr. 1221; Hopt § 86 Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 51. 3674 Hopt § 86 Rn 46. 3675 MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 3676 Urt. v. 10.3.2000, RIW 2001, 308. 3677 Auch jetzt könnte nach den Maßstäben dieses Urteils ein konkurrierender Gerichtsstand zum Einheitsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO gefunden werden. 3678 RIW 2001, 309. 3679 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 6; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 3680 Hopt § 86 Rn 46; MünchKomm HGB/von Hoyningen-Huene § 86 Rn 22. 3681 Hopt § 86 Rn 46. 3682 OLG München BB 1999, 2320; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. IV Rn 16, 25; Westphal I Rn 383; Hopt § 86a Rn 6.

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Für die Übergabe der gem. § 86a Abs. 1 geschuldeten Unterlagen als Hilfsmittel des HV abweichend von § 269 BGB3683 nicht der Tätigkeitsort. Die Pflicht ist eine Bringschuld des Unternehmers. III. Erfüllungsort für die Pflichten des Unternehmers

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Nach h.A. liegt der Erfüllungsort für Leistungen des Unternehmers an dessen Sitz. Getrennte Erfüllungsorte für die beiderseitigen Verpflichtungen aus dem HV-Vertrag bestehen nur, wenn aus den Umständen, namentlich aus der Natur des Schuldverhältnisses, nichts Abweichendes zu entnehmen ist (§ 269 Abs. 1 BGB). Davon ist jedoch beim Vertriebsvertrag auszugehen. Der Erfüllungsort für Pflichten des Unternehmers liegt nach herrschender Meinung beispielsweise für folgende Pflichten an seinem Sitz: – Ausgleichsanspruch;3684 – Vertragsdokumentation nach § 85; – Informationspflichten nach § 86a Abs. 2;3685 – Auskunftspflicht nach § 87c;3686 – Buchauszug;3687 – Provisionszahlungspflicht;3688 – Schadenersatzzahlungen des Unternehmers. Auch der Streit um die Wirksamkeit der Kündigung dürfte am Sitz des Unternehmers auszutragen sein. Denn die Entscheidung über die Vertragsfortsetzung ist dort zu treffen. Eine Gegenansicht ist vertretbar, weil der Mittler die Hauptpflicht erfüllt und die Kündigung dem Mittler an seinem Sitz zur Kenntnis gelangen muss. IV. Einheitserfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 lit. b. EuGVVO

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Die VO (EG) Nr. 44/2001 (Brüssel I-VO oder EuGVVO) des Rates v. 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,3689 die seit dem 1.3.2002 in Kraft ist, hat innerhalb ihres Anwendungsbereichs – die EU – die Stellung der HV entscheidend gestärkt. Die Anwendbarkeit der EuGVVO setzt die Erfüllung der zuständigkeitsbegründenden Merkmale des Art. 2 EuGVVO voraus. Im Grundsatz ist dazu ein Sitz des Beklagten in der EU erforderlich.3690 Hat der Beklagte keinen Wohnsitz innerhalb der EU, bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte gem. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO nach dem nationalen Recht des betreffenden Mit-

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3683 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. IV Rn 16; Westphal I Rn 383. 3684 BGH NJW 1988, 966; zu dem Mangel europarechtlicher Vorgaben Emde DStR 2009, 1478 (1485). 3685 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 35. Dieser Erfüllungsort widerspricht der allgemeinen Regel, nach der der Erfüllungsort von Auskunftspflichten an den Erfüllungsort der Hauptpflicht angeknüpft wird (BGH, Urt. v. 12.6.2007 – XI ZR 290/06, ZIP 2007, 1676 (1679); BGHZ 151, 5 (9) = ZIP 2002, 1238 (1239); v. 30.9.1976 – II ZR 107/74, WM 1976, 1230 (1232). Hauptpflicht ist aber die am Sitz des HV zu erfüllende Vertriebspflicht. 3686 BGH NJW 1988, 966; OLG Celle, Urt. v. 29.11.2001 – 11 U 344/00. 3687 BGH NJW 1988, 966 (967); LG Hannover, Urt. v. 26.1.2004 – 21 O 159/03; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 45; aA wohl OLG Hamburg, Beschl. v. 5.4.2005 – 6 W 15/05, S. 4, n.v. 3688 BGH NJW 1988, 966; 1466; OLG Celle, Urt. v. 29.11.2001 – 11 U 344/00; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 43b. 3689 ABl.(EG) L 12 v. 16.1.2001, S. 1. 3690 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11; Hau ZVertriebsR 2014, 79; Baumbach/Hartmann ZPO, EuGVVO Übers. Rn 3; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (43).

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gliedsstaates, in Deutschland also nach der ZPO,3691 im Falle des Wohnsitzes des Beklagten in Island, Norwegen und der Schweiz nach dem LugÜ.3692 Die örtliche Zuständigkeit indiziert dann die internationale.3693 Art. 22 und 23 EuGVVO sind aber unabhängig von dem Wohnsitz der Parteien anwendbar, d.h. auch dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz außerhalb der EU hat (Art. 4 Abs. 1 EuGVVO). Besonders relevant ist Art. 23 EuGVVO über die freie Wahl des Gerichtsstandes. Sofern die EuGVVO anwendbar ist, haben ihre Vorschriften grds. Vorrang vor den innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften, falls ein Rechtsstreit mit Auslandsbezug in den materiellen Anwendungsbereich der EuGVVO fällt.3694 Das ist immer der Fall, wenn der Beklagte seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat.3695 Gem. Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO dürfen Personen, welche ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben, am Erfüllungsort der vertraglichen Verpflichtung verklagt werden. Nach Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO gilt als Erfüllungsort für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedsstaat, an welchem die Dienstleistungen nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Anders als unter Geltung des Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVÜ ist der Begriff des Erfüllungs- 480 ortes nach Art. 5 Nr. 1 lit. b VO (EG) Nr. 44/2001 autonom3696 und weit3697 anhand der vertragscharakteristischen Leistung3698 sowie der Legaldefinition der EuGVVO einzuordnen. Er ist also nicht mehr aus geltendem nationalen Rechts (in Deutschland: § 269 BGB und der dazu vertretenen oben dargestellten h.M.), sondern allein aus Sinn und Zweck der EuGVVO zu entwickeln. Dabei ist, wie der BGH3699 entschied, ein einheitlicher Erfüllungsort am Schwerpunkt des Vertrages zu bestimmen und dem Zweck der EuGVVO entgegenzukommen, alle Streitigkeiten an einem Ort zu konzentrieren. Bei einem HV-Vertrag erbringt der HV die vertragscharakteristische Leistung und Dienstleistung i.S.d. Art. 5 Nr. 1 lit. b 2. EuGVVO,3700 bei einem Franchisevertrag der FN.3701 Es kommt also darauf an, wo der HV erfüllt. Der Einheitserfüllungsort soll nur maßgeblich sein, wenn der Erfüllungsort in einem anderen Staat als der allgemeine Gerichtsstand des Mittlers liegt.3702 Dieser „Gerichtsstand des „Dienstleistungsortes“ gilt nach der EuGVVO für alle An- 481 sprüche aus dem Vertrag, ungeachtet ihrer Art und der Art des Vertriebsvertrages, und zwar – obwohl kein einziger Typus eines Vertriebsvertrages in Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO

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3691 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11. 3692 Hau ZVertriebsR 2014, 79. 3693 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11. 3694 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 = EuZW 2014, 181 Rn 22. 3695 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 = EuZW 2014, 181 Rn 22. 3696 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 = EuZW 2014, 181 Rn 32; EuZW 1999, 727; BGH, Urt. v. 2.3.2006 – IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806; Musielak/Weth ZPO, 3. Aufl., VO (EG) Nr. 44/2001, Art. 5 Rn 7; Thomas/Putzo ZPO, 24. Aufl., EuGVVO, Art. 5 Rn 8. 3697 BGH NJW 1994, 262; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (28). 3698 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 34; v. 25.2.2010 – Rs. C-381/08, Slg. 2010, I-1255 Rn 31 f.; Nagel/Gottwald IZPR, 5. Aufl. 2002, § 3 Rn 49. 3699 BGH, Urt. v. 2.3.2006 – IX ZR 15/05, RIW 2006, 861 (863) zu einem Anwaltsvertrag. 3700 EuGH, Urt. v. 11.3.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 34 = EWiR 2010, 355 (Mankowski). 3701 BG Neusiedel (Österreich) v. 19.3.2009 – 6 C 1136/08g, zit. nach Petsche/Lager/Kutsche ZVertriebsR 2013, 202. 3702 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (29); Mankowski in: Hopt/ Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (138).

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ausdrücklich genannt wird – etwa für HV-, 3703 Vertragshändler-, 3704 Franchise3705 (einschließlich der Lizenzabreden des Franchisevertrages)3706 oder Kommissionsagentenverträge.3707 Der Verordnungsgeber hat mithin zum Zwecke der Gerichtsstandsbestimmung einen einheitlichen Erfüllungsort für Prozesse um alle Vertragspflichten postuliert.3708 Der Begriff der Dienstleistung wurde in der EuGVVO nicht definiert.3709 Nach Art. 57 AEUV sind „Dienstleistungen“ solche Leistungen, die i.d.R. gegen Entgelt erbracht werden, insb. gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche oder freiberufliche Tätigkeiten. Gem. Art. 57 Abs. 2 lit. d AEUV zählen hierzu insb. freiberufliche Tätigkeiten. Diese Definition kann bei der Bestimmung des Begriffs „Dienstleistung“ i.S.d. EuGVVO herangezogen werden3710 und sie spricht dafür, dass Vertriebsverträge Verträge über Dienstleistungen i.d.S. sind. Entgelt muss nicht im engen Sinn als Zahlung eines Geldbetrages zu verstehen sein.3711 Die Erbringung von Dienstleistungen erfordert die Vornahme positiver Handlungen und schließt Unterlassungen aus.3712 Bei einem Vertriebsvertrag muss der Vertriebsmittler durch die Gewährleistung des Vertriebs der Erzeugnisse an der Förderung der Verbreitung dieser Erzeugnisse mitwirken.3713 Dank der ihm nach dem Vertriebsvertrag zustehenden Beschaffungsgarantie und ggf. dank seiner Beteiligung an der Geschäftsstrategie des Unternehmers, insb. an Aktionen zur Absatzförderung, ist der Mittler in der Lage, den Kunden Dienstleistungen und Vorteile zu bieten, die ein einfacher Wiederverkäufer nicht bieten kann und somit für die Erzeugnisse des Unternehmers einen größeren Anteil am lokalen Markt zu erobern.3714 Gerade kaufmännische Tätigkeiten können Dienstleistungen i.S.d. Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO darstellen.3715 Geschäftsbesorgungsverträge sind Verträge über Dienstleistungen.3716 Als Dienstvertrag über die Geschäftsbesorgung ist deshalb der Vertriebsvertrag als Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen einzuordnen.3717

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3703 EuGH, Urt. v. 11.3.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 = EWiR 2010, 355 (Mankowski); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (29); Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 7. 3704 Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO begründet, so EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 = EuZW 2014, 181, einen Gerichtsstand für einen Vertragshändler, sofern der zwischen den Parteien bestehende Vertrag besondere Klauseln über den Vertrieb der vom Händler verkauften Waren enthält. Es obliegt dem nationalen Gericht, zu prüfen, ob dies der Fall ist. Ebenso LG Stade, Urt. v. 25.10.2012 – 8 O 2/12; Niebling WRP 2009, 153 (158); Hau ZVertriebsR 2014, 79 (80); Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 8; aA Niebling WRP 2010, 1454 (1459); Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 8 für die Ansprüche aus den in Ausführung des Vertragshändlervertrages geschlossenen Kaufverträge. 3705 BG Neusiedel (Österreich) v. 19.3.2009 – 6 C 1136/08g, zit. nach Petsche/Lager/Kutsche ZVertriebsR 2013, 202; Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 9. Der Gerichtsstand gilt aber auch hier nicht für Streitigkeiten aus den einzelnen Lieferungen des FG, siehe Salger in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 9. 3706 Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 10. 3707 Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 11. 3708 BGH, Urt. v. 2.3.2006 – IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806; ÖstOGH v. 2.9.2003, JBl 2004, 186 (187); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (139); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (29). 3709 BGH, Urt. v. 2.3.2006 – IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806. 3710 BGH, Urt. v. 2.3.2006 – VIIII ZR 15/05, NJW 2006, 1806; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 26.7.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992; BGH NJW 2006, 1806; OLG Saarbrücken NJOZ 2007, 709 (713); i.E. EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 37. 3711 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 39. 3712 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 38. 3713 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 38. 3714 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 38. 3715 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); Thomas/Putzo Art. 5 EuGVVO, Rn 8; Musielak/Weth Art. 5 Rn 7. 3716 Nagel/Gottwald IZPR, 5. Aufl. 2002, § 3 Rn 48. 3717 Salger in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, Art. 5 EuGVVO Rn 2.

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Der Mittler darf sich auf den Einheitsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO berufen.3718 Angesichts dessen sowie des Umstandes, dass bei Fehlen einer Regelung das Recht am Vertriebsort gilt, ist es für deutsche Mittler bei Vertragsschluss mit einem ausländischen Unternehmer oft günstiger, auf einen schriftlichen Vertrag zu verzichten, als den vom Unternehmer gestellten schriftlichen Vertrag zu akzeptieren, welcher meist dem Recht und Gerichtsstand am Sitz des Unternehmers unterstellt wird. Durch den Einheitsgerichtsstand soll eine Konzentration aller Streitigkeiten aus 482 einem Vertrag bei dem Gericht des Erfüllungsortes erreicht werden, was deshalb sinnvoll ist, weil selbst Auseinandersetzungen über Nebenpunkte regelmäßig aus Nichterfüllung oder mangelhafter Erfüllung der Hauptleistung resultieren.3719 Der Gerichtsstand gilt nicht nur Verfahren um die Erbringung der Dienste selbst (beim HV: um die Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit), sondern z.B. auch um Zahlungsverpflichtungen des Unternehmers als Dienstleistungsgläubiger,3720 für negative Festellungsklagen,3721 Nebenansprüche,3722 Informations-,3723 Provisions- und Ausgleichsklagen3724 sowie für Klagen aus einem Vergleich zwischen den Parteien.3725 Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist gegenüber Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO spezieller.3726 Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist auch anwendbar, falls mit der Klage gleichzeitig mehrere Ansprüche, etwa Informations- und Ausgleichsansprüche in Form der Stufenklage, geltend gemacht werden.3727 Das geschieht häufig, denn die Buchauszugsklage wird meist – schon zum Zwecke der Verjährungsunterbrechung – als Stufenklage (§ 254 ZPO) erhoben, verbunden mit einer Provisions- oder Ausgleichsklage.3728 Der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist schwer zu bestimmen, wenn der 483 HV nach dem Vertrag in mehreren Staaten tätig sein soll. Hier gibt es vier Lösungsmöglichkeiten:3729 1. Die erste Möglichkeit ist, nach einem relativen Schwerpunkt, also nach dem relativ gewichtigsten Tätigkeitsort zu suchen.3730 Dies ist grundsätzlich der Ort, zu dem der

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3718 OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 26.7.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992 (aA Vorinstanz LG Düsseldorf, Urt. v. 26.9.2006 – 14c 236/05); OLG Saarbrücken NJOZ 2007, 709 (713); Emde RIW 2003, 505. 3719 Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); Musielak/Weth Art. 5 Rn 7. 3720 BT-Drucks. 534/99 v. 23.9.1999 zum Vorschlag einer Verordnung (EG) des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, S. 14; Micklitz/Rott EuZW 2001, 325 (328); Musielak/Weth Art. 5 Rn 7; Thomas/Putzo Art. 5 Rn 10; zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ bei Arbeitsverträgen auch EuGH, NJW 2003, 2224. 3721 OLG Bamberg, Urt. v. 24.4.2013 – 3 O 198/12, ZVertriebsR 2014, 121 (m. krit. Anm. Hau ZVertriebsR 2014, 79); Hau ZVertriebsR 2014, 79 (81). 3722 OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 0536. 3723 OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367. 3724 OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367; Emde RIW 2003, 505 (508); obiter LG Köln, Urt. v. 19.9.2002 – 83 O 53/01, n.v.; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (137) m.w.N.; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (30); Hollander TBH 2000, 175 (178). 3725 OLG Koblenz, Urt. v. 13.3.2008 – 6 U 747/08; IHR 2008, 198 (200); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (31). 3726 EuGH, Urt. v. 19.12.2013 – Rs. C-9/12, ZVertriebsR 2014, 118 (120) = EuZW 2014, 181 Rn 42. 3727 Thomas/Putzo/Hüßtege, Art. 5 Rn 10. 3728 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930; Westphal I Rn 1338; Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 50. 3729 Eingehend Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (31 ff.); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 139 ff. 3730 OLG Koblenz, Urt. v. 13.3.2008 – 6 U 747/08; IHR 2008, 198; OLG Düsseldorf NJW-RR 2008, 223; OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 26.7.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992; Hau ZVertriebsR 2014, 79

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Streitgegenstand die engste Verknüpfung aufweist.3731 Das ist die Ansicht des EuGH3732 sowie des BGH3733 (die allerdings nicht den unten favorisierten 4. Lösungsweg als Vermutung ausschließt). Maßgeblich ist nach dem EuGH der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung, welche nach dem Vertragsinhalt zu bestimmen ist.3734 Kann der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nicht anhand des Vertrags ermittelt werden, weil er entweder mehrere Erbringungsorte oder ausdrücklich gar keinen bestimmten Erbringungsort vorsieht, hat der HV aber bereits solche Leistungen erbracht, so ist hilfsweise der Ort heranzuziehen, an dem er seine Tätigkeiten zur Erfüllung des Vertrags tatsächlich überwiegend vorgenommen hat, vorausgesetzt, die Erbringung der Dienstleistungen an diesem Ort widerspricht nicht dem Parteiwillen, wie er sich aus den Vertragsbestimmungen ergibt. Dabei können tatsächliche Aspekte, insb. die an diesen Orten aufgewendete Zeit und die Bedeutung der dort ausgeübten Tätigkeit, berücksichtigt werden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, anhand der ihm vorgelegten Beweismittel über seine Zuständigkeit zu befinden.3735 Lässt sich auf diese Weise kein Schwerpunkt ermitteln, ist nach dem EuGH gem. Ziff. 4 zu verfahren. Die hier zu Ziff. 1 wiedergegebene Ansicht führt zu schwierigen Abwägungsproblemen3736 und Gewichtungsfragen (insbesondere bei der Bestimmung des Maßstabes (Einkaufs- oder Verkaufspreis [welcher Kunden?], Umsatz oder Provision, 3737 Arbeitszeit, 3738 sowie bei Beteiligung mehrerer Länder). 3739 Richtigerweise dürfte auf den Ort abzustellen sein, an welchem die meisten Vermittlungstätigkeiten (Organisations-, Betreuungs- und Abwicklungstätigkeiten)3740 erbracht werden, also die Niederlassung des HV.3741 Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich jedoch auch bei anderen Lösungswegen. 2. Die nächste Variante besteht darin, jeden Tätigkeitsort für relevant zu halten (wobei auf die Vermittlungshandlungen aus dem Vermittlervertrag, und nicht auf die Erfüllungshandlungen des Kundengeschäfts abzustellen ist)3742 und zum Erfüllungsort zu erheben. Damit multiplizieren sich jedoch die Gerichtsorte;3743 ein unbedeutender Erfüllungsort könnte zum Gerichtsstand werden.3744 Eine Untergruppe sieht dieses Forum nicht als Einheitsgerichtsstand für alle Ansprüche aus dem Vertrag, sondern nur für die am Gerichtsort erfüllten.3745 Aber die Rechtsstreitigkeiten könnten zu divergierenden

_____ (81); Magnus IHR 2002, 45 (49); Niebling WRP 2009, 153 (158); Gottwald in: Münchener Kommentar zur ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn 8; Geimer/Schütze, Art. 5 EuGVVO Rn 87. 3731 OLG Düsseldorf, Hinweisbeschl. v. 26.7.2007 – 16 U 203/06, BeckRS 2007, 13992; BGH NJW 2006, 1806; OLG Saarbrücken NJOZ 2007, 709 (713). 3732 EuGH, Urt. v. 11.3.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 33 = EWiR 2010, 355 (Mankowski): Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung. 3733 BGH, Urt. v. 2.3.2006 – IX ZR 15/05, RIW 2006, 861 (863) zu einem Anwaltsvertrag. 3734 EuGH, Urt. v. 11.3.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 38 = EWiR 2010, 355 (Mankowski). 3735 EuGH, Urt. v. 11.3.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 40 = EWiR 2010, 355 (Mankowski). 3736 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 139. 3737 Ablehnend Mankowski EWiR 2010, 356. 3738 Dafür Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (33) jedoch mit Hinweis auf den zweifelhaften Beweiswert der Aufzeichnungen des Mittlers (S. 34). 3739 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (33). 3740 Mankowski EWiR 2010, 356. 3741 Mankowski EWiR 2010, 356. 3742 Vgl. Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (44). 3743 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 140. 3744 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (35). 3745 Mumelter Der Gerichtsstand des Erfüllungsortes im Europäischen Zivilprozeßrecht, Wien/Graz 2007, 175; Czernich in: Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und

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Ergebnissen führen; die Abgrenzung der Vergütungs- und Ausgleichsbeiträge ist kaum handhabbar.3746 Eine einheitliche Billigkeitsabwägung scheidet aus, das Billigkeitsergebnis könnte verfälscht werden. Die Lösung wäre ferner unter dem Aspekt des Einheitsgerichtsstands konzeptwidrig.3747 3. Man könnte auch die Ermittelbarkeit des Erfüllungsortes verneinen3748 und über lit. c auf lit. a des Art. 5 Nr. 1 EuGVVO zurückfallen. Damit gäbe man den Einheitsgerichtsstand auf.3749 4. Die vierte Variante läuft auf eine Vermutung hinaus. Unter ihr würde man den Erfüllungsort der Leistung vermutungsweise mit der (Haupt)Niederlassung des HV bzw. bei Einzelpersonen mit deren gewöhnlichem Aufenthaltsort gleichsetzen. 3750 Der EuGH3751 stellt auf den Wohnort ab, sachgerechter ist der Geschäfts- oder Niederlassungsort. Meist dürften beide Orte identisch sein. Immerhin dürfte dort ein großer Teil der organisatorischen Arbeit samt Aktenführung, Vertragsbearbeitung, -registrierung und meldung an den Prinzipal erfolgen.3752 Diese Vermutung ist sachgerecht und verhilft auf einfachem Wege zu einem leicht zu bestimmenden Einheitsgerichtsstand. Die Vermutung ist jedoch widerleglich.3753 Richtig dürfte damit folgendes sein: In erster Linie ist gem. Nr. 1 auf den Vertragsin- 484 halt abzustellen. Hilft der Vertrag nicht weiter, so gilt: Da der HV den Schwerpunkt seiner Dienstleistung am Sitz seiner Niederlassung erbringt, liegt dort regelmäßig der Tätigkeitsort der Dienstleistung, also der Erfüllungsort. Nur ausnahmsweise kann der von der Niederlassung abweichende Vertriebsort die Tätigkeit des HV so prägen, dass allein auf ihn abzustellen ist, etwa bei fehlender Niederlassung. Insoweit kann auf die in § 92c Rn 93 ff. wiedergegebene Diskussion zum Schwerpunkt der Tätigkeit i.S.d. Art. 28 EGBGB verwiesen werden. Fraglich ist, wie vorgegangen werden muss, wenn eine Partei die Existenz eines Ver- 485 triebsvertrages – ggf. mit Gerichtsstandsklausel – behauptet und die andere Partei dessen Existenz verneint. Meist wird die Frage nicht erheblich. Denn der Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ist lediglich ein konkurrierender, der – meist dem klagenden HV – einen zusätzlichen Gerichtsstand3754 gibt, ohne andere Gerichtsstände auszuschließen. Dass es sich bei Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO nur um einen konkurrierenden Gerichtsstand handelt, zeigt die Formulierung „sofern nichts anderes vereinbart ist“, zudem der Umkehrschluss aus Artt. 13, 17 und 22 EuGVVO. Wäre man aA dürfte auch eine

_____ Vollstreckungsrecht, Wien 2003, Art. 5 EuGVVO Rn 15; weitere Nachweise bei Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (38). 3746 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (39). 3747 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 140; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (35). 3748 Dahingend Leiple in: Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, 2004, Art. 5 Brüssel I-VO Rn 55. 3749 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 140; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (36, 39). 3750 Magnus/Mankowski Brussels I Regulation, 2006, Art. 5 Brussels I Regulation Rn 121; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 141. 3751 EuGH, Urt. v. 11.3.2010 – C-19/09, NJW 2010, 1189 Rn 42 = EWIR 2010, 355 (Mankowski); ebenso OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367; Cour de cassation (chambre commerciale), Urt. v. 14.5.2013 (pourvoui 11–26631), ZVertriebsR 2014, 58. 3752 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 141; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (41). 3753 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 142. 3754 Zöller/Geimer ZPO, Art 5 EuGVVO Rn 1; Baumbach/Albers, ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn 1.

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Gerichtsstandsvereinbarung an Art. 23 Abs. 5 EuGVVO scheitern. Der klagende HV kann also an seinem Heimatgerichtsstand klagen. Einer eventuellen auf einen anderen Gerichtsstand gestützten negativen Feststellungsklage des Unternehmers steht dann der Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit entgegen.3755 Das Problem kann wie folgt gelöst werden: Eine Möglichkeit wäre es, nach der Theorie zum doppelrelevanten Vortrag3756 vom Vortrag des Klägers auszugehen. Dagegen spricht, dass der Beklagte im Rahmen einer negativen Feststellungsklage des den Vertriebsvertrag leugnenden Unternehmers so behandelt würde, als sei der Vertrag nicht existent. Andererseits kann es bei Nichtanwendung der Theorie zum doppelrelevanten Vortrages zu einem schwer erklärbaren Auseinanderfallen der Beweislast zwischen Zulässigkeit und Begründetheit kommen und der den Vertrag verneinende negative Feststellungskläger müsste im Rahmen der Zulässigkeit die Nichtexistenz des Vertrages beweisen, was schwer unmöglich ist. Würde man die Grundsätze zum doppelrelevanten Vortrag anwenden, müsste Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO ausgeblendet werden, wenn der Kläger die Existenz des Vertrages verneint. Ein deutscher Unternehmer könnte z.B. in Deutschland auf Feststellung klagen, dass ein ausländischer HV-Vertrag nicht existiert;3757 da er das Nichtbestehen des Rahmenvertrages behauptet, läge der Gerichtsort u.U. am Erfüllungsort der geschlossenen Einzelverträge.3758 Wollte man die Theorie des doppelrelevanten Vortrages nicht anwenden, müsste der Hersteller in jedem Einzelkaufvertrag vermerken, dass kein Rahmenvertrag besteht bzw. zustande kommt, damit sich die dort jeweils vorgesehenen Gerichtsstandsklauseln auch auf diesem Passus und diesbzügliche „Rahmenstreitigkeiten“ beziehen können.3759 Das erscheint einigermaßen förmlich und dürfte in der Praxis kaum als vertrauensbildende Maßnahme gewertet werden, sondern eher zu Irritationen zwischen den Geschäftspartnern führen.3760 Zumindest sollten die Gedanken anwendbar sein, welche

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3755 Im Anwendungsbereich der EuGVVO betreffen negative Feststellungsklage und korrespondierende Leistungsklage denselben Streitgegenstand. 3756 So OLG Bamberg, Urt. v. 24.4.2013 – 3 O 198/12, ZVertriebsR 2014, 121 (m. krit. Anm. Hau ZVertriebsR 2014, 79 [82]). Das OLG gelangt zu einem inkonsequentem Ergebnis (Theorie des doppelrelevanten Vortrages wird nur halbherzig angewandt); s.a. OLG Celle, Beschl. v. 4.6.2007 – 11 U 293/ 06, OLGR 2008, 177; KG Berlin KGR Berlin 2001, 128; Gottwald in: MünchKomm ZPO, 2. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rn 45. 3757 So der Fall des LG Trier, Urt. v. 17.10.2002 – 7 HKO 140/01, NJW-RR 2003, 287; aA OLG Bamberg, Urt. v. 24.4.2013 – 3 O 198/12, ZVertriebsR 2014, 121 (m. krit. Anm. Hau ZVertriebsR 2014, 79 [82]), da es sich im Kern um eine vertriebsrechtliche Streitigkeit handele. 3758 Das OLG München, Urt. v. 22.9.1995 – 23 U 3750/95, RIW 1996, 1035 nahm als den Erfüllungsort der in Ausführung eines Vertragshändlervertrages geschlossenen Einzelverträge den Sitz des Unternehmers (Herstellers) an. Im Ergebnis ähnlich zu einem HV-Vertrag LG Trier, Urt. v. 17.10.2002 – 7 HKO 140/01, NJW-RR 2003, 287. Das OLG Bamberg, Urt. v. 24.4.2013 – 3 O 198/12, ZVertriebsR 2014, 121 (m. krit. Anm. Hau ZVertriebsR 2014, 79 [82]), meint, es bestehe kein Gerichtsstand für eine negative Feststellungsklage in Deutschland, wenn der französische Händler sich der Existenz eines Vertragshändlervertrages berühme und der deutsche Hersteller gerichtlich dessen Nichtexistenz feststellen lassen wolle. Obwohl nach Ansicht des OLG Bamberg auch dann die Theorie des doppelrelevanten Vortrages anwendbar sei, führe sie nicht dazu, dass die behauptete Existenz eines Vertriebsvertrages ausgeblendet und die Klage am Ort der nach Ansicht des deutschen Herstellers allein gegebenen Geschäftsverbindung in Deutschland erhoben werden könne. Denn es handele sich um eine vertriebsrechtliche Streitigkeit, die allein Art. 5 Nr. 1 lit. b 2. Spiegelstrich EuGVVO (Gerichtsstand des Vertriebsvertrages) betreffe und nicht Art. 5 Nr. 1 lit. b 1. Spiegelstrich (Kauf beweglicher Sachen). Ob es sich bei der Ansicht des OLG Bamberg um eine konsequente Anwendung der Theorie des doppelrelevanten Vortrages handelt, mag diskutiert werden. Denn immerhin wird vom Vortrag der Beklagten ausgegangen, demzufolge ein Vertriebsvertrag existiert, und nicht von dem Vortrag des Klägers, demzufolge ein solcher Vertrag fehlt. 3759 Hau ZVertriebsR 2014, 79 (82). 3760 Hau ZVertriebsR 2014, 79 (82).

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das LG Trier3761 entwickelt hat: die negative Feststellungsklage kann nach Art. 5 Nr. 1 lit. a EuGVVO in Fällen, in denen das Vorhandensein des Vertrags selbst im Streit steht, an jedem Ort erhoben werden, an dem die Vertragspflichten möglicherweise zu erfüllen wären. Dabei genüge es, wenn gute Gründe dafür sprächen, dass jedenfalls ein Teil der Vertragspflichten auch an dem im Bezirk des angerufenen Gerichts liegenden Sitz der Klägerin zu erfüllen würde.3762 Eine vom BGH grundsätzlich befürwortete Suche nach einem Einheitsgerichtsstand3763 kann in dieser Situation nicht problemlos erfolgen, denn die Existenz des Vertrages selbst ist strittig. Es muss zunächst nach einem Forum gefahndet werden, in dem der Streit um das Bestehen des Vertrages ausgetragen wird. Zwischenergebnis: Nach der EuGVVO besteht ein Einheitserfüllungsort und damit 486 -gerichtsstand für alle Streitigkeiten am Erfüllungsort der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit des HV. V. Einheitserfüllungsort und -gerichtsstand außerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO? Die eigentlich als rein prozessuale Regel entstandene Legaldefinition des Art. 5 487 Abs. 1 EuGVVO könnte auch außerhalb ihres Anwendungsbereiches eine generelle, materiell-rechtliche Regel bilden. Grundsätzlich bestimmt sich sowohl bei innerdeutschen Streitigkeiten wie auch bei 488 internationalen Vertriebsmittlerstreitigkeiten der Gerichtsstand nach den §§ 12 ff. ZPO. Zur Sonderzuständigkeit nach der EuGVVO Rn 479 ff. Vertriebsmittler suchten schon unter der Geltung des LugÜ/EuGVÜ bei Klagen gegen Unternehmer einen Heimatgerichtsstand. Der allgemeine Gerichtsstand des § 12 ZPO, Art. 2 Abs. 1 LugÜ/EuGVÜ des Unternehmers lag an dessen ggf. ausländischem Sitz. Er half also nicht. Der nur bei Auslandssachverhalten relevante, jedoch auch dort nur selten eingreifende Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO)3764 war ebenfalls nur von geringem Wert. Bei Streitigkeiten innerhalb der EU blieb er unanwendbar. Gerade in den USA sind Urteile, welche in diesem Gerichtsstand erstritten wurden, kaum anerkennungsfähig. Vollstreckt werden können sie damit nur außerhalb der USA und vor allem in Deutschland, was voraussetzt, dass hier vollstreckungsfähiges Vermögen existiert oder bekannt ist. Der Sitz der eigenen Agentur oder eines anderen Vertriebsmittlers des Prinzipals wird nicht als Gerichtsstand der Niederlassung (§ 21 Abs. 1 ZPO, Art. 5 Nr. 5 EuGVVO/LugÜ) anerkannt,3765 weil es an der Aufsicht und Leitung durch den Unternehmer fehlen soll.3766 Der HV mag im Außenverhältnis zu Kunden Niederlassung des Prinzipals sein und den Kunden so einen zusätzlichen Gerichtsstand gegen den Prinzipal eröffnen.3767 Dies heißt aber nicht, dass seine eigene Tätigkeit ihm im Innenverhältnis zum Prinzipal einen Niederlassungs-

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3761 LG Trier, Urt. v. 17.10.2002 – 7 HKO 140/01, NJW-RR 2003, 287. 3762 Court of Appeal, Entsch. v. 19.3./2.4.1986 in Sachen Boss Group Ltd. v. Boss France S.A., All England law reports (1996) 4. All ER. 3763 Dahin tendierenden Magnus IHR 2002, 45 (49); Gottwald in: Münchener Kommentar zur ZPO, Art. 5 EuGVVO Rn 8; Geimer/Schütze Art. 5 EuGVVO Rn 87. 3764 Zu einem solchen Fall OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). Siehe auch Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (276). 3765 EuGH NJW 1977, 490 (491); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (142); Krümmel in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 6 Rn 96; Zöller/ Vollkommer, 23 Aufl., § 21 Rn 9; Baumbach/Hartmann ZPO, 61. Aufl., § 22 Rn 9; Art. 5 EuGVÜ Rn 22; Putzo in: Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 21 Rn 2. 3766 EuGH NJW 1977, 490 (491). 3767 Mankowski RIW 1996, 1001 (1005); Gottwald in: Münchner Kommentar zur ZPO, IZPR, Art. 5 EuGVÜ Rn 52; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 142.

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gerichtsstand gegen den Prinzipal eröffnete, weil er selber die Niederlassung (= Organisationsteil) des Prinzipals wäre.3768 Der HV kann aber gem. Art. 5 EuGVVO/LugÜ seinen ausländischen Unternehmer auf Zahlung von Provision, Ausgleich u.a. vor dem Gericht des Ortes in Anspruch nehmen, an dem sich das inländische Vertriebsbüro des Unternehmers befindet, wenn der HV Bestellungen über dieses Vertriebsbüro abwickelt.3769 Das gilt insb., wenn aus Gründen der Praktikabilität hauptsächlich die Korrespondenz mit der deutschen Niederlassung des ausländischen Prinzipals geführt und dieser gegenüber auch abgerechnet wird.3770 Dass die deutsche Niederlassung als GmbH eine eigenständige juristische Person ist, soll nicht entgegen stehen.3771 Vertragshändler oder HV begründen keine in einem Staat belegene Niederlassung des Unternehmers i.S.d. UN-Kaufrechts.3772 Außer an den Gerichtsstand der Widerklage, der eine bereits in Deutschland rechts489 hängige Klage des Unternehmers gegen den HV voraussetzte, war deshalb nur an den Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 29 ZPO, Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVÜ3773 zu denken. Der Erfüllungsort bestimmte sich sowohl nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ/EuGVÜ wie nach § 29 ZPO gemäß den Regeln des materiellen Rechts, welches nach dem IPR des jeweiligen Forums auf das Vertragsverhältnis anzuwenden war.3774 War deutsches Recht Sachrecht, galt § 269 BGB. Der Gerichtsstand des Erfüllungsort nach § 29 ZPO rechtfertigt sich aus der Sachnähe 490 des Gerichts am Ort der Leistungshandlung.3775 Ein Gerichtsstand am Leistungsort ist sachnah, wenn die betreffende Leistung dem Vertrag ihren prägenden Charakter gibt. Nach h.M. ergibt sich allerdings nicht nur nach deutschem Recht (§§ 269 BGB, 29 ZPO) sondern ferner im Anwendungsbereich des LugÜ3776 gem. Art. 5 Nr. 1 Hs. 1 LugÜ/EuGVÜ eine doppelte Abweichung von den Regelungen der EuGVVO:3777 Zum einen ist § 29 ZPO kein Einheitsgerichtsstand für alle Ansprüche aus dem Vertrag. Vielmehr bezieht er sich nur auf die einzelne streitgegenständliche Verpflichtung. Zum anderen ist der Erfüllungsort nicht übereinkommensautonom nach Maßgabe eines eigenständigen prozessualen Erfüllungsortsbegriffs zu ermitteln, sondern unter Anlehnung an das in der Sache anwendbare materielle Recht und unter Zwischenschaltung des IPR des Forums nach Maßgabe der materiellen lex causae. Verortet diese den Erfüllungsort am Ort der Niederlassung oder am Sitz des Schuldners (wie z.B. § 269 Abs. 1 BGB), so ist nach h.A. seine Zahlungsklage auf Provision oder Ausgleich am Sitz des Unternehmers zu erheben,3778

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3768 Emde RIW 2003, 505 ff.; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 142. 3769 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11; OLG München RIW 1999, 872 = EWiR 1999, 1119 (Emde). 3770 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11. 3771 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11. 3772 Piltz NJW 2003, 2056 (2058); United States District Court for the Northern District of California, San Jose Division, Urt. v. 27.7.2001; OLG Köln, Urt. v. 13.11.2001, beide CISG-Pace; vgl. auch OLG Stuttgart IHR 2001, 65. 3773 BGH NJW 1988, 966 = ZIP 1988, 436, dazu EWiR 1988, 489 (v. Hoyningen-Huene), Westphal I Rn 1330, 1355; Niebling Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 343. 3774 EuGH NJW 2000, 719; Baumbach/Albers ZPO, Art. 5 EuGVÜ Rn 8; zu dem anwendbaren Recht bei HV-Verträgen Emde MDR 2002, 190. 3775 LG Kiel NJW 1989, 841; Baumbach/Hartmann § 29 Rn 2. 3776 Das Lugano-Übereinkommen entspricht weitgehend dem EuGVÜ in der Fassung des 3. Beitrittsübereinkommens, insb. auch dessen Art. 17. 3777 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (42 f.). 3778 BGH, Urt. v. 22.10.1987, NJW 1988, 966; Emde RIW 2003, 505 (507); Mankowski in: Hopt/ Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 143.

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ein für den Mittler ungünstiger Gerichtsstand.3779 Bereits unter der EuGVO hatte der EuGH allerdings entschieden, dass ein gegen den HV gerichteter Anspruch auf Zahlung von Provisionen auf Grund eines HV-Vertrages und auf Zahlung von Schadensersatz wegen missbräuchlicher Auflösung eines solchen Vertrags im Hinblick auf die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist am Sitz des HV als Erfüllungsort zu erheben war.3780 Die starke europarechtliche Präformation des HV-Rechts durch die RL, die es auch 491 gegenüber anderen europarechtlichen Einflüssen offen lässt, spricht dafür, die werbende und vertragscharakteristische Tätigkeit des HV, die unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe gem. Art. 28 EGBGB a.F. zur Anwendung des Rechts am Sitz des HV führte,3781 als vertragsprägend anzusehen. Sie prägt den Vertrag und gibt der Vermittlung ihr vertragscharakteristisches Bild.3782 Der Unternehmer erbringt jedenfalls im HV-Bereich allenfalls unterstützende Tätigkeiten. Das werbende und vermittelnde Element formt den Vertrag so sehr, dass dies i.S.e. Schwerpunktbetrachtung für einen grundsätzlichen Einheitserfüllungsort am Tätigkeitsort, regelmäßig dem Sitz des Mittlers, spricht.3783 Die h.M. ist bislang anderer Ansicht. Andere Rechtsordnungen, etwa die französische,3784 sind in HV-Sachen wenig zu- 492 rückhaltend in der Annahme eines einheitlichen Erfüllungsorts. Entsprechend nimmt auch das deutsche Recht zunehmend3785 einen Einheitserfüllungsort an, z.B. beim Arbeits-,3786 Dienst-,3787 Werk-3788 oder Architektenvertrag.3789 Dem Bauherrn wird ein Einheitserfüllungsort für alle Verpflichtungen aus dem Bauvertrag am Ort, an welchem das Bauwerk errichtet wird,3790 dem Architekten am Ort seines Büros für Ansprüche aus der Planungsphase,3791 dem Arbeiter einheitlich am Ort der Arbeitsleistung,3792 dem Verbraucher beim Vertrag über den Bezug von Strom am Ort der Energieabnahme3793 und – besonders vertriebsmittlernah – dem reisenden und angestellten Außendienstmitarbeiter an seinem Wohnsitz3794 zugebilligt. Mit diesen Vertragstypen lässt sich der Mittlervertrag vergleichen. Er ist ein Dienstvertrag, häufig – vor allem bei Einfirmenvertretern und in der Versicherungsvermittlung – mit arbeitsvertraglichen Anklängen. Nicht umsonst ist die Statusfrage vielfach Gegenstand der Diskussion.3795 Auch der Vergleich mit dem Werk-

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3779 Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (43). 3780 EuGH, Urt. v. 8.3.1988 – Rs. 9/87, „Arcado/Haviland“, EuGHE 1988, 1539. 3781 BGH NJW 1993, 2753 (2754); BGHZ 127, 368 (371) = NJW 1995, 318 (319); Hermes RIW 1999, 81 (85); Palandt/Heldrich Art. 28 EGBGB Rn 15; MünchKommBGB/Martiny, Art. 28 EGBGB Rn 158; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 102; Martinek/Lakkis in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 55 Rn 23; Westphal I Rn 25; Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 22; Hopt § 92c Rn 2; Soergel/von Hoffmann Art. 28 Rn 258, 265; Erman/Hohloch Art. 28 Rn 53; Reithmann/Kartzke Rn 1435; Kindler RIW 1990, 358 (363). 3782 Vgl. Einsiedler NJW 2001, 1549, der selbst allerdings aA ist. 3783 Emde RIW 2003, 505 (509 ff.); Niebling WRP 2009, 153 (158). 3784 Storp RIW 1999, 823/824. Anders aber offensichtlich die italienische Praxis, die die Erfüllungsorte wie die deutsche separiert, siehe Braggion RIW 2001, 309 ff. sowie das von ihm besprochene Urteil des Kassationshofes v. 3.4.2000, RIW 2001, 308. 3785 Vgl. Palandt/Heinrichs § 269 Rz. 12: die Rechtsprechung tendiere zu einem Einheitserfüllungsort; zweifelnd Prechtel MDR 2001, 591 (592). 3786 Baumbach/Hartmann § 29 Rn 19. 3787 Baumbach/Hartmann § 29 Rn 21. 3788 OLG Celle NJW 1990, 777; Baumbach/Hartmann § 29 Rn 33. 3789 BGH, Urt. v. 7.12.2000 – VII ZR 404/99, NJW 2001, 1936. 3790 BGH NJW 1986, 935; BayObLG, 83, 64; Putzo in: Thomas/Putzo, § 29 Rn 6. 3791 LG München II NJW-RR 1993, 212; Putzo in: Thomas/Putzo, § 29 Rn 6; aA LG Tübingen MDR 1995, 1208. 3792 Thomas/Putzo § 29 Rn 6. 3793 Thomas/Putzo § 29 Rn 6; Riemer Recht der Elektrizitätswirtschaft, 1989, 242. 3794 Thomas/Putzo § 29 Rn 6; Schulz NZA 1995, 14; aA ArbG Regensburg NZA 1995, 96. 3795 Siehe Emde VersR 1999, 1464 ff.; 2001, 148 ff.; 2002, 151 ff.

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vertrag ist nicht fernliegend. Zwar schuldet der HV – anders als der Werkunternehmer – keinen Erfolg. jedoch hat er ein leicht erkennbares Interesse an einem solchen. Denn schließlich hängt regelmäßig seine Provision von dem Vermittlungserfolg ab (§ 87 Abs. 1 S. 1). Dieses Ergebnis ist auch bei der Bestimmung des Gerichtsortes sachgerecht: Handelt 493 es sich wie bei Ausgleich, Provision oder den Informationspflichten des § 87c um Ansprüche, deren Inhalt durch die Umstände am Vertriebsort bestimmt werden, muss dort prozessiert werden. Provision ist nur zu leisten, wenn Geschäfte am Vertriebsort geschlossen (§ 87 Abs. 1 S. 1, Abs. 2) oder Folgegeschäfte getätigt wurden (§ 87 Abs. 1 S. 2). Für die Zahlung des Ausgleichs sind neugeworbene Stammkunden oder erweiterte Altkunden im Vertriebsgebiet nachzuweisen. Auch bei den Informationsansprüchen des § 87c geht es um die Umstände am Vertriebsort, zudem sind die Rechte des § 87c bloß untergeordnete Hilfsrechte,3796 die bei Entfallen des Hauptrechts, meist des Provisionsanspruches, erlöschen.3797 In allen Fällen geht es letztlich um die Verhältnisse am Tätigkeitsort. Nur ein dort situiertes Gericht liegt sachnah. 494 Die Argumentation des BGH,3798 jedenfalls die Informationspflichten des § 87c und damit auch Ausgleichs- und Provisionsanspruch seien am Sitz des Unternehmers zu erfüllen, überzeugt nicht. Bereits der Ausgangspunkt ist zweifelhaft. Bis auf das Bucheinsichtsrecht sind die Informationsrechte des § 87c am Sitz des HV zu erfüllen. Zudem: Der Hinweis des BGH auf den Erfüllungsort der Informationspflicht ist nur Argument gegen einen am Sitz des HV belegenen Erfüllungsort für die Informationsansprüche. Warum der Ausgleich nicht am Sitz des HV gefordert werden darf, erklärt dieser Begründungsansatz nicht. Ein einzelner aus dem Gesamtvertrag hergeleiteter Anspruch sollte nicht den Gerichtsstand am Sitz des Herstellers bestimmen. Bei Verträgen, die kein normiertes Informationsrecht kennen, dürfen aus §§ 242, 259, 260 BGB Auskünfte gefordert werden,3799 ohne dass dieser Gesichtspunkt je gegen den Einheitserfüllungsort sprach. Die wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des Mittlers sollte zudem bei der Wahl des 495 Gerichtsstandes berücksichtigt werden. Typischerweise schutzbedürftig ist der Mittler, nicht der Unternehmer. Denn er ist meist die klagende Partei, sei es zur Durchsetzung der Zahlungsansprüche auf Provision und Ausgleich oder seiner Kontrollrechte nach § 87c. Eine Klage fern dem Vertriebsort ist für ihn jedoch wirtschaftlich und tatsächlich unsinnig. Wirtschaftlich unsinnig ist sie, weil ausländische Verfahrensordnungen vielfach keine Kostenerstattung kennen. In den Vereinigten Staaten sind Prozesskosten von € 50.000 bei einer einfachen Ausgleichsklage schnell erreicht und sie erhöhen sich durch Übersetzungs- und Gutachterkosten. Dies schreckt die wirtschaftlich schwächeren3800 Vertriebsmittler ab und hindert sie entgegen dem in der zwingenden Natur des Ausgleichs sichtbar gewordenen Schutzgehalt des materiellen Rechts an der Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche, gerade in der finanziell schwächeren Zeit nach Vertragsende (Ausgleichsklage).3801 Dies wissen Unternehmer genau. Die Vertragshändlern gewiesene theoretische Möglichkeit, durch Nichtzahlung von Rechnungen auf Warenlieferungen im Wege der „Selbstjustiz“ eine Aufrechnungslage herzustellen, welche es er-

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3796 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 31; Röhricht/Graf v. Westphalen/Küstner § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4. 3797 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4, 49; Palandt/Heinrichs § 261 Rn 25. 3798 BGH NJW 1988, 966. 3799 Vgl. Palandt/Heinrichs § 261 Rn 8. 3800 AA Freitag/Leible RIW 2001, 287. 3801 Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009) 818 (836); gegen diese Berücksichtigung im Schiedsverfahren Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 ff.

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möglicht, nach Vertragsende und dann eintretender Fälligkeit mit dem Ausgleich aufzurechnen, scheidet bei HV aus. Tatsächlich unsinnig ist die Klage am Sitz des Unternehmers, weil sämtliche Beweismittel am Ort der Niederlassung des Mittlers liegen und weiter dessen Recht anzuwenden wäre. Die etwa für die Berechnung des Ausgleichs maßgeblichen Dokumente, z.B. Kundenlisten, sind in der Sprache des Vertriebsorts gefasst, ebenso wie die Korrespondenz mit Abnehmern. Am ausländischen Gerichtsort wären sie teuer zu übersetzen. Ohne Abwahl gilt wegen der Sachnähe das Recht am Ort der Niederlassung des Mittlers (Art. 3 Rom I-VO; Art. 28 EGBGB, § 92c Rn 45 ff., 106 ff.), d.h. bei einem deutschen Mittler deutsches Recht.3802 Die durch den Unternehmer gezahlte Vergütung ist zu wenig aussagekräftig, um sie als charakteristisch und rechtsprägend anzusehen.3803 Ein ausländisches Gericht müsste also wenig übersichtliches deutsches Provisions- oder Ausgleichsrecht anwenden und wahrscheinlich kostenintensiv durch Gutachten ermitteln. Eine deutsches Recht fortbildende Entscheidung ist nicht zu erwarten,3804 erst recht nicht zur komplexen Materie des Ausgleichsanspruchs, des Provisionsrechts der §§ 87 ff. oder der Informationsansprüche nach § 87c. Die HV sind zudem mit den Kosten zweier Anwälte belastet, nämlich den Kosten des zum materiellen Recht vortragenden Anwalts am Vertriebsort und eines das Verfahren führenden am Prozessort. Wenn prozesskonomische Gründe die Wahl des zuständigen Gerichts beeinflussen,3805 streitet dies für den Gerichtsstand Deutschland.3806 Forum und anwendbares Recht sollten einhergehen. Hinzu tritt als verständliche psychologische Komponente die Furcht vor einem aus- 496 ländischen Prozess. Sie trifft den HV härter als den Unternehmer. Der Unternehmer hat sich für den Vertrieb seiner Produkte auf den fremden Markt begeben und sich damit den lokalen Usancen und Gesetzen unterstellt. Dem HV dagegen mangelt diese internationale Erfahrung, da er den heimischen Markt bearbeitet und ihm zudem erfahrungsgemäß die wirtschaftliche Kraft zur Rechtsdurchsetzung im Ausland fehlt. Meist müssen HV zur Durchsetzung des Ausgleichsanspruches klagen. Gestaltun- 497 gen, die den Ausgleich behindern, sind nichtig (§ 89b Abs. 4). Zwar handelt es sich um eine Regel des materiellen Rechts. Ihre ratio, den Ausgleich zu stärken, ist jedoch auch im Verfahrensrecht der Ausgleichsklage zu beachten. Beide Körper des Rechts stehen sich nicht als Gegensätze, sondern als Teile einer einheitlichen Wertordnung gegenüber. Ist ein Anspruch materiell „stark“, ist das Verfahrensrecht so auszulegen und anzuwenden, indem die materielle durch eine formelle Stärke unterlegt wird. Dies ist auch bei der Suche nach dem Gerichtsort zu beachten und der materielle Schutzgehalt so zu unterstützen, dass ein materielles Recht effektiv und schnell durchgesetzt werden kann. Der EuGH hat aus der zwingenden Natur des Ausgleichs in seinem unter § 92c Rn 61 ff. erläutertem Urteil vom 9.11.20003807 eine Rechtswahlfestigkeit hergeleitet. Er entschied, im

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3802 BGHZ 53, 332 (337); BGH NJW 1993, 2753 (2754); BGHZ 127, 368 (371) = NJW 1995, 318 (319); Hermes RIW 1999, 81 (85); Palandt/Heldrich Art. 28 EGBGB Rn 15; MünchKommBGB/Martiny Art. 28 EGBGB Rn 158; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. XI Rn 102; Küstner/Thume III, 2. Aufl. 1998, Rn 2127 ff.; Martinek/Lakkis in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 55 Rn 23; Westphal I Rn 25; Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 22; Hopt § 92c Rn 2; Soergel/von Hoffmann Art. 28 Rn 258, 265; Erman/Hohloch Art. 28 Rn 53; Reithmann/Kartzke Rn 1435; Kindler RIW 1990, 358 (363). 3803 Kindler RIW 1987, 660 (662); Westphal I Rn 25; Martinek/Lakkis in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 55 Rn 23; Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 22. 3804 Was aber neben der Auflösung der individuellen Streitigkeit Gerichtsaufgabe ist. 3805 BGH MDR 1999, 1217. 3806 Ausführlich Emde EWiR 1999, 1119 (1120); Emde VersR 2001, 148 (165 f.). 3807 EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – Rs. C-381/98, ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133.

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Vertrag eines innerhalb der Gemeinschaft tätigen Warenvertreters dürfe der Ausgleich nicht durch Wahl ausgleichsfeindlichen Drittrechts ausgeschlossen werden. Der so durch richterrechtliche Rechtsfortbildung gewährte Schutz des Ausgleichs blieb verfahrensrechtlich lex imperfecta. Nicht ausdrücklich vorgeschrieben wurde nämlich durch die EuGH-Entscheidung ein europäischer, bei heimischen HV ein „deutscher“ Gerichtsstand der Ausgleichsklage. Das ist aus der Warte des EuGH verständlich, denn die RL zum HV-Recht regelt nichts Entsprechendes. Vielmehr entsprach es bis dato der vom BGH3808 geteilten h.A.,3809 der Ausgleich sei regelmäßig am Sitz des ausländischen Unternehmers einzuklagen. 498 Die EuGVVO hat diese Argumente aufgenommen und die für richtig erkannte Rechtsfolge kodifiziert. Es entspricht im Bereich des durch die RL getroffenen Warenvertreterrechts3810 Sinn und Zweck des EuGH-Urteils v. 9.11.2000,3811 durch eine am Schutz der RL orientierte Auslegung des Prozessrechts (§§ 29 ZPO, 269 BGB) einen Einheitserfüllungsort am Vertriebsort zu schaffen. Der Regelungsappell der EuGVVO sollte daher als Ausdruck eines im gesamten Dienstleistungs- und damit auch des HV-Rechts geltenden Grundsatzes angenommen werden, schon um Wertungswidersprüche zu vermeiden. Nationale Richter haben sicherzustellen, dass vom Gemeinschaftsrecht gewährte Rechte durchgesetzt werden können.3812 Eben diese Richtung weisen die unter Rn 505 besprochenen Urteile des BGH sowie der OLG.3813 Sie hielten ins ausgleichsfeindliche Ausland weisende Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarungen für unwirksam, weil die wertsetzende Bedeutung der zwingenden Normen der RL dort möglicherweise missachtet werden würde. Die Entscheidungen haben zwar nicht explizit den Schluss gezogen, dass ein Einheitsgerichtsstand des Mittlers am Vertriebsort besteht, schon gar nicht für Mittler, die außerhalb des Anwendungsbereichs der RL stehen. Vielmehr bestimmt sich der Gerichtsstand mangels wirksamer Gerichtsstandsvereinbarung nach den anwendbaren zivilrechtlichen Regelungen3814 Gleichwohl geht die Intention der Entscheidungen in die zutreffende Richtung. Man wird den dort gefundenen Gedanken fortentwickeln können und auch bei Fehlen eines am Gerichtsort liegenden Gerichtsstandes nach § 23 ZPO einen Einheitsgerichtsstand am Vertriebsort annehmen müssen. Das Urt. des EuGH v. 5.10.19993815 steht der hier vertretenen Auffassung nicht entge499 gen. Der EuGH entschied a.a.O., ein Einheitserfüllungsort scheide aus, wenn nach den Kollisionsnormen des Gerichtsorts ein separater Leistungsort vorliege. Eine „deutsche“ Auslegung, welche einen einheitlichen Gerichtsstand annimmt, ist folglich gestattet.3816 Zwischenergebnis: Auch außerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO sollte ein Einheitsgerichtsstand am Ort des Vertriebs angenommen werden.

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3808 BGH NJW 1988, 966. 3809 Westphal I Rn 1330, 1355; Niebling Vertragshändlerrecht, 1999, Rn 343. 3810 Grundmann Europäisches Schuldvertragsrecht, 1999, S. 566, 572; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., Vor § 84 Rn 6. 3811 EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – Rs. C-381/98, ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133. 3812 Rörig EuZW 2004, 18. 3813 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad und Eckhoff GWR 2012, 486; OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). 3814 Eckhoff GWR 2012, 486. 3815 Rs. C-420/97, ZIP 1999, 1773 = EWiR 1999, 117 (Mankowski) = NJW 2000, 721 = VersRAI 2000, 7 L; ähnlich bereits zuvor EuGH VersRAI 2000, 10 L. 3816 Ausführlich Emde VersR 2001, 148 (166); Emde EWiR 1999, 1119 (1120).

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VI. Gerichtsstandsklauseln Das für die Prüfung der Wirksamkeit einer Gerichtsstandsklausel maßgebliche Recht 500 wird nach deutschem internationalen Zivilprozessrecht in den §§ 38–40 ZPO teilweise nach der lex fori, also dem Recht am Gerichtsort, teilweise nach der lex causae, also nach dem gemäß den Kollisionsnormen in der Sache selbst auf einen bestimmten Sachverhalt anzuwendenden Recht, ermittelt. Zulässigkeit, Form und Wirkung bestimmen sich nach der lex fori, während das Zustandekommen und die Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung sich nach der lex causae beurteilt.3817 Lex fori wäre bei einem Verfahren in Deutschland deutsches Recht. Lex causae wäre nach deutschem IPR meist das Recht am Sitz des Vertriebsmittlers (§ 92c Rn 69 ff.). Wird der Anwendungsbereich der EuGVVO nicht eröffnet, ist in Abwesenheit vorrangiger staatsvertraglicher Regelung auf das autonome Recht abzustellen.3818 Gerichtsstandsvereinbarungen können im innerstaatlichen Bereich gem. § 38 ZPO getroffen werden. Die Parteien müssen im Zeitpunkt des Abschlusses der Gerichtsstandsklausel Kaufleute sein. Die spätere Erlangung der Kaufmannseigenschaft genügt nicht, und zwar schon deshalb, weil der jederzeit mögliche Eintritt der Kaufmannseigenschaft, etwa während der Vertragsdurchführung, zu erheblicher Rechtsunsicherheit führt. Der spätere Eintritt der Kaufmannseigenschaft lässt die Schutzbedürftigkeit des Mittlers nicht rückwirkend entfallen, weil er nicht rückwirkend höhere Kenntnisse oder Fähigkeiten erwirbt. Gerichtsstandsklauseln in Existenzgründungsverträgen sind folglich unwirksam.3819 Auch internationale Gerichtsstandsklauseln werden nach den allgemeinen Grundsätzen Vertragsbestandteil.3820 Ausgehend von dem insoweit strengeren Art. 23 Abs. 1 EuGVVO wird allerdings gelegentlich die Auffassung eingenommen, auch bei § 38 Abs. 1 ZPO sei eine tatsächliche Willenseinigung der Parteien erforderlich. Internationale Gerichtsstandsklauseln hätten sehr schwerwiegende Folgen für die belastete Partei, weshalb eine größere Schutzbedürftigkeit anzunehmen sei. Diese Meinung findet im Gesetz keine Stütze.3821 Die Gerichtsstandsklausel kann die gesetzliche Zuständigkeitsordnung nicht pau- 501 schal, also beispielsweise für alle Klagen aus den bestehenden Geschäftsbeziehungen der Parteien oder für alle künftigen Rechtsstreitigkeiten modifizieren. Gemäß § 40 Abs. 1 ZPO hat vielmehr eine Konkretisierung auf die Klagen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis und die aus ihm entspringenden Rechtsstreitigkeiten zu erfolgen. Die Vereinbarung muss ferner auf ein zumindest bestimmbares Gericht verweisen. Auch sind die Schranken des § 40 Abs. 2 ZPO zu beachten (auch im internationalen Verkehr),3822 wonach es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit handeln muss und die ausschließlichen Gerichtsstände nicht derogiert werden können.

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3817 BGH, Urt. v. 17.5.1972 – VIII ZR 76/71, BGHZ 59, 23 (27) = NJW 1972, 1622 ff.; v. 20.1.1986 – II ZR 56/85, NJW 1986, 1438 (1439) mit Anm. Geimer; v. 24.11.1988 – III ZR 150/87, NJW 1989, 1431 f.; v. 21.11.1996 – IX ZR 264/95, ZIP 1996, 2184 (2186 ff.); v. 18.3.1997 – XI ZR 34/96, RIW 1997, 778 f.; Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 38. 3818 Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 38. 3819 Für das Franchiserecht: Giesler/Kroll in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 1. Aufl. 2005, § 4 Rn 226; differenzierend Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 314. Ansonsten: Baumbach/Hartmann § 38 Rn 15; Zöller/Vollkommer § 38 Rn 19; OLG Köln NJW-RR 1992, 571; OLG Karlsruhe MDR 2002, 1269; aA OLG Düsseldorf NJW 1998, 2980. 3820 Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 39. 3821 Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 39. 3822 Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 41.

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Gerichtsstandvereinbarungen sind zudem nach Art. 23 EuGVVO bei internationalen Streitigkeiten zulässig.3823 Art. 23 EuGVVO ist immer anwendbar, sofern eine der Parteien ihren Sitz in einem Mitgliedsstaat hat,3824 also abweichend von Art. 4 Abs. 1 EuGVVO auch wenn nur der Kläger innerhalb der EU residiert. Die Norm verdrängt in ihrem Anwendungsbereich § 38 ZPO.3825 Art. 15 EuGVVO kommt nicht zum Zuge, da sein persönlicher Anwendungsbereich nicht eingreift.3826 Die Gerichtsstandsvereinbarung kann allerdings nicht verhindern, dass eine Partei sich über sie hinwegsetzt und ihr zum Trotz vor einem eigentlich derogierten Gericht klagt.3827 Das Risiko der Klagabweisung wird in diesen Fällen in Kauf genommen, um Vergleichsdruck zu schaffen. 503 Ob von dem vorliegend entwickelten, zum Schutz des Dienstverpflichteten geschaffenen allgemeinen Gerichtsstand in jedem Fall durch Gerichtsstandsvereinbarungen abgewichen werden darf, ist diskussionswürdig.3828 Gerichtsstandsvereinbarungen sind auch in AGB zulässig.3829 Nach bislang h.M. fand eine Inhaltskontrolle von Gerichtsstandsklauseln in europäischen HV-Verträgen neben Art. 23 EuGVVO nicht statt, auch nicht durch die §§ 305 ff. BGB.3830 Auch findet keine Prüfung statt, ob der HV Kaufmann im Sinne des § 38 Abs. 1 ZPO ist. Eine Kontrolle der Gerichtsstandsvereinbarungen wäre auf mindestens zwei Wegen 504 möglich: Einmal über Art. 9 Rom-I-VO (früher: Art. 34 EGBGB),3831 und dies auch bei Individualvereinbarungen, und zudem über die §§ 305 ff. BGB, dann jedoch nur bei AGB. Zur ersten Alternative vertritt Mankowski3832 zutreffend, dem im Ingmar-Urteil3833 gewährten Schutz könne ein gut informierter Unternehmer ausweichen, in dem er sich bemühe, vertraglich die Wahl drittstaatlichen Rechts durch die Vereinbarung eines korrespondierenden drittstaatlichen Gerichts zu vertiefen, welches dem Vortrag unzulässiger Rechtswahl vermutlich ablehnender als europäische Gerichte gegenüberstehe. Das materielle Recht benötige eine prozessuale Absicherung. Wer ernsthaft die Schutzgebote durchsetzen wolle, müsse dies auch auf der prozessrechtlichen Ebene der Zuständigkeit tun. Zwingendes materielles Recht müsse entgegenstehenden Gerichtsstandsvereinbarungen die Wirkung nehmen. Eine richtlinienkonforme Auslegung sei nicht nur für spezifisches Umsetzungsrecht geboten, sondern für das gesamte nationale Recht. Sie würde

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3823 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (135); eingehend zu Gerichtsstandsklauseln im internationalen Rechtsverkehr und Art. 23 EuGVVO Mark/Gärtner MDR 2009, 837 ff. 3824 Eingehend zum Streitstand Mark/Gärtner MDR 2009, 837 ff. 3825 Mark/Gärtner MDR 2009, 837. 3826 Mankowski MDR 2002, 1352 (1353); Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handelsund Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (135); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (44). 3827 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136). 3828 Siehe bereits Emde RIW 2003, 505 (508 ff.). 3829 Hau ZVertriebsR 2014, 79 (81). 3830 LG Stade, Urt. v. 25.10.2012 – 8 O 2/12; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136); aA Emde RIW 2003, 505 (508 f.); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (45) mit Hinweisen auf die Gegenansicht. 3831 So das OLG Stuttgart, Hinweisbeschl. v. 29.12.2011 sowie Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, beide bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad, das eine nach Virginia weisende Gerichtsstandsklausel gem. Art. 34 EGBGB (jetzt Art. 9 Rom-I-VO) für unwirksam hielt. 3832 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (149); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (47). 3833 EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – Rs. C-381/98, ZIP 2000, 2108 = EWiR 2000, 1061 (Freitag) = EWS 2000, 550 = BB 2001, 10 m. zust. Anm. Kindler = DB 2001, 36 = EuZW 2001, 50 m. Anm. Reich = RIW 2001, 133.

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zwar auch Individualvereinbarungen erfassen und wäre insoweit weiter als eine an den §§ 305 ff. BGB orientierte Beschränkung (dazu im Folgendem). Anderseits wäre sie auch enger, weil sie jede innereuropäische Verweisung anerkennen müsste und nicht von der RL erfasste Mittler, also sogar Nichtwarenvertreter und erst recht Vertragshändler und Franchisenehmer nicht schützt. Wenngleich die RL kein Verfahrensrecht regelt – dessen Ausgestaltung obliegt den 505 nationalen Gesetzgebern –, muss es die effektive Durchsetzung insbesondere der zwingenden Rechte des HV gewährleisten. Die Grundsätze der Ingmar-Entscheidung des EuGH3834 finden hier ihr verfahrensrechtliches Pendant. Diesen Weg sind – vom BGH nicht beanstandet3835 – mehrere Gerichte3836 für durch die RL vorgeformtes, zwingendes Recht (meist geht es um den Ausgleichsanspruch) gegangen: Trotz einer nach Virginia,3837 Kalifornien3838 bzw. in die Schweiz3839 weisenden Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarung billigten sie dem klagenden HV den deutschen Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO)3840 bzw. der Niederlassung (§ 21 ZPO)3841 zu. Der für § 23 ZPO erforderliche Inlandsbezug folge aus der Tätigkeit des HV in Deutschland. Zu denken wäre auch an den Gerichtsstand des § 29 ZPO, sofern das (allerdings unwirksam) gewählte Recht einen Gläubigergerichtsstand kennt,3842 schließlich (analog) Art. 5 Ziff. 1 lit. b EuGVVO an einen Gerichtsstand am Tätigkeitsort des HV.3843 Ist die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam, so bestimmt sich der Gerichtsstand also nach den anwendbaren zivilrechtlichen Regelungen.3844 Begründet wurde die Unwirksamkeit der auf einen außereuropäischen Gerichtsstand verweisenden Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarung mit dem international zwingen-

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3834 Urt. v. 9.11.2000 – Rs. C-381/98, Slg. 2000, I-9305 = NJW 2001, 2007. 3835 BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm Ayad. 3836 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad; OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde); LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2012 – 39 O 74/11; zust. Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (48 f.); Oetker/Busche § 92c Rn 3; aA Dathe NJOZ 2010, 2196 = NJW 2010, 3194; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246; Rühl IPRax 2007, 294 (297 ff.); Horn SchiedsVZ 2008, 210 (217 f.); Michaels/Kamman EWS 2001, 301 (310); Wauschkuhn/Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92c Rn 43; Hopt § 92c Rn 12; i.E. auch ablehnend (aber zum Rechtszustand vor der RL BGH, Urt. v. 30.1.1961, NJW 1961, 1061 [1062]). Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009), 818 (829) stimmt dem OLG München mit der Begründung zu, Schiedsgerichte seien nicht an die Kollisionsnormen der lex loci arbitrii gebunden. Der belgische Cour de Cassation v. 16.11.2006 (Van Hopplynus Instruments S.A. ./. Coherent Inc.), Rev. Dr. com belge 2007, 889 (890) m. Anm. Mertens sowie Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009). 818 ff. hat eine im Ergebnis identische Entscheidung getroffen. Jedenfalls wäre eine klagstattgebende kalifornische Entscheidung in Europa anerkennungs- sowie vollstreckungsunfähig (Kleinheisterkamp RabelsZ 73 (2009), 818 [832 ff.]; Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 [250]). 3837 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad. 3838 OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). 3839 LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2012 – 39 O 74/11. 3840 Man hätte auch mit dem Verfasser (Emde RIW 2003, 505 ff.) im Rahmen des § 29 ZPO einen Einheitserfüllungsort am vertrags- und rechtsprägenden Vertriebsort annehmen können, wie ihn im innereuropäischen Rechtsverkehr Art. 5 Ziff. 1 lit. b EuGVVO geschaffen hat. Die EuGVVO selbst war unanwendbar, da die allg. Zuständigkeitsvorschrift des Art. 2 EuGVVO nicht eingriff, vgl. Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (43). 3841 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad. 3842 Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (276). Da das unwirksam gewählte Recht unmaßgeblich ist, wird man ihm – entgegen Heinicke – wohl keinen Erfüllungsort entnehmen dürfen. 3843 Emde EWiR 2006, 621. 3844 Eckhoff GWR 2012, 486.

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den Charakters des § 89b, hergeleitet aus Art. 17–19 RL.3845 Zur Unwirksamkeit genüge die nahe liegende Gefahr, dass das Gericht bzw. Schiedsgericht des Drittstaates die Art. 17 ff. der RL nicht zur Anwendung bringe, was i.d.R. vermutet werden dürfe, wenn die Rechtsordnung des Drittstaates keine Vorschriften kenne, die ihnen entsprächen.3846 Die Gerichtsstandsklausel ist sogar dann unwirksam, wenn das derogierte Drittlandsrecht den fehlenden Ausgleichsanspruch auf andere Weise wirtschaftlich kompensiert, etwa durch höhere Provisionen3847 (das dürfte dann nach deutschem und europäischem Recht unter den Gesichtspunkten „Vorauserfüllung“ und „Billigkeit“ zu prüfen sein). Auch der in Deutschland oder Polen für eine Schweizer Firma tätige HV, welcher die Geltung des Schweizer Rechts vereinbart hat, kann sich auf die Entscheidungen berufen, weil ihm nach Schweizer Recht ein geringerer Ausgleich auf Kundschaftsentschädigung gem. Art. 419u OR zusteht.3848 Die vorgenannten Entscheidungen lehnen sich an den BGH3849 an, der bereits 1961 ausführte, die in einem HV-Vertrag getroffene Vereinbarung ausländischen Rechts und eines ausländischen Gerichtsstandes könne im Einzelfall unwirksam sein, falls sie dem Zweck diene und praktisch dazu führe, dass das Recht des prorogierten Landes vereinbart werde, obwohl die Parteien die Anwendung des ausländischen Rechts nicht wirksam vereinbaren könnten. Auf die kaum feststellbare individuelle Schutzbedürftigkeit des HV kommt es nicht an.3850 Der Hinweis, bei mangelnder finanzieller Fähigkeit zur Durchführung des (ausländischen) Schiedsverfahrens dürfe der HV zu den ordentlichen Gerichten ausweichen,3851 widerlegt die Schutzzweck der vorgenannten Entscheidungen nicht. Denn es handelt sich um einen Ausnahmefall und auch ohne die Schiedsklausel muss nicht zwingend ein deutscher Gerichtsstand gegeben sein. Allerdings sind die vorgebrachten Bedenken zumindest gegenüber „überstaatlich“ tätigen Schiedsgerichten, bei denen jede Partei ihre eigenen Schiedsrichter bestimmen darf und der Vorsitzende meist aus einem Drittstaat kommt (Beispiel: ICC) problematisch. Der von den Gerichten angenommene verfahrensrechtliche Schutz wird ausscheiden, wenn die RL nach ihrem Art. 1 Abs. 2 unanwendbar ist, etwa außerhalb des Warenvertreterrechts. Ist die Gerichtsstandsvereinbarung wegen Verstoßes gegen § 89b/Art. 17–19 RL unwirksam, so ist die Unwirksamkeit umfassend. Die Gerichtsstandsklausel kann nicht für einzelne Ansprüche aus dem Vertriebsvertrag, etwa Provisionsansprüche,3852 aufrechterhalten bleiben. Es bleibt die Frage: Soll der aus der Ingmar-Entscheidung hergeleitete Schutz auch 506 bei ausländischem Vertriebsgebiet, aber Vertragsschluss mit einem innerhalb der EU ansässigen HV eingreifen? Das hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob die RL auch in diesem Fall schützt. Man wird die Frage zumindest bejahen müssen, wenn der HV –

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3845 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad und Eckhoff GWR 2012, 486; OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde), s. auch Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (49). Die Entscheidung liegt auf der Linie von BGH, Urt. v. 1.12.2005 – VIII ZR 191/03, RIW 2006, 144 (zu einer Gewinnzusage). 3846 Dathe NJOZ 2010, 2196 (2200); im Ergebnis auch BGH NJW 1984, 2037, zu I 1. 3847 BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad und Eckhoff GWR 2012, 486 Rn 6. 3848 Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (280); Thume IHR 2006, 69; i.E. auch LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2012 – 39 O 74/11. 3849 BGH NJW 1961, 1061 (1062). 3850 AA Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 (249). 3851 So Ouinke SchiedsVZ 2007, 246 (251). 3852 OLG Stuttgart, Beschl. v. 16.1.2012 – 5 U 126/11, bestätigt durch BGH, Nichtannahmebeschl. v. 5.9.2012 – VII ZR 25/12, BB 2012, 3103 m. Anm. Ayad und Eckhoff GWR 2012, 486; aA Ayad BB 2012, 3104, der auf die vorrangigen Regeln des IZPR für die Bestimmung des Gerichtsstandes hinweist.

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hierfür spricht eine Vermutung – den Schwerpunkt seiner Tätigkeit am innereuropäischen Sitz ausführt. Es könnte darüber nachgedacht werden, ob diese Rspr. auch für Streitfragen gilt, bei der RL-Vorschriften analog angewandt werden.3853 Denn wie unter Rn 31 ausgeführt, wendet die Rspr. RL-Recht auch auf HV-ähnliche Mittler, etwa Vertragshändler, an, wenn es um Streitfragen geht, die durch die RL für Warenvertreter geregelt wurden und so europäisch vorgeformte Normen des deutschen Rechts auf HVnahe Mittler analog angewandt werden. Nach Ansicht von Dathe3854 führt das Ingmar-Urteil des EuGH sowie die inhaltsglei- 507 che Regelung des Art. 9 Rom I-VO außer im Fall des Provisionsdumpings nicht dazu, dass ein am außereuropäischen Gerichtsstand erstrittenes Urteil innerhalb Europas wegen Verstoßes gegen den anerkennungsrechtlichen ordre public nicht anerkannt oder vollstreckt werden kann. Für diese Ansicht spricht nach Ansicht von Dathe bereits § 92c Abs. 2, demzufolge auch dem innerhalb Europas tätigen Schifffahrtsvertreter kein Ausgleichsanspruch zusteht (dieser fällt allerdings auch nicht unter die RL). Ggf. müsste die Frage nach Ansicht von Dathe auf eine Vorlage nach Art. 267 AEUV durch den EuGH geklärt werden. Sofern allerdings sowohl Unternehmer wie HV Deutsche und in Deutschland tätig sind, besteht kein schutzwürdiges Interesse an der Vereinbarung eines außereuropäischen (Schieds-)Gerichtsstands.3855 Eine Ausnahme soll gelten, wenn die Vertragsverhandlungen im Drittstaat stattfinden oder die überseeische Muttergesellschaft ihre Verträge durch die Tochtergesellschaft abschließen lässt.3856 Eine zweite Schutzalternative ist ein Schutz durch die §§ 305 ff. BGB: Wie ausge- 508 führt ist HV-Recht meist AGB-Recht.3857 Allerdings liegt bei Gerichtsstandsklauseln, es sei denn, sie wurden im Vertrag „versteckt“, regelmäßig kein Fall einer überraschenden Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB vor, auch nicht bei Verwendung von Gerichtsstandsklauseln in internationalen Vertriebsverträgen.3858 Bereits unter der Geltung des EuGVÜ war umstritten, ob Art. 17 EuGVÜ (= Art. 23 EuGVVO) auch die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB verdrängt3859 oder ob § 307 BGB neben dieser Norm anwendbar blieb.3860 Zunächst muss bei Gerichtsstandsbestimmungen in AGB neben einem unzweideutigen Hinweis auf die AGB die Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme in Form des Zugänglichmachens des Klauselwerks bestehen. Dazu reicht es nicht aus, falls die AGB auf der Rückseite eines Geschäftsschreibens abgedruckt werden; vielmehr muss die Bezugnahme eindeutig erfolgen.3861 Auch ist es ungenügend, wenn sie der Gegenseite erst später zugänglich gemacht werden.3862 Teilweise wird aus § 38 Abs. 1 ZPO die Zulässigkeit der internationalen Prorogation abgeleitet, weshalb eine Inhaltskontrolle nicht oder nur in

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3853 Ablehnend Ayad BB 2012, 3104. 3854 Dathe NJW 2010, 3194 = NJOZ 2010, 2196. 3855 Dathe NJOZ 2010, 2196 (2201); BGH NJW 1961, 1061 (1062) zu 3b – dort aus § 134 BGB hergeleitet. 3856 Dathe NJOZ 2010, 2196 (2201). 3857 Martinek/Flohr/Pohl in: Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 102, 112. 3858 Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 42. 3859 Gottwald FS Firsching, S. 89, 103 f.; Grüter DB 1978, 381 (384); Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 30. 3860 OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.12.1981 – 14 U 4/81, NJW 1982, 1950 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.1.1989 – 16 U 77/88, NJW-RR 1989, 1330 (1332 f.); Landfermann RIW 1977, 445 (448). 3861 EuGH, Urt. v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, „Estasis Safotti/RÜWA“, EuGHE 1976, 1831 (1841) = NJW 1977, 494; BGH, Urt. v. 26.3.1992 – VII ZR 258/91, RIW 1992, 756 (758); Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 34. 3862 EuGH, Urt. v. 14.12.1976 – Rs. 24/76, „Estasis Safotti/RÜWA“, EuGHE 1976, 1831 (1841 f.) = NJW 1977, 494; v. 14.12.1976 – Rs. 25/76, NJW 1977, 495; Sieg RIW 1998, 102 (103 f.).

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Ausnahmefällen eingreifen soll.3863 Andere wollen eine Ausnahme machen, wenn es sich für einen der kaufmännischen Vertragspartner um ein Privatgeschäft handelt oder der vorgeschriebene Gerichtsort keine ausreichende Beziehung zum Rechtsgeschäft aufweist.3864 Eine weitere Meinungsgruppe sieht wegen der weitgehenden Akzeptanz von Gerichtsstandsklauseln eine Benachteiligung nur als gegeben an, sofern zusätzliche Umstände hinzutreten, die nicht durch das berechtigte Interesse des Klauselverwenders ausgeglichen werden.3865 Es könnte angesichts der maßstabsetzenden Wertung der EuGVVO diskutiert werden, eine vom Einheitsgerichtsstand am Tätigkeitsort (Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO) abweichende AGB-Gerichtsstandsklausel für mit § 307 BGB unvereinbar und unwirksam zu halten.3866 Das setzt aber die Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO voraus, d.h. den Sitz des Beklagten innerhalb der EU. Auch wird der Schutz ausländischer Gerichtsstände vor einer nach Deutschland weisenden Gerichtsstandsklausel regelmäßig nicht Aufgabe des § 307 BGB sein. In diese Richtung geht ein Beschl. des OLG Bremen:3867 Zu einem Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren nach §§ 1060, 1061 ZPO entschied es, für einen in Deutschland ansässigen FN stelle es bei Geltung österreichischen Rechts eine einseitige gröbliche Benachteiligung i.S.v. § 879 Abs. 3 östABGB dar, wenn er sich einer formularmäßigen Schiedsabrede mit einer Gerichtsstandsvereinbarung unterwerfe, nach der Streitigkeiten mit der niederländischen Franchisegeberin über einen Franchisebetrieb betreffend den Verkauf von Salaten und Sandwichs in New York auszutragen seien. Der Sitz der Muttergesellschaft rechtfertige die Gerichtsstandsvereinbarung nicht. Den Rechtsgedanken wird man auf § 307 BGB übertragen können, jedoch nur, wenn deutsches Rechts anwendbar ist. Dem widersprechen Teile der Rspr.: Gegenüber einem deutschen HV dürfe durch AGB ein ausländischer Gerichtstand am Sitz des Unternehmers (hier: Frankreich) vereinbart werden (Art. 23 EuGVVO). Das Schutzbedürfnis des HV führe auch nicht analog Artt. 15, 17, 18, 19 und 21 EuGVVO zur Unwirksamkeit der Gerichtstandsklausel, da ein HV weder einem Arbeitnehmer noch einem Verbraucher gleichstehe.3868 Man könnte auch im Rahmen der AGB-Prüfung daran denken, den Prüfungsmaßstab am Ingmar-Urteil zu orientieren und trotz innereuropäischer Tätigkeit auf einen Gerichtsstand außerhalb der EU weisende Vereinbarungen wegen des mangelnden Schutzes für unwirksam zu halten,3869 wobei innereuropäische Verweisungen aber auch hier wohl anzuerkennen wären. Das Ingmar-Urteil charakterisiert insoweit das Leitbild i.S.d. § 307 BGB. Jedoch müsste der Schutz wohl von der RL nicht erfasste Vertriebsmitt-

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3863 OLG Köln, Urt. v. 28.4.1975 – 10 U 195/74, VersR 1976, 537 f.; ähnlich LG Bielefeld, Urt. v. 27.1.1977 – 13 S 74/76, MDR 1977, 672. 3864 OLG Karlsruhe, Urt. v. 30.12.1981 – 14 U 4/81, NJW 1982, 1950 f.; LG Karlsruhe, Beschl. v. 3.9.1973 – 5 O 142/73, BB 1973, 1604; Schiller NJW 1979, 636 (637). 3865 OLG Hamburg, Urt. v. 30.12.1985 – 11 U 159/85, RIW 1986, 462 (464); Ebenroth/Kindler, 2. Aufl., § 92c Anh. Rn 43. 3866 Emde RIW 2003, 505 (508 f.); ähnlich OLG Karlsruhe v. 30.12.1981, NJW 1982, 1950; OLG Düsseldorf v. 6.1.1989, NJW-RR 1989, 1330 (1331); Landfermann RIW 1977, 445 (448); vgl. zur Rechtswahlklausel Emde MDR 2002, 190 (198); aA Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136); Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (51 ff.) unter eingehender Auseinandersetzung mit der Ansicht des Verfassers. 3867 OLG Bremen, Beschl. v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, OLGR 2009, 155; ähnlich die Rspr. anderer OLG, vgl. Schulz/Niedermaier SchiedsVZ 2009, 196. Auch das OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.7.2013 – VI-U (Kart) 1/13, BeckRS 2014, 12436 nimmt im Rahmen der AGB-Prüfung die Unwirksamkeit einer solchen Schiedsvereinbarung an. 3868 OLG Hamburg, Urt. v. 14.4.2004 – 13 U 76/03, NJW 2004, 3126; aA Emde RIW 2003, 505. 3869 Hiergegen mit beachtenswerten Argumenten Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (31 ff.).

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ler ausnehmen. Dies gilt auch innerhalb des Anwendungsbereichs der EuGVVO. Zwar ist der Begriff einer Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 23 VO EuGVVO im Grundsatz gleichfalls autonom auszulegen.3870 Richtigerweise sind jedoch die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 Abs 1 lit. a und b EuGVVO nach dem IPR der lex fori zu prüfen.3871 Damit ist auch eine Prüfung anhand des § 307 BGB möglich.3872 Ebenso kann überprüft werden, ob überhaupt eine Prorogationsbefugnis nach § 38 ZPO vorlag.3873 Sie fehlt, wenn der HV kein Kaufmann ist. Angesichts der Gleichwertigkeit der Interessen beider Parteien an einem Heimatgerichtsstand könnte aber jedenfalls bei wirtschaftlicher Parität an einer unangemessenen Benachteiligung einer Partei durch die Gerichtsstandsklausel gezweifelt werden. VII. Schiedsabreden Für Schiedsabreden gelten die zu Gerichtsstandsklauseln genannten Grundsätze 509 entsprechend.3874 N. Allgemeines zum gerichtlichen Verfahren I. Sachliche Zuständigkeit Für den Entscheid einer Vertriebsmittlerstreitigkeit sind grundsätzlich die ordentli- 510 chen Gerichte, Zivilkammern, zuständig. Nur wenn die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen begründet sind – beidseitiges Handelsgeschäft und gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG müsste der Beklagte Kaufmann sowie in das Handels- oder Genossenschaftsregister eingetragen sein – ist deren Kompetenz begründet. Nach § 84 Abs. 4 muss ein HV nicht notwendig Kaufmann sein. Ob ein beiderseitiges Handelsgeschäft vorliegt, ist daher nicht immer sicher.3875 Es gibt also keine Allzuständigkeit der Kammern für Handelssachen. Denn seit der Novellierung des § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG durch das HRefG v. 22.6.1998 wurde den Kammern für Handelssachen ein wesentlicher Teil ihrer Zuständigkeiten entzogen, was zu einer Teilzuständigkeit der Zivilkammern geführt hat. Das gilt zum einen, wenn der klagende HV keinen kaufmännischen Geschäftsbetrieb führt (was bei lediglich zwölf oder gar nur vier jährlichen Provisionsbuchungen nicht ausgeschlossen ist) oder der beklagte Unternehmer nicht in das Handels-

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3870 Thomas/Putzo/Hüßtege Art. 5 Rn 3. 3871 OLG Saarbrücken NJW 1992, 987; MünchKommBGB/Martiny vor Art. 27 EGBGB Rn 50; Mankowski IPRax 1996, 427; Thomas/Putzo/Hüßtege Art. 5 Rn 4; für die Gerichtsstandsvereinbarung in einer Satzung auch EuGH NJW 1992, 1671. 3872 OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1330; Landfermann RIW 1977, 448; aA MünchKommZPO/Gottwald Art. 17 EuGVÜ Rn 63; Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gerichtsstandsklauseln, Rn 56. 3873 AA: autonome Auslegung nach Art. 23 VO EuGHE 1979, 3423 = NJW 1980, 1218; BGH NJW 1980, 2022; OLG München NJW 1982, 1951; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131 (136); Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Gerichtsstandsklauseln, Rn 54. 3874 OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde); LG Düsseldorf, Urt. v. 30.11.2012 – 39 O 74/11; in diese Richtung auch OLG Bremen, Beschl. v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, OLGR 2009, 155; Mankowski Yearbook of Private International Law, Vol. X, 2008, 19 (53 f.); zu Rechtswahlklauseln EuGH, Urt. v. 9.11.2000 – Rs. C-381/98, ZIP 2000, 2108 = BB 2001, 10; aA Cour d’appel de Paris, Urt. v. 24.11.2005, Rev. arb. 2006, 770. Dathe NJOZ 2010, 2196 (2199/2200) = NJW 2010, 3194 lehnt die Unzulässigkeit der in das außereuropäische Ausland weisenden Schiedsklauseln bei innereuropäischer Tätigkeit des HV ab. 3875 Siehe Emde VersR 1999, 1464.

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register eingetragen wurde. Die dadurch hervorgerufenen Zuständigkeitsstreitigkeiten und die geringere Zuständigkeitskonzentration bei den Kammern für Handelssachen dürfen bedauert werden.3876 Nach Ansicht von Kügel3877 ist bei HV ab einem Provisionsumsatz von etwa 100.000 EUR die Kaufmannseigenschaft anzunehmen (berechnet auf Basis eines Provisionssatzes von 2–5%). Bei Vertragshändlern müsse man auf die Umsätze abstellen und ab einem solchen von 250.000 EUR die Kaufmannseigenschaft bejahen.3878 Richtigerweise gibt eine Gesamtbetrachtung, und nicht der Umsatz allein, Aufschlüsse über die Kaufmannseigenschaft.3879 Ist der HV arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG sind die Arbeitsgerichte zuständig3880 (§ 84 Rn 50). Ob das AG oder das LG zuständig ist, bestimmt sich nach der Höhe des Streitwertes. Ist eine Tatsache doppelrelevant, also sowohl für die Zuständigkeit wie die Begründetheit der Klage erheblich, ist nach der Theorie des doppelrelevanten Vortrages zur Bestimmung der Zuständigkeit nur auf den Klägervortrag abzustellen.3881 Nach einer Ansicht ist sogar dann allein auf den Klägervortrag abzustellen, wenn es sich bei den maßgeblichen Umständen nicht um doppelrelevante Tatsachen handelt.3882 Es sei allein maßgeblich, ob die vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs behaupteten Tatsachen Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergäben, die in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fielen. Zwar bestehe das Risiko, dass der Kläger durch einseitigen Vortrag die Zuständigkeit der Gerichte bestimme. Hierdurch werde die jeweilige Beklagte aber nicht unzumutbar beeinträchtigt. Denn die einseitige Berücksichtigung des Klägervortrags beschränke sich auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs. II. Schiedsverfahren 511

Vertriebsmittlerstreitigkeiten sind schiedsfähig.3883 Sieht ein Händlervertrag im Einklang mit den Selbstverpflichtungskatalogen im Kfz-Bereich (Rn 247 ff.) ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren vor, nach dem die Vertragspartner bei fehlendem Einvernehmen über die Gültigkeit einer fristlosen Kündigung einem zügigen Verfahren zur Beilegung der streitigen Angelegenheit durch Inanspruchnahme eines Sachverständigen Dritten oder eines Schiedsrichters zustimmen müssen, dürfen sich Hersteller wie Händler einem solchen außergerichtlichen Schlichtungsverfahren nicht versagen. Sie sind allerdings nicht gezwungen, vor Inanspruchnahme staatlicher Gerichte ein solches Verfahren vorzuschalten.3884 Zur Unwirksamkeit einer auf einen außereuropäischen Schiedsort verweisenden Schiedsgerichtsvereinbarung in einem zwingendem EU-Recht widersprechenden Vertrag Vor § 84 Rn 500, 509. „10 Ratschläge für das internationale Schiedsverfahren im Vertriebsrecht“ geben Risse/Spehl.3885 Das vertriebsrechtliche Schiedsverfahren sei ein Marathon, kein Sprint, ein Schiedsgerichtsverfahren kein staatlicher Prozess, die klare Positionierung gegen/für die „document production“ sei erforderlich, meist würden zwischen 30 und 70% der Klagsumme zuerkannt, so dass eine Zuvielforderung stra-

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3876 Hopt § 84 Rn 45. 3877 DB 1998, 1802 (1805). 3878 Kügel DB 1998, 1802 (1805) für den Einzelhandel. 3879 Emde VersR 1999, 1464. 3880 Riemer in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. VI Rn 78. 3881 Hierzu OLG Celle, Beschl. v. 4.6.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177; KG Berlin OLGR Berlin 2001, 128; Gottwald in: MünchKomm ZPO, 2. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rn 45. 3882 OLG Celle, Beschl. v. 4.6.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177. 3883 Siehe nur Krümmel in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 6 Rn 99 ff. 3884 OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713. 3885 ZVertriebsR 2012, 151 ff.

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tegisch gewünscht sein könne. Es müsse nicht der „beste“, sondern der „richtige“ Schiedsrichter gewählt werden, bei der Wahl des Schiedsrichters sei also die Zusammensetzung des Schiedsgerichts zu berücksichtigen, der Anwalt müsse die Schiedsrichter/Schiedsgerichtsszene kennen, das Schiedsgericht emotional für sich gewinnen, Bilder sprechen lassen, notwendige Anreize für alle setzen und die Datenflut gut organisiert werden.. Da die meisten Staaten das UN-Übereinkommen v. 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche unterzeichnet haben, ist insb. in arabischen Staaten,3886 die Vollstreckung von Schiedssprüchen oft leichter als die von Entscheidungen staatlicher Gerichte.3887 Es biete sich also eine Schiedsabrede an.3888 Die Wirksamkeit der Schiedsabrede ist immer durch lokale Anwälte zu prüfen, da das lokale Recht u.U. Schiedsabreden ausschließen kann.3889 Regelmäßig sind vertriebsrechtliche Schiedsstreitigkeiten teurer als Prozesse vor staatlichen Gerichten.3890 Das liegt auch daran, dass den häufig nichtdeutschen Schiedsrichtern bei Geltung deutschen Rechts dieses insgesamt dargelegt (und bewiesen) werden muss, oft durch teure Gutachter. Falls es keine „bifurcation“ (Vorwegklärung der Frage des anwendbaren Rechts) gibt, müssen die Grundsätze mehrerer Rechtsordnungen dargelegt werden. III. Örtliche Zuständigkeit Die örtliche Zuständigkeit folgt aus den §§ 12 ff. ZPO, im Anwendungsbereich der 512 EUGVVO oder des LugÜ aus diesem. Der allgemeine Gerichtsstand des Unternehmers liegt gem. § 12 ZPO an dessen ggf. ausländischem Sitz. Zum Gerichtsstand des Erfüllungsort Rn 479 ff. Zu Gerichtsstandsklauseln oben, Rn 500 ff. IV. Beweislast Für Streitigkeiten zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler gelten die allgemei- 513 nen Regeln zur Beweislast. Der Unternehmer darf Tatsachen, über die er sich bei seinem HV erkundigen kann – etwa die Mitteilung eines Schadensfalles3891 – nicht mit Nichtwissen bestreiten.3892 V. Eilverfahren Die Rechte beider Vertragspartner in Vertriebsmittlerstreitigkeiten können durch 514 einstweilige Verfügung gesichert werden. Besonders häufig geschieht dies bei Weiterbelieferungsverfügungen im Vertragshändlerrecht3893 oder auch als Antrag auf weitere Fortsetzung des Vertrags im HV-Recht. Der vorherige Versuch, den Vertrag durch Verhandlungen zu retten, schließt die Eilbedürftigkeit nicht aus.3894

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3886 Bälz RIW 2012, 354. 3887 Vgl. Wauschkuhn/Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92c Rn 36. 3888 So auch Wauschkuhn/Teichmann in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92c Rn 36. 3889 Bälz RIW 2012, 354 ff.; Detzer/Ullrich Gestaltung von Verträgen mit ausländischen Handelsvertretern und Vertragshändlern, 2000, Rn 456 ff. 3890 Krümmel in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 6 Rn 105. 3891 LG Potsdam, Urt. v. 27.8.2007 – 2 O 485/05, VersR 2008, 1390 (1391). 3892 LG Potsdam, Urt. v. 27.8.2007 – 2 O 485/05, VersR 2008, 1390 (1391). 3893 Vgl. etwa LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde). 3894 Vgl. etwa LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde).

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VI. Revisionsgerichtliche Überprüfung 515

Bei der Ermittlung des Sinngehalts der Vertragsbestimmung eines nicht den §§ 305 ff. BGB unterliegenden Vertriebsvertrages geht es in erster Linie um eine dem Tatrichter obliegende Auslegung einer Individualerklärung (§§ 133, 157 BGB).3895 Das Revisionsgericht kann das Ergebnis nur darauf überprüfen, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind.3896 Zu den anerkannten Auslegungsregeln zählt insb. die Maßgeblichkeit des Wortlauts als Ausgangspunkt jeder Auslegung sowie die Berücksichtigung der Interessenlage der Vertragspartner im Zeitpunkt des Vertragsschlusses.3897 Das gleiche gilt in Ausgleichsstreitigkeiten. Hier obliegt es dem Tatrichter, Billigkeitsmomente oder die Abwanderungsquote zu schätzen. Bei Beurteilung der Frage, ob der Unternehmer ein vom HV angedientes Geschäft abschließen muss, soll es die Befugnis eines Gerichts überschreiten, sich in die Geschäftspolitik eines Unternehmens zu mischen und dessen Entscheidung darauf zu überprüfen, ob sie auf einen vernünftigen und einleuchtenden Grund beruhen. Daher soll jede plausible Begründung hinzunehmen sein.3898 In erster Linie für Haftungsprozesse zwischen Unternehmer und Drittem hat eine Entscheidung des OLG München3899 Bedeutung: Ein Unternehmer, der sich für den Abschluss von Darlehensverträgen selbstständiger Vermittler bedient, kann sich nicht über deren behauptete Vorgehensweise in Unkenntnis halten und diese pauschal oder mit Nichtwissen bestreiten. VII. Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung

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Nach Kündigung eines Vertriebsvertrages kann der Mittler eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung, hilfsweise auf Neuabschluss oder Weiterbelieferung3900 bzw. Annahme vermittelter Geschäfte erheben. VIII. Internationale Vertriebsrechtsstreitigkeiten

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Zum Gerichtsstand Rn 471 ff. In internationalen Vertriebsrechtsstreitigkeiten versucht eine Partei häufig der ausländischen Leistungsklage der anderen Partei durch eine eigene Feststellungsklage zuvorzukommen. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. In einem Staat mit erprobt langsamer Gerichtsbarkeit kann ein Beklagter Interesse an einer Verzögerung der Entscheidung eines Staates mit schnellerer Gerichtsbarkeit haben. Häufig geht es auch um die Sicherung der eigenen Gerichtsbarkeit. Sedes materie ist innerhalb des europäischen Raumes Art. 27 EuGVVO bzw. Art. 21 EuGVÜ/LugA. Erhebt ein deutscher HV in Deutschland Schadenersatzklage wegen unberechtigter Kündigung des Vertretervertrages und klagt der Unternehmer in Italien auf Feststellung, dass für seine Kündigung ein wichtiger Grund bestanden habe und dem HV kein Ausgleichsanspruch zustehe, setzen deutsche Gerichte das Verfahren aus, wenn die italienische Klage als

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3895 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300. 3896 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, BB 2009, 1817 = BBL 2009-1817-1 = WRP 2009, 1121 = WM 2009, 1990 Rn 30. 3897 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300. 3898 LG Hamburg, Urt. v. 12.6.2006 – 415 O 17/06. 3899 OLG München, Urt. v. 27.4.2006 – 19 U 3717/04, NJW 2006, 1811. 3900 OLG Celle, Urt. v. 22.6.2000 – 13 U 137/98, WuW DE-R 581, 2001, 65 = OLGR 2001, 126; OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1339 (Emde) = EWiR 1999, 1175.

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erste an- und rechtshängig war.3901 In dem eben zitierten Urteil entschied der BGH, die Kernpunkte des deutschen und des italienischen Verfahrens seien dieselben. Die „italienische“ Feststellungsklage, derzufolge für die Kündigung des Vertretervertrages ein wichtiger Grund bestehe, sei ein für die deutsche Zahlungsklage auf Schadenersatz wegen entgangener Provisionen vorgreifliches Rechtsverhältnis. Der Schadenersatzanspruch des Vertreters setze nach § 89a Abs. 2 voraus, dass er zu seiner eigenen Kündigung durch ein von dem Unternehmer zu vertretendes Verhalten veranlasst worden sei. Als ein solches Verhalten komme allein die Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer in Betracht, die wegen der Befristung des Vertrages nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes berechtigt sei. Werde deshalb auf die Klage in Italien rechtskräftig festgestellt, für die Kündigung habe ein wichtiger Grund bestanden, so sei aufgrundder nach Art. 26 Abs. 1 EuGVÜ zu beachtenden materiellen Rechtskraft die Zahlungsklage der Klägerin ohne weiteres als unbegründet abzuweisen. Werde hingegen der Feststellungsantrag der Beklagten abgewiesen, so sei aufgrund der präjudiziellen Rechtskraftwirkung dieser Entscheidung für die deutsche Zahlungsklage des HV davon auszugehen, dass die Kündigung des Unternehmers unwirksam und damit vertragswidrig sei, was eine der notwendigen Voraussetzungen für einen Schadenersatzanspruch des HV sei. Dass bei Abweisung der Feststellungsklage des Unternehmers noch nicht feststehe, ob der Schadenersatzanspruch des Vertreters gegeben sei, weil dafür noch weitere Voraussetzungen vorliegen müssten, stehe der Annahme einer doppelten Rechtshängigkeit i.S.d. Art. 21 EuGVÜ nicht entgegen. Ausreichend sei die Möglichkeit, dass es in beiden Prozessen zu unvereinbaren Entscheidungen komme. Auf die Zulässigkeit der Aufrechnung kommt es in internationalen Vertriebsstrei- 518 tigkeiten häufig an, etwa bei unterschiedlichen Gerichtsständen des Mittlers und Unternehmers.3902 Voraussetzung der internationalen Aufrechnung ist wie bei der Widerklage Konnexität. Eine solche dürfte bei gegenseitigen Ansprüchen aus einem einheitlichen Vertriebsvertrag regelmäßig vorliegen, etwa zwischen Ausgleich und Kaufpreisforderung beim Vertragshändlervertrag. O. Verjährung I. Inhalt der gesetzlichen Regelung Die Verjährung der Ansprüche aus Vertriebsverträgen richtete sich früher nach § 88 519 (ggf. analog).3903 § 88 a.F. wurde durch Verjährungsanpassungsgesetz vom 28.10.2004, welches am 14.12.2004 verkündet wurde3904 und am 15.12.2004 in Kraft getreten ist, aufgehoben. 3905 Zur Altregelung und zur nun kaum mehr relevanten Übergangsfrist s. 2. Aufl., Vor § 84 Rn 477 f. Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist nun mit dem Schluss des Jahres, in welchem 1. der Anspruch entstanden ist und (kumulativ)3906 2. der Gläubiger von allen den Anspruch begründenden TB-Merkmalen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder (alternativ) ohne grobe Fahrlässigkeit objektiv erlangen müsste (verwirkungsnaher TB).3907 Vorher ist der Gläubiger bei

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Urt. v. 6.2.2002 – VIII ZR 106/01, RIW 2002, 393. Busse MDR 2001, 729 (731). Emde DB 2003, 981. BGBl. I 2004, 3214. Zur Genese des Verjährungsrechts vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 64 ff. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 69. Eingehend Emde VersR 2009, 889 ff.

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objektiver Sicht der Dinge nicht in der Lage, die Forderung geltend zu machen und nötigenfalls verjährungsunterbrechende Maßnahmen zu ergreifen.3908 Entscheidend für das „Entstehen“ des Anspruchs i.S.d. Nr. 1 ist seine Fälligkeit,3909 und damit die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit, ihn zu fordern3910 und ggf einzuklagen.3911 Folglich beginnt der Verjährungslauf des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB wie unter § 88 a.F. regelmäßig mit Fälligkeit.3912 Denn vor der mit Fälligkeit eintretenden Durchsetzbarkeit eines Anspruchs kann – und darf – kein verjährungsauslösender Tatbestand erfüllt sein. Etwas anderes kann nur vertreten werden, wenn die Fälligkeit der Forderung ausschließlich von einer Handlung des Mittlers abhängt, wie etwa bei der Forderung nach den Informationsrechten des § 87c (§ 87c Rn 33). Denn in dieser Situation steht die Klagereife im Belieben des Mittlers. Bei mangelnder Kenntnis bzw. mangelndem Kennenmüssen bleibt die Regelverjährungsfrist des § 195 BGB unanwendbar. Vielmehr greifen die Abs. 2, 3 und 4 des § 199 BGB ein. Die Ansprüche verjähren dann gem. § 199 Abs. 4 BGB in 10 Jahren ab dem Tag ihres Entstehens, d.h. regelmäßig erneut ab Fälligkeit. Bei Existenz von Schadenersatzansprüchen kann eine 30-jährige Verjährungsfrist eingreifen (Rn 527 ff.). Anders als die Regelverjährungsfrist wird die 10- sowie die 30-jährige Verjährungsfrist des § 199 BGB taggenau berechnet und beginnt nicht automatisch erst mit dem 31.12. des jeweiligen Jahres. Das erschwert die Feststellung des Verjährungsablaufs, zumal das verjährungsrelevante Datum meist nur dem – allerdings beweisbelasteten – Unternehmer bekannt ist. II. Geltungsbereich der gesetzlichen Regelung 520

§ 195 BGB gilt für alle vertraglichen und gesetzlichen Ansprüche der Parteien, auch für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag oder den Schadenersatzanspruch aus Vertragsverletzung oder vorvertraglicher Pflichtverletzung.3913 Dies ist eine Abweichung von § 88 a.F.: Nach einer zu § 88 a.F. vertretenen Ansicht 3914 verjährten nur typisch vertriebsrechtliche Ansprüche 3915 und z.B. nicht der Rückkaufanspruch des Vertragshändlers in Bezug auf Lagerware nach der 4-jährigen Verjährungsfrist des § 88 a.F. Diese Ansprüche unterlägen der 3-jährigen Regelverjährungsfrist des § 195 BGB.3916 Auch bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche – etwa bei überzahlter Provision – sollten wegen des Ausnahmecharakters

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3908 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 350; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 69. 3909 BGH, Urt. v. 19.12.1990 – VIII AZR 5/90, BGHZ 113, 188 (193); Wagner ZIP 2005, 558; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 68. 3910 OLG Hamm, Urt. v. 23.3.2001, NJOZ 2001, 2080; Genzow in: Ensthaler, § 87c Rn 13 zum Buchauszug. 3911 Glanegger/Ruß § 87 Rn 12. 3912 AA Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 3, der das Beispiel des Entstehens eines Provisionsanspruchs im Dezember bei Fälligkeit im Januar bildet; aA auch Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 354, demzufolge die Fälligkeit nach § 87a Abs. 4 i.V.m. § 87c Abs. 1 S. 2 erst einen Monat nach Schluss des Abrechnungszeitraums eintritt. 3913 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 67. 3914 Ströbl WRP 2008, 1423; ebenso LG Frankfurt/M., Urt. v. 16.1.2008 – 3-09 O 7/07; in diese Richtung auch BGH NJW 1981, 918. 3915 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 67. 3916 AA Emde DB 2003, 981 ff.

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dieser Norm nicht von § 88 a.F. erfasst sein.3917 Anders für Schadenersatzforderungen.3918 Vorzuziehen war auch nach altem Recht eine einheitliche Verjährung für alle Ansprüche aus dem Vertriebsvertrag, schon um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden,3919 etwa für den gegen den Unternehmer gerichteten Anspruch des Vertragshändlers auf Rückkauf der Vertragsware (Verjährungsbeginn mit Vertragsende).3920 III. Verjährung in Einzelfällen 1. Provisionen. Siehe § 87a Rn 106.

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2. Informationsrechte (§ 87c). Siehe § 87c Rn 34 ff.

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3. Ausgleichsanspruch. Siehe § 89b Rn 469 ff.

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4. Kenntnis oder Kennenmüssen. Vor Kenntnis oder Kennenmüssen der Provi- 524 sionsansprüche können weder das Hauptrecht noch Informationsansprüche als Hilfsrechte innerhalb der Regelverjährungsfrist verjähren. Denn ohne Kenntnis kann zwar der Lauf der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnen, nicht jedoch der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Verschwiegene Ansprüche können binnen 10 Jahren (§ 199 Abs. 4 BGB) geltend gemacht werden, bei Eingreifen deliktischer Tatbestände innerhalb von 30 Jahren (§ 199 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Da der Unternehmer den für ihn günstigen Verjährungseintritt darlegen und beweisen muss, die zum Verjährungsbeginn führende Kenntnis oder das Kennenmüssen jedoch regelmäßig nur durch die gleichfalls vom Unternehmer zu beweisende (§§ 362, 363 BGB) Erfüllung der Abrechnungspflicht oder eine vergleichbare Informationsdichte hergestellt werden kann und hinsichtlich der Verjährung der Informationsrechte (§ 87c Rn 34 ff.) bei Zweifeln über die zeitgerechte Information die Auskünfte des § 87c zu erteilen sind,3921 gilt ohne Beweis des Gegenteils eine regelmäßig mindestens 10-jährige Verjährungsfrist. Der Beweis kann auch durch einen Anscheinsbeweis geführt werden; die Beweislast kann sich durch Vermutungen wenden. a) Kenntnis oder Kennenmüssen bei Provisionsansprüchen. Dazu § 87a Rn 106.

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b) Kenntnis oder Kennenmüssen beim Ausgleichsanspruch. Siehe § 89b 526 Rn 469 ff. 5. Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz/§ 242 BGB. Ergänzt werden die 527 allg. Verjährungsvorschriften durch einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch aus §§ 280 BGB,3922 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB (Wiederherstellung der Verjährungslage wie zum Zeitpunkt zeitgerechter und vollstän-

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3917 OLG Koblenz, Urt. v. 12.11.1987, NJW-RR 1988, 673 = DB 1988, 497; Küstner in: Küstner/Thume I, 3. Aufl., Rn 1317; Martinek EWiR 1988, 1217. 3918 BGH, Urt. v. 28.10.1971 – VII ZR 15/70, MDR 1972, 132. 3919 Emde DB 2003, 981 ff. 3920 OLG Frankfurt a.M., Hinweisbeschl. v. 23.3.2010 – 11 U 5/10 (Kart), BeckRS 2010, 21415. 3921 BGH WM 1989, 152 (153); OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39. 3922 Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 7; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 71; wohl nur bei Arglist OLG Nürnberg VersR 1982, 1099.

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diger Information).3923 Voraussetzung: der Unternehmer muss fahrlässig oder vorsätzlich handeln. Sofern der Unternehmer den HV über Hauptanspruch und Vergütungsrecht erst nach Eintritt der gesetzlichen oder der vertraglich vereinbarten Verjährung informiert, ist er verpflichtet, im Wege des Schadenersatzes – Naturalrestitution (§ 249 BGB) – den Verjährungszustand hinzunehmen, welcher bei zutreffender und zeitgerechter Information bestände.3924 Der Ersatzanspruch ist nicht auf Fälle vorsätzlichen – bewussten – Verschweigens oder des § 826 BGB3925 begrenzt. Denn § 249 BGB ist sowohl bei vorsätzlichem wie fahrlässigem Verhalten anwendbar. In Rechtsprechung3926 und Literatur3927 genannte Fälle vorsätzlicher Begehung bilden nur (Extrem)beispiele. Die 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 4 BGB hat damit nur in Situationen nicht zu vertretenen Verschweigens Bedeutung. Man könnte zwar diskutieren, ob die Regelung über Kenntnis und Kennenmüssen in § 199 Abs. 1 BGB jetzt jedenfalls bei fahrlässigem Verschweigen vorrangig ist, nachdem in dieser Situation die Verjährungsfrist auf 10 Jahre angehoben wurde. Da der Unternehmer bei Fahrlässigkeit oder Vorsatz jedoch nicht schützenswert ist, wird nicht ersichtlich, warum das aus der Sphäre des Unternehmers stammende Risiko selektiver Information auf den HV verlagert werde sollte. Fehlendes Verschulden muss der Unternehmer substantiiert vortragen, weil er allein unter Berücksichtigung von Gefahrenbereichen hierzu in der Lage ist. Erst wenn der Unternehmer ernsthaft die Möglichkeit mangelnden Verschuldens darlegt, hat der HV das Vertretenmüssen des Unternehmers zu beweisen. Blieben dem HV Provisionsansprüche wegen fehlender Information, insb. aufgrund mangelnder Abrechnung, unbekannt, darf sich der Unternehmer zudem gem. §§ 162, 242 (unzulässige Rechtsausübung)3928 nicht auf Verjährung berufen. Die aus Delikt oder §§ 162, 242 BGB hergeleiteten Rechte sollen nicht eingreifen, wenn es sich um Abrechnungsfehler handelt, welche der HV durch einfache Nachprüfung hätte feststellen können.3929 Zur Durchsetzung der vorgenannten Rechte dürfen alle Informationsansprüche des § 87c, zumindest aber Auskunftsrechte nach § 242 BGB, eingefordert werden. Die hier behandelten Ansprüche verjähren erneut gem. §§ 195, 199 BGB binnen 3 Jahren seit Kenntniserlangung oder Kennenmüssen der sie begründenden Umstände.3930 Mangels Kenntnis verjähren die Schadenersatzansprüche unabhängig von ihrem Entstehen gem. § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB spätestens in 30 Jahren nach der schadensstiftenden Pflichtverletzung (199 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Ob diese 30jährige Verjährungsfrist erneut mittels eines Schadensersatzanspruchs durchbrochen werden kann, dürfte zweifelhaft sein. Bei Dauerhandlungen, etwa langfristig fehlender Abrechnung über Provisionsansprüche oder fortdauernden Vertragsverletzungen, setzt sich die Verletzungshandlung über ihre gesamte Dauer fort. Es handelt sich um wiederholte Verletzungshandlungen, bei der für jeden Schadenszeitraum eine separate Verjährungsfrist zu laufen beginnt.3931 Nichts anderes gilt, wenn man bei einer Verletzung der Exklu-

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3923 Emde VersR 2009, 889 (895). 3924 BGH, Urt. v. 28.1.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; Stötter NJW 1978, 799; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 71; Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 10. 3925 AA mglw. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 71. 3926 BGH, Urt. v. 28.1.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414. 3927 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 598. 3928 OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.3.1974, BB 1974, 904; Riemer in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. VI Rn 85; Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 7. 3929 OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.3.1973 – 8 U 64/73, BB 1973, 1600; Teilurt. v. 23.10.1973 – 8 U 64/73, BB 1974, 713; Riemer in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. VI Rn 85; Hopt § 88 Rn 6. 3930 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 10; Hopt § 88 Rn 6. 3931 Vgl. BGH, Urt. v. 17.4.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; BGHZ 97, 97, 110; BGH NJW 1985, 1023.

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sivität das Festhalten des Herstellers an den Verträgen mit den Wettbewerbern als eine Dauerhandlung betrachtet. In diesem Fall beginnt, sofern nicht das Alleinvertriebsrecht der Klägerin früher endet, die Verjährungsfrist nicht vor Abbruch der Lieferbeziehungen zu den Wettbewerbern.3932 6. Vereinbarungen über die Verjährungsfrist. In Abwesenheit einer Vereinbarung 528 über das auf die Verjährung anwendbare Recht gilt das BGB-Verjährungsrecht,3933 ebenso bei Unwirksamkeit einer vertraglich vereinbarten, abgekürzten Verjährungsfrist.3934 Es bildet auch das gesetzliche Leitbild i.S.d. § 307 BGB; zur Unwirksamkeit muss jedoch eine unbillige Benachteiligung hinzutreten. Die Vorschriften über die Verjährung sind dispositiv3935 (vgl. § 202 BGB), auch im Vertriebsrecht.3936 Ferner fallen Vereinbarungen über die Verkürzung der Verjährungsfrist nicht unter das Derogationsverbot des § 87c Abs. 5 und sind auch nach § 225 S. 3 BGB zulässig.3937 Die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren kann daher – wohl auch durch AGB3938 – reduziert werden. Der BGH fordert zwar, dass „anerkennenswerte Interessen“ zumindest eines Vertragspartners die angemessene Abkürzung der Verjährungsfrist rechtfertigen.3939 Solche Interessen liegen aber vor, falls die Reduzierung der Verjährungsfrist einer zügigen Abwicklung des Vertrages und baldigen Klärung der beiderseitigen Rechte und Pflichten dienen.3940 Und das gilt eigentlich immer. In der Praxis ist die Verringerung der Verjährungsfrist Mittel, um vor allem bei den den Unternehmer „lästigen“ Informationsrechten des § 87c den Informationszeitraum und damit das Druckpotential des HV und das korrespondierende Risiko des Unternehmers einzugrenzen.3941 Denn sind Informations- und/oder Hauptrechte sicher verjährt, können die Kontrollrechte des § 87c nicht mehr gefordert werden (§ 87c Rn 32). Eine solche Risikominimierung ist gerade bei dem aufwendig zu erstellenden Buchauszug willkommen. Die Verjährung beginnt dann gem. § 200 BGB mit der Entstehung des Anspruchs, meist spätestens mit Vertragsende, und nicht mit dem Schluss des Jahres zu laufen.3942 Verjährungsverkürzende AGB-Klauseln sind unwirksam, wenn sie für den Verjäh- 529 rungseintritt eine Haftung generell ausschließen, ohne hiervon ausdrücklich Fälle des Vorsatzes und des groben Verschuldens auszunehmen (§§ 307, 309 Nr. 7, 202 BGB).3943 Die Abkürzung der Verjährungsfrist auf ein Jahr für Ansprüche aus einem HV-Vertrag ist sowohl als AGB wie als Individualvertrag unwirksam, sofern der Lauf der Verjährung ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Anspruchsinhabers von der Entstehung des An-

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3932 RGZ 80, 436 (437 f.). 3933 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37. 3934 BGH, Urt. v. 12.2.2003 – VIII ZR 284/01, NJW 2003, 1670. 3935 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37; Palandt/Heinrichs § 202 Rn 1. 3936 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37; Hopt § 87 Rn 52; unzutreffend Eberstein S. 180. 3937 Emde MDR 1999, 1108 (1112); Otto/Riemer in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. VI Rn 20 bzw. 119; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 8. 3938 OLG München 1999, 69 = BB 1998, 2445; wohl auch BGH MDR 1991, 115 = BB 1990, 2066. 3939 BGH, Urt. v. 12.10.1979 – I ZR 166/78, BGHZ 75, 218. 3940 BGH, Urt. v. 10.5.1990 – I ZR 175/88, BB 1990, 2066; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 8. 3941 Emde MDR 1999, 1108 (1112); Emde EWiR 2001, 631 (632); typisch das i.E. zweifelhafte Urt. OLG München v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zum Buchauszug. 3942 Küstner in: Küstner/Thume I, 3. Aufl., Rn 1302. 3943 BGH, Urt. v. 26.2.2009 – Xa ZR 141/07, NJW 2009, 1486; v. 29.5.2008 – III ZR 59/07, NJW-RR 2008, 1129 = BB 2008, 1529; v. 19.9.2007 – VIII ZR 141/06, NJW 2007, 3774; v. 15.11.2006 – VIII ZR 3/06, NJW 2007, 674; OLG Köln, Urt. v. 16.4.2010 − 19 U 142/09, NJOZ 2011, 1056; aA für den unternehmerischen Verkehr LG Stuttgart, Urt. v. 3.8.2011 – 39 O 19/10 KfH.

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spruchs – hier: Provisionsforderung – beginnt.3944 Eine Abkürzung der Verjährungsfrist unterhalb der zwingenden 12monatigen Ausschlussfrist des Ausgleichsanspruchs ist gleichfalls unzulässig,3945 ebenso eine einseitige Verkürzung der Verjährung zu Lasten des HV.3946 Das Verbot einseitiger Verkürzung wurde bis zu seiner Streichung aus dem 1953 in das HGB eingefügten § 88 a.F. hergeleitet. Durch die seinerzeitige Novellierung sollte die zuvor bestehende Ungleichheit der Verjährung der Ansprüche des HV nach § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. einerseits und des Unternehmers gem. § 195 oder § 196 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. andererseits beseitigt werden. Das begründete die Regel verjährungsrechtlicher Gleichbehandlung von HV und Unternehmer,3947 welche als Ausdruck des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch nach Streichung des § 88 gilt.3948 Man wird das Prinzip dem Rechtsgedanken des § 89 Abs. 2 entnehmen dürfen.3949 Analog § 89 Abs. 2 wird für beide Teile die längere Frist maßgeblich sein. Ist die Verjährung unzulässig verkürzt worden, hat der HV das jedoch aus Rechts530 unkenntnis nicht erkannt und nach Ablauf der vermeintlichen „Verjährung“ die rechtzeitige Geltendmachung des Anspruchs unterlassen, verstößt es gegen Treu und Glauben, falls der Unternehmer ihm nunmehr die Verjährungseinrede entgegensetzt.3950 Davon ist jedenfalls auszugehen, wenn der Vertrag mit dieser (unwirksamen) Verjährungsklausel vom Unternehmer gestaltet worden war. P. Verwirkung 531

Ansprüche beider Parteien können infolge einer aus § 242 BGB herzuleitenden Verwirkung ausgeschlossen sein.3951 Es gelten die allg. Verwirkungsgrundsätze. Laut OLG Düsseldorf 3952 ist die Verwirkung ein außerordentlicher Rechtsbehelf, der strengen Anforderungen unterliegt. Jeder Schuldner müsse im Regelfall bis zum Ablauf der Verjährungsfrist mit der Geltendmachung des Anspruches rechnen. Reiner Zeitablauf und längere Untätigkeit des Gläubigers allein genügten nicht, um Verwirkung anzunehmen. Vielmehr müssten besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer sich das späte Geltendmachen als Verstoß gegen Treu und Glauben darstelle. Selbst wenn dem HV daher ein Teilbetrag, etwa berechnet nach den Grundsätzen in der Versicherungswirtschaft, gezahlt wird, ist er binnen Verjährungsfrist nicht gehindert, den ihm zustehenden Restbetrag zu fordern.3953 Um Verwirkung anzunehmen müssen sowohl ein Zeit- wie ein Um-

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3944 BGH, Urt. v. 3.4.1996, VersR 1996, 848 = NJW 1996, 2097; OLG München, Urt. v. 15.11.2000 – 7 U 3545/00, OLGR München 2001, 111; v. 7.2.1996 – 7 U 5042/95, NJW-RR 1996, 991; OLG Hamm, Urt. v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Celle, Urt. v. 12.2.1988 – 11 U 62/87, NJW-RR 1988, 1064; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 9; aA OLG München v. 12.12.2007 – 7 U 3750/07, VersR 2009, 112 zu einem Sonderfall (zwh.). 3945 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 8. 3946 Hopt § 87 Rn 52; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 9. 3947 BGH, Urt. v. 12.10.1979 – I ZR 166/78, BGHZ 75, 218 (219) = NJW 1980, 286; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 64. 3948 Hopt § 87 Rn 52; Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 9. 3949 BGH, Urt. v. 12.10.1979 – I ZR 166/78, BGHZ 75, 218; v. 12.2.2003 – VIII ZR 284/01, VersR 2003, 991 = BB 2003, 919 = NJW 2003, 1670 = MDR 2003, 701 = DB 2003, 2121 = WM 2003, 2101; OLG Hamm, Urt. v. 25.6.1987 – I U 229/86, NJW-RR 1988, 674. 3950 OLG Karlsruhe Urt. v. 26.3.1974, BB 1974, 904. 3951 Schmidt BB 1965, 732 (733); Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 604; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 360; Hopt § 89b Rn 80; Schlegelberger/ Schröder § 89b Rn 38; aA (Verwirkung generell ausgeschlossen) Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 20. 3952 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.1958, HVR Nr. 184; LG Hannover, Urt. v. 14.9.1972, RVA 1973, 101; OLG Stuttgart, Urt. v. 26.3.1957, VersR 1957, 329; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.4.1957, BB 1975, 561. 3953 AA LG Münster, Urt. v. 29.8.2002; zit. nach Thume in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. XIV Rn 32.

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standsmoment vorliegen.3954 Das einfache Untätigbleiben des HV reicht wie dargestellt nicht aus.3955 Ein Umstandsmoment müsste also entsprechend stark sein, womit kaum zu rechnen ist. Insbesondere vor Ablauf der Verjährungsfrist ist der Verwirkungseintritt schwer vorstellbar.3956 Der BGH hatte zu § 88 a.F. festgestellt, Ansprüche, welche nach dem Gesetz – wie § 88 a.F. – einer kurzen Verjährungsfrist unterlägen, könnten vor Ablauf der Verjährungsfrist nur aus besonderen Gründen verwirkt werden. Denn sonst würde die durch die Verjährung vorgesehene zeitliche Beschränkung für die Erhebung der Ansprüche gegenstandslos.3957 Dies muss nach der Verkürzung der Verjährungsfrist um ein Jahr mittels § 195 BGB erst recht gelten. Dem HV muss eine angemessene Überlegungsfrist zugebilligt werden, welche das Gesetz in § 195 BGB bestimmt. Während dieser Überlegungsfrist ist dem Unternehmer auch ein „Hin und Her“ des HV zumutbar und es ist dem HV zuzubilligen, widersprüchliche Signale an den Unternehmer zu senden. Denn schließlich muss der HV nicht in jedem Stadium exakt wissen, was er will. Voraussetzung der Verwirkung wäre also, dass sich der Unternehmer nach dem Gesamtbild des Verhaltens des HV schon vor Ablauf der Verjährung darauf eingestellt hatte, der HV werde den Anspruch nicht oder nicht mehr verfolgen. Praktisch hätte man sich allenfalls Fälle vorzustellen, in denen der HV zwar den Anspruch zunächst geltend gemacht hat, aber im Weiteren jenes den Unternehmer in Sicherheit wiegende Verhalten betätigt. Es könnte beispielsweise darin liegen, dass der HV mit steigendem Lauf der Verjährungsfrist untätig bleibt und dem Unternehmer gegenüber – oder Dritten gegenüber in einer Weise, dass er annehmen musste, es werde dem Unternehmer zur Kenntnis gelangen – zu erkennen gibt, er sei an der Weiterverfolgung des Anspruchs nicht mehr interessiert, etwa weil ihm das Prozessrisiko zu groß erscheine. Provisionsansprüche können ebenfalls nach allg. Maßstäben verwirken. Nach Ansicht des LG Bonn3958 soll die Verwirkung von Provisionsansprüchen in Anbetracht der gesetzlichen Wertungen des HGB, ausweislich derer ein HV verdiente Provisionen behalte, er im Übrigen keinen Erfolg seiner Tätigkeit schulde und der Unternehmer mit dem ihm eingeräumten Recht zur außerordentlichen Kündigung (§§ 89a, 89b Abs. 3 Nr. 2) sowie begleitenden Schadensersatzansprüchen aus den §§ 280 ff. BGB hinreichend geschützt sei, allenfalls in besonderen Ausnahmefällen begründet sein. Ein solcher Ausnahmefall könne etwa bei groben Verstößen gegen den Unternehmer schützende Schutz- oder Rücksichtnahmepflichten zu erwägen sein.3959 Zur Verwirkung des Ausgleichsanspruchs § 89b Rn 479. Hier wird der Verwirkungseinwand besonders häufig erhoben.3960

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3954 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 360. 3955 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.10.1958, HVR Nr. 184; OLG Stuttgart VersR 1957, 329; OLG Karlsruhe BB 1957, 561; LG Hannover, Urt. v. 14.9.1972 – 12 O 210/72, n.v.; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 607; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 11. 3956 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 360; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 11; Hopt § 89b Rn 80. 3957 BGH, Urt. v. 17.2.1969 – II ZR 30/65, DB 1969, 569; v. 6.12.1988 – XI ZR 19/88, MDR 1989, 448; ebenso Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 88 Rn 11. 3958 LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041; unter Hinweis auf OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.3.1988 – 15 U 105/87 – juris; Hopt § 86 Rn 49; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Oetker/ Busche § 84 Rn 68. 3959 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.3.1988 – 15 U 105/87 – juris; OLG Koblenz BB 1973, 866. 3960 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 605.

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§ 84 Begriff des Handelsvertreters 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 84 (1) 1 Handelsvertreter ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer (Unternehmer) Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen. 2 Selbständig ist, wer im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. (2) Wer, ohne selbständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter. (3) Der Unternehmer kann auch ein Handelsvertreter sein. (4) Die Vorschriften dieses Abschnittes finden auch Anwendung, wenn das Unternehmen des Handelsvertreters nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert. § 84 neu gef. durch G v. 6.8.1953 (BGBl. I S. 771); Abs. 4 angef. durch G v. 22.6.1998 (BGBl. I S. 1474). Schrifttum Bogs Die Beurteilung der Selbständigkeit von Handelsvertretern als Methodenfrage der Sozialversicherungspflicht, VersR 1977, 197; Götz Hueck Arbeitnehmer und freie Mitarbeiter, DB 1955, 834; Ludwig Auf welche Handelsvertreter ist das Bundesurlaubsgesetz anwendbar? DB 1966, 1972; Marburger Zur Sozialversicherungspflicht von Vertretern und ähnlichen Personenkreisen, DB 1979, 840; Martin oHG und KG als Versicherungsvertreter, VersR 1967, 824; Neflin Der Industriepropagandist in handelsrechtlicher und steuerlicher Sicht, DB 1961, 833; Ordemann Zur Abgrenzung zwischen Handelsvertreter und Angestelltem, BB 1963, 498; Reinicke Arbeiter, arbeitnehmerähnliche oder andere Selbständige in den Bereichen Handel und Verkehr sowie Transport und Verkehr, NZVertriebsR 2014, 151; Rewolle Die Abgrenzung des Begriffs „Handelsvertreter“ zum Arbeitnehmer und der Zuständigkeit der Gerichte, DB 1954, 214; Stolterfoth Die Selbständigkeit des Handelsvertreters, 1973; Stötter Abgrenzung zwischen Handelsvertretern und Reisenden, DB 1978, 429.

A. B. C. D. E. F. G. I.

Übersicht 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 84 Überblick ____ 1 (1) Merkmale die nur in geringem § 84 Abs. 1: Definition des HandelsMaße für Selbständigkeit vertreters ____ 2 sprechen ____ 29 Erlaubnispflicht der HV Tätigkeit – (2) Merkmale die in höherem Maße Registereintragung ____ 7 für Selbständigkeit sprechen ____ 30 Der Angestelltenstatus des nicht selbständigen Geschäftsmittlers (Abs. 2) ____ 8 (3) Merkmale mit starker Indizwirkung für Selbständigkeit ____ 31 Vertrags- nicht Personenbezogenheit der Definition ____ 11 (4) Merkmale die zwingend für Europarechtliche Präformation ____ 12 Selbständigkeit sprechen ____ 32 Die einzelnen TB-Merkmale des Abs. 1 bb) Gegen die Selbständigkeit Selbständiger Gewerbetreibender ____ 13 sprechende Merkmale ____ 33 1. Gewerbetreibender ____ 14 (1) Merkmale mit keinem oder sehr geringem Gea) Gewerblichkeit ____ 15 b) Handelsgewerblichkeit ____ 16 wicht ____ 34 2. Selbständigkeit (2) Merkmale mit mittlerem a) Begriffsbestimmung ____ 20 Gewicht ____ 36 b) Einzelkriterien zur Bestimmung der (3) Merkmale, die sehr stark Selbständigkeit ____ 26 für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses aa) Für Selbständigkeit sprechende Merkmale ____ 28 sprechen ____ 37

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

II.

III.

IV. H. I. I. II.

c) Bedeutung der SGB-Vorschriften über die Scheinselbständigkeit ____ 39 d) Arbeitnehmerähnliche Personen ____ 49 e) Beweislast ____ 51 f) Gerichtliches Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung ____ 52 Geschäftsvermittlung und Abschluss für einen Unternehmer ____ 53 1. Unternehmer – Bedeutung des § 84 Abs. 3 ____ 54 2. Vermittlung und Abschluss von Geschäften ____ 60 a) Europarechtliche Präformation ____ 61 b) Vermittlungsvertreter ____ 62 c) Abschlussvertreter ____ 69 d) Geschäfte ____ 73 Ständige Betrauung ____ 76 1. Betrauung ____ 77 2. Ständig ____ 79 Ungeschriebene Ausschlussmerkmale? ____ 85 § 84 Abs. 4: Kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb ____ 86 Vertragschluss, Vertragsbeginn und Vertragsinhalt ____ 88 Abschluss des Handelsvertretervertrages ____ 89 Vertragsbeginn ____ 92

III.

J. K. L. I. II.

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Vertragsänderung und Vertragsübergang 1. Vertragsänderung ____ 93 2. Vertragsübergang ____ 94 3. Das Vertreterunternehmen als Gegenstand des Rechtsverkehrs – Wertbestimmung ____ 99 Anfechtbarkeit und Nichtigkeit ____ 100 Beweislast ____ 106 Arten von Handelsvertretern ____ 107 Handelsvertreter und ihr Tätigkeitsfeld ____ 108 Abgrenzung nach rechtlicher Erscheinungsform ____ 112 1. Alleinvertrieb und -vertreter ____ 113 a) Alleinvertrieb ____ 114 b) Alleinvertreter ____ 115 2. Arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter ____ 119 3. Bezirksvertreter ____ 121 4. Ein- und Mehrfirmenvertreter ____ 122 5. Handelsvertreter im Nebenberuf (§ 92b) ____ 123 6. Vertreter mit Kundenschutz ____ 124 7. Minderjährige ____ 125 8. Absatz 3: Untervertreter ____ 126 a) Echte Untervertreter ____ 127 b) Unechte Untervertreter ____ 135 9. Vertretergesellschaften ____ 137

A. Überblick § 84 Abs. 1 nennt die Tatbestandsvoraussetzungen des HV-Vertrages. Abs. 2 hebt 1 den Begriff der Selbständigkeit hervor und definiert die Antipode zum selbständigen Vertreter, den angestellten Reisenden. Abs. 3 (zu ihm Rn 54 ff. zur Unternehmereigenschaft und Rn 126 ff. zu Untervertretern) stellt klar, dass der HV auch Unternehmer sein kann und als solcher echte Untervertreter für sich tätig werden lassen kann. § 84 enthält in seinen Absätzen 1 bis 3 zwingendes Recht. Der durch das Handelsrechtsreformgesetz 1998 eingefügte Abs. 4 bestimmt die Geltung der §§ 84 ff. auch für den bisher minderkaufmännischen HV (Rn 86 ff.). Dieser erfüllt die Voraussetzungen der Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs. 2 HGB nicht und würde außerhalb des Anwendungsbereichs der Schutzvorschriften der §§ 84 ff. fallen, wenn Abs. 4 die Geltung dieses Schutzrechts nicht ausdrücklich anordnen würde. B. § 84 Abs. 1: Definition des Handelsvertreters § 84 Abs. 1 definiert den Begriff des Handelsvertreters Die Legaldefinition ent- 2 hält fünf TB-Merkmale (Abs. 1 S. 1), nämlich Selbständigkeit (1), Gewerbe (2), ständige (3) Betrauung (4) – wobei das Merkmal ständig im Vordergrund dieses Begriffspaares steht – sowie Vermittlung oder Abschluss von Geschäften (5). Für die rechtliche 373

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Einordnung als HV brauchen die letztgenannten beiden Merkmale nicht kumulativ erfüllt zu sein. Man könnte hier also von Tatbestandsmerkmalen 5a und b sprechen. Nach anderer Ansicht und gekürzt auf logische Zusammenhänge stellt das Gesetz sogar nur drei Merkmale auf, die sämtlich erfüllt sein müssen, damit ein Handelsvertretervertrag vorliegt, und zwar selbständiger Gewerbetrieb (1), ständige Betrauung (2) mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften für einen Unternehmer (3). Alle diese zwingenden Merkmale – mit Ausnahme des Alternativpaars Vermittlung oder Abschluss – müssen kumulativ vorliegen, damit das Vertragsverhältnis ein HV-Vertrag ist. Mangelt es an einem dieser Tatbestandsmerkmale, hat der Vertriebsmittler keinen HV-Vertrag geschlossen.1 Sofern eine ggf. auch nur stillschweigende Abrede der Parteien existiert, die alle diese Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, liegt ein HV-Vertrag vor (gesetzlicher Formenzwang). Dies gilt selbst wenn die Parteien den Vertrag anders bezeichnen2 oder eine oder alle Rechtsfolgen des Handelsvertreterrechts nicht wollen, solange nur auf der Tatbestandsseite eine Tätigkeit mit Wissen und Wollen beider Parteien vorliegt. Falls die Parteien erkennbar den Willen haben, sich ohne ausdrückliche Absprachen oder vor Einigung über alle Einzelheiten einer abzuschließenden Vereinbarung vertraglich zu binden und tatsächlich einen auf Dauer angelegten Handelsvertretervertrag praktizieren, entsteht ein den §§ 84 ff. unterliegender Vertrag.3 3 Bei Fehlen eines Tatbestandsmerkmals mag, je nachdem, an welchem Merkmal es mangelt, ein Arbeitsverhältnis (fehlendes Merkmal: „Selbständigkeit“), ein Vertragshändler- oder Franchisevertrag (fehlendes Merkmal: „Geschäftsvermittlung“ bzw. „Abschluss im fremden Namen“), eine Kommission (fehlendes Merkmal „in dessen Namen“) oder ein Maklervertrag (fehlendes Merkmal: „ständige Betrauung“) vorliegen. Jedes Merkmal kann auch aus der Gesamtschau des Vertrages hergeleitet werden.4 Bei der Abgrenzung hilft eine breitgefächerte Fallgruppenbildung und eine Rechtsfolgenbetrachtung unter Einbeziehung des Schutzgedankens5 des Handelsvertreterrechts: Zieht man den Anwendungsbereich des Handelsvertreter-Schutzrechts zu eng, fallen bestimmte Verträge durch das Netz des überwiegend mittlerfreundlichen Handelsvertreterrechts. Zudem erleichtert das spezielle Handelsvertreterrecht die Rechtsfolgenfindung, mit Ausnahme der dank der Umständlichkeit des Berechnungsweges (ein von den Gerichten hausgemachtes Problem) schwierigen Ausgleichsberechnung (dazu bei § 89b). Die Legaldefinition des § 84 gilt auch für das Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht. Der Hauptdefinition des Abs. 1 S. 1 stellt Abs. 1 S. 2 eine Unterdefinition zur Seite. Gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 ist selbständig, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Jene Unterdefinition rückt im Normengefüge des § 84 den Begriff der Selbständigkeit in den Vordergrund, und zwar zu recht. Denn in der Praxis wird ausnehmend häufig über Selbständigkeit oder Unselbständigkeit gestritten. Die besondere Stellung des Tatbestandsmerkmals wird durch die Negativabgrenzung des § 84 Abs. 2 betont: Wer ohne selbständig zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschlie-

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1 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 1. 2 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727: dort wurde der Vertrag als „Partnerschaftsund Abrechnungsvertrag“ bezeichnet und gleichwohl zutreffend als HV-Vertrag eingeordnet – siehe auch unten die Nachweise zum TB-Merkmal der „Selbständigkeit“. 3 BGHZ 62, 71 (74); BGH, Urt. v. 24.2.1983 – I ZR 14/81, NJW 1983, 1727; v. 13.11.1986 – I ZR 104/84, NJWRR 1987, 546; v. 26.10.1989 – I ZR 20/88, NJW-RR 1990, 354 (355); v. 1.4.1992 – IV ZR 332/90, WM 1992, 1193 (1195); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; vgl. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 33. 4 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514 (1516). 5 Canaris § 17 Rn 16.

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ßen, gilt als Angestellter. Diese Folge ist zwingend, sie steht nicht zur Disposition der Parteien.6 Abs. 3 bestimmt aus heutiger Sicht Selbstverständliches: Unternehmer kann auch ein HV sein. Die Bedeutung des § 84 Abs. 3 liegt daher in dem mittelbar Mitgeteilten: der Vertreter darf sich nach dem gesetzlichen Leitbild Hilfspersonen bei der Vertragsausführung, insbesondere Untervertreter, bedienen (Konkretisierung der §§ 613, 664 BGB). Im Bereich handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler, bei denen eine Analogie zu 4 § 84 gebildet wird (näher vor § 84 Rn 358 ff.), wird auch die Legaldefinition des § 84 Abs. 1 analog angewandt. Sie lautet dann: „Handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender im Vertriebssystem eines anderen Unternehmers (Unternehmer) einer auch im Interesse dieses Unternehmers auferlegten Vertriebspflicht unterliegt. Selbständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann“. Kein HV ist der Honorarberater. § 34h GewO regelt die Honorarberatung und tritt 5 am 1.1.2014 in Kraft. In § 34h GewO wird die Provisions- von der Honorarberatung getrennt. Honorarberater werden in ein Register eingetragen. Sie werden ausschließlich vom Kunden vergütet. Für den Fall, dass Anlageprodukte nicht ohne eingerechnete Provisionen erhältlich sind (Brutto-Tarife), muss der Honorarberater die Provision unverzüglich und ungemindert an den Kunden auskehren. Finanzdienstleister müssen sich entscheiden, ob sie als Honorarberater tätig werden wollen oder provisionsbasiert. Der Gesetzgeber wählte trotz hierzu geäußerter Kritik die Trennung von Provisions- und Honorarberatung. Bieten Kreditinstitute die Anlageberatung sowohl auf Honorar- als auch auf Provisionsbasis an, müssen beide Bereiche organisatorisch, funktional und personell strikt voneinander getrennt werden. Der Honorarfinanzanlageberater muss dieselben Voraussetzungen erfüllen wie der Finanzanlagevermittler i.S.d. § 34f GewO (dazu unten, Rn 7, Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, guter Leumund, Sachkunde sowie Berufshaftpflichtversicherung). Ein Agent oder Vertreter i.S.d. §§ 11, 17 MarkenG kann nicht nur der HV sein. Ent- 6 scheidend ist, dass es sich um einen Absatzmittler handelt, dem gegenüber seinem Vertragspartner die Pflicht trifft, dessen Interessen wahrzunehmen.7 C. Erlaubnispflicht der HV Tätigkeit – Registereintragung Eine Erlaubnispflichtigkeit der HV-Tätigkeit besteht grds. nicht: Weder ist eine 7 bestimmte Ausbildung gefordert noch die Erfüllung besonderer öffentlich-rechtlicher Voraussetzungen oder Vorschriften.8 Sonderregeln gelten im Versicherungsvermittlungsgewerbe (dazu § 92 Rn 24 ff.) sowie für den Vertrieb von Finanzinstrumenten. Die Anforderungen, die der Gesetzgeber an die Berufsausübung im Finanzdienstleistungssektor stellte, waren über viele Jahrzehnte kaum geregelt. Oft genügte ein Gewerbeschein nach § 34 GewO, um Anlageprodukte vermitteln zu dürfen. Darüber hinaus trat bei der gewerbsmäßigen Vermittlung des Abschlusses von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, gewerbliche Räume, Wohnräume, Darlehen, geschlossene Fondanteile oder im Vertrieb von Investmentfonds die Erlaubnis nach § 34c GewO. Im Jahre 2007 wurde auf Grund der EU-Vermittlerrichtlinie § 34d GewO eingeführt. Versicherungsvermittler müssen sich seither in einem von der IHK geführten Vermittlerregister registrieren lassen. Zur Beantragung der Zulassung einer Erlaubnis sind

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Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 52. BGH, Urt. v. 10.4.2008 – I ZR 174/05, GRUR 2008, 611. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 4.

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ein guter Leumund und Zuverlässigkeit, geordnete Vermögensverhältnisse, eine Berufshaftpflichtversicherung und eine angemessene Qualifikation erforderlich (s. § 92 Rn 43 ff.). Der Vertrieb von Finanzinstrumenten i.S.d. §§ 1 Abs. 11 KWG und 2 Abs. 2b WpHG9 bedarf einer Erlaubnis gem. § 32 KWG i.V.m. § 1 KWG, sofern sie in Deutschland10 gewerbsmäßig und/oder in einem Umfang getätigt wird, der einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb erfordert. § 2 KWG regelt Ausnahmen von der Erlaubnispflicht, insb. für den Vertrieb von Anteilen an Investmentvermögen, Vermögensanlagen und für bestimmte Derivatgeschäfte. Für Finanzanlagenvermittler gilt seit dem 1.1.2013 § 34f GewO. Neben den bereits aus § 34c und § 34d GewO bekannten Anforderungen müssen nunmehr auch Vermittler von Finanzanlagen sich registrieren lassen, eine Berufshaftpflichtversicherung und ihre Qualifikation nachweisen und neue Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten (Rn 108, Stichwort „Anlageberater“) erfüllen. Der Finanzanlagenvermittler unterliegt der Aufsicht durch die IHK, jedoch nicht, was während des Gesetzgebungsverfahrens umstritten war, der BaFin. § 34f Abs. 1 GewO unterteilt die Vermittlung in 3 Bereiche: – Anteile oder Aktien an inländischem offenen Investmentvermögen, offenen EUInvestmentvermögen oder ausländischem offenen Investmentvermögen, die nach dem KAGB vertrieben werden dürfen, – Anteile oder Aktien an inländischem geschlossenen Investmentvermögen, geschlossenen EU-Investmentvermögen oder ausländischem geschlossenen Investmentvermögen, die nach dem KAGB vertrieben werden dürfen, sowie – sonstigen Vermögensanlagen i.S.d. § 1 Abs. 2 des Vermögensanlagegesetzes. Es handelt sich hierbei im Wesentlichen um die Bereiche, die bislang als offene Investmentfonds, Anteile an geschlossenen Fonds oder sonstige Vermögensanlage bekannt waren. Sonstige Vermögensanlagen sind z.B. die Vermittlung von Genossenschaftsanteilen, Genussrechten, Namensschuldverschreiben und Ähnlichem. Jeder Vermittler entscheidet für sich, für welchen Teilbereich oder für welche Kombination von Teilbereichen eine Erlaubnis beantragt wird. Keiner Erlaubnis nach der GewO bedürfen gem. § 34f Abs. 3 Nr. 1–3 GewO Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute und Kapitalanlagegesellschaften, da sie bereits über eine Erlaubnis nach dem KWG bzw. dem Investmentgesetz verfügen. Außerdem sind gem. § 34f Abs. 3 Nr. 4 GewO gebundene Vermittler gem. § 2 Abs. 10 S. 1 KWG, die unter der Haftung eines Einlagenkreditinstituts gem. § 1 Abs. 3d S. 1 KWG oder eines Wertpapierhandelsunternehmens gem. § 1 Abs. 3d S. 2 KWG handeln, von der Erlaubnispflicht nach der GewO ausgenommen.11 Die Haftung übernimmt dann das „Haftungsdach“.12 Dieses bedarf einer wesentlich strengeren Erlaubnis nach § 32 KWG. Die gebundenen Vermittler werden von ihrem Haftungsdach in ein von der BaFin geführtes öffentl. Register eingetragen. Gem. § 34f GewO ist die Erteilung einer gewerberechtlichen Erlaubnis für gewerbsmäßige Finanzanlagevermittlungen davon abhängig, dass die erforderliche Sachkunde durch eine ununterbrochene Tätigkeit seit dem 1.1.2006,13 eine vor der IHK abgelegte Prüfung oder einige gleichgestellte Berufsqualifikationen14 nachgewiesen sowie der Nachweis einer Berufshaftpflichtversicherung erbracht wird. Bei bestimmten Berufsqualifikationen wird die Sachkunde

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9 Finanzinstrumente sind vereinfacht gesagt Instrumente, die ihrer Art nach auf dem Kapitalmarkt handelbar sind, insb. Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Aktien, Schuldtitel, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Zertifikate, Anteile an Investmentvermögen, Derivate, vgl. Kurz DB 2013, 501 (502). 10 Näher Kurz DB 2013, 501 (504). 11 Kurz DB 2013, 501 (505). 12 Artzt/Kemter BKR 2011, 476. 13 Günther MDR 2013, 125 (126). 14 Günther MDR 2013, 125 (126).

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unterstellt (§ 4 Abs. 1 FinVermV). Weiter muss eine Eintragung in das dort geführte öffentliche Vermittlerregister gemäß § 11a GewO erfolgen.15 Ein Verstoß gegen diese Vorschriften stellt eine OWiG dar und kann mit einem Bußgeld geahndet werden. HV, die Anlagen vermitteln, unterfallen ferner § 34d WpHG und der aufgrund § 34d Abs. 6 S. 1 und 2 WpHG erlassenen WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung.16 Gem. § 1 Abs. 1 WpHGMaAnzV muss sich die nachgewiesene17 Sachkunde etwa auf Bedarfsermittlung, Lösungsmöglichkeiten, Produktdarstellung und Information, Serviceerwartung, Besuchsvorbereitung, Kundengespräch, Kundenbetreuung, rechtliche Grundlagen der Anlageberatung, Funktionsweise und Risiken der Finanzinstrumente sowie die Gesamtkosten erstrecken,18 wobei sich die Sachkunde auf die zu vermittelnden Produkte beschränken kann19 (§ 1 Abs. 1 S. 3 WphGMaAzV). Bevor ein Mitarbeiter seine Tätigkeit aufnimmt, hat das Unternehmen dies der BaFin anzeigen, ebenso Änderungen der Verhältnisse.20 Erstanzeigen müssen die Tätigkeit des Mitarbeiters, Daten zu seiner Person und den Tag des Beginns der Tätigkeit nennen. Hierzu wird bei der BaFin ein Datenbankregister angelegt.21 Jede Kundenbeschwerde muss unverzüglich bei der BaFin angezeigt werden.22 Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt insb. derjenige nicht, der in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der Tätigkeit eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung oder Betrugs, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers, einer Insolvenzstraftat, einer Steuerhinterziehung oder aufgrund des § 38 WpHG rechtskräftig verurteilt worden ist (§ 6 WphGMaAzV). Zur Prüfung werden die Unternehmer die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses fordern müssen.23 Für vertraglich gebundene Vermittler wird damit eine Registrierungspflicht in drei Registern geschaffen (Registrierung bei der BaFin nach § 2 Abs. 10 S. 3 und 4 KWG, im BaFin-Register nach den Vorgaben der WpHG-Mitarbeiteranzeigeverordnung und im Vermittlerregister der IHK nach § 11a GewO), wohingegen für freie Finanzanlagevermittler nur die Registrierungspflicht im Vermittlerregister nach § 11a GewO besteht.24 Der Vertrieb von Immobilienfonds unterliegt im Wesentlichen den §§ 294 ff. KAGD. D. Der Angestelltenstatus des nicht selbständigen Geschäftsmittlers (Abs. 2) Abs. 1 kontrastiert mit seinem Gegenbild, dem des angestellten Geschäftsmittlers 8 (Abs. 2). Die Regelung hat nur klarstellende Bedeutung. „Gilt als“ heißt „ist“. Das bedeutet: Selbst wenn die Beteiligten (etwa um einerseits den Ausgleichsanspruch auszuschalten, andererseits aber auch Sozialleistungen zu sparen) den nicht selbständigen Geschäftsmittler ungeachtet seines ständigen Betrauungsverhältnisses in einem Zwischenfeld ansiedeln und ihn entsprechend deklarieren wollten, als Verkaufsbetreuer, Firmenrepräsentant o.ä., „freier Mitarbeiter“ – ungeachtet es auch solche gibt – zur Verschleierung eines Angestelltenverhältnisses,25 nutzt ihnen das nichts. Der Betreffende

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15 Artzt/Kemter BKR 2011, 476 (478). 16 Hierzu Günther MDR 2013, 125; ders. WM 2012, 2267. 17 Günther MDR 2013, 125 (126). 18 Hierzu näher Günther MDR 2013, 125 (126); ders. WM 2012, 2267 (2269). 19 Günther MDR 2013, 125 (126). 20 Günther MDR 2013, 125 (126). 21 Günther MDR 2013, 125 (126). 22 Günther MDR 2013, 125 (127); ders. WM 2012, 2267 (2268). 23 BGH, Urt. v. 11.7.2013 – III ZR 31/12; BeckRS 2013, 14142; v. 14.3.2013, BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729, Rn 24 ff.; Günther WM 2012, 2267 (2272). 24 Artzt/Kemter BKR 2011, 476 (482). 25 BGH DB 1982, 590.

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hat, weil und solange er nicht selbständig ist, kraft gesetzlichen Befehls Angestelltenstatus. Die zwingenden Regeln in Abs. 1 und Abs. 226 sollen Umgehungen des Gesetzes verhindern, die unselbständig Tätigen den Schutz des Arbeitsrechts vorenthalten.27 Der in Abs. 2 angesprochene Angestellte ist solcher mit allen Folgen, nicht nur privat9 rechtlichen. Der übergreifende Ausdruck „Angestellter“, sonst dem HGB fremd und dem Arbeitsrecht angehörend, macht das deutlich. In der Tat kommt hier ein Element des Arbeits- und des Sozialrechts ins Spiel. Der als Angestellter zu klassifizierende Geschäftsmittler hat teil an allen persönlichen Zügen des abhängig Beschäftigten: er unterliegt dem Direktionsrecht des Unternehmers als seines Arbeitgebers, sein Beschäftigungsverhältnis wird bei Veräußerung des Unternehmens automatisch mit dem Unternehmensnachfolger fortgesetzt – § 613a BGB –, anders beim HV. Typmäßig ist er der auf Provisionsbasis angestellte „Reisende“, wie er in § 55 Abs. 1 apostrophiert ist. Er ist weisungsgebunden in Bezug auf Arbeitsrhythmus und Arbeitszeit. Dies äußert sich darin, dass er seine Arbeitszeit nicht selbst bestimmen kann28 sowie Weisungen über die Art und Weise, wie er seine Tätigkeit im Einzelnen zu entfalten hat, unterworfen ist.29 Zu seinen Gunsten gelten die arbeitsrechtlichen Kündigungsbestimmungen einschließlich des Kündigungsschutzgesetzes. Die Fortzahlung der Vergütung im Krankheitsfalle regelt sich nach den einschlägigen arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Es besteht, anders als beim HV,30 Anspruch auf Urlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. Das Beschäftigungsverhältnis ist lohnsteuerpflichtig; es sind Beiträge zur Sozialversicherung abzuführen. Der als Angestellter geltende Geschäftsmittler ist auch für das Betriebsverfassungsrecht in den Betrieb des Unternehmers integriert. Durch Auslegung der einschlägigen Tarifverträge ist zu ermitteln, ob die dort vorgesehenen Löhne auch dem auf Provision angestellten Geschäftsmittler als Mindestvergütung zustehen. Wiederum besteht für ihn kein Ausgleichsanspruch. 10 Die Gegenüberstellung beider Typen ist, wie die Verklammerung durch Abs. 1 S. 2 beweist, eine einander ausschließende. Die Vertragspartner haben es nicht in der Hand, im Formenkreis des Geschäftsmittlers den HV-Begriff nach ihrem Belieben abzuwandeln. Am wenigsten vermögen sie es durch die bloße „Etikettierung“: durch vertragliche Bezeichnung als HV für denjenigen, der die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt; häufiger freilich mit umgekehrter Zielsetzung (um die Ausgleichsvergütung nach § 89b auszuschalten) durch handelsvertreterferne Benennung dessen, der nach dem gesetzlichen Bild HV-Eigenschaft hat. Die gewählte Terminologie – „Vertreter“, „Agent“, „Reisender“, „Verkaufsleiter“, „Repräsentant“, „Subdirektor“, „Filialdirektor“, „Generalvertreter“, „Geschäftsbesorger“, „Berater“, „Consultant“ u.a. – ist nie entscheidend.31 Nicht die Benennung dominiert die rechtliche Qualifikation, vielmehr der Inhalt des Vertrages und seine beständige, tatsächliche Durchführung32 (wobei im Zweifelsfall die letztere entscheidend ist,33 jedenfalls soweit sie auf eine stillschweigende Vertrags-

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26 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 86; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 39; Hopt § 84 Rn 39. 27 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 39. 28 RAG ARS 30, 40. 29 RAG ARS 10, 597. 30 OLG München, Urt. v. 26.1.2012 – 23 U 3798/11, WM 2012, 1743. 31 BGHZ 59, 91; 68, 345; BGH BB 1972, 1410; 1982, 1877; BAG 15, 335; BSG VersR 1961, 172; BAG DB 1972, 2215; OLG München HVR Nr. 893; OLG Düsseldorf WM 1984, 1287; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 8; Wank EWiR 1997, 829 – auch nicht in der Versicherungswirtschaft; OLG Stuttgart, BB 1959, 537; OLG Bamberg BB 1965, 1167; LAG Bremen DB 1955, 535. 32 BGH ZIP 2000, 630 (631); OLG Bremen, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432; Behrend NJW 2003, 1563. 33 BSG BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 29; ArbG Hamburg, Urt. v. 3.8.2004 – 2 Ca 39/04, S. 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 35.

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änderung hindeutet). Man wird allerdings ein Wahlrecht des Mittlers annehmen können, sich bei der Statusfrage auf die tatsächliche Durchführung zu berufen oder sich im Wege der Durchsetzung des Vereinbarten in die Selbständigkeit durchzukämpfen. Es muss also an der Definition des Gesetzes genau Maß genommen werden. Das bezieht sich namentlich auf das Erfordernis der Selbständigkeit des HV. Für Klagen auf Feststellung der TB-Voraussetzungen des Abs. 2 ist im Gegensatz zu entsprechenden Klagen nach Abs. 1 das Arbeitsgericht zuständig.34 E. Vertrags- nicht Personenbezogenheit der Definition Der Wortlaut des § 84 stellt den Begriff des HV, also dessen Person, in den Vorder- 11 grund. Inhaltlich regeln die §§ 84 ff. gleichwohl ausschließlich das Vertragsverhältnis.35 Das HV-Recht des 7. Abschnitts hat es nur mit diesen einzelnen HV-Verträgen zu tun. Die Kreuzpunkte mit dem Recht der Agenturfirma oder das Recht der Querbeziehungen innerhalb des Vertriebsnetzes36 hat das Gesetz vernachlässigt; erstgenannte ergeben sich überall da, wo die persönliche Dienstleistungspflicht des HV eine Rolle spielt37 (siehe Vor § 84 Rn 62 ff.). Die Person des HV hat für die §§ 84 ff. keinerlei rechtliche Bedeutung. Außer einer natürlichen Person darf auch jede Gesamthandsgemeinschaft oder juristische Person38 HV sein. Auch kann derselbe Außendienst-Mitarbeiter – behält man die an die Person und nicht den Vertrag angelehnte Terminologie des § 84 bei – im Verhältnis zu einem Auftraggeber HV, gegenüber einem anderen vielleicht Reisender im Angestelltenverhältnis, 39 Vertragshändler, Kommissionsagent oder Makler sein.40 Dies wäre kaum denkbar, sollte in § 84 allein die „unteilbare“ Stellung der Person des Mittlers geregelt sein: Nicht die Person des HV, sondern das rechtliche Band zwischen HV und Unternehmer ist also Regelungsgegenstand der §§ 84 ff. Die richtige Frage lautet deshalb: „welche Vereinbarung erfüllt die Voraussetzungen eines HV-Vertrages“, nicht „wer kann HV sein“? Möglicherweise hätten die Bestimmungen – trotz der Regelung auch der Außenbeziehungen zu Dritten41 – zum HV-Vertrag daher nicht in das 1. Buch (Handelsstand) sondern in das 4. Buch des HGB (Handelsgeschäfte) gepasst.42 Die Einordnung als kaufmännische Hilfsperson ist schon deshalb unschlüssig, weil der Unternehmer kein Kaufmann sein muss.43 Mithin regelt § 84 wann ein Handelsvertretervertrag vorliegt.

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34 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 86; Hopt § 84 Rn 45; ausführlich Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 35b. 35 Canaris § 17 Rn 5; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 1: Regelung sowohl der Vertragsparteibezeichnung wie der Kaufmannsgewerbebezeichnung. 36 Hierzu Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff. 37 Im Einzelnen Brüggemann ZHR 131 [1968] 1 ff. 38 Karsten Schmidt Handelsrecht, 5.Aufl., § 27 I 1a; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, passim; Emde GmbHR 1999, 1005; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1110); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 23; Oetker/Busche § 84 Rn 17. 39 BFH HFR 1966, 465; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 86; Hopt § 84 Rn 39. 40 Vgl. Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 142 ff.; BGH VersR 1960, 462; LAG Baden-Württ. VW 1970, 57; Bruck/Möller, Anm. 431 vor §§ 43–48 VVG; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 2 und § 86 Rn 40. 41 Siehe §§ 91 f.: Probleme der Stellvertretung und Canaris § 17 Rn 6. 42 Schmidt-Rimpler S. 1 ff.; Canaris § 17 Rn 5; Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666); aA Sandrock in: FS Raisch, 1995, S. 167 ff. 43 Canaris § 17 Rn 5.

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F. Europarechtliche Präformation 12

Die Definition des § 84 ist durch Art. 1 Abs. 2 RL europarechtlich determiniert.44 Nach Art. 1 Abs. 2 RL ist HV, wer als selbstständiger Gewerbebetreibender ständig damit betraut ist, für eine andere Person (den Unternehmer) den Verkauf oder Ankauf von Waren zu vermitteln oder diese Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen.45 Die Abgrenzung von Selbständigkeit und Unselbständigkeit46 (Rn 26 ff.) sowie der Begriff des Gewerbes47 wurde in der RL nicht geregelt. Insoweit gilt die nationale Definition, im Zweifelsfall diejenige, welche zur Zeit des Inkrafttretens der RL in der Gemeinschaft bestand.48 G. Die einzelnen TB-Merkmale des Abs. 1 I. Selbständiger Gewerbetreibender

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Diese Worte grenzen zum Anstellungsvertrag ab (§ 84 Abs. 2). Scheitert die Einordnung als Vertretervertrag an der Abwesenheit jener Merkmale, bleibt der Mittler Angestellter. Das ergibt sich – zwingend49 – aus § 84 Abs. 2. Eine Zwischenform, belegen zwischen HV und Reisendem, oder gar die Anwendung eines „Rumpfvermittlerrechts“, verfasst aus den §§ 675 ff. BGB i.V.m. §§ 611 ff. BGB, ist vom Gesetz nicht gewollt.50

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1. Gewerbetreibender. Der HV muss Gewerbetreibender und kann Handelsgewerbetreibender sein. Da Handelsgewerblichkeit die Voraussetzung der Kaufmannseigenschaft ist, baut sie auf der Gewerblichkeit auf.

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a) Gewerblichkeit. Der Begriff des Gewerbes wird in einer Reihe von Gesetzen als Tatbestandsmerkmal verwendet, ohne dass eine einheitliche Terminologie existiert.51 Ein Gewerbe setzt als positive Tatbestandsmerkmale Selbständigkeit, Marktausrichtung, planmäßige Tätigkeit auf eine gewisse Dauer bei einer Unbestimmtheit von Geschäften, Gewinnerzielungsabsicht und als negative Abgrenzungsmerkmale das Nichtvorliegen eines freien Berufes bzw. der bloßen Verwaltung eigenen Vermögens voraus.52 Die Tatbestandsmerkmale des Gewerbebegriffes „Selbständigkeit“ und „gewisse Dauerhaftigkeit“ brauchen nicht ein zweites Mal geprüft zu werden, da sie bereits Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 sind (sonst: Doppelprüfung). Es bleiben die Merkmale Marktausrichtung, Planmäßigkeit, Gewinnerzielungsabsicht sowie die oben genannten negativen Abgrenzungsmerkmale. aa) Auf den Markt ausgerichtet ist die Tätigkeit des HV regelmäßig. Denn anderenfalls könnte er auf den beiden für ihn relevanten Märkten – Tätigkeit gegenüber dem Unternehmer und Tätigkeit gegenüber den Kunden – nicht agieren.

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44 Hopt § 84 Rn 36; ders. FS Medicus, 1999, S. 246. 45 Kiene RIW 2007, 287 (297). 46 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der Europäischen Union, Diss. iur. Münster 1994, S. 39; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 12. 47 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 11/12. 48 Kiene RIW 2007, 287 (297). 49 OLG Düsseldorf WM 1985; Hopt § 84 Rn 39. 50 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 52. 51 Ebenroth/Kindler § 1 Rn 15 ff. 52 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 50.

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bb) Auch planmäßige Gewinnerzielungsabsicht wird durchweg Motiv der Tätigkeit des HV sein, während ein freier Beruf53 oder die bloße Verwaltung eigenen Vermögens fehlt. Also ist die Vertretertätigkeit eine gewerbliche. Dass der HV im Einzelfall ohne Gewinn arbeitet, schließt die Gewinnerzielungsabsicht nicht aus.54 b) Handelsgewerblichkeit. Vor dem Handelsrechtsreformgesetz v. 22.8.1998 betrieb der HV kraft Gesetz (§ 1 Abs. 2 Nr. 7 a.F.) ein Handelsgewerbe.55 Das hierin versteckte „Minus“, die Gewerblichkeit, war ohne weitere Prüfung anzunehmen. Jene Stellung als „Gewerbetreibender kraft Gesetzes“ und die aus ihm folgende Kaufmannseigenschaft hat die Novelle 1998 beseitigt. Sieht man Abs. 1 isoliert, wäre nur derjenige HV Kaufmann, der ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1). Auf den nichtkaufmännischen Mittler blieben die §§ 84 ff. nicht anwendbar. Deshalb bestimmt § 84 Abs. 4, die §§ 84 ff. fänden auch Anwendung, sofern das Unternehmen des HV nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (dazu Rn 86 ff.). Starre Regeln, wann die Grenze zur Handelsgewerblichkeit überschritten ist, sind abzulehnen. Entscheidend ist eine Gesamtwürdigung der Verhältnisse, wobei folgende Umstände eine Rolle spielen: Zahl der Beschäftigten und Art ihrer Tätigkeit, Umsatz, Anlage- und Betriebskapital, Vielfalt der im Betrieb erbrachten Leistungen, Geschäftsbeziehungen sowie Inanspruchnahme von Kredit.56 Deshalb darf auch nicht auf feste Provisionsgrößen abgestellt werden. Kögel57 meint, bei HV ab einem Provisionsumsatz von etwa € 100.000 (berechnet auf Basis eines Provisionssatzes von 2–5%) könne man die Kaufmannseigenschaft vermuten. Bei Vertragshändlern, und so wird man ergänzen dürfen, Franchisenehmern, müsse auf die Umsätze abgestellt werden, man dürfe ab € 250.000 die Kaufmannseigenschaft bejahen.58 Westphal59 referiert Entscheidungen des LG Rottweil60 und des OLG Oldenburg v. 31.1.1985,61 die bei einem vermittelten Umsatz von € 250.000 und Provisionseinnahmen von € 300.000 jährlich (500 Kunden, 4 Firmen) bzw. bei jährlichen Provisionseinnahmen von € 65.000 mit einem vermittelten Umsatz von ca. € 0,5 Mio. (200 Kunden, 3 Firmen) die Vollkaufmannseigenschaft nach damaligem Recht (heute: „Kaufmann“) annahmen. Derartige feste Umsatzschwellen mögen zwar dem Wunsch nach Rechtssicherheit entsprechen. Sie versperren jedoch den Blick auf die Umstände des Einzelfalls. Auch bei hohen Provisionseinnahmen ist ein Vertreter kein Kaufmann, falls sich seine Buchführungstätigkeit im Wesentlichen auf die Verbuchung von zwölf jährlichen Provisionseinnahmen beschränkt. Jedoch ist dieser theoretische Fall kaum vorstellbar, da meist erhebliche Kosten gegenzubuchen sind. Wäre man allzu streng, schwächte man die Konzentration von HV-Angelegenheiten bei den Kammern für Handelssachen erneut. Als Kaufmann führt der HV für seine Agentur eine Firma, ist Mitglied der IHK, hat Handelsbücher zu führen und Bilanzen nach Handelsrecht zu erstellen, kann Prokura erteilen und kaufmännisches Personal beschäftigen. Seine Agentur ist – ebenso wie die eines Nichtkaufmanns – ein „eingerichteter und ausgeübter Geschäftsbetrieb“, der

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MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 50. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 15. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 50. OLG Dresden NJW-RR 2002, 33. DB 1998, 1802 (1805). Kögel (DB 1998, 1802 [1805]) nimmt diese Grenze für den „Einzelhandel“ an. Westphal I Rn 38. HO 208/74. 1 O 143/84.

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gegen Eingriffe den Schutz des Gesetzes durch Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB genießt.62 2. Selbständigkeit a) Begriffsbestimmung. Nur der „selbständige“ Mittler übt eine HV-Tätigkeit aus, wobei es ausreicht, dass er mit Aufnahme seiner Tätigkeit Selbständigkeit erlangt.63 Das Merkmal ist – wie die gesamte Legaldefinition des Abs. 1 (Rn 12) – in Art. I Abs. 2 RL europarechtlich präformiert64 und zwar trotz des Umstandes, dass die RL keine Definition der Selbständigkeit vornimmt. Zuweilen wird gegen den Ansatz eines europarechtlichen Selbstständigkeitsbegriffs vorgebracht, dem RL-Geber sei bekannt gewesen, dass in den Mitgliedsstaaten bisher nicht nur unterschiedliche Konzepte der Selbstständigkeit verfolgt wurden, sondern dass die Abgrenzung zwischen unselbstständigen Vermittlern und HV mit Schwierigkeiten verbunden war. Aufgrund dieser Tatsache soll es daher Sache der Mitgliedsstaaten sein, die Interpretation nicht definierter Bestimmungen zu übernehmen.65 Gegen diese Annahme spricht jedoch das Ziel, eine Angleichung der Rechtssysteme zu schaffen, um höhere Ziele der Gemeinschaft zu verwirklichen.66 So fallen etwa in Frankreich durch die nationale Auslegung des Selbstständigkeitsbegriffs weniger als 10% der Vermittler in den Anwendungsbereich der Richtlinie,67 was wenig plausibel erscheint und gegen eine nationale Auslegung spricht. Der Begriff der Selbständigkeit grenzt zum materiellen Arbeitsrecht ab und hat damit zentrale Bedeutung,68 auch für die Abgrenzung des Rechtsweges ordentliche Gerichte/Arbeitsgerichtsbarkeit (formelles Arbeitsrecht), wobei sogar Rechtsstreitigkeiten eines selbständigen HV als arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG vor die Arbeitsgerichte verwiesen werden können.69 Der Streit um Selbständigkeit oder Unselbständigkeit hat seinen vorrangigen Standort im HV-Recht. Im Vertragshändlerrecht hat er kaum Bedeutung, im Franchiserecht trotz der vertragsbedingt engen Einbindung des Franchisenehmers gleichwohl nur eine marginale. Im Franchiserecht hat der Streit meist keine Berechtigung, weil sich die gegenüber einem Franchisenehmer erteilten Weisungen auf die Vertriebspolitik beziehen und solche nicht zu Unselbständigkeit leiten können. Auch sind viele Vertragshändler und Franchisenehmer juristische Personen, die nicht unselbständig sein können (s.u.). Selbständigkeit liegt gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 vor, wenn der Repräsentant „im wesent21 lichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen“ kann,70 also in beiden Punkten „sein eigener Herr“ ist. Die Selbstständigkeit ist im Vertriebsrecht der Regelfall.71 Ob der Mittler von der ihm eingeräumten Möglichkeiten persönlicher Freiheit tatsächlich Gebrauch macht, ist für die Beurteilung der Selbständigkeit ohne Bedeu-

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62 OLG Karlsruhe BB 1959, 1006: diskriminierende Rundschreiben des Unternehmers an die Kunden nach Ausscheiden des HV; Hopt § 84 Rn 33. 63 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 1, 7. 64 Hopt § 84 Rn 35. 65 Vgl. den Hinweis bei Fock Die europäische Handelsvertreterrichtlinie, 100; ebenso Salger-Ivens Handbuch der europäischen Rechts- und Wirtschaftspraxis, § 3 Rn 47. 66 Kiene RIW 2007, 287 (297). 67 Kiene RIW 2007, 287 (297). 68 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 25; Oetker/Busche § 84 Rn 25. 69 Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 12 Rn 49. 70 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948; Hopt § 84 Rn 35. 71 Mankowski in: Hopt/Tzouganatos, Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131, 134.

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tung.72 Für die Abgrenzung zum unselbständigen Angestellten beschränkt sich das Gesetz im Bereich der Vermittlung auf diese beiden Kriterien.73 Andere Legaldefinitionen ergänzen oder ersetzen § 84 Abs. 1 S. 2 folglich nicht. § 84 Abs. 1 S. 2 enthält ein typisches Abgrenzungsmerkmal, welches über seinen unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus eine auch auf andere Mittlerverträge anwendbare allgemeine gesetzgeberische Wertung erkennen lässt.74 Einigkeit besteht darin, dass die knappe und unscharfe75 Legaldefinition des § 84 22 Abs. 1 S. 2 zur Eingrenzung der Selbständigkeit kaum geeignet ist und der Konkretisierung bedarf.76 Gelegentlich wird sie sogar als Unsicherheitsfaktor angesehen.77 Andererseits enthält Abs. 1 S. 2 ausfüllungsbedürftige Begriffe.78 Dass die gesetzlichen Kriterien unzureichend sind, hat sich sehr bald herausgestellt. Auch der angestellte Geschäftsmittler kann in Grenzfällen, etwa auf einem Außenposten, die Freiheit in einem Maße haben, dass die Art und Weise seiner Tätigkeit sich einer betrieblichen Kontrolliertheit und Kontrollierbarkeit weithin entzieht. „Selbständigkeit“ ist ein Merkmal, welches essentieller gefasst werden muss und dessen Bestimmung unter einer Fülle von Gesichtspunkten zu erfolgen hat. Frühe Rechtsprechung79 und Lehre haben hierfür eine Schwerpunktbetrachtung entwickelt. Sie stellt auf das Gesamtbild von Vertragsgestaltung und Vertragshandhabung ab und verwertet für die Einordnung als selbständiger HV eine Vielzahl von Indizien.80 Die Bezeichnung der Parteien als HV oder Angestellter ist weitgehend irrelevant. 23 Der Status richtet sich nicht nach den Wünschen, Vorstellungen oder Apostrophierung (letzteres schon deshalb nicht, weil die Parteien den Vertrag auch konkludent schließen können)81 der Vertragspartner, sondern danach, wie die Vertragsbeziehung nach ihrem Inhalt objektiv einzuordnen ist.82 Selbst wenn der Mittler im Vertrag als „Handelsvertreter“ benannt wurde, muss er kein solcher sein.83 Ebenso irrelevant ist die Klausel, es liege kein HV-Vertrag vor.84 Es kommt auf die Subsumtion unter die TB-Merkmale des § 84 an. Selbständigkeit meint die „rechtliche“ oder „persönliche“ Freiheit in Ausübung der Tätigkeit (§ 84 Abs. 1 S. 2)85 im Gegensatz zur „wirtschaftlichen“, welche bei jedem Vertragsverhältnis und auch bei selbständigen Kaufleuten und Unternehmern fehlen kann86

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72 BAG, Urt. v. 19.11.1997 – 5 AZR 653/96, ZIP 1998, 612; v. 30.9.1998 – 5 AZR 563/97, ZIP 1999, 544 m. zust. Komm. Dalichau EWiR 1999, 549; LAG Nürnberg BB 1999, 793 (794). 73 LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001 – 7 AKtE 1/01 ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23. 74 BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). 75 Moritz DB 1987, 875 (879). 76 Begr. zur Novelle 1953, BT-Drucks. I/3856, S 15; Stolterfoht S. 94. 77 Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, 1966, S. 16. 78 RGRK-BGB/Schliemann § 611 Rn 1053. 79 BGH VersR 1964, 331; BB 1975, 1409 (1410); BAG 18, 87 (103); DB 1972, 2215; BSG VersR 1961, 172; BFH DB 1970, 862. 80 Grundlegend: BAG 18, 87; s.a. OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948; OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980. 81 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (bei der Abgrenzung zum Maklervertrag); LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10, best. durch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13. 82 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 83 OLG München, Urt. v. 21.1.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. 84 OLG Stuttgart, Urt. v. 19.9.2012 – 3 U 195/11, BeckRS 2013, 15236. 85 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222; Hopt § 84 Rn 35. 86 Begr. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 14; RAG 1, 253; 16, 273; RAG JW 1942, 1293; BGH VersR 1964, 331; BAG ZIP 1997, 1715; OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222; Hopt DB 1998, 861 (863); Eberstein A II 1a; Hopt § 84 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3, 3b.

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(man denke nur an die Abhängigkeit vieler Zulieferer von ihrem Auftraggeber). Dieses Außerachtlassen wirtschaftlicher Abhängigkeit ist grundsätzlich sachgerecht, denn rechtstatsächlich sind Vertriebsmittler – schon wegen der kurzen Kündigungsfristen i.V.m. ihrem bei Einpersonen-Vertreterunternehmen auf wenige Unternehmer konzentrierten Geschäftsfeld – meist gegenüber dem Unternehmer der schwächere Part und von ihm wirtschaftlich abhängig. In mancher Beziehung sind sie das sogar stärker als angestellte Geschäftsmittler, die wenigstens an der Sicherung des „sozialen Netzes“ und einem Kündigungsschutz teilhaben. Die mangelnde Tauglichkeit der Fragestellung: wirtschaftlich abhängig oder nicht, beweist allein schon die Existenz des § 92a. Die wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit kann nicht zum Fehlen eines HV-Vertrages und infolge des Wegfalls des Schutzes des HV-Rechts zur weiteren Schwächung der Position des HV führen. 24 Allerdings ist das von § 84 Abs. 1 genannte Kriterium der „persönlichen Freiheit“ für sich genommen gleichfalls nichtssagend. Es soll vorliegen, falls rechtlich und tatsächlich die wesentliche Freiheit in persönlicher, fachlicher, zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht besteht,87 wobei der Unternehmer, da er die Leitlinien der Vertriebspolitik bestimmt, am stärksten in die fachliche Unabhängigkeit eingreifen und sicher Anweisungen zum vertriebenen Produkt geben darf, ohne dass hierdurch die Selbstständigkeit des Mittlers tangiert wird. Grundsätzlich ordnet der HV Arbeitseinsatz und -zeit sowie Ort und Art der erledigten Arbeiten frei.88 Arbeitnehmer ist hingegen derjenige, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt.89 Einen HV-Vertrag begründet bereits die „wesentliche“, also überwiegende, Freiheit in der Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit. Die Eingliederung in die fremde Arbeitsorganisation zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte einem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dieses Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Die fachliche Weisungsgebundenheit ist für Dienste höherer Art nicht immer typisch.90 Vollständige Freiheit, etwa Freiheit von jeden Weisungen, ist nicht erforderlich, wie der Umstand zeigt, dass HV in fachlicher Hinsicht – insbesondere in Hinblick auf die Leitlinien der Vertriebspolitik – typischerweise weisungsgebunden bleiben und das Weisungsrecht des Unternehmers der gesetzlichen Interessenwahrungspflicht des § 86 entnommen wird. Wenn die Ansicht eingenommen wird, die Präzision der Definition werde durch die Reduktion auf „wesentliche“ Freiheiten entwertet,91 ist dies fraglich. Denn durch jene Eingrenzung sollen lediglich Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung finden. Ausfüllen lässt sich die Definition folglich nur durch eine Einzelfallbetrachtung unter wertendem Einfluss von Indizien. Es gilt daher: Ob Selbständigkeit vorliegt bestimmt sich unter Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls92 und des Gesamtbildes der vertraglichen Gestaltung und der tatsächlichen Handhabung,93 wobei zu untersuchen ist, ob der

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87 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16. 88 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14; Oetker/Busche § 84 Rn 27 u. 31. 89 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222. 90 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222. 91 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3. 92 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455; BAG ZIP 2000, 630 = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826; BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; Hopt BB 1998, 863 (865); Hanau/Strick DB 1998 Beil. 14/98, S. 4; Thume BB 1999, 2309; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b. 93 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281 (282) Rn 12; BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455; OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG

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Schwerpunkt des Vertrages entweder auf handels- oder arbeitsrechtlichem Gebiet liegt („Schwerpunkttheorie“).94 Damit ist weder isoliert auf die von den Parteien gewählte Einordnung des Vertrags oder die von diesen gewählte Bezeichnung als Angestellter oder HV noch allein auf die tatsächliche Durchführung des Vertrags abzustellen.95 Kann die vertraglich vereinbarte Tätigkeit aber typologisch sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch selbständig erbracht werden, ist die Entscheidung der Vertragsparteien für einen bestimmten Vertragstypus im Rahmen der bei der Statusbeurteilung erforderlichen Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.96 Wegen der fehlenden Dispositionsbefugnis der Parteien in Bezug auf die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses kommt dem beidseitig tatsächlich Gewollten stärkeres Gewicht zu als der schriftlichen Vereinbarung,97 die bekanntlich geduldig ist. Vorrang hat damit die zumindest konkludent als Vertragsinhalt gewollte98 (bloße Hinnahme vertragswidrigen Verhaltens reicht nicht aus, s.u.) tatsächliche und vor allem beständige Vertragshandhabung.99 Eine vom Ursprungsvertrag abweichende Handhabung ist daher in erster Linie und zumindest dann abwägungsrelevant, wenn sie einverständlich erfolgt ist und damit konkludenter Vertragsinhalt wurde.100 Sie kann es nur sein, wenn die tatsächliche Handhabung rechtlich zulässig ist.101 Es ist ein abwägungsrelevanter Umstand, ob Regelungen oder Übungen sie durchgesetzt werden bzw. ihre Nichtbeachtung mit Sanktionen verbunden ist.102 Die Durchsetzung deutet besonders darauf hin, dass sie wirklich gewollt sind. Jedoch besteht bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung, dass der Vertrag auch entsprechend dem Vertragstext gelebt wurde. Derjenige, der sich auf eine vom Vertragstext abweichende tatsächliche Übung beruft, trägt hierfür die Beweislast. Damit entsteht die Frage, ob mit einer Änderung dieser tatsächlichen Handhabung 25 sich nicht auch der Schwerpunkt verschieben könne, ja sich beliebig verschieben lasse, und das unter Umständen sogar mehrmals im Laufe der Vertragszeit, mit allen für die Rechtsklarheit misslichen Folgen. Das Vertragsverhältnis müsste dann je nach den Umständen einmal als selbständiges und dann wiederum als unselbständiges behandelt werden. Die Gefahr ist nicht unbemerkt geblieben; Stolterfoth103 hat sie als „ChameläonEffekt“ bezeichnet und die Schwerpunkttheorie deshalb abgelehnt. Dennoch ist die Ge-

_____ Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.5.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); OLG Saarbrücken VersR 2005, 1388; OLG Hamm VersR 2004, 1133; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; Hopt § 84 Rn 5, 36. 94 BVerfG NJW 1978, 365; BGH BB 1982, 1877; NJW 1982, 1758; WM 1991, 1474; ZIP 1998, 863, 2104; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 63; Stolterfoht S. 16 ff.; Canaris § 17 Rn 9; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3a; Oetker/Busche § 84 Rn 26. 95 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; v. 4.3.1998 – VIII ZB 25/97, NJW 1998, 2057, unter II 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 33 m.w.N. 96 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455. 97 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 19; Urt. v. 25.5.2005 – 5 AZR 347/04, BAGE 115, 1 unter I; ZIP 2000, 630 (631) = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826; zum Tankstellenvertreter auch Steinhauer BB 2009, 2386. 98 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 11/12. 99 BAG 18, 87; BAG BB 1990 1065; DB 1994, 2502; BGHZ 59, 91; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; Hopt § 84 Rn 36. 100 In diese Richtung auch LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980. 101 LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980. 102 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray); Hopt § 84 Rn 36. 103 S. 221 ff.

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fahr nicht so groß, wie er sie sehen zu müssen glaubt. Die Beispiele, an denen sie aufgezeigt wird, sind immer wieder: die Erteilung und Hinnahme von mit der Selbständigkeit eines HV unvereinbaren Weisungen und die Aufstockung eines Fixums unter Verschiebung des Verhältnisses zu den Provisionen. Vielleicht lassen sich sogar andere „Schiebegewichte“ denken, Zuweisungen von Lehrlingen zur Ausbildung, nachträgliche Inanspruchnahme von Kontrollrechten für Buchführung und Karteiführung. Indessen: Die reine Tatsächlichkeit solcher oder ähnlicher Übergriffe des Unternehmers entscheidet nicht immer, und ebenso wenig ihre widerspruchslose Hinnahme durch den HV. Was der Unternehmer entgegen seinen vertraglichen Befugnissen in Anspruch nimmt, bleibt immer vertragswidrig; dies auch dann, wenn der HV es zunächst hinnimmt (er wird dazu um so eher geneigt sein, je stärker seine wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmer ihn bedrängt). Solche Sachverhalte vermögen rechtlich wenig zu ändern. Der Mittler könnte sich gegen eine übermäßige, vom Vertrag entfernte Gängelung mittels Feststellungs- oder sogar Leistungsklage wehren. Das Vertragsverhältnis läuft im Grundsatz mit demjenigen Charakter weiter, unter dem es begründet worden ist. Erst dann, wenn eine dem entgegenstehende Handhabung sich mit ersichtlicher Billigung beider Teile zeitlich und sachlich so verfestigt hätte, dass sich daraus eine einverständliche Änderung der seine Rechtsnatur konstituierenden Elemente ergäbe, könnte sich der Schwerpunkt über die Grenze hinüber verlagert haben. Gegen einen häufigen Wechsel des vertraglich Vereinbarten ist jedoch nichts zu erinnern, wenn er zumindest konkludent erfolgt. Vielleicht besteht eine Vermutung (Indiz),104 das einverständlich über lange Zeit durchgeführte Tätigkeitsbild spiegele die vertraglichen Abreden wieder,105 notfalls als konkludenter Änderungsvertrag. Selbst dann aber müssten schon alle anderen bisher maßgebend gewesene Indizien durch das neue Faktum entkräftet sein. Die vertragswidrige Erteilung von Weisungen, ein gern gebrauchtes Beispiel, reicht dafür schwerlich aus. Beliebige „Schaukelzuweisungen“ des Vertragsverhältnisses durch schwankende Vertragspraxis sind schon wegen der meist vorliegenden faktischen Indentität der Tätigkeit kaum ernsthaft zu befürchten und wären im Übrigen, ständigen schriftlichen Vertragsänderungen gleich, hinzunehmen. Die bloße, nicht einverständlich durchgeführte Abweichung vom Vertrag führt den Mittler also nicht in die Unselbständigkeit. Um die nötige Rechtssicherheit zu schaffen, dürfen nach Ansicht des OLG Saarbrücken106 zur Abgrenzung zwischen selbstständigem HV und unselbstständigem Reisenden nur vertraglich fixierte – Schriftform ist aber nicht erforderlich, § 85 – Pflichten herangezogen werden, nicht aber solche, bei denen ein Verstoß lediglich zur Beeinträchtigung des wirtschaftlichen Erfolges führt, was allenfalls zutreffend sein dürfte, wenn man auch konkludente Vertragsänderungen den vertraglich fixierten zurechnet. Es ist daher nicht in jedem Fall richtig zu sagen, werde der Vertrag abweichend von den ausdrücklichen Vereinbarungen vollzogen, sei die tatsächliche Durchführung maßgebend. Die praktische Handhabung lässt allenfalls Rückschlüsse zu, von welchen Rechten und Pflichten die Parteien ausgegangen sind.107 Insbesondere wird man auf den Vertragstext zurückgreifen müssen, wenn sich kein klares Tätigkeitsbild ergibt.108 In Grenzfällen kann auch die von den Parteien ausdrücklich vorgenommene Einordnung des Vertrages den

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104 Canaris § 17 Rn 9. 105 Siehe Hopt § 84 Rn 36: Die praktische Handhabung soll vorrangig sein. 106 Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). 107 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222; BAGE 41, 247, 258; BAG NZA 1991, 933; 1992, 407. 108 Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2e.

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Ausschlag geben,109 was jedoch nur dann schlüssig ist, wenn die übrige Vertragsgestaltung dem nicht widerspricht. b) Einzelkriterien zur Bestimmung der Selbständigkeit. Der Streit um Selbstän- 26 digkeit oder Unselbständigkeit hat mittlerweile zu nahezu unübersehbaren Stellungnahmen aus Rechtsprechung und Literatur geführt.110 Die für Selbständigkeit oder Unselbständigkeit sprechenden Indizien werden im Folgenden stichwortartig dargestellt. Die Merkmale sind in jedem einzelnen Vertragsverhältnis gesondert zu prüfen.111 Zu berücksichtigen ist, dass jedes dieser Merkmale allenfalls ein – je nach Vertrag, beteiligten Personen und Umständen – stärkeres oder schwächeres Indiz in die eine oder andere Richtung geben kann, jedoch weder für die eine oder die andere Einordnung unverzichtbar ist.112 Die vorzunehmende Schwerpunktbetrachtung (oben, Rn 24) bedeutet, dass die Zuordnung zum einen oder zum anderen Typ auch ungeachtet eines Gegensatzes der indizierenden Merkmale möglich und nötig ist. Zur Einordnung irrelevant sind Einschränkungen der unternehmerischen Freiheit, welche durch zwingende Anforderungen der Geschäftsart bedingt sind.113 Formelle und gewillkürte Merkmale (etwa Eintragung in Registern, Korrespondenz auf eigenen Geschäftsbögen) besitzen die geringste Aussagekraft,114 weil die Parteien die rechtliche Einordnung ihres Vertragsverhältnisses nicht facto contrarium verschieben können. Gleiches gilt für dem Vertretervertrag typische und damit leitbildnahe Beschränkungen115 sowie aus der Natur der Sache folgende Vorgaben für die Vertragsausführung – z.B. hinsichtlich der Werbung und Präsentation des Vertriebsprodukts oder der Einzelheiten der Vertriebspolitik des Unternehmers.116 Vertriebsvorgaben haben eine reduzierte Bedeutung, weil sie leitbildtypisch sind. Das gilt insbesondere für Versicherungsvertreter,117 Bausparkassenvertreter118 und vergleichbar stark in die Betriebsorganisation des Unternehmers eingebundene HV. Wären enge Vertriebsvorgaben beachtlich, bliebe jeder Franchisenehmer und Tankstellenvertreter119 unselbständig. Abzulehnen ist daher die Aussicht, den Postagenturen der Deutschen Post AG fehle die Selbständigkeit und damit die Eigenschaft als HV (im Nebenberuf),120 da sie engen Vorgaben zum Vertrieb unterlägen. Letztlich ist die Abgrenzung anhand einer Gesamtwürdigung und Abwägung aller

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109 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455; OLG München NJW 1957, 1767: „Handelsvertreter i.S.d. § 84“. 110 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 48 ff. 111 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 18. 112 Hopt § 84 Rn 36. 113 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 114 AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. 115 LAG Nürnberg BB 1999, 793 (795); Plagemann EWiR 1998, 491. 116 BAG DB 1966, 546; OLG Düsseldorf ZIP 1998, 624 (625) m. abl. Anm. Griebeling EWiR 1998, 341 (342); OLG Düsseldorf ZIP 1998, 1039 (1040); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 11; Schröder DB 1959, 817; Hopt DB 1998, 863 (864); Horn/Henssler ZIP 1998, 589 (600); Plagemann EWiR 1998, 491. 117 BAG ZIP 2000, 630, Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 169/99, EWiR 2000, 969 (LS) = EWiR 2000, 968 (Emde); BB 1998, 1954; Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 3/99, ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 532 (Emde); LAG Nürnberg BB 1999, 793 = EWiR 1999, 362 (Plagemann). 118 BAG, Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 770/98, BB 2000, 932. 119 Auch bei ihnen bestimmt sich die Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit nach Vertrag und tatsächlicher Zusammenarbeit, vgl. hierzu Steinhauer BB 2009, 2386. 120 LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485; wie hier OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 7.7.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980.

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Umstände vorzunehmen.121 Auch wenn die einzelnen Regelungen in dem Vertrag für sich genommen in einem HV-Vertrag zulässig und mit der Rechtstellung des HV vereinbar sein mögen, kann das nicht mehr gelten, wenn die Vertragswirklichkeit von einer selbstständigen HV-Tätigkeit zu weit abweicht.122 Infolgedessen können nicht wenige der nachfolgend für den einen oder den anderen Status aufgeführten Merkmale im Einzelfalle auch mit einer gegenteiligen Eingruppierung vereinbar sein. Ein Stadtreisender, obwohl er sich jeden Morgen bei seinem Unternehmer zur Berichterstattung einzufinden hatte, ist als selbständiger HV angesehen worden, weil er seine weitere Tätigkeit nach Inhalt und Zeit selbständig bestimmen konnte;123 ebenso ein HV, obwohl dessen allmorgiger Tätigkeitsbeginn auf 8 Uhr festgesetzt worden war und er zur Sozialversicherung angemeldet und für ihn eine „Lohnsteuer“ einbehalten wurde.124 Auf der anderen Seite standen der Einordnung als nicht selbständig nicht entge27 gen Vertragsbestimmungen, die eine Verpflichtung zur Anmeldung eines „Gewerbes“, zur Eigenversteuerung der Provision, zur Tragung der vollen Sozialversicherungsbeiträge und der Spesen außerhalb der Geschäftsräume vorsahen.125 Auf Grund einer einverständlichen Charakteränderung der Tätigkeit mag sich die Einordnung des Rechtsverhältnisses während der Vertragsbeziehung verschieben („Chameläon-Effekt“, s.o., Rn 25). 28

aa) Für Selbständigkeit sprechende Merkmale. Für die Selbständigkeit des Mittlers sprechen folgende Merkmale,126 wobei diese Umstände nachfolgend in solche mit geringem, mittlerem, starkem oder entscheidendem Gewicht untergliedert werden:

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(1) Merkmale die nur in geringem Maße für Selbständigkeit sprechen. In diese Gruppe fallen insbesondere formelle127 und gewillkürte Merkmale, also etwa – Benennung als HV128 (auch ein konkludenter Vertragsschluss wäre nämlich möglich);129 – eigene Buchführung;130 – Entrichtung von Umsatz- und Gewerbesteuer;131 – Mitgliedschaft in der IHK132 und Zahlung von Beiträgen;133

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121 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 30; Hopt DB 1998, 863 (865); Walker EWiR 1998, 53 (54); Hanau/Strick DB 1998 Beil. 14/98 S. 4; Thume BB 1999, 2309. 122 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948. 123 OLG München BB 1957, 560. 124 OLG Nürnberg VersR 1960, 904; vgl. auch RGRK-BGB/Schliemann § 611 Rn 998; Plagemann EWiR 1998, 491. 125 BGH DB 1982, 590. 126 Siehe auch die umfassende Ausarbeitung von Hanau/Strick DB Beil 14/1998. 127 Hopt § 84 Rn 36, Oetker/Busche § 84 Rn 30. 128 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, Beck RS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; Urt. v. 4.12.1981 – I ZR 200/79, WM 1982, 272 (273); NJW 1982, 1757; BAG, Beschl. v. 16.7.1997 – 5 AZB 29/96, ZIP 1997, 1714; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); Hopt § 84 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 30a, Westphal I Rn 2; Jahnke ZHR 146 (1982), 616 ff. 129 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (bei der Abgrenzung zum Maklervertrag). 130 OLG München NJW 1957, 1767; RAG 7, 175; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. 131 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14; Oetker/Busche § 84 Rn 30. 132 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14. 133 SG Detmold BB 1959, 636.

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Eintragung in das Handelsregister;134 Eintragung in das Gewerberegister sowie Anmeldung des Agenturgewerbes nach § 14 GewO bei der zuständigen Behörde;135 Auftreten unter eigener Firma;136 Benutzung eigener Briefbögen mit der Firma des HV;137 Fehlen von Dienststunden (solche sind weder für angestellte noch für selbständige Mittler typisch);138 angeblich Kapitaleinsatz, da solcher nicht HV-typisch ist;139 Nichteinbindung in das Abrechnungssystem des Unternehmers;140 Veranlagung zur Gewerbesteuer; nebenberufliche Tätigkeit;141 wenn sich der Mittler auf schriftliche oder fernmündliche Berichte beschränken darf.142 (2) Merkmale die in höherem Maße für Selbständigkeit sprechen

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Freiheit in Arbeitszeit,143 Arbeitsumfang und Arbeitsgestaltung;144 30 Falls der Mittler seine Kundenbesuche nach eigener Initiative und eigenem Gutdünken einrichten kann145 und hierbei nach Belieben auch ganze Tage auslassen darf;146 Existenz eines eigenen Unternehmens mit eigenen unternehmerischen Chancen;147 Korrelation zwischen unternehmerischen Chancen und Übernahme von Kosten und angemessenen 148 und freiwilligen 149 Risiken der Geschäftstätigkeit (Unternehmerrisiko),150 etwa Verlust des Einsatzes von Arbeitskraft und Geldmitteln bei Erfolglosigkeit der Vermittlungsbemühungen, keine Provision bei Stornierung des Auftrags (§ 87a Abs. 2; Abs. 3 S. 2); keine Absicherung gegen Einnahmeausfall bei Krankheit;

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134 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14. 135 OLG Celle MDR 1958, 341; OLG München NJW 1957, 1767; BB 1957, 560; SG Detmold BB 1959, 636; Hopt § 84 Rn 36. 136 BGH VersR 1964, 331; BAG BB 1980, 1471; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5 („sicheres Anzeichen“). 137 OLG Celle MDR 1958, 341. 138 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). 139 Hopt § 84 Rn 36. 140 BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag) entnahm diesem Merkmal allerdings eine starke Indizwirkung für die Selbständigkeit (zwh.). 141 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 142 Ordemann DB 1963, 1566. 143 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980. 144 Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b; Oetker/Busche § 84 Rn 31. 145 SG Karlsruhe VersR 1955, 388. 146 OLG Celle MDR 1958, 341. 147 LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; Schürr in: Küstner/ Thume I, Kap. I Rn 71; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b. 148 Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 12 Rn 62. 149 Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 12 Rn 61. 150 BVerfG NJW 1978, 365; BAG AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 37; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.5.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; Hopt § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 28, 44; Oetker/Busche § 84 Rn 29.

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keine Sicherheit gegen Einnahmerückgang bei Änderung der Marktsituation; Übernahme der eigenen Geschäftskosten (vgl. § 87d);151 insb. wenn der HV Kfz-, Telefon-, Reise- und Bewirtungskosten sowie Beiträge zu Vermögensschadens- und Haftpflichtversicherung (wenn auch erst ab dem 2. Jahr) trägt;152 eigene Geschäftsräume und Geschäftseinrichtung;153 falls die Kündigungsfristen des § 89 Abs. 1 gelten, nähere Bestimmungen zum Ausgleich nach § 89b getroffen werden und ergänzend die Vorschriften des HGB Anwendung finden sollen, soweit im Vertrag nichts Abweichendes bestimmt ist154 (letztlich handelt es sich aber um ein weniger aussagekräftiges, gewillkürtes Merkmal); kein „Urlaubsanspruch“,155 dass eine Abstimmung der Urlaubswünsche erwartet oder verlangt wird, verschlägt nicht; Vorherige Forderung eines Ausgleichsanspruchs durch den HV;156 Provisionszahlungen157 (wobei es hier sehr auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommt. Denn bei gewillkürten Merkmalen ist immer Vorsicht angebracht); Das vertragliche Versprechen, einen Ausgleichsanspruch zu leisten.158 (3) Merkmale mit starker Indizwirkung für Selbständigkeit

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Vertretung mehrerer Unternehmer;159 jedenfalls wenn die einzelnen Vertretungen wirtschaftlich gleich ertragreich sind und keine wirtschaftlich-faktische Identität oder gesellschaftsrechtliche Verflechtung zwischen den Unternehmern besteht; Unfähigkeit zur Erfüllung der Vertragspflichten ohne eigene Hilfskräfte;160 Selbst ausgesuchtes eigenes Personal161 bzw. das Recht solches einzustellen,162 etwa die Erlaubnis, sich Untervertreter halten zu dürfen.163

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151 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG München NJW 1957, 1767. 152 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 153 BVerfG NJW 1978, 365; OLG München NJW 1957, 1767; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; SG Stuttgart VersR 1956, 318; Hopt § 84 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5; Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 13 Rn 77. 154 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 155 SG Stuttgart VersR 1956, 318. 156 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 157 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.5.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; LG Osnabrück VersR 2000, 963; LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001, 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. 158 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820. 159 Begr. zu § 84 Abs. 2, BT-Drucks. I/3856, S. 17; BAG AP § 611 Abhängigkeit Nr. 44; OLG Celle MDR 1958, 341; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133); Hopt § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 4, 5; Oetker/Busche § 84 Rn 28; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 17. 160 BAG DB 2002, 1610. 161 BAG ZIP 2000, 630 = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826; DB 1997, 2437; BGH VersR 1964, 331; Hopt § 84 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 43; Oetker/Busche § 84 Rn 28. 162 BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). 163 SG Karlsruhe VersR 1955, 388; Hopt DB 1998, 863 (864); siehe auch BGH ZIP 1998, 2176, 2178; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14; Hopt § 84 Rn 36.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 84

(4) Merkmale die zwingend für Selbständigkeit sprechen –

Vertragsschluss als juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft. In einem 32 solchen Fall spricht das formelle Kriterium für Selbständigkeit,164 es sei denn, es liegt ein Umgehungsfall vor (dann Durchgriff auf den hinter ihr stehenden ArbeitN). Die juristische Person oder Gesamthandsgemeinschaft ist auch als Konzernunternehmen i.S.d. § 18 AktG qua Status selbständig, weil Arbeitsrecht auf sie sinnvoll nicht angewendet werden kann.165

bb) Gegen die Selbständigkeit sprechende Merkmale. Indizien, die gegen die 33 Selbständigkeit des Mittlers sprechen, fehlen ebenfalls nicht. Auch hier ist jedem Merkmal allenfalls indizielle Funktion beizumessen, so dass jeder Einzelfall an seinen Besonderheiten zu messen bleibt.166 Dies zeigt schon die allgemeine Meinung, derzufolge es auf das Gesamtbild der vertraglichen und tatsächlichen Handhabung ankommt. (1) Merkmale mit keinem oder sehr geringem Gewicht. Zunächst wird die Grup- 34 pe von Merkmalen genannt, der bei der Abwägung überhaupt kein oder nur ein sehr geringes Gewicht zukommt. Diese Merkmale sind zur Abgrenzung weitgehend ungeeignet, weil sie einen Schluss auf das Vorliegen der Unselbständigkeit kaum zulassen. In diese Gruppe fallen: 35 – die vertragliche Bezeichnung, da die Parteien nicht durch eine formale Etikettierung über die Anwendung zwingender Schutznormen disponieren können,167 anders jedoch, wenn sich kein klares Tätigkeitsbild ergibt, dann ist „hilfsweise“ auf den Vertragstext zurückzugreifen;168 – formale Merkmale,169 etwa Gewerbeanmeldung bzw. Gewerbeerlaubnis gem. §§ 34c ff. GewO,170 Firmenführung, Buchführung, Zahlung von Umsatz- wie Gewerbesteuer,171 IHK-Beiträgen, Sozialabgaben,172 Übergabe von Arbeitspapieren173 etc. Denn über sie kann beliebig disponiert werden, die Abgrenzung darf jedoch nicht im Belieben der Parteien liegen;174

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164 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 88 f.; Emde GmbHR 1999, 1005 (1007); Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2a; offen gelassen von Hopt § 84 Rn 40. 165 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 87 ff.; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2a; Mankowski in: Hopt/Tzouganatos Europäisierung des Handels- und Wirtschaftsrechts, 2006, 131, 134; Martin VersR 1967, 824; Schuler JR 1954, 284 (285); Stolterfoht S. 260; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 14; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 21, 49. 166 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 65. 167 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde); OLG Stuttgart, Urt. v. 19.9.2012 – 3 U 195/11, BeckRS 2013, 15236 (Regelung, dass kein HV-Vertrag vorliegt); OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Bremen, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432; OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 8, 17; Hopt § 84 Rn 5, 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6a; Oetker/Busche § 84 Rn 26. 168 Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2 e. 169 Hopt § 84 Rn 36. 170 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 171 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223); Oetker/Busche § 84 Rn 30. 172 Oetker/Busche § 84 Rn 30. 173 Vgl. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 46 f.; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. 174 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 47 misst diesen Merkmalen deshalb nur bei Fehlen materieller Abgrenzungsmerkmale Bedeutung bei; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5.

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§ 84

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1. Buch. Handelsstand

Modalitäten der Entgeltzahlung;175 die Zahlung von handelsüblichem Aufwendungsersatz; die Verpflichtung zur Teilnahme an Besprechungsterminen mit einem Organisationsleiter des Unternehmers. In einer verbindlichen Teilnahme an Besprechungsterminen liegt zwar eine Beeinträchtigung der Freiheit zur Bestimmung der Arbeitszeit. Eine Anordnung, an einem bestimmten Wochentag an einer Besprechung teilzunehmen, stellt jedoch keinen so gravierenden Eingriff dar, dass er mit dem Status eines Selbständigen unvereinbar wäre;176 die Verpflichtung des Mittlers, Fixkosten wie Raummiete, Gehälter, Grundgebühr und Miete für das Telefon sowie Büromaterial, Porti, Fachzeitschriften und Telefaxkosten anteilig tragen;177 die Einbeziehung in die betriebliche Altersversorgung des Unternehmens,178 weil auch Angestellten eine solche Altersversorgung zugesagt wird; die Zahlung eines Provisionsvorschusses;179 geringer Verdienst180 (Arg. aus § 92a HGB; § 5 Abs. 3 ArbGG), dann aber möglicherweise prozessuale Zuständigkeit des ArbG, siehe § 5 Abs. 3 ArbGG); die Dauerhaftigkeit des Vertragsverhältnisses;181 Die Verpflichtung zur insbesondere im Versicherungsvertrieb üblichen Bestandspflege182 mit dem Recht zur Ersatzvornahme durch den Unternehmer;183 Führung von Personalakten;184 dass der HV sein Unternehmen als Pächter oder Nießbraucher führt;185 Tätigkeit als Einfirmenvertreter, d.h. ein Tätigkeitsverbot, welches über ein Konkurrenzverbot hinausgeht, etwa ein Nebenbeschäftigungsverbot oder dem Unternehmer zugesagte Exklusivität.186 Diesem Kriterium kann aber nicht zwingend die Unselbständigkeit entnommen werden, da § 92a den Einfirmenvertreter zulässt.187 Erforderlich sind ergänzende Indizien; die tatsächlich nur unzureichende Wahrnehmung der vertraglich gewährten Rechte, wenn auf den Mittler kein (auch nur indirekter) Druck zur Missachtung ausgeübt wird;188

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175 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 176 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 25; v. 15.12.1999 – 5 AZR 169/99 – zu B II 2a aa der Gründe, BAGE 93, 132; LAG Köln, Urt. v. 11.2.2011 – 10 Sa 1207/10, BeckRS 2011, 74030. 177 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 178 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 73; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 17; aA BFH DB 1970, 861 (862); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 15. 179 OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133. 180 BFH VersR 1964, 1157; nach dem Urteil des LSG Rheinland-Pfalz v. 1.7.2004 – L 5 KR 120/03 kommt der Höhe der Vergütung aber eine indizielle Bedeutung zu; so auch Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 71. 181 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 182 OLG Bremen, Beschl. vom 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. 183 OLG Bremen, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. 184 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 185 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 5. 186 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; LG Osnabrück VersR 2000, 963; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 70; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 14, 17; Hopt § 84 Rn 36; für stärkere Bedeutung: LAG Niedersachsen LAGE § 611 (Arbeitnehmerbegriff) Nr. 24. 187 OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 70; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 42. 188 LAG Nürnberg BB 1999, 793 = EWiR 1999, 363 (Plagemann); zur Genese des Rechtsstreites Küstner BB 1999, 541, 542; LG Osnabrück VersR 2000, 963.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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§ 84

ein angeblich mit Sanktionsregelungen verbundener Karriereplan, soweit nicht klar wird, welche Sanktionen gemeint sind;189 die Verpflichtung der Postagenturen, das Post-, Bank- und Fernmeldegeheimnis zu wahren;190 die einheitliche Preisgestaltung bei HV;191 Verpflichtung zur Teilnahme an produktbezogenen192 Schulungen, weil auch der HV einer Fortbildungspflicht unterliegt.193 Schulungs- oder Weiterbildungsangebote194 lassen die Selbständigkeit zumindest unberührt, wenn keine Verpflichtung zur Teilnahme besteht.195 Die Weiterbildungspflicht bringt nur eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck und reglementiert weder Arbeitsgestaltung noch Arbeitszeit des Vertreters;196 wenn der Mittler an wichtigen Verhandlungen des Unternehmer teilzunehmen pflegt;197 dass einem Berufsanfänger für den Beginn seiner Tätigkeit ein ausgebildeter Mitarbeiter zur Seite gestellt wird, falls nach dem Gesamtbild der Vertragsgestaltung und -handhabung die HV-Eigenschaft zu bejahen ist;198 Kontrollanrufe bei 2 von dem HV besuchten Kunden. Diese sind von der Interessenwahrnehmungspflicht des § 86 Abs. 1 abgedeckt;199 die Anonymität des Massen- oder Bargeschäftes;200 die vertragliche Verpflichtung, allgemein die Interessen des Unternehmers (selbst mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns)201 zu wahren (siehe § 86 Abs. 1); die vertragliche Vereinbarung oder die Zuweisung eines festen Vertreterbezirks (§§ 46 VVG, 87 Abs. 2) oder -gebiets (weil vertretertypisch);202 Rotationsvertrieb,203 d.h. Wechsel von Bezirken; Verpflichtung zu „ständiger“ Tätigkeit (solche ist nämlich Tatbestandsmerkmal des § 84 Abs. 1, s.u.);204 Verpflichtung, den Firmensitz an einem bestimmten Ort zu führen;205

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189 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). 190 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 191 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 192 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). 193 OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820; für stärkeres Gewicht wohl OLG Bremen, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. 194 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 8.1.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939. 195 OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. 196 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 8.1.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939; OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. 197 BGH DB 1982, 590 (zwh., weil dieser Umstand gerade auch für die Unabhängigkeit des Mittlers sprechen kann). 198 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). 199 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 31; Urt. v. 20.9.2000 – 5 AZR 271/99 – unter II 2 b ee, BAGE 95, 324. 200 AA LAG Nürnberg DB 2002, 1777. 201 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 202 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 22, 29; v. 15.12.1999 – 5 AZR 3/99 – unter II 2b aa; BAGE 93, 112; ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2001, 857 = BB 2001, 48 = EWiR 2001, 277 (Emde); OLG Düsseldorf NJW 1998, 2978 = DB 1998, 2262; LG Krefeld, Beschl. v. 5.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679; LG Osnabrück VersR 2000, 963; Oberthür/ Lohr NZA 2001, 126, 131; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 17; Hopt § 84 Rn 36. 203 Emde VersR 2001, 148 (149); Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (131); aA Schaefer NJW 2000, 320 (321). 204 BAG VersR 2001, 857 = BB 2001, 48 = EWiR 2001, 277 (Emde). 205 BGH, Beschl. v. 16.10.2003 – VIII ZB 27/02, DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag).

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die Zuweisung zu einer Geschäftsstelle206 oder einem bestimmten Zuständigkeitsbereich,207 solange es sich um eine bloß organisatorische Maßnahme handelt.208 Es handelt sich um eine vom HV zu akzeptierende Entscheidung des Unternehmers im Rahmen der Kundenbetreuung gem. § 86a.209 Sie beinhaltet keine Zuweisung eines Arbeitsorts, sondern eines bestimmten Vertriebsbezirks;210 HV-typische Berichtspflichten (§ 86 Abs. 2),211 sofern nicht übertrieben (letzteres gilt etwa für eine tägliche Berichterstattung); dass der Mittler seine Tätigkeit, insb. seine Arbeitszeit, nach den Anwesenheitszeiten der Kunden auszurichten hat212 oder bestimmte Umstände die Tätigkeit an einem Ort (etwa: Belegenheit der Tankstelle beim Tankstellenvertreter oder des LottoGeschäftes) erzwingen (die so determinierte Tätigkeit entspricht lediglich der Interessenwahrungspflicht); insbes., dass der Tankstellenhalter standortgebunden ist und die Tankstellenbedienung nicht beliebig, gar auf ganze Tage, unterbrechen darf. Deshalb spricht die Verpflichtung eines Tankstellenvertreters, die Tankstelle 24 Stunden täglich offen zu halten, nicht für Unselbständigkeit. Denn im Hinblick auf die Länge der Öffnungszeiten seiist auszuschließen, dass der Tankstellenvertreter persönlich an die Öffnungszeiten gebunden sein soll.213 Gleiches gilt für die Verpflichtung des Franchisenehmers, das Ladengeschäft im Rahmen der gesetzlichen Ladenschlusszeiten möglichst lange offen zuhalten, selbst wenn damit eine Öffnungszeit von wöchentlich 52 Stunden vorgegeben ist, da über die Pflicht zum persönlichen Einsatz in diesem Zeitrahmen keine Aussage getroffen wird;214 wenn der Unternehmer dem HV ein Büro zur Verfügung stellt, dessen Nutzung jedoch freiwillig ist;215 die freiwillige Benutzung der Telefon- oder EDV-Anlage des Unternehmens;216 die Aufstellung eines unverbindlichen „Erfolgsplans“ o.ä.; Abarbeiten von Stornogefahrmitteilungen,217 da dieses Abarbeiten Aufgabe des HV ist (s. § 87a Rn 84 ff.); die Verpflichtung, regelmäßig vertretertypische Tätigkeiten zu verrichten (Bestandspflege,218 Verwaltung etc.); Klauseln, nach denen der Unternehmer den Vertreterbezirk durch einseitige Weisung ändern kann (jene sind ohnehin unwirksam);219

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206 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 28; OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). 207 LAG Köln, Urt. v. 11.2.2011 – 10 Sa 1207/10, BeckRS 2011, 74030. 208 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 28; OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). 209 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 210 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 211 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 29; Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 3/99 – unter II 2b aa, BAGE 93, 112; OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133; LG Krefeld, Beschl. v. 5.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132); Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. 212 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 15; Hopt § 84 Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 39. 213 OLG Köln OLGR Köln 2003, 170. 214 BGH DB 2003, 198. 215 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). 216 LG Osnabrück VersR 2000, 963; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). 217 BAG VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). 218 OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. 219 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer.

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die fehlende Befugnis, das vermittelte Produkt bzw. die Produktpalette zu gestalten (dies darf auch der HV nicht);220 die Verpflichtung, geschlossene Verträge, Abrechnungen, Einnahmen o.ä. pünktlich an den Unternehmen weiterzuleiten; das Fehlen eines zur Betreuung zugewiesenen Kundenkreises; die vertraglich vereinbarte Beschränkung auf bestimmte Sparten; Verbote, die geeignet sind, ein wettbewerbswidriges Verhalten des im Außendienst Tätigen zu verhindern,221 z.B.: (1) das Verbot systematischer Telefonwerbung; (2) das Verbot des systematischen Ausspannens von Kunden; (3) das Verbot unzulässiger Kopplung von vermittelten Verträgen mit anderen Produkten; (4) das Verbot des Auftretens gegenüber potentiellen Kunden unter Verschweigen der Vertretereigenschaft; (5) das Verbot, Veröffentlichungen zu Werbezwecken vorzunehmen, die nicht mit dem Unternehmer abgestimmt wurden; (6) die Bindung an Wettbewerbsrichtlinien oder andere Standesregeln die Verpflichtung, Inkasso-Tätigkeiten nach Richtlinien des Unternehmers wahrzunehmen;222 die Tatsache, dass dem im Außendienst Tätigen keine Kosten für seinen Geschäftsbetrieb entstehen; die Verpflichtung, Untätigkeit (Urlaub, Krankheit) zu melden oder abzustimmen;223 wenn der Mittler sich im Verhinderungsfalle, namentlich im Krankheitsfalle,224 zu entschuldigen hat;225 das Überlassen von Informationsmaterial, Formularen226 usw. für die Kunden (dies ist eine übliche Unterstützung durch den Unternehmer), ggf. auch von sonstigem Arbeitsmaterialien;227 die Verpflichtung eines Mittlers, nur Unterlagen und Programme des Unternehmers zu verwenden (da § 86a Abs. 1 vom Unternehmer fordert, solche Unterlagen zur Verfügung zu stellen);228 allgemein die Unterstützung durch den Unternehmer;229 Überlassung von Kundenlisten, falls es sich um eine bloße Unterstützungsmaßnahme handelt und der HV zur Abarbeitung nicht verpflichtet ist;230 Anzeigepflichten bei der Wahl von Untervertretern;231

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220 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 82; aA ArbG Nürnberg ArbuR 1996, 417. 221 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). 222 LG Osnabrück VersR 2000, 963. 223 OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133. 224 SG Karlsruhe VersR 1955, 388. 225 RAG ARS 15, 505; 45, 34. 226 BAG VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde). 227 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948: weder Hinweis in die eine wie die andere Richtung. 228 LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820. 229 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). 230 BAG NZA 1995, 649; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). 231 Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133).

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die wirtschaftliche Abhängigkeit vom Unternehmer,232 selbst wenn sie besonders ausgeprägt sein sollte233 (dann aber mglw. Nichtigkeit gem. § 138 BGB).234 Dies zeigt schon § 92a;235 die ohnehin kaum bestimmbare soziale Schutzbedürftigkeit236 (sie hat gerade zu den Schutzbestimmungen des zwingenden Vertreterrechts geführt, kann folglich kein Indiz der Unselbständigkeit sein); mangelnder eigener Kapitaleinsatz;237 ein allgemeines, auf die fachliche Tätigkeit („Betrauung“) bezogenes Weisungsrecht.238 Jenem unterliegt auch der HV (§ 86 Abs. 1),239 insbesondere in Hinblick auf die Leitlinien der Vertriebspolitik.240 Der Selbständigkeit tut es keinen Abbruch, wenn der Vertreter Direktiven erhält, was er im Interesse des von ihm vertretenen Unternehmens anzustreben hat; das Wie der Ausführung muss regelmäßig ihm überlassen bleiben. Deshalb dürfen dem HV Weisungen zur Preisgestaltung, Verbuchung und Abrechnung von Lieferungen, Präsentation, zu Vertragskonditionen, Zahlungsmodi, Produktdarstellung und zum Ausfüllen von Versicherungsanträgen241 gegeben werden.242 Schädlich sind Weisungen hinsichtlich der unternehmerischen Tätigkeit des HV und seiner Arbeitszeit,243 insbesondere in ihren Kerngehalt.244 Gerade in der Versicherungswirtschaft darf wegen der außerordentlichen Schwierigkeit und Vielgestaltigkeit des Versicherungsrechts und der sehr hohen finanziellen Risiken der Rahmen für gegenüber dem selbständigen HV zulässige Weisungen nicht zu eng gezogen werden.245 Ein Versicherungsvertreter, der vertraglich verpflichtet ist, ein Mindestarbeitsvolumen zu leisten, einmal pro Woche die Räumlichkeiten des Auftraggebers aufzusuchen und dem ein bestimmter regionaler Bezirk vorgegeben ist, ist dennoch ein selbständiger HV.246 Er soll den Status eines Selbständigen einnehmen, wenn er als Vergütung eine Provisionszahlung ohne festes Entgelt bezieht, die Betriebsausstattung aus eigenen Mitteln aufzubringen hat und lediglich eine bestimmte Büroorganisation und Anzahl von Vertragsabschlüssen anstreben soll.247 Ein gutes Beispiel für das Überschreiten der Weisungsgrenzen, deren Respek-

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232 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 6 m. Anm. Schnoor; LAG Berlin AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 50; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (130); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b; aA Beuthien RdA 1979, 2, (5); Ranke AuR 1979, 9 (15 ff.); Wank Arbeitnehmer und Selbständige, S. 125 ff. 233 LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3b. 234 OLG Düsseldorf NJW 1998, 2978 (2981) = DB 1998, 2262. 235 LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (131). 236 LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 23.3.2011 – 5 Ta 260/10, BeckRS 2011, 74114; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 32; aA Beuthien RdA 1978, 2 ff. 237 LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; Hopt § 84 Rn 36. 238 Hopt § 84 Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. 239 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.5.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); Eberstein A II 1 a; Hopt § 84 Rn 38. 240 Hopt § 84 Rn 38; aA wohl LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. 241 BAG, Urt. v. 15.12.1999 – 5 AZR 770/98 – II 2a der Gründe. 242 LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; Hopt § 84 Rn 38; Oetker/Busche § 84 Rn 32. 243 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 40. 244 BAG NZA 1995, 649; Hopt § 84 Rn 38; Oetker/Busche § 84 Rn 33. 245 BAG 18, 87 (94); LG Krefeld, Beschl. v. 5.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679. 246 LG Krefeld, Beschl. v. 5.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679. 247 LG Krefeld, Beschl. v. 5.10.2009 – 1 T 48/09, BeckRS 2011, 00679.

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tierung der HV kraft seiner Selbständigkeit verlangen kann, bietet die Entscheidung OLG Oldenburg DB 1964, 105;248 die Verpflichtung, Weisungen hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes des Büro etc. zu befolgen, insb. vertriebsspezifische Vorschriften zum äußeren Erscheinungsbild, etwa zur Corporate Identity249 oder zum Corporate Design250 (typisch etwa bei Franchisenehmern251 und Kfz-Mittlern, aber auch im Finanzdienstleistungsvertrieb),252 solange ihre Missachtung nicht zu klaren Sanktionen führt. Sie sind meist durch die Geschäftsart bedingt und damit irrelevant.253 Es liegt im legitimen Interesse des Unternehmers, dass die für ihn tätigen HV im Hinblick auf ihr Äußeres einen gewissen Mindeststandard einhalten. Gerade in der Versicherungswirtschaft ist wegen der Schwierigkeit und Vielgestaltigkeit dieser Branche und der sehr hohen finanziellen Risiken, die damit verbunden sind, selbst bei ausgebildeten HV ein großzügiger Maßstab hinsichtlich der Zulässigkeit von Weisungen anzulegen.254 Bei einheitlicher Corporate Identity gilt dies etwa für eine Agenturtheke mit Terminal und Einrichtungsgegenständen im einheitlichen Design sowie ein aufwendiges EDV-System, welches der Mittler mit den sich daraus ergebenden Vorgaben anzuwenden hat;255 Werbung: Verpflichtung, ausschließlich das vom Unternehmer zur Verfügung gestellte Werbematerial zu verwenden;256 ein vertragliches Wettbewerbsverbot. Dies zeigen § 92a sowie das vertragsimmanente, aus § 86 hergeleitete Wettbewerbsverbot,257 selbst der Ausschluss jeglicher Konkurrenztätigkeit für sämtliche Produkte, die vom Unternehmer vertrieben werden, spricht nicht gegen die Selbständigkeit;258 das Verbot, Produkte zu vermitteln, die nicht in der Provisionsliste des Unternehmers (hier: AWD) enthalten sind;259 allgemein personenbezogene und ablauforientierte Weisungen hinsichtlich der Umstände, unter denen die Leistung erbracht wird,260 unschädlich ist etwa die Weisung, dass der Fachhandel oder Endverbraucher zu beliefern ist;261 detaillierte Pflichten eines Tankstellenvertreters hinsichtlich der Warenbevorratung, der Abrechnung und der Zahlungsmodalitäten, da sie der typischen Vertrags-

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248 Die Revisionsentscheidung NJW 1966, 882, die die Sache zurückverwies, hat den Sachverhalt wegen einer möglicherweise dennoch gegebenen Ausnahmelage als klärungsbedürftig angesehen. 249 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 250 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619) – der HV durfte hier zudem frei entscheiden, ob er die ihm angebotenen Arbeitshilfen und Werbemittel nutzte. Für das Franchiserecht BGH DB 2003, 198. 251 BGH DB 2003, 198. 252 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619). 253 Für zwingend durch die Geschäftsart bedingte Einschränkungen OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 254 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). 255 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 256 BGH DB 2003, 198. 257 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834; Hopt § 84 Rn 36. 258 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 8.1.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939; OLG Bremen, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. 259 OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 8.1.2010 – 22 W 55/09, BeckRS 2010, 21939; OLG Bremen, Beschl. v. 28.1.2005 – 2 W 108/04, OLGR 2005, 432. 260 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 40. 261 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402).

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gestaltung im Tankstellengewerbe entsprechen sollen.262 Der Bereich der Weisungsgebundenheit darf aber nicht zu eng gezogen werden;263 vertragswidrige Beschränkungen, weil dadurch niemand zum Arbeitnehmer wird264 (aber es wird auf die tatsächlichen Umstände ankommen: Die Abweichung vom Vertrag kann gerade Ausdruck eines „arbeitsrechtlichen Direktionsrechts“ des Unternehmers sein, s.o.). (2) Merkmale mit mittlerem Gewicht

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Fehlende Abrechnung über Provisionen;265 Umstände der Dienstleistung;266 die zeitliche Beschränkung der Reisetätigkeit; Vom Unternehmer vereinbarte Gesprächstermine mit Kunden;267 Vorgabe des Unternehmers, pro Woche 15–20 Kunden besuchen zu müssen, davon mindestens 3–4 in den Abendstunden. Nach Ansicht des BAG268 führen solche Pflichten nicht zu einer zeitlichen Weisungsgebundenheit. Zwar kann sich eine solche aus der Festlegung eines in einer bestimmten Zeitspanne zu erledigenden Mindestsolls ergeben. Das ist aber nicht anzunehmen, wenn die Grenzen so gesetzt sind, dass dem HV ein erheblicher Spielraum verbleibt. Im Übrigen liegt es für einen VV im Hauptberuf nahe, dass er möglichst viele Kunden besucht; eine Anwesenheitspflicht des Versicherungsvertreters von täglich vier Stunden;269 die Bereitstellung eines Firmenwagens durch den Unternehmer;270 mangelnde Innen- oder Außenorganisation des Vertreterunternehmens;271 die Einordnung in eine betriebliche Hierarchie; die Verpflichtung, ein bestimmtes Mindestsoll zu erreichen, welches keinen Spielraum hinsichtlich der Arbeitszeit belässt;272 vollständiger Ersatz der beruflichen Aufwendungen durch den Unternehmer;273 die Verpflichtung, an bestimmten, nicht produkt- oder vertriebsbezogenen Veranstaltungen (Schulungen etc.), regelmäßig teilzunehmen;274 die Teilnahme an einem tätigkeitsbegleitenden Ausbildungsprogramm zum Versicherungsfachmann (BWV), wenn sie nicht mehr als 35 Arbeitstage/Jahr in Anspruch nimmt;275

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262 OLG Köln OLGR Köln 2003, 170. 263 Steinhauer BB 2009, 2386. 264 BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). 265 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948. 266 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 267 OLG Hamm, Beschl. v. 7.2.2003 – 35 W 11/02, VersR 2004, 1133. 268 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 26; v. 15.12.1999 – 5 AZR 770/98 – unter II 1b, AP HGB § 92 Nr. 6 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 79; v. 26.5.1999 – 5 AZR 469/98 – AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 104 = EzA BGB § 611 Arbeitnehmerbegriff Nr. 75. 269 BAG – 5 AZR 566/98, VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826 = EWiR § 84 HGB 2/2000 (Graf von Westphalen). 270 Eberstein S. 39. 271 BAG ZIP 2000, 630 = VersR 2000, 1143 = BB 2000, 826. 272 BAG VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde); Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). 273 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16. 274 BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer. 275 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NJW 2010, 2455 Rn 32.

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die Verpflichtung, dem Unternehmer regelmäßig in kurzen Abständen detaillierte, über das übliche hinausgehende Berichte zukommen zu lassen (dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass auch der Vertreter berichtspflichtig ist,276 die Betonung liegt also auf „unüblich“); Forderung nach Übermittlung einer Drei-Monats-Produktionsvorschau, aufgeteilt nach einzelnen Produktionssparten, mit einer seriösen Prognose der prozentualen Gewichtung der Abschlusse pro Kunde. Diese Weisung gehe über die Bemühungspflicht nach § 86 Abs. 1 hinaus;277 die Zahlung einer echten Mindestprovisionsgarantie, wobei letztlich die Höhe entscheidend ist;278 die Zahlung von Aufwendungsersatz über das handelsübliche Maß hinaus, insbesondere als monatliches Fixum, wobei es bei diesen Merkmalen auf den Umfang ankommt, also auf die Höhe der vom Unternehmer geleisteten Zahlungen;279 die Verpflichtung, während des Urlaubs für Ersatz zu sorgen;280 Anordnung von Urlaubsperren, weil hierdurch die Bestimmung der Arbeitszeit eingeschränkt wird;281 Statusvergleich, d.h., wenn der Mittler Tätigkeiten wahrnimmt, die zuvor oder bei Anderen unzweifelhaft Unselbständige ausführ(t)en;282 falls der Mittler regelmäßig zur Berichterstattung persönlich zu erscheinen hat. die Erteilung eines Zeugnisses283 (auch der HV hat aber ein Zeugnisrecht, Vor § 84 Rn 92).

(3) Merkmale, die sehr stark für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnis- 37 ses sprechen. Die dritte Gruppe bilden Merkmale, denen bei der Bestimmung der Unselbständigkeit großes Gewicht beigemessen wird. Sie führen zu in den Kerngehalt der Selbständigkeit eingreifenden Beschränkungen. In diese Gruppe fallen: – die uneingeschränkte Verpflichtung, allen Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten (Direktionsrecht nahekommend);284 – wenn der Mittler in Bezug auf seine Tätigkeit und die Art ihrer Ausübung einer umfassenden Kontrolle unterliegt;285 – falls der HV in die hierarchisch gegliederte Organisationsstruktur des Unternehmers eingebunden war und seine Tätigkeit weder inhaltlich frei gestalten noch seine Arbeitszeit bestimmen kann;286 – wenn Strukturvermittler in derselben Unterkunft wohnten, von wo aus sie zu ihrem jeweiligen Einsatzort gefahren werden. Sie haben dann keine andere Möglich-

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276 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 76. 277 BAG, Urt. v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02, NJW 2004, 461. 278 Eberstein A II 1a; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16, 17; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 5. 279 Eberstein A II 1a; Hopt § 84 Rn 36. 280 Grenzfall, siehe Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132). 281 BAG, Urt. v. 20.8.2003 – 5 AZR 610/02, NJW 2004, 461. 282 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948; Hopt DB 1998, 866; Hopt § 84 Rn 36. 283 OLG München, Beschl. v. 20.3.2014 – 7 W 315/14, BeckRS 2014, 06948. 284 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. 285 RAG ARS 30, 40; 45, 34. 286 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281, wobei die nicht durch SVVortrag unterstützte Behauptung des HV, dies sei so gewesen, nicht genügen dürfte.

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keit, als die vom Unternehmer gewünschten örtlichen und zeitlichen Vorgaben einzuhalten;287 sofern die Leistungen im Rahmen einer vom Unternehmer bestimmten Arbeitsorganisation mit umfassendem Weisungsrecht des Unternehmers hinsichtlich Zeit, Dauer und Ort der Dienste erbracht werden;288 Recht zur jederzeitigen Revision, Geschäfts- und Kassenkontrolle durch den Unternehmer; Versetzungsrecht in den Innendienst;289 Verpflichtung zur täglichen Berichterstattung;290 Tätigkeit mit Stechkarten;291 Verpflichtung oder tatsächliche Übung, in Räumen des Unternehmers zu arbeiten,292 ggf. mit festen Arbeitszeiten (dabei ist aber auf entsprechende Usancen in einzelnen Branchen Rücksicht zu nehmen), dessen Firmenpapier zu nutzen293 oder die sonstige Eingliederung in den Betrieb des Unternehmers;294 die Unterstellung unter die Arbeitsordnung des Unternehmers und die Maßgeblicherklärung eines Tarifvertrages für die Bezahlung;295 örtliche Weisungsgebundenheit,296 etwa in Hinblick auf den Tätigkeitsort;297 die Verpflichtung, ein bestimmtes Mindestsoll – auf hohem Niveau – zu erreichen;298 Mindestzeiten,299 Tages-, Dienstpläne300 und Arbeitspensen;301 wenn dem Mittler die zu besuchenden Kunden und die Besuchstour vorgeschrieben werden;302 feste Arbeits-303 und Urlaubszeiten;304 die Vereinbarung über Urlaubsanspruch und Zahlung von Urlaubsgeld;305 Versetzungsrecht;306

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287 FG Sachsen, Urt. v. 15.7.2009 – 5 K 695/03, BeckRS 2011, 94073. 288 BAG BB 1990, 779 (780); Urt. v. 12.9.1996 – 5 AZR 104/95, DB 1997, 1037; ZIP 1997, 1714; ZIP 1998, 612; LAG Düsseldorf BB 1997, 891; Hanau DB 1998, 69 (73); Horn/Henssler ZIP 1998, 589 (592); Hromadka DB 1998, 195 (197); Reinecke ZIP 1998, 581 (583); kritisch Hümmerich NJW 1998, 2615 (2630). 289 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer Rn 12, 15. 290 BGH BB 1989, 1076; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126, 132. 291 OLG Koblenz, Beschl. v. 9.10.2006 – 2 W 510/06, VersR 2007, 1222 (1223). 292 BGH MDR 1998, 920; LG Kiel VersR 1999, 485; Hopt § 84 Rn 36; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16; aA LG Mannheim, Beschl. v. 19.10.2001, 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23 (Emde), für geringeres Gewicht auch LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820. 293 BAG AP § 92 Nr. 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 39. 294 LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; AG Neumünster VersR 1998, 1507; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 3a; Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 13 Rn 83; Oetker/Busche § 84 Rn 34. 295 ArbG Wilhelmshaven DB 1963, 999 (Ls.); vgl. weiter OLG München NJW 1957, 1767; auch: BFH DB 1970, 862 (863). 296 Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 13 Rn 83. 297 Hopt § 84 Rn 36; Oetker/Busche § 84 Rn 34. 298 AA OLG Düsseldorf NJW 1998, 2978; 1998, 2981 = DB 1998, 2262. 299 AG Neumünster VersR 1998, 1507. 300 Hopt § 84 Rn 36; Oetker/Busche § 84 Rn 34. 301 RAG ARS 45, 34; Hopt § 84 Rn 35. 302 Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132); aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 6. 303 BGH MDR 1998, 920. 304 BGH MDR 1998, 920; Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (132); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 16; Oetker/Busche § 84 Rn 34. 305 BFH DB 1970, 862 (863); BB 1962, 401. 306 Hopt § 84 Rn 36.

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zeitliche Weisungsgebundenheit;307 die Verpflichtung, Fehlzeiten nachzuweisen;308 Vertretung des Mittlers durch Personal des Unternehmers in Urlaubszeiten;309 die Verpflichtung, Adresslisten abzuarbeiten, insbesondere in Verbindung mit dem Verbot der Kundenwerbung aus eigener Initiative; die Vornahme von Abzügen für Lohnsteuer und Sozialversicherung an den Bezügen des Geschäftsmittlers, mögen diese auch nur in Provisionen bestehen; die Zuweisung von Lehrlingen zur Ausbildung; die Einrichtung der Geschäftskonten bei Banken und Postscheckamt ausschließlich auf den Namen des Unternehmers;310 das Verbot, Untervertreter oder Mitarbeiter einzustellen,311 wohl auch Zustimmungsvorbehalte, falls die Zustimmung – vertraglich fixiert – nicht unter bestimmten, keine erhebliche Hürde aufstellenden Umständen erteilt werden muss.312 Diese Beschränkung setzt dem Geschäftsumfang des im Außendienst Tätigen zu enge Grenzen. Der Selbständige kann grundsätzlich nicht zu einem bestimmten maximalen oder minimalen Geschäftsumfang verpflichtet werden. Ihm muss die rechtliche Möglichkeit zu geschäftlicher Expansion offen stehen.313 Es ist jedoch zu unterscheiden: Die Regelung, wonach der Mittler Hilfspersonen ausschließlich zu Hilfstätigkeiten im Rahmen seiner eigenen persönlichen Organisation beschäftigen darf, muss nicht unbedingt gegen die Selbstständigkeit sprechen. Denn der Unternehmer mag insb. im Bereich der Versicherungs- und Finanzberatung angesichts des Haftungsrisikos ein berechtigtes Interesse besitzen, den Kreis der für ihn tätigen HV zu überschauen und zu begrenzen.314

Gleichwohl: Liegen einzelne dieser in die letztgenannte Gruppe fallende Merkmale 38 vor, hat das nicht zwingend ein Beschäftigungsverhältnis zur Folge, wenn andere Merkmale für die Selbständigkeit sprechen. c) Bedeutung der SGB-Vorschriften über die Scheinselbständigkeit. Für einen 39 HV muss der Unternehmer keine Sozialabgaben leisten.315 Gem. §§ 2, 7 SGB IV sind Arbeitnehmer hingegen sozialversicherungspflichtig. Wird der Vertriebsvertrag mit einer Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) geschlossen, scheidet eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von vornherein aus. Zum 1.1.2003 ist die bisherige Vermutungsregelung nach § 7 Abs. 4 SGB IV weggefallen, nach der eine abhängige Beschäftigung bei Erfüllung von drei aus fünf Merkmale vermutet wurde.316 Entfallen ist damit auch die Aus-

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307 Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 13 Rn 84. 308 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 39. 309 BAG AP Nr. 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 43. 310 LAG Frankfurt am Main VersR 1966, 236. 311 Nach Ansicht des OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276 spricht es hingegen gerade für die Selbstständigkeit des HV, dass der Mittler seine Dienste in Person zu erbringen hat. 312 Vgl. Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133). 313 Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (133); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 43; aA OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619) – sofern der HV für seine persönliche Unternehmensorganisation Hilfskräfte beschäftigen darf; LG Mannheim Beschl. v. 19.10.2001 – 7 AktE 1/01, ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23. 314 OLG Köln, Beschl. v. 15.9.2008 – 19 W 18/08, BeckRS 2009, 27276. 315 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 77; Marburger BB 1979, 840. 316 Dazu zusammenfassend Bauer/Baeck/Schuster Scheinselbständigkeit, 2000, Rn 93; Emde VersR 1999, 1464 (1466).

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nahmeregelung des § 7 Abs. 4 S. 2 SGB IV, derzufolge HV, die „im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und über ihre Arbeitszeit bestimmen können“, von dem Anwendungsbereich der Vermutungsregelung ausgenommen waren (sog. „Bereichsausnahme“, dazu 2. Aufl. § 84 Rn 37 ff.). Entscheidend ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV nun, ob eine nichtselbständige Arbeit vor40 liegt. Anhaltspunkte dafür geben eine Tätigkeit nach Weisung und die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Letztlich entscheidend ist nun auch bei HV, ob sie ihre Tätigkeit im Wesentlichen frei einteilen und über ihre Arbeitszeit bestimmen können. Somit können HV grds. auch scheinselbstständig sein. Indizien wurden oben, Rn 26 ff., dargelegt. Genannt werden z.B. Umsatzvorgaben, eng angelegte Kontrollen des Auftraggebers, Pflichtanwesenheiten, vorgegebene Termine bei Kunden, Tourenpläne, Urlaubsabstimmungen mit dem Auftraggeber sowie das Verbot, Angestellte einzustellen. Sofern der HV seine Arbeitszeit und Tätigkeit frei einteilen kann, kann er dennoch den rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern gleichgestellt sein, wenn er regelmäßig keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, deren Entgelt 450,00 EUR im Monat übersteigt und er im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist. § 7 Abs. 1 SGB IV lehnt sich damit letztlich an § 84 Abs. 1 S. 2 an, so dass neben dem 41 Vorrang des HGB bei der Beantwortung der Statusfrage auch dies gegen eine Bedeutung des SGB für die arbeitsrechtliche Statusfrage spricht. Eine unselbständige, an § 84 angelehnte Regelung kann kaum die Rolle einer statusbestimmenden Definition einnehmen. Gemäß § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI können Vertriebsmittler und auch HV als arbeitneh42 merähnliche Selbständige nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI rentenversicherungspflichtig sein. Die in § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI des Gesetzes vom 19.12.1998317 eingeführte und in der zum 1.1.1999 rückwirkenden Fassung des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999318 geltende sozialrechtliche Definition der Selbständigkeit ist für die arbeitsrechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses nach § 84 ebenso ohne Bedeutung319 wie steuerrechtliche Definitionen.320 Die Norm hat keine Sonderform des HV geschaffen, weswegen die Vorschrift ohne Auswirkungen auf die spezielleren §§ 84 ff. ist.321 Sie regelt lediglich die Voraussetzungen, unter denen Sozialversicherungspflicht eintritt, beantwortet aber nicht die Frage, ob der Mittler selbständig (Handelsvertreter) oder unselb-

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317 BGBl. I 1998, 3843 (3846). 318 BGBl. I 2000, 2. 319 Begr. des Gesetzentwurfs ZIP 1998, 2031 (2035) sowie Beschlußempfehlung des BT-Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung ZIP 1998, 2195; BAG ZIP 2000, 808 = EWiR 2000, 533 (Emde) = BB 2000, 1469 m. Anm. Reiserer; VersR 2000, 1501 = BB 2000, 1837 m. Anm. Bolle = EWiR 2000, 969 (Emde); VersR 2001, 857 = BB 2001, 48 = EWiR 2001, 277 (Emde); LG Mannheim ZIP 2001, 2149 = EWiR 2002, 23 (Emde); LAG Nürnberg ZIP 1999, 769; Emde VersR 2001, 148; Thume BB 1999, 2309 (2310); Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 12 Rn 43; Rundschreiben der Spitzenverbände zur Scheinselbständigkeit mit Einführung von Hanau ZIP 1999, 252 (255) mit den ergänzenden Hinweisen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung scheinselbständiger Arbeitnehmer und arbeitnehmerähnlicher Selbständiger v. 16.6.1999, NZA 1999, 746; Buchner DB 1999, 1502; Hopt § 84 Rn 36; Canaris § 17 Rn 10; aA Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083; zu dem Gesetz ferner Berndt MDR 1999, 210 (211); Buchner DB 1999, 533; Weimar/Goebel ZIP 1999, 217; Leuchten/Zimmer DB 1999, 381 (382, 383); Kunz/Kunz DB 1999, 846 (848); Kerschbaumer/ Tiefenbacher ArbuR 1999, 121; Reiserer BB 1999, 366 (367, 368); Buchner DB 1999, 146 (148, 150); Goretzki/Hohmeister BB 1999, 635; Postler NJW 1999, 925; Richardi DB 1999, 958; Küstner BB 1999, 541; Adomeit NJW 1999, 2086; Krebs DB 1999, 1602; Gaul/Wisskirchen DB 1999, 2466; Buchner DB 1999, 2514; Reiserer BB 2000, 94; kritisch Berndt NJW 2000, 464. 320 Martinek/Wank Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 12 Rn 42. 321 Thume BB 1999, 2309 (2310); aA Graf von Westphalen ZIP 1999, 1083.

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ständig (Reisender) ist. Nur im Einzelfall kann den Kriterien des SGB Bedeutung als Indiz für eine Unselbständigkeit zukommen.322 Versicherungspflichtig waren nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI zunächst selbstständig tätige Personen, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 325 Euro (seit 1.4.2003: 400 Euro) im Monat überstieg (Buchst a), und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig waren (Buchst b). In der Folgezeit hat der Gesetzgeber § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchst b SGB VI (mit Wirkung vom 1.7.2006) um den Halbsatz ergänzt, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft gelten.323 Ferner ist die Entgeltgrenze von 400 Euro in § 2 Satz 1 Nr. 9 Buchst a SGB VI (mit Wirkung ab 1.5.2007) entfallen.324 Die Rspr. sieht in dem Einsatz von Hilfskräften zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten ein wesentliches Merkmal selbständigen Unternehmertums. Unbeantwortet bleibt, weshalb die Erfüllung des Kriteriums nur durch die Beschäftigung eines Arbeitnehmers, nicht durch die eines selbständigen Subunternehmers, widerlegt werden kann.325 Die Beschäftigung des Arbeitnehmers muss regelmäßig erfolgen, um Umgehungen durch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse auszuschließen. Selbstständig sind alle Personen, die mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit in persönlicher Unabhängigkeit und auf eigene Rechnung und Gefahr ausüben.326 Insb. liegt Selbstständigkeit vor, wenn der Vermittler in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeit keinen Vorgaben unterliegt.327 Von einer Dauerhaftigkeit ist auszugehen, wenn die Tätigkeit im Rahmen eines Dauerauftragverhältnisses oder eines regelmäßig wiederkehrenden Auftragsverhältnisses erfolgt, wobei neben zeitlichen auch wirtschaftliche Kriterien zu beachten sind. Dies ist dann anzunehmen, wenn der Betroffene mindestens 5/6 seiner gesamten Einkünfte aus den zu beurteilenden selbstständigen Tätigkeiten alleine aus einer dieser Tätigkeiten bezieht.328 Nur wenn die selbstständige Tätigkeit, etwa der Auftrag bezüglich eines bestimmten Projekts, im Voraus auf einen Zeitraum von weniger als einem Jahr begrenzt ist, stellt sich überhaupt die Frage nach der Dauerhaftigkeit.329 Der Mittler muss zudem auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sein (Buchst. b).330 Im Hinblick auf den politischen Zweck der Neuregelung war als Konsequenz gewollt, dass der Begriff „Auftraggeber“ weit verstanden und neben Vermittlungs- oder Agenturmodellen auch Franchise-Systeme erfasst werden sollten.331 Auftraggeber ist jede natürliche oder juristische Person oder Personengesamtheit, die im Wege eines Auftrages oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem

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322 Graf v. Westphalen ZIP 1999, 1083 (1088); Berndt DB 1999, 1162 (1166, 1167); kritisch dazu Reiserer BB 1999, 366 (367, 368). 323 Art. 11 Nr. 1 Buchst a des Haushaltsbegleitgesetzes 2006 v. 29.6.2006, BGBl I 1402. 324 Art. 1 Nr. 2 Buchst b des Gesetzes zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografische Entwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung v. 20.4.2007, BGBl. I 554. 325 Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (127). 326 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (250). 327 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (250). 328 SG Reutlingen, Gerichtsbescheid v. 13.7.2007 – S 8 R 4013/05, BeckRS 2010, 69988. 329 SG Reutlingen, Gerichtsbescheid v. 13.7.2007 – S 8 R 4013/05, BeckRS 2010, 69988. 330 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727. 331 BSG, Urt. v. 4.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (251); BT-Drs 13/6549 S. 7; BT-Drs 13/8942, S. 8 (zu § 7 Abs. 4 SGB VI).

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bestimmten Organisations-Marketingkonzept überlässt und dadurch eine wirtschaftliche Abhängigkeit des selbstständig Tätigen gegenüber begründet.332 Nach Ansicht des LSG Berlin-Brandenburg333 knüpft der Begriff nicht an gesetzliche Definition in anderen Gesetzen, wie bspw. in § 662 BGB an.334 Von § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI sind auch Franchisenehmer erfasst.335 Auftraggeber ist der FG, jedoch nicht der Kunde des FN, der Produkte oder Leistungen abnimmt.336 So ist bei einem Nachhilfe-Franchisesystem nicht der Nachhilfeschüler sondern der FG Auftraggeber.337 Weil ein HV nicht selbst Partei des mit seinen Kunden zustande kommenden Vertrags wird, kommen diese als Auftraggeber ebenfalls nicht in Betracht.338 48 Ob ein Selbstständiger im Wesentlichen für einen Auftraggeber tätig ist, kann aufgrund der erzielten Bruttoeinkünfte beurteilt werden.339 In der Praxis wird von den Spitzenverbänden der Sozialversicherungsträger das Erfordernis der Wesentlichkeit als erfüllt angesehen, wenn mindestens 5/6 der Gesamteinkünfte aus der Tätigkeit für einen Auftraggeber erzielt werden. In der Rechtsprechung wird demgegenüber davon ausgegangen, dass das Einkommen aus einer selbstständigen Tätigkeit für einen der Auftraggeber jedenfalls deutlich mehr als 50% ausmachen muss, um die Annahme einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Auftraggeber zu rechtfertigen.340 Dabei handelt es sich jeweils um einen Orientierungsrahmen. Für „einen Auftraggeber“ sind Selbstständige auch dann tätig, wenn sie vertragliche Beziehungen zwar zu mehreren Unternehmen – etwa einer KG als Personengesellschaft und einer AG als Kapitalgesellschaft (und einem VVaG als rechtsfähigem Verein)341 – unterhalten, diese jedoch i.S. des § 18 AktG als Konzernunternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind.342 Dem Merkmal der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber wird eine Indizwirkung für die Sozialversicherungspflicht herausfordernde soziale Schutzbedürftigkeit zugemessen.343 Allein die Erfüllung der – notwendigen, aber auch hinreichenden und abschließenden – Voraussetzungen des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI bewirkt die Zugehörigkeit eines Betroffenen zum versicherten Personenkreis und dessen vom Gesetz typisierend zugrunde gelegte (soziale) Schutzbedürftigkeit, ohne dass weitere (individuelle) Gesichtspunkte zu prüfen wären.344

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332 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (252); Sächsisches LSG, Urt. v. 23.6.2009 – L 5 R 649/07. 333 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (250). 334 BSG, Urt. v. 4.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (250). 335 BSG, Urt. v. 4.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481; LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (251); LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 5.12.2011 – L 1 R 59/11, BeckRS 2012, 66620; aA SG Stuttgart, Urt. v. 25.3.2004 – S IX RA 23/03; zitiert nach Flohr BB 2006, 389 (391). Zum österreichischen Recht (Sozialversicherungspflicht bejaht), s. VwGH v. 31.1.1995 – 92/08/0213, zit. nach Petsche/Lager/Kutsche ZVertriebsR 2013, 202. 336 BSG, Urt. v. 4.11.2009 – B 12 R 3/08 R, NJW 2010, 2539 m. krit. Anm. Plagemann/Radtke-Schwenzer NJW 2010, 2481 Rn 28; LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 5.12.2011 – L 1 R 59/11, BeckRS 2012, 66620. 337 LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 5.12.2011 – L 1 R 59/11, BeckRS 2012, 66620. 338 BSG, Urt. v. 4.11.2009 – B 12 R 7/08 R; LSG BadWürtt, Urt. v. 1.2.2011 – L 11 R 2461/10, NZS 2011, 946. 339 LSG Saarland, Urt. v. 1.12.2005 – Az.: L 1 RA 11/04. 340 LSG Saarland, Urt. v. 1.12.2005 – Az.: L 1 RA 11/04; LSG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 26.1.2006 – Az.: L 1 RA 105/04; zum Ganzen SG Duisburg, Urt. v. 20.10.2009 – S 37 (34) R 345/07. 341 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727 Rn 26. 342 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727 Rn 26. 343 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (251). 344 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727 Rn 18; BSGE 95, 275 = SozR 4–2600 § 2 Nr. 7, Rn 12.

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Der Einwand des HV, er sei als „freier HV im Finanzdienstleistungsgewerbe“ wegen des bei ihm vorhandenen, „für Selbstständigkeit typischen wirtschaftlichen Vorsorgeverhaltens“ nicht „arbeitnehmerähnlich“, ist daher irrelevant.345 Irrelevant für die Versicherungspflicht ist ferner, ob daneben noch ein Versicherungspflichtverhältnis als Beschäftigter besteht.346 Auch ein HV, der neben seiner Beschäftigung als Angestellter ohne eigene Arbeitnehmer als selbständiger HV tätig ist, ist folglich versicherungspflichtig.347 Gemäß § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI sind selbständige Berater eines Direktvertriebsunternehmens (Amway) nicht versicherungspflichtig.348 Der rentenversicherungspflichtige HV trägt im Gegensatz zu den nach SGB IV Sozialversicherungspflichtigen die Beiträge in vollem Umfang allein, § 168 Nr. 1 SGB VI.349 d) Arbeitnehmerähnliche Personen. Bei arbeitnehmerähnlichen Personen i.S.d. 49 § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG tritt an die Stelle der persönlichen Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit das Merkmal der wirtschaftlichen Abhängigkeit.350 Ferner muss der wirtschaftlich Abhängige auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein.351 Für solche arbeitnehmerähnlichen Personen ist die Zuständigkeit der ArbG nach § 5 Abs. 1 ArbGG begründet. An dieser sozialen Schutzbedürftigkeit soll es fehlen, wenn ein Mittler eigenständig sein Geschäft führt, das Geschäftslokal selbst anmietet und selbständig Arbeitnehmer einstellt und nicht in ein Abrechnungssystem des Unternehmers eingebunden ist.352 Der Bezug eines Gründungszuschusses gem. § 57 SGB III steht der wirtschaftlichen Unselbständigkeit nicht entgegen.353 § 5 Abs. 3 ArbGG trifft allerdings für HV eine vorrangige lex specialis, die § 5 Abs. 1 50 S. 2 ArbGG verdrängt.354 § 5 Abs. 3 ArbGG enthält eine für HV in sich abgeschlossene Zuständigkeitsregelung, die der Regelung über die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für arbeitnehmerähnliche Personen in § 5 Abs. 1 ArbGG vorgeht.355 Nach § 5 Abs. 3 ArbGG sind die ArbG für Rechtsstreitigkeiten von HV zuständig, wenn sie zu dem Personenkreis gehören, für den nach § 92a die untere Grenze der vertraglichen Leistung des Unternehmers festgesetzt werden kann und während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses vor Klagerhebung im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1.000 aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provisionen als Ersatz für im re-

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345 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727 Rn 18. 346 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246 (251). 347 BSG, Urt. v. 9.11.2011 – B 12 R 1/10 R, BeckRS 2012, 68727; v. 4.11.2009 – B 12 R 7/08 R, BeckRS 2010, 66916; aA LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24.9.2008 – L 5 R 4034/07, NZS 2009, 631 als Vorinstanz. Begründung des LSG: Der HV sei nicht i.S.d. § 2 S. 1 Nr. 9b SGB VI auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftrageber tätig, soweit wegen des Versicherungspflichtverhältnisses als Beschäftigter für die Begründung eines weiteren Versicherungspflichtverhältnisses als Selbständiger kein sozialer Schutzbedarf bestehe. Das BSG lehnt diese Begründung ab, da es auf die individuelle Schutzbedürftigkeit nicht ankomme. 348 LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2013 – L 22 R 881/10, ZVertriebsR 2013, 246. 349 Oberthür/Lohr NZA 2001, 126 (127); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 9; Emde VersR 1999, 1464 (1466 ff.); Emde VersR 2001, 148 ff. 350 BAG, Beschl. v. 21.12.2010 – 10 AZB 14/10; NZA 2011, 309. 351 BAG, Beschl. v. 21.12.2010 – 10 AZB 14/10; NZA 2011, 309; BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). 352 BGH DB 2003, 198 (zum Franchisevertrag). 353 BAG, Beschl. v. 21.12.2010 – 10 AZB 14/10; NZA 2011, 309. 354 BAG MDR 2003, 814, 815; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.5.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (208); Müller-Glöge in: Germelmann/Matthes, ArbGG, § 5 Rn 23 ff.; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 27. 355 OLG Karlsruhe, Beschl. v. 12.5.2006 – 1 W 18/06, VersR 2007, 207 (209); OLG Saarbrücken VersR 2005, 1388.

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gelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen bezogen haben.356 Im Einzelnen siehe hierzu bei § 92a. § 5 Abs. 3 ArbGG hat damit lediglich prozessuale Bedeutung. Der Mittler bleibt HV i.S.d. §§ 84 ff. und das ArbG muss das HGB anwenden. Es handelt sich hierbei also um „formelles“ Arbeitsrecht. Die Zuständigkeit der ArbG ist wenig praxisnah, da sie mit dem HGB materiell ein Gesetz anwenden müssen, welches ihnen in der täglichen Rechtspraxis eher fern steht. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 3 S. 1 ArbGG nicht erfüllt, bleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte. Es kommt dann nicht darauf an, ob der HV in diesen Fällen noch als arbeitnehmerähnliche Person angesehen werden kann. 51

e) Beweislast. Die Beweislast für Selbständigkeit oder Unselbständigkeit trägt derjenige, der daraus Rechtsfolgen herleiten will.357 Macht ein Vertriebsmittler geltend, er sei Arbeitnehmer, so ist er für den fehlenden Spielraum bei der Arbeitszeitgestaltung darlegungs- und beweisbelastet.358 Spiegelbildlich muss der Unternehmer die Arbeitnehmereigenschaft beweisen, wenn er hierdurch einen Ausgleichsanspruch vermeiden will. Wird eine vom Vertrag abweichende tatsächliche Übung vorgetragen, muss sie derjenige beweisen, der sich auf jene beruft.359 Die Vermutung des § 7 SGB IV gilt nicht.360

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f) Gerichtliches Verfahren zur Zuständigkeitsbestimmung. Für die Zulässigkeit des Rechtsweges ist der jeweilige Streitgegenstand maßgeblich; dieser wird ausschließlich durch den Kläger bestimmt.361 Liegt ein sog. sic-non-Fall vor, in dem sowohl die Zulässigkeit wie die Begründetheit davon abhängen, dass der Kläger arbeitnehmerähnlicher HV oder Arbeitnehmer ist, genügt für die Zulässigkeit einer an das ArbG gerichteten Klage die Behauptung, es lägen die TB-Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 ArbGG vor bzw. es habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, ohne dass im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung entschieden werden muss, ob der Kläger arbeitnehmerähnlicher HV, Arbeitnehmer oder selbstständiger HV ist.362 Die behauptete Zuständigkeit muss sich aber schlüssig aus dem Klagevorbringen ergeben; lediglich Beweise brauchen nicht erhoben zu werden.363 Damit bestimmt sich der Rechtsweg nach dem schlüssigen Tatsachenvortrag der klagenden Partei. Dass eine Beweiserhebung in derartigen Fällen entbehrlich ist, folgt aus dem bereits vom RG und nunmehr vom BGH in st. Rspr. vertretenen Grundsatz, dass die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen im Rahmen des Zuständigkeitsstreits dann keines Beweises bedürfen, wenn sie gleichzeitig notwendige Tatbestandsmerkmale des Anspruchs selbst sind, wenn also die Bejahung des Anspruchs begrifflich diejenige der Zuständig-

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356 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 27. Die Vergütungsgrenze belief sich zunächst auf DM 500,–, seit dem 28.1.1968 dann auf 1000,– DM, seit dem 1.2.1976 auf DM 1500,– und seit dem 1.7.1979 auf DM 2000,–. 357 Vgl. Hopt § 84 Rn 38; Oetker/Busche § 84 Rn 35: es gelten die allg. Regeln. 358 BAG Urt. v. 20.8.2003- 5 AZR 610/02, NJW 2004, 461. 359 BAG DB 1966, 546; Hopt § 84 Rn 38. 360 Hopt § 84 Rn 38. 361 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; BGHZ 67, 81 (84, 90 f).; 133, 240 (243); BAG NJW 1994, 604 (605); NJW 1994, 1172. 362 OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); LAG Hamm, Beschl. v. 14.5.2007 – 2 Ta 646/06, BeckRS 2007, 47017; BAG v. 19.12.2000 – 5 AZB 16/00, NZA 2001, 285; v. 17.1.2001 – 5 AZB 18/00, NZA 2001, 341. 363 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; BGHZ 133, 240 (243) m.w.N.; OLG Schleswig, Beschl. v. 28.5.2009 – 16 W 60/09, OLGR 2009, 618 (619); OLG Hamm, Beschl. v. 27.3.2008 – 18 W 23/06, BeckRS 2009, 05464; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 22.

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keit in sich schließt (sog. doppelrelevante Tatsachen). Dann ist für die Zuständigkeitsfrage die Richtigkeit des Klagevortrags zu unterstellen.364 Damit wird eine Vereinfachung und beschleunigte endgültige Erledigung des Rechtsstreits bezweckt. Der Kläger erreicht die erstrebte Prüfung der Berechtigung seiner Klage vor dem angerufenen Gericht auf seine schlüssige Behauptung hin. Er riskiert damit allerdings die endgültige Aberkennung des eingeklagten Anspruchs als unbegründet, falls sich seine Behauptungen nicht als wahr feststellen lassen, während er bei einer Abweisung der Klage nur als unzulässig diese nach Behebung des Hinderungsgrundes – etwa vor dem zuständigen Gericht – wiederholen könnte.365 Maßgebend für die den Rechtsweg sind die Umstände im Zeitpunkt des Entstehens des eingeklagten Anspruchs.366 Handelt es sich um keinen sic-non-Fall oder bei den zwischen den Parteien streitigen Umständen nicht um doppelrelevante Tatsachen (Beispiel: das Fehlen der Arbeitnehmereigenschaft des Beklagten ist kein notwendiges Tatbestandsmerkmal der von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche),367 ist nicht allein der Sachvortrag der klagenden Partei Grundlage der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs. Vielmehr hat der Kläger die für die Begründung der Rechtswegzuständigkeit maßgeblichen Tatsachen zu beweisen, sofern der Beklagte diese bestreitet.368 Nach der Gegenansicht ist sogar dann allein auf den Klägervortrag abzustellen, wenn es sich bei den maßgeblichen Umständen nicht um doppelrelevante Tatsachen oder einen sic non Fall handelt („Schlüssigkeitstheorien“).369 Auf den Einwand eines beklagten Außendienstmitarbeiters, er sei Arbeitnehmer, ist nach dieser Ansicht beispielsweise zum Zwecke der Bestimmung des Rechtswegs kein Beweis zu erheben, sondern vom Vortrag des Klägers auszugehen.370 Es sei allein maßgeblich, ob die vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs behaupteten Tatsachen Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergäben, die in die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts fielen. Zwar bestehe das Risiko, dass der Kläger durch einseitigen Vortrag die Zuständigkeit der Gerichte bestimme. Hierdurch werde der jeweilige Beklagte aber nicht unzumutbar beeinträchtigt. Denn die einseitige Berücksichtigung des Klägervortrags beschränke sich auf die Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs. Eine offensichtlich nicht gegebene Anspruchsgrundlage bleibt auch nach dieser Ansicht außer Betracht, ebenso willkürlicher und rechtsmissbräuchlicher Vortrag.371

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364 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; BGHZ 7, 184 (186); BGHZ 124, 237 (240 f.); Urt. v. 9.12.1963 – VII ZR 113/62, NJW 1964, 497, unter 2; vgl. auch Stein/Jonas/Roth ZPO, 22. Aufl., § 1 Rn 24; Windel ZZP 111 (1998), 3 (20 f.); jeweils m.w.N. 365 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281. 366 BGH, Beschl. v. 21.10.1998 – VIII ZB 54/97, NJW 1999, 648 (650, 651). 367 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281. 368 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 45/08, BeckRS 2009, 87283 m. zust. Anm. Pohlmann EWiR 2010, 569; Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 = WM 2010, 281; KG NJW-RR 2001, 1509 (1510); noch weitergehend – für Beweiserhebung auch bei allen doppelrelevanten Tatsachen: Lüke JuS 1997, 215 (217); Kissel/Mayer, GVG, 5. Aufl., § 17 Rn 19; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO, 30. Aufl., § 17a GVG Rn 8a. 369 OLG Celle, Beschl. v. 4.6.2007 – 11 U 293/06, OLGR 2008, 177; OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834 (zur Arbeitnehmereigenschaft); OLG Köln VersR 1996, 1564; OLGR 2005, 685 (688); OLG Dresden OLGR 2005, 50 (51 m.w.N.); Kluth NJW 1999, 342 (344); Musielak/Wittschier ZPO, 7. Aufl., § 17a GVG Rn 13; wohl auch Zöller/Lückemann ZPO, 27. Aufl., § 13 GVG Rn 54. 370 OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834. 371 OLG Bremen, Beschl. v. 1.7.2008 – 2 W 21/08, OLGR 2008, 834, OLG Dresden, OLGR 2005, 50 = BeckRS 2004, 11164.

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II. Geschäftsvermittlung und Abschluss für einen Unternehmer 53

HV ist nur, wer für einen anderen Unternehmer Geschäfte vermittelt oder in dessen Namen abschließt. Der HV muss also einer Absatzförderungs- oder Vertriebspflicht unterliegen. Bei ihr handelt es sich auch um das entscheidende Analogiekriterium, aus welchem im Eigenhändlerrecht die entsprechende Anwendung der §§ 84 ff. folgt.

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1. Unternehmer – Bedeutung des § 84 Abs. 3. Der HV muss für einen anderen „Unternehmer“ (das HGB verwendet diese Bezeichnung, außerhalb der Gesetzessprache finden auch die Bezeichnungen „Geschäftsherr“,372 „Prinzipal“, bzw. je nach Funktion „Hersteller“ oder „Importeur“ Verwendung) tätig werden, der nicht identisch mit dem HV sein darf.373 Es ist also das Bestehen eines Drei-Personen-Verhältnisses („für einen anderen“) erforderlich.374 Kunde und HV dürfen mithin nicht identisch sein. Dies soll sich aus dem Begriff der „Vermittlung“ ergeben.375 Vermittlung oder Abschluss von Eigengeschäften des HV begründen z.B. keinen HV-Vertrag i.S.d. § 84.376 Gedacht wird auch an Fälle, in denen der HV nach dem Eigengeschäft einen Weiterverkauf plant.377 Die Provisionspflicht kann vertraglich auch auf diese Fallgestaltungen erstreckt werden.378 Zumindest für die Statusfrage und wohl auch für die Provisionsfrage bleibt aber die formale Selbständigkeit der Parteien genügend379 (anders zum Courtageanspruch des Maklers). Wirtschaftliche oder rechtliche Verflechtung zwischen Unternehmer und HV,380 Personenidentität der Geschäftsleitung, auch Abhängigkeit oder Konzernierung, schließen also ein Drei-Personen-Verhältnis nicht aus,381 solange die wirtschaftliche Verflechtung oder Verbindung i.S.d. §§ 17 ff. AktG die rechtliche Separierung der Parteien nicht beseitigt. Eine solche Verflechtung ist etwa in der Versicherungswirtschaft bekannt, wenn z.B. ein Lebensversicherungsunternehmen einen Organisationsvertrag mit einem Sachversicherungsunternehmen abschließt und damit als VV für den Sachversicherer tätig wird. Meist ist dies ohnehin kein Problem der Statusfrage. Davon ist jedenfalls auszugehen, sofern die Vermittlung an wirtschaftlich verbundene Unternehmen nicht Vertragsgegenstand ist oder nur einzelne Kunden mit dem HV verbunden sind. Allenfalls wenn von vornherein die Beratung eines verbundenen Unternehmens des HV beabsichtigt war, mag Gegenteiliges vertretbar sein. Auch hier neige ich jedoch zu einem Vorrang

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372 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 27. 373 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer, § 84 Rn 28; § 87 Rn 11; Hopt § 84 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 66; § 87 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16; § 87 Rn 7; Leuchten/Zimmer DB 1999, 381 (383). 374 Leuchten/Zimmer DB 1999, 381 (383); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. 375 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 66. 376 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; aA OLG Hamburg OLGRspr. 36 (1912) 258; Schnitzler DB 1965, 463. 377 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16. 378 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 23. 379 BFH, Urt. v. 26.7.1972 – I R 138/70, BB 1972, 1489; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. 380 BFH BB 1972, 1489; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. 381 BFH, Urt. v. 26.7.1972 – I R 138/70, BB 1972, 1489; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S 95; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 27; Hopt § 84 Rn 23; Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (668); aA Hopt § 84 Rn 42; Oetker/Busche § 84 Rn 38; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 18 ff. für „firmeneigene Versicherungsvermittler“ wegen wirtschaftlichen „Selbstanbietens“ (Durchgriffsgedanke) oder fehlender „ständiger“ Betrauung (wie hier zu VV LG Hannover, Urt. v. 30.6.2009 – 18 O 193/08, BeckRS 2009, 21555); auch Schlessmann Kündigung von Handelsvertreter-Verträgen, 1966, S. 76 f., falls der Unternehmer in der Geschäftsführung der Vermittler-GmbH vertreten ist.

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der formalen Betrachtungsweise, welche die rechtliche Selbständigkeit des Kunden genügen lässt. Problematisch ist eher das Provisionsrecht (aber auch hier erhält der Unternehmer wirtschaftlich die Vorteile der Vermittlung und schuldet daher Provision)382 oder die Ausgleichsfrage, da aufgrund des nachvertraglichen Wegfalls des Kunden (das verbundene Unternehmen wird meist kein Stammkunde des Unternehmers bleiben) in der Regel Vorteile des Unternehmers fehlen. Im Falle des Vertragsschlusses mit einem Unternehmen in einem Versicherungskonzern, in dem mehrere rechtlich selbstständige Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgabenbereichen zusammengefasst sind, entspricht es in der Regel dem Interesse des VV, dass der HV-Vertrag mit der Gesellschaft innerhalb des Konzerns zu Stande kommt, die Versicherer im Sinne des § 92 Abs. 2 ist. Denn allein dieser ist im Zweifel in der Lage, die Abrechnung nach § 87c vorzunehmen.383 § 84 Abs. 3 bestimmt, der Unternehmer könne auch ein HV sein. Diese Klarstellung 55 ist überflüssig. Zu Abs. 3 und Untervertretern auch Rn 126 ff. Nach dem weit auszulegenden384 und wirtschaftlich zu verstehenden Begriff385 kann Unternehmer jeder sein, der über einen zum Vertrieb geeigneten Gegenstand oder ein geeignetes Recht verfügt. Für den Unternehmer stellt das Gesetz keine besonderen Voraussetzungen auf.386 Unternehmereigenschaft soll jeder haben, der am rechtsgeschäftlichen Verkehr in den Formen des Privatrechts teilnimmt und dergestalt seine Aufgaben erfüllt.387 Kürzer ließe sich sagen, dass Unternehmer jede am Zivilrechtsverkehr teilnehmende Person ist. Diese weite Auslegung des Unternehmerbegriffs ist geboten, damit nicht die internen Verhältnisse des Auftraggebers, auf die der Mittler keinen Einfluss haben kann, darüber entscheiden, ob er in den Schutzbereich des Vertreterrechts einbezogen wird.388 Bis 1953 war HV nur derjenige, der „für das Handelsgewerbe eines anderen“, also für 56 einen Kaufmann warb.389 Diese Einschränkung des Geschäftsherrnbegriffes entsprach dem Verständnis eines „Handels“gesetzbuches, wurde jedoch mit der Novelle 1953 aufgehoben, und sie war schon zuvor kaum sinnvoll, solange man keine befriedigende Antwort auf die Frage geben konnte, welchem Recht das Vertragsverhältnis im Falle der Tätigkeit für einen Nichtkaufmann unterliegen sollte. Die nahe liegende Antwort hätte auf eine analoge Anwendung des HV-Rechts verwiesen, so dass die §§ 84 ff. auch unmittelbar hätten angewandt werden konnten. Nach seit 1953 geltendem Recht braucht der Unternehmer kein Kaufmann390 zu sein, er muss auch kein (Handels-)Gewerbe betreiben391 (siehe zur Handelsgewerblichkeit Rn 16 ff., zu Abs. 4 Rn 86 ff.). Auch die Rechtsform ist irrelevant,392 der HV braucht noch nicht einmal eine juristische Person des Privatrechts393 zu sein. Dies korrespondiert mit Art. 1 Abs. 2 der allerdings nur für den

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382 AA OLG Celle, Urt. v. 14.11.1969, BB 1970, 51 = DB 1970, 582. 383 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 384 BGHZ 43, 108 (111); BGH BB 1982, 1876; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 23; Hopt § 84 Rn 27; Oetker/Busche § 84 Rn 37. 385 BGH, Urt. v. 22.6.1972 – VII ZR 36/71, BB 1972, 938 (939). 386 Westphal I Rn 65; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 63. 387 BGH BB 1965, 304; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 27; Oetker/Busche § 84 Rn 37. 388 Westphal I Rn 65. 389 Eberstein A I; Hopt § 84 Rn 27. 390 BGHZ 43, 108 (109) = NJW 1965, 1132; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 27; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 3, 22; Hopt § 84 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 9, 13; Westphal I Rn 66; irrig noch OLG Stuttgart BB 1959, 537. 391 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 14. 392 Hopt § 84 Rn 27; Oetker/Busche § 84 Rn 37. 393 BGHZ 43, 108 (109); BGH DB 1981, 92; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13.

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Warenhandelsvertreter (Vor § 84 Rn 19) geltenden RL, die nicht von einem „Unternehmer“, sondern von einer „andere[n] Person“ spricht. Die RL stellt mithin klar, dass der Unternehmer nicht Kaufmann sein muss, und diese Vorgabe wäre im Bereich des Warenvertriebs maßgeblich. Das ohnehin kaum nachweisbare und bestenfalls ihm bekannte Vertriebsmotiv des 57 Unternehmers ist belanglos.394 Vom HV vermittelte Geschäfte dürfen daher z.B. der Abwendung eines Insolvenzfalls dienen.395 Überhaupt braucht der Unternehmer keine eigenen Erwerbszwecke zu verfolgen.396 Deshalb kann Eberstein397 und Staub/Brüggemann 4. Aufl.,398 trotz der wenig hilfreichen Terminologie des Gesetzes („Unternehmer“) nicht darin zugestimmt werden, demjenigen mangele die Vertretereigenschaft, der etwa als „Zivilagent“, z.B. als Sammler für seine Akquisitionen, der Genealoge für die Beschaffung urkundlichen Materials, der Forschungsreisende für die Ausrüstung seiner privaten Expeditionsfahrten, ständig Geschäfte ausschließlich des privaten Bereichs seines Vertragspartners vermittele, so dass nur die §§ 675 ff. BGB anwendbar wären. Der Unternehmer braucht daher kein „Unternehmer“ i.S.d. § 14 BGB sein.399 Denn dort wird eine gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit des Unternehmers gefordert, die gem. § 84 gerade nicht erforderlich ist. Richtigerweise hätte das Gesetz also statt „Unternehmer“ die neutralere Fassung „Vertragspartner“ wählen sollen. 58 Ist der Unternehmer kein Kaufmann oder fehlen gar HV wie Unternehmer die Kaufmannseigenschaft, sind zwar die §§ 84 ff., das übrige HGB aber allenfalls partiell anwendbar. Eine analoge Anwendung der eigentlich unmaßgeblichen handelsrechtlichen Vorschriften außerhalb der §§ 84 ff. ist abzulehnen. § 84 öffnet einem jeden Unternehmer, auch wenn er nicht Kaufmann ist, die Möglichkeit, HV für sich tätig werden zu lassen: nicht mehr. Damit ist die Rechtslage nur derjenigen angeglichen, wie sie für den nichtkaufmännischen Unternehmer in Ansehung der Inanspruchnahme der Dienste von Kommissionären oder Handelsmäklern schon seit jeher bestanden hatte. Wollte man darüber hinaus das Sonderrecht der zweiseitigen Handelsgeschäfte in der ganzen Breite der Rechtsbeziehungen zwischen Unternehmer und HV gelten lassen, so wäre kein Halten mehr: dann müsste das gleiche auch für die Rechtsbeziehungen zwischen dem nichtkaufmännischen Unternehmer und dem Kommissionär sowie dem Handelsmäkler rechtens sein. Das wird nicht gefordert; es wäre auch von der wohlerwogenen Begrenzung des Geltungsgrundes der Regeln über die zweiseitigen Handelsgeschäfte her nicht zu begründen. Anderenfalls müsste man dann konsequenterweise fordern, dass der nichtkaufmännische Unternehmer im Verhältnis zu seinem HV auch denjenigen Bestimmungen unterworfen sei, die dem Kaufmann als solchem einseitig gelten, nämlich den §§ 347, 350. Eine dem HV im Vertrag zugesagte Vertragsstrafe könnte nicht herabgesetzt, eine dem HV gegenüber übernommene Bürgschaft (etwa für die Erfüllung des Ausgleichsanspruchs durch den in Aussicht genommenen Nachfolger im Vertreterverhältnis) könnte formlos übernommen werden und würde keine Einrede der Vorausklage begründen – alles dies, auch wenn der Unternehmer Nichtkaufmann ist.

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394 Hopt § 84 Rn 26. 395 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 26; aA RGZ 140, 82; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 84 Rn 22, da nicht mehr dem Betrieb des Unternehmers dienend. Aber dessen Abwicklung dient auch dem Unternehmerinteresse. 396 BGHZ 43, 108 (111); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; aA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 14. 397 S. 35. 398 Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 84 Rn 18. 399 Hopt § 84 Rn 27: weitgehend, aber nicht vollkommen identisch; ebenso Oetker/Busche § 84 Rn 37.

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Unternehmer können beispielhaft sein: 59 Angestellte400 die Deutsche Post AG401 Freiberufler, auch Schriftsteller402 Gesellschaften jeder Rechtsform Genossenschaften403 Immobilienmakler404 Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, sofern sie im Rechtsverkehr in den Formen des Privatrechts auftreten und gerade in dieser Form ihre Aufgabe erfüllen405 Juristische Personen406 Künstler407 Land- und Forstwirte408 Lottounternehmen409 Tanzlehranstalten410 Telefongesellschaften Öffentliche Unternehmen,411 etwa ein öffentlicher Bauträger412 Unternehmen jedes Wirtschaftsbereichs Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit413 Verbände und Vereine414 verbundene Unternehmen Vertragshändler oder Vertriebsmittler jeder Art Wettbewerber, selbst wenn die Aufnahme der Waren nur der Sortimentsabrundung dient.415

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400 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 25. 401 BGH WM 2001, 274 (275); OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 10 U 127/01, WM 2006, 1452; LSG BadenWürttemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980; aA LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. 402 Hopt § 84 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 63; Oetker/Busche § 84 Rn 37; aA Hirsch FS Tiburtius S. 402. 403 Westphal I Rn 66. 404 BGH DB 1982, 590. 405 BGH, Urt. v. 21.1.1965, BB 1965, 304; Eberstein S. 35; Westphal I Rn 66; Hopt § 84 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13. 406 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 64. 407 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 63; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13; Martinek/ Bergmann WRP 2006, 1047 ff.; zu Unrecht zweifelnd OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, GRUR 2006, 788. 408 Hopt § 84 Rn 27; Oetker/Busche § 84 Rn 37. 409 BGH, Urt. v. 4.6.1975 – I ZR 130/73, WM 1975, 931 (besonders zur Ausgleichsberechnung); v. 22.6.1972 – VII ZR 36/71, NJW 1972, 1662; v. 21.1.1965 – VII ZR 22/63, NJW 1965, 1132; BGHZ 43, 108; 99, 87; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 13. 410 LG Göttingen MDR 1956, 302. 411 Hopt § 84 Rn 27. 412 Hopt § 84 Rn 27. 413 Lohmüller/Beustien/Josten § 84 Anm. 5; Bruck/Möller Vorbem. 173 vor § 43 bis 48 VVG; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 24. 414 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 64. 415 AA Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 26, mit der Begründung, es fehle an einer Tätigkeit „für einen anderen Unternehmer; vielmehr würden nur eigene Interessen verfolgt (aber dies ist beim klassischen HV nicht anders).

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2. Vermittlung und Abschluss von Geschäften. HV ist nur, wer Geschäfte für den Unternehmer vermittelt oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung abschließt. Die Erfüllung einer der Alternativen („oder“) genügt. Diese Merkmale grenzen zum Vertragshändler, Franchisenehmer und Kommissionär,416 aber auch zum bloßen Propagandisten oder sonstigen „Geschäftsbesorgern“ ab. Denn Vertragshändler und Franchisenehmer417 kontrahieren, anders als der HV, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, der Kommissionär zwar im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung (§ 383). Ist der Kommissionär vertraglich ständig mit solchen Abschlüssen betraut, wird er zum Kommissionsagenten.418 Der Kommissionsagent verhält sich also zum Kommissionär wie der HV zum Handelsmakler.419 Die §§ 84 ff. finden auf seine Rechtsverhältnisse analoge Anwendung, soweit die §§ 383 ff. nicht entgegenstehen.420 Ebenso ist die Analogie zum HV-Recht auch im Franchise-421 und Vertragshändlerrecht (hierzu Vor § 84 Rn 358 ff.) anerkannt, was besonders beim Ausgleichsrecht, aber auch bei der Anwendung der Kündigungsvorschriften praktisch wird. Dagegen ist die Unterscheidung zwischen Vermittlungs- und Abschlussvertretern für die Frage, ob ein HV-Vertrag vorliegt, unerheblich. Sie betrifft – anders als die Natur des Vertrages mit dem Unternehmer – allein den Inhalt der Vertragspflichten und der Bevollmächtigung, nicht die Frage, ob überhaupt ein HV-Vertrag vorliegt.422 Der genaue Inhalt der Absatzförderungspflicht ist im Einzelfall zu bestimmen;423 eine Pflicht etwa zur Lagerhaltung oder Abnahme von Vorführprodukten424 besteht ohne besondere Vereinbarung regelm. nicht.

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a) Europarechtliche Präformation. Im Gegensatz zum Begriff des „Vermittelns“ sprechen die englischen und französischen Textfassungen der RL von einem „Verhandeln“. So lautet der englische Text: „‘commercial agent’ shall mean a self-employed intermediary who has continuing authority to negotiate the sale or the purchase of goods on behalf of another person …“. Der französische Text sekundiert: „l’agent commercial est celui qui, en tant qu’intermédiaire indépendant, est chargé de façon permanente, … de négocier la vente ou l’achat de marchandises pour une autre personne …“. Sowohl der englische als auch der französische Text unterstellen daher, dass nach der RL eher ein aktives Einwirken auf den Kunden in Form eines irgendwie gearteten „Verhandelns“ erforderlich ist.425

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416 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 20. 417 Zu ihm: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 17 ff. 418 Siehe BGH, Urt. v. 1.6.1964 – VII ZR 235/62, BB 1964, 823. 419 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 9 f. 420 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 12; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (27). 421 Martinek Moderne Vertragstypen II, S. 105 ff.; Mathießen ZIP 1988, 1089 (1094 ff.); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 21. 422 Allerdings ist dies sehr wohl auch eine Frage des Innenverhältnisses zum Unternehmer, zweifelhaft daher Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2c. 423 Niebling WRP 2012, 1361 (1365). 424 Niebling WRP 2012, 1361 (1365) – Kfz. 425 Vgl. English Court of Appeal ZEuP 2002, 823: Das Gericht entschied in Bezug auf SB-Tankstellen in Anwendung der wortgleichen Umsetzungsnorm (Commercial Agents Regulations 1993), dass keine HVTätigkeit vorliege. Zur Abweichung von der Rspr. des BGH und der daraus folgenden europäischen Divergenz s. Westphal ZEuP 2002, 828; siehe auch die Entscheidung des Cour de cassation v. 15.1.2008, veröffentlicht in BICC No. 680 v. 15.4.2008, in Anwendung der französischen Umsetzungsnormen (Art. L134-1 des Code de commerce): Hiernach ist für die HV-Eigenschaft die Befugnis zu Verhandlungen notwendig.

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b) Vermittlungsvertreter. Der Vermittlungsvertreter ist verpflichtet, den Abschluss 62 von Verträgen zwischen dem von ihm vertretenen Unternehmer und Dritten als Kunden in die Wege zu leiten, d.h. vorzubereiten, zu fördern, ermöglichen oder herbeizuführen,426 ohne sie selbst mit Vollmacht für den Unternehmer zu schließen.427 Der HV unterliegt einer Bemühenspflicht, die ihn verpflichtet, neue Kunden zu werben.428 Er darf sich daher nicht darauf beschränken, einen vom Unternehmer übertragenen Kundenstamm zu nutzen.429 Der Vermittlungsvertreter bildet in der Praxis des Vertriebs von Investitionsgütern gegenüber Unternehmen die Regel.430 Man wird ihn als ermächtigt ansehen müssen, als Empfangsvertreter des Unternehmers das Angebot des Geschäftspartners entgegenzunehmen.431 In der Minderzahl der Fälle ist der HV auch Abschlussvertreter (Rn 69). Er kann dann das Angebot des Geschäftspartners zugleich namens des Unternehmers annehmen und den Abschluss damit perfekt machen. Die Art und Weise seiner Einwirkung steht dem HV regelmäßig frei,432 etwa mittels 63 zulässigerweise beschäftigter Hilfspersonen. Insbesondere ist keine persönliche Einwirkung des HV auf den Kunden oder eine persönliche Tätigkeit des HV erforderlich und angesichts der heutigen Kommunikationsformen auch wenig wahrscheinlich.433 Da Mitursächlichkeit für den Vermittlungserfolg ausreicht, ist es etwa ausreichend, wenn der ein Vertriebssystem aufbauende oder führende Vertriebs- oder Strukturleiter über sogenannte „unechte“ Untervertreter kraft Weisungsbefugnis als „mittelbarer Täter“ vermittelt.434 Ebenso genügt die Tätigkeit von Angestellten des HV, sofern keine persönliche Tätigkeit vereinbart ist. Jedoch ist gerade beim Strukturvertrieb (Rn 110, Stichwort „Strukturvertreter“) die Grenze zum leitenden Angestellten fließend. Auch ist es möglich, dass sich die Aufgabenstellung schleichend von der Vermittlungstätigkeit zu der eines leitenden Angestellten verschiebt.435 Problematisch ist hier die Wirkung auf den Ausgleichsanspruch. Die Anzahl der neugeworbenen oder erweiterten Stammkunden wird im Laufe des Wechsels stetig reduziert. Zudem ist der Ausgleich spätestens ein Jahr nach Abschluss der „Umwandlung“ des Rechtsverhältnisses, deren Zeitpunkt sich kaum je exakt nachweisen lassen wird, anzumelden. Im Sinne einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist regelmäßig Großzügigkeit angebracht und die Vermittlungstätigkeit durch unechte Untervertreter zuzurechnen, soweit dies möglich ist. Selbst ein Call-Center ohne persönlichen Kundenkontakt kann HV sein.436 Dass ein 64 persönlicher Kundenkontakt unnötig ist, beweist nichts besser als die Existenz des § 87 Abs. 2, demzufolge dem Bezirksvertreter eine Provision für alle in seinem Bezirk ge-

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426 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55. 427 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 19. 428 LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820. 429 LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820. 430 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 13; aA möglicherweise in dem nach Umsatzzahlen und forensischer Praxis (wegen der seltenen Ausgleichsstreitigkeiten) weniger bedeutendem Vertrieb von Verbrauchsgütern gegenüber Endverbrauchern, etwa Tankstellenvertrieb, Verkauf von Kosmetika etc., siehe Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666). 431 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18c. 432 Hopt § 84 Rn 22. 433 Hopt § 84 Rn 22; Oetker/Busche § 84 Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 56; Roth in: Koller/Roth/Morck § 84 Rn 4. 434 BGH, Urt. v. 23.12.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn 31; BGHZ 56, 290 (293); 59, 87 (93); OLG München HVR Nr. 987; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5.Aufl., § 27 I 2 d; Emde MDR 1999, 1108 (1109); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 45; Hopt § 84 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 56. 435 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 33. 436 OLG Köln, Urt. v. 2.7.2010 – 19 U 2/10, BeckRS 2011, 04516; hierzu auch Dieselhorst/Grages MMR 2011, 368.

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schlossenen Geschäfte zusteht. Er erhält also eine Provision ohne jeden Kontakt zum Kunden und ohne dass er für den Geschäftsabschluss ursächlich sein muss. Das Geschäft kann sogar allein vom Unternehmer abgeschlossen worden sein. Es muss jedoch zum Zwecke des Geschäftsabschlusses auf einen Dritten, potentiellen Kunden oder Geschäftsherrn, gerichtet auf die Erteilung des konkret ins Auge gefassten und den Gegenstand der Vermittlungsbemühungen bildenden Auftrags eingewirkt werden („Zielgerichtetheit“ oder „Finalität“ der Mitwirkungshandlung).437 Erforderlich ist also das Bestehen eines „Drei-Personen-Verhältnisses“438 (s. Rn 66). HV und Kunde dürfen also nicht identisch sein.439 Dafür dürfte es auf die objektive Situation und nicht auf die subjektive Sicht des Kunden ankommen, was problematisch sein kann, wenn der HV „anonym“ handelt.440 Der Begriff der „Vermittlung“ ist im Rahmen des § 84 autonom auszulegen und es bleibt – solange der geschlossene Vertrag jedenfalls zur Vermittlung oder Abschluss als Hauptleistung verpflichtet – irrelevant, welchen Umfang die geschuldete Vermittlungsleistung einnimmt oder „wie viel“ der HV vermitteln oder abschließen muss, damit er in concreto seinen Vertragspflichten nachkommt oder seine Provision verdient. Letzteres ist eine Frage des § 86 sowie der §§ 87 ff. Die Statusfrage des § 84 und die Frage der Erfüllung der vertraglichen Vermittlungspflicht werden nicht immer sauber voneinander geschieden. Für die Statusfrage gilt: „Vermittlung“ ist wirtschaftlich zu verstehen,441 und zwar erneut zum Schutze des HV weit. Erforderlich ist nur, dass der HV verpflichtet ist, den Geschäftsabschluss durch Einwirkung auf die Willensentscheidung des Kunden in irgendeiner Weise zu fördern.442 Ob der HV dieser Pflicht nachkommt oder nicht, bleibt für die Einordnung des Vertragsverhältnisses als Vertretervertrag irrelevant. Er muss lediglich zu Vermittlungsbemühungen und zu keinem Vermittlungserfolg verpflichtet sein.443 Wäre man anderer Ansicht, könnte der Mittler durch Untätigkeit über seinen Status richten und sich dadurch auch der Vermittlungspflicht entledigen. Deshalb ist es auch irrelevant, wie beschwerlich die Tätigkeit des HV ist. Anderer Ansicht war das LG Dortmund: Die Postagenturen der Deutschen Post AG sollen keine HV sein,444 weil sich die Produkte – Postdienstleistungen – quasi „von selbst“ verkaufen. Auch die Tatsache, dass der Mittler bei der Geschäftsvermittlung nur mitursäch65 lich445 werden muss, schließt seine Einordnung als HV nicht aus. Auch ohne Mitursächlichkeit für die Vermittlung kann ein HV-Vertrag vorliegen, siehe § 87 Abs. 2. Gesetzestypisch ist die Mitursächlichkeit lediglich Voraussetzung der Vermittlungsprovision des § 87 Abs. 1; es kann aber vertraglich Abweichendes geregelt werden. Für den Vertragsschluss mitursächlich wird der HV auch dann, wenn etwa der Unternehmer dem HV Adressen von Kunden mitteilt. Denn auch dann müssen die Kunden vom Geschäftsab-

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437 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55 ff.; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16, 18a. 438 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 66. 439 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 6. Auch bei Abhängigkeit oder Konzernierung des Kunden kann jedoch eine Vermittlung vorliegen, ein „Durchgriff“ zu Lasten des HV ist regelmäßig abzulehnen. 440 Mglw. aA Dieselhorst/Grages MMR 2011, 368 zum anoym agierenden Online-Shop. 441 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 29; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 45. 442 Hopt § 84 Rn 22; Westphal I Rn 56. 443 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67. 444 LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485; aA LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 21.1.2014 – L 11 R 2662/12, BeckRS 2014, 66980. Hinsichtlich der werbenden Bemühungen der Postagenturen dürfte auch der heute gegebene Wettbewerb eine Rolle spielen, zudem der Wettbewerb zu anderen Kommunikationsformen wie E-Mail, Fax etc. 445 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301; NJW 1980, 1793; BAG BB 1971, 492; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 45; Hopt § 84 Rn 22; Oetker/Busche § 84 Rn 44.

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schluss noch überzeugt werden.446 U.U. erfüllt der HV seine Vertragspflichten mangelhaft, sollte er sich darauf beschränken, nur „Mitursächlichkeit“ für den Geschäftserfolg anzustreben. Er schuldet mangels entgegenstehender Abreden vollen Einsatz. Gleichfalls ist es ist für den Vertreterstatus unerheblich, ob erst eine letzte Handlung des Unternehmers zum Vertragsschluss führen soll.447 Die Rechtsprechung zur Annahmestelle für das Zahlenlotto,448 „schon das Offenhalten der Annahmestelle übe einen Anreiz aus, Wetten abzuschließen und fördere das Zustandekommen von Wettverträgen dadurch, dass Gelegenheit geboten werde, Lottoanträge zwecks Weiterleitung an den Lottounternehmer und Abschluss der Wettverträge einzureichen“ kennzeichnet den Pflichtenkreis stationärer HV und streift auf der Basis der wiedergegebenen Dogmatik die Untergrenze wirklicher Vermittlungstätigkeit; die Zeichnungsstellen bei der Auflegung von Anleihen und der Ausgabe von Aktien sollen deshalb nicht HV sein.449 Da eine mittelbare oder unmittelbare Einwirkung auf den Kunden, dass dieser 66 das Geschäft mit dem Unternehmer abschließt,450 gefordert sein soll, entspricht es überwiegender Ansicht, die Verpflichtung zum bloßen Nachweis von Geschäftsmöglichkeiten gegenüber dem Unternehmer genüge nicht, um eine HV-Tätigkeit anzunehmen.451 Obwohl man dem Terminus „vermitteln“ möglicherweise ein gewisses „Hin- und Her“ („Pendeln“ bei mehrmaligem Kontakt) zwischen den Vertragsparteien und dem Parallelbild des Abschlussvertreters ebenfalls einen direkten Kontakt zum Kunden entnehmen darf, ist die Verpflichtung zur unmittelbaren oder mittelbaren Einwirkung auf den Kunden durch den Wortlaut des Gesetzes nicht geboten und ein solches Erfordernis für die Statusfrage wäre auch nicht sachgerecht. Vermittelt ist das Geschäft auch ohne eine solche Einwirkung. Es reicht, dass z.B. durch die Nennung von Kaufinteressenten unmittelbar auf den Unternehmer eingewirkt wird, konkrete Geschäfte zu zeichnen. Ohne Nennung der Geschäftsadressen wäre der Vertrag nicht zustande gekommen. Der HV ist hier Einkaufsvertreter. Nicht erforderlich ist deshalb die Einwirkung gerade auf den Kunden oder zwingend auf beide Vertragspartner. Zumindest deshalb erfüllt es die Anforderungen, wenn auf einen der potentiellen Vertragspartner, Vertreter oder Kunden, zum Zwecke des Vertragsschlusses eingewirkt werden soll. So hat der BGH wiederholt die Ansprüche an die Einwirkungshandlung herabgesetzt und, wie skizziert, sowohl bei Lotto- wie bei Tankstellenvertretern angenommen, bereits das Offenhalten des Betriebes (nicht notwendigerweise einer „Verkaufsstelle“) genüge als vermittelnde Tätigkeit.452 Eine konkrete Einwirkung auf den Kunden fehlt hier im klassischen Sinne, sie beschränkt sich auf die „Sogwirkung der Verkaufsstätte“. Auch die Rechtsfolge der h.M. wäre kaum wünschenswert: Würde nämlich das vermittelnde Element fehlen, bliebe der hiervon betroffene Vertrag ein bloßer Geschäftsbesorgungsvertrag ohne die speziellen und schützenden Normen des Vertreterrechts. Die erforderliche Einwirkung auf einen der potentiellen Vertragspartner setzt auch nicht voraus, dass sie tatsächlich für den

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446 LG Bielefeld, Urt. v. 19.4.1985, HVR Nr. 608; aA OLG Karlsruhe, Urt. v. 22.8.2007 – 15 U 56/07, BeckRS 2007, 14360. 447 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55. 448 BGHZ 43, 108 (113) = NJW 1965, 1132 (1134); einschließlich der Bezirksstellen BGHZ 7, 59 (87). 449 Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 84 Rn 22. 450 Westphal I Rn 56 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 22; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. 451 Begr. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 15; Westphal I Rn 57; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 57; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. 452 BGHZ 7, 59 (87); 43, 108 (113); BGH, Urt. v. 29.11.1984 – I ZR 149/82, DB 1985, 748.

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Kauf kausal wird. Auch wenn der Mittler auf bereits zum Kauf Entschlossene einwirkt, liegt eine Vermittlung vor.453 Obgleich Umfang oder Schwierigkeit der vorgesehenen Vermittlung nicht status67 begründend wirkt (auch wenn die Vermittlung leicht ist, bleibt der Mittler HV),454 und dabei eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist,455 begründen bloße Hilfsdienste außerhalb des Leitbilds der Vermittlung oder des Abschlusses keinen HVVertrag. 456 Die Verpflichtung zur reinen Werbung ist deshalb ebenso wenig ausreichend457 wie zur Kontaktpflege, Betreuung oder zur Bereitstellung einer Struktur zum Online-Vertrieb (Online-Shop).458 Hierdurch sollen keine konkreten Geschäfte vermittelt, sondern lediglich Kaufanreize geschaffen werden.459 Sonst wäre jede Werbeagentur oder ständig betraute Handelsplattform (E-Bay) HV. Grenzfall ist der Nachweis der Gelegenheit von Geschäften, der angeblich nicht genügen soll.460 Es fehlt an der angeblich erforderlichen konkreten Einwirkung auf einen der vorgesehenen Vertragspartner. Zwar zählt allgemeine Werbung u.U. zu den Pflichten eines HV. Sie ist aber nicht kennzeichnend oder bestimmend für diesen Vertragstyp.461 In der Sache handelt es sich um eine teleologische Reduktion des insoweit zu weiten Wortlauts unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm. Die notwendige Abgrenzung bedarf möglicherweise noch einer vertieften Fallgruppenbildung. Nicht HV ist deshalb derjenige, dessen Tätigkeit der bloßen Weckung von Kaufanreizen im Allgemeinen zu dienen hat. Keine Vermittlungstätigkeit, mithin keine HV-Tätigkeit üben daher aus: – Ein Ärzte- oder Pharma-Propagandist,462 der sich nicht an Apotheken oder deren Kunden, die Patienten, wendet, sondern an Ärzte, die das empfohlene – apothekenpflichtige – Medikament verschreiben und damit zu dessen Umsatz beitragen sollen. – Der Industriepropagandist,463 welcher dazu bestellt ist, Kontakte zu eröffnen und die Erzeugnisse seines Auftraggebers „im Gespräch zu halten“, etwa bei Behörden, damit der Unternehmer bei Ausschreibungen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert wird (anders deshalb der Fall BGH NJW 1980 1179, wo echte Handelsvertretertätigkeit anerkannt wurde, falls der HV in einer konkreten Ausschreibung sich für das von ihm vertretene Unternehmen durch unmittelbare Fühlungnahme mit der ausschreibenden Stelle eingesetzt hatte, damit das Unternehmen zum Zuge kam). Es fehlt in diesen Fällen an der Förderung eines konkreten Kaufentschlusses. Zudem kaufen die Beworbenen auf Grund dieser Tätigkeit keine Medikamente bei den Auftraggebern der Propagandisten. Vielmehr werden die Geschäfte in der Regel später zwischen den Besuchten und Dritten, etwa Patienten und Apotheken, geschlossen.464

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453 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. 454 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. 455 BGHZ 59, 87 (92); Westphal I Rn 11. 456 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 50; Hopt § 84 Rn 23. 457 Hopt § 84 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16a. 458 Dieselhorst/Grages MMR 2011, 368. 459 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 58. 460 Hopt § 84 Rn 23; zweifelhaft. 461 BGH NJW 1983, 42; Westphal I Rn 58. 462 LG Dortmund DB 1971, 524; aA Neflin S. 833. 463 LG Bielefeld BB 1975, 7: „Behördenbüro“. 464 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 103 ff.; Westphal I Rn 59; BGH NJW 1984, 2695; LG Dortmund DB 1971, 524; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16a; Küstner ZIP 1988, 63; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 58; aA Neflin RVR 70, 323 (327).

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Der Erbringer von Hilfsdiensten, zum Beispiel von Schreib-,465 Übersetzungsarbeiten466 oder der Bereitstellung von EDV467 (hier fehlt es an der Vermittlung als zielgerichteter Einwirkung auf Dritte) Der reine Berater oder Betreuer (zum Beispiel Kapitalanlageberater ohne Vertragsvermittlung)468 oder der bei der Abwicklung bereits geschlossener, wenn auch in ihrem Fortbestand möglicherweise gefährdeter Verträge Tätige.469 Grund: Auch hier mangelt es an der auf den Geschäftsabschluss zielenden Tätigkeit des Mittlers.

Solche Tätigkeiten werden auf der Basis eines Vertrages als freier Mitarbeiter (Ge- 68 schäftsbesorgungsvertrags gem. §§ 675, 611 BGB) erbracht.470 Die §§ 84 ff. sind nicht anzuwenden. c) Abschlussvertreter. Neben der Vermittlung kann der HV mit dem Abschluss von 69 Verträgen beauftragt sein, ob zusätzlich zur oder anstelle der Vermittlung ist Auslegungsfrage. Faktisch ist der Abschluss ohne vorherige Vermittlung kaum vorstellbar, jedoch denkbar, falls die Kunden auf den HV zugehen, etwa bei starker Sogwirkung der Marke. Die Abschlussvollmacht muss deutlich zum Ausdruck gebracht werden, da andernfalls nur eine Vermittlungsvertretung vereinbart ist.471 Die Betrauung mit der Tätigkeit als Abschlussvertreter ist gewollt, wenn der HV im Namen des Unternehmers Angebot und Annahme des Vertrages gegenüber dem Kunden erklären darf.472 Es besteht keine Vermutung, dass ein HV Abschlussvertreter ist,473 zumal jedenfalls im Vertrieb von höhewertigen Gütern gegenüber Unternehmen der Vermittlungs- häufiger als der Abschlussvertreter anzutreffen ist474 – anders mglw. im Alltagsgeschäft mit Verbrauchern (Tankstellenvertreter u.a.). Auch aus der Sicht des Gesetzes ist der Abschlussvertreter die Ausnahme: solange keine Abschlussvollmacht vorliegt, bleibt der HV lediglich Vermittlungsvertreter. Der Abschlussvertreter hat alle Rechte und Pflichten eines Vermittlungsvertreters,475 besitzt jedoch zusätzlich die Abschlussvollmacht. Sie verleiht den erhöhten Status des Handlungsbevollmächtigten (§ 55).476 Voraussetzung für die Tätigkeit als Abschlussvertreter ist eine entsprechende Voll- 70 macht. Sie kann ausdrücklich oder konkludent erteilt werden. Die Bevollmächtigung ist meist im HV-Vertrag enthalten, oder sie wird nachträglich gegeben,477 was auch durch schlüssiges Verhalten478 geschehen kann. Eine schlüssige Vollmachtserteilung hat das

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465 BGH WM 1982, 1222 (1224); OLG Düsseldorf DB 1991, 1664 = EWiR 1991, 479; OLG Stuttgart BB 1959, 537; OLG Köln, DB 1971, 327; LAG Baden-Württemberg DB 1971, 1016; LG Bielefeld BB 1975, 7; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19, 20; Hopt § 84 Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 45. 466 LAG Baden-Württemberg DB 1971, 1016; Hopt § 84 Rn 23. 467 Grenzfall Online-Shop, vgl. Dieselhorst/Grages MMR 2011, 368. 468 Melcher BB 1981, 2101; Hopt § 84 Rn 26. 469 OLG Köln BB 1971, 104; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 45; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22; Hopt § 84 Rn 23. 470 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 95. 471 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 27, 29, bedenklich LAG Hamm DB 1959, 236 („Hereinholen von Aufträgen“ als Auftrag zur Abschlussvertretung; s. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 47). 472 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 19. 473 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 27; § 86 Rn 12. 474 Etwas anderes gilt möglicherweise im Vertrieb von Verbrauchsgütern gegenüber Endverbrauchern, siehe Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (666). 475 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 7. 476 Eberstein S. 48. 477 LAG Düsseldorf DB 1960, 813. 478 LG Berlin, Urt. v. 7.6.2011 – 10 O 538/10, BKR 2011, 344.

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LG Berlin479 angenommen, wenn sich für den Kunden eines Anlagevermittlers der Eindruck aufdrängen musste, dass die zur Zeichnung der vermittelten Kapitalanlage führende Beratungstätigkeit für die durch den HV vertretene Bank erfolgen sollte, z.B. weil die vom HV verwendete Visitenkarte Logo und Name der Bank nennt und sich in der Beitrittserklärung ihr Firmenstempel befindet, dem der Name des HV lediglich handschriftlich hinzugefügt worden ist. Ebenso kann durch stillschweigende einverständliche Handhabung der Vertrag von einem Vermittlungs- in einen Abschlussvertrag gewandelt werden.480 Regelmäßig liegt die Bevollmächtigung bereits in der Bestellung zum Abschlussvertreter (§ 167 Abs. 1 1. Alt. BGB).481 Die Abschlussvollmacht des HV kann auf einzelne Geschäfte oder so beschränkt werden, dass die Wirksamkeit des abzuschließenden Vertrags von der Genehmigung des Unternehmers gegenüber dem Kunden abhängig gemacht wird.482 Behält sich der Unternehmer die Vertragsannahme vor, wird der Mittler nicht zum Abschlussvertreter.483 Duldet der Unternehmer das Auftreten eines Vermittlungsvertreters als Abschlussvertreter oder setzt er zurechenbar den Anschein seiner Bestellung zum Abschlussvertreter, mag eine Anscheins- oder Duldungsvollmacht vorliegen.484 Der Abschlussvertreter hat den Abschluss vorzubereiten.485 Ob er daneben zu ei71 nem Abschluss verpflichtet oder nur neben der Vermittlung berechtigt ist, bleibt eine Frage der Vertragsauslegung486 und der jeweiligen Geschäftschance. Teils wird eine Pflicht angenommen, wenn nicht Art oder Risiko des Geschäftes eine Rückfrage erfordert. Zwar muss der Vertreter günstige Geschäftsgelegenheiten wahrnehmen, jedoch nicht zwingend vermöge eines Abschlusses im fremden Namen. Er kann sich darauf beschränken, dem Unternehmer das Geschäft zu vermitteln, muss ihn jedoch dann auf ein günstiges Geschäft hinweisen. Die bloße Berechtigung ohne Verpflichtung dürfte der zu vermutende Regelfall sein.487 Der HV ist nach pflichtgemäßem Ermessen zum Abschluss berechtigt und verpflichtet, darf jedoch Rückfrage beim Unternehmer halten. Gegen eine Abschlusspflicht ohne Rückfragemöglichkeit spricht bereits, dass der HV nicht gezwungen werden kann, ohne Rückfrage und Weisung des Unternehmers das Haftungsrisiko eines Fehlabschlusses zu tragen. Der HV darf sich also mangels ausdrücklich gegenteiliger Vereinbarung auf die Vermittlung beschränken und dem Unternehmer den Abschluss überlassen, es sei denn, es wurde vertraglich etwas Abweichendes geregelt oder es existiert eine (Einzel-)Weisung zum Abschluss. Die Berechtigung kann sowohl in die eine wie die andere Richtung im Vertrag geregelt werden und dem HV etwa pflichtgemäßes Ermessen eingeräumt488 werden. Falls der Abschlussvertreter vor Abschluss keine Rückfrage hält, ist er zur besonderen Sorgfalt verpflichtet. Bekannte Probleme des Unternehmers muss er berücksichtigen, etwa Lieferschwierigkeiten.489 Im Zweifel oder bei Geschäften mit außergewöhnlichen Risiken hat er vor deren Abschluss die Weisung

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479 LG Berlin, Urt. v. 7.6.2011 – 10 O 538/10, BKR 2011, 344. 480 LAG Düsseldorf DB 1960, 813. 481 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 48. 482 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 48; Heymann/Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 21, § 86 Rn 8; Hopt § 84 Rn 24. 483 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 25. 484 LG Berlin, Urt. v. 7.6.2011 – 10 O 538/10, BKR 2011, 344; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 25a. 485 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 27. 486 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 12. 487 AA Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 19. 488 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a. 489 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 86 Rn 12; Oetker/Busche § 86 Rn 14.

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des Unternehmers einzuholen.490 Unnötige, den Unternehmer behindernde Rückfragen müssen aber unterbleiben. Zu Vertragsänderungen oder Inkasso ist der Abschlussvertreter nur bei entspre- 72 chender Vollmacht berechtigt und verpflichtet.491 Mit der Vermittlung ist der Abschlussvertreter a maiore ad minus neben dem Abschluss im Zweifel ebenfalls beauftragt, sofern der Vertrag nicht ausnahmsweise deutlich die Tätigkeit auf den Abschluss begrenzt.492 Zum Begriff des Abschlussvertreters siehe auch Rn 69 sowie § 86 Rn 12, 25. d) Geschäfte. § 84 Abs. 1 spricht von der Vermittlung oder dem Abschluss von „Ge- 73 schäften“. Anders als für die RL, die nur den Warenhandelsvertreter erfasst,493 ist die Art der vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte im Rahmen der §§ 84 ff. irrelevant.494 Die Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit des HV kann sich folglich auf alle Arten von Geschäften beziehen,495 sogar sittenwidrige, wobei dann jedoch meist auch der HV-Vertrag sittenwidrig sein dürfte. Auch große Einzelgeschäfte (Brückenbau, Gebäudebau) können auf diese Weise vermittelt werden,496 sofern der Vertrag auf ein st. Tätigkeit gerichtet ist. Im Vordergrund des gesetzlichen Leitbilds steht gleichwohl der Warenumsatz, der HV ist jedoch nicht auf die Vermittlung von Kaufverträgen beschränkt.497 Besonders vom HGB hervorgehoben werden der Versicherungsvertreter und der Bausparkassenvertreter (§§ 92, 89b Abs. 5, 92a Abs. 2, 92b Abs. 4). Anders als beim Handelsmäkler (§ 93) brauchen die vertriebenen Produkte nicht „Gegenstände des Handelsverkehrs“ zu betreffen. Ferner fordern die §§ 84 ff. keine bestimmten Kenntnisse des Handelsvertreters, etwa in Hinblick auf den Vertriebsgegenstand. Deshalb steht es einem HV-Vertrag nicht entgegen, wenn sich der Vertreter notwendige Fachkenntnisse erst mittels Schulung anzueignen hat.498 Die vom Vertriebsrecht erfassten Waren werden regelmäßig im Vertrag näher be- 74 schrieben.499 Die so bestimmte Palette kann konkludent erweitert werden,500 etwa durch Zusendung von Werbematerialien für neue Produkte und anschließenden Vertrieb durch den HV.501 Im Zweifel darf und muss der HV das gesamte Lieferprogramm des Unternehmens vertreiben.502 Neue Artikel werden im Regelfall ohne besondere Abrede Vertriebsgegenstand,503 selbst wenn sie sich an andere Kunden wenden, als sie der HV bisher be-

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490 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 7. 491 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 21. 492 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 7. 493 Vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1995 – VIII ZR 149/94, BGHR HGB § 84 – Handelsvertreterverhältnis 1. 494 BGH WM 1982, 272 (273); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22; Hopt § 84 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 61–64; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. 495 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31; Oetker/ Busche § 84 Rn 47. 496 Hopt § 84 Rn 26. 497 BGH, Urt. v. 21.1.1965 – VII ZR 22/63, NJW 1965, 1132 (1134). 498 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 32; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 36. 499 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 49; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 32. 500 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 49; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9. 501 OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.5.1985 HVR Nr. 610; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 10. 502 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 49; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24. 503 Westphal II Rn 370; Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 190 ff. (für den Vertragshändlervertrag); Ebenroth/ Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 49; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9, § 87 Rn 9; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a.

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arbeitete504 (Näheres § 86 Rn 18 ff.). Etwas anderes gilt möglicherweise hinsichtlich für den Mittler branchenfremder Artikel oder solcher, welche er bereits in zulässiger Weise für andere Unternehmen vertreibt.505 Beispielhaft kommt die Vermittlung folgender Leistungen in Betracht:506 75 – Adressbucheinträge507 – Anlagen- und Kredite508 – Anzeigengeschäfte509 – Bauaufträge510 – Bauspar-511 oder Versicherungsverträge512 (§ 92) – Befrachtung, Abfertigung oder Ausrüstung von Schiffen und Buchung von Schiffspassagen (siehe § 92c) – Bilder eines Künstler-Repräsentanten513 – Dienste u.ä.514 – Einkauf von Geschäften für den Unternehmer; insb. von Ware, Diensten, Mietverträgen (Einkaufsvertreter)515 – Eintrittskarten516 – Ferienhäuser517 – Filmverleihverträge – Finanzdienstleistungen518 – Fondbeteiligungen519 – Gesellschaftsanteile520 – Immobilien521 – Kabelanschlüsse522 – Kapitalanlagen523

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504 BGH, Urt. v. 17.2.1981 – I ZR 39/79, DB 1981, 1772; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24. 505 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. 506 Siehe auch die Übersichten bei Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; Hopt § 84 Rn 26. 507 OLG Nürnberg NJW 1957, 1720; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. 508 BGH, Urt. v. 25.10.2007 – III ZR 100/06, VersR 2008, 352; v. 12.7.2007 – III ZR 83/06, VersR 2007, 1653 (1654); v. 14.11.1983 – II ZR 184/82, WM 1984, 127; Melcher BB 1981, 2101; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. 509 Schröder DB 1970, 1625; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. 510 BGH, Urt. v. 20.2.1986 – I ZR 105/84, NJW-RR 1986, 709 (710). 511 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 10. 512 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 9. 513 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff.; aA OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, NJOZ 2006, 1543. 514 Westphal I Rn 61. 515 OLG Hamburg VW 1967, 788; 914; 1014; Westphal I Rn 61; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; Hopt § 84 Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31. 516 BGH NJW-RR 1986, 709; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31. 517 LAG Niedersachsen HVR Nr. 1182; Hopt § 84 Rn 26. 518 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, BB 2012, 3098 Rn 42; LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914; Hopt § 84 Rn 26; teilweise die „Anlageberater“ der Banken, vgl. Artzt/Kemter BKR 2011, 476. 519 BGH, Urt. v. 25.10.2012 – VII ZR 56/11, BB 2012, 3098 Rn 42. 520 BFH, Urt. v. 20.7.2007 – VR 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620. 521 BGH BB 1982, 1876; BAG, Urt. v. 22.1.1971 – 3 AZR 42/70, BB 1971, 492; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. 522 BAG, Urt. v. 29.10.1997 – 5 AZR 624/96, BB 1997, 2376. 523 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.9.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763.

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Kfz (50% der Mercedes-Benz-„Händler“ sind HV)524 Konzertkarten525 Leasingverträge526 Ladegut527 Lotto-Geschäfte528 Mietverträge529 Mineralöl (Tankstellenpächter)530 Mobilfunkleistungen531 Partnerschaften/Ehen532 Patentlizenzverträge Regaldienst- oder Regalpflegetätigkeit in Kaufhäusern533 Reedereigeschäfte534 Reisen (Reisebüros)535 Sammelbestellungen für Versandhäuser536

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524 EuG, Urt. v. 15.9.2005 – T-325/01 – Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933 = DB 2005, 2127 = EWiR 2005, 861 (Weidenbach) = EuZW 2005, 766 (LS); Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 30; s.a. Kommissionsentscheidung EuZW 2001, 674; hierzu Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff.; Lubitz EWS 2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. Das LG Kiel (Urt. v. 20.12.2012 – 17 O 222/11) verneint die Tätigkeit einer Konzertagentur als HV, wenn die Konzertagentur zwar die typengemischten Verträge über die Eintrittskarten schloss, jedenfalls aber ein Teil der Kunden sich zuvor auf einer Homepage des Unternehmers als Kaufinteressenten benannte, worauf die Daten dieser Kunden an den HV weitergeleitet wurden, um die Kunden anzurufen und die Verträge zu schließen. Diese Entscheidung dürfte im Spannungsverhältnis zum Urteil des BGH v. 26.10.2011 – VIII ZR 222/10, NJW 2012, 304 stehen. 525 BFH, Urt. v. 3.11.2011 – V R 16/09, DB 2012, 670 = BeckRS 2012, 94561; BGH, Urt. v. 20.2.1986, NJW-RR 1986, 709. 526 Graf von Westphalen BB 2009, 2378 (2383). 527 BGH NJW-RR 1986, 709 (710); OLG Hamm BB 1968, 1017. 528 BGH, Urt. v. 4.6.1975 – I ZR 130/73, WM 1975, 931 = BB 1975, 1409 (1410) (besonders zur Ausgleichsberechnung); v. 22.6.1972 – VII ZR 36/71, NJW 1972, 1662; v. 21.1.1965 – VII ZR 22/63, NJW 1965, 1132; Küstner ZIP 1988, 63; Hopt § 84 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. 529 BGH, Urt. v. 26.5.1999 – VIII ZR 123/98, ZIP 1999, 1307; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 61. 530 BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009; v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, BGHZ 42, 244 (245) = NJW 1965, 248; v. 9.6.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 (174) = NJW 1969, 1662; v. 15.12.1967 – KZR 6/66, MDR 1968, 386; BB 1972, 938; v. 20.2.1981 – I ZR 59/79, NJW 1981, 1961; v. 29.11.1984 – I ZR 149/82, BB 1985, 353; NJW-RR 1993, 1122; v. 12.9.2007 – VIII ZR 194/06 m. Anm. Emde; OLG Celle BB 1959, 898; LG Hamburg NJW 1963, 1550 m. Anm. Würdinger; Steinhauer BB 2009, 2386; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 31; Ebenroth S. 26; Lange DAR 1958, 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59. 531 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard; OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, BeckRS 2009, 15934; OLG München, Urt. v. 18.7.2007 – 7 U 2055/06, BeckRS 2007, 01692. 532 LG Hamm NJW-RR 1990, 567; Ebenroth/Löwisch § 84 Rn 31. 533 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31. 534 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 7. 535 BGH, Urt. v. 21.12.1973 – IV ZR 158/72, BGHZ 62, 71 (73) = NJW 1974, 852; v. 19.11.1981 – VII ZR 238/80, BGHZ 82, 219 (221) = NJW 1982, 377; v. 22.10.1987 – VII ZR 5/87, BGHZ 102, 80 (83) = NJW 1988, 488; v. 28.3.1974 – VII ZR 18/73, NJW 1974, 1242; v. 31.3.1982 – I ZR 60/80, WM 1982, 1152 (1153); LG Köln, Urt. v. 15.4.2011 – 89 O 37/10, BeckRS 2012, 03969; AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033; AG Bonn, Urt. v. 10.6.2010 – 103 C 470/09; BeckRS 2011, 04575; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.2.2007 – 22 S 307/06, NJOZ 2007, 5409; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 84 Rn 59. 536 OLG Düsseldorf OLGR 1994, 281; OLG Hamm BB 1978, 1686; Fröhler NJW 1963, 279; Müller NJW 1963, 895.

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Telefonverträge.537 Bei ihnen ist, vorbehaltlich der jeweiligen Vertragsbestimmungen, nicht das einzelne Telefongespräch sondern der langfristige Telefondienstvertrag das vermittelte Geschäft538 Verkaufsgeschäfte jeder Art, insb. alle Gegenstände des Rechtsverkehrs anderer Vermittler (Maklerbetreuer)539 Werbeverträge540 Zeitschriften.541 III. Ständige Betrauung

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Letztes Tatbestandsmerkmal des § 84 Abs. 1 ist die „ständige Betrauung“. 1. Betrauung. Was „Betrauung“ ist, erklärt das Gesetz nicht. Das Merkmal ist farblos,542 versucht aber wohl klarzustellen, dass der HV verpflichtet ist („Tätigkeitspflicht“543 – wodurch ebenfalls zum Makler abgegrenzt wird),544 sich für den Unternehmer um Aufträge zu bemühen.545 Der Gesetzgeber wählte den Terminus, um der Beurteilung der Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses nicht vorzugreifen.546 Jene ist heute als gegenseitiges, durch Treupflichten begleitetes Dauerschuldverhältnis547 mit dienstvertraglichen und geschäftsbesorgenden Elementen geklärt.548 Dem Wort ist deshalb nur zu entnehmen, dass der Mittler dem Unternehmer, über eine bloße Geschäftsverbindung hinausreichend,549 im Wege eines echten „Kooperationsverhältnisses“ mit dessen Wissen und Wollen durch einen solchen Vertrag verpflichtet550 sein muss. Betraut ist nicht identisch mit „beauftragt“ i.S.d. § 675 BGB,551 weil dies die Bedeutung des Terminus zu sehr zu einem Rechtstypus hin verengen würde. Der HV muss im Lager des Unternehmers stehen und dessen Belange wahren, nicht diejenigen des Kunden, zu dem er – außer im Sonderfall eines meist ungewollten Auskunftsvertrages – nicht in rechtliche Beziehungen tritt.552 Eine Tätigkeit als Nebenpflicht eines anderen Vertragsverhältnisses553 genügt ebenso wenig wie das Tätigwerden aufgrund einer außervertragliche Pflicht, etwa

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537 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2009, 119 (Emde); zu Mobilfunkverträgen s.o. 538 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2009, 119 (Emde) Rn 17 f. 539 OLG Hamm, Urt. v. 25.10.2012 – I-18 U 193/11 m. abl. Anm. Evers VW 9/2013, 33. 540 LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887. 541 BGH, Urt. v. 16.12.1998 – VIII ZR 381/97, NJW-RR 1999, 539; vgl. aber BGH, Urt. v. 6.11.1967 – VIII ZR 175/65, BB 1968, 61; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 31; Hopt § 84 Rn 26. 542 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 53. 543 Hopt § 84 Rn 41. 544 Hopt § 84 Rn 41. 545 BGH NJW 1972, 251; OLG Bamberg BB 1965, 1167; Hopt § 86 Rn 12. 546 Begr. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 15. 547 Hopt § 84 Rn 42. 548 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10b. 549 Hopt § 84 Rn 41. 550 Eberstein A II 1; vgl. auch BGH, Urt. v. 22.6.1972 – VII ZR 36/71, NJW 1972, 1662 (1663); OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann, ZVertriebsR 2012, 111. 551 In diese Richtung aber Hopt § 84 Rn 41: beauftragt i.S.d. §§ 611, 675 BGB. 552 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 41; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 12; Hopt § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 1, 32. 553 Etwa im Rahmen eines Geschäftsführervertrages einer juristischen Person oder in Wahrung der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht. Jedoch kann uU ein Mischvertrag vorliegen, der auch handelsvertreterrectliche Elemente in sich trägt. Im Bereich der Analogie zu den §§ 84 ff. sind solche Mischverträge besonders häufig, etwa bei Franchisingverträgen.

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aufgrund familienrechtlicher Bindungen der §§ 1356 Abs. 2, 1360, 1618a BGB554 oder eines Gesellschaftsvertrages. Deshalb ist beispielsweise der Gesellschafter einer oHG/KG, der sich nach der internen Aufgabenverteilung um die Vermittlung von Aufträgen für das Gesellschaftsunternehmen zu bemühen hat, nicht HV. Vielleicht schwingt dem Merkmal auch, möglicherweise vom Gesetzgeber unbeabsichtigt, das Element des gegenseitigen Vertrauens mit, welches für das HV-Verhältnis wesensbestimmend ist. Nicht so sehr, dass es sich um Dienste höherer Art handelt, die auf Grund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen (§ 627 Abs. 1 BGB), wohl aber um ein Interessenwahrnehmungsverhältnis,555 welches nicht ohne einen Vorschuss von Vertrauen in die Loyalität des HV und in die auf seine Belange rücksichtnehmende Haltung des Unternehmers denkbar ist. Ob die allgemeine Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 Hs. 2 über das Wort „Betrauung“ TB-Voraussetzung des HV-Vertrages ist, erscheint zweifelhaft.556 Sie ist Rechtsfolge und nicht eine in § 84 definierte TB-Voraussetzung. Der HV-Vertrag ist jedoch ein auf enge Zusammenarbeit ausgerichtetes Dauerschuld- 78 verhältnis557 mit Geschäftsbesorgungselementen. Deshalb unterliegen beide Parteien besonderen Treu- und Rücksichtnahmepflichten gegenüber dem Vertragspartner, die sich auf Seiten des HV im Verhältnis zum Unternehmer zu einer Interessenwahrnehmungspflicht verdichten. Aber auch der Unternehmer unterliegt Treubindungen, die umso enger sind, je weiter er den HV in sein Vertriebssystem eingebunden und andere Verdienstmöglichkeiten des HV unterbunden hat. Deshalb sind die Treubindungen des Unternehmers gegenüber dem als Einfirmenvertreter Gebundenen besonders tief, ebenso die Treubindung eines Unternehmers, der seinen HV zu außergewöhnlichen Investitionen veranlasst. Hier können sich die Treubindungen unter dem Gesichtspunkt des Investitionsschutzes nach Wahl des HV zu einem Kündigungsverbot oder Schadensersatzanspruch erhöhen, sofern die Investitionen noch nicht amortisiert sind.558 Immer hat also der Unternehmer bei seinem Handeln auch die Interessen des HV zu berücksichtigen, was über das bloße Schikaneverbot (§ 226 BGB) hinausgehend ein Rücksichtnahmegebot wie ein Verbot der Ausübung bestimmter, dem Unternehmer formal zustehender Rechte zur Folge haben kann (§ 86a Rn 28 ff.). Dagegen unterliegen die Parteien eines HV-Vertrages keinen Gleichbehandlungspflichten.559 Beide Parteien dürfen daher individuelle Verträge mit verschiedenen Vertragspartnern zeichnen, etwa der Unternehmer mit unterschiedlichen Vertriebsmittlern seines Vertriebsnetzes.560 Jedoch kann sich der Unternehmer durch jahrelange Gleichbehandlung gegenüber allen HV gebunden haben, hiervon nicht ohne sachlichen Grund abzuweichen.561 Wenn man hier keine vertragliche Einigung annimmt, ergibt sich dies zumindest aus § 242 BGB. 2. Ständig. „Ständig“ meint, der HV müsse verpflichtet562 sein, sich während der 79 Vertragslaufzeit laufend um die Vermittlung oder den Abschluss zu bemühen. Dies kann

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554 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 67: Allerdings kann auch zwischen Angehörigen ein HV-Vertrag geschlossen werden, wenn eine über die Unterstützungspflicht hinausgehende vertragliche Bindung gewollt ist. 555 Hopt § 84 Rn 41. 556 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1052). 557 Hopt § 84 Rn 42. 558 Hierzu Creutzig Der Investitionsschutz des Vertragshändlers bei ordentlicher Kündigung des Herstellers, Diss. iur. Hamburg 2001, passim. 559 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73. 560 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73. 561 BGH BB 1971, 584; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73. 562 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 16; einschränkend Oetker/Busche § 84 Rn 56.

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auch konkludent vereinbart werden. So mag sich die Verpflichtung aus einer tatsächlichen Handhabung zu einer Rechtspflicht entwickeln,563 z.B. indem der Unternehmer möglichst viele Abschlüsse tätigen will und der HV dieses Bestreben teilt.564 Es muss jedoch zumindest stillschweigend ein Dauerschuldverhältnis gewollt sein,565 wobei die tatsächliche Dauer des Vertrages irrelevant bleibt,566 mithin ein solcher von kurzer oder kurz befristeter Dauer ausreichend ist. Kennzeichnend ist eine auf längere Frist vorgesehene beidseitige Bindung mit dem Ziel einer selbständig ausgeübten Vermittlungsoder Abschlusstätigkeit. „Ständig“ bedeutet also nicht „auf immer“, „auf unbestimmte Zeit“567 oder ständige, ununterbrochene Betätigung, etwa Tag und Nacht.568 Dem Unternehmer muss das durch den HV abzusetzende Produkt auch nicht in unbeschränkter Zahl zur Verfügung stehen.569 Ein HV-Vertrag liegt auch vor, falls der Vertrag nur für eine von vornherein bestimmte kurze Dauer, etwa eine Saison, Kampagne, Probezeit, Messe oder Ausstellung begründet wird. Er darf saisonbedingte Unterbrechungen der Tätigkeit mit sich bringen oder sogar unmittelbar nach Vertragsschluss innerhalb der Fristen des § 89 gekündigt werden.570 Auf eine allzu lange Vertragszeit darf angesichts der kurzen Kündigungsfristen des § 89 ohnehin keine Partei rechnen. Entscheidend ist, dass der HV in dieser u.U. kurzen Zeit verpflichtet ist, seinen Vermittlungsbemühungen laufend nachzukommen, und zwar in Hinblick auf eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften.571 Eine HV-Tätigkeit fehlt, wenn es im Belieben des Mittlers steht, ob er tätig werden will.572 Die Betrauung mit einem einzelnen Auftrag,573 einzelnen Aufträgen,574 einer von vornherein zahlenmäßig begrenzten Anzahl575 von Geschäften, einer Kette von punktuellen Einzelaufträgen, die für sich keine ständige Betrauung bewirken, ohne die Sicherheit ihrer Fortsetzung,576 oder eine bloße Kundenschutzvereinbarung577 erfüllen das TB-Merkmal nicht, auch wenn deren Vermittlung erhebliche Zeit in Anspruch nehmen sollte578 (der Mittler ist dann Makler). Folglich ist ein sogenannter Gelegenheitsvermittler, der vertragsgemäß für einen Unternehmer nur bei Gelegenheit vermittelt oder Bedarfsfälle nennt, kein HV.579 Unerheblich bleibt, ob die ständige Vermittlung gelingt oder ein Fehlschlagen durch begrenzte Lieferungen des Unternehmers verursacht wird.580 Auch hier kann der Unternehmer durch Eingriffe in den Vertrag nicht im Nachhinein dessen Rechtsnatur determinieren (§§ 162, 242 BGB). Die tatsächliche Dauer des HV-Vertrages ist

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563 BGH, Urt. v. 1.4.1992 – IV ZR 154/91, Tz 12; v. 12.11.1996 – I ZR 107/84, Rn 12; OLG München, Urt. v. 21.1.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. 564 Hopt § 84 Rn 42. 565 Hopt § 84 Rn 43. 566 BGH NJW-RR 1990, 354 (355). 567 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 16; BGH BB 1992, 2178; DB 1984, 2298; Oetker/Busche § 84 Rn 40. 568 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 43. 569 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 43. 570 Westphal I Rn 90; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 43; Hopt § 84 Rn 42; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 11a. 571 OLG Nürnberg BB 1959, 318; OLG Bamberg BB 1965, 1167; LG Berlin, Urt. v. 24.11.2011 – 93 O 29/11; Westphal I Rn 90; Hopt § 84 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 11a; Oetker/Busche § 84 Rn 40. 572 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10a. 573 Eberstein S. 43; Hopt § 84 Rn 42. 574 OLG Bamberg BB 1965, 1167; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 16; Hopt § 84 Rn 42. 575 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 43. 576 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1052); Staudinger/Reuter (2003), Vorbem. 21 zu §§ 652 ff. 577 OLG München, Urt. v. 21.1.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. 578 Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 11. 579 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 17. 580 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 43.

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also unerheblich,581 solange er auf die Vermittlung oder den Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften gerichtet bleibt. Entscheidend ist die Intention. Die Aufgabe dieser Intention mag als (konkludente) Vertragsänderung zu werten sein. Ebenso bleibt die Intensität der Tätigkeit für die Einordnung als HV irrelevant. Sie richtet sich nach dem Vertrag582 sowie den Umständen des Einzelfalls.583 Kettenverträge, bei denen sich der Vertrag längere Zeit entweder gem. einer bereits 80 bei Vertragsbeginn getroffenen Vereinbarung oder (jedes Mal, meist ohne weitergehende Verhandlungen) unmittelbar vor Ablauf mit gleichbleibender vertraglicher Befristung vereinbart um jeweils feste Zeiträume verlängert, so dass beide Vertragsteile sich auf diese Handhabung eingespielt haben, sind als einheitliche unbefristete Verträge anzusehen (§ 89 Rn 44 f.). Die „ständige Betrauung“ grenzt zum Handelsmakler (§ 93) ab584 (zum Abgren- 81 zungsmerkmal der Betrauung, oben Rn 76 ff.), der, ohne auf Grund eines Vertragsverhältnisses ständig betraut zu sein, für andere „von Fall zu Fall“585 vermittelt.586 Ist der Vermittler also nicht HV, so kann er entweder Makler (Handelsmakler gemäß §§ 93 ff.), Zivilmakler gemäß §§ 652 ff. BGB oder theoretisch (partiarischer) Geschäftsbesorger i.S.d. §§ 675, 611 BGB mit Vergütungsberechtigung aus § 354 sein.587 Aufgrund dieser Auswahl kann man nicht generell von einer Auffangfunktion des Maklerrechts sprechen.588 Der Unterschied zwischen HV und Makler besteht darin, dass der HV vertraglich zu 82 ständigem Tätigwerden hinsichtlich einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften verpflichtet ist,589 während der Makler trotz u.U. langjähriger Tätigkeit590 ständig tätig werden „darf“, aber nicht „muss“.591 Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles in die Beurteilung einzubeziehen.592 Maßgeblich ist nicht allein die von den Parteien vorgenommene Benennung oder Einordnung des Vertrages,593 die gewählte Parteibezeichnung594

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581 LG Berlin, Urt. v. 24.11.2011 – 93 O 29/11. 582 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 583 Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 42; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. 584 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann, ZVertriebsR 2012, 111; OLG München, Urt. v. 21.1.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Stuttgart BB 1959, 537; LG Berlin, Urt. v. 24.11.2011 – 93 O 29/11; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 118; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5. Aufl., § 27 I 2d; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 7. 585 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 7. 586 Der Handelsmakler schließt dagegen keine Verträge in eigenem oder fremden Namen, vgl. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Vor § 84 Rn 6. 587 BGH LM HGB § 84 Nr. 6, Urt. v. 18.11.1971 – VII ZR 102/70; OLG Hamburg HVR Nr. 793; Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, GRUR 2006, 788; Hopt § 84 Rn 44; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051). 588 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051). 589 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028; LG Berlin, Urt. v. 24.11.2011 – 93 O 29/11; Teichmann ZVertriebsR 2012, 111 (112); Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 10; Oetker/Busche § 84 Rn 41. 590 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 591 LG Berlin, Urt. v. 24.11.2011 – 93 O 29/11; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1050). 592 BGH, Urt. v. 1.4.1992 – IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818 (2819); OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 593 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 594 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111.

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oder die tatsächliche Vertragsdurchführung.595 Vielmehr ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen und dabei sowohl die vertragliche Gestaltung, als auch deren tatsächliche Handhabung zu berücksichtigen.596 Die Dauer der Geschäftsverbindung ist für die Abgrenzung ebenfalls irrelevant. Auch der Makler kann lange Zeit für seinen Geschäftspartner tätig sein, etwa im Versicherungsvertrieb.597 Leitbildartig ist der Makler aber Augenblicksvermittler, während der HV in dauernder Pflichtenbeziehung zu seinem Geschäftsherrn steht.598 Typisch für eine Maklertätigkeit mag daher – geprägt vom Bild des Grundstücksmaklers – eher die Begrenzung auf ein Objekt sein, während es mehr für einen HV-Vertrag spricht, wenn ein Tätigwerden über einen langen Zeitraum intendiert ist.599 Selbst bei anfänglicher Maklertätigkeit kann sich die Verpflichtung zum Tätigwerden, ggf. konkludent, im Laufe der Zeit entwickeln.600 Für eine Maklertätigkeit spricht, 83 – falls sich die Vermittlung auf bestimmte Waren oder Leistungen begrenzt, während der HV tendenziell eher eine komplette Angebotspalette vertritt601 – der Verweis auf die Geltung der §§ 93 ff.602 – das Fehlen einer Ausschließlichkeitsvereinbarung603 – die Bezeichnung der Vergütung als „Courtage“604 – die § 99 entsprechende Regelung, dass die Vergütung des Mittlers geteilt wird605 – das Fehlen einer § 90 entsprechenden Geheimhaltungsverpflichtung.606

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Für die HV-Tätigkeit ist Indiz, die Verpflichtung zur ständigen Betreuung der Kunden,607 insb., wenn sie ausdrücklich vereinbart wurde608 dass der Mittler dem Unternehmer nicht nur Kunden zuzuführen, sondern diese auch für den Unternehmer „bestmöglich“ zu betreuen und zur Aufrechterhaltung des Geschäftsverkehrs die geschäftlichen Richtlinien und Hinweise des Unternehmers und der Versicherungsgesellschaften (Arbeitsanweisungen, Rundschreiben, Verkaufsrichtlinien, u.a.) zu beachten hat609

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595 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 596 BGH, Beschl. v. 27.10.2009 – VIII ZB 42/08, NJW 2010, 873 (874); OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111; Urt. v. 28.3.2003 – 16 U 139/02. 597 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 598 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051) m.w.N. 599 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1053). 600 LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 601 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1053). 602 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 603 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 604 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 605 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 606 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 607 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 608 Teichmann ZVertriebsR 2012, 111 (112). 609 LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028.

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die Verpflichtung zur Zahlung einer Provision610 (außer im Versicherungsvertrieb, wo auch der Makler regelmäßig durch den Versicherer honoriert wird)611 die Existenz von Geschäftsplänen mit Bonifikationen612 die technische (EDV) und organisatorische Einbindung in das Vertriebsnetz des Unternehmers613 die Existenz einer Interessenwahrungspflicht614 eine Weisungsfolgepflicht.615

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Ohne Aussagekraft soll sein: der Umfang des vermittelten Geschäftes616 die Meldung an die AVAD617 die Bezeichnung als „Vertriebspartner“618 die Gewährung von Vorschüssen619 die Nutzung von Antragsformularen des Versicherers620 die Verpflichtung zur nachvertraglichen Verschwiegenheit621 die Registrierung als Makler.622

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Eine Weisungsgebundenheit deutet nicht notwendigerweise auf einen HV-Vertrag hin.623 Ob der Mittler einen Wettbewerber des Unternehmers vertritt, ist für die Abgrenzung zwischen Makler und HV irrelevant.624 In Ausgleichsprozessen ist es häufig der Unternehmer, der die vertragliche Pflicht des Mittlers zur Maklerleistung „kleinreden“ will, um der Ausgleichsverpflichtung zu entgehen. Bei der Verjährungsfrage war das Maklerrecht seit 2002 bis zur Streichung des § 88 wegen der um ein Jahr kürzeren Verjährungs-

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610 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 611 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 612 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (aber solche können auch mit Maklern vereinbart werden). 613 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 614 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 615 LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028. 616 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 617 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 618 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 619 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 620 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828 m. Anm. Teichmann ZVertriebsR 2012, 111. 621 AA LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028, das hieraus – da § 90 entlehnt – ein Indiz für die HV-Tätigkeit herleiten will. Aber auch ein Makler unterliegt der Geheimhaltungspflicht. 622 LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651. 623 So aber BGH, Urt. v. 1.4.1992 – IV ZR 154/71, NJW 1992, 2818. 624 Anders noch BGH, Urt. v. 18.11.1971 – VII ZR 102/70, LM HGB § 84 Nr. 6, das eine Konkurrenzvertretung noch als Indiz gegen das Vorliegen eines HV-Vertrages ansah; relativierend BGH, Urt. v. 1.4.1992 – IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818.

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frist für den in Anspruch genommenen günstiger, so dass er sich auf dessen Geltung zu berufen wünschte.625 Wenngleich es Zwischenformen zwischen HV und Makler kaum geben dürfte,626 84 nähert sich der Maklerdienstvertrag dem HV-Vertrag an, der den Makler – insoweit gleich dem Handelsvertreter – zum Tätigwerden verpflichtet. Der Maklerdienstvertrag ist nichts anderes als ein spezieller Dienstvertrag, welcher eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat. Im Unterschied zum Handelsvertreter ist der Makler aber auch beim Maklerdienstvertrag nicht zum ständigen Tätigwerden in einer unbegrenzten Zahl von Fällen verpflichtet.627 Es geht auch hier in der Regel nur um die Vermittlung eines Objektes. Dem Vertragspartner fehlt die ständige Beziehung zu seinem Geschäftsherrn im Sinne einer ständigen Betrauung (§ 84 Abs. 1) und er unterliegt keiner andauernden Interessenwahrungspflicht (§ 86 Abs. 1 Alt. 2). Gibt ein HV vor, Makler zu sein, so liegt gegenüber dem Kunden ein Interessenkonflikt vor. Denn der HV ist aufgrund des HV-Vertrages verpflichtet, die Unternehmerinteressen wahrzunehmen und kann deshalb nicht so, wie es ein Makler müsste, die Interessen des Kunden wahren.628 IV. Ungeschriebene Ausschlussmerkmale? 85

Weitere ungeschriebene Merkmale des HV-Vertrages, etwa Ausschlussmerkmale, gibt es nicht. Insbesondere sind nicht besondere Mittlergruppen von der HV-Tätigkeit ausgeschlossen. Das Gesetz ist abschließend. H. § 84 Abs. 4: Kein kaufmännischer Geschäftsbetrieb

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Sieht man Abs. 1 isoliert, bliebe nun nur noch derjenige HV Kaufmann, der ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1). Auf den nichtkaufmännischen Mittler wären die §§ 84 ff. nicht anwendbar. Denn ein Handelsgewerbe bildet lediglich ein Unternehmen, welches einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 1 Abs. 2). Da nicht jedes HV-Unternehmen einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb benötigt, würde es bei seinem Fehlen aus dem Anwendungsbereich des HV-Rechts fallen. Dies widerspräche dem Schutzgedanken des Vertreterrechts, da gerade die wirtschaftlich schwächsten HV von der Sicherung des weitgehend zwingenden Vertreterrechts ausgenommen wären.629 Die vor der Novellierung minderkaufmännischen HV sollten aber vom Schutzbereich des Vertreterrechts erfasst bleiben.630 Deshalb bestimmt § 84 Abs. 4 die Anwendung der §§ 84 ff., sofern das Unternehmen des HV nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.631 § 84 Abs. 4 gilt auch für HV-ähnliche Vertriebsmittler, namentlich Vertragshändler und Franchisenehmer. Auf Mittler ohne kaufmännischen Geschäftsbetrieb sind gem. Abs. 4 zwar die §§ 84 ff. anwendbar, nicht jedoch das übrige HGB.632 Jene Disparität hat Folgen, wenn

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625 BGH LM Nr. 6 zu § 84 HGB; Karsten Schmidt Handelsrecht, 5.Aufl., § 27 I 2d. 626 AA OLG Stuttgart, Urt. v. 11.12.1958 – 2 U 124/58, BB 1959, 536. 627 Dehner NJW 1992, 2225 (2226); Möller Wesen und Arten der Vermittlungsverträge, FS für Raape, 1948, 341, 343; Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1051). 628 BGH, Urt. v. 1.3.2012 – III ZR 213/11, r+s 2012, 627; v. 1.4.1992 – IV ZR 154/91, NJW 1992, 2818. 629 BR-Drucks. 340/97, S. 62; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 43. 630 BR-Drucks. 340/97, S. 62; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 3, 9; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 43. 631 Siehe BAG BB 2000, 826. 632 Emde VersR 1999, 1464; Hopt § 84 Rn 28; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 84 Rn 15 unter Hinweis auf BGHZ 43, 18 – aber diese Entscheidung betrifft nur Abs. 1.

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sich der HV auf Rechte beruft, die nur ein Kaufmann haben kann. Im materiellen Recht ist hieran etwa bei Anwendung der §§ 343 ff., 354 (bei fehlender Kaufmannseigenschaft gilt dann aber § 612 Abs. 1 BGB), 366633 zu denken, im Prozessrecht bei Prüfung der Wirksamkeit einer nur bei Vereinbarung durch Kaufleute wirksamen Gerichtsstandsabrede (§ 38 ZPO) bzw. der Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen, die gemäß § 95 Abs. 1 Nr. 1 GVG nur zur Entscheidung berufen sind, wenn das dem Streite zugrundeliegende Geschäft für beide Teile ein Handelsgeschäft ist.634 Hier entzog die Neuregelung den Kammern für Handelssachen ihr „Beinahemonopol“ für HV-Angelegenheiten, was wegen ihrer begrüßenswerten Spezialisierung635 sinnwidrig ist. Jene ist gerade in komplizierten Ausgleichsangelegenheiten wünschenswert, auch wegen der durch die Konzentration eher gewährleisteten Einheitlichkeit der lokalen Rechtsprechung. In Vertriebsmittlerstreitigkeiten muss nun häufig über die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen gestritten werden, gelegentlich auf Anstoß der Kammern selbst. Ein vergleichbares Problem ist aus der Zeit der Novelle 1953 bekannt: Während vor 87 der Novellierung des Jahres 1953 gemäß § 84 Abs. 1 a.F. nur ein Kaufmann Unternehmer sein konnte, öffnete die Reform 1953 die Position als Prinzipal auch Nichtkaufleuten. Dies führte zum Streit, ob auf solche Repräsentanten das Recht der zweiseitigen Handelsgeschäfte (analog) anzuwenden war,636 was anzunehmen sein konnte, wenn sich in den beteiligten Verkehrskreisen ein entsprechender Handelsbrauch gebildet hatte (§ 157 BGB). So sollte die Anwendung des Rechts zweiseitiger Handelsgeschäfte Handelsbrauch entsprechen, wenn sich die Vertragspartner über Jahre wie Kaufleute behandelt hatten. Mit Ausnahme der Erweiterung durch Handelsbrauch wurde eine Ausdehnung des Kaufmannsbegriffes oder die analoge Anwendung handelsrechtlicher Normen637 abgelehnt. Nicht anders ist im Rahmen des § 84 Abs. 4 zu entscheiden: die analoge Anwendung des übrigen Handelsrechts kommt nur in Betracht, wo sich ein entsprechender Handelsbrauch (§ 157 BGB) bildete. Davon kann nur im Ausnahmefall ausgegangen werden. I. Vertragschluss, Vertragsbeginn und Vertragsinhalt Der HV muss aufgrund eines wirksamen Vertrages tätig werden, der die eben darge- 88 stellten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Wer aus anderem Rechtsgrund tätig wird, etwa aufgrund familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher oder arbeitsrechtlicher Verpflichtungen, ist nicht HV.638 I. Abschluss des Handelsvertretervertrages Der HV-Vertrag ist ein gegenseitiger Vertrag i.S.d. §§ 320 ff. BGB. Sein Abschluss setzt 89 gemäß §§ 311, 145 ff. BGB übereinstimmende Willenserklärungen beider Vertragspartner, das Zustandekommen durch kaufmännisches Bestätigungsschreiben639 oder nach § 362 BGB640 voraus.

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v. Olshausen JZ 1998, 717 (720). Emde VersR 1999, 1464; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 43 ff. Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 47. Hopt § 84 Rn 28; AcP 183 (83) 108. So aber Hopt § 84 Rn 28; AcP 183 (83) 108. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 32. BGH DB 1955, 1085 (i.E. ablehn.); OLG Nürnberg BB 1957, 560; Hopt § 85 Rn 2. Hopt § 85 Rn 2.

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Wie § 85 dokumentiert, unterliegt der Vertrag keiner bestimmten Form641 (näher § 85 Rn 5 ff.). Er kann daher sowohl mündlich,642 sogar durch konkludentes Verhalten,643 sowie in jeder anderen Form geschlossen werden.644 Jedoch dürfen die Parteien ein Formgebot vereinbaren. Typisch ist der stillschweigende Vertragsschluss durch tatsächliche Tätigkeitsaufnahme in beidseitigem Einverständnis,645 etwa mittels wiederholter Geschäftsvermittlung und wiederholtem Abschluss der vermittelten Verträge durch den Unternehmer646 oder sogar erstmalige Annahme der Dienste des HV, mit der Maßgabe, dies auch künftig in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu tun.647 In der Praxis ist der mündliche Vertragsschluss nicht selten, zumal angesichts des in den §§ 84 ff. vorgegebenen „Vertragskorsetts“ auch im Falle eines mündlichen Vertragschlusses ein durch dispositives Recht vorgeformter Standardvertrag gilt. Typisch ist etwa folgender Sachverhalt: Vertreter und Unternehmer lernen sich auf einer Messe oder anlässlich eines kurzen Kontaktes kennen, nennenswerte Umsätze des Unternehmers im künftigen Vertriebsgebiet fehlen meist. Da zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses lediglich die Hoffnung auf künftige Geschäfte existiert, verzichten die Parteien angesichts der bis dato mangelnden wirtschaftlichen Bedeutung auf schriftliche Fixierung. Entwickelt sich das Geschäft, ändert sich an diesem Umstand nichts. Ein wirksamer Abschluss fordert in solchen Situationen, dass die Vertragspartner konkludent einen Vertrag schließen, der die oben genannten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Insbesondere muss in Abgrenzung zum Maklervertrag eine „ständige“ Betrauung, d.h. ein auf die Vermittlung oder den Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften gerichteter Vertrag, gewollt sein.648 Dies braucht im schriftlichen Vertrag nicht ausdrücklich niedergelegt zu werden,649 muss jedoch erkennbar Wille beider Vertragspartner sein.650 Anhaltspunkt hierfür ist der übereinstimmende, wenn auch stillschweigende Wunsch nach „vertretertypischem“ Verhalten, etwa: Zuweisung eines Verkaufsgebiets oder -bezirks, Einladung zu Vertreterversammlungen, regelmäßige Entgegennahme von Aufträgen, regelmäßige Zahlung von Provision und Übermittlung von Angeboten und Aufträgen.651 Nicht erforderlich ist, dass sich die Parteien (arg. § 154 Abs. 1 BGB: „im Zweifel“)652 über Rechtsfolgen, etwa Provisionspflicht, Provisionshöhe und Ausgleich653 oder einen Kaufpreis für die Vertretung654 einigen. Auch die fehlende Einigung über eine Einbeziehung von

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641 BGH NJW 1983, 1727 (1728); Karsten Schmidt HandelsR § 27 III 1; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 102; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 85 Rn 1, 7; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 2; Oetker/Busche § 84 Rn 59. 642 OLG Frankfurt/M. VW 1971, 117; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69. 643 BGH VersR 1961, 270; OLG Nürnberg VersR 1959, 801; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 102 f.; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 85 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; Oetker/Busche § 84 Rn 58. 644 BGH NJW 1974, 852; VersR 1961, 270 (271); Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 62; Westphal I Rn 173. 645 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 103; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 85 Rn 1; Oetker/Busche § 84 Rn 58. 646 Hopt § 85 Rn 2. 647 BGHZ 62, 74; Hopt § 85 Rn 2; Oetker/Busche § 84 Rn 58. 648 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 2. 649 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 40; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 33. 650 BGH, Urt. v. 6.10.1989 – I ZR 20/88, BB 1990, 303. 651 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 103; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 69. 652 Hopt § 85 Rn 2. 653 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 103. 654 BGH NJW 1983, 1727; Hopt § 85 Rn 2.

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Kundenschutzlisten655 oder die fehlende Unterzeichnung eines schriftlichen Vertrages656 begründet keinen Dissens, sofern der Vertrag durchgeführt wird. Derartige Lücken schließt das dispositive Recht. Zwar wird die Höhe der Vergütung durch die §§ 84 ff. nicht vorgegeben. Jedoch gilt im Zweifel gem. § 87b Abs. 1 der übliche Satz als vereinbart. Zudem helfen die §§ 315 ff. BGB. Allerdings besteht über die Provisionshöhe ohnehin meist kein Streit, falls langjährig auf der Basis eines bestimmten Provisionssatzes abgerechnet wird. Dann ist dieser Provisionssatz vereinbart und eine einseitige Änderung im Nachhinein unzulässig. Häufig dokumentiert die Gewährung der Provision und ihre Bezeichnung als solche den Vertragsschluss, insb., falls Folge- oder Bezirksprovision geleistet wird. Arbeitsrechtliche Zustimmungspflichten zum Vertragsschluss, insbesondere eine 91 Zustimmung des Betriebsrates, fehlen.657 Der HV ist kein Arbeitnehmer. II. Vertragsbeginn Die §§ 84 ff. weisen von Vertragsinhalt (§ 84) über die Vertragspflichten zum Ver- 92 tragsende (§§ 89, 89a). Der Vertragsschluss selbst ist nicht geregelt. Insoweit gilt das BGB: Der Vertrag wird in dem Moment wirksam, für den die Parteien durch übereinstimmende Willenserklärungen (§§ 145 ff. BGB) den Beginn der Handelsvertretertätigkeit vereinbart haben. Im Zweifel ist dies der Zeitpunkt der Unterzeichnung durch den letzten Vertragspartner. Haben die Parteien einen Vertragsbeginn bezeichnet, nehmen aber tatsächlich zuvor die Vertragsausführung auf, liegt eine konkludente Vertragsänderung vor. Der Vertrag beginnt dann mit der Aufnahme der Tätigkeit.658 Denn eine einverständliche Handhabung entgegen dem zunächst Vereinbarten wird regelmäßig selbst bei schriftlich geschlossenen Verträgen eine rechtsverbindliche Vertragsänderung bewirken.659 Ein einseitiges Tätigwerden vor Vertragsunterzeichnung durch den Handelsvertreter ohne korrespondierende Absprache begründet dagegen keinen Vertretervertrag. Deshalb stehen dem Vertreter grundsätzlich für sein verfrühtes und eigenmächtiges Handeln auch keine Provisions- oder andere Vergütungsansprüche, etwa aus §§ 354, 812 BGB, oder Informationsrechte aus § 242 BGB zu.660 Falls der HV Kaufmann ist, kann der Vertrag ferner durch widerspruchslose Hinnahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens sowie über die Annahmefiktion des § 362 zustande kommen. III. Vertragsänderung und Vertragsübergang 1. Vertragsänderung. Die Parteien können jederzeit einverständlich und ggf still- 93 schweigend661 eine Abänderung des Vertrages vereinbaren.662 Wie oben skizziert, liegt in der einverständlichen, vom Vertragstext abweichenden stillschweigenden tatsächlichen Übung jedenfalls dann eine konkludente Vertragsänderung,663 wenn sich die Par-

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655 OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. 656 LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10, best. durch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13. 657 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 74. 658 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 35. 659 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 660 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 38. 661 BGH BB 1961, 497; Hopt § 85 Rn 2. 662 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4a. 663 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 8.

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teien der Abweichung bewusst sind. Eine Schriftformklausel hindert eine solche Vertragsänderung nicht, weil auch eine Schriftformklausel stillschweigend abbedungen werden kann.664 Steht die Vertragsänderung fest, ist die nächste Frage, ob lediglich eine vorübergehende oder eine dauernde Abweichung gewollt ist, wobei weder für das eine wie das andere eine Vermutung streitet. Einseitige Vertragsänderungen665 sind nur nach wirksamer vertraglicher Vereinbarung zulässig. Entsprechende Vorbehalte in Formularverträgen sind unwirksam, falls dem Vertragspartner kein angemessener Ausgleich für dieses Recht gewährt wird.666 In Individualverträgen ist der Berechtigte an das billige Ermessen des §§ 242, 315 BGB gebunden.667 Vertragsänderungen können auch durch widerspruchslose Hinnahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens sowie über die Annahmefiktion des § 362 zustande kommen, nicht jedoch durch Schweigen auf ein Vertragsangebot,668 sofern nicht der Fall des § 151 BGB vorliegt. Außerdem ist jederzeit eine Änderungskündigung zulässig.669 94

2. Vertragsübergang. Da die Dienste des HV in Person (wenngleich nicht unter Ausschluss von Hilfspersonen) zu leisten sind, ist das Vertragsverhältnis grundsätzlich an seine Person gebunden. Der HV kann seine „Vertretung“ weder durch Vertragsübertragung noch durch Veräußerung seiner Agenturfirma einseitig auf einen Nachfolger übertragen.670 Dazu bedürfte es nicht nur der Zustimmung sondern der Mitwirkung des Unternehmers. Denn dieser hätte mit dem Nachfolger einen eigenen HV-Vertrag abzuschließen. Das mag zwar in der Form des „Eintritts“ des Nachfolgers in den HV-Vertrag als „Übernehmer“ der Vertretung des Vorgängers geschehen (s. § 89b Abs. 3 Nr. 3 – die Vorschrift zeigt, dass das Gesetz die Möglichkeit der Übertragung des Vertreterunternehmens sieht). Aber eine solche Übertragung bildet keine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne, auch wenn – firmenrechtlich – eine Firmennachfolge im Sinne des § 25 für die Agentur als Ganzes vorliegt. Was erreichbar ist und erreicht werden soll, ist lediglich eine zeitliche und organisatorische Kontinuität in der Betreuung des Bezirks oder des Kundenkreises und der inhaltliche Gleichlauf des neuen mit dem bisherigen Vertrage. Nicht etwa läuft der bisherige Vertrag ohne Einbuße seiner Identität durch bloße Auswechslung seiner Personen weiter.671 Handelte es sich um einen schlichten Eintritt des Nachfolgers in den bestehenden Vertrag, so müssten die bestehenden Provisionsansprüche dem Vorgänger vorbehalten werden – es ist weder erforderlich noch, wo es geschieht, mehr als eine bloße Klarstellung –; auch erübrigte sich die ausdrückliche Abgrenzung für laufende, aber noch nicht abgeschlossene Vermittlungsbemühungen nach § 87 Abs. 3. Das Vertragsverhältnis mit dem Übernehmer schließt sich an das mit dem bisherigen HV an. Der Vertrag mit dem bisherigen HV ist einvernehmlich beendet. Er ist abzuwickeln; der Ausgleichsanspruch entsteht vorbehaltlich des § 89b Abs. 3 Nr. 3 auf Grund der einverständlichen Lösung des Vertrages, aus dem der bisherige HV damit entlassen wird. Wie jeder andere Vertrag kann damit auch der HV-Vertrag nur durch vertragliche Vereinbarung auf einen Dritten übertragen werden,672 und zwar auch dann,

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664 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58; Oetker/Busche § 84 Rn 60. 665 Hierzu Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4a. 666 BGHZ 89, 206 (216) = BB 1984, 233; BGH BB 2000, 60 (62) m. Anm. Emde; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 667 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4a. 668 BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54, DB 1955, 1085. 669 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 670 BGH, Beschl. v. 4.12.2013 – XII ZB 534/12, NZFam 2014, 213. 671 AA Sieg VersR 1964, 791. 672 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14a.

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wenn eine Handelsgesellschaft Vertreterin ist. Das gilt auch für die Übertragung auf einen Angestellten oder Untervertreter.673 Im Zweifel ist der Unternehmer nicht zur Zustimmung verpflichtet, ohne Zustimmung bleibt der bisherige HV sein Vertragspartner. Die Übertragung kann ausdrücklich oder im Wege der konkludenten Vertragsänderung, auch durch schrittweise Übernahme,674 erfolgen und ist i.d.R. gem. § 89b Abs. 3 Nr. 3 ausgleichsschädlich (§ 89b Rn 341 ff.). Für einen Parteiwechsel ist erforderlich, dass die beteiligten Personen eine befreiende Schuldübernahme gem. § 414 BGB vereinbaren, wobei beide Parteien den Willen, den bisherigen Schuldner aus der Verpflichtung zu entlassen, deutlich erklären müssen.675 Das Einverständnis mit dem Vertragsübergang kann bereits bei Vertragsschluss im HV-Vertrag erklärt werden, wie es im Kfz-Vertriebsrecht durch die GVO 1400/02 vorgeschrieben war.676 So darf vereinbart werden, dass ein Vertragspartner ohne weitere Zustimmung des Anderen zur Übertragung auf einen Dritten berechtigt ist,677 sofern in der Person dieses Dritten keine Gründe entgegenstehen. Zweifelhaft ist, ob dies formularvertraglich nur für eine Seite, etwa den Unternehmer, erklärt werden darf. Mögliche Missbräuche liegen nahe, etwa die Übertragung des Vertrages auf eine vermögenslose Gesellschaft, bei der kein Ausgleichsanspruch vollstreckt werden kann (§§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB!; Durchgriff). Häufig geschieht ein stillschweigender Übergang im allseitigen Einvernehmen nach Gründung einer Gesellschaft,678 wobei der HV grundsätzlich keinen Anspruch auf Übertragung des Vertretervertrages auf eine von ihm neu gegründete Gesellschaft hat.679 Er kann sein Unternehmen jedoch ohne Zustimmung des Unternehmers nach dem UmwG in eine Gesellschaft umwandeln oder die Anteile an einer HV-Gesellschaft veräußern,680 solange sich die wirtschaftlich-faktische Identität nicht ändert und der Unternehmer kein erkennbares Interesse am Vertragsschluss nur mit einer natürlichen Person hat. Ein Eintritt der neu gegründeten Gesellschaft in den Vertretervertrag kann konkludent erfolgen, wenn die andere Partei in Kenntnis des Wechsels die Vertragsbeziehungen fortsetzt.681 Allerdings ist diese Kenntnis erforderlich, sie kann – sofern die Verhältnisse nicht offenbar sind – nur durch hinreichend deutlichen Hinweis der Partei, die den Eintritt eines Dritten wünscht, herbeigeführt werden. Langjährige Adressierung von Korrespondenz, Abrechnungen, Zahlungen etc. an den neuen Vertragspartner genügt meist, um eine konkludente Zustimmung erkennbar werden zu lassen.682 Ist ein Vertragsübergang gewollt, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Vertrag mit allen Rechten und Pflichten auf den neuen Vertragspartner übergeht und der ursprüngliche Vertragspartner aus dem Vertrag entlassen wird, was eine Frage der Vertragsauslegung sein kann.683 Das gilt auch für tatsächliche Anwartschaften wie die Zurechnung der Neukundenwerbung oder der Erweiterung von Altkunden im Sinne des Ausgleichsrechts. Der neue Vertragspartner kann also den Ausgleich auch für solche Kunden fordern, die im Rahmen des einheitlichen und übergegangenen Vertragsverhältnisses von dem bisherigen Vertragspartner

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673 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 25. 674 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 675 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621. 676 In der neuen Kfz-GVO 461/10 ist diese Freistellungsvoraussetzung entfallen. 677 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14. 678 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 679 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14e. 680 BGH, Beschl. v. 4.12.2013 – XII ZB 534/12, NZFam 2014, 213. 681 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 682 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 683 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14a.

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geworben wurden. Dies ist besonders deutlich bei wirtschaftlich-faktischer Identität zwischen altem und neuem Vertragspartner, etwa bei Einbringung des bisher einzelkaufmännischen Vertreterunternehmens in eine Gesellschaft, gilt aber auch sonst. Um ein Problem des gesellschaftsrechtlichen Durchgriffs handelt es sich nicht, vielmehr um einen Vertragsübergang mit allen Rechten und Pflichten. Die Frage stellt sich nur, sollte es an einer Identität zwischen Alt- und Neugesellschaft nach UmwG oder einer Gesamtrechtsnachfolge fehlen. Denn bei Identität oder Gesamtrechtsnachfolge ist die Zurechnung zweifelsfrei. Ein Fall der konkludenten Vertragsänderung ist möglicherweise auch der „Rechtsschein der Unternehmerschaft“: Hat eine in die Abwicklung des Vertrages eingeschaltete Person, etwa innerhalb eines Versicherungskonzerns, durch ihr Verhalten vor und im Prozess den Rechtsschein begründet, sie werde den HV-Vertrag als eigene Angelegenheit durchführen (etwa durch Abrechnung und Vergleichsverhandlungen), kann sie sich der Stellung als Vertragspartner nicht ohne Verstoß gegen Treu und Glauben entziehen, weil sie sich damit treuwidrig in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen würde.684 95 Veräußert der Unternehmer sein Unternehmen, so verneint die herrschende Ansicht einen Anspruch des HV gegen den Erwerber auf Vertragsfortführung.685 Ein Vertragsübergang nach § 613a BGB wird abgelehnt (siehe auch § 613a Abs. 2 BGB).686 Die Norm finde keine entsprechende Anwendung, weil sie eine Lücke im Kündigungsschutzsystem für Arbeitnehmer schließen solle, der HV jedoch kein Arbeitnehmer sei.687 Gegenüber dem veräußernden Unternehmer besteht auch dann kein Anspruch auf Übertragung des Vertretervertrages an den Übernehmer, wenn sich der Unternehmer im Vertretervertrag das Recht der Übertragung auf einen Dritten vorbehalten hat.688 Ein Anspruch gegen den Erwerber wird ohne seine Zustimmung nicht begründet, weil dies ein unzulässiger Vertrag zu Lasten Dritter wäre.689 Damit ist noch nichts darüber ausgesagt, ob es zu einem Vertragsübergang auf den 96 Erwerber nach § 25 Abs. 1 kommen kann. Die herrschende Meinung verneint dies, wenngleich sie den Anwendungsbereich der Norm in den letzten Jahren Stück für Stück erweitert hat. Der Übergang des HV-Vertrages sei ausgeschlossen.690 Diesem tradierten Verständnis des § 25 Abs. 1 setzt eine neuere Ansicht das Prinzip der Haftungskontinuität entgegen. Die Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnisse, welche zum Unternehmen gehören, sollen auch im Fall des Unternehmerwechsels dem jeweiligen Unternehmensträger, also dem Erwerber, zugewiesen bleiben. Deshalb könnten auch ganze Dauerschuldverhältnisse auf den Übernehmer übergehen.691 § 613 BGB hindere den Übergang nicht.692 Firmenfortführung oder Firmenidentität seien nicht Voraussetzung des Vertragsüberganges, solange Unternehmensfortführung oder Unternehmensidentität vorlägen.693 Ist der HV-Vertrag unternehmensbezogen, so sollen vertragliche Rechte und Pflichten oh-

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684 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 685 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b. 686 BGH NJW 1963, 1000 (1001); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14 b; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 10. 687 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 10. 688 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b. 689 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14b. 690 Vgl. Beuthien NJW 1993, 1737 ff.; Heymann/Emmerich § 25 Rn 42. 691 AA (ohne Nennung des § 25) offensichtlich BGH HVR Nr. 419; Schlessmann S. 32. Vgl. auch Lieb Die Haftung für Verbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen bei Unternehmensübergang, 1991, der auf S. 16 ausdrücklich das Beispiel der Handelsvertreterverträge nennt. 692 Karsten Schmidt HandelsR, S. 206. 693 Karsten Schmidt HandelsR, S. 215 ff.

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nehin mit „dem Unternehmen“ übergehen. Oft wird der bisherige Schuldner ohne die übertragenen Unternehmensmittel auch überhaupt nicht mehr fähig sein, den jeweiligen Vertrag zu erfüllen.694 Richtig wäre wohl ein Wahlrecht des Mittlers auf Vertragsfortsetzung mit dem Veräußerndem oder dem Erwerber. Der vorgenannten neueren Auffassung dürfte zuzustimmen sein.695 Die Gründe sind 97 von Karsten Schmidt696 und Lieb697 dargestellt worden. Neben der Praktikabilität spricht für sie, dass die Unternehmensfortführung bei Veräußerung oder Neugründung einer Gesellschaft durch die Überleitung der auf das Unternehmen bezogenen Verträge deutlich erleichtert wird.698 Auch die Interessen des Vertragspartners werden hierdurch nicht berührt. Ein Vertragsübergang nach § 25 kann auch dem HV zugute kommen, der sein Unter- 98 nehmen an einen Erwerber veräußern oder in eine neugegründete Gesellschaft einbringen will, ohne dass aufgrund des UmwG Identität des Rechtsträgers vorliegt (dann wäre ein Vertragsübergang nicht erforderlich, weil der Vertretervertrag ohnehin beim „umgewandelten“ Rechtsträger verbliebe). Selbst bei Veräußerung des Vertreterunternehmens kann es zu einem Vertragsübergang nach § 25 kommen, falls der Übernehmer wirtschaftlich-faktisch mit dem ursprünglichen Vertragspartner identisch ist. Davon darf etwa ausgegangen werden, wenn ein Einzelkaufmann eine personenidentische GmbH gründet.699 Das bedeutet nicht, dass der Vertreter nach Einbringung seines bislang einzelkaufmännischen Unternehmens in eine Gesellschaft dem Unternehmer durch anschließende Abtretung der Gesellschaftsanteile700 wirtschaftlich-faktisch betrachtet einen nicht genehmen „Vertragspartner“ aufzwingen könnte. Hiervor ist der Unternehmer gemäß §§ 613, 664 BGB geschützt (siehe Vor § 84 Rn 62 ff.). Die Anteilsübertragung bliebe zwar wirksam, wäre jedoch eine Vertragsverletzung. Kommt es bei der Einbringung des HV-Unternehmens in eine Gesellschaft zu einer Veränderung des Erscheinungsbildes des Unternehmens, die etwa in dem Eintritt einer Vielzahl neuer in der Gesellschaft tätiger Gesellschafter liegen kann, mangelt es also an einer gemäß § 25 erforderlichen Unternehmenskontinuität.701 Liegt in der Anteilsübertragung eine Vertragsverletzung, darf der Unternehmer nach Abmahnung gemäß § 89a kündigen (Vor § 84 Rn 62 ff.). 3. Das Vertreterunternehmen als Gegenstand des Rechtsverkehrs – Wertbe- 99 stimmung. Wie § 89b Abs. 3 Nr. 3 zeigt, geht das HGB von der Übertragungsfähigkeit der HV-Agentur aus. Nähere Regelungen finden sich dazu nicht. Siehe zur Übertragungsfähigkeit die Ausführungen oben unter 2., zu §§ 667, 613 BGB bei Vor § 84 Rn 62 ff. sowie zu § 89b Abs. 3 Nr. 3. Der Unternehmenswert einer Handelsvertretung bemisst sich wegen des auf die Person des HV bezogenen Charakters seiner Tätigkeit grundsätzlich nach dem Substanzwert, also dem Wert des Sachvermögens auf der Grundlage des Wiederbeschaffungswertes, mithin dem Wert der Arbeitsgeräte, der Einrichtungsgegenstände und eventuell der vorhandenen Fahrzeuge. Ein Goodwill ist für eine derartige Agentur

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694 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 151. 695 Siehe bereits Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 151. 696 HandelsR, S. 204 ff. 697 A.a.O., passim, insbes. S. 16. Lieb stellt allerdings strengere Anforderungen an die Unternehmenskontinuität, vgl. S. 12. 698 Lieb a.a.O., S. 16. 699 Vgl. Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 152. 700 Was möglich wäre, jedoch wenig praktisch, s. BGH, Beschl. v. 4.12.2013 – XII ZB 534/12, NZFam 2014, 213. 701 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 154.

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am Markt nicht zu realisieren, da die persönliche Leistung des HV Vordergrund steht.702 Einen Markt für Anteile an HV-Gesellschaften gibt es kaum.703 Dieser subjektbezogene Wert wird allein von dem HV genutzt, kann aber von ihm kaum als Vermögenswert realisiert werden, da er in der Regel nicht mit übergeht. Der Ausgleichsanspruch hat als bloße Chance vor seiner Fälligkeit ebenfalls kaum einen bewertbaren Wert: Ob der Anspruch in späterer Zeit einmal zum Tragen kommen wird, ist ungewiss.704 Geht ein langfristiger HV-Vertrag über, dürfte der Ertragswert maßgeblich sein. J. Anfechtbarkeit und Nichtigkeit 100

Für den HV-Vertrag gelten die allgemeinen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründe des bürgerlichen Rechts.705 Obwohl die zur Anfechtung berechtigenden §§ 119, 123 BGB regelmäßig – aber nicht immer – einen wichtigen Grund im Sinne des § 89a bilden und das bereits in Vollzug gesetzte Vertragsverhältnis nicht mit Rückwirkung beseitigt werden kann (deshalb Anwendung der Grundsätze zum faktischen Vertrag), ist eine Anfechtung möglich. § 89a bildet auch bei einem in Vollzug gesetzten HV-Vertrag keine abschließende Sonderregelung.706 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung „verbrauchte“ Kündigungsgrund nach § 89a über § 142 Abs. 1 BGB zum sofortigen Vertragsende führen kann.707 Denn es besteht Anspruchskonkurrenz. Nichtigkeitsgründe sind insbesondere: – Anfechtung wegen Irrtums,708 etwa wegen Irrtums über eine verkehrswesentliche persönliche Eigenschaft des Vertragspartners (Vertrauenswürdigkeit des Unternehmers,709 Vorstrafe des HV auf vermögensrechtlichem Gebiet,710 zur dauernden Berufsunfähigkeit führende Erkrankung) oder über verkehrswesentliche Eigenschaften des vertriebenen Produkts711 – Anfechtung wegen arglistiger Täuschung712 oder Drohung.713 Hier ist der HV im Verhältnis zum Unternehmer nicht Dritter,714 – Formmangel bei rechtsgeschäftlich vereinbarter Form (§§ 126, 127 BGB)715

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702 BGH, Beschl. v. 4.12.2013 – XII ZB 534/12, NZFam 2014, 213; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.8.2012 – 16 UF 170/12, BeckRS 2014, 00977; OLG Hamm, Urt. v. 9.3.2011 – II-8 UF 207/10, NJW-RR 2011, 1443. 703 BGH, Beschl. v. 4.12.2013 – XII ZB 534/12, NZFam 2014, 213. 704 S. BGH, Urt. v. 9.3.1977 – IV ZR 166/75, BGHZ 68, 163 (168) = NJW 1977, 949; OLG Hamm, Urt. v. 9.3.2011 – II-8 UF 207/10, NJW-RR 2011, 1443. 705 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 106; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 15; Oetker/Busche § 84 Rn 62. 706 Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 1; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 4. 707 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 4. 708 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 106; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. 709 RG WarnRspr. 1920, Nr. 185. 710 RAG 15, 49. 711 Vgl. RG LZ 1932, 753 (HV-ähnliches Verhältnis, Irrtum über Eigenschaften des Fabrikats); Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 85 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 70. 712 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 106; Hopt § 84 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4, § 86 Rn 9, 48c. 713 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 138; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34. 714 OLG Hamburg BB 1959, 612; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 82; Hopt § 84 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 24, § 86 Rn 9, 19b, 48c; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 91. 715 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 108; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71.

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Nichtigkeit gemäß § 134 BGB.716 Beispiele: § 51 ArzneimittelG; § 8 HeilmittelwerbungsG; Gesetzesumgehung (HV-Vertrag zur Umgehung kartellrechtlicher Bindungsverbote), jedoch nicht der Betrieb des HV-Unternehmens ohne Gewerbeerlaubnis.717 Ob der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Nichtigkeit des Vertrags führt, ist, wenn eine ausdrückliche Regelung fehlt, nach Sinn und Zweck der jeweiligen Verbotsvorschrift zu beantworten718 Nichtigkeit gemäß § 138 BGB wegen Verstoßes gegen die guten Sitten,719 etwa in folgenden Fällen: – auf Grund einer Gesamtwürdigung des Vertrages;720 etwa durch eine Kombination einer Vielzahl einseitig belastender Klauseln, die einer Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB nicht standhalten721 – wenn der Mittler nahezu vollkommen dem Willen des Unternehmers unterworfen und faktisch zum Angestellten im eigenen Betrieb wird722 – im Falle der Verpflichtung des HV, selbst Ware in übermäßigem, durch ein fristloses Kündigungsrecht besichertem Mindestumfang zu beziehen723 – bei dem auf Täuschung von Kunden ausgerichteten Vertriebsvertrag724 – bei einseitiger Risikoverteilung725 – falls der Unternehmer dem HV ohne besondere Kompensation wesentliche Teile des Unternehmerrisikos, z.B. des Absatzrisikos, auferlegt726 – wenn der maßgebliche Inhalt der Vermittlung darauf gerichtet ist, eine Schmiergeldvereinbarung mit den zuständigen staatlichen Entscheidungsträgern herbeizuführen und Schmiergeld an sie weiterzuleiten. Die Nichtigkeit folgt auch aus § 134 StGB i.V.m. § 299 Abs. 2, 3 StGB727 – im Falle einer Nichtigkeit wegen Wuchers (§ 138 Abs. 2 BGB). Von ihr soll z.B. bei einer unverhältnismäßig niedrigen, sog. Hungerprovision728 oder in der Situation der „Risikoschraube“729 ausgegangen werden, insbesondere bei krassem Missverhältnis zwischen den Vertragspflichten des HV und der ihm gewährten Vergütung,730 wobei immer die Risikoverteilung im Einzelfall zu berücksichtigen

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716 BGHZ 127, 368 (Devisenrecht); OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 107; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; Hopt § 85 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. 717 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 107. 718 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514. 719 BGH DB 1981, 2274; Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 140; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 110; Hopt § 85 Rn 2; § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71. 720 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 110. 721 OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857; LG Mainz, Urt. v. 20.6.2006 – 12 HKO 82/05, BeckRS 2007, 08487. 722 OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857. 723 OLG Stuttgart NJW 1957, 1281; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 111; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71. 724 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 34, § 86 Rn 7. 725 OLG Oldenburg, Urt. v. 26.4.2006 – 8 U 206/06, BeckRS 2007, 16857. 726 BGH, Urt. v. 20.3.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200. 727 OLG Stuttgart, Urt. v. 10.2.2010 – 3 U 179/09, BeckRS 2010, 10537 zum Maklervertrag. 728 RAG 19, 113; BAG MDR 1960, 613 = BB 1960, 1222 (Versicherung); DB 1981, 2274 (wegen des Unternehmerrisikos im Ergebnis ablehnend); OLG Düsseldorf NJW 1998, 2980; Evers BB 1992, 1365; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 111; Hopt § 86 Rn 9; Schlegelberger/ Schröder § 85 Rn 4; Oetker/Busche § 84 Rn 63; kritisch Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 139. 729 OLG Stuttgart NJW 1957, 1281. 730 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 34.

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ist. Unangemessen niedrige Provision („Hungerprovision“) oder Zuweisung eines ertragsschwachen Bezirks begründen den Sittenwidrigkeitseinwand allein noch nicht; der HV trägt als selbständiger Gewerbetreibender regelmäßig selbst das Risiko, ob seine Tätigkeit verdienstbringend sein kann oder nicht. Möglicherweise gelten für den „arbeitnehmerähnlichen HV“ des § 92a strengere Maßstäbe. Hier ist der Vertrag dann sittenwidrig, falls der Bezirk „hoffnungslos“ ist und dem Unternehmer die wirtschaftliche Sinnlosigkeit des Unterfangens, ihn erneut zu vergeben, aus den Erfahrungen der Vergangenheit bekannt war,731 er darüber jedoch nicht aufklärte. Keine Nichtigkeit tritt ein, wenn der Vertrag das Existenzminimum zwar nicht sichert, aber weitere HVTätigkeit gestattet ist.732 Ansonsten gilt: Der HV ist kein Arbeitnehmer, ihm ist – sofern keine besondere Schutzbedürftigkeit vorliegt, gegenüber dem in § 92a angesprochenen HV ein größeres Risiko zuzumuten. So kann es ihm obliegen, aus dem Bezirk „etwas zu machen“ oder andere Vertretungen anzunehmen, so dass Nichtigkeit eher in Frage kommt, wenn der HV einem Wettbewerbsverbot unterliegt, da dann die Verluste des einen Vertrages nicht durch Gewinne anderer Vertretungen ausgeglichen werden können.733 Im Zweifel ist in den Fällen der Hungerprovision zum Schutze des Vertreters lediglich die Provisionsabrede nichtig (Ersetzung durch die Provision des § 87b).734 Der übrige Vertrag bleibt wirksam, da anderenfalls der Schutz des HV verfehlt würde. Verdienstmöglichkeiten aus dem Werkstattgeschäft oder dem Gebrauchtwagenhandel bleiben bei der Berücksichtigung des Leistungs-/Gegenleistungsverhältnisses unberücksichtigt, da derartige Erträge nicht als Gegenleistung für die Vertriebspflicht erzielt werden.735 Nach Ansicht des LG München I736 ein Verstoß gegen § 4 RWG, wenn der als Anwalt tätige HV zugleich der Pflicht zur rechtlichen Prüfung der vermittelten Verträge unterlag. Es leitet aus § 4 RWG, der Rechtsdienstleistungen verbietet, die unmittelbaren Einfluss auf die Erfüllung einer anderen Leistungspflicht haben könnte, her, dass die erfolgsabhängige Vergütung dem Anwalt dazu bringen könne, um der eigenen Vergütungsinteressen Willen die Verträge zum Nachteil des Unternehmers zu gestalten. Das Urteil dürfte zweifelhaft sein, da zum einen nur eine einseitige Nichtigkeit vorliegt (der Vertrag also wirksam bleiben müsste) und diese Interessenkollision jeden HV trifft, insbesondere den Abschlussvertreter, der die Verträge verhandelt, prüft und abschließt.

Keine Nichtigkeitsgründe bilden: ein Verstoß gegen § 32 Abs. 1 S. 1 KWG i.V.m. § 134 BGB737 bei einem deutschen Recht unterliegenden Vertrag die Verletzung des Art. 47 des Schweizer Bankengesetzes (Bankgeheimnis)738 übermäßige Einzelanweisungen des Unternehmers,739 da jene wegen Verstoßes gegen die Selbständigkeit des HV unbeachtlich bleiben.

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731 732 733 734 735 736 737 738 739

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BAG MDR 1960, 613; s. auch BGH DB 1981, 2274. OLG Nürnberg BB 1960, 1261; Hopt § 86 Rn 9. Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 111. BAG BB 1960, 556; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. Genzow kfz-betrieb 8/2001, S. 24. Urt. v. 16.10.2013 – 10 HKO 8071/13. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514. OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, VersR 2007, 1514. Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 111.

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Sind von dem Nichtigkeitsgrund wegen Gesetzesverstoßes nur einzelne Bestimmun- 102 gen des HV-Vertrages betroffen, so ist entgegen dem bei Individualverträgen anwendbaren § 139 BGB, weil sonst der Schutzgedanke des HV-Rechts zugunsten des Mittlers verfehlt würde, nicht das ganze Vertragswerk nichtig; vielmehr erhält der Vertrag insoweit einen dem dispositiven Recht, insb. den §§ 84 ff., entsprechenden Inhalt.740 Gesamtnichtigkeit gem. §§ 139, 306 Abs. 3 BGB kann nur in Fällen der Unwirksamkeit einer „Kernabrede“ angenommen werden, der Vertrag wäre dann ohne die nichtige Bestimmung nicht geschlossen worden.741 Bei AGB ist § 306 Abs. 3 BGB maßgeblich.742 Sollte ausnahmsweise Gesamtnichtigkeit eintreten, so gilt: Trotz der Nichtigkeit ist bis zum Zeitpunkt der „Entdeckung der Nichtigkeit“ HV-Recht maßgeblich.743 Denn das vollzogene Austauschverhältnis kann nicht mit Rückwirkung vernichtet werden. Deshalb findet wie im Arbeitsrecht die Lehre des „faktischen Vertragsverhältnisses“ Anwendung und treten an die Stelle der unwirksamen vertraglichen Abreden die §§ 84–92c, sofern die übrigen TBVoraussetzungen eines HV-Vertrages vorliegen. 744 Anwendbar sind auch die §§ 89, 89a. Der Vertrag wird, soweit die öffentliche Ordnung nicht die unverzügliche Beendigung zum Zeitpunkt der Entdeckung der Nichtigkeit fordert oder ein sonstiger wichtiger Grund zur sofortigen Beendigung i.S.d. § 89a vorliegt, mit den Auslauffristen des § 89 beendet745 (§ 89 Rn 49). Gerade der Schutz des HV gebietet ein solches Verständnis. Das dürfte wegen des Schutzes der Parteien wohl auch im Vertragshändler-746 und Franchiserecht747 sowie im Falle der Anfechtung vor Vertragsbeginn gelten748 (zur Anwendung der Kündigungsfristen vor Vertragsbeginn § 89 Rn 39). Auch im Fall der Anfechtung wegen Arglist gilt dieser Grundsatz.749 Die h.M. beendet den Vertrag mit „Entdeckung“ der Gesamtnichtigkeit mit sofortiger Wirkung; im Ergebnis wird die Anfechtung damit wie eine fristlose Kündigung behandelt.750 Eine Rückabwicklung der beiderseits erbrachten Leistungen nach dem Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff. BGB) ist weder erforderlich noch sachgerecht noch würde sie den durch die §§ 84 ff. begünstigten HV hinreichend schützen.751 Da die Parteien einen HV-Vertrag „gelebt“ haben, fragt sich auch, welches andere Regelungswerk sachgerecht ihre Rechtsbe-

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740 BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 (238 f.) = DB 1964, 28 = NJW 1964, 350; v. 12.1.1970 – VII ZR 48/68, BGHZ 53, 152 (159); v. 3.5.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (293) – die in den beiden erstgenannten Entscheidungen enthaltene Voraussetzung wirtschaftlicher Schutzbedürftigkeit sollte heute entfallen; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 106; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 35; Hopt § 85 Rn 1; § 86 Rn 11; 89 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 42a; Evers BB 1992, 1370; Oetker/Busche § 84 Rn 63; aA Canaris § 17 Rn 27 ff. – er will über das Bereicherungsrecht und den Einwand des Rechtsmißbrauches helfen. 741 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 85 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71. 742 Siehe Emde MDR 2006, 301; Hopt § 86 Rn 11. 743 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34. 744 OLG Düsseldorf HVR Nr. 607; Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 140; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 106; Hopt § 85 Rn 1; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; Hopt § 85 Rn 1. 745 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 31. 746 Westphal II Rn 649; van der Moolen in: Martinek/Semler § 23 Rn 65; aA Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 132. 747 AA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 150. 748 AA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 30; Oetker/Busche § 89 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 16: Nichtigkeit dann ex tunc. 749 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 17. 750 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 9; Oetker/Busche § 84 Rn 62. 751 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; wohl auch v. 12.1.1970 – VII ZR 48/68, BGHZ 53, 152 (159); aA Canaris § 17 Rn 27 ff.; Oetker/Busche § 84 Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 17.

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ziehungen regieren sollte. Geschäftsbesorgungsrecht i.V.m. § 812 BGB wäre kaum geeignet, interessengerechte Ergebnisse herbeizuführen,752 insb. nicht zu Gunsten der Partei, die an der Nichtigkeit keine Schuld trägt. Auch muss der Unternehmer jedenfalls einem HV trotz der Nichtigkeit einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b zahlen,753 es sei denn, der Schutzzweckgedanke oder die entsprechende Anwendung des § 89b Abs. 3 hindert den HV an der Geltendmachung des Ausgleichs. Daran ist zu denken, wenn der HV selbst – etwa durch arglistige Täuschung – die Nichtigkeit herbeigeführt hat. Ist der HV der „Bewucherte“ muss ihm schon wegen des Schutzgedankens des § 89b ein Ausgleich zugebilligt werden. Das Schadensersatzrecht hilft nur bei Verschulden. Anderenfalls könnte der Unternehmer kein besseres Geschäft machen, als einen gem. § 138 BGB wegen Hungerprovision nichtigen Vertrages zu schließen. Unter Anwendung der §§ 87b Abs. 1 HGB, 249 BGB kann die Ausgleichsbemessungsgrundlage angemessen erhöht werden. Im Recht der HV-ähnlichen Mittler, etwa im Vertragshändlerrecht, soll hingegen bei nichtigem Vertrag kein Ausgleich geschuldet sein, weil es wegen der Unwirksamkeit der vertraglichen Verpflichtung zur Übertragung des Kundenstammes an einem Analogiekriterium fehlen soll (§ 89b Rn 54). Dies ist nicht ganz konsequent, wenn man die Grundsätze des faktischen Vertrages oder des § 249 BGB anwendet. Ebenso wie Provisionen für die Vergangenheit ist auch der Ausgleich gem. § 89b eine vertragliche Gegenleistung für den in der Vergangenheit aufgebauten Kundenstamm. Deshalb ist es folgerichtig, ihn nach Nichtigkeit zuzubilligen. Der HV ist infolge der Nichtigkeit auch nicht gehindert, für die Vergangenheit Provisi103 ons-,754 insbesondere Bezirksprovisions-755 oder Auskunftsansprüche, geltend zu machen, es sei denn, die Nichtigkeit wurde gerade durch diesen Anspruch herbeigeführt.756 Eines Rückgriffs auf Vergütungsansprüche nach § 354757 bedarf es nicht. Im Ergebnis wird der HV daher hinsichtlich der in der Vergangenheit begründeten Ansprüche so gestellt, als wäre der Vertrag wirksam und mit zulässigem Inhalt zustande gekommen. Die Lehre des faktischen Vertrages gilt auch beim Franchisevertrag,758 und zwar 104 nicht nur im Hinblick auf die ohnehin separat geschlossenen Einzelkaufverträge.759 Teilweise wird angenommen, die Lehre vom faktischen Vertrag nach einer Anfechtung finde im Vertragshändlerrecht keine Anwendung: Die Rückabwicklung eines HV-Vertrages mit Provisionszahlung sei unmöglich, weshalb der Vertrag für die Vergangenheit aufrecht erhalten werden müsse. Dies gelte jedoch nicht für einen Vertragshändlervertrag, bei dem der Händler seine Marge lediglich aus den Einzelkaufvertragen erziele.760 Die in der Vergangenheit ausgetauschten Leistungen, insb. die Vertriebspflicht und die zahlreichen Nebenpflichten, weichen jedoch beim Vertragshändlervertrag nach Bedeutung und „Rückabwicklungsfähigkeit“ nicht wesentlich von denen eines HV-Vertrages ab.

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752 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 33. 753 BGH, Urt. v. 3.5.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (293) = NJW 1995, 1958; v. 11.12.1996 – VIII ZR 22/96, ZIP 1997, 238 (239); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; aA für den Fall der rückwirkenden Nichtigkeit: Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 20. 754 BAG MDR 1960, 613 für HV nach § 92a; Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 140; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34. 755 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 85 Rn 3. 756 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34. 757 So Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 85 Rn 3. 758 AA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 656; Giesler WM 2001, 658. 759 So aber Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 657; Giesler WM 2001, 658. 760 Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 600.

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Zudem sind die Einzelgeschäfte in Ausführung des Rahmenvertrages geschlossen worden, und sie wären zu anderen Konditionen gezeichnet worden, wenn es diesen Rahmenvertrag nicht gäbe. Eine Rückabwicklung ist daher auch beim Vertragshändlervertrag kaum möglich; die Lehre des faktischen Vertrages gilt auch hier.761 Der Vertragsteil, der die Nichtigkeit nicht verschuldet hat, darf Schadenersatz ver- 105 langen. Insbesondere bleiben Schadensersatzansprüche unberührt, falls die Nichtigkeit des Vertrages durch das dolose Verhalten eines Vertragsteils oder auch nur auf Verschulden bei Vertragsschluss (vgl. § 122 BGB, der selbst beim faktischen Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer entgegengehalten werden kann)762 zurückzuführen ist. K. Beweislast Sämtliche TB-Merkmale des § 84 hat die Partei zu beweisen, welche sich auf die Vor- 106 teile des HV-Vertrages beruft.763 Steht eine analoge Anwendung des § 84 in Frage, etwa auf einen Vertragshändler- oder Franchisevertrag, so sind die Voraussetzungen dieser Analogie ebenfalls von demjenigen zu beweisen, für den sie günstig ist. Ein HV-Vertrag soll nicht bewiesen sein, wenn der HV die Vertragschließenden nicht benennen kann, ebenso wenig einen klar vereinbarten Provisionssatz.764 L. Arten von Handelsvertretern In der Praxis gibt es kein einheitliches Bild des HV.765 Vielmehr sind HV in allen Be- 107 reichen der Wirtschaft vermittelnd tätig und nutzen hierbei die verschiedensten Organisationsformen. Diese faktische Uneinheitlichkeit wird auf das Gesetz übertragen und von einem Leitbild-Pluralismus gesprochen. Jedoch hat dieser Leitbild-Pluralismus, sollte es ihn zum Zeitpunkt des Entwurfs des HGB bzw. seiner Novellierungen bei den Verantwortlichen tatsächlich gegeben haben, keine Folgen bei der Gesetzesanwendung. Denn das Gesetz beschränkt seinen Wirkungsbereich gerade wegen dieser Leitbild-Vielfalt nicht auf bestimmte Vertretertypen, sondern erfasst die Lebenssachverhalte aller rechtstatsächlichen Ausprägungen. Das Erscheinungsbild der HV ist mithin außergewöhnlich vielgestaltig. Im Folgenden werden sie nach der Art ihrer Tätigkeit (hierzu unter I) und nach ihren rechtlichen Besonderheiten (hierzu unter II) dargestellt. I. Handelsvertreter und ihr Tätigkeitsfeld Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind Mittler in folgenden Bereichen Handelsver- 108 treter:

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761 Küstner/Thume III Rn 1384; Westphal II Rn 649; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 378. 762 BAG BB 1958, 232. 763 Vgl. OLG Köln, Urt. v. 15.1.2010 – 19 U 112/09. 764 Vgl. OLG Köln, Urt. v. 15.1.2010 – 19 U 112/09 – zweifelhaft, es wird auf die Umstände des Einzelfalls ankommen. 765 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 6. Stolterfoth Die Selbständigkeit des Handelsvertreters (1973) bescheinigt der Novelle 1953 (S. 32 ff.) einen Leitbild-Pluralismus. Das gesetzliche Leitbild des HV, insb. über die verschiedenen Novellen, zu bestimmen wurde als „hoffnungslos“ (Behm Der Handelsagent, 1913, S. 1 f.) oder „gefährlich“ (Stolterfoht Die Selbständigkeit des Handelsvertreters 1973, S. 54; hierzu auch Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 52 ff.) bezeichnet.

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Anzeigenvertreter.766 Ihre Tätigkeit ist darauf gerichtet, Interessenten für einen Werbeträger zu finden767 Anlagevermittler. 768 Zur Registrierungspflicht und Vermittlungsvoraussetzungen (etwa Sachkunde) oben, Rn 7, zu typischen Interessenkonflikten s. Reiter/Methner WM 2013, 2053 ff. – Rechtslage bis zum 31.12.2012. Zu unterscheiden sind die Begriffe des Anlageberaters769 und Anlagevermittlers.770 Der Anlageberater hat umfassendere Pflichten als der Anlagevermittler. Ein Anlagevermittler schuldet lediglich eine richtige und vollständige Information über die tatsächlichen Umstände, welche für den Anlageentschluss von besonderer Bedeutung sind.771 Er muss das Anlagekonzept, bezüglich dessen er Auskunft erteilt wenigstens auf Plausibilität, insb. wirtschaftliche Tragfähigkeit, hin überprüfen.772 Vertreibt der Anlagevermittler die Anlage anhand eines Prospekts muss er im Rahmen der geschuldeten Plausibilitätsprüfung den Prospekt daraufhin überprüfen, ob er ein in sich schlüssiges Gesamtbild über das Beteiligungsobjekt gibt und die darin enthaltenen Informationen, soweit er das mit zumutbaren Aufwand feststellen kann, sachlich richtig und vollständig sind.773 Ansonsten kann er keine sachgerechten Auskünfte erteilen.774 Unterlässt der Anlagevermittler die vorgeschriebene Prüfung, hat er den Interessenten hierauf hinzuweisen.775 Bis zum 1.1.2013 mussten nur die Bank und ihre Mitarbeiter,776 nicht jedoch ein ausschließlich mit einer Bank verbundener HV oder ein nur in ihrem Namen tätiger HV, soweit nicht § 31d WpHG eingriff, über Rückvergütungen und übliche Provision aufklären, sofern dem Kunden die Tätigkeit als HV bekannt ist. Denn ein freier HV erhalte,

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766 BGH, Urt. v. 19.5.1999 – VIII ZR 354/97, ZIP 1999, 1094 = EWiR 1999, 653 (Emde); Schürr in: Küstner/ Thume I, Kap. I Rn 159; Schröder DB 1970, 1625, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 11; Klosterfelde Anzeigen-Praxis 1968, 134 ff., sowie Lambsdorff/Skora Handbuch des Werbeagenturrechts, Frankfurt 1975, S. 78 ff., 203 (222). 767 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 11. 768 BGH, Urt. v. 25.10.2007 – III ZR 100/06, VersR 2008, 352; v. 13.5.1993 – III ZR 25/92, VersR 1993, 1104 = NJW-RR 1993, 1114; v. 13.1.2000 – III ZR 62/99, VersR 2001, 240; v. 11.9.2003 – III ZR 381/02, NJW-RR 2003, 1690; v. 19.10.2006 – III ZR 122/05, VersR 2007, 63 (64) = NJW-RR 2007, 348 (349), v. 22.3.2007 – III ZR 218/06, VersR 2007, 944 (945) = NJW-RR 2007, 925; v. 12.7.2007 – III ZR 83/06, VersR 2007, 1653 (1654) = WM 2007, 1606 (1607); v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135 = VersR 2012, 1302; LG Berlin, Urt. v. 7.6.2011 – 10 O 538/10, BKR 2011, 344; Melcher BB 1981, 2101; zu den Aufklärungspflichten zusammenf. Mann WM 2013, 727. 769 Generell zu beiden Vertragsarten Heße MDR 2012, 1142; zum Anlageberatungsvertrag Buck-Heeb WM 2012, 625 ff. 770 Zur Abgrenzung BGH, Urt. v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135 = VersR 2012, 1302; LG Berlin, Urt. v. 7.6.2011 – 10 O 538/10, BKR 2011, 344. 771 BGH, Urt. v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135; v. 5.3.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740) Rn 11; v. 12.7.2007, WM 2007, 1608 = NJW-RR 2007, 1692 Rn 8; BGHZ 158, 110 (116) = WM 2004, 631; v. 16.6.2001 – III ZR 200/09, BeckRS 2011, 17987 Rn 14; zusammenf. Mann WM 2013, 727. 772 BGH, Urt. v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135; v. 16.6.2001 – III ZR 200/09, BeckRS 2011, 17987 Rn 14; v. 5.3.2009 – III ZR 17/08, NZG 2009, 471 (472) Rn 11. 773 BGH, Urt. v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135/136 Rn 9; v. 16.6.2011 – III ZR 200/09, BeckRS 2011, 17987 Rn 14; v. 5.3.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); v. 22.3.2007, WM 2007, 873 = NJW-RR 2007, 925, Rn 5; Beschl. v. 21.5.2008 – III ZR 230/07, Rn 5; BGHZ 158, 110 (116) = WM 2004, 631. 774 BGH, Urt. v. 5.3.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); v. 12.5.2005, WM 2005, 1219 (1220); v. 13.1.2000, WM 2000, 426 (427); Beschl. v. 21.5.2008 – III ZR 230/07 Rn 5. 775 BGH, Urt. v. 5.3.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740); v. 12.5.2005, WM 2005, 1219 (1220); v. 13.1.2000, WM 2000, 426 (427). 776 BGH, Urt. v. 8.12.2012 – III ZR 308/11, NJW 2012, 2952 = BB 2012, 2272 m. Anm. Voigt = EWiR 2012, 615 (Lang); v. 20.1.2009 – XI ZR 510/07, NJW 2009, 1416 (1417) Rn 12; BGHZ 170, 226 (234 f.) Rn 23 = NJW 2007, 1876.

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so die Begründung, typischerweise Provision; der Kunde wisse dies und rechne damit.777 Berechnet aber ein Vermittler (im entschiedenen Fall eine Bank) dem Kunden ein Entgelt für die Beratung, geht der Anleger davon aus, der Vermittler werde durch dieses Entgelt befriedigt. Bezieht er jedoch von Dritten ebenfalls eine Vertriebsvergütung, lässt sich also von beiden Seiten bezahlen, so befindet er sich in einem Interessenkonflikt. In einem solchen Fall hat der Mittler über eine vom Dritten gewährte Vertriebsvergütung zu informieren.778 Aufgeklärt werden muss auch, wenn die Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließt.779 Ebenfalls keiner Aufklärungspflicht sollte bis zu diesem Datum nach den Umständen des Falles eine selbständige Vertriebstochter der Bank unterliegen780 (aber mglw. Durchgriff?). Die gesamten Provisionsvereinbarungen mit allen Details seien auch schwer kommunizierbar.781 Das galt jedenfalls, falls offen Agio oder Kosten für die Eigenkapitalbeschaffung ausgewiesen wurden, aus denen ihrerseits die Vertriebsprovisionen aufgebracht werden,782 die Provision nicht unüblich hoch lag, so dass bei einer Provision von mehr als 15% der Beteiligungssumme aufzuklären war783 und die Provision nicht vom Kunden geleistet wurde (dann brauchte er nicht mit weiteren, von dritter Seite geleisteten Provisionen zu rechnen).784 Auf Nachfragen muss der Anlagevermitler wahrheitsgemäß antworten.785 Ebenso wenig wie bis 2013 der Anlagen vermittelnde HV muss ein VV über die Höhe seiner Provision und sein dahin gehendes Eigeninteresse aufklären.786 Bei Maklern könnte eine solche Aufklärungspflicht diskutiert werden.787 Im Bereich der fondsgebundenen Lebensversicherung soll angeblich auf Kick-backs nicht hingewiesen werden müssen; dem Versicherer stehe es frei, in welche Fonds er investiere.788 Zum Gerichtsstand bei Prozessen um Anlagevermittler Hustedt NZG 2011, 972. Die Pflichten des Anlageberaters gehen weiter. Ein Anlageberatungsvertrag kann auch konkludent geschlos-

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777 BVerfG Urt. v. 8.12.2011 – 1 BvR 2514/11, NJW 2012, 443, BGH, Urt. v. 19.1.2012 – III ZR 48/11, BKR 2012, 165 = EWiR 2012, 613 (Frisch); v. 10.11.2011 – III ZR 245/10, NJW-RR 2012, 372; v. 3.3.2011 – III ZR 170/10, DB 2011, 761; v. 15.4.2010 – III ZR 196/09, DB 2010, 1056 = ZIP 2010, 919; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.5.2010 – 3 U 200/09, NZG 2010, 995 = ZIP 2010, 1386 (1388 f.); OLG Celle, Urt. v. 11.6.2009 – 11 U 140/08, NZG 2010, 73; Schlick WM 2011, 154 (158); aA OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.7.2010 – I-6 U 136/09, EWiR 2010, 697 (Bendermacher); Heße MDR 2012, 1142 (1144). Zum englischen Recht Voigt BB 2011, 451. 778 BGH, Urt. v. 24.9.2013 – XI ZR 204/12, ZIP 2013, 2099 Rn 25. 779 BGH, Urt. v. 15.4.2014 – XI ZR 513/11, ZIP 2014, 1165. 780 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 = WM 2013, 119 = EWIR 2013, 339 (Dieckmann); v. 19.7.2012 – III ZR 308/11, NJW 2012, 2952 = BB 2012, 2272 m. Anm. Voigt = EWiR 2012, 615 (Lang); Kotte BB 2014, 1353 ff. Abgrenzend hierzu das OLG München (Urt. v. 27.11.2012 – 5 U 1345/12, WM 2013, 122 = ZIP 2013, 354 = EWiR 2013, 97 [Bendermacher]): Die Rspr. des III. ZS des BGH zu Aufklärungspflichten freier Anlageberater soll auf eine 100%ige Tochtergesellschaft einer Bank, die ihre anlageberatende Tätigkeit unter dem Briefkopf der Bank und unter ihrer Haftung im aufsichtsrechtlichen Status des § 2 Abs. 10 KWG nicht anwendbar sein. 781 Schlick WM 2011, 154 (158). 782 BGH, Urt. v. 15.4.2010 – III ZR 196/09, DB 2010, 1056 = ZIP 2010, 919. 783 BGH, Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 245/10, NJW-RR 2012, 372; v. 3.3.2011 – III ZR 170/01, DB 2011, 761; BGHZ 158, 110 (118 f.) = ZIP 2004, 1055; OLG Stuttgart, Urt. v. 12.5.2010 – 3 U 200/09, NZG 2010, 995 = ZIP 2010, 1386 (1389 f.). 784 Heße MDR 2012, 1142 (1144). 785 BGH, Urt. v. 3.3.2011 – III ZR 170/10, NJW-RR 2011, 913 (915); Heße MDR 2012, 1142 (1144). 786 Witte/Weber VersR 2011, 1103 (1105). 787 Witte/Weber VersR 2011, 1103 (1105). 788 OLG Köln, Beschl. v. 29.10.2010 – 20 U 100/10, VersR 2011, 248 (249); aA wohl Witte/Weber VersR 2011, 1103 (1106) für Zuwendungen der Fondsgesellschaft an den Versicherer.

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sen werden,789 wenn eine Partei zwecks möglicher Anlagen an die andere Partei herantritt und eine Beratung stattfindet,790 etwa durch Empfehlung einer Anlage.791 Ist ein Vermittler tätig, kann sich dessen stillschweigende Bevollmächtigung zum Abschluss eines Beratungsvertrages zwischen Unternehmer und Kunden aus den Umständen ergeben (§ 167 BGB). Dabei sind keine zu strengen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass der Unternehmer den Vermittler mit dem Vertrieb beauftragt hat und dabei wusste oder jedenfalls nicht ausschließen konnte, dass dieser gegenüber Interessenten beratend tätig werden würde.792 Von wem die Initiative zu dem Gespräch ausgeht, ist für den Abschluss des Beratungsvertrages irrelevant,793 ebenso wenig ist relevant, ob die Beratungsleistung entgeltlich oder unentgeltlich erfolgt794 und ob das Beratungsgespräch von einer gewissen Dauer war.795 Auch die Übergabe schriftlicher Informationen796 oder auch nur die Aushändigung eines Prospektes797 oder die Vorlage eines Berechnungsbeispiels798 kann für den Vertragsschluss genügen. Im Gegensatz zum Anlageberatungsvertrag tritt der bloße Auskunftsvertrag mit geringeren Pflichten.799 Die Abgrenzung erfolgt meist anhand von Indizien, etwa ob der Kunde einen individuellen Rat wünscht (dann Anlageberatungsvertrag) oder nur Auskünfte über das von der Bank oder einem sonstigen Vermittler angebotene Anlageobjekt (dann Anlagevermittlung).800 Von der tatsächlichen Beratung wird häufig auf einen Beratungsvertrag rückgeschlossen werden können.801 Angeblich sollen Banken regelmäßig beraten, freie und gebundene Anlagevermittler meist nur zur Auskunft verpflichtet sein.802 Die in den AGB enthaltene Klausel, es komme im Rahmen des Kontakts zwischen dem Kunden und dem Berater kein Anlageberatungsvertrag zustande, ist zwar wirksam.803 Sie wird jedoch meistens durch Individualvereinbarungen obsolet.804 Beweispflichtig für einen Anlageberatungsvertrag ist derjenige, für den er günstig ist.805 Inhalt und Umfang der Beratungspflicht des Anlageberaters hängen von den Umständen des Einzelfalls ab.806 Er ist zu einer vollständigen und richtigen,807 individuellen808 und auf das persönliche und wirtschaftliche Ziel des Anlegers gerichte-

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789 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (118). 790 BGH, Urt. v. 6.7.2013 – XI ZR 12/93, BGHZ 123,126 = ZIP 1993, 1148; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 791 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (118). 792 BGH, Urt. v. 1.3.2013 – IV ZR 279/11, WM 2013, 839 Rn 10, 12. 793 BGH, Urt. v. 6.7.2013 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126 = ZIP 1993, 1148; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 794 BGH, Urt. v. 4.3.1987 – IV a ZR 122/85, BGHZ 100, 117 (118 f.) = ZIP 1987, 500; OLG Celle, Urt. v. 19.3.2008 – 3 O 218/07, WM 2008, 1270; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 795 BGH, Urt. v. 8.10. 2004 – V ZR 18/04, ZIP 2005, 259 Rn 10; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 796 OLG München, Urt. v. 21.11.2012 – 5 U 1543/12, ZIP 2013, 354 Rn 25; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 797 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 30.7.2012 – 9 U 136/11; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 798 BGH, Urt. v. 31.10.2003 – V ZR 423/02, BGHZ 156, 371 = ZIP 2003, 2367 Rn 7; OLG Köln, Urt. v. 22.3.2012 – 18 U 104/11 Rn 127 ff.; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1402). 799 Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1403). 800 OLG Saarbrücken, Urt. v. 30.10.2012 – 4 U 517/10; Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1403). 801 LG Wuppertal, Urt. v. 13.3.2013 – 3 O 308/12, BeckRS 2014, 05123. 802 BGH, Urt. v. 9.3.2011 – XI ZR 191/10, ZIP 2011, 855 Rn 19; kritisch Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1403). 803 Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1405). 804 Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1405). 805 Buck-Heeb ZIP 2013, 1401 (1406). 806 BGH, Urt. v. 24.9.2013 – XI ZR 204/12, ZIP 2013, 2099 Rn 20. 807 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (119). 808 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (118).

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ten809 Beratung und zu mehr als nur einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. In Bezug auf das Anlageobjekt hat sich seine Beratung verständlich810 auf alle Eigenschaften und Risiken zu beziehen, die für die jeweilige Entscheidung wesentliche Bedeutung haben oder haben können.811 Der Wissensstand812 und die Risikobereitschaft813 des Anlegers ist aktiv zu hinterfragen und Wissenslücken sind zu schließen.814 Auch zur aktuellen Kapitalmarktsituation sind dem Anleger allgemeine Auskünfte zu erteilen. Sowohl über „allgemeine“ wie über „spezielle“ Risiken ist aufzuklären.815 Zu allgemeinen Risiken zählen sich abzeichnende Wirtschaftskrisen, die Auswirkungen politischer Krisen oder das allgemeine Börsenniveau.816 Der Anlageberater muss eine Anlage, die er empfehlen will, mit üblichem kritischem Sachverstand prüfen und den Anlageinteressenten auf ein diesbezügliches Unterlassen hinweisen,817 etwa wenn er weitere Informationen nicht erteilen kann oder darf.818 Voraussetzung ist die Erkennbarkeit von Risiken für den Berater.819 Ein Berater, der sich in Bezug auf eine Anlageentscheidung als kompetent geriert, hat sich aktuelle Informationen über das Objekt, welches er empfehlen will, zu verschaffen. Dazu zählt die Auswertung vorhandener Veröffentlichungen oder der Wirtschaftspresse.820 Auch über die Seriosität und Zuverlässigkeit von Fondverantwortlichen ist ggf. zu informieren,821 etwa über deren strafbares Verhalten.822 Schwierigen und ungeklärten Rechtsfragen, die infolge einer Gesetzesänderung eintreten, muss der Anlageberater aber nicht ohne Anhaltspunkte nachgehen, wenn diese regelm. nur durch ein Rechtsgutachten geklärt werden können.823 Die genaue Formulierung des Anlagegesprächs braucht der Anleger im Prozess nicht darzustellen.824 Schuldhafte Verstöße führen zur Schadenersatzpflicht.825 Eine eventuell entstehende Haftung trifft der regelmäßig nur den Unternehmer, nicht den Mittler. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 9 WpHG hat die Anlageberatung in eine Empfehlung und einen eindeutigen Ratschlag zu münden, gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG hat das Wertpapierdienstleistungsunternehmen diesen mit Sachkenntnissen gewissenhaft zu erarbeiten. Für Finanzinstrumente muss gem. § 31 Abs. 3a S. 1 WpHG ein Pro-

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809 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 66/12, WM 2013, 68 Rn 20. 810 „Ohne Fachchinesisch“ Günther WM 2012, 2267 (2270). 811 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (119); v. 10.11.2011 – III ZR 81/11, VersR 2012, 1518; Günther WM 2012, 2267 (2269). 812 Günther WM 2012, 2267 (2269). 813 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 66/12, WM 2013, 68 Rn 20. 814 Günther WM 2012, 2267 (2269). 815 Günther WM 2012, 2267 (2269, 2270). 816 Günther WM 2012, 2267 (2270). 817 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (119); v. 15.11.2012 – III ZR 55/12, ZIP 2013, 465 = DB 2012, 2862 (2863). 818 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (119). 819 BGH, Urt. v. 15.11.2012 – III ZR 55/12, ZIP 2013, 465 = DB 2012, 2862 (2863). 820 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, NJW-RR 2013, 293 = ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (119); v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135 (136) = NJW-RR 2012, 380 Rn 10; Urt. v. 16.9.2010 – III ZR 14/10, ZIP 2010, 2206; Urt. v. 5.11.2009 – VIII ZR 302/08, ZIP 2010, 526 Rn 16, 18; Urt. v. 5.3.2009 – III ZR 302/07, ZIP 2009, 1332 = WM 2009, 688 (690) Rn 13 ff. 821 BGH, Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 81/11, VersR 2012, 1518. 822 BGH, Urt. v. 10.11.2011 – III ZR 81/11, VersR 2012, 1518. 823 BGH, Urt. v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135 = NJW-RR 2012, 380 = VersR 2012, 1302. 824 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 66/12, NJW-RR 2013, 296 = WM 2013, 68 Rn 15. 825 Günther WM 2012, 2267 (2269).

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duktinformationsblatt826 und gem. § 13 Abs. 1 VermAnlG für Vermögensanlagen (etwa Anteile an geschl. Fonds, Unternehmensbeteiligungen) ein Vermögensanlage-Informationsblatt827 erstellt werden. Handelt es sich bei dem Finanzprodukt um ein Wertpapier, so muss der Vermittler ein Verkaufsprospekt gem. dem WpPG erstellen, sofern das Wertpapier öffentlich angeboten werden soll. § 3 Abs. 2 WpPG regelt Ausnahmen von der Prospektpflicht. Das Gleiche gilt für Vermögensanlagen i.S.d. § 1 Abs. 2 VermAnlG. Das InVG sieht ausführliche Anforderungen an die Dokumentation von Fondsprodukten für deren Vertrieb vor, insb. gem. § 1 InvG ein Verkaufsprospekt mit wesentlichen Anlageinformationen gem. § 42 InvVG.828 Die Finanzanlagevermittler müssen ferner Informations-, Beratungs- und Dokumentationspflichten beachten. Das Risiko, dass eine aufgrund anleger- und objektgerechter Beratung getroffene Anlageentscheidung sich im Nachhinein als falsch erweist, trägt der Anleger.829 Rechtslage ab dem 1.1.2013. Die aufgrund der §§ 11a Abs. 5, 34c Abs. 3, 34g GewO erlassene FinVermV regelt ab 1.1.2013 einen Großteil der vorstehend wiedergegebenen, vormals richterrechtlichen Pflichten: § 11 FinVermV enthält als Generalklausel die Verpflichtung zur gewissenhaften und sorgfältigen Berufsausübung des Vermittlers im Interesse des Anlegers. § 12 FinVermV regelt die Statusinformation des Vermittlers. Sie ist mit der aus der Versicherungsvermittlung bekannten Regelung vergleichbar. §§ 13–15 FinVermV regeln Inhalt, Art, Aufbau und Darstellung aller Werbematerialien. In den §§ 12–18 FinVermV sind sechs zu beachtende Informationspflichten genannt. Die jedenfalls unter Haftungsgesichtspunkten mutmaßlich wichtigste Vorschrift dürfte § 16 FinVermV sein. Gem. § 16 FinVermV ist der Vermittler zur Informationseinhaltung und zur Empfehlung verpflichtet: Der Vermittler muss den Kenntnisstand und die Erfahrung des Kunden erfragen. § 16 FinVermV unterscheidet zwischen Fällen, in denen der Finanzanlagenvermittler eine Beratung durchführt (näher § 16 Abs. 1 FinVermV) und solchen, in denen (nur) Anlagevermittlung betrieben wird (§ 16 Abs. 2 FinVermV). Im Fall einer Beratung ist eine sehr umfangreiche und komplexe Geeignetheitsprüfung durchzuführen. Im Rahmen der reinen Vermittlung dürften deutlich niedrigere Anforderungen an eine Angemessenheitsprüfung gestellt werden.830 § 16 Abs. 2 FinVermV übernimmt die Regelung des § 31 Abs. 5 WpHG. Der Finanzanlagenvermittler hat im Falle der Anlagevermittlung eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen. Hierbei muss er von dem Anleger Informationen über seine Kenntnisse und Erfahrungen mit Finanzanlagen einholen. Diese Informationen sollen den Vermittler in die Lage versetzen, zu prüfen, ob das konkrete Produkt für den Anleger angemessen ist. Soweit der Vermittler die für die Angemessenheitsprüfung erforderlichen Informationen von dem Anleger nicht erhält, muss er ihn darauf hinweisen, dass eine Angemessenheitsprüfung nicht möglich ist. Im Rahmen der Anlageberatung nach § 16 Abs. 1 FinVermV muss der Finanzdienstleister ferner eine Geeignetheitsprüfung vornehmen. Hierbei geht es um die Pflicht zur anleger- und an-

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826 Müchler WM 2012, 974 ff. 827 Müchler WM 2012, 974 ff. 828 Kurz DB 2013, 501 (506); Müchler WM 2012, 974 ff. 829 BGH, Urt. v. 24.9.2013 – XI ZR 204/12, ZIP 2013, 2099 Rn 20; v. 27.11.2012 – XI ZR 384/11, ZVertriebsR 2013, 242 (245) Rn 24. 830 Glotz VersVerm 1/2013, 14.

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lagegerechten Beratung. Ein Beratungsverzicht dürfte unzulässig sein.831 § 17 Abs. 3 FinVermV schreibt ab dem 1.1.2013 die Offenlegung aller Zuwendungen im Zusammenhang mit der Vermittlung von und Beratung über Finanzanlagen nach § 34f Abs. 1 S. 1 GewO vor. Der Begriff der Zuwendungen ist weit zu verstehen. Gem. § 17 Abs. 2 FinVermV werden sie definiert als Provision, Gebühren, sonstige Geldleistungen oder geldwerte Vorteile des Vermittlers. Der Kunde braucht nach diesen Provisionen nicht zu fragen; die Aufklärung muss unaufgefordert erfolgen.832 Dabei ist auch über Provisionen selbständiger Berater aufzuklären.833 Nach § 18 Abs. 1 FinVermV hat der Finanzanlagenvermittler über jede Anlageberatung unverzüglich nach deren Abschluss – und vor dem Abschluss des Geschäfts – ein Protokoll in Schriftform anzufertigen. Dieses ist vom Vermittler zu unterzeichnen und dem Anlageinteressenten unverzüglich nach Abschluss der Beratung und vor dem Abschluss des Geschäfts in Kopie oder Abschrift auszuhändigen. Die Dokumentation sollte eine zusammenfassende Darstellung i.S.e. Gesamtberatungsdokumentation bilden. Dabei handelt es sich um eine rein gewerberechtliche Verpflichtung mit der Folge, dass ein Emittent oder Prinzipal keinen direkten Anspruch auf Herausgabe des Protokolls gegen den Vermittler besitzt.834 Die Nebenpflichten des Finanzanlagevermittlers werden in §§ 20–25 FinVermV geregelt. Sie entsprechen von Konstruktion und Inhalt her in wesentlichen Teilen den bisherigen Vorgaben der §§ 34c GewO. Wenn der Mittler diese Wohlverhaltenspflichten verletzt, verhält er sich ordnungswidrig i.S.d. § 144 GewO. Autovermieter: etwa Europcar und Hertz-Vermieter835 Auswanderungsagenten836 Bausparkassenvertreter.837 Der Gesetzgeber stellt die Bausparkassenvertreter durch die Verweisungsvorschrift des § 92 Abs. 5 den weiter verbreiteten Versicherungsvertretern gleich. Fotorepräsentanten838 Mercedes-„Händler“839 Einkaufsvertreter.840 Das sind solche Vertreter, die für den Unternehmer Einkaufsgeschäfte, d.h. Bezugsverträge, vermitteln Vermittler von Energielieferverträgen841 Grundstücksvermittler842

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831 Glotz VersVerm 1/2013, 14. 832 BGH, Urt. v. 20.11.2012 – XI ZR 444/11, EWiR 2013, 167 (Deblitz). 833 Frisch EWiR 2012, 614. 834 Glotz VersVerm 1/2013, 14. 835 LG Frankfurt/Main EWiR 2003, 573 (Emde). 836 Staub/Brüggemann 4. Aufl., Vor § 84 Rn 40; heute nicht mehr praktisch. 837 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 158; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 10; Küstner BB 1966, 269 ff. 838 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff.; aA zu Unrecht OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2005 – 11 U 169/04, GRUR 2006, 788. 839 EuG, Urt. v. 15.9.2005 – T-325/01 Daimler Chrysler/Kommission, WuW 2005, 1061 = EU-R 933 = DB 2005, 2127 = EWiR 2005, 861 (Weidenbach) = EuZW 2005, 766 (LS); Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 30; s.a. Kommissionsentscheidung EuZW 2001, 674; hierzu Ensthaler/Gesmann-Nuissl EuZW 2006, 167 ff.; Lubitz EWS 2004, 556; Emde VersR 2003, 420; Emde BB 2005, 394. 840 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 18. 841 LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. 842 Begr. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 15; BGH BB 1982, 1876 = DB 1982, 590 = HVR Nr. 556 = MDR 1982, 545 = VersR 1982, 343 = WM 1982, 272; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 166.

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Internetplattformen, etwa HRS843 Kapitalanlagevertreter844 Kreditvermittler.845 Die Beratungspflicht eines Kreditvermittlers geht über die Wiedergabe von Fakten hinaus. Sie muss individualisiert anhand der Bedürfnisse des Kreditnehmers erfolgen. Der Kreditnehmer muss in die Lage versetzt werden, zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird. Die Beratung erfordert die Berücksichtigung und, im Falle von Unklarheiten, die Ermittlung der Bedürfnisse des Kreditnehmers und die Auswahl des gewählten Kredits.846 Lotto-Vertreter.847 Die Vermittlungstätigkeit liegt darin, dass ein Lottostellen-Handelsvertreter das Wettgeschäft fördert, indem er die Annahmestelle offen hält, auch wenn er sonst keinerlei Werbetätigkeit entfaltet848 Mobilfunkvermittler849 Maklerbetreuer, die andere Vermittler zum Vertragsschluss mit dem Unternehmer animieren850 Postagenturen851 Post-Wettannahmestellen852 Quelle-Shops853 Reisebüros sind HV, die als Buchungsstelle für einen Reiseveranstalter tätig werden und ständig damit betraut sind, für den Veranstalter Reiseverträge zu vermitteln bzw. abzuschließen854 Stationäre Handelsvertreter (früher „Platzagenten“ genannt), d.h. solche ohne Reisetätigkeit (etwa Tankstellenhalter, Exportvertreter, Reisebüros, Lotto-Annahmestellen, Kfz-Vermietagenturen, HV mit Auslieferungslager, wie die Getränkeniederlagen der Brauereien oder die nebenberuflich betriebenen Ladenagenturen der Versandhäuser). Strukturvertreter. Das Vertriebssystem des Unternehmers kann vertikal gestaffelt sein („Strukturvertrieb“855 oder „mehrstufige“ Außenorganisation). Für einen Unternehmer werden weitere HV als meist unechte Untervertreter (s.u.) tätig. Jene schließen entweder einen HV-Vertrag mit dem „Haupt- oder Generalvertreter“. Dann spricht

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843 Nolte BB 2014, 1155 (1162). 844 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.9.2008 – 16 U 217/06, BeckRS 2010, 04763. 845 BGH BB 1985, 823 = WM 1984, 1633. 846 OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.4.2012 – 17 U 157/10, NJW-RR 2012, 1439 (1440). 847 BGHZ 59, 87 = BGH BB 1972, 938 = DB 1972, 1624 = HVR Nr. 459 = NJW 1972, 1662; OLG Hamburg, Urt. v. 12.8.2004 – 5 U 58/03, WRP 2005, 378 = OLGR 2005, 113. 848 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 164. 849 OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401. 850 OLG Hamm, Urt. v. 25.10.2012 – I-18 U 193/11 m. abl. Anm. Evers VW 9/2013, 33. 851 BGH WM 2001, 274 (275); OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 7.7.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018; OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 10 U 127/01, WM 2006, 1452; OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270; aA LG Dortmund, Urt. v. 14.12.2006 – 16 O 92/05, NJOZ 2007, 1485. 852 BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) Rn 39. 853 Pluta ZIP 2009, 1826 (1832). 854 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321; v. 12.5.2004 – VIII ZR 159/03, MDR 2004, 1009; v. 10.12.2002 – X ZR 193/99, NJW 2003, 743 = ZIP 2003, 216; DB 1990, 2585; DB 1974, 1156 = EBE 1974, 179 = NJW 1974, 1242; EBE 1974, 180; BGHZ 62, 71 (73); BGH BB 1975, 198; OLG München, Beschl. v. 27.1.2005 – 29 W 1400/04, GRUR-RR 2005, 205; LG Köln, Urt. v. 15.4.2011 – 89 O 37/10, BeckRS 2012, 03969; AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033; AG Bonn, Urt. v. 10.6.2010 – 103 C 470/09; BeckRS 2011, 04575; LG Düsseldorf, Urt. v. 23.2.2007 – 22 S 307/06, NJOZ 2007, 5409. 855 Hierzu Preuß Produktvertrieb durch Strukturvertriebe, 2011.

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man von „echten Untervertretern“.856 Häufiger ist jedoch folgende Gestaltungsform: Die Untervertreter – ebenso wie der ihnen organisatorisch „übergeordnete“ Handelsvertreter – schließen den HV-Vertrag allein mit dem vertretenen Unternehmer („unechte Untervertreter“).857 Kennzeichnend für den im Versicherungsvertrieb nicht seltenen Strukturvertrieb ist seine – oft sogar durch militärische Bezeichnungen der verschiedenen Hierarchiestufen betonte – hierarchische Gliederung, bei der in der untersten Stufe oft durch nebenberufliche Vermittler vermittelt wird und in den übergeordneten Stufen die Verwaltungstätigkeit in den Vorder- und die Vermittlungstätigkeit in den Hintergrund tritt,858 und zwar umso stärker, je mehr der bisherige Vermittler auf Grund seiner Erfolge in eine höhere Stufe aufsteigt.859 Der übergeordnete Vertreter, der nunmehr stärker verwaltend tätig wird, ist am Vermittlungserfolg der niedrigeren Stufe durch Superprovisionen beteiligt.860 Vom Grundsatz her ist HV-Recht im Strukturvertrieb anwendbar.861 Obwohl sich 111 nämlich die Tätigkeit der Vermittler höherer Stufe auf Koordinierungs- und Leitungsaufgaben konzentriert, genauer: Führung, Rekrutierung, Ausbildung und Administration, bleiben diese Handelsvertreter, wenn sie durch ihre unechten Untervertreter dauernd Geschäfte vermitteln. Eine Geschäftsvermittlung setzt voraus, dass es dem Mittler gelingt, zwei sich als mögliche Partner einer Transaktion gegenüberstehende Interessenten zusammenzuführen, d.h. – zumindest mitursächlich – eine solche bis zur Abschlussreife vorzubereiten und hierdurch den Vertragsschluss herbeizuführen. Unmittelbar, d.h. durch eigene Werbung, vermitteln die Strukturoberen meist keine derartigen Geschäfte, da sie vom eigentlichen Vermittlungsgeschäft zu weit entfernt sind, als dass sie selbst Kunden werben würden.862 Allerdings wird in mehrstufigen Vertriebsstrukturen der auf niedriger Stufe eintretende Vermittlungserfolg dem Strukturhöheren als mittelbar („mitursächlich“) herbeigeführter Abschluss zugerechnet. Der BGH hat aus diesem Grunde in seiner Entscheidung BGHZ 56, 290863 keine Zweifel daran gelassen, einem „Verkaufsleiter“ seien die Umsätze seiner unechten Untervertreter zuzurechnen. Der Generalvertreter könne mithin als Handelsvertreter einen Ausgleich nach § 89b verlangen. BGH, Urt. v. 23.12.2011 – VIII ZR 203/10 Rn 31 bestätigt dies und betont, auch dem Strukturoberen gewährte Superprovisionen seien ausgleichspflichtig, soweit die Tätigkeit des Generalvertreters, Bezirksstellenleiters oder Generaldirektionsleiters Voraussetzung für das Arbeiten der ihm unterstellten Vertreter und daher mitursächlich für die von diesen vermittelten Abschlüsse sei. In der Literatur sind an diesem Ergebnis wenig Zweifel angeklungen. Von einem schleichenden Wandel der Aufgabenstellung eines Strukturleiters von der eines HV zu einem „freien Mitarbeiter“, der zu einem Entfallen der

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856 Besonders problematisch ist bei echten Untervertretern die provisionsrechtliche Frage, ob dem Unternehmer Ansprüche auf Untervertreterprovisionen zustehen, wenn es nach § 87a Abs. 2 darauf ankommt, wer „Dritter“ im Sinne dieser Vorschrift ist. 857 BGH, Urt. v. 23.12.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde); OLG Karlsruhe, Beschl. v. 10.3.2009 – 4 U 168/08, GRUR-RR 2010, 51. 858 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 88. 859 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 190. 860 Zum Auskunftsrecht des Strukturmitglieds gem. § 87c Abs. 3 vgl. Emde MDR 1999, 1108. 861 BGH, Urt. v. 23.12.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = WM 2012, 469 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume = EWiR 2012, 207 (Emde); BGHZ 56, 290; v. 22.6.1972 – VII ZR 36/71, BGHZ 59, 87; v. 24.6.1971 – VII ZR 223/69; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Beschl. v. 10.3.2009 – 4 U 168/08, GRUR-RR 2010, 51 (52); Emde MDR 1999, 1108 (1109); LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697. 862 Charakteristisch BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620. 863 Zustimmend OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911.

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HV-Eigenschaft führen könnte, ist daher auch an der Strukturspitze nicht auszugehen.864 Eine differenzierte Ansicht nahm – soweit ersichtlich – nur Staub/Brüggemann 4. Aufl.865 ein. Werde dem Generalvertreter eine als Superprovision bezeichnete Verwaltungsprovision als alleinige Vergütung für das Führen der Struktur gezahlt und vertraglich als Honorierung seiner ausschließlich in der laufenden Organisation des Vertretereinsatzes und der Koordinierung der Vertreteraktivitäten bestehenden, also nur noch verwaltenden Tätigkeit, ausgewiesen,866 fehle die HV-Eigenschaft. Der BFH hat den Aufbau, die Führung und die Leitung einer Vermittlungsorganisation nicht als Vermittlungstätigkeit angesehen, da sich die Leistungen des Strukturoberen nicht auf die wesentlichen und spezifischen Funktionen einer Mittlertätigkeit in Form des Nachweises der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages, Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder auf das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen bezogen.867 Aus der Warte des Vertriebsrechts besehen steht diese Ansicht im Widerspruch zur Zurechnung des Vermittlungserfolges an die Strukturspitze und wohl auch zu den zitierten Urteilen des BGH. „Berufstypische“ Tätigkeiten eines HV sind damit auch die Anwerbung, Kontrolle, Schulung wie Verwaltung der Untervertreter, soweit sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Umsatzsteigerung des Unternehmers dienen und auf den Abschluss von Verträgen gerichtet sind. Tankstellenvertreter,868 insofern sie Treibstoff und Schmiermittel im Namen und für Rechnung ihrer Mineralölgesellschaft verkaufen. In den Tankstellenverträgen werden die vertriebsrechtlichen Abreden mit Elementen der Pacht am Tankstellengrundstück und der Verpflichtung der Mineralölgesellschaft zur Vornahme oder zur Finanzierung der zum Betrieb der Tankstelle notwendigen Einbauten und beweglichen Einrichtungen, gelegentlich auch unter Einräumung einer Grunddienstbarkeit, verbunden.869 In ihrem Erscheinungsbild sind diese Verträge franchiseähnlich,870 nur ohne Verpflichtung zur Leistung von Franchisegebühren. Teilweise sind die Pächter für den Kraftstoffvertrieb HV, für den Schmierölvertrieb Vertragshändler

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864 Die steuerrechtliche Entscheidung BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620 lässt sich nicht in das Vertriebsrecht übertragen. 865 § 84 Rn 30. 866 Zu diesem Charakter der Superprovision siehe auch Westphal I Rn 691. 867 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620. 868 BGH, Urt. v. 15.10.1964 – VII ZR 150/62, BGHZ 42, 244, 245 = NJW 1965, 248; v. 9.6.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 (174) = NJW 1969, 1662; v. 15.12.1967 – KZR 6/66, MDR 1968, 386; BB 1972, 938; v. 20.2.1981 – I ZR 59/79, NJW 1981, 1961; v. 29.11.1984 – I ZR 149/82, BB 1985, 353; NJW-RR 1993, 1122; NJW 1998, 66; 1998, 71; NJW-RR 2002, 1548; NJW-RR 2003, 821; v. 8.11.2005 – KZR 18/04, BB 2006, 180; v. 12.9.2007 – VIII ZR 194/06 m. Anm. Emde; v. 11.11.2009 – VIII ZR 249/08, BeckRS 2009, 88043 Rn 16; v. 21.4.2010 – VIII ZR 108/09, BB 2010, 1685 = DB 2010, 1343 Rn 14; v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009; OLG Celle BB 1959, 898; OLG Köln OLGR Köln 2003, 170; VersR 2001, 1234; LG Hamburg NJW 1963, 1550 m. Anm. Würdinger; OGH Wien, Beschl. v. 24.2.2010 – 3 Ob 212/09m; Steinhauer BB 2009, 2386; Westphal OLGR-Kommentar 12/2002, K 35; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 161; Schlegelberger/ Schröder § 84 Rn 31; Ebenroth S. 26; Lange DAR 1958, 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 59; Semmler Die Rechtsstellung des Tankstellenhalters zwischen Handelsvertreter und Vertragshändler, Baden-Baden 1995; Heyer Rechtsfragen an Tankstelle und Garage, Würzburg 1964; Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung, Berlin 1971; aA English Court of Appeal; Entsch. v. 23.7.1999, ZEuP 2002, 823 m. Anm. Westphal. 869 S. darüber Rehbinder Der Tankstellenvertrag im Blickfeld der Rechtstatsachenforschung 1971, auch Stolterfoth S. 48. 870 Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 29. In Polen werden deshalb Franchiseverträge geschlossen, vgl. Pilich ZVertriebsR 2013, 366 (374).

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und den Shop-Bereich Eigenhändler.871 Die Mineralölunternehmen gewähren den Tankstellen-HV sog. Agenturkredite für erforderliche Investitionen. Die Darlehensgewährung ist problematisch. Es kann ein Widerrufsrecht gem. §§ 512, 495, 355 BGB bestehen.872 Da es sich um ein Existenzgründerkredit i.S.d. § 512 BGB handelt und die Darlehenssumme 75.000 EUR nicht übersteigt, besteht gem. §§ 512, 495, 355 BGB die Verpflichtung zur Belehrung über das Widerrufsrecht. Ein während der Laufzeit des Vertrages gewährtes Darlehen, das etwa für den Ausbau oder zur Erweiterung des betriebenen Geschäfts verwendet wird, bedarf keiner Widerrufsbelehrung. Zu dem Parallelproblem beim Franchising Vor § 84 Rn 441 ff. Möglicherweise stellt die Darlehensgewährung ein Bankgeschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG dar.873 Der BGH hat vielfach zu den Besonderheiten der Ausgleichsberechnung Stellung bezogen. Einzelheiten hierzu § 89b Rn 455 ff.; Verlagsvertreter874 Versicherungsvertreter. Die Rechtsverhältnisse der Versicherungsvertreter sind in § 92 gesondert geregelt. Deshalb wird auf sie dort näher eingegangen. Zur Ausgleichsberechnung § 89b Rn 514 ff. Warenvertreter, sind Vertreter, die Waren im Gegensatz etwa zu Diensten, Versicherungs- oder Bausparverträgen vermitteln.875 Der Warenvertreter, der für den Einoder Verkauf von Waren wirbt, formt das gesetzliche HV-Leitbild,876 was sich pointiert darin äußert, dass allein er Normadressat der RL ist. Also sind die §§ 84 ff. zuvörderst auf ihn zugeschnitten, ohne dass andere Vertretertypen dem Regelungsappell des Gesetzes entzogen wären. Zum Begriff der „Ware“ Vor § 84 Rn 19 ff. II. Abgrenzung nach rechtlicher Erscheinungsform Nach der rechtlichen Erscheinungsform unterscheiden sich etwa

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1. Alleinvertrieb und -vertreter. Häufig enthält der Mittlervertrag ein Alleinver- 113 triebs- oder Alleinvertreterrecht. a) Alleinvertrieb. Ein Mittler ist alleinvertriebsberechtigt, falls es ihm „allein“ oder 114 „exklusiv“ erlaubt ist, in dem ihm zugewiesenen Gebiet oder Bezirk Geschäfte für das vertretene Unternehmen zu werben.877 Die Existenz des Alleinvertriebsrechts hat der Begünstigte zu beweisen. Der genaue Inhalt der Exklusivität ist im Einzelfall zu bestimmen. Die dem Unternehmer gefälligste Ausgestaltung ist das Verbot, andere Absatzmittler im Vertragsgebiet zu beschäftigen oder zu beliefern.878 Eine strengere Variante ist das zusätzlich an den Unternehmer gerichtete Verbot, im Vertragsgebiet tätig zu werden, womit der Unternehmer weder selbst noch durch andere Absatzmittler aktiv werden

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871 Steinhauer BB 2009, 2386; auch Franchisenehmer: Giesler in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 1 Rn 29. 872 Steinhauer BB 2011, 515 (517). 873 Steinhauer BB 2011, 515 (518). 874 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 160. 875 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 8. 876 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 8. 877 Emde VersR 2012, 536 (539). 878 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 67.

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darf, also Eigengeschäfte des Unternehmers ausgeschlossen werden.879 Wegen der weitreichenden Folgen für den Unternehmer sowie des Ausnahmecharakters eines Wettbewerbsverbots bedarf es einer hinreichend deutlichen Abrede880 (Warnfunktion), an deren Existenz strenge Voraussetzungen zu stellen sind.881 Ihr Vorliegen wird mittels anerkannter Auslegungsmethoden ermittelt,882 insb. durch Bewertung des Vertrages883 sowie der Vertragsdurchführung. Auch ein konkludentes Versprechen ist möglich.884 Wenn bspw. innerhalb des Vertriebssystems in Deutschland, Österreich und der Schweiz grds. keine Ware des Unternehmens ohne Unterrichtung des Vertriebsmittlers abgesetzt wird, legt dies die (konkludente) Vereinbarung eines Alleinvertriebsrechts nahe.885 Ein Wettbewerbsverbot in erster Linie anzunehmen, wenn die TB-Merkmale des Ausschlusses anderer Mittler oder des Unternehmers von werbender Tätigkeit im Gebiet/Bezirk des Mittlers vertraglich umschrieben wurden. Im Zweifel fehlt ein Wettbewerbsverbot.886 Die Bezeichnung als „Generalvertreter“ reicht nicht,887 da neben dem „General“ untergebene HV tätig sein müssen und damit schon das weniger schutzintensivere Verbot der Tätigkeit anderer Mittler fehlt. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich auch zwischen der Zubilligung eines Alleinvertriebsrechts und eines Bezirksschutzes nach § 87 Abs. 2.888 Das Alleinvertriebsrecht schränkt die Handlungsmöglichkeiten des Unternehmers stärker als die Einsetzung eines Bezirksvertreters ein, weil letztere lediglich das Recht auf Bezirksprovision zur Folge hat, nicht jedoch ein Ausschließlichkeitsrecht zum Vertrieb.889 Die Einräumung einer Bezirksvertretung bedeutet noch nicht die Einräumung eines Alleinvertretungsrechts für den Bezirk890 (das eine schließt das andere nicht zwingend aus)891 sondern muss zumindest stillschweigend und hinreichend deutlich vereinbart werden.892 Im Zweifel ist der HV nur Bezirksvertreter. Wurde dem HV Alleinvertrieb zugesichert, darf er gleichwohl andere, nicht im Wettbewerb zum Prinzipal stehende Unternehmer vertreten.893 Ergibt die Auslegung, dass dem Mittler keine Ausschließlichkeit

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879 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 67. Zu solchen Gestaltungen BGH NJW-RR 1993, 678 (682); Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 50. 880 Emde VersR 2012, 536 (539); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 52; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 81 (zum Alleinvertreter); Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31a; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 50. 881 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81. 882 Vgl. Hopt § 87 Rn 24. 883 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81; Beispiel: BGH, Urt. v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 (Kfz-Vertragshändler, Alleinvertriebsrecht dort bejaht). 884 Vgl. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 885 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 O 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 886 Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 52; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 66; aA wohl Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 177; Hopt § 87 Rn 24; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80. 887 BGH, Urt. v. 18.3.1970 – VIII ZR 57/68, NJW 1970, 1040 = MDR 1970, 584 = DB 1970, 872; OLG Celle BB 1956, 95; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 30a, 31d. 888 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16 (zum Alleinvertreter). 889 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.6.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; Emde VersR 2012, 536 (539); Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 177; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16 (zum Alleinvertreter). 890 Schröder BB 1962, 738 (739); Peterek BB 1966, 351; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31d; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80. 891 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81. 892 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41. 893 BGH DB 1961, 601; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 87 Rn 21; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80;

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zugesichert wurde, sind Direktgeschäfte des Unternehmers im Grundsatz zulässig.894 In der Entscheidung BGH, Urt. v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 war innerhalb eines Kfz-Vertragshändlervertrages fraglich, ob die Zuweisung eines Vertragsgebietes zugleich das Verbot der Bestellung anderer Händler im Vertragsgebiet enthielt. Der BGH hat dies im Wege der Vertragsauslegung bejaht, und zwar u.a. weil der Vertrag das Verbot der Lieferung außerhalb des Vertragsgebietes enthielt und jeder Händler damit auf eine Freiheit vom Wettbewerb anderer Händler vertrauen durfte. b) Alleinvertreter. Zur Klarheit der Vereinbarung gilt das Vorgesagte (Rn 114) ent- 115 sprechend. Ob – wie z.T. angenommen895 – schon die Einsetzung als „Alleinvertreter“ dem Deutlichkeitsgebot und der Warnfunktion der Abrede genügt und nicht nur die Tätigkeit anderer Mittler, sondern sogar die eigene Tätigkeit des Unternehmers im übertragenen Gebiet/Bezirk untersagt, ist fraglich. Der Terminus der Alleinvertretung ist europarechtlich präformiert. Art. 7 Abs. 2 Spiegelstrich 2 RL gibt dem nationalen Gesetzgeber die (vom HGB nicht gewählte) Alternative, eine Bezirksvertreterprovision nur im Falle der Alleinvertretung zu gewähren. Dieser Begriff der „Alleinvertretung“ dürfte, ungeachtet dessen, dass das deutsche Recht jene Gestaltungsalternative nicht übernommen hat, auch für das HGB maßgeblich sein. Von der Kommission wurde der Begriff „Alleinvertretung“ im Jahre 1962 in ihrer „Bekanntmachung über Alleinvertriebsverträge mit Handelsvertretern“896 als ausschließliche Verpflichtung des Unternehmers definiert, den HV allein für ein bestimmtes Gebiet zu bestellen. Der BGH hat ausgeführt, sei dem Händler ein Alleinvertriebsrecht oder eine nahe kommende Position eingeräumt, bleibe ein Eingriff in das geschützte Absatzgebiet – wie etwa die Einsetzung weiterer Vertragshändler oder die Verkleinerung des Vertragsgebietes – nur aus schwerwiegenden Gründen und bei angemessener Berücksichtigung der nachteiligen Folgen zulässig.897 Während der Bezirksvertreter nicht ohne Weiteres ein Ausschließlichkeitsrecht besitzt, in dem ihm zugewiesenen Bezirk tätig zu werden – was von geringerer Bedeutung ist, da er auch für Eigengeschäfte oder für von anderen Mittlern in seinem Bezirk geworbene Geschäfte Provision erhält –, soll dem Alleinvertreter oder dem HV, dem eine nahekommende Position eingeräumt wurde,898 also ein solches Recht zustehen. Es soll die eigene Tätigkeit des Unternehmers,899 eine solche durch andere Mittler,900 durch Beauftragte,901 (naheste-

_____ Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31d, 58b; Hopt ZIP 1996, 1533 (1534); Peterek BB 1966, 351; Schröder BB 1962, 738 (739). 894 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 52: Eigene Tätigkeit des Unternehmers gestattet. 895 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.6.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; RG Recht 1920, Nr. 715; P. Ulmer S. 428, Westphal EWS 1996, 43 (46); Peterek BB 1966, 353; Oetker/Busche § 86a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80; wohl auch Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 50, 276; aA Eberstein Der Handelsvertreter-Vertrag, 9. Aufl., S. 52: Eigene Tätigkeit des Unternehmers gestattet. 896 ABl. Nr. 199 v. 24.12.1962, S. 2921. 897 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731. 898 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 899 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225) – Vertragshändler, dort i.E. abgelehnt; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 79; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 177; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 44; Oetker/Busche, 3. Aufl. § 87 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80. 900 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 901 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80.

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hende) Dritte902 oder beherrschte Unternehmen ausschließen.903 Dann hätte der Unternehmer Interessenten an den Alleinvertreter zu verweisen. Das ist nicht zweifelsfrei, da mit der Zusage eines Alleinvertreterrechts möglicherweise nur die Freiheit vom Wettbewerb durch andere „Vertreter“ oder (was bereits ein Auslegungsergebnis wäre) andere Absatzmittler – ohne HV-Status – gemeint sein könnte.904 Für ein Wettbewerbsverbot des Unternehmers spricht allerdings, dass kaum ein „Alleinvertreter“ erwarten wird, er sei vor Konkurrenz nur „halb“ geschützt, nämlich nur vor dem Wettbewerb anderer Mittler und nicht vor der unter Umständen viel gefährlicheren Konkurrenz des Unternehmers.905 Letztlich ist der Einzelfall entscheidend.906 In englischsprachigen Verträgen soll „exclusive agent“ den Ausschließlichkeitsvertreter bezeichnen, d.h. einen HV, dem der Unternehmer Freiheit von Eigengeschäften des Unternehmers oder der Einsetzung anderer HV garantiert haben soll. „Sole agent“ apostrophiere den HV, welchem der Unternehmer zusichere, er werde im Vertretungsgebiet keine weiteren HV einsetzen. Eigengeschäfte des Unternehmers seien durch die letztgenannte Benennung nicht ausgeschlossen, müssten jedoch verprovisioniert werden. Der „non-exclusive agent“ bleibe am wenigsten geschützt. Hier behalte sich der Unternehmer das Recht vor, mit weiteren HV und/oder direkt tätig zu werden und habe für solche Geschäfte keine Provision zu leisten.907 Deutlich dürfte der Begriff des „Alleinvertriebs“ sein, der – je nach TB – meist nicht nur die Tätigkeit anderer Mittler im zugewiesenen Gebiet sondern auch Eigengeschäfte des Unternehmers ausschließt.908 Im Unterschied zum Begriff des „Alleinvertreters“ wird generell anderweitiger „Vertrieb“, also auch solcher des Unternehmers, ausgeschlossen, und nicht nur Freiheit von der Tätigkeit anderer „Vertreter“ versprochen.909 Hat sich der Unternehmer verpflichtet, Anfragen von Kunden an den HV weiterzuleiten, betrifft dies nur bei ihm eingegangene Anfragen und die Weiterleitung muss binnen gehöriger Frist und in hinreichender Form geschehen.910 Wurde dem HV Alleinvertrieb zugesichert, darf er im Zweifel gleichwohl andere, nicht im Wettbewerb zum Unternehmer stehende Unternehmer vertreten.911 116 Auch ohne Vereinbarung eines Alleinvertriebsrechts kann der Hersteller aufgrund seiner Treupflicht gehindert sein, Direktgeschäfte im Vertragsgebiet vorzunehmen912 (§ 86a Rn 33 ff.). Insbesondere darf der Unternehmer nicht existenzgefährdend werbend im Gebiet oder Kundenkreis des Mittlers tätig werden. Je weitgehender der Absatzmittler dem Vertriebsinteresse des Unternehmers untergeordnet wird, um so eher sind dem Un-

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902 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 78. 903 BGH BB 1993, 2399; BB 1970, 99; Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; Westphal II Rn 375 für den Vertragshändlervertrag. 904 Emde VersR 2012, 536 (540); ebenso die Definition von Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 177 f. 905 Emde VersR 2012, 536 (540). 906 Siehe BGH BB 1970, 99; Emde VersR 2012, 536 (540); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 276; Westphal II Rn 375. 907 Berchem H&V Journal 9/2008, 18 (19). 908 Vgl. Emde VersR 2012, 536 (540); Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2255. 909 Emde VersR 2012, 536 (540). 910 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22a. 911 BGH DB 1961, 601; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 87 Rn 21; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16; § 87 Rn 80; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31d, 58b; Hopt ZIP 1996, 1533 (1534); Peterek BB 1966, 351; Schröder BB 1962, 738 (739). 912 BGH NJW-RR 1987, 628; BB 1984, 1313; NJW-RR 1993, 678; NJW 1994, 1060 (1061); OLG Zweibrücken BB 1983, 1301; Ulmer S. 428; Semler DB 1985, 2493; Genzow S. 52 f.; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 279.

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ternehmer eigene Vertriebsinteressen auf der Handelsstufe des Absatzmittlers verboten913 (§ 86a Rn 33 ff.). Das OLG München914 entschied, dass der Hersteller trotz eines Alleinvertriebsrechts 117 bereits während des Laufs der Kündigungsfrist berechtigt sein kann, einen weiteren Händler neben einem Kfz-Vertragshändler in dessen Gebiet einzusetzen. Zu einem wirtschaftlich sinnvollen Übergang von einem zum anderen Vertragshändler bedürfe es einer Übergangszeit, in der sich der neue neben dem alten Vertragshändler am Markt etablieren könne. Eine angemessene Übergangszeit unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten sei mit einem Jahr anzusetzen. Diese Auffassung dürfte eher abzulehnen sein,915 da die Kündigungsfrist eine Umstellungsfrist sein soll und dem Vertragshändler ungekürzt zur Verfügung steht. Wenn er durch den Einsatz eines anderen Händlers, der u.U. vom Hersteller besser unterstützt wird, praktisch vorzeitig zumindest „teilgekündigt“ wird, widerspricht dies dem Grundsatz pacta sunt servanda. Zudem wird der Ausgleichsanspruch, der regelmäßig auf der Basis des letzten Vertragsjahres berechnet wird, unzulässig verkürzt.916 Der Unternehmer umgeht vertragswidrig ein Alleinvertriebsrecht des HV, wenn er 118 Vertragsware, etwa Kleincomputer, lediglich mit anderem Gehäuse und anderer Beschriftung vertreibt.917 Er kann seine Unterlassungspflichten aber einschränken, indem er sich bestimmte Kunden oder Geschäfte vorbehält. Er muss dem Mittler hierfür jedoch eine angemessene Entschädigung gewähren,918 da er im Grundsatz eine Vertragsverletzung begeht (wogegen eingewandt werden könnte, dass ein vertragliches Recht auch unter Einschränkungen erteilt werden darf). Je weiter der Vertriebsmittler in die Absatzorganisation des Unternehmers eingebunden ist, insbesondere finanzielle Verpflichtungen oder Verpflichtungen übernommen hat, umso mehr werden die Eingriffsrechte des Unternehmers eingeschränkt. Im Falle einer Verletzung seines Alleinvertriebsrechts durch den Unternehmer steht dem Mittler Schadenersatz zu,919 jedoch kein Anspruch auf Vergütung in analoger Anwendung des § 87 Abs. 2 oder aus § 687 Abs. 2 BGB.920 Ein Anspruch auf Bezirksvertreterprovision besteht nur, falls der Mittler zugleich als Bezirksvertreter eingesetzt wurde. Zur Vorbereitung seiner Schadenersatzansprüche besitzt der Mittler einen Auskunftsanspruch,921 den er etwa im Wege der Stufenklage – erste Stufe Auskunft, zweite Stufe Schadenersatz – geltend machen kann. Einen Anhaltspunkt für den erlittenen Schaden stellen regelm. die im fraglichen Gebiet/ Bezirk geschlossenen Geschäfte dar. Notfalls ist der Schaden zu schätzen.922 Zudem

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913 BGH, Urt. v. 10.2.1993, BB 1993, 2399; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); Westphal II Rn 376. 914 Urt. v. 14.10.1993 U (K) 5333/92, WuW/E OLG 5206 (5210); krit. zum Urteil Thume in: Küstner/Thume III, Kap. VII Rn 23. Nach Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363) muss bei nachhaltiger Schmälerung des Verdienstes des Mittlers eine Kompensation geleistet werden. 915 Westphal II Rn 571. 916 Westphal II Rn 571. 917 BGH BB 1972, 1204; Karsten Schmidt Handelsrecht, § 28 II 2c. 918 Vogels in Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 276. 919 BGH, Urt. v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 (Kfz-Vertragshändler); NJW 1984, 2411; BB 1975, 1409; v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601 zum Alleinvertreter; Westphal I Rn 105; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 80 f. 920 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 280. 921 BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115; v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 (Kfz-Vertragshändler); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41. 922 BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41.

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darf der Mittler Unterlassungsansprüche geltend machen.923 Er kann auf Unterlassung der Direktgeschäfte klagen und seine Rechte im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen. Schließlich besitzt er – nach Abmahnung – ein außerordentliches Kündigungsrecht.924 2. Arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter. § 92a i.V.m. § 5 Abs. 3 ArbGG nennt die sogenannten „arbeitnehmerähnlichen Handelsvertreter“. Die Norm verdrängt § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG.925 Zu den arbeitnehmerähnlichen HV zählen Einfirmenvertreter, die während der letzten sechs Monate des Vertragsverhältnisses und bei kürzerer Vertragsdauer während jener im Durchschnitt monatlich nicht mehr als € 1.000 aufgrund des Vertragsverhältnisses an Vergütung einschließlich Provision und Ersatz für im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen erzielen.926 Für gerichtliche Auseinandersetzungen solcher HV ist nur die Zuständigkeit des ArbG gem. §§ 2 Abs. 1, 5 Abs. 3 ArbGG begründet.927 Die Norm setzt die Tätigkeit eines selbstständigen HV voraus. Es kann daher nicht dahinstehen, ob der Außendienstmitarbeiter selbstständig oder unselbstständig ist.928 Zur Bestimmung der Verdienstgrenze siehe die Kommentierung zu § 92a. Bedeutung 120 hat § 5 Abs. 3 ArbGG lediglich für die gerichtliche Zuständigkeit.929 Arbeitnehmerähnliche HV bleiben HV930 nach dem HGB, solange die TB-Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 erfüllt sind.931 Insbesondere sind sie ausgleichsberechtigt, sofern sie nicht bloß nebenberufliche HV i.S.d. § 92b sind.932 Das folgt sowohl aus der Entstehungsgeschichte der Norm wie ihrem Sinn und Zweck, nach der solche HV den Rechtstreit unabhängig vom Streitwert ohne anwaltliche Unterstützung führen dürfen und im Vergleich zur ordentlichen Gerichtsbarkeit im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit die Belastung mit Gebühren und Kosten geringer ausfällt (§§ 12, 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG).933 Arbeitnehmer, die materiellem Arbeitsrecht unterliegen, werden solche Mittler nur bei Fehlen der Selbstständigkeit (siehe Rn 20 ff.). Ferner soll wirtschaftliche Abhängigkeit erforderlich sein und der Abhängige müsse auch seiner gesamten sozialen Stellung nach einem Arbeitnehmer vergleichbar sozial schutzbedürftig sein.934 119

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923 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 177; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16; Westphal I Rn 105. 924 BGH WM 1974, 350; Urt. v. 21.3.1975 – I ZR 141/74, WM 1975, 856 (857); v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678; OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.6.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VII Rn 265; Westphal I Rn 105; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80; § 89a Rn 54. 925 BAG v. 15.7.1961, AP HGB § 92a Nr. 1; BGH v. 25.10.2000 – VIII ZB 30/00; LAG Niedersachen v. 5.5.2003, NZA-RR 2004, 324; Müller-Glöge in Germelmann/Matthes, ArbGG, § 5 Rn 28; Hopt § 84 Rn 46. 926 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.5.2005 – 5 W 92/05 – 23, VersR 2005, 1216; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 27. Die Vergütungsgrenze belief sich zunächst auf DM 500,– seit dem 28.1.1968 dann auf 1000,– DM, seit dem 1.2.1976 auf DM 1500,– und seit dem 1.7.1979 auf DM 2000,–. 927 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 9.5.2005 – 5 W 92/05 – 23, VersR 2005, 1216; LAG Stuttgart, Beschl. v. 23.2.2005 – 6 Ta 1/05, VersR 2005, 832; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). 928 OLG Saarbrücken, Beschl. v. 29.7.2004 – 5 W 144/2004 – 49, EWiR 2005, 147 (Rouvray). 929 BAG MDR 2003, 814 (815). 930 BAG MDR 2003, 814 (815); Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 27. 931 Müller-Glöge in: Germelmann/Matthes, ArbGG, § 5 Rn 23 ff. 932 Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. II Rn 59. 933 BAG MDR 2003, 814 (815) = NJW 2003, 2627; OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.4.2007 – 3 W 8/07, DB 2007, 1249 = VersR 2008, 1066; Hopt § 84 Rn 46. 934 BGH DB 2003, 198 = MDR 2003, 285.

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3. Bezirksvertreter. Wurde einem HV ein Vertretungsbezirk oder ein bestimmter 121 Kundenkreis zur Bearbeitung zugewiesen, ist er Bezirksvertreter i.S.d. § 87 Abs. 2.935 Bedeutung hat dies für die Provisionspflicht, da der Bezirksvertreter gemäß § 87 Abs. 2 einen Provisionsanspruch für alle Geschäfte geltend machen darf, welche der Unternehmer mit Kunden seines Bezirks bzw. Kundenkreises schließt, auch wenn er das Geschäft nicht selbst vermittelt hat.936 Im Einzelnen siehe die Kommentierung zu § 87 Abs. 2. 4. Ein- und Mehrfirmenvertreter. Ein- und Mehrfirmenvertreter unterschieden 122 sich danach, ob sie gleichzeitig für verschiedene Unternehmen tätig sind. Soll der HV als Einfirmenvertreter nur für einen Unternehmer tätig werden, muss der Vertretervertrag dies eindeutig bestimmen. Im Zweifel darf jeder HV mehrere Unternehmer vertreten,937 soweit sie nicht konkurrierende Produkte vertreiben. Der Einfirmenvertreter soll nach Hopt zum Ausschließlichkeitsvertreter werden, wenn er nur für einen Unternehmer tätig sein darf und stärker in dessen Geschäftsbetrieb eingegliedert wird, als es bei einem gewöhnlichen Einfirmenvertreter üblich ist.938 Für den Einfirmenvertreter kann der Bundesminister für Justiz Mindestarbeitsbedingungen festlegen (§ 92a). Näheres dazu und zum Einfirmenvertreter bei § 92a. 5. Handelsvertreter im Nebenberuf (§ 92b). Für den HV im Nebenberuf, der ein 123 echter HV im Sinne der §§ 84 ff. ist,939 gilt § 92b. Zu den Besonderheiten dieses Phänotyps wird bei § 92b ausgeführt. 6. Vertreter mit Kundenschutz. Wird dem HV vertraglich Kundenschutz zugesi- 124 chert, bedeutet dies im Zweifel, dass der Unternehmer nicht selbst unter Umgehung oder Ausschaltung des HV mit den geschützten Kunden in Verbindung treten darf und die Kontaktaufnahme durch andere, von ihm abhängige Vertriebsmittler zu unterbinden hat.940 Wird eine Provision für alle Geschäfte mit geschützten Kunden versprochen, ist dieser HV Bezirksvertreter i.S.d. § 87 Abs. 2. Handelt der Unternehmer dieser Verpflichtung zuwider, schuldet er Schadenersatz. 7. Minderjährige. Auch Minderjährige, die das 7. Lebensjahr vollendet haben (§ 106 125 BGB), dürfen als HV tätig sein.941 Erforderlich ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB) und des Vormundschaftsgerichts.942 Zudem kann mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts eine Ermächtigung nach § 112 BGB verteilt werden.943 Nach Erteilung ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche der Geschäftsbetrieb mit sich bringt (§ 112 BGB).944 Beim HV sind das alle Rechte und Pflichten, die sich aus dem Handelsvertretergeschäft ergeben können, z.B. die Unter-

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935 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 24; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 15. 936 Vgl. Westphal I Rn 93 f.; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 176 ff.; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 15. 937 Begr. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 13; Hopt § 84 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 14; ausführlich Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 4. 938 Hopt ZIP 1996, 1533 (1534). 939 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 26. 940 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 52. 941 BAG 15, 335; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Hopt § 84 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 19. 942 Hopt § 84 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. 943 Behrend NJW 2003, 1563 (1564); MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 19. 944 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4.

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werfung unter Vertragsstrafen, Provisionsrückforderungsansprüche des Unternehmers945 oder Wettbewerbsabreden946 (dann ist aber gem. § 242 BGB eine verschärfte Ausübungskontrolle richtig). Die Ermächtigung ist eine einseitige, formfreie, an den Minderjährigen zu richtende Willenserklärung, die erst mit einer nach pflichtgemäßem Ermessen zu erteilenden Genehmigung des Vormundschaftsgerichts wirksam wird.947 Die Wirksamkeit eines von einem minderjährigen Handelsvertreter eingegangenen Wettbewerbsverbot beurteilt sich nach den allgemeinen Vorschriften des bürgerlichen Rechts (§§ 106 ff. BGB).948 Ein Geschäftsunfähiger kann dagegen nicht Handelsvertreter sein, weil ein entsprechender Vertrag nicht geschlossen werden darf.949 126

8. Absatz 3: Untervertreter. Abs. 3 ist eigentlich überflüssig. Denn auch das Hauptvertreter-/Untervertreterverhältnis wird von Abs. 1 erfasst. Dies wird in der Begr. zu RegE zu Unrecht bezweifelt.950 Unterschieden werden „echte“ und „unechte“ Untervertreterverträge.951

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a) Echte Untervertreter. Nach Abs. 3 kann Unternehmer auch ein HV sein. Die Gruppe der HV mit Untervertretern wird vom Gesetz also besonders hervorgehoben. Der Hauptvertreter bedient sich dann eines oder mehrerer echter Untervertreter zur Erfüllung seiner Aufgaben. Wird der Vertretervertrag im eigenen Namen zwischen einem Ober-, Haupt- oder Generalvertreter und einem Untervertreter geschlossen, liegt ein echter Untervertretervertrag vor,952 der rechtstechnisch nichts anderes als ein HV-Vertrag i.S.d. §§ 84 ff. ist,953 sofern die TB-Voraussetzungen des § 84 Abs. 1 erfüllt sind.954 § 84 Abs. 3 spricht nur diesen echten Untervertreter an.955 Der Einsatz von Untervertretern widerspricht – wie § 84 Abs. 3 zeigt – regelmäßig nicht der Verpflichtung zur persönlichen Dienstleistung i.S.d. §§ 613, 664 BGB,956 sofern der Hauptvertreter die persönliche Dienstpflicht nicht vollumfänglich überträgt, sondern lediglich unter seiner Überwachung Hilfskräfte tätig werden lässt, die einzelne, bestimmte Tätigkeiten ausführen, ohne dass eine Substitution vorliegt.957 Ob und inwieweit der Hauptvertreter Untervertreter oder sonstige Hilfspersonen zur Ausführung des ihm übertragenen Auftrags beiziehen darf, bestimmt sich nach dem Vertrag zwischen Hauptvertreter und Unternehmer. Da das deutsche Recht insoweit, anders als das Recht Spaniens,958 keine Zustimmungspflicht des Unternehmers begründet, darf der HV als selbständiger Kaufmann grundsätzlich selbst die Wahl über den Einsatz von Hilfspersonal treffen. Regelmäßig besitzt der

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945 Behrend NJW 2003, 1563 (1564). Behrend empfiehlt jedoch, von den Erziehungsberechtigten eine Sicherheit einzufordern. 946 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 4. 947 Palandt/Heinrichs § 112 Rn 2. 948 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 20. 949 AA wohl MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 20. 950 BT-Drucks. I/3856, S. 17. 951 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 88 ff.; Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. II Rn 47 ff. 952 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 88. 953 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 89. 954 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 88; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 40; Schlegelberger/Schröder, § 84 Rn 36. 955 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 88. 956 BGHZ 56, 290; BGH ZIP 1998, 420 (421); Hopt § 84 Rn 22; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 87. 957 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 20. 958 Westphal EWS 1996, 43 (44).

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„Hauptunternehmer“ kein Mitspracherecht,959 es sei denn, die Person oder Tätigkeit des Untervertreters ist dem Unternehmer unzumutbar. Jedoch kann im Ausnahmefall die vertragliche Pflicht zur persönlichen Vertragserfüllung bestehen. Im Zweifel wird der Hauptvertreter bei seiner Tätigkeit nicht ausschließlich unmittelbar persönlich tätig werden und mitwirken müssen, sondern Untervertreter einsetzen dürfen,960 wobei auch Untervertretergesellschaften nicht selten sind.961 Der Untervertreter ist Erfüllungsgehilfe des Hauptvertreters.962 Der Obervertreter ist im Verhältnis zum Untervertreter Unternehmer i.S.d. § 84 Abs. 3. Ein Untervertreter verdient seine Provision, sobald der Auftraggeber des Hauptvertreters das vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausführt.963 Der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts des Untervertreters wird dem Hauptvertreter also zugerechnet.964 Sein Provisionsanspruch entfällt, wenn feststeht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Unternehmer zahlt oder der Unternehmer den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt (§ 87a Abs. 2).965 Die Vergütung des echten Untervertreters aufzubringen ist Sache des Hauptvertreters, 128 der sie aus seiner eigenen Provision zu zahlen hat. Einen Ausgleichsanspruch besitzt der echte Untervertreter nur gegenüber dem Hauptvertreter,966 wenn diesem Vorteile – etwa in Form eines eigenen Ausgleichsanspruchs gegenüber dessen Unternehmer – verbleiben. Das setzt die Durchsetzbarkeit des Ausgleichs des Hauptvertreters im Verhältnis zu seinem Unternehmer voraus, wobei es keine Rolle spielt, ob der Hauptvertreter den Anspruch tatsächlich durchsetzt (der Vorteil liegt bereits im potentiell durchsetzbaren Anspruch). Käme es auf die tatsächliche Durchsetzung an, wäre der Hauptvertreter unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht gegenüber dem Untervertreter zur tatsächlichen Durchsetzung verpflichtet. Spiegelbildlich richten sich die Vertragspflichten des echten Untervertreters ein- 129 schließlich der Interessenwahrungspflicht967 und des Wettbewerbsverbots968 des Untervertreters ausschließlich auf den Hauptvertreter. Vertragsbeziehungen zwischen dem Untervertreter und dem vom Obervertreter vertretenen Unternehmer existieren also nicht,969 allenfalls schwächere als vertragliche Treupflichten sowie ein vorvertragliches Vertrauensverhältnis, wenn der „Hauptunternehmer“ im Rahmen der Vertragsverhandlungen zwischen Haupt- und Untervertreter besonders hervortrat und besonderes Vertrauen für sich in Anspruch nahm. Jedoch kann der Untervertreter im Untervertretervertrag auf die Beachtung der Bestimmungen des Hauptvertretervertrages verpflichtet werden, wobei dem Hauptunternehmer daraus im Zweifel kein eigenes Recht gegen den Untervertreter auf Vertragserfüllung zusteht. Auch darf der Hauptvertreter – soweit nach dem Inhalt der Rechte und dem Vertrag zwischen Hauptvertreter und Unternehmer zu-

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959 Westphal EWS 1996, 43 (44); aA Eberstein S. 53. 960 BGHZ 56, 290; 59, 87 (92, 93); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 87; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; Hopt § 86 Rn 18, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 39, § 86 Rn 14; Westphal I Rn 68; Oetker/Busche § 84 Rn 48. 961 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S.58; Westphal BB 1999, 2517 (2520); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 88; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 84 Rn 17. 962 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; Oetker/Busche § 84 Rn 50. 963 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 20. 964 BGHZ 59, 87 (92); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 965 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 20. 966 Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. II Rn 49; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 106. 967 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 968 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 969 BGHZ 91, 373; Hopt § 84 Rn 31.

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lässig – ihm gegenüber dem Unternehmer zustehende Rechte an seinen Untervertreter abtreten.970 Fehlt es an einer solchen Regelung, sind die Bestimmungen des Hauptvertrages bei der Auslegung des Untervertrages nur zu berücksichtigen,971 wenn sie dem Untervertreter bekannt waren. Jedoch gehört die Wahrung der Interessen des Hauptvertreters zu den mittelbaren Vertragspflichten des echten Untervertreters, weil der Untervertreter gehalten ist, die Interessen des Hauptvertreters wahrzunehmen und es im Interesse des Hauptunternehmers liegt, die Interessen seines Unternehmers wahrzunehmen. Dadurch wird der Untervertreter mittelbar zur Interessenwahrung gegenüber dem Unternehmer seines Hauptvertreters verpflichtet972 („Durchleitung“ oder „Durchgriff“), sofern ihm jene Interessen bekannt sind. Bei Interessenkollisionen zwischen den Interessen des Hauptvertreters und denen seines Unternehmers gehen für den Untervertreter aber die Interessen seines Vertragspartners, des Hauptvertreters, vor.973 Auch die Auskunftsrechte gem. § 87c stehen dem Untervertreter allein gegenüber dem Hauptvertreter zu,974 der aber – je nach Zumutbarkeit975 – einklagbar und gemäß § 888 ZPO vollstreckbar976 verpflichtet sein kann, zu deren Erfüllung eigene Auskunftsrechte gegenüber seinem Unternehmer geltend zu machen.977 Ausnahmsweise kann gem. § 242 BGB ein eigenes Auskunftsrecht des Untervertreters gegenüber dem Unternehmer des Hauptvertreters bestehen,978 insbesondere wenn jenem die Tätigkeit des Untervertreter auch in seinem Interesse bekannt ist. Der Hauptvertreter haftet seinem Unternehmer für Fehler des Untervertreters als seines Erfüllungsgehilfen979 nach § 280 BGB i.V.m. § 278 BGB.980 Die Überwachungspflichten des Hauptvertreters verdichten sich, falls er von Nachlässigkeiten des Untervertreters Kenntnis erlangt. Für mangelnde Auswahlsorgfalt bei Bestellung des Untervertreters haftet der Hauptvertreter unmittelbar nach § 276 BGB, und damit bei unsachgemäßer Auswahl auch dann, wenn ein Erfüllungsgehilfen-Verschulden aus der Person des Untervertreters im konkreten Falle nicht gegeben wäre – es sei denn, der Hauptvertreter könnte dartun, dass das gleiche (objektive) Versagen auch einem sorgfältig ausgewählten Untervertreter unterlaufen wäre. Ob der Abschlussvertreter seinem Untervertreter Abschlussvollmacht für den Unternehmer erteilen darf, bestimmt sich nach dem Vertretervertrag zwischen Hauptvertreter und dessen Unternehmer, ist aber im Regelfall anzunehmen.981 Sollte der Abschlussvertreter keine Untervollmacht erteilen dürfen, darf er eine solche dem Untervertreter

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970 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 89. 971 Großzügiger: Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 89: Die Bestimmungen sind immer zu berücksichtigen. 972 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53; § 84 Rn 89. 973 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 89: Interessen des Unternehmers sind gegenüber denen des Hauptvertreters vorrangig. 974 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 975 Die Grenzen dieser Zumutbarkeit sind schwer zu bestimmen. Denn macht der Hauptvertreter Auskunftsrechte gegenüber seinem Unternehmer geltend, droht u.U. eine erhebliche Belastung der Beziehungen. 976 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 977 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 978 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 979 BGHZ 59, 92; OLG Köln VersR 2006, 71; Hopt § 84 Rn 31. 980 BGHZ 59, 87 (92); OLG Hamm MDR 1959, 1016; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 91; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; Hopt § 84 Rn 31; § 86 Rn 18 f.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 8; Oetker/Busche § 84 Rn 50. 981 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 96; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 36 ff.; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 89.

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nicht zum Handeln im Namen des Hauptvertreters geben,982 weil dann mittelbar auch Vollmacht zur Verpflichtung des Hauptunternehmers erteilt wäre. Die Laufzeit des Haupt- und Untervertretervertrages sind getrennt zu bestimmen, 134 der Untervertretervertrag endet nicht „automatisch“ mit Vertragsende des Hauptvertretervertrages. Auch gibt es keine Vermutung, dass das Untervertreterverhältnis nicht länger als das Hauptvertretungsverhältnis dauern soll.983 Dem widerspricht schon, dass anderenfalls die zwingenden Kündigungsfristen des § 89 im Untervertretervertrag nicht gelten würden, nämlich dann, wenn gegenüber dem Hauptvertreter am letzten Tag der Frist gekündigt wird, die korrespondierende Kündigung gegenüber dem Untervertreter jedoch wegen Fristversäumung fehlschlägt. Im Untervertretervertrag sollten daher kürzere Kündigungsfristen als im Hauptvertrag vorgesehen werden, damit der Hauptvertreter den Untervertretervertrag noch rechtzeitig kündigen kann, sollte ihm gegenüber gekündigt werden. Jedoch wird er dann gegenüber dem Untervertreter ausgleichspflichtig, die verbleibenden Vorteile des Hauptvertreters i.S.d. § 89b Abs. 1 Nr. 1 valutieren zumindest in Höhe der eigenen Ausgleichsberechtigung gegenüber dem Hauptunternehmer. Wird der Hauptvertretervertrag mit unzulässig kurzer Frist gegenüber dem Hauptvertreter gekündigt und schließt sich daran eine Kündigung des Haupt- gegenüber dem Untervertreter an, wird der Hauptvertreter regelmäßig unter dem Gesichtspunkt seiner ihm gegenüber dem Untervertreter obliegenden Förderpflicht (§ 86a Rn 23 ff.) gehalten sein, seine Rechte gegenüber seinem Unternehmer geltend zu machen, soweit nach pflichtgemäßem Ermessen Erfolgsaussichten bestehen. Dies kann je nach den Umständen des Einzelfalls soweit gehen, dass der Hauptvertreter sich mittels einstweiliger Verfügung auf vertragsgemäße Fortführung des Vertrages (§ 86a Rn 64) in den Stand setzen muss, vom Untervertreter vermittelte Geschäfte weiter entgegenzunehmen oder – beim Vertragshändler – den Unterhändler (B-Händler) zu beliefern. b) Unechte Untervertreter. Möglich und nicht selten ist aber auch eine andere Art 135 des Einsatzes von Untervertretern. Kommt der Untervertretervertrag – ggf. durch Zeichnung des in Vollmacht für den Unternehmer handelnden Generalvertreters984 – unmittelbar zwischen dem (vom Hauptvertreter) vertretenen Unternehmen und dem Untervertreter zustande, handelt es sich um einen unechten Untervertretervertrag.985 Der Untervertreter ist dann allein dem vertretenen Unternehmer gegenüber berechtigt und verpflichtet, der Hauptvertreter beschränkt sich häufig auf die Überwachung der unechten Untervertreter. Unechte Untervertreterverträge werden meist dann geschlossen, wenn es für den vertretenen Unternehmer wegen der Größe der Außendienst-Organisation oder wegen der räumlichen Ausdehnung der Vertreterbezirke zweckmäßig ist, einen Teil seiner Befugnisse auf einen Hauptvertreter zu delegieren.986 Das Direktionsrecht des vertretenen Unternehmers wird häufig durch den dem Untervertreter organisatorisch übergeordneten „Generalvertreter“ des Unternehmers ausgeübt,987 der Hauptvertreter, Verkaufsleiter, Subdirektor (im Versicherungswesen), Generalvertreter, Generalagent oder – missverständlich – Bezirksvertreter u.ä. genannt wird.988 Die Tätigkeit des Hauptvertreters beschränkt sich im

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982 Vgl. hierzu Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 20. 983 So aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 89. 984 Zu diesem Begriff: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 18; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 188. 985 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 90; Oetker/Busche § 84 Rn 51. 986 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 187. 987 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 90. 988 Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. II Rn 51; Hopt § 84 Rn 32.

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Extremfall darauf, Untervertreter einzustellen, zu führen und zu überwachen.989 Häufig findet sich diese Gestaltung im Strukturvertrieb (s.o.),990 der besonders von Versicherern gewählt wird. Der Generalvertreter erhält einen Anteil der insgesamt für den Abschluss ausgeworfenen Provision oder einen Anteil an der Provision des Untervertreters (Superprovision oder Provisionsspitze).991 Auch in diesen Verhältnissen wird ihm der Vermittlungserfolg des Untervertreters als eigener (mit) zugerechnet, da die Führungs- und Beaufsichtigungstätigkeit des Generalvertreters über die ihm unterstellten Untervertreter als hierfür mitursächlich angesehen wird,992 dem Generalvertreter obliegt auch insoweit die echte Verpflichtung zur umsatzfördernden Tätigkeit.993 136 Ob der Hauptvertreter mit einer hohen Zahl unechter Untervertreter noch werbende Tätigkeiten ausführt, also Handelsvertreter mit eigenem Ausgleichsanspruch gegenüber dem Unternehmer bleibt, ist gerade im Strukturvertrieb Gegenstand der Diskussion994 (oben, Rn 110 Stichwort „Strukturvertreter“). Denn die leitende Tätigkeit nimmt – je weiter man sich der Spitze der Organisation nähert – einen immer breiteren Raum ein; die werbende Tätigkeit tritt zurück.995 Deshalb wird die Superprovision hier, meist mit dem Ziel sie der Ausgleichsberechnung zu entziehen, als Verwaltungsprovision bezeichnet.996 Regelmäßig wird auch hier der Vermittlungserfolg der unechten Untervertreter dem Generalvertreter zugerechnet, so dass der Generalvertreter – mittelbar – werbend tätig ist, zumal der Hauptvertreter durch seine Leistungsaufgaben für die Vermittlung mitursächlich wird. 137

9. Vertretergesellschaften. Handelsgesellschaften dürfen HV-Geschäfte betreiben.997 Die Gesellschaft ist dann persönlich i.S.d. § 613 BGB verpflichtet.998 Bei einer stillen HV-Gesellschaft wird der stille Teilhaber nicht HV, ebenso wenig mangels Rechtsfähigkeit die Erbengemeinschaft oder der nicht rechtsfähige Verein.999 Da der HV – mit Ausnahme des Versicherungsvertreters, der allerdings ebenfalls als Gesellschaft werben darf (s. Rn 138) – anders als etwa in Italien (Art. 5 Disciplina dell’ attivitá di agente e rappresentente die commercio) – keinerlei persönliche Qualifikationen zur Ausübung seines Berufes aufweisen muss,1000 kann deren Fehlen auch nicht die Tätigkeit durch eine Kapitalgesellschaft ausschließen, etwa weil die Kapitalgesellschaft eine derartige persönliche Qualifikation nicht besitzen kann,1001 wie sie teilweise bei freien Berufen vorgeschrieben wird (vgl. etwa § 3 I BÄO, § 4 I BAO).

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989 BFH, Urt. v. 10.6.1999 – V R 10/98, DB 1999, 1988 (1989). 990 Siehe Emde, MDR 1999, 1108 ff. 991 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Westphal I Rn 691; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 90. 992 BGHZ 56, 290, 293; Emde MDR 1999, 1108 ff. 993 BGHZ 59, 87 (93). 994 Ablehnend Staub/Brügggemann 4. Aufl., § 84 Rn 30. 995 Vgl. BFH, Urt. v. 20.12.2007 – VR 62/06, ZIP 2008, 503 = DB 2008, 620; Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. II Rn 52. 996 Westphal I Rn 691. 997 OLG Stuttgart, Urt. v. 30.5.2011 – 5 U 189/10, BeckRS 2011, 16755 m. Anm. Henne GWR 2011, 319814 (für eine GmbH); Emde Die Handelsvertreter GmbH S. 16; Canaris § 17 Rn 7; Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1110); Emde GmbHR 1999, 1005 (1006 ff.); Martin VersR 1967, 824; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 80; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 6; Hopt § 84 Rn 8 f.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5 f.; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 86 Rn 6. 998 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 86 Rn 6. 999 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 11; Hopt § 84 Rn 9. 1000 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 4. 1001 Kritisch hierzu Ahlers AnwBl 1991, 226 ff.; Henssler JZ 1992, 697 (707 ff.); Kremer S. 184 ff.; ablehnend OLG Düsseldorf, AnwBl 1992, 133.

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Früher wurde vertreten, es sei nach der Eigenart des Handelsvertretervertrages aus- 138 geschlossen, etwa GmbHs mit der Ausführung von Handelsvertretergeschäften zu beauftragen. So schrieb Hans Möller1002 noch 1944, zu einem Zeitpunkt, als sich die Vertreter-GmbH ansatzweise bereits etabliert hatte,1003 dass „eine nähere Prüfung … ergeben (dürfte), dass Kapitalgesellschaften für die Versicherungsvermittlung nicht zugelassen werden sollten, und zwar schon deshalb nicht, weil die Versicherungsvermittlung in hohem Maße persönlichen Einsatz und die persönliche Verantwortung erheischt.“ Deshalb dürfte auch eine „Gesellschaft mit beschränkter Haftung … sich kaum jemals rechtfertigen lassen.“ Es darf gefragt werden, ob sich diese Äußerung lediglich auf die Versicherungsvermittlung bezog; auch hier ist jedoch die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft zulässig.1004 Jedoch lässt sich die Zulässigkeit einer Vermittler-Kapitalgesellschaft im erlaubnisfreien Vermittlungsgeschäft nicht nach der Art des vermittelten Produktes befürworten oder ablehnen. Da im gesamten Vertreter-Gewerbe immer wieder das Erfordernis persönlichen Einsatzes und persönlicher Verantwortung1005 betont wird, lassen sich die Bedenken Möllers nicht auf den Sonderfall der Versicherungsvermittlung und die hier in den Vordergrund tretende, mit der Auslegung der § 81 Abs. 3 VAG verbundene Problematik beschränken.1006 Trotz der geschickt auf Zeitgeist1007 und Gedanken der Begründung zum GmbH-Gesetz zugeschnitten Worte Möllers sind die von ihm geäußerten Bedenken nicht zu teilen. So ist es schwierig zu erklären, warum gerade im Vertretergewerbe, in welchem die Wirkungen eines vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts allein den Unternehmer treffen, nur letzterer mithin Vertrags- oder Schadensersatzforderungen von Kunden ausgesetzt sein könnte, den Vertreter gegenüber den Kunden eine besondere persönliche Verantwortung treffen soll, die, etwa wie bei Ärzten,1008 einen Ausschluss der Haftungsbegrenzung auf ein Gesellschaftsvermögen rechtfertigen könnte. Das Schadensrisiko des Unternehmers im Verhältnis zum HV kann wegen des Fehlens finanzieller Vorleistungen und der geringen Insolvenzquote unter HV sogar niedriger als bei anderen längerfristigen Verträgen eingestuft werden, so dass es auch unter fairer Beachtung der Unternehmerinteressen keine Beschränkung der Rechtsformwahl rechtfertigt. Gleiches gilt angesichts des „persönlichen Elements“ des Handelsvertretervertrages. Auch zu einer juristischen Person kann ein enges Vertrauensverhältnis bestehen. Es bezieht sich dann auf die Person oder besser das Unternehmen dieser Gesellschaft.1009 So wird bei Vertragsschluss mit einer GmbH das Vertrauen regelmäßig an die für sie handelnden natürlichen Personen anknüpfen,1010 so

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1002 Recht und Wirklichkeit der Versicherungsvermittlung, Hamburg, 1944, S. 74; vgl. aber derselbe in: ZfV 1955, 2 ff. 1003 Vgl. die statistischen Angaben bei Hans Möller a.a.O., S. 73 f. 1004 Siehe etwa LG Hannover, Urt. v. 30.6.2009 – 18 O 193/08, BeckRS 2009, 21555. 1005 Vgl. nur CDH (Hrsg.), Sie wollen Handelsvertreter werden, S. 2. 1006 Möllers Ausführungen zielen erkennbar nicht auf den spezifisch-versicherungsrechtlichen Problemkreis der firmeneigenen Vermittlungsgesellschaften und das aus § 81 Abs. 3 VAG hergeleitete Verbot der Provisionsabgabe an Versicherungsnehmer ab, das durch ein „Verstecken“ der Versicherungsnehmer als Gesellschafter „anonymer“ Kapitalgesellschaften umgangen werden könnte, eine – außer bei firmeneigenen Vermittlungsgesellschaften – tatsächlich angesichts der regelmäßig geringen Kapitalbeteiligung möglicher Versicherungsnehmer wohl kaum praktische Befürchtung. Gegen die Anwendung des § 81 Abs. 2 S. 3 VAG auf Vermittlungsgesellschaften, Selke ZfV 1966, 142, zusammenfassend: Gärtner VersR 1967, 1118; Hopt § 84 Rn 8, verneint zu Unrecht die Vertretereigenschaft der selbstständig Vermittlungsaufgaben wahrnehmenden firmeneigenen Vermittlungsgesellschaften. 1007 Die Nationalsozialisten betrachteten „anonyme“ Kapitalgesellschaften mit Skepsis. 1008 Vgl. etwa Taupitz NJW 1992, 2317. 1009 Im Einzelnen: Emde Die Handelsvertreter-GmbH 1994, S. 30 ff. 1010 BGH NJW 1990, 388 (390).

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dass jedenfalls zu ihnen ein „persönliches“ Vertrauensverhältnis bestehen könnte. Ohnehin dürften die Gedanken zur Unzulässigkeit angesichts der grundgesetzlich garantierten Vereinigungsfreiheit sowie Handlungsfreiheit ohne ausdrückliches und gerechtfertigtes Verbot kaum Bedeutung haben und auf einem Missverständnis beruhen: Der Handelsvertretervertrag ist schuldrechtliches Band und nicht Ausdruck der Eigenschaft einer Person, nämlich des HV. Als Hauptgrund für die Nutzung der Rechtsform einer juristischen Person werden heute die Haftungsreduzierung1011 (insb. bei Fremdgeschäft neben der HV-Tätigkeit),1012 die Vermeidung der Sozialversicherungspflicht, die unkomplizierte Übertragung der Gesellschaftsanteile und der ebenso unkomplizierte Eintritt neuer Mitarbeiter (wegen der weniger persönlichen Vertragsausführung) sowie steuerliche Vorteile1013 genannt. Wollen ausländische Unternehmen in Deutschland eine Vertriebsgesellschaft gründen, ist die Kapitalgesellschaft häufig die natürliche Wahl.1014 Auch besteht kein Spannungsverhältnis zwischen gesetzlichem Leitbild und Ver139 tragsausführung durch eine Kapitalgesellschaft.1015 Zwar ist das gesetzliche Bild des HV auf den Einzelkaufmann zugeschnitten, schon wegen des hierzu gehörenden Betrautseins mit persönlicher Dienstleistung. Handelsvertretergesellschaften sind gleichwohl häufig,1016 und zwar sowohl als Personen- wie als Kapitalgesellschaften. Bei den Kapitalgesellschaften steht die Handelsvertreter-GmbH im Vordergrund.1017 HandelsvertreterAGs sind eher selten.1018 Sowohl Personen- (etwa OHG,1019 KG)1020 wie Kapitalgesellschaften1021 können HV1022 sein, selbst GbRs1023 im Anwendungsbereich des § 84 Abs. 4 (sonst wäre die Gesellschaft gem. §§ 1 Abs. 2, 105 Abs. 1 eine OHG).1024 Die §§ 84 ff. gelten für die Vertragsausführung durch Vertretergesellschaften ebenso 140 wie für jeden anderen Vertretervertrag,1025 da die Normen nicht die persönliche Stellung des HV sondern das rechtsformunabhängige Vertragsverhältnis regeln. HV ist eine Gesellschaft auch dann, wenn sie als Tochterunternehmen im Vertriebssystem ihres Mutterunternehmens eingeschaltet, also im gesellschaftsrechtlichen Sinne ein abhängiges Unternehmen im Sinne des § 17 AktG ist.1026 Eine Vertreter-Kapitalgesellschaft ist kraft

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1011 Emde Die Handelsvertreter GmbH S. 35; Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (18). 1012 Emde Die Handelsvertreter GmbH S. 38. 1013 Emde Die Handelsvertreter GmbH S. 42; Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 – umfassend zu den steuerlichen Fragen. 1014 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 ff. 1015 Emde Die Handelsvertreter GmbH S. 62; Emde GmbHR 1999, 1004 (1006 f.). 1016 Rechtstatsächliches Material bei Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 52 ff.; Stolterfoth S. 45, 53 ff.; Tiefenbacher BB 1981 85 (86/87). 1017 Emde Die Handelsvertreter GmbH 1994; Emde GmbHR 1999, 1005; Beispiele auch bei Stolterfoth S. 53; Henschel/Beine/Buchwald, S. 272. 1018 Brüggemann ZHR 131 [1968], 6, und für die frühere Zeit Schmidt-Rimpler S. 58 Fn. 4. 1019 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Hopt § 84 Rn 8. 1020 LG Essen MDR 1982, 852; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 22. 1021 Emde Die Handelsvertreter-GmbH passim; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 80; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 84 Rn 21. 1022 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 21, § 86 Rn 5 ff. 1023 Nachdem der BGH die Rechtsfähigkeit der GbR anerkannte (NJW 2001, 1056), kann auch eine solche Handelsvertreter sein (Boin GmbHR 2001, 513; Hopt § 84 Rn 9). 1024 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Emde VersR 2002, 152; Hopt § 84 Rn 9; siehe auch MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 22. 1025 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 80. 1026 Karsten Schmidt Handelsrecht § 27 I I 2a; Beispiel: LG Hannover, Urt. v. 30.6.2009 – 18 O 193/08, BeckRS 2009, 21555.

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Rechtsform „selbständig“ im Sinne des § 84 Abs. 1.1027 Die §§ 92a,1028 § 92b1029 sowie § 630 BGB1030 finden auf sie Anwendung, auch der Ausgleichsanspruch des § 89b steht ihr wie einer natürlichen Person zu,1031 da er als vertragliche Gegenleistung unabhängig von der Rechtsform des Vertragspartners geschuldet wird. Die auf der 102. Sitzung des wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestags vorgeschlagene Fassung des § 89b, derzufolge eine HV-Gesellschaft keinen Anspruch auf einen Ausgleich haben sollte,1032 wurde nicht Gesetzesrecht.1033 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die HVGesellschaft für das Vertreterrecht nur eine geringe Herausforderung bildet. Tiefenbacher weist darauf hin, dass Neugründungen von Gesellschaften seltener 141 sind als die spätere Ausweitung von einzelkaufmännischen Agenturen zu Vertretergesellschaften.1034 So insbesondere, wenn ein alt gewordener HV einen Juniorpartner aufnimmt, um sich demnächst zur Ruhe setzen zu können und die Kontinuität der Agenturgeschäfte zu wahren, oder durch Hereinnahme der Ehefrau als Kommanditistin. Bei den Personen- wie bei den Kapitalgesellschaften ist die Gesellschaft selbst Ver- 142 tragspartner.1035 Die Gesellschafter oder Organe sind regelmäßig nicht zur Leistung oder zum Unterlassen verpflichtet,1036 und zwar hinsichtlich der persönlichen Haupt- und Nebenpflichten wegen §§ 613, 664 BGB entgegen § 128 auch nicht bei den Personengesellschaften,1037 da dies der persönlichen Dienstpflicht durch die Gesellschaft widerspräche. Für Verschulden ihrer Organe haftet die Gesellschaft gem. § 31 BGB.1038 Der BGH1039 hat zwar ausgesprochen, dass sich der HV verpflichten könne, seine Vertragspflichten ausschließlich durch einen Dritten erbringen zu lassen. Dies betraf jedoch nicht den Fall einer HV-Gesellschaft. Insoweit ist der Grundsatz der Verbandssouveränität zu berücksichtigen,1040 der einer Einflussnahme entgegenstehen dürfte. Rechte zur Bestimmung von Geschäftsführern und Gesellschaftern dürften vor diesem Hintergrund unwirksam sein.1041 Bei Zustimmungsrechten könnte man hierüber diskutieren.1042 Auch insoweit ist jedoch zu bedenken, dass die Gesellschafterversammlung unzulässig gebunden sein könnte, gerade wenn es um die Abberufung eines Geschäftsführers oder das Ausscheiden eines Gesellschafters geht. Angesichts des persönlichen Charakters der HVTätigkeit (§§ 613, 664 BGB) könnte man jedoch auch die gegenteilige Ansicht vertreten und dem Unternehmer ein Recht zur Regelung der personellen Kontinuität geben. Der Unternehmer ist allerdings durch sein Recht zur außerordentlichen Kündigung ohnehin

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1027 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 87; Emde GmbHR 1999, 1004 (1007). 1028 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 66; Emde GmbHR 1999, 1004 (1008); aA Heymann/ Sonnenschein, § 92a Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 92a Rn 1; Brüggemann ZHR 131 (1968) 1 (9). 1029 Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 69; Emde GmbHR 1999, 1004 (1008); Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 84 Rn 80; aA Brüggemann ZHR 131 (1968), 1 (9 ff.). 1030 Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 75; Emde GmbHR 1999, 1004 (1009); aA Schlessmann Kündigung von Handelsvertreterverträgen, 1966, S. 236. 1031 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 80. 1032 Kurzprotokoll der 202. Sitzung des Ausschusses für Wirtschaftspolitik des Deutschen Bundestages v. 7.5.1953. 1033 Vgl. Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 77 ff.; Emde GmbHR 1999, 1004 (1009 f.). 1034 Zu den steuerlichen Auswirkungen der Übertragung der Vertretung auf eine neu gegründete GmbH BFH, Urt. v. 15.10.1998 – III R 75/97, BB 1999, 249 = GmbHR 1999, 190. 1035 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5 f. 1036 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 6; Oetker/Busche § 86 Rn 8. 1037 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5; Oetker/Busche § 86 Rn 8. 1038 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 7. 1039 BGH, Urt. v. 10.12.1997 – VIII ZR 329/96, BB 1998, 390 = NJW 1998, 1070 = ZIP 1998, 420. 1040 Emde GmbHR 1999, 1005 (1012). 1041 Emde GmbHR 1999, 1005 (1012). 1042 Emde GmbHR 1999, 1005 (1012) hielt diese für zulässig.

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geschützt, sofern ihm eine Veränderung unzumutbar ist. Nach aA darf das Ausscheiden oder Tätigkeit bestimmter Personen als Bedingung der Vertragsfortführung formuliert werden,1043 wenn der Unternehmer hieran ein schützenswertes Interesse hat. Ob der HV Gesellschafteränderungen bei der Gesellschaft zu dulden hat, bestimmt 143 sich nach den oben Vor § 84 Rn 62 ff. dargestellten Maßstäben.

§ 85 Vertragsurkunde 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 85 1 Jeder Teil kann verlangen, daß der Inhalt des Vertrages sowie spätere Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde aufgenommen werden. 2 Dieser Anspruch kann nicht ausgeschlossen werden.

A. B. C. D. E. I. II. III.

Übersicht Inhalt und Tragweite des § 85 ____ 1 Bedeutung der Vorschrift ____ 4 Die Form des Handelsvertretervertrages ____ 5 Einführung der Schriftform ____ 9 Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 Jeder Teil ____ 10 Verlangen ____ 11 Aufnahme des Inhalt des Vertrages sowie späterer Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde ____ 12

F. G. H. I. J. K. L. M. N. O. P. Q.

Wirkung der Beurkundung ____ 14 Erfüllung ____ 15 Fortbestehen des Anspruchs ____ 16 Erfüllungsort ____ 17 Verjährung und Verwirkung ____ 18 Kosten ____ 19 Nicht- und Schlechterfüllung ____ 20 Abtretung und Zurückbehaltungsrecht ____ 21 Prozessuale Durchsetzung ____ 22 Zwangsvollstreckung ____ 23 Zwingende Natur ____ 24 Analoge Anwendung ____ 25

A. Inhalt und Tragweite des § 85 Die 1953 in das Gesetz eingebettete und weitgehend Art. 13 RL entsprechende Vorschrift (Folge: im Anwendungsbereich Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV) dient der Klarstellung der vertraglichen Abmachungen,1 da sich bei einem mündlich geschlossenen und langjährig durchgeführten Vertrag leicht Unklarheiten und Streitigkeiten ergeben können:2 Den Parteien soll es ermöglicht werden, sich Beweisunterlagen zu beschaffen.3 Das Recht auf Dokumentation ist zwingend (S. 2). Man unterscheide: § 85 setzt einen gültigen Vertragsschluss voraus. Er bezieht sich 2 auf ein Verlangen nachfolgend nach Zustandekommen des Vertrages. Wird das Verlangen nach schriftlicher Festlegung von einem der Vertragsteile schon während der Vertragsverhandlungen geäußert, so schließt das im Zweifel seinen Bindungswillen ohne diese Form aus. Erst recht gilt im Zweifel der Vertrag als nicht geschlossen, falls eine Beurkundung zuvor verabredet worden ist, § 154 Abs. 2 BGB. 1

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1043 Westphal BB 1999, 2517 (2518). 1 Hopt § 85 Rn 5. 2 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 1. 3 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 101; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 1.

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Ob der Anspruch auf Vertragsbeurkundung auch dann besteht, wenn ein inländi- 3 scher Handelsvertreter für einen ausländischen Unternehmer tätig wird oder ein inländischer Unternehmer einen im Ausland tätigen Handelsvertreter beauftragt hat, hängt davon ab, ob für dieses Rechtsverhältnis deutsches Recht maßgebend ist (dazu § 92c Rn 38 ff.). Beurteilt sich das Verhältnis nach ausländischem Recht, welches einen Anspruch auf Beurkundung des Vertrages nicht kennt, so verstößt dieses Recht nicht gegen den deutschen ordre public, obgleich § 85 zwingendes Recht darstellt. B. Bedeutung der Vorschrift In der Praxis ist der Beurkundungsanspruch weitgehend bedeutungslos, wie die recht 4 geringe Durchdringung der Materie mittels gerichtlicher Entscheidungen zeigt. Solange Einvernehmen besteht, wird keine Partei die Zusammenarbeit durch die Forderung nach einer mit keinen unmittelbaren Vorteilen verbundenen Beurkundung belasten. Meist wird der Beurkundungsanspruch erst interessant, wenn über den Vertragsinhalt Streit besteht.4 Zu diesem Zeitpunkt aber ist der Anspruch kaum durchsetzbar und die Erfüllung der auf Zahlung gerichteten Leistungspflichten (Provision, Ausgleich) wichtiger. Denn derjenige, der Beurkundung fordert, trägt die Beweislast für den von ihm behaupteten Vertragsinhalt.5 Dieser Beweis wird sich selten führen lassen, allenfalls durch Dokumente. Existieren solche, bedarf es aber keiner Beurkundung. Hinzu treten die verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten der Rechtsdurchsetzung: Da die h.M. einen Einheitserfüllungsort am Sitz des Vertriebsmittlers ablehnt (Vor § 84 Rn 471 ff.), müsste der mit einem ausländischen Unternehmer verbundene HV seinen Beurkundungsanspruch am Sitz des ausländischen Unternehmers einklagen, sofern man nicht – wie zu § 89b vertreten6 – aus der bereits von Art. 13 Abs. 1 S. 2 RL vorgegebenen zwingenden Natur des § 85 einen gleichfalls zwingenden Gerichtsstand am Vertriebsort herleitet (Vor § 84 Rn 505). Schließt die anwendbare ausländische Verfahrensordnung den Zeugenbeweis aus, ist der Anspruch kaum durchsetzbar. C. Die Form des Handelsvertretervertrages § 85 ist keine Formvorschrift,7 auch nicht für künftige Vertragsänderungen, nach- 5 dem zuvor der Beurkundungsanspruch durchgesetzt wurde.8 Die Norm dient allein Beweiszwecken.9 Der HV-Vertrag bedarf nach deutschem Recht, um gültig zu sein, keiner Form.10 Er kann mündlich abgeschlossen11 oder geändert12 werden, sogar durch schlüssiges Verhalten,13 durch wiederholte Geschäftsvermittlung und Abschluss der vermittel-

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4 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 124; Westphal I, Rn 181. 5 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 125. 6 OLG München, Urt. v. 17.5.2006 – 7 U 1781/06, WM 2006, 1556 = EWiR 2006, 621 (Emde). 7 Würdinger JR 1953, 437; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 7; Schlegelberger/ Schröder § 85 Rn 2 a. 8 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 1. 9 OLG München VersR 1954, 97; Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 133. 10 BGH NJW 1983, 1727 (1728); Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 39; Hopt § 85 Rn 2. 11 OLG Frankfurt/M. VW 1971, 117; Hopt § 85 Rn 2. 12 BGH BB 1961, 497; Hopt § 85 Rn 2. 13 BGH NJW 1958, 180; VersR 1961, 270; BB 1987, 220; 1990, 303; WM 1991, 1474; NJW 1992, 2818; OLG München, Urt. v. 21.1.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740; OLG Nürnberg VersR 1959, 801; LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10, best. durch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111); Hopt § 85 Rn 2.

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ten Verträge durch den Unternehmer14 (s.a. § 84). So kann sich die HV-Tätigkeit aus einer tatsächlichen Handhabung zu einer Rechtspflicht entwickeln.15 Sofern sich die Parteien noch nicht über alle Punkte des Vertrages geeinigt haben, etwa über die Höhe einer Einstandszahlung, jedoch gleichwohl Geschäfte vermittelt und vom Unternehmer angenommen werden, hat die Möglichkeit des konkludenten Vertragsschlusses besondere Bedeutung. Zwar gilt im Zweifel ein Vertrag nicht geschlossen, solange sich nicht die Parteien über alle Fragen geeinigt haben. Dies gilt aber nicht, falls bereits ein Vertrag in Vollzug gesetzt wird.16 Gerade bei Abschluss eines Vertriebsvertrages zwischen international agierenden 6 Konzerngesellschaft ist aus der Sicht des deutschen Steuerrechts der Abschluss eines schriftlichen Vertrages sinnvoll, weil Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen grds. nur insoweit anerkannt werden, als sie auf einer zivilrechtlich wirksamen, im Voraus getroffenen, klaren und eindeutigen Vereinbarung beruhen. Das lässt sich am ehesten durch eine schriftliche Fassung gewährleisten.17 Von der grundsätzlichen Formfreiheit gibt es drei Ausnahmen. Erstens können die 7 Parteien für Vertragschluss oder -änderung eine Form vereinbaren, ggf. auch nur für einzelne Klauseln.18 Solange die Parteien sich dann nicht – u.U. auch konkludent – auf die Derogation der dergestalt vereinbarten Form geeinigt haben, hängt die Wirksamkeit des Vertrages oder der Vertragsänderung gem. §§ 125 S. 2, 126, 127,19 154 Abs. 220 BGB von der Einhaltung der gewillkürten Form ab.21 Das Schriftformerfordernis darf auch für nachträgliche Änderungen und Ergänzungen des Vertrags vereinbart oder ausgeschlossen werden.22 Vertragsänderungen können gleichwohl mündlich vorgenommen werden, weil das Schriftformgebot mündlich, u.U. sogar konkludent,23 abbedungen werden kann.24 Zum zweiten bedarf gemäß § 86b Abs. 1 S. 3 die Verpflichtung des HV, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten aus einem Geschäft einzustehen (Delkredere), der Schriftform. Ebenso formbedürftig ist zum dritten nach § 90a Abs. 1 S. 1 eine nachvertragliche Wettbewerbsabrede, dergemäß der HV nach Vertragsende nicht für einen Wettbewerber des Unternehmers tätig sein darf. Das Schriftformerfordernis des § 34 GWB a.F. wurde durch die Novelle zur Ände8 rung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen vom 26.8.1998 – BGBl. I 1998, 2521 mit Wirkung zum 31.12.1998 aufgehoben.25 Enthielt ein Vertretervertrag wettbewerbsbeschränkende Abreden i.S.d. §§ 18, 20 und 21 GWB a.F., so unterlag er gem. § 34 GWB a.F. einem Schriftformerfordernis,26 mit der Folge der Nichtigkeit der betreffenden Klau-

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14 Hopt § 85 Rn 2. 15 BGH, Urt. v. 1.4.1992 – IV ZR 154/91, Rn 12; v. 12.11.1996 – I ZR 107/84, Rn 12; OLG München, Urt. v. 21.1.2010 – 23 U 4124/09, BeckRS 2010, 07740. 16 BGH NJW 1983, 1727; siehe auch BGH BB 1987, 220 = NJW-RR 1987, 546; BB 1990, 303 = NJW-RR 1990, 354; Hopt § 85 Rn 2. 17 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (22). 18 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 3. 19 Hopt § 85 Rn 5. 20 BGH NJW 1983, 1727 (1728); WM 1992, 1193 (1195); WM 1991, 1472. 21 OLG Frankfurt/M. MDR 1997, 1139; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 39; Hopt § 85 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 3. 22 OLG Frankfurt/M. MDR 1997, 1139. 23 LAG Düsseldorf BB 1960, 1075. 24 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 4. 25 Zu seiner Anwendung auf Handelsvertreterverträge noch Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. § 17 Rn 104, vgl. auch Bunte BB 1998, 1600; ders., DB 1998, 1748; Kahlenberg BB 1998, 1593 (1596). 26 OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81; Martinek/ Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. § 17 Rn 104; § 18 Rn 31.

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sel gem. § 125 BGB27 (Folge: u.U. Gesamtnichtigkeit nach § 139 BGB). § 34 GWB a.F. galt auch in Fällen, in denen ein konzernverbundenes Unternehmen in den Vertriebsvertrag eines anderen Konzernunternehmen eintrat.28 Für vor 1998 geschlossene Altverträge gilt § 34 GWB a.F. weiterhin,29 es sei denn, sie wurden neuem Recht unterstellt oder nach diesem Recht gem. § 141 BGB bestätigt.30 Das ist mglw. der Fall, wenn der Vertriebsvertrag von 1999 an 10 Jahre lang durch die Parteien täglich praktiziert und dadurch konkludent als gültig anerkannt wird,31 sofern den Parteien die Formnichtigkeit bekannt war.32 Deshalb kann auch ein unter der Altregelung vor dem 1.1.1990 gezeichneter Franchisevertrag zum jetzigen Zeitpunkt noch gem. § 34 GWB a.F. nichtig sein, falls er eine zur Schriftform nach § 34 GWB a.F. führende Ausschließlichkeitsabrede enthält und die zu gewährenden Rabattsätze auf einem gesonderten, mit dem Vertrag nicht fest verbundenen Blatt aufgeführt sind, welches nicht unterschrieben ist und auf das in dem unterschriebenen Teil des Vertrages nicht Bezug genommen wird. Nur ausnahmsweise kann sich eine Partei gegen den Formverstoß auf Treuwidrigkeit berufen,33 etwa bei Existenzgefährdung34 oder schwerer Treupflichtwidrigkeit.35 So mag das Verhalten eines Vertragspartners, sich 10 Jahre nach Wegfall der Formvorschrift auf Formnichtigkeit zu berufen, gegen Treu und Glauben verstoßen.36 Selbst wenn es dem Franchisegeber nach Treu und Glauben verwehrt sein sollte, sich gegenüber dem Franchisenehmer auf die Formnichtigkeit zu berufen, ist der Franchisegeber möglicherweise mit Schadensersatzforderungen wegen des nicht ausreichenden Bezugs an Waren aus diesem Vertrag ausgeschlossen.37 Grds. stellt es aber keinen Rechtsmissbrauch dar, wenn sich eine Partei auf die Nichtigkeit des Vertrages nach mehreren Jahren beruft. Die sich auf die Formnichtigkeit berufende Partei hat zwar eine gewisse Zeit Vorteile aus dem Vertrag gezogen. Dem steht jedoch der Gewinn gegenüber, den die andere Partei in derselben Zeit erzielt hat.38 D. Einführung der Schriftform Die Einführung der gesetzlichen Schriftform wäre europarechtskonform, da Art. 13 9 Abs. 2 RL diese Option eröffnet.39 Sie wurde vom deutschen Gesetzgeber jedoch nicht

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27 OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81; Martinek/ Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. § 17 Rn 106. 28 BGH BB 2003, 1463 (1464). 29 BGH, Urt. v. 2.2.1999 – KZR 51/97, BB 1999, 865 m. Bespr. Bunte BB 1999, 866; v. 9.3.1999 – KZR 23/97, ZIP 1999, 857; OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2855); OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81 = BeckRS 2007, 01074. 30 BGH, Urt. v. 2.2.1999 – KZR 51/07, WuW/E DE-R 261; LG Hannover, Urt. v. 13.5.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294); Bunte BB 1999, 866 (867). 31 LG Hannover, Urt. v. 13.5.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294) – aufgehoben durch OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853. 32 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853; LG Hannover, Urt. v. 13.5.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294). 33 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). 34 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). 35 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). 36 LG Hannover, Urt. v. 13.5.2009 – 21 O 6/09 = DE-R 2736, WuW 2009, 1293 (1294); aufgehoben von OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2856). 37 OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81 = BeckRS 2007, 01074. 38 OLG Koblenz, Urt. v. 21.12.2006 – U 819/06 Kart, WuW/E DE-R 2157 = WuW/E 2008, 81 = BeckRS 2007, 01074. 39 Eberstein S. 67.

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genutzt. In den Verfahren Bellone/Yokohama40 sowie in dem Verfahren Centrosteel Srl/ Adipol GmbH41 führte der EuGH aus, nationales Recht dürfe keine weitergehenden Voraussetzungen an die Wirksamkeit des HV-Vertrages stellen als die so gestattete Schriftform. In diesen Verfahren stritten die Parteien um die Wirksamkeit eines HV-Vertrages nach italienischem Recht. Italienisches Recht sah neben dem schriftlichen Abschluss des Vertrages die Eintragung in ein Register vor, die fehlte.42 Der EuGH erkannte die HVVerträge gleichwohl als wirksam an. Art. 13 Abs. 2 RL sehe nur die Möglichkeit vor, die Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung eines HV-Vertrages zu normieren. Da der Gemeinschaftsgesetzgeber die Frage in Art. 13 RL abschließend geregelt habe, dürften die Mitgliedstaaten außer der schriftlichen Abfassung des Vertrages keine weiteren Bedingungen – hier die Eintragung – postulieren. Diese Rechtsprechung führte in Italien zur Änderung der entsprechenden Vorschriften,43 in Deutschland zur Einführung des § 84 Abs. 4. Was unter Schriftform i.S.d. Art. 13 RL zu verstehen ist, bestimmt die Richtlinie nicht.44 Der Rechtsprechung lässt sich entnehmen, dass die Erklärungen in einem Schriftstück verkörpert,45 lesbar46 und eigenhändig unterschrieben sein müssen.47 Nach der Judikatur des EuGH ist ein HV-Vertrag zwingend schriftlich abzuschließen, wenn von der Ermächtigung in Art. 13 Abs. 2 RL Gebrauch gemacht worden ist.48 Nach Ansicht von Fock49 folgt aus Art. 13 Abs. 2 RL nicht, dass dort die zulässigen Wirksamkeitserfordernisse abschließend geregelt seien. Seine Auffassung stützt Fock darauf, dass es Einschränkungen der Gültigkeit eines Vertrages gebe, die nicht aus der Formgültigkeit des Vertragsabschlusses herrühren. Für jene sei Art. 13 Abs. 2 RL nicht einschlägig. Fock trennt also – im Gegensatz zu Laumann50 – die Registereintragung und den Abschluss des Vertretervertrages. E. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 85 I. Jeder Teil 10

Jede51 Partei des HV-Vertrages, HV wie Unternehmer oder ihre Rechtsnachfolger, etwa Erben,53 können die Fixierung des Vertragsinhaltes in einer vom anderen 52

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40 EuGH, Urt. v. 30.4.1998 – C-215/97, „Barbara Bellone/Yokohama SpA., Slg. 1998, I-2191, EWS 1998, 215, Rn 20 = EuZW 1998, 409 mit Anm. Fock ZEuP 2000, 106; best. in EuGH, Urt. v. 17.10.2013 – Rs. C-184/ 12, EWS 2013, 422 = RIW 2013, 874 = EWiR 2014, 11 (Mankowski) Rn 38 – Unamar. 41 EuGH, Urt. v. 13.7.2000 – C-456/98, Centrosteel Srl/Adipol GmbH, Slg. 2000, I-6007, EWS 2000, 358, Rn 8. 42 In Griechenland gibt es vergleichbare Registerpflichten, s. Heinicke ZVertriebsR 2013, 275 (280). 43 Laumann EWS 2005, 554 (558). 44 Laumann EWS 2005, 554 (557). 45 EuGH, Urt. v. 11.10.2001 – C-77/99, Kommision/Oder-Plan Architektur, NCC und espensen consulting, Slg. 2001, I -7355. 46 Mankowski Formvorschriften und Europäisches Privatrecht, in: Schulze/Schulte – Nölke (Herausgeber), Europäisches Vertragsrecht in Gemeinschaftsrecht, 2002, S. 202. 47 Laumann EWS 2005, 554 (557). 48 EuGH, Urt. v.13.7.2000 – C-456/98, Centrosteel Srl/Adipol GmbH, Rd. 8; EuGH, Urt. v. 30.4.1998 – C-215/97, Barbara Bellone/Yokohama SpA, Rn 14. 49 EG-Handelsvertreterrichtlinie und gewerberechtliche Registrierungspflicht, Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes v. 30.4.1998, ZEuP 8 (2000), 106 (114). 50 EWS 2005, 554 (557). 51 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 5. 52 Hopt § 85 Rn 6. 53 Hopt § 85 Rn 6.

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Teil unterzeichneten Urkunde fordern. Anspruchsvoraussetzung ist die Existenz eines wirksamen Vertrages i.S.d. §§ 84 ff.54 (dies ist vorrangig zu prüfen). Die Person des Anspruchstellers ist irrelevant, solange ein HV-Vertrag vorliegt. Insbesondere sind die Rechtspersönlichkeit oder das rechtstatsächliche Auftreten für Art und Umfang des Anspruchs irrelevant.55 Gem. § 84 Abs. 4 darf auch ein nicht kaufmännischer HV die Beurkundung verlangen, ohne die Eintragung in das Handelsregister betreiben müssen.56 II. Verlangen Der Anspruch wird als verhaltener, ebenso wie etwa der nach § 87c Abs. 2, mit Zu- 11 gang des empfangsbedürftigen Verlangens als Willenserklärung der einen Vertragspartei bei der anderen fällig und ist binnen einer angemessenen Frist nach Zugang, regelmäßig wie beim Buchauszug wohl innerhalb von 4 Wochen (abhängig von den Umständen des Einzelfalls, etwa ob Rückfragen und Hilfe der anderen Partei erforderlich sind), zu erfüllen (§ 362 BGB). Die verpflichtete Partei befindet sich nicht im Verzug, falls sie auf die erforderliche Mithilfe der anderen Partei angewiesen ist. Der Anspruch auf Beurkundung besteht unbefristet und auch nach Vertragsende, sofern ein Rechtsschutzbedürfnis an der Perpetuierung besteht (dazu Rn 16). Er darf jederzeit geltend gemacht werden. Das Verlangen kann bei Vertragsschluss und nach jeder noch nicht beurkundeten Vertragsänderung57 gestellt werden; eine zum Zeitpunkt der Änderung unterbliebene schriftliche Fixierung des Ursprungsvertrages kann verlangt werden, ist aber nicht Voraussetzung der Forderung nach Dokumentation des Nachtrages. III. Aufnahme des Inhalt des Vertrages sowie späterer Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde Gerichtet ist der Anspruch auf Ausfertigung, Unterzeichnung und schließlich Aus- 12 händigung (sonst Verfehlung des Beweiszwecks)58 eines Vertragsstückes, welches alle zwischen den Parteien getroffenen Abreden vollständig, verständlich und zutreffend wiedergibt,59 auch unwesentliche Nebenbestimmungen60 und Anlagen.61 Einseitige Weisungen des Unternehmers62 sind in dem Dokument nicht zu nennen. Der Schuldner hat ein Wahlrecht, ob er eine eigene oder vom Fordernden vorgegebene Urkunde unterzeichnet,63 solange jene die Abreden zutreffend wiedergibt. Gab es eine Vertragsänderung, ist der Vertrag in seiner geänderten Fassung zu dokumentieren.64 Liegt eine schriftliche „Altfassung“ vor, ist der Anspruch insoweit teilerfüllt, so dass nur die geänderten Regelungen dokumentiert werden müssen,65 es sei denn, es besteht ein besonderes Inte-

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54 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 7. 55 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 5. 56 Laumann EWS 2005, 554 (558). 57 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 10. 58 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 6. 59 BGH, Beschl. v. 21.2.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 16. 60 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 6 a. 61 BGH, Beschl. v. 21.2.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. 62 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 91; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 1. 63 Hopt § 85 Rn 6. 64 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. § 17 Rn 101; Hopt § 85 Rn 6. 65 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 10.

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resse am Erhalt einer konsolidierten Fassung66 (etwa: fehlende Klarheit). Die Vertragsurkunde bedarf der Schriftform des § 126 BGB,67 wobei eine Unterzeichnung durch den Anspruchsgegner genügt.68 Der Anspruchsteller kann die vom Verpflichteten unterzeichnete Urkunde selbst unterzeichnen, ohne ihre Gültigkeit oder Beweiskraft zu gefährden; er muss es, wenn der Anspruchsgegner dies verlangt.69 Er darf ihren Inhalt auch gemäß § 151 BGB annehmen, wovon im Zweifel auszugehen ist. Dass § 85 lediglich die Unterzeichnung durch den Anspruchsgegner fordert, liegt daran, dass der in § 85 gemeinte Anspruch nur gegen den Vertragspartner gerichtet ist, d.h. ein Anspruch auf Unterzeichnung durch den Berechtigten sinnlos wäre. Insbesondere besteht ein Anspruch auf Dokumentation der nachfolgenden Abreden:70 – Aufgaben des HV – Bezirk des HV – Provisionsanspruch – Vertragsdauer – Kündigungsmöglichkeiten – Wettbewerbsabreden – Datum und Ort des Wirksamwerdens des Originalvertrages sowie eventueller Nachträge. 13

Was sich aus dispositivem Recht ergibt, braucht nicht noch einmal dokumentiert zu werden,71 weil sonst das gesamte dispositive Recht und wohl auch die dazu ergangene Rechtsprechung (samt Literatur und unterschiedlicher Ansichten?) zu dokumentieren wäre. Jedoch kann gefordert werden zu beurkunden, dass „im Übrigen“ dispositives Recht gilt.72 F. Wirkung der Beurkundung

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Die gemäß § 85 erstellte Urkunde hat keine konstitutive, sondern nur deklaratorische Wirkung.73 Bei vorbehaltsloser Annahme begründet die Privaturkunde i.S.d. § 416 ZPO74 eine widerlegbare75 Vermutung, dass der Vertragsinhalt so, wie er in der Urkunde niedergelegt wurde, richtig, vollständig76 und dem beiderseitigen Parteiwillen entsprechend ist.77 Der Gegenbeweis ist zulässig, wenn nicht dem Verhalten der Parteien der unzweideutige Wille zu entnehmen ist, den Vertragsinhalt verbindlich und gegebenenfalls in Abänderung oder Ergänzung früher getroffener Absprachen abschließend festzulegen,78 wobei hierfür ebenfalls der Begünstigte beweispflichtig ist. Anders gewendet:

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66 Hopt § 85 Rn 6. 67 Hopt § 85 Rn 6. 68 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 5. 69 Hopt § 85 Rn 6. 70 I.E. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 6a. 71 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 5; aA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7. 72 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 3. 73 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 8. 74 Hopt § 85 Rn 10. 75 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 6; Hopt § 85 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 8. 76 OLG München VersR 1957, 97; LAG Bremen DB 1960, 1212; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 6; Hopt § 85 Rn 10. 77 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 126; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 8. 78 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 6.

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Abreden, die nicht in die Urkunde aufgenommen wurden, bleiben wirksam,79 wobei die widerlegliche Vermutung ihre Beweisbarkeit erschwert. Aus Gründen der Rechtssicherheit nimmt die h.M. eine konstitutive Wirkung an, falls der Vertragsinhalt in der Urkunde zwar falsch wiedergegeben, aber von dem anderen Vertragspartner akzeptiert wurde. Der bisherige Vertragsinhalt soll durch die „falsa demonstratio“ abgeändert werden, die neu gefertigte Urkunde den bisherigen Vertragsinhalt ändern bzw. ergänzen.80 Eine solche Vertragsänderung darf jedoch nur durch eine konsensuale, ggf. konkludente Vertragsänderung zustande kommen,81 die nicht allein in dem Schweigen einer Partei auf die unzutreffende Dokumentation liegt. Richtig wäre die h.A. nur, wenn die Neuausstellung den Willen zur Vertragsänderung beinhaltet.82 Davon ist jedoch allein auszugehen, sofern den Parteien die Abänderung bewusst ist und sie jene wollen, was i.d.R. ein eindeutiges Angebot und eine ebenso unzweideutige Annahme der Vertragsänderung voraussetzt.83 Auch mag durch längere Akzeptanz und Durchführung des „neuen“ Vertragstextes eine Vertragsänderung eintreten. Auf Grund der Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien steht der Vertragstext zwischen den Parteien auch nach einem rechtskräftigen Urteil auf eine Klage nach § 85 fest. Denn inter partes erwächst der neue Vertragsinhalt dann in Rechtskraft. Der nicht unterzeichnete Entwurf hat diese Wirkungen nicht.84 Er kann aber ein Indiz für das Gewollte bilden. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben über den Inhalt der getroffenen Vereinbarungen gewinnt, falls es die getroffenen Abreden nicht zutreffend wiedergibt, wenn von einer Partei mit Kaufmannseigenschaft herrührend, bei unterbliebenem Widerspruch des anderen Teils und über § 85 hinausgehend konstitutive Kraft, insofern der Vertrag nunmehr als mit dem Inhalt des Bestätigungsschreibens abgeschlossen gilt (§ 346). G. Erfüllung Der Anspruch auf Beurkundung erlischt durch Erfüllung (§ 362 BGB),85 falls sämt- 15 liche getroffenen Abmachungen in einem Schriftstück, auch einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben,86 niedergelegt sind, dieses zumindest von dem Verpflichteten unterzeichnet und dem Anspruchsteller ausgehändigt wurde,87 ebenso, wenn bereits bei Vertragsschluss ein ausgefertigter schriftlicher Vertrag existiert88 (Vorauserfüllung vor Verlangen). H. Fortbestehen des Anspruchs Eine Meinungsgruppe vertritt, der Anspruch bestehe nur, solange ein wirksamer HV- 16 Vertrag existiert.89 Nur bis zum letzten Tag des Vertrages, also auch während laufender

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79 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 7. 80 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 126; Westphal I, Rn 182; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 85 Rn 8; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 7. 81 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 7, 9. 82 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 6. 83 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 9. 84 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 6. 85 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 8. 86 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 6. 87 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 17. 88 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 11. 89 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 127; Westphal I, Rn 183; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 10.

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Kündigungsfrist, dürfe der Anspruch geltend gemacht werden, und zwar ohne Rücksicht auf die bereits zurückgelegte Vertragsdauer.90 Eine andere Meinungsgruppe ist der Ansicht, der Beurkundungsanspruch bestehe nach Vertragsbeendigung bis zur vollständigen Abwicklung des Vertrages fort, weil auch in diesem Fall ein Interesse an der Fixierung des Vertragsinhaltes bestehen kann;91 er wird dann auch durch eine Kündigung nach § 89a nicht berührt.92 Gedacht wird insbesondere an nachvertragliche Wettbewerbsabreden, Provisions- oder Ausgleichsansprüche,93 bei Vertragshändlern etwa auch Rückkaufansprüche betreffend die Vertragsware. Dieser zweiten Meinungsgruppe ist zuzustimmen. Sie steht am ehesten mit dem Rechtsgedanken des § 195 BGB im Einklang. Wäre man aA könnte etwa der durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gebundene HV den Umfang seiner Verpflichtung nicht bestimmen, weil sie sich nur auf die nach dem Vertrag vertriebenen Produkte erstrecken darf (§ 90a). Das nachvertragliche Beurkundungsrecht besteht gerade, wenn aus einer nachvertraglichen Unsicherheit das Interesse an einer Beurkundung folgt. Die Beurkundung kann regelmäßig auch dann gefordert werden, sofern nur noch einzelne Ansprüche aus dem HV-Vertrag im Streite stehen, weil Beweissicherheit auch für zukünftige Streitigkeiten bezweckt ist oder der Vertreter, etwa als Vorlage für andere Verträge, eine schriftliche Dokumentation wünscht. Der Beurkundungsanspruch darf geltend gemacht werden, solange ein Rechtsschutzbedürfnis an der Dokumentation besteht,94 nicht länger. Das Rechtsschutzbedürfnis kann fehlen, falls die Beurkundung aus sachfremden Motiven gefordert wird: Wie beim Informationsanspruch aus § 87c sind derartige Motive denkbar, wenn mit dem Anspruch Druck auf den Anspruchsgegner ausgeübt werden soll, z.B. zur Durchsetzung anderer Forderungen. Zur Verwirkung Rn 18. I. Erfüllungsort 17

Da die h.M. einen Einheitserfüllungsort am Sitz des HV ablehnt (Vor § 84 Rn 471 ff.), liegt der Erfüllungsort des Dokumentationsanspruchs nach h.M. am Sitz des Unternehmers. Dort befindet sich nach dieser Ansicht auch der Gerichtsstand des § 29 ZPO. Im Anwendungsbereich der EuGVVO darf sich der Vertreter auf dessen Art. 5 lit. a berufen (Wahlgerichtsstand am Vertriebsort). Wenn Korrespondenz in der Vergangenheit an den Empfänger versandt wurde (also wohl immer), wird man der Treupflicht eine Pflicht zur Übermittlung an den HV entnehmen dürfen. J. Verjährung und Verwirkung

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Der Beurkundungsanspruch verjährt gemäß § 195 BGB innerhalb von 3 Jahren nach dem Jahr des Vertragsendes (Kenntnis vorausgesetzt),95 nicht dagegen seit Anspruchstellung,96 weil sich der Anspruch während der Vertragslaufzeit ständig erneuert.97 Nicht hingegen verjährt der Anspruch erst drei Jahre nach Vollbeendigung aller vertraglichen

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90 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 127; Westphal I, Rn 183. 91 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 4; Hopt § 85 Rn 6, 9; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 18. 92 Hopt § 85 Rn 9. 93 Hopt § 85 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 18. 94 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 4. 95 Hopt § 85 Rn 7. 96 So aber MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 21. 97 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 8.

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Ansprüche (z.B. eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots)98 (Problem: mangelnde Klarheit des Datums). Der Anspruch ist zwar unabdingbar, aber im Einzelfall verwirkbar.99 Während der Vertragslaufzeit ist eine Verwirkung des letztlich selbst aus § 242 BGB hergeleiteten Beurkundungsanspruchs kaum vorstellbar.100 K. Kosten Die Kosten der Beurkundung sind in Ermangelung einer gegenteiligen, zuvor getrof- 19 fenen Regelung (Beweislast bei dem, der sie behauptet) von den Vertragspartnern nach Köpfen zu tragen.101 Eine Gegenansicht, nach welcher die Kosten von dem Unternehmer als Verpflichtetem zu tragen sind, wäre vertretbar. L. Nicht- und Schlechterfüllung Weigert sich ein Vertragspartner, den Anspruch zu erfüllen, macht er sich aus § 280 20 BGB schadenersatzpflichtig.102 Zudem wird die Weigerung – nach Abmahnung – regelmäßig einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung gem. § 89a darstellen.103 Der Unternehmer gibt dem HV spätestens begründeten Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung, wenn er dem Anspruch aus § 85 trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachkommt.104 Einem solchen Kündigungsrecht kann allerdings entgegenstehen, dass der HV bereits mehrere Jahre für den Unternehmer tätig war, ohne in dem Fehlen einer Vertragsurkunde einen Anlass zur Kündigung gesehen zu haben.105 M. Abtretung und Zurückbehaltungsrecht Der Anspruch ist als bloßes Hilfsrecht nicht eigenständig abtretbar und pfändbar.106 21 An der Urkunde darf der Verpflichtete kein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.107 N. Prozessuale Durchsetzung Der Anspruch auf Dokumentation ist einklagbar,108 bei Dringlichkeit und schweren 22 Nachteilen wohl ausnahmsweise auch nach §§ 935, 940 ZPO durchsetzbar. Geklagt wird

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98 So aber Hopt § 85 Rn 7. 99 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 1; aA (keine Verwirkung während der Vertragslaufzeit) MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 20: die vertragsbegleitende Verwirkung ist aber nur in Ausnahmefällen vorstellbar. 100 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 20 lehnt vertragsbegleitende Verwirkung wegen der zwingenden Natur gänzlich ab. 101 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 3. 102 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 25; Hopt § 85 Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13. 103 BGH, Beschl. v. 21.2.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056; OLG München VersR 1957, 97; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 4; Hopt § 85 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13. 104 BGH, Beschl. v. 21.2.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. 105 BGH, Beschl. v. 21.2.2006 – VIII ZR 61/04, BB 2006, 905 = NJW-RR 2006, 755 = WM 2006, 1115 = VersR 2006, 835 = MDR 2006, 1056. 106 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 5. 107 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 5. 108 Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111).

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auf Abgabe einer Willenserklärung, nicht pauschal auf „Ausstellung, Unterzeichnung und Aushändigung einer den Vertragsinhalt richtig wiedergebenden Urkunde“.109 Die Klage ist auch nach Vertragsende zulässig (s.o.); der Anspruch wird insb. durch eine Kündigung nach § 89a nicht berührt.110 Der Klageantrag muss den vollständigen Inhalt des Vertrages, präziser: die vom Anspruchsgegner abzugebende Willenserklärung, bezeichnen,111 ggf. mit den vereinbarten Verweisungen auf dispositives Recht.112 Zulässig ist auch Klage auf Feststellung, dass der Vertrag den im Klageantrag genannten Inhalt hat; das Feststellungsinteresse folgt aus § 85.113 Die Leistungsklage ist schon deshalb nicht vorrangig, weil sie nach einer bedeutenden Meinungsgruppe (s.u., Rn 23) umständlicher, nämlich nach § 888 ZPO, zu vollstrecken ist, während die Feststellungswirkung ohne Vollstreckung eintritt. Der Feststellungsantrag erwächst zudem unzweifelhaft in Rechtskraft, während die nach § 85 erteilte Urkunde lediglich eine widerlegliche Vermutung ihrer Richtigkeit begründet.114 Notfalls mag ein Hauptantrag auf Feststellung und ein Hilfsantrag auf Leistung gestellt werden. Jeder Vertragspartner, der den Anspruch nicht im Vorwege anerkannt hat, muss verklagt werden, mehrere Streitgenossen sind notwendige i.S.d. § 62 ZPO. Die Beweislast für Bestehen und Inhalt des Vertrages trifft den Kläger.115 Soweit Abreden nicht nachgewiesen wurden, ist die Klage abzuweisen116 und es tritt an ihre Stelle dispositives Recht, notfalls ergänzende Vertragsauslegung117 (sie wird durch die Dokumentation nach § 85 ebenso wenig ausgeschlossen wie bei Unterzeichnung eines Vertrages durch beide Parteien). O. Zwangsvollstreckung 23

Die Zwangsvollstreckung erfolgt gem. § 894 ZPO, das rechtskräftige Urteil ersetzt die Beurkundung.118 Eine Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO ist überflüssig.119 Sie wäre nicht nur umständlich, sondern ginge auch am Rechtsschutzziel vorbei. Es geht dem Klagenden nicht darum, eine Urkunde zu erhalten, die notwendigerweise von dem Beklagten stammt, sondern vielmehr um Rechtssicherheit, die er auch durch ein Urteil erhält. Es ist dem Kläger nicht zuzumuten, bei dem möglicherweise vollstreckungsunempfindlichen Beklagten so lange durch Zwangsgeld oder Zwangshaft die Durchsetzung des Beurkundungsanspruches zu versuchen, bis sich dieser bequemt, die Erklärung abzugeben. Geht es nur um Herausgabe der Urkunde, soll auch gem. 883 ZPO vollstreckt werden können.120

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109 AA Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 130; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 9. 110 Hopt § 85 Rn 9. 111 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7. 112 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7. 113 BGH, Urt. v. 4.11.1998, ZIP 1998, 2152 = BB 1999, 71 m. Anm. Escher; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7; ablehnend Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13. 114 Vgl. Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 13. 115 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 12. 116 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 23. 117 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7. 118 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 24; Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 131; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 9; aA (Vollstreckung nach § 888 ZPO) Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7; Hopt § 85 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 12. 119 Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 85 Rn 8; aA Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 7; Hopt § 85 Rn 9. 120 Hopt § 85 Rn 9.

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P. Zwingende Natur Die Durchsetzung des Anspruchs darf nicht erschwert werden; der Anspruch ist un- 24 verzichtbar (§ 85 S. 2).121 Dies beruht auf europarechtlicher Präformation. Der Beurkundungsanspruch darf nach § 92c ausgeschlossen werden. Siehe auch Rn 18. Q. Analoge Anwendung § 85 ist im Recht handelsvertreterähnlicher Vertriebsmittler analog anwendbar, etwa 25 auf Vertragshändler,122 Kommissionsagenten oder Franchisenehmer.123

§ 86 Pflichten des Handelsvertreters 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 86 (1) Der Handelsvertreter hat sich um die Vermittlung oder den Abschluß von Geschäften zu bemühen; er hat hierbei das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen. (2) Er hat dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluß unverzüglich Mitteilung zu machen. (3) Er hat seine Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen. (4) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. Schrifttum Birkhahn Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter auch ohne vertragliche Grundlage, BB 1961, 1351 und BB 1962, 1106; v. Brunn Unzulässige Verhandlungen über die Nachfolge eines Handelsvertreters vor Kündigung seines Vertrags, DB 1964, 1841; ders. Das Wettbewerbsverbot im Handelsvertreterrecht beim Fehlen einer Vereinbarung, AcP 163 (1964), 487; Hohn Wettbewerbsverbote für Arbeitnehmer und Handelsvertreter, DB 1963, 1500 und 1538, 1967, 1852 und 1895; ders. Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern und Handelsvertretern, DB 1971, 94; Hopt Wettbewerbsfreiheit und Treuepflicht des Unternehmers bei parallelen Vertriebsformen, ZIP 1996, 1533; Keller Konsignationslager – Probleme aufgrund von Vereinfachungsregelungen in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, UR 2000, 61; Kieninger Informations-, Aufklärungsund Beratungspflichten beim Abschluss von Versicherungsverträgen, AcP 199 (1999), 190; Kreis Ausschließlichkeitsbindung in Tankstellenverträgen, BB 1967, 942; Leo Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter auch ohne vertragliche Vereinbarung, BB 1962, 1106; ders. Das Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters im Lichte des § 18 GWB, WRP 1969, 85; Maier Das gesetzliche Wettbewerbsverbot für Handelsvertreter, BB 1979, 500; Möschel Absatzmittler und vertikale Preisbindung, BB 1985, 1477; Oehler „Umgekehrte“ Preisbindung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter in Agenturvertriebssystemen, BB 1987, 765; Ordemann Die Berichtspflicht im Handelsvertreters, DB 1963, 1565; Rasch Ausschließlichkeitsbindung im Handelsvertreterrecht, WuW 1958, 208; Riesenkampff Die Ausschließlichkeitsbindung des Tankstellenhalters für Treib- und Schmierstoffe, BB 1968, 732; ders. Die „derivativen“ Wettbewerbsverbote und Wettbewerbsbeschränkungen unter besonderer Berücksichtigung des Kommissions- und Agenturvertrags, BB 1984, 2026; Rittner Die Wettbewerbsverbote des Handelsvertreters und § 18 GWB, ZHR 135 (1972), 289; ders. Das Wettbewerbsverbot im Handelsvertreterverhältnis, FS Reinhardt, 1972, S. 301; ders. Handelsvertreter-

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121 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 85 Rn 1; Hopt § 85 Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 19; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 85 Rn 11. 122 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 85 Rn 1. 123 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 3.

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verhältnis und Preisbindungsverbot, DB 1985, 2543; Rumpf Wirtschaftsrechtliche Vertrauensgeschäfte, AcP 119 (1921), 1; Schmidt/Thiele Die Ausschließlichkeitsbindung des Tankstellenhalters für Treib- und Schmierstoffe, BB 1968, 886; Schriefers Lagerrücknahme bei Vertragsbeendigung des Händlervertrags, BB 1992, 2158; Seifert Vermittlung von Versicherungen durch angestellte und selbständige Vertreter, NZA Sonderheft 1999, 6; Thume Die Musterkollektion des Handelsvertreters, BB 1995, 1913.

A. B. C. D. E. F. G. I.

II.

Übersicht Übersicht ____ 1 Entstehungsgeschichte und Europarecht ____ 7 Unterteilung der Vertreterpflichten ____ 8 Verpflichteter ____ 9 Berechtigter ____ 10 Dauer der Pflichten ____ 11 Die einzelnen in § 86 geregelten Pflichten Absatz 1: Hauptpflicht: Vermittlungs- oder Abschlusspflicht ____ 12 1. Räumliche Begrenzung der HVTätigkeit ____ 16 2. Bezirksvertreter ____ 17 3. Gegenständliche Begrenzung ____ 18 4. Inhalt der Hauptpflichten a) Vermittlungspflicht ____ 23 b) Abschlusspflicht ____ 25 c) Vertragliche Vereinbarungen ____ 26 d) Gesetzliche Regelung aa) Umfang der Vollmacht ____ 27 bb) Vollmacht des Versicherungsvertreters ____ 34 cc) Vollmachtsmissbrauch ____ 35 dd) Beweislast ____ 36 Nebenpflichten 1. Herausgabepflicht ____ 37 2. Interessenwahrnehmungspflicht ____ 43 a) Persönlicher Anwendungsbereich ____ 44 aa) Ein- und Mehrfirmenvertreter ____ 45 bb) Interessenwahrungspflicht zwischen Haupt- und Untervertreter ____ 46 b) Zeitlicher Anwendungsbereich und vorvertragliche Treupflichten ____ 47 aa) Vorvertragliche Treupflichten ____ 49 bb) Nachvertragliche Treupflichten ____ 51 c) Inhalt der Interessenwahrungspflicht ____ 52 d) Untergruppen der Interessenwahrungspflicht ____ 55 aa) Aufbewahrungspflicht ____ 56 bb) Bonitätsprüfungspflicht ____ 59 cc) Förder- und Loyalitätspflicht ____ 64

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dd) Informationspflicht ____ 66 ee) Marktbeobachtungspflicht ____ 67 ff) Organisationspflicht ____ 68 gg) Prüfungspflicht ____ 69 hh) Verbot der Nachteilszufügung ____ 70 ii) Verbot der Nutzung von Geschäftschancen des Unternehmers ____ 71 jj) Wettbewerbs- oder Konkurrenzverbot (1) Wettbewerb im Allgemeinen ____ 72 (2) Europarechtliche Präformation ____ 74 (3) Genese des Wettbewerbsverbots ____ 75 (4) Anspruchsinhaber ____ 79 (5) Verpflichteter (a) Wettbewerbsverbot des HV ____ 80 (b) HV-ähnliche Vertriebsmittler ____ 81 (aa) Wettbewerbsverbot des Vertragshändlers ____ 82 (bb) Wettbewerbsverbot des Franchisenehmers ____ 83 (6) Umfang des Wettbewerbsverbots ____ 84 (a) Wettbewerbslage ____ 89 (b) Sachlicher Geltungsbereich ____ 92 (c) Räumlicher Geltungsbereich ____ 98 (d) Zeitlicher Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots ____ 102 (7) Nachträgliches Entstehen einer Wettbewerbssituation (a) Allgemeines ____ 105 (b) Konzernfälle, Spaltung, Entflechtung und Verschmelzung ____ 111 (8) Vertragliche Regelung des Wettbewerbsverbots ____ 113 (a) Gestattung der Wettbewerbstätigkeit ____ 114

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(b)

III.

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Vertragliches Wettbewerbsverbot ____ 118 (9) Grenzen des Wettbewerbsverbots nach deutschem oder EU-Kartellrecht ____ 121 (10) Umgehungstatbestände ____ 122 (11) Beweislast ____ 127 (12) Folgen unberechtigter Konkurrenz ____ 128 kk) Treupflichten innerhalb eines Vertriebssystems ____ 133 Nachrichtspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 2) 1. Allgemeines ____ 134 2. Abgrenzung von der allgemeinen Informationspflicht ____ 135 3. Abgrenzung von der Berichtspflicht ____ 136 4. Abgrenzung von der Auskunftspflicht nach § 242 BGB ____ 137 5. Inhalt der Nachrichten ____ 138 6. Verpflichteter ____ 141 7. Dauer der Nachrichtspflicht ____ 142 8. Zeitpunkt der Nachrichten ____ 143 9. Form der Nachrichten ____ 144 10. Weisungen zu den Nachrichten ____ 145 11. Vertragliche Vereinbarungen zur Nachrichtspflicht ____ 146 12. Untergruppen der Nachrichtspflicht ____ 147 a) Verpflichtung zur Mitteilung über Vermittlung und Abschluss ____ 148 b) Allgemeine Informations- oder Offenbarungspflicht ____ 149 aa) Geltungszeitraum ____ 150 bb) Zeitpunkt der Information ____ 151 cc) Umfang ____ 152 c) Berichtspflicht ____ 155 aa) Zweck. ____ 157 bb) Verpflichteter ____ 158 cc) Berichtsturnus ____ 159 dd) Inhalt ____ 161 ee) Form der Berichte ____ 164 ff) Vertragliche Vereinbarungen zu den Berichten (1) Zur Häufigkeit der Berichte ____ 165 (2) Zum Inhalt der Berichte ____ 166 (3) AGB ____ 167 (4) Details ____ 168

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gg) Weisungen zu den Berichten ____ 169 hh) Folgen fehlerhafter Berichterstattung ____ 173 IV. Sorgfaltspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 3) ____ 174 H. Persönliche Dienstleistung ____ 177 I. Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB) ____ 178 J. Weisungsfolgepflicht I. Umfang der Weisungsgebundenheit ____ 180 II. Billiges Ermessen und Rücksichtnahmegebot ____ 183 III. Zwingende Natur des Weisungsrechts ____ 186 IV. Folgen zulässiger Weisungen ____ 187 V. Folgen unzulässiger Weisungen ____ 188 VI. Vertraglich vereinbartes Weisungsrecht ____ 189 VII. Fehlende Weisungen ____ 190 VIII. Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung von Weisungen ____ 191 K. Verschwiegenheitspflicht während der Vertragsdauer und nach Vertragsende ____ 192 L. Beweislast ____ 193 M. Zwingende Natur des § 86 I. Allgemeines ____ 195 II. Vertragliche Erweiterung der Pflichten ____ 198 N. Folge der Verletzung der Pflichten des Mittlers ____ 203 I. Haftung des Mittlers ____ 205 II. Haftung des Mittlers gegenüber dem Kunden ____ 206 III. Haftung des HV nach dem Produkthaftungsgesetz ____ 208 IV. Haftung des Vertragshändlers nach dem Produkthaftungsgesetz ____ 209 V. Haftung des Mittlers gegenüber Dritten ____ 211 VI. Haftung des Mittlers gegenüber dem Unternehmer ____ 212 1. Haftung des Mittlers gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) ____ 213 2. Haftung des Mittlers gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten ____ 214 3. Haftung des Mittlers gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten ____ 215 VII. Haftung von Dritten ____ 216

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§ 86

1. Buch. Handelsstand

A. Übersicht Der HV-Vertrag und die ihm nahen Vermittlerverträge bilden ein klassisches Dauerschuldverhältnis mit Geschäftsbesorgungscharakter,1 bei dem sich als Hauptpflichten auf Seiten des HV die Vermittlungs- oder Abschlusspflicht, auf Seiten des Unternehmers einerseits die Zahlung der Vergütung (Provision, Festvergütung) und andererseits die Ausgleichsvergütung nach § 89b gegenüberstehen. Die Hauptpflichten sind eingebettet in gegenseitige Treu- und Interessenwahrungspflichten,2 die sich verstärken, wenn eine Partei der anderen Ausschließlichkeit verspricht. Meist ist es der HV, welcher Ausschließlichkeit verspricht. Der HV schuldet Haupt- und Nebenpflichten. § 86 handelt von den Pflichten des HV, 2 § 86a von denen des Unternehmers. § 86 ist wenig gelungen. Die Bestimmung macht nicht einmal den Versuch einer erschöpfenden Behandlung ihres Gegenstandes3 (so wenig das im Letzten vielleicht möglich wäre). Die Pflicht, den Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten, lässt sie unerwähnt; man muss sie aus § 665 BGB, der noch dazu auch sie nur mittelbar ausspricht, interpolieren. Die Pflicht zur Tätigkeit, zum Bemühen um die Vermittlung und den Abschluss von Geschäften, würde sich bereits aus § 84 ergeben, wird dort aber nur für die Statusfrage geregelt. Dass der HV „hierbei“ das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen hat, ist wiederum unvollständig formuliert. Denn die Interessenwahrungspflicht geht über die konkreten Bemühungen um das Hereinholen von Aufträgen hinaus. Sie erweitert sich zu der Pflicht, sich beruflich dem Unternehmer gegenüber in allem loyal zu verhalten. Auch die Berichtspflicht des Abs. 2 wiederholt bis in den Wortlaut hinein diejenige des § 666 BGB über die zu gebenden „erforderlichen“ Nachrichten; allenfalls eine Teilkonkretisierung ergibt sich aus Abs. 2 Hs. 2. 3 Die in § 86 beschriebenen Pflichten ziehen einen Kreis von den im HGB gegebenen Pflichten zum Tätigwerden mit dem Ziel des Hereinholens von Abschlüssen, zur Beobachtung des Marktes, zur Berichterstattung über diejenigen ergänzenden bürgerlichen Rechts – Befolgung von Weisungen, Rechenschaft, Herausgabe – bis zu der allgemeinen Loyalitätspflicht, die wieder auf die besondere, dem HV durch § 84 zugewiesene Stellung zurückführt und welche in einzelnen Ausformungen – Verschwiegenheit, Unterlassen von Wettbewerb – sichtbar wird. § 86 regelt beides und bestimmt die Pflichten des HV, die „gesetzestypisch“, also ohne weitergehendes vertragliches Versprechen, des HV bestehen. Die Norm bildet damit ein „gesetzliches Vertragskorsett“, geht also über eine „Klarstellung“4 hinaus. Jedoch ist sie ausfüllungsbedürftig und nicht abschließend,5 insbesondere bei der Benennung der recht selektiv erwähnten Nebenpflichten.6 Die Parteien dürfen also über das in § 86 Geregelte hinaus weitere Haupt- und Nebenpflichten vereinbaren, um ihren Vertrag an die individuellen Verhältnisse anzupassen.7 Der bedeutendste Abschnitt des § 86 ist sein Abs. 1, der wie Abs. 3 mit der HV4 Novelle 1953 Teil der Norm wurde.8 § 86 Abs. 1 Hs. 1 regelt die im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflicht, die Bemühenspflicht um Vermittlung oder Abschluss von 1

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1 Hopt § 86 Rn 1; für partiarischen Einschlag Canaris § 17 Rn 54. 2 Schröder in: Küstner/Thume I, Kap. II Rn 1. 3 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 1. 4 So aber Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, 2. Aufl. § 86 Rn 2. 5 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 3; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 1. 6 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1. 7 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4a. 8 Siehe Begr. zum RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 1.

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Geschäften, § 86 Abs. 1 Hs. 2 die wichtigste Nebenpflicht, die über die allgemeine Treupflicht hinausgehende Interessenwahrungspflicht des HV, welche als schwächere, einfache Treupflicht auch in umgekehrter Richtung fließt. Das in § 86 Abs. 2 Geregelte ist hingegen untergeordneter Natur und Ausfluss bzw. 5 Konkretisierung des in Abs. 1 Bestimmten. Gemäß § 86 Abs. 2 hat der HV dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihn von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Hierbei handelt es sich um eine gesetzlich vorgegebene Nebenpflicht. Sie folgt schon aus den §§ 665 S. 2 und 666 BGB, wurde jedoch wegen ihrer Bedeutung noch einmal in § 86 hervorgehoben.9 § 86 Abs. 3 determiniert den allgemein geltenden Pflichtenmaßstab: Der HV hat wäh- 6 rend der gesamten Vertragsausführung, jedoch nur bei dieser, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu handeln. Die Norm hat nun, nachdem HV nicht notwendigerweise Kaufleute sein müssen (vgl. §§ 1 ff., 84 Abs. 4), gegenüber § 347 eigenständige Bedeutung und gibt nicht lediglich eine unter Kaufleuten ohnehin geltende Selbstverständlichkeit wieder.10 Denn der Sorgfaltsmaßstab des § 86 Abs. 3 gilt auch, sollte der HV kein Kaufmann sein (siehe § 84 Abs. 4). Gem. § 86 Abs. 4 sind die Abs. 1 und 2 zwingend. B. Entstehungsgeschichte und Europarecht In der bis 1953 geltenden Fassung des HGB war das heute in § 86 Geregelte im Wesent- 7 lichen in § 84 enthalten. Die Abs. 1–3 wurden erst durch die Novelle 1953 eingefügt. Hierdurch sollte das Bemühen um Geschäftsvermittlung und -abschluss als wesentliche Hauptpflicht des HV normiert werden.11 Sie war zuvor aus dem dienstvertraglichen Charakter der Tätigkeit abgeleitet worden. Zudem war bezweckt klarzustellen, dass der HV der Interessenswahrer des Unternehmers und nicht neutraler Makler zwischen jenem und der Kundschaft ist.12 § 86 wurde durch das Durchführungsgesetz zur EG-RL 1986 vom 23.10.1989 ergänzt. Von der ursprünglich geplanten Umsetzung der Art. 3 und 5 RL in Form der Streichung des Abs. 3 und Ergänzung des Abs. 1 um die zwingende Verpflichtung, angemessenen Weisungen des Unternehmers Folge zu leisten (Art. 3 Abs. 2 lit. c RL),13 wurde abgesehen, wohl weil der Gesetzgeber bemüht war, den alten Text des § 86 Abs. 1–3 so weit als möglich beizubehalten.14 Richtigerweise liegt zumindest in dem fehlenden Hinweis auf den zwingenden Charakter des Weisungsrechts eine mangelnde Umsetzung der RL.15 Das Verbot abweichender Parteivereinbarungen in § 86 Abs. 4, der Art. 5 RL umsetzen soll, erstreckt sich nur auf § 86 Abs. 1 und 2, nicht hingegen auf die von der RL vorgeschriebene Weisungsfolgepflicht. Das wird ebenfalls als Umsetzungsmangel empfunden. Eine RLkonforme Auslegung ist angezeigt.16 Die Umsetzung hätte auch die Selbstständigkeit des HV nicht berührt.17 Die Rspr., nach der das Weisungsrecht aus der Interessenwahrungs-

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9 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1. 10 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1. 11 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 1. 12 Begründung zum RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 18 f.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 1. 13 Noch vorgesehen vom RegE, BT-Drucks. 11/3077. 14 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86 Rn 56. 15 Westphal FS Meyer-Marsilius, 1993, S. 12; Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 92; Ankele DB 1987, 569 (570); Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86 Rn 59, 60; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 2; aA Canaris § 17 Rn 21; Ankele DB 1989, 2211. 16 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86 Rn 56; aA Canaris § 17 Rn 21. 17 AA Kindler RIW 1990, 358 (359).

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pflicht und § 665 BGB folgt, kann die Normierung schon wegen des Fehlens ihres zwingenden Charakters nicht ersetzen.18 Weitgehend ähnlich der RL wurde im HGB die Interessenwahrnehmungspflicht formuliert. Der Begriff findet sowohl in der RL wie in § 86 Verwendung, § 86 Abs. 1 Hs. 2; Art. 3 Abs. 1 Hs. 1 RL. Die RL verpflichtet den HV auf Treu und Glauben (Art. 3 Abs. 1 Hs. 2), ebenso wie gem. Art. 4 Abs. 1 den Unternehmer. Eine ausdrückliche Umsetzung unterblieb wegen § 242 BGB.19 Dies soll europarechtskonform sein,20 weil es keine Rolle spiele, ob der Inhalt der RL im HGB oder BGB geregelt sei, solange § 242 BGB existiere. Problematisch ist jedoch auch hier, dass § 242 BGB entgegen Art. 5 RL nicht ausdrücklich als zwingende Norm bezeichnet wurde. Gem. Art. 3 Abs. 1 RL hat der HV „bei der Ausübung seiner Tätigkeit“ die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen. Nach § 86 Abs. 1 ist die Interessenwahrungspflicht lediglich bei der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit zu beachten. Es erhebt sich die Frage, ob ein Umsetzungsfehler vorliegt. Denn gem. Art. 1 Abs. 2 RL ist HV i.S.d. RL, wer damit betraut ist, Verkäufe oder Ankäufe zu vermitteln oder Geschäfte im Namen und für Rechnung des Unternehmers abzuschließen. Es könnte vertreten werden, dass Art. 3 Abs. 1 RL auf diese Definition Bezug nimmt, so dass § 86 Abs. 1 nicht abweicht. Allerdings definiert Art. 1 Abs. 2 RL nicht den Begriff der „Tätigkeit“. Die in Art. 3 Abs. 1 RL angesprochene Tätigkeit geht mglw. über das in Art. 1 Abs. 2 RL Geregelte hinaus. Es könnte mithin vertreten werden, nach deutschem Recht sei die Interessenwahrungspflicht nur auf die Vermittlung und den Abschluss und nicht auf die gesamte Tätigkeit des HV bezogen.21 Im Ergebnis spricht einiges für einen Umsetzungsfehler. Auch wenn der HV während seiner ganzen Tätigkeit der Interessenwahrungspflicht verhaftet bleibt, ist jedoch nicht das gesamte HV-Recht als Umsetzung der RL und der Interessenwahrungspflicht anzusehen.22 Die in § 86 Abs. 3 vorgesehene Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wird in der RL nicht genannt. Dem stehen keine Bedenken entgegen,23 weil sich aus der Verpflichtung zur Interessenwahrnehmung und zu Treu und Glauben die Verpflichtung zu diesem Sorgfaltsmaßstab ergeben dürfte. Nach Art. 3 Abs. 2 lit. a RL hat sich der HV in „angemessener“ Weise für die Vermittlung und/oder den Abschluss einzusetzen. Die Beschränkung auf „angemessene“ Tätigkeiten enthalten die §§ 84, 86 nicht. Dies ist wohl noch hinzunehmen, weil auch nach deutschem Recht anerkannt ist, dass der HV nur im Rahmen des Verkehrsüblichen und nicht überobligationsmäßig tätig werden muss. Mglw. bildet die in § 86 Abs. 1 geregelte Pflicht des HV, sich um, den Abschluss und die Vermittlung zu „bemühen“ ein Synonym. Andererseits verlangt die RL, soweit es die Informationen an den Unternehmer betrifft, nicht die unverzügliche Mitteilung von jeder Geschäftsvermittlung und jedem Geschäftsabschluss, wie § 86 Abs. 2 dies tut. Auch dem stehen Bedenken nicht entgegen, weil die unverzügliche Mitteilung der Interessenwahrnehmung wie auch Treu und Glauben entspricht. Gem. Art. 3 Abs. 2 lit. b RL hat der HV dem Unternehmer die erforderlichen und „ihm zur Verfügung stehenden“ Informationen zu übermitteln. Nach § 86 Abs. 2 besteht die Pflicht zur Mitteilung der „erforderlichen Nachrichten“, jedoch ohne die Beschränkung auf die „dem HV zur Verfügung stehenden“ Informationen. Hier liegt möglicherweise ein Umsetzungsfehler vor, da § 86 Abs. 2 so verstanden werden könnte, als habe der HV eine Nachforschungspflicht und beschränke sich

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18 EuGH, Urt. v. 19.9.1996 – C-236/95, „Kommission/Griechenland“, EuGHE 1996 I, 4459; Ebenroth/ Hakenberg, 2. Aufl., § 86 Rn 59. 19 BT-Drucks. 11/3077, S. 7; vgl. auch Canaris § 17 Rn 21. 20 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 94; Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86 Rn 57. 21 So Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 91. 22 Hopt § 86 Rn 22. 23 AA Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86 Rn 57.

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seine Übermittlungspflicht nicht auf die ihm „zur Verfügung stehenden“ Informationen. U.U. lässt sich Art. 3 Abs. 2 lit. b RL aber auch so verstehen, dass dort die Frage der Untersuchungs- und Prüfungspflichten des HV nicht geregelt wurde, insb. nicht die Frage, ob den HV zusätzlich zu Art. 3 Abs. 2 RL weitere Untersuchungspflichten treffen. Zu bemängeln ist diesbetreffend erneut, dass die Informationspflicht des HV nicht ausdrücklich im HGB als zwingend ausgestaltet ist, anders als es Art. 5 RL fordert. Zu diesen Fragen muss ein Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV zulässig sein.24 C. Unterteilung der Vertreterpflichten Die Pflichten des HV werden unterschieden in 8 Gesetzlich vorgegebene, im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflichten i.S.d. §§ 320 ff. BGB, d.h. Vermittlungs- und Abschlusspflicht Gesetzlich vorgegebene Nebenpflichten Durch separates vertragliches Versprechen übernommene Haupt- und Nebenpflichten.

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Hiervon regeln § 86 Abs. 1 und 2 nur die gesetzlich vorgegebenen Haupt- und Nebenpflichten, während § 86 Abs. 3 zugleich den Sorgfaltsmaßstab für vertraglich übernommene Pflichten bestimmt. D. Verpflichteter Verpflichtet ist der HV, auch als Untervertreter,25 egal in welcher Rechtsform er tätig 9 ist. Sowohl eine Gesamthandsgesellschaft wie natürliche oder juristische Personen dürfen HV sein (§ 84 Rn 137 ff.) und sind Normadressaten des § 86.27 Es darf – außer in AGB des HV – vereinbart werden, dass der HV ohne weitere Zustimmung des Unternehmers zur Übertragung des Vertrags auf einen Dritten berechtigt ist,28 sofern in der Person dieses Dritten keine Gründe entgegenstehen. In der Regel dürfte dann der ursprüngliche Vertragspartner aus dem Vertrag entlassen sein, was jedoch eine Frage der Vertragsauslegung bleibt. § 86 ist auf HV-ähnliche Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler,29 Kommissionsagenten30 sowie Franchisenehmer31 entsprechend anwendbar. Beim Franchisenehmer ist die Anwendung des § 86 allerdings umstritten.32 Richtigerweise wird in dieser Frage differenziert, d.h. die analoge Anwendung von § 86 Abs. 1 wird angenommen,33 während § 86 Abs. 2 von der Analogie ausgenommen wird.34 26

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24 Hopt § 86 Rn 22; aA Canaris § 17 Rn 21. 25 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3. 26 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 5. 27 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 6. 28 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14. 29 BGH, Urt. v. 7.7.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); Schulz NJW 1959, 649 (652); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 3; Hopt § 84 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3. 30 Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (126, 129 ff.) für Wettbewerbsbeschränkungen; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3. 31 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 3. 32 Martinek Franchising, S. 319; aA Herrfeld S. 288. 33 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 205. 34 Höpfner in: Giesler/Nauschütt § 7 Rn 17 ff.; aA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 217.

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E. Berechtigter 10

Gläubiger der dem HV obliegenden Pflichten ist der Unternehmer, mit welchem der HV-Vertrag geschlossen wurde.35 Der Unternehmer darf seinen Anspruch gegen den HV nicht ohne Zustimmung des HV auf Dritte übertragen (§ 613 S. 2 BGB).36 Der Anspruch gegen den HV geht auch im Fall einer Betriebsveräußerung nicht automatisch auf den Erwerber über.37 § 613a BGB findet keine entsprechende Anwendung (Vor § 84 Rn 74). Auch hier kann vereinbart werden, dass der Unternehmer ohne Zustimmung des HV zur Übertragung auf einen Dritten berechtigt ist,38 sofern in der Person dieses Dritten keine Gründe entgegenstehen, jedoch nicht in vom Unternehmer gestellten AGB. F. Dauer der Pflichten

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Grundsätzlich bestehen die Pflichten des HV nur vertragsbegleitend (Grundregel).39 Er kann jedoch vor- und nachvertraglichen Pflichten, insbesondere vor- und nachwirkenden Treupflichten, unterliegen. Zudem kann eine Auslegung oder der Wortlaut einer Bestimmung, etwa § 90 (Geheimnisschutz) oder § 90a (nachvertragliches Wettbewerbsverbot), ergeben, dass sie über den Vertrag hinaus Nachwirkung zeitigt. G. Die einzelnen in § 86 geregelten Pflichten I. Absatz 1: Hauptpflicht: Vermittlungs- oder Abschlusspflicht

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Als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende40 vertragliche Hauptpflicht, die im Zentrum der vom HV geschuldeten Aktivitäten steht,41 schuldet der HV gemäß § 86 Abs. 1, 1. Hs Vermittlung oder bei entsprechender Vollmacht das ständige – nicht nur gelegentliche42 oder gar fehlendes43 – Bemühen (Art. 3 Nr. 2 lit. a RL: „einsetzen“ [deutsch] bzw. „proper efforts“44 [englisch]) um den Abschluss von Geschäften.45 Das ergibt sich nicht erst aus der Stellung als Beauftragter46 sondern aus Abs. 1. Auch § 84 spricht die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften an, jedoch mit anderer Rechtsfolge. In § 84 sind die TB-Voraussetzungen des HV-Vertrages geregelt (Statusfrage), in § 86 Abs. 1 die Hauptpflichten des HV.47

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35 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 9. 36 MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene § 86 Rn 9. 37 BGH NJW 1963, 100 (101); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 10. 38 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14 fordert eine weitere Zustimmung des Vertreters zum Zeitpunkt der Übertragung. 39 OLG Düsseldorf DB 1969, 2077; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 4; MünchKommHGB/ v. Hoyningen/Huene § 86 Rn 11. 40 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 23. 41 BGHZ 30, 98 (102). 42 Hopt § 86 Rn 12; Küstner in: Röhricht/Graf von Westphalen, 2. Aufl., § 86 Rn 5. 43 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 44 Weshalb sich keine Verbindung zum „best endeavours“ nach englischer Rechtsprache ergibt, s. Triebel Englisches Rechtsverständnis bei Auslegung deutscher Unternehmenskaufverträge, in: FS Bengel/ Reimann, S. 367. 45 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 55; Hopt § 86 Rn 12. 46 Diese Stellung betont Hopt § 86 Rn 12. 47 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1.

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Maßgeblich für den Umfang der geschuldeten Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit 13 ist zuvörderst der Vertrag.48 Die Parteien dürfen den Umfang der geschuldeten Leistung bis zur Grenze des Kernbereichs der Selbständigkeit des HV (§ 84 Abs. 1) sowie zu den allgemeinen Grenzen (§§ 134, 138, 307 ff. BGB)49 beschreiben. Regelmäßig exakt umschrieben wird der Umfang der Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit nach vertretenem Produktprogramm wie dem räumlichen Ausdehnungsbereich der Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit. Gesetzestypisch schuldet der HV so viel Tätigkeit, wie es für die ordnungsgemäße 14 Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist,50 inbes. das Auffinden51 und die Werbung von Neukunden, das Entdecken und Nutzen von Marktlücken,52 die Beratung von Kunden53 aber auch die Pflege des Altkundenstammes.54 Er hat sich mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (Abs. 3) um das Hereinholen von Abschlüssen zu bemühen und darf seine Tätigkeit selbst dann nicht einstellen oder auf ein Minimum herabsetzen, falls der Unternehmer sich nicht vertragsgerecht verhält.55 Besitzt der HV Kenntnis von potentiellen Neukunden, etwa aufgrund von Hinweisen des Unternehmers,56 muss er mit ihnen Kontakt aufnehmen, sie für den Abschluss interessieren und endgültig geneigt machen.57 Der HV hat sich im Rahmen seiner Fähigkeiten und Möglichkeiten um angemessene Umsätze zu bemühen,58 schuldet vollen Einsatz, darf nicht untätig bleiben59 und kein Geschäft ohne guten Grund zurückweisen60 (sofern ihm diese Entscheidung überhaupt obliegt, denn regelmäßig trifft sie der Unternehmer). Der HV ist also zum Tätigwerden verpflichtet, nicht nur berechtigt.61 Geringer Umsatz bei Vertragsbeginn allein ist kein Indiz für mangelhaften Einsatz.62 Hingegen ist der HV nicht verpflichtet, so viele Abschlüsse hereinzuholen, wie es ihm bei größter Anstrengung möglich wäre;63 er ist lediglich gehalten, nach den jeweiligen Gegebenheiten sich um angemessene Umsätze zu bemühen.64 Alle Kunden, die überhaupt in Betracht kommen, braucht er nicht zu besuchen. Er kann sich vielmehr auf jene beschränken, bei denen die Vermittlungstätigkeit Aussicht auf Erfolg hat.65 Ein Einfirmenvertreter (§ 92a) hat im typischen Fall sich voll der Vertretung zu widmen. Ob an ihn generell höhere Anforderungen gestellt werden dürfen66 erscheint aber zweifelhaft, wenn dies nicht im Vertrag zum Ausdruck gekommen ist. Ist der HV nicht als Einfirmenvertreter eingestellt worden, muss der Unternehmer es hinnehmen, dass er noch andere Vertretungen übernimmt oder sonstige

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48 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 49 Hopt § 86 Rn 8 f. 50 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 51 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6. 52 OLG Celle BB 1970, 228; Hopt § 86 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. 53 OLG Hamm HVR (70) 432; Hopt § 86 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6. 54 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 23. 55 OLG München BB 1955, 714. 56 Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 28. 57 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 23. 58 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 41; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10. 59 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. 60 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. 61 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. 62 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10. 63 OLG Celle NdsRPfl. 1959, 109 (110); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 10; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. 64 OLG Celle NdsRpfl. 1959, 109. 65 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4. 66 So LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6.

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Erwerbstätigkeiten ausübt. Auch der Mehrfirmenvertreter ist jedoch nicht berechtigt, die Tätigkeit für einen Unternehmer zu Lasten eines anderen zu vernachlässigen. Nie dürfen die Mindestanforderungen an die objektiv nach kaufmännischer Sorgfalt zu verlangende Betreuung der Unternehmerinteressen vernachlässigt werden; es ist Sache des HV, zu beurteilen, welchen Umfang an Aktivitäten er sich aufbürden kann, um allem gerecht zu werden. Eine allgemeine Pflicht des HV, den Unternehmer um Erlaubnis anzugehen, eine weitere Vertretung oder eine sonstige Tätigkeit zu übernehmen, ist jedoch nicht herzuleiten. Der Unternehmer, dem es hierauf ankäme, mag sich Entsprechendes im Vertretervertrag ausbedingen. Im Übrigen richtet sich die Intensität der einzusetzenden Bemühungen nach den Umständen. Der HV hat: – da er allein dem Unternehmer und nicht dem Kunden verpflichtet ist, den Abschluss zu günstigsten Bedingungen zu erreichen,67 selbst wenn sich das auf seine Provision auswirkt – Hinweisen des Unternehmers auf die Möglichkeit zu Geschäftsabschlüssen nachzugehen68 – den Kunden über das gewünschte Geschäft so aufzuklären und zu beraten, wie es dem Geschäftsherrn obliegt,69 dabei aber die Geschäftsförderungspflicht nicht zu vergessen – eine von seinem Vorgänger mglw. sogar überwiegend eingeleitete Vermittlung zu Ende zu führen, selbst wenn er hierfür keine Provision zu beanspruchen hat, weil sie noch dem Vorgänger zufällt (§ 87 Abs. 1 S. 2, Abs. 3) – insbesondere in der Versicherungsvermittlung den Schwerpunkt nicht auf das Hereinholen von Verträgen mit ungünstigen Risiken zu legen, weil diese erfahrungsgemäß leichter zu vermitteln sind – den Kunden umfassend über das Produkt aufzuklären70 – sich der Vermittlung oder des Abschlusses zu enthalten, wenn anderenfalls, etwa durch persönliche Animositäten des Kunden gegen den HV, das Zustandekommen des Geschäfts gefährdet würde71 – bestehende Kundenbeziehungen zu pflegen;72 jedoch sich nicht ausschließlich auf die Pflege solcher bestehenden Beziehungen zu beschränken, sondern in angemessenem Verhältnis zu den Bemühungen, Folgeaufträge von bisherigen Kunden zu erhalten (sie erfordern erfahrungsgemäß einen geringeren Einsatz), zu versuchen auch neue Kunden zu gewinnen. Ein Anreiz hierfür bietet die Anwartschaft auf den entsprechend höheren Ausgleich nach § 89b – branchenübliche Fach- und Verkaufsmessen zu besuchen – Kundenwünsche und Anregungen entgegenzunehmen sowie Hinweisen des Unternehmers auf mögliche Geschäftsabschlüsse nachzugehen – es zu unterlassen, dem Kunden die Auflösung des Vertrages und Schadenersatzansprüche gegen den Unternehmer zu empfehlen73

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67 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 68 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 28. 69 Kieninger AcP 199 (1999), 190; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8. 70 Kieninger AcP 199 (1999), 190; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8. 71 Schröder DB 1958, 44. 72 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 45. 73 OLG Koblenz BB 1973, 866; Hopt § 86 Rn 21.

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bei der Gestaltung seiner Preise Rücksicht zu nehmen, falls sich durch ständige preisüberhöhte Angebote eine Gefährdung des Absatzes der Vertragswaren ergibt.74 Dagegen verpflichtet die Vermittlungs- und Abschlusspflicht den HV nicht 15 die Abwicklung des vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts durchzuführen oder zu begleiten. Deshalb darf der HV ohne wirksame vertragliche Vereinbarung weder mit dem Inkasso,75 der Warenauslieferung, der Gewährleistung oder der Führung von Prozessen aufgrund der ausgeführten Geschäfte belastet werden;76 er muss jedoch ggf. Gewährleistungsforderungen des Kunden aufnehmen und an den Unternehmer weiterleiten tatsächlich feststehendes strafbares Verhalten des Unternehmers oder eines Kunden zu verschweigen77 Angebote des Unternehmers mit eigenen Angeboten zu bündeln, etwa eigene DSL-Anschlüsse mit vermittelten Mobilfunkverträgen78 Lagerhaltung vorzunehmen79 zu prüfen, ob öffentlich-rechtliche Erlaubnisse des Vertragspartners vorhanden sind,80 z.B. der Kraftverkehrsunternehmer die Erlaubnis nach GüKG besitzt81 umfangreiche Vergleichsverhandlungen und Prozessinformationen vorzunehmen82 Werbung i.S. allgemeiner Öffentlichkeitsarbeit oder die allg. Produktwerbung und -pflege sowie Kunden- und Marktpflege zu betreiben.83 Dies ist Aufgabe des Unternehmers.84 Der HV hat sich lediglich um den Abschluss des einzelnen Kundengeschäfts zu bemühen; er schuldet ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung keine Bemühungen, die sich auf die über den einzelnen Abschluss hinausreichende Marktpflege beziehen,85 also etwa keine Marktanalyse.86

1. Räumliche Begrenzung der HV-Tätigkeit. Ist der räumliche Ausdehnungsbe- 16 reich der geschuldeten Vertretertätigkeit bestimmt, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der HV nur Gebiets- oder – ihm stärkere Rechte gebend – Bezirksvertreter ist bzw. ihm sogar Exklusivität zugesichert wurde. Dazu siehe unten, § 86 Rn 48. Bei Vertragshändlern kommt es für die Frage, ob das Geschäft innerhalb des dem Vertragshändler zugewiesenen Gebietes geschlossen wurde, auf den Ort des Vertragsschlusses und nicht den Sitz des Kunden an, ansonsten auf den Sitz des Kunden. Denn die Abschlüsse eines Ver-

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74 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 172. 75 OLG Stuttgart DB 1962, 405; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 76 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 77 OLG Köln VersR 2002, 482. 78 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, BeckRS 2009, 15934. 79 Hopt § 86 Rn 13. 80 Hopt § 86 Rn 13. 81 OLG Hamm BB 1968, 1017; Hopt § 86 Rn 13. 82 OLG Hamburg JW 1936, 2939; Hopt § 86 Rn 13. 83 BGH, Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 130/96, EBE 1997, 290 (292); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9, 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b, 44d; Hopt § 86 Rn 51; Koller/Roth/Morck § 86 Rn 3, 11; Bruck/Möller VVG Vor §§ 43–46 Anm. 224; Herschel/Beine Handbuch zum Recht des Handelsvertreters 1954 S. 44; Rittner DB 1999, 2097 (2099). 84 Hopt § 86 Rn 13. 85 Hopt § 86 Rn 13. 86 Hopt § 86 Rn 13.

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tragshändlers werden meist in seinen Räumlichkeiten getätigt.87 Teilweise wird vertreten, der Unternehmer dürfte das dem Mittler zugewiesene Gebiet eigenmächtig ändern, jedenfalls wenn dies individualvertraglich vorgesehen war.88 Dies ist zweifelhaft, weil hierdurch das Leistungs-Gegenleistungsverhältnis geändert und dem Mittler ein Vertrag aufgedrängt wird, den er so nicht geschlossen hat oder möglicherweise auch nicht geschlossen hätte. Eine derartige Regelung steht einer unzulässigen Teilkündigung gleich und ist daher nur zulässig, wenn das Änderungsrecht zuvor genau beschrieben wurde, nicht zu einer Verschlechterung der Vertragsbedingungen führt, weil das neue Gebiet gleichwertig ist und anderenfalls eine angemessene finanzielle Kompensation gewährt wird. Ansonsten ist der Unternehmer auf die Änderungskündigung zu verweisen. Zu AGB Vor § 84 Rn 55 „Änderungsvorbehalte“. 17

2. Bezirksvertreter. Von dem Bezirksvertreter gemäß § 87 Abs. 2 (§ 87 Rn 90 ff.) darf wegen seiner von einer Kausalität für den Abschluss unabhängigen Vergütung kein geringerer Einsatz erwartet werden.89 Er hat den zugewiesenen Bezirk laufend und in besonderer Weise zu pflegen.90 Er darf91 einen ihm zugewiesenen Bezirk nicht liegen lassen oder auch nur gegenüber anderen Tätigkeiten nachhaltig hintansetzen. Anderenfalls macht er sich aus § 280 BGB dem Unternehmer gegenüber schadensersatzpflichtig; dieser kann bis zur Höhe des Schadens geschuldete Provision zurückhalten.92 Lehnt der HV sogar ab, für die Hereinholung eines in seinem Bezirk zu vergebenden Auftrags tätig zu werden, so verwirkt er den Anspruch auf die Bezirksprovision (§ 87 Abs. 2), wenn der Unternehmer daraufhin unmittelbar abschließt.93

3. Gegenständliche Begrenzung. Den Gegenstand der hereinzuholenden Aufträge bestimmt in erster Linie der HV-Vertrag.94 Meist werden die zu vertretenden Produkte in einer Anlage zum HV-Vertrag definiert. Die Festlegung der Vertragsprodukte ist deshalb wichtig, da ihr Lebenszyklus kürzer als die Laufzeit des Vertragsvertrages sein kann. Hier gibt es mehrere Möglichkeiten: Die am häufigsten gewählte ist die, dass das gesamte Produktprogramm des Unternehmers zum Gegenstand der werbenden Tätigkeit bestimmt wird. 19 Fehlt eine Beschreibung der zu vertreibenden Produkte, so gilt folgendes: Mangels anderweitiger vertraglicher Bestimmung ist der HV berechtigt und verpflichtet, das gesamte Sortiment des Unternehmers zu vertreiben.95 Dann fragt sich, ob hiermit das gegenwärtige oder auch das zukünftige zu verstehen ist, wobei im Zweifel96 letzteres anzunehmen ist, jedenfalls bei Vertragspflicht „zur Betreuung des gesamten Warensortiments“.97 Erweitert oder ändert der Unternehmer sein Programm, so werden damit – wurde nicht klar das Gegenteil vereinbart – neu eingeführte Produkte von der Vermittlungs- bzw. Abschlusspflicht erfasst, vorausgesetzt, die neuen Produkte sind mit dem

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87 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 80. 88 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 82. 89 Hopt § 86 Rn 12. 90 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). 91 OLG Düsseldorf DB 1969, 435. 92 OLG München BB 1975, 714. 93 OLG Hamm NJW 1959, 677. 94 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 9. 95 Hopt § 86 Rn 12; Westphal I Rn 210; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24. 96 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. 97 BGH DB 1981, 1772.

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ursprünglichen Sortiment verwandt.98 Etwas anderes gilt hinsichtlich der für den Mittler branchenfremder Artikel oder solcher, welche er bereits in zulässiger Weise für andere Unternehmen vertreibt.99 Nicht verwandte Produkte, insb. solche einer anderen Branche, braucht und darf der Mittler also nicht zu vertreiben. In das Vertriebsrecht einbezogen sind insbesondere Weiterentwicklungen des ur- 20 sprünglichen Vertragsproduktes100 und dies angeblich auch, wenn der HV solche Produkte schon für einen anderen Unternehmer vertreibt.101 Das OLG Naumburg hat dies als Frage der ergänzenden Vertragsauslegung gesehen: Hat ein Unternehmen durch einen Rahmenvertrag ein zeitlich befristetes Vertriebsrecht für ausdrücklich benannte Typen erlangt und einer nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung zugestimmt, so setzt eine ergänzende Vertragsauslegung hinsichtlich der möglichen Einbeziehung weiterer Typen in technischer Fortentwicklung eine Regelungslücke voraus.102 Mittler oder Unternehmer dürfen die Einbeziehung eines neuen Produktes in den Vertriebsvertrag ablehnen, wenn sie unzumutbar ist. Diese zumindest im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu findende Einschränkung greift aber nicht ein, wenn der Vertrag die Pflicht zum Vertrieb des fraglichen Produktes ausdrücklich vorsieht. Unzumutbarkeit kann etwa vorliegen, falls die Übernahme den Mittler oder den Unternehmer zu einer Vertragsverletzung gegenüber einem Vertragspartner zwingt,103 zudem bei unrealistischen Absatzverpflichtungen und erheblichen Reduzierungen der für den Vertrieb gewährten Gegenleistung.104 In jedem Fall muss der Mittler eine eingetretene Wettbewerbssituation auflösen (hierzu unten Rn 105 ff.). Der HV muss sich nach Ausweitung der Produktpalette ggf. um einen neuen Abnehmerkreis bemühen,105 wobei fehlende Identität der Produkte Indiz für mangelnde Verwandtschaft ist. Zur Übernahme der Vertretung für Artikel anderer Branchen, die der Unternehmer aufnimmt, ist der HV nicht berechtigt oder verpflichtet.106 Er kann hierzu auch durch Weisungen des Unternehmers nicht angehalten werden; der Unternehmer müsste sich schon im HV-Vertrag ausbedungen haben, dass der HV das jeweilige Sortiment zu vertreten habe. Jedoch hat er unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrungspflicht im Rahmen des Angemessenen auch solche Anfragen an den Unternehmer weiterzuleiten, die nicht die von ihm vertretenen Produkte betreffen.107 Die Freistellung durch die GVO 330/10 wird nicht dadurch gehindert, dass neue 21 Produkte automatisch vom Vertriebsrecht erfasst werden. Zwar sieht die GVO 330/10 vor, dass die Freistellung nur für den Vertrieb „bestimmter“ Waren oder Dienstleistungen erteilt wird. Dieses Bestimmtheitskriterium ist auch gewahrt, wenn sämtliche neue Produkte durch den Vertriebsvertrag erfasst werden.108 Im Falle eines ersetzenden Produkts, welches mit einem Ursprungsprodukt voll austauschbar ist, wird die Einbeziehung des Ersatzprodukts ohnehin als hinreichend bestimmt und damit von der GVO 330/10 freigestellt angesehen.109

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98 Westphal I Rn 210; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. 99 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; Hopt § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. 100 Westphal II Rn 369. 101 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a. 102 OLG Naumburg, Urt. v. 18.7.2013 – 2 U 76/13 (Kart), WRP 2013, 1402. 103 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 101. 104 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 101. 105 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 24. 106 Westphal I Rn 210. 107 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5. 108 AA Westphal II Rn 370. 109 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 99.

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Die Vertriebspflicht darf gegenüber dem so beschriebenen dispositiven Recht beschränkt werden, und zwar nach Sortiment und Kundenkreis.110 Das bietet sich an. Denn hinsichtlich der Aufnahme neuer Produkte hat der Hersteller oft ein Interesse daran, erst später zu entscheiden, ob sie in den Vertriebsvertrag einbezogen werden sollen.111 Im Einzelfall kann eine Auslegung ergeben, dass nur branchenspezifische Produkte Vertragsgegenstand sind. Ist ausdrücklich lediglich das gegenwärtige Produktionsprogramm Vertragsgegenstand, so werden neue Produkte nicht ohne separate Vereinbarung Vertragsgegenstand. Den Vertrieb von Altprodukten darf der Unternehmer einstellen, sofern er hierbei 22 nicht willkürlich oder treuwidrig über die Interessen des HV hinweggeht. Für die Fortentwicklung des Programms gilt das Gleiche (Zum Dispositionsrecht des Unternehmers § 86a Rn 73 ff.). 4. Inhalt der Hauptpflichten a) Vermittlungspflicht. Die Betrauung des HV kann zum Inhalt haben, dass Aufträge (nur) vermittelt werden sollen. Dann hat der HV, falls ein neuer Kunde zu gewinnen ist, mit jenem Kontakt aufzunehmen, ihn für den Abschluss zu interessieren und endgültig geneigt zu machen, was normalerweise in der Abgabe eines formellen Vertragsangebots an den Unternehmer seinen Ausdruck findet. Der HV ist verpflichtet, den Abschluss von Geschäften für den Unternehmer zu fördern, d.h. Geschäftsabschlüsse mit Dritten112 vorzubereiten, zu ermöglichen oder herbeizuführen.113 Er muss zum Zwecke des Geschäftsabschlusses auf die potentiellen Kunden einwirken („Zielgerichtetheit“ oder „Finalität“ der Einwirkungshandlung).114 Die Kunden eines zugewiesenen Gebiets oder Bezirks hat der HV, soweit nicht eine 24 andere Art der Kontaktaufnahme tunlich ist oder genügt (auch angesichts moderner Kommunikationsmittel ist meist ein persönlicher Besuch angezeigt), regelmäßig zu besuchen und bei ihnen für den Absatz der Erzeugnisse des Unternehmers zu werben.115 Ein Mehrfirmenvertreter hat im Zweifel, falls die Interessen oder der Wunsch des Kunden nicht etwas anderes gebieten, Folgeaufträge grds. dem Unternehmer zuzuführen, zu welchem der Kunde bereits in vertraglichen Beziehungen gestanden hat.116 Auch den bereits auf andere Weise, z.B. durch öffentliche Ausschreibung,117 über die Möglichkeit des Vertragsschlusses informierten oder infolge Produktwerbung oder Listung daran interessierten Kunden kann der HV auf diese Weise vermitteln.118 Der Vermittlungsvertreter ist berechtigt und verpflichtet, Angebote potentieller Kunden entgegenzunehmen und an den Unternehmer weiterzuleiten.119 Gem. § 91 Abs. 2 ist er – nicht anders als der Abschlussvertreter nach § 55 Abs. 4 – zur Entgegennahme der Anzeige von Mängeln an einer Ware, 23

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110 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 9. 111 Westphal II Rn 369. 112 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 6. 113 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55. 114 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 55 ff.; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 16, 18a. 115 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). 116 LG Lübeck VersR 1950, 182 m. Anm. Bronisch; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 15; Hopt § 86 Rn 24. 117 BGH NJW 1980, 1793. 118 BGHZ 43, 108 (113); BGH NJW-RR 1986, 709 (710); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 84 Rn 18a. 119 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6a.

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die Erklärung, dass eine Ware zur Verfügung gestellt werde sowie ähnlichen Erklärungen, durch die ein Dritter seine Rechte aus mangelhafter Leistung geltend macht oder sich vorbehält, berechtigt und unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrnehmungspflicht auch verpflichtet. Er darf die Rechte auf Sicherung des Beweises geltend machen. Im Übrigen gilt: Zu unterscheiden sind die statusbegründende Vermittlungspflicht des § 84 und die dem HV gegenüber dem Unternehmer obliegenden Vertragspflichten des § 86 (mit der Folge einer möglichen Schlechterfüllung). Da eine Trennung schwierig ist, wird beides zur Vermeidung von Wiederholungen einheitlich bei § 84 Rn 60 ff. besprochen. b) Abschlusspflicht. Über die Vermittlung hinaus kann der HV zum Abschluss von 25 Verträgen bevollmächtigt und verpflichtet sein. Zum Abschlussvertreter sowie zur Abschlusspflicht siehe § 84 Rn 69 ff. c) Vertragliche Vereinbarungen. Der Umfang der Abschlussvollmacht ist gesetz- 26 lich geregelt. Vertragliche Abreden gehen jedoch vor, da der gesetzlich bestimmte Umfang parteidispositiv ist. So können dem HV über den gesetzlichen Umfang hinausgehende Rechte, aber auch interne Beschränkungen, auferlegt werden. Dem HV darf etwa auferlegt werden – nur nach Rückfrage mit dem Unternehmer abzuschließen – nur Geschäfte ab einer oder bis zu einer bestimmten Größenordnung abzuschließen120 – nur Geschäfte einer bestimmten Art abzuschließen121 – mit bestimmten Kunden nicht abzuschließen122 – Weisungen des Unternehmers zu den Abschlüssen zu beachten. Solche Beschränkungen regeln mangels entgegenstehender Abreden sowohl die interne Berechtigung zum Handeln wie den Umfang der Vollmacht im Außenverhältnis, wobei der Schutz Dritter gem. §§ 54, 55 unberührt bleibt. Selbstverständlich können die Parteien zwischen beiden Rechten differenzieren. d) Gesetzliche Regelung aa) Umfang der Vollmacht. Haben die Parteien nur allgemein das Recht des HV 27 zum Abschluss im Namen des Unternehmers bestimmt, ergibt sich der Umfang der Abschlussvollmacht aus §§ 54 und 55. Der Unternehmer wird durch den Abschluss des HV berechtigt und verpflichtet, als hätte er selbst das Geschäft geschlossen.123 Dass der Unternehmer und nicht der HV im Wege eines Eigengeschäftes verpflichtet werden soll, ergibt sich meist schon aus der HV-Tätigkeit des HV (typischerweise Drittgerichtetheit seiner Tätigkeit).124 § 91 Abs. 1 stellt klar, dass § 55 auch eingreift, wenn der Unternehmer kein Kaufmann ist. § 91 Abs. 2 regelt den Fall des Vollmachtsmissbrauchs durch den HV. Gemäß § 54 erstreckt sich die Abschlussvollmacht auf alle Geschäfte und Rechtshand- 28 lungen, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt. Hierzu gehören beim HV die zum Geschäftsab-

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a, b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13b. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 8, 8a. LG Flensburg, Urt. v. 15.2.2011 – 1 S 8/11, BeckRS 2011, 13526.

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schluss führenden Verhandlungen, die Abgabe der nötigen Willenserklärungen und die Entgegennahme und Abgabe vertragsbegleitender Willenserklärungen, auch Mahnungen, Fristsetzungen und Entgegennahme von Mängelrügen.125 Nach § 54 Abs. 2 ist der Abschlussvertreter zur Veräußerung oder Belastung von 29 Grundstücken, zur Eingehung von Wechselverbindlichkeiten, zur Aufnahme von Darlehen und zur Prozessführung grundsätzlich nicht ermächtigt. Gemäß § 55 Abs. 1 u. 2 ist der HV insbesondere nicht bevollmächtigt, abgeschlossene Verträge zu ändern und Zahlungsfristen zu gewähren. Zahlungen darf der Vertreter gem. § 55 Abs. 3 nur annehmen, wenn er hierzu ausdrücklich bevollmächtigt wurde. § 55 Abs. 4 spezifiziert, welche der in § 54 Abs. 1 genannten Geschäfte und Rechtshandlungen von der Vollmacht eines Vertreters umfasst sind. Danach gilt der HV als ermächtigt, die Anzeige von Mängeln einer Ware, die Erklärung, dass eine Ware zur Verfügung gestellt werde sowie ähnliche Erklärungen, durch die ein Dritter seine Rechte aus mangelhafter Leistung geltend macht oder sie vorbehält, entgegen zu nehmen. Zudem darf der HV die dem Unternehmer zustehenden Rechte auf Sicherung des Beweises geltend machen. Diese Beweissicherungsrechte umfassen sowohl gerichtliche als auch außergerichtliche Rechtshandlungen, insb. fällt hierunter das selbständige Beweisverfahren der §§ 485 ff. ZPO und die Einholung von Sachverständigengutachten.126 30 Der Unternehmer ist berechtigt, die Abschlussvollmacht über diese im Gesetz genannten Fälle hinaus zu beschränken.127 Die Beschränkungen verpflichten den HV bei Überschreitung nur zum Schadensersatz gegenüber dem Unternehmer. Das gilt namentlich für den Abschluss unter Vorbehalt der Aufgabe des Dritten:128 der im Namen des Unternehmers getätigte Abschluss bindet diesen; zu einer solchen Handhabung ist der HV im Innenverhältnis aber nur befugt, falls ihm das besonders gestattet ist. Ein Dritter muss die Beschränkungen nur gegen sich gelten lassen, wenn er sie kannte oder kennen musste (§ 91 Abs. 2 S. 2). Das Kennen oder Kennenmüssen bestimmter Umstände durch den HV wird dem Unternehmer gem. § 166 BGB zugerechnet.129 31 Die Abschlussvollmacht kann jederzeit widerrufen130 oder durch Weisungen beschränkt131 werden, sofern sich aus dem Vertretervertrag nichts anderes ergibt (§ 168 Abs. 2 BGB). Wann sich aus der Mittlervertrag „etwas anderes“ i.S.d. § 168 Abs. 2 BGB ergibt, ist ungeklärt. Ein Ausschluss der Widerruflichkeit soll anzunehmen sein, falls die Bevollmächtigung auch den Interessen des Mittlers dient.132 Die Bestellung als Abschlussvertreter dient oft auch den Interessen des Mittlers. Denn ihm soll das Werben für den Unternehmer und damit der Provisionsverdienst erleichtert werden. Das Merkmal ist also kaum ergiebig. Richtigerweise ist das Ganze eine Frage der Vertragsauslegung: Wurde dem HV – ggf. konkludent – in dem Vertrag zugesagt, er dürfe als Abschlussvertreter tätig werden, hat er grundsätzlich ein Recht auf Beibehalt der Vollmacht und auf eine solche Tätigkeit. Das gleiche gilt dann, wenn eine solche Vollmacht üblich ist (Beispiel: Tankstellenvertreter). Ein isolierter Widerruf der Vollmacht wäre unzulässig und unwirksam (pacta sunt servanda). Der Vertreter braucht also nicht erst den Unternehmer auf Wiedererteilung der Vollmacht in Anspruch zu nehmen und gem. § 894 ZPO zu vollstrecken, wobei ihm jedoch jederzeit das Recht einer Feststellungsklage offen steht. Will

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Westphal I Rn 69. Ebenroth/Weber, 2. Aufl., § 55 Rn 16. Westphal I Rn 74. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 11. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 8. Westphal I Rn 75. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a ff. Palandt/Heinrichs § 168 Rn 6.

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der Unternehmer in solchen Fällen die Vollmacht des HV beseitigen, muss er den Vertretervertrag kündigen, bei Bestehen eines wichtigen Grundes i.S.d. § 89a ggf. außerordentlich. Deshalb ist äußerste Vorsicht bei der Erteilung von Abschlussvollmachten angebracht. Der Unternehmer sollte sich darauf beschränken, die Vollmachtserteilung außerhalb des Vertrages vorzunehmen. Nur aus wichtigem Grund kann die vertraglich versprochene Vollmacht widerrufen 32 werden.133 Obwohl Teilkündigungen problematisch sind134 (hierzu unten), können es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Treupflicht gebieten, dass der Unternehmer allein die Vollmacht widerruft (= „Teilkündigung“) und nicht den gesamten Vertrag kündigt.135 Dazu hat er bei Bestehen eines wichtigen Grundes ein Recht. A maiore ad minus darf der Unternehmer sich auf die Kündigung der Vollmacht beschränken, falls der wichtige Grund so erheblich wäre, dass der gesamte Vertrag außerordentlich gekündigt werden könnte. Besitzt der HV Inkassovollmacht und soll er berechtigt sein, sich wegen seiner Provisionen durch Einbehaltung aus den eingezogenen Geldern zu befriedigen, darf ohne zwingenden Grund diese Vollmacht nicht einseitig widerrufen werden.136 Etwas schwieriger zu beantworten ist die Frage des Weisungsrechts. Vertragskon- 33 kretisierende Weisungen sind bereits nach allgemeinen Grundsätzen zulässig. Aber sofern der Unternehmer bei eigener Willenserklärung über Annahme oder Nichtannahme eines Geschäftes entscheiden kann, darf nichts anders gelten, wenn er einen Abschlussvertreter bestellt hat. Er darf den HV anweisen, ein bestimmtes oder eine Gruppe von Geschäften zu unterlassen. Die Vollmacht bleibt bestehen, der Umfang der Ausübung wird jedoch mittels Weisung konkretisiert. Dieses Weisungsrecht geht soweit, wie der Unternehmer über Annahme und Ablehnung des durch einen Vermittlungsvertreter vermittelten Geschäfts entscheiden darf. Werden die Geschäfte des Abschlussvertreters hierdurch unbillig behindert, darf er ausgleichserhaltend gem. § 89b Abs. 3 kündigen. bb) Vollmacht des Versicherungsvertreters. Die Vollmacht des Versicherungsver- 34 treters regeln die §§ 69 bis 73 VVG. Versicherungsvertreter ist, wer mit Wissen und Willen des Versicherers einen Versicherungsvertrag vermittelt oder abschließt.137 Einzelheiten § 92 Rn 30 ff. cc) Vollmachtsmissbrauch. Schließt der HV ohne Abschlussvollmacht Geschäfte 35 oder überschreitet er den Umfang der Vollmacht, liegt ein Vollmachtsmissbrauch vor. Hierfür gelten die allgemeinen, aus den §§ 138, 242, 177 ff. BGB hergeleiteten Regeln.138 Näheres § 91a Rn 31 ff. § 91a trifft eine Sonderregelung der Missbrauchsfolgen im HVRecht.139 Siehe hierzu die Kommentierung zu § 91a. dd) Beweislast. Zur Beweislast für die Vertretungsmacht des HV § 91a Rn 40.

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BGH WM 1969, 1009; 1985, 646; Palandt/Heinrichs § 168 Rn 6. Siehe etwa OLG Köln NJW-RR 2002, 602 (603); großzügig Kießling/Becker WM 2002, 578 ff. Angedeutet auch von Kießling/Becker WM 2002, 578 ff. OLG Celle DB 1961, 369. Kollhosser in: Prölss/Martin, § 43 Anm. 1; Westphal I Rn 83. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6d. Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 17 Rn 55, § 18 Rn 40.

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II. Nebenpflichten 1. Herausgabepflicht. Gemäß §§ 675, 667,140 812 BGB muss der HV alles, was er im Rahmen des Vertrages, auch von dritter Seite,141 erhalten hat unverzüglich nach Erledigung der Geschäftsbesorgung an den Unternehmer herausgeben142 und ggf. hierüber abrechnen (s.u., Rn 178 f.). Nicht anlässlich des Vertrages Gewährtes braucht der HV nicht herauszugeben. Soweit das Eigentum an den Gegenständen bei dem Unternehmer verbleibt, wie im Zweifel bei Mustern, konkurriert der Anspruch mit dem aus § 985 BGB. Während der vertraglichen Nutzungszeit – im Zweifel die Vertragslaufzeit143 – besteht ein Recht zum Besitz nach § 986 BGB. Zur Ausführung des Auftrags empfangen hat der HV zum einen das, was ihm der Unternehmer nach § 86a ausgehändigt hat, zum anderen aber auch von Dritten, etwa Kunden, Erhaltenes.144 Herauszugeben sind sowohl Gegenstände wie Rechtspositionen. Hinsichtlich der vom HV herauszugebenden Unterlagen besteht eine Rücknahmepflicht des Geschäftsherrn.145 Soweit an den Unternehmer herauszugebende Geschäftsunterlagen nicht nach § 90 geschützt sind, darf der HV vor der Herausgabe Kopien fertigen, jene jedoch nicht an Dritte weitergeben,146 wohl auch nicht an seinen Rechtsnachfolger.147 § 90 betrifft das Verwertungsrecht, die Herausgabepflicht die Verpflichtung zur Übergabe an den Unternehmer.148 Im Insolvenzverfahren sind vor Eröffnung des Verfahrens begründete Herausgabeansprüche einfache Insolvenzforderungen.149 Herauszugeben sind: 38 – Bestellschreiben150 – Bestechungsgelder, deren Entgegennahme dem HV ungeachtet der Herausgabepflicht auf Grund seiner Loyalitätspflicht nicht gestattet ist.151 Ist das aber geschehen, so hat er sie dem Unternehmer abzuliefern und ist über den Tatbestand rechenschaftspflichtig. Das Gleiche gilt für andere von Dritte zugewandte Leistungen.152 – Elektronische Dateien,153 etwa mit herausgabepflichtigen Informationen. Die Speicherung geschieht im Interesse des Unternehmers. Selbst wenn sie im (auch) Interesse des HV erfolgt, muss er sie herausgeben154 – Geschäftswagen155 37

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140 LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Genzow in: Ensthaler, § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 141 BGH NJW 2003, 743; OLG Stuttgart DB 1962, 405; Hopt § 86 Rn 17. 142 OLG Celle OLGZ 1970, 6, 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 143 Vgl. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 87. 144 Hopt § 86 Rn 17. 145 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 43. 146 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 43. 147 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 43. 148 Hopt § 86 Rn 17. 149 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 86. 150 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40. 151 RGZ 146, 205; 164, 98; LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37. 152 LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560. 153 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 515; Palandt/Sprau § 667 Rn 3. 154 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 515. 155 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50.

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Kassierte Gelder oder Prämien156 Kopien des Schriftwechsels mit Kunden, insbesondere über angebahnte Geschäfte Kundenanschriften und -listen,157 wohl auch vom HV selbst festgehaltene (vgl. § 90 Rn 11), soweit deren Inhalt dem Unternehmer nicht aufgrund der Mitteilungspflicht des HV bereits bekannt ist158 (sonst Erfüllungseinwand) Kreditkartengebühren, die der HV weisungswidrig erhoben hat159 Die vom Unternehmer übergebene Kundenkartei160 oder vom Unternehmer übergebene Bücher161 Muster,162 Zeichnungen,163 Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen.164 Die Rechtsverhältnisse an Musterkollektionen und Musterlagern, wie sie insbesondere Exportvertreter unterhalten, werden in der Regel vertraglich geregelt. Im Zweifel gelten folgende Grundsätze: Das Eigentum an den Mustergegenständen bleibt beim Unternehmer; zur Verfügung über sie oder zum Selbstverbrauch165 ist der HV nicht befugt. Den HV trifft jedoch eine mit kaufmännischer Sorgfalt zu erfüllende Verwahrungspflicht; sie umfasst auch die Pflicht des HV, das Kopieren der Muster durch Dritte tunlichst zu verhindern. Nach Handelsbrauch beurteilt es sich, ob und gegen welche Gefahren der HV zur Versicherung der Muster verpflichtet ist; im Übrigen finden die Grundsätze der §§ 388, 390 analoge Anwendung. Die Unterhaltung der Musterlager dient sowohl den Interessen des HV wie jenen des Unternehmers. Die Unterhaltungskosten sind daher nicht ohne weiteres als Aufwendungen im Interesse des Unternehmers anzusehen. Ob sie im Hinblick auf § 87d dem HV zu erstatten sind, beurteilt sich nach Handelsbrauch; grundsätzlich nicht anwendbar ist § 354. Es besteht auch keine aus Handelsübung entspringende Verpflichtung des HV, die Musterkollektionen bei Beendigung der Saison käuflich zu übernehmen. Für Auslieferungslager gelten diese Grundsätze entsprechend. Mit Wert und Gefahr steigen die Anforderungen an die erforderliche Sorgfalt166 Proben mangelhafter Lieferungen, die der HV bei Entgegennahme einer Mängelrüge nach §§ 55 Abs. 4, 91 Abs. 2 vom Kunden mit ausgehändigt erhalten hat Protokolle über ein von ihm beantragtes Beweissicherungsverfahren, die dem HV vom Gericht zugestellt worden sind Schriftsätze aus Gerichtsverfahren, auch Beweissicherungsverfahren,167 die für den Unternehmer bestimmt sind168 (Schriftsätze, bei denen der Vertreter selbst Partei

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156 OLG Stuttgart DB 1962, 405; Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 40; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 157 BGH, Urt. v. 26.2.2009 – I ZR 28/06, BeckRS 2009, 09800 = DB 2009, 839 = WRP 2009, 613; vgl. BGH, Urt. v. 10.5.1995 – VIII ZR 144/94, ZIP 1995, 1260; v. 28.1.1993 – I ZR 294/90, ZIP 1993, 703 mit krit. Anm. Oellers EWiR 1993, 421; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 86 Rn 17 (Kundenlisten müssen nur zugänglich gemacht, aber nicht herausgegeben werden). 158 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 159 OLG Düsseldorf WM 1992, 913 (915); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55. 160 BGH EBE 1999, 204 (206); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 161 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 162 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 163 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 164 Thume BB 1995, 1913 (1916); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 165 LAG Düsseldorf DB 1960, 813. 166 BGH WM 1993, 1596; Hopt § 86 Rn 44. 167 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. 168 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56.

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ist, brauchen nicht herausgegeben zu werden, ggf. besteht ein Informationsrecht des Unternehmers aus § 242 BGB) Ursprungszeugnisse von Waren verbotswidrig angefertigte Kopien von Geschäftsunterlagen des Unternehmers169 Vertragsformulare170 Vorführgeräte171 Waren172 Warenproben,173 insbes. beim Einkaufsvertreter Wechsel und Schecks, die erfüllungshalber übergeben wurden.174 Ohne besondere Umstände nicht herauszugeben sind: Die eigene kaufmännische Buchführung des HV.175 Es ist also immer objektiv zu prüfen, ob der HV die Dokumente für die eigene Buchführung benötigt.176 Ist das der Fall, besteht ggf. ein Informationsanspruch des Unternehmers aus § 242 BGB über deren Inhalt und ggf. Ablichtungen177 Ein Auftragskontrollbuch, solange der HV dies noch zur Kontrolle der Abrechnungen benötigt178 Schriftwechsel mit dem Unternehmer. Dieser muss dem Unternehmer bekannt sein179 (nur ausnahmsweise Herausgabeanspruch aus § 242 BGB). Der Unternehmer muss von ihm empfangene Schreiben selbst dokumentieren und bedarf keiner Information durch den HV. Originale des Schriftwechsels mit den Kunden oder zwischen HV.180 Sofern diese dem Unternehmer bekannt sind, versteht sich das von selbst (mangelndes Informationsinteresse).181 Der HV schuldet insoweit gem. § 242 BGB nur Information, wenn der Unternehmer entschuldbar über den Inhalt eines Rechts im Unklaren ist und der HV die Auskunft unschwer geben kann, etwa durch Übersendung von Kopien oder auf andere Weise geben kann.182 Die Herausgabepflicht fehlt insb. bei Dokumenten, welche der HV als selbständiger Unternehmer als Teil der eigenen Geschäftskorrespondenz aufbewahren muss (gg. Übermittlung von Kopien). Kleinere Gelegenheitsgeschenke der Kunden, welche bestimmungsgemäß für den HV gedacht waren183 und die objektiv die Willensentschließung des HV nicht beeinflussen können, deren Annahme gegenüber dem Unternehmer also nicht treuwidrig erfolgt184

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169 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 170 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 171 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 49. 172 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 173 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 49. 174 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. 175 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. 176 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. 177 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. 178 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 512. 179 RGZ 103, 393; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 180 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 181 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; aA (immer Herausgabepflicht) Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 35. 182 OLG Hamm VersR 2001, 1154; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37b. 183 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37. 184 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37.

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Provisionen, die der HV infolge einer verbotswidrigen Tätigkeit von einem Wettbewerber des Unternehmers eingenommen hat (Rn 132). Sie wurden nicht im Rahmen des HV-Vertrages gewährt Miles & More-Gutschriften oder Vorteile aus Bonusprogrammen, soweit der HV die den Vorteilen zugrunde liegenden Kosten selbst getragen hat.185

Um herauszugeben, muss der HV das Herauszugebende tatsächlich erlangt haben.186 40 Was der HV pflichtwidrig nicht erlangt hat, kann nicht herausverlangt werden.187 Möglicherweise ist aber Schadenersatz geschuldet.188 Zu welchem Zeitpunkt die Herausgabepflicht zu erfüllen ist, bestimmt sich nach 41 der Art des Erhaltenen. War es für die gesamte Vertragslaufzeit bestimmt (wovon im Zweifel auszugehen ist,189 insbesondere, wenn die Sachen für eine Vielzahl von Geschäften vorgesehen waren),190 etwa überlassene Muster191 oder Preislisten,192 ist es erst nach Vertragsende herauszugeben.193 War es nur für den einzelnen Abschluss oder eine einzelne Vermittlung bzw. eine begrenzte Zeit bestimmt, ist es nach deren Ende herauszugeben,194 Preislisten ggf. auch nach Ablauf ihrer Geltungsdauer. Ist etwas von Dritten zur Weiterleitung an den Unternehmer erlangt worden, hat der HV es im Regelfall unverzüglich weiterzugeben.195 Das gleiche gilt, wenn der HV etwas überhaupt nicht hätte erhalten dürfen,196 etwa Schmiergelder.197 Das Recht zur Überlassung steht nicht unter der auflösenden Bedingung der Kenntnis des Unternehmers von der Eröffnung des InsV.198 Eingenommene Gelder sind, wenn der HV nicht regelmäßig derartige Gelder einnimmt, unverzüglich nach der Einnahme,199 ansonsten in regelmäßigen, zeitnahen Abständen200 abzuführen, sofern (ggf. konkludent) nichts Abweichendes vereinbart war. Der HV braucht aber Inkassobeträge nicht vorzufinanzieren, entsprechende Abreden wären nach § 307 BGB unwirksam.201 So brauchen mit dem Inkasso beauftragte HV, die ständig kleinere Summen entgegennehmen, jene wegen der anfallenden Kosten und des Arbeitsaufwands im Zweifel nicht kurzfristig, gar täglich, sondern nur in periodischen Abständen an den Unternehmer abzuführen, es sei denn, der Unternehmer erstattet die anfallenden Mehrkosten202 und es gibt gute Gründe für den entstehenden Arbeitsaufwand. Bis zur Herausgabe sind die eingenommenen Gelder getrennt von anderen Geldern aufzubewahren.203 Sofern vertraglich nicht ausgeschlossen, darf der HV mit eigenen Forderungen aufrechnen oder wegen sol-

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185 Die zu Arbeitnehmern ergangene Entscheidung BAG, Urt. v. 11.4.2006 – 9 AZR 500/05, MDR 2007, 161 ist nicht übertragbar, weil der HV die Kosten der Reisen regelmäßig selbst trägt – siehe § 87d. 186 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37a. 187 RGZ 55, 330; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37a. 188 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37a. 189 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 87. 190 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36. 191 Hopt § 86 Rn 17. 192 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36. 193 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36. 194 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 36, 37. 195 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. 196 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40. 197 Hopt § 86 Rn 17, 23. 198 AA Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 88. 199 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a. 200 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. 201 Hopt § 86 Rn 17. 202 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 41. 203 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40.

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cher zurückhalten,204 falls nicht ausnahmsweise nach § 242 BGB der Unternehmer mit der sofortigen vollständigen Abführung rechnen durfte.205 Bei Existenz einer Inkassobefugnis wird der HV regelmäßig berechtigt sein, von den eingezogenen Geldern seine hierauf entfallenden Provisionsanteile einzubehalten und mit seinen fälligen Ansprüchen aus dem HV-Vertrag aufzurechnen, wenn nicht diese Rechte des HV im Einzelfall abbedungen sind.206 Dabei kommt es aber auf die Vertragsauslegung im Einzelfall an. 42 Da der HV alle vorgenannten Unterlagen nach Beendigung des HV-Vertrags herauszugeben hat, beinhaltet das eine Herausgabe in einem Zustand, der einer sorgfältigen Behandlung in der Zwischenzeit entspricht. Maßgebend ist wieder die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns. Werden die herauszugebenden Sachen beschädigt oder die Rückgabe unmöglich, so besteht eine Haftung des HV gem. § 280 BGB. Da der Verlust oder die Beschädigung aus der Sphäre des HV resultiert, muss er darlegen, welchen Grund es für den Verlust gab. Kann er keinen Grund darlegen, der fehlende Fahrlässigkeit plausibel erscheinen lässt, ist diese zu Lasten des HV indiziert.207 Sofern die Gegenstände nicht zum Verkauf vorgesehen waren, valutiert der Schaden nicht in Höhe ihres Verkaufswertes sondern in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises.208 Wird Herausgabe vereinnahmter Gelder gefordert, soll dem Unternehmer bei Kassenfehlbeständen kein Mitverschulden (§ 254 BGB) entgegengehalten werden können.209 Die Herausgabe erfolgt am Geschäftssitz des HV (Erfüllungsort).210 Die Kosten der reinen Herausgabe bis zur Tür seines Geschäftssitzes dürfte regelmäßig der HV zu tragen haben, die Kosten der Abholung und des Transports hingegen der Unternehmer. 43

2. Interessenwahrnehmungspflicht. Bei der Vermittlungs- und der Abschlusstätigkeit macht sich die Pflicht des HV, die Interessen des Unternehmers gebührend zu wahren, in herausgehobenem Maße geltend. Sie wird deshalb in diesem Zusammenhang auch eigens von HGB (Abs. 1 Hs. 2) und RL (Art. 3 Abs. 1 Alt. 1, s.o.) genannt, ist für den HV-Vertrag wesensbestimmend und in ihrem Kernbereich zwingend.211 Aus ihr hat die Rspr. durch Fallgruppenbildung Unterpflichten abgeleitet, u.a. das Konkurrenzvertretungsverbot, die Bonitätsprüfungspflicht und die Verschwiegenheitspflicht. Schon der Wortlaut des § 86 Abs. 1 ergibt, dass es sich bei der Interessenwahrungspflicht um eine Nebenpflicht handelt. Gleichwohl ist sie eine der bedeutendsten Pflichten des HV überhaupt und zugleich seine wichtigste Nebenpflicht.

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a) Persönlicher Anwendungsbereich. Die Interessenwahrungspflicht trifft ausschließlich den Mittler (s.o.). Dem Unternehmer obliegt eine (regelmäßig schwächere) Treupflicht (Art. 4 Abs. 1 RL), nicht jedoch die Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 HGB, Art. 3 Abs. 1 RL. Grund ist, dass der zur Geschäftsbesorgung Verpflichtete stärkere Treupflichten innehat als derjenige, der nur Geld (Provision) schuldet. Die Interessenwahrungspflicht obliegt auch dem wie ein HV in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Vertriebsmittler, etwa dem Franchisenehmer und Vertragshändler.

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204 AA Hopt § 86 Rn 17. 205 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40; aA OLG Hamm NJW-RR 1994, 158. Grund: treuhänderische Verwahrung. Aber Geld gegen Geld darf immer aufgerechnet werden (Gleichwertigkeit). 206 So Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 40. 207 Ähnlich LG Darmstadt HVR Nr. 8; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 19. 208 LG Darmstadt HVR Nr. 8, Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 19. 209 OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 12 U 127/01, WM 2006, 1452 (1455). 210 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 25. 211 BGHZ 97, 326; 112, 222; OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012 – 9 U 218/11, VersR 2012, 1035 (1037); Hopt § 86 Rn 20.

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Hat sie in vertraglichen Bestimmungen solcher Verträge Niederschlag und Konkretisierung gefunden, ist sie – obwohl grundsätzlich Rechtsfolge und nicht TB-Voraussetzung – neben der vertraglich vorgeschriebenen Vertriebspflicht geradezu Indikator der Analogie. aa) Ein- und Mehrfirmenvertreter. Auch als Mehrfirmenvertreter schuldet der 45 HV jedem seiner Unternehmer Interessenwahrung und damit dieselbe Loyalität wie der Einfirmenvertreter.212 Allerdings darf der Unternehmer von einem Mehrfirmen-HV naturgemäß nicht den gleichen zeitlichen Einsatz wie von einem Einfirmenvertreter erwarten, ggf. ist jedoch eine dahingehende (konkludente) Abrede denkbar. Interessenkollisionen sind möglich,213 aber nach dem Veranlasserprinzip aufzulösen. In jedem Fall muss auch der Mehrfirmen-HV den übernommenen Pflichten gerecht werden.214 Vor- und Nachteile der möglw. konkurrierenden Ware muss er gegenüber dem Kunden jedoch wahrheitsgemäß darstellen.215 bb) Interessenwahrungspflicht zwischen Haupt- und Untervertreter. Der echte 46 Untervertreter ist in erster Linie zur Wahrung der Interessen des Hauptvertreters verpflichtet.216 Deswegen soll er während des bestehenden Vertragsverhältnisses zu dem Hauptvertreter nicht hinter dessen Rücken Absprachen mit dem Unternehmer zur Übernahme der Handelsvertretung des Hauptvertreters treffen dürfen, jedenfalls solange jener noch ungekündigt ist und der Vertrag auch nicht infolge Befristung ausläuft.217 Das kann zweifelhaft sein, weil auch das HV-Recht Verträgen keine Statusgarantie gibt und der Untervertreter die Möglichkeit haben muss, rechtssichere Anschlussverträge zu zeichnen. Unmittelbare Pflichten gegenüber dem Unternehmer, mit welchem er nicht in vertraglichen Beziehungen steht, treffen den echten Untervertreter nicht.218 Im Zweifel liegt es jedoch im Interesse des Hauptvertreters, dass der Untervertreter auch die Interessen des Unternehmers, für welchen der Hauptvertreter tätig ist, wahrnimmt.219 Eine Verletzung der Pflichten oder der Interessenwahrungspflicht des HV gegenüber seinem Untervertreter und vice versa kann zugleich pflichtwidrig gegenüber dem Unternehmer sein, wenn hierfür ein sachlicher Grund fehlt und der Unternehmer geschädigt wird.220 b) Zeitlicher Anwendungsbereich und vorvertragliche Treupflichten. Gem. § 86 47 Abs. 1 Hs. 2 hat der HV „bei“ der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen. Jedoch ist die Interessenwahrnehmungspflicht nicht nur bei oder bis zur Ausführung der Hauptpflichten sondern in jeder Situation wahrzunehmen221 (s. Art. 3 Abs. 1 RL), etwa auch während der Geschäftsabwicklung.222 Es handelt sich um eine beispielhafte Hervorhebung.

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212 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 9; Hopt § 86 Rn 24. 213 Hopt § 86 Rn 24. 214 BGH, Urt. v. 27.2.1981 – I ZR 39/79, DB 1981, 1772. 215 BGH, Urt. v. 27.2.1976, NJW 1979, 2491; Hopt § 86 Rn 24. 216 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46. 217 BGHZ 42, 59 mit abl. Bespr. v. Brunn DB 1964, 1841; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54. 218 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46. 219 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 46. 220 BGH WM 1992, 2026; Hopt § 86 Rn 25. 221 OLG Koblenz BB 1973, 866; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 54; Hopt § 86 Rn 20; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 1; Hopt § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 31. 222 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 31.

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Die Interessenwahrungspflicht besteht vertragsbegleitend. Sie beginnt mit Vertragsbeginn (nicht Vertragsabschluss) und endet mit Vertragsende.223 Vor Vertragsbeginn und nach Vertragsende224 treffen die Parteien (meist schwächere) Treupflichten aus der Aufnahme von Vertragsverhandlungen (§§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB) sowie ebenfalls schwächere nachvertragliche Treupflichten,225 möglicherweise auch gesondert im Vertrag niedergelegte Pflichten, die Verschwiegenheitspflicht des § 90 bzw. ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot, nicht jedoch die vertragsbegleitende Interessenwahrungspflicht.

aa) Vorvertragliche Treupflichten. Die von der Interessenwahrungspflicht zu separierende vorvertragliche Treupflicht verpflichtet den HV bereits vor Vertragsschluss zur Loyalität gegenüber dem Unternehmer, sofern durch die Verhandlungen Schutzpflichten erwartet werden dürfen. Sie beginnt spätestens mit Aufnahme ernsthafter Vertragsverhandlungen.226 Bei Scheitern der Verhandlungen besteht eine Verschwiegenheitspflicht analog § 90 in Bezug auf die dem HV anlässlich der Vertragsverhandlungen bekannt gewordenen und anvertrauten Geheimnisse.227 Insbesondere muss der HV – alles unterlassen, was den vorgesehenen Vertragszweck vereiteln oder erschweren könnte – über vorvertraglich mitgeteilte Vertragsgeheimnisse Vertraulichkeit bewahren228 – Den Unternehmer vor Vertragsschluss vollständig über alle wesentlichen, auch persönlichen Umstände unterrichten, die bei objektiver Würdigung aus der Sicht des Unternehmers für dessen Entscheidung zum Abschluss des HV-Vertrags von Bedeutung sein können,229 z.B. über solche, die der Vertragsdurchführung entgegenstehen könnten.230 Vorvertragliche Aufklärungspflichten können daher, je nach der Natur des HV-Vertrages bestehen über – Verschuldung231 – Stellung im Kundenkreis232 – Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung233 – Mangelnde oder bestehende Kenntnisse und Fähigkeiten234 – Konkurrenzvertretungen235 – die Absicht, die HV-Tätigkeit alsbald aufzugeben – Vorstrafen wohl aber nicht über: 50 – Vertragsverhandlungen mit Wettbewerbern,236 es sei denn, der Unternehmer äußert Vertrauliches und würde dies in Kenntnis möglicher Wettbewerbstätigkeit nicht tun.

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223 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 10; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 11. 224 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 10. 225 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3; Hopt § 86 Rn 20, 45. 226 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3. 227 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 12. 228 Hopt § 86 Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 12. 229 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. 230 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3. 231 OLG Nürnberg BB 1960, 956; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3. 232 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. 233 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3. 234 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3. 235 Hohn DB 1971, 94 (96); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30. 236 AA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a.

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bb) Nachvertragliche Treupflichten. Die nachvertragliche Treupflicht fordert etwa 51 nichts zu unternehmen was den Vertragszweck, insbesondere den vertraglich vorausgesetzten Erfolg oder den Bestand der vermittelten Geschäfte vereiteln oder erschweren könnte,237 selbst wenn der Unternehmer dem HV die Provision vorenthält238 anfragende Kunden auf das Ende des HV-Vertrages hinzuweisen.239 Sie fordert nicht nach Vertragsende das Abwerben von Kunden oder die nachvertragliche Tätigkeit für einen Wettbewerber zu unterlassen,240 soweit diese Tätigkeit nicht wettbewerbswidrig erfolgt. Denn dem HV obliegt ohne gesonderte Vereinbarung kein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (arg. e § 90a).

c) Inhalt der Interessenwahrungspflicht. Die Interessenwahrungspflicht ist wei- 52 tergehend als die bloße Treupflicht, die bei einem HV-Vertrag – über das in § 241 Abs. 2 BGB Geregelte hinaus – beide Parteien zur Rücksichtnahme auf die Interessen des anderen Vertragspartners verpflichtet. Gleichzeitig begründet sie eine Vermögensbetreuungspflicht i.S.d. § 266 StGB,241 nicht aber bei bloßen Vertragswidrigkeiten,242 vor allem beim Abschlussvertreter. Die Treupflichten obliegen beiden Vertragspartnern, die Interessenwahrungspflicht dagegen nur dem HV. Dies ist auch sachgerecht. Die vertragstypische Leistung erbringt der HV, nämlich die Vermittlungs- und Abschlusspflicht. Hierbei sind die Schädigungsmöglichkeiten gegenüber dem Unternehmer größer als reziprok, weil der HV den Unternehmer nach außen repräsentiert, während sich die Verpflichtung des Unternehmers zuvörderst auf die Zahlung von Geld beschränkt. Dass es gleichwohl einen großen Anwendungsbereich für die Treupflicht des Unternehmers gegenüber dem HV gibt, ist allerdings unbestritten. Der HV ist infolge der Interessenwahrungspflicht zur umfassenden Wahrnehmung 53 der Belange des Unternehmers verpflichtet, wobei er auch außervertraglich den Unternehmer nicht schädigen darf.243 Er muss alles tun, was im Interesse des Prinzipals erforderlich ist und alles unterlassen, was dessen Interessen widerspricht oder wider-

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237 OLG Köln MDR 1967, 1026; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 10; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 86 Rn 11. 238 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 10. 239 LG Düsseldorf WRP 1969, 462 (463); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 10; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 11. 240 BGH, Urt. v. 19.11.1970 – VII ZR 47/69, BGHZ 55, 45 (57, 58) = NJW 1971, 462; v. 28.1.1993 – I ZR 294/90, ZIP 1993, 703 (704); BGH, Urt. v. 14.1.1999 – I ZR 2/97, EBE 1999, 204 (206); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 10. 241 RGSt 71, 366; BGH, Urt. v. 29.10.1991 – 1 StR 513/91, wistra 1992, 60; Urt. v. 29.9.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74 (bei Verletzung der Pflichten aus der Verwaltung eines Konsignationslagers, wobei der BGH offen lässt, ob der normale Vermittlungsvertreter ohne Hinzutreten weiterer Umstände § 266 StGB untersteht); OLG Hamm JMBlNW 1956, 58; 1964, 1399; OLG Koblenz, Urt. v. 13.2.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (Nichtweiterleitung kassierter Gelder selbst ohne Inkassobefugnis); OLG Köln, Urt. v. 20.6.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (Nutzung einer konkretisierten Geschäftchance des Unternehmers durch den HV für einen anderen Unternehmer); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 32; Fischer StGB, § 266 Rn 21; Perron in: Schönke/Schröder/Lenckner § 266 Rn 25. 242 OLG Koblenz, Urt. v. 13.2.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (780); OLG Köln, Urt. v. 20.6.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (1027); zweifelnd wohl auch BGH, Urt. v. 29.9.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74. 243 Missverständlich Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16: Interessenwahrungspflicht nur im Rahmen der Diensteistungspflicht.

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sprechen kann244 und sich jederzeit ihm gegenüber loyal verhalten.245 Unerheblich ist dabei, ob er einen oder mehrere Unternehmer vertritt. Der HV steht nicht als „ehrlicher Makler“ unparteiisch zwischen Unternehmer und Kunden oder gar im Lager des Kunden.246 Er ist vielmehr einseitig nur Interessenswahrer des vertretenen Unternehmens.247 Dass der HV gegenüber eigenen Interessen, insb. dem Provisionsinteresse, grund54 sätzlich den Interessen des Unternehmers Vorrang zu geben hat,248 mag als Grundregel oder besser „Vermutung“ richtig sein. Gleichwohl kann der Vorrang nur für gleichgewichtige Interessen gelten. Es ist also in jedem Einzelfall abzuwägen, welches Gewicht die Interessen des Unternehmers und des HV einnehmen.249 Überwiegen die Interessen des HV auch im Lichte der ihm gegenüber dem Unternehmer obliegenden Pflichten erheblich, kommt ihnen Vorrang zu. Will der HV in diesem Fall seinen eigenen Interessen Vorrang einräumen, muss er kündigen.250 Ein Vorrang des Unternehmerinteresses scheidet nicht erst dort aus, wo sich der Unternehmer willkürlich und ohne Grund über die schutzwürdigen Belange seines HV hinwegsetzt.251 Ein Vertragspartner, der sich selbst treuwidrig verhält, kann sich auf eine Pflichtverletzung des anderen Vertragspartners, die aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens erfolgt, nicht berufen.252 55

d) Untergruppen der Interessenwahrungspflicht. Die Interessenwahrnehmungspflicht muss durch konkrete Pflichten ausgefüllt werden.253 Es gibt eine weitverzweigte Kasuistik. Folgende Neben- oder Unterpflichten des Vertreters werden aus der Interessenwahrnehmungspflicht abgeleitet:

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aa) Aufbewahrungspflicht. Als Ausprägung der Interessenwahrungspflicht254 hat der HV die vom Unternehmer für die Vertragstätigkeit überlassenen Gegenstände, insbesondere eingenommene Gelder (hierzu Rn 37 f.), Muster, Preislisten, Geschäftsunterlagen, Werbematerial und Vorführgeräte, sorgfältig aufzubewahren255 und vor unbefugtem Zugriff zu sichern.256 §§ 388, 390 gelten entsprechend.257 Eine Versicherungspflicht besteht

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244 BGHZ 42, 59 (61); BGH DB 1988, 751; EBE 1999, 13 (15); OLG Koblenz BB 1973, 866; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 4; Oetker/Busche § 86 Rn 13; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 1; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16. 245 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16, 29. 246 BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. 247 OLG Koblenz BB 1973, 866; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 34; Westphal I Rn 215. 248 OLG Koblenz BB 1973, 866; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 35; Westphal I Rn 215; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 16, 18. 249 Vgl. Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 35. 250 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8. 251 Zu dieser Grenze BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219. 252 OLG München, Urt. v. 10.6.2009 – 7 U 4522/08. 253 Westphal I Rn 216. 254 BGH WM 1993, 1596; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54: Rechtsgrundlage ist „Treu und Glauben“. 255 BGH, Urt. v. 7.4.1993 – VIII ZR 133/92, NJW-RR 1993, 926; OLG Celle BB 1958, 894; Hopt § 86 Rn 17; Thume BB 1995, 1913 (1916) für Musterkollektion; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 6. 256 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 17. 257 Hopt § 86 Rn 17.

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ohne gesonderte Vereinbarung nicht,258 wobei umstritten ist, ob § 86a Abs. 3 der Vereinbarung einer Versicherungspflicht entgegensteht – wofür einiges spricht.259 Die Anforderungen an die zu beachtende Sorgfalt steigern sich mit dem Wert der Gegenstände.260 Vertragswidrig wäre insbesondere: 57 – die unsichere Verwahrung, welche es ermöglicht, dass Dritte Kenntnis von Geschäftsgeheimnissen erlangen261 oder Eigentum des Unternehmers stehlen können262 – wenn der HV eine ihm überlassene Schmuckkollektion im Wert von rund 35.000 EUR über die Mittagszeit in einem Fahrzeug ohne besondere Sicherungsvorkehrung belässt, welches auf einem unbewachten Parkplatz in der Nähe einer Fußgängerzone abgestellt ist, und sich für etwa 40 Minuten entfernt263 – die Nutzung oder Duldung des Kopierens überlassener Unterlagen durch Dritte264 – der Selbstverbrauch265 – die Veräußerung der verwahrten Gegenstände.266 Wird die Aufbewahrungspflicht verletzt oder die Rückgabe (s.u. zur Herausgabe- 58 pflicht) unmöglich, so kann der HV gemäß § 280 BGB haften. bb) Bonitätsprüfungspflicht. Einen Unterfall der Interessenwahrungspflicht bildet 59 auch die Bonitätsprüfungspflicht.267 Allerdings ist sie im Lichte des dem HV Zumutbaren und Möglichen auszulegen.268 Der Grundsatz ist, dass der HV im Rahmen des Zumutbaren die Bonität, Kreditwürdigkeit und kaufmännische Zuverlässigkeit jedes Kunden zu prüfen269 und das Ergebnis dem Unternehmer unverzüglich, spätestens bei Meldung des Geschäfts,270 mitzuteilen hat. Je nach Sachlage muss der HV eine Auslieferung der Ware ohne Prüfung verhindern.271 Das gilt in erster Linie für neu geworbene Kunden.272 In der Praxis ist diese Pflicht schwach entwickelt. Nachträglich erhaltene Informationen und Bedenken sind unverzüglich weiterzuleiten. Insbesondere hat der HV solche Informationen einzuholen, die ohne Kosten und Schwierigkeiten zugänglich sind.273 Das

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258 Thume BB 1995, 1913 (1914 f.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 17; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 6; aA LG Hannover MDR 1984, 1028. 259 AA Hopt § 86 Rn 17. 260 BGH NJW-RR 1993, 926; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 54. 261 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54. 262 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64. 263 BGH BB 1993, 1105; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64. 264 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54. 265 LAG Düsseldorf DB 1960, 813; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 18; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 64. 266 IHK Berlin, Handelsbrauch- u. HV-Recht, 1952, Gutachten Nr. 183; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 64; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 6. 267 RGZ 18, 112; OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Rumpf AcP 119 (1921), 1 (92); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Hopt § 86 Rn 21. 268 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 269 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 14; Hopt § 86b Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 86b Rn 1. 270 RGZ 18, 112; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Hopt § 86 Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 271 OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Hopt § 86 Rn 21. 272 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 15. 273 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60.

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allerdings sagt noch nichts über den Umfang der Prüfungspflicht im Detail. Der HV hat sich nur in seinem geschäftlichen Umfeld über die Bonität des Kunden zu erkundigen. Ein HV ist kein Detektiv, sondern (regelmäßig) Kaufmann. Er ist deshalb grundsätzlich nicht verpflichtet, detektivische Ermittlungen einzuleiten, um die Bonität des Kunden zu sondieren, zumal solche Ermittlungen den Kunden verärgern könnten. Insb. ist er nicht verpflichtet, kostenpflichtige Auskünfte, etwa Creditreform oder SchimmelpfengAuskünfte einzuholen, sofern entsprechendes nicht ausdrücklich vereinbart wurde.274 Ob er bis zum Beweis des Gegenteils der allgemeinen Meinung folgen darf,275 ist angesichts seiner Untersuchungspflicht fraglich. Da er andererseits Zweifeln über die Bonität des Kunden nachzugehen hat (auch wenn er sie nicht selbst teilt),276 mögen solche Auskünfte gefordert sein, falls es konkrete Zweifel gibt. Insbes. muss der HV deutlich auf den Verdacht hinweisen, der Kunde werde Zahlungsziele nicht einhalten oder säumig werden,277 auch auf Einschätzungen oder Zweifel Dritter, sogar Gerüchte, selbst wenn sie der HV nicht teilt.278 Was der HV ohne Kosten und Schwierigkeiten über die Kreditwürdigkeit des neuen Kunden in Erfahrung bringen kann, darum hat er sich zu bemühen. Möglicherweise kommen ihm Informationen insoweit auch ungefragt zu. Ungünstige Informationen hat er in jedem Falle weiterzugeben, aber auch Hinweise auf Quellen, die ihm einstweilen nicht zuverlässig erscheinen: das Urteil über die Stichhaltigkeit hat er dem Unternehmer zu überlassen.279 Der Mittler hat insbes. auf Zweifel hinweisen, damit der Unternehmer von sich aus das Erforderliche veranlassen kann.280 Er ist auch gehalten, aus seiner besseren Kenntnis heraus eine beim Unternehmer erkennbar vorhandene Fehlvorstellung über die Kreditwürdigkeit des Kunden richtigzustellen. Höchstkredite für einen Kunden darf er nur aufgeben, wenn sichere Anhaltspunkte für deren Vertretbarkeit bestehen.281 60 Einer solchen Prüfung der Bonität bedarf es nur dann nicht, sofern sich der HV aufgrund seiner Erfahrung auf den äußeren Anschein der Solvenz verlassen kann282 oder wenn eine ständige Geschäftsbeziehung ohne Beanstandungen dafür spricht, der betreffende Kunde werde seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen wie bisher ordnungsgemäß nachkommen.283 Gleiches gilt bei Kenntnis des HV, ein neugeworbener Kunde habe bei anderen vom HV vertretenen Unternehmen pünktlich gezahlt.284 Eine Prüfungspflicht besteht aber im vorgenannten Umfang bei Geschäftsaufnahme mit neuen Kunden,

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274 AG Coburg HVR Nr. 95; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 29; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. 275 So OLG Düsseldorf HVR (54) Nr. 59; Hopt § 86 Rn 21. 276 BGH BB 1969, 1196; OLG 11, 23; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 29; Hopt § 86 Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 277 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 29. 278 BGH, Urt. v. 19.6.1969 – VII ZR 39/67, DB 1969, 1787 = BB 1969, 1196; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Hopt § 86 Rn 21. 279 Vgl. hierüber RG LZ 1927 Spalte 1269 (dort war der Verpflichtung genügt worden) und BGH BB 1969, 1196 (der HV kann sich nicht damit entlasten, dass er, falls das Geschäft wegen der ausbleibenden Zahlung des Kunden „platzt“, ja auch keine Provision erhalte, er also wegen des einschlagenden eigenen Interesses nur für Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten einzustehen brauche). 280 BGH BB 1969, 1196; OLG 11, 23; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 29; Hopt § 86 Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 281 LG Heidelberg BB 1955, 942; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 282 AG Coburg HVR Nr. 95; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 27. 283 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 27; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 15. 284 LG Bonn HVR Nr. 60; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 28; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17.

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besonders, wenn der HV sie warb.285 Einer ständigen Überprüfung muss der HV bekannte Kunden nicht unterziehen.286 Die Bonitätsprüfungspflicht lebt jedoch wieder auf, falls der HV eine entsprechende Weisung des Unternehmers oder Hinweise auf eine Verschlechterung der Bonität erhalten hat.287 Solchen Hinweisen hat der HV nachzugehen und den Unternehmer selbst dann unverzüglich vom Ergebnis zu unterrichten, wenn das vermittelte Geschäft bereits abgeschlossen ist.288 Insbesondere nachträglich aufgetretene Bedenken hat der HV dem Unternehmer zu unterbreiten:289 möglicherweise hat dieser den vermittelten Abschluss noch nicht bestätigt, möglicherweise steht er unmittelbar vor weiteren Abschlüssen mit dem Kunden. Sogar Informationen, welche der HV erst nach Geschäftsabschluss erhält, hat er an den Unternehmer weiterzuleiten.290 Rechtstechnisch zählt dies zur Nachrichtspflicht.291 Nach der Abwicklung des Geschäfts kann die Prüfung und Unterrichtung unterbleiben, sofern Folgegeschäfte mit dem Kunden nicht anstehen.292 Ist der HV zur Prüfung der Bonität unfähig, hat er diese nicht vorgenommen oder ergibt jene kein klares Bild, ist dies dem Unternehmer spätestens mit dem Bericht über das vermittelte Geschäft (§ 86 Abs. 1 Alt. 2) mitzuteilen. Der Unternehmer mag dann entscheiden, ob er das Geschäft schließt oder selbst forscht. Die Bonitätsprüfungspflicht obliegt dem HV auch bei kleineren Aufträgen.293 Sie ver- 61 größert sich proportional zur Höhe der finanziellen Gefährdung des Unternehmers.294 Besonders hohe Auftragssummen erfordern eine außergewöhnlich sorgsame Prüfung. Da der Unternehmer die Bonität des Kunden nicht untersuchen kann, wenn der HV als Abschlussvertreter vor Abschluss keine Rückfrage beim Unternehmer hält, muss der HV in einer solchen Situation gerade bei Neukunden besonders sorgsam sondieren.295 Im Falle von Zweifeln hat der Abschlussvertreter beim Unternehmer rückzufragen und Weisungen einzuholen296 oder sich auf die Tätigkeit als Vermittlungsvertreter zu beschränken. Bei Verletzung seiner Bonitätsprüfungspflicht haftet der HV,297 auch für Fahrläs- 62 sigkeit.298 Jedoch haftet der HV nicht für die unbedingte Richtigkeit einer Bonitätsauskunft,299 sondern nur für pflichtwidriges, der verkehrsüblichen Sorgfalt widersprechendes300 Verhalten. Haftungsfälle stehen kaum im Mittelpunkt gerichtlicher Entscheidungen. Leitet ein HV eine ungünstige Kreditauskunft nicht weiter, weil er sie für bedeutungs-

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285 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 15. 286 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 287 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 288 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 59. 289 Hopt § 86 Rn 21. 290 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. 291 Hopt § 86 Rn 21. 292 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 293 AG Coburg HVR Nr. 95; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 29. 294 Vgl. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 295 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 296 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 297 RG JW 1919, 450; OLG Düsseldorf HVR Nr. 59; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 86b Rn 1. 298 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61. 299 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 300 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17.

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los hält, besteht eine zum Schadenersatz301 sowie zur außerordentlichen Kündigung302 berechtigende Pflichtwidrigkeit. Die Grenze zur Pflichtwidrigkeit ist eher höher anzusetzen,303 und zwar weil der HV – wie ausgeführt – kein Detektiv ist. Zudem bleibt dem HV der Beweis alternativer Kausalität wie der Einwand des Mitverschuldens (§ 254 BGB).304 Hätte er selbst bei pflichtgemäßem Verhalten kein zutreffendes Bild über die Vermögenslage des betreffenden Kunden gewinnen können, so fehlt es an einem vorwerfbaren Schaden.305 Das Gleiche gilt, sofern der HV nachweisen kann, der Unternehmer hätte auch nach Warnung oder Information über die nicht vorgenommene Prüfung das Geschäft mit dem Kunden geschlossen. Wenn der Unternehmer in vergleichbaren Fällen geliefert hat, spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, er hätte gleiches auch im streitigen Fall getan. Der Umfang der Prüfungspflicht darf vertraglich erweitert werden, mittels AGB je63 doch in mehr als unerheblichem Umfang nur bei angemessener Vergütung.306 Kommt die vertragliche Erweiterung einer Delkrederehaftung nahe, gilt § 86b. Die zu weitgehende Einstandspflicht kann den HV zum „unechten HV“ i.S.d. LL zur GVO 330/10 machen (Vor § 84 Rn 138 ff.). 64

cc) Förder- und Loyalitätspflicht. Die Förder- und Loyalitätspflicht ist der Kern der Interessenwahrungspflicht. Der HV steht zum Unternehmer im Verhältnis gegenseitiger Loyalität, die vom BGH307 und auch sonst oft mit dem auch aus dem Gesellschaftsrecht bekannten Ausdruck der Treupflicht bezeichnet wird. Jene wird, welche allerdings durch die stärkere und speziellere Interessenwahrungspflicht, deren Ausprägung die Loyalitätspflicht ist, überlagert wird. Ein HV ist kein unparteiischer Makler zwischen den Parteien 308 sondern parteiischer Interessenwahrer des Unternehmers. Daraus erwachsen für den HV einige allgemeine Pflichten, Handlungspflichten und – praktisch fast noch wichtiger – Unterlassungspflichten. Der HV hat die Interessen und Geschäfte des Auftraggebers mit voller Kraft zu fördern, günstige Geschäfte für ihn herbeizuführen309 und ihm loyal zur Seite zu stehen, und zwar vertragsbegleitend während der gesamten Laufzeit des Vertrages.310 Ziel seiner Tätigkeit muss es sein, sich um das Optimum des geschäftlichen Erfolges für den Unternehmer zu bemühen. Einen „Dienst nach Vorschrift“ verbietet nicht nur die Verpflichtung zur Vermittlung und zum Abschluss, sondern auch die Interessenwahrnehmungspflicht. Gleichwohl darf der HV den Kunden nicht bewusst schädigen (zur Haftung des HV gegenüber dem Kunden Rn 206 f.). Der allgemeinen Förderungs- und Loyalitätspflicht sind folgende Pflichten des HV zuzuordnen. Der HV darf nicht (siehe auch oben zur Vermittlungs- und Abschlusspflicht sowie unten zum Verbot der Nachteilszufügung): – einen anderen HV des Unternehmers abwerben,311 auch nicht für einen Dritten, der kein Wettbewerber ist. Einem HV soll es aber nicht verwehrt sein, sich mit seinen Kollegen über seine beruflichen Pläne zu unterhalten, dabei auf bessere Verdienst-

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301 BGH, Urt. v. 19.6.1969 – VII ZR 39/67, DB 1969, 1787; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 15. 302 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 15. 303 Wohl auch Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 15. 304 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61. 305 OLG Düsseldorf HVR Nr. 59; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 16. 306 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 307 BB 1966, 999. 308 BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 20. 309 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 30. 310 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 311 BGH MDR 1977, 644; OLG Stuttgart, Urt. v. 6.11.1992 – 2 U 169/92, BeckRS 1992, 05088; Hopt § 86 Rn 21.

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möglichkeiten hinzuweisen und mit ihnen ggf. darüber zu sprechen, ob sie gemeinsam in einen anderen Betrieb überwechseln312 Bestechungsgelder fordern oder annehmen.313 Der HV kann sich bei deren Annahme gem. § 299 StGB strafbar machen.314 Der Einwand, der Abschluss wäre ohnehin nicht zu besseren Konditionen zustande gekommen, leugnet nur den Schaden, rechtfertigt jedoch nicht den Vertrauensverlust315 zugleich als Makler für einen Kunden tätig sein, weil der Unternehmer dann nicht mehr der uneingeschränkten Loyalität des HV sicher sein kann316 seinen Einsatz in Kleinaufträgen verzetteln, wenn darüber die Möglichkeit eines lohnenden Großauftrages vernachlässigt wird als Bezirksvertreter mit Abschlussvollmacht, aber auch sonst, falls sein Vertragsverhältnis sich dem Ende nähert – etwa in der Zeit nach ausgesprochener Kündigung –, vermehrt sog. Jahresverträge mit den bezirksansässigen Kunden vermitteln und abschließen, d.h. solche Verträge, deren Abwicklung sich noch längere Zeit nach Ende seines HV-Verhältnisses hinziehen und ihm hierfür weitere Provisionen sichern wird, weil er dadurch die kontinuierliche Betreuung des Bezirks zu seinem eigenen Nutzen blockiert und dem Unternehmer die Gewinnung eines Nachfolgers erheblich erschwert spiegelbildlich als Versicherungsvertreter Verträge mit untypisch kurzer Laufzeit vermitteln, um nach Ende der Laufzeit und des HV-Vertrages die Verträge auf einen neuen Versicherer umzudecken. Hat der Unternehmer solche Verträge angenommen wird es an einem Schaden fehlen bei nahendem Vertragsende die Umwerbung/Umdeckung von Bestandsverträgen zu einem neuen Unternehmer vorbereiten als Vermittlungsvertreter, dem gegenüber Mängelrügen, Zurverfügungstellungen und ähnliche rechtswahrende Akte des Kunden mit Wirkung gegen den Unternehmer erklärt werden können (§ 91 Abs. 2; das gleiche gilt für den Abschlussvertreter nach § 55 Abs. 4), die Entgegennahme solcher Erklärungen verweigern (selbst wenn er das mit rechtlicher Wirkung vermöchte) und den Kunden an den Unternehmer verweisen. Er muss sich hierfür bereithalten, schon um den Kunden nicht noch mehr zu verärgern. Ob er, weil er es darf, auch verpflichtet ist, von sich aus die Rechte des Unternehmers auf Sicherung des Beweises geltend zu machen, wird von dem Grade der bei ihm vorauszusetzenden rechtlichen Gewandtheit abhängen. Bei HV im Nebenberuf wird das im Allgemeinen nicht der Fall sein, eher schon beim Inhaber einer kaufmännischen Agenturfirma. Wo nicht, setzt dann aber jedenfalls die sofortige Berichtspflicht über die Bemängelung des Kunden ein; der HV wird daraufhin zum Unternehmer zu den zu ergreifenden Schritten angewiesen werden können, mindestens zur Beauftragung eines vom HV an Ort und Stelle auszuwählenden Anwalts. 65

Dagegen fordert die Förder- und Loyalitätspflicht vom HV etwa: Handelsbücher zu führen317 den Unternehmer vor Schäden zu bewahren.318

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312 313 314 315 316 317 318

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OLG Stuttgart, Urt. v. 6.11.1992 – 2 U 169/92, BeckRS 1992, 05088. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8; Hopt § 86 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 38. Hopt § 86 Rn 23. Hopt § 86 Rn 23. BGH NJW 1974, 137; Hopt § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 32. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8.

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dd) Informationspflicht. Die allgemeine Informationspflicht wird überwiegend aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitet. Nach der hier eingenommenen Ansicht handelt es sich um einen Unterfall der Nachrichtspflicht des Abs. 2. Als solcher Unterfall wird die allgemeine Informationspflicht hier systematisch eingeordnet und daher unten, Rn 134 ff. behandelt. Sie trifft analog § 86 auch den Vertragshändler319 und FN.320

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ee) Marktbeobachtungspflicht. Der HV ist nicht nur dazu berufen und bestellt, sich um Geschäftsabschlüsse zu bemühen. Er ist zugleich der Außenposten des Unternehmers am Markt, dessen Puls er fühlt und dessen Strömungen ihm vor allem einsehbar werden. Seine nicht geringste Aufgabe ist es, ständig den Markt zu beobachten und zu prüfen, Marktlücken ausfindig zu machen;321 Aufnahmefähigkeit, Wünsche oder Geschmacksrichtung des Interessentenkreises aufzuspüren, gesetzliche Schranken, die sich dem Vertrieb entgegenstellen, zu verfolgen, das Auftauchen von Konkurrenzfabrikaten im Auge zu behalten, Verletzungen gewerblicher Schutzrechte des Unternehmers zu registrieren und über alles dem Unternehmer zu berichten. Gerade hier wird seine Stellung als die eines Wahrers der Interessen des Unternehmers am reinsten sichtbar.322 Wieweit er die Möglichkeiten der Verwertung technischer Neuerungen in seine Beobachtungen einzubeziehen hat, ist Tatfrage und wohl nur dann zu bejahen, wenn die Verhältnisse gerade in seinem Vertreterbezirk das nahe legen und seinem Urteil das entsprechende technische Verständnis unterstellt werden darf; sonst aber wird derartiges nicht zu seinen Aufgaben gehören.

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ff) Organisationspflicht. Der HV muss seinen Geschäftsbetrieb so organisieren, einrichten und ausstatten (insb. auch technisch), dass er die vertraglich übernommenen Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann.323 Erforderliches Personal hat er einzustellen.324 Ggf. hat er das Unternehmen an den Wettbewerb anzupassen.

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gg) Prüfungspflicht. Teil der aus der Interessenwahrungspflicht hergeleiteten Nebenpflichten ist auch die Pflicht zur Prüfung325 der Umstände des Geschäfts, die terminologisch unzureichend von der Nachrichtspflicht abgrenzend auch als Informationspflicht bezeichnet wird. Gemeint ist nicht die Erteilung von Informationen an den Unternehmer, sondern die Einholung von Informationen durch den Vertreter. Die hier angesprochene Prüfungspflicht ist Vorstufe der Nachrichtspflicht. Denn ohne vorherige Prüfung kann es keine substantiellen Nachrichten an den Unternehmer geben. Der HV muss sich über alles informieren, was für den Vertrag und den Unternehmer relevant sein könnte, wobei – nicht anders als bei der Bonitätsprüfungspflicht – keine detektivischen Ermittlungen geschuldet sind. Ausprägung dessen ist etwa die Bonitätsprüfungspflicht, die ihrer Bedeutung wegen oben Rn 59 ff. gesondert beschrieben wurde. Eine Nachforschungspflicht besteht insbesondere bei sich aufdrängenden oder konkreten Verdachtsmomenten.

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319 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 290; Westphal II Rn 159; Stumpf/Jaletzke/Schultze, Rn 287; Ulmer S. 433. 320 Höpfner in: Giesler, Franchiserecht, § 7 Rn 20; aA Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469. 321 OLG Celle BB 1970, 228; Rumpf AcP 119 (1921), 1 (89); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 45. 322 Rumpf AcP 119, 89/90. 323 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. 324 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3. 325 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62.

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Nicht zu den Prüfungspflichten des Vertreters gehört es ohne entsprechende Regelung im HV-Vertrag regelmäßig, sich nach öffentlich-rechtlichen Erlaubnissen des Geschäftspartners zu erkundigen326 (der HV ist kein Rechtsanwalt). Grenze wird bei den rein kaufmännisch-wirtschaftlichen Verhältnissen des Kunden zu ziehen sein. Eine rechtsfrageobliegende Prüfungsobliegenheit kann stillschweigend vereinbart sein, wenn der Unternehmer einen HV mit ausgewiesenen Rechtskenntnissen und Erfahrung auf diesem Gebiet beauftragt.327 Weiß der HV um öffentlich-rechtliche Hindernisse, wird er solche Kenntnis dem Unternehmer gegenüber nicht unterdrücken dürfen. Der HV muss auch diesbezüglich konkreten Verdachtsmomenten nachgehen.328 hh) Verbot der Nachteilszufügung. Aufgrund seiner Loyalitätspflicht muss der HV 70 Nachteile vom Unternehmer abwenden,329 Rücksicht nehmen und schädigendes Verhalten unterlassen.330 Denn wenn von ihm Interessenwahrnehmung gefordert ist, darf er dem Unternehmer keine Nachteile oder Schäden zufügen, sondern hat solche abzuwenden.331 Der Übergang zur mehr das aktive Verhalten betonenden Förderungs- und Loyalitätspflicht ist fließend. Häufig ist eine verbotene Nachteilszufügung aber nichts anderes als unterlassenes Fördern bzw. unterlassene Loyalität. Will der HV die gebotene Rücksichtnahme nicht nehmen, muss er den Vertrag (außerordentlich) kündigen.332 Eine verbotene Nachteilszufügung bildet insbesondere – der Abschluss nachteiliger, risikobelasteter oder solcher Geschäfte, an denen der Unternehmer kein Interesse haben kann (etwa wegen bekannter Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des Kunden)333 – Geschäfte anzubahnen, bei denen Bedenken hinsichtlich der Zahlungsfähigkeit oder Zahlungswilligkeit der Kunden bestehen. Von solchen Geschäften ist im Zweifel Abstand zu halten334 – das leichtfertige Äußern strafrechtlicher Vorwürfe gegenüber einem wichtigen Kunden des Unternehmers335 – die Herabsetzung des Ansehens des Unternehmers oder des zu vertreibenden Produkts,336 jedoch darf der HV das Produkt wahrheitsgemäß mit seinen Vor- und Nachteilen darstellen337 – die Konkurrenz des HV zum Unternehmer (Rn 72 ff.).338 Insbesondere darf der HV Geschäfte mit Kunden, auf die sich seine Vertriebspflicht bezieht, nicht auf eigene Rechnung abschließen339 oder Dritten vermitteln340

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326 OLG Hamm BB 1968, 1017; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; Hopt § 86 Rn 13; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62. 327 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 328 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 62. 329 BGH, Urt. v. 18.6.1964 – VII ZR 254/62, BGHZ 42, 59 (61) = NJW 1964, 1621; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7; Hopt § 86 Rn 21. 330 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. 331 BGH, Urt. v. 18.6.1964 – VII ZR 254/62, BGHZ 42, 59 (61) = NJW 1964, 1621; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7. 332 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8. 333 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 334 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 335 OLG Köln VersR 2002, 482. 336 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7. 337 Hopt § 86 Rn 24; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7. 338 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7. 339 OLG München NJW-RR 1995, 1186 (1187); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7. 340 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7.

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Kunden dazu zu bewegen (oder damit zu drohen), geschlossene Verträge zu stornieren und Schadenersatz vom Unternehmer zu fordern341 die Abwerbung von Personal des Unternehmers, gleich ob Angestellte oder HV342 Personal oder Mitarbeitern des Unternehmers Hilfestellung bei einer Kündigung zu leisten343 eigenes Provisionsinteresse ggf. gegenüber den Interessen des Unternehmers voranzustellen gegenüber Dritten oder Kunden geäußerte Kritik an den Waren des Unternehmers344 eine Absprache des Untervertreters mit dem Unternehmer betreffend die Kündigung des Hauptvertreters und die Übernahme seiner Vertretung345 das Verhindern von Geschäftsabschlüssen: Der HV darf potentielle Kunden nicht vom Vertragsschluss mit dem Unternehmer abhalten, wenn hierfür keine zwingenden Gründe existieren346 Wettbewerbswidriges Verhalten, so dass Verstöße gegen das UWG regelmäßig auch eine Verletzung der Interessenwahrnehmungspflicht darstellen.

Überholt dürfte es nach heutigem Verständnis von der Selbständigkeit des Vertriebsmittlers sein, die ohne Zustimmung erfolgte Umwandlung eines Mittlers, etwa eines Vertragshändlers, vom Einzelkaufmann in eine haftungsbeschränkte Gesellschaft als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot zu werten, weil durch die Umwandlung die Gefahr bestehen konnte, dass die Forderungen des Unternehmers ohne die vormals bestehende unbeschränkte, nun aber beschränkte Haftung des Vertragshändlers gefährdet wären.347 Hier kann sich der Unternehmer genügend durch Vorkasse, ggf. durch die gerade im investitionsintensiven Bereichen häufige Einforderung einer Bürgschaft des vormaligen Einzelkaufmanns und nunmehrigen Gesellschafters sichern, wobei es von Seiten des Unternehmers nicht unangemessen ist, angesichts der vormaligen persönlichen Haftung des Einzelkaufmanns derartige Sicherungsrechte einzufordern. 71

ii) Verbot der Nutzung von Geschäftschancen des Unternehmers. Der HV darf keine Geschäftschancen des Unternehmers wahrnehmen, d.h. Geschäfte mit Kunden, die er dem Unternehmer zuzuführen hat, nicht auf eigene Rechnung abschließen oder Dritten vermitteln.348 Es handelt sich um eine Gruppe, die auch als Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot begriffen werden könnte. Jedoch wird unter dem Gesichtspunkt „Wettbewerbsverbot“ heute überwiegend die unzulässige Übernahme von Konkurrenzvertretungen diskutiert (hierzu im Folgenden).

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341 OLG Koblenz BB 1973, 866; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7; Hopt § 86 Rn 21. 342 BGH MDR 1977, 644; BGH, Urt. v. 1.6.1983 – I ZR 78/81, BB 1983, 2136; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7; Hopt § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 343 OLG München BB 1994, 1104; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7. 344 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 345 BGHZ 42, 61; Hopt § 86 Rn 25. 346 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 347 BGH BB 1978, 982. 348 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 7; OLG München NJW-RR 1995, 1186 (1187).

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jj) Wettbewerbs- oder Konkurrenzverbot (1) Wettbewerb im Allgemeinen. Das vertragsbegleitende Konkurrenzverbot ist die 72 in der Praxis bedeutendste aus der Interessenwahrungspflicht abgeleitete Unterlassungspflicht. Das Wettbewerbsverbot vertraglich vorzuschreiben ist nicht erforderlich, da es sich bereits aus der Interessenwahrnehmungspflicht ergibt.349 Jedoch darf es konkretisiert werden. Das vertragsbegleitende Wettbewerbsverbot ist von dem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot des § 90a zu separieren, welches einer besonderen Vereinbarung bedarf. Anders als dem Handlungsgehilfen (§ 60) ist es dem HV gesetzlich nicht untersagt, 73 im Geschäftszweig seines Unternehmers, d.h. in dessen ganzer Ausdehnung, für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte zu machen.350 Im Gegensatz zum Makler351 muss der HV als Ausfluss der Interessenwahrungspflicht des § 86 Abs. 1 Hs. 2352 jedoch selbst ohne vertragliche Vereinbarung alles unterlassen, was ihn in einen Interessenwiderstreit oder eine Wettbewerbssituation zum Unternehmer bringen und dessen Interessen dadurch beeinträchtigen kann.353 Die Interessenwahrungspflicht354 gebietet es dem HV aber nur, sich vertragsbegleitend desjenigen Wettbewerbs zu enthalten, der auf dem Gebiet der von ihm zu betreuenden Interessen des Unternehmers liegt.355 Außerhalb dieses engen Bereichs darf der HV jede weitere Tätigkeit ausüben, solange ihm genügend Zeit und Ressourcen für die Erfüllung seiner Pflichten gegenüber dem Unternehmer bleibt.356 Zweifelsfälle muss der HV mit dem Unternehmer klären.357 (2) Europarechtliche Präformation. Die RL enthält keine ausdrückliche Regelung 74 über das vertragsbegleitende Wettbewerbsverbot. Jedoch beruht das Wettbewerbsverbot auch auf der Treue-358 und Interessenwahrungspflicht des HV, die in Art. 3 Abs. 1 RL festgeschrieben ist.359 Ob den HV ein Wettbewerbsverbot treffen kann, kann daher nach Art. 267 AEUV Gegenstand einer Vorlage beim EuGH werden.360 Nach Ansicht von Canaris361 ist die Zulässigkeit eines Wettbewerbsverbots offensichtlich, so dass nach der acte-

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349 BGH, Urt. v. 18.6.1964, BGHZ 42, 59 (62); 52, 177; NJW 1984, 2101; OGH Österreich, Beschl. v. 23.1.2013 – 3 Ob 237/12t, ZVertriebsR 2013, 339 – hergeleitet aus § 5 HVertrG; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Thume WRP 2000, 1033 ff.; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 40; Canaris § 17 Rn 41 ff.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 254; Hopt § 86 Rn 26; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 29. 350 BGH BB 1954, 647. 351 Er ist allenfalls verpflichtet, nicht während einer laufenden Vermittlungsbemühung abzuwerben, s. OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 352 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 19. 353 BGH, Urt. v. 30.1.1963 – VIII ZR 256/61, BB 1963, 448; v. 15.12.1967 – KZR 6/66, DB 1968, 211; v. 9.6.1969 – VII ZR 49/67, BGHZ 52, 171 (172) = NJW 1969, 1662; v. 25.11.1998 – VIII ZR 221/97, EBE 1999, 13 (15); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 19; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 33, 34; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a; ähnlich in Österreich, s. OLG Wien, Beschl. v. 16.4.2013 – 16 R 67/13k, ZVertriebsR 2013, 339; aA früher OLG Hamburg MDR 1955, 422; enger Birkhahn BB 1961, 1351. 354 Martinek/Wank, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 13 Rn 13; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 19; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17. 355 Brunn AcP 163 (1964), 487; Birkhahn BB 1961, 1351; BB 1962, 1108; Leo BB 1962, 1106; Hohn DB 1971, 94; Maier BB 1979, 500; Rittner FS Reinhardt, S. 301; DB 1999, 2097; Hopt § 86 Rn 26. 356 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a. 357 Eberstein S. 71; Hopt § 86 Rn 27. 358 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 44. 359 Westphal EWS 1996, 43 (44). 360 Canaris § 17 Rn 46. 361 § 17 Rn 46.

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claire-Theorie362 von einer Vorlage abgesehen werden könne. Aber auch Inhalt und Gegenstand des vertragsbegleitenden Wettbewerbsverbots unterfallen der Vorlagepflicht.363 Italien und Frankreich haben das Wettbewerbsverbot ausdrücklich normiert.364 Auch andere europäische Rechtsordnungen kennen es.365 (3) Genese des Wettbewerbsverbots. Dass der HV, der die Interessen seines Unternehmens wahrzunehmen hat, diesem keine Konkurrenz machen darf, wurde von Staub/ Brüggemann 4. Aufl.366 als „schlichte Selbstverständlichkeit“367 empfunden und auf die Rechtsprechung des ROHG368 zurückgeführt. Tatsächlich war dieser Befund nicht uneingeschränkt gerechtfertigt. Vor Inkrafttreten des HGB war ein grundsätzliches Verbot der Konkurrenzvertretung 76 unbekannt. Trotz der dauernden Beziehung zu seinem Geschäftsherrn vertrat der HV meist mehrere Unternehmer.369 Es war für jeden Einzelfall zu untersuchen, ob sich die Konkurrenztätigkeit mit der Interessenwahrnehmungspflicht des HV vereinbaren ließ.370 Im Rahmen des Entstehungsprozesses des HGB wurde das Verbot der Konkurrenzvertretung bzw. ein allgemeines Konkurrenzverbot für den HV eingehend diskutiert. Abweichend von der Handhabung der Praxis sah der erste Entwurf eines HGB von 1895 (RJA-E I) ein strenges Wettbewerbsverbot des HV vor. Ihm sollte grundsätzlich verboten sein, im selben Geschäftszweige wie der Geschäftsherr – etwa durch Übernahme weiterer Agenturen – tätig zu werden (§ 64 RJA-E I).371 Jenes strenge Wettbewerbsverbot stieß auf heftigen Widerspruch. Schon in den Beratungen der Kommission zur Begutachtung des Entwurfes eines HGB (sog. „Kommission Handel“) wurde diese Regel als zu weitgehend und für eine große Anzahl von Fällen evident unpassend kritisiert.372 In vielen Fällen müsse der Agent, schon um den Kunden überhaupt eine hinreichende Auswahl anbieten zu können, gleichzeitig mehrere Produzenten vertreten dürfen. Zudem könne es sein, dass verschiedene Unternehmer auf ein und denselben HV angewiesen seien. Auch wurde darauf hingewiesen, dass zahlreiche HV, insbesondere Berufsanfänger, in der Tätigkeit nur für einen Unternehmer keinen ausreichenden Verdienst fänden. Zur kompletten Streichung der Vorschrift über die Konkurrenzvertretung konnte man sich zunächst im Interesse der Rechtssicherheit nicht durchringen. 373 Mehrere Kommissionsmitglieder sprachen sich – quasi als Kompromiss – dafür aus, am Grundsatz des § 64 RJA-E I, d.h. an der grundsätzlichen Unzulässigkeit der Konkurrenzvertretung, festzuhalten, aber einen ausdrücklichen Vorbehalt zu Gunsten abweichender Handelsbräuche oder abweichender Parteivereinbarungen aufzunehmen. Einige Mitglieder schlugen sogar vor, den Grundsatz umzukehren und den Konkurrenzbetrieb nur dann als unzulässig zu erach75

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362 EuGH Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257. 363 Hopt § 86 Rn 22; aA Canaris § 17 Rn 47. 364 Westphal EWS 1996, 43 (44). 365 Etwa das englische Recht, s. Rossetti Marketing Ltd. v. Diamond Sofa Company Ltd., High Court (2011) EWHC 2482, Court of Appeal (2012) EWCA Civ 1021, zit. n. Saintier ZVertriebsR 2014, 166 (169). 366 Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 86 Rn 33. 367 Rittner S. 304. 368 Nachweis bei Rittner S. 305. 369 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1054). 370 Crome Partiarischen Rechtsverhältnisse, 1897, S. 403 f. 371 Siehe Denkschrift zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (RJA-E I), S. 58. 372 Protokolle über die Beratungen der „Kommission“ Handel bei: Schubert/Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 1, 1987, S. 259 ff. (366 f.). 373 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1055).

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ten, wenn dies ortsüblich oder vereinbart sei. Die Regelung in § 76 des Entwurfs eines HGB von 1896 (RJA-E II) nahm diese Anregung auf. § 76 Abs. 2 RJA-E II enthielt die Klarstellung, dass die Einwilligung zur Konkurrenz- 77 tätigkeit als erteilt gelten solle, falls dem Geschäftsherrn beim Abschluss des Vertrages mit dem Handlungsagenten bekannt war, dass dieser in dem betreffenden Handelszweige für eigene und fremde Rechnung Geschäfte mache und der Geschäftsherr die Aufgabe dieses Geschäftsbetriebs nicht ausdrücklich vereinbarte. Aber selbst das entschärfte Verbot der Konkurrenzvertretung des § 76 RJA-E I, da es den damalig vorherrschenden Verkehrsgeflogenheiten widersprach, traf weiter auf entschiedenen Widerstand. Während der Verhandlungen der 23. Plenarsitzung des Deutschen Handelstages vom Oktober 1896374 wurde mit großer Mehrheit die Streichung der Konkurrenzklausel gefordert. Sie entspreche nicht der bestehenden Übung. Es gäbe eine Reihe von Branchen, in denen der Agent neben dem eigentlichen Geschäftsherrn auch für andere auf eigene oder fremde Rechnung Geschäfte mache.375 Aus dem gleichen Grunde standen auch zahlreiche Landesregierungen dem grundsätzlichen Konkurrenzverbot des § 76 RJA-E II ablehnend gegenüber.376 Bayern sprach sich dafür aus, das Regel-Ausnahme-Verhältnis umzukehren und eine Tätigkeit für andere Firmen nur dann zu untersagen, wenn in dieser Richtung ein Handelsbrauch bestehe oder eine entsprechende Vereinbarung getroffen sei. Lübeck, Bremen und Hamburg beantragten, die Vorschrift ganz zu streichen. Die letztgenannte Forderung setzte sich durch. § 76 RJA-E II wurde in der Bundesratsvorlage und der Reichstagsvorlage gestrichen. In der Begründung heißt es,377 aus der Pflicht des Agenten, das Interesse des Geschäftsherren zu wahren, ergäbe sich von selbst, dass er diesem nicht durch anderweitige Geschäfte, die er in demselben Handelszweige mache oder vermittle, eine unmittelbare schädigende Konkurrenz bereiten dürfe. Eine so weitgehende Beschränkung, wie sie nach § 59 die Handlungsgehilfen träfe, ließe sich dem Agenten nicht auferlegen. Da der Gehilfe der Regel nach seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des Prinzipals zu stellen habe, könne ihm überhaupt nicht gestattet sein, eigenen Handel zu treiben und in den Handelszweigen des Prinzipals irgendwelche Geschäfte zu machen. Der Agent hingegen finde in der Vertretung eines einzigen Hauses nur selten eine ausreichende Beschäftigung und sei deshalb von vornherein auf die Übernahme weiterer Agenturen oder auf einen sonstigen Handelsbetrieb angewiesen. In manchen Fällen werde er sogar, um dem Kunden die erforderliche Auswahl zu bieten, genötigt sein, gleichzeitig mehrere Produzenten oder Großhändler zu vertreten, deren Waren, wenn sie auch bestimmte Unterschiede aufwiesen, doch derselben Gattung angehörten. Das Gesetz müsse auf dieses Verhältnis Rücksicht nehmen und der Entwurf sehe deshalb von einer besonderen Bestimmung über die Unzulässigkeit eines Konkurrenzbetriebes durch den Agenten ab. Die allgemeine Vorschrift über die Pflicht des Agenten, das Interesse des Geschäftsherrn zu wahren, werde ausreichen, um im einzelnen Falle unter Berücksichtigung der Art und des Zweckes der Geschäftsverbindung und der im betreffenden Geschäftszweig bestehenden Übung die Grenzen festzustellen, welche von dem Agenten hinsichtlich der Vertretung anderer Handlungshäuser sowie hinsichtlich des eigenen Handelsbetriebes eingehalten werden müssten.

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374 Protokolle bei: Schubert/Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 1, 1987, S. 567 ff. (599 f.). 375 Protokolle bei: Schubert/Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 1, 1987, S. 567 ff. (599 f.). 376 Äußerungen der Bundesregierung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuches von 1896 (RJA-E II), abgedruckt bei: Schubert/Schmiedel/Krampe (Herausgeber), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Band 2 Halbband 2, 1988, S. 745 ff. (776 f.). 377 Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuches und eines Einführungsgesetzes (RTVorl.), S. 69.

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Rückwirkend mag sich diese Enthaltsamkeit des Gesetzgebers als falsch darstellen. Denn es ist eine Entwicklung zu beobachten, die sich – nach anfänglich weitherziger Zulassung ungenehmigter Konkurrenztätigkeit – durch eine immer restriktivere Haltung zunehmend von der Vorstellung des Gesetzgebers entfernt hat.378 Das Verbot der Konkurrenzvertretung ist daher kein unumstößliches Dogma.379 Ausschlaggebend sind stets die Umstände des Einzelfalls.

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(4) Anspruchsinhaber. Anspruchsinhaber ist allein der Unternehmer.380 Dritte können keine Ansprüche gegenüber dem Vertriebsmittler geltend machen.381 Auch Konkurrenten des HV besitzen keinen Anspruch auf Beachtung des gesetzlichen oder vertraglichen Wettbewerbsverbots,382 es sei denn, der HV handelt wettbewerbswidrig i.S.d. UWG.383 (5) Verpflichteter

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(a) Wettbewerbsverbot des HV. Das Wettbewerbsverbot trifft den HV, unabhängig davon, ob es sich um einen Einfirmen- oder Mehrfirmenvertreter handelt.384 Denn auch den Einfirmenvertreter trifft die Interessenwahrungspflicht und das aus ihr hergeleitete Wettbewerbsverbot. Zudem verstößt er gegen die übernommene Verpflichtung, keinen anderen Unternehmer zu vertreten (Anspruchskonkurrenz). Konkurrenztätigkeiten seines Hilfspersonals, etwa eines Angestellten oder Untervertreters, hat sich der Mittler zurechnen zu lassen.385 Außerdem muss er solches Verhalten verhindern.

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(b) HV-ähnliche Vertriebsmittler. Verpflichtet sind auch HV-ähnliche Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler, Franchisenehmer und Kommissionsagenten.

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(aa) Wettbewerbsverbot des Vertragshändlers. In Analogie zu § 86 Abs. 1386 gilt auch ohne vertragliche Vereinbarung eines Konkurrenzschutzes jedenfalls für den einem HV vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Vertragshändler387 – das weitere Analogiekriterium „Übertragung des Kundenstammes“ ist hier nicht erforderlich388 – mit Alleinvertriebsrecht ein vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot.389 Der BGH390 leitet daraus ab, die Übernahme einer Konkurrenzvertretung durch den Vertragshändler stelle regelmäßig einen schweren Verstoß gegen die ihm obliegenden Treuepflichten dar, der die außerordentliche Kündigung des Vertrages rechtfertige.

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378 Vgl. dazu von Brunn Das Wettbewerbsverbot im Handelsvertreterrecht beim Fehlen einer Vereinbarung, AcP 163 (1963) 487 (504 ff.); Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1055). 379 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1056). 380 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 28. 381 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 28. 382 BGH, Urt. v. 27.6.1975 – I ZR 97/74, WM 1975, 1214; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 30. 383 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 30. 384 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 385 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 386 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 201. 387 Zu den Analogievoraussetzungen Emde WRP 2003, 468 ff. 388 BGH, Urt. v. 7.7.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 201. 389 BGH, Urt. v. 7.7.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); BGH LM Nr. 57 zu § 1 UWG, Emde WRP 2005, 1492 (1496); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 201; Stumpf/ Jaletzke/Schultze Der Vertragshändlervertrag, 3.Aufl., Rn 483; Martinek/Manderla, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 64, 68; Hopt § 86 Rn 26; Hampe ZVertriebsR 2013, 21 (26); aA Thume in: Küstner/Thume III, 2. Aufl. 1998, Rn 1339. 390 BGH NJW 1984, 2102; WM 1993, 1464.

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Wahrscheinlich gilt dies auch für den Vertragshändler ohne Alleinvertriebsrecht.391 Dafür spricht zum einen, dass auch beim HV die Konkurrenzschutzpflicht unabhängig von einer zugewiesenen Exklusivität besteht. Zum anderen darf der Unternehmer nur unter Geltung eines Wettbewerbsverbots auf die unvoreingenommene Anpreisung seines Produktes durch den Händler vertrauen. Dieses Interesse besteht gleichfalls gegenüber dem Mittler ohne Alleinvertriebsrecht.392 Hinsichtlich der räumlichen Ausdehnung des Vertragsgebietes kann nichts Abweichendes als beim HV gelten. Auch beim Vertragshändler erstreckt sich daher das Konkurrenzverbot auf das gesamte Vertriebsgebiet des Unternehmers. Nach Art. 5 Abs. 1 der bis 2013 gültigen Kfz-GVO 1400/02 waren Wettbewerbsverbote grundsätzlich unzulässig. Damit sollte die Möglichkeit gefördert werden, Fahrzeuge unterschiedlicher Marken zu verkaufen, instand zu setzen und zu warten.393 Nach Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 sind die Wettbewerbsverbote auf 5 Jahre zu begrenzen (Vor § 84 Rn 221 ff.). (bb) Wettbewerbsverbot des Franchisenehmers. Auch im Franchising gilt ein aus 83 § 86 Abs. 1 abgeleitetes Verbot, demzufolge der Franchisenehmer während der Vertragsdauer zu dem Franchisegeber nicht gegenständlich und räumlich in Konkurrenz treten darf, und zwar weder selbst noch über Dritte.394 Meist wird ein solches Wettbewerbsverbot vertraglich unterstützt oder verstärkt. Beim Franchising steht insbesondere der Schutz des Know-hows des Franchisegebers im Vordergrund.395 Gerade um des Schutzes des Know-hows Willen gilt dieses Wettbewerbsverbot im gesamten Vertriebsgebiet des Franchisegebers und nicht nur in dem dem Franchisenehmer gegebenenfalls vertraglich zugewiesenen Gebiet.396 Rauser397 weist darauf hin, es bedürfe nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, dass ein gut geschulter, mit systemspezifischen Know-how ausgestatteter Franchisenehmer leichter dazu in der Lage sei, das erworbene Wissen selbst oder durch Dritte zum Schaden des Franchisegebers und des gesamten Franchisesystems ohne örtliche Bindung gewinnbringend einzusetzen. (6) Umfang des Wettbewerbsverbots. Der Umfang des Wettbewerbsverbots ist ein- 84 zelfallbezogen im Lichte der Treu- und Interessenwahrungspflicht398 und des mit der Tätigkeit einhergehenden Vertrauensverstoßes399 zu bestimmen. Mangels Anhaltspunkten, die eine abweichende Bewertung rechtfertigen, darf der HV ohne Zustimmung des Unternehmers keinen weiteren Unternehmer vertreten, der mit dem bereits vertretenen Unternehmer im Wettbewerb steht.400 Ist eine solche Wettbewerbslage nicht gegeben,

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391 Zum Meinungsstand Martinek/Manderla, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., 3. Aufl., § 22 Rn 69. 392 Emde WRP 2005, 1492 (1496). 393 Vgl. Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 701. 394 OLG München, Urt. v. 15.5.1999 – 29 U 4446/98, EWiR 1999, 595 (Martinek), Canaris § 18 Rn 42; Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 45; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 206; Teutsch in: Küstner/Thume III, Rn 1794; Skaupy Franchising, 2. Aufl. S. 180. 395 Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 48. 396 Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 50. 397 Rauser in: Metzlaff, Praxishandbuch Franchising, 2003, § 16 Rn 50. 398 Canaris § 17 Rn 42; wobei es nach Ansicht von Canaris eine Rolle spielen kann, ob der HV Abschlussoder Vermittlungsvertreter ist. 399 Döpfer EWiR 2010, 328. 400 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 19; Hopt § 86 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 33; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 64; Westphal I Rn 217 ff.; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42; von Brunn AcP 1964, 487; Birkhahn BB 1961, 1351 und 1962, 1108; Leo BB 1962, 1106; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 39 ff.

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darf der HV andere Unternehmer auch ohne Einverständnis des Unternehmers vertreten. Grundsätzlich ist dem HV anderweitige wirtschaftliche Tätigkeit gestattet,401 auch als Vertragshändler, Franchisenehmer oder sonstiger Vertriebsmittler. Ein gesetzliches Tätigkeitsverbot für andere Unternehmen gibt es nicht.402 Der HV muss ausdrücklich als Einfirmenvertreter mit einem Tätigkeitsverbot verpflichtet werden, falls der Unternehmer sich die vollständige Arbeitskraft des HV sichern will.403 Ein Wettbewerbsverbot greift nur ein, soweit die Tätigkeit geeignet ist, die Interessen des Unternehmers zu verletzen.404 Davon ist zum einen auszugehen, wenn der HV selbst als Unternehmer im selben Bereich (Rn 89 ff.) tätig wird,405 weil ihn dies in einen Interessenwiderstreit bringen könnte, zum anderen, wenn er einen Wettbewerber unterstützt und schließlich durch jedes Handeln, welches mittelbar oder unmittelbar die Interessen eines Konkurrenten stärkt.406 Konkurrenztätigkeit liegt mithin nicht nur im Vertrieb des Konkurrenzprodukts, sei es mit oder ohne förmliche Übernahme einer Konkurrenzvertretung, sondern in jeder sonstigen Hilfeleistung oder Unterstützung des Wettbewerbers und seines Produkts.407 Die Geringfügigkeit einer Wettbewerbstätigkeit oder etwa der Umstand, dass der Unternehmer an den an ein Konkurrenzunternehmen vermittelten Kunden kein eigenes wirtschaftliches Interesse hat, kann in Einzelfällen zwar zur einschränkenden Auslegung eines vertraglichen Konkurrenzverbots oder auch zu einem Anspruch auf Zustimmung zur Aufnahme der Konkurrenztätigkeit führen.408 Dass auch wirtschaftlich untergeordnete Vermittlungstätigkeiten für Konkurrenzunternehmen gegen § 86 bzw. vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbote verstoßen, entspricht gleichwohl einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur.409 Weil das Wettbewerbsverbot das vertragliche Vertrauensverhältnis sichern soll, reicht schon die Möglichkeit oder der Anschein,410 dass die Interessen des Unternehmers durch Aufnahme der Konkurrenzvertretung berührt werden könnten aus, um eine Erlaubnis des Unternehmers erforderlich zu machen. Dann liegt zudem der einen Wettbewerbsverstoß begründende Versuch einer Konkurrenztätigkeit vor. Darauf, ob die Dinge bis zu einer Schädigung, d.h. zu einem Absatzrückgang beim Unternehmer, gediehen sind, kommt es nicht an.411 Ein wettbewerbsförderndes Verhalten erfasst Versuch wie Vollendung. Dem Unternehmer, der aus seiner Sicht sich ein Urteil über die etwaigen Konkurrenzsituationen bei Erteilung der Erlaubnis zu bilden hätte, kann billigerweise nicht zugemutet werden, abzuwarten, ob und in welchem Umfange die Konkurrenzvertretung des HV zu einem Absatzrückgang führen wird; und dies um so weniger, als er nicht in der Lage zu sein pflegt, die

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401 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3a, 40. 402 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. 403 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 254. 404 BGHZ 42, 49 (61) unter Anführung der vorausgegangenen Entscheidungen; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3a, 40a. 405 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 406 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2215); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 407 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 408 LG Berlin, Urt. v. 20.1.2014 – 90 O 18/13; BGH VersR 1974, 570; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 = EWiR 2010, 327 (Döpfer). 409 OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 = EWiR 2010, 327 (Döpfer); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20 m.w.N. 410 BGH, Urt. v. 20.1.1969 – VII ZR 60/66, VersR 1969, 372 (373); OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 = EWiR 2010, 327 (Döpfer); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 29. 411 BGH DB 1968, 211.

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Werbetätigkeit des HV bei dem Absatz der konkurrierenden Artikel zu kontrollieren.412 Allenfalls kann bei einem „Rücktritt vom Versuch“ ein zur Kündigung berechtigender Vertrauenswegfall fehlen. Bereits das Angebot auf Übernahme einer Wettbewerbsvertretung parallel zur 85 Tätigkeit für den anderen Unternehmer bildet eine Vertragsverletzung und nicht erst die tatsächliche Aufnahme der Tätigkeit.413 Die Übergänge zum allgemeinen Schädigungsverbot sind fließend. Das Wettbewerbsverbot regelt zudem nur das Wettbewerbsverhältnis zum Unternehmer, nicht zu dessen Kunden.414 Aus der Interessenwahrungspflicht kann sich – je nach der Situation – jedoch die Pflicht ergeben, Kunden des Unternehmers nicht zu schädigen.415 Zu weit geht die Auffassung von Schröder,416 der HV müsse zu einer jeden Erwerbstä- 86 tigkeit – also auch einer solchen ohne wettbewerblichen Einschlag –, die er neben seiner Vertretung übernehmen wolle, den Unternehmer um Erlaubnis fragen, wenn die Ausübung jener Tätigkeit den vollen Einsatz des HV beeinträchtigen könne. Diesen Inhalt hat die Loyalitätspflicht nicht. In der Entscheidung BGH MDR 1954, 606, auf die Schröder sich bezieht, ist das nicht gesagt. Der HV ist selbständiger Kaufmann und in seiner wirtschaftlichen Betätigung grundsätzlich unbeschränkt. Der HV-Vertrag als solcher verpflichtet ihn nicht dazu, so viel an Aufträgen hereinzuholen, wie ihm dies bei größter Anspannung möglich wäre: er hat sich um die Erzielung angemessener Ergebnisse zu bemühen. Solange er dies gewährleistet, ist der HV nicht gehindert, durch Aufnahme einer weiteren Erwerbstätigkeit sich sogar ein „Übersoll“ an Arbeit zuzumuten,417 es sei denn, die ordnungsgemäße Tätigkeit für die bisherigen Unternehmer wird offensichtlich beeinträchtigt.418 Das hat er selbst zu beurteilen und zu vertreten; Zwang zur vorsorglichen Einholung einer Erlaubnis beim Unternehmer, woraufhin er eine fristlose Kündigung nach § 89a zu gewärtigen hätte, falls sie nicht eingeholt worden ist, wäre mit seiner Selbständigkeit unvereinbar. Ob der HV dem Unternehmer jede andere Tätigkeit mitzuteilen hat,419 ist ebenso fraglich. Dafür spricht, dass der Unternehmer eventuelle – dem HV möglw. nicht erkennbare – Loyalitätskonflikte einschätzen möchte. Dagegen, dass der HV mangels entgegenstehender Abrede nicht als Einfirmen-HV beschäftigt wurde. Im Zweifel – aber nur dann – spricht mehr für eine Mitteilungspflicht, zumal der HV bei vertragsgemäßem Verhalten nichts zu befürchten hat. Ganz sicher hat die Information bei erkennbarer Berührung der Unternehmerinteressen zu erfolgen. Die unterlassene Nachricht bildet zwar eine Pflichtverletzung. Naheliegend ist aber fehlendes Verschulden, insb. Rechtsirrtum. Deshalb ist nur in krassen Fällen Schadenersatz und Kündigung nach § 89a gerechtfertigt. Zu großzügig ist andererseits die Ansicht von Birkhan,420 das Wettbewerbsverbot be- 87 ginne erst dort, wo der HV die Waren des einen Unternehmers herabsetze. Nach Meinung von Birkhan kann es im Sinne des Geschäftsherrn liegen, wenn der HV ein möglichst breites Sortiment – auch von anderen Unternehmern – vertritt und dem Kunden vorzulegen in der Lage ist, weil die dadurch gegebene Verbreiterung der Kontaktbasis letzten Endes allen beteiligten Unternehmern zugute komme. Gegen seine Ansicht sprechen zum einen Nachweisschwierigkeiten. Zum anderen muss der Unternehmer seinem HV uneinge-

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Leo S. 1107. Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 259; Hopt § 86 Rn 28. Hopt § 86 Rn 26. Strenger zu Lasten des Unternehmers wohl OLG Köln HVR (02), 978; Hopt § 86 Rn 26. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a, 41. OLG Frankfurt/Main MDR 1979, 761. Eberstein S. 70. Dafür BGH WM 1977, 319; Hopt § 86 Rn 28. S. 1353, 1354 (unter Hinweis auf OLG Hamburg MDR 1955, 422).

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schränkt vertrauen und jeden Informationsfluss zum Wettbewerber ausschließen können. Die Entscheidung des OLG Hamburg, auf die Birkhan sich berief, war problematisch und auch vereinzelt geblieben; ihre Bestätigung durch den BGH421 ist denn auch nur im Hinblick auf die Besonderheit des Einzelfalles erfolgt, nicht dagegen wegen ihrer übrigen allgemein gehaltenen Thesen, die der BGH, wie die Fassung der Entscheidungsgründe des Revisionsurteils ergibt, eher ablehnen zu wollen scheint. Auch die grundsätzliche Kritik von Steindorff422 am Wettbewerbsverbot, es könne nicht richtig sein, dass der Unternehmer ein Geschäft des HV zurückweisen dürfe, ohne dass der HV nun einen Wettbewerber vertreten könne, ist zwar auf den ersten Blick charmant, geht jedoch zu sehr vom Einzelfall aus,423 zumal der Unternehmer eben nicht schlechthin frei ist in der Ablehnung des vermittelten Geschäfts, sondern nur aus unternehmerisch vertretbaren Gründen ablehnen darf (zum Dispositionsrecht des Unternehmers § 86a Rn 73 ff.), was wiederum der HV als sein Provisionsrisiko tragen muss. Will der HV eine gegen das Wettbewerbsverbot verstoßende Tätigkeit aufnehmen und verweigert der Unternehmer seine Zustimmung, darf der HV nicht aus wichtigem Grunde gem. § 89a kündigen.424 88 Gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen etwa folgende Tätigkeiten: – Abwerben anderer HV oder von Personal des Geschäftsherrn zugunsten eines Wettbewerbers425 – das Angebot, während der Vertragsdauer für die Produkte eines Konkurrenten zu werben426 oder zu zu dieser Zeit die Handelsvertretung zu übernehmen427 – Nutzung der von einem Unternehmer zur Verfügung gestellten Adressen für die Werbung von Kunden zu Gunsten eines Wettbewerbers428 – Handeln als Aufkäufer auf eigene Rechnung, etwa wenn der HV Einkaufsvertreter ist (deshalb auch nicht durch „Selbsteintritt“ in das vermittelte Geschäft – keine analoge Anwendung des § 400) – Belieferung von Kunden eines Wettbewerbers429 – Beratung eines Wettbewerbers430 – Beteiligung an Wettbewerbern,431 auch als stiller Gesellschafter,432 wohl aber nicht bei rein kapitalmäßiger Beteiligung, z.B. mit unbedeutender Aktienbeteiligung – Bürogemeinschaft mit Wettbewerber oder dessen Vertriebsmittler433 – Im Franchisebereich, wenn trotz anderen Namens der Betrieb nach seinem äußeren Erscheinungsbild und der gesamten Geschäftsorganisation als dem Franchisesystem zugehörig angesehen werden muss, insb. bei Übernahme der Ladeneinrichtung und der markanten Farbgestaltung434

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421 LM Art. 7f EGBGB [Deutsches Internationales Privatrecht] Nr. 1. 422 S. 84 ff. 423 Kritisch auch Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 34. 424 Differenzierend Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40a. 425 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 426 BGH WM 1977, 318, OLG Nürnberg BB 1961, 64; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 24; Hopt § 86 Rn 28, MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 44. 427 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 24; Hopt § 86 Rn 28. 428 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811. 429 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 430 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 431 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 432 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 433 BGH VersR 1969, 372 (373); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 261; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 28. 434 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 = BB 2014, 719 m. Anm. Ayad – Wettbewerb des FG.

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Gründung eines Wettbewerbsunternehmens Handeln als Großhändler oder Händler gleicher Vertriebsstufe Hilfsdienste für einen Wettbewerber,435 etwa Nachrichten, Beratung436 Information der Kunden durch den HV über die nachvertragliche Tätigkeit für einen Wettbewerber.437 Dem Vertragshändler438 und dem Unternehmer439 soll ein solches Recht angeblich zustehen Kritik an der Ware des Geschäftsherrn, verbunden mit gleichzeitigem Lob der Ware des Konkurrenten440 Tätigkeit als Organ einer Wettbewerbsartikel vertreibenden oder produzierenden Gesellschaft Tätigkeit als Produzent441 Überlassen von Kundenlisten oder sonstigen der Geheimhaltung unterliegenden Informationen an einen Wettbewerber442 Überlassung von Geschäfts- oder Lagerräumen an einen Wettbewerber oder dessen Vertriebsmittler443 Umdecken von Kunden des vertretenen Versicherers zu Lasten eines Wettbewerbers444 oder Unterstützung dabei445 Vertretung eines Wettbewerbers446 Vorschieben anderer Personen zu Wettbewerbshandlungen, etwa der Ehefrau oder eines sog. Strohmannes447 Handeln als Werbeunternehmer oder in sonstigen Hilfsfunktionen448 für Konkurrenzunternehmen sonstige (mittelbare) Förderung des Wettbewerbers449 Zuführung von HV an den Wettbewerber450 (bei bloßen Freundschaftsdiensten fraglich). Nicht gegen das Wettbewerbsverbot verstößt: die Beteiligung an einem ruhenden Unternehmen ohne Vermittlungstätigkeit.451

(a) Wettbewerbslage. Das Konkurrenzverbot besteht, sofern sachlich, räumlich und 89 zeitlich in nicht unerheblichem Maße452 eine Wettbewerbslage existiert.453 Jene ist nicht subjektiv aus der Sicht des Unternehmers, sondern objektiv zu bestimmen. Denn

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435 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2215); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 436 Hopt § 86 Rn 28. 437 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 438 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 439 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 440 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 441 BGH DB 1958, 512. 442 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 443 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 444 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Blankenburg VersR 2010, 581. 445 Blankenburg VersR 2010, 581. 446 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. 447 OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Hopt § 86 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 448 Maier S. 500. 449 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 260; Hopt § 86 Rn 28. 450 Hopt § 86 Rn 28. 451 LG Hamburg, Urt. v. 8.8.2008 – 332 O 351/07, n.v. 452 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 255. 453 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20.

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sonst regelten übertriebene Befindlichkeiten des Unternehmers den Umfang des Wettbewerbsverbots und nicht die tatsächliche Sachlage. Der Eintritt einer Schädigung beim Unternehmer ist nicht erforderlich, da dem Unternehmer ein Abwarten bis zu deren Eintritt unzumutbar wäre.454 Die h.A. ist strenger zu Lasten des HV: Da der HV eigene Interessen gegenüber de90 nen des Unternehmers zurückzustellen habe, sei in Zweifelsfällen eine eher großzügige Wertung zugunsten des Unternehmers angebracht. Deshalb legt die Rechtsprechung bei der Beurteilung, ob eine Konkurrenzsituation existiert, einen strengen Maßstab an.455 Unter Umständen genügt der Anschein einer Konkurrenztätigkeit456 und die Möglichkeit einer Interessenberührung; in Zweifelsfällen entscheidet der Unternehmer,457 dem der Sachverhalt vollständig mitzuteilen und dessen Zustimmung einzuholen ist.458 Bei der Beurteilung solcher Zweifelsfälle ist zu berücksichtigen, dass weniger die Möglichkeit einer tatsächlichen Schädigung entscheidend ist als vielmehr die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmer und HV.459 Jedoch muss auch aus der Warte der h.A. die Wertung des Unternehmers objektiv nachzuvollziehen sein (Korrektiv),460 nicht anders als etwa der Befangenheitsantrag gegenüber einem Richter, der aus subjektiver Wertung der Parteien objektiv durch einen Dritten nachvollzogen werden muss. Besteht keine Wettbewerbslage oder vertritt der HV mehrere Unternehmer mit in 91 Wettbewerb stehenden Produkten, hat der HV die Produkte jedes Unternehmers in gleicher Weise zu fördern und zu präsentieren.461 Er braucht aber nicht sein Urteil über Vorund Nachteile zu unterdrücken.462 Der HV ist in der Zuweisung des Geschäfts zu einem oder dem anderen Produkt nicht frei,463 sondern muss alle Unternehmer grundsätzlich gleich behandeln. 92

(b) Sachlicher Geltungsbereich. Eine Konkurrenzlage besteht bei Austauschbarkeit – Substituierbarkeit – der Produkte aus der Sicht des Verbrauchers (Kunden)464 auf dem sachlich relevanten Markt,465 oder umständlicher: Die Wettbewerbslage besteht in sachlicher Hinsicht zwischen den vom HV vertragsgemäß zu vertreibenden Produkten (Waren oder Dienstleistungen) des Unternehmers und denjenigen seiner Konkurrenten, welche aus Sicht potentieller Abnehmer die Aufgaben und Zwecke der Produkte des Unternehmers ebenfalls erfüllen können466 (gattungsmäßige Gleichheit). Absolute Identität, Gleichartigkeit oder Vergleichbarkeit der Waren nach Preis, Aussehen oder Qualität bzw. Überschneidung der Angebotspalette sind nicht erforderlich.467 Entscheidend bleibt, ob

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454 BGH DB 1968, 211. 455 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 46; Westphal I Rn 218. 456 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22. 457 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 258; Thume in: Röhricht/ Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 32; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. 458 BGH DB 1958, 512; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 32. 459 BGH BB 1968, 60; Westphal I Rn 218. 460 Siehe Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 32 „der subjektive Standpunkt des Unternehmers müsse eine beachtliche objektive Grundlage haben“. 461 Hopt § 86 Rn 24. 462 BGH, Urt. v. 27.2.1976; zit. nach v. Gamm NJW 1979, 2491; Hopt § 86 Rn 24. 463 Hopt § 86 Rn 24. 464 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 255; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 465 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 466 OLG München BB 1955, 714; OLG Celle BB 1970, 228; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 467 BGH DB 1958, 512; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 27.

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aus Sicht der Kunden Wettbewerb besteht, weil diese bereit sein können, anstelle der Produkte des Unternehmers auf diejenigen des Konkurrenten zuzugreifen.468 Damit scheidet eine Konkurrenzlage in sachlicher Hinsicht nur hinsichtlich solcher Waren aus, bei denen die Gefahr einer Verdrängung des Unternehmers vom Markt nicht in Betracht kommt,469 etwa weil sie von der Funktion her ganz unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen oder sich an verschiedenartige, nicht austauschbare Kundenkreise wenden.470 Ferner greift die auch aus § 90a bekannte Beschränkung auf die Geschäfte ein, welche der HV nach dem Vertrag zu vermitteln oder abzuschließen hat.471 Das Verbot bezieht sich daher nicht auf sämtliche Artikel und Leistungen des Unternehmers.472 Nach der kartellrechtlichen Definition des Art. 1 Abs. 1 lit. b GVO 330/10 sind Wettbewerbsverbote alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen, die den Vertriebsmittler veranlassen, keine Waren oder Dienstleistungen herzustellen, zu beziehen, zu verkaufen oder weiterzuverkaufen, die mit den Vertragswaren oder -dienstleistungen im Wettbewerb stehen sowie alle unmittelbaren oder mittelbaren Verpflichtungen des Mittlers, mehr als 80% seiner auf der Grundlage des Einkaufswertes der vorherigen Kalenderjahre berechneten gesamten Einkäufe von Vertragswaren oder -dienstleistungen sowie ihrer Substitute auf dem relevanten Markt vom Unternehmer oder einem anderen vom Unternehmer bezeichneten Unternehmen zu beziehen. Diese kartellrechtliche Regelung ist im HV-Recht nicht unmittelbar maßgeblich, kann aber in Zweifelsfällen bei der Auslegung berücksichtigt werden. Durch den Absatz nicht miteinander konkurrierender Produkte in einem gleichartigen Vertriebssystem entsteht keine Konkurrenzlage.473 Nach einer Ansicht genügt die Überschneidung oder besser: Substituierbarkeit hin- 93 sichtlich einzelner Teile des Sortiments474 aus der Sicht des Verbrauchers, und zwar sogar dann, wenn das konkret vertriebene Sortiment vom Unternehmer nicht produziert wird.475 Richtig ist, dass gegenständlich und wirtschaftlich unbedeutende Überschneidungen nach Abnehmerkreis, Qualität, Preis und Verwendungszweck476 außer Betracht bleiben. Positiv gewendet: Genügend ist die Substituierbarkeit hinsichtlich einzelner, jedoch nicht ganz unbedeutender Teile477 des Sortiments.478 Identität, Gleichartigkeit, Vergleichbarkeit der Waren nach Abnehmerkreis, Preis, Ausstattung, Güte oder Qualität sind dabei Indikatoren für die Substituierbarkeit, absolute Gleichheit ist nicht erforderlich.479 Werden die Produkte an völlig separate Kundenkreise vertrieben und besteht keine Chance der Umwerbung, existiert keine Wettbewerbslage.480 Ist der HV mit der Vertretung nur eines Sektors aus dem Lieferprogramm seines Unternehmers betraut, bleibt er an der Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit für die übrigen Bereiche nicht gehindert.481 Bei über-

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468 OLG Düsseldorf HVR Nr. 1044; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 27. 469 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. 470 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 471 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 472 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 473 OLG München NJW-RR 1995, 292 (293); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 474 OLG Düsseldorf HVR Nr. 1044; OLGR 1999, 53; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 27; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38. 475 Hopt § 86 Rn 27; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38 (wohl zu weitgehend). 476 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 255; Hopt § 86 Rn 27. 477 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 31. 478 BGH HVR Nr. 164; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 53; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 479 OLG Celle BB 1970, 228; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35; aA wohl Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 37. 480 Maier BB 1979, 500 (501); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 481 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38.

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schneidenden Produktionsprogrammen des Unternehmers fehlt mithin eine Wettbewerbstätigkeit, falls der HV für einen Unternehmer, der die Artikel A, B und C herstellt, nur den Artikel A und für den Konkurrenten, der die Artikel B, C und D herstellt, nur den Artikel D verkauft.482 Will der Unternehmer auch derartiges unterbinden, muss er sich das im Vertrag ausbedingen. Allerdings sind auch hier besondere Fallgestaltungen denkbar, in denen die erwerbswirtschaftliche Betätigung des HV auf anderen Feldern die Belange des Unternehmers so empfindlich schädigt, dass dies auf die Bereiche „durchschlägt“, mit deren Vertretung im engeren der HV betraut ist: dann hat er auch einen so sich auswirkenden Wettbewerb zu unterlassen.483 Die zur Neukundenwerbung nach § 89b ergangene Entscheidung des BGH, derzufolge es an der Substituierbarkeit bei unterschiedlichen Branchenverzeichnissen desselben Verlags fehlt,484 wird sich nicht übertragen lassen. Entscheidend ist nicht, welche Waren der Wettbewerber „sonst noch“ vertreibt, sondern ob – wenn auch nur in einem nicht unwesentlichen Teilbereich – eine Wettbewerbslage existiert. Anderenfalls wären Wettbewerber mit breiter Produktpalette bevorzugt. Immer ist aber auf die Produkte des jeweils vertretenen Unternehmens abzustellen, nicht auf die Produktpalette eines mit ihm verbundenen Unternehmens. Denn sofern der HV keine Vorteile aus der Vertretung der verbundenen Unternehmen ziehen kann, darf ihm auch nicht der Nachteil des Wettbewerbsverbots obliegen. Bleiben die vom HV vertriebenen anderen Artikel wettbewerbsneutral, so wird der Vertrieb noch nicht ohne weiteres dadurch unzulässig, dass er den fremden Auftraggeber wirtschaftlich gegenüber dem eigenen Unternehmer des HV zu stärken vermag.485 94 Bei sachlicher Überschneidung ist die räumliche Nähe der Wettbewerbshandlung zu dem Geschäftslokal des Mittlers irrelevant: Zum Wettbewerbsverstoß genügt etwa der Vertrieb eines Wettbewerbsprodukts in einer 70 km entfernten Werkstatt an einem nicht mehr im Einzugsbereich der für den Unternehmer betriebenen Tankstelle belegenen Ort. Entscheidend bleibt die Störung des Vertrauensverhältnisses zum Unternehmer.486 Ob zukünftige Produkte des Unternehmers durch das Wettbewerbsverbot geschützt sind, hängt davon ab, ob sie zu den vom HV zu vertreibenden gehören. Das ist, wie oben, Rn 18f ausgeführt, regelmäßig der Fall.487 Nach diesen Maßstäben soll in folgenden Fällen eine Überschneidung vorlie95 gen: – Bei einer Blusenkollektion, die sich im Hinblick auf mehrere Artikel mit den vom vertretenen Unternehmen vertriebenen Blusen in Genre und Preisklasse überschnitt488 – Bei Doppelvertrieb der Zubehörteile des Unternehmers A und B, selbst wenn die Teile weder mengen- noch preismäßig ins Gewicht fallen489 (zwh., da wohl nur eine unbedeutende Überschneidung der Produktpalette vorlag). Zumindest kann es nach den Umständen des Einzelfalles Treu und Glauben widersprechen, falls der Unternehmer den HV-Vertrag im Falle einer lediglich geringen Überschneidung außerordentlich kündigt490

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482 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 38; aA OLG Düsseldorf OLGR 1999, 53; Hopt § 86 Rn 27; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 483 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42, 42a. 484 BGH, Urt. v. 28.4.1999 – VIII ZR 354/97, NJW 1999, 2668 (2670) = ZIP 1999, 1094. 485 Maier S. 501. 486 BGH MDR 1977, 289. 487 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 488 BGH HVR Nr. 164. 489 BGH, Urt. v. 21.10.1963 – VII ZR 103/62; zit. nach Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 57; ähnlich OLG Celle BB 1970, 228. 490 BGH BB 1968, 60 = DB 1968, 211.

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bei der Vermittlung von Rostschutzfarben, selbst wenn beide Rostschutzfarben auf unterschiedlicher Rohstoffgrundlage hergestellt wurden491 Beim Vertrieb von Konkurrenzware, bei der es sich um eine „Marktlücke“ handelt, weil der entsprechende Abnehmerkreis vom bisher vertretenen Unternehmen nicht bearbeitet wird. Denn es sei die Pflicht des HV, derartige „Marktlücken“ in werbender Tätigkeit für die Erzeugnisse des vertretenen Unternehmens nutzbar zu machen.492 Jedoch dürfte anders zu entscheiden sein, falls der Unternehmer nach Hinweis des HV auf die Nutzung der Marktchance verzichtet. Denn dann liegt ein bewusster Verzicht auf die Vertriebschance vor Im Falle des Vertriebs von Weinen der unteren und mittleren Mosel.493 Eine Konkurrenztätigkeit wurde dagegen verneint: 96 Beim Vertrieb einerseits von Kühlschränken für Privathaushalte und andererseits von Kühlschränken für die Gastronomie494 Wenn der HV einerseits von dem Wettbewerber A lediglich das Produkt 1 vertritt, von dem Wettbewerber B jedoch nur das Produkt 2.495 Begründung: Auch hier interessiert nicht, welche Produkte der Wettbewerber „ansonsten“ außerhalb des vertraglich zum Vertrieb vorgesehenen Programms herstellt. Eine unzulässige Konkurrenz liegt jedoch vor, sofern der HV auch Waren übernimmt, die beide Unternehmer herstellen Bei Vertrieb einerseits eleganter Damenschuhe mit hohen Absätzen und andererseits Damenschuhen sportlicher Machart mit flachen Absätzen (unterschiedlicher Verwendungszweck)496 Bei nicht austauschbaren Kundenkreisen, etwa Handfertigung für exklusive Käufer im Vergleich zu maschineller Produktion.497

Wie auch sonst gilt: Im Zweifel gebieten Interessenwahrnehmungspflicht sowie 97 wechselseitige Treupflichten es dem HV, den Unternehmer zu fragen, ob gegen die beabsichtigte Übernahme der Vertretung etwas einzuwenden ist498 und bis zu einer unverzüglichen Antwort die Vertretung des anderen Unternehmers zu unterlassen. Ohne ggf. konkludent erklärte Zustimmung des Unternehmers (Rn 114 ff.) begeht der HV eine Vertragsverletzung. Jedoch kommt es auf die tatsächliche Rechts- und Sachlage und nicht das subjektive Befinden des Unternehmers an, ob die Wettbewerbstätigkeit zulässig oder unzulässig ist. Da jedoch bereits der Anschein einer Verletzung der Interessenwahrnehmungspflicht schädlich ist, und ein Verstoß schon in Zweifelsfällen vorliegen kann, muss der HV vorsichtig sein. Dass jedoch in allen Zweifelsfällen, in denen der Unternehmer die Tätigkeit des HV nicht gestattet, jene (auf Dauer) zu unterlassen ist,499

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491 BGH, Urt. v. 21.3.1966 – VII ZR 116/64; zit. nach Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 63. 492 OLG Celle BB 1970, 228. 493 OLG München HVR Nr. 107; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. 494 OLG München BB 1983, 1835; Thume BB 1994, 2358. 495 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 60. 496 BGH, Urt. v. 25.4.1966 – VII ZR 89/64; zitiert nach Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 63; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 37; Begründung: Es bestehe immer die Gefahr, dass der Käufer der Damensportschuhe wegen ihrer guten Qualität sich später auch für die von B hergestellten oder demnächst herzustellenden hochhackigen Damenschuhe interessiere. 497 Hopt § 86 Rn 27. 498 BGH v. 25.3.1985, BB 1985, 425, DB 1958 512, ähnlich schon MDR 1954, 606; OLG München BB 1956, 20; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 24. 499 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 24.

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verkürzt die Rechtsposition des HV zu sehr. Zeigt der Unternehmer sich nach gehöriger Aufklärung darüber, dass der beanstandete Vertrieb in Wahrheit wettbewerbsneutral ist, unnachgiebig und beharrt er auf seiner ablehnenden Haltung, so hat der HV Grund, nach ergebnisloser Abmahnung fristlos zu kündigen. Er darf aber statt dessen auch die Weigerung des Unternehmers als unverbindlich behandeln und sie unbeachtet lassen, tut das allerdings, wenn der Unternehmer daraufhin Konsequenzen zieht und es darüber zum Prozess kommt, auf sein Risiko. (c) Räumlicher Geltungsbereich. Nach h.A. soll sich das Wettbewerbsverbot räumlich auf das gesamte Gebiet, in welchem der Unternehmer seine Produkte vertreibt und über das eigene Einzugsgebiet oder den Bezirk500 des HV hinaus erstrecken.501 Erkennbar bevorstehende502 und naheliegende503 Produkt-, Gebiets- oder Kundenerweiterungen des Unternehmers werden mitumfasst; jedoch nicht unbestimmte „potentielle“ Produkterweiterungen.504 Auch Vertriebsgebiete, in denen der Unternehmer zwar bislang nicht tätig ist, aber eine solche Tätigkeit plant, können damit für den HV gesperrt sein, nämlich dann, wenn dem HV die baldige Aufnahme des Vertriebs in diesem Bereich erkennbar ist.505 Diese weite räumliche Erstreckung erscheint prima vista ungerecht, weil der Unter99 nehmer über den örtlichen Geltungsbereich des Vertriebsvertrages (mit)bestimmt und es daher auch ihm zuzurechnen ist, falls ein einzelner HV lediglich einen Teilbereich des gesamten Vertriebsbereiches betreut. Die Ansicht bildet zudem eine nicht erklärte Abweichung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot des § 90a. Vertretbar wäre auch Folgendes anzunehmen: Sofern der HV nur einen kleinen Bezirk bearbeitet und lediglich aus ihm Vorteile ziehen kann, soll er nicht daran gehindert sein, an anderer Stelle für einen Wettbewerber des Unternehmers akquisitorisch tätig zu werden.506 Jedoch ist auch zu berücksichtigen, dass Vertrauen unteilbar ist. Bei realistischer 100 Betrachtung könnte nämlich ein objektiver Dritter nicht ausschließen, der HV werde die in einem Vertriebsgebiet erhaltenen internen Informationen zu den Produkten eines Wettbewerbes in dem anderen Vertriebsgebiet nutzen oder ein Geschäft dorthin verlagern, wo es für ihn am vorteilhaftesten ist. Das gilt insbesondere, wenn das Vertriebssystem des Unternehmers auf spezifischem Know-Hows aufbaut, etwa in franchiseähnlichen Vertriebssystemen. Folglich hat ein objektiver Unternehmer durchaus ein Interesse daran, dass „sein“ HV Waren eines Wettbewerbers überhaupt nicht, also auch nicht in anderen Vertriebsgebieten, vertreibt.507 Es ist allerdings nicht sicher festzustellen, ob die einen Verstoß gegen das Konkurrenzverbot befürwortende h.M. in erster Linie an ein Wettbewerb in eng aneinander liegenden Vertriebsgebieten denkt, etwa innerhalb Deutschlands, oder ob auch der Fall erheblicher räumlicher Distanz erfasst werden 98

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500 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43a. 501 BGH, Urt. v. 19.11.1976 – I ZR 84/75, MDR 1977, 289 (290) – zwar vertragliches Wettbewerbsverbot, aber in der Formulierung an gesetzliches Wettbewerbsverbot angelehnt; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 255; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 17; Hopt § 86 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43a; Westphal I Rn 227; aA (nur auf den Vertreterbezirk) Maier BB 1979, 500 (501); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 37. 502 Hopt § 86 Rn 27. 503 AA Hopt § 86 Rn 27. 504 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 505 Ähnlich Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 506 So auch MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 37. 507 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20.

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soll. Die h.M. macht keine Unterscheidung, so dass davon ausgegangen werden muss, dass sie auch den Fall erheblicher räumlicher Distanz erfasst. Dafür spricht, dass der weite räumliche Geltungsbereich aus dem Vertrauensgrundsatz hergeleitet wird. Der durch einen Wettbewerbsverstoß herbeigeführte Vertrauensverlust ist aber nicht größer oder kleiner, nur weil die Vertriebsgebiete weiter auseinander liegen. Ausnahmen von dem Verständnis der h.M. sind vorstellbar, jedoch wenig praktisch. Zu denken wäre an eine Ausnahme etwa dann, wenn die betroffenen Märkte vollkommen verschieden und die Informationen eines Vertriebsgebietes deshalb in dem anderen Vertriebsgebiet wertlos sind. Im Ergebnis kommt es auf den Einzelfall an, weil die Interessenwahrungspflicht trotz zulässiger, geringer Generalisierungen immer auf den Einzelfall abstellt. Außerhalb des Vertriebsgebiets seines Unternehmers darf der HV – als Grundregel – 101 für einen anderen Unternehmer tätig werden. Jedoch könnte man auch hier je nach den maßgeblichen Tatsachen eine gegenteilige Ansicht vertreten. Denn der HV erhält aus seiner Tätigkeit für den einen Unternehmer Informationen, mit denen er die Geschäfte des anderen Unternehmers außerhalb des Vertriebsgebietes des ersten Unternehmers fördert. Dass er dessen wirtschaftliche Stärke („economy by scale“) unterstützt, was die Wettbewerbsfähigkeit auch außerhalb des dem HV zugewiesenen Bezirks stärkt, ist dagegen grundsätzlich zulässig. Es liegt zwar eine generelle Förderung der Geschäfte des zweiten Unternehmers vor, die mittelbar die Wettbewerbsposition auch auf dem von beiden Unternehmern beworbenen Markt unterstützt, sie ist jedoch grundsätzlich nicht zu beanstanden. Auch hier kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, wobei angesichts der bewussten Beschränkung des ersten Unternehmers auf einen kleineren Markt eine Vermutung dafür sprechen sollte, dem HV die Werbung für die Produkte des zweiten Unternehmers mit größerem Vertriebsgebiet zu gestatten. (d) Zeitlicher Geltungsbereich des Wettbewerbsverbots. Das gesetzliche Konkur- 102 renzverbot greift wie die gesamte Interessenwahrnehmungspflicht nur vertragsbegleitend ein. Es endet daher mit der rechtlichen Vertragsbeendigung.508 Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot dagegen muss von den Parteien vereinbart werden.509 Wurde der HV-Vertrag unwirksam gekündigt, hat der HV gleichwohl das Wettbewerbsverbot zu beachten, weil er weiterhin allen Vertragspflichten unterliegt.510 Das gilt auch (aber § 242 BGB), falls der Unternehmer eindeutig unberechtigt kündigt und die Dienste des HV ablehnt.511 Will der HV diese Folge vermeiden, muss er die unwirksame Kündigung (ggf. nach Abmahnung) selbst zum Anlass einer – ausgleichserhaltenden – Kündigung aus wichtigem Grund nehmen. Ebenso trägt der HV das Risiko und die Folgen einer verbotenen Wettbewerbstätigkeit, sofern er eine Konkurrenztätigkeit aufnimmt, obwohl der Unternehmer die vom HV ausgesprochene außerordentliche Kündigung für unwirksam hält.512 Bleibt der HV nach der Kündigung eines Vertriebsgebietes noch in einem anderen Vertriebsgebiet für den Unternehmer tätig, unterliegt er auch im ehemaligen Vertriebsgebiet selbst ohne nachvertragliches Wettbewerbsverbot einem aus der Interessenwah-

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508 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 25. 509 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 40; Westphal I Rn 217. 510 BGH, Urt. v. 30.6.1954 – II ZR 26/53, BB 1954, 647 (648); BGH NJW-RR 1992, 481 (482); BGH, Urt. v. 12.3.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJW-RR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker); NJW 1964, 817; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 100; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 75, § 86 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 6a, 20a, § 86 Rn 42a; Hoss DB 1997, 1818 ff. 511 AA OLG Köln HVR (02) Nr. 978; Hopt § 86 Rn 28. 512 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 25.

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rungspflicht hergeleiteten Wettbewerbsverbot (Rn 98 ff.). Denn wie ausgeführt erstreckt sich das aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitete Wettbewerbsverbot auf das gesamte Verkaufsgebiet des Unternehmers. Auch im Falle einer Freistellung des HV von weiterer Tätigkeit gilt das Wettbewerbsverbot bis zum Vertragsende.513 Keine Wettbewerbshandlung stellt die vertragsbegleitende Suche nach einer 103 Nachfolgetätigkeit sowie der Abschluss eines sie betreffenden Vertrages dar. Sie ist zulässig (§ 89 Rn 62). In Vertragshändlerverträgen, Franchiseverträgen oder unechten HV-Verträgen 104 (dazu Vor § 84 Rn 221 ff.) verstößt ein unbefristetes Wettbewerbsverbot gegen Art. 101 AEUV. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 stellt lediglich Wettbewerbsverbote bis zu einer Höchstdauer von fünf Jahren von dem Verbot des Art. 101 AEUV frei. Dass in Deutschland § 86 ein unlimitiertes, vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot entnommen wird, schließt die Nichtigkeit nach Art. 101 AEUV nicht aus. Art. 101 AEUV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10 verdrängt das zeitlich unbegrenzte Wettbewerbsverbot des § 86 im Wege der kartellrechtlichen Spezialität.514 Nach Ablauf der Fünfjahresfrist setzt sich deshalb ein vertragliches Wettbewerbsverbot auch nicht als solches dispositiven Rechts fort.515 Die Unwirksamkeit des Wettbewerbsverbots wird nur abgewendet, falls gem. Art. 101 Abs. 3 AEUV die positiven Effizienzgewinne die aus dem Wettbewerbsverbot entstehenden Nachteile überwiegen. Mögliche Fallgruppen hat die Kommission in Tz 106 ff., 122 ff. der Leitlinien zur GVO 330/10 beschrieben. In echten HV-Verträgen (Vor § 84 Rn 138 ff.) ist hingegen auch ein fünf Jahre übersteigendes Wettbewerbsverbot unbedenklich. (7) Nachträgliches Entstehen einer Wettbewerbssituation (a) Allgemeines. Konkurrenzsituationen können sich auch nachträglich und ohne Zutun des HV entwickeln. Der HV hat, als Beispiel, zwei Unternehmen zu vertreten, deren Erzeugnisse (noch) nicht im Wettbewerb stehen; nachträglich nimmt einer von beiden Artikel in sein Produktionsprogramm auf, die nunmehr mit denen des anderen Unternehmers konkurrieren. 516 Das Risiko des nachträglichen Entstehens der Wettbewerbssituation ist im Verhältnis zwischen dem seine Produktpalette erweiternden Unternehmer und dem HV zu klären, wobei das Veranlasserprinzip zu beachten ist: Das Risiko der Produkterweiterung trägt in erster Linie der erweiternde Unternehmer, erst in zweiter Linie der mit ihm in Vertragsbeziehungen stehende HV. Der nicht erweiternde Unternehmer ist hingegen in keiner Beziehung „Risikoveranlasser“. Diese Wertung ist bei der Untersuchung der Rechtsfolgen einer solchen Erweiterung zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist der HV – je nach den Verhältnissen des einzelnen HV-Vertrags – 106 berechtigt und verpflichtet, bei Ausweitung der Produktpalette eines Unternehmers auch die neu eingeführten Produkte zu vertreiben, wenn sie mit den bisher vertriebenen Produkten verwandt sind (Rn 18 ff.). Nur im Falle einer solchen Verwandtschaft und der Verpflichtung zur Übernahme der Vertretung dieser Produkte kann es zu Konfliktsituationen kommen. Nicht verwandte Produkte braucht der HV nicht zu vertreiben. Hier muss dem HV insbesondere von dem Unternehmer, dessen Artikel die zeitliche Priorität in der Vertretung genießen, Gelegenheit gegeben werden, das Vertragsverhältnis zu dem sein 105

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513 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 97. 514 Emde WRP 2005, 1492 ff. 515 Emde BB 2006, 1061 (1066). 516 Siehe BGH DB 1960, 1305 und LG Frankfurt/Main DB 1966, 499; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 36.

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Sortiment erweiternden Unternehmer, etwa durch Aufhebungsvertrag,517 zu ordnen, notfalls durch Kündigung (aus begründetem Anlass infolge eines Verhaltens des Unternehmers: § 89b Abs. 3 – ausgleichspflichtig! –) zu lösen, ehe er seinerseits Maßnahmen wegen nicht gestatteten Wettbewerbs ergreift.518 Der HV muss zunächst versuchen, dass Einverständnis beider betroffener Unternehmer zur Vertretung einzuholen.519 Sind die Unternehmer nach Rückfrage nicht bereit, die neu eingetretene Wettbewerbssituation zu dulden, muss der HV entscheiden, welche Vertretung er kündigt, um die Wettbewerbssituation aufzulösen.520 Die Entscheidungs- und Abstimmungsfrist ist gerade bei nachträglichem Entstehen der Wettbewerbssituation nicht zu gering zu bemessen. Denn der HV muss ggf. die Entscheidung der konkurrierenden Unternehmer abwarten, etwa bei Kollision kraft Erbteilung.521 Dabei ist der HV nicht nach dem Prioritätsprinzip gehalten, immer die später über- 107 nommene Vertretung oder die des erweiternden Unternehmens zu kündigen.522 Der so verstandene Gesichtspunkt der Priorität ist kein sachgerechter, um den Konflikt aufzulösen. Der HV darf vielmehr jedem Unternehmer ordentlich kündigen, sofern das ordentliche Kündigungsrecht nicht wegen einer Festlaufzeit ausgeschlossen ist. Je nachdem, wem der HV kündigt, kann er jedoch seinen Ausgleichsanspruch verlieren: Kündigt er die Vertretung mit dem nicht erweiternden Unternehmer, so verliert er seinen Ausgleichsanspruch (§ 89b Abs. 3 Nr. 1).523 Kündigt der HV gegenüber dem seine Produktpalette erweiternden Unternehmer, stellt die Produkterweiterung für eine solche Kündigung dagegen einen begründeten Anlass im Sinne des § 89b Abs. 3 Nr. 1 dar, so dass der HV seinen Ausgleich nicht verliert.524 Nur für die Ausgleichsfrage entscheidend ist also, welcher Unternehmer den Konflikt herbeigeführt hat. Ihm gegenüber darf als Risikoveranlasser ausgleichserhaltend gekündigt werden.525 Wusste der HV von einer bevorstehenden Produkterweiterung eines Unternehmers, darf er keine Zweitvertretung für solche Produkte aufnehmen, in die der Unternehmer erweitern will. Insbesondere steht ihm dann kein ausgleichserhaltendes Kündigungsrecht gegenüber dem erweiternden Unternehmer zu. Ein ausgleichserhaltender begründeter Anlass zur Kündigung durch den HV be- 108 steht nach Ansicht des BGH526 selbst dann, wenn der erweiternde Unternehmer dem HV anbietet, das im Wettbewerb stehende Produkt durch einen anderen HV vertreiben zu lassen. Eine konfliktfreie Doppelvertretung sei in diesem Fall ausgeschlossen. Zudem muss der HV befürchten, dass durch die Tätigkeit des anderen HV der Vertrieb auf diesen übergeleitet wird. Bei der Ausgleichsberechnung ist unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit (§ 89b Abs. 1 Nr. 3) die Vertretung des Konkurrenten gegebenenfalls zu berücksichtigen.527 Gegenüber dem erweiternden Unternehmer ist meist eine außerordentliche Kün- 109 digung nach § 89a zulässig.528 Der nicht erweiternde Unternehmer muss dem HV Gele-

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517 Hopt § 86 Rn 28. 518 BGH, Urt. v. 27.2.1976 – I ZR 16/75, zitiert bei v. Gamm NJW 1979, 2491 zu Fn 21. 519 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. 520 Vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20. 521 OLG Zweibrücken HVR Nr. 327; Hopt § 86 Rn 28. 522 So aber Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 257; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 27. 523 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42. 524 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a, 42. 525 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 36. 526 BGH BB 1987, 221 = MDR 1987, 376 = NJW 1987, 778. 527 BGH VersR 1961, 52 (54). 528 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 17; Hopt § 86 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 5a; aA LG

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genheit zu einer solchen Kündigung gegenüber dem Risikoveranlasser geben, ehe er dem HV wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot kündigt. Erst nach Ablauf dieser Zeitspanne läuft die Monatsfrist, binnen derer die Kündigung nach § 89a regelmäßig zu erklären ist. Wartet der HV zu lange und ist dieses Zuwarten dem nicht erweiternden Unternehmer unzumutbar, riskiert der HV die ausgleichsschädliche außerordentliche Kündigung durch den nicht erweiternden Unternehmer. Regelmäßig ist der HV also zur außerordentlichen Kündigung gehalten, es sei denn, dem Unternehmer ist ein Zuwarten bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar. Der erweiternde Unternehmer, der den Konflikt herbeigeführt hat, darf ohnehin nicht kündigen (Rechtsgedanke der §§ 242, 161 BGB). Natürlich können auch andere Gesichtspunkte erheblich sein, etwa die wirtschaftliche Bedeutung der Vertretung für den Mittler. Eine feste Regel gibt es nicht. Letztlich entscheidet der HV, wem er kündigt. Er muss aber die Folgen (ggf. Ausgleichsverlust) tragen. Da es für einen wichtigen Grund nicht auf ein schuldhaftes Verhalten ankommt, kann ein solcher sogar gegenüber beiden Unternehmer bestehen.529 Schadenersatzansprüche gegenüber dem kündigenden HV darf der sein Produk110 tionsprogramm erweiternde, außerordentlich gekündigte Unternehmer nicht erheben. Dies gilt wohl auch in Fällen, in welchen der Mittler die den Konflikt auslösende Vertretung in Kenntnis des entstehenden Konfliktes übernahm. Zumindest darf ihm die (keine Schadenersatzansprüche auslösende) ordentliche Kündigung nicht verwehrt sein. (b) Konzernfälle, Spaltung, Entflechtung und Verschmelzung. Eine Wettbewerbssituation kann nachträglich durch Konzernierung, Spaltung eines Unternehmens oder dessen wirtschaftliche Entflechtung entstehen. Vertritt beispielsweise ein HV im allseitigen Einvernehmen zwei Unternehmen, die durch einen gemeinsamen Gesellschafter und einen gemeinsamen Geschäftsführer verbunden sind und entwickeln sich diese Unternehmen auseinander, so dass nicht nur formell sondern auch wirtschaftlich eine Wettbewerbssituation entsteht,530 obliegt es den jeweiligen Unternehmen die Wettbewerbssituation aufzulösen, notfalls durch Kündigung des HV-Vertrages.531 Der HV braucht nicht zu handeln und verstößt auch nicht gegen das Wettbewerbsverbot. Denn ursprünglich akzeptiertes und damit vertragsgemäßes Handeln wird durch eine allein im Einflussbereich des Unternehmers liegende Strukturmaßnahme nicht unrechtmäßig. Kündigt der Unternehmer, fehlt es an einem die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden schuldhaften Verhalten des HV i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 2, so dass der HV den Ausgleich fordern kann. Verschmelzen zwei HV-Unternehmen, so haben sie im Falle einer ergebnislosen 112 Abstimmung mit den Unternehmern einen aus der Verschmelzung resultierenden Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot durch – ausgleichsvernichtende – Kündigung einer der im Wettbewerb stehenden Vertretungen zu beenden. Ob im Falle einer Konzernierung und Steuerung beider Handelsvertretungen lediglich durch eine gemeinsame Holding gleich zu entscheiden ist, hängt von den tatsächlichen Umständen ab. Im Zweifel spricht einiges dafür, dass auch bei einer solchen Struktur das Vertrauen des Unternehmers beeinträchtigt ist, mithin ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot eintritt. Dem 111

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Frankfurt/Main DB 1966, 499 = HVR Nr. 371: Unzulässigkeit der Kündigung. Der erweiternde Unternehmer hat gleichwohl keinen Anspruch auf Schadenersatz, weil sich der Vertreter unter dem Gesichtspunkt der Druckkündigung in einer notstandsähnlichen Situation befunden hat, so dass es zumindest am Verschulden des Vertreters fehlt. Denn das Risiko der Erweiterung des Produktprogramms trägt allein der erweiternde Unternehmer (s.o.). 529 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 20: Nur gegenüber dem das Sortiment Erweiternden. 530 Siehe Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 37 f. 531 OLG Zweibrücken HVR Nr. 327; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 93 f.

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kann durch personell-wirtschaftliche Separierung beider Vertretungen entgegengewirkt werden. Treten sich beide HV-Gesellschaften auf dem Markt wie unabhängige Wettbewerber gegenüber, mag eine Verletzung des Konkurrenzverbotes ausscheiden. (8) Vertragliche Regelung des Wettbewerbsverbots. Vertragliche Regelungen des 113 Wettbewerbsverbots sind zulässig, da sie nicht den Kernbereich der Interessenwahrungspflicht und damit den Unabdingbarkeitsgrundsatz berühren. Solche Vereinbarungen unterteilen sich in die vertragliche Gestattung des Wettbewerbsverbots (Rn 114 ff.) und die spiegelbildliche vertragliche Begründung des Wettbewerbsverbots (Rn 118 ff.). (a) Gestattung der Wettbewerbstätigkeit. Der Unternehmer darf dem HV die Tä- 114 tigkeit für Wettbewerber gestatten,532 und zwar sowohl ausdrücklich wie konkludent.533 Sofern nicht anders erklärt, handelt es sich bei einer Gestattung nach Vertragsschluss im Zweifel rechtstechnisch um eine Vertragsänderung, die nicht einseitig zurückgenommen werden kann.534 Ein Anspruch des HV auf Erlaubnis existiert nicht,535 auch nicht, wenn erhebliche Schäden des HV drohen.536 Der Unternehmer darf seine Zustimmung aber nicht willkürlich versagen und muss die schutzwürdigen Interessen des HV bei seiner Entscheidung berücksichtigen.537 Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf Gestattung der Wettbewerbstätigkeit nur unter den Voraussetzungen des §§ 19 GWB, 242 BGB. Es existiert kein grundsätzlicher Anspruch auf Gleichbehandlung gegenüber einem anderen HV, dem die Konkurrenztätigkeit erlaubt wurde.538 Das Gleichbehandlungsgebot des Arbeitsrechts ist nicht entsprechend anwendbar.539 Dem HV steht daher ohne besondere Umstände des Einzelfalls kein Anspruch auf eine Genehmigung der Zweitvertretung zu, nur weil einem anderen HV diese bereits gestattet wurde.540 Im Vertragshändler- und Franchiserecht mag wegen des dort z.T. vertretenen (§ 86a Rn 67) Gleichbehandlungsgebots Gegenteiliges anzunehmen sein. Verweigert der Unternehmer einem HV jedoch ohne sachlichen Grund eine Wettbewerbstätigkeit, die er einem anderen HV bewilligt hat, kann hierin je nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine Treupflicht- und damit eine Vertragsverletzung, ferner eine Selbstwiderlegung der Beeinträchtigung des Unternehmers541 oder der Wettbewerbslage542 liegen, was insbesondere bei einem Streit um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung zu prüfen sein wird. Verbietet der Unternehmer zu Unrecht den Vertrieb eines Zweitfabrikats, kann dies dem HV nach Abmahnung einen begründeten Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1 geben. Vertritt ein HV mit Genehmigung des vertretenen Unternehmers einen Wettbewerber, ist er bei Verlust dieser Vertretung nicht automatisch berechtigt, die Vertretung eines anderen Wettbewerbers ohne erneute Erlaubnis des Unternehmers zu übernehmen.543

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532 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 28, 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40, 65. 533 Die Zustimmung muss also nicht immer ausdrücklich erfolgen; eine stillschweigende Zustimmung genügt, Hopt § 86 Rn 30; aA mglw. OLG Hamm NJW-RR 1992, 364. 534 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 26. 535 Hopt § 86 Rn 30. 536 Hopt § 86 Rn 30; offen BGHZ 52, 181. 537 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 258. 538 Ebenroth/Löwisch § 86 Rn 26; Hopt § 86 Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. 539 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. 540 Hopt § 86 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. 541 BGH NJW 1984, 2101; Hopt § 86 Rn 30. 542 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 40. 543 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 477.

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Eine konkludente Gestattung der Wettbewerbstätigkeit liegt etwa vor, falls der Unternehmer dem HV die Vertretung in Kenntnis seiner Tätigkeit für einen Wettbewerber überträgt oder er im Vertrag ein Wettbewerbsverbot nur auf das Vertragsgebiet beschränkt544 (Umkehrschluss, dass Wettbewerb außerhalb des Gebiets gestattet wurde). Auch gibt es Branchen, in denen das Wettbewerbsverbot stillschweigend derogiert ist, etwa wegen der Üblichkeit oder Notwendigkeit des Vertriebs von Konkurrenzprodukten.545 Man könnte hier auch annehmen, dass die Interessenwahrungs- und Treupflicht zurücktritt und kein Wettbewerbsverbot fordert.546 So kann es im Interesse des Unternehmers liegen,547 branchentypisch oder sogar erforderlich548 sein, dass der HV Produkte von Wettbewerbern anbietet; in diesem Fall ist spiegelbildlich eine Gestattung des Unternehmers anzunehmen. Dies mag etwa zu vermuten sein, wenn ein Tankstellen-HV aufgrund der Empfehlung der Automobilhersteller für die Motoren ihrer Erzeugnisse zur Verwendung bestimmter Öle gezwungen ist,549 wobei dieser Fall auch unter dem Gesichtspunkt der Pflichtenkollision geführt wird. Der HV darf dann nur nicht für diese Erzeugnisse werben.550 Anders, wenn der Stationär in gleicher Lage die Wahl hat zwischen dem Motorenöl der Konkurrenz und demjenigen seines Unternehmers, der KfzHersteller nicht die Marke des Wettbewerbers, sondern nur eine Ölsorte mit bestimmten Eigenschaften empfohlen hat (die die beiden konkurrierenden Ölsorten gleichermaßen aufweisen) und der Tankstellenstationär in seiner Werkstatt daraufhin das Konkurrenzöl nur deshalb verwendet, weil es preisgünstiger ist: keine Pflichtenkollision, daher Wettbewerbsverstoß.551 Weiter kann eine konkludente Gestattung bei Künstler-Repräsentanten552 angenommen werden, die traditionell ebenso mehrere Unternehmer repräsentieren wie Reisebüros.553 So vertreten etwa mittlere und größere Reisebüros üblicherweise zwischen fünfzig und hundert Reiseveranstalter.554 Eine vergleichbare Gestattung ist gegenüber Multimedia-, Radio- und Fernsehhändlern anzunehmen,555 wobei es immer auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Der Vertrieb von Wettbewerbsprodukten ist dann vertragsimmanent. In diesen Fällen müsste das Wettbewerbsverbot, damit es gilt, ausdrücklich vereinbart sein (Problem: § 307 BGB in AGB). Widrigenfalls steht zu vermuten, es entspreche den Interessen des Unternehmers, dass sein HV – um für Kunden attraktiv zu bleiben – eine möglichst breite Palette an Produkten vertreibt. 116 Auch sonst mag der HV einen Vorteil z.B. für seine Absatztätigkeit darin finden, dass er seinen Kunden eine Auswahl unter Fabrikaten verschiedener Herkunft bieten kann, und auf der anderen Seite ist es nicht ausgeschlossen, dass der Geschäftsherr seinerseits mittelbare Vorteile daraus zieht, wenn das Wirkungsfeld des HV durch größere Breite des Angebots sich verbreitert. Aber das Urteil hierüber darf außer in offensichtlichen Fällen (wie den vorgenannten) nicht der HV sich selbst beilegen, falls er den Vorwurf

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544 Das dürfte jedenfalls bei einem vom Unternehmer formulierten Vertrag den Umkehrschluss zulassen, dass Wettbewerb außerhalb dieses Gebietes zulässig ist. 545 BGH DB 1968, 211; BGHZ 52, 171 (178); BGH, Urt. v. 25.9.1990 – KVR 2/89, BGHZ 112, 218 (222) = NJW 1991, 490; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 546 Canaris § 17 Rn 42. 547 Kapp WuW 2007, 1218 (1225). 548 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 35. 549 BGH BB 1968, 60 = DB 1968, 211. Gibt es keine derartige Empfehlung des Herstellers, fehlt es an einer konkludenten Gestattung oder an einer Pflichtenkollision. 550 BGH – Kartellsenat – DB 1968, 211. 551 BGHZ 52, 171 (179). 552 Siehe Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 ff. 553 Kapp WuW 2007, 1218 (1225). 554 BGH, Beschl. v. 25.9.1990 – KZR 2/89, BGHZ 112, 218 (223). 555 Vgl. Westphal I Rn 231.

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vermeiden will, ohne die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu Werke gegangen zu sein. Vielmehr ist die Frage objektiv zu beantworten. Die Interessenwahrungspflicht fordert zudem die Neutralität zwischen den Produkten der verschiedenen Unternehmer,556 also insbesondere die neutrale Beratung des Kunden. Liegt eine Erlaubnis zur Wettbewerbstätigkeit vor, handelt es sich um eine Ausnah- 117 me von der Regel. Sie ist daher eng auszulegen557 und der HV ist für sie beweispflichtig, wobei auch hier im Einzelfall eine abweichende Betrachtung geboten sein kann. (b) Vertragliches Wettbewerbsverbot. Der Unternehmer darf dem HV – soweit 118 kartellrechtlich zulässig (Art. 101 AEUV, Art. 5 Abs. 1 lit. a GVO 330/10, dazu Vor § 84 Rn 221 ff.) – durch Vertrag ein Wettbewerbsverbot auferlegen, welches über das aus der Interessenwahrungspflicht hergeleitete hinausgeht.558 Praktisch wird dies meist nicht, da bereits das aus der Interessenwahrungspflicht entnommene Verbot recht weitgehend ist. Jedenfalls kann der Unternehmer das gesetzliche Konkurrenzverbot konkretisieren.559 Wird das Wettbewerbsverbot vertraglich begründet, handelt es sich um einen eigenständigen vertraglichen Anspruch i.S.d. § 241 BGB, nicht um eine Ausprägung der Interessenwahrungspflicht. Der Unternehmer darf aber auf das in Anspruchskonkurrenz stehende gesetzliche Wettbewerbsverbot rekurrieren, etwa nach Unwirksamkeit des vertraglichen Wettbewerbsverbots. Jedes Wettbewerbsverbot und seine Ausübung muss auf die schutzwürdigen Belange des HV Rücksicht nehmen.560 Ziel des Verbots muss ein legitimes Interesse des Unternehmers, z.B. die Ausschaltung von Konkurrenz561 oder der Schutz von Know-how des Unternehmers562 sein. Wird lediglich die Behinderung der Tätigkeit des HV oder dessen Kontrolle gewünscht, kann die Durchsetzung eine unzulässige Rechtsausübung bilden.563 Dem HV darf etwa – individualvertraglich jede andere Tätigkeit untersagt564 (Problem: § 307 BGB, siehe Rn 115, 120)565 und das Verbot durch Vertragsstrafe abgesichert werden,566 wobei die Vertragsstrafe bereits mit dem Abschluss des Wettbewerbsvertrags verwirkt sein kann567 – verboten werden, weitere Vertretungen zu übernehmen, selbst wenn diese zu den vertriebenen Produkten nicht in Wettbewerb stehen. Dann ist der HV Einfirmenvertreter i.S.d. § 92a568 – auferlegt werden, weitere Vertretungen oder eine andere Tätigkeit nur mit Zustimmung des Unternehmers aufzunehmen. Es ist eine Frage der Auslegung, ob dem HV dann jede andere Betätigung untersagt werden soll oder nur eine solche,

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556 Martinek/Bergmann WRP 2006, 1047 (1050). 557 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 26. 558 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41; generell zu solchen Vereinbarungen Bernhard NJW 2013, 2785. 559 BGH, Urt. v. 17.1.2001 – VIII ZR 186/99; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 41. 560 BGH BB 1968, 60; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; Hopt § 86 Rn 26. 561 OLG Düsseldorf DB 1990, 1960; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27. 562 Bernhard NJW 2013, 2785. 563 BGHZ 52, 171 (180, 181); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 19. 564 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40, 41. 565 Hopt § 86 Rn 33. 566 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. 567 OLG Nürnberg BB 1961, 64; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. 568 Siehe Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40.

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die zu einer Beeinträchtigung der Interessen des Unternehmers führen kann.569 Die Zustimmung hat der Unternehmer nach billigem, gerichtlich nachprüfbarem Ermessen zu erteilen (§ 315 BGB).570 Er hat dabei seine eigenen gegen die Interessen des HV abzuwägen und die Gründe darzulegen und zu beweisen, welche zu einer ablehnenden Entscheidung berechtigen.571 Wurde ausdrücklich eine Verweigerung der Zustimmung nur bei Interessengefährdung vereinbart, so darf auch nur in jener Situation die Zustimmung verweigert werden. Der Unternehmer ist darlegungs- wie beweispflichtig für die Existenz einer Interessengefährdung,572 wobei ein gewisser Beurteilungsspielraum besteht eine weitere Tätigkeit oder Wettbewerbstätigkeit nur bis zum Widerruf gestattet werden.573

Der HV muss dann nach Widerruf (Grenze: Schikane)574 die Tätigkeit für den Wettbewerber einstellen.575 Jedoch muss ihm der Unternehmer zur Kündigung eine angemessene Zeit, leitbildartig die gesetzliche Kündigungsfrist, geben. War der Unternehmer mit einer längeren Widerrufsfrist einverstanden, muss er auch jene gewähren. Ob der Widerruf dem HV das Recht gibt, den „Erstvertrag“ ausgleichserhaltend aus begründetem Anlass zu kündigen,576 erscheint zweifelhaft. 119 Ist der HV aufgrund seiner Arbeitsbelastung rein faktisch an einer Tätigkeit für einen anderen Unternehmer gehindert, handelt es sich um kein vertragliches Konkurrenzverbot.577 Ein über die gesetzliche Bindung aus der Interessenwahrnehmungspflicht hin120 ausgehendes vertragliches Wettbewerbsverbot soll von wesentlichen Grundgedanken des Gesetzes abweichen (§ 307 Abs. 2 S. 1 BGB) und damit in AGB vereinbart nur bei Vorliegen besonderer Umstände wirksam sein.578 Das erscheint zweifelhaft, weil sich der Existenz des § 92a ein anderweitiges gesetzliches Leitbild entnehmen lässt. Zudem handelt es sich bei der Erweiterung des Wettbewerbsverbots lediglich um eine Konkretisierung der gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht, die innerhalb eines Vertriebsnetzes durch AGB erfolgen darf. Gleichwohl können auch hier Treupflichten und § 242 BGB die Rechte des Unternehmers im Einzelfall einschränken.579 Die Überschreitung der räumlichen Grenzen eines vertraglich vereinbarten Wettbewerbsverbots580 spielt im Vertriebsrecht eine eher untergeordnete Rolle, da nach h.M. bereits das aus der Interessenwahrungspflicht entnommene Wettbewerbsverbot weltweit gilt. Nach Ansicht von Bernhard581 soll die Vereinbarung eines weltweiten Wettbewerbsverbots zum Schutz des

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569 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. 570 OLG München BB 1993, 1835; Ebenroth/Obermann DB 1981, 829; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40; Ebenroth/Obermann DB 1981, 829; zum Arbeitsrecht: BAG DB 2002, 1507: Arbeitgeber darf Zustimmung nicht willkürlich verweigern. 571 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. 572 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 40. 573 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. 574 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. 575 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. 576 Dafür: Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41a. 577 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; aA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 41. 578 OLG München NJW-RR 1995, 292; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27; aA für den Versicherungsvertreter OLG München BB 1993, 1835; s.a. BGH BB 2003, 1463 = ZIP 2003, 1707. 579 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 27. 580 Hierzu Bernhard NJW 2013, 2787 (2788). 581 NJW 2013, 2787 (2788).

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Know-how des Unternehmers immer zulässig sein, nicht jedoch wenn es nur um den Schutz vor illoyaler Ausbeutung offen gelegter Kundenbeziehungen geht. Sachlich darf das vereinbarte Wettbewerbsverbot sich auf alle vertriebenen Produkte beziehen, und zwar nicht nur dann, wenn hierbei Fabrikations-, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse verwendet werden.582 (9) Grenzen des Wettbewerbsverbots nach deutschem oder EU-Kartellrecht. 121 Vertragliche und sogar aus dem Gesetz (Interessenwahrungspflicht) hergeleitete gesetzliche583 Wettbewerbsverbote sind stets auf ihre Konformität mit dem Kartellrecht zu überprüfen.584 Dabei darf die Rechtsprechung zu § 86 das europäische Kartellrecht nicht binden, zumal sie nur eine Interpretation des § 86 und keine ausdrückliche Regelung bildet. Hinsichtlich der kartellrechtlichen Wirkungen sind Art. 101 AEUV und die GVO 330/10 zudem spezieller. Vertragsbegleitende Wettbewerbsverbote können, sofern sie spürbar sind, Art. 101 AEUV widersprechen. Das kann insb. für Vertragshändler-, Franchise- und aus kartellrechtlicher Sicht „unechte HV-Verträge“585 gelten (s. bereits Rn 118). (Nur) gegenüber ihnen darf das aus § 86 entnommene oder ein vertraglich begründetes Wettbewerbsverbot grds. nicht für länger als 5 Jahre vereinbart werden586 (s.o. Rn 118). Etwas anderes gilt nur, wenn bereits nach der „Pronuptia-Rechtsprechung“587 kein Verstoß gegen Art. 101 AEUV vorliegt, was etwa der Fall sein soll, falls das Wettbewerbsverbot allein zum Schutz des Know-how des Herstellers vorgesehen wurde.588 Ob die so zum Ausdruck gekommene Entscheidung der EU-Kommission Leitbildwirkung auch für die zivilrechtliche Lage hat, ist noch nicht ausdiskutiert, aber wohl abzulehnen. Hinsichtlich der für Kfz-Händler geltenden Kündigungsfristen der mittlerweile aufgehobenen „AltGVO“ 1475/95 von zwei Jahren wurde eine vergleichbare Leitbildwirkung des EU-Rechts in der Literatur befürwortet.589 Der BGH590 hat es offen gelassen, ob eine derartige Leitbildwirkung bei Bierbezugsverträgen besteht. (10) Umgehungstatbestände. Die Praxis zeigt, dass sowohl das gesetzliche wie das 122 vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot für Umgehungsversuche anfällig sind.591 Einigkeit herrscht in der Zielsetzung, sie umgehungsfest zu machen.592 Der Verstoß gegen die Loyalitätspflicht ist auch hier aus der Sicht eines verständig denkenden Unternehmers zu beurteilen. Loyalität und Vertrauen lassen sich nicht manipulieren. Ob die Maßstäbe von den früher anzuwendenden abweichen, erscheint zweifelhaft.593 Nicht jede

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582 Bernhard NJW 2013, 2787 (2788), linke Spalte. 583 BGH, Urt. v. 7.7.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102). 584 Hopt § 86 Rn 34; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 256. 585 Siehe Semler ZVertriebsR 2012, 156 (159), der darauf hinweist, dass das Wettbewerbsverbot in „echten“ HV-Verträgen unbedenklich ist. 586 Hierzu Polley/Seeliger WRP 2000, 1203 (1214). 587 EuGH GRUR-Int. 1986, 55 (56) – Nutricia; NJW 1986, 1415 (1416) – Pronuptia. 588 Bernhard NJW 2013, 2785 (2787, rechte Spalte). 589 Siehe Emde BB 2000, 63 (65) m.w.N. 590 ZIP 2001, 1245 (1247). 591 Vgl. BGH VersR 1969, 372; BGH, Urt. v. 6.7.1970 – II ZR 18/69, BB 1970, 1374; MDR 1977, 644; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 162; Emde GmbHR 1999, 1005 (1012); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 29; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 90a Rn 10. 592 OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Gallus Wettbewerbsbeschränkung im Recht der Handelsvertreter, 1971, S. 126; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 261; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42a. 593 AA wohl Hopt § 86 Rn 29.

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Tätigkeit nahestehender Personen bildet einen Umgehungsfall. 594 Grundsätzlich gilt, dass der HV keine Tätigkeiten ausüben darf, die dem vereinbarten oder gesetzlichen Wettbewerbsverbots widersprechen oder eine Umgehung des Verbots darstellen.595 Das Konkurrenzverbot darf z.B. nicht umgangen werden durch – Vorschieben von Angehörigen oder Dritten als Mittelspersonen596 – Vorschieben anderer „Strohmänner“597 – Beteiligung an einem Konkurrenzunternehmen598 (die Beteiligung an einem ruhenden Unternehmen ohne Vermittlungstätigkeit soll aber wegen der fehlenden Gefahr für den Unternehmer keinen Verstoß bilden; der in das HR eingetragene Satzungszweck soll irrelevant sein)599 – Beteiligung als stiller Gesellschafter an einem Konkurrenzunternehmen600 – Gründung eines Konkurrenzunternehmens, an dem Familienangehörige, nahe Verwandte oder Angestellte des Vertreterunternehmens wesentlich beteiligt sind601 – Gründung einer formal selbständigen HV-Gesellschaft602 – Untervertretungen603 – eine Geschäftsraumpartnerschaft oder Bürogemeinschaft604 ohne ausreichende, die Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen ausschließende Trennung der Büros.605 123

Schwierig ist zu beantworten, wann eine unzulässige Umgehung vorliegt. Die Diskussion weist Parallelen zur „Durchgriffsprüfung“ im Gesellschaftsrecht auf. Kein Umgehungsfall sondern eine unzulässige Förderung des Wettbewerbes liegt vor, falls der HV die Tätigkeit des Umgehenden unterstützt, etwa durch Überlassung von Räumen, Hilfe, Urlaubsvertretung, gemeinsame Telefon- und Faxnummer bzw. E-Mail-Adresse, Homepage und Ähnlichem oder von ihr profitiert.606 Unzureichende Trennung der Sphären kann, nicht anders als eine Vermögensvermischung im Gesellschaftsrecht, für Umgehung sprechen, zumal sie zumindest die Befürchtung der Illoyalität begründet,607 ist aber eigentlich eher der Fallgruppe unzulässiger Förderung zuzuschlagen. Dem HV obliegt dann der Beweis fehlender Umgehung, was auch wegen der Sachnähe richtig ist. Bei Trennung der Vertriebsbereiche ohne Umgehungstatbestand, etwa von dem Vater unabhängige Vertretung eines Wettbewerbers durch den Sohn, liegt kein Verstoß vor.608

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594 Hopt § 86 Rn 29. 595 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. Rn 73. 596 BGH, Urt. v. 20.1.1969 – VII ZR 60/66, VersR 1969, 372; OLG Düsseldorf DB 1959, 435; Gallus a.a.O., S. 126; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 73; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 261; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 28; Hopt § 86 Rn 29; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 34. 597 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36. 598 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 33; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 73. 599 LG Hamburg, Urt. v. 8.8.2008 – 332 O 351/07, n.v. – zu § 90a. 600 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 260; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 74; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 42a. 601 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 74. 602 BGH, Urt. v. 20.1.1969 – VII ZR 60/66, VersR 1969, 372 (373); BGH, Urt. v. 6.7.1970 – II ZR 18/69, BB 1970, 1374; OLG Hamm NJW-RR 1987, 1114; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 162 ff.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 28. 603 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 28. 604 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 261. 605 BGH VersR 1969, 372; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 77; Hopt § 86 Rn 28. 606 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36. 607 Hopt § 86 Rn 29. 608 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36.

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Auch wäre der Vater nicht verpflichtet, auf den Sohn mit dem Ziel einzuwirken, den Wettbewerb einzustellen.609 Das widerspräche schon dem Recht des Sohnes auf freie Berufswahl (Art. 12 GG). Insbesondere der Wettbewerb durch Gesellschafter einer HV-Gesellschaft ist Gegen- 124 stand der Diskussion.610 Paradigma ist der Wettbewerb des Alleingesellschafters oder geschäftsführenden Gesellschafters611 einer HV-Gesellschaft oder durch einzelne Mitglieder von HV-Ketten, die häufig in GmbH-Form organisiert sind.612 § 86 Abs. 1 2. Hs. verpflichtet die HV-Gesellschaft, umfassend die Interessen des Unternehmers wahrzunehmen. Hierzu zählt das Unterlassen eigenen, aber auch das Bekämpfen fremden Wettbewerbs. Das nach § 86 Abs. 1 2. HS zu schützende Unternehmerinteresse wird durch einen Wettbewerb aus dem Umfeld des HV nicht geringer beeinträchtigt als durch einen solchen Dritter oder der Vertretergesellschaft selbst. Hat die HV-Gesellschaft eigenen Wettbewerb zu unterlassen und muss sie fremden bekämpfen, so darf der Unternehmer darauf vertrauen, dass Wettbewerb aus den Reihen der Gesellschafter mit gleicher Konsequenz wie fremdem Wettbewerb entgegengetreten wird.613 Vertriebsrechtliche Treu- und Interessenwahrungspflichten dürfen nicht mit Hilfe Dritter umgangen werden.614 Der Unternehmer will vor jedem Wettbewerb geschützt sein. Die HV-Gesellschaft ist daher zu jedem rechtlich zulässigen und möglichen Einwirken auf den konkurrierenden Gesellschafter verpflichtet. So ist sie verpflichtet, gegenüber ihrem Gesellschafter jeden Anspruch geltend zu machen, der ein Recht auf Unterlassen des Wettbewerbs gibt, insb. Unterlassungsansprüche aus Treupflicht, §§ 3 UWG, 826 BGB, u.U. i.V.m. § 1004 BGB. Ggf. muss die HV-Gesellschaft das sie schützende Wettbewerbsverbot im Verhältnis zu ihrem Gesellschafter oder Geschäftsführer durchsetzen oder an ihn weitergeben.615 Denn jene sind zumindest unter Treupflichtgesichtspunkten, der Geschäftsführer auch aus seinem Anstellungsvertrag – zudem auf Weisung – gegenüber der GmbH verpflichtet, Wettbewerb zu unterlassen.616 Sollte sich der Gesellschafter, was oft geschieht, im Verhältnis zu dem Unternehmer zur Unterlassung von Wettbewerb verpflichtet haben,617 so besitzt der Unternehmer einen Direktanspruch gegenüber dem Gesellschafter. Bei Wettbewerb durch die Gesellschaftergesamtheit oder den Alleingesellschafter spricht ein Anschein für eine Umgehung.618 Regelmäßig besteht allerdings kein Direktanspruch gegen den vertraglich nicht 125 mit dem Unternehmer verbundenen, Wettbewerb ausübenden Dritten, etwa einen Angehörigen des HV.619 Klapperich fordert „individuelle“ Lösungen.620 Die Gesellschaftergesamtheit kann im Wege des Durchgriffs das Wettbewerbsverbot der HV-Gesellschaft tref-

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609 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 36. 610 BGH, Urt v. 19.1.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 (Tankstellen-HV); Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 162 ff.; Emde GmbHR 1999, 1005 (1012). 611 BGH, Urt v. 19.1.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 (Tankstellen-HV). 612 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 163. 613 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 186 f.; Emde GmbHR 1999, 1005, 1012; aA wohl Brüggemann ZHR 131 (1968), 1, 19. 614 OLG Köln, BB 2000, 2595 = NJW-RR 2001, 1178 = EWiR 2001, 23 (Emde). 615 BGH, Urt v. 19.1.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 (Tankstellen-HV). 616 Im Einzelnen: Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 167; zu einem Durchgriff zu Lasten des Unternehmers OLG Düsseldorf OLGR 2000, 425 = GmbHR 2000, 1205; OLG Köln BB 2000, 2595 = NJW-RR 2001, 1178 = EWiR 2001, 23 (Emde). 617 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 169. 618 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 170. 619 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 261. 620 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 261.

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fen.621 Da für die HV-Gesellschaft die hinter ihr stehenden Personen handeln (gerade im Vertriebsbereich ist die Einpersonengesellschaft typisch), kommt es dem Unternehmer auch darauf an, dass die für die Gesellschaft tätigen Personen das Wettbewerbsverbot achten. Ein nur die Gesellschaft, nicht aber die für sie agierenden Gesellschafter („Schlüsselpersonen“), treffendes Konkurrenzverbot wäre faktisch wertlos.622 Bei einer personalistischen Gesellschaft, deren Gesellschafter in die Vertragserfüllung eingebunden sind, trifft die Gesellschafter ohne weiteres persönlich eine Unterlassungspflicht. Der BGH hat dies zu einem Subunternehmervertrag angenommen, bei dem der Gesellschafter nicht nur Alleingesellschafter war sondern als Geschäftsführer das gewerbliche Handeln seiner GmbH bestimmte.623 §§ 1 Abs. 1 S. 2 AktG, 13 Abs. 2 GmbHG stehen nicht entgegen. Es geht nicht um die Erstreckung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft auf die Gesellschafter, sondern darum, dass der Vertragspartner einer solchen Gesellschaft erwarten darf, deren Gesellschafter würden nicht bewusst seinen Interessen zuwiderhandeln (§ 242 BGB, aus dem der Durchgriffsgedanke entwickelt wurde). Neu eintretenden Gesellschaftern darf diese Verpflichtung ebenfalls entgegengehalten werden, sofern sie selbst in Ausführung der Verpflichtungen der HV-Gesellschaft tätig sind und ihre personalistische Struktur bei Eintritt erkannten. Denn dann wissen sie um die besonderen Treu- und Interessenwahrungspflichten, die es ihnen verbieten, ihre Loyalität gegenüber dem Unternehmer in eine solche der Tätigkeit für die HV-Gesellschaft und in eine außergesellschaftliche aufzuspalten. Auch wenn den Gesellschafter die Verpflichtung zur Unterlassung von Wettbewerb 126 nicht persönlich treffen sollte, darf der Unternehmer den Vertrag mit der HV-Gesellschaft bei Schädigungsgefahr und Schädigungswahrscheinlichkeit außerordentlich kündigen.624 Außerdem ist der Wettbewerb eines Gesellschafters beim Ausgleichsanspruch unter Billigkeitsgesichtspunkten zu berücksichtigen.625 Eine Schädigungsgefahr ist regelmäßig durch die Gesellschafterstellung indiziert.626 Eine Schädigungswahrscheinlichkeit besteht vor allem, falls der Gesellschafter die Konkurrenztätigkeit in den Vordergrund seiner wirtschaftlichen oder persönlichen Interessen stellt, etwa wenn er an dem finanziellen Erfolg des Wettbewerbers in gleichem Maße oder stärker interessiert ist, als er das am Erfolg oder Misserfolg der HV-Gesellschaft ist.627 Zweifelsfälle sind im Lichte der Interessenwahrungspflicht zugunsten des Unternehmers zu entscheiden. Denn da für die Zubilligung eines fristlosen Kündigungsrechts gem. § 89a der Eintritt eines Schadens nicht Voraussetzung ist, vielmehr bei objektiver Grundlage bereits eine nachhaltige Erschütterung des Vertrauens in die Loyalität des Vertragspartners ausreicht,628 wird man dem Unternehmer im Zweifel keine Geschäftsbeziehung zumuten können, in der objektive Anhaltspunkte für eine unvermittelt drohende Schädigung gegeben sind. Weil der befürchtete Interessenkonflikt jederzeit, also auch im Laufe der in § 89 vorgesehenen Kündigungsfrist, eintreten kann, ist dem Unternehmer ein Abwarten bis zu deren Ende oft nicht zumutbar.629 Kündigt der Unternehmer den HV-Vertrag aufgrund der Konkur-

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621 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 171, insb. S. 177 f.; BGH, Urt. v. 30.11.2004 – X ZR 109/02, ZIP 2005, 296 (298) für einen Subunternehmervertrag. 622 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 178. 623 BGH, Urt. v. 30.11.2004 – X ZR 109/02, ZIP 2005, 296 (298) = WRP 2005, 349 m. krit. Anm. Quiring WRP 2005, 813 ff. zu einem Reinigungsvertrag. 624 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 212 ff. 625 BGH, Urt v. 19.1.2011 – VIII ZR 149/09, BeckRS 2011, 03878 Rn 31 f. (Tankstellen-HV) – dort mit 10%. 626 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 213. 627 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 214. 628 BGH DB 1956, 136; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 215. 629 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 215.

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renz durch den Gesellschafter außerordentlich, so verliert die HV-Gesellschaft den Ausgleichsanspruch wegen Fehlens eigenen schuldhaften Verhaltens nur dann (§ 89b Abs. 3 Nr. 2), wenn sie es entgegen ihren Vertragspflichten unterließ, auf den Gesellschafter mit dem Ziel einzuwirken, dass dieser die Konkurrenz einstellt. Denn der Ausgleichsanspruch (Kontrollfall!) wird auch nicht bei einer fristlosen Kündigung wegen Konkurrenz durch einen Ehegatten ausgeschlossen.630 (11) Beweislast. Derjenige, der sich auf ein Wettbewerbsverbot beruft, ist für den 127 Wettbewerbsverstoß beweispflichtig.631 Indizien können ein einheitliches, ungewöhnliches Layout der beim Unternehmer eingegangenen Kündigungen sowie in ihnen enthaltene ungewöhnliche Formulierungen sein, z.B. der geäußerte Wunsch, jegliche Vertreterbesuche zu unterlassen.632 Solche Sätze werden nur von Versicherungsvermittlern aus naheliegenden Gründen in die Kündigungsschreiben eingefügt. Auch ein Vergleich der Bestandszahlen vor, während und nach der Konkurrenztätigkeit kann hilfreich sein, wobei – um Einflüsse der allgemeinen Marktentwicklung auszuschließen – Vergleichszahlen aus den Gebieten anderer Mittler in einer gerichtlichen Auseinandersetzung vorgelegt werden sollten.633 (12) Folgen unberechtigter Konkurrenz. Verstößt der HV gegen das Wettbewerbs- 128 verbot, ist dies eine Vertragsverletzung. Verletzt der HV die in § 86 niedergelegten oder die vertraglich vereinbarten Pflichten, darf der Unternehmer vertragsgemäßes Verhalten, also Erfüllung oder Unterlassung fordern.634 Der Anspruch darf im Hauptverfahren gerichtlich eingeklagt 635 und im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden.636 Dazu kann folgende Feststellung begehrt werden: „Dem Beklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken bis zur Beendigung des HVVertrages vom … im Verhältnis zur Klägerin einer konkurrierenden Tätigkeit nachzugehen, insb. für in Wettbewerb zur Klägerin stehende Unternehmen tätig werden oder sie sonst in irgendeiner Weise wie durch die Vermittlung von Versicherungen oder Kapitalanlagen zu unterstützen.“637 Zugleich darf hierfür ein Ordnungsgeld angedroht werden, etwa in Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 2 Jahren.638 Bei erheblicher, sofort eintretender Gefährdung639 ist der Anspruch im Eilverfahren sicherbar.640 Beides gilt auch für den Anspruch auf Geschäftsvermittlung und -abschluss.641 Zudem ist der Unternehmer – je nach den Umständen des Einzelfalls – zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 89a berechtigt.642 Grundsätzlich ist vor der Kündigung eine Abmahnung erforderlich, und zwar sowohl in Fällen der Verletzung des Vertrauens- wie

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630 OLG Braunschweig VW 1968, 860. 631 Zu den Beweismitteln, insbesondere im einstweiligen Verfügungsverfahren, Blankenburg VersR 2010, 581 ff. 632 Blankenburg VersR 2010, 581 (582). 633 Blankenburg VersR 2010, 581 (582). 634 LG Osnabrück, Urt. v. 7.10.2011 – 13 O 127/11, BeckRS 2013, 18199; Blankenburg VersR 2010, 581 (zum Versicherungsvertreter); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. 635 LG Osnabrück, Urt. v. 7.10.2011 – 13 O 127/11, BeckRS 2013, 18199. 636 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67. 637 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2214). 638 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2214). 639 Die nach Ansicht von Blankenburg VersR 2010, 581 rglm. vorliegen soll. 640 Blankenburg VersR 2010, 581 (zum Versicherungsvertreter). 641 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67. 642 Hopt § 86 Rn 32; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 39; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 42; Canaris § 17 Rn 43.

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des Leistungsbereiches.643 Entbehrlich wird sie nur, falls – bei objektiver Betrachtung – die Vertrauensgrundlage auch durch Abmahnung und anschließendes Wohlverhalten nicht wieder hergestellt werden kann.644 Hiervon soll in Fällen unerlaubter und – auch – heimlicher Konkurrenz als „Erfahrungssatz“ auszugehen sein.645 Tatsächlich wird man solches als Regel nicht feststellen können, da es sehr auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art der Wettbewerbstätigkeit – etwa: Verschulden des HV, Rechtsirrtum u.ä. – ankommt.646 Auch nach Verletzung des Wettbewerbsverbots kann eine Abmahnung erforderlich sein (Grundsatz),647 vor allem wenn Unklarheit über die Sach- und Rechtslage besteht,648 d.h. ein Rechtsirrtum des HV nahe liegt. 129 Eine Konkurrenztätigkeit, welche der Unternehmer trotz Kenntnis längere Zeit (etwa: zwei Monate) geduldet hat, kann nicht zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung genommen werden. Das Kündigungsrecht ist dann verwirkt649 (erste Grenze des Kündigungsrechts). Eine über die Verwirkung hinausgehende konkludente Vertragsänderung (zweite Grenze) liegt in der Duldung jedoch nur, sofern dem HV sowohl die Kenntnis des Unternehmers von der Wettbewerbstätigkeit wie die Duldung bekannt sind. Dann kann der Mittler durch Fortsetzung der HV-Tätigkeit in Kenntnis der Duldung des Unternehmers dessen Angebot auf konkludente Vertragsänderung annehmen. Im Zweifel muss der HV das Einverständnis des Unternehmers mit der Konkurrenztätigkeit beweisen,650 ebenso wie die Voraussetzungen einer Verwirkung. Größerer Umsatzrückgang eines HV zu einer Zeit, in der dieser eine unzulässige Tätigkeit für einen anderen Unternehmer ausgeübt hat, kann den Anscheinsbeweis rechtfertigen, dass die Vertragsverletzung für den Umsatzrückgang ursächlich gewesen ist.651 Das gilt im Rahmen eines Kündigungswie eines Schadenersatzprozesses. Die pflichtverletzende Wettbewerbstätigkeit des HV begründet im Falle der Kündi130 gung eine Schadensersatzverpflichtung nach § 89a Abs. 2, bei fehlender Kündigung gemäß § 280 Abs. 1 BGB,652 im Falle der Kündigung jedoch nur für Schäden bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin.653 Nach dem Schutzzweck der Norm kann der HV den Schaden nicht mit dem ohnehin kaum beweisbaren Einwand negieren, bei ver-

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643 BGH VersR 2001, 370 = NJW-RR 2001, 677 = MDR 2001, 637. 644 BGH NJW-RR 2001, 677 = BB 2001, 645 = EWiR 2001, 483 (Emde); NJW 1992, 496; VersR 1981, 190 = DB 1981, 987; Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 172; Westphal I Rn 797. 645 BGH NJW-RR 2001, 334; Urt. v. 26.5.1999 – VIII ZR 123/98, NJW-RR 1999, 1481 = ZIP 1999, 1307; WM 1974, 350; OLG Stuttgart, Urt. v. 30.11.2009 – 5 U 52/09, BeckRS 2010, 01765 m. teilw. krit. Anm. Ayad BB 2010, 920; OLG München, Beschl. v. 24.3.2009 – 7 U 5575/08, BBL 2009 – 2002-1 = BB 2009, 2002 m. Anm. Salomon; Semler in: Martinek/Semler Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. m.w.N., § 19 Rn 25; Thume in: Küstner/Thume I 7. Aufl. 2003, Rn 1342; Hübsch/Hübsch WM Sonderbeilage Nr. 1/2005, S. 9; Westphal Vertriebsrecht 1, Rn 797; Ayad BB 2010, 920. 646 Siehe zum gutgläubig konkurrierenden HV BGH NJW-RR 2001, 677 = BB 2001, 645 = EWiR 2001, 483 (Emde). 647 Tendenziell bereits Emde EWiR 2001, 484. 648 BGH NJW-RR 2001, 677 = BB 2001, 645 = EWiR 2001, 483 (Emde). 649 BGH NJW-RR 1992, 1059; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 104; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 42. 650 OLG Hamburg DB 1973, 1214; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 109. 651 LAG Stuttgart BB 1970, 127; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 55. 652 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = ZVertriebsR 2013, 380 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111; v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811; v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097 unter A I 2b; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Rostock, Urt. v. 4.4.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 39; Hopt § 86 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. 653 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 39.

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tragskonformem Verhalten hätte ein anderer HV die verbotene Tätigkeit ausgeführt. Durch bloße Duldung des Unternehmers und daran anknüpfende Verwirkung des Kündigungsrechts ist – soweit keine konkludente Gestattung oder Vertragsänderung (s.o.) vorliegt – der Schadenersatzanspruch nicht gesperrt, da in der bloßen Verwirkung keine Billigung des Verhaltens des HV liegt. Doch werden §§ 60 Abs. 2, 112 Abs. 2 analog anzuwenden sein; der Unternehmer hat keine Schadensersatzansprüche und keine Kündigungsmöglichkeit, wenn ihm bei Abschluss des Vertrages mit dem HV bekannt war, dass jener die jetzt beanstandete Tätigkeit bereits wahrnahm.654 Bei fortlaufendem Vertrag ist der Schaden nicht leicht zu beweisen. Der zu bean- 131 spruchende Schadensersatz geht auf den Gewinn, welchen der Unternehmer hätte erzielen können, falls der HV nicht die Artikel der Konkurrenz beworben hätte. Er liegt zumindest in der Differenz zwischen den Gewinnen aus den konkreten Geschäften mit und ohne Wettbewerbstätigkeit.655 Der Unternehmer hat gegenüber dem HV zwar ein Auskunftsrecht über den für den Schadenersatzanspruch relevanten Umfang der vertragswidrig für den Wettbewerber getätigten Aktivitäten, Geschäfte und Umsätze656 (§§ 242, 259, 260 BGB), wegen fehlender Pflicht zur Auskehrung (Rn 132) angeblich jedoch nicht über die Provisionshöhe657 bzw. über das dabei von ihm Verdiente.658 Der Grund hierfür liegt darin, dass sich der Schadensersatzanspruch des Unternehmers nach seinen Verlusten infolge der unzulässigen Wettbewerbstätigkeit des HV bestimmt, nicht nach dessen Einkünften, kein Eintrittsrecht des Unternehmers besteht und er auch nicht die Herausgabe des Verdienten fordern darf. Die Auskunft setzt den dem Unternehmer obliegenden Nachweis eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot voraus.659 Zur Abwägung mit dem Interesse des Informationsgläubigers an Geheimnisschutz § 87c Rn 73 ff. Ein Klagantrag, mit dem ein VV zur Information über die Vermittlung für Wettbewerber aufgefordert wird, kann etwa folgenden Wortlaut haben: „Der Beklagte wird im Wege der Stufenklage verurteilt, auf der ersten Stufe der Klägerin Auskunft über die von ihm in der Zeit vom … bis … für Wettbewerber vermittelten Versicherungsverträge aus den Sparten … zu erteilen, und zwar unter Angabe des konkreten Vertrags, der Sparte, des Tarifs, des Datums der Antragstellung und des Vertragsschlusses, des Netto- und BruttoBetrages, der Zahlungsweise sowie der Bewertungssumme“.660 Die Umsätze mit den Produkten des Wettbewerbers geben allerdings – außer im Fall der weitgehenden Ver-

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654 Maier S. 502. 655 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. 656 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = ZVertriebsR 2013, 380 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, ZVertriebsR 2013, 310 (spiegelbildl. Fall, Auskunftsanspruch eines FN gegen FG); v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111 Rn 6; v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097; v. 23.1.1964 – VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213; OLG Hamm, Urt. v. 14.5.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114; OLG Rostock, Urt. v. 4.4.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); LG Osnabrück, Urt. v. 7.10.2011 – 13 O 127/11, BeckRS 2013, 18199; LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 1560; Eberstein S. 72; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 57; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 39; Hopt § 86 Rn 32, 51; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. 657 OLG Rostock, Urt. v. 4.4.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); OLG Hamm, Urt. v. 14.5.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114; LG Stralsund, Urt. v. 18.12.2007 – 4 O 220/07, n.v.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 57; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43; vgl. auch BGH, Urt. v. 23.1.1964 – VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; v. 23.1.1964 – VII ZR 133/62, 1996, 2097; Hopt § 86 Rn 32. 658 BGH NJW 1964, 817; 1996, 2097; OLG Hamm, Urt. v. 14.5.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114; Hopt § 86 Rn 32. 659 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 51. 660 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2214.).

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gleichbarkeit der Produkte – keinen sicheren Nachweis der Schadenshöhe, möglicherweise jedoch ein Indiz für die gem. §§ 252 BGB, 287 ZPO zulässige Schätzung der dem Unternehmer durch die vertragswidrige Konkurrenztätigkeit entgangenen Gewinne. Notfalls ist, sofern der Schadenersatzanspruch dem Grunde nach feststeht, gem. § 287 ZPO unter Abzug ersparter Kosten ein Mindestschaden zu schätzen, es sei denn, die Schadensschätzung hinge mangels konkreter Anhaltspunkte ausnahmsweise völlig in der Luft.661 Bei unerlaubter Konkurrenz des Untervertreters zum Hauptvertreter valutiert dieser Mindestschaden in Höhe der dem Hauptvertreter entgangenen Provision.662 Außerdem kann der Schaden in Höhe der Differenz der Umsätze aus einem repräsentativen Tätigkeitszeitraum ohne Wettbewerbsbemühungen des Mittlers zu den Umsätzen eines vergleichbar repräsentativen Zeitraums mit Konkurrenztätigkeit bemessen werden. Nach Kündigung ist die Schadensermittlung einfacher: Gehen in Folge der Kündigung die Umsätze in dem Vertretergebiet zurück, darf der Unternehmer den Durchschnittsgewinn der vergangenen Jahre mit dem nach „Ausfall“ des HV erzielten tatsächlichem Gewinn (bei Totalausfall möglicherweise Null) vergleichen und als Schaden fordern (§§ 252 BGB, 287 ZPO).663 Die fehlende Betreuung des Gebiets hat der HV durch die Provokation der Kündigung hervorgerufen. Ein Mitverschulden (§ 254 BGB) ist dem Unternehmer nicht vorzuwerfen. Denn die Kündigung war eine adäquat-kausale Folge des vertragswidrigen Verhaltens des HV, der Unternehmer ist nicht gehalten, zur Schadensminderung den Vertrag mit einem Mittler fortzusetzen, zu dem er das Vertrauen verloren hat. Die Ausübung des Kündigungsrechts ist daher legitim und dem Unternehmer nicht als Mitverschulden vorwerfbar. Ein Auskunftsanspruch, der den Gläubiger in die Lage versetzen soll, die für eine Schadensschätzung erforderlichen Anhaltspunkte für einen entgangenen Gewinn darzulegen, darf grds. nicht mit der Begründung verneint werden, es sei unwahrscheinlich, dass der Gläubiger mit Hilfe der erhaltenen Angaben entgangene Geschäfte konkret darlegen könne.664 Der Unternehmer ist nicht berechtigt, neben Schadenersatz in entsprechender An132 wendung der §§ 61, 113 HGB, 667 BGB vom HV Herausgabe der durch die vertragswidrige Konkurrenztätigkeit erzielten Vergütung zu verlangen;665 ebenso wenig besitzt er ein Eintrittsrecht.666 Die Aufnahme einer einen solchen Anspruch gewährenden Regelung in das Recht des HV sei, so der BGH,667 im Rahmen der Novellierung 1953 bewusst unterblieben. Das Gesetz enthalte deshalb keine Lücke. Das mag sachgerecht sein. Denn der Gewinn des HV kann den Schaden des Unternehmers übersteigen und auf einen solchen Vorteil hat der Unternehmer keinen Anspruch. Neben Schadenersatz kann eine Vertragsstrafe verfallen sein,668 hierfür genügt – je nach Fassung des Vertragsstrafever-

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661 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811; s. bereits BGH, Urt. v. 30.5.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. 662 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811. 663 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. 664 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = ZVertriebsR 2013, 380 = BeckRS 2013, 18170; v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 Rn 15. 665 BGH, Urt. v. 23.1.1964 – VII ZR 133/62, NJW 1964, 817; v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008) = NJW 1996, 2097; OLG Hamm, Urt. v. 14.5.1987 – 18 U 195/86, NJW-RR 1987, 1114 (1115); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 57; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 18; Hopt § 86 Rn 32 (missverständlich aber Rn 23); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 39; aA Canaris § 17 Rn 44: Analoge Anwendung der Normen; Präventionsgedanke, dass sich Verstoß nicht lohnen soll, deshalb Pflicht zur Herausgabe des Gewinns. 666 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. 667 BGH HVR Nr. 311. 668 Hopt § 86 Rn 32.

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sprechens – regelmäßig schon das Anerbieten unzulässigen Wettbewerbs.669 Die Aufnahme der Konkurrenztätigkeit ist also nicht erforderlich.670 kk) Treupflichten innerhalb eines Vertriebssystems. Das Recht der Querbezie- 133 hungen der Mitglieder des Vertriebnetzes untereinander, also das Netzwerkrecht, vernachlässigen die §§ 84 ff.671 Nicht nur gegenüber dem Unternehmer obliegen dem HV Treupflichten. Richtigerweise bestehen sie auch – im Verhältnis zu der gesetzlichen Interessenwahrnehmungspflicht in abgeschwächter Form – zwischen den verschiedenen vertraglich nicht direkt verbundenen Mitgliedern eines Vertriebssystems,672 nicht anders als unter Gesellschaftern. So können solche Treupflichten etwa zwischen einem Haupthändler und dem mit ihm vertraglich nicht verbundenen B-Händler bestehen.673 Am weitesten fortgeschritten ist diese Diskussion im Franchiserecht, wo sie unter dem Stichwort „Franchisenetzwerkhaftung“ diskutiert wird674 (Vor § 84 Rn 464). Die Mitglieder eines Vertriebssystems sind zwar einerseits Wettbewerber, jedoch auch Systemnachbarn. Daraus resultieren im Einzelfall zu bestimmende Förder-, jedenfalls aber Rücksichtnahmepflichten. Zu ihnen zählt etwa die Pflicht, bei wechselseitig gewährter Exklusivität die einem Systemnachbarn zugebilligte Ausschließlichkeit zu respektieren. Der Umfang dieser Rücksichtnahmepflicht ist im Einzelfall festzulegen. Ein Wettbewerbsschutz ergibt sich aus ihnen ohne gesonderte Vereinbarung wegen der Konkurrenz unter den Mitgliedern des Vertriebsnetzes nicht, wie auch das Kartellrecht zeigt. Die Einheitlichkeit des Vertriebssystems und die Querbeziehungen der Mitglieder des Vertriebssystems untereinander führen auch nicht zur gemeinsamen Außenhaftung gegenüber Dritten;675 das Vertriebsystem wird aufgrund der Selbständigkeit seiner Teilnehmer als keine Einheit angesehen. III. Nachrichtspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 2) 1. Allgemeines. Nach § 86 Abs. 2 hat der HV dem Unternehmer unverzüglich jede 134 Geschäftsvermittlung oder jeden Geschäftsabschluss mitzuteilen. Die so normierte Nachrichtspflicht des HV, die auch als „Informationspflicht“ 676 oder Mitteilungspflicht677 beschrieben werden könnte, ist nach der Interessenwahrungspflicht die bedeutendste Nebenpflicht. Sie existiert kraft Gesetzes, also ohne dass sie einer vertraglichen Regelung bedarf.678 § 87c berechtigt ausschließlich den HV und ist auch nicht analog zugunsten des Unternehmers anwendbar. Ihren Grund hat die Nachrichtspflicht in dem Informationsgefälle zwischen dem HV, der als „Außenposten des Unternehmers“ den lokalen Markt am besten kennt679 sowie dem Unternehmer. Wegen ihrer Be-

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669 OLG Nürnberg BB 1961, 64; Hopt § 86 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 44. 670 OLG Nürnberg BB 1961, 64. 671 Karsten Schmidt JuS 2008, 665 ff., insbes. 671 ff. 672 S. OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989, 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491 (492) – Treupflichten zwischen B-Händlern und vertraglich nicht verbundenen anderen Mitgliedern des Vertriebssystems im KfzVertragshändlerbereich; OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2006 – VI-U (Kart) 36/05, BB 2007, 738 m. Anm. Flohr S. 741 zur Franchisenetzwerkhaftung. 673 OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989, 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491 (492) – Kfz-Vertragshändler. 674 Flohr BB 2007, 741; ders., BB 2006, 1074; Böhner BB 2004, 119; Teubner ZHR 198 (2004), 1 ff. 675 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813); zweifelnd wohl Karsten Schmidt JuS 2008, 665 (672). 676 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 11. 677 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 678 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. 679 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 18.

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deutung im Dauerschuldverhältnis wurde die Nachrichtspflicht in § 86 Abs. 2 hervorgehoben. Zwar folgt die Nachrichtspflicht des Abs. 2 bereits aus den §§ 675, 666 BGB.680 Dort wird jedoch eher das einzelne Geschäft geregelt, im Dauerschuldverhältnis „Vertriebsvertrag“ kann das Informationsbedürfnis stärker sein. Für die Praxis ist die Herleitung irrelevant. Der Wert des § 86 Abs. 2 liegt in erster Linie in seiner Funktion als „Merkposten“ besonders naheliegender Auskunftsfälle. Zudem konkretisiert § 86 Abs. 2 die §§ 675, 666 BGB, indem der HV verpflichtet wird, namentlich von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich (zeitliche Komponente) Mitteilung zu machen. 135

2. Abgrenzung von der allgemeinen Informationspflicht. Von der Nachrichtspflicht des Abs. 2 wird teils terminologisch, teils inhaltlich, die unter Rn 66, 149 ff. behandelte allgemeine Informationspflicht abgegrenzt,681 wobei eine solche begriffliche Separierung überflüssig ist, weil sich die in Abs. 2 niedergelegte Nachrichtspflicht auf alle Informationen (Abs. 2 Hs. 1) bezieht und damit wohl mit der allgemeinen Auskunftspflicht identisch ist. Zumindest aber handelt es sich bei der als allgemeine Informationspflicht behandelten Fallgruppe um einen Unterfall der Nachrichtspflicht des Abs. 2.

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3. Abgrenzung von der Berichtspflicht. Die Abgrenzung erfolgt in erster Linie nach dem Inhalt der Nachrichten. Die Nachrichtspflicht des Abs. 2 betrifft tendenziell eher punktuelle Informationen. Berichte werden hingegen meist als zusammenhängende Informationen über ein umfassenderes Thema verfasst, etwa über die Gesamtsituation eines Kunden oder eine bestimmte Kundenreise. Die Übergänge sind fließend, die Dogmatik für die Praxis irrelevant.

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4. Abgrenzung von der Auskunftspflicht nach § 242 BGB. Neben das allgemeine Informationsrecht des Unternehmers kann als in jedem schuldrechtlichen Vertrag geltendes allgemeines Rechtsinstitut ein aus §§ 242, 259, 260, 810 BGB hergeleiteter Auskunftsanspruch treten, falls der Unternehmer im Einzelfall auf eine Auskunft angewiesen ist, welche der HV unschwer erteilen kann. Diese Auskunftspflicht kann nach Vertragsende fortbestehen. Während des laufenden Vertrags sind kaum Fälle vorstellbar, in denen ein Anspruch aus §§ 666 BGB, 86 Abs. 2 nicht eingreift und allein ein solcher aus §§ 242, 259, 260 BGB gegeben sein könnte. Ein Verzicht auf die allgemeine Berichtspflicht lässt den Anspruch aus §§ 242, 259, 260 BGB im Zweifel unberührt. Ein ausdrücklicher Verzicht auf den Auskunftsanspruch ist aber nach Entstehen des Anspruchs zulässig,682 etwa im Rahmen eines Vergleichs.

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5. Inhalt der Nachrichten. Die Nachrichtspflicht besteht hinsichtlich aller erforderlichen und bekannten Informationen, auch der außervertraglich oder außerhalb des Vertriebsgebiets683 erlangten bzw. für das Verhalten des Unternehmers außerhalb des Vertriebsgebiets relevanten Informationen684 (denn die Interessenwahrungspflicht ist unteilbar). Erforderlich sind alle Informationen, die bei objektiver, die Interessen des Unternehmers berücksichtigender Würdigung für ihn, seine Willensbildung und sein

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680 681 682 683 684

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Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1, 34; Hopt § 86 Rn 46. Hopt § 86 Rn 40. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 16; aA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 11. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 21a.

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geschäftliches Verhalten von Bedeutung sein können.685 Die Nachrichtspflicht ist zwingend. Auf „erforderliche“ Nachrichten i.S.d. § 86 Abs. 2 kann der Unternehmer nicht verzichten (§ 86 Abs. 4 i.V.m. § 86 Abs. 2).686 Jedoch darf auch hier konkretisiert werden, was der Unternehmer als „erforderlich“ ansieht687 und insbesondere die Berichtspflicht (s.u.) ist abdingbar, soweit nach der Natur des Vertrages Berichte nicht „erforderlich“ sind. Eine Erforderlichkeit ständiger Berichterstattung wird nicht bestehen, falls der HV den Unternehmer mittels Übersendung ständiger Einzelinformationen informiert hält. Der HV hat die Nachrichten wahrheitsgemäß, also „ungeschminkt“ zu übermitteln. 139 Spiegelbildlich muss sie der Unternehmer vertraulich behandeln, darf sie also nicht an Kunden weiterleiten.688 Ein Zurückbehaltungsrecht des HV scheidet angesichts der Bedeutung der Nachrichten aus, wenn jene „erforderlich“ sind.689 Der HV ist insbesondere verpflichtet, dem Unternehmer Nachrichten zu geben über: 140 – alle wesentlichen Vorgänge im Vertriebsgebiet – die Annahme von Schmiergeldern690 – den Inhalt der von dem HV selbst gefertigten Kundenlisten691 – den Eingang von Provisionen – die Einzelheiten von Kundenwünschen692 – die Aussichten auf Abschlüsse,693 den Stand der Bemühungen und Geschäfte (§ 666 BGB).694 Je nach Bedarf ist unverlangt ein Zwischenbericht zu geben695 – die bei Vermittlung oder Abschluss getroffenen bzw. künftige Abschlüsse vorbereitenden Abreden696 – Vertragsverletzungen durch Kunden,697 selbst wenn das für den HV nachteilig ist698 – die Kreditwürdigkeit von Kunden699 – die aus der Marktbeobachtung gewonnenen Erkenntnisse, etwa Berichte über Konkurrenzangebote, Anregungen für die Produktion, Beobachtungen aus den Kundenbesuchen700 – die allgemeine Absatzlage und die Geschmacksrichtung des Publikums701 – die Aufnahme von Konkurrenztätigkeiten durch den HV,702 falls erforderlich sogar die Absicht dazu703

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685 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a, 21. 686 AA (ohne Begründung) Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 14. 687 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65. 688 LG Freiburg BB 1966, 999; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28a; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 20. 689 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28. 690 Hopt § 86 Rn 41. 691 Hopt § 86 Rn 17. 692 OLG Köln BB 1971, 543; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 693 OLG Köln BB 1971, 543; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49. 694 Hopt § 86 Rn 40. 695 Hopt § 86 Rn 40. 696 Hopt § 86 Rn 41. 697 BGH BB 1979, 242; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 698 BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 42. 699 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 700 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 701 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 702 BGH LM § 89a Nr. 11; BGH ZIP 1996, 1006; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 703 Hopt § 86 Rn 41.

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für die Vermittlung wichtige persönliche Umstände, z.B. Erkrankungen704 oder sonstige Verhinderungen des HV705 die angewandten Werbemethoden.706

Der Abschlussvertreter hat zusätzlich über das getätigte Geschäft durch eine geordnete Zusammenstellung, welcher die dazugehörigen Belege beizufügen sind, Rechenschaft abzulegen.707 141

6. Verpflichteter. Die Informationen muss der HV übermitteln, jedoch nicht persönlich. Es genügt, wenn er sie durch einen Mitarbeiter fertigen und an den Unternehmer senden lässt, sofern es hierdurch nicht zu einem Qualitätsverlust kommt. Die Nachrichtspflicht trifft auch den HV-ähnlichen Mittler, z.B. Franchisenehmer und Vertragshändler, wobei der Unternehmer hier – außer im Falle einer vertraglichen Verpflichtung (sie ist Indiz für die HV-gleiche Einbindung in das Vertriebssystem) – nicht über jeden Abschluss unterrichtet werden muss, weil er nicht Verpflichteter des Geschäfts ist. Die im zweiten Hs. des Abs. 2 apostrophierte Information über die Geschäftsvermittlung (Vermittlungsvertreter) und den Geschäftsabschluss (Abschlussvertreter) bezieht sich mithin nur auf die vom HV für den Unternehmer vermittelten Geschäfte. Ohne vertragliche Vereinbarung ist der Vertragshändler folglich nicht verpflichtet, dem Unternehmer über jeden Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu geben, auch nicht zur Erfüllung der Analogievoraussetzung „Einbindung in das Vertriebssystem“. Die Informationspflicht bezieht sich in dieser Situation auf die allgemeinen Marktgegebenheiten und ähnliches.

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7. Dauer der Nachrichtspflicht. Zeitlich besteht sie von Vertragsbeginn bis zum Vertragsende.708 Davor und danach kann eine Informationspflicht aus § 242 BGB,709 zudem aus vor- oder nachwirkenden Treupflichten eingreifen. Zu unterscheiden ist die Nachrichtspflicht damit von der vorvertraglichen Informationspflicht. Jene leitet sich nicht aus der Interessenwahrungspflicht ab, die nur vertragsbegleitend bestehen kann, sondern aus dem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis, s.o. und §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (früher: cic). Hat der HV während der Vertragslaufzeit nicht informiert, muss er nach Vertragsende erfüllen und ferner gem. § 280 i.V.m. § 249 BGB als Schadenersatz in Form der Naturalrestitution nachleisten.710 Die Nachrichtspflicht ist einklagbar, der Unternehmer ist also nicht (nach Abmahnung) auf eine außerordentliche Kündigung beschränkt.

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8. Zeitpunkt der Nachrichten. § 86 Abs. 2 verpflichtet, unverzüglich von jeder Geschäftsvermittlung bzw. jedem Geschäftsabschluss Mitteilung zu machen. Das bedeutet ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB.711 Diese zeitliche Festlegung ist eine generelle Regel.712 „Unverzüglich“ sind alle erforderlichen Informationen abzugeben,

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704 Hopt § 86 Rn 41. 705 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 706 Hopt § 86 Rn 41. 707 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 34. 708 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 14. 709 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 16. 710 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 14. 711 Westphal I Rn 278; Hopt § 86 Rn 40. 712 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 26.

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ungeachtet der Rechtsgrundlage der Informationspflicht. Letztlich entscheiden die Bedürfnisse des Unternehmers über den Zeitpunkt, zu dem die Nachrichten übermittelt werden müssen. Erforderlich sein kann die Benachrichtigung in jedem Vertragsstadium, etwa bei Einleitung der Geschäftsvermittlung,713 vor Beendigung,714 nach Abschluss der Vermittlung715 und in Ergänzung vorhandener Nachrichten.716 Erscheint bei objektiver Würdigung eine sofortige Information des Unternehmers erforderlich, muss der HV unverzüglich informieren.717 Gerade bei Großobjekten kann unter Umständen eine Information über den Stand laufender Vermittlungsbemühungen erforderlich werden.718 Dies besonders dann, wenn dem Unternehmer Gelegenheit gegeben werden muss, sich einzuschalten, unterrichtete Personen für technische Aufschlüsse zu entsenden, evtl. auch schon vorbereitende Maßnahmen für eine demnächstige Ausführung des Auftrags anlaufen zu lassen. Die Nachrichten über die Kreditwürdigkeit des Kunden werden in aller Regel mit der Berichterstattung über den Auftrag zu verbinden sein. Auch kann die mangelnde Information über länger laufende, erfolgversprechende Geschäftsanbahnungen Schadensersatzansprüche hervorrufen, falls der Unternehmer ohne Kenntnis der Initiative des HV demnächst mit dem Kunden direkt abschließt und bei seiner Preiskalkulation die Provision, sofern er sie nicht als eine Bezirksprovision in Rechnung zu stellen hätte, außer Betracht lässt.719 Ansonsten wird der HV entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. das Ende einer Besuchstour abwarten dürfen, um die Berichte gesammelt zu erstatten. Obwohl er verpflichtet ist, so rasch wie möglich zu informieren, darf er Informationen von nicht herausragender Bedeutung in den regelmäßig zu übermittelnden Berichten zusammenfassen720 (zur Berichtspflicht s.u.). Spätestens bei Vertragsende hat der HV über noch nicht Mitgeteiltes zu informieren.721 9. Form der Nachrichten. Eine bestimmte Form ist nicht vorgeschrieben. Die Form 144 muss jedoch so gewählt sein, dass der Unternehmer Kenntnis von allen maßgeblichen Tatsachen erhält.722 Meist wird Textform geschuldet sein, zumal der Unternehmer ein Interesse an einer Perpetuierung der Informationen haben kann. Wenn die Schnelle der Information bedeutsam ist, ist eine (fern)mündliche Mitteilung vorzuziehen, wobei die Schnelligkeit auch per Fax oder E-Mail gesichert sein kann. Durch Individualvertrag oder AGB darf eine bestimmte Form vereinbart werden,723 soweit der HV durch sie nicht treuwidrig bzw. unbillig benachteiligt wird. Der Abschlussvertreter hat durch eine geordnete Darstellung unter Beifügung von Belegen Rechenschaft über das geschlossene Geschäft abzulegen.724 10. Weisungen zu den Nachrichten. Weisungen zur Nachrichtspflicht können er- 145 teilt werden, sofern hierdurch die Erforderlichkeit konkretisiert und die Selbständigkeit

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713 714 715 716 717 718 719 720 721 722 723 724

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Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 22. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 24. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 25. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. Ordemann S. 1566. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 43. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 39. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 39. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 39.

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des HV nicht ausgeschlossen725 wird. Sondersituationen erlauben eingehendere Weisungen, etwa nach starkem Umsatzrückgang726 oder bei hohen Risiken und bedeutenden Einzelgeschäften.727 Was vertraglich nicht vereinbart werden kann, darf auch nicht durch Weisungen vorgeschrieben werden. 146

11. Vertragliche Vereinbarungen zur Nachrichtspflicht. Die Konkretisierung der Nachrichtspflicht durch Vertrag ist zulässig.728 Sie verletzt den Kernbereich der durch § 86 Abs. 4 geschützten Rechte und Pflichten nicht. Beim HV ist eine solche Erweiterung auch kartellrechtlich unproblematisch; beim unechten HV und HV-ähnlichen Mittler können zu weitgehende, nicht produktbezogene sondern auf das HV-Unternehmen bezogene Informationsrechte des Unternehmers, insb. Einsichtsrechte in die Buchführung, Art. 101 AEUV widersprechen.729 Sie sind auch nicht von Art. 2 Abs. 1 GVO 330/10 freigestellt.730 Ein völliger Verzicht auf erforderliche Nachrichten ist hingegen nicht möglich. Die vertragliche Erweiterung findet ihre Grenze dort, wo sie entweder den Kreis der erforderlichen Übermittlung von Nachrichten völlig verlässt oder den Kernbereich der Selbständigkeit des HV beeinträchtigt.731

147

12. Untergruppen der Nachrichtspflicht. Untergruppen der Nachrichtspflicht sind die Allgemeine Informationspflicht, die in § 86 Abs. 2 beispielhaft genannte Verpflichtung zur Mitteilung von Vermittlung und Abschluss und die Berichtspflicht. Für diese Untergruppen, deren Anwendungsbereiche verschwimmen, gilt das Vorstehende entsprechend, soweit nichts Abweichendes ausgeführt wird.

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a) Verpflichtung zur Mitteilung über Vermittlung und Abschluss. Ausdrücklich regelt § 86 Abs. 2, der HV müsse unverzüglich von jeder Geschäftsvermittlung bzw. jedem Geschäftsabschluss Mitteilung geben. Insoweit wird der Mindeststandard der Nachrichtspflicht festgelegt. Mitzuteilen hat der Mittler den Namen des Kunden sowie den Umfang und die Konditionen des Angebots bzw. des Geschäftsabschlusses einschließlich schriftlicher und mündlicher Nebenabreden, Zusicherungen und Erklärungen, egal ob wirksam oder unwirksam.732 Er muss unverzüglich benachrichtigen, also – wie dargestellt – ohne schuldhaftes Zögern.733

149

b) Allgemeine Informations- oder Offenbarungspflicht. Die allgemeine Informationspflicht, auch Offenbarungs- oder Auskunftspflicht734 benannt, ist als vertragsbegleitende Pflicht wie die Berichtspflicht Unterfall der Nachrichtspflicht des Abs. 2. Zur Abgrenzung von der Nachrichtspflicht s.o., Rn 135. Ergänzend leitet die allgemeine Informationspflicht sich aus § 242 BGB sowie der Interessenwahrungspflicht her: Der HV ist gehalten, dem Unternehmer eintretendenfalls Umstände offenzulegen, die das Vertragsverhältnis in seiner Vertrauensbasis berühren.

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725 726 727 728 729 730 731 732 733 734

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Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22. Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (73); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. Wiemer WuW 2009, 750 ff. Wiemer WuW 2009, 750 (756 ff.). BGH BB 1966, 265 = DB 1966, 375 = NJW 1966, 882; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 130. Westphal I Rn 277; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 39. Westphal I Rn 278. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33.

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aa) Geltungszeitraum. Auch die allgemeine Informationspflicht besteht nur wäh- 150 rend des laufenden Vertrages und erlischt mit seinem Ende. Danach hat der HV den Unternehmer nur dann ungefragt über seine Erfahrungen oder Erkenntnisse zu informieren, wenn er vor Vertragsende seiner Informationspflicht vertragswidrig nicht hinreichend nachgekommen ist.735 Auf Verlangen des Unternehmers muss er aber nachträglich erfüllen. Bei außergewöhnlichen Gefährdungen des Unternehmers kann der HV auch nach Vertragsende unter dem Gesichtspunkt der nachvertraglichen Treupflicht (Rn 51) zu einer Warnung an den Unternehmer verpflichtet sein, sofern nicht bei Abwägung mit einer Verschwiegenheitspflicht aus einem neuen Vertrag das Schweigen geboten ist. bb) Zeitpunkt der Information. Allgemein hat der HV den Unternehmer unverzüg- 151 lich zu unterrichten. Grundsätzlich bestimmt die Dringlichkeit der Kenntnisnahme den Zeitpunkt der geschuldeten Unterrichtung.736 Fehlt ein Bedürfnis nach unverzüglicher Information, genügt eine periodische Auskunft in festen Abständen,737 z.B. hinsichtlich laufender Beobachtungen und Erfahrungen. Bei dieser periodischen Informationspflicht dürfte es sich regelmäßig um die unter Rn 155 ff. behandelte Berichtspflicht handeln. Der HV hat den Unternehmer auf Nachfrage zu informieren,738 es sei denn, es fehlt das erforderliche Informationsinteresse739 oder die Nachfragen beruhen auf Schikane, wofür allerdings der HV beweispflichtig wäre. Zudem hat der HV den Unternehmer ungefragt über alles bekannt gewordene zu informieren, was bei objektiver, die Interessen beider Seiten berücksichtigender Würdigung740 für den Unternehmer und sein geschäftliches Verhalten von Bedeutung sein kann.741 Ob der HV Einzelnes unter dem Gesichtspunkt der Vertraulichkeit oder Diskretion742 gegenüber dem Kunden verschweigen darf, hat er zu prüfen; es kann auch im Interesse des Unternehmers liegen, dass ein Kunde Vertrauen zum HV hat. Im Zweifel hat das Informationsinteresse des Unternehmers Vorrang. cc) Umfang. Der HV hat über alle Umstände zu informieren, die für die Ver- 152 tragsausführung und die vertrauensvolle Zusammenarbeit der Vertragspartner erheblich sind.743 Aufgrund seiner allgemeinen Informationspflicht muss der HV z.B. folgende Tatsachen mitteilen: – Anregungen und Empfehlungen, etwa für die Produktion744 – Arbeitsunfähigkeit745 – seine Arbeits- und Werbemethoden,746 insbesondere wenn er von verbindlichen Vorgaben oder dem in der Branche allgemein Üblichen abweicht747

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735 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 14. 736 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 48; Hopt § 86 Rn 42. 737 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. 738 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. 739 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. 740 BGH, Urt. v. 13.1.1966 – VII ZR 9/64, NJW 1966, 882 (883). 741 LAG Bremen DB 1955, 123; Ordemann DB 1963, 1565; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. 742 Hopt § 86 Rn 41. 743 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 135. 744 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 745 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 15. 746 OLG Köln DB 1971, 865; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 49. 747 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12.

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Außergewöhnliche Risiken eines Geschäftes,748 insbesondere wenn der HV als Abschlussvertreter das Geschäft für den Unternehmer abschließen will Bedarf von Kunden innerhalb und außerhalb des Bezirks749 Erklärungen von Kunden, z.B. Reklamationen750 Erfahrungen, die der HV innerhalb und außerhalb des Vertriebsgebiets mit Produkten des Unternehmers und dessen Konkurrenten gemacht hat einschließlich der Reaktionen von Interessenten und Kunden751 dass der HV die zusätzlich zur Provision gezahlte Mehrwertsteuer ordnungsgemäß an das Finanzamt abgeführt hat, um den Unternehmer in den Stand zu setzen, seinerseits den Vorsteuerabzug geltend machen zu können.752 Diese Mitteilung wird sammelweise und jeweils abgestimmt auf die Termine für die Umsatzsteuer-Vorauszahlungen erfolgen dürfen (diese Information ist wohl nur auf Nachfrage geschuldet) Gründe für den Absatz von Konkurrenzprodukten753 Daten der durch den HV verbotswidrig für einen Wettbewerber des Unternehmers vermittelten Geschäfte754 die Absicht, weitere Vertretungen zu übernehmen, falls die zusätzliche Vertretung eine Konkurrenzvertretung ist755 oder die Übernahme weiterer Vertretungen der Zustimmung des Unternehmers bedarf756 Konditionen eines geschlossenen oder vorgesehenen Vertrages unter Übermittlung eines ggf. existierenden Vertragsentwurfs757 Informationen zu Konkurrenzprodukten758 und Wettbewerbstätigkeit759 Informationen zur Kreditwürdigkeit eines Kunden, insbesondere: bei Zweifeln an ihr760 Kundenwünsche761 Krankheit, Verhinderung oder Abwesenheit: Bei länger dauernder Krankheit oder Verhinderung wird der HV seinem Unternehmer Mitteilung zu machen haben, wer ihn als Mitarbeiter oder Handlungsbevollmächtigter in der Agenturfirma vertritt, oder ob eine Vertretung nicht möglich ist, damit der Unternehmer für eine anderweitige Betreuung der Kundschaft oder des Bezirks Sorge tragen kann762

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748 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 22. 749 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 61. 750 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 45, 50. 751 LAG Bremen DB 1955, 123; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. 752 OLG Nürnberg, Beschl. v. 27.5.1975 – 6 W 31/75, zitiert nach Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 135. 753 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. 754 BGH DB 1996, 1279 = NJW 1996, 2097; NJW 1964, 817 = HVR Nr. 311; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 141. 755 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 138. 756 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 139. 757 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23, 24. 758 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 759 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 760 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 50. 761 AA OLG Köln DB 1971, 865; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 50. 762 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 15; Hopt § 86 Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50.

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Markt- und Kundenbeobachtungen763 Mitarbeiter: ihre Tätigkeit764 und ihren Aufgabenbereich (aber wohl nur auf Nachfrage) Namen und Adressen von Kunden765 Mängelrügen Pflichtverletzungen von Kunden, auch wenn dies für den HV nachteilig sein sollte766 Reaktionen von Interessenten und Kunden767 Reklamationen längere Verhinderung768 Vermögensverhältnisse des Kunden: Informationen, die für den Unternehmer von Interesse sind, etwa zum Vermögensverfall769 (siehe auch zur Bonitätsprüfungspflicht) Vermittlungsbemühungen: Die unterlassene Unterrichtung des Unternehmers über Vermittlungsbemühungen des HV kann je nach den Umständen des Einzelfalls zum Verlust des Provisionsanspruchs führen, wenn der Unternehmer in Unkenntnis der Bemühungen des HV mit dem Kunden ein Direktgeschäft abschließt und bei der Preisvereinbarung einen Provisionsanspruch nicht berücksichtigt.770 Zu prüfen ist aber immer, ob der HV mit einem Direktgeschäft des Unternehmens rechnen musste Vertragsverletzungen von Kunden771 Vertretungsregelung bei längerer Krankheit Werbemethoden772 Wünsche des Kunden773 oder Dritter.774 Keine Informationspflicht besteht regelmäßig über 153 den Wunsch des HV, vertragsbegleitend Vertretungen zu übernehmen, die keine Konkurrenzvertretungen sind, es sei denn, es wurde eine Zustimmungspflicht des Unternehmers vereinbart775 oder dessen Belange werden in besonderer Weise erkennbar berührt. Dies gilt erst recht nach Vertragsende.776 Denn der HV unterliegt

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763 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 22. 764 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 4. 765 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23, 24. 766 BGH BB 1979, 242; Hopt § 86 Rn 42. 767 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. 768 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 15. 769 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 25. 770 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14. 771 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 772 Hopt § 86 Rn 41. 773 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 61; Hopt § 86 Rn 41. 774 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 11. 775 BGH, Urt. v. 3.5.1995 – VIII ZR 95/94, ZIP 1995, 1001 (1003); v. 25.3.1958 – VIII ZR 90/57, DB 1958, 512; auch im Fall BGH, Urt. v. 19.11.1976 – I ZR 84/75, MDR 1977, 289 (290) = WM 1977, 319 lag eine Konkurrenzlage vor; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 140; aA wohl OLG Düsseldorf BB 1969, 330 = DB 1969, 435; OLG Nürnberg BB 1965, 809; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 15; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 22; Hopt § 86 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. Begründung: Die Mitteilungspflicht diene nicht der Genehmigung oder dem Verbot einer solchen Tätigkeit, sondern solle dem Unternehmer einen Überblick über die Aktivitäten seines HV mit ihren möglichen Auswirkungen auf den Vertrag sowie die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten des HV geben. Vgl. auch Hohn DB 1967, 1897; DB 1971, 94 (96). 776 Hopt § 86 Rn 42; aA Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363 f.) – bei entspr. Eingliederungstiefe auch für Vertragshändler; Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. 2012, Kap. VIII Rn 110; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50.

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außerhalb des o.g. Wettbewerbsverbots keinem Tätigkeitsverbot und braucht über ihm gestattete Tätigkeiten keine Informationen zu erteilen. Es empfiehlt sich gleichwohl, die Abstimmung mit dem Unternehmer zu suchen. Grundlage für Schadensersatzansprüche oder Kündigungsmaßnahmen des Unternehmers wäre ohnehin in erster Linie die nicht genehmigte Tätigkeit, und nur in zweiter Reihe das Ausbleiben der Mitteilung über deren Vorhaben den Wunsch des HV, nachvertraglich einen Wettbewerber777 oder ein anderes Unternehmen778 zu vertreten. Eine Offenbarungspflicht ist in diesem Zusammenhang von Staub/Brüggemann, 4. Aufl., diskutiert worden, wenn der HV bei einem gekündigten oder wegen Befristung auslaufenden Vertragsverhältnis die Absicht hat, demnächst als HV oder auch im Angestelltenverhältnis in die Dienste der Konkurrenz zu treten. Der Unternehmer müsse die Möglichkeit haben, den Einsatz des HV in dieser Zeit so zu gestalten, dass er nicht mehr als unvermeidbar Nutzen hieraus für die demnächstige Tätigkeit bei der Konkurrenz ziehen kann.779 Auch der Ausschluss des HV von Betriebsgeheimnissen werde dann aktuell.780 Schon Staub/Brüggemann, 4. Aufl., zweifelte allerdings, ob der HV diese Absicht (ab wann?) wirklich in jedem Falle und von sich aus dem Unternehmer mitzuteilen habe. Grundsätzlich muss der Unternehmer damit rechnen, dass der HV in der Branche tätig bleibt. Wenngleich der den zukünftigen Unternehmer schützende § 90 der Information über die nachvertragliche Tätigkeit nicht entgegenstehen dürfte, sprechen im Regelfall mehr Argumente gegen als für eine Offenbarungspflicht. Es wird Sache des Unternehmers sein, den HV über seine Absichten zu befragen, falls er Klarheit zu haben wünscht. Dann freilich hat der HV seine Pläne wahrheitsgemäß offenzulegen. Soweit eine Offenbarungspflicht befürwortet wird, soll sie bestehen, sobald die Gefahr eines Interessenwiderstreits eintritt,781 was wohl spätestens ab Unterzeichnung des Vertrages für den Wettbewerber anzunehmen ist782 eine fristlose Kündigung in einem früheren Beschäftigungsverhältnis,783 es sei denn, hieran besteht (z.B. wegen des Grundes – Vertrauensposition) ausnahmsweise ein erhebliches Interesse.

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Der HV muss auf eine zulässige Nachfrage des Unternehmers wahrheitsgemäß antworten,784 es sei denn, es besteht in Abwägung mit dem Informationsinteresse des Unternehmers ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse oder der HV kann sich auf Notstand berufen (§ 228 BGB). Auch unzulässige Nachfragen wird der HV regelmäßig wahrheitsgemäß beantworten müsse. An einen Notstand und ein Recht zur Lüge ist zu denken, wenn der HV weiß, dass sein rechtmäßiges Verhalten den Unternehmer zu einer unzulässigen Schikanekündigung oder anderen Nachteilen motivieren könnte.

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c) Berichtspflicht. Die Berichtspflicht ist ein Unterfall der Nachrichtspflicht und europarechtlich anerkannt.785 Überwiegend wird sie aus der Interessenwahrungspflicht

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777 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 15; aA OLG Saarbrücken RVR 1973, 100 mit Anm. Schröder RVR 1973, 161 (164); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 778 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 15. 779 So auch Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 103. 780 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 103. 781 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 103. 782 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 103. 783 AA Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 289. 784 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 145. 785 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 40, 45.

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hergeleitet. Wie die Nachrichtspflicht ist auch die Berichtspflicht Neben-, nicht Hauptpflicht.786 Das zur allgemeinen Informationspflicht Gesagte (Rn 149 ff.) gilt entsprechend. Der Übergang zwischen Information, Nachricht und Bericht ist fließend. Allgemein wird man sagen können, die Nachricht sei eine kurze, punktuelle Information während der Bericht umfassender ausführt und zudem meist – nicht notwendigerweise – in einer gewissen Regelmäßigkeit erteilt wird. Ob überhaupt eine Abgrenzung zwischen Informations- und Berichtspflicht sinnvoll ist, bleibt eine berechtigte Frage. § 86 erwähnt in Abs. 2 lediglich die Verpflichtung zur Übergabe der „erforderlichen 156 Nachrichten“, nicht aber der Abgabe von Berichten. Aus diesem Grunde kann die Verpflichtung zur Abgabe regelmäßiger Berichte auch abbedungen werden, § 86 Abs. 4 steht wegen fehlender Normierung der Berichtspflicht nicht entgegen.787 Gleichwohl besteht auch bei Derogation der Berichtspflicht eine zwingende Verpflichtung zur Information, wenn die Übermittlung der Information „erforderlich“ (§ 86 Abs. 2) sein sollte. Dann handelt es sich um eine Erfüllung der allgemeinen Nachrichtspflicht (s.o.). Die Berichtspflicht hat besonders in der Vergangenheit zu viel Streit Anlass gegeben. Denn seinerzeit waren Berichte noch schwieriger zu erstellen als heute (Schreibmaschine, Versenden per Brief etc.). Heute können Berichte häufig mit Spracherkennungssystemen, stichwortartig per E-Mail oder durch Einstellen in das CRM-System des Unternehmers gefertigt werden. Das erfolgt schneller und einfacher als früher. aa) Zweck. Die Berichtspflicht dient dem Unternehmer dazu, einen Überblick über 157 die Marktsituation, den Wettbewerb, die Absatzlage, die Wünsche und Erwartungen der Kunden sowie eine mögliche Produktverbesserung zu erhalten.788 Der Unternehmer soll sich über die Marktverhältnisse ein eigenes Bild schaffen. Zudem soll der Unternehmer ein Bild über die Tätigkeit des HV gewinnen können.789 Auch der HV hat Interesse an der regelmäßigen Information des Unternehmers. Mangels einer solchen bleibt der Unternehmer ohne Kontakt zum Markt und produziert an dessen Bedürfnissen vorbei. bb) Verpflichteter. In erster Linie ist der HV, nicht der Unternehmer, zu Berichten 158 verpflichtet. Das bedeutet nicht, dass der Unternehmer nicht gehalten sein kann, ebenfalls zu berichten und zu informieren, falls dies objektiv erforderlich sein sollte. Dann resultiert diese „Berichtspflicht“ jedoch nicht aus der stärkeren, nur dem HV obliegenden Interessenwahrungspflicht oder der allgemeinen Nachrichtspflicht sondern aus der allgemeinen Treu- und Informationspflicht (§ 242 BGB). Die Verpflichtung zur Erteilung erforderlicher Informationen durch den Mittler besteht auch im Recht HV-ähnlicher Vertriebsmittler, wohl aber nicht die typische Berichtspflicht des HV-Rechts. Deshalb sind Berichte im Franchise- und Vertragshändlerrecht eher untypisch, außer zur generellen Wettbewerbssituation. Sie können jedoch auch dort gefordert sein, sofern der Unternehmer Informationen in Berichtsform über den Markt erwarten darf und eine solche Pflicht kann – innerhalb der unten genannten Grenzen – auch hier vertraglich vereinbart werden. cc) Berichtsturnus. Er bietet häufig Anlass zum Streit, weil sich der HV gegängelt 159 und kontrolliert fühlt. Dabei ist zwischen den Mühen der Berichtspflicht und den Folgen (mögliche Kontrolle) zu unterscheiden. Dass ein Bericht gefordert werden darf, bedeutet

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AA Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 17. AA Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 2. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 18. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 18.

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nicht automatisch, dass der Unternehmer den selbständigen HV auch einer kleinlichen Kontrolle unterziehen und ihm einen Turnus der Kundenbesuche vorschreiben darf. Über die Häufigkeit der Berichte enthält § 86 keine ausdrückliche Regelung. Wie jede Information müssen auch Berichte unverzüglich vorgelegt werden, falls sie erforderlich sind, also ohne schuldhaftes Zögern i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB.790 Das gilt insb. im Falle der Eilbedürftigkeit.791 Der Berichtsturnus ist in erster Linie aus dem Vertrag792 und in zweiter Linie aus der gesetzlichen Regelung unter Würdigung der Interessen des Unternehmers abzuleiten. Die Bedürfnisse des Unternehmers sowie des Marktes bestimmen über die Häufigkeit der Berichte.793 So können Berichte, die in einem Fall zeitlich (und inhaltlich) erforderlich und für den Unternehmer von größter Bedeutung sind, in anderen Fällen entbehrlich sein.794 Eine starre Regelung zum Berichtsturnus gibt es nicht, insbesondere keine Verpflichtung zu regelmäßigen Berichten oder Tages- oder Wochenberichten.795 Auch braucht der HV nicht über jeden Kundenbesuch schriftlich Mitteilung zu geben796 oder über „jeden seiner Schritte und Besuche“ Bericht zu erstatten,797 weil dies nicht erforderlich wäre. Eine Berichtspflicht hinsichtlich jeder einzelnen vom HV beabsichtigten oder vorgenommenen Vertriebsmaßnahme oder jedes Geschäfts sieht das Gesetz nicht vor.798 Sie kann nur bestehen, wenn der HV ein unübliches Geschäft tätigen will und dem Unternehmer Gelegenheit gegeben werden muss, Weisungen zu äußern.799 Entscheidend ist: Berichte müssen abgegeben werden, sobald sie objektiv erforderlich sind, dann aber auch unverzüglich, und zwar so zeitig, dass sie der Unternehmer zum benötigten Zeitpunkt verwerten kann.800 Wann dies ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls801 und dem Handelsbrauch. Ein Bericht ist erforderlich, wenn ihn der Unternehmer objektiv betrachtet erwarten und ihn der HV als ordentlicher Kaufmann (§ 86 Abs. 3) erstatten müsste. Unter Umständen können periodische Berichte erforderlich sein, jedoch nicht immer und ohne Grund. Nimmt der Unternehmer die Berichte des HV nicht zur Kenntnis, indiziert dies ihre fehlende Notwendigkeit.802 Besteht eine Berichtspflicht, muss der HV so rechtzeitig berichten, dass der Unternehmer ggf. durch Weisungen das Geschehen steuern kann.803 Besonders Bedeutsames, etwa Risiken, muss sehr rasch mitgeteilt werden.804 Ein bedeutendes Geschäft kann einen Zwischenbericht erfordern,805 insbesondere, falls sich der Unternehmer einschalten oder Vorbereitungen treffen, etwa die Produktionsplanung an den in Aussicht stehenden Ge-

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790 Westphal I Rn 278. 791 Hopt § 86 Rn 42. 792 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. 793 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 21. 794 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 122; ebenso Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 18. 795 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52. 796 OLG Köln BB 1971, 543 = DB 1971, 865; AG München HVR Nr. 147; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 125; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49. 797 OLG Köln BB 1971, 543 = DB 1971, 865; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 125; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. 798 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 23. 799 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 23. 800 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52. 801 BGH BB 1966, 265 = DB 1966, 375 = NJW 1966, 882; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 122; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 21. 802 Vgl. Küstner/Thume II Rn 1403. 803 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 22. 804 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. 805 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 49.

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schäftsabschlüssen ausrichten muss806 und oft dann über den Stand des Geschäfts, wenn der HV Provisionsvorschüsse erhalten hat.807 Weniger Bedeutsames kann in Sammelberichten mitgeteilt werden.808 Tägliche Berichte ohne besonderen Anlass werden kaum erforderlich sein; diesbezüglich werden sogar Zweifel an der Vereinbarkeit mit der Selbständigkeit des HV geäußert.809 Hat der Unternehmer begründeten Anlass, am Einsatz des HV zu zweifeln oder liegen besondere Umstände, z.B. starke Umsatzrückgänge,810 vor, darf er einen engeren Berichtsturnus erwarten. Ein solcher Berichtsturnus darf jedoch nur bis zu dem Zeitpunkt erwartet werden, zu dem bei vernünftiger Betrachtung die berechtigten Zweifel ausgeräumt sind, angeblich jedoch nicht zu dem Zweck, den HV und seinen Arbeitseinsatz zu kontrollieren (letzteres zwh.).811 Der Unternehmer kann in den vorgenannten Sondersituationen Berichte in dichterer und auch regelmäßigerer Folge verlangen, um beurteilen zu können, ob die Ursache in einer nachlassenden Tätigkeit des HV oder in einer sich kontinuierlich verschlechternden Marktlage zu suchen ist. Die Selbständigkeit des HV steht nicht entgegen. Der BGH hat in diesem Zusammenhang sogar die Forderung nach wöchentlichen Kundenbesuchsberichten gebilligt.812 Besonders häufig entstehen Diskussionen über die Berichtspflicht nach Kunden- 160 besuchen. Grundsätzlich wird der HV nicht über jeden Kundenbesuch berichten müssen, sondern nur zusammenfassend über Besonderheiten, die ihm während seiner Besuche mitgeteilt wurden und über welche der Unternehmer erwarten darf, informiert zu werden. Deshalb gibt es auch keinen Handelsbrauch, demzufolge periodische Besuchsberichte zu erstatten sind,813 da es auf die Erforderlichkeit im einzelnen Vertrag und den konkret existierenden Bedarf ankommt. Der Unternehmer muss jedoch einen Marktüberblick erhalten. dd) Inhalt. Der HV hat dem Unternehmer die „erforderlichen“ Berichte zu geben, 161 um ihm ein möglichst präzises und zuverlässiges Bild über die Marktsituation814 und die Tätigkeit des HV815 zu geben, wobei letztgenannter Zweck in die zweite Linie zurücktritt.816 Die Erforderlichkeit bestimmt also nicht nur über die Häufigkeit der Berichte (Rn 159), sondern auch über ihren Inhalt. Was nötig ist, ordnet sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Der Bericht muss so informativ sein, dass er alle Umstände, die für die Disposition des Unternehmers erforderlich sind, richtig und vollständig in zutreffender Gewichtung mitteilt. In jedem Fall muss der HV alles ihm Bekannte zu den Marktgegebenheiten und dem Kundenverhalten weitergeben, ebenso die Informationen, die er von Kunden erhält. Umgekehrt sind die Berichte von Überflüssigem und Wiederholungen freizuhalten, weil das Gebot der Klarheit gilt. Der HV braucht deshalb auch nicht in Details zu jedem Kundenbesuch zu schwelgen. Vermutungen sind als solche zu kennzeichnen. Der HV darf eine Marktsituation nicht deshalb „geschminkt“ darstellen, weil eine wahrheitsgemäße Berichterstattung den Unternehmer dazu veranlassen könnte, die

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806 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. 807 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. 808 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. 809 Hopt § 86 Rn 42. 810 BGH NJW 1966, 882; WM 1988, 33; Hopt § 86 Rn 42; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 21. 811 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12. 812 BGH NJW 1966, 882; WM 1988, 33; zust. Hopt § 86 Rn 42. 813 Ordemann S. 1566. 814 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 18. 815 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 19. 816 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 20.

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Produktion derjenigen Artikel, die der HV vertreibt, einzustellen – nur weil der HV sich eine letzte Chance nicht entgehen lassen zu können glaubt, dass die Lage sich vielleicht noch wieder bessern möchte. Die Parteien können durch ihre tatsächliche Übung deutlich machen, was sie für erforderlich halten. Moniert der Unternehmer nicht, dass der HV über Jahre lediglich über außergewöhnliche Vorkommnisse berichtet oder begnügt er sich über lange Zeit mit fernmündlichen Berichten, darf er bei gleich bleibenden Verhältnissen nicht plötzlich regelmäßige oder ausführliche schriftliche Berichte fordern. Denn die Parteien haben sich dann meistens konkludent auf diese Berichtsform geeinigt, so dass eine hiervon abweichende Regelung nur mittels Vertragsänderung erfolgen kann. Auch die mangelnde Forderung gegenüber anderen HV nach vergleichbaren Berichten indiziert fehlende Erforderlichkeit. Anders ist es, wenn sich der Markt verändert hat. Denn dann darf sich der HV nicht 162 damit begnügen, auf das Vergangene hinzuweisen, sondern muss auf die Marktveränderung reagieren. Hierzu kann auch eine extensivere Berichtspflicht gehören. Da das Gesetz namentlich die Berichtspflicht hinsichtlich der Geschäftsvermittlung oder Geschäftsanbahnung hervorhebt, sind an die Berichtspflicht zudem größere Anforderungen zu stellen, falls es sich um die Anbahnung und Vermittlung eines umfangreichen Geschäfts handelt, welches auf Unternehmerseite besondere Investitionen erforderlich macht. Andererseits können inhaltlich (und zeitlich) geringere Anforderungen gestellt werden, wenn es sich um den Vertrieb von gut eingeführten Artikeln des täglichen Bedarfs handelt.817 Zur Beweislast beim Streit um die Erforderlichkeit der Berichtspflicht: Ordemann DB 1963, 1566. Berichte müssen insbesondere erteilt werden wenn: 163 – außergewöhnliche Umstände, etwa Großobjekte und Risiken,818 dies erfordern – Zweifel an der Kreditwürdigkeit eines Kunden mitgeteilt werden müssen819 – Mängelrügen von Kunden vorliegen – Eine Ergänzung der Berichte erforderlich ist.820 164

ee) Form der Berichte. Weil das Gesetz die Berichte selbst nicht erwähnt, wird auch ihre Form nicht vorgeschrieben.821 Zunächst einmal gilt das oben zur Nachrichtspflicht Gesagte. Auch die Form sowie der Inhalt der Berichte wird in erster Linie durch das zulässigerweise Vereinbarte bestimmt,822 hilfsweise durch die „Erforderlichkeit“ und die Üblichkeiten der Vergangenheit. Es kommt also darauf an, was das Interesse des Unternehmers objektiv im Lichte der Besonderheit und Dringlichkeit des Falles sowie der schutzwürdigen Interessen des HV erfordert.823 Ist die Angelegenheit eilbedürftig, kann ein telefonischer Bericht erforderlich und genügend sein, z.B. dann, wenn die Berichterstattung so schnell und umfangreich erfolgen muss, dass eine solche per Fernkopie oder E-Mail ausscheidet. In der Praxis gibt es alle Formen, nämlich telefonisch, persönlich, per Fernkopie, E-Mail, CRM-System, Brief und sogar Diktat, welches im Hause des Unternehmers geschrieben wird.824 Berichte in Textform sind daher nicht zwingend vorgeschrieben, wenngleich dies vertreten wird.825 Meist wird jedoch in Textform berichtet

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Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20b. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 25. Hopt § 86 Rn 43. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 51. Hopt § 86 Rn 42. Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 126. Für Schriftform: Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 13.

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und ein solcher Bericht wegen der notwendigen Perpetuierung oft auch erforderlich sein. Denn die Entwicklung des Marktes lässt sich nach Jahren oft nur noch aus den Akten nachvollziehen. Die Erforderlichkeit mag durch eine bestimmte Übung mglw. sogar konkludent vereinbart worden sein. Besteht etwa eine Übung zur Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Besprechungen mit dem Unternehmer, kann die Berichtspflicht in deren Rahmen mündlich erfüllt werden.826 Jedenfalls ist, sofern dies erforderlich ist und dem keine besonderen Gründe entgegenstehen, der Bericht auf Verlangen des Unternehmers in Textform vorzulegen.827 Dies gilt insbesondere bei einer Vielzahl von Kunden oder berichtspflichtigen Vorgängen,828 es sei denn, die Forderung erfolgt rechtsmissbräuchlich oder sie behindert den HV auch im Lichte des berechtigten Informationsinteresses des Unternehmers ungebührlich. Bei berechtigtem Interesse des Unternehmers – und dieses wird bei den modernen Kommunikations- und Speichermedien immer mehr bestehen – mag er Mitteilung unter Verwendung von ihm entworfener Formulare, Vordrucke oder Formulare oder in der EDV des Unternehmers verlangen dürfen,829 zumal wenn der Unternehmer die dafür erforderliche EDV stellt und der eigentliche Bericht im Vergleich zu historischen Übermittlungsarten (Brief mit seinen umständlichen Prozessschritten) eher einfach zu fertigen ist. ff) Vertragliche Vereinbarungen zu den Berichten (1) Zur Häufigkeit der Berichte. Die zeitliche Abfolge der Berichte darf vereinbart 165 werden. § 86 Abs. 4 steht nicht entgegen, weil die Berichte im Gesetz nicht erwähnt und eine bloße Konkretisierung den Kernbereich der durch § 86 Abs. 4 geschützten Rechte und Pflichten nicht berührt. Ein völliger Verzicht auf erforderliche Informationen ist nicht möglich, allerdings auf turnusmäßige Berichte.830 Deshalb ist ein Verzicht auf solche Berichte nicht als Derogation des allgemeinen Informationsrechts auszulegen.831 Eine periodische Berichterstattung darf vereinbart werden. Der Klarstellung halber ist eine solche Vereinbarung angeraten. Ihre Grenzen findet sie an der Selbständigkeit des HV, weiter an den §§ 138, 242, 307 BGB, wobei bei der Bestimmung der Grenzen einer individualvertraglich vereinbarten Berichtspflicht Großzügigkeit angebracht sein sollte. Die Regelung überschreitet die Schwelle zur Unzulässigkeit, wenn die Anforderungen an die vereinbarte Berichterstattung den HV daran hindert, seine Tätigkeit im Wesentlichen frei zu gestalten und seine Arbeitszeit selbst zu bestimmen.832 Zudem findet die vertraglich vereinbarte Berichtspflicht ihre Grenze in dem Verbot der Schikane (§ 226 BGB). Ob feste Berichtstermine (zum Wochenende, vierzehntägig, zum Monatsende) und Berichtspflichten über jeden Kundenbesuch die Selbständigkeit des HV bei der Erfüllung seiner Obliegenheiten im Kern beeinträchtigen würden, erscheint entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. sehr zweifelhaft. Eine vereinbarte zweiwöchige Berichtspflicht kann nach den Verhältnissen des Einzelfalls noch angemessen sein.833 Kürzere Berichtspflichten können bei begründetem besonderen Bedarf mittels Individualvereinbarung im Einzelfall festge-

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Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 13. OLG Braunschweig NJW-RR 1996, 1316; Hopt § 86 Rn 43. Hopt § 86 Rn 43. BGH VersR 1964, 331; WM 1988, 33; BAG DB 1966, 546; Hopt § 86 Rn 43. Vgl. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 27. Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 130. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12.

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legt werden.834 Eine vertraglich vorgeschriebene tägliche oder für jeden einzelnen Kundenbesuch vorgeschriebene Berichtspflicht ist mit der Stellung des HV als selbständiger Kaufmann kaum vereinbar.835 166

(2) Zum Inhalt der Berichte. Auch die Konkretisierung des Inhalts und der Berichtsform im Vertrag ist grundsätzlich zulässig.836 Eine vertragliche Erweiterung der gesetzlichen Berichtspflicht findet stets ihre Grenze dort, wo sie entweder den Kreis der „erforderlichen“ Übermittlung von Nachrichten völlig verlässt oder den Kernbereich der Selbständigkeit des HV beeinträchtigt837 (Rn 165). Der Unternehmer darf neue „Berichtsrichtlinien“ erlassen, sofern sie die gesetzliche Regelung nicht überdehnen und nicht überzogen sind. Solchen Richtlinien wird eigen sein, dass sie von allen HV zu beachten sind. Weisungen an einzelne HV sind aber zulässig. Zur kartellrechtlichen Problematik erweiterter Informationsrechte des Unternehmers außerhalb des Bereichs „echter HV“ siehe Rn 146.

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(3) AGB. Auch mittels AGB dürfen die Berichtspflichten ausgestaltet werden, und zwar nicht nur gegenüber HV hochwertiger Produkte sondern auch gegenüber solchen von Massenware.838 Erfolgt die Regelung durch AGB (Vor § 84 Rn 48 ff.) muss die Regelung aber in allen denkbaren und üblichen Fällen bei abstrakt-genereller Betrachtung noch angemessen sein.

168

(4) Details. Folgende Berichtspflichten dürfen regelmäßig nicht vereinbart werden und sind für den HV unverbindlich: – Berichtspflicht über jeden Besuch des HV – Tägliche Berichterstattung839 – Wöchentliche Berichterstattung840 (bei Besonderheiten der Branche oder starkem Umsatzrückgang841 ist eine Gegenansicht vertretbar) – Kontrollberichte, die der Unternehmers allein deshalb fordert, um die Tätigkeit des HV zu kontrollieren, nicht dagegen, um über den Markt informiert zu sein842 (mangelndes Informationsinteresse) – Vertraglich vereinbarte Berichte solchen Umfanges, dass sie der Unternehmer nicht mehr auswerten kann oder will.843 Diese Eingrenzung ergibt sich zwar nicht daraus, dass der Unternehmer eine Auswertungspflicht hat844 (eine solche Pflicht besteht

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834 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; einschränkend für wöchentliche Berichtsfristen: Hopt § 86 Rn 42; OLG Oldenburg DB 1964, 105. 835 BGH, Urt. v. 16.2.1989 – I ZR 185/87, NJW-RR 1989, 862 (863) = BB 1989, 1076 = WM 1989, 1060; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Hopt § 86 Rn 16; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; aA OLG München BB 1957, 560. 836 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. 837 BGH BB 1966, 265 = DB 1966, 375 = NJW 1966, 882; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 130. 838 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 42. 839 BGH, Urt. v. 16.2.1989 – I ZR 185/87, NJW-RR 1989, 862 (863) = BB 1989, 1076 = WM 1989, 1060; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Hopt Rn 16; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 52; aA OLG München BB 1957, 560. 840 OLG Oldenburg DB 1964, 105; Graf von Westphalen DB 1984, 2335 (2336); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 24. 841 BGH NJW 1966, 882; WM 1988, 33; Hopt § 86 Rn 42; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19; generell Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (73). 842 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 132; OLG Oldenburg DB 1964, 105. 843 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 134. 844 So Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 134.

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nicht, vielmehr handelt es sich um eine Obliegenheit des Unternehmers), sondern deshalb, weil nicht ausgewertete Berichte nicht „erforderlich“ sein können. Folgende vertragliche Vereinbarungen über die Berichtspflicht sind hingegen regelmäßig gestattet: – eine zweiwöchige Berichtspflicht, bei besonderem Anlass auch eine kürzere845 – Bericht auf Formularen oder im CRM-System des Unternehmers (Rn 156, 164),846 sofern der HV hierdurch nicht unbillig belastet wird (s.o.) – Regelmäßige Kurzberichte über Kundenbesuche, in denen die besuchten Kunden benannt sind und über mitteilungswerte Informationen, welche die Besuche ergaben, berichtet wird. gg) Weisungen zu den Berichten. Hinsichtlich des Inhalts und der zeitlichen Ab- 169 folge der Berichte besteht Raum für ein Weisungsrecht des Unternehmers,847 allerdings nur sofern hierdurch die Erforderlichkeit konkretisiert oder eine vertragliche Regelung nicht überdehnt wird. Darüber hinausgehend existiert ein Weisungsrecht nur, soweit dies vertraglich vereinbart ist. Entgegen der gesetzlichen („Erforderlichkeit“) oder der vertraglichen Regelung dürfen zu den Berichten keine Weisungen gegeben werden, weil dies dem Vertrag oder der Interessenwahrungspflicht widerspricht. Bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, etwa erheblicher Umsatzrückgänge im Vertriebsgebiet des HV, werden umfangreichere Berichte in kürzeren Intervallen erforderlich und erweitert sich das Weisungsrecht entsprechend.848 Eine Verpflichtung des Unternehmers zu Weisungen besteht nicht.849 In Abwesenheit von Weisungen muss der HV den Interessen und dem mutmaßli- 170 chem Willen des Unternehmers gemäß handeln.850 Dagegen kann dem HV mittels Weisungen nicht vorgeschrieben werden, „Übermaßberichte“ zu übermitteln, weil solche nicht erforderlich und damit vertragswidrig sind. Was vertraglich nicht vereinbart werden darf, kann auch nicht durch Weisungen vorgeschrieben werden. Hinsichtlich des Zulässigen gelten daher die Ausführungen zu vertraglichen Vereinbarungen (Rn 165 ff.). Allgemeine Kundenbesuchsberichte soll der Unternehmer angeblich durch Weisung dem HV auferlegen dürfen, wenn er ihm einen Spesenzuschuss zahlt.851 Ob der HV verpflichtet ist, auf Weisung oder vertragliche Vereinbarung, Formulare 171 des Unternehmers für seine Berichte zu nutzen oder jene computergerecht aufzuarbeiten,852 ist ungeklärt. Nach einer Ansicht soll der Unternehmer durch Weisung die Einhaltung bestimmter Formalien (genannt werden die Verwendung von Vordrucken, Formularen) verbindlich vorschreiben dürfen.853 Macht dies keine besonderen Umstände und/ oder erleichtert dem Unternehmer die Arbeit, ohne sie für den HV ungebührlich zu erhö-

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845 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 18. 846 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 13. 847 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19, 51; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a, 32 (aA aber Rn 21: nur bei vertraglicher Vereinbarung eines Weisungsrechts welches dann aber konsequenterweise in Konflikt mit der zwingenden Natur des § 86 geraten dürfte). 848 BGH, Urt. v. 13.1.1966 – VII ZR 9/64, NJW 1966, 882; v. 24.9.1987 – I ZR 243/85, NJW-RR 1988, 287; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 20a. 849 AA Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. 850 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32a. 851 SG München VersR 1963, 921. 852 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 51. 853 BGH NJW-RR 1988, 287; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 13; Hopt § 86 Rn 43; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 51.

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hen, entspricht es der Interessenwahrungspflicht des HV, die gewünschte Form zu verwenden. Sind für den HV dagegen besondere Schwierigkeiten mit der Nutzung dieser Formulare verbunden, kommt es darauf an, ob das Formularwesen „erforderlich“ im Sinne des § 86 Abs. 2 ist. An diesen Maßstäben orientiert sich auch die nachträgliche Einführung von Formularen. Grundsätzlich kann – wie oben ausgeführt – eine bestimmte Form der Berichte stillschweigend vereinbarte Vertragspflicht sein, insbesondere nach jahrelanger Übung. Wie ausgeführt, ist der HV aber unter dem Gesichtspunkt der Interessenwahrungspflicht gehalten, den Unternehmer zu unterstützen. Es sind also – trotz vorher abweichender Übung – Formulare des Unternehmers zu verwenden, sofern dies entweder dem Vertreter keine Mühe macht oder erforderlich sein sollte. Immer ist das Schutzbedürfnis des HV zu berücksichtigen. In diese Richtung geht 172 ein Urteil des BGH vom 24.9.1987.854 Der Unternehmer hatte den HV angewiesen, Wochenberichte zu übersenden, die in einer bestimmten Form abgefasst werden sollten. Der HV kam dieser Aufforderung nicht nach und verwendete nach einer Mahnung des Unternehmers für die Wochenberichte nicht die gewünschten Formulare, sondern gab weiterhin Nachrichten in der bisher von ihm geübten Form ab. Der Unternehmer kündigte außerordentlich aus wichtigem Grunde. Der BGH verneinte einen wichtigen Grund zur Kündigung, weil die Weigerung des HV, seiner Berichtspflicht in der geforderten Form nachzukommen, das Vertragsverhältnis nicht in so erheblichem Maße erschüttert habe, dass dem Unternehmer ein Festhalten am Vertrag unzumutbar geworden sei. Denn der HV hatte – wenn auch nicht in der verlangten Form – berichtet, und durch die Berichte des HV erhielt der Unternehmer in ausreichender Weise Kenntnis von den Marktvorgängen. 173

hh) Folgen fehlerhafter Berichterstattung. Die fehlerhafte oder mangelhafte Berichterstattung ist eine Vertragsverletzung, die zum Schadenersatz berechtigt. Dies gilt sowohl auf Seiten des Unternehmers, wenn dieser „Übermaßberichte“ fordert, wie auf Seiten des HV, falls er unzureichend berichtet. Entsteht dem Unternehmer durch unzureichende Berichte ein Schaden, so ist er nach § 280 BGB schadenersatzberechtigt.855 Der Unternehmer darf im Falle unzureichender Berichterstattung aus wichtigem Grund kündigen,856 jedoch nur nach ergebnisloser Abmahnung. Der HV verliert dann seinen Ausgleichsanspruch. Umgekehrt kann die Forderung des Unternehmers nach Übermaßberichten den HV – je nach Schwere des Vertragsverstoßes des Unternehmers – einen Grund zur außerordentlichen Kündigung geben, zudem einen begründeten Anlass zur Kündigung im Sinne des § 89b, in beiden Fällen jedoch jeweils nur nach vorheriger Abmahnung. IV. Sorgfaltspflicht des Handelsvertreters (§ 86 Abs. 3)

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Wenngleich der HV bei der Ausführung seiner Tätigkeit i.d.R. über einen bedeutenden Freiraum verfügt,857 hat er bei der Erfüllung aller ihm obliegenden Haupt- und Nebenpflichten die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns zu wahren.858 Dies ist seit dem

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854 DB 1988, 41 = MDR 1988, 286 = NJW-RR 1988, 287. 855 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22. 856 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22. 857 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42. 858 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 41, 43.

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HGB-Reformgesetz 1998 nicht mehr bloße Wiedergabe des ohnehin nach § 347 Abs. 1 Geltenden,859 da der HV nun nicht mehr notwendigerweise Kaufmann ist (§ 84 Rn 17, 86 ff.). Für den Unternehmer ist die Kaufmannseigenschaft ohnehin nicht zwingend, weshalb das Fehlen einer Abs. 3 entsprechenden Regel in § 86a unverständlich bleibt. Der Sorgfaltsmaßstab des Abs. 3 gilt dort aber entsprechend, da beide Parteien an denselben Maßstab gebunden sind. § 347 Abs. 2 hat keine Entsprechung in § 86 Abs. 3 gefunden und gilt daher im HV-Recht nicht.860 § 86 Abs. 3 bildet eine lex specialis. In § 86 Abs. 3 wird ebenso wie in § 347 Abs. 1 nur der Sorgfaltsmaßstab, nicht der In- 175 halt der Pflichten bestimmt.861 Der HV schuldet die Sorgfalt, welche ein ordentlicher HV bei objektiver Würdigung im konkreten Einzelfall aufzuwenden hat.862 Je größer Risiko, Wert oder Gefahr, umso höher die Sorgfaltsanforderungen.863 Wirkt der HV an einem besonders bedeutenden Geschäft mit oder verwahrt er wertvolle Ware, Musterkollektionen oder ein Auslieferungslager des Unternehmers,864 so steigen die ihn treffenden Sorgfaltsanforderungen.865 Zur Sorgfaltspflicht des HV gehört es: 176 – vor dem Geschäftsabschluss oder einer Geschäftsvermittlung die Kreditwürdigkeit des Geschäftspartners zu überprüfen866 – Zusicherungen über die Kreditwürdigkeit nur zu geben, wenn sichere Beweise hierfür vorliegen.867 Die Ermittlungspflicht des HV ist aber auf Umstände begrenzt, die er ohne Kosten und Schwierigkeiten über die Kreditwürdigkeit des Kunden in Erfahrung bringen kann868 – Handelsbücher nach §§ 238 ff. zu führen.869 Deshalb darf der HV eine Abrechnung gegenüber dem Unternehmer nicht mit der Begründung verweigern, dieser enthalte ihm Belege vor, sofern er bei ordnungsgemäßer Buchführung die zur Abrechnung notwendige Kenntnis gehabt hätte.870 H. Persönliche Dienstleistung Der HV ist gem. §§ 613, 664 BGB im Zweifel verpflichtet, die Dienstleistung per- 177 sönlich zu erbringen.871 Substitution ist unzulässig.872 Denn Dienstleistungsverträge mit

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859 So aber Hopt § 86 Rn 44; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58 unter Berufung auf RegE, BT-Drucks. 11/3077, S. 7. 860 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52. 861 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 20; Hopt § 86 Rn 44; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 58. 862 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52. 863 BGH, Urt. v. 7.4.1993 – VIII ZR 133/92, NJW-RR 1993, 926 = WM 1993, 1596; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52; Hopt § 86 Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58; Schlegelberger/ Schröder § 86b Rn 2. 864 BGH, Urt. v. 7.4.1993 – VIII ZR 133/92, NJW-RR 1993, 926 = WM 1993, 1596; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 5. 865 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52. 866 RGZ 18, 112; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 59; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 15 f. 867 LG Heidelberg BB 1959, 942; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 59. 868 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 60. 869 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 63. 870 OLG Köln BB 1971, 760; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 63. 871 Hopt § 86 Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen/Huene § 86 Rn 8. 872 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 99; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 6; aA Albrecht/Tentler Das Recht der Agenten nach deutschem Handelsrecht, 1908, S. 35; Stolterfoht S. 77; Trinkhaus Handbuch der Versicherungsvermittlung I, 1955, S. 356; Staudinger/Wittmann § 664 Rn 13.

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Geschäftsbesorgungscharakter, zu denen HV-Verträge zählen, werden aufgrund des Vertrauens in die Fähigkeiten der zur Geschäftsbesorgung verpflichteten Person geschlossen. Näheres oben, Vor § 84 Rn 62 ff. I. Rechenschaftspflicht (§ 666 BGB) 178

Das Interesse des Unternehmers an erschöpfender Unterrichtung wird zunächst und hauptsächlich durch die aus § 86 Abs. 2 hergeleitete Auskunfts- und Berichtspflicht des HV abgedeckt. Doch kann das Informationsbedürfnis unter Umständen auch weiter gehen. Gemeint sind zwar nicht unvollständige Berichte: hier verlangt der Unternehmer bis zur Erfüllung (§ 362 BGB) Vervollständigung. Gemäß §§ 675, 666 BGB ist der HV verpflichtet, Rechenschaft abzulegen,873 jedoch nur, falls hierzu ein Anlass besteht. Das bezieht sich hier vor allem auf Angelegenheiten im Anschluss an die Vermittlung oder den Abschluss und erfasst in eigentlich unnötiger Abgrenzung zu § 86 Abs. 2 (der dort geregelte Anspruch umfasst – falls nötig auch die Rechenschaft) die neben die Hauptpflicht tretenden Nebentätigkeiten des HV und weniger die Marktgegebenheiten, welche von der Nachrichtspflicht getroffen werden. Gedacht wird z.B. an die Abrechnung der Gesamtheit von Einnahmen, etwa kassierte Gelder, oder die Rechenschaft über die Verwendung umfangreicher Musterkollektionen zum Zeitpunkt ihrer Rückgabe; ferner an das Ergebnis eines vom HV beantragten Beweissicherungsverfahrens oder die Rechenschaft darüber, dass und warum von einem Antrag hierauf abgesehen worden ist, die Verwaltung eines Musterlagers oder eines Auslieferungslagers, bei Versicherungsvertretern die Bestandspflegetätigkeit oder die Rechenschaft über das dem HV übertragene Inkasso; Schmiergelder;874 überhaupt über alles das, was der HV in Ausführung seiner Obliegenheiten von dritter Seite erhalten hat. Eine Auskunft über Werbemethoden dürfte der Nachrichtspflicht des § 86 Abs. 2 unterfallen.875 Bei einer Umsatzbeteiligung mag dem HV gegenüber dem Unternehmer ein Rechnungslegungsanspruch entsprechend §§ 666, 675, 259 BGB zustehen.876 Dann gelten die §§ 259, 260 BGB. Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete und nachprüfbare877 Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, dem Unternehmer878 Belege vorzulegen (§ 259 Abs. 1 BGB). Wer verpflichtet ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines solchen Inbegriffs Auskunft zu erteilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichnis des Bestandes vorzulegen (§ 260 Abs. 1 BGB). Notfalls muss der HV gem. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB die Richtigkeit eidesstattlich zu versichern879 (s. § 87c Rn 186 ff.). Wann die Rechenschaft abzulegen ist, bestimmt sich in erster Linie nach den ver179 traglichen Vereinbarungen,880 hilfsweise nach dem konkreten Gegenstand der Rechenschaftslegung. Da zwischen Unternehmer und HV ein Dauerschuldverhältnis besteht, ist der HV nicht nach jedem einzelnen Geschäftsabschluss zur Rechenschaft verpflichtet,

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873 Hopt § 86 Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. 874 Hopt § 86 Rn 41. 875 AA Hopt § 86 Rn 41. 876 OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. 877 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. 878 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 33. 879 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 34. 880 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53.

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sondern jeweils – falls erforderlich – periodisch.881 Der Monatszeitraum des § 87c Abs. 1 S. 1 Hs. 1 dürfte nicht analog anzuwenden sein.882 Über eingenommene Gelder wird periodisch abgerechnet,883 meist monatlich884 oder vierteljährlich. Sind Gegenstände herauszugeben, etwa umfangreiche Musterkollektionen, ist das Verzeichnis des Bestandes am Ende der Saison, also am Ende der Überlassungsdauer, vorzulegen. Im Zweifel gilt die „Unverzüglichkeit“ des § 86 Abs. 2 analog, wobei die Analogie nicht erforderlich ist, falls man die Rechenschaft als von Abs. 2 erfasst ansieht. J. Weisungsfolgepflicht I. Umfang der Weisungsgebundenheit HV sowie HV-ähnliche Mittler, etwa FN und Vertragshändler,885 unterliegen trotz ih- 180 res erheblichen Freiraums im Rahmen ihrer Tätigkeit886 der Pflicht, zulässigen Weisungen ihres Unternehmers zu folgen. Das Thema „Weisungen“ hat zwei Seiten, nämlich auf der Seite des Unternehmers das Weisungsrecht und auf Seiten des HV die Weisungsfolgepflicht. Die Weisungsfolgepflicht des HV wird üblicherweise in Zusammenhang mit der Interessenwahrungspflicht gebracht.887 Sie ist beim eingegliederten, „echten“ HV sowohl nach Art. 101 AEUV wie nach § 1 GWB kartellrechtlich unbedenklich888 (Vor § 84 Rn 138 ff.). Nicht vertragskonforme Weisungen wären als einseitige Maßnahme ohnehin nicht von Art. 101 AEUV erfasst. Der HV muss als Interessenswahrer des Unternehmers dessen Weisungen nachkommen.889 Richtigerweise ergibt sich die Weisungsfolgepflicht, falls eine vertragliche Regelung dieser Frage besteht, aus der Interessenwahrungspflicht; in Ermangelung einer vertraglichen Regelung zudem aus den §§ 675, 665 BGB.890 Denn § 665 BGB setzt ein Weisungsrecht des Auftraggebers voraus. De facto kann der Unternehmer beim Abschlussvertreter Vertriebs- und Preisbindungen nicht nur mittels Weisungen, sondern auch durch die Beschränkung der Vollmacht, beim Vermittlungsvertreter durch Ablehnung nicht gefälliger Geschäfte auferlegen,891 wobei jedoch zumindest eine willkürliche Ablehnung vertragswidrig wäre. In jedem Fall besteht Einigkeit über die Existenz eines Weisungsrechts des Unternehmers. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber die Übernahme von Art. 3 Abs. 2c RL nicht für erforderlich gehalten, demzufolge der HV „angemessene“ Weisungen beachten sollte. Vorgesehen war eine Ergänzung des Abs. 1 um die Verpflichtung, sachgerechten Weisungen Folge zu leisten,892 welche jedoch unterblieb. Daraus und aus der Stellungnahme der BT-Drucks. 11/4559, S. 9, derzufolge der HV sich vom Angestellten durch die Weisungsungebundenheit abgrenze, folgt schon wegen Art. 3 Abs. 2 lit. c RL, 675, 665 BGB kein Entfallen des Weisungsrechts. Die

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881 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 50. 882 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. 883 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. 884 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 53. 885 Ulmer S. 417; Canaris § 17 Rn 44. 886 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42. 887 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 149; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 25. 888 Hopt § 86 Rn 35. 889 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42; OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Hopt § 86 Rn 15. 890 Begr. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 15; OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. 891 Canaris § 17 Rn 39. 892 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 2; Canaris § 17 Rn 34.

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Stellungnahme verwechselt das arbeits- mit dem auftragsrechtlichen Weisungsrecht.893 Die in der RL zum Ausdruck gekommene Beschränkung auf „angemessene“ Weisungen ist wegen des Gebots europarechtsnaher Auslegung innerhalb ihres Anwendungsbereiches (Warenvertreter) gleichwohl für Gerichte maßgeblich894 und wegen Abs. 4 sogar zwingend.895 Deshalb darf der HV-Vertrag nichts Abweichendes regeln.896 Außerhalb des Schutzbereichs der RL ergibt sich die Beschränkung des Unternehmers auf angemessene oder gebotene Weisungen aus dem Wechselspiel der Treuepflichten („Verhältnismäßigkeitsgrundsatz“)897 und der Regel, dass nicht ausdrücklich vereinbarte Nebenpflichten nur im Rahmen der Erforderlichkeit eingefordert werden können. Je größer das dem Unternehmer drohende Risiko, desto weiter die Grenzen des Weisungsrechts.898 Folglich ist das Weisungsrecht gegenüber einem Abschlussvertreter tendenziell umfassender als gegenüber dem Vermittlungsvertreter,899 angeblich auch gegenüber Versicherungsvertretern.900 Weisungen sind einseitige, nicht empfangsbedürftige und bis zu ihrer Ausführung 181 einseitig widerrufliche, ggf. konkludent abgegebene Erklärungen901 des Unternehmers, mit denen er Anordnungen für die Ausführung der Vertragspflichten für den Einzelfall oder eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle902 gibt.903 Nicht anders als beim Direktionsrecht des Arbeitgebers darf der Unternehmer nur bereits bestehende Pflichten des HV präzisieren. 904 Was nur durch Vertragsänderung oder mittels Änderungskündigung erreicht werden kann, ist nicht mit Weisung durchzusetzen: Verkleinerung, Verlegung des Vertreterbezirks, Herabsetzung des Provisionssatzes, Untersagung einer weiteren Erwerbstätigkeit (sogar bei einem Einfirmenvertreter nicht; dieser ist nur gehindert, eine weitere Erwerbstätigkeit in Gestalt einer hinzukommenden Vertretung zu übernehmen). Zu Tätigkeiten, die dem HV nach dem Vertrag nicht obliegen, darf er nicht angewiesen werden, wobei sich viele Pflichten aus der Interessenwahrungspflicht ergeben. Grenzen findet das Weisungsrecht daher am Vertragsinhalt.905 Das Weisungsrecht darf einzelne Vertragspflichten des HV nur konkretisieren, nicht abändern.906 Was konsensual vereinbart wurde, kann nicht durch einseitige Willenserklärung abgeändert sondern allenfalls – Zweifel gehen zu Lasten des Unternehmers – detailliert werden.907 Deshalb kann etwa der Bezirk des HV nicht mittels Weisung verkleinert oder verlegt bzw. die Provision reduziert oder per Weisungsrecht der Umfang der Tätigkeit des HV verändert werden.908 Mithin sind Weisungen in den nachfolgend Rn 184 f. beispielhaft genannten Fällen nur zulässig, wenn der Vertrag keine abweichenden Regelungen trifft.

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893 Canaris § 17 Rn 34. 894 Canaris § 17 Rn 37. 895 Canaris § 17 Rn 35. 896 Zum alten Recht abweichend Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 19. 897 Canaris § 17 Rn 37; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 38. 898 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 28. 899 BGH BB 1960, 574; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 28. 900 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 29. 901 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32a. 902 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 903 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 904 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13. 905 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. 906 BSG BB 1981, 2074; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13. 907 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 26; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 13. 908 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 13.

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Das Weisungsrecht darf die Selbständigkeit des HV nicht im Kern berühren.909 Sol- 182 che Weisungen wären unbeachtlich.910 Damit dürfen sich die Weisungen weniger auf die Interna der Büroorganisation des HV beziehen (z.B. Festlegung einer Reiseroute, Form und Intervalle der Berichte) und die Festlegung der Arbeitszeit, als vielmehr darauf, welche Richtlinien der Vertriebspolitik einzuhalten, welche Schwerpunkte hierbei zu bilden, welche technischen Aufschlüsse den Angeboten beizugeben seien. Manche Unternehmer hochtechnisierter Geräte stellen für Kundenbesuche technische Berater zur Verfügung; der HV kann dann etwa die Weisung erhalten, sich mit jenen wegen einer gemeinsamen Reiseroute abzustimmen. Gedacht ist in erster Linie an produktbezogene, aber auch tätigkeitsbezogene911 Weisungen. Generell lässt sich sagen, dass Weisungen, welche die vom Unternehmer bestimmte Vertriebspolitik oder die Tätigkeit des HV gegenüber Kunden912 betreffen, gestattet sind. Eher problematisch sind dagegen Weisungen in Bezug auf die unternehmerische Tätigkeit,913 die Büroorganisation, insbesondere die Ausgestaltung des Vertreterunternehmens,914 und die Arbeitszeit915 des HV. Mit einem solchen Inhalt im Vertrag festgelegt oder in solcher Beschränkung gehandhabt, wäre das Weisungsrecht dann ein Indiz gegen die Selbständigkeit des HV. Wirksame, die Selbstständigkeit tangierende, vertraglich vereinbarte Weisungsrechte bedingen eine Angestelltentätigkeit. Erforderlich ist hierzu aber immer eine Vereinbarung, d.h. eine notfalls konkludente Akzeptanz der in die Unselbstständigkeit leitenden Abrede. Einseitige Weisungen, welche die Selbstständigkeit ausschließen würden, sind schlicht unzulässig. Es besteht ein Abwehrrecht des HV. Ohne vertragliche Akzeptanz und deren Wirksamkeit – Problem AGB, hier bestimmt sich das Leitbild nach dem Schwerpunkt des Vertrages – ist die einseitige Maßnahme unwirksam. Gegenüber Abschlussvertretern ist die Weisungsgebundenheit eine schärfere, da sie den Unternehmer durch die Abschlüsse binden.916 Überhaupt wird der Rahmen der zulässigen Weisungen je weiter zu ziehen sein, je größer das geschäftliche Risiko des Unternehmers ist oder sein kann. Das gilt insbesondere für die Tätigkeit von Versicherungsvertretern wegen der Schwierigkeit der Materie und der Längerfristigkeit der zu übernehmenden Risiken.917 Fehlen Weisungen, muss der HV dem mutmaßlichen Willen und den Interessen des Unternehmers gemäß handeln.918 II. Billiges Ermessen und Rücksichtnahmegebot Das Weisungsrecht des Unternehmers stellt ein einseitiges Leistungsbestimmungs- 183 recht gemäß § 315 BGB dar. Deshalb hat der Unternehmer die Bestimmung nach billigem

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909 BGH, Urt. v. 13.1.1966 – VII ZR 9/64, MDR 1966, 495 = NJW 1966, 882 (883); BSG, Urt. v. 29.1.1981 – 12 RK 63/79, BB 1981, 2074; OLG Nürnberg DB 1974, 144; SG München VersR 1963, 921 (922); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 16; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 86 Rn 14; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a–32b. 910 MünchKommHGB/von Hoyningen/Huene § 86 Rn 14. 911 Hopt § 86 Rn 15. 912 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. 913 Großzügiger offenbar Hopt § 86 Rn 15. 914 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31. 915 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. 916 BGH VersR 1960, 414 – hier kam hinzu, dass der zum Abschluss bevollmächtigte HV zugleich das Auslieferungslager unterhielt, der Unternehmer also sein Absatzengagement überhaupt nur durch Weisungen steuern konnte. 917 BAG 18, 87 (94); SG Köln VersR 1962, 1150 (1151). 918 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32a.

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Ermessen zu treffen919 und darf das Weisungsrecht nur innerhalb der Grenzen der §§ 242, 134 und 138 BGB ausüben. § 307 BGB ist hingegen auf Weisungen nicht anwendbar, jedoch auf Klauseln, die ein Weisungsrecht postulieren. Der Unternehmer hat weiter von seinem Weisungsrecht maßvoll Gebrauch zu machen.920 Die Weisung muss durch berechtigte Belange geboten sein und er hat auf die Interessen des HV Rücksicht zu nehmen921 (Ausübungskontrolle). 184 Zulässig sind Weisungen zu folgenden Gebieten, wobei die Besonderheiten des Einzelfalls eine abweichende Betrachtung erfordern können: – Abschlussvollmacht: Zu ihrem Inhalt922 – Berichtspflicht:923 Eine Grenze bildet die Erforderlichkeit des Weisungsinhaltes. So dürfen sich die Weisungen auf die computergerechte Gliederung und Ausgestaltung der routinemäßigen Berichte beziehen sowie auf Gesichtspunkte, über die bei der Marktbeobachtung der Unternehmer besonders unterrichtet zu werden wünscht – Bestandsverwaltung, Rückübertragung924 – Eintragung der Preise in Auftragsscheine925 oder Ausfüllung von Versicherungsanträgen926 – Geschäftskonditionen:927 Vorgaben hinsichtlich des Vertragsinhaltes der zu vermittelnden oder zu schließenden Verträge928 bzw. dazu, welche Geschäftsbedingungen zu beachten sind929 – Geschäftspolitik, etwa ob ausschließlich der Fachhandel oder Endverbraucher zu betreuen sind930 – Zur Person des Geschäftsgegners931 sowie konkreten Kunden und ihre Behandlung, etwa die Weisung, mit bestimmten Kunden überhaupt nicht mehr, zu bevorzugten Konditionen oder nur noch gegen Vorkasse oder Barzahlung abzuschließen,932 auch dazu, mit welchen Kunden der Unternehmer sich direkte Abschlüsse vorbehalten will. Solche Weisungen sind auch dann für den HV verbindlich, wenn sie seine Provisionsaussichten schmälern, solange der Unternehmer nicht die Tätigkeit des HV im ganzen oder in wesentlichen Teilen dadurch lahm legt, sondern die Weisungen sich auf Ausnahmen beschränken – Zur technischen Durchführung der Vermittlung (Verwendung von Auftragsformularen, Art der Ausfüllung derselben933 – dies erleichtert dem Unternehmer die büromäßige Behandlung)

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919 Zum Franchiserecht Giesler/Nauschütt § 5 Rn 92. 920 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 38. 921 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 38. 922 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 13a. 923 BGH, Urt. v. 24.9.1987 – I ZR 243/85, BB 1988, 12; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 12, 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. 924 BGH VersR 1968, 642; Hopt § 86 Rn 15. 925 OLG Nürnberg MDR 1974, 144; Hopt § 86 Rn 15. 926 BGH VersR 1986, 1072; Hopt § 86 Rn 15. 927 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17. 928 BGH, Urt. v. 14.3.1960 – II ZR 79/58, BB 1960, 574; OLG Nürnberg MDR 1974, 144; Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. 929 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154. 930 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). 931 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). 932 BGH BB 1960, 574; Hopt § 86 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. 933 OLG Nürnberg MDR 1974, 114.

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Tourenpläne: ihre Beachtung934 (aber Grenze zur Unselbständigkeit schnell überschritten) Produktbezogene sowie die Selbständigkeit des HV nicht berührende tätigkeitsbezogene Weisungen935 Zur Handhabung des Vertragsschlusses936 Zur Marktbeobachtung und Kundenpflege937 Den Schwerpunkt der Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit auf bestimmte Erzeugnisse zu legen938 Dass sich die Tätigkeit des HV auf einen bestimmten Kundenkreis zu konzentrieren habe939 Verbot von Vertragsverhandlungen mit bestimmten Kunden940 Vertriebspolitik: Weisungen des Unternehmers zur Vertriebspolitik (Vertriebsschwerpunkte,941 Kundenschwerpunkte) Die Einhaltung bezeichneter Zahlungsziele und Zahlungsbedingungen942 dazu, sämtliche Altkunden innerhalb einer Frist zu erfassen und in gewissen Zeitabständen mehrmals zu besuchen,943 wobei die Fristen jedoch nicht zu eng gesetzt werden dürfen Zur Werbung, insbesondere ihrer Gestaltung.944

Im Ganzen gesehen darf der HV nicht durch Weisungen einer kleinlichen Kont- 185 rolle und Gängelung unterworfen werden,945 er verfügt bei der Ausführung seines Auftrags i.d.R. über einen bedeutenden Freiraum.946 Allerdings sind auch nicht sachgerechte Weisungen maßgeblich,947 weil es das Recht des Unternehmers ist, selbst die Sachgerechtigkeit außerhalb der Grenzen der §§ 134 (analog), 138, 242 BGB festzulegen. Nur missbräuchliche, insbesondere schikanöse Weisungen sind unbeachtlich. Unzulässig wären Weisungen in folgenden Fällen: – Arbeitszeit: Sie betreffende Weisungen sind regelmäßig unzulässig, weil solche Weisungen die Selbständigkeit tangieren. 948 In bestimmten Branchen, in denen ständige Anwesenheit erforderlich ist, mag Abweichendes gelten – Bezirksumsetzung: Ob der Unternehmer dem HV durch Weisungen einen anderen Bezirk zuweisen darf, hängt sehr von den Umständen ab.949 Derartiges ist unzuläs-

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934 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 935 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; Hopt § 86 Rn 15. 936 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 937 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 18. 938 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17. 939 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl. § 86 Rn 26. 940 BGH HVR Nr. 211; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154. 941 BGH DB 1981, 1772. 942 Vgl. BGH BB 1960, 574; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154. 943 BGH, Urt. v. 28.11.1963 – VII ZR 90/62, zitiert nach Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154; äußerst zweifelhaft. 944 BGH, unveröffentlichtes Urt. v. 25.3.1963 – VIII ZR 250/61, v. 5.11.1962 – VII ZR 160/61; zitiert nach Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154; OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 18. 945 OLG Stuttgart BB 1960, 956. 946 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 42. 947 AA Hopt § 86 Rn 16. 948 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. 949 Für die Zulässigkeit Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15.

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sig, wenn dem HV im Vertrag ein bestimmter Bezirk zugewiesen wurde, weil dann ein vertragliches Recht auf diesen besteht. Auch sonst ist die Umsetzung durch bloße Weisung wegen des aus der Treupflicht entspringenden Schädigungsverbots problematisch. Denn die Umsetzung lässt keine Kundenbindungen entstehen, was die Werbung ausgleichspflichtiger Stammkunden erschwert einen Bericht über jeden der Schritte und Besuche des HV anzuordnen,950 und zwar selbst bei erheblichem Umsatzrückgang (jedoch sind in diesem Fall erhöhte Anforderungen an die Berichtspflicht zulässig; sie dürfen jedoch nicht in den Kernbereich der Selbständigkeit eingreifen) den Besuch jedes Kunden innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorzuschreiben951 die Bestellung des Geschäftsführers einer HV-Gesellschaft anzuordnen952 falls der Betrieb des HV durch Übermaßweisungen erheblich gestört oder gar lahmgelegt werden soll, etwa um das Entstehen von Provisionsansprüchen zu verhindern.953 Allerdings dürfen zulässige Weisungen im Einzelfall auch negative Auswirkungen auf die Provisionsaussichten des HV haben954 Gerichtsverfahren: die Weisung, Gerichtsverfahren mit Kunden oder für den Unternehmer zu führen Kfz: der Unternehmer darf dem HV nicht vorschreiben, welchen Kfz-Typ er für seine Geschäftsfahrten zu benutzen habe (höchstens die Wagenklasse kann der Unternehmer aus Gründen der Außenwirkung im Vertrag festlegen) Mindestumsatz: Sollvorgaben für einen zu erzielenden Mindestumsatz darf der Unternehmer dem HV nicht durch Weisung auferlegen, am wenigsten einseitig und nachträglich:955 Der HV ist nicht verpflichtet, so viel Abschlüsse hereinzuholen, wie es ihm bei größter Anstrengung möglich wäre;956 er ist nur verpflichtet, angemessene Umsätze zu erzielen. Individualvertraglich dürfen aber Mindestumsätze vereinbart werden957 bei Missbräuchlichkeit958 Nachfolger: Weisung, einen Nachfolger einzuarbeiten959 (wobei jedoch eine angemessene Unterrichtung des Nachfolgers von der Interessenwahrungspflicht umfasst sein kann) Nicht geschuldete Tätigkeiten: Der Unternehmer darf den HV nicht zu vertraglich nicht geschuldeten Dienstleistungen anweisen960 Niederlassungsort:961 Ist der Ort der Niederlassung des HV nicht im Vertrag bestimmt, darf er dem HV nicht mittels Weisung vorgeschrieben werden

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950 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 158; AG München HVR Nr. 147. 951 OLG Nürnberg BB 1964, 866; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35; aA wohl Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 4b. 952 Emde Die Handelsvertreter GmbH, S. 96 ff.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 953 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 37. 954 OLG Düsseldorf WM 1991, 913 für die Weisung, keine Kreditkartengebühren zu erheben; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 17. 955 OLG Nürnberg BB 1964, 866 für einen Extremfall; Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (74) – zu AGB; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 21; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 956 OLG Celle NdsRpfl. 1959, 109. 957 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (75). 958 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. 959 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 960 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. 961 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a.

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Personal: Weisungen, welches und wie viel Personal der HV einzustellen habe;962 Weisungen, die zur Einstellung von Hilfspersonal verpflichten (auch hier handelt es sich um Pflichten, die vertraglich vereinbart werden müssten)963 Prozesse zu führen: Wozu der HV als Abschlussvertreter nach § 55 Abs. 4, als Vermittlungsvertreter nach § 91 Abs. 2 gesetzlich ermächtigt ist und was ihn deshalb eintretendenfalls im Zweifel zum Tätigwerden verpflichtet, wird auch Gegenstand einer Weisung sein können, so zum Beispiel die Beantragung eines Beweissicherungsverfahrens Reiseroute: welche Reiseroute der HV zu nehmen habe Urlaub: Weisungen, wann der HV Urlaub nehmen darf, etwa, dass er seinen Urlaub nur in den Betriebsferien nehmen dürfe Vereitelung von Provisionsansprüchen: dies betreffenden Weisungen sind nur zulässig, falls sie die Interessen beider Seiten berücksichtigen, wobei wegen der Interessenwahrungspflicht des HV im Einzelfall Weisungen auch negative Auswirkungen auf die Provisionsaussichten haben dürfen964 Verhandlungen mit Behörden zu führen. III. Zwingende Natur des Weisungsrechts

Nicht aus der RL übernommen wurde die zwingende Natur des Weisungsrechtes. 186 Hierbei handelt es sich um einen Umsetzungsfehler,965 der wegen der fehlenden Erwähnung der Weisungsfolgepflicht durch Abs. 4 nicht geheilt wird. Im Anwendungsbereich der RL ist durch eine richtlinienkonforme Entscheidungspraxis der Gerichte zu helfen.966 Ihrer bedarf es nicht, sofern man die Weisungsfolgepflicht auch aus der zwingendem Interessenwahrungspflicht herleitet. Deshalb wird man nicht sagen können, dass, soweit die RL nicht entgegensteht, das Weisungsrecht disponibel bleibt. IV. Folgen zulässiger Weisungen Weisungen, die der Unternehmer zulässigerweise gegeben hat, sind vom HV bei 187 Meidung der Schadensersatzpflicht und in schwerwiegenden Fällen – nach ergebnisloser Abmahnung – einer fristlosen Kündigung zu befolgen.967 Auch nicht sachgerechten Weisungen muss der HV grundsätzlich nachkommen. Abweichen darf er nur gem. § 665 BGB, wenn er den Umständen nach annehmen kann, dass der Unternehmer bei Kenntnis der Sachlage die Abweichung billigen werde und wegen der mit einem Aufschub verbundenen Gefahr eine Entscheidung des Unternehmers nicht vorab einholen kann.968 Auch diese Beurteilung ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (Handelsvertreters) vorzunehmen. Damit sind strenge Voraussetzungen an eine Abweichung gestellt. Will der HV ohne diese Voraussetzungen abweichen, muss er den Unternehmer über die Gründe für die Nichtbefolgung der Weisung unterrichten und dessen Entscheid abwarten (§ 665 S. 2 BGB).969 Besteht der Unternehmer auf Befolgung der Weisung, so hat

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962 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. 963 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86, Rn 35. 964 BGH HVR Nr. 211; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 154; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35. 965 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 59. 966 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 59. 967 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 36. 968 Hopt § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32b. 969 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32b.

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es damit für den HV sein Bewenden. Schadenersatzforderungen des Unternehmers wegen fehlerhafter Einschätzung setzen Pflichtwidrigkeit und Verschulden voraus. Bei der Bewertung beider Umstände ist ggf. die Eilbedürftigkeit der Entscheidung (Rechtsirrtum?) zu berücksichtigen. Stellt sich eine Entscheidung des HV im Nachhinein als unzutreffend heraus, ist der HV gleichwohl von der Haftung frei, falls er bei seinem Entschluss, wegen Dringlichkeit nicht zuvor den Unternehmer gefragt zu haben, mit gehöriger Sorgfalt vorgegangen ist. V. Folgen unzulässiger Weisungen 188

Unzulässige Weisungen und Übermaßweisungen sind unverbindlich.970 Dennoch darf der HV sie nicht einfach unbeachtet lassen. Er muss den Unternehmer wegen der ihm obliegenden Interessenwahrnehmungspflicht – soweit zumutbar – von der Nichtausführung verständigen,971 insbes. auch dazu, warum er die Weisung nicht zu befolgen gedenke. Eine neue Entscheidung und eine zulässige Weisung braucht er nicht abzuwarten.972 Ohne Mitteilung macht der HV sich schadensersatzpflichtig, zwar nicht auf das Erfüllungsinteresse, wie bei der verweigerten Befolgung einer zulässigen Weisung, wohl aber auf das negative Interesse. Der Unternehmer kann verlangen, so gestellt zu werden, als sei ihm das Unzulässige der Weisung vor Augen geführt worden und als ob er sein weiteres Verhalten darauf einstellen hätte können. Das Mitverschulden des Unternehmers, welches in der unzulässigen Weisung liegt und den Schaden mit herbeigeführt hat, ist zu berücksichtigen. Ein Grund zur fristlosen Kündigung wird aus dem Unterlassen dieses Hinweises meist nicht hergeleitet werden können. Unzulässige Weisungen können dem Vertreter bei notwendiger Schwere und nach Abmahnung, von der Weisung abzusehen, einen Anlass zur Kündigung aus wichtigem Grund973 oder einen ausgleichserhaltenden begründenden Anlass zur Kündigung (§ 89b Abs. 3 Nr. 1) geben.974 VI. Vertraglich vereinbartes Weisungsrecht

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Da Rechtsgrund § 665 BGB und nicht die Interessenwahrnehmungspflicht ist, darf das Weisungsrecht außerhalb des Anwendungsbereichs der RL – aber nur dort (Rn 180, 186) – vertraglich erweitert oder eingeschränkt werden (siehe auch Rn 195),975 jedoch nur innerhalb des Rahmens der §§ 138, 242, 307 BGB. Zudem dürfen Weisungen auch nach vertraglicher Erweiterung des Weisungsrechts – ebenso wie im Rahmen des gesetzestypischen Weisungsrechts – den Kernbereich der Selbständigkeit976 nicht verletzen und nicht in die Geschäftspolitik des HV eingreifen.977 Unterhalb dieser Grenze kann durch

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970 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 36; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. 971 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 36; Hopt § 86 Rn 15 f.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32c. 972 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 36. 973 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. 974 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 163. 975 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 37. 976 Vgl. hierzu etwa die Beispielsfälle BGH NJW 1966, 882 (883); OLG Stuttgart DB 1970, 1112 (Regelung der Kundenbesuchsintervalle) und OLG Karlsruhe DB 1971, 572 (sog. Sollvorgaben für den Umsatz; dort aus anderen Gründen als gegen Treu und Glauben verstoßend und daher unbeachtlich beurteilt; ebenso Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 37. 977 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402); Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 153; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 35, 37; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a, 32.

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Vertrag, angeblich auch mittels AGB,978 das Weisungsrecht eingeschränkt, erweitert, modifiziert und näher ausgestaltet werden, insbesondere dem Unternehmer eine konkrete und ins einzelne gehende Weisungsbefugnis hinsichtlich der dem HV zur Erledigung übertragenen Aufgaben eingeräumt werden.979 Über das im Vertrag festgelegte oder für den vertraglichen Pflichtenkreis gebotene Maß dürfen Weisungen nicht hinausgehen. VII. Fehlende Weisungen Im Falle anfänglich fehlender Weisungen muss der HV in erster Linie gemäß dem 190 Vertrag, in zweiter Linie nach den auf eine Rückfrage erteilten Weisungen und in dritter Linie nach dem mutmaßlichen Interesse des Unternehmers handeln. Wenn möglich hat er Rückfrage zu halten und die Antwort abzuwarten. VIII. Rechtsfolgen bei Nichtbefolgung von Weisungen Die Nichtbeachtung zulässiger Weisungen bildet eine Vertragsverletzung, die zum 191 Schadenersatz berechtigt,980 nach ergebnisloser Abmahnung auch zur fristlosen Kündigung.981 Wie ausgeführt ist eine Abmahnung dann nicht erforderlich, wenn bereits die einmalige Missachtung der Weisung zu einem die Vertragsfortsetzung ausschließenden Vertrauensfortfall führt. Der HV muss beweisen, dass er im Einzelfall von einer verbindlichen Weisung abweichen durfte.982 K. Verschwiegenheitspflicht während der Vertragsdauer und nach Vertragsende Gemäß § 90 darf der HV Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, die ihm anvertraut oder 192 als solche durch seine Tätigkeit für den Unternehmer bekannt geworden sind, „auch“ nach Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen, soweit dies nach den Gesamtumständen der Berufsauffassung eines ordentlichen Kaufmanns widersprechen würde. Zu den Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu § 90 verwiesen. L. Beweislast Im Rahmen eines Streites hat der Unternehmer die Pflicht, die Pflichtverletzung des 193 HV983 sowie die TB-Voraussetzungen der Rechtsfolge, etwa den Schaden beim Schadenersatz, darzulegen und zu beweisen.984 Die Pflichtverletzung indiziert das Verschulden (s.u.). Bei Schadensersatzklagen darf der Unternehmer sich auf die Beweiserleichterungen der §§ 287 ZPO, 252 BGB berufen.985 Das Nichtvertretenmüssen ist gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ein Einwendungstatbestand, für welchen der Schuldner beweispflichtig ist.986

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978 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 37. 979 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 37. 980 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32d. 981 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32d. 982 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 55. 983 Hopt § 86 Rn 44. 984 BGH MDR 1954, 606; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 58, 70. 985 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70. 986 Palandt/Heinrichs § 280 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 45.

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Obwohl die Sorgfaltspflicht in § 86 Abs. 3 als vertragliche Nebenpflicht formuliert wurde, muss der HV – wie bei jeder Pflichtverletzung – das Fehlen einer objektiven Pflichtverletzung nicht nachweisen.987 Nicht etwa liegt die Beweislast für die Einhaltung der Sorgfalt beim HV.988 Sonst bestände praktisch im gesamten HV-Recht eine vom sonstigen Recht abweichende Beweisverteilung, auch im Rahmen eines Prozesses um § 89a müsste der HV dann sein pflichtgemäßes Handeln nachweisen. Man wird eine gegenteilige Verteilung der Beweislast auch nicht aus der Rechenschaftspflicht (§§ 666, 675 BGB) des HV herleiten können. Steht die Pflichtverletzung des HV aber fest, muss er sich exkulpieren.989 Er hat darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft und er damit die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes beachtet hat.990 Von dieser Beweislastverteilung ist in erster Linie dann abzuweichen, wenn der in 194 Anspruch Genommene seine Erfüllung beweisen muss, weil der Anspruchsteller die Leistung nicht als Erfüllung angenommen hat (§ 363 BGB). In den meisten Fällen werden Pflichtverletzungen erst im Nachhinein entdeckt, so dass der Unternehmer die Leistung des HV als Erfüllung angenommen hat. Folglich bleibt es hier bei der vorgenannten Beweislastverteilung. Stellt der HV in Abrede, vor seinem Ausscheiden angebahnte Geschäfte zu einem anderen Versicherer umgedeckt zu haben und trägt er vor, die Kunden seien zu ihm gekommen, weil sie der Meinung gewesen seien, sie hätten ungünstige Verträge abgeschlossen, so reicht dieses Bestreiten nicht aus, falls der Unternehmer konkrete Vorgänge unter Nennung der Vertragsnummern und der genauen Anschriften der Kunden mitgeteilt hat. Unter diesem Gesichtspunkt obliegt es dem HV, präzisen Vortrag dazu zu halten, ob es sich um Kunden handelt, die an ihn mit dem Wunsch nach einem Wechsel wegen günstigerer Konditionen herantraten. Lässt sich dem Vorbringen des HV kein derartig präziser Vortrag entnehmen, ist er mangels Substanz unbeachtlich.991 M. Zwingende Natur des § 86 I. Allgemeines 195

Seit der Novellierung 1989 sind die in § 86 Abs. 1 und 2 geregelten Haupt-992 und Nebenpflichten gem. Abs. 4 zwingend, insb. die Interessenwahrungspflicht.993 Sie können nach dem Vorbild des Art. 5 RL nicht erweitert oder beschränkt werden (Amtl. Begründung), auch nicht zum Vorteil des HV.994 Dem HV-Vertrag soll dadurch eine feste Kontur gegeben werden.995 Ob dies sinnvoll ist, braucht angesichts der europarechtlichen Präformation nicht diskutiert zu werden. Die zwingende Natur trifft jedoch nur den kodifizierten Kern- oder Wesensgehalt996 (Wortlaut des § 86 Abs. 4)997 der in § 86 geregelten

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987 AA OLG Brandenburg OLGR 2007, 202; OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Hopt § 86 Rn 44. 988 AA OLG Karlsruhe DB 1969, 741; Hopt § 86 Rn 44. 989 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70. 990 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70. 991 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 992 Entgegen Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53 ergibt sich auch die zwingende Natur der Vermittlungs- und Abschlusspflicht aus § 86 Abs. 4. 993 BGHZ 97, 326; 112, 222; Hopt § 86 Rn 20. 994 Hopt § 86 Rn 50. 995 Canaris § 17 Rn 30. 996 BGHZ 112, 218 (222); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 27; Hopt § 86 Rn 50; nach Canaris § 17 Rn 31 läge sonst wegen der Zementierung des gesamten Vertragsinhaltes ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot (Unverhältnismäßigkeit) vor. 997 Canaris § 17 Rn 31.

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Rechte und Pflichten998 und damit nur die in Abs. 1 und 2 niedergelegten gesetzlichen Pflichten des HV, nicht aber die sonstigen dem HV durch andere gesetzliche Bestimmungen oder durch Vertrag zusätzlich auferlegten Pflichten. Vor der Untersuchung einer Verletzung des Abs. 4, steht die Prüfung, ob ein HV-Vertrag vorliegt. Einen Typenzwang begründet Abs. 4 nicht.999 Die Hauptpflicht zur Vermittlung oder zum Abschluss ist bereits nach § 84 Voraussetzung der Anwendbarkeit des § 86 und damit in der Sache „zwingend“. Die übrigen vertraglichen Pflichten sind innerhalb der allgemeinen Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB dispositiv,1000 insb. der Sorgfaltsmaßstab des Abs. 3.1001 Die zwingende Natur gilt sowohl für Abweichungen zu Gunsten1002 wie zu Lasten des HV. Das Verbot von Abweichungen zu Gunsten des HV ist bemerkenswert, weil hierdurch nicht der bei sonstigem zwingendem HV-Recht maßgebliche Schutz des HV sondern der des Unternehmers erstrebt wird. Die Vereinbarung zusätzlicher Pflichten des HV widerspricht nicht § 86 Abs. 4, so- 196 weit hierdurch die in § 86 Abs. 1, 2 niedergelegten Pflichten in ihrem Kernbereich nicht erweitert oder eingeschränkt werden. Bei der Interessenwahrnehmungspflicht ist nur der Grundsatz der Pflicht zur Interessenwahrnehmung unabdingbar. Das Recht des Unternehmers zu bestimmen, was im Einzelfall seinem Interesse entspricht, nimmt Abs. 4 ihm also nicht.1003 Der Unternehmer darf den HV nur nicht aus der unabdingbaren Vertrauensstellung und der Pflicht entlassen, sein Handeln an dem vorrangigen Interesse des Unternehmers auszurichten1004Also dürfen die in § 86 Abs. 2 niedergelegten und § 86 Abs. 1 konkretisierenden Pflichten vertraglich ausgestaltet werden. Die Parteien dürfen über die aus der Interessenwahrnehmungspflicht hergeleiteten Einzelpflichten, etwa zu Verschwiegenheit, Bonitätsprüfung, Bericht und Information oder Einhaltung eines Wettbewerbsverbots, disponieren.1005 Sie dürfen regeln, welche Interessen des Unternehmers durch den HV in der Vergangenheit, jetzt oder zukünftig im Einzelfall auf welche Weise wahrzunehmen sind,1006 wie z.B. das Wettbewerbsverbot,1007 die Unterrichtungs- oder Bemühungspflicht1008 im Einzelnen auszugestalten ist und auf die Wahrung welcher Interessen oder die Übermittlung welcher Nachrichten1009 der Unternehmer für Vergangenheit oder Zukunft verzichten will.1010 Denn da lediglich der Kernbereich der Interessenwahrnehmungspflicht geschützt ist, darf der Unternehmer auch den Inhalt der einzelnen aus ihr hergeleiteten Unterpflichten, etwa zum Konkurrenzverbot, zur Verschwiegenheit, Bonitätsprüfung, Berichts- und Informationserteilung sowie zu den Weisungen regeln, konkretisieren, sie derogieren oder erweitern.1011 Sie fallen nicht in den zwingenden und damit unantastbaren Kernbereich. Eine solche „Dispositionsfreiheit“ ist auch erforderlich. Denn trotz der Rechtsprechung vieler Jahrzehnte bleiben die unbe-

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998 Hopt § 86 Rn 50. 999 Canaris § 17 Rn 32. 1000 Hopt § 86 Rn 50. 1001 Hopt § 86 Rn 51. 1002 Ankele DB 1989, 2211; Küstner/v. Manteuffel BB 1990, 291 (294); Hopt § 86 Rn 50; aA Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 26, nach dem Abweichungen zu Gunsten des Unternehmers nicht verboten sind. 1003 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 1004 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 1005 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 1006 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 1007 Hopt § 86 Rn 50. 1008 Hopt § 86 Rn 50. 1009 Hopt § 86 Rn 50. 1010 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 1011 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65.

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stimmten Rechtsbegriffe des § 86 auslegungsbedürftig. Der Spielraum dispositiver Gestaltung gleicht folglich dem bei der Bestimmung außerordentlicher Kündigungsrechte. Das außerordentliche Kündigungsrecht kann nicht eingeschränkt werden. Jedoch dürfen die Parteien konkretisieren, welche Gründe als „wichtige“ zur außerordentlichen Kündigung berechtigen sollen. Es ist folglich zulässig, 197 – Regelungen zur Art und Weise der Erfüllung zu treffen, solange der Kernbereich der Interessenwahrungspflicht unangetastet bleibt1012 – die in § 86 normierten Pflichten auszulegen,1013 zu modifizieren,1014 zu konkretisieren,1015 zu ergänzen oder auszugestalten – mit dem Kunden eine Vergütungsabrede zu treffen (Nettopolice), sofern der Unternehmer hiermit einverstanden ist1016 – neue Pflichten zu begründen, sofern sie § 86 nicht widersprechen.1017 II. Vertragliche Erweiterung der Pflichten 198

Zu weiteren als in §§ 84, 86 normierten Haupt- und Nebentätigkeiten ist der HV nur verpflichtet, falls der Vertrag das besonders bestimmt,1018 was zulässig ist.1019 Ohne vertragliche Vereinbarung besteht daher insbesondere keine Verpflichtung – zur Abwicklung der vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte1020 – zum Inkasso der vom Kunden dem Unternehmer geschuldeten Beträge1021 – zur Bestandspflege bei Versicherungsvertretern – zur allgemeinen, dem Unternehmer obliegenden Markt-, Produkt- und Kundenpflege1022 – Gerichtsverfahren mit Kunden für den Unternehmer zu führen1023 – zur umfangreiche Beschaffung von Prozessinformationen1024 – zu Vergleichsverhandlungen1025 – zur Lagerhaltung1026 – zur Auslieferung von Waren an Kunden1027

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1012 BGHZ 112, 218 (222); OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012 – 9 U 218/11, VersR 2012, 1035 (1037); Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 27; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 53. 1013 Westphal I Rn 206. 1014 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1. 1015 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65. 1016 OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012 – 9 U 218/11, VersR 2012, 1035 (1037). 1017 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1. 1018 Westphal I Rn 212; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86 Rn 47. 1019 Hopt § 86 Rn 13. 1020 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 1021 OLG Stuttgart DB 1962, 405; Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 4a; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 1022 Hopt § 86 Rn 13. 1023 OLG Hamburg JW 1936, 293937 (2340); Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; Hopt § 86 Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4a. 1024 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; OLG Hamburg JW 1936, 2939. 1025 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; Hopt § 86 Rn 13. 1026 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; Hopt § 86 Rn 13, 51; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 10. 1027 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; Hopt § 86 Rn 51; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47.

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zum Einstehen für Verbindlichkeiten aus einem Geschäft1028 zur Mangelgewährleistung1029 zur Abwehr von Mängelrügen des Kunden1030 zu einem Mindestumsatz (Umsatzgarantie).1031 Näheres s. Rn 201, Stichwort „Mindestumsatz“. zur Montage der vertriebenen Produkte1032 zur umfassenden Einarbeitung eines Nachfolgers (aber zur Vorstellung seines Nachfolgers und zur nicht zu arbeitsintensiven Erklärung des Tätigkeitsbereichs)1033 zum Service1034 zur Prüfung, ob das vertriebene Produkt öffentlich-rechtlicher Erlaubnisse bedarf1035 zur Werbung:1036 Sie obliegt dem Unternehmer, nicht dem HV, soweit sie als eine allgemeine, nicht auf bestimmte potentielle Kunden gezielte sich darstellt zu Verhandlungen mit unternehmens- oder marktpolitischer Zielsetzung Zwangsvollstreckungen gegen Kunden zu betreiben.1037

Diese Aufstellung kennzeichnet das gesetzliche Leitbild im Sinne des § 307 BGB. Der 199 Unternehmer darf den HV ohne wirksame vertragliche Vereinbarung nicht zu den o.g. Tätigkeiten anweisen. Jedoch ist der HV unter dem Gesichtspunkt der Nachrichtspflicht gehalten, die Notwendigkeit zum Tätigwerden dem Unternehmer mitzuteilen. In Notfällen muss er auch ohne vertragliche Verpflichtung eingreifen, sofern ihm dies zumutbar ist. Die vom Gesetz vorgesehenen Haupt- und Nebenpflichten sind nicht abschließend. 200 Die Parteien können – soweit der Wesensgehalt des § 86 nicht verändert wird (§ 86 Abs. 4) – durch hinreichend deutliche Vereinbarung (Hinweise in ausgelagerten AGB genügen oft nicht)1038 weitere Pflichten vereinbaren und das gesetzliche Leitbild ergänzen. Dabei dürfen dem HV auch solche Aufgaben übertragen werden, welche an und für sich handelsvertreteruntypisch sind oder dem Unternehmer obliegen1039 (etwa die Leistungserbringung, „Produktionshandelsvertreter“). Erst recht kann der HV nicht gehindert werden, neben seiner Aufgabe als HV völlig andere Tätigkeiten zu übernehmen, die mit dem Vertrieb i.S.d. §§ 84, 86 keine Berührung besitzen. Die vertragliche Dispositionsbefugnis stößt lediglich an die Grenzen – der zwingenden Vorschriften des HV-Rechts (einschließlich der RL) – der zwingenden Vorschriften des bürgerlichen Rechts (insbesondere §§ 134, 138, 305 ff. BGB)

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1028 Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. III Rn 18; BGHZ 30, 98 = NJW 1959, 1430. 1029 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 1030 BGH BB 1962, 1345. 1031 Hopt § 86 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47. 1032 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 10. 1033 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 113; aA wohl Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 1034 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, § 86 Rn 10. 1035 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6. 1036 BGH EBE 1997, 290 (292); Hopt § 86 Rn 51; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b, 16. 1037 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4a. 1038 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 45. 1039 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 45; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49.

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der zwingenden Vorschriften des sonstigen Rechts des Verstoßes gegen die Selbständigkeit des HV.1040

Soweit ein gesetzliches Leitbild besteht (Kontrollfreiheit nach § 307 Abs. 3 BGB?), dürfen leitbilduntypische Verpflichtungen nicht durch AGB geregelt werden. Immer setzt das teilweise zwingende Leitbild der §§ 84, 86 einen Kontrollmaßstab. Innerhalb der vorgenannten Grenzen dürfen die Parteien – zumindest individualvertraglich (zu AGB Vor § 84 Rn 48 ff.) etwa Regelungen über die nachfolgenden Gegenstände treffen: – Allgemeine Markt-, Bestands- und Kundenpflege1041 – Arbeitszeit: Vereinbarungen über die für die Tätigkeit aufzuwendende Zeit,1042 sofern hierdurch die Selbständigkeit nicht über Gebühr eingeschränkt wird – Auslieferungslager: Ohne vertragliche Verpflichtung ist weder ein HV noch ein Franchisenehmer oder Vertragshändler zur Lagerhaltung verpflichtet.1043 Die Verpflichtung zur Lagerhaltung dient auch dem Absatzinteresse, weil der Bestellzyklus kurz gehalten wird. Der HV kann aber die Unterhaltung und Führung eines Auslieferungslagers1044 oder die Auslieferung1045 übernehmen. Im Zweifel trägt der Unternehmer die Kosten dieses Auslieferungslagers.1046 Kennt der Unternehmer die Namen und Adressen der Abkäufer der Lagerware nicht, muss der HV ihm jene bekannt geben.1047 Bei Vertragsende sind Warenbestand und Lager, wenn es vom Unternehmer gestellt wurde, an ihn zurückzugeben; der Unternehmer hat das Warenlager zurückzunehmen. Muss der Mittler den Warenbestand vertragsbegleitend erwerben und handelt er als Vertragshändler, besteht die Vor § 84 Rn 412 ff. erörterte Rückkaufpflicht des Unternehmers. Für einen Warenfehlbestand haftet der HV nur, falls eine Pflichtwidrigkeit vorliegt1048 – Beratungspflicht: Pflicht des HV, den Kunden zu beraten – zu eventuellen Besprechungen mit dem Unternehmer, etwa betreffend eine verbindliche Vorgabe der Teilnahme des HV1049 – Delkredere1050 (§ 86b) – Mitwirkung bei der Gewährleistungs- und Schadensregulierung1051 – Hilfspersonal: Mit dem HV kann vereinbart werden, dass bestimmte Personen seines Unternehmens in die Vertragsausführung eingeschaltet bleiben müssen.1052 Auch dürfen ihnen bezeichnete Tätigkeiten zugewiesen werden. Bei Vertragsschluss mit einer HV-GmbH wird häufig der Gesellschafterbestand und die Tätigkeit eines bestimmten Geschäftsführers vorgeschrieben.1053 Auch darf eine Mindestanzahl von

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1040 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 45. 1041 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46. 1042 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 1043 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 257. 1044 BGHZ 30, 98 (102); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44a; zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Konsignationslagern im grenzüberschreitenden Warenverkehr innerhalb der EU Keller UR 2000, 61. 1045 Hopt § 86 Rn 50. 1046 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44a. 1047 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 11a. 1048 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44a: generelle Haftung. 1049 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46. 1050 Hopt § 86 Rn 50. 1051 BGH, Urt. v. 4.5.1959 – II ZR 81/57, BGHZ 30, 98 (102) = NJW 1959, 1430; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47. 1052 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 48; vgl. auch Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44c. 1053 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 36.

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Mitarbeitern vereinbart werden,1054 ohne dass die Selbständigkeit des HV in ihrem Kernbereich berührt ist. Der Unternehmer mag darauf Wert legen, einen HV von bestimmter Marktstärke oder Größe mit der Vermittlung oder dem Abschluss zu betrauen. Darf er wegen zu geringer Größe des HV von dem Vertragsschluss absehen, so darf er erst recht die Mindestgröße zur Bedingung der Vertragsfortführung erheben. Austausch oder Reduzierung dieser Hilfspersonen ist dann nur mit Zustimmung des Unternehmers zulässig,1055 die er nach billigem Ermessen erteilen muss.1056 Ein Zustimmungsrecht des Unternehmers hinsichtlich der Tätigkeit von Untervertretern, die im Geschäft für den Unternehmer tätig werden, wird wohl vereinbart werden dürfen und gerät nicht in Konflikt mit der Selbständigkeit des HV. Jedoch wird kein Weisungsrecht des Unternehmers zur Einstellung von Personal vereinbart werden können, höchstens genaue Spezifikationen, unter welchen Umständen für welche Tätigkeit eingestellt werden muss.1057 Eigene Rechte und Pflichten dieser Hilfspersonen gegenüber dem Unternehmer entstehen nicht automatisch und müssten durch Vertrag der Hilfspersonen mit dem Unternehmer begründet werden1058 zu den Informations- und Berichtspflichten des HV1059 Interessenwahrungspflicht: ihre Ausgestaltung1060 Inkasso1061 (§ 87 Abs. 4) verbindliche Vorgaben für Kundenbesuche in bestimmten Zeitabständen1062 Messeveranstaltungen:1063 Teilnahme Mindestumsatz: Der HV oder Eigenhändler unterliegt einer allgemeinen Vertriebsoder Abnahmepflicht, die jedoch nicht mengenmäßig bestimmt ist.1064 Individualvertraglich vereinbarte Mindestabnahmemengen sind zulässig,1065 sofern sie nicht gem. § 138, § 242 BGB zur Knebelung und damit zur Nichtigkeit der Vereinbarung führen.1066 Die unternehmerische Selbstständigkeit wird durch sie meist nicht berührt.1067 Dies gilt auch im HV-Recht.1068 Im Kfz-Bereich bezieht sich die Mindestabnahmepflicht nur auf Neufahrzeuge, nicht auf Vorführ- oder Gebrauchtwagen. 1069 Mindestabnahmeverpflichtungen können wegen der Unzulässigkeit des kartellrechtlichen Verbots von Querlieferungen problematisch sein, und zwar nach der GVO 330/10 (Vor § 84 Rn 220). Zu prüfen ist, ob es sich bei ihnen um Empfehlungen oder

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1054 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44c. 1055 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 48. 1056 Ähnlich Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 48: Verweigerung der Zustimmung nur bei Vorliegen triftiger Gründe zulässig. 1057 Großzügiger wohl Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 31a. 1058 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 48. 1059 Zur kartellrechtlichen Problematik außerhalb des Bereiches echter HV Wiemer WuW 2009, 750 ff. 1060 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 65. 1061 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46; Hopt § 86 Rn 50; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47. 1062 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46. 1063 OLG Stuttgart BB 1970, 1112; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46; Hopt § 87d Rn 4. 1064 Ulmer S. 309; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 220. 1065 Niebling WRP 2010, 631. 1066 BGH NJW 1959, 144; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 221. 1067 Niebling WRP 2010, 631. 1068 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 49; Hopt § 86 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44e; aA Eberstein S. 75 unter Hinweis auf OLG Stuttgart NJW 1957, 1281. 1069 Niebling WRP 2010, 631.

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rechtlich unverbindliche Weisungen handelt.1070 Zur fristlosen Kündigungsmöglichkeit § 89a Rn 26; zur AGB-Kontrolle Vor § 84 Rn 48 ff. Die Formvorschrift des § 86b Abs. 1 S. 3 gilt nicht.1071 Was mit einer Umsatzgarantie genau gewollt war, ist durch Auslegung festzustellen, etwa eine Empfehlung oder rechtlich verbindliche Verpflichtung.1072 Gewollt sein kann: – die automatische Vertragsbeendigung (auflösende Bedingung) bei Nichterreichen dieser Umsätze. Vereinbart werden darf aber nur ein Vertragsende innerhalb der Fristen des § 89, wobei unterschieden werden muss, ob die Folge an verschuldetes oder unverschuldetes Nichterreichen geknüpft wird – eine Garantie, dass die Umsätze erreicht werden, mit daran anknüpfenden Versprechen. Eine Jahreszielvereinbarung ist nicht notwendigerweise als Garantie anzusehen, jene Zahlen zu erreichen.1073 – Schadenersatz- oder Erfüllungspflicht bei Nichterreichen der Umsatzschwelle,1074 etwa für alle Schäden, die dem Unternehmer erwachsen, und zwar gem. §§ 280 Abs. 1, 281, 286 BGB,1075 einschließlich des bei Erreichen des Umsatzziels generierten Gewinns.1076 Bei Eigenhändlern hätte der Unternehmer einen Erfüllungsanspruch auf Abnahme der Ware.1077 Vorausgesetzt wird jedoch ein Verschulden des HV, das oft fehlt. Von einem Verschulden müsste sich der Mittler entlasten – Außerordentliche Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers bei Nichterreichen.1078 Sie ist problematisch (§ 89a Rn 26, Stichwort „Mindestumsatz“). Der Ausgleich entfällt aber nicht automatisch, sondern gem. § 89b Abs. 3 Nr. 2 nur im Falle eines Verschuldens des HV. Das Nichterreichen des Schwellenwerts muss kein ausgleichsschädliches, schuldhaftes Verhalten des HV bilden1079 – Andere an das Nichterreichen geknüpfte Rechtsfolgen, etwa Vertragsstrafe oder geringere (bei Unterschreiten) oder höhere (bei Überschreiten) Provisionszahlungen1080 – eine bloße Zielvorstellung1081 – ein unverbindliches Richtmaß für die Tätigkeit des HV ohne konkrete Rechtsfolgen,1082 wobei Unverbindlichkeit im Zweifel anzunehmen ist,1083 etwa bei der Zahlung eines Bonus oder eines höheren Provisionssatzes für das Überschreiten des Mindestumsatzes.1084 Konkrete Rechtsfolgen müssen also ausdrücklich vereinbart sein, sollen sie Geltung beanspruchen Schadensregulierung:1085 Abreden hierzu

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1070 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (75). 1071 Hopt § 86 Rn 14. 1072 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 224. 1073 OLG München, Urt. v. 29.9.1993 – 7 U 2249/93, S. 17, n.v. 1074 Hopt § 86 Rn 14. 1075 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 225. 1076 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (75). 1077 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (75). 1078 Zu den verschiedenen Möglichkeiten: Hopt § 86 Rn 14; vgl. Niebling WRP 2010, 631. 1079 Hopt § 86 Rn 14. 1080 Hopt § 86 Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44e. 1081 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (76). 1082 Budde/Gruppe ZVertriebsR 2014, 71 (75). 1083 RGZ 65, 86 (90); BGH, Urt. v. 2.7.1992 – I ZR 181/90, NJW-RR 1992, 1386 (1388); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 49; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44e. 1084 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 49. 1085 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46.

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Schulung: Vertragliche Vereinbarungen über Schulungsmaßnahmen des Mittlers sind zulässig, falls sie keine der beiden Vertragsparteien in ihren Vertriebsaktivitäten unzulässig einschränken1086 Pflicht zu Serviceleistung: Der HV und Eigenhändler kann zu Serviceleistungen, insbesondere Gewährleistungsarbeiten und Garantieleistungen verpflichtet sein (zu seinem Rückgriffsanspruch Vor § 84 Rn 57). Bei der Gewährleistungsverpflichtung handelt es sich um eine eigene Verpflichtung; bei der Verpflichtung zum Abarbeiten von Garantiearbeiten meist um eine Verpflichtung des Unternehmers, sofern der Unternehmer und nicht der Händler eine Garantiezusage gegeben hat. Die Garantiezusage durch den Unternehmer bildet einen selbständigen Garantievertrag.1087 Die Verpflichtung zu Garantiearbeiten für den Unternehmer ist dem Vertragshändlervertrag nicht immanent. Sie muss separat vereinbart werden.1088 Zivilrechtlich ist eine Bezugsbindung des Händlers hinsichtlich der Originalersatzteile des Unternehmers zulässig.1089 Zum möglichen Inhalt einer solchen Servicevereinbarung vgl. Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl., § 3 Rn 253 f. Tourenpläne: deren Einhaltung.1090 Derartige Tourenpläne sind allerdings Indiz für die Unselbständigkeit des HV (§ 84 Rn 37) Versicherungsvertreter: Die Vereinbarung einer Bestandspflege einschließlich der Mitwirkung bei der Schadensregulierung in der Haftpflicht-, Sach- und Unfallversicherung. Hierfür ist dann eine besondere Vergütung zu leisten (so ausdrücklich für das Inkasso § 87 Abs. 4). Auch sie wird meist in Gestalt einer Provision gezahlt (vgl. § 87 Abs. 4) und sollte getrennt von der eigentlichen Provision für das Hereinholen von Abschlüssen ausgeworfen werden, zumal sie nicht ausgleichsfähig im Sinne des § 89b ist Zuweisung eines Vertriebsgebiets: Erfolgt eine solche Zuweisung gegenüber einem echten HV, darf ihm aktive Werbung außerhalb dieses Gebiets untersagt sein. Passive Verkäufe wird er entgegennehmen dürfen, der Unternehmer braucht solche Aufträge jedoch nicht anzunehmen Vorgaben zu Kundenbesuchen für bestimmte Zeitabständ1091 (innerhalb angemessener Grenzen) Allgemeine Produkt- oder Unternehmenswerbung 1092 oder Werbeaufwendungen.1093 Kommt ein Franchisegeber den vertraglich übernommenen Beratungs- und Werbepflichten nicht nach, steht ihm kein Zurückbehaltungs- oder Leistungsverweigerungsrecht zu.1094 Der Franchisenehmer darf sich nicht auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen, solange die Äquivalenzstörung nicht existenzgefährdend ist.

Eine Vielzahl vertraglicher Einschränkungen kann in ihrer Kumulation zur Un- 202 selbständigkeit führen (§ 84 Rn 20 ff.). Dies gilt insbesondere bei vertraglichen Regelungen zur Arbeitszeit oder Festschreibung von Tourenplänen.

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1086 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 308. 1087 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 238. 1088 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 239. 1089 BGH BB 1982, 391; BB 1962, 1396; Keese BB 1972, 817 (819). 1090 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15a. 1091 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 25. 1092 Rittner DB 1999, 2097 (2099); Hopt § 86 Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44d. 1093 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 46. 1094 LG Braunschweig, Urt. v. 14.7.2004 – 22 O 289/04, zit. nach Haager NJW 2005, 3394 (3396) unter Berufung auf OLG Frankfurt/Main, NJWE-WettbR 1996, 142.

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N. Folge der Verletzung der Pflichten des Mittlers Ein Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Pflichten konstituiert eine Pflichtverletzung. Verletzt der HV die in § 86 niedergelegten oder die vertraglich vereinbarten Pflichten, darf der Unternehmer auf Erfüllung klagen und den Anspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen.1095 Das gilt auch für den Anspruch auf Geschäftsvermittlung und -abschluss.1096 Denkbare weitere Folgen einer Pflichtverletzung sind: 204 – Beim Bezirksvertreter ist die Verwirkung (nach § 242 BGB) des Rechts auf Bezirksprovision denkbar1097 – nach vergeblicher Abmahnung eine außerordentliche Kündigung gemäß § 89a,1098 bei völliger Zerstörung des Vertrauensverhältnisses auch ohne Abmahnung, jedoch nur innerhalb einer angemessenen Frist (§ 314 Abs. 3 BGB), die spätestens zwei Monate nach Kenntnis des Kündigungsgrundes abgelaufen ist. Für Verstöße gegen die Mitteilungs- oder Berichtspflichten soll das nur gelten, wenn der Unternehmer die geschuldeten Informationen nicht auf andere Weise erhält1099 und der Verstoß so schwer wiegt, dass er das Vertrauensverhältnis zerstören kann – das Entstehen eines Zurückbehaltungsrechts des Unternehmers,1100 je nachdem ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 273 BGB1101 – Auskunftsrechte nach § 242 BGB, etwa im Falle eines Wettbewerbsverstoßes, um den Umfang der Wettbewerbstätigkeit kennen zu lernen1102 – Fristsetzung gemäß § 323 BGB (früher: § 326) BGB,1103 danach ein Rücktrittsrecht1104 – die Fälligkeit einer Vertragsstrafe,1105 sofern sie vereinbart war. Sie muss hinreichend bestimmt sein,1106 der Höhe nach angemessen,1107 wird auf einen Schadensersatzanspruch angerechnet1108 und kann neben einem Ordnungsmittel nach § 890 ZPO geschuldet sein.1109 Zu Vertragsstrafeversprechen in AGB vgl. Vor § 84 Rn 55 f. – der Einbehalt der Provision,1110 wenn der Provisionsanspruch gem. § 242 BGB verwirkt ist, was z.B. bei mangelnder Bezirksbetreuung hinsichtlich der Bezirksprovi203

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1095 Hopt § 86 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67. 1096 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 67. 1097 OLG Hamm NJW 1959, 677; Hopt § 86 Rn 47; vgl. auch OLG Koblenz BB 1973, 866: Verwirkung bei gravierendem Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht. 1098 BGH WM 1988, 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 86 Rn 47; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 42, 69. 1099 BGH NJW-RR 1988, 287 (288); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1100 OLG München BB 1955, 714; Hopt § 86 Rn 47. 1101 Für Franchiseverträge Giesler ZIP 2002, 420 (424). 1102 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1103 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 45 ff. 1104 Hopt § 86 Rn 47. 1105 BGH, Urt. v. 10.5.1995 – VIII ZR 144/94, ZIP 1995, 1260; v. 28.1.1993 – I ZR 240/90, ZIP 1993, 703; v. 4.10.1984 – I ZR 151/82, BB 1985, 823 (824); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 44; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 25; Hopt § 86 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 44. 1106 OLG Celle EWiR 1998, 157; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 44. 1107 OLG Hamm MDR 1984, 404; OLG Düsseldorf DB 1992, 86; OLG München BB 1994, 1104; OLG Celle EWiR 1998, 157; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 44. 1108 BGH, Urt. v. 21.11.1991 – I ZR 87/90, NJW 1992, 1096; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1109 BGH, Urt. v. 5.2.1998 – III ZR 103/97, EBE 1998, 90; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1110 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 3.

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sion als Ausnahme1111 anerkannt ist.1112 Das Recht wurde etwa angenommen, falls der Unternehmer in Unkenntnis der Bemühungen des HV ein Direktgeschäft abschließt und bei der Preisvereinbarung einen Provisionsanspruch nicht berücksichtigt1113 (zweifelhaft, weil der HV nicht zur ständigen Information über jede Vermittlungsbemühung verpflichtet ist. Zudem handelt es sich rechtstechnisch um einen Schadenersatzanspruch, mit dem aufgerechnet wird). Grundsätzlich behält der HV allerdings auch bei schweren Vertragsverfehlungen seinen Provisionsanspruch1114 ein Unterlassungsanspruch, etwa bei verbotenem Wettbewerb1115 Recht auf Verzugsschaden gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB Herausgaberecht gem. § 667 BGB. Verlangt der Unternehmer nach § 667 BGB vom HV Erstattung eines Kassenfehlbetrages, ist § 254 BGB nicht anwendbar.1116

Verschulden des Personals seiner Agentur, aber auch seiner Untervertreter, hat der HV nach § 278 BGB zu vertreten. Relevant wird eine Verletzung meist im Streit um außerordentliche Kündigungsgründe, bei denen sich die Frage stellt, ob es sich im einen wichtigen Grund i.S.d. § 89a handelt. Im Einzelnen unten Rn 205 ff. zur Haftung des HV. I. Haftung des Mittlers Der HV kann aus seiner Tätigkeit gegenüber dem Unternehmer und Dritten haften. 205 Im Einzelnen sind bei der Haftung des HV folgende Konstellationen zu unterscheiden: II. Haftung des Mittlers gegenüber dem Kunden Eine Haftung des HV gegenüber dem Kunden ist grundsätzlich ausgeschlossen, da 206 der Kunde nur in Vertragsbeziehungen zum Unternehmer, nicht zum HV, tritt.1117 Darin unterscheidet der HV sich vom Handelsmäkler. Der HV ist nicht, wie es für den Handelsmäkler zutrifft, Mittler zwischen den Parteien mit der Aufgabe, deren entgegengesetzte Interessen zum Ausgleich zu bringen, sondern er wahrt die Interessen des Unternehmers, für den er tätig ist. Andererseits ist für alle HV zu beachten, dass sie, auch soweit kein Vertrag zwischen HV und Kunden existiert, zur Gegenpartei in nahen Geschäftsverkehr treten. Das Gesetz trägt dem in § 91a Rechnung, indem der Dritte damit rechnen darf, dass der Unternehmer das Handeln des HV, sofern er sich in dem ihm zugewiesenen Geschäftsbereich bewegt, wie eigenes Handeln auffassen und es nicht verleugnen werde. Die Abschlussvollmacht des HV lässt ebenfalls keine vertraglichen Beziehungen des HV zum Kunden entstehen.1118 Denn auch dann, wenn der HV seine Vollmacht nutzt, handelt er im Namen des Unternehmers, den die damit verbundene Haftung trifft. Selbst die Beratung des HV gegenüber dem Kunden erfolgt grundsätzlich im Namen des Unternehmers und begründet keine Eigenhaftung des HV aufgrund eines

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1111 Regelmäßig bleibt ein verdienter Provisionsanspruch erhalten, siehe Hopt § 86 Rn 49; weitergehend OLG Koblenz BB 1973, 866 bei gravierendem Verstoß gegen die Interessenwahrungspflicht. 1112 OLG Hamm NJW 1959, 677; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 86 Rn 49. 1113 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1114 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1115 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. 1116 OLG Koblenz, Urt. v. 30.1.2006 – 10 U 127/01, WM 2006, 1452. 1117 LG Paderborn, Urt. v. 2.9.2011 – 2 O 169/11, BeckRS 2012, 03973; Abram VersR 2002, 1331 (1332); Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 40; Hopt § 84 Rn 49; Schlegelberger/ Schröder § 86 Rn 19, 48a. 1118 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81.

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konkludent geschlossenen Beratungsvertrages. 1119 Vereinbarungen des Unternehmers mit dem HV oder Kunden, denen zufolge der Kunde dem Vertreter die Provision zu zahlen hat, begründen selbst bei einem unmittelbaren Zahlungsanspruch des HV gegen den Kunden keine eigenständigen vertraglichen Beziehungen zwischen beiden,1120 allenfalls im Einzelfall. Insbesondere Schadenersatzansprüche wegen Verschuldens des HV bei seinen Verhandlungen mit dem Kunden über den zwischen jenem und dem Unternehmer abzuschließenden Hauptvertrag richten sich grundsätzlich allein gegen den Unternehmer. Er muss für den HV als seinen Erfüllungsgehilfen einstehen (§ 278 BGB),1121 auch im Strukturvertrieb1122 und sogar für strafbares Verhalten des HV.1123 Über § 278 BGB haftet etwa der Versicherer für Erklärungen seines VV, sofern der Versicherer dem VV die Vertragsverhandlungen überlassen hat.1124 Eine Eigenhaftung des Mittlers kommt daher im Ausnahmefall lediglich nach folgenden Anspruchsgrundlagen in Betracht: – Positive Forderungsverletzung (§ 280 BGB), sollten ausnahmsweise vertragliche Beziehungen zwischen HV und Dritten existieren (im Regelfall fehlen sie)1125 und Pflichten aus ihnen verletzt werden.1126 Das setzt einen zumindest konkludent geschlossenen Beratungsvertrag voraus.1127 Er soll vom Anlagevermittlungsvertrag abzugrenzen sein, der nur ein vollständiges Bild der Chancen und Risiken bieten soll und keine individuelle, pointierte und gewichtige Beratung.1128 Ob der HV berechtigt ist, Vertragsbeziehungen zu Kunden einzugehen (regelmäßig nur mit Zustimmung des Unternehmers), ist eine separate Frage.1129 Bei der Anlagevermittlung kommt zwischen dem Interessenten und dem Vermittler ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zumindest stillschweigend zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er, auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen, die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Mittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt1130 zudem, wenn die Auskunft für den Empfänger von erheblicher Bedeutung ist und der Auskunftsgeber sachkundig ist sowie ein eigenes wirtschaftliches Interesse besitzt.1131 Sachkunde allein genügt nicht.1132 Ein Entgelt für die Beratung muss nicht geleistet werden.1133 Näher § 84 Rn 108 ff., Stichwort „Anlagevermittler“

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1119 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81. 1120 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81. 1121 BGH, Urt. v. 11.7.2012 – IV ZR 271/10, WM 2012, 1577; IV ZR 164/11, WM 2012, 1582 Rn 51; v. 15.3.2012 – III ZR 148/11, WM 2012, 837 = ZIP 2012, 1081 = EWiR 2012, 583 (Theewen) m. Anm. Evers VW 2012, 600; v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); OLG Dresden, Urt. v. 19.11.2010 – 7 U 1358/09, VersR 2011, 910 (für den VV); AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033. 1122 BGH, Urt. v. 11.7.2012 – IV ZR 271/10, WM 2012, 1577; IV ZR 164/11, WM 2012, 1582 Rn 51. 1123 BGH, Urt. v. 15.3.2012 – III ZR 148/11, WM 2012, 837 = ZIP 2012, 1081 = EWiR 2012, 583 (Theewen) m. Anm. Evers VW 2012, 600. 1124 OLG Dresden, Urt. v. 19.11.2010 – 7 U 1358/09, VersR 2011, 910. 1125 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49. 1126 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49. 1127 Befürwortet von BGH ZIP 2000, 355 (Anlagevermittler); LG Köln, Urt. v. 29.7.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226; Hopt § 84 Rn 49; offen gelassen von BGH NJW 2003, 745. 1128 LG Köln, Urt. v. 29.7.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226. 1129 Hierzu Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49. 1130 BGH. Urt. v. 23.11.2010 – VII ZR 244/09, VersR 2011, 216 (218); v. 22.3.2007 – III ZR 218/06, VersR 2007, 944 (945); v. 19.10.2006 – III ZR 122/05, VersR 2007, 63 (64); v. 4.3.1987 – IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117 (118). 1131 BGH NJW 1979, 1449; 1993, 2433; LG Köln, Urt. v. 29.7.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226. 1132 LG Köln, Urt. v. 29.7.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226. 1133 BGH NJW 1987, 1815 (1816); LG Köln, Urt. v. 29.7.2009 – 2a O 75/05, BeckRS 2009, 24226.

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nach § 179 BGB1134 wegen Verletzung der Versicherungsvertretern gegenüber VN obliegenden Beratungspflichten nach §§ 61, 63 VVG.1135 Allerdings muss der VV den VN nicht gem. § 61 VVG eine Vollkaskoversicherung empfehlen, wenn der VN Versicherungsschutz für ein Ersatzfahrzeug begehrt, das bisherige Fahrzeug nur haftpflicht- und teilkaskoversichert war und der Kunde den konkreten Wunsch äußert, das Ersatzfahrzeug wie bisher zu versichern1136 nach § 823 BGB, § 3 UWG1137 nach § 826 BGB,1138 etwa falls der Kunde durch arglistige Täuschung oder Betrug zum Vertragsschluss veranlasst wurde1139 (dann auch §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB).1140 Diese Haftung greift aufgrund der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte wegen eines deutschen Deliktsorts auch gegenüber ausländischen Mittlern ein.1141 Beispiel: Ein Vermittler kann aus §§ 826, 830 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) wegen unzureichender Risikoaufklärung eines Anlegers haften, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln1142 § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Schutzgesetzen unter den engen Voraussetzungen einer Vertreterhaftung gem. § 280 Abs. 1, 3 BGB oder einer Sachwalterhaftung nach § 311 Abs. 3, § 241 Abs. 2 BGB1143 wegen der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens1144 oder wegen eines unmittelbaren eigenen wirtschaftlichen Interesses.1145 Regelmäßig muss der HV die Verhandlungen oder den Vertragsschluss dabei erheblich beeinflusst haben.1146 Die berufliche Sachkunde und Provisionsinteresse1147 des HV oder die Vermittlung einer Mehrzahl von Versicherungsverträgen1148 begründen die Haftung wegen Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nicht ohne das Hinzutreten weiterer Umstände, so dass ein derartiger Anspruch meist ausscheidet.1149 Vielmehr muss ein über das Provisionsin-

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1134 Abram VersR 2002, 1331 (1332); Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 19; Hopt § 84 Rn 49; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6d, 48d. 1135 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 Rn 14; v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 21; Hamm, Urt. v. 4.12.2009 – 20 U 131/09, VersR 2010, 1215 (dort Haftung abgelehnt). 1136 OLG Hamm, Urt. v. 4.12.2009 – 20 U 131/09. 1137 AA BGH NJW 1974, 1503; 1983, 2494; Hopt § 84 Rn 52: UWG geht als Spezialgesetz vor. 1138 BGH, Urt. v. 8.6.2010 – XI ZR 41/09, DB 2010, 2441 (2444); RGZ 120, 252; LG Paderborn, Urt. v. 2.9.2011 – 2 O 169/11, BeckRS 2012, 03973 (dort abgelehnt); Abram VersR 2002, 1331 (1332); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19, 48b. 1139 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. 1140 BGH BB 1971, 543 (Vertrieb wertloser Zertifikate); OLG Köln BB 1965, 768; Hopt § 84 Rn 51. 1141 BGH, Urt. v. 8.6.2010 – XI ZR 41/09, DB 2010, 2441 (2444). 1142 BGH, Urt. v. 8.6.2010 – XI ZR 41/09, DB 2010, 2441 (2444). 1143 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); LG Paderborn, Urt. v. 2.9.2011 – 2 O 169/11, BeckRS 2012, 03973 (dort abgelehnt); Hopt § 85 Rn 1; das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz 2002 hat an dieser Rspr. nichts geändert (OLG Celle, Urt. v. 5.2.2009 – 8 U 186/08, VersR 2009, 1205). 1144 BGHZ 14, 318 und BGH LM § 278 [Fa] Nr. 4; OLG Celle BB 1963, 1142; OLG Düsseldorf VersR 1970, 126 [Versicherungsvertreter]; LG Paderborn, Urt. v. 2.9.2011 – 2 O 169/11, BeckRS 2012, 03973 (dort abgelehnt); Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 48a. 1145 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322). 1146 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); OLG Celle, Urt. v. 5.2.2009 – 8 U 186/08, VersR 2009, 1205. 1147 BGH WM 1971, 498 (499); Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 37; aA OLG Düsseldorf VersR 1970, 126. 1148 OLG Celle, Urt. v. 5.2.2009 – 8 U 186/08, VersR 2009, 1205. 1149 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 49.

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teresse hinausgehendes1150 Interesse des HV bestehen, welches ihn quasi als wirtschaftlichen Herrn des Geschäftes erscheinen lässt. Beispiel: Der HV vermittelt den Eindruck, er werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäftes gewährleisten, selbst wenn der Vertragspartner dem Unternehmer nicht oder nur wenig vertraut.1151 Beide Voraussetzungen sind etwa bei einem Reisebüro üblicherweise nicht gegeben.1152 Dass das Reisebüro mit seiner Sachkunde wirbt, bedeutet keine Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens.1153 Erforderlich ist vielmehr, dass es dem Kunden zusätzlich in zurechenbarer Weise den Eindruck vermittelt, es werde persönlich mit seiner Sachkunde die ordnungsgemäße Abwicklung des Geschäfts selbst dann gewährleisten, falls der Kunde dem Geschäftsherrn nur wenig vertraut.1154 Der HV muss also über das allgemeine Verhandlungsvertrauen hinaus eine zusätzliche von ihm ausgehende Gewähr für die Seriosität und die Erfüllung des Geschäftes übernehmen.1155 Verletzt werden kann vorvertragliches Vertrauen der Kunden auch, wenn es der HV unterlässt, sie über Umstände aufzuklären, die der Vertragserfüllung entgegenstehen können, etwa mangelnde Bonität des Unternehmers1156 oder fehlende Tauglichkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des Produktes.1157 Steht der dann erforderlichen Aufklärung eine Vertraulichkeitsabrede des HV-Vertrages entgegen, muss der Repräsentant die Vermittlung einstellen1158 oder auf andere Weise rechtmäßiges Verhalten sicherstellen, wozu er in diesem Einzelfall auch im Verhältnis zum Unternehmer berechtigt und sogar verpflichtet ist. Die dem Mittler im Verhältnis zum Unternehmer verpflichtende Vertraulichkeitsabrede darf sich nicht zum Schaden eines Kunden auswirken. Zu eigenen Nachforschungen ist der HV nur im Falle eindeutiger Anhaltspunkte auf vertragshindernde Umstände, falls dies der Verkehrssitte entspricht, oder im Falle einer regelmäßig unzulässigen (nicht gestattete Doppeltätigkeit) Vereinbarung mit dem Kunden verpflichtet.1159 wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, etwa dann, wenn den HV ein Organisationsverschulden beim Vertrieb oder dem Aufbau eines eigenen (Unter)Vertriebssystems trifft im Falle eigenständiger Gewährübernahme.1160 In diesem Sinne kann ganz ausnahmsweise zwischen HV und Kunden ein meist stillschweigender Beratungs- oder Auskunftsvertrag zustande kommen, der den HV persönlich zu sachlich zutreffenden Angaben und zur Richtigstellung fehlerhafter Angaben verpflichten kann und

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1150 LG Paderborn, Urt. v. 2.9.2011 – 2 O 169/11, BeckRS 2012, 03973. 1151 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 38. 1152 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033. 1153 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033. 1154 BGH, Urt. v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322). 1155 BGH MDR 1992, 232; ZIP 1990, 43; WM 1984, 128; (Anlagevermittler); OLG Hamm VersR 1995, 167; OLG Düsseldorf NJW-RR 1998, 395; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 38; Hopt § 84 Rn 50. 1156 OLG Hamm VersR 1993, 227; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 39. 1157 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 42. 1158 OLG Hamm DB 1993, 2229; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 39. 1159 OLG Hamm VersR 1993, 227; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 39. 1160 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 83.

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mit der Folge der persönlichen Haftung für Pflichtverletzungen.1161 Im Zweifel wird kein solcher Vertrag zwischen Kunden und HV gewollt sein.1162 Dagegen scheidet eine Haftung gegenüber dem Kunden regelmäßig unter fol- 207 genden Gesichtspunkten aus: – aus §§ 280, 281 BGB (Positive Forderungsverletzung, c.i.c)1163 – aus Mangelhaftung. Da der HV in keinem Vertragsverhältnis zum Kunden steht, obliegt ihm keine Mangelhaftung nach §§ 437 ff. BGB. Insbesondere entsteht gegenüber dem HV kein Anspruch auf Nachbesserung1164 i.S.d. §§ 437, 439 BGB. Hat der HV nicht nur auf seine besondere Sachkunde hingewiesen, sondern zugleich zu erkennen gegeben, dass er im Falle von Sachmängeln auch bereit sei, für die Gewährleistung einzustehen, so liegt ein eigenständiges vertragliches Versprechen vor, welches eine Eigenhaftung des HV begründet1165 (s.o.). Hierzu bedarf es aber einer ausdrücklichen Verpflichtung. Im Zweifel ist von ihrem Fehlen auszugehen. Einen Regressanspruch gegenüber dem Unternehmer besitzt der HV dann nur, wenn das Vertragsverhältnis zum Unternehmer die Übernahme der Gewährleistungsverpflichtung forderte. Fehlt es hieran, haftet der HV ohnehin nach den Rechtsgedanken des § 179 BGB alleine – Wer als Versicherungsvertreter ohne die Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 2 RBerG einen Versicherungsnehmer berät und zur Änderung des bestehenden Versicherungsverhältnisses veranlasst, haftet nicht für den diesem hierdurch entstehenden Schaden gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a RBerG als Schutzgesetz.1166 Die Beratung des Kunden durch den VV in Bezug auf die Versicherungsverträge, welche mit dem vom ihm vertretenen Versicherer geschlossen werden, ist durch das Berufsbild des VV gedeckt und verstößt nicht gegen § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a RBerG. Anders ist es bei Verträgen, die der Kunde mit einem Versicherer schließt, der vom VV nicht vertreten wird. III. Haftung des HV nach dem Produkthaftungsgesetz Weder der Abschluss- noch der Vermittlungsvertreter haften nach den Regeln der 208 Produzentenhaftung. 1167 Insbesondere haftet der HV nicht nach dem Produkthaftungsgesetz. Etwas anderes soll gelten, falls der HV die Auslieferung des Produktes vornimmt, insbesondere ein Warenlager unterhält, von dem aus die Auslieferung des fehlerhaften Produktes erfolgt.1168 Beschränkt sich die Tätigkeit des Vertreters jedoch auf den Abschluss oder die Vermittlung des Vertrages und erfolgt die Lieferung des Produktes unmittelbar vom Unternehmer an den Kunden (echter Vertretervertrag im Sinne des EU-Kartellrechts, siehe Vor § 84 Rn 138 ff.), ist der HV nicht Lieferant i.S.d. § 4 Abs. 3 Produkthaftungsgesetz und unterliegt keiner Haftung.1169

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1161 BGH, Urt. v. 28.9.2000 – III ZR 43/99, EBE 2000, 346 = ZIP 2000, 355; ZIP 1998, 1735; OLG Köln MDR 2000, 99; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 83. 1162 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 83. 1163 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19. 1164 Vgl. Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 40. 1165 Vgl. Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 41. 1166 OLG Nürnberg, Urt. v. 2.2.2004 – 8 U 110/03, VersR 2005, 1237. 1167 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 42. 1168 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 43. 1169 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 19 Rn 43.

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1. Buch. Handelsstand

IV. Haftung des Vertragshändlers nach dem Produkthaftungsgesetz Ein Vertragshändler kann gemäß § 4 ProdHaftG als Quasihersteller haften, sofern er im Geschäftsverkehr den Eindruck erweckt, Hersteller des vertriebenen Produkts zu sein. Zudem haftet er, wenn er als Importeur Produkte aus einem Land einführt, welches nicht zur EU gehört. Schließlich haftet er, falls er nicht in der Lage ist, dem anfragenden Anspruchsteller den Hersteller oder Vorlieferanten des Produkts binnen eines Monats unter Mitteilung der Anschrift zu benennen.1170 Den Vertragshändler trifft zudem eine Produktbeobachtungspflicht, die zu einer Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB führen kann. So haftet er, wenn er die Prüf- und Beobachtungspflicht missachtet, die sich darauf richtet, die Vertragsware durch eine hinreichende Sichtkontrolle daraufhin zu prüfen, ob von ihr Gefahrenquellen ausgehen, welche ihre Ursachen im Verantwortungsbereich des Händlers haben.1171 Auf Herstellungs- und Fabrikationsfehler des Unternehmers braucht der Vertragshändler die Ware regelmäßig nicht zu überprüfen.1172 Im Falle einer Warnund Rückrufaktion hat der Vertragshändler den Hersteller zu unterstützen. Er muss ihm bekannt gewordene Beanstandungen der Vertragsprodukte überprüfen1173 und die möglichen Mängel feststellen sowie ggf. kenntlich machen.1174 In der Regel ist der Produktbeobachtungspflicht Genüge getan, sofern Reklamations- und Schadensfälle gesammelt und an den Unternehmer unter Hinweis auf mögliche Serienfehler weitergeleitet werden.1175 Ein Vertragshändler muss nicht ohne weiteres deliktsrechtlich für alle Schäden 210 aufkommen, die durch von ihm vertriebene Produkte entstehen, selbst dann nicht, wenn kapitalmäßige Verknüpfungen zum Hersteller bestehen.1176

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V. Haftung des Mittlers gegenüber Dritten 211

Die unterlassene, fehlerhafte oder verspätete Erstinformation i.S.d. § 11 Abs. 1 VersVermV bildet ein wettbewerbswidriges Verhalten gem. § 8 Abs. 1 und 3, 4 Nr. 11 UWG und kann zu Schadenersatzansprüchen nach § 11 VersVermV i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB führen.1177 Zu den Pflichten des Anlageberaters und des Anlagevermittlers, § 84 Rn 108 ff. Stichwort „Anlagevermittler“. Werden diese Pflichten verletzt, haftet der Anlagenvermittler1178 oder -berater1179 gegenüber dem Kunden.

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1170 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 212. 1171 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 214. 1172 BGH NJW 1980, 1219; VersR 1977, 839 (840); VersR 1960, 855; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 214. 1173 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 217. 1174 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 217. 1175 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 219. 1176 Kollmann NJW 2000, 1912 (1915). 1177 Hansen VersR 2011, 119. 1178 BGH, Urt. v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135; v. 5.3.2009 – III ZR 17/08, WM 2009, 739 (740) Rn 11; v. 12.7.2007, WM 2007, 1608 = NJW-RR 2007, 1692 Rn 8; BGHZ 158, 110 (116) = WM 2004, 631; v. 16.6.2001 – III ZR 200/09, BeckRS 2011, 17987 Rn 14. 1179 BGH, Urt. v. 6.12.2012 – III ZR 307/11, ZIP 2013, 114 = DB 2013, 117 (118); v. 6.12.2012 – III ZR 66/12, WM 2013, 68 Rn 20; v. 1.12.2011 – III ZR 56/11, ZIP 2012, 135 (136) = NJW-RR 2012, 380 Rn 10; v. 16.9.2010 – III ZR 14/10, ZIP 2010, 2206; v. 5.11.2009 – VIII ZR 302/08, ZIP 2010, 526 Rn 16, 18; v. 5.3.2009 – III ZR 302/07, ZIP 2009, 1332 = WM 2009, 688 (690) Rn 13 ff., zusammenfassend zur Rspr. Nasall NJW 2011, 2323.

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VI. Haftung des Mittlers gegenüber dem Unternehmer Eine Haftung des HV gegenüber dem Unternehmer ist ebenso wie in der spiegelbild- 212 lichen Konstellation „Haftung des Unternehmers gegenüber dem HV“ (§ 86a Rn 162 ff.) vor- wie nachvertraglich und vertragsbegleitend denkbar.1180 Vorvertraglich oder bei nichtigem Vertrag1181 haftet der HV dem Unternehmer gem. §§ 242, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo), vertragsbegleitend aus § 280 Abs. 1, zudem ebenfalls nach § 89a Abs. 2. Auch aufgrund der Schlechterfüllung nachvertraglicher Treupflichten kann eine Haftung entstehen, und zwar auch hier gemäß § 280 Abs. 1 BGB. In jedem Fall muss sich der HV gegenüber dem Unternehmer sorgfältig verhalten1182 (Abs. 3). Der Hauptvertreter haftet dem Unternehmer für Fehler seines Untervertreters oder des Personals nach diesen Anspruchsgrundlagen i.V.m. § 278 BGB.1183 Hinzu treten mögliche deliktische Anspruchsgrundlagen, etwa § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Denn der HV ist gegenüber dem Unternehmer treupflichtig, so dass der TB des § 266 StGB erfüllt sein kann.1184 An den MissbrauchsTB ist in erster Linie bei dem Abschlussvertreter, an den TreubruchTB in den übrigen Fällen zu denken. Die Vermögensbetreuungspflicht folgt aus der Interessenwahrungspflicht (Rn 43 ff.). Es muss sich aber um eine Verletzung gerade dieser spezifischen Vermögensbetreuungspflicht handeln, was bei bloßen Vertragswidrigkeiten ausscheidet,1185 etwa dem verbotswidrigen Abschluss von Eigengeschäften1186 oder der Verletzung des Konkurrenzverbotes.1187 Nach Veruntreuung eingezogener Gelder ist das Delikt erfüllt,1188 ggf. auch durch Unterlassen.1189 Werden eingezogene Gelder lediglich nicht fristgemäß weitergeleitet, liegt zwar eine Verletzungshandlung vor, möglicherweise jedoch kein Nachteil (aber: Zinsschaden). Hier wird man auf die Zeitspanne abstellen müssen und darauf, ob der HV Anlass zur Überprüfung von Abrechnung und Weiterleitung hatte, etwa nach zweimaligem Verstreichenlassen der Abrechnungsfrist. Der Unternehmer muss sich ein eventuelles Mitverschulden gem. § 254 BGB zurechnen lassen.1190 Begeht der insolvente Mittler gegenüber dem Unternehmer eine Vertragsverletzung, entsteht eine Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO.1191

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1180 Zum Regelungsstand vor der Schuldrechtsnovelle Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 44. 1181 Hopt § 85 Rn 1. 1182 Schlussantrag des Generalanwalts beim EuGH v. 3.6.2010 – C-203/09, BeckRS 2010, 90677 Rn 41, 43. 1183 OLG Hamm MDR 1959, 1016; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 91; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14, 46. 1184 RGSt 71, 366; BGH, Urt. v. 29.10.1991 – 1 StR 513/91, wistra 1992, 60; v. 29.9.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74 (bei Verletzung der Pflichten aus der Verwaltung eines Konsignationslagers, wobei der BGH offen lässt, ob der normale Vermittlungsvertreter ohne Hinzutreten weiterer Umstände § 266 StGB untersteht); OLG Hamm JMBlNW 1956, 58; 1964, 1399; OLG Koblenz, Urt. v. 13.2.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (Nichtweiterleitung kassierter Gelder selbst ohne Inkassobefugnis); OLG Köln, Urt. v. 20.6.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (Nutzung einer konkretisierten Geschäftschance des Unternehmers durch den HV für einen anderen Unternehmer); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 3; Fischer StGB, § 266 Rn 21; Perron in: Schönke/Schröder/Lenckner § 266 Rn 25. 1185 OLG Koblenz, Urt. v. 13.2.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779 (780); OLG Köln, Urt. v. 20.6.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (1027); zweifelnd wohl auch BGH, Urt. v. 29.9.1982 – 2 StR 360/82, NStZ 1983, 74. 1186 OLG Braunschweig, Beschl. v. 17.9.1964 – Ws 76/64, NJW 1965, 1193; wohl aA Perron in: Schönke/Schröder/Lenckner § 266 Rn 25. 1187 OLG Köln, Urt. v. 20.6.1967 – Ss 127/67, MDR 1967, 1026 (1027). 1188 OLG Koblenz, Urt. v. 13.2.1968 – 2 Ss 17/68, MDR 1968, 779. 1189 Die Tat kann auch durch Unterlassen begangen werden. 1190 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61. 1191 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 89.

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1. Haftung des Mittlers gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo). Eine Haftung des HV wegen vorvertraglichen Verschuldens kommt insb. in folgender Konstellation in Betracht: – Mangelnde Aufklärung, etwa über Risiken des Vertrages. 1192 Derartige Aufklärungspflichten bestehen beispielsweise, wenn ein Wissens- oder Informationsgefälle besteht.1193

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2. Haftung des Mittlers gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten. Dem Unternehmer kann ein Schadenersatzanspruch gegen den HV entweder nach § 280 Abs. 1 BGB oder § 280 Abs. 2 BGB1194 zustehen. Ggf. ist ein Mitverschulden des Unternehmers zu berücksichtigen.1195 Eine Haftung wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten gemäß § 280 Abs. 1 (positive Forderungsverletzung) kommt in folgenden Fällen in Betracht:1196 – Abschlussvertreter: Abschluss trotz bekannter Lieferschwierigkeiten des Unternehmers;1197 mangelnde Rückfrage bei Risikogeschäften und fehlender Risikobereitschaft des Unternehmers – Aufbewahrungspflicht: Ihre Verletzung – Bezirksvertreter: Vernachlässigung des Bezirks – Bonitätsprüfungspflicht: Bei Verletzung seiner Bonitätsprüfungspflicht haftet der HV,1198 und zwar grundsätzlich auch für Fahrlässigkeit1199 – Berichtspflicht: Schadenersatz bei fehlenden oder mangelhaften Berichten1200 – Falschberatung des Kunden1201 – Geldanlage: Bei Unmöglichkeit der Herausgabe vereinnahmter Gelder durch den Mittler infolge der Geldanlage bei einer nicht dem Einlagesicherungsfond angehörigen Bank haftet der Mittler gem. §§ 280, 283, 667 BGB (zu einem Makler)1202 – Herausgabe von Unterlagen: Verzögerung1203 (hier ist der Unternehmer nicht auf seine Rechte aus den §§ 286 ff. BGB beschränkt, denn die Rückgabepflicht ist eine Nebenpflicht)1204 – Herausgabepflicht: Beschädigung oder Zerstörung der herauszugebenden Gegenstände – Hilfspersonen: Nichteinstellung von Hilfspersonen, deren Beschäftigung der HV versprochen hatte, sofern sich ein Schaden, etwa aus entgangenem Gewinn, nachweisen lässt1205

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1192 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 124 f.; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 30; zum Franchisevertrag Giesler ZIP 2002, 420 (426). 1193 Giesler ZIP 2002, 420 (426). 1194 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. 1195 Hopt § 86 Rn 47. 1196 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 86 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. 1197 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 12. 1198 RG JW 1919, 450; OLG Düsseldorf HVR Nr. 59; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 17; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 86b Rn 1. 1199 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 34. 1200 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28. 1201 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81. 1202 BGH, Urt. v. 21.12.2005 – III ZR 9/05, VersR 2006, 360. 1203 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1204 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1205 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 44c.

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Informationspflichten: Verletzung. Entgangene Einnahmen werden nur ersetzt, wenn dem Nichtinformierten auf Grund der Nichtinformation oder Fehlinformation eine Einkommensposition entgangen ist1206 Kaution: Fehlende Forderung des HV nach einer Kaution des Kunden für dessen Leistung aus dem vermittelten Geschäft, falls eine solche Kautionseinforderung im HV-Vertrag vorgesehen ist (häufig bei Stationskartenausgabe im Tankstellenbereich)1207 Kündigung: Die unberechtigte Kündigung durch den HV bildet eine Pflichtverletzung: Nach einer solchen kann, so der BGH,1208 der Unternehmer den entgangenen Gewinn in der Weise abstrakt berechnen, dass er aus den im Einzelnen aufgeführten Umsätzen in den der Kündigung vorausgehenden 18 Monaten jeweils den monatlichen Durchschnittssatz ermittelt, daraus den Umsatzausfall für den Zeitraum von der fristlosen Kündigung bis zum Ablauf der Frist für die ordentliche Kündigung errechnet und die vertraglich geschuldete Provision und den Warenabsatz abzieht. Im Anschluss an sein Urteil DB 2000, 9671209 bestätigte der BGH Beweiserleichterungen bei der Schadensschätzung, die sowohl Mittlern wie Unternehmern zugute kommt: Gemäß § 252 S. 2 BGB gelte der Gewinn als entgangen, welcher nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge als entgangen vermutet werden könne. Volle Gewissheit, dass der Gewinn gezogen worden wäre, sei nicht erforderlich. Es genüge der Nachweis einer gewissen Wahrscheinlichkeit. Dem Ersatzpflichtigen obliege der Beweis, dass er nach dem späteren Verlauf oder aus irgendwelchen anderen Gründen nicht erzielt worden wäre. Dabei dürften keine zu strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten gestellt werden. Stehe eine Schadenersatzforderung dem Grunde nach fest und sei lediglich ihre Höhe nicht sicher zu ermitteln, dürfe das Gericht die Klage nicht einfach abweisen, sondern müsse prüfen, in welchem Umfang der Sachverhalt eine Grundlage für die Schätzung eines Mindestschadens biete. Dem Unternehmer sei eine gewisse Übergangszeit einzuräumen, in der er sich nach geeigneten HV umsehen dürfe Pflichtwidriges Unterlassen von Geschäftsabschlüssen.1210 Der Unternehmer hat Anspruch auf Ersatz des ihm entgangenen Gewinns,1211 falls er nachweist, dass pflichtgemäßes Verhalten zum Erfolg geführt hätte1212 Rückzahlungen an Kunden, wenn sie vertragswidrig geschehen1213 Schlechterfüllung oder Nichterfüllung der Haupt- oder Nebenpflichten des HVVertrages, insbesondere der in § 86 niedergelegten1214 Schmiergelder, Annahme oder fehlende Weiterleitung an den Unternehmer,1215 auch durch den HV geleistete Bestechungsgelder1216 Insbes. schuldet der HV Ersatz, falls er bessere Geschäfte unterließ.1217 Der Einwand, das Geschäft wäre ohnehin

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1206 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 63. 1207 Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). 1208 BGH, Urt. v. 30.5.2001 – VIII ZR 70/00, ZIP 2001, 1461 = DB 2001, 2189 = WM 2001, 2010. 1209 Hierzu Emde VersR 2001, 148 (165). 1210 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1211 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); BB 1985, 823 (824); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. 1212 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50. 1213 BGH NJW 2003, 743 (744). 1214 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 68. 1215 Hopt § 86 Rn 23. 1216 Hopt § 86 Rn 23. 1217 Hopt § 86 Rn 23.

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nicht anders zustande gekommen, leugnet nur den Schaden und beseitigt die Pflichtverletzung nicht1218 Serviceleistungen/Kundendienst: Nichterbringung von im Vertragshändlervertrag versprochenen Serviceleistungen1219 Treupflichten: Verletzung der Treupflichten durch den Vertreter1220 Vermittelte Geschäfte: Obwohl der HV dem Unternehmer grundsätzlich nicht für Erfolg und Erfüllung des getätigten Geschäfts einzustehen hat, begründen pflichtwidrig vom HV vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte, die bei pflichtgemäßem Verhalten des HV nicht zustande gekommen wären, einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens1221 Verzögerung und Langsamkeit bei der Tätigkeit Verschwiegenheitspflicht: Verletzt der HV die Verschwiegenheitspflicht, so macht er sich gem. § 280 BGB schadenersatzpflichtig, zudem gem. § 280 Abs. 1 BGB, § 826 BGB, § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen zum eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb oder § 3 UWG Vertragsstrafe: Haftung des HV, falls dem Unternehmer durch Verschulden des Vertreters eine Vertragsstrafe auferlegt wird1222 Vollmacht: Geschäftsabschluss trotz fehlender Vollmacht1223 Weisungen: Nichtbeachtung zulässiger Weisungen1224 Werkstatttest: Besteht eine Werkstatt einen Werkstatttest nicht, sind die Kosten, die der Kfz-Lieferant infolge des Nichtbestehens des ersten Werkstatttests durch die Vertragswerkstatt für weitere Nachtests aufgewendet hat und aufwenden durfte, nach § 280 BGB erstattungsfähig1225 Wettbewerbstätigkeit: die pflichtwidrige Wettbewerbstätigkeit des HV begründet im Falle der Kündigung durch den Unternehmer eine Schadensersatzverpflichtung nach § 89a Abs. 2, bei fehlender Kündigung gem. § 280 Abs. 1 BGB,1226 bei außerordentlicher Kündigung nur für Schäden bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin.1227 Als Schadenersatz wird regelmäßig der Gewinn anzusetzen sein, den der Unternehmer erzielt hätte, wenn der HV nicht mit Artikeln der Konkurrenz Geschäfte geführt hätte.1228 Ggf. ist gem. § 287 ZPO zu schätzen,1229 uU ein Mindestschaden.1230 Zudem besteht eine Auskunftspflicht des HV.1231 Einzelheiten s.o. zur Kündigung.

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1218 Hopt § 86 Rn 23. 1219 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 243. 1220 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43c. 1221 OLG Düsseldorf OLGR 1994, 281; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 47. 1222 KG JRPrV 41, 199; Recht 1941, Nr. 43, 68; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. 1223 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6d, 13. 1224 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32d. 1225 OLG Bremen, Urt. v. 23.4.2010 – 2 U 92/09, BB 2010, 1819 (LS) m. zust. Anm. Lamberti/Ströbl. 1226 BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111; v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811; v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097 unter A I 2 b; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43. 1227 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86 Rn 39. 1228 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. 1229 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43. 1230 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 332/07, VersR 2009, 1360 = WM 2009, 1811. 1231 BGH, Urt. v. 21.3.2013 – VII ZR 224/12, NJW 2013, 2111; v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 43.

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3. Haftung des Mittlers gem. § 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung nach- 215 vertraglicher Pflichten. An eine Haftung gem. §§ 280 Abs. 1 BGB aufgrund der nachvertraglichen Pflichtverletzung kann ebenfalls gedacht werden. Beispiel: – Die Versendung von Schreiben an vormalige Kunden, mit denen wegen „wichtiger Vertragsinformationen“ um einen Anruf beim Mittler gebeten wird, wenn hierdurch die Kunden abgeworben werden sollen und der Eindruck hervorgerufen wird, es handele sich um ein Schreiben des vormaligen Unternehmers.1232 VII. Haftung von Dritten –



Auch Dritte können ausnahmsweise haften. 216 Der Leiter einer Struktur eines HV-Vertriebs haftet den Anlegern aus § 826 BGB, sofern er ins Blaue hinein erklärt, die Anlage erfolge bei einer renommierten ausländischen Bank, die einem Einlagensicherungssystem angehöre, und er damit rechnet, dass diese Aussage an die Anleger weitergegeben wird1233 Ausgleichsanspruch – fehlende Geltendmachung: Die Nichtgeltendmachung eines Ausgleichsanspruches nach § 89b durch einen Wettbewerber, der das anspruchsberechtigte Autohaus übernimmt, kann ein zum Schadenersatz verpflichtender existenzvernichtender Eingriff in den Betrieb des Autohauses sein, der zur unbegrenzten Haftung des Gesellschafters des Unternehmers verpflichtet.1234 Es gibt also eine schadensersatzrechtlich sanktionierte Pflicht zur Geltendmachung des Ausgleichs, die allerdings auch aus dem Haupt- und Untervertreterverhältnis bekannt ist.

§ 86a Pflichten des Unternehmers 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 86a (1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen. (2) 1 Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die erforderlichen Nachrichten zu geben. 2 Er hat ihm unverzüglich die Annahme oder Ablehnung eines vom Handelsvertreter vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. 3 Er hat ihn unverzüglich zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte. (3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam. Schrifttum v. Brunn Unzulässige Verhandlungen über die Nachfolge eines Handelsvertreters vor Kündigung seines Vertrags, DB 1964, 1841; Emde Parallelvertrieb zwischen Unternehmer und Vertriebsmittler, VersR 2012, 536; Fruhmann Dispositionsfreiheit des Unternehmers gegenüber seinem Vertragshändler – nur ein Lippenbekenntnis? MDR 1995, 433; Höft Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters und geschäftliche Dispositionsfreiheit des vertretenen Unternehmers, VersR 1969, 875; Hopt Moderne Vertriebsformen und

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1232 LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. 1233 OLG Celle, Urt. v. 15.12.2005 – 11 U 107/05, OLGR 2006, 209. 1234 BGH, Urt. v. 13.12.2004 – II ZR 206/02, GmbHR 2005, 225 m. Komm. Schröder.

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Emde

§ 86a

1. Buch. Handelsstand

Einzelheiten ihrer handelsrechtlichen Zulässigkeit, ZIP 1996, 1809; ders. Wettbewerbsfreiheit und Treuepflicht des Unternehmers bei parallelen Vertriebsformen, ZIP 1996, 1533; Küstner Verstoßen „Rennlisten“ gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, BB 1984, 1906; Matthiessen Arbeits- und handelsvertreterrechtliche Ansätze eines Franchisenehmerschutzes, ZIP 1988, 1089; Schriefers Lagerrücknahme bei Vertragsbeendigung des Händlervertrags, BB 1992, 2158; Thume Die Musterkollektion des Handelsvertreters, BB 1995, 1913; Steindorff Vereitelte Ansprüche und Wettbewerbsverbot des Handelsvertreters, ZHR 130 (1968), 82.

1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 86a A. B. C. D. E. I. II. F. I. II.

G. I.

II.

Übersicht Gesetzgebungsgeschichte ____ 1 Europarechtliche Präformation ____ 2 Einleitung ____ 3 Unterteilung der Pflichten des Unternehmers ____ 5 Aktiv- und Passivlegitimation Handelsvertreter ____ 13 Handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler ____ 14 Zeitdauer und Fälligkeit der Pflichten Vertragsbegleitende Pflichten ____ 16 Vor- und nachvertragliche Pflichten ____ 17 1. Vorvertragliche Pflichten ____ 18 2. Nachvertragliche Pflichten ____ 21 Die in § 86a nicht ausdrücklich geregelten Nebenpflichten des Unternehmers ____ 22 Treu-, Loyalitäts- und Unterstützungspflicht 1. Herleitung ____ 23 2. Inhalt ____ 24 3. Rechtsfolgen ____ 27 Rücksichtnahmepflicht 1. Einleitung ____ 28 2. Kasuistik ____ 29 3. Sonderfall der Rücksichtnahme- und Treupflicht: Wettbewerbsverbot des Unternehmers und Abschirmpflicht ____ 33 a) Grundsatz: Dispositionsbefugnis der Unternehmer über sein Vertriebsnetz ____ 34 b) Kartellrecht ____ 35 c) Grenzen des Dispositionsrechts ____ 36 d) Vertragliche Verpflichtung des Unternehmers, Wettbewerb gegenüber dem Vertriebsmittler zu unterlassen ____ 37 aa) Alleinvertrieb und Alleinvertreter ____ 39 bb) Andere Regelungen zum Eigenvertrieb des Unternehmers ____ 40 e) Beschränkungen des Eigenvertriebs des Unternehmers aufgrund des dispositiven Rechtes

Emde

III. IV.

V. H. I. II.

aa) Gleichbehandlungspflicht und Wettbewerbsverbot des Unternehmers (1) Gleichbehandlungspflicht im Anwendungsbereich des § 19 GWB ____ 41 (2) Gleichbehandlung außerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 GWB ____ 42 bb) Wettbewerbsverbot nach HGB ____ 43 cc) Schutzpflicht bei Fehlen eines vertraglichen Wettbewerbsverbots ____ 51 dd) Erwerb eines Konkurrenzunternehmens ____ 52 f) Sachlicher, räumlicher und zeitlicher Umfang eines Wettbewerbsverbot aa) Im Falle eines vertraglichen Wettbewerbsverbots ____ 53 bb) Nach dispositivem Recht (1) Sachlicher Geltungsbereich ____ 54 (2) Räumlicher Geltungsbereich ____ 55 (3) Zeitlicher Geltungsbereich ____ 56 g) Vertragliche Einschränkung des Wettbewerbsverbots ____ 57 aa) Individualvertragliche Vorbehalte ____ 58 bb) Vorbehalte in AGB ____ 59 h) Aufklärungspflichten ____ 60 i) Rechtsfolgen ____ 61 4. Beweislast ____ 62 Belieferungspflicht des Unternehmers ____ 63 Gleichbehandlungspflicht 1. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 GWB ____ 65 2. Innerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 GWB ____ 68 Organisationspflicht des Unternehmers ____ 70 Dispositionsfreiheit des Unternehmers Einleitung ____ 73 Willkür ____ 82

590

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

III. IV. V. VI. VII. VIII. IX. X. XI. XII. XIII.

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Unvertretbare Maßnahme ____ 83 Objektiver Maßstab ____ 84 Steigende Schutzpflichten je nach Gefährdung des Mittlers ____ 86 Kündigung vor Umsetzung der Dispositionsmaßnahme? ____ 87 Rechtzeitige Information des Mittlers ____ 88 Abwägungsgebot ____ 89 Kasuistik ____ 90 Rechtsfolgen von Dispositionsmängeln ____ 92 Vertragliche Erweiterung des Dispositionsrechts ____ 93 Vertragliche Beschränkung des Dispositionsrechts ____ 94 Die in § 86a besonders geregelten Nebenpflichten ____ 95 1. Zeitdauer und Fälligkeit ____ 98 2. Zu den einzelnen Pflichten des § 86a a) Überlassung von Unterlagen (§ 86a Abs. 1) aa) Berechtigter ____ 102 bb) Unterlagen ____ 103 cc) Erforderlichkeit ____ 104 dd) Beispiele ____ 105 ee) Fälligkeit ____ 108 ff) Kosten ____ 109 gg) Eigentum an den Hilfsmitteln ____ 110 hh) Pflicht zur sorgsamen Verwahrung ____ 111 ii) Herausgabepflicht ____ 112 jj) Erfüllungsort ____ 113 kk) Haftung des HV ____ 114 ll) Haftung des Unternehmers ____ 115 mm) Rückkauf nach Vertragsende ____ 117 nn) Beweislast ____ 118 b) Die in § 86a Abs. 2 geregelten Informationspflichten des Unternehmers ____ 119 aa) Die allgemeine Informationsund Nachrichtspflicht des § 86a Abs. 2 S. 1 ____ 121 (1) Zweck ____ 122 (2) Zeitlicher Umfang und Fälligkeit ____ 123 (3) Sachlicher Umfang der Informationspflicht ____ 124 bb) Mitteilung der Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts (§ 86a Abs. 2 S. 2, 1. Hs) ____ 129 (1) Aktivlegitimation ____ 130 (2) Zweck ____ 131

§ 86a

Inhalt ____ 134 Zeitpunkt der Information ____ 136 cc) Mitteilung der Nichtausführung abgeschlossener Geschäfte (§ 86a Abs. 2 S. 2, 2. Hs) ____ 137 (1) Zweck ____ 138 (2) Inhalt ____ 139 dd) Unterrichtung über Abschlussbeschränkungen (§ 86a Abs. 2 S. 3) ____ 140 (1) Zweck ____ 141 (2) Inhalt ____ 142 (3) Fälligkeit ____ 143 ee) Form ____ 144 ff) Erfüllungsort und Kosten ____ 145 gg) Vertragliche Erweiterung der Informationspflichten ____ 146 hh) Rechtsfolgen der Verletzung der Informationspflichten des § 86a Abs. 2 ____ 147 Informationserteilung an Dritte, AVAD ____ 150 Vertragliche Erweiterung der Nebenpflichten des Unternehmers ____ 151 Erfüllungsort der Unternehmerpflichten ____ 152 Durchgriffserwägungen zu Lasten des Unternehmers ____ 153 Pflichten des Unternehmers im Verhältnis zu Dritten ____ 159 Abs. 3: Zwingende Natur ____ 160 Rechtsfolgen der Verletzung der Unternehmerpflichten ____ 161 Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Vertriebsmittler ____ 162 1. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) ____ 163 2. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler nach § 280 Abs. 1, 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten (Positive Forderungsverletzung) ____ 164 3. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten ____ 166 4. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus Delikt ____ 167 5. Ersatzansprüche des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus anderem Rechtsgrund ____ 168 (3) (4)

I. J. K. L. M. N. O. I.

Emde

§ 86a

II.

1. Buch. Handelsstand

Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten ____ 170 1. Haftung wegen eigener Rechtspflichtverletzung ____ 171 2. Haftung wegen zugerechneter Pflichtverletzung des Mittlers ____ 172

3.

III. IV.

Fehlende Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten ____ 174 Haftung von Dritten ____ 175 Beweislast in Haftungstatbeständen ____ 176

A. Gesetzgebungsgeschichte 1

§ 86a in seiner heutigen Form beruht auf der Novelle 1990. Sie fügte in Abs. 2 S. 2 die Worte „und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts“ sowie in Abs. 2 S. 3 „unverzüglich“ ein. An die Stelle der früheren Fassung in Abs. 2 S. 3 „als nach den Umständen zu erwarten ist“ trat die Formulierung „als der Handelsvertreter unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte“. Abs. 3 wurde neu in das Gesetz aufgenommen. Zuvor war gemäß dem letzten Satz des Abs. 2 nur der Anspruch nach Abs. 2 S. 3 unabdingbar. Die Neufassung gilt gem. Art. 29 EGHGB ab dem 1.1.1990 für danach geschlossene und seit dem 1.1.1994 für sämtliche Verträge. B. Europarechtliche Präformation

2

§ 86a dient der Umsetzung der Art. 4 und 5 RL. Gem. Art. 4 Abs. 1 RL hat sich der Unternehmer als allgemeiner Rahmen 1 seiner Verhaltenspflicht gegenüber dem HV zwingend entsprechend den Geboten von Treu und Glauben zu verhalten. § 86a Abs. 1 betreffend die Pflicht des Unternehmers, dem HV Unterlagen bereitzustellen sowie dessen Abs. 2 zur Informationspflicht des Unternehmers ist etwas detaillierter als die RL: Nach Art. 4 Abs. 2 lit. a RL hat der Unternehmer dem HV die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, welche sich auf die betreffenden Waren beziehen. Die „Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen und Geschäftsbedingungen“ des § 86a Abs. 1 werden in der RL nicht erwähnt. Dies ist unschädlich, weil § 86a Abs. 1 erkennbar eine ergänzende und beispielhafte Aufzählung enthält, die dem von der RL (und dem HGB) verwandten Terminus „Unterlagen“ nicht widerspricht (Argument aus dem Wortlaut des § 86a Abs. 1: „wie“). Jedoch bezieht sich die Pflicht des Unternehmers, die Unterlagen zur Verfügung zu stellen, nach Art. 4 Abs. 2 lit. a RL nur auf die „betreffenden Waren“, gem. § 86a Abs. 1 aber auf die „zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen“ Unterlagen. Das ist weiter als von der RL vorgesehen. Wenn man der überschießenden Umsetzung des HGB auch auf andere als Warenvertreter hätte Rechnung tragen wollen, hätte man statt „Waren“ das Wort „Produkte“ verwenden können. Ein Umsetzungsfehler liegt nahe. Gem. Art. 4 Abs. 2 lit. b RL hat der Unternehmer die für die Ausführung des Vertrages erforderlichen Informationen zu geben und den HV insbesondere binnen angemessener Frist zu benachrichtigen, sobald er absieht, dass der Umfang der Geschäfte erheblich geringer sein wird, als der HV normalerweise hätte erwarten können. § 86a Abs. 2 S. 1 sieht vor, dass der Unternehmer dem HV die erforderlichen „Informationen“ (nicht: „Nachrichten“) zu geben hat, was vermutlich dasselbe meint. Der zweite Satzteil des § 86a Abs. 2 S. 3 ist strenger („unverzüglich“) als Art. 4 Abs. 2 lit. b RL („binnen angemessener Frist“), so dass insofern ein Umsetzungsfehler vorliegt.2 Denn Umsetzungsermessen wurde dem nationalen Gesetzgeber insoweit nicht zuteil. Dasselbe gilt für den

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1 Hopt § 86a Rn 1: Wegen dieser bloßen Rahmenordnung sind nicht die gesamten Regeln des HGB über die Unternehmerpflichten als Umsetzung des Art. 4 Abs. 1 RL anzusehen, siehe Hopt a.a.O. 2 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 94.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 86a

Vergleich des Art. 4 Abs. 3 RL zu § 86a Abs. 2 S. 3 (erneut „binnen angemessener Frist“ in der RL vs. „unverzüglich“ in § 86a Abs. 2 S. 3). In § 86a Abs. 2 S. 3 wurde Art. 4 Abs. 2 lit. b RL umgesetzt, derzufolge der Unternehmer den HV zu unterrichten hat, wenn der Umfang eines Geschäfts voraussichtlich erheblich geringer wird als dies der HV normalerweise hätte erwarten können. Damit wurde ein subjektiver Maßstab im Gegensatz zu dem früher geltenden, objektiven eingeführt.3 Der HV erhält damit die Informationen, die er nach früherem Recht nur über den Buchauszug nach § 87c Abs. 2 hätte erwarten können.4 Art. 5 RL bestimmt die zwingende Natur des Art. 4 RL: Die Parteien dürfen keine Vereinbarung treffen, welche von Art. 4 RL abweicht. Nicht anders als in § 86 wurde der Hinweis auf Treu und Glauben nicht in das HGB übernommen, weil er sich aus § 242 BGB ergibt.5 Dies ist problematisch (§ 86 Rn 7). Allerdings können Fragen der Ausübung dieser Treupflicht, da auf der RL beruhend, gem. Art. 267 AEUV dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.6 C. Einleitung Das Verhältnis zwischen Unternehmer und HV ist auf Vertrauen und Zusammen- 3 arbeit aufgebaut. Den wegen der vertragsprägenden Leistung des HV in der §§-Folge vorangestellten und damit hervorgehobenen Pflichten des HV (§ 86) entsprechen solche des Unternehmers. So wenig wie diejenigen des HV, lassen sich die Pflichten des Unternehmers in einem gesetzlichen Katalog erschöpfend aufzählen.7 Auch § 86a ist hier nur Ansatz und Ausschnitt. Die Norm regelt nur die wichtigsten Pflichten des Unternehmers.8 Die Tätigkeitspflicht des HV hat ihre Entsprechung in der Pflicht des Unternehmers, das Tätigwerden des HV nach Kräften zu fördern. Insoweit und auch in Bezug auf die hier gleichermaßen für den Unternehmer bestehende Treue-9 und Loyalitätspflicht (Rn 23 ff.) – sie ist allerdings weniger ausgeprägt als die Interessenwahrungspflicht des HV10 – ist kaum etwas problematisch. Das eigentliche Problem liegt dort, wo das Unternehmerinteresse und die Interessen des HV in Widerstreit geraten können: in der Frage, wie weit der Unternehmer in seinen unternehmerischen Dispositionen durch Rücksichtnahme auf Provisionschancen des HV gebunden sein kann. Gerade diesen Fragenkreis entscheidet das Gesetz nicht. Es geht zwar allgemein von der in Abs. 2 S. 2 und 3 nur unvollkommen umschriebenen11 Pflicht des Unternehmers zur gebührenden Berücksichtigung der Interessen des HV aus (Rücksichtnahmepflicht), ohne welche die Pflichten des HV, die Interessen des Unternehmers zu wahren (u.U. sogar unter Hintansetzung der eigenen Interessen zu wahren), der rechtfertigenden Ausgewogenheit entbehrten. Sie fordert vom Unternehmer, den HV vor Schäden zu bewahren.12 Aber gerade in dem Urteil über die „gebührende“ Rücksichtnahme liegt die besondere Schwierigkeit, welche

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3 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86a Rn 49. 4 Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., § 86a Rn 49. 5 BT-Drucks. 11/3077, S. 7. 6 Hopt § 86a Rn 1. 7 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1. 8 Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, S. 19. 9 BGH, Urt. v. 25.4.1960 – II ZR 130/58, BB 1960, 605 (606). 10 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 2. 11 Hopt § 86a Rn 1. 12 BGH, Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 130/96, BGHZ 136, 295; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 17, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17, 46; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1.

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nicht zuletzt über das Tatbestandsmerkmal der Billigkeit auch auf die Bemessung des Ausgleichs nach § 89b ausstrahlt.13 Betrachtet man die Literatur zum HV-Recht, legt der Vergleich des Umfangs ihrer 4 Ausführungen zu den Nebenpflichten des HV und des Unternehmers (auch in diesem Werk) nahe, die Nebenpflichten des HV seien zahlreicher als jene des Unternehmers. Das entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Ihren Grund hat die ausdifferenziertere Literatur zu den Nebenpflichten des HV vorwiegend in dem Umstand, dass mit Unternehmern häufiger über deren Hauptpflichten (Provision, Ausgleich unter Einschluss der Kontrollrechte als Hilfsrechte), mit den Vertretern dagegen eher über eine Verletzung ihrer Nebenpflichten, meist in Zusammenhang mit Auseinandersetzungen über die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung, gestritten wird. Seine Ursache hat dieser Umstand darin, dass Unternehmer, soll der HV-Vertrag beendet werden, zur Vermeidung einer Ausgleichszahlung nach wichtigen Gründen für eine außerordentliche Kündigung wegen schuldhaften Verhaltens des Vertreters suchen. Jene „finden“ sich dann in einer angeblichen Verletzung von Nebenpflichten und diese Fälle stehen im Fokus von Literatur und Rechtsprechung. Das reichert sowohl Literatur und Rechtsprechung zu den Nebenpflichten der HV ungemein an, was sich in der Relation in einer geringeren Erfassung des Rechtsgebietes der Nebenpflichten des Unternehmers äußert. D. Unterteilung der Pflichten des Unternehmers 5

Wie die Pflichten des HV werden auch die des Unternehmers in gesetzliche und vertragliche und innerhalb dieser Untergruppen in Haupt- und Nebenpflichten unterteilt. 6 Gesetzliche Hauptpflichten des Unternehmers sind: – Die Provisionszahlungspflicht (§§ 87 ff.)14 – Die Ausgleichspflicht (§ 89b).15 7 – – – – – – –

Gesetzliche Nebenpflichten des Unternehmers sind etwa: Treuepflicht16 Auskunftspflicht17 Überlassungspflicht Informations- und Mitteilungspflicht Allgemeine Unterstützungspflicht – Förderpflicht Rücksichtnahmepflicht Verschwiegenheitspflicht.

Eine Fürsorge- oder Beschäftigungspflicht des Unternehmers i.S.d. Arbeitsrechts besteht nicht.18 8 In § 86a, der in nichtamtlicher Fassung die Überschrift „Pflichten des Unternehmers“ trägt, werden nur diese Nebenpflichten geregelt.19 Oberster Grundsatz der Zusammenarbeit im HV-Vertrag ist die Pflicht, sich so zu verhalten, dass eine vertrauens-

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13 Siehe Steindorff ZHR 1930 (1967) 88 ff. 14 Westphal I Rn 369. 15 Westphal I Rn 369. 16 BGH, Urt. v. 25.4.1960 – II ZR 130/58, BB 1960, 605 (606). 17 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 124; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 1. 18 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1 und 22. 19 Hopt § 86a Rn 1.

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volle Zusammenarbeit beider Parteien gewährleistet ist und dem HV die Ausübung seiner Tätigkeit entsprechend den übernommenen Verpflichtungen möglich wird. Haupt- und Nebenpflichten des Unternehmers können weitgehend frei vereinbart 9 werden. Das Leistungs-Gegenleistungsverhältnis soll so weit als vertretbar der Parteidisposition unterliegen. Einschränkungen ergeben sich auch hier aus den allgemeinen Grenzen (§§ 134, 138, 242 BGB), weiter aus § 307 BGB (Vor § 84 Rn 48 ff.). So kann sich der Unternehmer beispielsweise verpflichten, folgende Haupt- oder Ne- 10 benpflichten zu erfüllen: – Einrichtung eines Büros- oder einer Betriebsstätte für den HV – Zahlung einer Fixprovision – Gewährung eines Dienstwagens, etc. – Schulung des Personals des HV20 – Werbung für das Produkt oder den Vertriebsmittler21 – Ausstellung der Vertragsprodukte auf Messen22 – Belieferung des HV mit Ersatzteilen.23 Die Provisions- (§§ 87 ff.), Ausgleichs- (§ 89b) und Auskunftspflicht (§ 87c) des Un- 11 ternehmers wurden wegen ihrer hervorgehobenen Bedeutung in eigenen §§ geregelt. In § 86a werden weitere, nicht gesondert normierte gesetzliche Nebenpflichten des Unternehmers angesprochen, die hervorgehoben werden sollten.24 Wegen der Paarbildung zu § 86 geschah dies bemerkenswerterweise vor den Vorschriften zu den Hauptpflichten des Unternehmers. Sämtliche dem Unternehmer obliegende Nebenpflichten hat er mit der üblichen 12 Sorgfalt, als Kaufmann mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns (§ 347 Abs. 1), zu erfüllen.25 Sie sind einklagbar und können ggf. – sofern es sich nicht um eine Vorwegnahme der Hauptsache handelt – im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden.26 Der HV ist im Falle einer Verletzung durch den Unternehmer nicht auf Schadenersatzansprüche beschränkt. E. Aktiv- und Passivlegitimation I. Handelsvertreter Aktivlegitimiert ist der HV. Damit gilt § 86a auch für Hauptvertreter im Verhältnis 13 zu ihren Untervertretern. Passivlegitimiert ist der Unternehmer. Wie allgemein ist auch hier die Rechtsform oder der rechtstatsächliche Auftritt der Parteien grundsätzlich unerheblich. Die Nebenpflichten bilden regelmäßig keine höchstpersönlichen Pflichten. Der Unternehmer darf sie auch durch Dritte erfüllen.27 So kann der Unternehmer etwa eine Gesellschaft gründen, deren einziger Zweck darin besteht, den Vertretern die zur Durchführung der ihnen obliegenden Aufgaben benötigten Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen.28

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20 21 22 23 24 25 26 27 28

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Westphal I Rn 371. Westphal I Rn 371. Westphal I Rn 371. Westphal I Rn 371. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 46. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39 ff. Zur Überlassungspflicht nach § 86a: Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 9. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 9.

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II. Handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler Auf sie findet die Förderpflicht des Unternehmers, die allgemeine Informationspflicht des Abs. 2 S. 1 sowie Abs. 2 S. 3 entsprechende Anwendung, etwa auf Vertragshändler,29 Kommissionsagenten30 oder Franchisenehmer beim Subordinationsfranchising.31 Zudem hat der Unternehmer einem solchen Vertriebsmittler die produktspezifischen Unterlagen des Abs. 1 zu übergeben, soweit sich nicht ausnahmsweise aus den Besonderheiten des jeweiligen Vertrags etwas Abweichendes ergibt und die Bereitstellung von Unterlagen nicht erwartet werden kann.32 Da ein Vertragshändler das Geschäft selbst ausführt, ist es ihm eher als einem HV zuzumuten, eigene Werbeunterlagen zu fertigen. Deshalb wird hier zum Teil die analoge Anwendung der Überlassungspflicht von Unterlagen abgelehnt, da der Händler die Vertragsware, anders als der HV, nicht erwirbt.33 Der Händler werde abweichend vom HV Eigentümer der Ware; er müsse daher die den Warenabsatz unterstützenden Unterlagen erwerben. Diese Ansicht unterscheidet zu wenig zwischen dem Vertriebsvertrag und dem einzelnen Kaufvertrag. Die Überlassungspflicht hinsichtlich der Unterlagen ergibt sich aus dem vertriebsrechtlichen Rahmenvertrag und der Absatzförderungspflicht, die HV und Vertragshändler teilen. Im Franchiserecht ergibt sich meist aus der Einbindung in das Vertriebssystem des 15 Unternehmers, dass allein die Unterlagen des Unternehmers Verwendung finden dürfen. Häufig wird vereinbart, dass der Mittler lediglich die vom Unternehmer übermittelten Werbemittel nutzen darf. Nur Abs. 2 S. 2 hat im Recht der Vertragshändler und Franchisenehmer keinen Anwendungsbereich, weil sie die Geschäfte selbst schließen und damit der dort geregelten Information nicht bedürfen. Soweit die in § 86a bestimmten Pflichten analoge Anwendung finden, gilt gleiches für die zwingende Natur gem. Abs. 3.

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F. Zeitdauer und Fälligkeit der Pflichten I. Vertragsbegleitende Pflichten 16

Sämtliche Nebenpflichten bestehen vertragsbegleitend während der gesamten Vertragsdauer, also auch in der Zeit zwischen Kündigung und Vertragsende.34 Sie werden fällig, sobald nach Vertrag oder Verkehrsanschauung objektiv mit ihrer Erfüllung zu rechnen ist. Nach Fälligkeit sind die Nebenpflichten unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern im Sinne des § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB, zu erfüllen. § 86a Abs. 2 S. 2 ist insoweit Ausdruck einer allgemeinen Regel. II. Vor- und nachvertragliche Pflichten

17

Die in § 86a geregelten Nebenpflichten sind Vertragspflichten. Sie bestehen daher vertragsbegleitend. Dies bedeutet jedoch nicht, dass vor- und nachvertragliche Pflichten des Unternehmers nicht existieren. Zu denken ist in erster Linie an Schutzpflichten, wobei auch hier Informationspflichten im Vordergrund stehen.

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29 BGH BB 1957, 452; NJW 1958, 1138; EBE 1997, 290 (292); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 45. 30 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1. 31 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 1; eingeschränkt Matthiessen ZIP 1988, 1089 (1095). 32 Niebling WRP 2011, 1518 (1523) für Softwareüberlassung an einen Kfz-Vertragshändler. 33 Westphal II Rn 538; Küstner/Thume III, Rn 1307. 34 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 10.

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1. Vorvertragliche Pflichten. Vorvertragliche Nebenpflichten gewinnen vor allem 18 als Treu- und Rücksichtnahmepflichten Bedeutung. Vorvertraglich oder bei nichtigem35 und noch nicht durchgeführten Vertrag (Nichtigkeit tritt nur ex nunc ein, siehe § 84 Rn 102) bestehen deshalb Schutzpflichten des Unternehmers, deren Verletzung zu Ansprüchen aus culpa in contrahendo (§§ 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. 241 Abs. 2 BGB) führen. Der Unternehmer hat bereits vor Vertragsschluss vermeidbaren Schaden vom HV abzuwenden. Folgende Ausprägungen dieser vorvertraglichen Schutzpflicht sind hervorzuheben: Ihren wichtigsten Anwendungsfall hat die Schutzpflicht in der Pflicht zur vorver- 19 traglichen Information36 (zu den Aufklärungspflichten des Franchisegebers Vor § 84 Rn 434 ff.). In der Sache geht es um eine Verletzung der Aufklärungspflicht bzw. der Wahrheitspflicht, 37 wobei die Verletzung der Aufklärungspflicht von aktiven Täuschungshandlungen zu separieren ist.38 Der (prospektive) Vertragspartner trägt zwar im Zweifel das wirtschaftliche Risiko des Vertrages,39 ist aber vor Vertragsschluss über alle entscheidungserheblichen Umstände zu informieren. Die Informationspflicht des § 86a Abs. 2 besteht nur vertragsbegleitend. Der HV darf aber auch fordern, vor Vertragsschluss ungefragt über alle für ihn zu diesem Zeitpunkt wesentlichen Punkte wahrheitsgemäß sowie vollständig unterrichtet zu werden.40 Insbesondere sind alle Umstände unaufgefordert zu offenbaren, die für die Entscheidung des HV, den Vertrag abzuschließen, erkennbar von Bedeutung sind.41 Ihm offensichtlichen Fehlvorstellungen hat der Unternehmer durch Aufklärung entgegenwirken. Erst recht darf der Unternehmer den Mittler nicht täuschen.42 Der Mittler muss abschätzen können, ob sich seine Tätigkeit lohnen wird.43 Falsch ist es zu sagen, solange der Unternehmer nichts in sittenwidriger Weise verschweige, brauche er von sich aus Nachteiliges nicht zu offenbaren oder vorzeitig über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens Aufschluss zu geben.44 Wird dem HV zugesichert, ein guter Kundenstamm sei vorhanden, so haftet der Unternehmer aus Verschulden bei Vertragsschluss auf Schadenersatz, wenn sich die später übergebene Kundenliste mit 13 Namen bis auf einen Kunden als wertlos erweist.45 Zudem kann Schadensersatz gemäß § 826 BGB (Verstoß gegen die guten Sitten)46 oder nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB als Schutzgesetz47 geschuldet sein. Es sei dem HV nicht zuzumuten, dass er sich auf die HV-Tätigkeit im Vertrauen auf den ihm zugesicherten Kundenstamm einlasse, falls ein solcher tatsächlich fehle.48 Die Einschätzung der Erfolgsaussichten nach wahrheitsgemäßer und vollständiger Aufklärung ist Sache des Mittlers.49 Er darf nicht blind auf unglaubwürdige Informationen des Unternehmers vertrauen.50 Kon-

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35 Hopt § 86a Rn 2. 36 Hopt § 86a Rn 2. 37 Schipper NJW 2007, 734. 38 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099. 39 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099. 40 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 46; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 7. 41 OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; ebenso zum Franchise-Vertrag OLG München BB 1988, 865; Schipper NJW 2007, 734 (735). 42 Niebling WRP 2012, 1361 (1363) – zum Vertragshändler. 43 OLG Nürnberg BB 1956, 352 = HVR Nr. 153; Schipper NJW 2007, 734. 44 So aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23c. 45 OLG Nürnberg BB 1956, 352 = HVR Nr. 153. 46 OLG Nürnberg BB 1956, 352 = HVR Nr. 153. 47 Niebling WRP 2012, 1361 (1363) – bei Täuschung über Gewinne im Zusammenhang mit Investitionsentscheidungen. 48 OLG Nürnberg BB 1956, 352 = HVR Nr. 153. 49 OLG Frankfurt DB 1979, 1178. 50 Hopt § 86a Rn 2.

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krete Prognosen darf der Unternehmer nur nach sorgfältiger Prüfung abgeben.51 Dabei müssen eventuelle Risiken mit berücksichtigt und auch offenbart werden. Ohne Daten kann keine zuverlässige Prognose aufgestellt werden.52 Daraus folgt, dass ein Unternehmer bei Vorlage einer Prognose zugleich konkludent erklärt, jene sei sorgfältig erstellt worden,53 es sei denn, das Gegenteil ist offensichtlich. Über dem Unternehmer unbekannte Umstände muss er nicht aufklären,54 außer ihm sollte sich eine Untersuchung aufdrängen. Im Zweifel ist auf die unsichere Tatsachengrundlage hinzuweisen. Die Beweislast für ein Aufklärungsverschulden und eine Täuschung liegt beim Mittler.55 Beispiele: 20 – Der Unternehmer muss den HV über den ihm nicht bekannten Einsatz anderer HV in seinem Gebiet aufklären.56 – Er hat den HV über die maßgeblichen Tätigkeitsbedingungen aufzuklären.57 – Der Unternehmer darf dem HV nicht zusichern, er werde in dem in Aussicht genommenen Gebiet als alleiniger HV tätig sein, wenn bereits ein anderer HV dort aktiv ist oder tätig werden soll.58 – der Unternehmer darf den Vertragshändler bei Investitionsentscheidungen nicht über voraussichtliche Gewinne täuschen.59 – Der Unternehmer hat den HV auf eine in naher Zukunft beabsichtigte Betriebstilllegung60 oder andere wesentliche Änderungen, etwa hinsichtlich Sortiment und Preisgestaltung,61 hinzuweisen. – Es hat eine Aufklärung über dem HV unbekannte Risiken der Vertretung zu geschehen.62 – Es muss eine Information über das Auslaufen eines bedeutsamen Lizenzvertrages erfolgen, soweit dies eine für den Vertrieb wichtige Information darstellt.63 – Auf geplante Umstellungen im Sortiment und in der Preisgestaltung ist hinzuweisen.64 – Der Unternehmer hat von sich aus mitzuteilen, dass er seinen Betrieb veräußern will.65 – Über die für das übergebene Vertriebsrecht relevante eigene wirtschaftliche Lage muss der Unternehmer aufklären.66 Das gilt insbesondere, falls der Interessent eine gewinnbringende Tätigkeit aufgeben muss, um für den Unternehmer tätig zu werden.67

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51 LG Hamburg, Urt. v. 14.4.2004 – 418 O 52/01, n.v., bestätigt durch OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2004 – 6 U 96/04, n.v., zit. nach Schipper NJW 2007, 734; Hopt § 86a Rn 2. 52 LG Hamburg, Urt. v. 14.4.2004 – 418 O 52/01, n.v., bestätigt durch OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2004, 6 U 96/04, n.v., zit. nach Schipper NJW 2007, 734. 53 Schipper NJW 2007, 734 (735). 54 Giesler/Güntzel NJW 2007, 3099 (3102). 55 BGH, Urt. v. 19.7.2011 – VI ZR 367/09 – zum Franchiserecht; Niebling WRP 2012, 1361 (1363) zum Vertragshändlerrecht. 56 OLG Nürnberg BB 1956, 352; Hopt § 86a Rn 2. 57 Hopt § 86a Rn 2. 58 Hopt § 86a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b. 59 Niebling WRP 2012, 1361 (1363). 60 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b. 61 Hopt § 86a Rn 2. 62 Hopt § 86a Rn 2. 63 OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; Schipper NJW 2007, 734 (735); Hopt § 86a Rn 2. 64 OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; ebenso zum Franchise-Vertrag OLG München BB 1988, 865; Schipper NJW 2007, 734 (735). 65 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b; Schipper NJW 2007, 734 (735). 66 Schipper NJW 2007, 734 (735). 67 Schipper NJW 2007, 734 (735).

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2. Nachvertragliche Pflichten. Selbst nachvertraglich bestehen fortwirkende 21 Treupflichten aus dem beendeten HV-Vertrag, insbesondere Rücksichtnahmepflichten. Sie verpflichten den Unternehmer, auch nachvertraglich vermeidbaren Schaden vom HV abzuwenden, sofern dies unschwer möglich ist. Die entsprechende Pflicht reduziert sich allerdings mit zunehmendem Abstand vom Vertragsende. Bedeutsam ist auch hier die Informationspflicht. Der Unternehmer hat den Handelsvertreter nachvertraglich über Umstände zu informieren, die für den Handelsvertreter erheblich sein können. Es ist daher insbesondere eine nachvertragliche Informationspflicht über solche Angelegenheiten anzunehmen, deren Kenntnis Schaden vermeiden kann, sofern die Information dem Unternehmer zumutbar ist und sie ohne Schwierigkeiten gegeben werden kann. Unzumutbar ist die Informationserteilung, wenn sich die Parteien nachvertraglich als Wettbewerber gegenüberstehen und es sich um Auskünfte handelt, die unter Wettbewerbern üblicherweise nicht erteilt werden. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an und auf die Schwere des möglicherweise drohenden Schadens. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf68 besteht unter dem Gesichtspunkt der nachvertraglichen Rücksichtnahmepflicht kein Anspruch auf die Vertragsleistung selbst, im dortigen Fall die Belieferung mit Ersatzteilen und Verbrauchsmaterialien. Aus dem Grundsatz von Treu und Glauben könnten lediglich Neben- und Schutzpflichten, aber kein Anspruch auf die Vertragsleistung selbst abgeleitet werden. Beispiele nachvertraglicher Pflichten sind: – die Pflicht, nachvertraglich eine ungebührliche Behinderung des HV in seiner neuen Tätigkeit zu unterlassen.69 Behindern darf der Unternehmer den HV nur, soweit dies wettbewerbsüblich ist.70 – den Mittler nachvertraglich über drohende Schäden zu informieren. G. Die in § 86a nicht ausdrücklich geregelten Nebenpflichten des Unternehmers Die einzelnen Nebenpflichten des Unternehmers werden in § 86a nur unvollkommen 22 geregelt. Die dort niedergelegten Pflichten bedürfen der Ergänzung durch allgemeine Regeln und der an anderer Stelle bestimmten Pflichten. I. Treu-, Loyalitäts- und Unterstützungspflicht 1. Herleitung. Die wichtigste Nebenpflicht des Unternehmers ist dessen Treupflicht. 23 Sie wird auch als Förderpflicht benannt und bezeichnet die Pflicht, die Arbeit des HV oder jedes anderen Vertriebsmittlers, etwa Vertragshändler 71 oder Franchisenehmer, auch ohne dahingehende vertragliche Abrede im Rahmen des branchenüblichen zu unterstützen und nach Möglichkeit zu fördern72 bzw. von seinen vertraglichen Möglich-

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68 OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.10.2013 – VI-U (Kart) 36/13, NZKart 2014, 35. 69 Hopt § 86a Rn 3. 70 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 17; Hopt § 86a Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 46. 71 OLG München, Hinweisbeschl. v. 14.3.2014 – 23 U 4161/13 – Caravan Vertrieb; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110) – Kfz-Zweiräder; OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262) – BMW-Vertragshändler. 72 OLG München MDR 1958, 105; KG BB 1969, 1062; LAG Hamm, Urt. v. 3.2.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 2.

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keiten und Rechten loyal unter Beachtung der Belange des HV Gebrauch zu machen.73 Der Vertriebsvertrag ist damit ein unabdingbar durch gegenseitiges Vertrauen geprägtes Dauerschuldverhältnis mit beidseitigen Treupflichten.74 Die Förderpflicht setzt die aus Art. 4 Abs. 1 RL75 sowie § 242 BGB hergeleitete Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers um. Meist wird die Pflicht in separate Pflichten, Treu- oder Loyalitätspflicht, Unterstützungspflicht sowie Rücksichtnahmepflicht unterteilt.76 Das ist nicht zwingend, weil es sich in der Sache um eine einheitliche Pflicht handelt, die sich kaum randscharf separieren lässt. Die Treupflicht des Unternehmers wird in den §§ 84 ff. nicht ausdrücklich geregelt, jedoch von ihnen vorausgesetzt und findet in § 86a Abs. 1, Abs. 2 Satz 177 sowie § 242 BGB ihre Ausprägung.78 Gleichwohl ist die Förderpflicht nur in ihrer in § 86a genannten Ausprägung nach Abs. 3 zwingend und kann daher mangels Normierung in § 86a erweitert79 und innerhalb der Grenzen der §§ 138, 307 BGB auch eingeschränkt werden. Dies entspricht dem gesetzlichen Regelungstypus, der die einem langfristigen Austauschvertrag immanenten Treupflichten grundsätzlich nicht spezialgesetzlich normiert. Die Treupflicht ist heute in § 241 Abs. 2 BGB allgemein geregelt und war auch zuvor anerkannt.80 Der Unternehmer unterliegt bei Vertriebsverträgen in höherem Maße als bei anderen Verträgen der Treupflicht.81 Deshalb wird die Treupflicht des Unternehmers etwa in den Materialien zur Novelle 195382 mehrfach erwähnt. Sie steht nicht im Gegenseitigkeitsverhältnis zur Vermittlungstätigkeit des HV.83 Der Umstand, dass der HV in die Vertriebsorganisation des Unternehmers eingebunden ist und daher seine Tätigkeiten und das investierte Kapital den Interessen des Unternehmers unterzuordnen hat, verpflichtet den Unternehmer im Gegenzug dazu, den schutzwürdigen Belangen des HV im besonderen Maße Rechnung zu tragen84 und dessen Interessen nicht ohne begründeten Anlass zuwiderhandeln,85 auch im Verhältnis zu den nicht alleinvertriebsberechtigten Vertragshändler.86 Die Treupflicht bildet das Korrelat zur Interessenwahrungs- und Absatzförderungspflicht des HV.87 Dessen Bemühen, die Vertragsware bestmöglich und nach den Weisungen des Unternehmers zu vermitteln, steht die Pflicht des Unternehmers gegen-

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73 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14b. 74 BGH NJW 1985, 623 (625); 1060 (1061); NJW-RR 1993, 678 (681); Martinek Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 4 Rn 9 (zum Vertragshändlerrecht); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 1. Zum englischen Recht, das vor der Umsetzung der RL eher den Schutz des Unternehmers vor dem HV betonte, s. Saintier ZVertriebsR 2014, 166. 75 Oetker/Busche § 86a Rn 25. 76 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 72 ff.; Hopt § 86a Rn 1; s. etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard. 77 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR. Nr. 950 – HV. 78 Hopt § 86a Rn 1. 79 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 14. 80 Siehe etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunk-HV. 81 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731 – Vertragshändler, dort Schadenersatzanspruch wegen Parallelvertriebs mangels gewichtiger Gründe zum Vertrieb befürwortet; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 – HV. 82 Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, S. 19/20. 83 Missverständlich Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1. 84 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunk-HV. 85 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110); OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 86 OLG München, Hinweisbeschl. v. 29.1.2014 – 23 U 4161/13; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 87 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunk-HV, nach Ansicht des OLG Düsseldorf schuldet der Unternehmer nicht weniger Loyalität als der HV dem Unternehmer.

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über, die Position des HV zu fördern und alles zu unterlassen, was ihm schaden könnte. Der HV hat gegen den Unternehmer keinen Anspruch auf „Beschäftigung“ – eine Fürsorge-88 oder Beschäftigungspflicht89 des Unternehmers i.S.d. Arbeitsrechts besteht also nicht-, sondern nur darauf, dass der Unternehmer ihn fördert und nicht behindert.90 Besonders die Rücksichtnahmepflicht schränkt die Dispositions- und Entschließungsfreiheit des Unternehmers (Rn 73 ff.) ein. 2. Inhalt. Es handelt sich bei der Treupflicht um eine über § 242 BGB und die Treu- 24 pflichten in längeren Austauschverträgen hinausgehende Fürsorgepflicht, 91 die sich ebenso wie beim Schädigungsverbot92 oft als Unterlassungspflicht ausprägt. Sie gebietet dem Unternehmer im Rahmen des Branchenüblichen alles zu tun, was nach Treu und Glauben erforderlich und zumutbar ist, damit der HV den ihm gestellten Aufgaben und Pflichten gerecht werden kann, also etwa die für die Vermittlung erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen93 (Leistungsgebot). Zudem hat der Unternehmer alles zu unterlassen, was die Zusammenarbeit beeinträchtigen und den HV benachteiligen oder schädigen könnte94 (Unterlassungspflicht, meist in Form der Rücksichtnahmepflicht). In welchem Maße aufgrund der besonderen Treuepflicht auf die Interessen der Mittler Rücksicht zu nehmen ist, hängt entscheidend davon ab, welchen Pflichten und Beschränkungen der Hersteller die Mittler in seinem Vertriebsinteresse unterworfen hat. Je mehr die Mittler sich in die Vertriebsorganisation eingliedern und diese durch den Einsatz von Kapital und Personal unterstützen müssen, umso mehr Rücksicht auf ihre legitimen Marktinteressen dürfen sie erwarten.95 Eine Begrenzung der Treupflicht auf den Kernbereich der Interessen der HV gibt es nicht.96 Die Treupflicht des Unternehmers kann die Intensität der Interessenwahrungspflicht des HV erreichen,97 wenngleich sie meist weniger intensiv sein dürfte. Ausdruck der Förderpflicht ist etwa die Verpflichtung des Unternehmers, den Mittler über das Produkt zu informieren und ihn diesbetreffend zu schulen. Für den Bereich des Kfz-Vertragshändlerechts entschied das OLG München,98 den 25 Hersteller BMW treffe eine gesteigerte Treupflicht gegenüber seinen Händlern. Der Umstand, dass der Händler nicht nur seine Tätigkeit, sondern auch seinen Geschäftsbetrieb und das von ihm investierte Kapital weitgehend den Interessen des Herstellers unterordne, verpflichte den Hersteller, seinen schutzwürdigen Belangen und Interessen angemessen Rechnung zu tragen und ihnen nicht ohne begründeten Anlass zuwider zu handeln. Diese Aussage gilt zumindest für alle Fälle des tief integrierten Vertriebs.

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88 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1; aA OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 i.S.e. Schädigungsverbots. 89 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 2. 90 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22. 91 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. 92 BGHZ 42, 59 (62); Hopt ZIP 1996, 1533 (1538); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 30; Schlegelberger/ Schröder § 86a Rn 1. 93 LAG Hamm, Urt. v. 3.2.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632. 94 BGHZ 42, 59 (62); OLG München, Urt. v. 10.6.2009, Az. 7 U 4522/08; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1; Hopt ZIP 1996, 1533 (1538). 95 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Vertragshändler eines Motorradherstellers. 96 Oetker/Busche § 86a Rn 26. 97 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunk-HV. 98 OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262); ebenso OLG München, Hinweisbeschl. v. 29.1.2014 – 23 U 4161/13 – Caravanvertrieb.

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Die Treupflicht wird durch eigene Interessen des Unternehmers und sein Dispositionsrecht in Wechselwirkung mit den Interessen des HV begrenzt, wobei jede Partei den schutzwürdigen Interessen der anderen Partei Rechnung tragen muss.99 Besonders bedeutende Interessen des Unternehmers können seine Treupflicht reduzieren, es sei denn, es sind wieder überwiegende Gegeninteressen des HV zu berücksichtigen. Welchen Inhalt die Treu- und Unterstützungspflicht im Einzelfall hat, ist jeweils im Lichte der Würdigung der Interessen beider Vertragspartner und des Vertrages zu bestimmen.100 Die Rechtsform der Vertragspartner ist bei der Untersuchung des Umfanges der Treupflichten unerheblich. Je nach rechtstatsächlichem Zuschnitt kann die Treupflicht unterschiedlich ausgeprägt sein.101 Ein wirtschaftlich schwacher HV, der neu in das Vertriebssystem des Unternehmers eintritt, bedarf u.U. eines stärkeren Schutzes als ein bereits seit langem eingeführter und wirtschaftlich satuierter.

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3. Rechtsfolgen. Die Rechtsfolgen einer Treupflichtverletzung entsprechen denen jeder Vertragsverletzung: Unterlassung, Erfüllung, Schadenersatz102 (mit vorgeschaltetem Auskunftsrecht zur Bestimmung der Höhe des Ersatzanspruchs)103 oder Recht zur fristlosen Kündigung.104 Für das Auskunftsrecht reicht der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung aus.105 Vorsätzliche Verstöße gegen das Schädigungsverbot sind unwirksam (§§ 138, 242 BGB, Rechtsgedanke des § 86a Abs. 3); fahrlässige (und auch vorsätzliche) können im Wege der Naturalrestitution einen Anspruch auf Beseitigung der Folgen geben. Ein Vertragspartner, der sich selbst treuwidrig verhält, kann sich auf eine Pflichtverletzung des anderen Vertragspartners, die aufgrund dieses treuwidrigen Verhaltens erfolgt, nicht berufen.106 II. Rücksichtnahmepflicht

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1. Einleitung. Die Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers gegenüber den Belangen seiner Vertriebsmittler ist eine Untergruppe der Förderungs- bzw. Treupflicht des Unternehmers.107 Die dogmatische Herleitung der Rücksichtnahmepflicht wird teilweise aus dem Vertragsinhalt,108 zum Teil aus der dem Unternehmer obliegenden Treupflicht (Art. 4 Abs. 1 RL, § 242 BGB)109 oder aus der analogen Anwendbarkeit des § 86a hergeleitet. Sie fordert vom Unternehmer, den HV im Rahmen des Zumutbaren bei seiner vertraglichen Tätigkeit zu unterstützen,110 vor Schaden zu bewahren111 und ihm da, wo es nötig ist, Schutz zu gewähren, etwa vor einer Beeinträchtigung des Vertriebs durch vom Un-

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99 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 72, 75. 100 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard. 101 Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109. 102 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110). 103 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. GRUR-RR 2009, 109 (110). 104 Siehe etwa Habersack/Ulmer S. 102/103. 105 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 106 OLG München, Urt. v. 10.6.2009, Az. 7 U 4522/08. 107 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard; Oetker/Busche § 86a Rn 26. 108 BGH BB 1972, 1204; NJW 1985, 623 (625); Ulmer S. 433; Genzow Rn 81. 109 OLG Zweibrücken BB 1983, 1301 (1302); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl. § 86a Rn 19. 110 Hopt § 86a Rn 15. 111 BGHZ 26, 161 (164, 165); 58, 145; 124, 354; BGH BB 1968, 60; OLG München MDR 1958, 105; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 21; Hopt § 86a Rn 15; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 20.

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ternehmer abhängige Dritte.112 Den Umfang der Schutzpflichten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern erreicht die Rücksichtnahmepflicht angesichts der Selbständigkeit des HV nicht.113 Die Zahlung von Bezirksprovision entbindet den Unternehmer nicht von der Rücksichtnahmepflicht (kann aber bei der Abwägung zu berücksichtigen sein), weil es dem HV auch um künftige erhöhte Provisionschancen und eine Erweiterung des Kundenstamms mit der Chance auf Ausgleichszahlung gem. § 89b gehen mag, die der HV nur durch eigene Tätigkeit schaffen kann.114 2. Kasuistik. Die Ausfüllung dieser allgemeinen Regeln ist Kasuistik. Die Treu- und 29 Unterstützungspflicht fordert beispielsweise: – Anfragen: Der Unternehmer hat dem HV nicht nur bei zugesichertem Kundenschutz Kundenanfragen unverzüglich zuzuleiten115 – Keine systematischen116 Direktgeschäfte auszuführen, die den Unternehmer zu einem ernsthaften Wettbewerber des HV werden lassen. Zwar sind Direktgeschäfte grundsätzlich erlaubt. Sie dürfen jedoch kein solches Ausmaß annehmen, dass es dem HV wesentlich erschwert wird, bei Kunden Geschäfte zu vermitteln117 – EDV-Verbindung: Dem Versicherungsvertreter muss ebenso wie anderen VV der Zugang zur EDV-Beratungstechnologie zur Verfügung gestellt werden; dieser Anschluss darf nicht gesperrt werden118 – Ersatzteile: Bei Vertragshändler- und Franchiseverträgen wird man aus der Förderpflicht sowie aus § 242 BGB die Verpflichtung des Unternehmers zur Lieferung von Ersatzteilen herleiten müssen, es sei denn, das gelieferte Produkt ist preiswert und von allgemein kurzer Lebensdauer bzw. Ersatzteile werden in ausreichender Menge von anderen Lieferanten am Markt vertrieben.119 Ob die Bevorratungsdauer unter Heranziehung der steuerlichen Abschreibungsdauer zu ermitteln ist,120 erscheint zweifelhaft. Maßgeblich ist die gewöhnliche Betriebs- und Nutzungsdauer des Produktes.121 Nach Vertragsende ist der Hersteller nicht mehr zur Lieferung von Ersatzteilen verpflichtet.122 Dies gilt allerdings nicht, wenn der Hersteller mangelhafte Ware geliefert hat, so dass der Händler auf die Ersatzteile angewiesen ist, um selbst seinen Gewährleistungspflichten gegenüber dem Kunden nachkommen zu können.123 Weiter ergibt sich eine Belieferungspflicht, falls die Vertragsbeendigung vom Hersteller verschuldet worden ist. Als Teil seiner Schadensersatzpflicht muss der Hersteller den Vertragshändler insoweit mit Ersatzteilen versorgen, wie er ihm solche vertragsgemäß bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist oder zu Gewährleistungs- oder Reparaturarbeiten hätte liefern müs-

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112 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 21; vgl. auch BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. 113 OLG München BB 1958, 247; Hopt § 86a Rn 15. 114 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43. 115 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22a. 116 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44. 117 Westphal I Rn 411; Hopt ZIP 1996, 1809 (1819); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44. 118 OLG München, Urt. v. 10.6.2009, Az. 7 U 4522/08. 119 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 103 f. 120 Rodig BB 1971, 854 (855). 121 Kühne BB 1986, 1527 (1529); AG München NJW 1970, 1852; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 106. 122 Westphal II, Rn 671. 123 Westphal II, Rn 671.

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sen.124 Schließlich kann im Einzelfall eine Belieferungspflicht aus § 19 GWB folgen (Vor § 84 Rn 304 ff.)125 Eingriff in den Geschäftsbetrieb des HV: Der Unternehmer darf nicht erheblich und schädigend in den Geschäftsbetrieb des HV eingreifen,126 etwa in das Organisationsrecht des HV. Hierdurch würde auch die Selbständigkeit des HV unzulässig berührt werden Fehlinvestitionen: Der Unternehmer muss den HV warnen, wenn er Fehlinvestitionen erkennt, etwa den HV durch rechtzeitige und vollständige Information über künftige Entwicklungen oder eine beabsichtigte Kündigung vor Fehlinvestitionen schützen.127 Zum Investitionsschadenersatz § 89 Rn 81 ff. Formulierungsverantwortung: Den Unternehmer trifft eine Formulierungsverantwortung jedenfalls für von ihm entworfene Mittlerverträge.128 Er muss daher ggf. auch Nachteile tragen, die sich aus dieser Formulierungsverantwortung ergeben129 (s. auch § 305c Abs. 2 BGB). Vom Mittler entworfene Verträge muss er angemessen prüfen, wobei es sich nur um eine Obliegenheit, keine Pflicht, handelt. Die Verletzung der Obliegenheit führt gleichwohl zur Schadenersatzverpflichtung Gelegenheit zur Vermittlung: Der Unternehmer hat den HV auf ihm bekannte Gelegenheiten zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit hinzuweisen.130 Eine Pflicht zur Suche nach solchen Gelegenheiten trifft den Unternehmer nicht; dies ist Sache des HV Genehmigungsvorbehalt: Der Unternehmer ist gehalten, von Genehmigungsvorbehalten, die er im Vertrag sich hat zugestehen lassen, loyalen, die Interessen seines HV berücksichtigenden Gebrauch zu machen. Hauptfall ist der Vorbehalt der Genehmigung zur Übernahme von Zweitvertretungen. Soweit es um Konkurrenzvertretungen geht, ist er unbedenklich. Im Übrigen darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn sonst beachtenswerte Interessen des Unternehmers verletzt sein könnten, etwa infolge der Gefahr, der HV werde durch die Zweitvertretung von seinen für den Unternehmer übernommenen Aufgaben unvermeidlich und über Gebühr abgezogen werden. Im Zweifel wird er das Urteil hierüber aber dem HV als selbständigem Kaufmann überlassen müssen. Will er das nicht, muss er ihn als Einfirmenvertreter unter Vertrag nehmen. Eine „Weisung“, sich der beabsichtigten Zweitvertretung zu enthalten, könnte er vollends nicht geben. Noch weitergehend unter dem Gesichtspunkt und für den Geltungsbereich des § 19 GWB: Ebenroth/ Obermann DB 1981, 829 Gewährung günstigerer Konditionen an andere Vertriebsmittler und Firmen: Gewisse Differenzierungen darf der Unternehmer vornehmen, denn es besteht kein Gleichbehandlungsgebot gegenüber allen Vertriebsmittlern innerhalb des Vertriebssystems.131 Der Unternehmer darf einzelne Mittler aber nicht systematisch ausgrenzen, etwa durch schlechtere Konditionen (näheres Rn 65 ff.). Treuwidrig kann es sein, andere Vertriebspartner im Gebiet oder Kundenkreis des Mittlers unter Gewährung

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124 Westphal II, Rn 672. 125 OLG Brandenburg, Urt. v. 31.3.2009 – Kart U 4/08, WuW DE-R 2824. 126 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31. 127 BAG, Urt. v. 24.4.1980 – 3 AZR 911/77, ZIP 1980, 777 für Franchisegeber; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19. 128 Semmler WRP 2007, 247 (256). 129 Semmler WRP 2007, 247 (256). 130 AA Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 73. 131 Hopt ZIP 1996, 1538; Hopt § 86 Rn 10, 30; § 86a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 73.

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günstigerer Konditionen tätig werden zu lassen.132 Auch dürfen Vertragswaren über andere Firmen nicht zu günstigeren Preisen in das Gebiet des HV eingeführt werden133 Großhandel, keine Belieferung: Der Verkauf an den Großhandel, der dann Kunden des HV beliefert, kann einen mittelbaren Eingriff in das Vertriebsrecht des HV darstellen, welcher der Treupflicht widerspricht. Denn wirtschaftlich entspricht die Belieferung des Großhandels für den HV einer Direktbelieferung.134 Der Unternehmer darf allerdings die Lohnfertigung für einen Wettbewerber vornehmen, auch falls hierdurch mittelbar der Vertrieb dieses Wettbewerbers gestärkt wird135 Der Unternehmer darf keine Handlungen vornehmen, welche den geschäftlichen Erfolg, die Tätigkeit oder die Vermittlungsbemühungen des HV ohne sachlichen Grund gefährden, erschweren, vereiteln oder wirtschaftlich entwerten könnten136 Informationen: Der HV muss vom Unternehmer über alles Relevante so früh wie möglich informiert werden. Diese Pflicht entspricht der Treupflicht, ist aber wegen ihrer Bedeutung in § 86a Abs. 3 normiert (dazu unten) Kritik, keine Weitergabe an Kunden: Kritik am HV hat sich der Unternehmer gegenüber Kunden nach Möglichkeit zu enthalten. Der Unternehmer hat – sollte Kritik erforderlich sein – jene möglichst schonend anzubringen.137 Er darf den HV nachvertraglich nicht über die bloße Mitteilung des Vertragsendes hinaus bei der Kundschaft bloßstellen.138 Wird unberechtigte Kritik gegenüber Dritten geäußert, hat der HV einen Anspruch auf Unterlassung und Widerruf, wobei er allerdings Bagatellen wegen seiner Interessenwahrnehmungspflicht ungeahndet lassen muss139 Leasinggesellschaften, Zuschüsse: Gewährt der Unternehmer unternehmernahen Vermiet- und Leasinggesellschaften Zuschüsse, z.B. sogenannte Werbekostenzuschüsse, die er mittlernahen Unternehmen nicht zubilligt (Konditionenspreizung), kann hieran eine Treupflichtverletzung liegen.140 Der Unternehmer tritt dem Händler als Wettbewerber entgegen, was seiner Schutzpflicht sowie dem Gedanken der Gleichbehandlung widerspricht.141 Dem darf im Kfz-Vertrieb nicht entgegengehalten werden, die Maßnahmen beträfen unterschiedliche Märkte für Kfz-Leasing bzw. Vermietung sowie für Gebraucht- und Vorführwagen.142 Zugleich liegt hierin eine Verletzung des § 19 GWB.143 Dies gilt allerdings nur insoweit, als kleine und mittlere Unternehmen geschützt sind144 Der Unternehmer muss alles unterlassen, was die Marktposition und Gewinnaussichten des HV beeinträchtigt145

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132 LG Stuttgart HVR Nr. 668, Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 77. 133 OLG Bremen BB 1967, 430; Westphal I Rn 410. 134 BGH, Urt. v. 21.12.1964 – VII ZR 31/63, n.v., zit. nach Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 98. 135 BGH DB 1972, 524; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 99. 136 Westphal I Rn 410; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1, 22. 137 OLG Karlsruhe BB 1959, 1006; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 82; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 45; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 22. 138 OLG Karlsruhe BB 1959, 1006; OLG Düsseldorf HVR Nr. 113; Nr. 1148; LG Dortmund HVR Nr. 44; Hopt § 86a Rn 16. 139 OLG Karlsruhe BB 1959, 1006; Westphal I Rn 409. 140 Habersack/Ulmer S. 132. 141 Habersack/Ulmer S. 96, 101. 142 Habersack/Ulmer S. 132. 143 Habersack/Ulmer S. 132. 144 Habersack/Ulmer S. 132. 145 Zum Vertragshändler: Ensthaler/Gesmann-Nuissl BB 2003, 533 (535).

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Mindestverdienst: der Unternehmer hat dem Mittler ein Mindestmaß an Verdienstmöglichkeiten zu ermöglichen. Ob sie sich dann materialisieren, ist eine sich anschließende Frage, deren Beantwortung auch von den Fähigkeiten des Mittlers abhängt. Es stellt einen erheblichen Verstoß des Unternehmers gegen die aus dem Vertriebsvertrag resultierende Treue- und Fürsorgepflicht dar, wenn der Unternehmer den Vertrag so ausgestaltet, dass er für den Mittler nur ohne Gewinn oder sogar defizitär erfüllt werden kann.146 Der Unternehmer schuldet dem HV jedoch lediglich die Chance, einen hinreichenden Verdienst zu realisieren. So entschied das OLG München, Kfz-Hersteller seien bei der Gestaltung der Preise gegenüber ihren Vertragshändlern nicht frei. Nehme der Hersteller durch Abgabe einer unverbindlichen Preisempfehlung (UPE) Einfluss, dürfe er die Preise, zu denen er die Händler beliefere, nicht so festsetzen, dass ihnen keine angemessene Gewinnspanne verbleibe. Der Abgabepreis an die Händler und die UPE müssten entsprechend harmonisiert werden.147 Ein Vertragshändlervertrag hat deshalb hinreichende Grundrabatte oder vergleichbare Vergütungen vorzusehen.148 Die Erhöhung des Werksabgabepreises von Kfz gegenüber den Vertragshändlern stellt aber keine unbillige Behinderung i.S.d. § 19 GWB dar, weil Händler Fahrzeuge an Kunden wegen der ihnen gewährten Rabatte regelmäßig unterhalb der UPE des Herstellers verkaufen und die Erhöhung des Werksabgabepreises kompensieren können, indem sie ihren Kunden geringere Rabatte gewähren149 Preisgestaltung: Der Unternehmer hat – angesichts der kartellrechtlichen Unzulässigkeit der Preisbindung (Vor § 84 Rn 205) eine Selbstverständlichkeit – die Preisgestaltungsfreiheit des Eigenhändlers zu respektieren; eine nach außen als freiwillig hingestellte Preissenkungsaktion unter wirtschaftlichem Druck, ausschließlich zu Lasten des Mittlers verstößt gegen die Treupflicht, zumal wenn zu antizipieren ist, dass nur wenige Mittler sich anschließen150 Preisunterbietung oder Preisspaltung (selbst oder durch Dritte) oder deren Duldung bzw. Förderung durch einen anderen HV151 hat der Unternehmer zu unterlassen, und zwar selbst dann, wenn dem HV kein Alleinvertriebsrecht gewährt wurde.152 Der BGH153 hat hierzu ausgesprochen, ein HV, dem kein Gebietsschutz gewährt wurde, dürfe beanspruchen, dass es anderen im selben Gebiet tätigen HV nicht gestattet werde, die vertriebenen Produkte zu niedrigeren Preisen anzubieten, als sie ihm selbst vorgeschrieben wurden. Dies ergebe sich aus der Treupflicht. Das Gleiche muss gelten, wenn der Unternehmer auf diese Weise Direktgeschäfte anbietet. Das OLG Bremen154 hat einem Bezirksvertreter das Recht auf eine ausgleichserhaltende Kündigung zugebilligt, weil der Unternehmer in seinem Gebiet unter einer anderen Firma den vom HV beworbenen Kunden Angebote zu geringeren Preisen übermittelt hatte

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146 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 270. 147 OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1262). 148 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 149 OLG München, Urt. v. 22.1.2004 – U (K) 3329/03, WuW DE-R 2004, 1260 (1261). 150 BGH NJW 1970, 855; LG Frankfurt/Main BB 1969, 1326; Hopt § 86a Rn 16. 151 OLG Bremen, Urt. v. 10.2.1966 – 2 U 43/65, NJW 1967, 254 – begründeter Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung; Hopt § 86a Rn 17. 152 BGH, Beschl. v.15.4.1986 – KVR 3/85, BGHZ 97, 317 (327); OLG Bremen, Urt. v. 10.2.1966 – 2 U 43/65, BB 1967, 430 = HVR Nr. 366; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 96. 153 Beschl. v. 15.4.1986 – KVR 3/85, BGHZ 97, 317 (327). 154 Urt. v. 10.2.1966 – 2 U 43/65, BB 1967, 430 = NJW 1967, 254 = HVR Nr. 355.

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Schutz der Stellung des HV bei Kunden: den Unternehmer trifft die Verpflichtung, die Stellung des HV bei Kunden nicht zu untergraben155 Untervertreter: Ein Hauptvertreter muss bei Vertragswidrigkeiten seines Unternehmers ggf. gegen diesen – u.U. nach §§ 935, 940 ZPO – vorgehen, um sich in die Lage zu versetzen, den Vertrag mit seinem Untervertreter fortzusetzen (§ 84 Rn 131, 134) Wettbewerbsverbot des Unternehmers und Abschirmpflicht: Siehe hierzu unten, Rn 37 ff. Keine Hilfeleistung gegenüber Wettbewerbern: Dritte dürfen nicht unterstützt werden, mit Kunden eines HV Geschäfte zu schließen156 Verschwiegenheitspflicht: Eine Pflicht zur Verschwiegenheit ist Ausdruck der gegenseitigen Vertrauensbindung,157 zudem Spiegelbild des § 90. Persönliche oder Unternehmensdaten des HV, z.B. Umsätze, Provisionen oder Bilanzen, sind vertraulich zu behandeln und dürfen nur mit Einverständnis des HV Dritten bekanntgegeben werden.158 Da die Existenz des HV auf einem guten Verhältnis zu seinem Kunden beruht, hat sich der Unternehmer herabsetzender oder störender Urteile über den HV zu enthalten.159 Selbst Tatsachen, die für den HV nicht ungünstig sind, hat er nach Möglichkeit nicht an die Kunden weiterzugeben, soweit keine vorrangige Schutzpflicht die Information der Kunden gebietet. Der Unternehmer verletzt beispielsweise die Verschwiegenheitspflicht, wenn er sich über seinen HV abfällig gegenüber der Kundschaft äußert, vertrauliche Kundenberichte des HV mit ungünstigen Urteilen über den Kunden diesem zugänglich macht160 oder Betriebsgeheimnisse des HV offenbart, auch gegenüber einem Nachfolgevertreter.

Zum Teil wird aus der Förderpflicht eine Qualitätssicherungspflicht des Herstellers 30 abgeleitet.161 Diese Ansicht geht möglicherweise zu weit. Schlechtlieferungen bilden grundsätzlich keine schadenersatzbegründende Treupflichtverletzung, es sei denn, sie beruhen auf Vorsatz oder Willkür.162 Generell hat der HV keinen „Anspruch“ darauf, dass der Unternehmer „gut liefert“. Er ist auch hier mit dem Ansehen und der wirtschaftlichen, damit aber auch der qualitativen Leistungsfähigkeit des von ihm vertretenen Unternehmers, im Guten wie im Schlechten verbunden. Sieht er sich hierin enttäuscht, mag er aus wichtigem Grunde fristlos kündigen und hätte alsdann einen Verlust des Ausgleichsanspruchs nicht zu besorgen.163 Eine Pflichtverletzung liegt allerdings vor, sofern der Unternehmer trotz Mahnung des HV und der Möglichkeit, mangelfrei zu liefern,

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155 Westphal I Rn 408. 156 BGH DB 1961, 601 = HVR Nr. 261 zum Bezirksvertreter. Der Klage des HV auf Zahlung der Bezirksprovision aus dem v. dem Dritten abgeschlossenen Geschäft wurde daher stattgegeben. 157 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler; Küstner/ Thume I, Kap. IV Rn 81; Küstner BB 1984, 1906; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 32. 158 Küstner BB 1984, 1906; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 32. 159 OLG Karlsruhe DB 1959, 1006 = HVR Nr. 224; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 82; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 45; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 22. 160 LG Freiburg/Breisgau BB 1966, 999; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 81; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19; Hopt § 86a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 28a. 161 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 299. 162 BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 116; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 13. 163 OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265.

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gleichwohl mangelhaft liefert,164 insbesondere willkürlich, ohne sachlichen Grund oder in Schädigungsabsicht.165 Auch wenn die Schlechtlieferung des Unternehmers im Verhältnis gerade zu seinem HV einen Verstoß gegen die Vertragspflichten darstellt, etwa falls dringende Vorstellungen des HV wegen der schlechten Qualität in den Wind geschlagen werden166 oder eine „sinnlose Misswirtschaft“167 vorliegt, ist der HV in seinen vertraglichen Rechten beeinträchtigt und kann über die Kündigungsmöglichkeit hinaus aus § 280 BGB für die entgehenden Provisionschancen Schadensersatz verlangen Die Treu- und Unterstützungspflicht fordert nicht, dass: 31 – der Unternehmer dem HV Kundenadressen zu liefern hat. Der HV muss diese Kunden selbstständig akquirieren. Ausnahmsweise kann eine über Jahre wiederholte Belieferung mit derartigen Daten sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu einer Nebenpflicht verdichten, nach der die bisherige Praxis nicht ohne Grund beendet werden darf, womit ein solches Verhalten des Prinzipals, welches einem unbegründeten Abbruch einer Geschäftsbeziehung nahe kommen mag, geeignet sein kann, einen Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB zu begründen.168 – der Unternehmer an allen erreichbaren Fachmessen teilnimmt.169 Es kommt insoweit auf die Verkehrsüblichkeit an. 32

Weitere Förderpflichten können dem Unternehmer durch Vertrag auferlegt werden.170 Abs. 3 steht nicht entgegen.171

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3. Sonderfall der Rücksichtnahme- und Treupflicht: Wettbewerbsverbot des Unternehmers und Abschirmpflicht. Ein einfacher Vermittlervertrag, der kaum über das Vergütungsinteresse des Mittlers hinausgehende finanzielle Risiken begründet, schafft kein Eigenvertriebsverbot zu Lasten des Unternehmers.172 In dieser Situation darf sich der Unternehmer den Eigenvertrieb auch vertraglich vorbehalten, selbst durch AGB. Das ist der Grundsatz. Nur ausnahmsweise besteht ein Wettbewerbsverbot des Unternehmers: Je enger der Mittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden wird und je höher seine finanziellen Risiken werden, umso eher ist von einem Wettbewerbsverbot des Unternehmers auszugehen. Außerdem mag eine Vertragsauslegung die Unzulässigkeit des Wettbewerbs durch den Unternehmer ergeben. Dies kann etwa bei der Zusage einer Alleinvertriebs- oder Alleinvertreterstellung der Fall sein, je nach den Umständen des Einzelfalles.173 Im Einzelnen:

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a) Grundsatz: Dispositionsbefugnis der Unternehmer über sein Vertriebsnetz. § 86a Abs. 2 setzt eine gewisse Dispositionsfreiheit des Unternehmers voraus (Rn 78 f.): Einem Hersteller steht es frei, den Absatz seiner Erzeugnisse so zu organisie-

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164 OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 117. 165 BGHZ 26, 161; BGH NJW 1958, 1138; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunk-HV; OLG Celle DB 1962, 94; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 13. 166 OLG Celle DB 1962, 94 = HVR Nr. 265. 167 BGHZ 26, 165. 168 OLG Hamburg, Hinweisbeschl. v. 22.10.2012 – 13 U 102/12. 169 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 14; aA KG BB 1969, 1062. 170 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 14. 171 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 14. 172 Emde VersR 2012, 536; Hopt § 86a Rn 17. 173 Emde VersR 2012, 536.

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ren, wie es ihm am zweckmäßigsten erscheint. Er besitzt die Dispositionsfreiheit über sein Unternehmen und dessen Geschäftspolitik. Aus Rücksicht auf den Mittler muss der Unternehmer eine unternehmerische Entscheidung weder unterlassen noch zurückstellen (Rn 76). Grds. ist der Unternehmer also nicht daran gehindert, in Wettbewerb zum Vertriebsmittler und zum Eigenvertrieb,174 selbst über unternehmenseigene Tochtergesellschaften,175 überzugehen. b) Kartellrecht. Auch das Vertriebskartellrecht geht zumindest implizit von der 35 Zulässigkeit eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Mittler und Unternehmer sowie des unternehmerischen Eigenvertriebs aus. Gem. Art. 2 Abs. 4 der GVO 330/10 sind vertikale Vereinbarungen unter Wettbewerbern grds. nicht freistellungsfähig.176 Auch potenzielle Wettbewerbsverhältnisse, die in Art. 1 Abs. 1 lit. c GVO definiert sind, werden von der Freistellungsunfähigkeit betroffen, wobei die Möglichkeit des Wettbewerbs auf realistischen Annahmen beruhen muss (Tz 27 LL zur GVO 330/10). Oft stehen Unternehmer und Mittler in potentiellem Wettbewerb177 (Tz 27 LL). In typischen UnternehmerVertriebsmittler-Situationen ist der Vertrag ungeachtet dessen freigestellt. Es handelt sich um die Fälle des zweigleisigen Vertriebs,178 in welchem nicht wechselseitige vertikale Vereinbarungen getroffen werden. Bedingung der Freistellung bleibt in diesem Fall, dass der Unternehmer einschließlich verbundener Unternehmen (Art. 1 Abs. 2 GVO 330/10) zugleich Hersteller und Händler von Waren ist, der Abnehmer einschließlich verbundener Unternehmen hingegen nur Händler, also keine mit den Vertragswaren in Wettbewerb stehenden Waren herstellt. Diese Ausnahme von der Freistellungsunfähigkeit der Vereinbarungen unter Wettbewerbern zeigt, dass das Kartellrecht von der Zulässigkeit eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Unternehmer und seinem Vertriebsmittler ausgeht. c) Grenzen des Dispositionsrechts. Seiner Gestaltungsfreiheit begibt sich der Un- 36 ternehmer in einem zu bestimmenden Umfang, wenn er sich entschließt, seine Produkte durch Absatzmittler vermarkten zu lassen (Rn 73 ff.). d) Vertragliche Verpflichtung des Unternehmers, Wettbewerb gegenüber dem 37 Vertriebsmittler zu unterlassen. Ein Wettbewerb des Unternehmers zu seinen Vertriebsmittlern ist unzulässig, falls dem Mittler Freiheit von solchem Wettbewerb versprochen wurde. Es ist dabei in folgender Reihenfolge zu prüfen:179 38 aa) Gibt es ein ausdrückliches Verbot von (ggf. mittelbaren)180 Eigengeschäften des Unternehmers, das eindeutig eingreift?

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174 BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, NJW-RR 2008, 1491 = WRP 2008, 1376 (1379) Rn 39 f. – Ausschluss der HV v. Internetvertrieb; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14, 15 und 23; vgl. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 27; zum Ganzen Hopt ZIP 1996, 1809. 175 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WUW DE-R 3549 = NJW 2012, 2110- betrifft allerdings das Verhältnis des Unternehmers zu Werbeagenturen und nicht zu seinen HV. 176 de Crozals/Heinen EWS 2009, 503 (505). 177 Wiemer WuW 2009, 750 (751). 178 Simon EWS 2010, 497 (499). 179 Siehe Emde VersR 2012, 536 (539) und etwa BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060. 180 Etwa durch Tochtergesellschaften des Unternehmers.

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bb) Bei ergebnisloser Prüfung zu aa): Lässt sich dem Vertrag konkludent ein solches Verbot entnehmen? cc) Bei ergebnisloser Prüfung zu aa) und bb): Ist dem Vertrag aufgrund besonderer Umstände ein solches Verbot immanent? Häufig fließen die Prüfungen zu bb) und cc) ineinander. Erst wenn eine der Prüfungen zu aa)–cc) positiv verläuft, wäre die Wirksamkeit einer Einschränkung oder eines Ausschlusses des Wettbewerbsverbots zu untersuchen. Denn wenn kein Wettbewerbsverbot existiert, kann es auch bedenkenlos eingeschränkt werden. Dabei sind verschiedene Formen der Zusage eines Wettbewerbsverbots denkbar. 39

aa) Alleinvertrieb und Alleinvertreter. Häufig enthält der Mittlervertrag ein Alleinvertriebs- oder Alleinvertreterrecht. Zumindest die (ggf. konkludente) Vereinbarung eines Alleinvertriebs oder eine dem nahe kommende Position beinhaltet ein Wettbewerbsverbot zu Lasten des Unternehmers (§ 84 Rn 114 ff.).

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bb) Andere Regelungen zum Eigenvertrieb des Unternehmers. Außer der Zusicherung des Alleinvertriebs kann sich der Unternehmer auch auf andere Weise dazu verpflichten, den Eigenvertrieb zu unterlassen.181 So darf sich der Unternehmer verpflichten, ein Vertriebssystem ausschließlich mit unabhängigen Mittlern zu unterhalten.182 Die Klausel „Der Vertrieb erfolgt … nur über XX-Vertragshändler“ schließt etwa den Verkauf des Herstellers durch konzerneigene Gesellschaften aus.183 Gleiches gilt für eine Gebietschutzabrede, derzufolge der Unternehmer im Vertragsgebiet keine Firmen oder Endabnehmer beliefern soll184 oder der Händler als „exklusiver Vertriebspartner für das Vertragsgebiet“185 eingesetzt wird, wobei im Fall der letztgenannten Abrede ein Streit wie bei der Zusicherung der Eigenschaft als „Alleinvertreter“ denkbar ist. Jedenfalls soll diese Abrede auch den Internetverkauf durch den Unternehmer im Vertragsgebiet ausschließen.186 Auch die Abrede, mit der ein FG sich gegenüber dem FN verpflichtet, „während der Laufzeit dieses Vertrages keinen eigenen Betrieb zu eröffnen noch dazu einem Dritten das Recht zu erteilen“, ist wirksam.187 Selbst aus einer im Vertrag eingefügten „Anpassungsklausel“ für den Fall der Fortentwicklung des Franchisesystems lässt sich der Zusage des Unternehmers zuwider, Wettbewerb zu unterlassen, nicht dessen Recht auf einen Eigenvertriebes per Internet herleiten.188

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181 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, ZVertriebsR 2013, 310 (Verstoß des FG gegen vertragl. versprochene Exklusivität); Emde VersR 2012, 536 (540). 182 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 (Franchisevertrag); OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178 (KfzVertragshändler). 183 OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. 184 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 (Franchisevertrag). 185 BGH, Versäumnisurt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, HVR Nr. 1034 (Auszug in BB 2002, 2351). 186 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01. 187 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, ZVertriebsR 2013, 310 (311); v. 13.7.2004 – KZR 5/03, BeckRS 2004, 08860 unter C. 188 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 (Franchisevertrag).

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e) Beschränkungen des Eigenvertriebs des Unternehmers aufgrund des dispositiven Rechtes aa) Gleichbehandlungspflicht und Wettbewerbsverbot des Unternehmers (1) Gleichbehandlungspflicht im Anwendungsbereich des § 19 GWB. Fraglich 41 ist, ob der Unternehmer bei Erfüllung der TB-Voraussetzungen des § 19 GWB verpflichtet ist, seine Vertriebsmittler untereinander und jene mit dem unternehmerischen Eigenvertrieb gleich zu behandeln. Dazu Vor § 84 Rn 292. (2) Gleichbehandlung außerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 GWB. Siehe 42 hierzu Rn 43 ff. bb) Wettbewerbsverbot nach HGB (1) Auch bei Nichteingreifen der TB-Voraussetzungen des § 19 GWB darf der Unter- 43 nehmer eigene Vertriebsgesellschaften und/oder den Eigenvertrieb nicht grenzenlos gegenüber unabhängigen Mittlern bevorzugen. Das gebieten die dem Unternehmer obliegenden Treupflichten. Ein solcher Vertrieb kann sogar unzulässig sein. In der Praxis wird dies nicht als Problem der Gleichbehandlung, sondern als solches der Begrenzung des Eigenvertriebsrechts begriffen.189 (2) Ein grundsätzliches, vertragsbegleitendes Wettbewerbsverbot des Unter- 44 nehmers ist dem Mittlervertrag indes nicht ohne Eingreifen besonderer Umstände immanent.190 Insbesondere gibt es keine dahin gehende gesetzliche Regelung. Eine solche fehlt zwar auch zum Wettbewerbsverbot des HV, welches heute gleichwohl allg. anerkannt ist. Anders als zum Wettbewerbsverbot des HV191 wird aber das des Unternehmers in den Gesetzesmaterialien nicht diskutiert und es besitzt auch keine historischen Wurzeln. Ob den Unternehmer ein Wettbewerbsverbot trifft, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, etwa dem Inhalt des jeweiligen Vertrages, den berechtigten Erwartungen der Vertragspartner, der Vertragsdurchführung und der Ausgestaltung des konkreten Vertriebssystems.192 Sämtliche von der Rspr. entschiedenen Fälle, in denen ein Wettbewerbsverbot befürwortet wurde, betreffen Sondersituationen, in welchen sich das Verbot aus Besonderheiten des Einzelfalls herleitete. Die Vielzahl dieser Fälle gibt leicht den unzutreffenden Eindruck, dass ein Wettbewerbsverbot dem Normalfall entspricht.

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189 Emde VersR 2012, 536 (542). 190 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224; Emde VersR 2012, 536 ff.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 276; Canaris § 17 Rn 77; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 151 (Vertragshändler); Hopt § 86a Rn 17; Oetker/Busche § 86a Rn 27; nicht ganz deutlich MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43 – einerseits Wettbewerbsverbot bejaht, aber wohl nur in der Form des Verbots, die Abschlusstätigkeit des Mittlers „systematisch lahmzulegen“; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30. 191 Siehe Denkschrift zu dem Entwurf eines HGB für das Deutsche Reich (RJA-E I), S. 58; Protokolle über die Beratungen der „Kommission“ Handel bei Schubert/Schmiedel/Krampe Quellen zum HGB von 1897, Band 2, 1987, S. 259 ff. (366 f.). 192 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731 (BGH bejahte Schadenersatzansprüche der Vertragshändler bei Aufnahme eines Parallelvertriebs durch den Unternehmer); OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 – HV; Emde VersR 2012, 536 (543); Canaris § 17 Rn 77; Hopt § 86a Rn 17.

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Grundsätzlich gilt folglich: Dem Unternehmer sind Eigengeschäfte im Gebiet oder Bezirk des Mittlers nicht verboten.193 Er darf zudem konkurrierende Mittler einsetzen, falls sich nichts Gegenteiliges (ausdrücklich oder konkludent) aus Vertrag oder Vertragsdurchführung ergibt.194 Auch ohne Zusicherung eines Wettbewerbsverbots kann der Hersteller jedoch aufgrund seiner Treupflicht gehindert sein, Eigengeschäfte – etwa einen Internetvertrieb195 – im Vertragsgebiet auszuführen.196 Je enger der Mittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden ist, umso eher ist dem Vertrag ein Konkurrenzverbot des Unternehmers immanent,197 spiegelbildlich dem aus § 86 Abs. 1 (ggf. analog) hergeleiteten Wettbewerbsverbot des Mittlers. Fehlt ein ausdrücklicher, vertraglicher Anspruch des Mittlers auf Ausschluss von Wettbewerb des Unternehmers, kann sich ein solcher nur aus den o.g. Grenzen des Dispositionsrechts des Unternehmers, insb. aus den ihm obliegenden Treupflichten198 sowie aus §§ 242, 138, 226 BGB ergeben. Die wichtigste Grenze bildet die dem Unternehmer gegenüber dem Mittler obliegende Treupflicht, welche den Unternehmer verpflichtet, die Erwerbschancen des Mittlers nicht unter das im jeweiligen Einzelfall zu Erwartende zu beeinträchtigen. Damit ist das „Wettbewerbsverbot“ Ausfluss des Schädigungsverbots. Selbst wenn ein Wettbewerbsverbot existiert, kann Wettbewerb im Einzelfall gestattet sein: Falls z.B. ein Hersteller substantiiert und durch Schreiben von Kunden belegt hat, dass die Kunden auf eine Direktbelieferung des Händlers bestanden haben, soll ein gewichtiger Grund für einen Parallelvertrieb vorliegen,199 zumal wenn der Unternehmer den Vertriebsmittler hiervon unterrichtet und eine finanzielle Kompensation anbietet.200 45

(3) Für ein Wettbewerbsverbot können ausnahmsweise – außer einer klaren vertraglichen Abrede – z.B. folgende Umstände sprechen: – Erhebliche Investitionen des Mittlers, die sich nicht anders als mittels (ggf. konkludenten) Wettbewerbsverzichts des Unternehmers amortisieren lassen.201 – Erheblicher und untypischer Einsatz von Kapital und Personal durch den Mittler.202 Je mehr der Mittler in in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingegliedert ist, desto mehr sind ihm Eigenvertriebsaktivitäten untersagt.203

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193 Emde VersR 2012, 536 (543); Canaris § 17 Rn 78; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 86a Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43; Hopt § 86a Rn 17; Oetker/Busche § 86a Rn 27. 194 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler; v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard; Hopt ZIP 1996, 1553; Hopt § 86a Rn 17; Oetker/Busche § 86a Rn 27. 195 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 (zu einem vertraglichen Eigenvertriebsverbot). 196 BGH NJW 1994, 1060 (1061); NJW-RR 1993, 678; NJW-RR 1987, 628; BB 1984, 1313; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950; OLG Zweibrücken BB 1983, 1301; Oetker/Busche § 86a Rn 27; Ulmer S. 428; Semler DB 1985, 2493; Genzow S. 52 f.; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 69 – Vertragshändlervertrag; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 161 – Franchisevertrag. 197 BGH, Urt. v. 10.2.1993, BB 1993, 2399; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); Emde VersR 2012, 536 (543); Westphal II Rn 376. 198 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225) – Vertragshändler, Verletzung abgelehnt; v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard (Verletzung abgelehnt); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43. 199 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 O 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (226). 200 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 O 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (226) mit zust. Anm. Gräfe. 201 Emde VersR 2012, 536 (543). 202 BGHZ 124, 355; BGH WM 1993, 1464; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); v. 20.8.2008 – VI – U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Motorrad-Vertragshändler; Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950, Hopt § 86a Rn 17. 203 BGH, Urt. v. 26.11.1984 – VIII ZR 214/83; v. 12.1.1994 – VII ZR 165/92, NJW 1994, 1060; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225).

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Außerordentlich enge Eingliederung in die Vertriebsorganisation des Unternehmers, so dass sich ein Eigenvertrieb als Verstoß gegen die Pflicht zur Wahrung der Geschäftsinteressen des Mittlers darstellt.204 Beispiel: Der Unternehmer schreibt dem Mittler einen kostenauslösenden Außenauftritt vor. So hat z.B. der BGH205 ein nur durch gewichtige Interessen des Unternehmers zu überwindbares, stillschweigendes Wettbewerbsverbot in einem Vertragshändlervertrag angenommen, in welchem der Händler sich den Vertriebsinteressen des Herstellers unterzuordnen hatte. Der Mittler hatte es u.a. übernommen, einen Teil seines Personals speziell für den Vertrieb der Herstellerprodukte einzusetzen, war Mindestabnahmeverpflichtungen sowie ein Konkurrenzverbot eingegangen und zur eingehenden Berichterstattung verpflichtet. Eine derart enge Eingliederung dürfte eher selten anzunehmen sein. Die den Ausgleichsanspruch begründende HV-ähnliche Einbindung in das Vertriebssystem des Unternehmers wird hierfür nicht genügen, da sonst jedem HV-Vertrag ein Konkurrenzverbot immanent sein müsste.206 Dem Mittler durch den Unternehmer auferlegte umfassende Beratungspflichten. Der Unternehmer darf dann nicht im Eigenvertrieb die Waren ohne Beratung (unter Wegfall der Beratungskosten) vertreiben.207 Preisvorteile, die ein Unternehmer gegenüber seinen FN,208 Händlern und HV genießt. Der Unternehmer braucht keine gewinnmindernden Franchisegebühren zu leisten209 und kann im Gegensatz zu Vertragshändlern und HV ohne Vertragshändlermarge oder Provisionsforderungen kalkulieren; mithin billiger anbieten, als dies bei Einschaltung der Zwischenstufe eines Absatzmittlers möglich wäre. Preisdruck darf dem Mittler nicht von Seiten des Unternehmers erwachsen.210

Bei der Prüfung der Existenz eines Wettbewerbsverbots bedeutend kann die für den Mittler zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erkennbare Vertriebssituation sein sowie die Qualität des zu diesem Zeitpunkt ggf. existierenden Wettbewerbs des Unternehmers (Preisspaltung oder kein stärkerer Wettbewerbs als durch unabhängige Mittler?).211 Je tiefer der Mittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist und je höher seine vertragsgemäß zu erbringenden finanziellen Verpflichtungen und Investitionen sind, umso umfassender werden die Schutzpflichten des Unternehmers und desto eher ist ein Wettbewerbsverbot zu seinen Lasten anzunehmen.212 Es könnte auch gefragt werden, wie hoch das Schutzbedürfnis des jeweiligen Mittlers ist. Tendenziell scheint die Rspr. ein solches am ehesten bei investionsintensiven Eigenhändlerverträgen anzuneh-

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204 BGH, Versäumnisurt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255 – Vertragshändler; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 – HV; Hopt § 86a Rn 17; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 69, 279 – Vertragshändler. 205 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731 = BB 1993, 2399. 206 Emde VersR 2012, 536 (543). 207 Emde VersR 2012, 536 (543). 208 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01; Emde VersR 2012, 536 (543). 209 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 – Franchisegebühren i.H.v. 8% des Bruttoumsatzes zzgl. Umsatzsteuer. 210 KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 (Franchisevertrag); Emde VersR 2012, 536 (543). 211 Emde VersR 2012, 536 (543). 212 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060; v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); Emde VersR 2012, 536 (543); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 69; Oetker/ Busche § 86a Rn 27.

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men,213 jedoch auch im HV-Vertrieb.214 Ein typischer Kfz-Vertragshändlervertrag mit seinen umfangreichen Einbindungsvorschriften dürfte den Eigenvertrieb des Unternehmers ausschließen,215 ebenso oft ein Franchisevertrag.216 Eigen- und Parallelimporte des Unternehmers sind dann kritisch.217 Geringeren Schutz genießt der Mittler, falls ihm der Vertrag kein alleiniges Tätigkeitsfeld überlässt.218 Eine Treupflicht trifft den Unternehmer jedoch auch im Verhältnis zu dem nicht alleinvertriebsberechtigten Mittler.219 Auch hier ist somit ein Konkurrenzschutz denkbar, gerade bei Vorliegen der o.g. Einbindungsvoraussetzungen. Besteht ein Konkurrenzverbot des Unternehmers, ist er auch daran gehindert, selbst eine Vertretung in Konkurrenzartikeln zu übernehmen.220 46

(4) Ferner liegt ein unerlaubter wettbewerblicher Einbruch in das Tätigkeitsfeld des HV vor, wenn der Unternehmer ihm seinen Untervertreter ausspannt, indem er mit diesem bewusst zusammenwirkt, ihn zum (Haupt-)Vertreter bestellt und daraufhin nach abgesprochenem Plan der HV-Vertrag mit dem überspielten HV (und in der Folge der Untervertretervertrag) gekündigt wird.221 Der BGH hat offen gelassen, ob der Unternehmer den Untervertreter ansprechen darf, falls sowohl der Untervertreter wie der Unternehmer bereits unabhängig voneinander gekündigt haben. So lange keine psychische Bestärkung des noch unentschlossenen Untervertreters vorliegt, ist dies zu bejahen. Schwierig ist allerdings die Beweislastverteilung. Es liegt nahe, den schwer zu führenden Beweis nach Gefahrensphären dem Unternehmer aufzubürden.

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(5) Es gibt aber auch Konstellationen, in denen ein Wettbewerbsverbot des Unternehmers eher fraglich sein dürfte. Bei einem Mehrfirmenvertreter wird die geforderte Einbindungstiefe seltener anzunehmen sein.222 Sie lässt sich aber bei entsprechender Einbindung binnen eines Vertragsverhältnisses nicht ausschließen. Das bloße Provisions- oder Vergütungsinteresse als solches begründet keine ein Wettbewerbsverbot auslösende Einbindung. Denn sonst müsste das Konkurrenzverbot immer bestehen. Dennoch leitet das OLG Düsseldorf223 ein Eigenvertriebsverbot auch daraus her, dass der Unternehmer einen an den Umsatz des HV angelehnten Bürokostenzuschuss versprochen

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213 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731 = BB 1993, 2399 – Vertragshändler; v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060. 214 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950. 215 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060 (1061). 216 Zum österreichischen Recht, s. OGH v. 18.6.1991 – 4 Ob 42/91, zit. nach Petsche/Lager/Kutsche ZVertriebsR 2013, 202. 217 BGHZ 124, 355; 164, 15; BGH WM 1993, 1464; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 – HV; Hopt § 86a Rn 17. 218 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = HVR Nr. 645 unter A I 3b aa; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 219 BGH, Urt. v. 12.1.1994 – VIII ZR 165/92, NJW 1994, 1060; v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; BGHZ 93, 29 (54); OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109. 220 Hopt § 86a Rn 17. 221 BGHZ 42, 59 (gegen die Verallgemeinerung dieses in mancher Beziehung extrem gelagerten Einzelfalles v. Brunn DB 1964, 1841); BGH BB 1982, 1626; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; Oetker/Busche § 86a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44; Hopt § 86a Rn 16; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 86a Rn 21; Thume in: Röhricht/ Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21; aA Canaris § 17 Rn 80: dann hätte der Untervertreter keine Möglichkeit die Position des Hauptvertreters zu erlangen. 222 Emde VersR 2012, 536 (544). 223 OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 – HV.

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hatte, welcher 45% der Provision des HV erreichte und durch den Eigenvertrieb reduziert wurde. Hier dürfte es sich um einen Grenzfall handeln, weil die Schwelle zur Begründung eines Wettbewerbsverbots aus dem reinen Vergütungsinteresse des Mittlers erreicht wird. In einfachen Vertriebsverträgen ohne besondere Einbindungstiefe und erhebliche finanzielle Verpflichtungen des Mittlers (insb. in Fällen, die die Tz 12 ff. der LL zur GVO 330/10 als nicht i.S.d. Art. 101 AEUV wettbewerbsbeschränkend ansieht) (Vor § 84 Rn 138 ff.), fehlt es daher an einem Konkurrenzverbot des Unternehmers. (6) Hat der HV einen bestimmten Bezirk oder einen bestimmten Kundenkreis zuge- 48 wiesen erhalten, so ist der Unternehmer nicht ohne weiteres daran gehindert, Eigengeschäfte in diesem Bezirk oder Kundenkreis durchzuführen.224 Er darf aber auch gegenüber einem solchen HV bzw. ganz allgemein gegenüber seinen HV nicht systematisch durch eigene Abschlusstätigkeit deren Vermittlungsarbeit lahmlegen.225 Dass dem HV die Provision auch aus solchen Eigengeschäften zusteht (§ 87 Abs. 2), vermag den Loyalitätsbruch des Unternehmers nicht auszuräumen.226 Der HV soll gerade durch eigene Tätigkeit die Betreuung des Bezirks (Kundenkreises) in der Hand behalten und die Gelegenheit erwerben, geschaffene Beziehungen zum Vorteil künftiger erhöhter Provisionschancen auszubauen.227 Außerdem würde ein späterer Ausgleichsanspruch (§ 89b) sich nach einer Meinungsgruppe (§ 89b Rn 226) nur auf der Basis der durch eigene Tätigkeit vermittelten Geschäfte berechnen, nicht dagegen auf der der Bezirksprovisionen des § 87 Abs. 2. In seinem Urteil v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 entnahm der BGH einem Kfz-Vertragshändlervertrag mittels Vertragsauslegung, dass die Zuweisung eines Vertragsgebietes zugleich das Verbot der Bestellung anderer Händler im Vertragsgebiet beinhalte. Begründung: Der Vertrag enthalte das Verbot von Lieferungen außerhalb des Vertragsgebietes. Jeder Händler dürfe damit auf eine Freiheit vom Wettbewerb anderer Händler vertrauen. Dies zeigt die Einzelfallbezogenheit der Judikatur. (7) Regelmäßig untersagt die Treupflicht dem Hersteller nur eigenen Wettbewerb. 49 Weitere Absatzmittler darf der Unternehmer einsetzen, soweit er nichts Gegenteiliges versprach oder die dem Unternehmer obliegende Schutzpflicht die Einsetzung weiterer Mittler untersagt,228 etwa weil es sonst zu einem „Kannibalismus“ unter ihnen kommen könnte229 oder existenzgefährdender Wettbewerb droht. Dies scheint auch die Ansicht der Rspr. zu sein: Das OLG Düsseldorf vertritt, habe sich ein Vertragshändler nicht den Vertriebsinteressen des Herstellers weitgehend untergeordnet (etwa seine Ausstellungsräume nicht auf das Produkt des Unternehmers abgestimmt)230 und sei ihm bei Fortbestand des Vertrages der unbeschränkte Vertrieb von Konkurrenzprodukten gestattet, dürfe er nicht erwarten, dass der Hersteller keine weiteren Händler in seiner Nähe einsetze. Auch das OLG Schleswig231 verneint die Konkurrenzschutzpflicht eines Kfz-Her-

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224 Emde VersR 2012, 536 (544); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 86a Rn 21. 225 Hopt ZIP 1996, 1809 (1819); Hopt § 86a Rn 17; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Oetker/Busche § 86a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43. 226 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 43. 227 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Oetker/Busche § 86a Rn 27; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 43. 228 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard; Emde VersR 2012, 536 (544). 229 BGH, Urt. v. 10.2.1993, BB 1993, 2399; Westphal II Rn 378. 230 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI – U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – MotorradVertragshändler. 231 Beschl. v. 18.8.2008 – 6 U 10/08 – BMW.

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stellers gegenüber seinem Vertragshändler. Der Hersteller dürfe in unmittelbarer Nähe (im entschiedenen Fall wenige hundert Meter und an der zuleitenden Hauptverkehrsstraße in exponierterer Lage) einen weiteren Vertragshändler zulassen. Dies sei Gegenstück zum im Vertrag geregelten232 Recht des Vertragshändlers, auch an anderer Stelle Verkaufs- und Auslieferungsstellen zu eröffnen. Das OLG München233 entschied, der Hersteller sei trotz des einem Kfz-Vertragshändlers zugesagten Alleinvertriebsrechts bereits während des Laufs der Kündigungsfrist berechtigt, in dessen Gebiet einen weiteren Händler einzusetzen. Zu einem wirtschaftlich sinnvollen Übergang von einem zum anderen Händler bedürfe es einer Übergangszeit, in der sich der neue neben dem alten Händler etablieren könne. Eine angemessene Übergangszeit unter Berücksichtigung der besonderen Gegebenheiten sei mit einem Jahr anzusetzen. Die Auffassung des OLG München dürfte eher abzulehnen sein,234 da die Kündigungsfrist eine ungekürzte und unbeeinträchtigte Umstellungsfrist sein soll. Wenn der Händler durch den Einsatz eines u.U. vom Hersteller besser unterstützten Händlers praktisch vorzeitig „teilgekündigt“ wird, widerspricht dies dem Grundsatz pacta sunt servanda. Zudem wird der regelmäßig auf der Basis des letzten Vertragsjahres berechnete Ausgleichsanspruch verkürzt. 235 Im Franchiserecht wird z.T. eine weitergehende Konkurrenzschutzpflicht des FG als vertragsimmanent angesehen236 (Vor § 84 Rn 448). 50

(8) Bei Unklarheiten zu berücksichtigen ist, wer den Vertrag formuliert hat. Ist dies – wie meist – der Unternehmer, wird die für ihn ungünstigere Wertung zu favorisieren sein. Bei den oft vorliegenden AGB gilt dies ohnehin (§ 305c Abs. 2 BGB).

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cc) Schutzpflicht bei Fehlen eines vertraglichen Wettbewerbsverbots. Selbst bei Fehlen eines Wettbewerbsverbotes darf der Unternehmer wegen der ihm obliegenden Treupflichten den Mittler nicht mit eigenem Wettbewerb gezielt,237 systematisch und erheblich schädigen238 oder in vom Mittler geworbene, bestehende Verträge eingreifen,239 insb. sofern er den Eindruck hervorgerufen hat, er werde ein solches Verhalten unterlassen. Dies gilt auch, wenn der Mittler eigene Vertragsverletzungen begangen hat.240 Leitbildartig sind Fälle gemeint, in welchen der Unternehmer den Absatz seiner Mittler durch den Eigenvertrieb fast zum Erliegen bringt.241 Aber auch weniger extreme Fallgestaltungen sind angesprochen. Insbesondere darf der Unternehmer nicht systematisch, z.B. im Wege der Preisspaltung, die Angebote seiner eigenen HV mittels Eigenlieferungen,242 ggf. un-

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232 Im Einklang mit der Kfz-GVO 1400/02, die dieses Recht im Gegensatz zu der ab 1.6.2013 auch im KfzVertrieb geltenden GVO 330/10 zwingend vorsah. 233 Urt. v. 14.10.1993 – U (K) 5333/92. 234 Westphal II Rn 571. 235 Westphal II Rn 571. 236 Dafür: Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 161 ff.; Metzlaff in: Praxishandbuch Franchising § 26 Rn 72; Liesegang BB 1999, 857; hierzu Emde VersR 1999, 1464 (1468); skeptisch OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2012 – I-16 W 62/11, ZVertriebsR 2012, 174 m. Anm. Flohr = BeckRS 2012, 04916; aA Fritzemeyer BB 2000, 472. 237 Oetker/Busche § 86a Rn 27. 238 Siehe etwa den Fall OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler. 239 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler. 240 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler. 241 Emde VersR 2012, 536 (545). 242 OLG Bremen, Urt. v. 10.2.1966 – 2 U 43/65, NJW 1967, 254 – begründeter Anlass zur ausgleichserhaltenden Kündigung; Hopt § 86a Rn 17; Oetker/Busche § 86a Rn 27; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44; ähnlich im Falle LG Frankfurt/Main BB 1969, 1326.

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ter Einschaltung anderer Vertriebsmittler,243 unterbieten, soweit derselbe Interessentenkreis angesprochen wird.244 Weitere Beispiele: Übertragung eines uneingeschränkten Vertriebsrechts an einen Dritten als Treupflichtverstoß gegenüber dem HV, sofern hierdurch die Erwerbschancen im Gebiet/Bezirk des HV erheblich reduziert werden;245 Abwerbung von Stammkunden des HV;246 ebenso wenig dürfen Kunden, mit denen der HV Vertragsverhandlungen führt, am Vertragsschluss gehindert werden;247 Ausspannen oder Versuch des Ausspannens von Untervertretern (s.o.) oder Angestellten des HV;248 Weitergabe von Adressdaten der Kunden des Mittlers an andere Händler oder HV249 (umso eher dürfte die Nutzung der Daten durch den Unternehmer selbst zu Konkurrenzzwecken unzulässig sein) oder Mitteilung der Konditionen des Mittlers, um einer Konkurrenzfirma die Möglichkeit zu geben, unterbietend in das Vertragsgebiet des HV einzudringen.250 Wegen dieser Schutzpflichten kann das Urteil, nach dem es in der Dispositionsfreiheit des Unternehmers liegt, statt seiner Vertragshändler den ansässigen Großhandel zu beliefern,251 nur Geltung beanspruchen, sofern der Vertrag kein Wettbewerbsverbot des Unternehmers ergibt.252 dd) Erwerb eines Konkurrenzunternehmens. Die gleichen Grundsätze gelten bei 52 Erwerb eines Konkurrenzunternehmens durch den Hersteller. Es entsteht eine dem (mittelbaren) Wettbewerb des Herstellers entsprechende Situation.253 Es wird vertreten, dass der Unternehmer hier alle möglicherweise betroffenen Mittlerverträge kündigen muss,254 verbunden – nach seiner Wahl – mit dem Angebot auf Abschluss eines den Interessenwiderstreit hindernden Neuvertrages. f) Sachlicher, räumlicher und zeitlicher Umfang eines Wettbewerbsverbot aa) Im Falle eines vertraglichen Wettbewerbsverbots. Soweit die sachlichen, 53 räumlichen und zeitlichen Grenzen des vom Unternehmer versprochenen Wettbewerbsverbots im Vertrag geregelt wurden, ist diese Vereinbarung maßgeblich.255 Die Vereinbarung muss jedoch die bei Individualverträgen maßgeblichen Grenzen der §§ 138, 134, 242

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243 LG Stuttgart, Urt. v. 25.3.1985, HVR Nr. 668; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 77. 244 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30. 245 Siehe Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 100 ff. 246 BGH, Urt. v. 11.6.1959 BB 1959, 720 = MDR 1959, 911; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/ 04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; Hopt § 86a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44. 247 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21. 248 BGHZ 42, 62 mit abl. Bespr. v. Brunn DB 1964, 1841; BGH BB 1982, 1626; OLG Düsseldorf HVR Nr. 151; OLG München BB 1958, 247; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 99; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44; Hopt § 86a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21. 249 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30. 250 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, DB 1961, 601; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004, HVR Nr. 1148; vgl. aber auch BGH, Urt. v. 23.3.1966 – VIII ZR 295/63, BB 1966, 469; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30; Oetker/Busche § 86a Rn 27; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22b. 251 Urt. v. 1.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 Rn 26 = EWiR 2008, 721 (Emde); ähnlich BGH, Urt. v. 9.11.1967 – VII ZR 40/65, NJW 1968, 394; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 97. 252 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 97. 253 Emde VersR 2012, 536 (545), Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 102. 254 Vgl. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 102. 255 Emde VersR 2012, 536 (545).

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BGB und bei AGB der §§ 305 ff. BGB einhalten, was bei der Leitbildkontrolle die Prüfung des hier beschriebenen gesetzlichen Leitbildes voraussetzt. bb) Nach dispositivem Recht 54

(1) Sachlicher Geltungsbereich. Sachlich begrenzt sich das Wettbewerbsverbot auf die Vertragsprodukte.256 Je nach Vertragsauslegung kann es sich darüber hinaus auf alle Produkte erstrecken, die aus der Sicht des jeweiligen Abnehmers auf dem sachlich relevanten Markt substituierbar sind. Letzteres kann bei der konkurrierenden Tätigkeit verbundener Unternehmen problematisch sein. Eine fehlende Substituierbarkeit der Produkte mag im Fall des BGH vom 27.1.1972257 vorgelegen haben, in welchem der Unternehmer den Wettbewerb Dritter unterstützte, indem er für einen Konkurrenten die Fertigung von Sprühdosen in Lohnfabrikation vornahm, obwohl er einen HV mit der Alleinvertretung selbst hergestellter Sprühdosen beauftragt hatte.

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(2) Räumlicher Geltungsbereich. Anders als das Wettbewerbsverbot des HV bezieht sich das des Unternehmers nur auf das Gebiet bzw. den Bezirk des HV, hilfsweise auf das vorgesehene oder übliche Vertriebsgebiet, aus dem die Kunden des Mittlers aus der Sicht bei Vertragsschluss kommen (sollen).258 Der Internetvertrieb des Unternehmers ist unzulässig, soweit er sich (auch) auf jenes Gebiet auswirken soll. Erst recht gilt das, wenn die Werbung speziell für dieses Gebiet vorgesehen ist. Es kommt also auf den Sitz des prospektiven Kunden an.

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(3) Zeitlicher Geltungsbereich. Das Konkurrenzverbot greift nur vertragsbegleitend ein.259 Es endet mit Vertragsende. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot müsste von den Parteien vereinbart werden.

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g) Vertragliche Einschränkung des Wettbewerbsverbots. Im nachfolgend beschriebenen Umfang darf der Unternehmer ein ihn treffendes Wettbewerbsverbot einschränken,260 z.B. indem er sich bestimmte Kunden oder Geschäfte vorbehält.261 Solche Regelungen dürfen nicht in Widerspruch zu einer an anderer Stelle des Vertrages (konkludent oder ausdrücklich) begründeten Position des Mittlers stehen. Sie setzen voraus, dass der Vertrag dem Mittler bei dessen weitgehender Eingliederung in seine Vertriebsorganisation und Abhängigkeit von seinen Weisungen und Entscheidungen eine angemessene Kompensation für Eigenlieferungen des Unternehmers gewährt, die ohne die Erlaubnis zum Wettbewerb nicht versprochen worden wäre.262 Fehlt eine solche Ausgleichsregelung, bleibt die den Wettbewerb gestattende Regelung unwirksam. Teilweise

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256 Emde VersR 2012, 536 (546). 257 DB 1972, 524 = EBE 1972, 92. 258 Emde VersR 2012, 536 (546). 259 OLG Köln, Urt. v. 13.11.1996 – 6 U 27/96, HVR Nr. 822; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30. 260 Emde VersR 2012, 536 (546); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30. 261 Siehe BGH, Urt. v. 15.4.1986 – KVR 3/85, BGHZ 97, 317 (327, 328) = NJW 1986, 2954; OLG Bremen, Urt. v. 10.2.1966 – 2 U 43/65, NJW 1967, 254 (255); LG Frankfurt BB 1969, 1326; Hopt ZIP 1996, 1533 (1538); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44. 262 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 276 – Vertragshändler; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 151.

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wird auch bei ihrem Vorhandensein der Vorbehalt für unwirksam gehalten.263 Die Rspr. ist also streng. Sie setzt sich Kritik aus. Prima vista ist es schwer verständlich, warum der Unternehmer die Aufteilung zwischen Eigen- und Fremdvertrieb nicht frei regeln darf, sofern der Mittler über den Umfang möglichen Wettbewerbs informiert wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die strenge Rspr. nur in wenigen Fällen maßgeblich wird, nämlich wenn ausnahmsweise ein Wettbewerbsverbot eingreift (s.o.). Besteht ein solches Wettbewerbsverbot zu Lasten des Unternehmers, sind dessen Eigengeschäfte nur zulässig, falls sie hinreichend klar vorbehalten wurden. Dazu genügt der Ausschluss eines Alleinvertreterrechts oder einer Exklusivität nicht. Denn im Zweifel lässt sich daraus nur ein Recht zum Einsatz weiterer Mittler und nicht zum Eigenvertrieb entnehmen.264 aa) Individualvertragliche Vorbehalte. Der Unternehmer soll sich nach einer An- 58 sicht nur individualvertraglich Eigenlieferungen in das Gebiet eines Mittlers vorbehalten dürfen.265 Das ist fraglich.266 Denn der Unternehmer unterliegt grds. keinem Wettbewerbsverbot, welches ein gesetzliches Leitbild geben könnte (s.o). Der BGH hat folglich einen AGB-Vorbehalt als wirksam angesehen.267 Unstrittig ist jedenfalls, dass ein individualvertraglicher Vorbehalt zulässig ist.268 Unzulässig ist die individuell vereinbarte Direktlieferung nur, wenn die o.g. gesetzlichen Grenzen (Treupflicht, §§ 138, 226, 242 BGB) überschritten werden und kein angemessener Ausgleich für die Direktlieferungen vorgesehen wird. 59

bb) Vorbehalte in AGB. Dazu Vor § 84 Rn 55 f.

h) Aufklärungspflichten. Ist dem Unternehmer Wettbewerb gestattet, bleibt er 60 gleichwohl – auch ohne Nachfrage – verpflichtet, den Mittler über geplante und mehr als unerhebliche Wettbewerbshandlungen rechtzeitig zu informieren,269 damit jener sich auf die Konkurrenzsituation einstellen kann. Das mag etwa vermöge einer deutlichen Vertragsbestimmung geschehen und/oder zusätzlich durch Information über bedeutende Maßnahmen. Der Unternehmer hat insb. über den bestehenden oder vorgesehenen Einsatz konzerneigener Vertriebsgesellschaften sowie über derzeitige oder geplante Direktlieferungen hinreichend aufzuklären. Nicht anders als im Franchiserecht (dazu Vor § 84 Rn 432 ff.) besteht eine aus § 242 BGB hergeleitete, umfassende Aufklärungspflicht des Unternehmers über alle für den Vertragsschluss maßgeblichen Umstände. Dazu zählt die Aufklärung über einen vorgesehenen Eigenvertrieb des Unternehmers, auch durch verbundene Konzerngesellschaften. Denn ein Vertriebsmittler muss befürchten, dass der Unternehmer solche Gesellschaften bevorzugen wird.270 Ob der Mittler dieses Risiko in Kauf nehmen will, muss er in voller Kenntnis aller Information entscheiden können. Bei

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263 LG Berlin, Urt. v. 21.6.2001 – 14 O 177/01, n.v.; hiergegen BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, WRP 2008, 1376 (1379) = NJW-RR 2008, 1491 = WM 2008,1894 = WuW 2008, 1087 (DE-R 2363) Rn 39 f. 264 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731. 265 So wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30. 266 Emde VersR 2012, 536 (546). 267 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15; zust. Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 276 – Vertragshändler. 268 BGH, Urt. v. 15.4.1986 – KVR 3/85, BGHZ 97, 317 (327, 328) = NJW 1986, 2954; OLG Bremen, Urt. v. 10.2.1966 – 2 U 43/65, NJW 1967, 254 (255); LG Frankfurt/M. BB 1969, 1326; Hopt ZIP 1996, 1533 (1538); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 44. 269 Emde VersR 2012, 536 (547); Hopt § 86a Rn 17. 270 OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde).

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mangelnder Aufklärung, z.B. über Risiken des Vertrages,271 kommt eine Haftung des Unternehmers wegen vorvertraglichen Verschuldens gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB, in krassen Fällen auch nach § 826 BGB,272 in Betracht. 61

i) Rechtsfolgen. Als Primäranspruch darf der Mittler vertragsgerechtes Verhalten fordern.273 Er kann auf Unterlassung der Direktgeschäfte274 klagen und seine Rechte im Wege der einstweiligen Verfügung275 sichern. Soweit ein aus Vertrag oder Treupflichten hergeleitetes Wettbewerbsverbot existiert, hat der Unternehmer Sorge dafür zu tragen, dass es respektiert und vor Eingriffen Dritter geschützt wird.276 So besteht eine umfassende Schutzpflicht des Unternehmers vor eigenem Wettbewerb, aber auch vor solchem Dritter,277 insb. nahestehender Dritter, z.B. verbundener Unternehmen,278 von dem Unternehmer belieferter oder geförderter Dritter,279 Gesellschafter oder Angehöriger280 oder anderer Händler oder HV.281 Die Intensität der Schutzpflicht ist gestaffelt nach den objektiven Bedürfnissen der Mittler.282 Am stärksten ist diese Pflicht gegenüber dem Alleinvertreter ausgeprägt,283 schwächer, jedoch gleichwohl bestehend, gegenüber dem Bezirksvertreter oder dem „einfachen“ Mittler ohne Wettbewerbsverbot284 (s.o.). Die neben die Primärpflicht tretenden sekundären Rechtsfolgen der Verletzung eines Alleinvertriebsrechts oder der unzulässigen Eigenlieferung sind die jedes Vertragsverstoßes. Zu denken ist in erster Linie an Schadenersatz und Auskunft. Zu beidem unten, Rn 164 Stichwort „Wettbewerb durch den Unternehmer“. Weiter besteht – jedenfalls nach Abmahnung gem. § 314 BGB285 – ein nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 ausgleichswahrendes,286 außerordentliches Kündigungsrecht i.S.d. § 89a (ggf. analog).287 Umgehungsgeschäfte des Unternehmers zwecks

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271 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 124 f.; zum Franchisevertrag Giesler ZIP 2002, 420 (426). 272 OLG Nürnberg BB 1956, 352; Schipper NJW 2007, 734 (736). 273 Emde VersR 2012, 536 (547). 274 Emde VersR 2012, 536 (547); Schürr in: Küstner/Thume I, Kap. I Rn 177; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 51 – HV; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 280 – Vertragshändler; Westphal I Rn 105; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 16. 275 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler. 276 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 86a Rn 21. 277 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, DB 1961, 601 – Duldung des Wettbewerbs eines Dritten im Gebiet des HV; Urt. v. 23.3.1966 – VIII ZR 295/63, BB 1966, 469; Küstner/Thume I, Kap. Rn 78; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22b; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 43. 278 Zum Vertragshändlerrecht: BGH BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255. 279 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. 280 Küstner/Thume I, Kap. Rn 78; Emde EWiR 2002, 1037; Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 162 ff.; Emde GmbHR 1999, 1005 (1013), die beiden letztgenannten Quellen zum Fall des Verstoßes durch den Mittler. 281 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.11.2004 – I-16 U 28/04, HVR Nr. 1148 – Mobilfunkvermittler. 282 Vgl. bereits Emde GmbHR 1999, 1005 (1013). 283 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601; vgl. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 78. 284 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109 – Motorradhändler. 285 Im Fall des KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01 (Franchisevertrag) gab es zwei erfolglose Abmahnungen. 286 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731. 287 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; v. 11.6.1959 – II ZR 106/57, BB 1959, 720; KG, Urt. v. 25.10.2002 – 7 U 240/01; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950; v. 8.6.1972 – 8 U 99/70, HVR Nr. 468; Emde VersR 2012, 536 (547); Klapperich in: Giesler,

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Ausschaltung der Rechte des Mittlers sind unzulässig (Rn 153 ff.). Der Unternehmer darf mittels abhängiger Dritter Treupflichten nicht umgehen.288 Eine darüber hinausgehende allgemeine Einstandspflicht des Unternehmers, einem Mittler Schäden aus der Verletzung des geschützten Gebiets durch Belieferung gebietsansässiger Kunden von dritter Seite zu ersetzen, ist aus einer Gebietsschutzabrede nicht herzuleiten.289 Ob eine Alleinvertriebsabrede auch einen Gebietsschutz oder einen Kundenschutz in dem Sinne, dass kaufwillige Kunden an einen zuständigen Händler zu verweisen seien, mitenthält, ist Auslegungsfrage.290 Allgemein wird sich das nicht sagen lassen, auch wenn es in frühen Urteilen291 gelegentlich so gesehen worden war. Das Risiko, dass sein Alleinvertriebsrecht für einen bestimmten Bezirk von außen und ohne Mitwirkung des Unternehmers unterlaufen wird, trägt grundsätzlich der Händler.292 Deshalb ist auch § 87 Abs. 2 unanwendbar.293 Die Rechtsstellung des durch ein Alleinvertriebsrecht geschützten Mittlers erinnert zwar an die des Bezirksvertreters. Dem Alleinvertreter braucht jedoch keine Bezirksprovision versprochen worden sein. 4. Beweislast. Beruft sich der HV im Rahmen eines Schadenersatzprozesses oder 62 zur Begründung einer von ihm ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung nach § 89a auf eine Verletzung der Treu- oder Förderpflicht, muss er diese Verletzung ebenso beweisen wie eine Überschreitung der Dispositionsrechte des Unternehmers. Insbesondere hat der HV mangelnde Sachgerechtigkeit oder Willkür als Beschränkung der Unternehmerfreiheit sowie ein bewusst schädigendes Verhalten des Unternehmers nachzuweisen.294 III. Belieferungspflicht des Unternehmers Schon aus der Treupflicht des Unternehmers folgt die Verpflichtung, den wirtschaft- 63 lichen Interessen des Mittlers nicht zuwiderzuhandeln. Solange es keine sachlichen Gründe für eine gegenteilige Entscheidung gibt (etwa Übermaßbestellungen des Vertragshändlers kurz vor Vertragsende, § 89 Rn 61), hat der Unternehmer aufgrund dieser Treupflicht295 alles zu tun,296 um die vermittelten Geschäfte auszuführen und die vom Mittler geworbenen Kunden zu beliefern. Auch Bestellungen des Vertragshändlers297

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Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 51 zum Alleinvertreter; Westphal I Rn 105; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80 (zum Alleinvertreter). 288 OLG Köln, Urt. v. 17.11.2000 – 19 U 200/00, BB 2000, 2595 = EWiR 2001, 23 (Emde) = WuW/E 2001, 185 DE-R 605 = NJW-RR 2001, 1178. 289 Emde VersR 2012, 536 (548). 290 Vgl. BGH NJW 1966, 1117 (1118). 291 OLG Colmar PucheltsZ 1906, 24 (26 ff.); OLG Hamburg HansGZ 1911, Hauptblatt 275 Nr. 123. 292 Vgl. OLG Köln DB 1975, 49 – die dortige Kurzinformation lässt allerdings nicht erkennen, welche Schutzabrede im konkreten Falle getroffen worden war – und OLG Stuttgart BB 1966, 798 – Vertragshändler. Sehr weit in der Frage einer schuldhaft mittelbaren Begünstigung solchen Unterlaufens durch den Hersteller geht BGH DB 1961, 601 (Handelsvertreter). 293 BGH NJW 1984, 2411; Canaris § 17 Rn 21 (Vertrieb erfolgt im Eigeninteresse des Händlers, nicht als Geschäftsbesorgung für den Unternehmer); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 280 – Vertragshändler; Hopt § 87 Rn 29. 294 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47; BGHZ 26, 161 (166). 295 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 296 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 297 BGH BB 1958, 540 (541); BB 1972, 193; OLG Bremen BB 1966, 756; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 284; Martinek/Manderla Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 15; Ulmer in: Ulmer/Brandner/Hensen, Anh. 9 bis 11, Rn 888; Genzow Vertragshändlervertrag Rn 82; Canaris § 17 Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Rheinländer WRP 2007, 501 (502); aA Stumpf/

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oder Franchisenehmers298 darf der Unternehmer nicht willkürlich und ohne sachlichen Grund ablehnen oder reduzieren. Das gilt grds. auch im Zeitraum zwischen Kündigungserklärung und Vertragsende.299 Sonst könnte er entgegen den zwingenden Kündigungsfristen des § 89 die Kündigung auf „kaltem Wege“ erreichen. Eine Lieferpflicht des Unternehmers ohne ausdrückliche Regelung ist vom BGH zumindest für den Fall anerkannt worden, dass dem Vertragshändler sowohl eine Mindestabnahmeverpflichtung als auch ein Konkurrenzverbot auferlegt wurde.300 Soll der HV Service- und Reparaturaufgaben durchführen, hat der Unternehmer ihn zu diesem Zweck mit Ersatzteilen beliefern. Die Belieferungspflicht ergibt sich dabei als Nebenpflicht aus der auferlegten Verpflichtung, entsprechende Aufgaben zu übernehmen (Leistungstreuepflicht des Unternehmers). Im Übrigen kann eine Belieferungspflicht aus § 19 GWB folgen301 (s. Vor § 84 Rn 304 ff.). Ob die Belieferungspflicht existiert ist eine Frage des Einzelfalls. Die unternehmerische Dispositionsfreiheit gestattet dem Unternehmer, dass er nicht in so großer Stückzahl zu produzieren braucht, um allen denkbaren Bestellungen nachzukommen.302 Die Einzelfallrelevanz führt zu einer gewissen Unsicherheit für beide Parteien.303 Die Treupflichten des Unternehmers sind aber mit der Interessenwahrungspflicht des Mittlers abzuwägen. Keine Belieferungspflicht besteht, wenn die Abwägung zu Lasten des Mittlers geht. So braucht der Unternehmer bei Vermögensgefährdung (§ 320 BGB) nicht zu liefern und darf unter Umständen eine Zug-um-ZugLeistung fordern, etwa wenn vorweg vom Händler zur Zahlung des Kaufpreises gesandte Schecks ungedeckt waren.304 Für unverschuldete Lieferengpässe trifft den Unternehmer keine Schadensersatzverpflichtung.305 Bei Produktknappheit steht einem Mittler nur ein Recht auf anteilige Belieferung zu, womit eine ins Belieben des Unternehmers gestellte Verteilung ausscheidet.306 Auch eine Bearbeitung in der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs der Bestellung kann nach den Umständen des Einzelfalls sachgerecht sein.307 Wurde mit einem Teil der Händler eine Alleinbezugsverpflichtung vereinbart, sind diese Händler unter Umständen bevorzugt zu beliefern,308 sofern andere Händler ihre Produkte frei einkaufen können. Besonders wichtige Vertragshändler dürfen nach den Umständen des Einzelfalls bevorzugt beliefert werden. 309 Die Belieferungsklage muss die Bedingungen des Vertrages im Antrag nennen, etwa durch Bezugnahme auf Konditionenempfehlungen.310 Droht unberechtigt der Abbruch der vertraglichen Beziehungen, darf der Mittler eine 64 Regelungsverfügung nach § 940 ZPO auf Fortsetzung des Vertrages und ggf. Beliefe-

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Jaletzke/Schultze Rn 341 (müsste ausdrücklich vereinbart werden). Nach Ansicht des OLG München, Beschl. v. 14.3.2014 – 23 U 4161/13 – Caravan-Vertrieb – ist der Unternehmer deshalb bei der Frage, ob und ggf. unter welchen Bedingungen er Bestellungen des Händlers annimmt, nicht völlig frei. 298 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 168. 299 AA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 141 (Vertragshändler), 152 (FN), der eine Reduzierung der Belieferung zulassen will. 300 BGH BB 1972, 193 = MDR 1972, 410 (411); aA Schulte/Wauschkuhn/Dau, Der Vertragshändlervertrag 3. Aufl., S 88. 301 OLG Brandenburg, Urt. v. 31.3.2009 – Kart U 4/08, WuW DE-R 2824. 302 BGH NJW 1958, 1138 f.; Budde/Geks, ZVertriebsR 2012, 37 (40). 303 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 304 OLG München, Beschl. v. 14.3.2014 – 23 U 4161/13. 305 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 286. 306 BGH NJW 1982, 644; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 287. 307 OLG München WM 1985, 362; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 288. 308 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 288. 309 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 288. 310 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2854).

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rung erwirken311 (s.a. § 89a Rn 66), auch – und gerade (Eilbedürftigkeit) – kurz vor Ablauf der Kündigungsfrist und nach längeren Verhandlungen.312 Sie ist ihrem Antrag nach auf vertragsgemäße Fortsetzung des Vertriebsvertrages gerichtet, meist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptverfahrens.313 Dies gilt jedenfalls, wenn von der Belieferung die Existenzgrundlage des Mittlers betroffen und er glaubhaft macht, dass die vom Hersteller erklärte Kündigung verfristet ist. Die Existenzbedrohung ergibt sich oft aus der Identifikation des Mittlers mit den Produkten des Unternehmers infolge der engen Einbindung in das Vertriebssystem (etwa Corporate Identity). Tatsächlich bedarf es einer Notlage oder Existenzgefährdung nicht in jedem Fall. Ausreichend ist es, wenn die Leistungsverfügung zur Vermeidung eines unverhältnismäßigen Vermögensnachteils oder zur Abwendung eines endgültigen Rechtsverlustes erforderlich ist.314 Gerade bei großen Unternehmen ist eine Existenzgefährdung kaum vorstellbar,315 für Großunternehmen gibt es jedoch kein minderes Recht. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf316 muss der eine Leistungsverfügung beantragende Händler ohne die beantragte Eilverfügung lediglich wesentliche Nachteile, etwa erhebliche wirtschaftliche und nicht wieder gut zu machende Nachteile, erleiden, wobei sich die Anforderungen an diese Nachteile reduzierten, falls die Erfolgsaussichten in der Hauptsache besonders klar sind. Ein Vertragshändler ist nicht verpflichtet, klagweise Einzelanträge auf Belieferung zu stellen. Denn der Händler kann gegenüber seinen Kunden nicht auftreten, wenn er in jedem Einzelfall den Belieferungsanspruch durchsetzen muss. Er darf sich darauf beschränken, einen gem. § 890 ZPO zu vollstreckenden Unterlassungsantrag zu stellen, mit dem Ziel, die Verfügungsbeklagte solle es unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die einer Weiterbelieferung entgegenstehen. Ein auf Weiterbelieferung und Betreuung gerichteter Leistungsantrag ist unnötig, weil durch das Zwangsgeld bei fehlender Unterlassung der Rechtsschutz hinreichend verwirklicht wird.317 Nach Ansicht des OLG Düsseldorf fehlt die Eilbedürftigkeit, sofern der Antragsteller eine nicht unerhebliche Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist beantragt und bewilligt erhält.318 Ein Kfz-Händler, der gegen den Hersteller auf Grund des Baues eines anderen Autohauses in unmittelbarer Nähe vorgehen will, widerlegt die Dringlichkeitsvermutung nicht, indem er einen Antrag auf Erlass einer solchen Verfügung nicht bereits bei Baubeginn stellt. Die Bauarbeiten stellen keine Vorbereitungshandlung dazu dar, nach Fertigstellung des Gebäudes in Wettbewerb zum Händler zu treten.319 Zu den Schwierigkeiten der Vollstreckung vgl. Spehl BB 2010, 267. IV. Gleichbehandlungspflicht 1. Außerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 GWB. Es ist streitig, ob der Unter- 65 nehmer gehalten ist, alle seine Absatzmittler, ggf. unterteilt nach Rechtsverhältnissen (HV, Vertragshändler, FN), in vergleichbarer Situation gleich zu behandeln, etwa hinsichtlich

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311 OLG Saarbrücken, Urt. v. 10.2.1999 – 1 U 35/99-15, NJW-RR 1999, 1339 = EWiR 1999, 1175 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 25.5.2001 – 19 U 90/01, VersR 2002, 1284; LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde); LG Köln, Beschl. v. 25.1.2007 – 86 O 7/07 (zum Kfz-Vertragshändlerrecht), n.v.; Genzow Vertragshändlervertrag 1996, Rn 128. 312 LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde); Emde VersR 1999, 1471. 313 Beispielhaft etwa LG Köln, Beschl. v. 25.1.2007 – 86 O 7/07 (zum Kfz-Vertragshändlerrecht), n.v. 314 OLG München GRUR-RR 2003, 56; GRUR-RR 2002, 181; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2002, 176; Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). 315 Kessel/Koch BB 2009, 1032 (1036). 316 Urt. v. 20.9.2006 – VI-U (Kart) 29/05, n.v.; ebenso i.E. LG Köln, Urt. v. 24.4.2008 – 86 O 8/08, n.v. 317 OLG Köln, Urt. v. 25.5.2001 – 19 U 90/01, VersR 2001, 1284. 318 OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.9.2006 – VI-U (Kart) 29/05, n.v. und i.E. zweifelhaft. 319 OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 1.7.2007 – 6 U 10/08.

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der ihnen eingeräumten Vergütung und sonstigen Konditionen. Einen Gleichbehandlungsgrundsatz wie im Arbeitsrecht („gleicher Lohn für gleiche Arbeit“) als generellen Grundsatz gibt es nicht.320 Ein Unternehmer ist nicht gehindert, mit seinen HV voneinander abweichende Verträge zu schließen und braucht Vergünstigungen, die er – durch den Vertrag oder über den Vertragstext hinaus – dem einen einräumt, nicht in gleicher Weise anderen zu gewähren.321 Unbestritten findet das Recht des Unternehmers auf Ungleichbehandlung jedoch eine Grenze an Willkür, zumindest aber an unvernünftigem Verhalten, der Absicht, den Mittler zu schädigen,322 an schützenswertem Vertrauen323 sowie der Treupflicht.324 Andererseits ist zu bedenken, dass – würde man ein Gleichbehandlungsgebot in allen 66 Situationen ablehnen – es der Unternehmer in der Hand hätte, durch Gewährung günstigerer Konditionen gegenüber einem HV dessen Geschäft zu Lasten der anderen HV zu fördern. Eine solche Ungleichbehandlung widerspräche den dem Unternehmer obliegenden Treupflichten. Das streitet für eine partielle Gleichbehandlungspflicht, wobei den Besonderheiten des Vertriebsrechts mit seiner im Verhältnis zum Arbeitsrecht größeren Gestaltungsfreiheit des Unternehmers durch einen breiteren Raum der „sachlichen Gründe“ für eine Ungleichbehandlung Raum gegeben werden könnte. Richtigerweise wird man das Spannungsverhältnis durch eine Fallgruppenbildung auflösen müssen. Auch außerhalb der Gebundenheit nach § 19 GWB (Rn 65 und vor § 84 Rn 292) wird man deshalb aufgrund der dem Unternehmer im Verhältnis zu seinen Mittlern obliegenden Treupflichten Gleichbehandlung in maßgeblichen Fragen verlangen dürfen, wenn die Bezirke der verschiedenen HV aneinander grenzen, sich die Kundenkreise überschneiden oder sogar mehrere HV innerhalb desselben Gebiets tätig werden dürfen und eine Ungleichbehandlung zu einer erheblichen Schädigung des benachteiligten HV führen würde. Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung können etwa unterschiedliche Marktsituationen in den Vertriebsgebieten sein, z.B. ein niedrigeres Preisniveau im Vertretungsgebiet des einen, welches günstigere Preise erfordert, möglicherweise aber auch einen geringeren Provisionssatz, außerdem unterschiedliche Konditionen in zu verschiedenen Zeiten geschlossenen Verträgen. Unzulässig ist es, die Provision – z.B. für Versicherungsvertreter – in einem einheitlichen Vertriebsgebiet nach der Nationalität des HV zu staffeln.325 Sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung können etwa eine unterschiedliche Marktsituation in verschiedenen Vertriebsgebieten sein, z.B. ein niedrigeres Preisniveau im Vertretungsgebiet des einen, das günstigere Preise erfordert, möglicherweise aber auch einen geringeren Provisionssatz, außerdem unterschiedliche Konditionen in zu verschiedenen Zeiten geschlossenen Verträgen. Darüber, ob jenseits des Anwendungsbereiches des § 19 GWB im Vertragshändler67 recht326 sowie dem Franchiserecht327 ein Gleichbehandlungsgebot in wesentlichen Fra-

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320 BGH, Urt. v. 28.1.1971 – VII ZR 95/69, WM 1971, 561 = DB 1971, 1055; Hopt ZIP 1996, 1538; Canaris § 17 Rn 81; Westphal I Rn 420; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 34; Hopt § 86 Rn 10, 30; § 86a Rn 15; Oetker/Busche § 86a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 73; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 1; aA Ebenroth S. 112 ff. 321 BGH, Urt. v. 7.7.1983 – I ZR 115/81, NJW 1984, 2101 (2102); WM 1971, 561 (562). 322 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 9. 323 BGH BB 1971, 484; Hopt § 86 Rn 10. 324 Hopt § 86 Rn 10. 325 Vgl. Rundschreiben des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen vom 12.10.1995 – FAZ 10.11.1995. 326 Für ein Gleichbehandlungsgrundsatz im Vertragshändlerrecht Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 101; Graf von Westphalen NJW 1982, 2465 (2470); Habersack/Ulmer S. 28; Genzow Rn 86; Manderla in: Martinek/Manderla Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 22 Rn 17; Ulmer Vertragshändlervertrag, S. 435 f.; Westphal II Rn 520; gegen die Gleichbehandlungspflicht Canaris § 17 Rn 49. 327 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 149.

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gen besteht, wird wegen des erhöhten Kapitaleinsatzes des Vertragshändlers, seiner oft durch die CI-Richtlinien des Unternehmers i.V.m. dem Wettbewerbsverbot bedingten besonders engen Einbindung in das Vertriebssystem sowie des vom Unternehmer konzipierten horizontalen Wettbewerbsverhältnisses diskutiert. Aufgrund der genannten Umstände könnte der Unternehmer erhöhten Treupflichten unterliegen. So wird angeführt, es müsse Vertragshändler und FN möglich sein, erhebliche Investitionen zu amortisieren, was es ausschließen könnte, dass der Hersteller durch eine wesentliche Ungleichbehandlung einzelner Mittler jenen bessere Gelegenheiten zur Amortisation einräumt als anderen. Möglicherweise gilt das Gleiche im HV-Recht, sofern der HV vergleichbar kapitalintensiv tätig wird. Tatsächlich ist die Frage nicht nach dem Rechtskleid des Vertrages sondern nach dessen Inhalt sowie dem jeweiligen Schutzbedürfnis des Mittlers zu beantworten. Jedoch besteht keine Pflicht zur absoluten Gleichbehandlung, nur das Verbot der Ungleichbehandlung in wesentlichen Fragen aus unsachlichen Gründen. Auch die Marktverantwortungsgebiete der Mittler dürfen unterschiedlich geschnitten sein;328 Mengenrabatte sind zulässig. Die Verkaufsbedingungen des Herstellers für seine Vertragshändler und FN sollen sich aber gleichen müssen.329 Tatsächlich wird man es dem Unternehmer nicht verwehren können, zu verschiedenen Zeiten Vertriebsverträge mit unterschiedlichen Konditionen zu schließen. 2. Innerhalb des Anwendungsbereichs des § 19 GWB. Ist der Unternehmer Norm- 68 adressat des § 19 GWB, besteht grundsätzlich eine Gleichbehandlungspflicht (Vor § 84 Rn 292). Eine Pflicht zur Gleichbehandlung kann sich insb. ergeben, wenn der Unternehmer 69 mittelbar oder unmittelbar selbst als Vertriebsmittler im selben Vertriebssystem wie seine HV tätig wird, etwa mittels verbundener Unternehmen (dazu Vor § 84 Rn 293). V. Organisationspflicht des Unternehmers Den Unternehmer trifft gegenüber dem HV die Pflicht, das Vertriebssystems so aus- 70 zugestalten, dass es dem HV eine hinreichende Einnahmemöglichkeit bietet. Rechtstechnisch handelt es sich um eine Untergruppe der Treu- und Unterstützungspflicht und sie wird teilweise nicht von ihr separiert. Diese Pflicht folgt aus der Entscheidung des Unternehmers für ein Vertriebssystem unter Einschaltung von Vertriebsmittlern. Die Pflicht erhöht sich, je stärker der Vertriebsmittler in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebunden ist und je größer seine Investitionen sind. Leitbildtypisch am stärksten ist diese Pflicht in investitionsträchtigen Vertriebssystemen wie dem Kfz-Vertrieb und in Franchisesystemen. Ihre Grenze findet die Pflicht an der Dispositionsfreiheit des Unternehmers (Rn 73 ff.) und vor allem dort, wo ihre Erfüllung zu eigenem, unzumutbaren Schaden des Unternehmers führen würde. Aufgrund der Interessenwahrungspflicht des HV ist den Interessen des Unternehmers tendenziell der Vorrang einzuräumen (s.o.). Ausdruck dieser Pflicht ist es, 71 – nicht zu viele Mittler einzusetzen, um „Kannibalismus“ unter den Mittlern zu verhindern, – dem Vertreter eine wirtschaftliche Existenzgrundlage zu verschaffen,330

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Genzow Rn 86; Westphal II Rn 522. Westphal II Rn 522. Giesler in: Giesler/Nauschütt, § 5 Rn 139.

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die Gewährung von Konkurrenzschutz, soweit er zur Erhaltung oder Herbeiführung der wirtschaftlichen Existenzgrundlage erforderlich ist (dazu Rn 33 ff.), keine bewussten Schädigungen des Vertriebssystem vorzunehmen, um Schaden der Vertreter zu vermeiden (Stichwort etwa „Benetton“331). Diese Pflicht soll angeblich bei Mitgliedschaft des Unternehmers in der umstrittenen Scientology-Sekte verletzt sein332 (zwh. wegen Glaubensfreiheit), die Systemförderung und die Verpflichtung zur Weiterentwicklung des Vertriebssystems. Nicht jedoch die Pflicht zur Werbung durch den Unternehmer, es sei denn, eine solche ist besonders vereinbart. H. Dispositionsfreiheit des Unternehmers I. Einleitung

Diskutiert wird im Zusammenhang mit § 86a das Dispositionsrecht des Prinzipals. Der Mittler ist wie der Prinzipal Unternehmer. Beide besitzen damit ein Dispositionsrecht bei der Organisation von Betrieb und Vertrieb. Nur ist das Dispositionsrecht des Mittlers wegen der ihm obliegenden Interessenwahrungspflicht stärker eingeengt. Im Folgenden geht es um das das Dispositionsrecht des Prinzipals. Vieles davon gilt auch für den Mittler. Die Pflichten des Unternehmers aus dem Vertrag gehen dahin, dem HV die Möglich74 keit zu eröffnen, sich Provisionen durch Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit zu verdienen. Beim Vermittlungsvertreter hängt der Provisionsanspruch davon ab, ob der Unternehmer das ihm als vermittelt angetragene Geschäft auch abschließt (§ 87). Geht die Förderungspflicht des Unternehmers so weit, die Provisionschance des HV sich zum Provisionsanspruch verdichten zu lassen, wenn nur der HV durch erfolgreiche Vermittlung „das seinerseits Erforderliche“ getan hat (Problem der Freiheit des Unternehmers, ein vermitteltes Geschäft im Einzelfall abzulehnen)? Und geht sie so weit, dem HV die ungeminderte Fortdauer seiner Provisionschancen bereitzuhalten ohne Rücksicht auf die Notwendigkeit betrieblicher Umstrukturierungen beim Unternehmer oder auf das sonstige Schicksal des Betriebes (Problem des Annahmeverzuges im weiteren Sinne)? Wo verläuft die Grenze zwischen der Förderungspflicht des Unternehmers und seiner unternehmerischen Dispositionsfreiheit? Als erster Schritt wäre zu prüfen, ob die inkriminierte Handlung tatsächlich eine 75 Dispositionsmaßnahme des Unternehmers darstellt. Dies setzt ein willentliches Verhalten des Unternehmers voraus. So mag es dem Unternehmer etwa freistehen, sein Vertriebssystem zu organisieren, indem er z.B. bestimmte Vertragspflichten ins Ausland outsourct. Ergeben sich daraus Pflichtverletzungen, etwa eine mangelhafte Belieferung von Tankstellen oder Vertragshändlern aufgrund der Verlagerung der Abteilung „Belieferung“, so war diese Folge meist nicht intendiert, d.h. keine Dispositionsmaßnahme. Immerhin mag es sich um eine mangelhafte Erfüllung der Organisationspflicht des Unternehmers handeln. Jedenfalls nach Abmahnung hat der Unternehmer auf Grund seiner Organisationspflicht die Mängel so rasch als möglich zu beseitigen, widrigenfalls er schadensersatzpflichtig wird. 73

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331 BGHZ 136, 295; Vorinstanz OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1997, 170; BGH BB 1995, 1792 = ZIP 1995, 1286 = BB 1995, 1792. 332 Giesler in: Giesler/Nauschütt, § 5 Rn 144.

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Einem Hersteller von Waren steht es grundsätzlich frei, den Absatz seiner Erzeug- 76 nisse so zu organisieren, wie es ihm am zweckmäßigsten erscheint.333 Er hat die Dispositionsfreiheit über sein Unternehmen,334 dessen Öffentlichkeitsdarstellung335 und die Geschäftspolitik,336 soweit Gesetz oder Sozialbildung (Art. 14 GG) nicht zulässigerweise etwas Gegenteiliges bestimmen oder der Hersteller sich nicht vertraglich in einer bestimmten Weise gebunden hat. Wegen der allein ihm zustehenden Entschließungsfreiheit bleibt es seine Sache, ob und in welchem Umfang er eine Produktreihe oder seinen Betrieb umgestalten oder völlig einstellen,337 ob er eine andere Herstellungsmethode verwenden, ob er in der Qualität der Ware oder in der Preisgestaltung von Konkurrenzerzeugnissen abweichen oder sein Vergütungssystem ändern will,338 insbesondere, sofern er dies aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen für erforderlich hält.339 Der Unternehmer braucht – anders als der HV, der die Interessen des Unternehmers zu fördern hat – seine Interessen also nicht denjenigen des HV unterzuordnen und darf frei entscheiden, was in seinem geschäftlichen Interesse liegt.340 Aus Rücksicht auf den HV muss er eine unternehmerische Entscheidung weder unterlassen noch zurückstellen. Dies gilt unabhängig davon, ob er zur Dispositionsmaßnahme gezwungen ist oder nicht.341 Der HV-Vertrag gibt dem HV nicht das Recht, auf Entscheidungen des Unternehmers Einfluss zu nehmen, die dessen unternehmerische Sphäre betreffen.342 Dieser unternehmerischen Gestaltungsfreiheit begibt sich der Unternehmer im gewissen Umfang, wenn er sich entschließt, seine Produkte durch Vertriebsmittler vermarkten zu lassen. Dann ist er verpflichtet, neben seinen eigenen unternehmerischen Interessen auch die Interessen seiner Mittler gebührend zu berücksichtigen und ihnen gegenüber obliegende Treu- und Förderungspflichten zu beachten (Rn 73 ff.). 343 Der Unternehmer muss sich fragen, ob er den schutzwürdigen Belangen des Mittlers oder den notwendigen betrieblichen Entscheidungen, die zu einer Beeinträchtigung der Rechte des Mittlers führen können, Vorrang einräumen will.344 Die-

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333 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 8 AZR 98/11; 8 AZR 242/11, BeckRS 2012, 71039 = GWR 2012, 356 (Köhl) – arbeitsrechtliche Entscheidungen, die dort getroffenen Aussagen dürften aber „erst recht“ für einen HGB-Vertrag gelten; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard – Mobilfunk-HV; v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 – HV; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 16; Emde VersR 2012, 536. 334 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225) – Vertragshändlervertrag; OLG München, Urt. v. 18.7.2007 – 7 U 2055/06, BeckRS 2007, 01692 (HV-Vertrag), dort aber im Falle der Kündigung wegen lange voraussehbarer Inrentabilität verneint. 335 BGH EBE 1997, 290 (292). 336 BGH, Urt. v. 9.11.1967 – VII ZR 40/65, BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; OLG München NJW-RR 2003, 401 (403). 337 BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; BGH, Urt. v. 21.12.1964 – VII ZR 31/63 – n.v.; zit. nach Küstner/ Thume I, Kap. IV Rn 86; v. 29.6.1959 – II ZR 99/58, NJW 1959, 1964; OLG Köln, Beschl. v. 1.3.2013 – 19 W 4/13, BeckRS 2013, 16612. 338 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 8 AZR 98/11; 8 AZR 242/11, BeckRS 2012, 71039 = GWR 2012, 356 (Köhl) – arbeitsrechtliche Entscheidungen. 339 BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219. 340 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 3. 341 Hopt § 86a Rn 13. 342 BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 3. 343 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731; v. 29.6.1959 – II ZR 99/58, NJW 1959, 1964 – zum Ausgleichsanspruch; v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; BGHZ 136, 295; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17. 344 BGH, Urt. v. 6.5.1993 – I ZR 84/91, NJW-RR 1993, 1122 (1123); v. 27.1.1972 – VII ZR 300/69, BGHZ 58, 140 (145) = NJW 1972, 1046; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 83.

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se Interessenabwägung führt nicht selten zu Schwierigkeiten, weil die Interessen beider Vertragsteile zwar im Hinblick auf die Gewinnmaximierung und den dazu erforderlichen Zwischenschritt, möglichst weitgehende Marktdurchdringung, übereinstimmen, im Hinblick auf die Details der Zusammenarbeit jedoch oft gegensätzlicher Natur sind.345 Der Unternehmer möchte etwa Maßnahmen treffen, die die Kosten mindern und den Umsatz heben oder den Umsatzschwerpunkt verlagern, der Mittler möchte so tätig werden, wie ihm dies den bestmöglichen Gewinn bringt. Außerdem hat der HV Interesse an einem hohen Provisionssatz, der Unternehmer nicht. In der Tat geht es um ein Prinzip: Der HV ist von dem Wohl und Wehe des Betriebes 77 seines Unternehmers abhängig; er ist Hilfsperson des Unternehmers. Der HV hat aber keine Garantie des Erfolges seiner Hilfstätigkeit und ihrer Fortdauer zu beanspruchen. Darin liegt das Risiko, welches er selbst eingegangen ist, indem er sich mit dem Schicksal des Unternehmens verbunden hat. Weil der HV in dieser Weise wirtschaftlich abhängig bleibt und er Arbeit und Kosten in eine auf längere Zeit geplante Vermittlungstätigkeit investiert, hat der Unternehmer bei seinen unternehmerischen Entschließungen auch auf die Belange des HV gebührend Rücksicht zu nehmen. Damit steht die Dispositionsfreiheit des Unternehmers346 im Spannungsverhältnis zwischen Unternehmer- und HV-Rechten,347 zudem im Wechselspiel mit den Treupflichten des Unternehmers, welche seine Dispositionsfreiheit begrenzen.348 Die enge Verknüpfung zeigt sich daran, dass dieselben Fälle zum Teil unter dem Titel Treupflicht, zum Teil aber auch unter der Überschrift Dispositionsfreiheit geführt werden. Auch das Recht des Unternehmers auf Ungleichbehandlung der HV in seinem Vertriebssystem (Rn 65 ff.) findet an diesen Gegenrechten seine Grenze.349 Weil § 86a Abs. 2 in S. 2 davon spricht, dass der Unternehmer den HV über Annah78 me oder Ablehnung eines vermittelten Geschäfts zu unterrichten habe, so setzt es die grundsätzliche Freiheit der Entschließung des Unternehmers über den Geschäftsabschluss voraus. Sonst wäre der Unterschied zwischen Vermittlungs- und Abschlussvertreter nur ein ganz formaler. Abs. 2. S. 3 spricht davon, dass der Unternehmer den HV zu unterrichten habe, wenn er Geschäfte in Zukunft nur in erheblich geringerem Umfange abschließen könne „oder will“: auch damit ist ein Entschließungsspielraum des Unternehmers vorausgesetzt. Wenn § 86a Abs. 2 S. 3 lediglich eine Unterrichtung über die Verringerung der Geschäfte vorschreibt, wird daraus im Umkehrschluss zu entnehmen sein, dass keine Verpflichtung des Unternehmers zu gleichbleibender Lieferung besteht.350 Der Unternehmer soll im Grundsatz frei darüber entscheiden dürfen, ob er den vermittelten Auftrag annimmt.351 Weitergehend soll den vorgenannten Vorschriften der Grundsatz zu entnehmen sein, dass allein dem Unternehmer die Entschließungsfreiheit zustehe, wie er seinen Geschäftsbetrieb und seine kaufmännische Betätigung gestalte und dem HV kein Einfluss oder Mitspracherecht auf die Geschäftspolitik des Unternehmers zuzubilligen sei. Innerhalb des von Abs. 2 garantierten Kernbereichs ist die unternehmerische Dispositionsfreiheit zwingend.352 Außerhalb dieses Kernbereichs ist die Selbstbestimmung des Unternehmers zumindest durch § 138 BGB geschützt.

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345 346 347 348 349 350 351 352

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Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 83. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 4. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7. BGHZ 42, 59 = BB 1964, 823. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 9. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 91. BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 (1301) Rn 17. Vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7.

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Das Fehlen jeder Grenzen der Dispositionsfreiheit lässt sich § 86a Abs. 2 S. 3 al- 79 lerdings nicht entnehmen. Dagegen spricht schon die immanente Begrenzung jedes Rechts, auch der Unternehmerrechte, durch Treupflichten, die in einem Dauerschuldverhältnis besonders intensiv sind. § 86a Abs. 2 S. 3 sagt nichts darüber aus, unter welchen Bedingungen eine Reduzierung des Geschäftsvolumens und eine Änderung der Geschäftspolitik möglich ist, sondern regelt in erster Linie für einen Spezialfall zulässiger Disposition die Informationspflicht. Die Frage der Grenzen der Dispositionsfreiheit blieb in dieser Norm ungeregelt und beantwortet sich alleine nach allg. Grundsätzen unter Berücksichtigung der Treupflichten. Danach bestimmt zwar der Unternehmer die Leitlinien der Vertriebspolitik. Solange er sich allerdings für ein Vertriebssystem mit unabhängigen Mittlern entscheidet, muss er bei seiner Vertriebspolitik auch Rücksicht auf deren Interessen nehmen. Es ist ihm also nicht bedingungslos alles gestattet, was die Interessen der Mittler berührt. Will er seine Dispositionsfreiheit in vollem Umfang wieder herstellen, hat er – soweit zulässig – die Vertriebsverträge zu kündigen, dann allerdings auch einen Ausgleich nach § 89b zu leisten. Scheut er dies, etwa weil er den Ausgleichsanspruch oder die Folgen eines unbetreuten Bezirkes meiden will, muss er seine Pflichten mit denen der Mittler in Konkordanz bringen. Die Rechte des Unternehmers finden also an den im Folgenden näher bestimmten Rechten des Mittlers ihre natürliche Grenze, insbesondere an der Rücksichtnahme- und Förderpflicht (Wechselwirkung).353 Dies gilt im gesamten Vertriebsmittlerrecht, also sowohl im Recht des HV wie der HV-ähnlichen Vertriebsmittler (z.B. Vertragshändler,354 Franchisenehmer). Hat sich der Unternehmer in bestimmten Branchen – etwa gegenüber Tankstellenvertretern oder allgemein bei der Tätigkeit von Abschlussvertretern – der Entscheidungsfreiheit über das einzelne Geschäft begeben, wird 86a Abs. 2 S. 3 nichts zu entnehmen sein. Es entspricht dann der Verkehrsüblichkeit, dass der Unternehmer die kontinuierliche Belieferung des HV zu sichern hat. Auch aus § 87a Abs. 3 lässt sich eine Begrenzung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit ableiten. Denn nach dieser Norm ist es dem Unternehmer jedenfalls nach Abschluss des Kundengeschäfts mit Wirkung gegen die Provision des HV zwar erlaubt, das bereits geschlossene Geschäft aufzuheben. Diese Aufhebung hat jedoch regelmäßig keinen Einfluss auf das bereits entstandene Provisionsrecht des HV. Danach gilt während der Vertragslaufzeit: Die seinen Betrieb betreffende kaufmän- 80 nische Entschließungsfreiheit steht grundsätzlich allein dem Unternehmer zu,355 selbst wenn er Normadressat des § 19 GWB ist356 (dazu Vor § 84 Rn 277 ff.). Aus dem Umstand, dass der Provisionsanspruch und die Verdienstmöglichkeiten des HV von den geschäftlichen Maßnahmen des Unternehmers abhängig sind, rechtfertigt sich keine Einflussnahme des HV.357 Der Entscheidungsspielraum des Unternehmers deckt sogar Maßnahmen, die sich im Nachhinein als verfehlt herausstellen. Der HV kann auch sonst keine Rechte aus angeblich oder wirklich mangelhafter Organisation oder Betriebsführung seines Unternehmers herleiten, sofern ihm dadurch Provisionschancen entgehen.358 Die Dispositionsfreiheit359 findet ihre Schranken an den vertraglichen Treu- und Förder-

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353 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7. 354 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225). 355 BGHZ 26, 161; 49, 39; 93, 38 (Vertragshändlervertrag); BGH WM 1987, 595; 1993, 1464; 1725; OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; Hopt § 86a Rn 13. 356 BGH WuW/E DE-R 1151, 2003, 395. 357 BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 85. 358 BGH BB 1960, 1222. 359 BGHZ 42, 59 = BB 1964, 823; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 274.

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pflichten,360 dem Rücksichtnahmegebot,361 Schikaneverbot (§ 226 BGB), Willkür,362 § 138 BGB sowie Treu und Glauben (§ 242 BGB),363 insb. an dem aus Treu und Glauben abgeleiteten Verbot widersprüchlichen Verhaltens. Auch aus § 87a Abs. 3 mag sich eine Begrenzung ableiten lassen. Die Norm erlaubt es dem Unternehmer zwar nach Abschluss des Kundengeschäfts mit Wirkung gegen die Provision des HV, das Kundengeschäft aufzuheben. Die Aufhebung hat jedoch i.d.R. keinen Einfluss auf den Provisionsanspruch des HV. Werden jene Grenzen nicht beachtet, ist eine Disposition des Unternehmers pflichtwidrig.364 Auch das Recht des Unternehmers auf Ungleichbehandlung der Mittler in seinem Vertriebssystem findet an diesen Gegenrechten seine Grenzen.365 Zudem ist der Mittler wirtschaftlich oft die schwächere Partei366 und damit leitbildtypisch schutzbedürftig. Dabei können die Grenzen bei einzelfallbezogenen Dispositionen, etwa der Weigerung, vorrätige Ware zu liefern, geringer sein als bei generellen Entscheidungen, etwa die fehlende Belieferung von Kunden aus vertriebspolitischer Grundsatzentscheidung. 367 Werden diese Grenzen nicht beachtet, wäre eine Disposition des Unternehmers gesetzwidrig und verletzte dessen Pflichten aus dem HV-Vertrag.368 Der Unternehmer darf zwar nicht zum Abschluss des Geschäftes gezwungen werden. Er kann sich aber gegenüber dem HV schadenersatzpflichtig machen, wenn er aus unsachlichen Gründen den Abschluss eines vermittelten Geschäftes verweigert.369 Dann wäre der Mindestschaden die Pflicht des Unternehmers, sich auf diese Maßnahme nicht zu berufen. Der BGH hatte, was die Frage von Annahme oder Ablehnung des vermittelten 81 Geschäfts anlangt, ursprünglich in BGHZ 26, 161 ff. sich noch nicht ganz widerspruchsfrei geäußert. Hieß es dort auf S. 165, es müssten „vernünftige und einleuchtende Gründe“ vorliegen, wenn der Unternehmer durch Ablehnung des vermittelten Geschäfts den HV um den Lohn seiner Bemühungen verkürzen dürfe, so wenig später mit deutlicher Akzentverschiebung auf S. 166, der Unternehmer dürfe „nicht willkürlich, ohne vertretbaren Grund“ bei seinen geschäftlichen Dispositionen den Interessen des HV zuwiderhandeln. Die letztere Linie hat sich in der späteren Rechtsprechung des BGH durchgesetzt. Seit BGH BB 1960, 1222 herrscht, auch in der Literatur,370 zumindest im Handelsvertreterrecht die Formel, dass die Entschließungen des Unternehmers nicht willkürlich oder in der Absicht, den HV zu schädigen,371 getroffen werden dürfen. Der BGH betont, dass die Ent-

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360 BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; BGHZ 136, 295; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225) – Vertragshändler; v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard – Mobilfunk-HV, dort Verletzung abgelehnt; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 8, 14; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 17. 361 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard – Mobilfunk-HV, dort Verletzung abgelehnt. 362 OLG Köln, Beschl. v. 1.3.2013 – 19 W 4/13, BeckRS 2013, 16612; Westphal I Rn 418. 363 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 364 BGHZ 26, 161; 58, 140; BGH NJW-RR 1993, 1122 (1123); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14, 15, 21. 365 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 9; Emde VersR 2012, 536 (538). 366 BVerfG, Beschl. v. 7.2.1990 – 1 BvR 26/84, NZA 1990, 389 (390); BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493). 367 Canaris § 17 Rn 36. 368 BGHZ 26, 161; 58, 140; BGH NJW-RR 1993, 1122 (1123); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 9; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14, 15, 21. 369 BGH BB 1960, 1221 (1222); OLG Düsseldorf OLGR 1998, 11 (13); Hopt § 86a Rn 14; Weske in Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 35 (für VV); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17. 370 Statt vieler: Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70a. 371 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 9.

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schließungsfreiheit des Unternehmers keinen Freibrief für eine sinnlose Misswirtschaft darstelle372 und ihre Grenze finde, wo sich der Unternehmer willkürlich und ohne vertretbaren oder sachlichen Grund über die schutzwürdigen Belange seines HV hinwegsetze373 oder ihnen zuwiderhandele.374 Der HV müsse ihm nachteilige betriebsändernde Maßnahmen des Unternehmers nicht nur dann hinnehmen, falls der Unternehmer zu diesen Maßnahmen wirtschaftlich gezwungen sei.375 Vielmehr gelte dies für jede Maßnahme des Unternehmers, die ihm wirtschaftlich und sinnvoll erscheine, mit der er aber nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund den Interessen des HV zuwider handele. Außerhalb des HV-Bereichs, insb. im investitionsintensiveren Vertragshändlerrecht, hat der BGH die Grenze zur Annahme einer Vertragsverletzung niedriger gezogen. So hat er etwa den Parallelvertrieb des Unternehmers im Vertragshändlervertrieb schon mangels „gewichtiger Gründe“ für unzulässig gehalten.376 II. Willkür Die jede Disposition des Unternehmers begrenzende Willkür soll nach heute wohl 82 h.M. vorliegen, wenn der Unternehmer ohne vertretbaren Grund die von der Treupflicht gezogenen Grenzen überschreitet,377 die von ihm getroffene Entscheidung ohne Prüfung und Abwägung der Gegebenheiten erfolgt (das dem Unternehmer eingeräumte Ermessen also nicht ausgeübt worden ist)378 oder die Entscheidung bereits aus subjektiver Sicht des Unternehmers nicht durch wirtschaftlich vernünftige und sinnvolle,379 sondern allein durch sachfremde Erwägungen veranlasst worden ist, im Extremfall um den HV zu schädigen.380 Diese Abgrenzung dürfte das subjektive Element zu sehr betonen. III. Unvertretbare Maßnahme Man wird die Grenzen der Dispositionsfreiheit weitgehend von subjektiven Elemen- 83 ten befreien und das in dem Begriff der Willkür liegende, ohnehin kaum nachweisbare subjektive Element beiseite setzen müssen: Unzulässig ist bereits eine aus der Sicht eines vernünftigen Unternehmers unvertretbare Maßnahme.381 Auch sonst ist in Dauerschuldverhältnissen kein Vertragspartner bis zur Grenze der Willkür frei. Regelmäßig schadet schon einfache Fahrlässigkeit.

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372 BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Küstner/Thume I, Kap, IV Rn 88. 373 BGH, Urt. v. 9.11.1967 – VII ZR 40/65, BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394 (zum Ausgleichsanspruch); BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; BGH NJW 1959, 1964 = HVR Nr. 209; DB 1972, 524. 374 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 88. 375 BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 494. 376 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR Nr. 950 folgt dem bereits für den Handelsvertretervertrieb. 377 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731 – Vertragshändler; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard – HV. 378 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70a. 379 BGH NJW 1959, 1964 (1965); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 10. 380 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 11. 381 Im Ergebnis: OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225) – „nicht ohne begründeten Anlass“ bzw. „ohne vertretbare Grund“; DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. 11/1999, 13 ff. – Vertragshändlervertrag (sachlich nicht geboten); Emde VersR 2012, 536 (538).

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IV. Objektiver Maßstab Nicht willkürlich sind wirtschaftlich vertretbare und sinnvolle oder jedenfalls aus der Sicht eines ordentlichen Kaufmanns noch nachvollziehbare und verständliche Entscheidungen.382 Fehler in Organisation und Abläufen im Betrieb des Unternehmers sind kein Indiz für Willkür.383 Die Frage, ob eine unvertretbare Maßnahme vorliegt, bleibt – wie richtigerweise auch die Frage, ob Willkür existiert, aus der Sicht eines objektiven Dritten mit optimaler Tatsachenkenntnis zu bestimmen wäre – objektiv zu beantworten. Der Maßstab der Unrechtmäßigkeit ist damit nicht die (allein subjektive) Sicht der Dinge des Unternehmers im Zeitpunkt seiner Entscheidung.384 Doch auch subjektive Elemente sind nicht völlig auszublenden: Willkür und unsachliche Gründe sind ausgeschlossen, sofern der Unternehmer aus beachtlichen Gründen ein Dispositionsrecht annahm und aus der Sicht eines vernünftigen Unternehmers auch annehmen durfte.385 Beachtliche Gründe, die eine unsachliche Ablehnung eines Geschäftes ausschließen, können etwa in der Überlastung des Betriebs, in Materialknappheit oder in der Person des Geschäftspartners bestehen.386 Willkür und Unsachlichkeit liegen vor, wenn der Unternehmer ein Geschäft lediglich deshalb ablehnt, um dem HV die weitere Tätigkeit zu verleiden.387 Es überschreitet keinesfalls die Befugnis eines Gerichts, sich insoweit in die Geschäftspolitik eines Unternehmens zu mischen und dessen Entscheidung darauf zu überprüfen, ob sie auf einem vernünftigen und einleuchtenden Grund beruht.388 Auch ist nicht jede plausibel klingende Begründung hinzunehmen.389 Deshalb liegt eine unrechtmäßige Maßnahme nicht schon dann vor, wenn eine Abwägung des Für und Wider durch den Unternehmer nicht stattgefunden hat:390 es kommt auf das vertretbare Ergebnis an. Der Vergleich zum Ermessensfehlgebrauch durch Ermessensnichtgebrauch im Verwaltungsrecht liegt angesichts des objektiven Kontrollmaßstabs fern. Um beurteilen zu können, ob eine Maßnahme rechtmäßig war, darf der Mittler vom Unternehmer Auskunft über die Gründe der Maßnahme fordern.391 Willkürlichen oder unvertretbaren Entscheidungen gleichen Umgehungsgeschäfte 85 zwecks Ausschaltung der Rechte des HV,392 z.B. die Einstellung des Betriebs bei gleichzeitiger Verlagerung auf ein vom Unternehmer neu gegründetes Unternehmen393 (Rn 153 ff.).

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V. Steigende Schutzpflichten je nach Gefährdung des Mittlers 86

Je erheblicher die Investitionen des Mittlers, umso höher ist die Schutzpflicht des Unternehmers ausgeprägt. Deshalb hat der BGH394 die Einschränkung der Dispositionsfreiheit des Unternehmers auch mit den Aufwendungen an Zeit und Geld des HV begrün-

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382 BGHZ 49, 39 (42); BGHZ 58, 140 (145); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70. 383 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 10. 384 So Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 3. 385 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. 386 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. 387 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. 388 AA LG Hamburg, Urt. v. 12.6.2006 – 415 O 17/06. 389 AA LG Hamburg, Urt. v. 12.6.2006 – 415 O 17/06. 390 AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 21. 391 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70. 392 Hopt § 86a Rn 16. 393 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18; anschaulicher Fall BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785 (1786). 394 BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219.

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det. Besonders eng sind die Schranken der Dispositionsfreiheit in für die Mittler investitionsintensiven Branchen. Paradigma ist das Kfz-Vertragshändler- sowie das Franchiserecht. Auch im HV-Bereich kann der Vertrieb ähnlich kostenintensiv sein, wie die Existenz von Kfz-HV (Mercedes-Benz) zeigt. VI. Kündigung vor Umsetzung der Dispositionsmaßnahme? Der Grad des Verstoßes gegen die Grenzen der Dispositionspflicht bestimmt über die 87 vom Unternehmer geforderten Umsetzungsmaßnahmen. Liegt ein Verstoß gegen Rücksichtnahmepflichten vor, darf der Unternehmer die Maßnahme nicht einfach umsetzen. Er hat sich vielmehr von seinen Rücksichtnahmepflichten durch Kündigung der Mittlerverträge zu befreien und zum (investitionsintensiven) Eigenvertrieb überzugehen. Schon wegen des Verbots der Teilkündigung und der stillschweigenden Aushöhlung von Vertragsrechten durch tatsächliche Maßnahmen wird man von der Möglichkeit der Kündigung nicht a maiore ad minus zum Recht auf Umsetzung der Dispositionsmaßnahme schließen dürfen; das verbieten die aus dem bestehenden Vertrag herrührenden Treupflichten, derer sich der Unternehmer zuvor wirksam (durch Vertragsbeendigung) entledigen muss. Bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist hat er mit der Realisierung der inkriminierten Maßnahme zu warten. Er darf auch mit der Kündigung einen neuen Vertrag anbieten, der die beabsichtigte Maßnahme gestattet, soweit die Vereinbarung nach §§ 84 HGB, 242 BGB, 305 ff. BGB zulässig ist (Änderungskündigung). Ist dem Unternehmer eine Umsetzungszeit bis zum Ende der Kündigungsfrist objektiv unzumutbar, muss er außerordentlich – jedoch ausgleichserhaltend i.S.d. § 89b Abs. 3 Nr. 2, weil ein schuldhaftes Verhalten des Mittlers nicht vorliegt – kündigen. Unzumutbarkeit besteht bei Existenzgefährdung: Der Unternehmer kann in dieser Situation nicht gehalten sein, nur wegen der Verdienstmöglichkeiten des HV mit Verlust weiterzuproduzieren.395 Ohne Kündigung bleibt die Durchführung vertragswidrig; der HV darf Unterlassung und ggf. Schadenersatz verlangen. Reicht die Unzweckmäßigkeit der Maßnahme so weit, dass der Bereich einer willkürlichen Schädigung erreicht ist, dürfte auch eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen sein. Die Treupflichten führen zu einem Kündigungsausschluss, weil auf andere Weise der Schutz des HV vor derart willkürlichen Entscheidungen nicht zu erreichen ist. In diesem Fall wäre die Umsetzung und damit auch eine sie vorbereitende Kündigung unzulässig. Sie käme einer unzulässigen Schikanekündigung nahe. Eine bereits ausgesprochene Kündigung ist unwirksam. Ob in der Information des Unternehmers über eine bestimmte Maßnahme, etwa dass er die Herstellung aller dem HV zum Vertrieb übertragenen Produkte einstellt oder die Kunden des HV nicht mehr beliefert, eine Kündigungserklärung liegt, ist nach §§ 133, 157 BGB zu bestimmen. Hierzu muss der Wille zur Vertragsbeendigung deutlich zum Ausdruck kommen.396 Im Zweifel fehlt eine Kündigung.397 In der Mitteilung des Unternehmers, er stelle die Herstellung des dem HV zum Vertrieb gegebenen Produkts ein, werde den Kundenkreis des HV nicht mehr beliefern oder zum Vertrieb durch Angestellte übergehen, kann je nach Situation (§§ 133, 157 BGB) eine Kündigungserklärung liegen, falls der rechtsverbindliche Wille zur Vertragsbeendigung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt.398 Der HV kann die Information des Unternehmers über die Dispositionsmaßnahme zum

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BGH BB 1959, 864 = NJW 1959, 164; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 94. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14b. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 38. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14b.

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Anlass einer ausgleichserhaltenden Kündigung aus begründetem Anlass gem. § 89b Abs. 3 Nr. 1 nehmen. VII. Rechtzeitige Information des Mittlers 88

Ist eine Disposition zulässig, hat der Unternehmer so früh als möglich über sie zu informieren.399 Unterlässt er die rechtzeitige Information, so darf der HV den bei zeitgerechter Information vermeidbaren Schaden ersetzt verlangen.400 Je nach Eingriffsgewicht verlängert sich die Frist zwischen Information und Vornahme. Vor Maßnahmen, die wirtschaftlich an eine Kündigung heranreichen, entspricht der Zeitraum zwischen Information und Maßnahme den Fristen des § 89. Die Frist wird dann Auslauffrist genannt; sie muss angemessen sein.401 Ende402 befürwortet eine Frist von 3–6 Monaten. Bei derart erheblichen Eingriffen ist es oft mit einer Dispositionsmaßnahme nicht getan. Vielmehr ist eine (Änderungs-)Kündigung erforderlich. Erfolgt eine Maßnahme aufgrund vernünftiger kaufmännischer Erwägungen, unterlässt der Unternehmer jedoch die Mitteilung, darf der HV i.d.R. nur Ersatz der Aufwendungen verlangen, die bei ordnungsgemäßer Unterrichtung nicht entstanden wären.403 Schadenersatz wegen entgangener Provision kann in diesem Fall nicht gefordert werden. Denn die fehlende Information ist für den Provisionsausfall nicht ursächlich. Ursächlich ist vielmehr die nachvollziehbare und vernünftige Entscheidung des Unternehmers.404 VIII. Abwägungsgebot

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Auch wenn die o.g. Grenzen des Rechtsmissbrauchs, der Treupflichtverletzung oder der Schikane nicht erreicht sind, muss der Unternehmer seine Vorteile und die den HV treffenden Nachteile gegeneinander abwägen. Greift eine Maßnahme schwer in Rechte des Mittlers ein, ohne durch mindestens gleichwertige Interessen des Unternehmers gerechtfertigt zu sein, so hat der Unternehmer entweder das Einverständnis des Mittlers einzuholen oder die Maßnahme bis zum Wirksamwerden einer ordentlichen Kündigung zu unterlassen. Die Dispositionsfreiheit des Unternehmers erweitert sich, wenn er dem Mittler als Ausgleich eine finanzielle Vergütung zusichert. Auch dann kann jedoch ein Treupflichtverstoß vorliegen, falls der Mittler von seinem Kundenstamm ferngehalten und ihm hierdurch die Möglichkeit zu zukünftiger Kundenwerbung und damit zur Steigerung seiner Gewinne verwehrt wird (ein Problem etwa bei der Freistellung). Nicht in allen Fällen richtig ist es, dass der Unternehmer den eigenen geschäftlichen Interessen, die eine bestimmte Maßnahme als geboten erscheinen lassen, im allgemeinen den Vorrang vor den Interessen des Mittlers geben dürfe und dessen Interessen nach Treu und Glauben nur dann den Vorzug verdienten, falls sie gegenüber denen des Unternehmers wesentlich überwögen.405 Bedenklich ist auch die Aussage, der Mittler müsse nachteilige betriebsändernde Maßnahmen nicht nur hinnehmen, wenn der Unternehmer zu diesen Maßnahmen wirtschaftlich gezwungen sei, sondern auch jede Maßnahme des Unterneh-

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399 Hopt § 86a Rn 14. 400 BGHZ 49, 39. 401 Vgl. DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. Nr. 11/1999, 13; Ende NJW 1999, 326. 402 Ende NJW 1999, 326. 403 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 68. 404 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 68. 405 So angeblich BGH, Urt. v. 27.10.1966 – VIII ZR 157/64 – n.v.; zitiert nach Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 86.

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mers, die jenem wirtschaftlich und sinnvoll erscheine und mit der er nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund den Interessen des HV zuwiderhandele.406 Richtig ist vielmehr, dass es in jedem Fall auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen nach den vorgenannten Maßstäben ankommt. IX. Kasuistik Der Unternehmer darf sein Dispositionsrecht auf jede zulässige Art und Weise aus- 90 üben, etwa durch Vertragskündigung und Weisungen.407 Ausfluss der Dispositionsfreiheit sind beispielsweise folgende Rechte des Unternehmers: – Abschluss und Nichtabschluss eines Geschäfts/Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts: Wie ausgeführt, soll sich aus § 86a Abs. 2 S. 3 (= Art. 4 Abs. 3 RL) der Grundsatz entnehmen lassen, allein der Unternehmer entscheide über die Annahme oder Ablehnung des Geschäftes.408 Der HV habe keinen Anspruch auf Abschluss,409 selbst wenn er das Geschäft wegen des vertragsbegleitenden Wettbewerbsverbots für keinen anderen Unternehmer vermitteln dürfe.410 § 615 BGB sei insoweit nicht anwendbar.411 Der BGH hat es obiter sogar für möglich gehalten, der Unternehmer dürfe – etwa weil er zukünftig nur noch Großhändler und keine Endkunden mehr beliefern wolle – alle Vertragsabschlüsse, die der HV vermittelt oder vermitteln könnte, ablehnen.412 Wenn er damit ausdrücken wollte, dass auch ohne eine Kündigungsfrist eine kündigungsgleiche Wirkung durch Umstellung des Vertriebssystems hergestellt werden darf, wäre dies abzulehnen.413 Tatsächlich regelt § 86a Abs. 2 S. 3 lediglich die Mitteilungspflicht, nicht aber, ob eine Verpflichtung zur Annahme besteht bzw. welchen Grenzen die Dispositionsfreiheit des Unternehmers unterliegt. Vielmehr darf der Unternehmer Geschäfte nur ablehnen, wenn hierfür den Interessen des Mittlers mindestens gleichwertige, sachliche Gründe bestehen, etwa fehlende Kapazitäten, eine Überlastung des Betriebs, eine entgegenstehende und sinnvolle Marktstrategie, Materialknappheit, ein beabsichtigter Produktionswechsel oder Zweifel des Unternehmers hinsichtlich der Person des Kunden414 etc. Alles andere wäre widersprüchliches Verhalten, nachdem der HV als Gegenstück zu seiner Akquisitionspflicht die Annahme der vermittelten Geschäfte erwarten darf (§§ 162, 242 BGB).415 Der Unternehmer darf sich zudem durch Absprachen hinsichtlich der Annahme oder Nichtannahme eines Geschäftes binden.416 Es besteht aber keine Pflicht des Unternehmers, das abgeschlossene Geschäft wie ver-

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406 So aber Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 89. 407 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 90. 408 BGH NJW 1958, 1138 (1139); Urt. v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59, BB 1960, 1222; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 91; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5; Hopt § 86a Rn 13, § 87 Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70–70b. 409 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5; Hopt § 87 Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 16. Für einen Maklervertrag OGH Österreich, Urt. v. 27.2.2014 – 1 Ob 26/14a, ZVertriebsR 2014, 199. 410 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5. 411 Höft VersR 1969, 875 (876); Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 5; aA Steindorff ZHR 130 (1968), 82 (84 ff.). 412 BGH, Urt. v. 1.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde) Rn 26; zu einer ähnlichen Konstellation bereits BGH, Urt. v. 9.11.1967 – VII ZR 40/65, NJW 1968, 394. 413 Emde EWiR 2008, 721. 414 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. 415 Canaris § 17 Rn 59. 416 BGH, Urt. v. 16.12.1998 – VIII ZR 38/97, NJW-RR 1999, 539.

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mittelt auszuführen417 (das Schicksal des Provisionsanspruchs bestimmt sich dann nach § 87a Abs. 3). Änderung des Vertriebssystems: Eine Verpflichtung, an einem bestimmten Vertriebssystem mit bestimmten variablen Vergütungsbestandteilen festzuhalten oder dieses unverändert im bisherigen Umfang fortzuführen, besteht nur dann, wenn dies Vertragsinhalt geworden ist. Aus der allgemeinen Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) kann die Pflicht, ein bestimmtes Vertriebssystem unverändert beizubehalten oder zu unterhalten, grds. nicht abgeleitet werden.418 Änderung des Vertriebsgebietes: ein Änderungsvorbehalt soll individualvertraglich zulässig sein419 (zur Unzulässigkeit einseitiger Änderungsvorbehalte in AGB Vor § 84 Rn 55). Dabei wird man jedoch unterscheiden müssen: Kommt der Änderung des Vertriebsgebietes kündigungsgleiche Wirkung zu, handelt es sich um eine unzulässige Teilkündigung. Sie wäre nur als Änderungskündigung zulässig. In jedem Fall müssten bei einer wesentlichen Änderung die Fristen des § 89 eingehalten werden. Änderung des Vertriebssystems, etwa Ausschluss bestimmter Abnehmergruppen;420 z.B. die Umstellung der Belieferung von Endverbrauchern auf den Fachhandel,421 sogar wenn es sich um feste Kunden des HV handelt,422 ebenso die durch einen Versicherer vorgenommene Umstellung auf einen Vertrieb ausschließlich durch Versicherungsvertreter423 oder die Belieferung nur noch des Großhandels statt von Einzelhändlern424 – letzteres allerdings nur, sofern dem HV kein Kundenschutz zugesagt wurde.425 Betriebsbedingte Kündigungen: Entscheidet sich ein Unternehmer auf Grund eines schlüssigen Konzepts, ein bestimmtes Produkt nur noch durch selbstständige HV vertreiben zu lassen, ansonsten im Vertrieb aber weiterhin Arbeitnehmer einzusetzen, rechtfertigt dies eine betriebsbedingte Kündigung eines Arbeitnehmers, wenn infolge dieser Umstellung Arbeitsplätze entfallen. Von den ArbG ist ein solches Konzept nicht auf seine Zweckmäßigkeit, sondern lediglich darauf zu überprüfen, ob es nicht offenkundig unvernünftig oder willkürlich ist426 Direktvertrieb etwa durch eigene Tochtergesellschaften: Selbst als Normadressat des § 19 GWB ist der Unternehmer nicht daran gehindert, zum Direktvertrieb (etwa über das Internet)427 oder über unternehmenseigene Tochtergesellschaften428 überzugehen. Beschäftigt er jedoch unabhängige Vertriebsmittler, trifft ihn die grundsätzliche Pflicht zur Gleichbehandlung gegenüber den konzerneigenen Vertriebs-

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417 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5. 418 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 8 AZR 98/11; 8 AZR 242/11, BeckRS 2012, 71039 = GWR 2012, 356 (Köhl) – arbeitsrechtliche Entscheidungen. 419 Westphal II Rn 365. 420 Westphal I Rn 424. 421 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). 422 BGHZ 49, 39 (42); BGH, Urt. v. 22.1.1987 – I ZR 126/85, NJW-RR 1987, 873; s.a. Steindorff ZHR 130 (1968), 82 (91). 423 OLG München, Urt. v. 10.6.2010 – U (K) 5651/09, BeckRS 2010, 27186. 424 BGH, Urt. v. 1.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde), Rn 26; v. 9.11.1967 – VII ZR 40/65, NJW 1968, 394. 425 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 97. 426 BAG, Urt. v. 13.3.2008 – 2 AZR 1037/06, NJW 2008, 2872. 427 BGH, Urt. v. 4.3.2008 – KZR 36/05, NJW-RR 2008, 1491 = WRP 2008, 1376 (1379) Rn 39 f. – Internetvertrieb ohne Hinweise auf treupflichtwidriges Verhalten des Unternehmers; Schlegelberger/ Schröder § 86a Rn 14, 15 und 23; vgl. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 27; zum Ganzen Hopt ZIP 1996, 1809. 428 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = NJW 2012, 2110.

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mittlern,429 die bei Ausrichtung des Vertriebsmittlers auf den Unternehmer und weiteren Indizien – z.B. hohe Investitionen, Wettbewerbsverbot – den Direktvertrieb des Unternehmers nur bei Existenz gewichtiger Gründe zulässt.430 UU muss eine Umstellungsfrist eingehalten werden, die regelmäßig nicht mehr als ein Jahr beträgt.431 Einsatz weiterer Vertriebsmittler: Der Unternehmer darf weitere HV oder Vertriebsmittler einsetzen, auch wenn dadurch der vertraglich nicht geschützte Arbeitsbereich des HV verkleinert wird, solange dem Mittler vertraglich nichts Abweichendes zugesagt wurde432 (s.o. Rn 49). Denn für den Entschluss, weitere Vertriebspartner im Gebiet des HV einzusetzen, kann eine Vielzahl unterschiedlicher Anlässe und Kriterien maßgeblich sein. Ihre Beurteilung und Gewichtung muss grundsätzlich dem unternehmerischen Ermessen des Unternehmers vorbehalten bleiben. Ihm kann nicht verwehrt werden, einen expansiven Wettbewerb unter Einsetzung anderer Vertriebsmittler zu betreiben, sofern dem HV kein Alleinvertriebsrecht oder Gebietsschutz zugesichert wurde.433 Investitionen: Der Unternehmer braucht keine unrentable Investition im Interesse des HV vorzunehmen.434 So hat der BGH435 den Belieferungsanspruch eines Tankstellen-HV abgelehnt, der trotz Unrentabilität auch mit bleifreiem Super sowie Diesel beliefert werden wollte. Kauf eines Wettbewerbers: Kauft der Unternehmer einen Wettbewerber, so darf er diesen als separates Unternehmen weiterführen, falls der Wettbewerber zuvor eigenständig am Markt tätig war. Denn der HV wird nicht schlechter gestellt, falls er – wie bisher – gegen die konkurrierenden Produkte des nun konzerneigenen Unternehmens antreten muss.436 Der Unternehmer muss aber auf eine saubere Trennung der Sphären der bisher mit widerstreitenden Interessen am Markt agierenden Unternehmen achten und darf vom HV erhaltene Informationen nicht zum Vorteil des Wettbewerbers und zum Nachteil des HV einsetzen. Auch darf der Unternehmer keine Geschäftsinterna des Unternehmens, für welches der HV arbeitet, zu Gunsten des anderen Unternehmers verwenden oder eine Quersubventionierung vornehmen, insb., wenn sie auch durch Leistungen des HV ermöglicht wurde. Diskutiert werden kann, ob der bisherige Wettbewerber nach äußerem Anschein und Austauschbarkeit identische Produkte des Unternehmers veräußern darf, weil dann der Unternehmer seinem eigenen HV als Wettbewerber entgegentreten würde. Kontingentierung: Der Unternehmer darf Waren kontingentieren, wenn sie knapp werden oder er sie aus anderen Gründen, etwa wegen mangelnder Finanzkraft, nicht in ausreichenden Mengen produzieren kann.437 Die Kontingentierung muss jedoch diskriminierungsfrei erfolgen und den Grundsatz der Gleichbehandlung unter den HV – gleiche Umstände unterstellt – beachten. Der Unternehmer muss dem HV

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429 BGH WuW/E DE-R 1151, 2003, 395. 430 BGH, Urt. v. 10.2.1993 – VIII ZR 47/92, NJW-RR 1993, 678 = HVR Nr. 731 für den Vertragshändlerbereich. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.2001 – 16 U 84/00, HVR. Nr. 950 folgt dem für den Handelsvertretervertrieb. 431 BGH, Urt. v. 31.1.2012 – KZR 65/10, WuW DE-R 3549 = NJW 2012, 2110. 432 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 77/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard – Mobilfunk-HV; OLG Schleswig, Beschl. v. 18.8.2008 – 6 U 10/08 – BMW; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21. 433 OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.9.2012 – I-16 U 7/11, BB 2012, 2656 m. Anm. Hilgard. 434 Westphal I Rn 421. 435 BGH DB 1983, 2122. 436 AA Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 102. 437 BGH, Urt. v. 7.10.1968 – VII ZR 21/66 – n.v.

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ggf. auf anderem Wege einen angemessenen Ausgleich für den Verlust an Provisionen bieten, etwa durch Gestattung einer Wettbewerbstätigkeit438 Modellwechsel: Der Unternehmer hat das Recht einen Modellwechsel durchzuführen, etwa bei der Kfz-Herstellung.439 Eine Übernahme der für den Mittler hierdurch entstehenden Kosten scheidet im Grundsatz aus,440 es sei denn, bei der Mehrzahl der Mittler steht die Höhe der Kosten außer Relation zu dem Nutzen441 oder es liegt ein WGG vor.442 Einzelne Mittler haben wegen des Modellwechsels – im Vertragshändlerrecht auch wegen der erforderlichen Gleichbehandlung – kein Recht auf Erhöhung der Vergütung; die Vergütung ist generell anzuheben.443 Zum Vertrieb einer neuen Modellklasse mit völlig abweichenden Sortiment sind die Mittler aber nicht verpflichtet.444 Neue Vertriebswege: Ob dem Unternehmer die Dispositionsfreiheit über neue Vertriebswege zusteht, wird insb. diskutiert, wenn er sein Vertriebssystem erweitert. Beispiel: der Unternehmer nutzt durch technische Neuerungen eröffnete Vertriebswege, z.B. neben den herkömmlichen Vertriebswegen einen Online-Vertrieb oder er veräußert die Vertriebsprodukte zusätzlich an ein Online-Vertriebsunternehmen. Einerseits könnte man argumentieren, die Vertriebswege seien neu und die bisherigen Vertriebswege würden nicht eingeschränkt.445 Die Situation könnte demgemäß zugunsten der Entscheidungsfreiheit des Unternehmers gelöst werden, solange keine wesentliche Einschränkung der bisherigen Vertriebswege und damit Provisionseinbußen der HV zu gewärtigen seien.446 Dem wird man zustimmen müssen, weil auch ein Direktvertrieb dem Unternehmer grds. möglich ist, solange keine wesentlichen Einbußen für die HV zu erwarten sind Nichtbelieferung von Kleinkunden: Der Unternehmer darf sich entschließen, aus Gründen der Rationalisierung kleine und kleinste Kunden nicht mehr zu beliefern.447 Er muss jedoch eine Änderungskündigung mit der gegebenen ordentlichen Kündigungsfrist aussprechen, wenn die Kunden des HV zu mehr als 30% aus solchen Kleinkunden bestehen, weil die Maßnahme sonst kündigungsgleiche Wirkung zeitigt Organisation des Betriebs des Unternehmers: Umstellung der Produktion, Einstellung der Produktion des bisher vertriebenen Artikels,448 Aufgabe,449 Veräußerung, Verpachtung des Betriebs, Änderung der Vertriebsorganisation: hier überall handelt es sich um unternehmerische Entscheidungen, die der Unternehmer aus übergeordneten betrieblichen und unternehmenspolitischen Erwägungen heraus trifft und treffen darf, selbst falls der Tätigkeitsspielraum des HV dadurch eingeengt wird oder gar zum Erliegen kommt. Der Unternehmer hat das Recht, seinen Betrieb so einzurichten und ggf. umzugestalten, wie es ihm wirtschaftlich sinnvoll und

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438 BGH, Urt. v. 7.10.1968 – VII ZR 21/66 – n.v. 439 Habersack/Ulmer S. 60. 440 Habersack/Ulmer S. 60. 441 Habersack/Ulmer S. 62. 442 Habersack/Ulmer S. 63. 443 Habersack/Ulmer S. 63. 444 Habersack/Ulmer S. 62. 445 So Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 108. 446 So Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 108. 447 BGH, Urt. v. 1.10.2008 – VIII ZR 13/05, BB 2008, 2594 m. Anm. Hilgard = MDR 2008, 1404 = EWiR 2008, 721 (Emde); BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 105. 448 BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14c und § 87 Rn 71. 449 BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219.

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vernünftig erscheint: dass er durch betriebliche Notwendigkeiten hierzu geradezu gezwungen wurde, ist nicht zu fordern.450 Insbesondere legt der HV-Vertrag dem Unternehmer nicht die Pflicht auf, seinen Betrieb in unverändertem Umfang weiterzuführen.451 Kein Unternehmer ist gehalten, eine unrentabel gewordene Produktion nur deshalb fortzuführen, um dem HV weitere Gelegenheit zur Vermittlung von Geschäften zu geben.452 Abermals muss der HV das (ggf. nach Kündigung, s. Rn 87) hinnehmen, solange seine Interessen dabei nicht unvertretbar unbeachtet geblieben sind oder eine bewusste Schädigung seiner Interessen obgewaltet hat. Die dem HV geschuldete Rücksichtnahme wird alsdann durch die Pflicht zur rechtzeitigen Benachrichtigung geübt (Rn 88). Produktionserweiterung: Der Unternehmer darf seine Produktion erweitern, auch wenn durch diese Produktionserweiterung der HV in eine Konfliktsituation gerät, weil ein von ihm ebenfalls vertretenes Unternehmen bereits die Produkte herstellt, die jetzt auch der erweiternde Unternehmer produziert (siehe § 86 Rn 105 ff.).453 Es ist das Risiko des HV, welche Zweitvertretung und welche daraus herrührenden Risiken er übernimmt. Produktionseinstellung: Der Unternehmer darf seine Produktion einstellen, 454 ohne Notwendigkeit einer früheren Einstellung jedoch nur nach Kündigung und Ablauf der Kündigungsfrist.455 Eine Notwendigkeit besteht im Falle der Unrentabilität der Produktionsfortsetzung. Der Vertrag darf in dieser Situation mittels außerordentlicher Kündigung beendet werden.456 Angesichts einer unrentabel gewordenen Fertigung kann der Unternehmer nicht gehalten sein, nur wegen der Verdienstmöglichkeiten des HV mit Verlust weiterzuproduzieren.457 Er muss nicht den wirtschaftlichen Niedergang abwarten, sondern darf den Vertrag zuvor außerordentlich kündigen. 458 Durch den Abschluss eines Vertrages kurz vor Produktionseinstellung übernimmt der Unternehmer kein von ihm zu tragendes Risiko. Davon könnte nur ausgegangen werden, wenn der Unternehmer in voller Kenntnis seiner eigenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten einen Vertriebsvertrag mit langer ordentlicher Kündigungsfrist abschließt.459 Fehlt die Notwendigkeit einer außerordentlichen Kündigung, begründet die vorgesehene Betriebseinstellung kein außerordentliches Kündigungsrecht,460 weil der Unternehmer sich sonst selbst wichtige Kündigungsgründe schaffen dürfte. Der Unternehmer muss den HV so früh als möglich über die Produktionseinstellung unterrichten,461 und zwar, soweit keine zwingenden Gründe entgegenstehen, binnen der vereinbarten, hilfsweise der gesetzlichen Kündigungsfrist.

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450 BGHZ 49, 39 (42); BGH DB 1972, 524. 451 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 15. 452 BGH NJW 1959, 1964. 453 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 95; Riemer in: Küstner/Thume, Kap. VIII 292. 454 BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. Nr. 11/1999, 13; OLG Köln, Beschl. v. 1.3.2013 – 19 W 4/13, BeckRS 2013, 16612 (für die Einstellung des Produkts). 455 Ein DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. Nr. 11/1999, 13 (zust. Ende NJW 1999, 326) gab dem Unternehmer jedoch das Recht zur außerordentlichen Kündigung, aber nur mit einer Auslauffrist von 6 Monaten. Das wird nur ganz ausnahmsweise zulässig sein. 456 DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. Nr. 11/1999, 13. 457 BGH BB 1959, 864 = NJW 1959, 164; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 94. 458 DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. Nr. 11/1999, 13. 459 DIS-Schiedsgericht, Schiedsspruch v. 17.1.1997 – SIS-SV-B 627/96, BB-Beil. Nr. 11/1999, 13. 460 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23. 461 RAG, Urt. v. 16.5.1931, ARS 12, 274 (276); vgl. BGH, Urt. v. 7.2.1974, BB 1974, 434 = NJW 1974, 795; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 94.

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Wird nicht ordentlich gekündigt, trifft den Unternehmer eine Schadensersatzpflicht, falls die Betriebseinstellung nicht durch vertretbare Gründe veranlasst wurde.462 Der Unternehmer hat den HV dann für die Verdienstausfälle bis zum Zeitpunkt eines ordentlichen oder außerordentlichen Kündigungsrechts zu entschädigen.463 Anderweitige Gewinne des HV sind auf den Schadensersatzanspruch anzurechnen.464 Denkbar sind bei Aufgabe des Betriebes Fälle, die im Zwischenfeld zwischen „betrieblich sinnvoll“ und „unvertretbar“ liegen. Eine oHG wird aufgelöst, weil die Gesellschafter aus persönlichen Gründen heillos zerstritten sind und es bei dem Ausmaß des Zerwürfnisses nicht einmal zu einem gemeinsamen Verkauf des Unternehmens kommt. Das Gleiche kann sich bei einer GmbH ereignen. Von einer unvertretbaren Maßnahme lässt sich dann nicht sprechen. Aber auch nicht davon, dass die zur Auflösung der oHG und zur Aufgabe des Betriebs führende Beschlussfassung wirtschaftlich irgend sinnvoll gewesen sei, da im Gegenteil wirtschaftliche Werte sinnlos zerschlagen werden. Der HV ist ein ebenso sinnloses Opfer dieser Zuspitzung der Dinge. Hier mag man über den von Steindorff465 entwickelten Gedanken des Annahmeverzuges aus der Risikosphäre des Unternehmers nachdenken. Dass ein Unternehmen aus unternehmensbedingten Gründen stillgelegt wird, ist das Risiko des HV. Dass ihm die Grundlage seines Weiterbestehens entzogen wird, weil der Unternehmer eine Personenmehrheit ist, die keinen einheitlichen Unternehmensführungswillen mehr aufzubringen vermag, liegt in der Sphäre und Risikobereich des Unternehmers. Die Unternehmergesellschaft befindet sich, falls das HV-Verhältnis bis zum Endtermin einer ausgesprochenen Kündigung noch über einige Zeit läuft, im Annahmeverzug. Die Folge ist die Weiterzahlung eines Fixums, sonst einer angemessenen Entschädigung analog § 642 BGB. Ausgleichsansprüche gegen die Liquidationsmasse bleiben unberührt, können jedoch ausscheiden, wenn infolge der Betriebsstilllegung keine Vorteile des Unternehmers verbleiben (§ 89b Rn 153). Rechenschaftspflicht: Ausfluss des Dispositionsrechts des Unternehmers soll es sein, dass er dem HV keine Rechenschaft über seine Entschließungen schulden soll.466 Das kann richtig sein, soweit sich die Maßnahmen des Unternehmers nicht auf den Vertrieb auswirken. Ist dies jedoch der Fall und berühren sie die Interessen des HV, hat der Unternehmer sie auf Nachfrage zu erläutern, soweit ihr Grund nicht offensichtlich ist und kein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. Insbesondere hat der Unternehmer dem HV auf Verlangen die für die getroffene Entscheidung maßgeblichen Gründe mitzuteilen, wenn der Verdacht eines unsachlichen oder willkürlichen Verhaltens besteht, weil dann ein Schadenersatzanspruch des HV entstanden sein mag.467 Der HV muss sein Informationsinteresse darlegen, z.B. Anhaltspunkte für ein willkürliches oder schädigendes Verhaltens des Unternehmers. Das Auskunftsinteresse ist bereits im Falle der Möglichkeit eines solchen Verhaltens begründet; des Beweises bedarf es nicht, weil die Information überflüssig wäre, sofern der HV bereits zum Zeitpunkt des Auskunftsersuchens Willkür oder schädigendes Verhalten beweisen könnte.468

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462 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23: Schadensersatzverpflichtung nur bei Willkür und Fehlen wirtschaftlich vernünftiger oder sinnvoller Erwägungen. 463 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23. 464 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. 465 ZHR 130 (1967) 88 ff.; zust. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 28. 466 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 12. 467 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 17; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70. 468 Zu Letzterem aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 12.

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Umsetzungsrecht: Wenn dem HV ein bestimmter Bezirk oder ein Arbeitsgebiet nicht vertraglich zugewiesen ist, soll der Unternehmer ihn kraft seiner Organisationsgewalt einseitig durch Weisung in einem anderen Gebiet einsetzen dürfen;469 sofern der Unternehmer die dafür anfallenden Mehrkosten erstattet oder durch entsprechend höhere Provisionszahlungen ausgleicht. Auf diese Weisungsbefugnis soll die Zulässigkeit eines nicht ausdrücklich vereinbarten Rotationssystems zurückgeführt werden dürfen, bei welchem die HV laufend in verschiedenen Bezirken tätig werden. Diese Ansicht ist zweifelhaft, weil meist eine Tätigkeit im „Ausgangsbezirk“ (ggf. konkludente) Vertragsgrundlage sein wird. Davon wird insbesondere bei langjähriger Tätigkeit des HV in einem Gebiet und der Unüblichkeit solcher „Versetzungen“ auszugehen sein. Es bedarf in diesen Fällen einer vertraglichen Vereinbarung, die die „Rotation“ zulässt. Meist wird sie auch existieren. Vertragshoheit: Der Unternehmer darf neue Verträge in sein Vertriebssystem einführen, etwa bei Änderung einer kartellrechtlichen GVO.470 Werbung: Dem Unternehmer steht die Entscheidung darüber zu, ob, und wenn ja, wie er ggf. für sein Produkt werben will.471 Die allgemeine Produktwerbung ist seine Angelegenheit.472 Auf die schutzwürdigen und berechtigten Belange des Mittlers muss er bei seiner Werbung Rücksicht nehmen.473 Der Unternehmer darf den Mittler bei der Werbung nicht vorsätzlich oder fahrlässig schädigen.474 Der Mittler kann die Kosten für selbst veranlasste Werbemaßnahmen ohne entsprechender Vereinbarung im Vertriebsvertrag trotz §§ 675, 670 BGB nicht vom Unternehmer ersetzt verlangen.475

Das Dispositionsrecht des Unternehmers ist in folgenden Konstellationen über- 91 schritten: – Bestandswegnahme: Ein Versicherer ist nicht berechtigt, dem Versicherungsvertreter den von ihm aufgebauten Bestand an Versicherungsverträgen zu entziehen und dessen erfolgreiche Vermittlungstätigkeit zunichte zu machen, wenn die Bestandsbetreuung und der Bestandserhalt vertraglich zugesagt wurde. Zwar gibt es kein grundsätzliches „Recht am Bestand“.476 Der Versicherer ist jedoch im Interesse des VV verpflichtet, alles zu tun, um den dem Vertreter überlassenen und von ihm aufgebauten oder ihm übertragenden Bestand zu erhalten,477 wobei bei vom Versicherer übertragenen Beständen eine höhere Dispositionsfreiheit als bei vom VV geworbenen angebracht erscheint. Letzteres gilt insbesondere, falls der Versicherer dem VV ohne Verpflichtung den später entzogenen Bestand zuteilte, was einen spiegelbildli-

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469 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15. 470 BGH, Urt. v. 8.5.2007 – KZR 14/04, WRP 2007, 1097 = RIW 2007, 614 = WuW DE-R 2045 = WuW 2007, 917 = EWiR 2007, 547 (Emde). 471 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 6. 472 BGH, Urt. v. 23.7.1997 – VIII ZR 130/96, EBE 1997, 290 (292); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 4b, 44d; Hopt § 86 Rn 51; Koller/Roth/Morck § 86 Rn 3, 11; Bruck/Möller VVG Vor §§ 43–46 Anm. 224; Herschel/Beine Handbuch zum Recht des Handelsvertreters 1954 S. 44; Rittner DB 1999, 2097 (2099). 473 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 6. 474 BGHZ 136, 295; Vorinstanz OLG Frankfurt/M. NJW-RR 1997, 170; BGH BB 1995, 1792 = ZIP 1995, 1286 = BB 1995, 1792; BB 1995, 1794. 475 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 182. 476 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 92. 477 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 92.

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chen actus contrarius eher gestattet. Der BGH hat ausgesprochen,478 es fehle an einer Teilbeendigung des mit einem VV geschlossenen Vertrages, wenn der Unternehmer die Verwaltung einzelner durch Vermittlung des VV zustande gekommener Versicherungsverträge später auf einen anderen Versicherungsmakler übertrage. Hierdurch werde der Inhalt des Versicherungsvertrages nicht geändert. Dem VV stehe deshalb kein Ausgleichsanspruch zu. Dieses Ergebnis ist zweifelhaft, sofern die Bestandswegnahme in ihrer wirtschaftlichen Folge einer Teilkündigung gleich steht und die Bestandsbetreuung ggf. konkludent vereinbarter Vertragsbestandteil war. Kündigungsgleiche Wirkung: falls die Disposition für den HV zu einer kündigungsgleichen Wirkung führt, ist die Rücksichtnahmepflicht berührt. Von einer kündigungsgleichen Wirkung soll bei einer Verdienstminderung von 30% infolge der Umsetzung479 oder ähnlichen, besonders schweren Folgen auszugehen sein. Eine solche Maßnahme erfordert eine Änderungskündigung, zum einen wegen des Verbotes der Teilkündigung, zum anderen zwecks Vermeidung der Umgehung der Kündigungsfristen des § 89 Organisationsrecht des Vertriebsmittlers: Die Selbständigkeit und damit das Eigenorganisationsrecht des HV darf nicht eingeschränkt werden, etwa in Hinblick auf Investitionen im Betrieb des HV480 oder die Bestellung der Organe einer HV-Gesellschaft. Vertragsschluss: Der Unternehmer darf ein Kundengeschäft nicht ohne vernünftigen Grund481 oder gar willkürlich ablehnen, nachdem er den HV zuvor mit der Vermittlungstätigkeit beauftragt hat und der HV zum Tätigwerden verpflichtet ist.482 Ein anschauliches Beispiel für eine willkürliche Nichtannahme des vermittelten Auftrags liefert der Fall BGH NJW 1981, 1785: Ein Einzelkaufmann ist zugleich Komplementär seiner Familien-KG, die er wirtschaftlich vollständig beherrscht; er selbst und „seine“ KG arbeiten in der gleichen Branche. Der für das einzelkaufmännische Unternehmen tätige HV bringt einen Auftrag herein, den aber sein Unternehmer nicht für die einzelkaufmännische Firma, sondern für die KG annimmt, um die Provision zu sparen. Der BGH billigt den Provisionsanspruch zu, weil der Unternehmer treuwidrig gehandelt habe. Richtiger wäre wohl eine Begründung aus Schadensersatz gewesen. Wegnahme von Kunden/Produkten: Der Unternehmer darf dem HV nicht willkürlich Kunden oder Produkte entziehen und damit die Vertretung aushöhlen, beispielsweise durch Übernahme in den Eigenvertrieb oder die Beauftragung unternehmenseigener Vertriebsgesellschaften. Vielmehr steht ihm nur der Weg der Änderungskündigung offen. In dem von Thume483 gebildeten Fall, in welchem der Unternehmer eine rechtlich selbständige Tochterfirma gründet, die das Vertragsgebiet beliefert, fehlt es bei Berücksichtigung der Interessen beider Parteien an einem Grund, der die Ausgliederung auf die Tochterfirma rechtfertigt. Der HV kann einen Schadenersatzanspruch geltend machen. Sein Schaden darf gem. §§ 287 ZPO, 252 BGB auf zwei Wegen geschätzt werden: Zum einen kann der HV die Differenz der

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478 BB 1994, 99 = NJW 1994, 193. 479 BAG EWiR 2003, 203 (Diller) für einen angestellten Vermittler. 480 BGH NJW-RR 1993, 1122; OLG Düsseldorf OLGR 1998, 11; zum Ganzen Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 71. 481 Hopt § 87 Rn 8. 482 LG Hamburg, Urt. v. 12.6.2006 – 415 O 17/06. 483 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 109.

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Durchschnittsprovisionen vor dem schädigenden Ereignis und nach diesem fordern, zum anderen (alternativ) als Schaden die von der Tochtergesellschaft auf HVProvisionen heruntergerechneten Gewinne (ähnlich der Herausrechnung nicht HV-typischer Bestandteile beim Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers). Dabei kann der Schaden bei der letzten Methode so bestimmt werden, dass auf alle Geschäfte der Tochtergesellschaft der Provisionssatz zu zahlen ist, welcher dem HV zusteht.484 X. Rechtsfolgen von Dispositionsmängeln Unvertretbare, willkürliche oder in Schädigungsabsicht betätigte Entschlie- 92 ßungen des Unternehmers zum Nachteil des Mittlers können zunächst die Folgen des Annahmeverzuges auslösen; sie begründen darüber hinaus Ansprüche auf vertragsgemäßes Verhalten (Weiterbelieferung, Annahme von Aufträgen), ggf. – wenn vertragsgemäßes Verhalten nicht anders hergestellt werden kann – auf Unterlassung.485 Schadensersatzansprüche (§ 280 BGB)486 bestehen gleichfalls. Schließlich kann dem HV bei vertragswidriger Ablehnung von Geschäften nach §§ 242, 162 BGB, § 87a Abs. 3 HGB analog neben dem Schadenersatzanspruch ein Provisionsanspruch zustehen.487 Die Beweislast liegt beim Anspruchssteller; der Sphärengedanke rechtfertigt keine Zuweisung zum Anspruchsgegner.488 Die Gründe der Maßnahme sind dem Mittler auf Verlangen mitzuteilen;489 die unterlassene Mitteilung kann ggf. im Wege der Umkehr der Beweislast zu würdigen sein. Im Falle der unvertretbaren oder willkürlichen Ablehnung eines vermittelten Geschäfts valutiert der Anspruch in Höhe der entgehenden Provisionen aus Folgeaufträgen, die der abgelehnte Kunde sonst erteilt haben würde. Bei sonstiger Verkürzung des Tätigkeitsfeldes des Mittlers geht der Schadensersatz auf das, was er bis zum Ablauf einer – unterstellten – ordentlichen Kündigung durch den Unternehmer verdient hätte. Der Schadenersatz des HV ist nicht auf den Zeitraum bis zum nächsten Kündigungstermin des HV beschränkt.490 Maßgeblich ist vielmehr die nächste Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers. Der Unternehmer hat sich während der gesamten Vertragslaufzeit gegenüber dem HV vertragsgemäß zu verhalten.491 Will oder kann er dies nicht, müsste der Unternehmer und nicht der HV kündigen, so dass es auf die Kündigungsmöglichkeit des Unternehmers ankommt. Darf der Unternehmer später als der HV kündigen, kann der HV Schadenersatz für diese verlängerte Periode fordern. Die Ansprüche aus dem Annahmeverzug des Unternehmers wird der Mittler regelmäßig nicht in Anspruch nehmen, weil sie der Anrechnungspflicht aus § 615 S. 2 BGB unterliegen. Nimmt der Mittler das Vorgefallene zum Anlass, seinerseits fristlos zu kündigen, so besitzt er Ausgleichsansprüche nach § 89b, gegebenenfalls weitergehende Schadensersatzansprüche nach § 89a Abs. 2, insbesondere für seine nunmehr frustrierten Aufwendungen aus zurückliegender Zeit, die die weitere Tätigkeit hätten erfolgreich gestalten sollen.

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484 485 486 487 488 489 490 491

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Siehe OLG Köln HVR Nr. 526; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 109. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 28. BGH BB 1959, 865; 1960, 222 (Willkür und Absicht, den HV zu schädigen); Hopt § 86a Rn 14. Canaris § 17 Rn 59. Canaris § 17 Rn 61. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 28. So auch BGHZ 26, 161. Vgl. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 116.

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XI. Vertragliche Erweiterung des Dispositionsrechts 93

Vertragsklauseln, die dem Unternehmer bei kundenfeindlichster Auslegung einseitig Dispositionen gestatten, welche in den Kernbereich des Leistungs-Gegenleistungsverhältnis eingreifen, sind als Individualvereinbarung gem. § 242 BGB unwirksam, als AGB gem. § 307 BGB (Vor § 84 Rn 55). XII. Vertragliche Beschränkung des Dispositionsrechts

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Sofern nicht gesellschaftsrechtliche Gründe entgegenstehen – Eigenorganschaft, Beherrschungsvertrag etc. – darf der Unternehmer auf seine unternehmerische Entschließungsfreiheit weitgehend (vertraglich) verzichten.492 Anders als in § 84 für den HV fehlt beim Unternehmer das zwingende statusbegründende Tatbestandsmerkmal der „Selbständigkeit“, welches zu weitgehende Eingriffe in das unternehmerische Selbstbestimmungsrecht ausschließt. Praktisch sind Verzichtsfälle kaum. Insbesondere darf sich der Unternehmer verpflichten, bestimmte Betriebs- und Vertriebsänderungen zu unterlassen, den HV zu beschäftigen oder von ihm angetragene Geschäfte abzuschließen,493 und zwar auch ohne den Vorbehalt einer abweichenden Entscheidung aufgrund veränderter Verhältnisse.494 Sein Preisbestimmungsrecht darf der Unternehmer nicht völlig dem HV übertragen. In AGB vereinbart kommt es für die Wirksamkeit der Maßnahmen auf die bei abstrakt-genereller Kontrolle bestehende Benachteiligung des Unternehmers an, die bei wirtschaftlicher Überlegenheit des Mittlers als Verwender und Fehlen eines sachlichen Grundes für die Beschränkung häufig gegeben sein mag. XIII. Die in § 86a besonders geregelten Nebenpflichten

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Die vom Gesetz als regelungsbedürftig angesehenen Nebenpflichten des Unternehmers sind in § 86a hervorgehoben. Nur diese Nebenpflichten sind dort geregelt.495 Die Hauptpflicht zur Provisionszahlung folgt erst in §§ 87 ff., die zur Ausgleichszahlung in § 89b. Die Nebenpflichten des § 86a sind – wie Art. 4 Abs. 2 RL klarstellt – Ausdruck der vom Gesetz vorausgesetzten Unterstützungspflicht des Unternehmers, die wiederum Ausprägung der allgemeineren Treupflicht ist.496 Es sind – die Überlassungspflicht (§ 86a Abs. 1) – die Nachrichtspflicht (§ 86a Abs. 2), sub specie die Verpflichtung zur Mitteilung über Annahme und Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts, die Mitteilung über die Nichtausführung eines vom HV vermittelten und abgeschlossenen Geschäfts sowie die Mitteilung, falls der Unternehmer Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfang abschließen kann und will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte (§ 86a Abs. 2).

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§ 86a normiert ebenso wie § 86, der Pflichten des HV zum Inhalt hat, die Pflichten des Unternehmers nicht abschließend.497 Vielmehr wurden in § 86a nur wenige Pflich-

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492 493 494 495 496 497

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AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7. Insoweit aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 7. Hopt § 86a Rn 1. Hopt § 86a Rn 1. Westphal I Rn 373.

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ten besonders hervorgehoben, die noch dazu der näheren Konkretisierung bedürfen.498 Bedauert wird insbesondere die fehlende Regelung einer die Interessenwahrungspflicht des HV spiegelnden Pflicht des Unternehmers.499 Die in § 86a Abs. 1, 2 geregelten Pflichten sind seit der Umsetzung der RL zwingend. 97 Abweichende Vereinbarungen sind unwirksam (§ 86a Abs. 3). 1. Zeitdauer und Fälligkeit. Die Pflichten des § 86a bestehen vertragsbegleitend während der gesamten Vertragsdauer und werden unverzüglich500 fällig, sobald objektiv mit einer Leistung zu rechnen ist. Unterlagen sind solange bereitzustellen, wie sie benötigt werden.501 Die Überlassungspflicht des § 86a Abs. 1 endet regelmäßig mit Vertragsende. Nur im Ausnahmefall kann der Unternehmer verpflichtet sein, dem Vertreter Unterlagen über die Vertragsdauer hinaus zu überlassen. Die Informationspflicht des § 86a Abs. 2 ist gleichfalls nur eine vertragsbegleitende Pflicht. Vor Vertragsschluss kann eine Informationspflicht des Unternehmers aus vorvertraglichen Schutz- und Treupflichten über alle Umstände hergeleitet werden, die für die spätere Tätigkeit des HV relevant sind.502 Zum Beispiel besteht vorvertraglich die Pflicht zur Aufklärung über die bisherige wirtschaftliche Erfolglosigkeit des Vertriebssystems, die Wertlosigkeit einer Kundenliste, über den Einsatz weiterer HV im gleichen Gebiet,503 über Arbeitsbedingungen und für den Vertreter nicht ohne weiteres erkennbare Risiken der Vertretung.504 Ob man diese vorvertragliche Pflicht unter den Terminus „disclosure-rules“ fassen möchte oder den der „Aufklärungspflicht aus vorvertraglichem Vertrauensverhältnis“ ist eine rein terminologische Frage.505 Die vorvertraglichen Aufklärungspflichten haben ihre besondere Bedeutung im Franchiserecht, jene Untergruppe wird oben, Vor § 84 Rn 432 ff. im Einzelnen behandelt. Siehe auch Rn 18 ff. Nach Vertragsende existieren nachvertragliche Treupflichten, jedoch nicht mehr die in § 86a hervorgehobenen Nebenpflichten.506

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2. Zu den einzelnen Pflichten des § 86a a) Überlassung von Unterlagen (§ 86a Abs. 1) aa) Berechtigter. Berechtigt ist der HV. Die Vorschrift kann – je nach den Verhält- 102 nissen des Einzelfalls – entsprechend auf Vertragshändler und Franchisenehmer angewandt werden. Es ist aber jeweils im Einzelfall sorgsam zu prüfen, ob die Analogie sowie Überlassung der Unterlagen erforderlich ist (Rn 104). bb) Unterlagen. Nach § 86a Abs. 1 hat der Unternehmer dem HV die zur Ausübung 103 seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen zur Verfügung zu stellen. Zur Genese der Vor-

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Westphal I Rn 373. Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 1. Hopt § 86a Rn 6. Hopt § 86a Rn 6. Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 124; Hopt § 86a Rn 2. OLG Nürnberg BB 1956, 352; Hopt § 86a Rn 2. Hopt § 86a Rn 2. Vgl. Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 125. Hopt § 86a Rn 3.

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schrift vgl. Roth BB 2010, 2000 ff. Sie geht bereits auf einen Entwurf der Akademie für Deutsches Recht aus dem Jahre 1940 zurück.507 Die durch Art. 4 Abs. 2 RL europarechtlich unterlegte Regelung ist Antipode zu § 87d, demzufolge der HV seine im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen selbst trägt. Beide Vorschriften sind also in ihrem Anwendungsbereich voneinander abzugrenzen. Von dem Begriff der Unterlagen wird alles erfasst, was dem HV zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit, insbesondere zur Anpreisung der Waren bei dem Kunden dient, und aus der Sphäre des Unternehmers stammt.508 Die in Abs. 1 niedergelegte Aufzählung ist nur beispielhaft, weit zu fassen509 und nicht abschließend510 (Wortlaut: „wie“), der Begriff der Unterlagen unglücklich gewählt. Unterlage ist jeder körperliche Gegenstand und zumindest analog Abs. 1 auch unkörperliche Hilfsmittel. Folglich werden auch unkörperliche Hilfsmittel, etwa Software (s.u.) als Hilfsmittel i.S.d. Abs. 1 angesehen. Entscheidend für die Abgrenzung zu vom Unternehmer nicht geschuldeten Hilfsmitteln wird eher das Merkmal der „Erforderlichkeit“. Die Verpflichtung trifft jeden Unternehmer, auch einen Hauptvertreter, der Untervertreter beschäftigt.511 Es wird aber häufig branchenüblich sein, dass kleinere Hauptvertreter ohne eigenen, wesentlichen Geschäftsbetrieb und eigene Marke keine eigenen Unterlagen herstellen, sondern solche des Hauptunternehmers nutzen. Die Hauptvertreter müssen solche Unterlagen aber beim Hauptunternehmer anfordern. Sofern der Unternehmer erforderliche Unterlagen nicht besitzt, muss er sie sich beschaffen.512 Nach aA trifft die Bereitstellungspflicht nur solche Unterlagen, welche der Unternehmer in seinem Betrieb verwendet.513 Dann aber könnte der Unternehmer durch seine Lagerhaltung über die unabdingbare Bereitstellungspflicht disponieren. Die Bereitstellungspflicht trifft daher alle in Abs. 1 ausdrücklich genannten Unterlagen sowie alle produktspezifischen, in Abs. 1 nicht erwähnten Unterlagen, soweit die Verkehrsüblichkeit dem nicht entgegensteht.514 Jedoch ist dem Unternehmer im Rahmen seiner Dispositionsfreiheit515 ein Ermessensspielraum bei der Frage zuzubilligen, ob er Unterlagen fertigt und bereitstellt. Die Verpflichtung zur Bereitstellung der Unterlagen ist keine Hauptpflicht, sondern eine selbständige Nebenpflicht. Der HV kann den Erfüllungsanspruch auf Überlassung einklagen.516 104

cc) Erforderlichkeit. Die Bereitstellungspflicht betrifft nur die zur Ausübung der Tätigkeit des HV „erforderlichen“ Unterlagen. Nach wohl h.A. werden von der Überlas-

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507 Arbeitsberichte der Akademie für Deutsches Recht, Nr. 17, § 5 Abs. 2; vgl. Roth BB 2010, 2000 (2001). 508 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 19. 509 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 20; OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. Anm. Hesse BB 2010, 1052 und zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09. 510 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 20; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 269; Westphal I Rn 376; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18; Hopt § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 4; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, § 86a Rn 3. 511 Offen gelassen von Roth BB 2010, 2000 (2002). 512 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 4; Thelen VersR 2009, 1025 (1030) bei engem Verständnis des Begriffs der Erforderlichkeit. 513 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. 514 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 3. 515 Roth BB 2010, 2000 (2004). 516 Thelen VersR 2009, 1025 (1030); Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 36.

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sungspflicht nicht nur unverzichtbare Hilfsmittel erfasst. Die Gegenansicht verlangt, dass die Unterlagen für die spezifische Anpreisung der Ware unerlässlich oder unverzichtbar sein müssen.517 Nach Ansicht des BGH518 sprechen für die zuletzt genannte, restriktive Ansicht die in § 86a Abs. 1 erwähnten Beispiele zur Überlassungspflicht: Es handele sich jeweils um Unterlagen, die einen sehr engen Bezug zu dem vertriebenen Produkt besäßen und ohne die eine erfolgreiche Vermittlung unmöglich sei. Dies gälte insb. für Preislisten und Geschäftsbedingungen. Die vom BGH eingenommene Ansicht dürfte jedoch dem Wortlaut des § 86a Abs. 1 widersprechen. „Erforderlich“ meint weniger als „unerlässlich“. Insb. „Unverzichtbarkeit“ ist keine Voraussetzung, weil diese bei Werbemitteln fast nie vorliegen wird.519 Da Art. 4 Abs. 2 lit. a RL denselben Begriff verwendet, wäre diese Frage notfalls gem. Art. 267 AEUV durch den EuGH zu entscheiden. Erforderlich ist damit, was objektiv zur Ausübung der Tätigkeit (= Vertriebstätigkeit) benötigt wird.520 Dies ist Ausdruck Treu und Glaubens.521 Was erforderlich ist, differiert von Fall zu Fall, oder besser: von vertriebenem Produkt zu vertriebenem Produkt. Das beiderseitige Verständnis bestimmt das Erforderliche. Es geht um eine Verwendungsprognose, nicht darum, wie die übermittelten Materialien tatsächlich verwendet wurden (das kann aber ein Indiz für den Zweck sein). Erforderlich soll alles sein, was der HV aus seiner Sicht mit guten Gründen für den Erfolg seiner Tätigkeit für notwendig hält.522 Diese subjektive Sicht dürfte zu sehr die Vorstellungswelt des HV in den Vordergrund rücken.523 Stellt der Unternehmer bestimmte Hilfsmittel zur Verfügung, ggf auch gegen Entgelt, spricht dies oft für die Einschätzung des Unternehmers, das Hilfsmittel sei erforderlich. Die Hilfsmittel brauchen auch keinen tatsächlichen Erfolg herbeizuführen.524 Unter den Begriff können auch Unterlagen fallen, die nur für ein einzelnes Geschäft erforderlich sind, sie sind dann ohne besondere Aufforderung des HV zu übermitteln.525 In Abgrenzung zu § 87d muss der Unternehmer alle produktspezifischen Hilfsmittel aus seiner Sphäre526 in ausreichender Menge527 bereitstellen, auf welche der HV objektiv besehen528 oder nach seinem pflichtgemäßen Ermessen529 zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit und zur Anpreisung der Ware530 angewiesen ist,531 und zwar in einem ungefährlichen Zustand.532 Der Unter-

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517 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 483/08; Thelen VersR 2009, 1025 (1030 f.); Roth BB 2010, 2000 (2003). 518 Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24. 519 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. 520 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09. 521 Begründung RegE BT-Drucks. I/3856, S. 19; Thelen VersR 2009, 1025 (1028). 522 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 523 Im Ergebnis BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 24. 524 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. 525 AA Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 4. 526 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 270. 527 Roth BB 2010, 2000 (2003). 528 Roth BB 2010, 2000 (2003); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 529 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. 530 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 5. 531 Westphal I Rn 376. 532 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3.

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nehmer ist der Geschäftsherr und steht seinem Produkt näher als der HV, so dass er die speziell auf die von der Vertriebspflicht erfassten Produkte abgestimmten Hilfsmittel bereitstellen und auf aktuellem Stand halten533 muss – niemand anders könnte dies. Nicht Erforderliches braucht nicht bereitgestellt zu werden. In § 87d angesprochene produktunspezifische, allgemeine Hilfsmittel, die auch ein HV benötigen würde, der andere Produkte vertreibt, muss der HV hingegen selbst anschaffen.534 Die Verpflichtung des HV zur Ausstattung sowie zum Unterhalt seines eigenen Geschäftsbetriebs, sowie die Pflicht, das für seine Berufsausübung Erforderliche zu beschaffen, wird durch Abs. 1 nicht berührt (§ 87d).535 Büromaterialien und Hilfsmittel, die üblicherweise zur Einrichtung des Gewerbebetriebs des HV gehören, braucht der Unternehmer als nicht erforderlich nicht bereitzustellen. Dem HV obliegt die Ausstattung seines Betriebes.536 Nach einer Auffassung537 ist das Merkmal der „Erforderlichkeit“ bei den Regelbeispielen des Abs. 1 (Muster, Zeichnungen etc.) nicht gesondert zu prüfen. Die Erforderlichkeit werde vermutet. Die Gegenansicht 538 hingegen meint, die Erforderlichkeit müsse auch bei den beispielhaft in Abs. 1 genannten Materialien (im Fall des LG Bonn eine Kundenzeitschrift) vorliegen. Der Wortlaut der Norm sei unergiebig, da nicht deutlich werde, ob die in § 86a Abs. 1 genannten Beispiele exemplarisch für „erforderliche“ Unterlagen ständen oder lediglich für „Unterlagen“ (ohne „erforderliche“). § 86a Abs. 1 sei Ausdruck Treu und Glaubens und verlange wie § 242 BGB eine Einzelfallabwägung der Erforderlichkeit. Anderenfalls würde die Bereitstellungspflicht ausufern.539 Es spricht viel dafür, sämtliche TB-Elemente und damit die Erforderlichkeit auch bei den beispielhaft genannten Hilfsmitteln gesondert zu prüfen. Die Gegenansicht ist aber gut vertretbar. 105

dd) Beispiele. Welche Unterlagen zur Ausübung der Tätigkeit erforderlich sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Branchenüblichkeit ab.540 Beispiele sind: – Einheitlich gestaltetes Briefpapier, etwa bei Finanzdienstleistern.541 – Von dem Unternehmer vorgesehene Datenerhebungsbögen, mit denen Kundendaten aufgenommen werden.542 – Für die Werbung des HV hilfreiche Geschäftskorrespondenz mit Interessenten und Kunden, soweit sie sich nicht auf abgeschlossene Vorgänge beschränkt543 und

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533 Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 534 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09. 535 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 15. 536 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. 537 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). 538 LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914; v. 31.3.2009 – 7 O 2/09, 7 O 3/09, 7 O 4/09, 7 O 13/09; v. 3.5.2007 – 12 O 1/07; Thelen VersR 2009, 1025 (1026 ff.). 539 LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914. 540 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; Roth BB 2010, 2000 (2002); Küstner/Thume I, Rn 607; Hopt § 86a Rn 5. 541 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 27. 542 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 27. 543 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16.

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keine Geheimhaltungsinteressen entgegenstehen. Nach dem BDSG wird die Weitergabe regelmäßig nicht zu beanstanden sein.544 Ggf. muss der Unternehmer die Einwilligung der Kunden suchen.545 Kundenlisten (soweit vorhanden und nach dem Vertragsinhalt nicht vom HV zu erstellen).546 Soll der HV ein bislang unbesetztes Gebiet bearbeiten, so braucht der Unternehmer ihm keine Kundenlisten zu übergeben, ebenso wenig, falls es keine Kundenlisten gibt.547 Die Ermittlung dieser Kunden ist Sache des HV.548 Existieren allerdings Kundenlisten, hat der Unternehmer jene zur Verfügung zu stellen.549 Schreibt der HV die Kundendatei fort, so hat er bei Vertragsende nur die Ursprungsdatei herauszugeben.550 Auch hier steht das BDSG der Weitergabe an den HV als Auftragsdatenverwaltung nach § 11 BDSG nicht entgegen. Unterlagen über existierende Kundenbeziehungen Eine vom Versicherer herausgegebene Kundenzeitschrift, sofern sie ohne nennenswerte Individualisierung vom HV an die Kunden weitergegeben wird,551 auch wenn sie käuflich zu erwerben ist.552 Das gilt insb., sofern sie ein Formular für die Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer enthält,553 jedoch nicht, falls sie zuvörderst der Bestandspflege dient.554 Musterkollektionen, -mappen u.ä., 555 die kostenlose Bereitstellungspflicht soll einen Handelsbrauch bilden.556 Eigens für das Produktangebot des Unternehmers entwickelte oder darauf zugeschnittene, nicht handelsübliche Computerprogramme, die der HV zur Vermittlung oder Produktdemonstration benötigt.557 Beispiele: vom Versicherer für die Bear-

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544 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 545 Evers/Kiene DB 2003, 2762; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 546 OLG München HVR Nr. 1124; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Genzow in: Ensthaler § 86a Rn 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3; Hopt § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2, 21. 547 LG Hamburg, Beschl. v. 16.7.2008 – 411 O 54/08. 548 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. 549 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. 550 AA wohl Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 6. 551 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88); LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928; LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 488/08, 10 O 489/08, 10 O 490/08, 10 O 491/08; aA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 29; VIII ZR 11/10, NJW 2011, 2423 = WM 2011, 2061 (die Zeitschrift solle nur allg. das Interesse an den Produkten des Unternehmers wecken) – AWD Finanzplaner; LG Bonn, Urt. v. 3.5.2007 – 12 O 1/07 (wegen fehlender Erforderlichkeit); LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08, n.v.; Thelen VersR 2009, 1025. 552 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; LG Münster, Urt. v. 16.9.2010 – 24 O 94/09, BeckRS 2010, 23928. 553 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. 554 LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914. 555 OLG München, Urt. v. 8.8.2001 – 7 U 5118/00, HVR Nr. 991; v. 3.3.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320 = HVR Nr. 895; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; Thume BB 1995, 1913; Thelen VersR 2009, 1025 (1026); Hopt § 86a Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 5. 556 Roth BB 2010, 2000 (2004). 557 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10, NJW 2011, 2423 = WM 2011, 2061 Rn 30 – AWD; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; Beschl. v. 15.8.2012 – 19 U 3/12, BeckRS 2014, 10017; Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; OLG Bremen, Beschl. v. 27.6.2011 – 2 U 21/11, BeckRS 2011, 17855; OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; LG Rostock, Urt. v. 25.9.2009 – 8 O 11/09 n.v.

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beitung des Kundenstammes und Vertragsbestandes einheitlich genutzte Software,558 insb. falls mit ihr der Zugang zum aktuellen Datenbestand des Prinzipals sowie den Vertragsdaten ermöglicht wird,559 die Tarife der Produktpartner des Versicherers sowie dessen Außendienst-Informationssystem aktualisiert,560 hiermit Angebote geschrieben werden561 bzw. der Zugang zu Produktübersichten über das Programm erfolgt, 562 Programme, die im Informationsinteresse des Unternehmers angeschafft werden563 oder Kassensoftware beim Tankstellen-HV.564 Das gleiche soll gelten, wenn die Software funktionell an die Stelle der bisherigen Verkaufsunterlagen tritt, die zuvor kostenlos überlassen wurden.565 Spezielle Software, die dem HV erst Zugang zu dem Datenbestand des Versicherers und damit zu den aktuellen Vertragsdaten seiner Kunden ermöglicht, zählt nach dem Wegfall von in Papierform übersandten Dynamiknachtragsmitteilungen zum Bereich der die Produktwerbung unterstützenden, vom Unternehmer gem. § 86a Abs. 1 kostenfrei zur Verfügung zu stellenden Mittel.566 Eine einheitliche Betriebssoftware darf der Unternehmer nur vorschreiben, wenn er ihre Kosten, auch die des laufenden Unterhaltes, übernimmt.567 Der klagende HV muss substantiiert vortragen, um welche Softwareprogramme es sich handelt.568 Bei Branchenüblichkeit kostenlos zu verteilende Probestücke.569 Preislisten.570 Produktbeschreibungen571 und Gebrauchsanleitungen. Schulung: Der Unternehmer hat den HV kostenlos zu schulen, soweit die Schulung eine Überlassung von Unterlagen ersetzen soll572 oder allgemein der Produktschulung dient.573 Richtigerweise sind in zumindest analoger Anwendung des § 86a auch sonstige vertriebsspezifische Schulungen kostenfrei anzubieten,574 was sich zudem aus der Unterstützungspflicht des Unternehmers ergibt. Auch Schulungen eines Finanzberaters, die ihm Fachkenntnisse vermitteln sollen, welche er für den Vertrieb der Finanzprodukte allgemein benötigt, zählen zu den kostenfrei bereitzustellenden Unterlagen.575 Der Unternehmer muss dabei das für den Vertrieb erforderliche Know-how vermitteln, von dem er Kenntnis hat, nicht jedoch sein gesamtes Know-how.576 Anders kann bei Schulungen ohne spezifisch vertriebs- oder

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558 LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08, n.v.; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 6 f.; Westphal I Rn 378; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5. 559 LG Rostock, Urt. v. 25.9.2009 – 8 O 11/09 n.v. 560 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). 561 OLG Bremen, Beschl. v. 27.6.2011 – 2 U 21/11, BeckRS 2011, 17855. 562 OLG Bremen, Beschl. v. 27.6.2011 – 2 U 21/11, BeckRS 2011, 17855. 563 Habersack/Ulmer S. 73. 564 Steinhauer BB 2012, 526 (528). 565 Habersack/Ulmer S. 73. 566 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10, NJW 2011, 2423 = WM 2011, 2061 – AWD; OLG Köln, Urt. v. 30.9.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (409). 567 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 11. 568 OLG Köln, Beschl. v. 15.8.2012 – 19 U 3/12, BeckRS 2014, 10017. 569 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 570 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5. 571 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 572 OLG Hamm NJW-RR 1990, 567; LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08, n.v. (im dortigen Fall verneint); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16. 573 Offen gelassen von BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD. 574 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09; v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS): Schulungen seien keine Unterlagen; offen gelassen von BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD. 575 AA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD. 576 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 70.

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produktbezogenen Inhalt zu entscheiden sein,577 angeblich auch bei Schulungen zum Verkaufstraining.578 Häufig spricht das Angebot der Schulung für die Produktbezogenheit. Schulungsunterlagen, die der HV zur Schulung ihm unterstellter HV benötigt, sofern der HV-Vertrag die Werbung und Schulung unterstellter Vertreter vorschreibt.579 Der Unternehmer hätte sonst die Kosten solcher Schulungen selbst tragen müssen.580 Unterlagen, die für die Anpreisung der Ware des Geschäftsherrn bei der Kundschaft erforderlich sind, insbesondere Werbeunterlagen und Broschüren.581 Einheitlich gebrandete Visitenkarten.582 Vertragsformulare und Geschäftsbedingungen.583 Vorführwagen bei einem Kfz-HV.584 Werbedrucksachen.585 Angeblich soll hier die Bereitstellung von Mustern genügen.586 Allgemeine produktunspezifische Werbemittel und -geschenke im umfassenden Sinne,587 sofern sie mit dem Logo des Unternehmers versehen sind588 (etwa Aufkleber, Kleidung, Radios,589 Süßigkeiten,590 Sektflaschen,591 Spielsachen,592 Tischleuchten593 und andere Giveaways)594 insb. falls deren Verwendung vom Unternehmer erwartet oder vorgesehen ist, etwa weil ein einheitlicher Außenauftritt vorgeschrieben wurde.595 Der Unternehmer hält sie im Zweifel für erforderlich, wenn er sie bereitstellt.

Keine Unterlagen und damit nicht von der Überlassungspflicht sowie der kor- 106 respondierenden Pflicht des HV zur sorgsamen Aufbewahrung erfasst sind Hilfsmittel, welche der HV nach der Verkehrsauffassung selbst anzuschaffen hat, z.B. die o.g. produktunspezifischen Hilfsmittel, etwa:

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577 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 34 – AWD; LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08, n.v. 578 LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08 n.v. (zwh.). 579 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 580 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 581 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 6 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Hopt § 86a Rn 5. 582 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 27. 583 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3. 584 OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 31.7.2007 – 5 U 255/03, BeckRS 2009, 13200; v. 5.2.2002 – 5 U 152/00, S. 15, n.v. 585 Hopt § 86a Rn 5. 586 Roth BB 2010, 2000 (2004). 587 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; aA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10; VIII ZR 11/10, NJW 2011, 2423 = WM 2011, 2061 – AWD. 588 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08 n.v. 589 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 590 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. 591 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 592 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11. 593 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 594 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. zust. Anm Eckhoff GWR 2010, 296495 = GWR 2010, 11; aA BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 28. 595 Gail Versicherungsvertrieb 2010, 41.

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alle Gegenstände, welche zum allgemeinen Geschäftsbetrieb des HV gehören.596 Büro, Geschäftseinrichtung597 und allgemeine Büromaterialien,598 etwa Poster599 und Bilderrahmen600 für das Büro des HV, sofern diese lediglich als Hilfsmittel für den Gewerbebetrieb des HV eingesetzt werden sollen.601 Anders mglw. bei von dem Unternehmer „gebrandeten“ Büromaterialien, s.o. Geschäftsberichte des Unternehmers.602 Koffer, Taschen ohne Inhalt, in denen der HV z.B. seine Muster befördert,603 soweit nicht ein Spezialkoffer für das Produkt benötigt wird. Kfz.604 Autotelefon.605 Gängiger PC nebst Hilfsgeräten.606 Allgemein übliche Hardware607 und Software.608 Eine abweichende Bewertung ist nicht deshalb geboten, weil der HV verpflichtet war, die Computerhardware zu leasen. Denn angesichts der praktischen Erfordernisse im heutigen Geschäftsverkehr ist eine elektronische Büroausstattung erforderlich. Wenn der HV nachweist, dass er preisgünstigere Hardware für seine Tätigkeit auf den freien Markt erhalten könnte, hat er angeblich die Mehrkosten der teureren, vom Unternehmer gestellten Hardware nicht zu tragen.609 EDV-Unterstützungsleistungen, wie Intranet,610 Service,611 Serverdienste sowie Hotline, die sich allein auf allgemeine Hardware und Software beziehen und nicht konkret dem Vertrieb einzelner Produkte zugeordnet sind.612 Kosten für eine Homepage des HV.613 Es wird aber darauf ankommen, ob die Produkte des Unternehmers oder die Leistungen des HV im Vordergrund der Darstellung stehen.

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596 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 4; Hopt § 86a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. 597 LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08 n.v.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 270; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 70; Hopt § 86a Rn 5. 598 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); Hopt § 86a Rn 5; Schlegelberger/ Schröder § 86a Rn 3. 599 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 600 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 601 Küstner/Thume I, Kap, IV Rn 6 f. 602 LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08 n.v. 603 OLG Hamburg HVR Nr. 101; LG Krefeld, Urt. v. 15.6.2011 – 11 O 155/09, BeckRS 2013, 14373; Küstner/ Thume I, Kap. IV Rn 138; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 270; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 70; Hopt § 86a Rn 5. 604 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; Hopt § 86a Rn 5. 605 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 6 f. 606 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09; v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS) m. Anm. Hesse BB 2010, 1052; OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 6 f. 607 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). 608 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; v. 30.9.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (409); Habersack/Ulmer S. 72 f. 609 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88). 610 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 611 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 28.5.2008 – 13 Sa 13/07 „MLP“. 612 LG Bonn, Urt. v. 19.5.2009 – 10 O 483/08, BeckRS 2009, 15914. 613 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09.

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Vorratswaren, die der Unternehmer dem HV zur Lieferung an die Kunden überlassen hat, sollen nach hM keine kostenlos bereitzustellende Unterlage bilden: Sie dienten nicht der Abschluss- und Vermittlungstätigkeit, sondern der Erfüllung geschlossener Geschäfte.614 Die vermittelten Produkte werden nicht an den HV sondern den Kunden geleistet, mussten also nach der Vorstellung des Gesetzgebers typischerweise nicht dem HV bereitgestellt werden, um die Vermittlung zu ermöglichen. Wohl deshalb wurden sie in § 86a Abs. 1 nicht erwähnt. Dem Gesetzgeber war offenbar nicht bewusst, dass Voraussetzung der Vermittlung – und auch des Geschäftsabschlusses – in bestimmte Branchen die Präsenz der vermittelten Produkte ist (Tankstellen, Kfz-Vermietstationen). Hier gilt der Rechtsgedanke des § 86a „erst recht“. Diese Waren entsprechen dann Mustern und Vorführwaren, weil sie „präsent“ sein müssen, um den Kunden anzulocken. Sie sind kostenlos zur Verfügung zu stellen, Produktbereitstellungspauschalen oder die Zuweisung von Lagerkosten zum HV sind regelmäßig unzulässig, jedenfalls soweit sie nicht branchenüblich sind. Dies ergäbe sich notfalls aus § 87d, demzufolge der HV nur eigene Aufwendungen und nicht die dem Unternehmer zugewiesenen Produktbereitstellungskosten bzw. die Kosten der Geschäftsausführung trägt. Selbstverständlich sind auch solche Waren sorgfältig zu verwahren. Eine mindestens analoge Anwendung des § 86a Abs. 1, auch bei der Leitbildprüfung des § 307 BGB (soweit sie wegen der auch individualvertraglich zwingenden Kostenfreiheit der Überlassung erforderlich sein sollte), ist richtig. Für diese Deutung spricht auch der Rückschluss aus § 87 Abs. 4 sowie § 86b. Die Vorschriften zeigen, dass die Erfüllungshandlung und die damit zusammenhängenden Aufgaben grds. nicht Sache des HV sind und er, falls er sie zu seiner Sache macht, hierfür eine gesonderte Vergütung erhält. Das für die gegenteilige Auffassung in Anspruch genommene und in allen Kommentaren zitierte Urt. des OLG Düsseldorf615 bestätigt diese Ansicht eher. Das OLG meint, Lagerware sei nicht zur Ausübung der Vermittlungstätigkeit, sondern zur Erfüllung der bereits vermittelten Verkaufsgeschäfte bestimmt. Diese Unterscheidung spricht dafür, die Erfüllungshandlungen und insb. die dafür erforderliche Lagertätigkeit nicht als Aufgabe des HV einzuordnen. Die hier eingenommene Ansicht bedeutet nicht, dass der HV keine Vereinbarungen über die Lagerhaltung treffen darf. Viele HV unterhalten ein Auslieferungslager. Sie werden hierfür allerdings ganz ausnahmslos durch den Unternehmer zusätzlich bezahlt, was die Leitbildprägung unterstützt. Letztlich bestätigen auch andere Entscheidungen dieses Verständnis: Das Absatzrisiko des Unternehmers darf nämlich nicht auf den HV verlagert werden.616 Nach Ansicht des OLG Stuttgart617 sowie des OLG Hamburg618 ist es sogar sittenwidrig, wenn dem HV die Verpflichtung auferlegt wird, die zu vermittelnden Waren zu erwerben und er auf diese Weise das Absatzrisiko übernehmen muss. Der BGH619 teilt diese Auffassung zumindest für den Fall, in dem das Unternehmerrisiko ohne besonderes Entgelt auf

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614 OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.2.1990 – 16 U 125/89, BB 1990, 1086 (1087) = HVR Nr. 687 (Videokassetten); Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 6 f.; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 17 Rn 70; Westphal I Rn 380; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 16; Genzow in: Ensthaler § 86a Rn 4; Hopt § 86a Rn 5; wie hier Stötter Das Recht der Handelsvertreter, 3. Aufl., S. 364. 615 OLG Düsseldorf, Urt. v. 2.2.1990 – 16 U 125/89, BB 1990, 1086 (1087). 616 Vgl. BGH, Urt. v. 20.3.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; OLG Hamburg, Urt. v. 31.1.1940, HVR Nr. 2; OLG Stuttgart, Urt. v. 5.7.1957- 5 U 169/56, NJW 1957, 1281; OLG München, Urt. v. 8.8.2001 – 7 U 5118/00, OLGR 2000, 82; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60. 617 Urt. v. 5.7.1957 – 5 U 179/56, NJW 1957, 1281. 618 Urt. v. 31.1.1940, HVR Nr. 2. 619 Urt. v. 20.3.1981 – I ZR 12/79, MDR 1982, 200; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 60.

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den HV übertragen wird. Die Verpflichtung des HV zum Erwerb von (Vorrats)waren bzw. Produkten des Unternehmers widerspricht damit dem Wesen des HV-Vertrages und ist regelmäßig (analog) § 86a Abs. 3 unwirksam.620 Soweit die Waren nicht kostenfrei bereitzustellen sein sollten, hat der Unternehmer Vorratsware, Lagerbestände, Ersatzteile oder sonstige vom HV im Einverständnis mit dem Unternehmer zur Unterstützung der ihm übertragenen Tätigkeit auf eigene Kosten erworbene Gegenstände nach Vertragsende gegen Wertersatz entsprechend den für Vertragshändlern geltenden Grundsätzen (Vor § 84 Rn 412 ff.) zurückzukaufen.621 betriebsinterne Geschäftsunterlagen des Unternehmers,622 welche der HV nicht für die Werbung benötigt. Unterlagen, die allein das Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und HV, nicht aber zu Kunden, betreffen.623 eine vom HV selbst angelegte Kundenkartei. Mangels besonderer Vereinbarung ist der HV bei Beendigung des Vertrages demgemäß auch nicht zur Herausgabe einer solchen Kartei verpflichtet.624

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Regeln die Parteien vertraglich, welche Unterlagen dem HV zur Verfügung zu stellen sind und werden dabei erforderliche Unterlagen nicht genannt, steht dem HV unmittelbar aus § 86a ein Anspruch auf die erforderlichen Unterlagen zu.625 Wegen der zwingenden Natur des Überlassungspflicht gilt dies selbst dann, wenn die Aufzählung erschöpfend sein sollte. Die Überlassungspflicht ist keine höchstpersönliche Pflicht. Der Unternehmer kommt ihr auch nach, indem er dem HV die Unterlagen durch Dritte, etwa Erfüllungsgehilfen, zukommen lässt.626 Auch dann darf er hierfür keine Kosten berechnen, soweit die Kostenfreiheit durch Abs. 1, 3 vorgeschrieben ist. An Dritte geleistete Kosten muss der Unternehmer dem HV in dieser Situation ersetzen.

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ee) Fälligkeit. Wie alle in § 86a vorhandenen Pflichten des Unternehmers besteht die Überlassungspflicht vertragsbegleitend. Fälligkeit tritt unverzüglich627 und jedenfalls bei allgemein üblichen Hilfsmitteln ohne Aufforderung628 ein, sobald der HV die Unterlagen benötigt,629 etwa bei Vertragsbeginn,630 spätestens unverzüglich nach Aufforderung.631 Erkennt der Unternehmer die Erforderlichkeit nicht, ist die Aufforderung fälligkeitsbegründend. Benötigt der HV die Unterlagen dringend, kann er sein Recht mittels einstweiliger Verfügung sichern lassen.632 Das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache steht nicht entgegen. Die Unterlagen sind dem HV solange zu belassen, wie er sie benötigt.633 Der Unternehmer ist mit der Rechtsfolge des § 295 BGB vorleis-

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620 Ulmer/Brandner/Hensen, 10. Aufl., Anh. § 310 BGB Rn 407 m.w.N. 621 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 622 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 623 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 3. 624 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 34. 625 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 42. 626 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 9. 627 Hopt § 86a Rn 6. 628 Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 4. 629 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 10. 630 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 4. 631 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 632 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39. 633 Hopt § 86a Rn 6.

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tungspflichtig und darf die Aushändigung i.d.R. – Extremfälle ausgenommen – nicht von Bedingungen oder Zurückbehaltungsrechten, etwa der Rückgabe anderer Gegenstände, abhängig machen, sofern der HV zur Ausübung seiner Tätigkeit auf die Unterlagen angewiesen ist.634 Denn mit einer überholten oder veralteten Kollektion braucht ein HV nicht zu arbeiten.635 Die Verpflichtung ist eine kontinuierliche. Der Unternehmer hat die geschuldeten Unterlagen auch ohne Aufforderung laufend auf aktuellem Stand zu halten636 sowie zu übermitteln, und zwar auf seine Kosten.637 Verbrauchte Unterlagen sind zu ergänzen und aufzufüllen.638 Dies gilt, solange der HV für ihn tätig zu sein hat, grundsätzlich auch, wenn das Vertragsverhältnis gekündigt, aber noch nicht beendet, ist.639 ff) Kosten. Die in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen sind dem HV – mglw. kraft Han- 109 delsbrauchs640 – kostenlos zur Verfügung zu stellen.641 Diese Kostenfreiheit ergibt sich zwar nicht wörtlich aus § 86a, wird aber seit den 1950er Jahren einheitlich vertreten.642 Aus dem Leitbild des HV als selbstständiger Vermittler von Geschäften folgt, dass er sich einerseits nicht an den Kosten des Unternehmers beteiligen muss, andererseits das alleinige Risiko der von ihm entfalteten Absatzbemühungen trägt. Durch eine Beteiligung an Kosten des Unternehmers für Unterlagen i.S.d. § 86a Abs. 1 wäre der HV indes verpflichtet, auch im Falle erfolgloser Absatzbemühungen für die überlassenen Unterlagen ein Entgelt an den Unternehmer zu zahlen und so letztlich einen Teil des unternehmerischen Risikos des Prinzipals zu tragen.643 Die Kostenfreiheit ist gem. § 86a Abs. 3 zwingend, nicht nur betreffend die Erstausstattung.644 Alle Abreden, die auf die Gewährung einer irgendwie gearteten Leistung für die Überlassung der Hilfsmittel gerichtet sind, gleich welcher Höhe und Fälligkeit, wären unwirksam,645 etwa Bestellungen des HV, die Vereinbarung einer Holschuld am Sitz des Unternehmers, einer Nutzungsgebühr,646 Unterlagen oder Musterkollektion nach Saison- oder Vertragsende käuflich zu erwerben647

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634 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 635 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 636 OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09. 637 Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 638 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88); Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 4. 639 Hopt § 86a Rn 6; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 6. 640 Roth BB 2010, 2000 (2004). 641 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 19 („allg. Ansicht“); OLG Celle, Urt. v. 10.12.2009 – 11 U 50/09, DB 2010, 390 (LS); OLG Köln, Urt. v. 11.9.2009 – 19 U 64/09; OLG Hamm NJW-RR 1990, 567 (568); OLG München BB 1999, 2320; LG Hannover, Urt. v. 23.7.2009 – 18 O 92/08, n.v.; Thume BB 1995, 1913 (1915); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 3, 6; Hopt § 86a Rn 6; Oetker/Busche § 86a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2, 7. 642 Roth BB 2010, 2000 (2001), der vertritt, aus § 4 Abs. 2 RL ergebe sich keine Verpflichtung zur kostenlosen Überlassung. 643 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 19. 644 So jedoch mglw. Roth BB 2010, 2000 (2004). 645 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770 (AGB); Thume BB 1995, 1913; Küstner/Thume, Kap. IV Rn 11. 646 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 30 – AWD; LG Hannover, v. 3.3.2009 – 24 O 40/08, n.v. 647 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; OLG München, Urt. v. 3.3.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320 = HVR Nr. 895; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 11.

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(sowohl als AGB648 wie als Individualabrede),649 generell eines Kauf-650 oder Mietvertrages, einer Kaution651 oder Sicherheit, letztere ist sogar bei wertvollen Kollektionen unzulässig,652 und dies alles sowohl individualvertraglich wie mittels AGB. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Kaution nach Vertragsende zurückzuzahlen oder zu verzinsen ist. Denn der HV hat bei Aushändigung der Unterlagen einen Geldabfluss zu verzeichnen, so dass aus der maßgeblichen Sicht zu diesem Zeitpunkt keine Unentgeltlichkeit vorliegt. Zudem trägt er das Insolvenzrisiko des Unternehmers sowie das Risiko einer gerichtlichen Auseinandersetzung um die Rückzahlungspflicht. Auch eine Beteiligung an den Entwicklungskosten darf nicht vereinbart werden.653 In AGB widersprechen solche Regelungen dem gesetzlichen Leitbild nach § 307 BGB.654 Allenfalls die freiwillige Option zum Kauf darf vereinbart werden, jedoch keine Verpflichtung.655 Diejenigen, die eine Kaufverpflichtung für zulässig halten, befürworten – auch ohne Vereinbarung – eine Rückerwerbspflicht des Unternehmers zu angemessenem Preis bei Vertragsende, weil der HV die von ihm erworbenen Gegenstände nicht mehr nutzen oder absetzen kann656 (s.u., Rn 117). Ggf. um Kosten für die Bereitstellung gekürzte Provisionen hat der Unternehmer ungekürzt auszuzahlen; soweit der HV unberechtigt Kosten zu tragen hat, folgt aus § 812 BGB Abs. 1 S. 1 BGB ein ggf. erheblicher,657 mit dem Anspruch auf Provisionszahlung konkurrierender Erstattungsanspruch.658 Auch ein Zinsnachteil darf dem HV nicht entstehen, etwa bei einem späteren Ausgleich der Kosten. Ein entgegenstehender Handelsbrauch wäre nicht gegen Abs. 3 zulässig.659 Produktbereitstellungskosten, z.B. bei der Kfz-Vermietung, sind deshalb unzulässig, und zwar auch individualvertraglich. Selbst Prämien eventueller Versicherungen hat allein der Unternehmer zu tragen, weil anderenfalls Kostenfreiheit fehlt.660 Die Unwirksamkeit tritt auch ein, falls nur ein Teil der Einzelelemente für die Vermittlungstätigkeit „erforderlich“ und ein Teil lediglich „nützlich“ ist. Wenn der Unternehmer erforderliche, und damit kostenfreie, zusammen mit nützlichen, und damit möglicherweise vergütungspflichtigen Arbeitsmitteln in einem Paket zu einem einheitlichen Preis zur Verfügung stellt, ist die Vergütungsvereinbarung insgesamt gem. § 86a Abs. 1, 3 unwirksam.661 Grundsätzlich hat der Unter-

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648 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; OLG München HVR Nr. 991; LG Stuttgart, Urt. v. 20.2.1990 – 3 KfH O 163/89, HVR Nr. 690; Hopt § 86a Rn 6; zu den Urteilen Roth BB 2010, 2000 (2001 f.). 649 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 650 OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07. 651 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18; aA Thume BB 1995, 1913 (1914). 652 Thume BB 1995, 1913 (1914); Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 21; aA Sieg VersR 1996, 559 (560); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 653 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364 – Musterkollektion. 654 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.11.1994 – 16 U 279/93, HVR Nr. 770; LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 12.3.1996 – 2 HKO 6793/94, HVR Nr. 842 = VersR 1997, 967 (L). 655 OLG München OLGR 2002, 82; Urt. v. 3.3.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320; Thume BB 1995, 1913; aA bei individualvertraglicher Abrede MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 656 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 657 Hesse BB 2010, 1052. 658 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 31 – AWD; OLG Köln, Urt. v. 30.11.2007 – 19 U 84/07, r+s 2009, 87 (88); Steinhauer BB 2012, 526 (528). 659 OLG München, Urt. v. 3.3.1999 – 7 U 6158/98, DB 1999, 1007 = BB 1999, 2320 = HVR Nr. 895. 660 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 13; Hopt § 86a Rn 6; aA (Vereinbarungsfrage) Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 86 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 54: Versicherungspflicht nur „im Zweifel“ beim Unternehmer: Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 8. 661 BGH, Urt. v. 4.5.2011 – VIII ZR 10/10 Rn 30 – AWD; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; LG Hannover, Urt. v. 3.3.2009 – 24 O 40/08, n.v.; Steinhauer BB 2012, 526 (528).

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nehmer auch den durch ordnungsgemäßen Gebrauch oder Abnutzung der „Unterlagen“ eintretenden Wertverlust oder die Wertminderung zu tragen.662 Ersatz für verbrauchte, beschädigte und verlorene Hilfsmittel ist daher ebenfalls kostenfrei zu liefern, es sei denn, es liegt eine Verletzung der Verwahrungspflicht durch den HV vor, die der Unternehmer zu beweisen hat, wobei der HV jedoch zuvor zur sorgfältigen Verwahrung vortragen muss (dies kann nur er). Hat der HV Kosten für Materialien zu tragen gehabt, die ihm kostenfrei zu liefern waren, soll nach Ansicht des LG Hannover663 ein Bürokostenzuschuss diese Nachteile hinreichend ausgleichen, sofern der gezahlte Betrag die Kosten klar übersteigt. Es müsse, so das LG Hannover, lediglich eine effektive Kostenbelastung des HV unterbleiben. Dies gelte selbst bei freiwilliger Leistung des Zuschusses.664 Dem widersprach das OLG Celle: Der Anspruch auf kostenfreie Bereitstellung dürfe nicht ausgehebelt werden, indem er mit freiwilligen Zahlungen aufgrund eines anderen Vertrages verrechnet werde.665 Wie bei der Kaution würde der HV zudem bis zur Zahlung das Insolvenzrisiko des Unternehmers tragen, zudem unzulässigerweise den Zinsnachteil. Die Zweckbestimmung der Gegenleistungen des HV wird derenige zu beweisen haben, der die Abreden zur Vergütung formulierte. gg) Eigentum an den Hilfsmitteln. Ohne abweichende Vereinbarung bleibt der Un- 110 ternehmer regelmäßig666 Eigentümer der zur Verfügung gestellten Unterlagen.667 Soweit nichts Gegenteiliges „erforderlich“ ist, genügt die Besitzüberlassung; Eigentum etwa an den für Kunden bestimmten Mustern kann der HV auch im Namen des Unternehmers übertragen; er muss hierfür zuvor nicht selbst Eigentümer werden. Indiz für den abweichend vom Regelfall vereinbarten Eigentumserwerb des HV kann die Ausstellung einer Rechnung über die Unterlagen sein, sofern es sich nicht um eine Proforma-Rechnung handelt, die lediglich aus internen Gründen, etwa zum Nachweis des Verbleibs oder in Hinblick auf eine Berechnung nach Vertragsende – etwa wegen fehlender Rückgabe –668 ausgestellt wurde. hh) Pflicht zur sorgsamen Verwahrung. Der HV ist unmittelbarer Besitzer der 111 Unterlagen und nicht Besitzdiener im Sinne des § 855 BGB. Denn zwischen Unternehmer und HV besteht kein sozialrechtliches Abhängigkeitsverhältnis.669 Der gutgläubige Dritte wird nach §§ 932 BGB, 366 HGB geschützt.670 Werden die Unterlagen dem HV entzogen, darf er die Rechte auf Besitzwehr und Besitzkehr der §§ 861, 862 BGB geltend machen.671 Der HV ist verpflichtet, die ihm ausgehändigten und im Eigentum des Unternehmers stehenden Unterlagen sorgfältig aufzubewahren (kaufmännische Aufbewahrungspflicht, § 86 Abs. 3, siehe § 86 Rn 56 ff.).672 Die Sorgfaltspflicht wird stärker, je wertvoller die überlassenen Hilfsmittel sind. Sie verbietet insbes. Selbstverbrauch673 des HV

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662 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 663 LG Hannover, Urt. v. 23.7.2009 – 18 O 92/08, n.v.; aufgehoben durch OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 664 LG Hannover, Urt. v. 23.7.2009 – 18 O 92/08, n.v. 665 OLG Celle, Urt. v. 23.12.2010 – 11 U 150/09. 666 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 17. 667 Westphal I Rn 386; Hopt § 86a Rn 6. 668 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 17. 669 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 7. 670 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 7. 671 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 7. 672 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 8. 673 LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.1960 – 8 (3) Sa 437/59, DB 1960, 813; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 18.

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sowie die Veräußerung an Dritte auf eigene Rechnung.674 Der HV hat über den Inhalt der Unterlagen Stillschweigen zu bewahren, soweit Vertraulichkeit erwartet werden kann (§ 90).675 112

ii) Herausgabepflicht. Da die Überlassungspflicht spätestens mit Vertragsablauf endet, ist der HV gemäß § 667,676 § 675, § 985, § 269 BGB verpflichtet, die Unterlagen bei Vertragsende herauszugeben,677 zudem wenn Unterlagen überholt sind678 oder nicht mehr benötigt werden.679 Die Rückgabepflicht entfällt (Ausnahme) lediglich, wenn die Unterlagen zum Verbrauch – bei Prospekten etwa durch Übergabe an die Kunden – vorgesehen waren. Die durch die Herausgabe entstehenden Kosten der Übersendung sind vom Unternehmer zu tragen, da die Überlassung kostenfrei erfolgen muss.680 Die Rückgabepflicht darf auch nicht durch eine Kaution gesichert werden. Denn wenn eine Kaution zu zahlen wäre, fehlt die erforderliche unentgeltliche Überlassung681 (Rn 109). Zum Zurückbehaltungsrecht des HV an den Unterlagen siehe die Kommentierung zu § 88a.

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jj) Erfüllungsort. Erfüllungsort für Übergabe und Rückgabe ist abweichend von § 269 BGB der Sitz des HV,682 nicht der Tätigkeitsort. Die Pflicht zur Übergabe ist also eine Bringschuld des Unternehmers;683 der Unternehmer hat die Unterlagen kostenlos an den Sitz des HV zu verbringen.684 Die Abholung im Anschluss an die Überlassungszeit gem. § 667 BGB685 ist eine Holschuld des Unternehmers,686 und zwar dort, wo sich die Unterlagen nach der vertragsgemäßen Bestimmung befinden,687 im Zweifel am Sitz des HV. Von dort hat sie der Unternehmer kostenfrei abzuholen.688 Insbesondere die Musterkollektion ist dem HV am Ort seiner gewerblichen Niederlassung zur Verfügung zu stellen und mit Ablauf der Überlassungsperiode auch wieder abzuholen.689 Die Verpflichtung zur Überlassung von Unterlagen ist eine selbstständig einklagbare Nebenpflicht.690 Der Unternehmer schuldet jedoch nicht die Kosten der Verbringung der Unterlagen zu dem vom Geschäftssitz des HV abweichenden Ort, an dem der HV die Unterlagen möglicherweise während seiner Tätigkeit benötigt. Der HV muss die Unterlagen ggf. von sei-

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674 LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.1960 – 8 (3) Sa 437/59, DB 1960, 813; IHK Berlin, Handelsbrauch und Handelsvertreterrecht, 1952, Gutachten Nr. 183; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 8. 675 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 5. 676 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 677 Hopt § 86a Rn 6; Oetker/Busche § 86a Rn 6. 678 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 8. 679 Oetker/Busche § 86a Rn 6. 680 Westphal I Rn 386. 681 AA Westphal I Rn 386. 682 OLG München BB 1999, 2320; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 16; Westphal I Rn 383; Hopt § 86a Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 7. 683 Hopt § 86a Rn 6; Oetker/Busche § 86a Rn 6. 684 OLG München BB 1999, 2320; Thume BB 1995, 1913; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 5; Hopt § 86a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 2. 685 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 686 OLG München NJW-RR 1999, 1194 (1195) = BB 1999, 2320; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 687 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 688 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 17. 689 OLG München, Urt. v. 3.3.1999 – 7 U 6158/98, NJW-RR 1999, 1194; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 7. 690 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 13.

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nem Sitz auf eigene Kosten zu einem Ort transportieren, wo er sie benötigt, etwa zum Sitz des Kunden. Nach dem Inhalt des Vertrages oder der Natur der Unterlagen, etwa wegen ihrer Sperrigkeit, kann es im Ausnahmefall aber Teil der Pflicht des Unternehmers zur kostenlosen Bereitstellung sein, jene an einen anderen Ort, etwa zum Sitz des Kunden, zu verbringen, wenn der Transport nur Aufgabe des Unternehmers sein kann. kk) Haftung des HV. Werden die Unterlagen beschädigt, die Rückgabe unmög- 114 lich oder erfolgt sie verspätet, so kann der HV auf Schadenersatz haften (§§ 280, 286 BGB). Weil ein Verlust oder eine Beschädigung aus der Sphäre des HV resultiert, muss er darlegen, welchen Grund es hierfür gab. Kann er keinen Grund darlegen, der fehlende Fahrlässigkeit plausibel erscheinen lässt, ist diese zu Lasten des HV indiziert.691 Da die Kollektion nicht zum Verkauf vorgesehen ist, valutiert der Schaden nicht in Höhe ihres Verkaufswertes, sondern in Höhe des Anschaffungs- oder Herstellungspreises.692 ll) Haftung des Unternehmers. Das Unterbleiben der Ausrüstung des HV mit 115 den erforderlichen Unterlagen zur Aufnahme seiner HV-Tätigkeit kann diese in einem Grade unmöglich machen, dass der Unternehmer mit der Annahme der vom HV geschuldeten Dienste in Annahmeverzug gerät. Für dessen Dauer könnte der HV dann nach § 615 BGB die vereinbarte Vergütung verlangen.693 So lässt sich bei einem vertraglichen Fixum verfahren. Nicht so dagegen in Ansehung der Provision; hier bleibt eine analoge Anwendung des § 642 BGB mit der Folge, dass eine angemessene Vergütung zu zahlen ist. In der Pflicht, die Tätigkeit des HV durch Ausrüstung mit Unterlagen zu fördern, ist ja mindestens die in § 642 BGB vorausgesetzte Obliegenheit des Gläubigers (Unternehmers) auf Vornahme der zur Eröffnung der Tätigkeit des HV erforderlichen Mitwirkungshandlung enthalten. Ein Verschulden des Unternehmers ist nicht vorausgesetzt. Allerdings wird man es ablehnen müssen, den HV analog § 642 BGB auf die angemessene Entschädigung zu beschränken.694 Konkurrierend besteht ein verschuldensabhängiger Schadenersatzanspruch des HV nach § 280 BGB. Die fehlende oder verspätete Übergabe der Unterlagen durch den Unternehmer soll aber ebenso wie deren Beschädigung keine abstrakten Schadenersatzansprüche des HV gem. § 280 BGB begründen.695 Wenngleich der HV gem. § 252 BGB lediglich die Wahrscheinlichkeit eines Schadens darlegen muss, hat er durch die fehlende Überlassung konkret entgangene Geschäfte nachzuweisen. Wendet der Unternehmer ein, er hätte diese Geschäfte nicht abgeschlossen, eine Einwendung, die ohnehin nur gegenüber einem Vermittlungsvertreter erheblich sein kann (der Abschlussvertreter schließt selbst ab),696 so ist er für diesen atypischen Geschehensablauf darlegungs- und beweispflichtig.697 Da die Nichtzurverfügungstellung von Unterlagen eine Vertragsverletzung darstellt, kann auch ein Kündigungsrecht gem. § 89a bestehen. Zuvor ist jedoch eine Aufforderung des HV zur Übermittlung erforderlich,698 zudem eine Abmahnung. Insbesondere gibt die fehlende Übermittlung von Kundenlisten dem HV im Regelfall keinen Anlass zur ausgleichserhal-

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Ähnlich LG Darmstadt HVR Nr. 8; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 19. LG Darmstadt HVR Nr. 8, Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 19. AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 39. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 37. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 38. AA wohl Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 38. LG Hamburg, Beschl. v. 16.7.2008 – 411 O 54/08.

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tenden Kündigung nach § 89b Abs. 3 Nr. 1.699 Für den Zustand der Sachen haftet der Unternehmer dem HV grundsätzlich gemäß §§ 618 Abs. 1, 3 BGB.700 Hinsichtlich der Kosten des Transports gilt: Der Unternehmer macht sich gem. § 280 116 BGB schadenersatzpflichtig, falls er die Unterlagen nicht an den Sitz des HV verbringt.701 Eine Ersatzpflicht des HV gem. § 670 BGB besteht nicht, da die Transportkosten keinen Ersatz von Aufwendungen darstellten, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des HV entstehen. 117

mm) Rückkauf nach Vertragsende. Hat der HV Materialien, die der Unterstützung der ihm übertragenen Tätigkeit dienen und die ausnahmsweise nicht kostenfrei zur Verfügung zu stellen sind, erworben, schuldet der Unternehmer den Rückkauf, regelmäßig zum Übernahmepreis.702 Dies rechtfertigt sich aus der entsprechenden Anwendung der Grundsätze zur Rücknahme von Lagerwaren bei Vertragshändlern. Der Unternehmer hat einen/eine durch ordnungsgemäßen Gebrauch oder Abnutzung der Waren eintretenden Wertverlust/Wertminderung zu tragen.703

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nn) Beweislast. Jeder Anspruchsteller hat seine Berechtigung zu beweisen. Der HV muss beweisen, dass es sich bei dem begehrten Material um Unterlagen i.S.d. § 86a handelt, er jene benötigt bzw. sie erforderlich sind. Ein auf Rückgabe der Unterlagen oder Schadenersatz wegen Nichtrückgabe klagender Unternehmer muss beweisen, welche Unterlagen er dem HV zur Verfügung gestellt hat,704 der HV Rückgabe oder Verbleib705 bzw. die bestimmungsgemäße Verwendung, insbesondere, dass er bei Weitergabe der Unterlagen hierzu berechtigt war 706 und schließlich eine ordnungsgemäße Behandlung.707 Der auf Rücknahme in Anspruch genommene Unternehmer hat eine Erwerbsverpflichtung des HV und den Ausschluss seiner Rückerwerbspflicht zu beweisen.708 Verlangt der Unternehmer Bezahlung von Ware, die der HV als Musterkollektion erhalten haben will, hat der Unternehmer den Abschluss eines trotz § 86a Abs. 3 wirksamen Kaufvertrags zu beweisen.709 Will der Unternehmer Kosten für Büromittel vom HV erheben, hat der Unternehmer seine Berechtigung zu beweisen und damit insbesondere, dass es sich nicht um kostenfrei bereitzustellende produktunspezifische Unterlagen i.S.d. § 86a Abs. 1 handelt. Für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Rückkaufrechtes ist der HV beweispflichtig.

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b) Die in § 86a Abs. 2 geregelten Informationspflichten des Unternehmers. § 86a Abs. 2 ist verwandt mit § 87c. Als Ausfluss der Treuepflicht710 und im eigenen Interesse obliegt dem Unternehmer gem. § 86a Abs. 2 S. 1 die Nachrichtspflicht. Diese korrespondiert mit der Informationspflicht des HV. Das Gesetz nennt zwei beispielhaft

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699 LG Hamburg, Beschl. v. 16.7.2008 – 411 O 54/08. 700 Hopt § 86a Rn 6. 701 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 16. 702 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 703 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 18. 704 BGH, Urt. v. 5.2.1997 – VIII ZR 41/96, EBE 1997, 98 (99); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 9. 705 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 9. 706 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 9. 707 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47. 708 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47. 709 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47. 710 Siehe zu der aus der Treupflicht hergeleiteten Informationspflicht etwa BGH, Urt. v. 11.12.2006 – II ZR 166/05, ZIP 2007, 268 (zum GmbH-Recht).

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hervorgehobene Hauptgruppen (Abs. 2 S. 2, 3) und begnügt sich im Übrigen mit einer Generalklausel (Abs. 2 S. 1). Die Grundnorm enthält § 86a Abs. 2 S. 1: Hiernach hat der Unternehmer dem HV die erforderlichen Nachrichten zu geben. Diese Grundnorm wird in § 86a Abs. 2 S. 2 für zwei beispielhaft hervorgehobene, besonders offensichtliche und bedeutende Fälle näher ausgestaltet:711 Der Unternehmer hat dem unverzüglich – aber im Nachhinein – die Annahme, Ablehnung oder den Teilabschluss eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäftes und die Nichtausführung eines von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Er hat ihn ferner unverzüglich – zuvor – zu unterrichten, wenn er Geschäfte voraussichtlich nur in erheblich geringerem Umfange abschließen kann oder will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte. Das Gesetz hätte es aber bei der Grundregel belassen können. § 86a Abs. 2 lässt sich trotz seiner recht umständlichen Fassung auf einen kurzen 120 Kern reduzieren. Er behandelt vertragsbegleitende Informationspflichten, nicht anders als § 87c. Die Zusammenführung in einer Norm hätte nahe gelegen. Allerdings besteht im Normzweck ein Unterschied. Die im ersten Satz des § 86a Abs. 2 genannte Informationspflicht besteht auch im Interesse des Unternehmers, dem naturgemäß an einem vollständig über die Marktlage informierten HV gelegen sein muss und die Nachrichtspflicht wird vom Unternehmer meist freiwillig erfüllt. Die Kontrollrechte des § 87c finden ihren Zweck hingegen ausschließlich im Interesse des HV. Mit Ausnahme der Abrechungspflicht des § 87c Abs. 1 werden die in § 87c genannten Informationsrechte meist erst geltend gemacht, wenn das Vertragsverhältnis bereits gestört ist, insb. nach Kündigung des Vertrages. Soweit der HV vertragsbegleitend Auskunft nach § 87c Abs. 3, uU auch den Buchauszug nach § 87c Abs. 2, fordert, steht der Anspruch aus § 86a Abs. 2 häufig in Anspruchskonkurrenz zu diesen Ansprüchen.712 aa) Die allgemeine Informations- und Nachrichtspflicht des § 86a Abs. 2 S. 1. 121 Durch die Generalklausel in Abs. 2 S. 1 ist der Unternehmer ganz allgemein verpflichtet, dem HV die „erforderlichen“ Nachrichten zu geben. Es handelt sich um einen Ausdruck der Förderpflicht des Unternehmers.713 Man könnte auch den geläufigen Begriff der allgemeinen „Informationspflicht“ verwenden. Die Informations- oder Nachrichtspflicht betrifft etwa bevorstehende Änderungen des Herstellungsprogramms, erweiterte oder sonst verbesserte Liefermöglichkeiten, Teilnahme an Messen und Ausstellungen, Verleihung von Preisen und Auszeichnungen für die zu vertreibenden Produkte, kurz alles, was für den Tätigkeitserfolg des HV beim Kunden von Belang sein kann und von ihm deshalb vorausschauend in die Planung der Besuchstätigkeit einbezogen werden muss (Fälle Rn 127). Die Informationspflicht betrifft lediglich das Innenverhältnis zwischen HV und Unternehmer714 und ist von den Erklärungen des Unternehmers gegenüber dem vom HGB als „Dritten“ bezeichneten Kunden zu separieren,715 die ggf. auch dem HV gegenüber aus der Treupflicht geschuldet sein mögen. Eine Erklärung gegenüber dem einen ersetzt nicht die an den anderen zu übermittelnde.716 Die Informationspflicht schränkt die Dispositionsfreiheit nicht ein sondern setzt sie voraus.717

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711 Hopt § 86a Rn 7. 712 Hopt § 86a Rn 10. 713 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20. 714 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 13. 715 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. 716 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. 717 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 16.

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(1) Zweck. Die Informationspflicht soll den HV in die Lage versetzen, möglichst erfolgreich seiner Tätigkeit nachgehen zu können718 und ihm Gelegenheit geben, auf vorhersehbare Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können,719 seine Dispositionen für die Zukunft zu treffen720 und ihn vor nutzlosem Aufwand für eine nicht mehr aussichtsreiche Vermittlungstätigkeit bewahren.721 Damit liegt die Informationserteilung auch im Interesse des an erfolgreichem Vertrieb interessierten Unternehmers. Schließlich dient die Information dazu, den HV über die Höhe seiner Provisionsansprüche aufzuklären.722 Die Vorschrift ergänzt insoweit § 87c. Das BDSG steht nicht entgegen: Die Übermittlung kundenbezogener Daten von einem Unternehmer an seine HV bedarf als Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG keiner weiteren Einwilligung der Kunden.723 Gleiches gilt für das Bankgeheimnis: Die Erteilung gesetzlich geschuldeter Auskünfte an einen von ihr beauftragten HV durch eine Bank stellt keinen Verstoß gegen Artikel 47 des Schweizerischen Bankengesetzes dar.724

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(2) Zeitlicher Umfang und Fälligkeit. Die Informationspflicht besteht vertragsbegleitend. Damit die Information den HV so rechtzeitig erreicht, dass er sein Handeln entsprechend einrichten und die Information sachgerecht verwerten kann725 ist die Informationserteilung fällig, sobald ein objektiver HV Informationen erwarten darf. Obwohl das Gesetz bei der Informationspflicht nicht ausdrücklich sagt, dass der Unternehmer die erforderlichen Nachrichten unverzüglich zu geben hat, folgt dies aus dem Begriff der erforderlichen Maßnahmen und dem Zweck der Regelung, derzufolge die Nachrichten zeitlich so gegeben werden müssen, dass der HV sie rechtzeitig auswerten kann.726 Im Zweifel besteht die Pflicht zur Information also unverzüglich727 (die Unverzüglichkeit der S. 2 und 3 ist Ausdruck eines auch für S. 1 geltenden Grundsatzes); es ist so frühzeitig wie objektiv möglich und zumutbar zu informieren,728 es sei denn, es besteht ausnahmsweise (Beweislast beim Unternehmer) ein objektiv berechtigtes Interesse an einer (vorläufigen) Geheimhaltung729 – etwa um den Versuch einer Sanierung nicht zu gefährden.730 Es kann – je nach Sachverhalt – erforderlich sein, Planungen mitzuteilen oder Zwischennachrichten 731 zu geben und nicht erst den endgültigen Beschluss, diesen aber zumindest.732 Außer im Fall überwiegender Schutzpflichten soll jedoch keine Pflicht des Unternehmers bestehen, die Entscheidungen hinsichtlich der die Informationspflicht auslösenden Umstände unverzüglich zu treffen.733 Anders gewendet:

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718 Westphal I Rn 390. 719 Westphal I Rn 390. 720 BGHZ 26, 161; BGH NJW-RR 1987, 873; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 24; Schlegelberger/ Schröder § 86a Rn 14b. 721 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 24. 722 AA Westphal I Rn 390. 723 Evers/Kiene NJW 2003, 2726 (2728). 724 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, WM 2007, 351. 725 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 18. 726 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 10. 727 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 23. 728 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 26. 729 BGH NJW 1974, 795; Canaris § 17 Rn 73; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 34; Hopt § 86a Rn 12. 730 BGH NJW 1974, 795; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32. 731 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 23. 732 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 26. 733 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 34.

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Der Unternehmer darf (begrenzt durch die Treupflicht) langsam entscheiden. Über seine relevante Entscheidung hat er jedoch unverzüglich zu informieren. Der Unternehmer schuldet die Information unaufgefordert.734 Auf Anfrage hat er darüber hinaus das objektiv Erforderliche mitzuteilen.735 Das gilt gerade, wenn die Auskunft über Dispositionen des Unternehmers erteilt wird, welche in Rechte des HV eingreift (siehe oben). Die vorstehenden Grundregeln gelten im Zweifel für jede Informationspflicht. Zur vor- und nachvertraglichen Informationspflicht oben, Rn 18, 100. (3) Sachlicher Umfang der Informationspflicht. Zu übermitteln sind die erforderli- 124 chen Nachrichten. Dieser Begriff ist weit auszulegen.736 Nachricht ist jede Information, die an den HV gerichtet wird oder zu richten ist, gleich in welcher Form und mit welchem Umfang. Begrenzt wird die Pflicht auf die erforderlichen Nachrichten. Erforderlich ist grds. alles, was die Tätigkeit des HV zu fördern geeignet ist, soweit es nicht die Aufgabe des HV bleibt, die Information zu erheben.737 Die Erforderlichkeit muss zum Zeitpunkt vorliegen, zu dem die Informationen bekannt sind oder bekannt sein sollten.738 Alle Informationen sind zu erteilen, die der HV objektiv739 benötigt, um seiner Tätigkeit optimal nachgehen,740 die Tätigkeit für den Unternehmer zu fördern741 und sich selbst schützen zu können. Dazu zählen sämtliche Informationen, die benötigt werden, um das Produkt vertreiben zu können und damit alles, was der HV wissen muss, um Fragen von Interessenten sachgerecht und sachkundig beantworten zu können.742 Ist eine Produktschulung erforderlich, ist zu schulen. Die Unterrichtungspflicht greift nicht erst bei wesentlichen Änderungen mit erheblicher Bedeutung ein, sondern betrifft alle Informationen, die den HV interessieren müssen, insbesondere Änderungen, bei denen objektiv eine Nachricht erwartet werden darf.743 Damit sind auch solche Informationen mitzuteilen, die sich lediglich auf die Vertriebstätigkeit des HV günstig auswirken und damit den Absatz fördern können.744 Die Information durch den Unternehmer ist insbesondere erforderlich, falls der HV um eine Gegenäußerung oder um Stellungnahme gebeten hat.745 Nur wenn der HV im weiten Umfang informiert ist, kann er auch Vermittlungserfolge erzielen. Ist der HV im Bilde, etwa weil er die Nachricht bereits von dritter Seite erhalten hat, oder ist sie allgemein bekannt,746 muss der Unternehmer kein weiteres Mal informieren, es sei denn, die Bestärkung erhöht die Glaubwürdigkeit der Nachricht oder der Unternehmer muss zweifeln, ob der HV informiert ist. Im Zweifel hat der Unternehmer zu informieren.747 Allgemeiner Geschäftsrückgang in der gesamten Branche, Produktionsausfälle beim Unternehmer durch Brand, Streik, Insolvenz eines Zulieferbetriebes: sind diese Tatsachen dem HV

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734 Westphal I Rn 390. 735 Westphal I Rn 390. 736 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 42; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 14. 737 Hopt § 86a Rn 8. 738 Hopt § 86a Rn 8. 739 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11. 740 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 41; Westphal I Rn 394; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 1. 741 Hopt § 86a Rn 8. 742 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20. 743 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 23; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 35. 744 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 11 f. 745 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11. 746 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 31. 747 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 31.

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bekannt, brauchen sie nicht erst mitgeteilt zu werden. Mitteilungspflichtig sind alsdann allenfalls der Umfang und die voraussichtliche Dauer der Absatzbehinderung. Kennenmüssen oder die Möglichkeit der Kenntniserlangung beim HV reichen nicht. Es kann aber ein Verschulden des Unternehmers fehlen, was für den Schadensersatzanspruch relevant wäre. Informationen, um die sich der HV selbst kümmern muss, hat der Unternehmer nicht zu erteilen,748 es sei denn, er erkennt, dass sie dem HV entgangen sind. Ist ausnahmsweise ein Interesse des Unternehmers anzuerkennen, derzeit keine Informationen zu geben, sind die Interessen des HV und des Unternehmers gegeneinander abzuwägen,749 wobei angesichts der besonderen Hervorhebung der Informationspflicht im Gesetz dem Informationsinteresse des HV regelmäßig leichter Vorrang zukommen dürfte. So kann trotz und in Wechselwirkung mit der dem HV obliegenden Verschwiegenheitspflicht nach § 90750 ein Interesse des Unternehmers bestehen, geheimhaltungsbedürftige Einzelheiten zur Produktentwicklung751 oder Vertriebsstrategie752 nicht mitzuteilen, etwa um eine Transaktion753 oder einen „Coup am Markt“754 nicht zu gefährden. Die Unterrichtungspflicht entsteht in einem solchen Fall, sobald und soweit die Geheimhaltung gegenüber dem HV nicht mehr erforderlich ist.755 Eine gegenüber Dritten übernommene vertragliche Geheimhaltungspflicht kann den Unternehmer von seiner Informationspflicht grundsätzlich nicht dispensieren. Dagegen spricht der zwingende Charakter der Informationspflicht und der Umstand, dass wegen des Verbots von Verträgen zu Lasten Dritter vertragliche Pflichten nicht von Abreden mit Dritten abhängen können. Ein Geheimhaltungsversprechen mag aber im Rahmen der Interessensabwägung ein maßgeblicher Gesichtspunkt sein. Eine Willenserklärung, insbes. gegenüber Dritten, etwa Kunden, gibt der Unterneh125 mer mit der Information regelmäßig nicht ab,756 es sei denn, die Nachricht geht auch an den Dritten oder ist zur Weiterleitung an ihn bestimmt. Jedoch kann u.U. ein widersprüchliches Verhalten des Unternehmers vorliegen, welches eine Bindung des Unternehmers an die gegebene Information herbeiführt. 126 Vielen Fällen, die im Zusammenhang mit der Informationspflicht behandelt werden, liegen Sachverhalte zugrunde, in denen die vom Unternehmer geplante Maßnahmen unzulässig war und nicht von seinem Dispositionsrecht gedeckt war (s.o., Rn 73 ff.). Der Unternehmer durfte sie also ohne (Änderungs-)Kündigung nicht umsetzen und sich nicht auf eine bloße Information beschränken. Die Umsetzung der Maßnahme war dann eine Vertragsverletzung. 127 Über folgende Umstände ist eine Informationspflicht des Unternehmers angenommen worden: – Beabsichtigte Änderungen oder Verbesserungen der Produkte757 oder Preise sowie der Lieferbedingungen.758

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748 Hopt § 86a Rn 8. 749 BGH NJW 1974, 795; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 44; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37; Hopt § 86a Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 12. 750 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37. 751 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37; Hopt § 86a Rn 9. 752 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37; Hopt § 86a Rn 9. 753 Hopt § 86a Rn 12. 754 Hopt § 86a Rn 12. 755 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 37. 756 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 56. 757 BGHZ 26, 161 (167); BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BB 1958, 60; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20, 24; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11a. 758 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 41, 50.

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Die Gründe für die Annahme/Ablehnung/Nichtausführung eines Geschäftes.759 Der HV muss wissen, warum das Geschäft nicht ausgeführt wurde, weil die Gründe für den Umfang seiner Vertriebsbemühungen erheblich sein können. Erfährt er etwa, dass der Kunde Liquiditätsprobleme hat, kann er möglicherweise weitere Vermittlungsbemühungen einstellen760 und zudem auf Zahlung drängen. Beruht die Nichtausführung auf Lieferschwierigkeiten des Unternehmers, mag der HV den Kunden für ein anderes Produkt interessieren.761 Beendigung des Vertrages zwischen Unternehmer und Hauptvertreter: Hier muss der Haupt- den Untervertreter über das Vertragsende informieren, Eine Betriebsstilllegung,762 sofern es sich um die Stilllegung wesentlicher Teile handelt:763 Der Unternehmer muss den HV unverzüglich nach Beschlussfassung764 und in jedem Fall eine angemessene Zeit vor der Betriebsstilllegung unterrichten und ggf. kündigen, damit der HV sich rechtzeitig um eine Folgebeschäftigung bemühen kann. Die Pflicht zur unverzüglichen Information entfällt nicht deshalb, wenn weil der Unternehmer beabsichtigt, den HV-Vertrag nach der Betriebseinstellung ordnungsgemäß zu kündigen.765 Hinsichtlich des Zeitpunktes der Unterrichtung sind die Unternehmerinteressen an der Geheimhaltung der Stilllegungsabsicht mit den Interessen des HV an einer möglichst frühzeitigen und vollständigen Unterrichtung abzuwägen. Besteht ausnahmsweise ein objektiv berechtigtes Interesse an einer vorläufigen Geheimhaltung, z.B. um den Versuch einer Sanierung nicht zu gefährden,766 ist zu informieren, sobald die Gründe wegfallen, welche Geheimhaltung gebieten. In der Sache handelt es sich bei der „Information“ oft um eine Kündigungserklärung, so dass die Umsetzung der Maßnahme nur nach einer mit der Frist des § 89 erklärten Kündigung, zumindest aber nach einer jener Kündigungsfrist entsprechenden Informationsfrist zulässig ist.767 Den Betriebsübertragung:768 Hier gilt das zur Betriebstilllegung Gesagte entsprechend: Der Unternehmer muss den HV möglichst früh über eine (beabsichtigte) Übertragung des Unternehmens informieren, ungeachtet der rechtstechnischen Ausgestaltung der Veräußerung (etwa Verkauf, Verpachtung). Auch an einer Information über die Veränderung des Gesellschafterbestandes kann der HV ein Informationsinteresse besitzen. Der HV braucht sich im Rahmen eines Asset-Deals keinen anderen Vertragspartner aufdrängen zu lassen; der HV-Vertrag geht nicht ohne weiteres auf den Nachfolger über und die Übertragung ohne Zustimmung des HV ist daher nicht möglich769 (§ 84 Rn 94 ff.). Unternehmer und Betriebserwerber können auch nicht mit Wirkung gegenüber dem HV einen Übergang des Vertrages vereinba-

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759 Westphal I Rn 392. 760 Westphal I Rn 392. 761 Westphal I Rn 392. 762 BGH NJW 1974, 795 = BB 1974, 434; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 47; Westphal I Rn 395. 763 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 34. 764 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32. 765 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28. 766 BGH NJW 1974, 795; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32. 767 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28. 768 BGH NJW-RR 1987, 873; NJW 1974, 795; NJW 1960, 1292 = BB 1960, 606; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 48; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 32 f.; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11c. 769 BGH NJW 1960, 1292 = BB 1960, 606; Küstner/Thume I, Kap, IV Rn 48; MünchKomm HGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 33.

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ren.770 Der Unternehmer muss ggf. rechtzeitig kündigen, mit der Folge der Ausgleichspflicht nach § 89b. Maßnahmen, die Ausfluss des Dispositionsrechts des Unternehmers sind, soweit Interessen des HV berührt werden. Einschränkungen der Verkaufsmöglichkeiten:771 In einem vom BGH772 entschiedenen Fall hatte der Unternehmer sich entschlossen, fast nur noch einen Großunternehmer zu beliefern, so dass im nächsten Jahr fast 90% des Gesamtumsatzes mit diesem Abnehmer abgewickelt worden wären, wodurch die Provisionseinnahmen um 75% reduziert worden wären. In dem BGH NJW-RR 1987, 873773 zugrunde liegenden Fall hatte der Unternehmer entschieden, mit Abnehmern im Gebiet des HV keine Geschäfte mehr zu schließen. Der BGH forderte in beiden Fällen eine angemessene Informationszeit. Richtigerweise musste der Unternehmer hier nicht nur informieren, sondern eine Änderungskündigung aussprechen.774 Zumindest darf er die Maßnahme erst nach Ablauf einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Ankündigungsfrist umsetzen.775 Das Unterlassen der Kündigung oder der Information begründet eine Schadenersatzverpflichtung. Die Einstellung der Geschäfte mit bestimmten Einzelkunden im Bezirk/Gebiet des HV.776 Fehlentscheidungen des HV: Der Unternehmer muss den HV auf für ihn vorhersehbare Fehlentscheidungen und -investitionen hinweisen.777 Die Fertigungssituation.778 Seinen Geschäftsbetrieb, wirtschaftliche Verflechtungen, Leistungs- und Lieferfähigkeit,779 soweit für den HV relevant und kein Geschäftsgeheimnis des Unternehmers. Die Kapazitätsauslastung.780 Mit welchen Kunden der Unternehmer nicht bereit ist, Geschäfte abzuschließen.781 Grund ist gleichfalls der Schutz vor sinnlosen Akquisebemühungen. Eingeschränkte Liefermöglichkeiten.782 Lage und Entwicklung des Marktes.783 Qualitative und quantitative Minderlieferungen: Der Unternehmer darf dem HV nicht durch unerwartete geschäftliche Dispositionen den Erfolg seiner Arbeit nehmen. Der HV soll angesichts veränderter Dispositionen des Unternehmers wissen, wie sich seine Verdienstmöglichkeiten zukünftig gestalten werden. Dies gilt nicht nur, sofern der Unternehmer quantitative Einschränkungen durchführen will (§ 86a

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770 BGH NJW 1963, 100 (101); MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 33. 771 BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 46. 772 BGHZ 49, 39 = NJW 1968, 394; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 46. 773 = MDR 1987, 642 = WM 1987, 595. 774 BAG EWiR 2003, 203 (Diller) für einen angestellten Vermittler. 775 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28. 776 BGHZ 49, 39; BGH, Urt. v. 7.2.1974 – VII ZR 93/73, NJW 1974, 795; v. 22.1.1987 – I ZR 126/85, NJW-RR 1987, 873; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 49; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 24; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 35 f.; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11a. 777 BAG, Urt. v. 24.4.1980 – 3 AZR 911/77, ZIP 1980, 777 für Franchisegeber; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 19. 778 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 41. 779 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 20. 780 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 41. 781 Westphal I Rn 394; Hopt § 86a Rn 8. 782 Westphal I Rn 394. 783 Hopt § 86a Rn 8.

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Abs. 2 Satz 2), sondern auch dann, wenn er erkennt, dass er nur mit erheblichen qualitativen Einschränkungen liefern kann oder will.784 Potentielle neue Kunden.785 Produktspezifische Informationen, z.B. die vollständige und zutreffende Unterrichtung über die vertriebene Ware,786 technische Zusammensetzung, Einsatzmöglichkeiten, Preis(änderungen)787 und Lieferbedingungen, Auszeichnungen oder Prämierungen, ihren praktischen Einsatz, günstige Besprechungen in Veröffentlichungen, erfolgreiche Teilnahme an Messen und Ausstellungen.788 Eine vorgesehene Sortimentsänderung789 oder Änderung des Warenvorrats.790 Die Umstellung des Vertriebssystems auf andere Vertriebsformen.791 In Aussicht genommene Veränderungen des HV-Vertrages,792 insbesondere ob eine Verlängerung des mit fester Befristung abgeschlossenen Vertrages793 oder eine Kündigung794 (nicht) beabsichtigt ist sind und – soweit wirksam – über die vorgesehene Ausübung eines dem Unternehmer vorbehaltenen Rechts zu einseitiger Änderung der Vertragsbedingungen, etwa hinsichtlich Provisionssatz, Kundenkreis oder Vertretungsgebiet. Der HV ist über diese Umstände so zeitnah zu unterrichten, dass er sich auf die veränderte Situation einstellen und Konsequenzen, z.B. durch Kündigung, ziehen kann.795 Die Ankündigungsfrist wird man – sofern die Umstände bekannt sind – mit der Kündigungsfrist, wie sie sonst zu gelten hätte, gleichzusetzen haben, sie ist regelmäßig ausreichend.796 Hat der Unternehmer frühere Kenntnis, muss er rechtzeitig informieren, es sei denn, er überlegt noch (Gegenbeweis kaum möglich) oder hat schutzwürdige Interessen an einer späteren Information, etwa weil er objektiv nachlassende Vertriebsbemühungen des HV oder Geheimnisverrat befürchten muss. (Drohende) Zahlungsunfähigkeit mit Gefahr von Vergleich und Insolvenz.797 Dem HV ist es unzumutbar, Geschäfte für einen Unternehmer zu vermitteln oder abzuschließen, die dieser möglicherweise nicht ausführen kann. Hier steht nicht nur das Provisionsinteresse des HV auf dem Spiel sondern das Geschäftsinteresse, seinen Kundenstamm durch ordnungsgemäße Lieferung zufriedenzustellen und nicht zu verlieren.798 Hingegen ist der Unternehmer nicht verpflichtet, dem HV vorsorglich über eine allgemeine wirtschaftlich schwierige Lage des Unternehmens Kenntnis zu geben, sofern sie sich noch nicht zu konkreten, den HV oder Kunden berührenden Maßnahmen oder Wirkungen materialisiert hat, nur weil nicht auszuschließen ist,

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784 BGHZ 26, 161 = NJW 1958, 219; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 50. 785 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 41. 786 BGH, Urt. v. 12.12.1957 – II ZR 52/56, BGHZ 26, 161 (167) = NJW 1958, 219; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11a; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25. 787 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 21, 25. 788 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 21. 789 Westphal I Rn 394. 790 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11a. 791 BGH DB 1968, 35; Westphal I Rn 395. 792 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 23. 793 BGH DB 1960, 636 (637) = BB 1960, 605 (606); Westphal I Rn 395; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11b. 794 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 14. 795 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 23. 796 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 14. 797 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 61; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; teilw. aA BGH BB 1960, 605 (606); Hopt § 86a Rn 12. 798 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28.

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dass sie zu einem unbestimmten Zeitpunkt zu einem Insolvenzverfahren führen könnte.799 Klare Fragen nach der wirtschaftlichen Lage seines Betriebs hat der Unternehmer aber wahrheitsgemäß zu beantworten.800 128

Sämtliche Mitteilungen sind zu begründen.801 Anderenfalls würden dem HV die Informationen vorenthalten, derer er für die Beurteilung seiner zu erwartenden Provisionsansprüche bedarf.802

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bb) Mitteilung der Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts (§ 86a Abs. 2 S. 2, 1. Hs). Der Unternehmer muss dem HV gem. § 86a Abs. 2 S. 2 Hs. 1 unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern, § 121 Abs. 1 S. 1 BGB) die Annahme oder Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht geschlossenen Geschäftes mitteilen. Die Regelung ist mit S. 2 Hs. 2 verwandt. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend.

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(1) Aktivlegitimation. Der Wortlaut der Vorschrift fordert ein vom HV vermitteltes oder vollmachtlos abgeschlossenes Geschäft. Es muss also ein Geschäft vorliegen, bei dem der HV zumindest eine Vermittlungs- oder weitergehend eine Abschlusstätigkeit (diese jedoch ohne Vollmacht) entfaltet hat.803 „Ohne Vertretungsmacht“ meint neben dem in erster Linie angesprochenen Vermittlungs- auch den Abschlussvertreter, der bei Abschluss des Geschäfts seine Vollmacht überschritten hat (§ 91a Abs. 2);804 ebenso den Untervertreter, dem die Untervollmacht für den Abschluss fehlte. Die Vorschrift bezieht sich damit nicht auf den bevollmächtigten Abschlussvertreter.805 Dieser bedarf der Unterrichtung bei Existenz einer Vollmacht nicht, weil er selbst den Abschluss infolge seiner Vollmacht verbindlich tätigt.806 Dem Bezirksvertreter sind die Informationen nach § 86a Abs. 2 ebenfalls nur über von ihm vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte zu geben, nicht aber zu solchen, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises abgeschlossen wurden (§ 87 Abs. 2).807 Auch dies folgt aus dem Wortlaut: Denn § 86a Abs. 2 S. 2 nennt nur die Mitteilung über „vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte“, nicht über Bezirksgeschäfte, die ohne Mitwirkung des Bezirksvertreters zustande kommen. Auch der Zweck, den HV vor sinnloser Arbeit zu schützen, spricht für dieses Verständnis. Über Bezirks- und Folgegeschäfte kann sich der HV – dann auf Anforderung – gem. § 87c informieren. Bei besonderer Bedeutung folgt jedoch eine Pflicht zur unaufgeforderten Information aus § 86a Abs. 2 S. 1. Eine Gegenansicht ließe sich nur einnehmen, wenn man den Zweck, den HV über die Geschäftspolitik des Unternehmers zu informieren, in den Vordergrund rückt, den Worten „vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte“ nur beispielhaften Charakter zumisst808 oder in ihnen keinen Gegensatz zum Bezirksvertreter („ohne seine Mitwirkung“) erkennt, sondern sie als auf die generelle Vermittlungs- oder Abschlusspflicht bezogen ansieht, die in § 86

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799 BGH DB 1960, 636 (637) = BB 1960, 605 (606); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 13. 800 BGH BB 1960, 605 (606); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 28; Hopt § 86a Rn 12. 801 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 59. 802 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 59. 803 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 19. 804 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 20. 805 Hopt § 86a Rn 10. 806 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25. 807 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25; aA Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 60; Westphal I Rn 399; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 15 (unklar aber Rn 17). 808 AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 86 Rn 6.

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Abs. 1 auch für den Bezirksvertreter vorgeschrieben ist. Gleiches gilt für Folgeprovisionen, sofern die ihnen zugrunde liegenden Geschäfte ohne Mitwirkung des HV zustande kamen. Wird vertraglich die Informationspflicht des Unternehmers auf Bezirksgeschäfte ausgedehnt, bestehen im Lichte des § 86a Abs. 3 keine Bedenken, weil es sich nicht um eine abweichende Vereinbarung, sondern um eine Ausdehnung der Informationspflicht auf vom Gesetz nicht erfasste Fälle handelt.809 (2) Zweck. Die Mitteilungspflicht besteht, da dem HV ein Provisionsanspruch für 131 abgeschlossene Geschäfte zusteht. Er muss wissen, ob seine Vermittlungstätigkeit zur Provisionspflicht geführt hat. Der HV ist ferner auf die Information angewiesen, weil er einen Überblick darüber gewinnen soll, nicht nur, ob seine Vermittlungsbemühungen Erfolg gehabt haben (beim Unternehmer „angekommen“ sind) und ggf. aus welchen Gründen nicht, sondern auch, auf welche Kunden er (namentlich im Falle wiederholter Ablehnung) seine Bemühungen künftig nicht mehr oder nur noch in zweiter Linie zu richten hätte und (gerade im Falle einer nur teilweisen Annahme), zu wann ein neuer Kontakt mit den betreffenden Kunden geplant werden muss. Der HV soll also vor sinnlosem Arbeitseinsatz geschützt werden810 und sich auf die Kundenpolitik des Unternehmers einstellen können. Ganz kann der Widerspruch zu § 87a Abs. 3 nicht erklärt werden: Vor Abschluss ist der Unternehmer in der Entscheidung über das Geschäft frei; hiernach nicht mehr. Er darf es dann noch nicht einmal aufheben, ohne dem HV Provision zu schulden. Ab dem Abschluss wird das Vertrauen des HV in sein Provisionsrecht durch § 87a Abs. 3 geschützt. Umso sorgsamer hat der Unternehmer zu überlegen, ob er das Geschäft will. Die Mitteilung nach Abs. 2 berührt nur das Innenverhältnis zwischen dem Un- 132 ternehmer und dem HV. Nur gegenüber dem HV und nicht gegenüber dem Kunden ist der Unternehmer zur Mitteilung verpflichtet.811 Die Benachrichtigung des HV bringt weder das Geschäft mit dem Kunden zustande, noch schließt sie einen Geschäftsabschluss mit dem Dritten aus.812 Das Geschäft wird grundsätzlich erst wirksam durch die Einigung zwischen Unternehmer und Dritten.813 Jedoch kann im Falle des vollmachtlosen Abschlusses in der Mitteilung eine Genehmigung nach § 177 BGB liegen. Eine derartige Genehmigung darf nicht nur gegenüber dem Dritten, sondern auch gegenüber dem HV erklärt werden.814 Der Regelung soll sich entnehmen lassen, dass der Unternehmer, sofern nichts Ge- 133 genteiliges vereinbart ist, frei bestimmen darf, ob er das einzelne vom HV vermittelte Geschäft abschließen will.815 Einen Anspruch hierauf habe der HV nicht,816 selbst wenn er das Geschäft wegen eines Wettbewerbsverbots nicht einem anderen Unternehmer antragen dürfe. Dem ist innerhalb der o.g. Grenzen des Dispositionsrechts zuzustimmen. Der Unternehmer ist also nicht gänzlich frei, sondern muss auch das Interesse seines Mittlers im Auge behalten. Er darf nicht durch beständige Nichtannahme einzelner Geschäfte die Wirkungen einer Kündigung ohne Frist vorwegnehmen, was zeigt, dass der Sachverhalt

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809 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 17. 810 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25. 811 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. 812 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 24. 813 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 25. 814 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 25. 815 BGH v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59, BB 1960, 1222; NJW 1958, 1138 (1139); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 70–70b. 816 Hopt § 87 Rn 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 16.

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im Kleinen – dem einzelnen Geschäft – nicht abweichend vom Großen – der Produktionseinstellung (Rn 90, 127) – gewertet werden darf. Beachtliche Gründe für eine Ablehnung des Geschäfts können Überlastung des Betriebs, Materialknappheit, beabsichtigter Produktionswechsel oder Zweifel des Unternehmers hinsichtlich der Person des Kunden sein.817 134

(3) Inhalt. Die Mitteilung muss dem HV die Auswirkungen auf sein Provisionsrecht erkennen lassen818 und das betroffene Geschäft namentlich bezeichnen. Jedes einzelne vermittelte und nicht ausgeführte Geschäft ist mitzuteilen.819 Soweit eine Begründung erwartet werden kann, ist sie zu liefern, etwa falls die Gründe der Ablehnung provisionsoder schadensersatzrelevant sind. Da der Unternehmer grundsätzlich frei über Annahme oder Nichtannahme eines Geschäfts entscheidet (Rn 78) und ohne Annahme keine Provision entsteht, fehlt im Regelfall objektiv eine Provisionsrelevanz der Entscheidung. Der HV muss aber kontrollieren können, ob der Unternehmer sein Dispositionsrecht überschreitet und das Geschäft willkürlich (dann mit der Folge eines Schadenersatzanspruchs des HV) ablehnt. Deshalb muss zumindest bei Anhaltspunkten für eine solche Willkür und bei begründeter Nachfrage eine Erklärung gegeben werden.820 Sie kann auch gefordert werden, wenn der HV aus vertriebspolitischen Gründen wissen sollte, warum abgelehnt wurde, z.B. um sich bei zukünftigen Vertriebsaktivitäten auf die Annahmepraxis des Unternehmers einstellen oder Stornierungen anderer Verträge verhindern zu können. 135 Auch die lediglich teilweise Ausführung des Geschäftes ist mitzuteilen.821 Über Geschäfte, die nach Vertragsbeendigung abgeschlossen werden, muss gleichfalls informiert werden. Denn sie können gemäß § 87 Abs. 3 provisionspflichtig sein.822 Erfolgt der Abschluss durch den HV ohne Vollmacht, ist Annahme oder Ablehnung eines Geschäfts, das dieser Vertreter ohne Vertretungsmacht abgeschlossen hat, ebenfalls mitzuteilen.823 Die Benachrichtigungspflicht entsteht unabhängig davon, durch wen der Unternehmer Kenntnis von dem vermittelten oder vollmachtlos abgeschlossene Geschäft erhalten hat.824 Hier dürfte keine Begründung erforderlich sein. Es genügt, dass der Unternehmer ohne Vertretungsmacht gezeichnete Geschäfte nicht genehmigen will. Das zielt auf § 91a Abs. 1. Der HV soll hier über die Beendigung des Schwebezustandes vergewissert werden, vor allem dann, wenn er dem Unternehmer die Mitteilung nach § 91a Abs. 1 gemacht hatte. Er muss sich im Falle der Ablehnung auf die Inanspruchnahme durch den Kunden nach § 179 BGB einstellen können.825 Regelmäßig stellt die Mitteilung über die Annahme des Geschäfts zugleich dessen Genehmigung gem. § 177 Abs. 1 BGB dar, da die Genehmigung bis zur Aufforderung nach § 177 Abs. 2 BGB auch gegenüber dem HV erklärt werden darf.826 Will der Unternehmer lediglich eine Information im Innenverhältnis gegenüber dem HV geben, muss er dies unmissverständlich

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817 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18. 818 Hopt § 86a Rn 10. 819 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25. 820 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 9; Hopt § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 22. 821 Westphal I Rn 398; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25; Hopt § 86a Rn 10; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 22. 822 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 54. 823 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 55. 824 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 12. 825 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 20. 826 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 57.

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deutlich machen. Die Verweigerung der Genehmigung hat dagegen lediglich Wirkung im Innenverhältnis zum HV, da sie gem. § 91a wirksam nur gegenüber dem Dritten ausgesprochen werden kann.827 (4) Zeitpunkt der Information. Die Mitteilungspflicht besteht nur dann, wenn der 136 Unternehmer von der Geschäftsvermittlung oder dem ohne Vertretungsmacht erfolgten Abschluss Kenntnis erlangt hat, ungeachtet davon, von wem er diese Kenntnis erhalten hat.828 Vollständige Kenntnis ist nicht erforderlich. Es genügt Kenntnis über die wesentlichen Grundzüge des Geschäfts.829 Die Mitteilung ist dann unverzüglich, d.h. auch hier ohne schuldhaftes Zögern, zu geben. Diese Pflicht zur „unverzüglichen“ Unterrichtung schließt ein, dass dem HV eine Zwischennachricht zu geben ist, falls der Unternehmer sich nicht zu der alsbaldigen Annahme der Offerte des Kunden (§ 147 Abs. 2 BGB) entschließen kann, etwa weil noch Kreditauskünfte über den Kunden einzuholen sind. Denn auch hierüber muss der HV vergewissert werden. Er muss sich gegebenenfalls persönlich einschalten können, um Hemmnisse auszuräumen, Verärgerungen des Kunden im persönlichen Gespräch abzufangen oder um zu sehen, wo er in vergleichbaren, vielleicht schon laufenden Fällen von Geschäftsanbahnungen genauere und den Vorstellungen des Unternehmers entsprechendere Nachforschungen anzusetzen hat. cc) Mitteilung der Nichtausführung abgeschlossener Geschäfte (§ 86a Abs. 2 137 S. 2, 2. Hs). Gemäß § 86a Abs. 2 S. 2 hat der Unternehmer die – auch teilweise830 – Nichtausführung eines von ihm vermittelten und abgeschlossenen Geschäfts mitzuteilen. Zu Zweck, Inhalt und Rechtzeitigkeit der Information gilt im Wesentlichen das Vorgesagte entsprechend. (1) Zweck. Die Mitteilungspflicht über die Nichtausführung eines vermittelten oder 138 abgeschlossenen Geschäfts ist durch das Durchführungsgesetz zur RL in § 86a aufgenommen worden. Auch hier soll der HV vor sinnloser Tätigkeit geschützt werden sowie möglichst frühzeitig Klarheit gewinnen, ob er aus einem provisionspflichtigen Geschäft mit Provisionen rechnen darf.831 Denn § 87a Abs. 3 S. 2 lässt den Provisionsanspruch (nur) entfallen, wenn die Nichtausführung auf Umständen beruht, die der Unternehmer nicht zu vertreten hat. (2) Inhalt. Die Vorschrift betrifft bereits zustande gekommene Geschäfte, deren ver- 139 tragsgemäßer Ausführung Hindernisse entgegenstehen, während § 86a Abs. 2 S. 2, 1. Hs lediglich die Annahme oder Ablehnung eines vom HV vermittelten oder ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Geschäfts meint,832 welches noch nicht zustande gekommen ist. Der Begriff der Nichtausführung ist zum Schutze des HV weit zu fassen.833 Hilfsweise wäre das allgemeine Informationsrecht einschlägig. Mitteilungspflichtig sind die vollständige wie die teilweise Nichtausführung,834 wobei jedes einzelne nicht ausgeführ-

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827 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 57. 828 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 12. 829 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 12. 830 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 16. 831 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 58. 832 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 58. 833 Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 16. 834 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 59; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25; Hopt § 86a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 22.

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te Geschäft namentlich zu bezeichnen ist.835 Auch ist der Grund der Nichtausführung anzugeben,836 weil anderenfalls nicht kontrolliert werden könnte, ob eine vom Unternehmer nicht zu vertretende und zum Entfallen des Provisionsrechts führende Nichtausführung i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 vorliegt. Zumindest ist dieser dem HV auf Verlangen mitzuteilen, damit der HV prüfen kann, ob ihm wegen willkürlichen, bewusst schädigenden Verhaltens oder im Hinblick auf § 87a Abs. 3 Rechte zustehen können.837 Die Benachrichtigungspflicht entsteht unabhängig davon, durch wen der Unternehmer Kenntnis von der Nichtausführung erhalten hat.838 140

dd) Unterrichtung über Abschlussbeschränkungen (§ 86a Abs. 2 S. 3). Als Ausprägung Treu und Glaubens839 sowie der Informationspflicht hat der Unternehmer gemäß § 86a Abs. 2 S. 3 den HV unverzüglich zu unterrichten, sofern er Geschäfte nur in erheblich geringerem Umfang abschließen kann oder will, als der HV unter gewöhnlichen Umständen erwarten konnte. Die Mitteilungspflicht ist vom Wortlaut her auf den Vermittlungsvertreter zu beschränken.840 Sie ist jedoch objektiv nicht auf ihn begrenzt. Denn auch der Abschlussvertreter kann Weisungen zum Umfang der Geschäfte empfangen und muss wissen, falls der Unternehmer zukünftig beabsichtigt, derartige Weisungen auszusprechen. Die Nachrichtspflicht ist gem. § 86a Abs. 3 zwingend ausgestaltet. Bis zur Novelle 1989 war nur sie zwingend, was darauf hindeutet, dass sie der Gesetzgeber als besonders bedeutend ansah. Aus ihrer seinerzeit allein zwingenden Natur erklärt sich die von früherer Literatur und Rechtsprechung vertretene weite Auslegung des Tatbestandes, die seinerzeit in ungewollten Derogationsfällen gewünscht war, heute jedoch nicht mehr erforderlich ist. Viele ehemals unter S. 3 gefasste Fälle können jetzt dogmatisch treffender der allgemeinen Informationspflicht zugewiesen werden. Der TB ist immer erfüllt, wenn der Unternehmer quantitativ im geringeren Maße liefern will, insbesondere, wenn der Unternehmer einen erheblichen Teil der Geschäfte nicht mehr schließen will oder kann, sei es ein prozentualer Anteil an ihnen oder ein wiederholtes Einzelgeschäft, welches einen bedeutsamen Teil der Gesamtvermittlungsleistung des HV einnimmt.841 Die Erheblichkeit ist nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, und zwar in Abwägung zwischen den berechtigten Erwartungen des HV einerseits, die er nach gewöhnlichem Verlauf der Dinge haben durfte, und solchen des Unternehmers, wie sie sich aus Marktlage und Marktbeobachtung ergeben.842 Als Richtschnur gilt: Ab einem zu erwartenden Umsatzrückgang von 20%843 bis 25%844 des bisherigen Umsatzes dürfte die Erheblichkeit gegeben sein. Auf die Höhe der aus dem Geschäftsrückgang resultierenden Provisionsverluste des HV stellt Abs. 2 S. 3, wie das Wort „Geschäfte“ dokumentiert, nicht ab,845 und zwar schon deshalb nicht,

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835 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25. 836 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 59; Hopt § 86a Rn 10; Thume, in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 16. 837 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25. 838 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 15. 839 Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, S. 20. 840 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 26. 841 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 16: Die Vorschrift greift nicht ein, wenn es nur hinsichtlich einzelner vermittelter Geschäfte zu einer Nichtannahme kommen soll, selbst wenn es sich um Einzelgeschäfte mit größerem Umsatz oder wichtigen Kunden handelt. 842 Hopt § 86a Rn 11. 843 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27. 844 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 29. 845 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27.

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weil die sich aus dem Vertragsverhältnis zwischen HV und Unternehmer ergebenden Provisionsverluste nicht zu den vom Unternehmer zu berichtenden Marktgegebenheiten zählen. Die Provisionsverluste werden jedoch meist dem Umsatzverlust entsprechen. Nicht die mglw. unberechtigte, subjektive Erwartung des HV ist maßgeblich,846 sondern das, was der HV aus seiner Sicht zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Information unter Berücksichtigung der ihm bekannten Umstände objektiv antizipieren durfte.847 Die Gründe für den Umsatzrückgang sind unerheblich, sie können sogar auf Fehldispositionen, die Geschäftspolitik des Unternehmers oder auf objektive Umstände, z.B. Rohstoffknappheit,848 beruhen.849 (1) Zweck. Der HV soll nicht nutzlos tätig werden und die notwendigen Konsequen- 141 zen, nämlich ggf. reduzierten Arbeitseinsatz, aus der Information ziehen können.850 Die Treuepflichten fordern vom Unternehmer, den HV zu warnen, damit er seine Vermittlungs- und Abschlussbemühungen an die verringerten Kapazitäten des Unternehmers anpassen,851 unnötige Arbeit vermeiden und über weitere Dispositionen entscheiden kann, etwa eine Anpassung des HV-Vertrages an die veränderten Umstände, äußerstenfalls eine Kündigung.852 (2) Inhalt. Nach h.M. soll der Unternehmer auch darüber informieren müssen, dass 142 er beabsichtigt, künftig in qualitativ herabgesetztem Grade zu liefern.853 Diese weite Auslegung wird heute nicht mehr durch die Abdingbarkeit des allgemeinen Informationsrechts herausgefordert (Rn 140), weil es anders als früher ebenfalls zwingend ist. Richtigerweise stellt S. 3 auf die Quantität, nicht die Qualität ab.854 Es lässt sich von Wortlaut und Systematik heute gut vertreten, die Information über die Qualitätsveränderung dem allgemeinen Informationsrecht des HV zuzuweisen.855 Nach der h.M. gilt: Wenn der Unternehmer den HV darüber zu unterrichten hat, dass er künftig nur in quantitativ verringertem Umfange liefern kann oder will, so gilt das erst recht dann, sofern er überhaupt nicht mehr liefern kann oder will, etwa weil er die Produktion des betreffenden Artikels einstellen856 oder sie künftig nur noch in Lohnfabrikation für andere Unternehmer herstellen,857 seinen Herstellungsbetrieb einer Konzernleitung unterstellen,858 überhaupt sein Vertriebssystem umstellen, also zwar weiter liefern will, aber eben nicht mehr über den Einsatz von HV.859 Obgleich § 86a Abs. 2 S. 3 dem Wortlaut nach nur die Mitteilung der Entscheidung verlangt, darf der HV zumindest aus dem allgemeinen In-

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846 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 28; unklar Begr. zum RegE BT-Drucks. 11/3077, S. 7. 847 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 12; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 28. 848 LAG Stuttgart NJW 1951, 374. 849 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 15. 850 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 61; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 86a Rn 18. 851 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 61. 852 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 11. 853 BGHZ 26, 161 (167) = NJW 1958, 219; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 61; Westphal I, Rn 402. 854 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27. 855 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27. 856 BGH NJW 1959, 1964. 857 BGH DB 1972, 524. 858 OLG Braunschweig NJW 1976, 2022. 859 BGHZ 49, 39.

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formationsrecht bei Informationsinteresse eine Nachricht über die Gründe der Beschränkung fordern, schon um beurteilen zu können, ob es sich um eine nachhaltige Behinderung handelt.860 Der Unternehmer braucht sich aber nicht zu rechtfertigen.861 Er darf nicht geltend machen, der HV habe aus einer Kette erfolgter Ablehnungen ihm vermittelter Geschäfte erahnen müssen, dass der Unternehmer nur noch in erheblich geringerem Umfange abschließen wolle oder könne. Denn die Mitteilungspflicht soll den HV gerade vor unnötiger Belastung durch Vermittlungstätigkeit bewahren. Der Unternehmer muss also unzweideutig informieren, und dies rechtzeitig.862 143

(3) Fälligkeit. Die Nachrichtspflicht ist unverzüglich – ohne schuldhaftes Zögern – fällig, sobald der Unternehmer die Umstände kennt, aus denen sich ergibt, dass es zu erheblich geringeren Geschäftsabschlüssen kommen wird863 und nicht erst nach dem tatsächlichen Eintritt der Verringerung.864 Kennt der HV die Umstände bereits, ist eine Information überflüssig.865 Eine Bestätigung kann aber nach den Umständen erforderlich sein.866 Kennenmüssen lässt die Informationspflicht nicht entfallen;867 ein Schadenersatzanspruch kann aber gem. § 254 BGB gemindert sein.868 In allen Zweifelsfällen muss der Unternehmer den HV benachrichtigen,869 allerdings unter Berücksichtigung eventueller berechtigter Geheimhaltungsinteressen,870 ebenso bei Existenz glaubhafter Indizien zu informationsbedürftigen Umständen.

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ee) Form. Welche Form der Information erforderlich ist, hängt von der Länge der Nachricht, der Effizienz, den Möglichkeiten, den HV zu erreichen sowie der Eilbedürftigkeit ab. Bei besonderer Eilbedürftigkeit ohne das Bedürfnis der Perpetuierung ist ein Anruf genügend. Wenn eine eingehende Analyse und Perpetuierung erforderlich ist, wird Textform871 gefordert sein. Grundregeln gibt es hier nicht.

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ff) Erfüllungsort und Kosten. Alle geschuldeten Informationen hat der Unternehmer dem HV auch ohne dahingehende Vereinbarung in einer objektiv geeigneten Form und Weise dorthin zu übermitteln, wo der HV seinen vertragsgemäßen Tätigkeitsort hat, im Zweifel an den Geschäftssitz des HV.872 Die Kosten der Informationserteilung hat der Unternehmer zu tragen.873

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gg) Vertragliche Erweiterung der Informationspflichten. Der Unternehmer darf sich verpflichten, Informationen zu erteilen, die über das „Erforderliche“ hinausgehen. Abs. 3 steht nicht entgegen.

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860 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27. 861 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27. 862 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 18. 863 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 27. 864 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 30. 865 Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, S. 20; Hopt § 86a Rn 12. 866 Hopt § 86a Rn 12. 867 Hopt § 86a Rn 12. 868 Hopt § 86a Rn 12. 869 MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 31. 870 BGH NJW 1974, 795; Hopt § 86a Rn 12. 871 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 35: Schriftform. 872 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 35; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 18. 873 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 35.

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hh) Rechtsfolgen der Verletzung der Informationspflichten des § 86a Abs. 2. 147 Die fehlende Information nach § 86a Abs. 2 bildet eine Vertragsverletzung. Sie führt zum Schadenersatz nach § 280 BGB.874 Die Beweislast für Pflichtverletzung, Kausalität und Schaden liegt beim HV.875 Teilt der Unternehmer dem HV entgegen § 86a Abs. 2 S. 2 die Annahme eines Geschäftes nicht mit und lehnt der Dritte deshalb den Abschluss des Geschäftes wegen nicht rechtzeitiger Annahme ab, valutiert der Schaden in Höhe der entgangenen Provision.876 Entgeht kein Geschäft, kann ein Schadenersatz in Höhe vergeblicher Aufwendungen entstehen.877 Zu unterscheiden ist immer, ob der Schadenersatzanspruch aufgrund unterlasse- 148 ner Mitteilung oder aufgrund des mitteilungspflichtigen Umstandes entstanden ist. Lehnt der Unternehmer beispielsweise den Abschluss eines Geschäftes ab, so gelten die oben zur Treupflicht und Dispositionsfreiheit des Unternehmers genannten Maßstäbe. Grundsätzlich entscheidet der Unternehmer über Ablehnung und Nichtablehnung. Die Ablehnung des Geschäfts führt aber zu einem Schadenersatzanspruch, falls sie ohne sachgerechten Grund erfolgte. Schadensersatzbegründend ist die Ablehnung selbst und nicht eine unterlassene Information. Der HV hat Anspruch auf Ersatz seiner nutzlosen Aufwendungen für eine erfolglose Tätigkeit, vor welcher die Information ihn bewahren sollte,878 etwa wenn er infolge mangelnder Information über die Abschlussbeschränkungen sinnlose Aufwendungen tätigt.879 Der Anspruch kann wie bei § 670 BGB die Entschädigung für erfolglos aufgewendete Arbeitskraft umfassen.880 Voraussetzung ist, dass Benachrichtigungen unterblieben oder fehlerhaft erteilt wurden und hieran ein unter der unrichtigen Informationslage vermitteltes Geschäft im Stadium des Abschlusses oder des Vollzuges an gerade diesem Umstand gescheitert ist. Die Begrenzung auf den Vertrauensschaden rechtfertigt sich aus der Tatsache, dass bei erschöpfender oder zutreffender Unterrichtung eine Vermittlung des Geschäfts nicht aussichtsreich gewesen wäre. Kann der HV dartun, dass das Geschäft alsdann zu anderen Bedingungen abgeschlossen worden wäre (wozu der enttäuschte Kunde nunmehr nicht länger bereit ist), so steht ihm als Schadensersatz die entgangene Provision zu. Der HV kann zudem bei wiederholter und erheblicher Verletzung der Informationspflicht außerordentlich kündigen, wobei eine vorherige Abmahnung erforderlich ist (§ 314 Abs. 2 BGB). Die Informationsansprüche sind einklagbar,881 regelmäßig jedoch wegen Verbots 149 der Vorwegnahme der Hauptsache nicht mittels einstweiliger Verfügung sicherbar882 (Gegenbeispiel etwa: Existenzgefährdung und evident unberechtigte Informationsverweigerung). Der HV besitzt also ein Wahlrecht zwischen Schadenersatz- und Informationsklage.883

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874 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 65. 875 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 65. 876 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 67. 877 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 67. 878 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 37. 879 BGH BB 1959, 864: bevorstehende Betriebs- oder Produktionseinstellung; BGH NJW 1974, 795: Absicht einer Vertriebsumstellung, die die HV umgeht; BGHZ 49, 44; 58, 145: beabsichtigte Überlassung des Gebiets an Wettbewerber; BGH WM 1987, 595: sonstige, den HV beeinträchtigende Betriebsumstellung; BGHZ 26, 167: bevorstehende Verschlechterung der Ware; Hopt § 86a Rn 11. 880 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39. 881 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 69. 882 Emde ZIP 2001, 820. 883 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 69.

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I. Informationserteilung an Dritte, AVAD 150

Grundsätzlich muss der Unternehmer über die Verhältnisse seines HV schweigen. Nur dem berechtigten Auskunftsverlangen Dritter über den HV darf er wahrheitsgemäß nachkommen.884 Das gilt etwa für Mitteilungen an die Außenstelle für den Versicherungsaußendienst e.V. in Hamburg (AVAD, www.avad.de). Sie ist eine Selbsthilfeeinrichtung der Versicherungs- und Sparkassenwirtschaft.885 Ziel ist es, nur vertrauenswürdige Personen im Versicherungsaußendienst (insb. eigene Vertriebsmitarbeiter, aber auch selbstständige HV oder Makler) zu beschäftigen. So werden etwa eigene HV, die aus schwerwiegenden Gründen, etwa wegen Veruntreuungs- oder Korruptionsdelikten entlassen wurden, der AVAD gemeldet. Die AVAD vermittelt nur Auskünfte an Unternehmen, die beispielsweise dem Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) oder seinen Fachverbänden angehören und auch selbst am AVAD-Verfahren teilnehmen. Der Präsident des BaFin hatte gem. § 81 Abs. 2 S. 1 VAG a.F. angeordnet,886 dass Versicherer vor Vertragsschluss mit einem VV Informationen über dessen Zuverlässigkeit „z.B. durch Anfrage bei der AVAD“ einzuholen haben. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der Zuverlässigkeitsvorschriften in der GewO (§ 92 Rn 43 ff.) gestrichen worden. Im Kern hält das BaFin an seiner Ansicht gem. Rundschreiben 9/2007 auch weiterhin fest.887 Darin liegt eine mittelbare Anerkennung dieser Institution. Die Verfahrensregelungen der AVAD erlauben keine Überprüfung einer Anzeige auf ihre inhaltliche Richtigkeit.888 Gegen die Mitteilung eines Versicherers kann mittels einstweiliger Verfügung vorgegangen werden.889 Passiv legitimiert ist zumindest auch der Versicherer,890 jedenfalls soweit er unrichtige Angaben gemacht hat891 (sonst mglw. die AVAD).892 Die Mitteilung des Versicherers soll aber keine geschäftliche Handlung i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG darstellen.893 Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Interesse eines Versicherers anerkennenswert ist, andere Unternehmen der Branche möglichst frühzeitig vor finanziellen- und Imageverlusten zu wahren, die durch eine Zusammenarbeit mit rechtswidrig agierenden Versicherungsmittlern entstehen können. Dieses Interesse entwertet auch kartellrechtliche Bedenken gegen die Informationsbündelung. Ein Versicherer muss grds. schon den Verdacht auf Urkundenfälschung eines für ihn tätigen Mittlers an den AVAD zur Verbreitung in der Branche melden dürfen. Ein solcher Verdacht darf aber erst ausgesprochen werden, wenn ein Mindestbestand von Beweisen für die Begründetheit des Verdachts recherchiert wurde.894 Die AVAD muss bei hinreichendem Verdacht den Steuerbehörden Sammelauskünfte erteilen.895

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884 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 33. 885 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 8.11.2012 – 3 HKO 3256/12, VersR 2013, 716 (717). 886 R 1/90 v. 27.2.1990 – Z 3 – V – 50/90. 887 Geschäftszeichen: VA 37 – O 1000 – 2007/287, etwa B I 1: „Weiterhin hält die BaFin die Einholung von AVAD-Auskünften über den jeweiligen Vermittler für erforderlich. Auf die hohe Bedeutung dieser Auskünfte hat die Aufsichtsbehörde in der Vergangenheit mehrfach hingewiesen. Diese Bedeutung ist durch das neue Vermittlergesetz nicht geschmälert worden. Die BaFin hält es daher auch weiterhin für erforderlich, bei Beginn der Zusammenarbeit eine AVAD-Auskunft über den Vermittler einzuholen“. 888 OLG Hamburg, Urt. v. 6.5.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 = VersR 2010, 1375. 889 OLG Hamburg, Urt. v. 6.5.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 = VersR 2010, 1375. 890 OLG Hamburg, Urt. v. 6.5.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 = VersR 2010, 1375. 891 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 8.11.2012 – 3 HKO 3256/12, VersR 2013, 716 (717). 892 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 8.11.2012 – 3 HKO 3256/12, VersR 2013, 716 (717). 893 LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 8.11.2012 – 3 HKO 3256/12, VersR 2013, 716. 894 OLG Hamburg, Urt. v. 6.5.2009 – 5 U 155/08, OLGR 2009, 908 (910) = VersR 2010, 1375. 895 FG Sachsen, Urt. v. 27.5.2010 – 2 K 2181/09; hierzu Evers VW 2011, 136.

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J. Vertragliche Erweiterung der Nebenpflichten des Unternehmers Nebenpflichten dürfen weitgehend frei vereinbart werden. So kann sich der Unter- 151 nehmer verpflichten, vom Gesetz nicht vorgesehene Nebenpflichten zu erfüllen, die je nach Auslegung der getroffenen Vereinbarung den Status einer Hauptpflicht erreichen können. Für solche Beispiele wird auf die Kommentierung oben, Rn 10, verwiesen. K. Erfüllungsort der Unternehmerpflichten Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Erfüllungsort der Unternehmerpflich- 152 ten grundsätzlich der Sitz des HV (Einheitserfüllungsort, s. Vor § 84 Rn 471 ff.). Dies widerspricht der herrschenden Ansicht,896 dergemäß für die Bestimmung des Erfüllungsortes der Unternehmerpflichten § 269 Abs. 2 BGB maßgeblich ist und der Unternehmer jene am Ort seiner gewerblichen Niederlassung zu erbringen hat. Eine vertragliche Vereinbarung ist innerhalb der Vor § 84 Rn 471 ff. dargestellten Grenzen möglich.897 L. Durchgriffserwägungen zu Lasten des Unternehmers Wie dargestellt ist der Unternehmer verpflichtet, den HV aktiv vor fremden Wettbe- 153 werb, erst recht vor dem durch Konzernunternehmen oder nahestehenden Dritte, zu schützen.898 Dies ist nicht direkt eine Frage des Durchgriffs sondern ergibt sich als Schutzpflicht aus dem HV-Vertrag selbst, insbesondere als Nebenpflicht einer Ausschließlichkeitsbindung. Aus ihr folgt bei allen Vertriebsverträgen eine umfassende Schutzpflicht des Herstellers vor eigenem Wettbewerb, aber auch vor solchem Dritter,899 insb. nahestehender Dritter, z.B. verbundener Unternehmen, Gesellschafter oder Angehöriger (Abschirmpflicht). Die Intensität dieser dem Unternehmer obliegenden Schutzpflicht ist gestaffelt nach dem Grad der Verletzungshandlung und verbietet geordnet nach der Schwere des Verstoßes: 1. eigenen Wettbewerb 2. Veranlassung fremden Wettbewerbs, auch solchen verbundener Unternehmen 3. Umgehung der Exklusivität durch Vorschieben Dritter 4. Unterstützung fremden Wettbewerbs und 5. unterlassene Abschirmung fremden Wettbewerbs (s.o.). Der Unternehmer ist also materiellrechtlich – ebenso wie der HV in spiegelbildlicher 154 Konstellation – verpflichtet, jede Handlung zu unterlassen, die den HV schädigen könnte und verpflichtet, Schaden vom HV abzuwenden. Die Verletzung bereits einer dieser Pflichten ist eine Schlechterfüllung des Vertriebsvertrages. Sie führt zur Schadensersatzpflicht und damit korrespondierend zur Auskunftspflicht; zudem (nach Abmahnung) zu einem Kündigungsrecht aus wichtigem Grund analog § 89a.900 Zu unterscheiden ist damit der „unechte Durchgriff“ vom „echten Durchgriff“. 155 Unechte Durchgriffsprobleme sind solche, bei denen sich der Anspruch des HV gegen den Unternehmer aufgrund einer Verletzung dieser eben genannten Abschirmpflicht richtet, der Unternehmer jedoch seinen Einfluss auf verbundene Unternehmen ausüben muss, die den HV schädigende Handlung zu unterlassen. Das Mittel, mit dem der Unter-

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896 Westphal I Rn 372. 897 Westphal I Rn 372. 898 Zum spiegelbildlichen Fall der Umgehung vertraglicher Pflichten durch den HV Emde GmbHR 1999, 1005 (1013). 899 Der BGH hat im Urt. v. 11.4.2003 – V ZR 323/02, NJW 2003, 3622 zu einem Wegerecht ausgesprochen, die Verpflichtung zur Unterlassung beinhalte die Pflicht, Verstöße durch Dritte zu verhindern. 900 Emde EWiR 2002, 1037.

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nehmer dieser Abschirmpflicht genügen kann ist sein Weisungsrecht an eine Tochtergesellschaft oder „upstream“ zu einer Muttergesellschaft, die zwischen verbundenen Unternehmen bestehende gesellschaftsrechtliche Treupflicht (die dann ggf. „downstream“ die Rechte wieder zu ihren Töchtern – Schwestergesellschaften des Unternehmers – mittels Weisungsrechts durchsetzen müssten), zudem die Treupflicht innerhalb eines Vertriebssystems (§ 86 Rn 133).901 Der Unternehmer kann auch verpflichtet sein, ihm zustehende Schadensersatzansprüche an die HV abzutreten, die dann gegenüber der Muttergesellschaft im Wege einer „Anspruchskette“ geltend machen könnten. Jedenfalls darf der Unternehmer, nicht anders als der HV (§ 86 Rn 122 ff.), die ihm ob156 liegenden Vertragspflichten nicht durch Dritte, insb. nicht durch von ihm beherrschte Gesellschaften, abhängige Unternehmen, Strohleute oder Angehörige umgehen. 902 Gründet oder unterhält der Unternehmer eine abhängige Gesellschaft, etwa eine Tochtergesellschaft oder eine Schwestergesellschaft, die Vertragspflichten verletzt, welche dem Unternehmer gegenüber dem HV oblegen hätten, so spricht ein Indiz für eine Umgehung der Vertragspflichten – meist Unterlassungspflichten. Dieses Indiz hätte schon wegen der Sachnähe der Unternehmer bzw. die betroffene Gesellschaft zu widerlegen. Eine Zurechnung ist nicht auf Gesellschaften begrenzt. Jede im Lager des Unternehmers, also ihm nahe stehende natürliche und juristische Person, kann Adressat solcher Pflichten sein. So werden Personenidentität der Gesellschafter oder der Geschäftsleitung903 und Beherrschung904 als maßgebliche Umstände angesehen, die im Falle einer Verletzung von Vertragspflichten durch scheinbar selbständige Dritte zur Zurechnung beim Unternehmer führen. Beispiele: – Die Einstellung des Betriebs bei gleichzeitiger Verlagerung auf ein vom Unternehmer neu gegründetes Unternehmen.905 – Der BGH sah eine Umgehung des Vertriebsrechts eines Handelsvertreters darin, dass der Unternehmer die Vertragsware lediglich mit anderem Gehäuse und anderer Beschriftung vertrieb.906 – In dem bereits im ersten Spiegelstrich genannten Fall überging der BGH907 die Selbständigkeit der geschäftsausführenden KG, weil er eine „wirtschaftliche Identität“ mit dem einzelkaufmännischen Unternehmer annahm. Zwar sei die KG von dem Unternehmer rechtlich selbstständig. Der Einzelkaufmann habe aber auf die KG persönlich und wirtschaftlich einen entscheidenden Einfluss ausgeübt, da zu den Gesellschaftern und Geschäftsführern der Komplementär-GmbH der KG außer dem Einzelkaufmann auch dessen Ehefrau und Kinder gehörten. Es wurde in dieser Entscheidung maßgeblich auf die wirtschaftliche Identität und gleiche Interessenlage abgestellt, jedoch auch auf die Beherrschung der Gesellschaft.

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901 Eine solche Weitergabepflicht hat der BGH in seinem Urt. v. 19.1.2011 – VIII ZR 149/90, BeckRS 2011, 03878 Rn 33 für den Fall des Wettbewerbsverstoßes eines Vertragshändlers angenommen. 902 Vgl. BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785; Emde VersR 2012, 536 (548); Hopt § 86a Rn 16. 903 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 109. 904 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 109. 905 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 18; anschaulicher Fall BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785 (1786). 906 BGH, Urt. v. 21.6.1972 – VIII ZR 96/71, BB 1972, 1204: Der Kunde ist geneigt, unter der veränderten Aufmachung und Bezeichnung eine technische Verbesserung zu vermuten; Karsten Schmidt Handelsrecht, § 28 II 2c. 907 BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785 (1786); zustimmend Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 13.

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BGH, Urt. v. 4.12.1986 – I ZR 101/85, NJW-RR 1987, 547 kam zum selben Ergebnis, da der persönlich haftende Gesellschafter des Unternehmens, mit dem der HV-Vertrag bestand, gleichzeitig Gesellschafter und Geschäftsführer des geschäftsausführenden GmbH war. In dieser Entscheidung hat der BGH entscheidend auf die wirtschaftliche Einheit und weniger auf die einheitliche Leitung der Gesellschaften abgestellt, die gleichwohl gegeben war. Das OLG Köln908 entschied in einem Fall, in welchem der Unternehmer über eine selbständige Tochtergesellschaft das vom Alleinvertreter vertriebene Sortiment vertrieb, es sei objektiv missbräuchlich, falls sich der Unternehmer zur Rechtfertigung einer Vertragsverletzung bei Personenidentität der Geschäftsführung auf die rechtliche Selbständigkeit einer Tochterfirma berufe. Das OLG verurteilte den Unternehmer zur Provisionszahlung. Ähnlich entschied das OLG Düsseldorf:909 Übernimmt eine GmbH die Geschäfte ihrer Tochtergesellschaft, einer KG, und beliefert sie Kunden mit Produkten, für welche die Tochtergesellschaft einem HV Provision zu zahlen hätte, so ist es objektiv missbräuchlich, wenn sich die GmbH auf die rechtliche Selbständigkeit der Unternehmen beruft. In die gleiche Richtung ging eine Entscheidung des OLG München.910 Das OLG München entschied, der Unternehmer dürfe sich nicht auf die rechtliche Selbständigkeit der den Kundenvertrag schließenden Gesellschaft berufen. Es sei mit Treu und Glauben unvereinbar, dass seitens des Unternehmers Geschäfte mit Produkten, für die dem HV ein Alleinvertriebsrecht eingeräumt war, auf eine nahestehende Gesellschaft verlagert und damit Bezirksprovisionen des Klägers vereitelt würden. Begründet wurde dieses Ergebnis etwa mit personellen Überschneidungen, der räumlichen Nähe beider Gesellschaften und dem gemeinsamen Telefonanschluss. Das OLG Stuttgart911 entschied: Kann eine als Unternehmer tätige Muttergesellschaft auf das Vertriebssystem ihrer Töchter, die als Haupt- oder A-Händler tätig sind, gestaltend Einfluss nehmen und bindend veranlassen, dass etwa eine Tochtergesellschaft das Vertragsverhältnis mit einem B-Händler löst, haftet auch die Muttergesellschaft nach Vertragsgrundsätzen. Von der Muttergesellschaft vorgenommene Maßnahmen können eine zum Schadensersatz verpflichtende Treupflichtverletzung darstellen. In dieser Entscheidung wurde also nicht nur ein Anspruch gegen den Vertragspartner, die Tochtergesellschaft, befürwortet. Vielmehr billigte das OLG einen Direktanspruch gegen die nicht vertragsführende Muttergesellschaft. Der Anspruch wurde also „nach oben“, zur Muttergesellschaft, gezogen.

In diesen Fällen darf der HV nach seiner Wahl (Gesamtschuldnerschaft) die Erfül- 157 lung der Vertragspflichten, etwa Zahlung der Provision, von beiden Unternehmen, Vertragspartner wie verbundener Person, verlangen. Der HV darf also die Unternehmerpflichten zum handelnden Dritten ziehen912 oder das Handeln des Dritten dem Unternehmer zurechnen. Die geschäftsausführende Person kann sich nicht darauf berufen,

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908 OLG Köln, Urt. v. 8.1.1979 – 12 U 115/78, HVR Nr. 526; ebenso das LG Bonn als Vorinstanz; Wiedergabe des Sachverhaltes bei Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 111. 909 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.2000 – 16 U 32/99, OLGR Düsseldorf 2000, 425 = GmbHR 2000, 1205. 910 OLG München, Urt. v. 7.7.1993 – 7 U 2717/93, HVR Nr. 1103. 911 OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989 – 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491 (492). Vom BGH ist die Revision mangels Erfolgsaussichten nicht angenommen worden. 912 S. OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989 – 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491 (492). Vom BGH ist die Revision mangels Erfolgsaussichten nicht angenommen worden.

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mit ihr sei kein HV-Vertrag geschlossen worden. Der Unternehmer darf sich nicht darauf zurückziehen, er habe kein Geschäft ausgeführt. Dieses Ergebnis ist die konsequente Folge der Missachtung der rechtlichen Selbständigkeit des Vertragsverletzers. 158 Kein Durchgriffsfall sind Konstellationen, in denen der Unternehmer einem Dritten ein uneingeschränktes Vertriebsrecht einräumt, welches zur Belieferung des dem HV zugewiesenen Gebiets oder Bezirks berechtigt und dessen Gewinnchancen aushöhlt.913 Dieses Verhalten kann aber ebenfalls eine Treupflichtverletzung des Unternehmers darstellen. M. Pflichten des Unternehmers im Verhältnis zu Dritten 159

Von den vertraglichen Pflichten im Verhältnis zwischen Unternehmer und HV sind Pflichten zu unterscheiden, die den Unternehmer ggf. aus dem Rechtsverhältnis zu Dritten, etwa zu seinen Kunden, treffen können. Diese Pflichten unterliegen einem selbständigen Regelungsregime, das meist wenig mit Vertriebsrecht zu tun hat. Häufig handelt es sich um Abwicklungs- oder Gewährleistungsfragen der vermittelten Geschäfte. Zu den mit dem HV-Recht verwandten Fragen solcher Rechtsbeziehungen zählen etwa: – Datenschutz: Die Übermittlung kundenbezogener Daten von Banken an ihre HV bedarf als Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG keiner weiteren Einwilligung der Kunden.914 – Beratungspflicht: Der Unternehmer kann aufgrund einer (konkludenten) Absprache mit dem Kunden dessen Beratung übernommen haben. Eine Verletzung der Beratungspflicht stellt eine Pflichtverletzung dar. N. Abs. 3: Zwingende Natur

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Seit der Novelle 1989 sind die Pflichten des § 86a Abs. 1 und 2 zwingend ausgestaltet. Zuvor traf das nur auf Abs. 2 S. 3 zu. Wie in § 86 werden von der zwingenden Natur allein die in beiden Absätzen ausdrücklich normierten Pflichten erfasst. Andere als die in Abs. 1 und 2 explizit genannten Nebenpflichten des Unternehmers dürfen also innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB erweitert oder eingeschränkt werden. Möglicherweise prägen jedoch in den Abs. 1 und 2 nicht erwähnte Nebenpflichten das Leitbild des Vertrages, so dass die Erweiterung oder Beschränkung nach § 307 BGB unzulässig wäre;915 dies ist im Einzelfall zu untersuchen (zur AGB-Prüfung Vor § 84 Rn 55 f.). Abs. 3 verwehrt es den Parteien auch nicht, die für unabdingbar erklärten Pflichten des Unternehmers durch Vereinbarung näher auszugestalten, zu konkretisieren oder zu präzisieren,916 solange sie in ihrem Kern bestehen bleiben und insoweit nicht eingeschränkt werden. Einer vertraglichen Ausweitung der Pflichten des Abs. 1 und 2 steht Abs. 3 als Schutzvorschrift zugunsten des HV ebenso wenig entgegen 917 wie einem nachträglichen, auf die Vergangenheit beschränkten Verzicht des HV auf seine Rechte aus § 86a.918

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913 Vgl. Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 100. 914 Evers/Kiene NJW 2003, 2726 (2728). 915 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 44. 916 Roth BB 2010, 2000 (2003) – zur Überlassungspflicht; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 44; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 42. 917 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 44; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 6 und 22; wohl auch MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 42; aA Thume BB 1995, 1913 (1914). 918 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 44.

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O. Rechtsfolgen der Verletzung der Unternehmerpflichten Im Falle der Verletzung der Unternehmerpflichten stehen dem HV folgende Rechte 161 zu: – Annahmeverzug: Verhindert der Unternehmer das Entstehen der Provision, darf der HV gemäß § 615 BGB die vereinbarte Vergütung fordern 919 (siehe Vor § 84 Rn 76 ff.). § 615 BGB ist trotz der Entschließungsfreiheit des Unternehmers grundsätzlich anwendbar.920 Der Anspruch aus § 615 BGB tritt in Konkurrenz921 zum Provisionsanspruch aus §§ 87 ff. HGB, 162 BGB sowie zum regelmäßig gegebenen Schadenersatzanspruch wegen Schlechterfüllung (§ 280 BGB). – Arglistige Täuschung: Der HV darf den HV-Vertrag nach § 123 BGB anfechten, falls er von dem Unternehmer arglistig getäuscht wurde.922 – Außerordentliche Kündigung nach § 89a: Bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung darf der HV außerordentlich kündigen,923 etwa: – nach einem Verstoß gegen die Überlassungspflicht von Unterlagen.924 Einzelhalten zur Kasuistik s. bei § 89a. Dieses Recht kann jedoch – wenn durch den Vertragsverstoß das erforderliche Vertrauen nicht vollkommen entfallen ist – nur nach ergebnisloser Abmahnung geltend gemacht werden (§ 134 BGB).925 Es sind jeweils die Umstände des Einzelfalles maßgeblich.926 So wird etwa die Weigerung des Unternehmers, dem HV die zur Ausübung seiner Tätigkeit dringend benötigten Musterkollektionen, Preislisten etc. zur Verfügung zu stellen, eher einen wichtigen Kündigungsgrund bilden, als wenn es sich z.B. um weniger bedeutsames Werbematerial handelt.927 U.U. wird eine wiederholte Verletzung eher unbedeutender Nebenpflichten erforderlich sein, ehe gekündigt werden darf. Eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung ist nur wirksam, falls durch die Nicht- oder Schlechterfüllung das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien vollkommen zerstört wird und auch durch eine Abmahnung nicht wiederhergestellt werden könnte (s. Kommentierung zu § 89a). Davon wird nur im Ausnahmefall auszugehen sein. Durch die Kündigung nach § 89a gewinnt der HV auch den gegenüber § 280 BGB spezielleren Anspruch auf Ersatz des durch die vorzeitige Auflösung des HV-Verhältnisses entstandenen Schadens (§ 89a Abs. 1, 2). – Ausgleichserhaltende Kündigung gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 1: Selbst wenn der HV die ordentliche der außerordentlichen Kündigung vorzieht, etwa weil er nicht das Risiko eingehen will, in einem Prozess den Kündigungsgrund als nicht gewichtig genug für eine fristlose Kündigung beurteilt zu sehen, wahrt er bei Existenz eines begründeten Anlasses zur Kündigung nach § 89b Abs. 3 Nr. 1 den Ausgleichsanspruch, der ihm sonst bei einer Eigenkündigung verloren ginge. Nur muss die Pflichtverletzung des Unternehmers dem HV zur Kündigung wenigstens einen „begründeten Anlass“ gegeben haben. Dazu werden leichtere oder einmalige Verstöße

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919 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 47; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl. § 86a Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 9; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 85 Rn 6. 920 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 40. 921 Siehe Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 47. 922 OLG Karlsruhe HVR Nr. 976. 923 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 40; Hopt § 86a Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 21. 924 Westphal I Rn 388. 925 Westphal I Rn 388. 926 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 40. 927 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 40.

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des Unternehmers nicht ausreichen; hier würde der HV sich einstweilen mit Abmahnung, allenfalls Schadensersatzansprüchen zu begnügen haben. Nicht anders als bei § 89a hängt es von der Schwere des Verstoßes ab, ob der HV ausgleichserhaltend kündigen kann, wobei im Rahmen des § 89b Abs. 3 Nr. 1 geringere Anforderungen zu stellen sind. Erfüllung: Die wichtigste Folge der Verletzung einer Haupt- oder selbständigen Nebenpflicht ist, dass sie nicht durch Erfüllung erlischt und der Erfüllungsanspruch fortbesteht.928 Der HV darf also das geschuldete Handeln oder Unterlassen fordern. Die unerfüllt gebliebene Pflicht kann eingeklagt und vollstreckt werden. Im Falle der Eilbedürftigkeit und der Existenz erheblicher Nachteile (Leitbild: Existenzgefährdung) ist das Recht im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbar, z.B. hinsichtlich der Überlassung von Unterlagen, die der HV für den Vertrieb dringend benötigt.929 Bei den meisten Nebenpflichten des Unternehmers handelt es sich um derartige selbständige, einklagbare Nebenpflichten, etwa bei der – Treupflicht. – den in § 86a genannten Pflichten930 – dem Gleichbehandlungsgebot – der Belieferungspflicht – der Organisationspflicht des Unternehmers Fristsetzung nach § 323 BGB: Der HV darf dem Unternehmer eine Frist gemäß § 323 (früher: § 326) BGB setzen931 Schadenersatz: Dazu Rn 162 ff. Vertragsstrafe: Der HV darf eine hinreichend bestimmte und angemessene Vertragsstrafe einfordern932 Verzugsschaden: Der HV kann im Falle des Verzuges gem. §§ 280 Abs. 2, 286 BGB den Verzugsschaden fordern Zurückbehaltungsrecht: Der HV darf seine Leistungen zurückhalten, je nachdem ob es sich um eine Haupt- oder Nebenleistungspflicht handelt gem. § 320 Abs. 1 S. 1 BGB oder § 273 BGB933 I. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Vertriebsmittler

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Im Falle der schuldhaften934 Verletzung von Unternehmerpflichten, auch der aus § 86a,935 darf der HV Schadenersatz fordern.936 Eine Schadenersatzverpflichtung des Unternehmers gegenüber dem HV ist vor- wie nachvertraglich und selbstverständlich vertragsbegleitend denkbar. Vorvertraglich kann der Unternehmer dem HV gemäß §§ 242, 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo) haften. Vertragsbegleitend kommt eine Haftung aus § 280 Abs. 1 in Betracht, zudem gemäß § 89a Abs. 2. Auch aufgrund einer Schlechterfüllung nachvertraglicher Treupflichten mag eine Haftung nach § 280 BGB entstehen. Hinzu treten deliktische Anspruchsgrundlagen, insbesondere § 826 BGB.

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928 Thume BB 1995, 1913 (1915); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 2. 929 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39. 930 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 69. 931 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 45 ff. 932 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39. 933 Für Franchiseverträge Giesler ZIP 2002, 420 (424). 934 OLG Düsseldorf OLGR 1996, 55. 935 Hopt § 86a Rn 4. 936 Hopt § 86a Rn 4.

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Kenntnisse einer in die Vertragsausführung eingeschalteten Muttergesellschaft muss sich der Unternehmer ggf. zurechnen lassen.937 Schadensersatzansprüche wegen Verletzung des § 86a dürfen wegen der zwingenden Natur des Abs. 3 angeblich nicht ausgeschlossen werden.938 Das ist zweifelhaft, weil der Schadenersatzanspruch selbst nicht zwingend ist. 1. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß §§ 280 163 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 242, 311 Abs. 2 BGB (culpa in contrahendo). Eine Haftung des Unternehmers gegenüber dem HV wegen vorvertraglichen Verschuldens gem. §§ 280 Abs. 1, 282, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2, BGB, in krassen Fällen auch nach § 826 BGB,939 kommt außer bei Nichtigkeit des Vertrages940 insbesondere bei mangelnder Aufklärung, etwa über Risiken des Vertrages, 941 in Betracht. Derartige Aufklärungspflichten bestehen beispielsweise, wenn ein Wissens- oder Informationsgefälle besteht.942 Vorvertragliche Pflichtverletzungen begründen i.d.R. einen Anspruch auf Ersatz des negativen Interesses943 (Differenzhypothese), sofern der Unternehmer nicht ausnahmsweise konkrete Zusicherungen abgegeben hat, bei deren Nichteintritt er auf das volle Erfüllungsinteresse haftet.944 Es ist ein Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne jenes Ereignis ergeben hätte, vorzunehmen. Der HV ist nicht lediglich auf eine „angemessene Entschädigung“ in Analogie zu § 642 BGB wegen Annahmeverzuges beschränkt.945 Unbeachtlich ist, was der HV verdient hätte, wenn eine falsche Behauptung des Unternehmers zutreffend gewesen wäre oder ein verschwiegener Umstand nicht bestanden hätte (positives Interesse).946 Entgangener Gewinn aus als sicher hingestellten Geschäften muss nicht ersetzt werden. Völlig zufällige Ereignisse werden schadensrechtlich ausgeblendet, etwa eine Gebietsvergrößerung aufgrund des Unfalles eines Kollegen.947 Der HV darf vollmundigen Versprechen des Unternehmens nicht blind vertrauen, sondern muss sich, wie jeder Unternehmer, informieren, bevor er in ein neues Geschäftsfeld investiert.948 Der HV hat den Unternehmer z.B. nach den Erfolgschancen des Vertriebssystems zu befragen und das erforderliche Maß an Skepsis walten lassen, falls er keine Antwort erhält.949 Regelmäßig kann sich der Unternehmer jedoch nicht mit dem Einwand entlasten, der HV habe der Richtigkeit seiner Angaben nicht vertrauen dürfen. Dies widerspräche dem Grundsatz von Treu und Glauben.950 § 254 BGB ist anwendbar.951 Verlangt der HV Schadensersatz, weil ihm die Möglichkeit erfolgreicher Vertriebstätigkeit nicht eingeräumt oder nachträglich genommen wurde, hat er sich nach § 254 Abs. 2 BGB den Verdienst anrechnen zu lassen, der bei anderweitigem Einsatz seiner Leistungskraft tatsächlich verdient wurde oder den er

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937 OLG München, Urt. v. 27.7.2006 – 23 U 5590/05, BB 2007, 14; Flohr BB 2007, 6 ff. (Franchiserecht). 938 Zur früheren Rechtslage vgl. Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 28. 939 OLG Nürnberg BB 1956, 352; Schipper NJW 2007, 734 (736). 940 Hopt § 85 Rn 1. 941 Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 124 f.; zum Franchisevertrag Giesler ZIP 2002, 420 (426). 942 Giesler, ZIP 2002, 420 (426). 943 BGH NJW 1998, 302 (304); OLG Düsseldorf HVR Nr. 949; Schipper NJW 2007, 734 (736). 944 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 67. 945 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 39. 946 Schipper NJW 2007, 734 (736). 947 BGH NJW 1998, 302 (304); Schipper NJW 2007, 734 (736). 948 Schipper NJW 2007, 734 (736). 949 Schipper NJW 2007, 734 (736). 950 BGH NJW 1998, 302 (305); OLG München NJW 1994, 667; Schipper NJW 2007, 734 (736). 951 Schipper NJW 2007, 734 (736).

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bei sachgerechtem Einsatz hätte verdienen können.952 In Folge des schadenersatzbegründenden Ereignisses unterlassene Tätigkeit kann dem HV nur dann im Sinne des § 254 BGB vorgeworfen werden, sofern es sich um eine zumutbare Tätigkeit handelte.953 Tätigkeiten, die bereits zeitgleich mit dem streitgegenständlichen Vertragsverhältnis durchgeführt wurden, können nur dann angerechnet werden, wenn die Einnahmen des HV aus den Tätigkeiten infolge des schadenersatzbegründenden Verhaltens gestiegen sind.954 Ein zum Schadenersatz führendes Verschulden des Unternehmers liegt vor, falls er bei gehöriger Sorgfalt hätte voraussehen können, dass sein Verhalten, beispielsweise der erzeugte Irrtum oder der verschwiegene Umstand, die Entscheidung des Interessenten beeinflussen werde.955 Eine eklatante und eingestandenermaßen auch für den Unternehmer nicht erklärbare Abweichung der prognostizierten von den realen Umsatzprognosen indiziert, dass jene nicht sorgfältig und fachgerecht erstellt wurden.956 164

2. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler nach § 280 Abs. 1, 3 BGB wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten (Positive Forderungsverletzung). Eine Haftung wegen Schlechterfüllung vertragsbegleitender Pflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB wird in folgenden Konstellationen diskutiert: – Ablehnung eines vermittelten oder ohne Vertretungsvollmacht gezeichneten Geschäfts: Der HV darf Ersatz seiner Aufwendungen verlangen, die er im Vertrauen auf den Abschluss des Geschäfts getätigt hat, falls der Unternehmer das ihm angetragene Geschäft nicht rechtzeitig ablehnt.957 – Abschlussbeschränkungen, nicht rechtzeitige Mitteilung: Der Unternehmer kann den Schadenersatzanspruch des HV in Höhe entgangener Provision ausschließen, indem er beweist, dass er das angetragene Geschäft ohnehin nicht angenommen hätte.958 Auch dann könnte aber noch ein Verspätungsschaden für die zur Unzeit erfolgte Information geltend gemacht werden; zudem ein Anspruch wegen unvertretbarer Verweigerung des Geschäfts.959 – Abschirmpflicht: Falls der Unternehmer seine Pflicht verletzt, den HV vor Wettbewerb Dritter abzuschirmen.960 – Alleinvertreter: Bei Eingriffen in das Alleinvertriebsrecht des HV.961 – Auskunftsrechte: Die Unmöglichkeit, Informationsrechte des § 87c zu erfüllen, führt zur Haftung nach § 280 BGB, z.B. falls der Unternehmer keine Bücher geführt hat.962 Als Schadensersatz geforderte Provisionen werden sich ohne Informationen jedoch nur schwer beweisen lassen. Wenn ein Informationsrecht nach § 87c ergibt, dass die im Hinblick auf Richtigkeit oder Vollständigkeit von Abrechnungen geäußerten Zweifel des HV begründet waren, trägt der Unternehmer die gesamten Kosten des Kontrollrechts.963 Eine Schadenersatzpflicht trifft den Unternehmer zudem im

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952 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. 953 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. 954 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. 955 Schipper NJW 2007, 734 (736). 956 OLG Hamburg, Beschl. v. 19.11.2004 – 6 U 96/04, n.v.; Schipper NJW 2007, 734 (736). 957 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 26. 958 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 27. 959 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 27. 960 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. 961 BGH, Urt. v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601. 962 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20. 963 BGH LM Nr. 1 zu § 87c sowie BGHZ 32, 302 (306); Seetzen WM 1985, 219, Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45.

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Fall der nicht rechtzeitigen Erteilung der Informationen, etwa des Buchauszugs.964 Nach Verzugseintritt wird der Schadenersatz aus den §§ 284 ff. BGB hergeleitet. Dispositionsmaßnahme: Ist eine Dispositionsmaßnahme zulässig, verletzt der Unternehmer jedoch die Pflicht zur rechtzeitigen Nachricht, schuldet er lediglich Ersatz des negativen Interesses. Ist die Dispositionsmaßnahme unzulässig, schuldet er auch den entgangenen Gewinn,965 jedoch nur bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin, zu dem der Unternehmer hätte kündigen dürfen. Eingriffe in das Vertriebsrecht des HV: Besteht der Schaden in der mangelnden Gelegenheit zum Vertrieb, hat sich der HV nach § 254 Abs. 2 BGB anrechnen zu lassen, was er bei anderweitigem Einsatz seiner Arbeitskraft tatsächlich verdient hat oder bei sachgerechtem Einsatz hätte verdienen können.966 Eine anderweitige Verdienstmöglichkeit fehlt regelmäßig, falls der HV-Vertrag ein Wettbewerbsverbot enthält. Information, unterlassene:967 Bei Verletzung der Informationsrechte beschränkt sich der Schadenersatzanspruch regelmäßig auf das negative Interesse: Der HV hat Anspruch auf Ersatz seiner nutzlosen Aufwendungen für eine erfolglose Vertriebstätigkeit, vor welcher die verletzte Verpflichtung ihn bewahren sollte.968 Dieser Anspruch wird durch die Höhe der sonst entstandenen Provision beschränkt.969 Kann der HV nachweisen, dass er bei rechtzeitiger Information den bestehenden Vertrag gekündigt und mit einem anderen Unternehmer einen Vertriebsvertrag geschlossen hätte, so darf er gemäß § 252 BGB den im neuen Vertrag entgangenen Gewinn fordern.970 Im Fall der nicht rechtzeitigen Mitteilung von der Annahme des Geschäftes kann ein Schaden nur entstehen, wenn der HV daraufhin weitere Aufwendungen für seine Tätigkeit beginnt, um das Geschäft zustande zu bringen.971 Insolvenz: Dem HV kann gegen den Unternehmer ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der Eröffnung eines durch das Verhalten des Unternehmers verursachten Insolvenzverfahrens zustehen.972 Dieser Anspruch ergibt sich nicht unmittelbar aus der InsO. Als Anspruchsgrundlage wird sowohl die entsprechende Anwendung von § 628 Abs. 2 BGB als auch eine Analogie zu § 89a Abs. 2 erwogen.973 Auch an eine Anwendung des § 280 BGB ist zu denken. Die analoge Anwendung des § 89a Abs. 2 lässt sich damit begründen, dass der HV-Vertrag zwar nicht infolge einer Kündigung beendet wird, wie es dem Wortlaut des § 89a Abs. 2 nach Voraussetzung ist, jedoch infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kraft Gesetzes erlischt. Die entsprechende Anwendung von § 628 Abs. 2 BGB wird erwogen, weil die Norm über den Wortlaut hinaus einen allgemeinen Rechtsgrundsatz enthält, wonach der Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses zum Schadensersatz verpflichtet ist, wenn

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964 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11a. 965 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 15. 966 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23a. 967 Hopt § 85 Rn 1; § 86a Rn 2. 968 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39. 969 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 25; LAG Stuttgart NJW 1951, 374. 970 BGH NJW-RR 1988, 1060 = WM 1988, 1234 (1235); MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 38. 971 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 26. 972 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR Düsseldorf 1996, 55; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 62; Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (64); Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Aufl. 1994, § 23 Rn 21; Hoffstadt DB 1983, 645 (646 f.); Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c; aA Schlegelberger/ Schröder § 89a Rn 41. 973 Offen gelassen vom OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR 1996, 55.

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er den Anlass zur Auflösung des Vertrages in schuldhafter Weise herbeiführt.974 Ungeachtet der dogmatischen Herleitung des Schadensersatzanspruchs handelt es sich jedenfalls um einen vertraglichen Anspruch. Hieraus folgt, dass das für die Auflösung des Vertrages kausale Verhalten des Unternehmers Pflichten aus dem HVVertrag verletzt haben muss.975 Demzufolge kann die bloß schuldhaft verursachte Insolvenz für sich betrachtet noch kein ausreichender Grund für einen Schadensersatzanspruch sein.976 Es muss vielmehr ein spezielles Auflösungsverschulden vorliegen, das über die bloße Herbeiführung der Insolvenz und die Veranlassung der Vertragsauflösung hinausgeht. Die unternehmerischen Entscheidungen, welche die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verursachen, müssen ein „HV-vertragswidriges“ Verhalten konstituieren. In der Rspr. wird darauf verwiesen, dass die vertraglichen Treupflichten des Unternehmers gegenüber dem HV dort enden, wo die unternehmerische Dispositionsfreiheit beginnt. Unternehmerische Fehlentscheidungen allein können einen Schadensersatzanspruch daher nicht begründen. Der Unternehmer ist in der Führung seines Unternehmens grundsätzlich frei, er muss jedoch auch auf Interessen des HV Rücksicht nehmen. Entscheidend ist somit, wann der unantastbare Bereich der unternehmerischen Dispositionsfreiheit, in dessen Rahmen ein HVvertragswidriges Verhalten ausgeschlossen ist, erreicht wird. Ein HV-vertragswidriges Verhalten ist anzunehmen, falls die zur Insolvenz führenden Entscheidungen des Unternehmers willkürlich, in keiner Weise mehr sachlich zu vertreten oder in der Absicht, den HV zu schädigen, getroffen wurden.977 Fraglich ist, wer für das Überschreiten dieser Grenze die Beweislast trägt. Es könnte angenommen werden, der für den Unternehmer handelnde Insolvenzverwalter trage die Beweislast dafür, dass kein spezielles Auflösungsverschulden im vorerwähnten Sinne vorliege und kein Schadensersatzanspruch gegeben ist.978 Dafür streitet, dass ihm dieser Gegenbeweis leichter möglich ist, weil ihm der Unternehmer auskunftspflichtig ist. Es spricht dann eine Vermutung für eine Verletzung der Schutzpflichten des HV-Vertrages, welche der Verwalter zu widerlegen hätte. Dem klagenden HV wird es im Prozessfall allerdings obliegen, zunächst greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Auflösungsverschulden zu behaupten, damit der beklagte Insolvenzverwalter in die Lage versetzt wird, in Wahrnehmung seiner Darlegungs- und Beweislast substantiiert vorzutragen und Beweis anzutreten. Inhalt des Anspruchs sind etwa die infolge der Vertragsbeendigung für die Zukunft entgangenen Provisionsansprüche. Der Schadensersatzanspruch ist der Höhe nach auf den Zeitraum bis zum vereinbarten oder durch ordentliche Kündigung herbeiführbaren Vertragsende beschränkt.979 Er ist eine einfache Insolvenzforderung, die der HV zur Insolvenztabelle anmelden muss.980

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974 Staudinger/Preis BGB (2002) § 628 Rn 34, 41. 975 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR 1996, 55; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 67; Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 235; vgl. auch § 628 Abs. 2 BGB, der explizit ein vertragswidriges Verhalten voraussetzt. 976 So aber Hoffstadt, DB 1983, 645 (646 f.), der einen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB für möglich hält, „wenn der Konkurs auf einem Verschulden des Gemeinschuldners beruht“. 977 OLG Düsseldorf, Urt. v. 15.12.1995 – 16 U 234/94, OLGR 1996, 55 (56). 978 Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 135. 979 BGH, Urt. v. 3.3.1993 – VIII ZR 101/92, BGHZ 122, 9 (12 f.); Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen 3. Aufl., § 89a Rn 20; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 71. 980 Kuhn/Uhlenbruck KO, 11. Aufl. 1994, § 23 Rn 21; Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 135; Hoffstadt DB 1983, 645 (647).

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Insolvenz, Information: Informiert der Unternehmer den HV nicht über die Gefahr der Insolvenz des Unternehmers, entsteht ein Schadenersatzanspruch des HV aus § 280 BGB.981 Tritt der Schaden vor Insolvenzeröffnung ein, handelt es sich um eine einfache Insolvenzforderung.982 Lieferbarkeit der Vertragswaren: Hier trifft den Unternehmer nach Ansicht von Eberstein983 eine Garantiehaftung. Das ist zweifelhaft. Bei Abschluss trotz Kenntnis der Nichtlieferbarkeit kommt ein Mitverschulden in Betracht.984 Nichtbeachtung der Treu- und Förderungspflicht: Im Falle der Verletzung der Treu- und Förderungspflicht, insbesondere nach willkürlichem Verhalten,985 kommt ein Anspruch auf entgangenen Gewinn in Betracht, sofern der HV beweist, dass er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Förderungspflicht bestimmte Geschäfte erfolgreich vermittelt oder abgeschlossen (was den Nachweis des Abschlusses durch den Unternehmer einschließt) oder bei vertragsgerechter Erfüllung der Treupflicht seine Arbeitskraft erfolgreich der Vermittlung bzw. dem Abschluss anderer Geschäfte gewidmet hätte,986 ggf. für einen anderen Unternehmer nach Kündigung des bisherigen Vertragsverhältnisses.987 Im Hinblick auf die Entschließungsfreiheit des Unternehmers ist für einen Anscheinsbeweis des Abschlusses durch den Unternehmer kein Raum.988 Ob der Ersatzanspruch zeitlich begrenzt wird bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nach dem Zeitpunkt, zu welchem der HV hätte erkennen müssen, dass der Unternehmer sein Verhalten nicht ändern werde und zur Wahrung seiner Interessen hätte kündigen müssen,989 erscheint zweifelhaft. Der Unternehmer darf nicht auf eine Kündigung des HV hoffen oder sich durch sie von seinen Vertragspflichten dispensieren; er muss vielmehr sämtliche adäquat-kausal verursachten Folgen tragen. Übermaßweisungen: Sie können zu einer Haftung des Unternehmers nach § 280 BGB führen.990 Mangelnde Unterlagen: Stellt der Unternehmer Arbeitsunterlagen nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung, so kann der HV gem. § 280 BGB oder unter dem Gesichtspunkt des Verzuges als Schadensersatz die ihm entgangenen Provisionen fordern.991 Der HV muss beweisen, dass ihm die Unterlagen nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt worden sind und diese Unterlassung das Nichtzustandekommen bestimmter provisionspflichtiger Geschäfte zur Folge gehabt hat.992 Der Beweis lässt sich auch durch Statistiken führen, etwa wenn nach Zurverfügungstellung der Unterlagen höhere Gewinne erzielt wurden und andere Gründe hierfür nicht ersichtlich sind.

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981 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 61. 982 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 61. 983 9. Aufl., S. 94. 984 BAG DB 1974, 1617; Eberstein 9. Aufl., S. 94. 985 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22, 23, 27; § 87 Rn 66 ff. 986 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 68. 987 BGH NJW 1974, 795; BGH, Urt. v. 3.3.1988 – I ZR 187/86, NJW-RR 1988, 1060; Thume BB 1995, 1913 (1915); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 25, 26, 27, § 87 Rn 66 ff. 988 Vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47. 989 So BGHZ 26, 161 (166, 167); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 39. 990 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 32. 991 Klapperich in: Giesler Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 270; Schlegelberger/Schröder, § 86a Rn 24. 992 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 24.

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Unbestellte Ware: Sofern Kfz-Hersteller ihren Vertragshändlern unbestellte Ware liefern, in Rechnung und in die Kreditfinanzierung einstellen, gibt es dafür keine Rechtsgrundlage. Kreditzinsen können die Händler gemäß § 280 Abs. 1 BGB zurückfordern.993 Fehlende Verfügungsbefugnis: Mit dem Abschluss des HV-Vertrags übernimmt der Unternehmer gegenüber dem HV die haftungsrechtliche Verantwortung für die Verfügungsbefugnis über das zum Vertrieb gegebene Produkt.994 Besteht die derart konkludent zugesicherte Verfügungsbefugnis nicht, können Schadenersatzansprüche die Folge sein. Vermittlung und Abschluss: Dem HV stehen Schadensersatzansprüche zu, wenn der Unternehmer ihm willkürlich die Möglichkeit zur Vermittlung oder Abschluss von Geschäften nimmt.995 Wettbewerb durch den Unternehmer: Schadenersatz in Höhe seines Vergütungs- bzw. Provisionsinteresses steht dem Mittler zu, sofern ihm durch unerlaubten Wettbewerb des Unternehmers eine sonst verdiente Vergütung entgangen ist.996 So hat etwa ein Vertragshändler gem. §§ 249, 252 BGB Anspruch auf Ersatz des Gewinns, der ihm entgangen ist, weil der Unternehmer unter Verletzung seines Alleinvertriebsrechts an andere Händler verkauft.997 Der Schadensersatz beschränkt sich jedoch auf das negative Interesse, d.h. auf den Ersatz erfolgloser Aufwendungen, falls der Unternehmer dem HV eine Qualitätsherabsetzung nicht rechtzeitig mitgeteilt hatte und bei sachgemäßer Unterrichtung der HV Bemühungen für den Absatz dieses Artikels nicht mit dem tatsächlichen Aufwand vorgenommen hätte. Einen gewichtigen Anhalt für den entgangenen Gewinn stellen die Geschäfte dar, welche in der fraglichen Zeit im geschützten Vertragsgebiet oder -Bezirk durch den Hersteller oder von ihm eingesetzte andere Mittler gezeichnet wurden.998 Dies schließt nicht aus, bei der Schadensberechnung einen besonderen Einsatz der anderen Händler oder deren spezielle Situation zu berücksichtigen. Deshalb besitzt der Mittler zur Vorbereitung des Schadenersatzanspruches ein Auskunftsrecht über etwaige Wettbewerbshandlungen,999 etwa Verkäufe an andere Händler, welches er im Wege der

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993 LG Frankfurt/Main – 3/14 O 131/09, BB 2010, 2641 m. Anm. Oberhammer. 994 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 14. 995 RG JW 1914, 403; JW 1921, 1238; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 22. 996 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, ZVertriebsR 2013, 310; v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 (Kfz-Vertragshändler); NJW 1984, 2411; BB 1975, 1409; v. 9.1.1961 – VII ZR 219/59, HVR Nr. 261 = DB 1961, 601 zum Alleinvertreter; Emde VersR 2012, 536 (547); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 51 (zum Alleinvertreter); Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 280 – Vertragshändler; Westphal I Rn 105; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Hopt § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80 (zum Alleinvertreter). 997 BGH, Urt. v. 17.4.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686. 998 Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden kann nach § 287 ZPO bestimmt werden: Es genügt eine auf gesicherter Grundlage bestehende Wahrscheinlichkeit. Der Kläger hat Tatsachen vorzutragen und zu beweisen, welche für eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten; so BGH, Urt. v. 3.12.1999 – IX ZR 332/98, VersR 2001, 246; s.a. Freitag/ Leible RIW 2001, 287. 999 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, ZVertriebsR 2013, 310 (Auskunftsanspruch eines FN gegen den FG wg. Verstoß gegen vertragl. versprochene Exklusivität); Versäumnisurt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255; BB 1957, 452; HVR Nr. 926 (Vertragshändler); v. 17.4.2002 – VIII ZR 139/01, VersR 2002, 1023 = BB 2002, 1507 = DB 2002, 1657 = NJWRR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde) = WM 2003, 250; v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115 = MDR

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Stufenklage – erste Stufe Auskunft, zweite Stufe Schadenersatz – durchsetzen kann. Dies hat die Rspr insb. für den Vertragshändlerbereich mehrfach entschieden: So verletzt ein Hersteller die Exklusivität seines Mittlers, indem er verbundene Unternehmen zu Direktgeschäften in dem dem Mittler exklusiv zugewiesenen Bezirk veranlasst.1000 Wegen der Verletzung der Ausschließlichkeit forderte der klagende Mittler von dem beklagten Hersteller Auskunft und Schadensersatz, wobei sich die Auskunft auch auf Geschäfte verbundener Unternehmen der Beklagten im Bezirk der Klägerin erstrecken sollte. Nach Ansicht des BGH besitzt der Mittler gem. § 242 BGB ein Auskunftsrecht über die Exklusivität verletzende Geschäfte des Herstellers (generell zum Auskunftsrecht nach §§ 242, 259, 260 BGB § 87c Rn 192 ff.). Solle die Auskunft einen vertraglichen Schadensersatzanspruch belegen, müsse dieser nicht bereits dem Grunde nach feststehen. Vielmehr reiche der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung aus.1001 Jedoch fehle ein Informationsanspruch zu Geschäften, die mit dem Unternehmer verbundene Unternehmen (§§ 15 ff. AktG) ohne dessen Veranlassung im Bezirk des Mittlers ausgeführt hätten. Die Auskunftspflicht beschränke sich auf Lieferungen der mit dem Unternehmer verbundenen Unternehmen, welche auf dessen Veranlassung im Bezirk des Mittlers erfolgten. Der Konzernverbund für sich stelle keinen Grund dar, einem Betrieb Aktivitäten verbundener Unternehmen zuzurechnen. Auch in einem weiteren Fall gewährte der BGH einem Absatzmittler einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung einer Schadenersatzklage: Gem. §§ 249, 252 BGB habe der Mittler Anspruch auf Ersatz des Gewinns, der ihm entgangen sei, weil der Hersteller unter Verletzung des Alleinvertriebsrechts Vertragswaren an andere Händler verkauft habe. Zur Vorbereitung des Ersatzanspruches dürfe der Mittler Auskunft über die vertragswidrigen Verkäufe des Herstellers an jene Händler im geschützten Gebiet verlangen.1002 Der Schadensersatzanspruch richte sich auf die entgangene Vergütung, Provision oder Weiterverkaufsspanne, abzüglich der darauf liegenden direkten Kosten. Außerdem dürfe Herausgabe des durch den Direktverkauf erzielten Reinerlöses nach § 687 Abs. 2 BGB verlangt werden.1003 Notfalls ist der Schaden gem. §§ 255 BGB, 287 ZPO zu schätzen.1004 Der Einsatz anderer Händler bildet keine einmalige Verletzungshandlung. Sie erschöpft sich nicht im Abschluss des Vertrages mit den Wettbewerbern, sondern setzt sich in Durchführung und Aufrechterhaltung der Vertragsbeziehung fort. Daher handelt es um wiederholte Verletzungshandlungen und für jeden Schadenszeitraum läuft eine separate Verjährungsfrist.1005 Nichts anderes gilt, wenn man das Festhalten des Unternehmers an den Verträgen mit den Wettbewerbern als eine Dauerhandlung betrachten würde. In diesem Fall beginnt, sofern nicht das Alleinvertriebsrecht des

_____ 2001, 283 = NJW 2001, 821 = WM 2001, 686; v. 25.5.1988 – VIII ZR 360/86, NJW-RR 1988, 1077 = ZIP 1988, 1182 (Kfz-Vertragshändler); OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRUR-RR 2009, 109; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41; Hopt § 86a Rn 17. 1000 BGH, Versäumnisurt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255. 1001 BGH, Versäumnisurt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (Emde) = MDR 2002, 1442 = WM 2003, 255 – Vertragshändler; OLG Düsseldorf, Urt. v. 20.8.2008 – VI -U (Kart) 1/08, GRURRR 2009, 109; Palandt/Heinrichs §§ 259 ff. Rn 10, Soergel/Wolf BGB, 12. Aufl., § 260 Rn 25, 28; MünchKommBGB/Krüger 4. Aufl., § 260 Rn 16; BAG DB 1996, 2182. 1002 BGHZ 97, 97 (110); BGH NJW 1985, 1023. 1003 Offengelassen in BGH NJW 1964, 151; aA Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 280 – Vertragshändler; und P. Ulmer S. 429/430; OLG Celle Recht 1908, Sp. 491 Nr. 2809. 1004 BGH, Urt. v. 22.11.2000 – VIII ZR 40/00, BB 2001, 115; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41. 1005 BGHZ 97, 97 (110); BGH NJW 1985, 1023.

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Händlers früher endet, die Verjährungsfrist nicht vor Abbruch der Lieferbeziehungen zu den Wettbewerbern zu laufen.1006 Vertraulichkeit: Falls der Unternehmer Berichte des HV nicht vertraulich behandelt.1007 Eine Haftung nach § 280 BGB scheidet aus: Bei Geschäftseinstellung des Unternehmers aus nachvollziehbaren Gründen vor Ablauf der Kündigungsfristen des § 89.1008

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3. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Schlechterfüllung nachvertraglicher Pflichten. Auch eine Haftung gemäß §§ 280 Abs. 1 i.V.m. nachvertraglicher Pflichtverletzung ist denkbar. Hieran kann etwa bei einem Schaden wegen Verletzung der nachvertraglichen Informationspflicht gedacht werden.

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4. Schadenersatz des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus Delikt. Die Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts des Mittlers soll gem. § 823 Abs. 2 BGB einen deliktischen Eingriff in dessen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen.1009 Bei sittenwidriger Schädigung kann eine Haftung aus § 826 BGB eingreifen.1010

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5. Ersatzansprüche des Unternehmers gegenüber dem Mittler aus anderem Rechtsgrund. Der Unternehmer haftet dem HV gemäß §§ 618 Abs. 1, 3 BGB wegen des Zustandes übergebener Unterlagen i.S.d. § 86a.1011 Daneben tritt eine Haftung nach § 280 BGB. Für erbrachte Gewährleistungsarbeiten kann ein Vertragshändler gegen den Unter169 nehmer einen Rückgriffsanspruch nach §§ 478, 479 BGB innehaben. Nach dem Recht vor der Schuldrechtsnovelle 2002 gab es keine ausdrückliche Regelung zum Rückgriff des Händlers. Die §§ 478, 479 BGB verhindern seither bis zum Ablauf der in § 479 Abs. 2 BGB genannten 5-Jahresfrist eine „Regressfalle“ zu Lasten des Händlers. Im Vertragshändlerrecht bestand allerdings schon zuvor gem. §§ 675, 670 BGB ein Rückgriffsrecht des Händlers,1012 zudem ergibt sich ein solches mglw. aus den gegenseitigen Treupflichten, wenn der Mangel vom Hersteller zu vertreten ist.1013 II. Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten 170

Zu unterscheiden ist eine eigene Haftung des Unternehmers sowie die zugerechnete Haftung.

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1006 RGZ 80, 436 (437 f.). 1007 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 28a. 1008 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 14c. 1009 Zum Franchiserecht: LG München I, Urt. v. 30.9.1999 – 14 HKO 22435/98, zit. n. Giesler/Nauschütt § 5 Rn 103. 1010 OLG Nürnberg BB 1956, 352; Ebenroth/Löwisch § 86a Rn 39; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86a Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86a Rn 9, 47; Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 23b, 24, 26 f. 1011 Hopt § 86a Rn 6. 1012 Graf von Westphalen DB 1999, 2553 (2555); v. Sachsen Gessaphe RIW 2001, 721 (728). 1013 Siehe auch Emde kfz-betrieb 48/2001, 26.

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1. Haftung wegen eigener Rechtspflichtverletzung. In dieser Fallgruppe verwirk- 171 licht der Unternehmer gegenüber dem Dritten einen eigenen Rechtspflichtverstoß. Sie liegt in folgenden Situationen vor: – Anlageberatung (dazu § 84 Rn 108 ff.): Hier obliegt dem Unternehmer die vorvertragliche Pflicht, nur solche HV mit der Vermittlung von Anlageverträgen zu betrauen, von deren Zulässigkeit er sich auf der Grundlage eines polizeilichen Führungszeugnisses überzeugt hatte.1014 Missachtet der Unternehmer diese Pflicht, kann der volle Schadensersatz auszugleichen sein und nicht nur der Vertrauensschaden. Die Pflicht umfasst daher auch den Schutz des Kunden vor solchen Schäden, die ihm von dem einschlägig wegen Betrugs vorbestraften HV infolge des Abschlusses von kriminellen Eigengeschäften zugefügt wurden.1015 – Der Unternehmer kann aus cic gem. §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB für den Anlageberater haften, wenn der Abschluss in einem erkennbar nach dem Außeneindruck als Geschäftslokal des Unternehmers einzuordnenden Büro stattfand.1016 – Ist ein nicht zum selektiven Vertriebssystem eines Herstellers zählender Wiederverkäufer fabrikneuer Kfz aufgrund der Weigerung ausländischer Vertragshändler unfähig, Neufahrzeuge an systemfremde Wiederverkäufer zu liefern und Bestellungen seiner Kunden für Neuwagen auszuführen, kann ihm ein Schadenersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 101 AEUV zustehen, wenn in der fraglichen Zeit eine Freistellung des beanstandeten Verhaltens nach einer GVO ausscheidet.1017 Eine einseitige „schwarze Verhaltensweise“ des Herstellers beseitigt die Freistellung nur für den Zeitraum des Verstoßes.1018 Dem Hersteller dürfen nicht ohne weiteres sogenannte „schwarze Verhaltensweisen“ seiner ausländischen Vertragshändler zugerechnet werden.1019 – Ein FG kann für den FN nach § 10 TelemedienG haften.1020 – Im Vertrieb von Investmentvermögen gem. § 127 Abs. 2 InvG bei fehlerhaftem Verkaufsprospekt.1021 – Im Vertrieb von Vermögensanlagen gem. § 22 Abs. 1 VermAnlG.1022 – Nach den allgemeinen Grundsätzen der Prospekthaftung.1023 – Organisationshaftung des Unternehmers: Zu den Verkehrssicherungspflichten zählt die Verpflichtung des Unternehmers, sein Vertriebssystem publikumssicher zu gestalten. Verletzt der Unternehmer jene Gestaltungspflicht, kann er wegen Organisationsverschuldens nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Grundsätzen der jeweiligen Verkehrssicherungspflichten haften.1024 Beispiel: Er lässt einen Ver-

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1014 BGH, Urt. v. 11.7.2013 – III ZR 31/12; BeckRS 2013, 14142 (Haftung nach cic); v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729, Rn 24 ff. 1015 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729, Rn 30 ff. 1016 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729. 1017 BGH, Urt. v. 30.3.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. 1018 BGH, Urt. v. 30.3.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. 1019 BGH, Urt. v. 30.3.2004 – KZR 24/02, EuZW 2004, 381 = DB 2004, 1725 = WuW/E 2004, 779 DE-R 1263 = NJW-RR 2004, 1185. 1020 OLG Hamburg, Urt. v. 29.6.2007 – 5 U 165/06. 1021 Müchler WM 2012, 974 (977). 1022 Müchler WM 2012, 974 (979). 1023 Zum Verhältnis zu den vorgenannten Spezialgesetzen Müchler WM 2012, 974 (980 ff.) – Spezialgesetze vorrangig. 1024 Zu Franchiseverträgen Pasderski: in Giesler/Nauschütt, § 6 Rn 35 ff.

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tragshändler mit erkennbaren Vermögensschwierigkeiten weiterhin tätig werden.1025 Mangelgewährleistung aus den geschlossenen Kaufverträgen mit den Kunden Mangelnde Produktbeobachtung oder Verletzung von Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktionspflichten. Der Mittler selbst dürfte jedoch kein außenstehender Dritter und damit kein i.d.S. Anspruchsberechtigter sein. Der Betreiber eines Strukturvertriebs ist Kapitalanlegern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er die für ihn tätigen Mittler dahingehend schult, Risiken der Anlage (hier: „SecuRente“) gegenüber Anlageinteressenten zu verharmlosen oder gar nicht zur Sprache zu bringen.1026

2. Haftung wegen zugerechneter Pflichtverletzung des Mittlers. Hier verwirklicht der Unternehmer keinen eigenen Pflichtverstoß. Vielmehr wird ihm ein solcher des HV zugerechnet. Der HV ist nicht Vertragspartner des Kunden sondern lediglich Mittler. Der Kunde tritt also nur zu dem Unternehmer in vertragliche Beziehung.1027 Der Unternehmer muss sich Wissen oder Nichtwissen des Vermittlungs- wie Abschlussvertreters, im Zweifel auch dessen mit den Kunden getroffene mündliche Nebenabreden oder ihm gegebene Zusicherungen, nach § 166 BGB zurechnen lassen und dafür einstehen.1028 Nach österreichischem Recht soll eine Wissenszurechnung vom VV an den Versicherer ausgeschlossen sein, wenn es sich um Kenntnisse handelt, die vom VV nicht in Ausübung der ihm vom Versicherer erteilten Vollmacht erlangt wurden.1029 Dem Versicherer solle im Allgemeinen beim Abschlussagenten alles Wissen zuzurechnen sein, beim Vermittlungsagenten hingegen nur das anlässlich der Antragsentgegennahme erlangte, nicht jedoch das sog. Privatwissen1030 (wohl nicht auf deutsches Recht übertragbar). Eine Wissenszurechnung scheidet in Anlehnung an die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht aus, sofern die Erklärungen die dem HV übertragene Vollmacht erkennbar überschreiten.1031 Der HV ist Erfüllungsgehilfe des Unternehmers i.S.d. § 278 BGB,1032 der Eigenhändler (Vertragshändler, Franchisenehmer) hingegen nicht, da der Eigenhändler insoweit selbst der Geschäftsherr ist. Überlässt der Unternehmer Repräsentanten die Werbung von Kunden, muss er, sofern er dies nicht vertraglich ausgeschlossen hat, mit der Einschaltung von Untervermittlern rechnen. Deren Verhalten bei der Anbahnung von Verträgen hat sich der Hersteller gleichfalls nach § 278 BGB zurechnen zu lassen, der Mittler ist nicht Dritter i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB.1033 Ein HV soll aber regelmäßig kein Verrichtungsgehilfe des Unternehmers i.S.d. § 831 BGB sein.1034

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1025 Oberstes Gericht Polens, Entsch. v. 17.6.2003 – III CKN 29/01, OSP 2005 Nr. 5 Pos. 59, zit. n. Pilich ZVertriebsR 2013, 366 (373). 1026 OLG Hamm, Urt. v. 25.2.2010 – 28 U 78/09, BeckRS 2010, 08021. 1027 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 19a. 1028 BGH, Urt. v. 14.6.1957 – VIII ZR 73/56, DB 1957, 745; RG SeuffA 83 Nr. 153; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 58. 1029 OGH Wien, Urt. v. 28.10.2009 – 7 Ob 94/09p, VersR 2010, 1342 (1344). 1030 OGH Wien, Urt. v. 28.10.2009 – 7 Ob 94/09p, VersR 2010, 1342 (1344). 1031 BGH DB 1957, 745; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81. 1032 BGH, Urt. v. 15.3.2012 – III ZR 148/11, WM 2012, 837 m. Anm. Evers VW 2012, 600; v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); OLG Dresden, Urt. v. 19.11.2010 – 7 U 1358/09, VersR 2011, 910 (für den VV); OLG Celle VersR 2003, 61; LG Saarbrücken, Urt. v. 16.4.2013 – 14 S 11/02, VersR 2013, 759 (761) – Verletzung der Beratungspflichten nach § 61 VVG durch VV; AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033; Hopt § 84 Rn 55 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50. 1033 BGH, Urt. v. 14.11.2000, XI ZR 336/99, VersR 2001, 188 = ZIP 2000, 2291 = NJW 2001, 358 = EWiR 2001, 151 (Frisch) = MDR 2001, 283. 1034 BGH, Urt. v. 11.7.2013 – III ZR 31/12; BeckRS 2013, 14142 – Anlageberater; v. 5.3.1998 – III ZR 183/96, NJW 1998, 1854; v. 5.10.1979 – I ZR 140/77, NJW 1980, 941; OLG Köln, Beschl. v. 5.4.2005 – 15 U 153/04, WM

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Eine Zurechnung nach § 831 BGB scheidet damit aus. Wenn der HV jedoch den Weisungen des Unternehmers unterworfen und von ihm abhängig ist, soll der HV ausnahmsweise Verrichtungsgehilfe des Unternehmers sein.1035 Da nur der Unternehmer Angaben über das Abhängigkeitsverhältnis geben kann, trifft ihn eine sekundäre Darlegungslast.1036 Für die Abhängigkeit und die Einordnung als Verrichtungsgehilfe des Unternehmers spricht nach Ansicht des OLG Köln der Besitz von Unterlagen des Unternehmers (Zeichnungsschein, Personalbogen, Quittungsformular mit Namen und Anschrift), eine Duldungsvollmacht des Unternehmers sowie die Tätigkeit des HV in den Räumen des Unternehmers. Möglicherweise werden in der Entscheidung des OLG Köln zu sehr verkehrstypische Umstände als Indizien für eine Abweichung vom Regelfall, nach dem ein HV kein Verrichtungsgehilfe ist, gewertet. HV sind nicht selten räumlich in die Betriebsstätte des Unternehmers eingegliedert. Allerdings fragt sich, ob ein HV nicht regelmäßig als Verrichtungsgehilfe des Unternehmers angesehen werden sollte.1037 Der HV kann zudem Repräsentant des Unternehmers analog §§ 30, 31 BGB sein.1038 Eine solche Repräsentantenhaftung kommt in Frage, wenn der HV als Person einzuordnen wäre, der durch die allgemeine Betriebsregelung und Handhabung bedeutsame, wesensmäßige Funktion der juristischen Person zur selbständigen, eigenverantwortlichen Erfüllung zugewiesen wurden, so dass er die juristische Person im Rechtsverkehr repräsentiert. Bei einem HV kann davon nur ausgegangen werden, wenn ihm Abschlussvollmachten und Inkassobefugnisse zugewiesen wurden oder er sonst eine in der Hierarchie des Unternehmens herausgehobene Position als Führungskraft innehat.1039 Eine Repräsentantenhaftung des HV scheidet aus, wenn es sich um einen einfachen HV handelt,1040 insb. sich ein Vermögensberater erst auf der zweiten von sieben Hierarchiestufen befand, Zahlungen des Kunden nicht entgegennehmen durfte, keine Abschlussvollmacht besaß und keine bedeutsamen Führungsfunktionen wahrnahm.1041 Zudem setzt die Repräsentantenhaftung eine Tätigkeit des HV im Rahmen der ihm zustehenden Verrichtung voraus.1042 Eine solche fehlt, wenn der HV, der mit der Vermittlung von Verträgen beauftragt war, im eigenen Namen, mit eigener Haftung und mit freier Hand handelt.1043 Insbesondere hat der Unternehmer für folgendes Verhalten des HV einzustehen: 173 – wettbewerbswidriges Verhalten (der HV ist Dritter i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG).1044 Dem neuen Unternehmer soll dabei jedoch die wettbewerbswidrige Verwertung einer Kundenliste (Geschäftsgeheimnis i.S.d. § 17 Abs. 2 UWG) des beim bisherigen Un-

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2006, 123; Palandt/Sprau § 831 Rn 8; MünchKommBGB/Stein § 831 Rn 39; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81; Hopt § 84 Rn 55. 1035 BGH, Urt. v. 11.7.2013 – III ZR 31/12; BeckRS 2013, 14142 – Anlageberater; v. 5.3.1998 – III ZR 183/96, NJW 1998, 1854 (1857); v. 5.10.1979 – I ZR 140/77, NJW 1980, 941; WM 1971, 906 (907); OLG Köln, Beschl. v. 5.4.2005 – 15 U 153/04, WM 2006, 123 (125). 1036 OLG Köln, Beschl. v. 5.4.2005 – 15 U 153/04, WM 2006, 123 (125). 1037 Zutreffend Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81; Hopt § 84 Rn 55. 1038 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729. 1039 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729, Rn 12 – vom BGH in diesem Fall verneint. Zoller GWR 2013, 345307 = GWR 2013, 180 spricht von hohen Hürden. 1040 OLG München, Urt. v. 5.12.2011 – 21 U 3455/11, BeckRS 2013, 14184. 1041 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729 Rn 14 f. 1042 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729 Rn 16; OLG München, Urt. v. 5.12.2011 – 21 U 3455/11, BeckRS 2013, 14184. 1043 BGH, Urt. v. 14.3.2013 – III ZR BB 2013, 1039 m. Anm. Stumpf = WM 2013, 692 = ZIP 2013, 729 Rn 18; OLG München, Urt. v. 5.12.2011 – 21 U 3455/11, BeckRS 2013, 14184. 1044 BGH, Urt. v. 25.9.1970 – I ZR 47/69, NJW 1970, 2294; v. 5.10.1979 – I ZR 140/77, BB 1979, 1734; v. 8.12.1994 – I ZR 189/92, NJW-RR 1995, 613; Martinek/Flohr Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 35; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50; anders im Franchiserecht, vgl. BGH NJW-RR 2000, 1710.

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ternehmer ausgeschiedenen HV nicht gem. § 8 Abs. 2 UWG zugerechnet werden können, weil es um eine Verwertung von Geheimnissen des früheren Unternehmers und damit nicht um eine von § 8 Abs. 2 UWG vorausgesetzte Gefährdung durch das arbeitsteilige Zusammenwirken von HV und Unternehmer geht. Der Unternehmer kann jedoch eigenverantwortlich als Störer oder als Tatbeteiligter am Geheimnisverrat haften. Eine Haftung des Unternehmers aus § 1 i.V.m. § 17 Abs. 2 UWG kommt insbesondere in Betracht, wenn der Unternehmer dem HV für „mitgebrachte“ Kunden eine Zusatzprovision von 15% verspricht.1045 Mithin haftet der Inhaber eines hiervon profitierenden Betriebs für Spionage oder Geheimnisverrat eines HV, falls er den Verstoß beispielsweise auf die vorgenannte Weise fördert.1046 Andererseits soll ein Vertragshändler Beauftragter des Unternehmers i.S.d. § 8 Abs. 2 UWG (früher: § 13 Abs. 4 UWG) sein.1047 Zu einzelnen Wettbewerbsverstößen Vor § 84 Rn 342 ff. Für einen Verstoß gegen das RDG.1048 Für Täuschungshandlungen nach § 123 BGB. Hier ist der HV im Verhältnis zum Unternehmer nicht Dritter.1049 Gemäß § 278 BGB 1050 für die Verletzung vorvertraglicher oder vertraglicher Pflichten, sofern sie in innerem sachlichen Zusammenhang zu den Aufgaben stehen, zu deren Wahrnehmung der Mittler bestellt war.1051 Beispiele: – Unterlassene Aufklärung des Kunden,1052 etwa durch Vertriebsgesellschaften und Untervermittler,1053 z.B. im Versicherungsvertrieb1054 – Fehlerhafte Beratung beim Vertrieb von Finanzdienstleistungen.1055 Der Unternehmer haftet insbes. für die Handlungen eines als HV tätigen Anlagevermittlers, sofern zwischen dem Unternehmer und dem Anlageinteressenten ein Auskunftsvertrag geschlossen wurde. Ein solcher Vertrag mit Haftungsfolgen kommt im Rahmen der Anlagevermittlung zumindest stillschweigend zustande, falls der Interessent deutlich macht, dass er – auf eine bestimmte Anlageentscheidung bezogen – die Kenntnisse und Verbindungen des Mittlers in Anspruch nehmen will und der Mittler wie gewünscht die Tätigkeit beginnt. Ein solcher Vertrag verpflichtet den Vermittler zu richtiger und vollständiger Information über diejenigen tatsächlichen Umstände, die für die Anlageentschei-

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1045 BGH GRUR 2003, 453 (454). 1046 Dittmer EWiR 2003, 731 (732). 1047 RGZ 151, 287 (291); BGH BB 1958,1002; BB 1964, 55; OLG Köln GRUR 1953, 536; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 204. 1048 BGH ZIP 1998, 775 = BB 1998, 1656; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81. 1049 RG, Recht 1923, 1250; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81; Hopt § 84 Rn 51–55; Schlegelberger/ Schröder § 84 Rn 24, § 86 Rn 9, 19b, 48c, 50; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 84 Rn 91. 1050 BGH, Urt. v. 14.5.2012 – II ZR 69/12, WM 2012, 1298 = NJW-RR 2012, 1316 = ZVertriebsR 2012, 316 = EWiR 2012, 685 (Bürk/Seidl); v. 15.3.2012 – III ZR 148/11, WM 2012, 837 m. Anm. Evers VW 2012, 600; v. 25.4.2006 – X ZR 198/04, NJW 2006, 2321 (2322); OLG Dresden, Urt. v. 19.11.2010 – 7 U 1358/09, VersR 2011, 910 (für den VV); OLG Celle VersR 2003, 61; AG Leipzig, Schlussurt. v. 6.4.2011 – 113 C 6263/10, BeckRS 2011, 17033; Hopt § 84 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50. 1051 Abgelehnt von OLG München, Urt. v. 5.12.2011 – 21 U 3455/11, BeckRS 2013, 14184. 1052 BGH, Urt. v. 14.5.2012 – II ZR 69/12, WM 2012, 1298 = NJW-RR 2012, 1316 = ZVertriebsR 2012, 316 = EWiR 2012, 685 (Bürk/Seidl); OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.8.2011 – 12 U 173/10, WM 2012, 2095 (2097 f.); LG Hannover EWiR § 278 BGB 2/02, 233 (Schweiger); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50. 1053 BGH, Urt. v. 14.5.2012 – II ZR 69/12, WM 2012, 1298 = NJW-RR 2012, 1316 = ZVertriebsR 2012, 316 = EWiR 2012, 685 (Bürk/Seidl), OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.8.2011 – 12 U 173/10, WM 2012, 2095 (2098). 1054 OLG Karlsruhe, Urt. v. 2.8.2011 – 12 U 173/10, WM 2012, 2095 (2098). 1055 OLG Celle VersR 2003, 61.

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dung des Interessenten von besonderer Bedeutung sind1056 (siehe § 84 Rn 108 ff.). Im Rahmen des auf Naturalrestitution gerichteten Schadensersatzanspruches ist der Geschädigte so zu stellen, als hätte er sich nicht an der Anlage beteiligt1057 – Falschangaben gegenüber dem Kunden bei Vertragsanbahnung.1058 – Die mangelhafte Formulierung des Bezugsrechtes eines Lebensversicherungsvertrages durch den HV.1059 – Untreuehandlungen eines Generalagenten des Versicherers: Veruntreut dieser, wenn er sich auch mit der Vermittlung von Vermögensanlagen befasst, von Anlageinteressenten entgegengenommenes Geld, so entfällt die Verantwortlichkeit des Versicherers nicht allein deshalb, weil der HV keine Inkassovollmacht besaß.1060 – U.U. sogar strafbares Verhalten des Vertriebsmittlers.1061 Fehlt es an einem inneren sachlichen Zusammenhang zu den Aufgaben, zu deren Wahrnehmung der Mittler bestellt war, scheidet eine Haftung nach § 278 BGB aus.1062 Beispiel: – Angeblich wenn ein Vermögensberater empfiehlt, einzuzahlende Gelder nicht Dritten zu geben, sondern ihm persönlich, noch dazu in bar, ohne dass der Anleger jemals eine Quittung, einen Kontoauszug oder ähnliches erhalten oder auch nur verlangt hat, und dem Mittler freie Hand bei der Geldanlage gegeben wurde (bei Zusicherung nur seiner persönlichen Haftung).1063 – Bei betrügerischen Handeln eines Versicherungsvertreter, wenn dieser den ihm übertragenen Aufgabenbereich verlässt und seinen Kunden Kapitalanlagen verkauft, die einzig seiner Phantasie entsprungen sind und in keinem sachlichen Zusammenhang mit den Aufgaben stehen, mit welchen der HV betraut war.1064 unerlaubte Handlungen des HV bei (ausnahmsweise vorliegender) weisungsgebundener Tätigkeit gem. § 831 BGB.1065 Regelmäßig ist der HV aber kein Verrichtungsgehilfe, s.o. Eine arglistige Täuschung des Vermittlers wird einer kreditgebenden Bank zugerechnet, wenn Verkäufer oder Vermittler und die finanzierende Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken und die Unrichtigkeit der erfolgten Angaben nach den Umständen des Falles objektiv evident ist, so dass sich nach der allgemeinen Lebenserfahrung aufdrängt, die Bank habe sich der Kenntnis der arglistigen Täuschung geradezu verschlossen.1066 Für ein arglistiges Verhalten

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1056 BGH, Urt. v. 25.10.2007 – III ZR 100/06, VersR 2008, 352; v. 13.5.1993 – III ZR 25/92, VersR 1993, 1104 = NJW-RR 1993, 1114; v. 13.1.2000 – III ZR 62/99, VersR 2001, 240; v. 11.9.2003 – III ZR 381/02, NJW-RR 2003, 1690; v. 19.10.2006 – III ZR 122/05, VersR 2007, 63 (64) = NJW-RR 2007, 348 (349); v. 22.3.2007 – III ZR 218/06, VersR 2007, 944 (945) = NJW-RR 2007, 925; v. 12.7.2007 – III ZR 83/06, VersR 2007, 1653 (1654) = WM 2007, 1606 (1607). 1057 LG Wuppertal, Urt. v. 13.3.2013 – 3 O 308/12, BeckRS 2014, 05123. 1058 BGH ZIP 2000, 2291; Westphal BB 1999, 2517; Kieninger AcP 199, 190; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81. 1059 OLG Hamm, Urt. v. 14.1.2009 – 20 U 40/08, NJW-RR 2009, 1409. 1060 BGH, Urt. v. 10.2.2005 – III ZR 258/04, WM 2005, 701. 1061 BGH, Urt. v. 15.3.2012 – III ZR 148/11, WM 2012, 837 m. Anm. Evers VW 2012, 600. 1062 OLG München, Urt. v. 5.12.2011 – 21 U 3455/11, BeckRS 2013, 14184. 1063 OLG München, Urt. v. 5.12.2011 – 21 U 3455/11, BeckRS 2013, 14184. 1064 OLG Hamm, Urt. v. 27.7.2004 – 4 U 63/04, VersR 2005, 104. 1065 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 81; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 50. 1066 BGH, Urt. v. 23.10.2007 – WM 2008, 154 Rn 21; OLG München, Beschl. v. 6.9.2010 – 5 W 1997/10, WM 2010, 2223 (2224).

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genügt es, wenn der Vermittler unrichtige Behauptungen ins Blaue hinein aufstellt.1067 Hier liegt mittäterschaftliche Begehung vor. Die Kenntnis oder das Kennenmüssen von Umständen, die der HV in Ausübung seiner Tätigkeit erlangt (§ 166 BGB).1068 So darf sich ein Unternehmer, der sich für den Abschluss von Darlehensverträgen selbstständiger Vermittler bedient, nicht über deren behauptete Vorgehensweise in Unkenntnis halten und jene pauschal oder mit Nichtwissen bestreiten.1069 Für Zusicherungen und Versprechungen auch des Vermittlungsvertreters, 1070 wenn diese vom Unternehmer trotz Kenntnis nicht berichtigt werden und der Kunde im Vertrauen auf sie den Vertrag mit dem Unternehmer schließt. Gem. § 434 Abs. 1 S. 3 BGB gehören zur Beschaffenheit einer Sache Eigenschaften, welche der Käufer nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers oder seines Gehilfen erwarten kann. Westermann1071 stellt die von ihm unbeantwortet gelassene Frage, ob deshalb auch für Aussagen einer unmittelbar nicht am Vertrag beteiligten Agentur oder eines Vertragshändlers gehaftet wird. Die Frage ist wohl differenziert zu beantworten:1072 Grundsätzlich ja, soweit der Unternehmer die Aussage kennt. Denn sowohl HV wie Vertragshändler sind als Teile des Vertriebssystem „geborene“ Quellen von Äußerungen über Eigenschaften der in Frage stehenden Sache. Jedoch nein, falls der Käufer die Äußerung nicht kannte, weil sie dann die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB letzter Satzteil). Der Unternehmer kann ggf. u.U. gem. §§ 119 ff. BGB anfechten.1073

3. Fehlende Haftung des Unternehmers gegenüber Dritten. Im Übrigen sind Verstöße des Mittlers gegen gesetzliche Verbote bei der Ausübung seiner vertraglich geschuldeten Vertriebstätigkeit dem Unternehmer im Regelfall nicht anzulasten.1074 So haftet der Unternehmer nicht: – Für die wettbewerbswidrige Werbung eines Franchisenehmers. Sofern der Franchisegeber die im Streite stehende Werbung nicht veranlasst hat, kommt allenfalls ein Verstoß durch Unterlassen in Betracht. Dieser setzt eine Erfolgsabwendungspflicht voraus, welche sich insbesondere nicht aus der Überlassung von „good will“ ergibt. Eine möglicherweise in Betracht kommende Störerhaftung kann nur Abwehr-, nicht aber die geforderten Schadenersatzansprüche begründen.1075 – Für gegen seine Vertriebsmittler, etwa Franchisenehmer, gerichtete vertragliche Ansprüche, falls keiner der o.g. Zurechnungstatbestände vorliegt. Sofern bei Vertragsschluss nicht weitere Umstände vorliegen, führt allein die Tatsache, dass innerhalb eines Vertriebs- oder Franchisesystems Marken oder sonstige Kennzeichen einheitlich als Bestandteil zur Bildung von weitere Bestandteile enthaltenden Firmen oder sonstigen geschäftlichen Bezeichnungen verwendet werden, nicht zur Verpflichtung des Franchisegeber, anderer Franchisenehmer oder anderer Vertriebsmittler

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1067 BGH, Urt. v. 23.10.2007 – WM 2008, 154 Rn 24; OLG München, Beschl. v. 6.9.2010 – 5 W 1997/10, WM 2010, 2223 (2224). 1068 Teichler VersR 2002, 385 (389); Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6c. 1069 OLG München, Urt. v. 27.4.2006 – 19 U 3717/04, NJW 2006, 1811. 1070 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6b. 1071 NJW 2002, 241 (245). 1072 Emde VersR 2003, 419 (426). 1073 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 6b. 1074 BGH BB 1998, 1656 m. Anm. Cordes BB 1998, 1657. 1075 BGH, Urt. v. 6.4.2000 – I ZR 67/98, NJW-RR 2000, 1710 = NJW 2001, 441 (LS) = MDR 2001, 163.

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§ 86a

nach Rechtsscheingrundsätzen.1076 Wie zu entscheiden wäre, falls identische Bezeichnungen verwendet werden, ohne dass ersichtlich wird, dass es sich um rechtlich selbstständige Unternehmen handelt, ließ der BGH1077 offen. Für die vom Mittler gefertigten und verwendeten AGB.1078 III. Haftung von Dritten

Auch Dritte können ausnahmsweise haften. So kann die deutsche Tochterge- 175 sellschaft eines ausländischen Franchisegebers als Verhandlungsgehilfe des Franchisegebers wegen der Verletzung vorvertraglicher Pflichten selbst haften, weil sie ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Zustandekommen des Vertrages hat und gleichsam in eigener Sache tätig wird, wenn sie eine selbst übernommene Gewähr für die Richtigkeit einer von ihr übergebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung übernimmt, indem sie zusichert, im Falle eines Scheiterns des Projekts werde sie das Franchiseobjekt übernehmen, „wie sich das für eine große Franchisefamilie gehöre“.1079 IV. Beweislast in Haftungstatbeständen Nach § 280 Abs. 1 BGB sind eine Pflichtverletzung, die Entstehung eines Scha- 176 dens nach Grund und Höhe und der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden1080 von dem Fordernden darzulegen und zu beweisen.1081 Das Nichtvertretenmüssen ist jedoch gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB ein Einwendungstatbestand, für welchen der Schuldner beweispflichtig ist.1082 Von dieser Beweislastverteilung ist nur insoweit abzuweichen, als der in Anspruch Genommene die Erfüllung beweisen muss, wenn der Anspruchsteller die Leistung nicht als Erfüllung angenommen hat (§ 363 BGB). Oft werden die Pflichtverletzungen erst im Nachhinein entdeckt, so dass die Leistung als Erfüllung angenommen wurde. Folglich bleibt es hier bei der vorgenannten Beweislastverteilung. Der HV muss zudem eventuelle Aufwendungen sowie deren Nutzlosigkeit und Entbehrlichkeit im Falle eines vertragsgemäßen Handelns des Unternehmers nachweisen. Die Schadenshöhe und der entgangene Gewinn darf gem. § 252 BGB, § 287 ZPO geschätzt werden, falls sich ein konkreter Schaden nicht nachweisen lässt.1083 Der Unternehmer muss gegenüber einem Schadensersatzbegehren des HV wegen der Nichtausführung eines Geschäftes beweisen, dass er ein von dem Vermittlungsvertreter angetragenes Geschäft nicht abgeschlossen hätte.1084 Hiergegen kann der HV einwenden, eine derartige Ablehnung sei willkürlich und unvertretbar.1085 Ein Kfz-Händler, der gegenüber dem Hersteller einen Kündigungsschaden geltend macht, genügt seiner Darlegungslast, wenn er den Rohertrag je Fahrzeugverkauf angibt und davon die nach seiner Ansicht ersparten Betriebskosten (hier in Höhe von EUR 80 je

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1076 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04; DB 2008, 812 (813). 1077 BGH, Urt. v. 18.12.2007 – X ZR 137/04, DB 2008, 812 (813). 1078 BGH, Beschl. v. 22.7.2009 – IV ZR 74/08, VersR 2009, 1477 m. Anm. Steinkühler/Kassing zum Maklerrecht. 1079 BGH, Urt. v. 13.12.2005 – KZR 12/04, NJW-RR 2006, 993. 1080 BGH NJW 1974, 795; Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 65; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47. 1081 Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 65. 1082 BGH NJW 1974, 795; Palandt/Heinrichs § 280 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 70; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 45. 1083 BGH NJW-RR 1988, 1060 (1061); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86a Rn 47. 1084 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 24. 1085 Schlegelberger/Schröder § 86a Rn 24.

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Einheit) absetzt.1086 Die Beweislast für ersparte Aufwendungen des Mittlers liegt beim Unternehmer.1087 Die vom Hersteller behaupteten durchschnittlich ersparten1088 Aufwendungen anderer Kfz-Händler darf der Händler mit Nichtwissen bestreiten.1089

§ 86b Delkredereprovision 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 86b (1) 1 Verpflichtet sich ein Handelsvertreter, für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen, so kann er eine besondere Vergütung (Delkredereprovision) beanspruchen; der Anspruch kann im voraus nicht ausgeschlossen werden. 2 Die Verpflichtung kann nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten übernommen werden, die der Handelsvertreter vermittelt oder abschließt. 3 Die Übernahme bedarf der Schriftform. (2) Der Anspruch auf die Delkredereprovision entsteht mit dem Abschluss des Geschäfts. (3) 1 Absatz 1 gilt nicht, wenn der Unternehmer oder der Dritte seine Niederlassung oder beim Fehlen einer solchen seinen Wohnsitz im Ausland hat. 2 Er gilt ferner nicht für Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausführung der Handelsvertreter unbeschränkt bevollmächtigt ist. Schrifttum v. Brunn Weitere Zweifelsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1954, 56; Castan Rechtsfragen des Delcredere, BB 1957, 1124 ff.; Eberstein Zehn Jahre Rechtsprechung zum neuen Handelsvertreterrecht, BB 1964, 271; Glaser Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts, DB 1956, 297; Masing Die Delkrederevereinbarung nach § 86b Abs. 3 HGB, BB 1995, 2589; Schröder Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567.

A. B. C. D. E. I. II. III. IV. V. VI.

Übersicht Zweck des Delkredere ____ 1 Systematische Stellung ____ 2 Europarecht ____ 3 Rechtsnatur und Haftungsumfang ____ 4 Absatz 1 Verpflichtung ____ 8 Handelsvertreter ____ 9 Berechtigter des Delkredereversprechens ____ 10 Für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen ____ 11 Schriftform ____ 14 Nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt ____ 16

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Bestimmtes Geschäft ____ 18 Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt ____ 19 3. Wegfall der Delkrederehaftung ____ 20 VII. Wirksames Delkredereversprechen ____ 21 VIII. Berechnung des Delkredereanspruchs durch den HV ____ 22 IX. Die Delkredereprovision – Rechtsgrund ____ 23 F. Absatz 2: Fälligkeit der Delkredereprovision ____ 24 G. Wegfall des Anspruchs auf Delkredereprovision ____ 25 H. Höhe I. Vertraglich vereinbarte Höhe ____ 26 II. Fehlende Vereinbarung ____ 28 1. 2.

1086 BGH, Urt. v. 22.3.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403 = NJW-RR 2006, 1328 = VersR 2006, 1640. 1087 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 72. 1088 Es ist eine berechtigte Frage, ob solche ersparten Aufwendungen überhaupt abzusetzen sind: Denn aus den Rabatten sollen gerade die Kosten bezahlt werden. 1089 BGH, Urt. v. 22.3.2006 – VIII ZR 173/04, WM 2006, 1403 = NJW-RR 2006, 1328 = VersR 2006, 1640.

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I. J.

K. I. II.

Unabdingbarkeit ____ 29 Rechtsfolge der Verfehlung der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen – Umdeutung ____ 30 Absatz 3: Ausnahmefälle Gegenständliche Reichweite der Ausnahmen ____ 31 Auslandsgeschäfte ____ 34

III.

L. M. N.

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Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausführung der Handelsvertreter unbeschränkt bevollmächtigt ist – Abs. 3 S. 2 ____ 36 Der Delkredereanspruch in der Insolvenz ____ 37 Beweislast ____ 38 Kartellrecht ____ 39

A. Zweck des Delkredere In § 86b ist die Delkredereprovision des HV geregelt. Tatsächlich hat die Norm wenig 1 Bedeutung, 1 außer vielleicht im Auslandsgeschäft. 2 Die Übernahme der Einstandspflicht nennt das Gesetz mit einem altertümlichen, aus dem Italienischen stammenden Ausdruck der Handelssprache Delcredere (in der amtlichen Schreibweise: Delkredere). Wiewohl der HV bereits unter der ihm nach § 86 Abs. 1 obliegenden Interessenwahrungspflicht gehalten ist, die Leistungs-, insbesondere die Zahlungsfähigkeit des Kunden, zu dem er in geschäftliche Verbindung tritt, zu prüfen (§ 86 Rn 59 ff.), hat er ohne gesonderte, in § 86b angesprochene Abrede für die Erfüllung der Verbindlichkeit dieses Kunden aus dem für den Unternehmer vermittelten Geschäft grundsätzlich nicht einzustehen.3 Er wird dem Unternehmer allenfalls schadensersatzpflichtig (negatives Interesse),4 wenn er es in diesem Punkte an der gehörigen Sorgfalt hat fehlen lassen oder falls er den Unternehmer über bestehende Bedenken nicht pflichtgemäß unterrichtet hat.5 Sonst aber ist es das Risiko des Unternehmers, sofern der Kunde nicht leistet,6 Schadensersatzansprüche gegen den Kunden nicht gegeben oder nicht durchsetzbar sind. Deswegen führt § 86b, außer in den Fällen des Abs. 3 und bei vertraglichem Ausschluss des § 92c, zum Schutz des HV7 für die Begründung der Delkrederehaftung inhaltliche und förmliche Voraussetzungen ein und der Unternehmer schuldet kraft Gesetzes eine Vergütung, die Delkredereprovision. Die Befürchtung fehlender Durchsetzbarkeit der Leistungsfähigkeit des Kunden könnte den Unternehmer veranlassen, von dem Abschluss des vermittelten Geschäfts abzusehen. Das wiederum berührt das Provisionsinteresse des HV. Dieser mag ein Interesse daran haben, die Befürchtungen zu neutralisieren, indem er selbst es übernimmt, für die Erfüllung durch den Kunden einzustehen.8 Die Norm schützt einerseits den HV durch die Schriftform und die Delkredereprovision vor dem wirtschaftlichen Druck des Unternehmers.9 Andererseits soll sie es ihm ermöglichen, freier im Markt agieren zu

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1 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 1. 2 Masing BB 1995, 2589; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 1. 3 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 20; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 1; Hopt § 86b Rn 1; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 1. 4 LG Heidelberg BB 1955, 942; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 1; Hopt § 86b Rn 1. 5 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 1. 6 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 20; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 1. 7 BGH, Urt. v. 31.3.1982 – I ZR 60/80, WM 1982, 1152; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 1; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 1; Hopt § 86b Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 2, 36; Masing BB 1995, 2589 (2592); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 2; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 2. 8 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 1; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 2, 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 14; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 1. 9 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21.

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können, ohne besondere Rücksicht auf das Vergütungsinteresse des Unternehmens nehmen zu müssen. Zudem ist der HV oft besser als der Unternehmer in der Lage, die Erfüllungsbereitschaft und die Zahlungsfähigkeit der von ihm vermittelten Kunden zu beurteilen,10 so dass die Einstandspflicht auch ein Mittel der Disziplinierung des HV ist, weil er dort besonders sorgsam prüfen wird, wo er selbst eine finanzielle Verantwortlichkeit befürchten muss. Häufig will der Unternehmer die aus dem Delkredere entstehende Pflicht zur Zahlung der Delkredereprovision umgehen; stattdessen soll der HV eine Sicherheitsleistung durch den Kunden fordern. Die fehlende Forderung begründet dann eine Schadenersatzpflicht des HV.11 B. Systematische Stellung 2

Der Gesetzeswortlaut stellt die Verpflichtung des Unternehmers auf Zahlung einer gesonderten Vergütung in den Vordergrund, obwohl eigentlich der HV die vertragscharakteristische Leistung – Übernahme des Risikos – erbringt. Betont man die Leistung des HV, mag man sich fragen, ob die Vorschrift – nach ihrer Stellung von § 86 (Pflichten des HV) getrennt – nicht besser als § 86a in das Gesetz eingefügt worden wäre. Sieht man eher auf die Gegenleistung des Unternehmers, wäre es wohl richtig gewesen, sie nach § 87a und vor § 87b einzufügen, zumal § 87b auch für die Delkredereprovision gilt.12 § 86b trifft hinsichtlich des Anspruchsgrundes gegenüber § 354 eine Sonderregelung.13 C. Europarecht

3

§ 86b hat kein Vorbild in der RL.14 D. Rechtsnatur und Haftungsumfang

4

Das Delkredere ist im Zweifel gem. § 349 S. 1 selbstschuldnerische Bürgschaft,15 wie schon der § 765 Abs. 1 BGB weitgehend gleichende Wortlaut des § 86b Abs. 1 zeigt. Garantiezusage oder Schuldbeitritt liegen regelmäßig nicht vor.16 Jedoch kann das Delkredere auch als Schuldbeitritt, Schuldversprechen oder Garantie ausgestaltet werden,17 wobei diese Abweichung vom Regelfall durch denjenigen zu beweisen wäre, der

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10 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 2; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 1; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 1. 11 Steinhauer BB 2009, 2386 (2387). 12 Hopt § 86b Rn 10. 13 BGH, Urt. v. 24.10.1966 – VII ZR 219/64, LM Nr. 1 = MDR 1967, 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 13. 14 ABl. EG v. 31.12.1986, Nr. L 382/17, wiedergegeben bei Hopt Materialien I und Ebenroth/Hakenberg, 2. Aufl., vor § 84 Anh. I; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 2. Zu den Zielen der RL ausführlich Eberstein S. 20 ff. 15 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 3; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 344; Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 168; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 4; Hopt § 86b Rn 6 (einfache Bürgschaft); RGRK-BGB/Mormann vor § 765 Rn 9; Masing BB 1995, 2589; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 3; aA zwingend Bürgschaft: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 5; Castan BB 1957, 1124; vgl. auch RGZ 107, 194 (195); RG HRR 1935 Nr. 1054; offen gelassen in BGH WM 1982, 1152 (1153). 16 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 344. 17 Kapp/Schumacher EuZW 2008, 167; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 4; Hopt § 86b Rn 6; RGRK-BGB/Mormann Vor § 765 Rn 9; Masing BB 1995, 2589; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 6.

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sich auf sie beruft. Eine Garantieübernahme wäre nicht akzessorisch zu einer bestehenden Leistungspflicht des Kunden (diese könnte nichtig oder schwebend unwirksam sein; der Garant hätte trotzdem zu leisten und erwürbe nicht einmal immer einen Rückgriff nach Art des § 774 BGB). Der Schuldbeitritt könnte zwar auch durch Vertrag zwischen HV und Unternehmer erfolgen. Doch deckt er im Gegensatz zur Bürgschaft die zu sichernde Forderung nicht in ihrem jeweiligen Bestand, wie sich aus § 42518 ergibt. Die Einordnung als Bürgschaft hat demgegenüber den Vorzug einer klaren, nicht erst durch Auslegung festzustellenden Rechtslage. Auf sonstige schuldsichernde Vereinbarungen soll § 86b nicht anwendbar sein, höchstens im Wege der Analogie.19 Unabhängig von der Rechtsnatur des Haftungsversprechens gelten – schon wegen der zwingenden Natur des § 86b – die TB-Voraussetzungen des § 86b, insb. das Schriftformerfordernis, und die Rechtsfolge, die Verpflichtung zur Zahlung einer Delkredereprovision, als lex specialis – nach aA analog20 – auch für ein Delkredereversprechen in Form einer Garantiezusage, eines Schuldbeitritts oder eines Schuldversprechens.21 Regelmäßig greift also ergänzend Bürgschaftsrecht ein22 und, soweit der HV Voll- 5 kaufmann ist, subsidiär das Recht der Handelsbürgschaft. Für das allgemeine Bürgschaftsrecht bedeutet das insbesondere: Kraft Übernahme des Delkredere haftet der HV für die Forderung des Unternehmers gegen den Kunden in ihrem jeweiligen Bestand,23 deshalb auch für den an ihre Stelle tretenden Schadensersatzanspruch24 wegen Nichterfüllung (§ 767 Abs. 1 S. 1, 2 BGB) und ebenso für die Kosten der Rechtsverfolgung (§ 767 Abs. 2 BGB), aber auch für Folgeansprüche, wenn das Geschäft mit dem Kunden nichtig, durch Anfechtung vernichtet oder durch Rücktritt wieder aufgehoben worden ist (Bereicherungsansprüche,25 Ansprüche auf das negative Interesse nach § 122 BGB;26 siehe unten, Rn 11, 20). Einreden des Kunden gegen die Forderung stehen ebenso dem HV zu (§§ 768, 770 BGB).27 Der HV, der den Unternehmer befriedigt, erwirbt die Forderung gegen den Kunden nach Maßgabe des § 774 BGB.28 Ist der HV Kaufmann, gilt zwar (wegen Abs. 1 S. 3) nicht die Formfreiheit des 6 § 350 (Rn 14). Fraglich ist, ob § 349 Geltung beansprucht, demzufolge (nur) dem kaufmännischen HV die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB nicht zusteht. Das ist zwar eigentlich der Fall.29 Doch widerspräche es dem besonderen Loyalitätsverhältnis zwischen HV und Unternehmer,30 dass dieser, sofern er durch freiwilliges Entgegenkom-

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18 RGZ 135, 108. 19 Hopt § 86b Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 6; offen gelassen von Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 3. 20 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 4; Hopt § 86b Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 6. 21 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 30; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 10, 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 6. 22 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 2; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 1; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 3. 23 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 181. 24 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 181. 25 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 181. 26 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 6. 27 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 344; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 19; Hopt § 86b Rn 8; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 12. 28 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 168. 29 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 3, 19; Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 169; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 3. 30 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 3.

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men gegenüber dem Hauptschuldner (den er verklagen könnte) seine geschäftlichen Belange selbst schädigt, die dadurch entstehende Einbuße im direkten Zugriff per Delkrederehaftung auf den HV abwälzen dürfte. Deshalb wird man der – von SchmidtRimpler S. 96 im Zweifel als vereinbart anzusehenden – Einschränkung beitreten müssen, dass der Unternehmer vor Inanspruchnahme des HV wenigstens den Versuch macht, die Leistung vom Dritten zu erlangen,31 und dem HV ggf. die Einrede gewährt wird, der Unternehmer habe jenen Versuch gar nicht unternommen.32 Der Unternehmer muss deshalb regelmäßig auch dann zuerst gegen den Kunden vorgehen, wenn der Vertrag als Garantie einzuordnen wäre.33 Eine abweichende Vereinbarung dürfte trotz der zwingenden Natur der Treupflicht angesichts ihrer Konkretisierbarkeit wohl noch zulässig sein.34 Klage und Vollstreckung gegen den Kunden sind gleichwohl nicht erforderlich, so weit reicht die Rücksichtnahmepflicht des Unternehmers nicht.35 Klagen und vollstrecken muss ggf. der HV, der mit der Befriedigung des Unternehmers nicht nur den Provisionsanspruch nach § 87a,36 sondern auch die Forderung des Unternehmers gegen den Kunden nach § 774 BGB erwirbt.37 Er ist allerdings den Einreden ausgesetzt, welche dem Kunden gegen den Unternehmer oder etwa unmittelbar gegen den HV zustehen.38 Die Rspr. hat sich dem angeschlossen.39 Schon früher hatte die kaufmännische Praxis den gleichen Standpunkt eingenommen; vgl. Gutachten der Ind.- u. Handelsk. Berlin III Nr. 240 und der Handelskammer Breslau N. F. 42; Handelsbrauch a.a.O. Nr. 206–214, wonach die Übernahme des Delkredere seitens eines HV handelsüblich sogar nur einer Ausfalls- oder Schadloshaltungsbürgschaft gleichzuachten ist, so dass der Unternehmer zunächst gegen den Kunden klagbar werden muss. Immerhin wird diese Einschränkung nur soweit Geltung beanspruchen können, wie die Loyalitätsbindung reicht. Sollte der HV kein Kaufmann sein, gilt § 349 S. 1 BGB ohnehin nicht. 7 § 86b Abs. 1 S. 2 nennt bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Übernahme des Delkredererisikos, die über diejenigen der Bürgschaft hinausgehen. Gegenüber der Bürgschaft gibt es daher im Wesentlichen drei Abweichungen, welche die Sonderregelung des § 86b rechtfertigen: – Zum einen ist eine Vergütung für die Bürgschaftsübernahme vorgeschrieben (§ 86b Abs. 1 Hs. 1); dieser Anspruch ist zudem zwingend; – die Bürgschaft kann nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten übernommen werden, die der HV vermittelt oder abschließt (§ 86b Abs. 1 S. 2) – „Bestimmtheitserfordernis“;

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31 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 170; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 19; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 3. 32 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 170; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18a. 33 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 30; Hopt § 86b Rn 8; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 7. 34 Hopt § 86b Rn 8. 35 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 168; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 19; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 5, 20; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18a; Masing BB 1995, 2589 (2595); nach Castan BB 1957, 1124 (1125) nur bei Nichtverschulden des HV. 36 Masing BB 1995, 2589 (2596); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 19. 37 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 168; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18d; Castan BB 1957, 1124 (1125); Masing BB 1995, 2589 (2596). 38 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18d. 39 RG HRR 1935 Nr. 1054 unter Berufung auf § 242 BGB.

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schließlich ist die Bürgschaftsverpflichtung zwingend schriftlich zu fassen (dies Erfordernis ist logischerweise unabdingbar)40 und verdrängt § 350.41 Selbst wenn der HV also Kaufmann ist, bleibt § 86b Abs. 1 S. 3 lex specialis, so dass die Schriftform der Übernahmeerklärung gefordert wird. Die Annahmeerklärung des Unternehmers ist dagegen an keine Form gebunden (ebenso § 766 BGB).42 E. Absatz 1 I. Verpflichtung

Das Delkredere muss durch eine inhaltlich eindeutige rechtsverbindliche Ver- 8 einbarung („Verpflichtung“) mit einseitiger Schriftform (Rn 14 f.) begründet werden.43 Erforderlich ist der klar feststellbare Wille beider Vertragsparteien zur Begründung der Haftung des HV;44 es muss eine hinreichend klare Verpflichtungserklärung vorliegen.45 Nicht erforderlich ist, dass die Rechtsfolge des § 86b – besondere Vergütung – genannt wird.46 Sie ergibt sich – nicht anders als die Karenzentschädigung des § 90a – als Rechtsfolge automatisch aus der Übernahme des Delkredere selbst.47 Was automatisch aus einem TB-Merkmal folgt, braucht nicht besonders geregelt zu werden. Wegen der Leitbildwirkung der Delkrederevergütung und der erforderlichen Transparenz ließe sich allenfalls in AGB gem. § 307 BGB Abweichendes vertreten. Ohne die Delkrederevereinbarung schuldet der HV kein Einstehen für die Erfüllung der Verbindlichkeiten eines Kunden. Der Gebrauch des Ausdrucks Delkredere ist zwar nicht vorausgesetzt. Wohl aber ist bei Formulierungen, die nicht eindeutig auf ein Einstehen-Wollen hindeuten, stets zu prüfen, ob wirklich eine Einstandspflicht gemeint gewesen ist; z.B. ob in der Erklärung „die Firma X ist gut, ich übernehme für diese Firma die volle Verantwortung“ nur eine Kreditauskunft des HV oder die Erklärung zu erblicken ist, Delkredere stehen zu wollen.48 Bloße Mitteilungen über Bonität, Zahlungsfähigkeit oder Erfüllungsbereitschaft eines Kunden sind noch keine Delkredereerklärung.49 Im Zweifel ist die Übernahme des Delkredere zu verneinen.50 Die Verpflichtungserklärung des HV muss der Unternehmer annehmen, notfalls als für sich günstig gem. § 151 BGB. Es handelt sich dann um einen Vertrag, bei dem das Delkredereversprechen des HV einerseits und die Delkredereprovision des Unternehmers im Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Ein einseitiger „Verzicht“ des Unternehmers auf die Delkrederehaftung ist deshalb nicht möglich.51 Oft aber wird der HV das darin liegende Angebot auf einen Aufhebungsvertrag annehmen, auch hier ggf. nach § 151 BGB.

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40 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 11. 41 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 11. 42 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 11. 43 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 5. 44 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 3. 45 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 5. 46 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 184. 47 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 184. 48 OLG München JW 1930, 1427. 49 OLG München JW 1930, 1424; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 4. 50 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 5; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 4. 51 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 28; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 26.

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Es muss eine Verpflichtung des HV vorliegen. Zum Begriff des HV § 84. Jeder HV kann die Delkredereerklärung abgeben, sei er Verkaufs- oder Einkaufsvertreter.52 Auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler, insb. Kommissionsagenten,53 Vertragshändler54 oder FN,55 passt die Vorschrift nicht,56 weil diese regelmäßig ihre Geschäfte selbst abschließen und mithin keine vergleichbare Interessenlage vorliegt. Die Analogievoraussetzungen dürften daher fehlen.57 III. Berechtigter des Delkredereversprechens

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Berechtigter des Delkredereversprechens ist der Unternehmer; er ist hinsichtlich der Delkredereprovision passiv legitimiert. IV. Für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen

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Der HV muss sich verpflichten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit aus einem Geschäft einzustehen. Das Delkredere begründet eine Wertersatzhaftung für eine „Verbindlichkeit“.58 Der genaue Inhalt der Einstandspflicht steht zur Disposition der Vertragspartner,59 weil § 86b Abs. 1 insoweit nicht zwingend ist. Eine Leitbildwirkung des § 86b gibt es nur bei der Prüfung von AGB. In der Regel handelt es sich bei der „Verbindlichkeit“ um den gegen den Kunden gerichteten Anspruch des Unternehmers auf Gegenleistung, d.h. auf Erfüllung.60 Jedoch können auch alle anderen Ansprüche aus dem Geschäft gesichert sein,61 was jeweils durch Auslegung zu ermitteln ist:62 Übernommen wird je nach Gestaltung Wertersatz für eine Zahlungs-, Sach- oder Dienstleistungspflicht des Kunden. Im Zweifel erstreckt sich das uneingeschränkt übernommene Delkredere auch auf Neben-, Sekundär- und Abwicklungsansprüche des Unternehmers gegen den Kunden,63 etwa aus Verzug, Schlechterfüllung, Nichterfüllung, Rückabwicklung, § 812 BGB,64 Vertragsstrafe,65 vorvertraglichen Ansprüchen66 etc. sowie auf Ersatz der dem Unternehmer durch die Beitreibung der Kundenforderung entstehenden Kosten.67

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52 Castan BB 1957, 1124 (1125, 1127); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 4. 53 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 60. 54 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 58; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 3. 55 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 59; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 3. 56 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 31; Hopt § 84 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 3. 57 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 58 ff. 58 Masing BB 1995, 2589 (2595); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 21; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6. 59 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 182. 60 Hopt § 86b Rn 7; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 11. 61 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 21; Hopt § 86b Rn 7. 62 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 21. 63 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6; Hopt § 86b Rn 7. 64 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 181; Hopt § 86b Rn 7; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 12. 65 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6; Hopt § 86b Rn 7. 66 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 181; Hopt § 86b Rn 7. 67 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6; Hopt § 86b Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18c; Masing BB 1995, 2589 (2595); vgl. OLG Karlsruhe VersR 1973, 857 (859); BB 1974, 904.

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Soll das Delkredere eine so weit gehende Wirkung nicht haben, müssen die Parteien das hinreichend deutlich regeln.68 Auch kann das Delkredere auf die Primär- oder Hauptleistungspflicht des Kunden aus dem Vertrag beschränkt werden.69 Die Einstandspflicht erstreckt sich nur auf Bestimmungen, die in den Verträgen 12 mit Kunden der betreffenden Branche üblich sind, wobei eine weite Auslegung zu Gunsten des Unternehmers angezeigt ist. Mit mehr braucht der HV nicht zu rechnen und auf Weiteres erstreckt sich seine Erklärung zur Delkredereübernahme im Zweifel nicht. Soll sich die Einstandspflicht auch auf außergewöhnliche Verpflichtungen beziehen, etwa auf besonders belastende Vertragsstrafeversprechen oder andere ungewöhnliche Ansprüche, muss der Unternehmer den HV unzweideutig auf das übernommene Risiko hinweisen und sich der HV zur Übernahme verpflichten, anderenfalls ist es von der Einstandspflicht nicht erfasst.70 Unwirksam ist die Bestimmung, welche dem HV die Kosten des gerichtlichen Vorgehens gegen einen bestimmten Kunden oder in jedem Falle bei Zahlungsunfähigkeit oder Unwilligkeit der Kunden bis zur Höhe der Beitreibungskosten auferlegt.71 Obgleich § 86b es nicht ausdrücklich sagt, bezieht die Norm sich nur auf den Fall, 13 dass der HV seinem Unternehmer gegenüber für die Erfüllung des Kunden aus einem Geschäft einstehen will. Gegenstand der Einstandspflicht i.S.d. § 86b kann damit jede Leistung sein, welche der Kunde („Dritte“) dem Unternehmer schuldet. Pflichten des Kunden gegenüber anderen Personen als dem Unternehmer, z.B. Bürgschaft des Abzahlungskaufverträge vermittelnden HV gegenüber der Teilzahlungskreditbank für Verbindlichkeiten des Abzahlungsverkäufers72 oder Pflichten, die der Dritte (Kunde) gegenüber dem Finanzierungsinstitut bei finanzierten Geschäften eingegangen ist,73 werden von § 86b nicht erfasst.74 Denkbar wäre es zwar auch, dass ein HV dem Kunden („Dritten“) die Leistung des Unternehmers garantiert.75 Aus einer solchen Zusage darf der HV aber keinen Anspruch auf Delkredereprovision gegen den Unternehmer geltend machen, allenfalls einen solchen gegen den Dritten aus § 354, weil § 86b als lex specialis dann keine vorrangige Regelung trifft. Dagegen ist es für den Begriff Delkrederehaftung unerheblich, ob der HV für die Zahlung des Dritten oder (als Einkaufsvertreter) für die Erfüllung einer Warenlieferschuld desselben einzustehen verspricht.76 Da der HV die Provision des § 87 für die Geschäftsvermittlung erhält, stellt jede Art von Zusage eines Einstehens für die Erfüllung durch den Dritten, also jede Art von Übernahme eines Risikos, welches mit der Geschäftsabwicklung verknüpft ist und das sonst der Unternehmer zu tragen hätte, eine zusätzliche Leistung des HV gegenüber dem Unternehmer dar. Daher liegt eine Delkrederehaftung nicht nur vor, falls der HV für die Erfüllung der Hauptverbindlichkeit des Dritten (z.B. für Zahlung des gestundeten Kaufpreises) einzustehen verspricht, sondern auch dann, wenn er es übernimmt, gegenüber dem Unternehmer für eine bestimmte Qualität der von dem Dritten als Verkäufer zu liefernden

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68 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6. 69 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6. 70 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6. 71 OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Hopt § 86b Rn 4. 72 BGH WM 1988, 1048; Hopt § 86b Rn 2. 73 OLG Hamm VersR 1956, 113 (114); Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 172. 74 OLG Hamm VersR 1956, 113 (114); v. Brunn NJW 1954, 56 (57); Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 172; Hopt § 86b Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 24; Schlegelberger/ Schröder § 86b Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 5. 75 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 3. 76 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 182.

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Ware (z.B. „prima Qualität“), für rechtzeitige Ankunft der Ware oder für die Erfüllung nur einzelner Vertragsmodalitäten, für den Ausgleich nur bestimmter Arten von Schäden usw. einzustehen.77 V. Schriftform 14

Die Übernahme des Delkredere bedarf nach Vorbild des Schweizer Art. 418 Abs. 3 AVG und einem Entwurf des CDH78 der Schriftform nach § 126 BGB79 (Abs. 1 S. 3). Hiermit soll dem HV die besondere Gefährlichkeit des Versprechens deutlich gemacht werden.80 Bei Verfehlung tritt gem. § 125 BGB Formnichtigkeit ein.81 Trotz der hinsichtlich des zwingenden Kerns des § 86b nicht ganz klaren Bestimmung (Rn 29) ist das Formgebot zwingend und lässt sich nicht – ggf. konkludent – abbedingen.82 Deshalb kann das formunwirksame Delkredereversprechen nicht nach § 140 BGB in eine formfreie Garantie, einen Schuldbeitritt oder ein Schuldversprechen umgedeutet werden.83 Allerdings bezieht sich die Schriftform – wie in § 766 BGB – nur auf die Übernahmeerklärung des HV.84 Die Annahmeerklärung des Unternehmers ist nicht an eine Form gebunden.85 In der Urkunde müssen die zwingenden Voraussetzungen für eine wirksame Delkredereerklärung enthalten und sie muss vom HV unterzeichnet sein.86 Das Delkredereversprechen braucht nicht einziger Inhalt der Urkunde zu sein,87 sondern kann z.B. auch in schriftlichen Mitteilungen des HV an den Unternehmer enthalten sein,88 ebenso im HVVertrag. Trotz des Worts „einem“ können mehrere Delkredereversprechen für verschiedene Geschäfte oder Kunden in einer Urkunde zusammengefasst werden,89 solange die Anforderungen an die Bestimmtheit der Erklärung erfüllt sind. Anders könnte ein generelles Delkredereversprechen kaum in den HV-Vertrag eingefügt werden. Die Formvorschrift verdrängt § 350, weshalb auch das Delkredere des Kaufmannes der Schriftform bedarf.90 Ungeachtet dessen muss die Delkredereverpflichtung des HV durch den Unternehmer angenommen werden, allerdings nicht schriftlich. Auch das entspricht

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77 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 182. 78 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 20. 79 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 168; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 11; Hopt § 86b Rn 5; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 9. 80 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 20. 81 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 15; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 10; Castan BB 1957, 1124 (1125). 82 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 17. 83 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 18. 84 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 346; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 8. 85 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 16; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 346; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 11; Hopt § 86b Rn 5; Oetker/ Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 8. 86 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 12; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 9. 87 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 12. 88 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 11. 89 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 344; Schürr in: Küstner/ Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 173; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 13; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 16; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 10, 11. 90 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 10; Hopt § 86b Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 9.

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dem allgemeinen Bürgschaftsrecht. Dem Unternehmer darf das Delkredere nicht aufgedrängt werden, zumal er ja dadurch für die Sonderprovision provisionspflichtig wird. Auch die weitere Folgerung des § 766 S. 3 BGB dürfte zu ziehen sein: hat der HV dem formlosen, also zunächst nichtigen Delkredere durch Befriedigung des Unternehmers genügt, wird der Mangel der Form geheilt,91 ebenso, wenn der Unternehmer nach vollständiger Erfüllung der Pflichten des Kunden die Delkredereprovision leistet.92 Im Übrigen gibt es auch hier noch von dem Formerfordernis Ausnahmen. Nach Abs. 3 kann in dessen persönlichem Anwendungsbereich ein Delkredere durch den HV formlos übernommen werden. Der actus contrarius bedarf nicht der Form des § 126 BGB: Auch die unbedingt 15 wirksame Delkrederevereinbarung kann durch formlos gültige Vereinbarung, die sich bereits aus den Umständen des Einzelfalls ergeben kann, jederzeit mit Wirkung für künftige Geschäfte zeitlich,93 etwa durch einen Endtermin oder eine zeitliche Beschränkung für das zu sichernde Geschäft,94 oder auf einen bestimmten Betrag begrenzt und wieder aufgehoben werden;95 der Unabdingbarkeitsgrundsatz steht dem ebenfalls nicht entgegen.96 VI. Nur für ein bestimmtes Geschäft oder für solche Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt Die Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs (S. 20) erklärt es für missbilligens- 16 wert, „wenn Handelsvertreter von Unternehmern unter Ausnutzung ihrer wirtschaftlichen Überlegenheit gezwungen werden sollen, für unbestimmte Geschäfte oder ganz allgemein das Delkredere zu übernehmen. Hiergegen müssten die Handelsvertreter geschützt werden.“ Das Gesetz gestattet demgemäß die Übernahme des Delkredere nur bei Wahrung des Bestimmtheitsgrundsatzes97 und unter folgenden Voraussetzungen: Einmal, wenn der HV es übernimmt, für ein bestimmtes Geschäft einzustehen; oder aber, falls der HV das Delkredere allgemein übernimmt, für Geschäfte mit bestimmten Dritten (z.B. die der HV für solvent, der Unternehmer aber vielleicht für zahlungsschwach hält), sofern der HV selbst – oder für ihn sein Untervertreter – das Geschäft mit ihnen geschlossen oder vermittelt hat. Aus diesem Grund wird das Delkredere faktisch kaum durch AGB begründet werden können.98 Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, so ist nach dem aus der Amtlichen Begründung ersichtlichen Schutzzweck des Gesetzes auch eine Auf-

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91 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 17; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 10; Hopt § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 18; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 10. 92 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 14. 93 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18d; vgl. RGZ 107, 194. 94 BGH, Urt. v. 30.1.1997 – IX ZR 133/96, ZIP 1997, 536 (539). 95 BGH ZIP 1997, 536 (539); Masing BB 1995, 2589 (2595); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345; Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 191; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 43; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 6, 22; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 7; Hopt § 86b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 11, 34; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 13a. 96 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 34. 97 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 6, 8; Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 9. 98 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 7 („Vereinbarung in AGB nicht möglich“); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 12; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 4.

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rechterhaltung als gewöhnliche Bürgschaft, geschweige denn eine Umdeutung in eine Garantiezusage oder einen Schuldbeitritt nicht möglich.99 Der Inhalt des Kundengeschäfts muss, um die Haftung zu begründen, in den wesentlichen Punkten den Regelungen der Delkrederevereinbarung entsprechen. Unerhebliche Abweichungen sind jedoch unschädlich.100 Infolge von das Kundengeschäft nachträglich ändernden Abmachungen zwischen Kunde und Unternehmer bleibt die Delkrederehaftung entsprechend § 767 Abs. 1 S. 3 BGB unberührt, wenn jene Änderungen noch von der Delkrederevereinbarung gedeckt sind.101 Sie dürfen aber nicht dazu dienen, das Geschäftsrisiko auf den HV zu verlagern. 17 Wird dieses Bestimmtheitsgebot verfehlt, ist das Delkredere nichtig.102 Auch hier ist eine abweichende Regelung nicht möglich, wenngleich sich der zwingende Teil des § 86b auf den ersten Blick nur auf das Provisionsversprechen zu beziehen scheint (Rn 29). 18

1. Bestimmtes Geschäft. Abs. 1 S. 2 Alt. 1 sieht die Möglichkeit der Übernahme der Einstandspflicht für ein bestimmtes Kundengeschäft vor (konkretes Delkredere): Das „bestimmte Geschäft“ braucht noch nicht abgeschlossen zu sein.103 Es muss jedoch schon so individualisier- und konkretisierbar und von anderen gleichartigen Geschäften unterscheidbar sein, dass es nach seinen wesentlichen Merkmalen in die Delkrederevereinbarung aufgenommen werden kann.104 Damit sollte der vorher bestehenden Übung des „uneingeschränkten Abwälzens“ des Delkredererisikos begegnet werden.105 Steht der Rechnungsbetrag noch nicht fest, kann die Einstandspflicht auf einen bestimmten oder bestimmbaren Betrag beschränkt werden.106 Trotz des auf den Singular bezogenen Wortlauts „für ein bestimmtes Geschäft“ dürfen mehrere solchermaßen „bestimmte“, abgeschlossene oder erst mit ihrem Abschluss bevorstehende Geschäfte in einer einzigen Delkredereübernahme zusammengefasst werden,107 falls ihre Bezeichnung nicht zu allgemein wird und der HV damit sein Haftungsrisiko nicht mehr zu erkennen vermag.108 Ein Abschluss durch den HV selbst oder seinen Untervertreter wird – abweichend von Alt. 2 – nicht vorausgesetzt (Beispiel: Bezirksvertreter). 109 Das Delkredere kann beispielsweise auch übernommen werden von einem Bezirksvertreter für bestimmte Ab-

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99 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12; ein Fall dieser Art in der Entscheidung OLG Karlsruhe BB 1974, 904. 100 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 18. 101 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 18. 102 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 6; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12. 103 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 174; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 10. 104 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 173; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 9; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 11. 105 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21. 106 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 10; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 11. 107 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 173; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 8; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 7; Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 9; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 8; Castan BB 1957, 1124 (1125). 108 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 173. 109 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 175; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 12; Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 9; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 11.

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schlüsse, die der Unternehmer selbst in dem übertragenen Bezirk getätigt hat oder zu tätigen im Begriff steht (auch hier kann die oben geschilderte Interessenlage gegeben sein), oder für Abschlüsse, die von einem anderen HV oder noch von einem Vorgänger des HV herrühren,110 etwa weil dieser intern den HV an der Provision beteiligt. Die Übernahme für eine unbestimmte Vielzahl von Geschäften mit einem Kunden ist nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 1 S. 2 Alt. 2 möglich.111 2. Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt. 19 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 („Geschäfte mit bestimmten Dritten, die der HV vermittelt oder abschließt“ = generelles Delkredere): Diese allgemeine Delkredereübernahme für „Geschäfte mit bestimmten Dritten“ kann sich nur auf künftige Abschlüsse mit einem oder mehreren112 genau und zweifelsfrei bestimmten Kunden beziehen. Anders als in Abs. 1 S. 2 Alt. 1 muss hier nicht das Kundengeschäft, sondern die Identität des Kunden bestimmt sein.113 Will der HV das Delkredere für Geschäfte mit mehreren Kunden begründen, bedarf es hinsichtlich jedes einzelnen Kunden in Bezug auf dessen Person und den Kreis der gesicherten Geschäfte einer derart präzise bestimmten Vereinbarung.114 Unzulässig wäre z.B. die Delkredereübernahme für alle Geschäfte mit dem Kunden X, einerlei wer sie vermittelt oder abschließt;115 für alle Geschäfte in einem bestimmten Bezirk (Bezirksvertreter);116 für alle vom HV in einem bestimmten Bezirk vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte.117 Das Delkredere kann nur dann gegen den HV geltend gemacht werden, wenn er selbst,118 seine Angestellten oder seine Untervertreter119 das Geschäft, für das es praktisch wird, vermittelt oder abgeschlossen hat. Der Grund: In diesen Fällen ist es der HV, der die Dritten ausgesucht und sie – wohl – auf Grund eigener Prüfung für vertrauenswürdig befunden hat. Als unwirksam würde es deshalb zu erachten sein, wenn der Bezirksvertreter die Delkrederehaftung für alle in seinem Bezirk oder auch nur mit einem bestimmten Kunden geschlossenen Geschäfte übernähme, also auch für solche, deren Abschluss durch den Unternehmer selbst oder durch von diesem unmittelbar eingesetzte Untervertreter erfolgt ist.120 3. Wegfall der Delkrederehaftung. Grundsätzlich ist die Einstandspflicht des HV 20 abhängig vom rechtswirksamen Bestehen der Kundenverbindlichkeit gegenüber dem Unternehmer.121 Ist das zwischen Kunde und Unternehmer geschlossene Geschäft daher nicht oder nicht wirksam zustande gekommen, wird es nicht durch ein Delkre-

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110 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 8; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 8. 111 OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Ebenroth/Löwisch § 86b Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 8. 112 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 15; Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 10. 113 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 13. 114 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 176; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 10. 115 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 176; Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 10. 116 Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 10; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 15. 117 Hopt § 86b Rn 3; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 10. 118 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 176. 119 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 14. 120 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 14; Hopt § 86b Rn 4; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 15. 121 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 12.

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dereversprechen gesichert.122 Jene Grundregel öffnet sich Differenzierungen: Es kommt im Einzelnen auf den Grund des Wegfalls des Kundengeschäftes an. Entsteht er durch das zu sichernde Risiko, bleibt die Delkrederehaftung bestehen. Ausnahmen gelten folglich für die unter Rn 11 genannten Ersatzansprüche. Der Anspruch entfällt, wenn der Abschluss mit dem Kunden nachträglich hinfällig wird: durch Anfechtung (§ 142 BGB),123 Rücktritt vom Vertrag124 auf Grund des Gesetzes oder eines vertraglichen Vorbehalts, Kündigung des vermittelten Nutzungsverhältnisses vor dessen Antritt, es sei denn, dem Unternehmer stehen die unter Rn 11 genannten Ansprüche aufgrund der Rückabwicklung des bereits vollzogenen Vertrags gegen den Kunden zu und der HV hat ausnahmsweise erkennbar auch hierfür das Delkredere übernommen.125 Hingegen bleibt die Einstandspflicht des HV aus der Delkrederevereinbarung und damit sein Anspruch auf die Delkredereprovision von Umständen unberührt, die den Vertrag mit dem Kunden erst nachträglich ohne Rückwirkung beenden, wie z.B. spätere Kündigung,126 Ausübung von Gewährleistungs- oder Zurückbehaltungsrechten des Kunden,127 auflösende Bedingung128 oder die nachträglich zwischen Kunden und Unternehmer vereinbarte Vertragsaufhebung,129 sofern – was zulässig ist – nicht gleichzeitig einverständlich zwischen Unternehmer und HV das Delkredere aufgehoben wird.130 Solange es nicht um die Aufhebung nur des Delkredere für ein konkretes, einzelnes Kundengeschäft geht, ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Anspruch auf Delkredereprovision durch die Vertragsaufhebung unberührt bleiben soll.131 Das betreffende Geschäft hat in der Zwischenzeit Bestand gehabt und wird nicht rückwirkend hinfällig,132 weil der HV zumindest interimsweise das Risiko getragen hat.133 Gleiches gilt, wenn die Ausführung des Kundengeschäfts unterbleibt.134 § 87a Abs. 2 und 3 gelten nicht.135

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122 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 30; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 19; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 11; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 6. 123 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 32; Hopt § 86b Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 15; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 12. 124 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 33; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 3; Hopt § 86b Rn 11; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 28; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 12; Castan BB 1957, 1124 (1127). 125 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 6. 126 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17. 127 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 18c. 128 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 34; Hopt § 86b Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 15. 129 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 34; Hopt § 86b Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 15. 130 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 29; Hopt § 86b Rn 11; Schlegelberger/ Schröder § 86b Rn 7. 131 Vgl. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 29. 132 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 17; aA Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 14. 133 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 34; Hopt § 86b Rn 11. 134 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 31; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 21; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 14. 135 Castan BB 1957, 1124 (1127); Westphal I Rn 214; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 15, 21; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 16; Hopt § 86b Rn 9, 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 32, 35; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 14.

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VII. Wirksames Delkredereversprechen Das Delkredereversprechen muss nach den allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts 21 wirksam sein, etwa den §§ 134, 138136 (s. Rn 27, 36), 305 ff. BGB. Diese allgemeinen Vorschriften bleiben neben den besonderen Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 86b anwendbar. VIII. Berechnung des Delkredereanspruchs durch den HV In vielen Fällen besitzt der Unternehmer keine (genaue) Kenntnis zu Grund und 22 Höhe seines Delkredereanspruchs, etwa falls der HV den gegen ihn gerichteten Anspruch errechnen muss (Beispiel: Inkasso-HV i.S.d. § 87 Abs. 4, der für Ausfälle haftet). Der HV unterliegt dann einer Auskunftspflicht, er muss die Anspruchshöhe beziffern, sie dem Unternehmer mitteilen und den festgestellten Betrag an den Unternehmer leisten. Im Zweifel gelten die für die Berechnung und Abführung der Inkassoprovision des § 87 Abs. 4 genannten Maßstäbe entsprechend, nämlich die Pflicht zur unverzüglichen Abrechnung analog § 87c Abs. 1, spätestens jedoch bis zum Ende des Monats nach Entstehen des Anspruchs. Diese Pflicht begründet ebenso wie die Inkassopflicht nach § 87 Abs. 4 eine Vermögensbetreuungspflicht; die unterlassene oder verspätete Abführung (letzteres bei bedeutender Verspätung, die einen Rückschluss auf den Willen zum Einbehalt zulässt) kann je nach den Umständen des Einzelfalls die Strafbarkeit nach § 266 StGB (§ 86 Rn 52) herbeiführen. Zumindest aber führt sie zur Schadenersatzpflicht nach § 280 BGB, nicht nur nach § 286 BGB. IX. Die Delkredereprovision – Rechtsgrund Die Delkredereprovision ist das Spiegelbild der Haftung, also ihre Gegenleistung. 23 Die Übernahme des Delkredere – die Einstandspflicht – ist eine Sonderleistung des HV, die nicht zum gesetzlichen Umfang seiner üblichen Vertragspflichten gehört. Hierfür soll er – auch zu seinem Schutz137 – als Gegenleistung – unabhängig von der Vermittlungsoder Abschlussprovision138 – eine neben die sonstige Provision, etwa die des § 87, tretende139 Sonderprovision – die Delkredereprovision – beanspruchen dürfen. Es handelt sich um einen Anwendungsfall des § 354.140 So wie dort wird auch die Delkredereprovision kraft § 86b Abs. 1 S. 1 geschuldet. Als Sonderprovision, die nicht für die Schaffung eines Kundenkreises gewährt wird, soll sie nach einer Meinungsgruppe141 nicht ausgleichsfähig sein. Das Gesetz fordert diese Bewertung nicht. Denn auch das Delkredere kann als ausgleichsfähige Provision für „abgeschlossene oder künftig zustande gekommene Geschäften“ i.S.d. § 89b Abs. 1 Nr. 2 verstanden werden.142 Der HV übernimmt das Delkredere, um konkrete Kundengeschäfte herbeizuführen, die der Unternehmer ohne die Einstandspflicht des HV nicht abzuschließen bereit ist.143 Das Delkredere hilft daher bei der Vermittlung und ist als werbende Provision ausgleichsfähig. In jedem Fall wird die Delkredereprovision aber in die Berechnung der Höchstgrenze nach § 89b Abs. 2

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136 137 138 139 140 141 142 143

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Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 6. Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 20. Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 183; Westphal I Rn 214; Hopt § 86b Rn 8. Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 183; Hopt § 86b Rn 9. Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 183; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 17. Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 13. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 92. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 20.

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eingerechnet.144 Die Informationsrechte des § 87c erstrecken sich auch auf die Delkredereprovision,145 weil der Wortlaut des § 87c jede Provisionsart erfasst und nach Grund und Höhe das gleiche Informationsbedürfnis besteht. F. Absatz 2: Fälligkeit der Delkredereprovision 24

Der Anspruch auf die Delkredereprovision wird mangels ausdrücklicher oder schriftlicher Provisionsvereinbarung kraft Gesetzes146 sogleich mit dem Abschluss des Geschäfts fällig, aus dem die garantierte Verbindlichkeit entsteht (Abs. 2, § 271 Abs. 1 BGB),147 also sobald ein Delkrederehaftungstatbestand gegeben ist.148 Voraussetzung des Entstehens ist eine wirksame Delkrederevereinbarung.149 Die Fälligkeit kann durch Vereinbarung geregelt werden,150 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 steht nicht entgegen.151 Die gesetzliche Stufung, wonach die Vermittlungs- und die Abschlussprovision mit dem Abschluss des Geschäfts zunächst bedingt entsteht (§ 87), um erst unter den Voraussetzungen des § 87a zum unbedingten Anspruch zu erstarken, findet sich hier nicht.152 Ist der Abschluss aufschiebend bedingt, so entsteht der Provisionsanspruch mit Eintritt der Bedingung.153 Im Übrigen aber kann sich die Bestimmung des Gesetzes darüber, wann der Anspruch entstehen solle, sinnvollerweise nur auf Geschäfte beziehen, deren Abschluss noch bevorsteht oder, wie in der 2. Alt. des Abs. 1 S. 2, einstweilen überhaupt erst als künftig denkbare in Betracht kommen. Wird dagegen das Delkredere für ein bestimmtes, bereits abgeschlossenes und nicht unter aufschiebender Bedingung stehendes Geschäft übernommen, so entsteht der Anspruch auf die Provision mit der nunmehrigen Übernahme.154 Nicht etwa gilt er als mit dem Abschluss rückwirkend entstanden.155 Das kann Bedeutung gewinnen in Fällen einer Globalzession „bestehender Provisionsansprüche (gegen den in Rede stehenden Unternehmer)“, wenn sie zwischen Abschluss des Geschäfts und Übernahme des Delkredere erfolgt ist. G. Wegfall des Anspruchs auf Delkredereprovision

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Der Anspruch auf Delkredereprovision teilt das Schicksal der Delkrederehaftung: Kommt es nicht zur rechtswirksamen Haftungsübernahme, entsteht der Provisionsanspruch nicht.156 Die o.g. Ausführungen unter Rn 8, 20 gelten entsprechend.

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144 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 189; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 20. 145 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. 146 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 184; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 13. 147 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345; Schürr in: Küstner/ Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 184; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 38; Hopt § 86b Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 16; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 15. 148 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 21. 149 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 24, 30. 150 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 187; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 16. 151 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 18; Hopt § 86b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 35; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 16. 152 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 186; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 38; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 16. 153 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 185; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 31. 154 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 185; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 19. 155 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 14. 156 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 185; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 22; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer

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H. Höhe I. Vertraglich vereinbarte Höhe Die Höhe der Provision unterliegt in erster Linie der Vereinbarung,157 die jedoch 26 zum einen wirksam und zum anderen wegen der zwingenden Natur des Provisionsversprechens nicht unterhalb des üblichen Satzes – selbstverständlich jedoch darüber – liegen darf.158 Die vereinbarte Provision muss dem HV einen angemessenen Ausgleich für die übernommene Haftung gewähren,159 indem sie in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zu dem eingegangenen Risiko steht, und zwar nach den Maßstäben des Ortes, an welchem der HV sein Gewerbe ausübt,160 im Zweifel an seinem Sitz und nicht im Vertriebsgebiet. Anderenfalls liegt ein gegen die zwingende Natur verstoßender Teilprovisionsausschluss vor.161 Maßgeblich für die Überprüfung der Provisionshöhe ist eine Prognose zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Delkredere für das konkrete Geschäft, bei generellem Delkredere eine Durchschnittsbetrachtung zum Zeitpunkt der Vereinbarung. Anderenfalls würde nicht die Unsicherheit bei Delkredereübernahme sondern das tatsächliche Risiko den Preis bestimmen und das prognostische Risiko zu Unrecht ausgeblendet. Eine ex post Betrachtung nach dem Geschäft ist unzulässig. Die Höhe einer möglichen Rückstellung ist irrelevant,162 weil sonst bei vorsichtiger Rückstellungspraxis eine Delkredereprovision ggf. in Höhe des Risikos eines Totalverlustes zu zahlen wäre. Die Provision wird mglw. höher zu bemessen sein, falls sich das Delkredere anstatt auf ein Bargeschäft auf ein vom Unternehmer zu kreditierendes Kundengeschäft mit bei Delkredereübernahme erkennbarem höheren Risiko bezieht.163 Im Falle einer nachträglichen Übernahme des Delkredere soll die Auslegungsregel bestehen, dass die bereits gezahlte oder geschuldete Provision die angemessene Gegenleistung für die vom HV bis zur Delkredereübernahme geschuldeten Leistungen bildet und nicht zugleich das Delkredereversprechen abgelten soll.164 Ist die Höhe unangemessen niedrig festgesetzt, so liegt ein Verstoß gegen § 134 27 BGB i.V.m. Abs. 1 S. 1 Hs. 2, ggf. gegen § 138 BGB, vor. Die vereinbarte Delkredereprovision ist nichtig; das Delkredereversprechen selbst bleibt wirksam.165 An Stelle der unangemessen niedrig bemessenen Provision tritt der gem. § 87b Abs. 1 übliche Satz,166 erforderlichenfalls die Ermittlung nach den §§ 315 ff. BGB.167 Das ergibt sich aus dem Ge-

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§ 86b Rn 15; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 13; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 16. 157 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 188; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 35; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 14. 158 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 35. 159 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 188; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 35. 160 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 24. 161 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 17. 162 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 23. 163 v. Brunn NJW 1954, 56 (57, 58); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 35; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 23. 164 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 35; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 23. 165 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 6. 166 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 6, 36; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345; Hopt § 86b Rn 10; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 18. 167 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 37; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 18. Der HV ist deshalb im Zweifel gem. § 316 BGB berechtigt, die Provisionshöhe einseitig nach billigem Ermessen zu bestimmen.

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sichtspunkt der Unabdingbarkeit des Anspruchs, die sich sonst unschwer aushöhlen ließe.168 Bedenklich daher LG Heidelberg BB 1958, 7, wo eine unangemessen niedrige Provision als wucherisch und deshalb die gesamte Delkredereübernahme aus diesem Grunde als nichtig angesehen worden ist (die Entscheidung könnte trotzdem richtig sein, weil der mitgeteilte Sachverhalt eine sittenwidrige Ausnutzung der Lage des HV noch in anderer Beziehung vermuten lässt). Nach § 138 BGB ist eine Delkrederevereinbarung beispielsweise nichtig, falls der Unternehmer den HV bei Zahlung einer zu geringen, nicht kostendeckenden Vermittlungs- oder Abschlussprovision durch Versprechen einer hohen Delkredereprovision169 oder durch bewusstes Verschweigen oder Herunterspielen ihm bekannter, dem HV nicht bewusster Risiken zur Abgabe des Delkredereversprechens veranlasst hat.170 II. Fehlende Vereinbarung 28

Wird keine Abrede getroffen, greift § 87b Abs. 1171 – und nicht § 354 – subsidiär ein. Denn § 87b Abs. 1 gilt für jede Provision, auch die Delkredereprovision.173 Deshalb ist auch die Berechnungsgrundlage des § 87b Abs. 2 anwendbar,174 sofern der Satz der Delkredereprovision feststeht.175 Auch hier ist für die Höhe der Provision die ex anteBetrachtung bei Delkredereübernahme maßgeblich und eine ex-post-Betrachtung unzulässig (Rn 26). Das Schriftformerfordernis steht nicht entgegen. Wie bei der Überprüfung der Höhe einer vertraglich vereinbarten Delkredereprovision ist der am Niederlassungsort des HV übliche Satz zugrunde zu legen.176 Lässt sich ein solcher nicht ermitteln, muss eine Festsetzung nach den §§ 315 ff. BGB erfolgen.177 Nicht etwa ist dann die Provisionsabrede und über § 139 BGB das ganze Delkredere unwirksam, weil unvollständig. Das infolge des Vertragsschlusses mit einem zahlungsunfähigen oder zahlungsunwilligen Kunden erhöhte Risiko bleibt unberücksichtigt, sofern der Vertrag bei ordnungsgemäßer Bonitätsprüfung nicht zustande gekommen wäre 178 oder der Kunde nur auf Wunsch des HV vom Unternehmer akzeptiert worden ist.179 172

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168 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 17. 169 Masing BB 1995, 2589 (2595); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 6; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 5; LG Heidelberg BB 1958, 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 11. 170 Masing BB 1995, 2589 (2595); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 6; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 15. 171 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345; Schürr in: Küstner/ Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 188; Hopt § 86b Rn 10; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 14. 172 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 18. 173 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 188. 174 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 345. 175 Hopt § 86b Rn 10. 176 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 188; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 14. 177 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 188; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 17; Hopt § 86b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 31; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 17. 178 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 23; Hopt § 86b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 31. 179 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 23.

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I. Unabdingbarkeit Nach Abs. 1 S. 1 Hs. 2 kann auf den Provisionsanspruch im Voraus nicht verzichtet 29 werden. Durch die Unabdingbarkeit soll der HV davor geschützt werden, in eine Delkrederehaftung gedrängt zu werden, ohne hierfür eine angemessene Vergütung zu erhalten.180 Dem Wortlaut nach bezieht sich der zwingende Charakter nur auf die Verpflichtung zur Zahlung der Delkredereprovision, nicht auf die übrigen TB-Voraussetzungen. Hierbei handelt es sich jedoch um ein Redaktionsversehen. Es war Wille des Gesetzgebers, den gesamten Anspruch einschließlich aller seiner Voraussetzungen zwingend auszugestalten,181 insb. auch das Schriftformgebot.182 Ausnahmen sind nur nach Abs. 3 und § 92c möglich. „Im Voraus“ heißt: vor seiner Fälligkeit.183 Das kann sich regelmäßig nur auf erst künftig zustande kommende Abschlüsse beziehen. Ein Provisionsausschluss ist deshalb erst nach wirksamen Zustandekommen des Kundengeschäfts möglich.184 Zu eng wäre eine Beschränkung auf die 2. Alt. des Abs. 1 S. 2. Übernimmt der HV die Haftung für ein bereits abgeschlossenes Geschäft, so wird der Anspruch auf Delkredereprovision mit der Übernahme der Haftung fällig. In dieser Situation soll, da kein Verzicht im Voraus vorliegt, der Anspruch zeitgleich mit der Begründung der Delkrederehaftung ausgeschlossen werden dürfen.185 Ist jedoch für ein bestimmtes, unter aufschiebender Bedingung abgeschlossenes Geschäft das Delkredere nach Abschluss, aber vor Eintritt der Bedingung übernommen worden, so ist auch hier ein Verzicht auf die Provision vor Eintritt der Bedingung nicht wirksam möglich, weil die Fälligkeit des Anspruchs noch aussteht.186 Eine unzulässige Umgehung des § 86b soll in der Vereinbarung liegen, dass der HV das abzusetzende Produkt bei dem Unternehmer zu kaufen und an die Kunden weiter zu veräußern hat, obwohl er nicht Vertragshändler sein soll.187 Aber hier ist die Abgrenzung zum zulässigen Mischvertrag zwischen HV- und Vertragshändlervertrag schwierig. Außerdem kann dem HV niemand verwehren, als Eigenhändler tätig zu werden und möglicherweise verdient er auf diese Weise mehr als als HV mit Provision und zusätzlicher Delkredereprovision. Es wird sehr auf die Verhältnisse des Einzelfalls ankommen. Zulässig sind Fälligkeitsabreden,188 soweit sie nicht auf Grund ihres belastenden Charakters oder der mit ihnen einhergehenden Unsicherheit im Kern einem Ausschluss nahe kommen. Unberührt bleibt das Recht, durch – auch formlose – Vereinbarung zwischen HV und Unternehmer die auch unbedingt wirksame Delkrederevereinbarung als solche für künftige Geschäfte wieder aufzuheben und damit den Provisionsanspruch gegenstandslos zu machen (Rn 8). Der Verzicht darf auch zugleich mit der nachträglichen Delkredereübernahme für ein bereits abgeschlossenes Kundengeschäft vereinbart werden.189 Die nachträgliche Aufhebung der Del-

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180 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 40. 181 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 22; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 34; aA Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 191: nur die Entstehung des Provisionsanspruchs sei unabdingbar. 182 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 16. 183 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 19. 184 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 41. 185 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 41; aA Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 190; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 34. 186 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 190; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 42. 187 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 13. 188 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 191; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 43; Hopt § 86b Rn 9. 189 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 34; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 18.

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krederevereinbarung lässt im Zweifel die bereits entstandenen Provisionsansprüche unberührt,190 denn auch hier lag interimsweise eine im Zweifel zu vergütende Haftungsübernahme vor. Rechtlich irrelevant ist der einseitige „Verzicht“ des Unternehmers auf die Delkrederehaftung.191 J. Rechtsfolge der Verfehlung der zwingenden Tatbestandsvoraussetzungen – Umdeutung 30

Die nicht § 86b entsprechende Vereinbarung ist unwirksam.192 Eine zu niedrige Delkredereprovision wird jedoch auf das angemessene Maß heraufgesetzt (Rn 27). § 86b ist hinsichtlich seiner Wirksamkeitsvoraussetzungen lex specialis, zwingend (Rn 29) und abschließend. Deshalb darf ein den TB-Voraussetzungen des § 86b nicht entsprechendes, z.B. formunwirksames, Delkredere nicht in eine formlos wirksame Haftungserklärung wie Garantie, Schuldbeitritt, Schuldversprechen oder Bürgschaft gem. § 350 umgedeutet werden.193 Zwar können auch solche Rechtsformen vereinbart werden. § 86b ist jedoch auch auf sie zwingend anwendbar (Rn 4). Ein nicht den Anforderungen des Abs. 1 entsprechendes Delkredere kann jedoch nach § 139 BGB wirksam sein, wenn und soweit es den gesetzlichen Anforderungen entspricht.194 So soll etwa Teilnichtigkeit angenommen werden, falls die Einstandspflicht für Geschäfte mit bestimmten Kunden nicht auf Geschäfte beschränkt wurde, die von dem HV selbst vermittelt oder abgeschlossen wurden. Die Haftung soll insoweit wirksam bleiben, als es um die Haftung für die vom HV vermittelten und/oder abgeschlossenen Geschäfte geht.195 K. Absatz 3: Ausnahmefälle I. Gegenständliche Reichweite der Ausnahmen

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Die strengen inhaltlichen und förmlichen Voraussetzungen für die Übernahme des Delkredere und die damit verbundene Entstehung der Delkredereprovision kraft Gesetzes gelten in folgenden Fällen nicht: – für HV-Verträge, die deutschem Recht nicht unterfallen;196 – wenn gemäß § 92c Abs. 1 oder 2 berechtigt eine Delkredereprovision ausgeschlossen wurde197 (was mit hinreichender Deutlichkeit geschehen muss); – für Delkrederevereinbarungen, die mit ausländischen Unternehmern (Abs. 3 S. 1) getroffen wurden; – für Delkrederevereinbarungen über Geschäfte mit Kunden im Ausland (Abs. 3 S. 1);

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190 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 22; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 27. 191 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 28; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 26. 192 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 22. 193 OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 12. 194 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 10. 195 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 23. 196 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 44. 197 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 44.

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für Delkrederevereinbarungen über Geschäfte, welche der HV aufgrund uneingeschränkter Vollmacht des Unternehmers in eigener Verantwortung abschließen und vollständig ausführen darf (Abs. 3 S. 2).

In Abs. 3 werden die drei letztgenannten Fälle geregelt. Aufgrund des in Rn 35 ge- 32 nannten Gesetzeszwecks ist der HV in den in Abs. 3 genannten drei Konstellationen angeblich nicht schutzbedürftig.198 Folglich benachteiligt und diskriminiert Abs. 3 inländische Unternehmer oder unter die Ausnahmeregelung fallende HV nicht in unberechtigter und unzulässiger Weise.199 Das bedeutet: Die Übernahme des Delkredere bedarf in diesen Fällen nicht der inhaltlichen und förmlichen Voraussetzungen des § 86b.200 Insbesondere bedarf es nicht der Schriftform201 und der Wahrung des Bestimmtheitserfordernisses202 – insoweit ist kein ausdrücklicher Ausschluss erforderlich – und der Anspruch auf Delkredereprovision kann zumindest derogiert werden,203 auch durch AGB.204 Die allgemeinen zivilrechtlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen, insb. die §§ 138,205 307 BGB müssen selbstverständlich erfüllt sein. Bei der im Rahmen des § 307 BGB erforderlichen Leitbildkontrolle ist – nicht anders als im Rahmen des § 92c – auch das Leitbild des Abs. 3 zu berücksichtigen.206 Fraglich ist, ob der Anspruch auf Delkredereprovision auch ausgeschlossen werden muss, d.h. ob er in den Fällen des Abs. 3 gegeben ist, wenn er nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde. Dann wäre die nächste Frage, mit welcher Deutlichkeit der Ausschluss zu erfolgen hätte. Sind die TB-Voraussetzungen des Abs. 3 erfüllt, „gilt“ Abs. 1 nicht. Es fehlt also eine spezielle Anspruchsgrundlage des HVRechts.207 Damit mangelt es grds. auch an einem Anspruch auf Delkredereprovision.208 Dem Wortlaut nach gilt aber nur Abs. 1 nicht, § 354 BGB oder andere Anspruchsgrundlagen werden nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Da Abs. 1 jedoch grundsätzlich § 354 verdrängt, dürfte auch diese spezialgesetzlich verdrängte Norm regelm. nicht wieder aufleben.209 Ansonsten wäre Abs. 3 überflüssig. Würde man einen ausdrücklichen Ausschluss der Delkredereprovision fordern, so wäre mit ihm regelmäßig auch ein Provisionsanspruch aus § 354210 oder kraft bei fehlender Provisionsabrede grds. anspruchsbegründendem örtlichen Handelsbrauchs 211 ausgeschlossen. Letztlich entscheidet die Fassung der Ausschlussklausel. Das Erfordernis eines ausdrücklichen Ausschlusses oder sogar ein Schriftformerfor- 33 dernis des Ausschlusses darf jedoch vereinbart werden. Dieses Erfordernis gilt dann im

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198 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 36. 199 Masing BB 1995, 2589 (2592, 2593). 200 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 46. 201 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 177; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 46; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 20. 202 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 46. 203 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15; Masing BB 1995, 2589 (2590). 204 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15. 205 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 46. 206 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47. 207 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47. 208 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 177; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 20. 209 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47. 210 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 37; aA Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15. 211 Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15 f.

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Zweifel auch für die Provisionsabrede – § 154 Abs. 2.212 In den Fällen des Abs. 3 darf die Einstandspflicht des HV unentgeltlich, sogar konkludent, aber nicht einseitig,213 für eine Vielzahl von Geschäften übernommen werden, auch für Geschäfte mit noch nicht bestimmten Dritten. Die Geschäfte müssen jedoch wegen § 765 BGB hinreichend bestimmbar sein.214 Den allgemeinen Anforderungen an die Wirksamkeit von Bürgschaftsverträgen oder den im Einzelfall ggf. einschlägigen Verträgen hat die Delkrederevereinbarung also gleichwohl zu entsprechen,215 auch dem Schriftformerfordernis des § 766 S. 1 BGB, sofern kein Handelsgeschäft nach dem hier nicht durch den speziellen § 86b verdrängten § 350 vorliegt und deshalb Formfreiheit besteht.216 Eine trotz Geltung des Abs. 3 vereinbarte Provision muss nicht in einem angemessenen Verhältnis zum übernommenen Risiko stehen, darf aber nicht gegen § 138 BGB verstoßen.217 II. Auslandsgeschäfte Die Ausnahme des Abs. 3 S. 1 setzt die Geltung deutschen Rechts voraus.218 Gemeint sind Abschlüsse, bei denen der Unternehmer oder der Kunde219 ihre Niederlassung, bei Fehlen einer solchen hilfsweise ihren Wohnsitz, nicht in Deutschland in seinen jeweiligen Grenzen,220 sondern im Ausland haben. Die Ausnahme gilt auch für das europäische Ausland.221 Eine EU-rechtliche Benachteiligung liegt hierin nicht (s.a. § 92c Rn 6). Die Vorschrift zielt nicht auf – je nach Sichtweise – die Benachteiligung oder Bevorzugung ausländischer HV, sondern solcher – ggf. auch deutscher –, die im Ausland tätig sind. Abs. 3 S. 1 erleichtert die Aufnahme von Geschäften im europäischen Ausland und behindert den Binnenverkehr nicht. Dass der Gesetzgeber mit „Ausland“ nur das Nicht-EU-Ausland bezeichnen wollte (Redaktionsversehen), ist eher unwahrscheinlich. Denn § 86b Abs. 3 spricht generell von Ausland, § 92c Abs. 1 hingegen nur von einer Tätigkeit außerhalb der EU oder der Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum. Wenn der Gesetzgeber in § 86b Abs. 3 nur das in § 92c angesprochene räumliche Gebiet hätte bezeichnen wollte, so hätte er 1990, als er den Wortlaut des § 92c Abs. 1 von „Ausland“ zu „außerhalb der EU oder des EWR“ umstellte, in § 86b Abs. 3 gleiches getan.222 Zumindest hätte ein „Fehler“ seitdem beseitigt werden können, etwa als 2009 § 89b novelliert wurde. Zweck der Ausnahmeregelung ist auch hier die dem Unternehmer typischerweise 35 fehlende, dem HV hingegen leitbildtypisch eher gegebene Möglichkeit zur Überprü-

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212 Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 27. 213 Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 27. 214 Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 27. 215 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 27. 216 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 46; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 37. 217 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 27. 218 Hopt § 86b Rn 12. 219 Hopt § 86b Rn 12. 220 Masing BB 1995, 2589 (2594). 221 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 49; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 39. Nach Ansicht von Hopt § 86b Rn 12 ist dies zweifelhaft. Keinesfalls hilft es den Parteien, wie Hopt § 86b Rn 12 empfiehlt, diese Frage zu regeln, weil eine Regelung gegen die zwingende Natur des § 86b unwirksam wäre. 222 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 49; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 39.

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fung von Zahlungsfähigkeit und Erfüllungsbereitschaft des Kunden.223 Wenn der Kunde nicht in demselben Land ansässig ist, soll es für den Unternehmer schwierig oder unmöglich sein, sich über die wirtschaftliche Lage des Kunden zu unterrichten.224 Die Möglichkeit mag dem Unternehmer schon wegen der Sprachbarriere selbst im europäischen Ausland fehlen, weswegen das Delkredere auch bei diesen Verträgen zwar nicht zu den typischen Vertragspflichten des HV zählt,225 jedoch aufgrund der räumlichen Nähe des HV zu den Kunden ihm eher eine kostenfreie Risikoübernahme zuzumuten ist. Das Gesetz unterstellte hier mangelnde Schutzbedürftigkeit des HV und eine stärkere Stellung des Auslandsvertreters.226 Der Begriff der „Niederlassung“ ist unglücklich gewählt, weil er nicht klarstellt, ob eine rechtlich selbständige oder unselbständige Betriebsstätte gemeint ist. Niederlassung dürfte eher wie „Betriebsteil“, also – auch – als rechtlich unselbständige Niederlassung, verstanden werden. Entscheidend ist, ob die Niederlassung selbständig über den Vertragsschluss entscheiden darf oder weitgehend eigenständig wirtschaftet, nicht ob sie als Einheit, etwa GmbH, AG, oHG oder KG bzw. juristische Person ausländischen Rechts selbständiger Rechtsträger ist.227 Führen Unternehmer oder Kunde Niederlassungen im In- und Ausland, ist maßgebend, ob Delkrederevereinbarung bzw. zu sicherndes Geschäft mit der ausländischen Niederlassung geschlossen werden sollen.228 Der Sitz des HV ist hingegen irrelevant.229 Bei späterer Verlegung der Niederlassung in das Ausland kann die Delkrederevereinbarung mit Wirkung ab der Sitzverlegung geändert werden. 230 Vor der Verlegung entstandene Ansprüche bleiben unberührt. 231 Fehlt ein Delkredereversprechen im Vertrag, ist im Zweifel ab dem Datum der Verlegung der Niederlassung keine Delkredereprovision mehr geschuldet. Wird eine solche Provision im Vertrag versprochen oder aufgrund einer stillschweigenden Einigung gezahlt, bedarf es einer ausdrücklichen Vertragsänderung, die ab dem Tag der Verlegung des Niederlassungsortes zulässig ist. Bis zur Vertragsänderung gilt die bisherige Vereinbarung unverändert weiter. III. Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausführung der Handelsvertreter unbeschränkt bevollmächtigt ist – Abs. 3 S. 2 Gemäß Abs. 3 S. 2 gilt Abs. 1 nicht für Geschäfte, zu deren Abschluss und Ausfüh- 36 rung der HV unbeschränkt bevollmächtigt ist. Leitbild war der Unternehmer ohne Kundenkontakt. Der HV wurde in diesem Fall als „eigentlicher Verkäufer“ angesehen; der HV als „wirtschaftlich überlegen“.232 Umgehungen des Rechtsgedankens des § 86b wurden in Kauf genommen.233 Der in Abs. 3 S. 2 angesprochene Abschlussvertreter,234 insb. wenn er obendrein das von ihm abgeschlossene Geschäft selbst ausführen darf, entscheidet im Innen- wie im Außenverhältnis eigenständig über die Annahme des Ge-

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223 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 48; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 19; Hopt § 86b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 38. 224 Begr. z. RegE, DT-Drucks. I/3856, S. 21. 225 AA Castan BB 1957, 1124 (1126); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 21. 226 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21. 227 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 50. 228 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 51; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15. 229 Masing BB 1995, 2589 (2590); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 48; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 15. 230 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 52. 231 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 52. 232 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21. 233 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 21. 234 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22.

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schäfts.235 Abs. 3 S. 2 gilt daher nicht für den Vermittlungsvertreter.236 Für das Nichtentstehen der Delkredereprovision ist aber abweichend vom Wortlaut des Abs. 3 nicht nur die Bevollmächtigung im Außenverhältnis, sondern ferner die Freiheit von der Abschlusspflicht im Innenverhältnis erforderlich. Denn sonst wäre der unterlassene Abschluss eine Pflichtverletzung. Damit stellt sich, jedenfalls dann, wenn eine Vermittlung des Geschäfts ohne Abschluss kaum denkbar ist, die Frage, ob der Mittler noch HV ist (denn dieser soll gem. § 84 Abs. 1 zur Vermittlung oder zum Abschluss ständig verpflichtet sein). HV bleibt der Mittler, wenn er jedenfalls ständig zur Vermittlung verpflichtet ist. Beispiele sollen sein: Tankstellenpächter237 oder Reisebüros, die Flugscheine für Fluggesellschaften verkaufen.238 Als solcher kann der HV das Geschäft unterlassen, d.h. über sein Schicksal „im Wesentlichen“239 frei bestimmen,240 falls er es für zu risikoreich hält, und steht insoweit dem Unternehmer gleich. Grund der Ausnahme ist das berechtigte Interesse des Unternehmers an der Einstandspflicht des HV für Geschäfte, deren Abschluss er ihm vollständig in eigener Verantwortung überlassen hat.241 Es ist jedoch mit dem BGH242 keine konkrete wirtschaftliche Überlegenheit des HV über den Unternehmer gefordert.243 Auch ist es unschädlich, dass der HV von der Ermächtigung zur Ausführung des Geschäfts tatsächlich ganz oder teilweise keinen oder nur eingeschränkten Gebrauch macht,244 solange er dies könnte, also unbeschränkt dazu bevollmächtigt ist, und diese Vollmacht im Innenverhältnis auch ausüben darf. Dazu hat der Unternehmer dem HV die freie Auswahl des Kunden sowie die sonst ihm zustehende Entscheidung zu überlassen, den Vertrag als Bar- oder Kreditgeschäft abzuschließen245 und den Kaufpreis ggf. zu stunden.246 Die verbindlichen Vorgaben des Unternehmers hinsichtlich des Produkts und seines Preises muss der HV gleichwohl einhalten.247 Die Übernahme des Inkassos durch den HV ist nicht erforderlich.248 Ob man ein besonderes wirtschaftliches Bedürfnis des Unternehmers an der Übernahme des Delkredere durch den HV als Wirk-

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235 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 53. 236 LG Essen BB 1961, 425; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 53; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 40. 237 LG Essen BB 1961, 425; Castan BB 1957, 1124 (1126); Hopt § 86b Rn 14; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 55; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22. 238 BGH WM 1982, 1152 = BB 1982, 2009; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 55; Hopt § 86b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 41; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22. 239 Hopt § 86b Rn 14. 240 Hopt § 86b Rn 14. 241 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 347; Schürr in: Küstner/ Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 178; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 45; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 26; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 23; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 17. 242 BB 1966, 1322. 243 Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 177; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 54; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 23. 244 BGH BB 1966, 1322; Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 177; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 54; Hopt § 86b Rn 14; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 23; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 17. 245 LG Essen BB 1961, 425; Schürr in: Küstner/Thume I, 4. Aufl. Kap. III, Rn 179; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 86b Rn 40; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 17; Masing BB 1995, 2589 (2593, 2594). 246 Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86b Rn 17. 247 Castan BB 1957, 1124 (1126); Masing BB 1995, 2589 (2594); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 53. 248 Masing BB 1995, 2589 (2594); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29.

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samkeitsvoraussetzung fordern muss,249 erscheint zweifelhaft. Gleiches gilt für die Frage, ob die Berechtigung und tatsächliche Befähigung des HV, den abgeschlossenen Kundenvertrag ohne Einschaltung des Unternehmers vollständig zu erfüllen, also sämtliche dem Unternehmer aufgrund des Kundenvertrags obliegenden Leistungen zu erbringen, unabdingbar erforderlich ist,250 wie es beim Leitbild des Tankstellenvertreters der Fall ist. Auch wird der HV kaum zwingend die Verfügungsbefugnis über das vertriebene Produkt, z.B. durch Einrichtung eines Auslieferungslagers oder freien Zugriff auf das Lager des Unternehmers, besitzen müssen.251 Deshalb darf der HV dem Unternehmer die Ausführung des notwendigerweise vom HV abgeschlossenen Geschäfts auch, ggf. teilweise, überlassen,252 etwa die Auslieferung der Ware.253 Denn der HV könnte nach §§ 162, 242 BGB ohnehin keine Delkredereprovision fordern, wenn er das bereits geschlossene Geschäft verhinderte. Die „unbeschränkte“ Bevollmächtigung fordert aber, dass der Unternehmer den Abschluss des Geschäfts nicht selbst (ggf. durch andere HV) tätigen darf und damit den HV ohne Zahlung der Delkredereprovision zur Risikoübernahme verpflichten kann.254 In einem solchen Fall müssten entweder die Voraussetzungen des Abs. 1 einschließlich Schriftform eingehalten sein (Mangel: Nichtigkeit nach § 134 BGB) oder bei Vorliegen dieser Voraussetzungen wird eine Delkredereprovision geschuldet. Eine unbeschränkte Vollmacht besteht auch bei unbeschränkter Vollmacht nur für Einzelgeschäfte255 oder, falls sie verschiedenen Bezirksvertretern je für ihren Bezirk erteilt wurde,256 soweit der eine HV nicht für die von dem anderen HV geschlossenen Geschäfte haftet. Eine Alleinbevollmächtigung des HV ist also nicht erforderlich.257 L. Der Delkredereanspruch in der Insolvenz Für die insolvenzrechtliche Behandlung des Anspruchs auf Zahlung der Delkrede- 37 reprovision sind die unten (§ 87a Rn 107 ff.) entwickelten Regeln zum gewöhnlichen Provisionsanspruch gem. §§ 87, 87a heranzuziehen. Anders als dieser entsteht der unbedingte Anspruch auf Delkredereprovision aber bereits mit dem Abschluss des Geschäfts zwischen Drittem und Unternehmer (§ 86b Abs. 2). Im Unterschied zur insolvenzrechtlichen Beurteilung des Provisionsanspruchs nach §§ 87, 87a kann es von vornherein nicht darauf ankommen, ob eine Vertragsdurchführung erfolgt bzw. ob der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages wählt. Wird das Insolvenzverfahren vor dem Geschäftsabschluss zwischen Unternehmer und Drittem eröffnet und unterbleibt der Geschäftsabschluss endgültig, so entsteht auf Seiten des HV kein Anspruch auf Delkredereprovision. Schließt der eingesetzte Insolvenzverwalter dagegen anstelle des Unternehmers ein sol-

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249 BGH WM 1982, 1152 (1153); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29. 250 So Masing BB 1995, 2589 (2593); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22. 251 So Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 86b Rn 16. Nach Ansicht von Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29; Masing BB 1995, 2589 (2596) darf der HV dann für die anlässlich der Ausführung des Geschäfts anfallenden, der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer dienenden und deshalb von ihm zu tragenden, nicht von der Delkrederehaftung erfassten Kosten Aufwendungsersatz nach § 87d oder § 670 BGB beanspruchen. Hierbei wird es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls ankommen; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22. 252 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 29. 253 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 54. 254 Vgl. BGH WM 1982, 1152 (1153). 255 LG Essen BB 1961, 425 (für den Fall eines Tankstellenvertreters); Hopt § 86b Rn 14. 256 BGH BB 1966, 1322; Hopt § 86b Rn 14. 257 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 53; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86b Rn 40.

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ches Geschäft mit dem Dritten ab, so entsteht der Anspruch auf Leistung der Delkredereprovision als Masseforderung i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil es auf einer Tätigkeit des Insolvenzverwalters beruht. M. Beweislast 38

Jede Partei muss die für sie günstigen Voraussetzungen des § 86b darlegen und beweisen. Nimmt der Unternehmer den HV aufgrund seiner Haftungserklärung in Anspruch, muss er alle TB-Voraussetzungen des § 86b beweisen, d.h. wirksames Delkredereversprechen, rechtswirksames, jedoch nicht erfülltes Kundengeschäft sowie den erfolglos gebliebenen Versuch, den Kunden zur Erfüllung zu bewegen.258 Verlangt der HV von dem Unternehmer Delkredereprovision, so hat er die rechtswirksame Delkrederevereinbarung, den Abschluss des Kundengeschäfts sowie die Höhe der geschuldeten Provision nachzuweisen.259 Die Voraussetzungen des Abs. 3 muss derjenige beweisen, der sich auf diese Ausnahme beruft. N. Kartellrecht

39

Es ist umstritten, ob die Übernahme der Delkrederehaftung dazu führt, dass der HV „unechter HV“ i.S.d. Leitlinien zur GVO 361/10 wird. Sofern das der Fall sein sollte, bedürfte er der Freistellung nach der GVO 361/10. Dazu Vor § 84 Rn 163.

§ 87 Provisionspflichtige Geschäfte 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 87 (1) 1 Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision für alle während des Vertragsverhältnisses abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind oder mit Dritten abgeschlossen werden, die er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. 2 Ein Anspruch auf Provision besteht für ihn nicht, wenn und soweit die Provision nach Abs. 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht. (2) 1 Ist dem Handelsvertreter ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. 2 Dies gilt nicht, wenn und soweit die Provision nach Abs. 3 dem ausgeschiedenen Handelsvertreter zusteht. (3) 1 Für ein Geschäft, das erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen ist, hat der Handelsvertreter Anspruch auf Provision nur, wenn – er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluß überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist oder1

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258 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 56; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 32; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 25. 259 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 56; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86b Rn 32; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 86b Rn 25. 1 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 27; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 84 Rn 22; Hopt § 84 Rn 26.

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87



vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Dritten zum Abschluß eines Geschäfts, für das der Handelsvertreter nach Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 2 Satz 1 Anspruch auf Provision hat, dem Handelsvertreter oder dem Unternehmer zugegangen ist. 2 Der Anspruch auf Provision nach Satz 1 steht dem nachfolgenden Handelsvertreter anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht. (4) Neben dem Anspruch auf Provision für abgeschlossene Geschäfte hat der Handelsvertreter Anspruch auf Inkassoprovision für die von ihm auftragsgemäß eingezogenen Beträge. Schrifttum Ahle Provision und Ausgleichsanspruch das Handelsvertreters bei Einsatz eines Nachfolgers, DB 1964, 611; v. Blomberg Rückzahlungsklauseln in Provisionsgarantievereinbarungen, VersR 1968, 328; v. Brunn Weitere Zweifelsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1954, 56; Eberstein Zehn Jahre Rechtsprechung zum neuen Handelsvertreterrecht, BB 1964, 271; Ehlers Die Aktivierung von Provisionsforderungen eines Handelsvertreters, DB 1963, 1440; Evers Die Nichtigkeit von Handelsvertreterverträgen wegen zu geringer Verdienstmöglichkeiten und ihre Rückabwicklung, BB 1992, 1365; Glaser Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts, DB 1956, 297; Höft Die provisionsrechtlichen Sonderregelungen für die Versicherungswirtschaft – Gründe und Unverzichtbarkeit, VersR 1976, 205; Hoffstadt Rechtsstellung des Handelsvertreters im Konkurs des vertretenen Unternehmens, DB 1983, 645; Holling Die Aktivierung von Provisionsforderungen und Aufwendungen für schwebende Rechtsgeschäfte der Handelsvertreter, DB 1954, 521; ders. Die rechtliche Stellung des Handelsvertreters im Konkurs des von ihm vertretenen Unternehmens, DB 1957, 349; Killinger Die Provisionsschuld des Geschäftsherrn gegenüber dem Handelsvertreter, BB 1981, 1925; Klinger Zur Bemessung und Gestaltung der Vertreterprovision, DB 1957, 975; Knütel Die Provisionsteilung bei Mitwirkung mehrerer Makler oder Handelsvertreter, ZHR 144 (1980), 289; Koch Der Kundenschutz des Vermittlers, DB 1957, 85; Kollke Die Mehrwertsteuer des Handelsvertreters, BB 1968, 1076; Krüger Der Anspruch mehrerer Handelsvertreter auf Provision, DB 1964, 1399; Maier Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters bei Bestellungen von verbundenen Unternehmen oder Zweigniederlassungen, BB 1970, 1327; Peterek Zur Bedeutung und zum Umfang allgemeiner Kundenschutzvereinbarungen, BB 1966, 351; Reinicke Auslegungsfragen zum neuen Recht der Handelsvertreter, NJW 1953, 1609; Schmidt Vertragsfreiheit und EG-Handelsvertreterrichtlinie, ZHR 156 (1992), 512; Schnitzler Provision für Eigengeschäfte des Handelsvertreters, DB 1965, 463; Schröder Kundenschutz und Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, BB 1962, 738; ders. Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567; ders. außerbezirkliche Geschäfte des Handelsvertreters, DB 1963, 541; Schweizer/Heldrich Überhangprovision des Handelsvertreters für sogenannte gestorbene Geschäfte, WRP 1976, 25; Siber Zur Aktivierung der Forderungen von Handelsvertretern und Maklern, BB 1956, 916; Stötter Zur Anwendung des § 87a Abs. 3 HGB auf die ProvisionsvorschussRückgewähransprüche der Versicherungen in den sog. Stornofällen, MDR 1981, 269; Theis Wann muss der Handelsvertreter seine Provisionsforderungen aktivieren?, DB 1958, 1255; Thume Der Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 2012, 975; Wauschkuhn/Fröhlich Der nachvertragliche Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 2010, 524; Wessel Provisionsanspruch des Bezirksvertreters bei Sitzverlegung eines Kunden in einen anderen Bezirk, BB 1962, 473; Westphal Provisionskollisionen durch Zusammenwirken mehrerer Handelsvertreter für einen Geschäftsabschluss, BB 1991, 2027.

A. B. C. D. E.

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Übersicht Europarechtliche Präformation ____ 1 Gesetzgebungsgeschichte ____ 2 Die Provision ____ 3 Provision und vertraglicher Leistungsumfang ____ 4 Gläubiger und Schuldner des Provisionsanspruchs

I. II. F.

G. H.

Gläubiger ____ 5 Schuldner ____ 6 Analoge Anwendung auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler ____ 7 Erfüllungsort ____ 8 Form des Provisionsversprechens ____ 9

Emde

§ 87

I. J. K. I. II.

L. M. N. O. P. Q. R. I. II.

1. Buch. Handelsstand

Geltungsdauer, Änderung und Aufhebung von Provisionsabreden ____ 10 Widerruf gezahlter Provision ____ 12 Abweichende Vereinbarungen und weitere Vergütungsformen ____ 13 Beispiele abweichender Vertragsregelungen ____ 14 Beispiele abweichender Vergütungsformen ____ 16 1. Nicht erfolgsorientierte Vergütungsformen ____ 17 2. Erfolgsorientierte Vergütung (Leitbild: Provision) ____ 19 3. Vergütungsabreden mit Dritten ____ 23 4. Folgen der Vergütungsvereinbarung ____ 24 Poolabreden ____ 26 Vergütungsanspruch aus § 354 ____ 27 Vergütungsanspruch aus § 812 BGB ____ 29 Abtretbarkeit ____ 30 Pfändbarkeit ____ 32 Systematik der §§ 87 ff. ____ 34 Die Provisionsanwartschaft des § 87 Abs. 1 und Abs. 2 Einführung ____ 41 § 87 Abs. 1 ____ 45 1. Während des Vertragsverhältnisses ____ 46 2. Geschäftsabschluss ____ 49 3. Wirksames Geschäft ____ 52 4. „Dritter“ ____ 61 5. Fehlende Provisionsanwartschaft ____ 62 6. Rahmenverträge über Teilleistungen ____ 63 a) Sukzessivlieferungsvertrag ____ 64 b) Bezugs-, Liefer- oder Rahmenverträge ____ 65 7. Eigengeschäfte? ____ 66 8. Die verschiedenen Provisionsarten a) Tätigkeitsprovision gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 ____ 67 aa) Kausalität ____ 68 (1) Identität des Gegenstandes des Abschlusses mit dem der Vermittlung ____ 73 (2) Beweislast ____ 74 bb) Abweichende Vereinbarungen ____ 75 b) Folgeprovision gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 ____ 76 aa) Während des Vertragsverhältnisses ____ 80 bb) Geworbene Kunden ____ 81

Emde

cc) Geschäfte der gleichen Art ____ 82 dd) Dispositivität ____ 84 ee) Beweislast ____ 85 c) Abs. 1 S. 2 Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV aa) Überblick ____ 86 bb) Zwingende Natur ____ 89 III. § 87 Abs. 2: Bezirksprovision ____ 90 1. Wer ist Bezirksvertreter? ____ 91 2. Tätigkeit außerhalb des Bezirkes? ____ 94 3. Während des Vertragsverhältnisses ____ 95 4. Beteiligung des Unternehmers ____ 96 5. Provisionspflicht a) Synallagmatische Hauptpflicht ____ 97 b) Inhalt des Provisionsversprechens ____ 98 c) Belegenheit des Kunden ____ 102 d) Höhe der Provision ____ 106 6. Beweislast ____ 107 7. Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung/ Gegenrechte des Unternehmers ____ 108 8. Schlechterfüllung des Bezirksvertreterversprechens durch den Unternehmer ____ 115 9. § 87 Abs. 2 S. 2: Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV ____ 116 10. Dispositivität ____ 116 11. Alleinvertreter ____ 117 S. Allgemein: Provisionskollisionen ____ 118 T. Nachvertragliche Provision (§ 87 Abs. 3) I. Überblick ____ 126 II. Zweck ____ 129 III. Abgrenzung zur Überhangprovision ____ 130 IV. Erste Alternative der nachvertraglichen Provision: Tätigkeitsprovision nach Abs. 3 Nr. 1 ____ 131 1. Tätigkeitsbezogene Komponente: überwiegende Vermittlung oder Einleitung und Vorbereitung ____ 132 a) Vermittelt ____ 134 b) Eingeleitet und vorbereitet ____ 135 c) Überwiegende Verursachung ____ 136 2. Geschäftsabschluss innerhalb angemessener Frist (zeitliche Komponente) ____ 138 V. Zweite Alternative der nachvertraglichen Provision: Angebotseingang vor Vertragsbeendigung (§ 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2) ____ 141 1. Zweck ____ 142 2. Voraussetzungen ____ 143 VI. § 87 Abs. 3 S. 2: Provisionsteilung aufgrund von Billigkeitserwägungen ____ 144

724

Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

VII. VIII. IX. U.

Rechtsfolgen ____ 147 Derogation ____ 148 Beweislast ____ 149 § 87 Abs. 4 – Inkassoprovision ____ 150

V. W. X. Y. Z.

§ 87

Umgehungstatbestände/Konzerngeschäfte/Durchgriff ____ 157 Verwirkung ____ 158 Beweislast ____ 159 Verfahrensrecht ____ 161 Steuer- und Bilanzrecht ____ 162

A. Europarechtliche Präformation Der Begriff der Provision und das Provisionsrecht sind europarechtlich determi- 1 niert. § 87 Abs. 1 S. 1 entspricht Art. 7 Abs. 1 RL, § 87 Abs. 1 S. 2 Art. 9 RL. § 87 Abs. 2 füllt eine der Wahlmöglichkeiten aus, die Art. 7 Abs. 2 RL den Mitgliedstaaten eingeräumt hat. Danach konnte der nationale Gesetzgeber wählen, ob er die in § 87 Abs. 2 eingefügte tätigkeitsunabhängige Provision an die Alleinvertretung für einen bestimmten Bezirk oder Kundenkreis oder nur die Zuweisung eines solchen Bezirkes oder Kundenkreises anknüpfte, wobei das HGB die 2. Alt. wählte. Die Teilung der Provision zwischen dem ausgeschiedenen und dem nachfolgenden HV wurde infolge der RL in das deutsche Recht eingeführt (§ 87 Abs. 1 und 2 am Ende; Abs. 3 S. 2). Gem. Art. 8 lit. a RL hat der HV Anspruch auf nachvertragliche Provision, wenn der Geschäftsabschluss überwiegend auf die Tätigkeit zurückzuführen, die er während des Vertragsverhältnisses ausgeübt hat, und innerhalb einer angemessenen Frist nach dessen Beendigung erfolgt ist. Der Wortlaut des § 87 Abs. 3 Nr. 1 weicht hiervon ab, weil statt der Worte „Tätigkeit …, die er während des Vertragsverhältnisses ausgeübt hat“ die Worte „er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat“ Verwendung finden. Die von der RL verwendeten Worte sind breiter als die enumerativ wirkende Aufzählung des § 87 Abs. 3 Nr. 1, so dass jedenfalls Fälle denkbar sind, in denen nach der RL ein Provisionsanspruch gegeben ist, nicht jedoch nach dem HGB. Das spricht für einen Umsetzungsfehler. Gem. Art. 9 RL hat ein Nachfolge-HV keinen Anspruch auf Provision, sofern sie dem Vorgänger zusteht, es sei denn, dass die Umstände eine Provisionsteilung zwischen den HV rechtfertigen. Nach § 87 Abs. 3 S. 2 steht die Provision dem nachfolgenden HV anteilig zu, wenn wegen „besonderer“ Umstände eine Teilung der Provision der Billigkeit entspricht. Die „besondere Umstände“ des § 87 Abs. 3 S. 2 mit der weiteren Voraussetzung der „Billigkeit“ stellen für den Nachfolger schwerer zu überwindende Voraussetzungen an die Teilung als die „einfachen“ Umstände ohne das Billigkeitserfordernis des Art. 9 RL. Hier dürfte ein Umsetzungsfehler vorliegen. Nach Art. 6 Abs. 2 RL ist Provision jeder Teil der Vergütung, der nach Zahl oder Wert der Geschäfte schwankt. Jene Definition wurde nicht in das HGB übernommen. Dies begründet zwar einen Umsetzungsfehler, der aber ausgeglichen werden kann, indem die Definition von Gerichten zu beachten ist und in das HGB „hineingelesen“ wird. Ohnehin trifft das HGB keine von der RL abweichende Regelung. Art. 7 (Tätigkeits-, Folgeund Bezirksprovision), Art. 8 (Provision nach Beendigung des Vertragsverhältnisses) und Art. 9 RL (Provisionsrecht des Vorgängers) sind dispositiv.2 Vorlageverfahren nach Art. 267 AEUV sind daher möglich.3

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2 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 72 f. 3 Hopt § 87 Rn 1.

725

Emde

§ 87

1. Buch. Handelsstand

B. Gesetzgebungsgeschichte 2

§ 87 stammt aus der Zeit der großen Novelle 1953. Mittels des Gesetzes 1989 wurden in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 die Worte „und soweit“, durch eine Neufassung des Abs. 3 dessen jetziger S. 1 Nr. 2 und S. 2 eingefügt. Vorgängervorschriften enthielten die §§ 88, 89 a.F. § 87 wollte ihnen immanente Zweifelsfragen klären.4 C. Die Provision

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Der HV entfaltet seine Tätigkeit gegen Entgelt; der HV-Vertrag ist ein Leistungsaustauschgeschäft, ein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB. Die wichtigste, für den HV typische und als solche neben der Ausgleichsvergütung vom Gesetz allein geregelte Form des Entgeltes ist die Provision; sie stellt eine Erfolgsvergütung dar, ist Hauptleistung des Unternehmers für die werbenden Bemühungen des HV und auch als alleinige Vergütungsform gesetzeskonform sowie nach den §§ 305 ff. BGB nicht zu beanstanden.5 Die Berechnung der Provision erfolgt in aller Regel als Prozentsatz des Geldgegenwertes für das einzelne vermittelte Geschäft (Ein- oder Verkaufspreis, Prämie, Mietzins usw.) – davon geht das Gesetz in § 87b aus, oder – seltener – des dadurch erzielten Geschäftsgewinns.6 Der Begriff der Provision wird in §§ 87 ff. nicht nach den TB-Voraussetzungen, sondern nur nach der Rechtsfolge definiert. Hingegen enthält Art. 6 Abs. 2 RL eine Definition. Danach ist jeder Teil der Vergütung (Obergruppe), der nach Zahl oder Wert der Geschäfte schwankt, Provision (Untergruppe). Auf die Bezeichnung als Provision kommt es nicht an.7 Es muss sich inhaltlich lediglich um eine Gegenleistung für die Tätigkeit des HV oder HVähnlicher Mittler handeln.8 Provision ist also eine vom Gesetz oder Vertrag erfolgsabhängig, etwa anhand von Umsatz oder Stückzahl,9 gestaltete Vergütung, d.h. eine irgendwie nach dem Umfang vergütungspflichtiger Bemessungsgrundlagen ermittelte Zahlung als Gegenleistung für die Arbeit des HV.10 Eine konkrete Ursächlichkeit für einen Geschäftsabschluss oder gar eine Tätigkeit des HV ist nicht Bedingung der Provisionspflicht.11 Dies zeigt die Existenz nicht tätigkeitsbezogener Provisionen, etwa der Bezirksprovision (§ 87 Abs. 2).12 Für Zusatzleistungen können ergänzende „Sonderprovisionen“ gezahlt werden, etwa die Delkredereprovision (§ 86b), Inkassoprovision (§ 87 Abs. 4) oder Provisionen für besondere Markt- oder Kundenpflege, z.B. für die Führung eines Konsignationslagers.13 D. Provision und vertraglicher Leistungsumfang

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Dem HV-Vertrag bleibt vorbehalten, näher zu regeln, welche Leistungen des HV durch die Provision als abgegolten zu gelten haben. Dies erlangt zum einen Bedeutung im Hinblick auf Aufwendungen des Vertreters (s. § 87d), sodann für die besonders

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4 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 4. 5 BAG v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, NZA 2010, 877; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.11.2012 – 8 Sa 230/12, BeckRS 2013, 67822. 6 RG LZ 1921, 20. 7 Koch ZIP 2011, 1752 (1755). 8 Enger: Koch ZIP 2011, 1752 (1755). 9 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 279. 10 Westphal I, Rn 430; Hopt § 87 Rn 2. 11 Hopt § 87 Rn 2. 12 Hopt § 87 Rn 2. 13 Hopt § 87 Rn 3.

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beim Versicherungsvertreter, aber auch bei anderen Vertretern wichtige Frage, inwieweit der gewährte Provisionssatz zugleich die Inkasso- und sog. Verwaltungsprovision mit umfasst. Zum anderen ist es von Bedeutung für die Frage, ob durch die auf die einzelnen Geschäftsabschlüsse entfallende Provision zugleich mit entgolten sein soll, dass der HV durch seine erfolgreiche Tätigkeit dem Unternehmer neue, bleibende Kunden zugeführt und damit die Geschäftschancen des Unternehmers allgemein gesteigert hat, was eine in der Praxis kaum bedeutsame Vorauserfüllung des Ausgleichsanspruchs (§ 89b Rn 474 ff.) wäre. E. Gläubiger und Schuldner des Provisionsanspruchs I. Gläubiger Aktivlegitimiert ist der HV. Zum Begriff § 84. Auch der Untervertreter hat einen Pro- 5 visionsanspruch nach § 87. Entscheidend für das Entstehen seiner gegen den Hauptvertreter gerichteten Provisionsanwartschaft ist der Vertragsschluss zwischen Kunde und Unternehmer14 (vgl. auch § 87a Rn 51, 98). Eine Provision kann aber nicht nur HV versprochen werden: Sie kann vielmehr auch in Arbeitsverträgen vereinbart werden.15 II. Schuldner Provisionspflichtig ist der Unternehmer, nicht der Vertragspartner des vermittelten 6 Geschäfts. Eine Überwälzung der Provisionspflicht vom Unternehmer auf den Kunden ist durch Vereinbarung zwischen beiden nach § 415 BGB zulässig.16 F. Analoge Anwendung auf handelsvertreterähnliche Vertriebsmittler § 87 ist auf Kommissionsagenten, 17 Vertragshändler 18 und Franchisenehmer 19 7 nicht ohne besondere Begründung analog anwendbar.20 Eine vorsichtige Analogie zu Abs. 1, 2 kann möglich sein, wenn dem handelsvertreterähnlichem Mittler eine Abs. 1 vergleichbare Provision oder ein Abs. 2 vergleichbarer Bezirks- oder Kundenschutz eingeräumt wurde.21 Auch Abs. 3 – insb. S. 1 Nr. 2 – kann ausnahmsweise zugunsten des Kommissionsagenten, Vertragshändlers 22 und Franchisenehmer 23 Anwendung finden, falls

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14 BGH, Urt. v. 20.6.1984 – I ZR 62/82, BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = NJW-RR 2009, 1699; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 21. 15 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 8 A ZR 242/11, DB 2012, 1876 = NZA 2012, 1307. 16 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 4a. 17 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 103; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 41. 18 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 144 ff.; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 41. 19 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 154 ff.; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 41. 20 BGH, Urt. v. 9.2.1984 – I ZR 226/81, NJW 1984, 2411; OLG Köln BB 1975, 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 10; aA Alff Rn 110; für Abs. 3 Nr. 1: Peterek BB 1966, 351 (354). 21 BGH, Urt. v. 18.11.1963 – VIII ZR 33/62, NJW 1964, 151; v. 30.3.1975 – I ZR 143/74, WM 1975, 1107; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 62; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer vor § 84 Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 30a, 39a; § 84 Rn 20; Peterek BB 1966, 351 (353); aA für Vertragshändler und Franchisenehmer: BGH NJW 1984, 2411; für Vertragshändler Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 143; Hopt § 87 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 72. 22 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 146. 23 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 156.

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eine vergleichbare Situation vorliegt,24 z.B. bei weitgehender Einleitung des Geschäfts durch den Händler und zögernder Annahmerklärung des Kunden. Solche Geschäfte müssen auch in die Ausgleichsberechnung einbezogen werden. G. Erfüllungsort 8

Der Erfüllungsort der Provisionszahlungspflicht liegt nach h.M. am Sitz des Unternehmers.25 Siehe i.E. Vor § 84 Rn 471 ff. H. Form des Provisionsversprechens

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Die Provisionsvereinbarung ist formfrei (§ 85): Insbesondere bleibt eine konkludente Vereinbarung möglich.26 Obwohl Schweigen keine Erklärung beinhaltet,27 soll die jahrelange widerspruchslose Entgegennahme geringerer als der vertraglich vereinbarten Provisionen durch einen VV und dessen rügelose Entgegennahme der monatlichen Abrechnung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 362 als Annahme eines Antrags des Versicherers zu werten sein, die ursprünglich vereinbarten Provisionssätze zu kürzen.28 Auch Ansprüche des HV auf Folge- und Stehprovisionen können konkludent ausgeschlossen werden.29 I. Geltungsdauer, Änderung und Aufhebung von Provisionsabreden

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Mangels abweichender Regelung gelten Provisionsabreden vom Vertragsbeginn bis zum Vertragsende. Vereinbarte Provisionssätze und Provisionsbemessungsabreden dürfen weder einseitig aufgehoben werden noch durch Weisung oder Teiländerungskündigung abgeändert werden.30 Ein entsprechender Änderungsvorbehalt in AGB ist regelmäßig unwirksam (Vor § 84 Rn 55), es sei denn, die Änderung bleibt beschränkt auf besonders schwerwiegende, im Einzelnen genau festgelegte und die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtigende Fälle.31 Auch individualvertraglich dürfte ein Änderungsvorbehalt i.d.R. an § 138 BGB scheitern, weil dem HV auf diese Weise ein Vertrag mit völlig anderem Inhalt und abweichendem Leistungs-Gegenleistungs-Verhältnis aufgezwungen werden könnte.32 Bei Bezirksvertreterabreden erfordert etwa der Austausch des geschützten Bezirks oder Personenkreises den beidseitigen Konsens.33 Ebenso kann die

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24 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 103. 25 BGH NJW 1988, 966; 1466; OLG Celle, Urt. v. 29.11.2001 – 11 U 344/00; ausführlich Emde RIW 2003, 505; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 43b. 26 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 8, 56. 27 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 40. 28 LG Mannheim, Urt. v. 10.12.2004 – 23 O 89/04, VersR 2005, 1532. Dem soll auch eine vertraglich vereinbarte Schriftformklausel nicht entgegenstehen, weil sie durch konkludentes Verhalten abgeändert werden kann Dieses Judiz dürfte im Spannungsverhältnis zur Rspr. betreffend die zwingende Natur der Kontrollrechte (§ 87c Abs. 5) stehen, weil der HV mit der konkludenten Einigung über das Hauptrecht auch seinen Anspruch auf die nach dieser Vorschrift zwingenden Hilfsrechte verliert. 29 OLG Brandenburg, Urt. v. 21.12.2000 – 6 O 250/99, NJW-RR 2002, 1401 zu den Provisionen von Mobilfunkvermittlern. 30 BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54; DB 1955, 1085; OLG Stuttgart BB 1965, 926; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 79; aA für Teilkündigung, OLG Bamberg NJW 1958, 1830 mit abl. Anm. Thiede NJW 1959, 1444. 31 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, ZIP 2000, 138 (144, 145) = BB 2000, 59 m. Anm. Emde. 32 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31a. 33 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 46; Hopt § 87 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31a.

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durch Kundenschutzvereinbarung begründete Rechtsstellung nicht durch Handelsbrauch eingeschränkt oder beseitigt werden.34 Allerdings hat der BGH35 einen VV im Einzelfall für verpflichtet gehalten, sich einer angemessenen neuen Provisionsregelung im Hinblick auf die vertraglichen Beziehungen nicht zu verschließen. Befristung und/oder Beschränkung der Höhe einer Provisionsabrede oder der Bestellung als Bezirksvertreter sind aber in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht zulässig.36 Bei unberechtigter fristloser Kündigung besteht die Provisionspflicht bis zum ordentlichen Vertragsende fort. An das einmal abgegebene Provisionsversprechen hat sich der Unternehmer zu hal- 11 ten. Eine „automatische“ Anpassung der Provisionsabrede oder des Provisionssatzes findet nicht statt. So das OLG München:37 hat der Versicherer einen bestimmten Provisionssatz für alle Kfz-Versicherungen zugesagt, gilt dieser auch bei der Neueinführung eines besonders günstigen und wettbewerbsfähigen Kfz-Tarifs. Weder eine Gesetzesänderung noch ein nicht kostendeckendes oder verlustreiches Kundengeschäft führt zum Verlust oder zur Anpassung der Provision. Das Urteil des OLG München lädt dazu ein, separate Verträge über jedes Produkt zu schließen und neue Produkte nicht automatisch vom Vertrag erfassen zu lassen. Regelmäßig ist auch keine Anpassung der Provision oder des Vertrages nach den Grundsätzen des WGG geschuldet.38 Das gilt auch dann, wenn Änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen – etwa eine Verringerung der Höchstlaufzeit von Versicherungsverträgen – zu einer Verschiebung der Vergütungsgrundlagen führt – pacta sunt servanda. Solche Änderungen erfordern keinen Gleichlauf mit den Provisionsbestimmungen, das Risiko von Gesetzesänderungen trägt grds. der Unternehmer. Ein Handelsbrauch kann einen lückenhaften HV-Vertrag ergänzen, eine gesetzliche oder vertragliche Provisionsregelung aber grundsätzlich nicht abdingen oder ändern.39 Nur sofern sich die Höhe der Provision nach § 87b bestimmt, passt sie sich im Falle der Marktgerechtigkeit automatisch der Höhe nach an. J. Widerruf gezahlter Provision Wurde im Vertrag dem Unternehmer das Recht vorbehalten, die Provision oder einen 12 Teil der Vergütung zu widerrufen, so ist im Wege der Auslegung der Umfang dieses Rechts zu ermitteln. Im Allg. wird der Widerruf nur nach billigem Ermessen erfolgen darf.40 Solche Widerrufsklauseln müssen insb. als AGB hinreichend transparent sein. Zudem darf der Widerruf keine erhebliche Kündigungsbeschränkung darstellen (§ 89 Rn 90 ff.). K. Abweichende Vereinbarungen und weitere Vergütungsformen Die Provisionsvorschriften sind innerhalb der allgemeinen Grenzen (§§ 138, 226, 242 13 BGB)41 individualvertraglich dispositiv.42 Teilweise wird dies für die völlige Derogation

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34 OLG Celle BB 1961, 1341; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 40. 35 VersR 1992, 233 ff. 36 Peterek BB 1966, 351 (354). 37 OLG München, Urt. v. 6.2.2008, VersR 2008, 1212 = r+s 2008, 357 – Allianz. 38 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 7. 39 OLG Celle BB 1961, 1341; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 40, 55 a; aA wohl Hopt § 87 Rn 48. 40 BAG, Urt. v. 16.3.1982, AP HGB § 87a Nr. 5. 41 Thume MDR 2011, 703. 42 BGH, Beschl. v. 24.4.2014 – VII ZR 163/13, NJW 2014, 1735 Rn 11 f. (für Bezirksprovision); OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367 zu III 1; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Thume BB 2012, 975 (977); Thume MDR 2011, 703; Krämer VersR 2010, 1647;

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der Vermittlungsprovision verneint, so dass nur Höhe der Vermittlungsprovision vereinbart werden dürfe.43 Andere befürworten ein Derogationsverbot zumindest für unter die RL fallende HV44 unter Hinweis auf Artt. 8, 9 RL und in Hinblick auf § 87 Abs. 3: Artt. 8, 9 RL sähen die Derogation nicht ausdrücklich vor.45 Dies ließe auf ein Derogationsverbot schließen, und zwar wegen der einheitlichen Umsetzung der RL im HGB nach deutschem Recht für alle HV (überschießende Umsetzung) wohl auch für HV, die nicht unter die RL fallen. Zutreffend ist wohl die umgekehrte Argumentation: Da die RL es regelt, falls eine Vorschrift zwingend sein soll, was bei Artt. 8 und 9 nicht geschah, ist davon auszugehen, dass abweichende Parteivereinbarungen möglich bleiben sollten.46 Die Derogation ist innerhalb der Grenzen der §§ 305 ff. BGB grundsätzlich auch mittels AGB möglich,47 und zwar – wohl trotz § 87b Abs. 1 – zumindest hinsichtlich der Höhe der zu gewährenden Provision bereits deshalb, weil reine Preisvereinbarungen nach § 307 Abs. 3 BGB kontrollfrei sind (Einzelheiten Vor § 84 Rn 48 ff.). Die Parteien können am besten die Angemessenheit der Hauptleistung bestimmen. Der gesetzgeberische Grund ist der gleiche, der auch § 307 Abs. 2 BGB zugrunde liegt. Die Höhe der Provision darf also weitgehend frei bestimmt werden. Erst das Schicksal der entstandenen Provisionsanwartschaft ist nach § 87a Abs. 5 teilweise der Vertragsfreiheit entzogen.48 Ein Provisionsrecht „nach Absprache“ schließt den gesetzlichen Provisionsanspruch nicht aus;49 sie ist nur als Absprache zur Höhe der Provision zu verstehen.50 Eine wirksame Provisionsvereinbarung verstößt auch nicht gegen die zwingende Natur des Ausgleichsanspruchs (§ 89b Abs. 4), weil nur unmittelbar gegen den Ausgleichsanspruch gerichtete und nicht ihn lediglich mittelbar reduzierende Abreden § 89b Abs. 4 widersprechen51 (i.E. § 89b Rn 357). Vertragliche Regelungen sind namentlich deshalb angezeigt, weil das Gesetz die Fälle von Provisionskonkurrenzen nur im Blick auf die Nachfolge in der Vertreterstellung regelt, während es Fälle von gleichgearteten Überschneidungen beim Kundenschutz oder von Überlagerungen beim Tätigwerden verschiedener HV für das gleiche Vermittlungsvorhaben außer Betracht gelassen hat und hier die Gefahr einer doppelten Provisionspflicht für den Unternehmer entsteht. Insoweit kann nur eine aufeinander abgestimmte Regelung in den Verträgen mit den beteiligten Vertretern eine sinnvolle Lösung bringen.

_____ Eberstein S. 77; Schröder BB 1963, 567; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 4; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 55; aA wegen der erforderlichen Konformität mit der RL Schmidt ZHR 156 (1992), 512 (519). 43 Küstner in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. VIII Rn 193 zum VV. 44 Reiff VersR 2012, 645 (653). 45 J. Schmidt ZHR 1992, 512 (517, 519); Westphal Diss. Münster 1994, S. 72 ff. 46 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 66. 47 Thume MDR 2011, 703 (709) – jedenfalls soweit dem Leitbild der HV-Provision nicht erheblich widersprochen wird (wohl zu eng, siehe etwa die Möglichkeit einer Festvergütung); zweifelnd mglw. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 (2654) Rn 21 – zumindest für Überhangprovision; für ein Derogationsverbot in AGB wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; streng auch OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 = NJW-RR 2009, 1699. 48 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60. 49 OLG Frankfurt MDR 1997, 1139. 50 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 39. 51 BGH, Urt. v. 21.5.2003 – VIII ZR 57/02, DB 2003, 1568 (1569) = MDR 2003, 1122 = WM 2003, 2110; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 139, § 87 Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 194; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 57a.

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I. Beispiele abweichender Vertragsregelungen

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Insbesondere dürfen geregelt werden: 14 Anforderungen an das Herbeiführen des Kundengeschäfts;52 Aufteilung der Provision unter beteiligten HV,53 insb. für Fälle der Provisionskollision; Teilweiser Provisionsausschluss (der vollständige Ausschluss ohne Kompensation wäre sittenwidrig); Außerordentliche Kündigung: Ausschluss der Provision nach berechtigter fristloser Kündigung des Unternehmers für danach ausgeführte Geschäfte;54 dies ergibt sich schon aus dem Vertragsende; Ausschluss oder Einschränkung der Abs. 1 S. 1 2. Alt.55 (Folgeprovision),56 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 257 Abs. 3 S. 1 und 258 sowie Abs. 4;59 Bezirksvertreter: Erweiterung, Einschränkung oder Ausschluss des Kunden- und Bezirksschutzes;60 Nichtverprovisionierung von Direktgeschäften (nur bei Bezirksgeschäften praktisch, da nach Abs. 1 ohnehin kein Provisionsrecht für Direktgeschäfte); Entstehen der Provisionsanwartschaft, insb. die Verschiebung der Entstehung des Provisionsanspruches auf den Zeitpunkt des Eingangs der Kundenleistung61 bzw. engere62 oder weitere Voraussetzungen für die Begründung der Provision. So begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, Provisionsansprüche zur Werbung von Zeitschriftenabonnements nur für den Fall zu versprechen, dass die Bezugszeit zwölf Monate beträgt;63 Höhe des Provisionssatzes; Mitursächlichkeit als Vorbedingung des Provisionstatbestandes, etwa Anknüpfung der Provisionsanwartschaft an die ausschließliche oder überwiegende Herbeiführung des Geschäfts;64 Zahlungspflicht des Kunden statt des Unternehmers (s. Rn 23).

Macht der Unternehmer den Abschluss des geworbenen Geschäfts von dessen tat- 15 sächlicher Ausführung abhängig, greift zwingend § 87a Abs. 3 ein und der Unternehmer entgeht der Provisionspflicht nur, wenn er nachweist, dass die Nichtausführung des Kundengeschäfts von ihm nicht zu vertreten ist.65

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52 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60. 53 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60. 54 OLG München OLGZ 1966, 27. 55 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 57; aA Schmidt ZHR 156 (1992), 512 (519). 56 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 66. 57 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 61. 58 BGHZ 33, 92 (94); BGH, Urt. v. 10.12.1997 – VIII ZR 107/97, MDR 1998, 354; Westphal I Rn 452. 59 OLG Nürnberg VersR 1959, 801; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 61a. 60 BGH, Urt. v. 9.6.1978 – I ZR 136/76, WM 1978, 982; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 102 f.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 99; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 40, 58a, b, 59, 60; aA J. Schmidt ZHR 156 (1992), 512 (519). 61 Westphal I Rn 455. 62 LAG Hamm DB 1959, 236. 63 AG Schwerin, Urt. v. 2.3.2006 – 16 C 2711/04, BeckLSK 2007, 070308. 64 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 56. 65 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60.

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II. Beispiele abweichender Vergütungsformen 16

Die Vorschriften über die Provision sind nur soweit zwingend, als dies ausdrücklich im Gesetz angeordnet (Rn 13) und wenn und soweit eine Provision vereinbart wurde.66 Die Provision ist vom Gesetz nicht als einzige Entgeltform vorgesehen worden.67 Dies zeigt Art. 6 RL, der neben der in Art. 6 Abs. 2 RL genannten „Provision“ als Untergruppe der „Vergütung“ in seinen Abs. 1, 2 andere Vergütungsformen zulässt. Damit wird anerkannt, dass die Provision nicht die einzig zulässige Vergütungsart darstellt. Die Parteien können deshalb jede andere Vergütung allein oder neben der Provision vereinbaren und verschiedene Formen kombinieren,68 sofern die Grenze der Sittenwidrigkeit nicht überschritten wird. So darf etwa neben oder an Stelle der Provision eine abweichende Vergütungsform vereinbart werden, z.B. eine feste Vergütung. Jedoch ist hier zu prüfen, ob der HV alsdann nicht in Wahrheit Angestellter ist (§ 84 Abs. 2). Die erfolgsabhängige Provision bleibt aber die Regelvergütung des HV. Deshalb ging der Regierungsentwurf zu § 8769 davon aus, die übliche Vergütung des HV sei die Provision.

1. Nicht erfolgsorientierte Vergütungsformen. Beispiele abweichender, in Abgrenzung zur Provision nicht erfolgsorientierter Vergütungsformen bilden etwa: 18 – eine betriebliche Altersversorgung; – ein Fixum, d.h. ein festes Entgelt, welches unabhängig vom Vermittlungserfolg des HV geleistet wird.70 Ob daneben zusätzlich Provision gezahlt wird, ist Vereinbarungsfrage. Selbst bei ausschließlicher Vereinbarung eines Fixums kann ein HVVertrag vorliegen. Die Gewährung einer Provision ist nicht TB-Voraussetzung sondern Rechtsfolge der §§ 84 ff. Häufig wird die Zahlung eines Fixums zusätzlich zur Provision vereinbart, um einerseits einen Tätigkeitsanreiz für den HV zu schaffen,71 andererseits dem HV aber ein verlässliches Mindestentgelt zu sichern. Nicht selten ist die Koppelung von Fixum (mitunter nur Bezeichnung für einen pauschalierten Kostenersatz) und daneben versprochener Provision. Das Fixum ist grundsätzlich auch zu leisten, wenn der HV nach Ansicht des Unternehmers seine Aufgaben vernachlässigt,72 angeblich aber nicht bei völliger Untätigkeit73 (aber das wäre ein Fall der §§ 320, 273 BGB). Nicht anders als im Falle der Untätigkeit eines Bezirksvertreters (siehe die Paralleldiskussion Rn 108 ff.) kann der Unternehmer zudem mit einer Schadenersatzforderung aufrechnen74 oder nach Abmahnung außerordentlich kündigen. Wird der HV überhaupt nicht tätig, darf die Einrede des § 320 BGB erhoben werden.75 Der Anspruch des HV auf die monatliche Fixprovision ist Arbeits17

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66 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 279. 67 Westphal I Rn 435; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 2; Hopt § 87 Rn 5; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 8. 68 Hopt § 87 Rn 5; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 12; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 279. 69 Amtliche Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Handelsgesetzbuches vom 15.11.1952, Deutscher Bundestag, 1. Wahlperiode 1949, BT-Drucks. Nr. 3856/S. 21. 70 OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367; Thume BB 2012, 975, 977; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 13; Westphal I Rn 435; Hopt § 87 Rn 5; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 8; nach Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60 kann es wegen der Leitbildfunktion der erfolgsabhängigen Vergütung nur individualvertraglich vereinbart werden. 71 Westphal I Rn 435. 72 Hopt § 87 Rn 5; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 8. 73 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 8. 74 Hopt § 87 Rn 5. 75 OLG Braunschweig DB 1956, 794; Hopt § 87 Rn 5.

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einkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO, wenn es sich um die einzige Tätigkeit des HV handelt.76 Ein Indiz für Unselbständigkeit muss das Fixum nicht notwendigerweise geben.77 Wird ein Fixum gewährt, sollen die §§ 87–87d unanwendbar sein;78 fixe Entgelte für die Betreuung und Pflege eines dem HV übertragenen Kundenbestands79 (in Abgrenzung zur o.g. Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovision); Entgelte für Verhandlungen zur Abwehr von Mängelrügen;80 Kostenzuschüsse für Aufbau und Unterhalt von HV-Unternehmen, Büro oder Fahrzeug, für Reisekosten (Kilometergelder)81 oder Einstellung von Mitarbeitern;82 für die Einrichtung und Unterhalt eines Konsignations- oder Auslieferungslagers83 sowie für den Warenverkauf aus einem solchen.

2. Erfolgsorientierte Vergütung (Leitbild: Provision). Das gesetzliche Leitbild er- 19 folgsorientierter Vergütung, der Provision nach den §§ 87 ff., kann übernommen oder variiert werde. Provision kann insbesondere geleistet werden: 20 – für die Stellung eines Akkreditivs durch den Kunden;84 – für das Anwerben, Leiten, Überwachen und Betreuen von Untervertretern eine an deren Provisionseinkommen ausgerichtete Leitungs- oder Superprovision;85 – für die Übernahme des Delkredere nach § 86b; – als Einmalprovision;86 – als Garantieprovision: Hierbei handelt es sich um eine Mindestprovision,87 welche durch Vermittlungserfolge des HV erhöht werden kann. Der Unterschied zum o.g. Fixum besteht darin, dass das Fixum „fest“ ist, also grundsätzlich – eine abweichende Vereinbarung darf getroffen werden – durch erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Vertriebsbemühungen und die Provisionen weder erhöht noch reduziert wird.88 Etwas anderes gilt, wenn ein Fixum zusätzlich zur Provision gezahlt werden soll. Im Zweifel ist im Verhältnis zwischen Fixum und Garantieprovision von einer Garantieprovision auszugehen,89 es bedarf ggf. der Auslegung des Vertrages, auf welchen Zeitraum die Provisionsgarantie sich beziehen soll und ob innerhalb des Garantiezeitraums ein Ausgleich zwischen schwankenden Provisionseinnahmen stattzufinden hat.90 Im

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76 BayObLG NJW 2003, 2181. 77 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 13. 78 OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367. 79 Thume BB 2012, 975 (976). 80 BGH, Urt. v. 3.10.1962 – VIII ZR 231/61, BB 1962, 1345. 81 LAG Stuttgart DB 1970, 164. 82 BGH, Urt. v. 16.3.1989 – I ZR 162/87, ZIP 1989, 632 mit Anm. v. Hoyningen-Huene EWiR 1989, 693. 83 BGH, Urt. v. 28.4.1988 – I ZR 66/87, NJW-RR 1988, 1061 (1062); Westphal I Rn 262, 263; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 5. 84 BGH, Urt. v. 19.11.1956 – II ZR 110/55, WM 1957, 213. 85 BGH, Urt. v. 4.5.1959 – II ZR 81/57, BGHZ 30, 98 (104) = NJW 1959, 1430; v. 24.6.1971 – VII ZR 223/69, BGHZ 56, 290 = NJW 1971, 1610; v. 22.6.1972 – VII ZR 36/71, BGHZ 59, 87 = NJW 1972, 1662; v. 6.7.1972 – VII ZR 75/71, BGHZ 59, 125 = NJW 1972, 1664; BAG, Urt. v. 28.7.1981 – 1 ABR 56/78, DB 1981, 2031; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87Rn 14; Höft VersR 1976, 205 (207). 86 Thume BB 2012, 975 (977); Thume MDR 2011, 703 (707). 87 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 15. 88 S. OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288. 89 OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288; OLG Nürnberg BB 1964, 866; Westphal I Rn 437; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 17. 90 S. OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288.

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Zweifel sind nur Mindest- und Garantieprovision auf die im selben Abrechnungszeitraum verdiente variable Provision anzurechnen, nicht aber ein Fixum sowie sonstige Zuschüsse oder feste Zahlungen.91 Die Regelung „Herr Y erhält von … bis … nachträglich monatlich eine Provisionsgarantie von X EUR, ab dem … eine Provisionsgarantie von Y EUR nachträglich monatlich“ soll nach dem OLG München92 dem HV die geleistete „Provisionsgarantie“ nur dann in voller Höhe belassen, wenn er mit den daneben monatlich gezahlten variablen Provisionen nach § 87 die „Provisionsgarantie“ betragsmäßig nicht erreicht. Für Monate, in denen die variable Provision die „Provisionsgarantie“ übersteigt, ist sie zurückzuerstatten. Dafür spricht: die Reduzierung der „Garantie“ nach Ablauf der bestimmten Zeitdauer sowie ihr Wegfall nach dem 2. Jahr (kein dauerhaftes „Festgehalt“), die nachträgliche monatliche Auszahlung (beim „Festgehalt“ hätte eine Leistung zum 1. des Monats nahe gelegen), dass ein Fixum von den gesetzlichen Vorstellungen abweicht und es hierfür bestimmter Anhaltspunkte bedarf sowie die Zweckbestimmung der Überweisungen als „Provisionsvorschuss“ (ein Vorschuss wird verrechnet). Nicht gegen diese Auslegung soll sprechen, dass während der Zahlungsdauer von 2 Jahren keine Verrechnung stattfand und der Vertrag keine Verrechnungsklausel enthielt. Eine Rückforderung der Spitze zwischen verdienter Provision und Mindestprovision ist regelmäßig ausgeschlossen, selbst wenn sich ein „Unterverdienst“ ergibt.93 Die Provisionsgarantie ist damit nicht zu verwechseln mit dem – festen – Provisionsvorschuss, bei welchem eine Rückzahlung nicht erreichter Provisionen stattfindet, während die Provisionsgarantie dem HV das garantierte Minimum in jedem Falle belässt.94 Die garantierte Mindestprovision wird regelmäßig gewährt, sofern die Parteien erwarten, dass die Garantieprovision die übliche Provision zumindest für einen mittelfristigen Zeitraum unterschreitet. Hier wie beim Provisionsvorschuss kann sich das bei § 89 Rn 90 ff. behandelte Problem stellen, ob die Rückforderung überzahlter Mindestprovisionen nach einer Vertragskündigung eine der zwingenden Natur der §§ 89, 89a widersprechende Wirkung zeitigt. Dazu dort. Nicht anders als bei Fixum und Bezirksprovision kann der Anspruch auf Garantieprovision entfallen, wenn der HV untätig bleibt. Regelmäßig wird die Garantieprovision für einen bestimmten Zeitabschnitt zugesichert. Deshalb ist es ausgeschlossen, Unterverdienste in einem Zeitabschnitt (etwa einem Monat) mit Überverdiensten in einem anderen Zeitabschnitt (z.B. in einem anderen Monat) zu saldieren.95 Die Zusage eines Mindestverdienstes wäre nämlich wertlos, sofern der Bezugszeitraum nicht bestimmt wird und so langfristig bemessen ist, dass alle Mehrverdienste irgendwann einmal zum Ausgleich von Minderverdiensten herangezogen werden könnten. Außerdem spricht die Verpflichtung zur monatlichen Abrechnung (§§ 87a Abs. 4, 87c Abs. 1 Satz 1) für diese Deutung;96 für das Inkasso nach Abs. 4; als Provisionsvorschuss.97 Er darf vertraglich vereinbart werden98 und ist gem. § 87a Abs. 1 S. 2 vorgeschrieben, sobald der Unternehmer das Geschäft ausgeführt

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91 BAG, Urt. v. 22.9.1975 – 3 AZR 114/75; VersR 1976, 1188; OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 65, 65a. 92 OLG München, Urt. v. 23.12.2009 – 7 U 3582/09 m. abl. Anm. Evers VW 2010, 288. 93 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 19. 94 LAG Baden-Württemberg DB 1959, 1404. 95 BAG, Urt. v. 22.9.1975; zit. nach Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 23, 24. 96 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 24. 97 Hierzu Schipper NJW 2010, 3067 (ausführlicher in NJOZ 2010, 2096). 98 OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.8.2013 – I-16 U 183/12, BeckRS 2014, 06492.

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hat. Auch regelmäßig bewilligte Vorschüsse sind nicht zu beanstanden, nur weil sie nicht allein der Anschubfinanzierung der ersten Monate des Vertragsverhältnisses dienen, sondern zeitlich darüber hinausgehen und/oder keine zeitliche Begrenzung haben.99 Ein Vorschuss stellt weder ein Fixum noch eine Garantieprovision dar, weil er in der Höhe zurückzuzahlen ist, in der er nicht durch verdiente Provision abgedeckt wird.100 Näheres, auch zur Rückzahlung § 87a Rn 33 f. Abgrenzungsschwierigkeiten treten insb. zur Garantieprovision ein.101 Die Bezeichnung der Parteien ist für die Abgrenzung irrelevant,102 wobei die Nutzung des Wortes Vorschusses jedoch einen Hinweis auf die Einordnung als solcher gibt.103 Von einem nicht rückzahlbaren Provisionsfixum bzw. einem Mindestverdienst soll auszugehen sein, wenn eine Vorschussvereinbarung über den 6 zunächst monatigen Zeitraum auf 24 Monate verlängert wird, obwohl die Parteien erkannt haben, dass es dem HV unmöglich ist, monatlich Provisionen in Höhe des Vorschusses zu verdienen.104 Zudem soll ein Mindestverdienst vorliegen, wenn die Parteien die Verrechnung der Vorschüsse mit den verdienten Provisionen geregelt haben, nicht aber die Verpflichtung zur Rückzahlung unverdienter Vorschüsse. 105 Selbst eine „Aufbauhilfe“ kann einen Vorschuss darstellen,106 ebenso die Zahlung auf eine „Provisionsabrechnung“;107 als Verwaltungs- oder Bestandspflegeprovision: Sie wird insb. in der Versicherungswirtschaft häufig gewährt und ist möglicherweise, aber nicht zwingend, eine leistungsabhängige Vergütung für verwaltende und nicht werbende Tätigkeit. Eine Verwaltungsprovision ist nur dann zusätzlich zur erfolgsabhängigen Provision zu zahlen, wenn dies ausdrücklich vereinbart wird.108 Fehlt eine Vereinbarung, ist davon auszugehen, dass die verwaltenden Tätigkeiten des HV durch die erfolgsabhängige Vergütung vergütet werden; es entsteht also kein zusätzlicher Anspruch auf Zahlung einer Verwaltungsprovision. Vielmehr enthält die erfolgsabhängige Provision einen sog. „Verwaltungsanteil“, der nach h.M. bei der Ausgleichsberechnung nicht einzubeziehen ist (§ 89b Rn 221 ff.). Die Relation zwischen erfolgsabhängiger, ausgleichspflichtigem Vergütungsanteil und dem verwaltenden Anteil der Provision kann nicht beliebig frei vereinbart werden, weil sonst der zwingende Ausgleich des § 89b ausgehöhlt würde. Deshalb muss die Relation angemessen sein, was ein Richter ggf. gemäß § 287 ZPO schätzen kann.109 Diskutiert wird, ob für vertraglich vereinbarte Verwaltungsprovisionen die §§ 87 ff. einschließlich ihrer zwingenden Normen gelten. Das wird z.T.110 mit der Begründung abgelehnt, die §§ 87 ff. stellten allein

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99 OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.8.2013 – I-16 U 183/12, BeckRS 2014, 06492. 100 OLG Düsseldorf, Urt. v. 1.8.2013 – I-16 U 183/12, BeckRS 2014, 06492; LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194; v. 3.2.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85; Westphal I Rn 440. 101 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 27. 102 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 41; LAG Baden-Württemberg BB 1971, 354. („Verrechnungsgarantie“); v. Blomberg VersR 1968, 328 („Provisionspauschale“, „Provisionsgarantie“). 103 BAG VersR 1977, 188. 104 OLG Hamburg OLGR 2000, 466. Im zu entscheidenden Fall war die Vorschussvereinbarung zunächst für 6 Monate getroffen und sodann auf 24 Monate verlängert worden. 105 LG Frankfurt a.M. HVuHM 1975, 1058. 106 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 36 ff. 107 OLG Düsseldorf WM 1984, 1287. 108 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 9; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 7, die § 87 nur als Gegenleistung für die nach §§ 84, 86 gesetzestypisch gegebenen Vertriebspflichten ansehen. Das ist zwar richtig; es besteht jedoch eine Vermutung, dass die vertraglich vereinbare Provision alle Vertragstätigkeiten honoriert – Äquivalenzvermutung. 109 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 12. 110 Küstner/Thume I, 3. Aufl., Rn 975; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 7; § 87a Rn 3.

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auf HV-typische Vergütung ab, so dass zwischen Unternehmer und VV die Entstehungs-, Zahlungs- und Fälligkeitsvoraussetzungen verwaltender Provisionsteile frei und damit abweichend von den zwingenden Teilen des Provisionsrechts vereinbart werden könnten. Es handele sich um Tätigkeiten, die eigentlich dem Unternehmer oblägen, der sie aber abweichend von dem gesetzlichen Leitbild an seine VV delegiert habe. Gegen diese Auffassung spricht, dass auch die gesetzestypischen Provisionen einen verwaltenden Anteil enthalten. Die im VV-Vertrag vorgenommene Unterteilung in werbende und verwaltende Provision ändert nichts daran, dass der nun gesondert ausgewiesene Verwaltungsanteil Provision i.S.d. §§ 87 ff. bleibt.111 Allerdings darf im VV-Vertrag die Tätigkeitsprovision nicht völlig oder überwiegend zugunsten nicht ausgleichspflichtiger (§ 89b) Verwaltungsprovisionen zurückgedrängt werden, sondern nur insoweit, wie der Anteil der Verwaltungsprovision wirtschaftlich dem Anteil verwaltender Tätigkeit des VV entspricht. Klauseln, die das Verhältnis unangemessen und den wirtschaftlichen Gegebenheiten widerstreitend regeln, sind gemäß § 89b Abs. 4 HGB, § 307 BGB unwirksam (§ 89b Rn 367 ff.). Erfolgsorientierte Vergütungsformen dürfen aber auch in einer Gestalt vereinbart werden, die nicht der klassischen Provision entspricht, nämlich: 22 – Als am Leistungserfolg des HV ausgerichtete Gratifikation,112 Leistungs- und Treueprämie, Boni:113 Für hervortretende Leistungen, beispielsweise hohe Verkaufsbzw. Umsatzzahlen oder die Schaffung langfristiger Geschäftsverbindungen können besondere feste Zahlungen/Gratifikationen vereinbart werden. Häufig ist diese Gestaltung in Kfz-Vertragshändlerverträgen, z.B. als Zulassungs-, Werbekosten- oder Corporate-Identity-Bonus. Im Gegensatz zur Provision beteiligen Boni den HV meist nicht am einzelnen Geschäft, sondern an der Gesamtheit der Geschäfte, etwa am Umsatz, dem Unternehmenserfolg oder hohen Verkäufen. Im Zweifel entfällt der Bonus mit Vertragsbeendigung,114 sofern nicht ausdrücklich nachvertragliche Leistungen erfasst sind. In AGB können Boni als freiwillige (Haupt)Leistungen weitgehend frei vereinbart werden;115 – als Prämie, die beim Vertrieb sog. „Prepaid-Bundles“ nach Freischaltung der SIM-Karten vom Hauptvertriebspartner an den Untervertriebspartner gezahlt wird;116 – Als Umsatz- oder Gewinnbeteiligung:117 Der HV kann statt am einzelnen Geschäft auch am Gewinn des Unternehmers, etwa in Form einer Tantieme oder eines Bonus, beteiligt werden;118 – als allgemeine Ertrags- oder Umsatzprovision: sie knüpft in der Berechnung nicht nur an die eigene Leistung des HV sondern an das Akquisitionsergebnis aller Mitarbeiter der Beklagten an.119 21

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111 OLG Karlsruhe, Urt. v. 9.5.1979; BB 1980, 226 (zu Treueprämien). 112 Thume BB 2012, 975 (976). 113 BAG, Urt. v. 14.11.1966 – 3 AZR 158/66, BB 1967, 501; BB 1982, 1486; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703; Thume BB 2012, 975 (976); OLG Karlsruhe BB 1980, 226; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6; Hopt § 87 Rn 5. 114 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 16. 115 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. Wahrscheinlich ergab sich die Kontrollunfähigkeit bereits aus dem Hauptleistungscharakter. 116 OLG Oldenburg, Urt. v. 12.7.2011 – 13 U 16/11, MMR 2011, 733. 117 Thume BB 2012, 975 (976). 118 Hopt § 87 Rn 5. 119 LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333; Thume BB 2012, 975 (976).

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3. Vergütungsabreden mit Dritten. Insbesondere bei Nettopolicen der Versiche- 23 rungswirtschaft120 lässt sich der HV vom Kunden bezahlen. Dies bildet eine deutliche Abweichung von den §§ 87 ff. und könnte Schule machen. Der Unternehmer könnte es der Vergütungsvereinbarung zwischen Kunden und HV überlassen, wie der HV honoriert wird. Im Versicherungsvertrieb wird dies z.T. sogar empfohlen, um die Transparenz der Vertriebskosten zu erhöhen.121 Das HV-Recht interessiert in erster Linie die Auswirkungen im Verhältnis zum Unternehmer, nicht das Schicksal der Vergütungsabrede mit dem Dritten.122 Die zwingenden Vorschriften zur Provision (etwa § 87a Abs. 2, 3, 5) dürften im Verhältnis zwischen HV und Unternehmer nicht entgegenstehen. Denn sie setzen voraus, dass überhaupt Provision versprochen wurde.123 Fraglich könnte jedoch sein, ob der HV-Vertrag wegen fehlender Provision oder Verdienstmöglichkeit nach § 138 BGB unwirksam ist, so dass wg. des Verbots kostenloser Tätigkeit jedenfalls ein hilfsweises Eintreten des Unternehmers geregelt sein muss (§ 87b Rn 10), zumal auch im – jedoch häufig investitionsintensiveren und damit in dieser Frage empfindlicheren – Vertragshändlerrecht hinreichende Verdienstmöglichkeiten des Händlers gefordert werden.124 Jene Bedenken sind nur von der Hand zu weisen, wenn sich mit statistischer Wahrscheinlichkeit die Gewährung einer Vergütung durch die Kunden erwarten lässt. Ob der Ausschluss der Provision aus Sicht des Unternehmers klug erscheint, ist eine andere Frage. Das Interesse des HV verschiebt sich dann maklerähnlich (wenngleich der Vertriebsvertrag ein HV-Vertrag bleibt,125 bloße Vertragswidrigkeiten verändern nicht die Rechtsnatur) in Richtung des Kunden, woraus mögliche Unwirksamkeitsfolgen resultieren können. Es ist zwar nicht grds. ausgeschlossen, dass der HV126 und auch ein VV127 sich eine Vergütung von Dritten versprechen lässt. Rechtsbeziehungen des HV zu Dritten sind nicht ausgeschlossen, wie die Beratungspflichten des VV gegenüber dem VN gem. §§ 60 Abs. 2, 61, 62 VVG128 und der Anlageberatungsvertrag zeigen. Der Vertrag mit dem Dritten bildet aber eine Verletzung der jedenfalls in ihrem Kernbereich129 zwingenden Interessenwahrungspflicht des HV-Vertrages130 (Folge: § 280 BGB), wenn die Abrede mit dem Dritten auf eine die

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120 Hierzu Reiff VersR 2012, 645 ff. 121 Siehe Versicherungsvertrieb 2/2013, S. 12. 122 Zu deren Schicksal erging die Leitentscheidung BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 = NJW 2014, 1655 = EWiR 2014 , 283 (Emde): keine Nichtigkeit der Vergütungsabrede, weder nach § 307 BGB noch nach § 134 BGB, s.a. Emde EWiR 2014, 283. 123 LG Marburg, Urt. v. 16.8.2011 – 5 S 19/11; Reiff VersR 2012, 645 (653). 124 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15 – wobei HV und Vertragshändler immer nur eine Verdienstchance besitzen. 125 BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, WRP 2014, 57 Rn 20; Reiff VersR 2012, 645 (652). 126 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60. 127 LG Marburg, Urt. v. 16.8.2011 – 5 S 19/11; LG Karlsruhe, Urt. v. 19.5.2011 – 7 O 224/10; AG Andernach, Urt. v. 21.3.2011 – 61 C 1057/09; Grundmann/Wahl VW 2009, 1584 (1586); Schwintowski ZfV 2011, 134 (137); VersR 2009, 1333 (1336); aA; AG Karlsruhe, Urt. v. 1.4.2011 – 4 C 527/10; v. 8.4.2011 – 12 C 536/10; Leithoff ZfV 2011, 235 (239) zur Honorarberatung eines VV. 128 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 Rn 14; v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 21; Reiff VersR 2012, 645 (649, 652). 129 Wegen der Begrenzung der zwingenden Natur auf den Kernbereich sieht Reiff VersR 2012, 645 (649) keine Verletzung der Interessenwahrungspflicht. Zudem dürfe der HV die Vor- und Nachteile des Produkts wahrheitsgemäß darstellen (was aber mglw. schon zu wenig ist, um der Interessenwahrungspflicht zu genügen. Jedoch wird der Unternehmer auf diese Rechtsfolgen der Interessenwahrungspflicht ebenso verzichten dürfen wie auf ein Wettbewerbsverbot des HV). 130 LG Dessau-Rosslau, Urt. v. 14.10.2011 – 3 O 38/11 (aufgehoben durch OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012 – 9 U 218/11, NJW-RR 2012, 1174 = VersR 2012, 1035 und BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, NJWRR 2013, 669 = DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57); AG Karlsruhe, Urt. v. 1.4.2011 – 4 C 527/10; v. 8.4.2011 – 12 C 536/10, die daraus die Unwirksamkeit der Vergütungsabrede mit dem Kunden herleiten. Auch Leithoff ZfV

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Interessen des Unternehmers berührende Willensbeeinflussung des HV gerichtet ist. Beispiel: der HV lässt sich vom Dritten Honorar dafür zahlen, dass Einfluss auf die Konditionen des Geschäfts genommen wird. Dann kann der Unternehmer wie bei Bestechungsgelder Herausgabe nach §§ 670, 667 BGB fordern. Der Unternehmer darf dann nicht mehr auf die unbeinflusste Tätigkeit des HV vertrauen, so dass die Abrede gem. § 86 Abs. 1, 4 HGB, 134 BGB unwirksam sein mag. Sofern der Unternehmer die Vergütungsabrede mit dem Dritten duldet oder – wie bei der Nettopolice – herausfordert, sind aber strenge Anforderungen an eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht zu stellen.131 Völlig auf sie verzichten kann der Unternehmer wg. ihrer zwingenden Natur nicht. Falls sich der HV Provision von beiden Seiten versprechen lässt, agiert er gegenüber dem Dritten oft als Makler. Da der HV trotz der Vergütungsabrede mit dem Kunden dem Unternehmer gegenüber als Interessenswahrer aus dem zwingenden § 86 Abs. 1 verpflichtet bleibt, soll er vom Kunden kein Maklerhonorar fordern dürfen.132 Sofern der HV seine Bindung an den Unternehmer nicht offenbart und sich gleich einem Makler unabhängig geriert, verletzt er Aufklärungspflichten gegenüber dem Kunden133 und macht sich ihm gegenüber schadenersatzpflichtig. Mglw. verliert er auch analog § 654 BGB seinen Honoraranspruch gegenüber dem Kunden. Im Verhältnis zum Kunden hilft ggf. eine ergänzende Vertragsauslegung dazu, welches Schicksal sein Vergütungsanspruch bei Storno oder vorzeitiger Beendigung des vermittelten Vertrages hat. Im Einzelfall kann über eine Unwirksamkeit der Vergütungsabrede gem. §§ 134, 138, 307 BGB nachgedacht werden.134 Lässt sich ein VV, der seine Agenturbindung gegenüber dem VN offen legt, für die Beratung und die Vermittlung einer Netto-Police vom VN eine vom VN zu leistende Vergütung versprechen, verstößt dies nicht gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 34d Abs. 1 GewO. Eine Irreführung über den Status des Vermittlers fehlt.135 Die Vergütungsabrede mit dem Dritten steht nicht im Widerspruch zu einem gesetzlichen Leitbild. Soweit insoweit auf §§ 87a Abs. 2 und 92 Abs. 4 verwiesen wird, betrifft dies lediglich das Rechtsverhältnis zwischen dem VV und dem Unternehmer und nicht zwischen VV und Kunden.136 Der Schicksalteilungsgrundsatz (§§ 87a Abs. 2, 3, 92 Abs. 4 i.V.m. § 307 BGB) des Versicherungsvertriebs steht einer Vergütungsabrede zwischen VV und VN gleichfalls nicht entgegen, auch nicht die wirtschaftlichen Nachteile bei Kündigung des Versicherungsvertrages.137 Insoweit könnte schon bemerkt werden, dass

_____ 2011, 235 (239) verneint zur Honorarberatung eines VV die Zulässigkeit einer solchen selbständigen Vergütungsabrede. Der BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57 Rn 21, 28 problematisiert jene Frage in seiner wettbewerbsrechtlichen Entscheidung nicht näher. Gem. Rn 28 betrifft die Interessenwahrungspflicht lediglich das Innenverhältnis zwischen HV und Unternehmer und hat damit für einen UWG-Anspruch keine Relevanz. 131 Siehe Emde EWiR 2014, 283 f. Das OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012 – 9 U 218/11, NJW-RR 2012, 1174 = VersR 2012, 1035 m. Anm. Grams FD-VersR 2012, 335001 (1037) und Grüger GRUR-Prax 2012, 466 verneinen deshalb eine Verletzung der Interessenwahrungspflicht, wenn der Unternehmer mit der Zahlung durch den Kunden einverstanden ist. I.E. (ohne eingehende Begründung) wohl auch Nastold ZVertriebsR 2014, 146 (148). 132 BGH, Urt. v. 23.11.1973 – IV ZR 34/73, NJW 1974, 137. 133 OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012 – 9 U 218/11, NJW-RR 2012, 1174 = VersR 2012, 1035 m. Anm. Grams FD-VersR 2012, 335001 (1037) und Grüger GRUR-Prax 2012, 466. 134 AG Karlsruhe, Urt. v. 1.4.2011 – 4 C 527/10; v. 8.4.2011 – 12 C 536/10; AG Trier, Urt. v. 11.2.2011 – 32 C 378/10, BeckRS 2011, 21570; Leithoff ZfV 2011, 235 (239); aA BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176; Reiff VersR 2012, 645 (650). 135 BGH, Urt. v. 6.11.2013 – I ZR 104/12, DB 2013, 2797 = WRP 2014, 57. 136 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 Rn 15 = EWiR 2014, 283 (Emde). 137 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 = EWiR 2014, 283 (Emde); Reiff VersR 2012, 645 (650); aA Darmstadt, Urt. v. 27.3.2013 – 21 S 208/12, BeckRS 2013, 09399; LG Stuttgart, Urt. v. 13.3.2013 – 4 S 258/12 LG; BeckRS 2014, 01074; AG Karlsruhe, Urt. v. 1.4.2011 – 4 C 527/10; v. 8.4.2011 – 12 C 536/10; AG Trier, Urt. v. 11.2.2011 – 32 C 378/10, BeckRS 2011, 21570; offen gelassen v. OLG Naumburg, Urt. v. 24.5.2012

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§ 87a unanwendbar ist, sofern keine Provision versprochen wurde138 (s.o.). Zwar kann sich der VN wegen der Nichtanwendbarkeit des § 87a Abs. 2 und 3 (Schicksalsteilungsgrundsatz) deutlich schlechter stellen als bei einer Bruttopolice, weil die Vergütungsabrede mit dem Dritten auch bestehen bleibt, wenn der vermittelte Versicherungsvertrag nach kurzer Zeit beendet wird. Hierfür gewinnt der VN aber den Vorteil der regelmäßig preisgünstigeren Gestaltung einer Nettopolice.139 Allerdings muss der VV auf die Schlechterstellung hinsichtlich des Schicksalsteilungsgrundsatzes hinweisen.140 Zum Teil wird jedoch die Durchsetzbarkeit des Vergütungsanspruchs gegenüber dem Kunden abgelehnt.141 Unter Umständen kann die Vergütungsabrede mit den Kunden wegen eines Widerrufsrechts nach § 355 BGB widerrufen werden.142 Zum Verstoß gegen den Mindestrückkaufswert und das Abzugsverbot des § 169 VVG im Versicherungsvertrieb (nicht von der Hand zu weisen), s. Reiff VersR 2012, 645 (654). 4. Folgen der Vergütungsvereinbarung. Für die vorgenannten Vergütungen gel- 24 ten die §§ 87, 87a und § 87b nur, soweit sie eine erfolgsabhängige Entlohnung vorsehen.143 Das ist z.B. beim Fixum meist nicht der Fall. Insbesondere darf der HV für diese variablen Vergütungsformen die Kontrollrechte nach § 87c fordern. Sofern die Vergütungen unabhängig von dem konkreten Erfolg des HV bei seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit versprochen werden, bilden sie keine Provisionen. §§ 87 bis 87c sind auf sie unanwendbar.144 Erfolgt eine Anrechnung der Vergütung auf die Provision, müssen sich Grund und Höhe der Anrechnung aus Abrechnung und Buchauszug nach § 87c Abs. 1, 2 ergeben.145 Der HV darf keine Gleichbehandlung mit anderen HV fordern, falls der Unternehmer Provisionen oder die vorgenannten, nicht leistungsangelehnten Vergütungen anderen HV gewährt.146 Durch die Vereinbarung derartiger Vergütungen wird der HV nicht verpflichtet, wie ein fest angestellter Mitarbeiter laufend während der üblichen Arbeitszeit für den Unternehmer tätig zu sein.147 Unzureichende Tätigkeit bzw. Untätigkeit des HV schließen das Recht auf diese feste Vergütung nicht aus148 und sind im Zweifel wie die Rn 108 ff. genannten Fälle der Schlechtbetreuung des Bezirks durch den Bezirksvertreter zu behandeln: Bei Verschulden des HV kommen Schadensersatzansprüche des Unternehmers aus § 280 BGB in Betracht,149 nicht jedoch bei unverschuldeter Untä-

_____ – 9 U 218/11, NJW-RR 2012, 1174 = VersR 2012, 1035 m. Anm. Grams FD-VersR 2012, 335001 (1037) und Grüger GRUR-Prax 2012, 466, das jedenfalls keine Benachteiligung des Verbrauchers (Kunden) nach § 307 BGB sah. 138 LG Marburg, Urt. v. 16.8.2011 – 5 S 19/11; Reiff VersR 2012, 645 (653). 139 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 = EWiR 2014, 283 (Emde) Rn 16. 140 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 = EWiR 2014, 283 (Emde) Rn 16. 141 AG Karlsruhe, Urt. v. 1.4.2012 – 4 C 527/2010; v. 8.4.2011 – 12 C 536/10; AG Trier, Urt. v. 11.2.2011 – 32 C 378/10, BeckRS 2011, 21570. 142 BGH, Urt. v. 12.12.2013 – III ZR 124/13, DB 2014, 176 Rn 18 ff. 143 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 5; zu Unrecht gibt Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6 für Verwaltungs- und Bestandspflegeprovisionen kein Informationsrecht aus § 87c. 144 OLG Schleswig VersR 1977, 1002; OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; OLG Naumburg HVR Nr. 1108; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 16; Hopt § 87 Rn 5; Höft VersR 1976, 205 (206). 145 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6. 146 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 65. 147 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. 148 BGH, Urt. v. 9.4.1964 – VII ZR 123/62, BGHZ 41, 292 (295) = NJW 1964, 1622; OLG Braunschweig BB 1956, 226; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 97; aA für gänzliche Untätigkeit: Hopt § 87 Rn 5 und 33, vgl. aber auch Rn 31; OLG Hamm BB 1959, 682; im Erg. ebenso: Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 37, 65b. 149 Hopt § 87 Rn 32; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 97.

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tigkeit, etwa infolge von Krankheit,150 Wehrdienst151 oder bei Untätigkeit gegenüber einzelnen Kunden, z.B. aufgrund eines Hausverbotes.152 Mit diesem Schadenersatzanspruch kann gegen den Vergütungsanspruch aufgerechnet werden. Zudem darf sich der Unternehmer auf § 320 BGB berufen. Ob die genannten Vergütungsbestandteile bei der Berechnung des Rohausgleiches 25 zu berücksichtigen sind, ist im Einzelfall zu bestimmen.153 Das gilt insb., nachdem seit 2009 die Unternehmervorteile die Grundlage der Ausgleichsberechnung bilden und der Verlust von Provision nicht mehr Ausgleichsvoraussetzung ist. Sollen feste Vergütungsbestandteile werbende Bemühungen vergüten, sind sie ausgleichspflichtig. Bei einem Fixum mit Provisionsspitze kann die das Fixum übersteigende Provisionsspitze ausgleichspflichtig sein. Treueprämien stellen regelmäßig keine ausgleichspflichtige Provision dar.154 L. Poolabreden 26

Sogenannte Pool- oder Topfvereinbarungen155 betreffen nicht das Rechtsverhältnis zwischen Unternehmer und HV sondern sind interne Provisionsverteilungsabreden unter HV. Sie werden zwischen HV getroffen, die ihre Verdienste sammeln, um sie nach einem internen Schlüssel zu verteilen. In der Sache handelt es sich dabei um eine GbR in Form einer Innengesellschaft oder eine oHG.156 Derartige Abreden sind zulässig. Denn es ist Sache des Vertreters, wie er seinen internen Geschäftsbetrieb organisiert und seinen Gewinn verteilt. Die eigene Unternehmensorganisation obliegt ihm. Eine Unzulässigkeit kann sich nur selten ergeben, etwa sofern die Nivellierung der unternehmerischen Risiken, präziser: des Provisionsrisikos, zu einer Gefährdung des mit der Erfolgsvergütung erstrebten Anreizes zum Vertrieb führt oder im Rahmen der Gewinnverteilung unzulässig Geschäftsgeheimnisse des Unternehmers (§ 90) offenbart werden. Zudem wird keiner der Partner des Pools bereit sein, einen HV über längere Zeit mitzutragen, der nicht unternehmerisch denkt. Schließlich schützen den Unternehmer auch die kurzen Kündigungsfristen des § 89. M. Vergütungsanspruch aus § 354

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In der Regel ist mit der Provisionszahlung die gesamte Leistung des HV abgegolten (siehe auch § 87d). Auch § 354 gewährt grundsätzlich keinen zusätzlichen Vergütungsanspruch, und zwar bereits deshalb, weil die recht ausdifferenzierten §§ 87 ff. eine weitgehend abschließende Sonderregelung darstellen und der HV-Vertrag die Vermutung der Vollständigkeit der Vergütungsabreden und die Äquivalenzvermutung in sich trägt. Deshalb kann ein HV rglm. keinen Anspruch aus § 354 für HV-typische Tätigkeit geltend machen, welche einen Provisionsanspruch nach §§ 87 ff. (noch) nicht entstehen lässt.157 Nur im Ausnahmefall, für den der HV beweispflichtig ist, gilt Abweichendes. Daran ist zu denken, falls der HV nicht durch die Provision abgedeckte, HV-untypische

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150 Dazu OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 34 = BB 1993, 2113; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. 151 RGZ 109, 254 (257); OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 34 (35); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. 152 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. 153 Vgl. Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 10. 154 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 16. 155 BAG, Urt. v. 3.6.1998 – 5 AZR 552/97, zit. n. Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 31. 156 AA BAG, Urt. v. 3.6.1998 – 5 AZR 552/97, zit. nach Thume Küstner/Thume I, Kap. V Rn 31. 157 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 12; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 16; aA wohl BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180.

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Leistungen oder solche, die nach dem Vertrag nicht geschuldet werden, erbringt.158 Der Unternehmer muss aber erkennen, dass die Tätigkeiten gerade für ihn geleistet werden.159 Dazu bedarf es allerdings nicht in jedem Fall eines gültigen Vertrages, sofern keine Bedenken gegen die Wirksamkeit des Vermittlungsgeschäftes wegen Einigungs- oder Willensmängeln (§§ 145 ff., 104 ff., 116 ff. BGB) bestehen oder die Vorschrift, aus der sich die Nichtigkeit ergibt, nicht den Schutz einer Vertragspartei im Blick hat.160 So kann § 354 eingreifen, wenn der HV-Vertrag unwirksam ist161 und die Grundsätze des faktischen Vertrags nicht helfen. Selbst wenn zeitraubende und mit erheblichen Kosten verbundene Vermittlungsbemühungen erfolglos bleiben, entsteht grundsätzlich kein Vergütungsanspruch aus § 354, sofern nichts Abweichendes vereinbart wurde.162 Nur bei völlig ungewöhnlichen Belastungen mag § 354 einen über die §§ 87 ff. hinausgehenden Vergütungsanspruch gewähren. Alle diese Fälle haben gemeinsam, dass der Unternehmer die Dienste des HV, wie § 354 voraussetzt, entgegengenommen hat. Deshalb entsteht keine Provisionsberechtigung des § 354, wenn der HV seine Zuständigkeit eigenmächtig überschritten hat. Praktisch kann dies werden, wo der HV unzulässigerweise außerhalb des ihm zugewiesenen Bezirks Abschlüsse tätigt.163 Beispielsweise kann sich ein zusätzlicher Vergütungsanspruch aus § 354 ergeben: 28 – für vermittelte Ersatzteilgeschäfte, falls nachträglich vereinbart wird, dass sich die Verkaufsbemühungen auch auf die Ersatzteile erstrecken sollen164 (aber dann wäre mglw. auch ein Provisionsanspruch gegeben); – Für die Vermittlung eines außerhalb der Vertragsverpflichtung liegenden Geschäfts,165 z.B. wenn ein VV Produkte außerhalb seiner Produktbeschränkung vermittelt166 oder ein Warenvertreter dem Unternehmer ein Geschäft anderer Art (Miete eines Geschäftslokals) vermittelt; – falls das Ergebnis der Vermittlungstätigkeit des HV sich zunächst nur in einem Zwischenergebnis niederschlägt (etwa: vermittelt war ein „Bezugsvertrag“ als Rahmenabkommen, wonach der Kunde sich verpflichtete, seinen Bedarf vorkommendenfalls bei dem Unternehmer zu decken, die daraufhin vorgenommene Bestellung erfolgte, nachdem der HV aus den Diensten des Unternehmers ausgeschieden war; aber wohl Spezialität des Abs. 3 Nr. 1);167 – sofern ein Einsatz des HV nach Abschluss des Geschäfts das billigerweise zu fordernde Maß überschreitet (Beispiel: außergewöhnlich umfangreiche Verhandlungen zur Abwehr von Mängelrügen);168 – nach übermäßiger Inanspruchnahme durch verwaltende und vertreteruntypische Tätigkeiten.

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158 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 16. 159 Vgl. zum Maklerrecht BGH WM 1966, 621; BGHZ 95, 393 (398); BGH, Urt. v. 7.7.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574). 160 BGH, Urt. v. 7.7.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574) zum Maklerrecht. 161 Vgl. RG JW 1929, 113111. 162 Thume Küstner/Thume I, Kap. V Rn 4. 163 Schröder DB 1963, 542; Krüger S. 1399. 164 OLG Düsseldorf HVR Nr. 104. 165 BGHZ 62, 71 (74); BGH, Urt. v. 28.1.1993 – I ZR 292/90, NJW-RR 1993, 802 = VersR 1993, 878 = WM 1993, 1261; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 6, 64; aA Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 6. 166 OLG München, Urt. v. 4.2.1998 – 7 U 5715/97, VersR 2000, 360. 167 BGH NJW 1958, 180. 168 BGH BB 1962, 1345; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 16; Hopt § 87 Rn 4.

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N. Vergütungsanspruch aus § 812 BGB 29

Für einen Vergütungsanspruch aus § 812 BGB müssen – außer der Kaufmannseigenschaft des tätig gewordenen Vermittlers – dieselben Voraussetzungen wie für den Anspruch nach § 354 gegeben sein.169 Im Maklerrecht hat der BGH170 einen Vergütungsanspruch aus § 812 BGB für zweifelhaft gehalten und dies mit der Risikoverteilung des § 652 BGB begründet: Die Privatrechtsordnung kenne grundsätzlich keine Pflicht zur Vergütung ungefragt überlassener Informationen. Diese Begründung wird sich auf die Vermittlung aufgrund eines unwirksamen HV-Vertrages übertragen lassen. Im HV-Recht wird ein nichtiger Vertrag bis zur Entdeckung der Nichtigkeit als wirksam behandelt, so dass sich in diesem Fall der Vergütungsanspruch aus den §§ 87 ff. selbst ergibt (§ 84 Rn 102 ff.). O. Abtretbarkeit

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Der HV darf über seine Provision grundsätzlich frei verfügen.171 Insbesondere ist der Provisionsanspruch, auch als künftige Forderung bereits vor ihrem unbedingten Entstehen, abtretbar,172 es sei denn, wegen der infolge der Abtretung als Hilfsrechte nach §§ 402 BGB mit übergehenden Informationsrechten des § 87c stehen vertragliche oder gesetzliche Geheimhaltungspflichten entgegen. Für eine wirksame und bestimmte Abtretung genügt die Abtretung der Ansprüche aus „Leistungen“.173 Die Abtretung von Provisionsansprüchen sowie der Informationsrechte des § 87c eines Versicherungsvertreters, der Personenversicherungen vermittelt, ist wegen der mit der Abtretung verbundenen Pflicht der § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unterworfenen Zedenten und des Versicherers, dem Zessionar nach § 402 BGB die zur Geltendmachung der abgetretenen Forderung nötigen, jedoch der Geheimhaltung unterworfenen Auskünfte zu erteilen, nach § 134 BGB nichtig.174 Die Abtretung ist gem. § 400 BGB unwirksam, soweit sie sich auf den Teil der Provisionsansprüche des HV erstreckt, die den Pfändungsschutzvorschriften der §§ 850 ff. ZPO unterliegen (dazu Rn 32 ff.) und sie den unpfändbaren Teil nicht ausnimmt.175 Hinsichtlich ihres weitergehenden Inhalts bleibt sie gem. § 139 BGB wirksam. Der nicht pfändbare Teil der Provision kann von den weitergehenden Zahlungsansprüchen getrennt werden, notfalls im Wege ergänzender Vertragsauslegung.176 Die Abtretbarkeit von Provisionsansprüchen kann – auch durch AGB177 – ausgeschlossen werden, wobei aber meist § 354a entgegensteht.

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169 BGH, Urt. v. 7.7.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574) zum Maklerrecht. 170 BGH, Urt. v. 7.7.2005 – III ZR 397/04, NJW-RR 2005, 1572 (1574) zum Maklerrecht. 171 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 34. 172 OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 15. 173 OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592. 174 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, NJW 2010, 2509; im Anschluss an BGHZ 115, 123 (124 ff.) (Zahnarzt); 122, 115 (117 ff.) (Rechtsanwalt vor Inkrafttreten des § 49b Abs. 4 BRAO); v. 5.12.1995 – X ZR 121/93, NJW 1996, 775 (Zahnarzt); v. 17.10.1996 – IX ZR 37/96, NJW 1997, 188; v. 11.11.2004 – IX ZR 240/03, NJW 2005, 507 (jeweils zur Abtretung von Honoraransprüchen eines Rechtsanwalts vor Inkrafttreten des § 49b Abs. 4 BRAO); ferner Beschl. v. 17.2.2005 – IX ZB 62/04, NJW 2005, 1505 (Arzt); Köpke Die Bedeutung des § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB für private Krankenversicherer, insb. bei der innerorganisatorischen Geheimnisweitergabe, 2003, S. 27: aA Evers/Eikelmann VW 2009, 529 f. 175 BAG – 5 AZR 77/61, NJW 1962, 1221; OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592; Hopt § 87 Rn 49 f.; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 136. 176 OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592. 177 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9.

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§ 81 Abs. 2 S. 4 VAG178 i.V.m. der VO des Reichsaufsichtsamtes für das Versiche- 31 rungswesen vom 4.6.1934 und des BAV vom 17.8.1982 gestattet es dem BaFin, Versicherungsvertretern die Abgabe oder die offene Abtretung eines Teils der Provision an den Versicherungsnehmer zu untersagen (Provisionsabgabeverbot). So sind nach § 1 der VO über das Verbot von Sondervergütungen und Begünstigungsverträgen in der Schadensversicherung vom 17.8.1982179 insb. Provisionsabgaben an den Versicherungsnehmer untersagt. Ein gleichartiges Verbot gilt für den Bereich der Lebensversicherung aufgrund der Anordnung des Reichsaufsichtsamts für Privatversicherung vom 8.3.1934.180 Der Unternehmer darf deshalb dem HV eine Provisionsweitergabe an den Kunden untersagen181 (§ 92 Rn 88). P. Pfändbarkeit Die Frage, ob die Provisionsansprüche des HV der Pfändung gemäß den Vorschrif- 32 ten über die Vollstreckung in Arbeitseinkünfte nach den §§ 850 ff. ZPO unterliegen, ist in früherer Zeit kontrovers beantwortet worden. Sie wurde bald von der überwiegenden Meinung bejaht.182 Die Zweifel, die sich an den Begriff „Arbeitseinkommen“ in § 850 Abs. 1 ZPO anknüpften, da die Provisionseinkünfte des HV als eines selbständigen Kaufmanns nicht hierunter begriffen werden könnten183 sind durch BAG NJW 1962, 1121 ausgeräumt. Was Arbeitseinkommen i.S.d. Forderungs-Pfändungsvorschriften ist, bestimmt § 850 Abs. 2 ZPO selbständig. Dazu zählen (neben Gehalt, Lohn, Versorgungsbezügen) auch „sonstige Vergütungen für Dienstleistungen aller Art, die die Erwerbstätigkeit des Schuldners vollständig oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nehmen“. Es muss sich also um die Vergütung für persönliche Dienstleistungen handeln: ob jene im abhängigen Arbeitsverhältnis oder in einem Dienstverhältnis nach allg. Dienstvertragsrecht des BGB (wie beim HV) erbracht werden, spielt keine Rolle. Erforderlich ist nur, dass die Dienste die ausschließliche oder wesentliche Erwerbstätigkeit des Dienstleistenden ausmachen.184 Für den Einfirmenvertreter ist das unproblematisch. Aber auch für den Mehrfirmenvertreter ergeben sich keine Probleme, solange nur die HV-Tätigkeit als Ganzes die Erwerbstätigkeit des HV ausschließlich oder zu einem wesentlichen Teil in Anspruch nimmt.185 Denn auch bei einem abhängigen Arbeitnehmer geht das Lohn- und Gehaltspfändungsrecht von der Möglichkeit aus, dass er seine Einkünfte aus Beschäftigungen bei verschiedenen Arbeitgebern bezieht; es findet dann nach § 850e Nr. 2 ZPO eine Zusammenrechnung statt. Erst wenn der HV neben seiner Vertretertätigkeit für einen oder mehrere Unternehmer noch eine nicht unwesentliche Erwerbstätigkeit anderer (selb-

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178 BGBl. 1993 I, S. 2. 179 BGBl. 1982 I S. 1243. 180 Vgl. BGH, Urt. v. 19.12.1984 – I ZR 181/82, BGHZ 93, 177 (179) = NJW 1985, 3018; OLG Celle VersR 1994, 856. 181 Ulmer/Habersack ZHR 159 (1995), 109 (131 ff.), und zwar nicht nur mittels Individualvertrag (aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 34). 182 BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665; BAG, Urt. v. 10.2.1962 – 5 AZR 77/61, NJW 1962, 1221; OLG Hamm BB 1956, 668; 1972, 855; LG Dortmund MDR 1957, 750; LG Hamburg MDR 1961, 856; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 133; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Hopt § 87 Rn 50; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 119, 220; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 1; Westphal I Rn 270, 271; Roellecke BB 1957, 1159; Treffer MDR 1998, 384; aA LG Bochum BB 1957, 1158; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 15a. 183 Schlegelberger/Schröder § 87b, 15a. 184 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 133. 185 Hopt § 87 Rn 50; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 37.

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ständiger) Art ausübt, wird § 850 ZPO unanwendbar und unterliegen seine Provisionsansprüche den allgemeinen Vorschriften über die Forderungspfändung.186 Maßgebend für die Höhe der Einkünfte ist bei dem Mehrfirmenvertreter dessen Gesamteinkommen.187 Der Anspruch eines HV auf monatliche Fixprovision ist zumindest Arbeitseinkommen nach § 850 Abs. 2 ZPO, sofern es sich um dessen einzige Tätigkeit handelt.188 Provisionsvorschüsse dürfen ebenfalls gepfändet werden.189 Voll unpfändbar können gem. § 850a Nr. 3 ZPO ggf. Aufwendungsentschädigungen des HV,190 etwa Spesenbeträge,191 Erstattungen für Auslagen und Aufwendungen,192 Übernachtungen193 oder Mehraufwendungen für Verpflegung und Kleidung194 sein. Der Streit über den Anwendungsbereich des § 850 ZPO dürfte an Schärfe verloren haben, seit zum 1.7.2010 § 850i ZPO novelliert wurde. § 850i ZPO gewährt nun allen Einkünften eines Schuldners Pfändungsschutz wie Arbeitseinkommen. Da jede Änderung des Pfändungsschutzes auf die Massezugehörigkeit (§ 36 InsO) und Abtretbarkeit (§ 400 BGB) einer Forderung einwirkt und gegen unpfändbare Forderungen nicht aufgerechnet werden darf (§ 394 BGB), entfaltet die Regelung über das Zwangsvollstreckungsrecht hinausgehende Wirkungen.195 Die erst in Zukunft entstehenden Provisionsforderungen sind als solche nach § 832 33 ZPO pfändbar,196 mögen sie dem § 850 ZPO unterfallen197 oder nicht.198 In diesen Fällen kann bei einem zum Inkasso berechtigten HV die Frage auftauchen, ob eine zwischen ihm und dem Unternehmer im voraus getroffene Abrede, dass die Provision von den eingezogenen Geldern einbehalten werden dürfe, der später erfolgten Pfändung der Provisionsansprüche gegenüber den Vorrang genießt. Das wäre dann der Fall, wenn die Abrede eine Voraus-Aufrechnung beinhaltete, die die Provisionsforderung im Augenblick des Inkasso als kraft eben jener Aufrechnung getilgt erscheinen lassen müsste. Der Gläubiger wäre dann auf eine Pfändung der einbehaltenen Provision bei dem HV (Bargeld- oder Kontenpfändung) verwiesen. Im Ergebnis besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass ein solcher Vorrang der Einbehaltungsberechtigung gegenüber Pfändungen nicht anzuerkennen ist. 199 Die Begründung ist unterschiedlich und in ihrer Unsicherheit wenig befriedigend. Am ehesten überzeugt noch das Argument, dass die „Abrede“ gar keine echte Vorausaufrechnung darstelle, sondern im Zweifel nur eine Feststellung, dass der Unternehmer die Entnahme der Provision aus den eingezogenen Geldern dulden wolle.200 Jedenfalls müssten die Anforderungen an eine förmliche Aufrechnungsvereinbarung schon streng gehalten sein; es würde gefordert werden müssen, dass sie u.a. klarstellt, für welche Zeit sie gelten solle und ferner, ob und unter welchen Umständen sie

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186 OLG Hamm BB 1972, 855 und (in einem obiter dictum) BGH Rpfl. 1978, 54; Roellecke BB 1957, 1159; Rewolle DB 1962, 936. 187 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Hopt § 87 Rn 50. 188 BayObLG, Beschl. v. 6.3.2003 – 5 StR 18/03, NJW 2003, 2181. 189 Treffer MDR 1998, 384 (385); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9. 190 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 134. 191 OLG Hamm BB 1956, 668; Hopt § 87 Rn 50. 192 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 134. 193 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 134. 194 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 134. 195 Meller-Hannich WM 2011, 529. 196 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 37; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 9; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 121. 197 LG Berlin VersR 1962, 217; Hopt § 87 Rn 50. 198 RGZ 134, 227. 199 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 135. 200 So etwa LG Hamburg MDR 1961, 856.

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vom Unternehmer widerrufen werden könne. Schon daran wird es meist fehlen und damit die Abrede auf jene schlichte Duldungsübereinkunft reduziert. Mit einem ähnlichen Gesichtspunkt arbeitet RAG 6, 204 (207). Komplizierter wäre es, die Widerruflichkeit der Duldungsübereinkunft in den Vordergrund zu stellen und zu empfehlen, außer dem Provisionsanspruch auch das Recht des HV auf Widerruf zu pfänden und sich zur Einziehung überweisen zu lassen, was ohnehin nicht immer helfen kann. Wiederum andere Meinungen operieren mit § 392 BGB201 und dem Gedanken, dass die „Vorausaufrechnung“ ohnehin erst im Augenblick des Inkasso wirken könne, weshalb dem die Pfändung mit dem Verfügungsverbot an den Schuldner zuvorkomme.202 Doch ist das gerade die Frage, die es zu untersuchen gilt. Dass die Rechtsprechung sich mit unterschiedlich begründeten Lösungen behilft, mag den Bedürfnissen der Praxis genügen. Q. Systematik der §§ 87 ff. § 87 eröffnet die Reihe der eigentlichen Bestimmungen über die Provision. § 86b über 34 die Delkredereprovision ist insoweit etwa atypisch gelegen, was damit zusammenhängt, dass die Regelung der Delkredereprovision einen Annex der Bestimmung über das Delkredereversprechen des HV bildet und sie damit in den Kontext der Bestimmungen der §§ 86 ff. zu den Hauptpflichten passt. In den §§ 87 ff. waren zunächst die tatbestandlichen Voraussetzungen des Provisionsanspruchs näher zu bestimmen. Der Unterschied zwischen HV und Makler liegt darin, dass die Provision nicht schon mit dem Abschluss des vermittelten Geschäfts verdient sein soll. Das Gesetz macht sie grundsätzlich noch von dessen Erfüllung abhängig. Das wiederum erfordert Detailregelungen für Fälle von Leistungshindernissen, aber auch (weil das HV-Verhältnis im Gegensatz zum Maklerauftrag noch mehr ein Dauerrechtsverhältnis ist) für die zeitliche Abgrenzung, wenn der Vertretervertrag während der Vermittlungsbemühungen vor Abschluss des Geschäfts endet. Schließlich waren Fragen des Kundenschutzes und des Bezirksschutzes – für den Bezirksvertreter – zu entscheiden. Dies alles ging über den normalen Umfang eines einzigen Paragraphen hinaus. Der Gesetzgeber hat sich deshalb entschlossen, die Voraussetzungen des Provisionsanspruchs aufzuspalten; er hat hierbei die Zäsur in den Abschluss des Geschäfts gelegt, welches er als provisionspflichtig anerkennt. Dessen Tatbestand und seine zeitliche Bezogenheit ist der Inhalt des § 87. § 87a regelt den Einfluss des weiteren Schicksals des Geschäfts im Fortgang seiner Erfüllung auf den Provisionsanspruch und zugleich den Zeitpunkt der Fälligkeit. Weil der Provisionsanspruch endgültig erst mit der Erfüllung des Geschäfts oder einem zugelassenen Erfüllungs-Ersatztatbestand begründet sein soll, ist das Verhältnis von § 87 zu § 87a dahin zu bestimmen, dass bei Gegebensein der Voraussetzungen des § 87 der Anspruch zunächst aufschiebend bedingt,203 als Provisionsanwartschaft, entstanden ist, während die weiteren Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 die Bedingung darstellen, mit deren Eintritt der Anspruch sich zum unbedingten verfestigt. § 87 bestimmt damit, wofür der HV Provision erhält. Die Norm bezeichnet den 35 Rechtsgrund des Provisionsanspruches. Gem. Abs. 1 hat der HV entweder Anspruch auf Provision für von ihm vermittelte Geschäfte oder sog. Folgegeschäfte. Abs. 2 ordnet den Provisionsanspruch des Bezirksvertreters. Abs. 3 trifft eine Sonderbestimmung für nachvertragliche Provision. Abs. 4 regelt die Inkassoprovision.

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201 LG Dortmund MDR 1957, 750. 202 RAG 5, 136 (139). 203 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388; BFH, Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828; BFHE 107, 426, BStBl II 1973, 212; BFHE 109, 33, BStBl II 1973, 481.

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§ 87a regelt, wann der Provisionsanspruch entsteht und wann er entfällt. Nach Abs. 1 hat der HV Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Gem. Abs. 2 entfällt der Provisionsanspruch, wenn feststeht, dass der Kunde nicht leistet. Abs. 3 regelt das Schicksal des Provisionsanspruches bei wirtschaftlicher Disparität zwischen abgeschlossenem und ausgeführtem Vertrag. Abs. 4 bestimmt die Fälligkeit des Provisionsanspruches. 37 § 87b führt aus, wie viel Provision der HV erhält. Dabei bestimmt Abs. 1 die Höhe des Provisionssatzes, Abs. 2 und 3 klären die Bemessungsgrundlage, auf deren Basis der Provisionssatz errechnet wird. Daran schließt § 87c betreffend die Kontrollrechte des HV an, mit denen der HV Grund und Höhe der nach den §§ 87 ff. geschuldeten Provision überprüfen darf. § 87c gibt die Kontrollmittel, welche dem HV zur Überprüfung der Verprovisionie38 rung eröffnet sind; § 87d den Aufwendungsersatz. § 92a ermöglicht die Festsetzung einer Mindestprovision. Normadressat ist jedoch der VO-Geber, weshalb die Vorschrift sich nicht direkt in den Reigen der Provisionsvorschriften einordnet. 39 Die Entstehung des Provisionsanspruches vollzieht sich in mehreren Stadien.204 Gem. § 87 Abs. 1 entsteht eine Tätigkeits- oder Folgeprovision aufschiebend bedingt auf den Fall, dass die Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 eintreten, d.h. sobald und soweit der vertretene Unternehmer (§ 87a Abs. 1 Satz 1) oder der vorleistende Dritte (§ 87a Abs. 1 Satz 3) das abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat.205 Ab diesem Zeitpunkt ist der Anspruch entstanden; er steht nach Grund und Berechnungsfuß206 fest und ist als solcher – nicht nur als zukünftiger – abtretbar und pfändbar.207 Unterbleibt die Ausführung, so entsteht der Provisionsanspruch gleichwohl, es sei denn, dass in § 87a Abs. 3 S. 2 abschließend geregelte Voraussetzungen erfüllt sind, bei denen ausnahmsweise die Nichtausführung die unbedingte Entstehung des Provisionsanspruches hindert.208 Gleichwohl ist hiermit der Provisionsanspruch noch immer nicht absolut sicher. Denn es muss ein weiteres Stadium durchschritten werden. Der Provisionsanspruch kann nämlich (vom Unternehmer zu beweisende Ausnahme) entfallen, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet (§ 87a Abs. 2). Die Fälligkeit des Provisionsanspruches tritt dann am letzten Tag des Monats ein, in dem der Unternehmer über den Provisionsanspruch abzurechnen hat (§ 87a Abs. 4). 40

Küstner/Thume I, Kap. V Rn 40 bilden folgendes Beispiel: 1. Stadium: Das Geschäft wird abgeschlossen Folge: Der HV erwirbt einen bedingten Anspruch auf Provision (Provisionsanwartschaft). Der Anspruch ist aufschiebend bedingt auf die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer, gleichzeitig aber auch auflösend bedingt infolge der Nichteinlösung durch den Dritten. 2. Stadium: Der Unternehmer führt das Geschäft aus Folge: Die aufschiebende Bedingung entfällt, die auflösende Bedingung bleibt bestehen.

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204 BGH NJW-RR 1999, 868; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 40. 205 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. V Rn 37. 206 Vorbehaltlich § 87b Abs. 2 S. 1, vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). 207 Eberstein, 9. Aufl., S. 86. 208 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 37.

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3. Stadium: Der Dritte (Kunde) leistet Folge: Der Provisionsanspruch wird dadurch zu einem unbedingten Anspruch, der nicht mehr mit Unsicherheitsfaktoren belastet ist. 4. Stadium: Die Fälligkeit Folge: Die Fälligkeit des unbedingten Anspruches tritt am letzten Tag des Monats ein, in dem über den Anspruch abzurechnen ist.

Das alles ist hinreichend kompliziert und noch dazu verklausuliert, indem der Kunde eher fernliegend als „Dritter“ apostrophiert wird. Ein Beispiel für Verständlichkeit wird nicht gegeben. Es mag ferner bemängelt werden, dass die Provisionsvorschriften zersplittert sind. Zumindest § 87 und § 87a hätten in einer Vorschrift gefasst werden können. R. Die Provisionsanwartschaft des § 87 Abs. 1 und Abs. 2 I. Einführung § 87 Abs. 1 und 2 regeln, wofür, d.h. unter welchen Umständen, der HV Provision er- 41 hält. Die Norm regelt also, welche Geschäfte provisionspflichtig sind.209 Sind die TBVoraussetzungen der Norm erfüllt, erwirbt der HV einen aufschiebend bedingten Provisionsanspruch210 bzw. eine sog. Provisionsanwartschaft.211 Eine zeitliche Begrenzung des Provisionsrechts eines HV, der ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, besteht grds. nicht:212 Wenn der HV ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, erwirbt er hierdurch einen bedingten Provisionsanspruch für die vollständige Dauer des vermittelten Vertrages.213 Wie der Rückschluss aus § 87a Abs. 1 offenbart, ist mit dem Eintritt der Voraussetzungen des § 87 die Provision noch nicht endgültig verdient. Vielmehr ist weiter die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer erforderlich. Erst dann erstarkt der Anspruch zu einem unbedingten Provisionsanspruch.214 Gem.§ 87 Abs. 1 hat der HV Anspruch auf Provision für alle während des Vertreter- 42 vertrages abgeschlossenen Geschäfte, die auf seine Tätigkeit zurückzuführen sind (Tätigkeitsprovision) oder mit Dritten abgeschlossen werden, welche er als Kunden für Geschäfte der gleichen Art geworben hat (Folgeprovision). Nach der Gesetzeskonzeption handelt es sich bei der Tätigkeitsprovision und auch der Folgeprovision um die Grundtatbestände der Provision und statistisch gesehen dürfte dies die häufigste Provisionsform bilden. Allerdings werden im Interesse des Unternehmers nicht selten die Folgeprovisionen ausgeschlossen, was zulässig ist, da § 87 Abs. 1 nicht zwingend ist. § 87 Abs. 2 regelt die Provisionsanwartschaft des Bezirksvertreters (Bezirksprovi- 43 sion). Rechtstatsächlich wird diese Provisionsform häufig gewählt, weil sie Streitigkeiten über die Tätigkeit des Unternehmers im Gebiet des HV vermeidet. Wird Bezirkspro-

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209 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 281. 210 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); v. 29.6.2004 – IX ZR 195/03, BGHZ 159, 388; BFH, Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828; v. 19.10.1972 – I R 50/70, DB 1973, 363; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 1. 211 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. V Rn 36. 212 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31 f. 213 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31. 214 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 41.

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vision vereinbart, ist der Unternehmer nämlich auch für solche Direktgeschäfte provisionspflichtig. Eine Bezirksprovision wird nur geschuldet, wenn der HV ausdrücklich oder konkludent als Bezirksvertreter eingesetzt wurde. Ist dem HV ein bestimmter Bezirk oder ein bestimmter Kundenkreis zugewiesen worden, so hat er Anspruch auf Provision auch für die Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung mit Personen seines Bezirkes oder seines Kundenkreises während des Vertragsverhältnisses abgeschlossen sind. Diesen seinen Bezirk oder Kundenkreis soll der HV ständig betreuen und sich auf ihn konzentrieren. In Anerkennung solcher spezifischen Betreuungsleistungen wird bestimmt, dass dem Bezirksvertreter für alle Geschäfte mit bezirksansässigen Kunden, mag er sie vermittelt haben oder nicht, die Provision so zusteht, als wenn er selbst vermittelnd tätig geworden wäre. Seine Zuständigkeit soll sich nicht mit provisionssparendem Effekt durch Direktabschlüsse des Unternehmers ausschalten lassen. Durchgehend sind sodann in HVVerträgen Regelungen über die Abgrenzung der Provisionsberechtigung für den Fall vorgesehen, dass ein HV nach erfolgversprechender Anbahnung einer Vermittlung aus dem Vertreterverhältnis ausscheidet und das Geschäft erst im Zeichen seines Nachfolgers zum Abschluss gelangt (Abs. 3). Systemfremd im Aufbau des § 87 ist die Bestimmung in Abs. 4 über die Berechtigung 44 zur Inkassoprovision. Sie ist unechte Provision, nicht erfolgsbedingt, eine Vergütung für reine Verwaltungstätigkeit, die nicht einmal zu den wesenseigenen Aufgaben des HV gehört und die bestenfalls stellvertretend für mancherlei Verwaltungsprovisionen anderer Art, wie sie beim HV auch vorkommen können (Lagerhaltung, Regulierung von Reklamationen), ihren Ort gefunden hat. II. § 87 Abs. 1 45

Die Anwartschaft setzt voraus, dass ein Geschäft zwischen dem Unternehmer und dem Kunden während der Laufzeit eines bestehenden HV-Vertrages abgeschlossen wird. Weiter muss das Geschäft entweder auf die Tätigkeit des HV zurückzuführen sein („Tätigkeitsprovision“) oder es muss sich um ein Folgegeschäft („Folgeprovision“) handeln.

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1. Während des Vertragsverhältnisses. Provision nach § 87 erhält der HV grds. – von den beiden Ausnahmen des Abs. 3 S. 1 abgesehen – nur für Kundengeschäfte, welche während des Bestehens des HV-Vertragsverhältnisses abgeschlossen werden.215 Vom HV vor oder nach Vertragsende zustande gebrachte Geschäfte sind grds. nicht nach § 87216 (bestenfalls analog), u.U. jedoch nach § 354 provisionspflichtig (s.o. Rn 27). Für § 87 Abs. 1 1. Alt. bedeutet dies, dass der HV Provision nur verlangen kann, wenn die Vermittlung während eines wirksamen217 oder von beiden Parteien faktisch218 in Vollzug gesetzten HV-Vertrags erfolgte.219 Gemeint ist der – wirksame220 (Rn 52 ff.) – Abschlusstatbestand als solcher, auch als aufschiebend bedingter.221 Wann dann die Bedingung oder die

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215 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Hopt § 87 Rn 7; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 14. 216 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 11. 217 BGH, Urt. v. 21.12.1973 – IV ZR 158/72, BGHZ 62, 71, 73 = NJW 1974, 852; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 12. 218 Westphal I Rn 276; Evers BB 1992, 1365 (1370, 1371); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 12; aA wohl Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 6, 20; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 4. 219 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 28. 220 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 30. 221 Hopt § 87 Rn 7.

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Erteilung der Genehmigung bei schwebend unwirksamem Kundenvertrag222 eintritt, ist für den Provisionsanspruch ohne Belang. Tritt die Bedingung/Genehmigung nach Vertragsende ein und/oder wird das Geschäft erst nach Vertragsende ausgeführt, so ist es ebenfalls provisionspflichtig223 und muss ggf. nachverprovisioniert werden. Bedeutung hat das namentlich für Sukzessivlieferungsgeschäfte (Rn 64). Ist der Abschluss während des HV-Vertrages erfolgt, berührt es die Provisionsberechtigung des HV nicht, falls die einzelnen Erfüllungsakte, terminlich oder auf Abruf, erst nach Ende desselben geschehen.224 Die Provision ist grds. auch nach Beendigung des HV-Vertrages bis zur Beendigung des vermittelten Vertrages zu leisten; eine Einmalprovision sieht das Gesetz nicht als Regelfall vor. Jeder der Erfüllungsakte löst nach Maßgabe des § 87a Abs. 1 die nachträglich zu berechnende Teilprovision aus. Eine Nachverprovisionierung nach Vertragsende anfallender Ausführungs- oder Teilausführungsakte des Geschäfts kann jedoch – soweit der Anwendungsbereich des zwingenden § 89a Abs. 5 nicht berührt wird225 – ausgeschlossen werden und wird nicht selten vertraglich derogiert (zur Provisionsverzichtsklausel, die insb. im Versicherungsvertrieb häufig ist s. § 89b Rn 553 ff.). Ebenso ist unerheblich, ob das abgeschlossene Geschäft während der Vertrags- 47 laufzeit auch abgewickelt wird.226 Allein entscheidend ist der Abschluss des Geschäfts. Denn gem. § 87 Abs. 1 Alt. 1 sind auch Geschäfte provisionspflichtig, die während des bestehenden HV-Vertrags abgeschlossen werden, jedoch erst nach Vertragsschluss erfüllt werden,227 was insb. bei der Provisionspflichtigkeit von Dauerschuldverhältnissen relevant sein kann228 (s. Rn 63 ff.). Bei unwirksamen, jedoch faktisch in Verzug gesetzten Verträgen gelten die Regeln über den faktischen Vertrag.229 Der Vertrag ist also nur mit ex-tunc-Wirkung nichtig. Für die Vergangenheit bereits entstandene Provisionsansprüche können nach wie vor gefordert werden.230 Wollte man dem nicht folgen, kann eine Vergütung nach § 354 oder § 812 BGB geschuldet sein (Rn 27 ff.).231 Insbesondere bei Sittenwidrigkeit des vermittelten Vertrags ist die Vermittlungsleistung ohne Wert und nicht zu vergüten.232 Für Geschäfte, die nach Ende des HV-Vertrages geschlossen werden, besteht hingegen grundsätzlich kein Provisionsanspruch.233 Eine Ausnahme bildet die nachvertragliche Provision (siehe Rn 126 ff.). Der HV behält selbst bei schweren, von ihm zu verantwortenden Vertragsverlet- 48 zungen seinen einmal verdienten Provisionsanspruch.234 Der Unternehmer darf aber mit Schadenersatzforderungen aufrechnen. Eine bereits ausgesprochene ordentliche Kündigung bleibt für das Provisionsrecht ebenso unerheblich235 wie das Vorliegen eines wich-

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222 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 28. 223 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); v. 10.12.1997 – VIII ZR 107/97, NJW-RR 1998, 629 unter II 1; BAG DB 2008, 761 – sog. Überhangprovisionen. 224 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). 225 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 14. 226 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 282. 227 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 282. 228 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 14. 229 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 19. 230 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 19. 231 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 19. 232 BGH, Beschl. v. 21.12.2010 – IX ZR 199/10, BeckRS 2011, 01059. 233 Westphal I Rn 459. 234 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 50; Hopt § 87 Rn 49; aA wohl Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 25. 235 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 12; Hopt § 87 Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 28.

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tigen Grundes für eine fristlose Kündigung, solange diese nicht erklärt ist.236 Ausnahmen können über § 242 BGB gebildet werden. 49

2. Geschäftsabschluss. Die Anwartschaft nach § 87 Abs. 1 setzt weiter voraus, dass zwischen Unternehmer und dem Kunden des Unternehmers (der „Dritte“) ein Geschäft abgeschlossen wird. Ein Anspruch auf Provision erwächst dem HV auf Grund seiner Vermittlung nur, wenn sie zum Erfolge führt, nämlich zum Abschluss von Verträgen. Die Provision ist damit nicht tätigkeits-, sondern erfolgsbezogen: selbst bei größter Mühe bleibt sie aus, wenn das Geschäft nicht geschlossen wird.237 Der Abschlussvertreter führt diesen Abschluss selbst herbei; der Vermittlungsvertreter bleibt unterhalb dieser Schwelle. Nicht immer wird es sich so fügen, dass der HV seinem Unternehmer den mit dem Kunden ausgehandelten Vertrag abschlussreif präsentiert; immer aber muss auch seine Tätigkeit in den Vertragsabschluß als ihren Enderfolg eingegangen sein. Wer von den Parteien des Geschäftsschlusses im vertragstechnischen Sinne Offerent, wer Akzeptierender nach §§ 145 ff. BGB ist, spielt für den Provisionsanspruch keine Rolle. 50 Die Provisionsanwartschaft setzt voraus, dass es sich um ein Geschäft handelt, welches der Vertreter nach dem ggf. konkludent erweiterten HV-Vertrag zu vermitteln hatte.238 Insbesondere begründen die Provisionsanwartschaft nur Geschäfte, die zu dem nach dem HV-Vertrag vorausgesetzten wirtschaftlichen Vorteil des Unternehmers führen. Das muss nicht notwendigerweise eine Gegenleistung in Geld sein.239 Wenn der Unternehmer den nach dem HV-Vertrag vorausgesetzten oder einen vergleichbaren wirtschaftlichen Vorteil erhält, genügt dies (§ 87a Rn 45 ff.). Unerheblich bleibt, ob das Geschäft für den Unternehmer gewinnbringend ist.240 Der Unternehmer ist bezüglich der Entscheidung frei, ob er ein vom HV vermitteltes 51 Geschäft annimmt oder ablehnt241 (zu seinem Dispositionsrecht § 86a Rn 73 ff.). Er darf das Geschäft allerdings nicht ohne vernünftigen Grund oder gar willkürlich ablehnen und nicht nur, um den HV um seine Provision zu bringen (§§ 162, 242, 226 BGB).242 Ein Verstoß führt zur Schadenersatzpflicht des Unternehmers in Höhe des entgangenen Rohgewinns des HV. Außerdem besteht ein außerordentliches Kündigungsrecht des HV.243 Spätestens in der Auslieferung der Ware liegt die – konkludente – Willenserklärung des Unternehmers zum Abschluss des Geschäftes. Ob das Geschäft wirksam wird, hängt dann davon ab, ob es eine korrespondierende Willenserklärung des Kunden gibt. Auf die Zusendung unbestellter Ware braucht der Kunde nicht zu antworten, so dass sein bloßes Schweigen keine entsprechende Willenserklärung wäre. 52

3. Wirksames Geschäft. Das Geschäft muss wirksam und rechtsverbindlich zustande gekommen sein.244 Dazu muss der Vertrag zwischen Kunden und Unternehmer

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236 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 12; Hopt § 87 Rn 37. 237 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 7. 238 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 9; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 5. 239 AA wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 16. 240 OLG Köln, Urt. v. 2.8.2002 – 19 U 152/01 VersR 2002, 1374 = OLGR 2002, 440. 241 Hopt § 87 Rn 8. 242 Hopt § 87 Rn 8 f.; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 283. 243 Hopt § 87 Rn 10. 244 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 30; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 11.

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endgültig und rechtswirksam245 zustande gekommen sein246 (§§ 145 ff. BGB). Ein Provisionsanspruch entsteht nur, sofern der Unternehmer aus dem geschlossenen Geschäft erfolgreich auf Erfüllung klagen könnte. Ein wirksames Geschäft setzt den Zugang der letzten Willenserklärung zum Vertragsschluss voraus. Bei einem Vermittlungsvertreter gibt der Unternehmer die für ihn wirkende Willenserklärung ab. Bei dem Abschlussvertreter darf auch der HV die Willenserklärung abgeben. Keine Provision kann entstehen, falls das Geschäft von Anfang an nichtig247 ist, 53 etwa infolge von Formnichtigkeit gem. § 125 BGB,248 Gesetzwidrigkeit nach § 134 BGB249 oder Sittenwidrigkeit gem. § 138 BGB250 bzw. nach §§ 119, 123 BGB anfechtbar und mit Rückwirkung (§§ 142, 143 BGB) angefochten wurde,251 es sei denn, es wird tatsächlich durchgeführt252 (worin meist eine Bestätigung des nichtigen Geschäfts zu finden sein dürfte). Denn ein unwirksames, jedoch durchgeführtes Geschäft begründet die Provisionsanwartschaft, wenn es von den Parteien wie ein wirksames Geschäft behandelt wird: Nur muss der HV erhaltene Provision ggf. zurückzahlen, sofern eine Rückabwicklung des Geschäftes, etwa nach §§ 812 ff. BGB, erfolgt. Ist diese Rückabwicklung absehbar, braucht der Unternehmer vorerst nicht zu leisten („dolo petit“; § 242 BGB). Hat der Unternehmer die Unwirksamkeit zu vertreten, etwa das Anfechtungsrecht geschaffen, konkurriert mit dem Schadenersatzanspruch des HV ein Provisionsrecht nach §§ 162, 242 BGB, § 87a Abs. 3 analog.253 So soll auch nach Ansicht des OLG München254 ein HV, der gem. vertraglicher Vereinbarung dem Unternehmer Kunden zugeführt hat, gegen diesen gem § 87a Abs. 3 analog, § 242 BGB einen rechtswirksamen Provisionsanspruch auch dann innehaben, wenn das von dem Unternehmer betriebene Anlagemodell – vom Kunden und dem HV unerkannt – wegen Betreibens eines „Schneeballsystems“ sittenwidrig ist und ein wirksamer Kundenvertrag daher nicht zustande gekommen ist. Der BGH255 widersprach dem im Ergebnis: Der HV müsse gem. §§ 143 Abs. 1, 134 InsO Provisionen zurückerstatten, die durch die Einbeziehung der Scheingewinne entstanden. Diese seien „unentgeltlich“ geleistet worden und nach § 134 InsO anfechtbar. Den Betreuungsleistungen des HV komme kein objektiver Wert zu. Auf eine fehlerhafte Abrechnung von Kundenverträgen, an die sich der Unternehmer selbst nicht gehalten habe, dürfe er sich (und im vom BGH entschiedenen Fall auch nicht der HV) analog § 654 BGB nicht berufen.256 Ist das Geschäft anfechtbar, aber noch nicht angefochten, so soll dem Unterneh- 54 mer gegenüber dem Provisionsanspruch des HV unter analoger Heranziehung des § 770

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245 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 283. 246 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 23; Westphal I Rn 461; Hopt § 87 Rn 7. 247 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 23; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 283; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; Hopt § 87 Rn 7; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 9. 248 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 23. 249 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 23. 250 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 23. 251 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 23; Hopt § 87 Rn 7; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 11; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 8. 252 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14. 253 Canaris § 15 Rn 57; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 11. 254 OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, WM 2011, 167 m. krit. Anm. Baumert FD-InsR 2011, 313542; OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09, WM 2011, 164. 255 BGH, Urt. v. 22.9.2011 – IX ZR 209/10, ZIP 2011, 2264 = WM 2011, 2237 = EWiR 2012, 93 (Ludwig); ebenso OLG Koblenz, Zwischenurt. v. 24.3.2011 – 2 U 97/10, BeckRS 2012, 20058. 256 BGH, Urt. v. 22.9.2011 – IX ZR 209/10 Rn 19, ZIP 2011, 2264 = WM 2011, 2237 = EWiR 2012, 93 (Ludwig).

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BGB eine aufschiebende Einrede gegeben sein,257 sofern das Geschäft schon soweit ausgeführt ist, dass der Provisionsanspruch überhaupt durchsetzbar ist (§ 87a Abs. 1): eine billigenswerte Einschränkung. Wird in der Insolvenz angefochten (§§ 129, 143 InsO) und muss der Unternehmer deshalb das Erlangte herausgeben, so ist die Provision nicht geschuldet.258 Bereits geleistete Provision ist u.U. nach § 143 InsO zurückzugewähren, vorbehaltlich § 242 BGB259 oder § 818 Abs. 3 BGB bei Verwendung der Provision für den Lebensunterhalt.260 Bedarf das zwischen dem Unternehmer und Kunden vereinbarte Geschäft zur Wirksamkeit einer behördlichen Genehmigung, so kann es – für die Provision und die Begründung des Anspruchs hierauf – erst von deren Erteilung an als zustande gekommen gelten (arg. § 87a: weil auch die Bewirkung der Leistung, wenn und solange die Genehmigung aussteht, rechtsgrundlos wäre). Wird ein Geschäft nachträglich im Gefolge von Leistungsstörungen rückgängig 55 gemacht, beurteilt sich die Frage, ob ein Provisionsanspruch besteht, nach § 87a Abs. 2 u. 3.261 Eine auflösende Bedingung lässt das Geschäft rückwirkend entfallen. Die Provisi56 onsanwartschaft entfällt korrespondierend.262 Die aufschiebende Bedingung führt zunächst zur Provisionsanwartschaft. Ein endgültiger Provisionsanspruch entsteht jedoch nur, wenn neben den TB-Voraussetzungen des § 87a Abs. 1 auch die Bedingung eintritt.263 Es liegt eine zweifach gestufte Bedingung vor. Wird vor Eintritt der Bedingung für den Abschluss das Geschäft rückgängig gemacht, kann der Provisionsanspruch nur unter den Voraussetzungen des § 162 Abs. 1 BGB Bestand behalten (für dessen Anwendung dann im Hinblick auf § 87a die Ausführung des Geschäfts im Zweifel unterstellt werden muss). So insbesondere, wenn die Ausübung des Rücktritts bei Geschäftsabschluss vorbehalten worden war, etwa bei der Klausel „freibleibend“.264 Bei auflösender Bedingung des Geschäfts ist der Entstehungsgrund für die Provision zunächst gegeben; das Endgültigwerden des Provisionsanspruchs hängt aufschiebend bedingt von einem der Tatbestände des § 87a ab. Tritt vor oder nach dem letzteren Zeitpunkt die auflösende Bedingung für den Geschäftsabschluss ein, kommt dem HV allenfalls § 162 Abs. 2 BGB zugute, sonst ist der Provisionsanspruch hinfällig geworden. Anders nur bei Gebrauchsüberlassungs- oder Nutzungsverträgen, die bei Eintritt der auflösenden Bedingung bereits in Vollzug gesetzt gewesen waren, weil die auflösende Bedingung nur ex nunc wirkt (§ 158 Abs. 2 BGB) und die bis dahin erbrachten Leistungen mit Rechtsgrundlage erbracht bleiben. 57 Mit dem vertraglich vorbehaltenem265 oder gesetzlichen Rücktritt wandelt sich das Geschäft nach § 346 BGB in ein Rückgewährschuldverhältnis um, so dass die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren sind. Es kann damit keine Grundlage für einen Provisionsanspruch des HV bilden.266

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257 Schmidt-Rimpler S. 118 (mit Reichel Die Maklerprovision [1913] S. 27); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14. 258 Schmidt-Rimpler a.a.O.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14. 259 OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, WM 2011, 167 m. krit. Anm. Baumert FD-InsR 2011, 313542; OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09, WM 2011, 164. 260 OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09, WM 2011, 164. 261 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14; Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 10. 262 BGH WM 1991, 76; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 150; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 25; Westphal I Rn 467; Hopt § 87 Rn 7. 263 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 24; Westphal I Rn 467; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 11. 264 OLG Hamburg Recht 1923, Nr. 530. 265 Hopt § 87 Rn 7. 266 Westphal I Rn 465; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 283.

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Sofern eine Kündigung des Geschäfts zulässig ist, wird sie erst mit Zugang wirk- 58 sam. Die bis dahin ausgetauschten Leistungen sind provisionspflichtig,267 die danach ausgetauschten, wenn sie von beiden Parteien akzeptiert werden (konkludente oder ausdrückliche Vertragsfortsetzung). Wird die Ungültigkeit später – ohne Durchbrechung des ursächlichen Zusammen- 59 hangs des Geschäfts mit der Tätigkeit des HV – behoben (Heilung nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB, formgerechter Neuabschluss), entsteht der Provisionsanspruch erst268 mit tatsächlicher Durchführung (soweit sich der Kunde nicht später wirksam auf die Unwirksamkeit beruft), mit wirksamen Vergleich269 (soweit der Provisionsanspruch nicht bereits vorher entstanden war)270 oder mit Heilung,271 je nachdem, welcher Zeitpunkt eher eintritt. Bei unterschiedlichen Beträgen aus den jeweiligen Heilungsschritten werden jene jeweils zum Zeitpunkt der Durchführung fällig. Hat der Unternehmer die Nichtigkeit verursacht und liegt hierin eine Pflichtwidrigkeit gegenüber dem HV, schuldet er ihm Schadenersatz,272 sofern der Grund der Nichtigkeit es zulässt. § 87 Abs. 3 (analog) ist anzuwenden, falls die Wirksamkeit erst nach Vertragsende eintritt.273 Bei teilweiser Nichtigkeit eines Vertrages kommt es darauf an, ob der gültige Teil 60 nach § 139 BGB Bestand hat. Die Provision ist dann allein aus dem gültigen Teil zu berechnen274 (bei Verstoß gegen Preisvorschriften etwa von dem gesetzlich zugelassenen Preis ohne Rücksicht darauf, was wirklich gezahlt worden ist).275 4. „Dritter“. Der Vertrag muss zwischen dem Unternehmer und einem „Dritten ge- 61 schlossen worden sein. Der „Dritte“ ist der Kunde des Unternehmers. Der Begriff des Dritten ist im denkbar weitesten, wirtschaftlichen Sinne276 zu verstehen. Dritter kann grundsätzlich jeder sein, ungeachtet seiner Rechtsnatur, etwa natürliche oder juristische Personen277 und auch rechtlich unselbstständige Filialen oder Zweigniederlassungen.278 Eine rechtliche oder wirtschaftliche Abhängigkeit zu einem Dritten ist grundsätzlich irrelevant,279 es sei denn, es liegt ein Eigengeschäft (dazu Rn 66) vor. Dass auch Filialen „Dritte“ i.S.d. § 87 sein können, wird insb. für die Provision des Bezirksvertreters (Rn 102 ff.) bedeutsam. 5. Fehlende Provisionsanwartschaft. Kein Provisionsrecht rechtfertigen Geschäfte, 62 die den Abschluss verbindlicher Verträge erst in Aussicht stellen oder vorbereiten,280 ohne dass er sicher ist. Dies ist eine Frage der Klagbarkeit, nicht erst der nachfolgenden hinreichenden Kausalität zwischen Werbung des HV und Einzelgeschäft. Das setzt auch eine hinreichende Bestimmtheit des vermittelten Geschäftes voraus: Eine Provisionsanwartschaft

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267 Westphal I Rn 466. 268 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 30. 269 OLG Köln NJW-RR 1992, 226. 270 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14. 271 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 29. 272 Hopt § 87 Rn 7. 273 Canaris § 15 Rn 57. 274 Westphal I Rn 464; Hopt § 87 Rn 7; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 8. 275 OLG Düsseldorf MDR 1957, 168 [L]. 276 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 13. 277 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 13. 278 BGH, Urt. v. 14.12.1959, NJW 1960, 433; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 13. 279 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 13. 280 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a.

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entsteht nur hinsichtlich der Geschäfte, die bereits in den Einzelheiten festgelegt sowie verbindlich bestellt und allenfalls – wenn ein fester Liefertermin nicht vereinbart ist – noch abzurufen sind, so dass es keiner weiteren Vertragsverhandlungen bedarf und die Handlung des HV „automatisch“ zur Gegenleistung des Unternehmers führt.281 Der Vorbehalt einer Preisanpassung bei künftigen Lieferungen ist wegen § 315 BGB unbeachtlich.282 Keine Provisionsanwartschaft begründen etwa: – „Aufbauverträge“ im Versicherungsrecht,283 soweit sich die Versicherungssumme nicht automatisch erhöht; – aufschiebend bedingte Geschäfte. Das für die Vermittlung eines aufschiebend bedingten Geschäfts Gesagte trifft auch für die Vermittlung einer Option zu,284 insoweit diese als perfekter Vertragsabschluß unter einer Bedingung (der Ausübung der Option) angesehen werden kann; – „freibleibende Abschlüsse“, bei denen die Provision, und zwar auch die Provisionsanwartschaft, erst mit Ausführung des Kundengeschäfts entsteht;285 – Listungen bei Einzelhandelsketten, mit welchen der Kunde den Unternehmer durch Eintragung in „Listen“ in den Kreis seiner Lieferanten aufnimmt;286 – Vorverträge287 durch die das provisionspflichtige Umsatzgeschäft noch nicht verbindlich abgeschlossen wird.288 Zur Erfüllung der Anwartschaft reicht der Abschluss eines bloßen Vorvertrages nicht aus,289 und zwar selbst dann nicht, wenn er zum Abschluss des Hauptvertrages verpflichtet,290 es sei denn, er besitzt bereits die einem endgültigen Vertrag vergleichbare bindende Wirkung291 und führt daher quasi „automatisch“ zum Abschluss des Einzelgeschäfts (siehe Rn 63). Zwar liegt ggf. schon eine Verpflichtung des Kunden vor, demnächst den Hauptvertrag auf Lieferung abzuschließen. Dennoch ist der Güterumsatz noch nicht in der Weise effektuiert, wie das nach dem Inhalt des HV-Vertrages und der darin festgelegten Tätigkeitspflichten des HV vorausgesetzt ist. Der Unternehmer „hat“ noch nicht das, was er endgültig haben soll, vielmehr muss er Weiteres aufwenden, um zu einem durchsetzbaren Liefergeschäft zu gelangen. Der Unterschied zeigt sich, wenn es bei Beendigung des HV-Verhältnisses noch nicht zum Einzelabschluss (beim Rahmenvertrag) oder zum Abschluss des Hauptvertrages (beim Vorvertrag) gekommen ist. Erfolgen diese Abschlüsse erst nach Vertragsende, sind sie nicht mehr provisionspflichtig.292 Allenfalls Provisionsansprüche aus § 354 können im Einzelfall begründet sein.

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281 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 282 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 283 BAG, Urt. v. 28.2.1984 – 3 AZR 472/81, VersR 1984, 897; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 284 OLG Köln, Urt. v. 21.3.2014 – 19 U 104/13, BeckRS 2014, 10869; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.3.1997 – 16 U 82/96, OLGR 1997, 146; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 66; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 285 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10. 286 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 287 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8. 288 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10; Hopt § 87 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 62. 289 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 65; Schmidt-Rimpler 117, Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8. Bei v. Gamm NJW 1979, 2492 wird eine Entscheidung des BGH vom 30.8.1964 – VII ZR 83/62 – für das Gegenteil zitiert, ohne dass jedoch die Begründung erkennbar wird (Vorvertrag „kann“ genügen). 290 Westphal I Rn 462; Hopt § 87 Rn 7. 291 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 283. 292 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218.

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6. Rahmenverträge über Teilleistungen. Bei Rahmenverträgen,293 die die Liefe- 63 rung von Teilleistungen regeln, zu deren Ausführung jedoch noch Einzelverträge geschlossen werden müssen, liegt eine für die Provisionsanwartschaft hinreichende Klagbarkeit des Einzelgeschäfts nur vor, falls der Rahmenvertrag bereits die Einzellieferungen nach Grund und Höhe regelt und deshalb bei Abschluss des Rahmenvertrages der Umfang der Einzellieferungen feststeht. Die Kontrollfrage lautet: Führt der Rahmenvertrag automatisch zum Einzelgeschäft, welches dem Unternehmer den erstrebten wirtschaftlichen Vorteil generiert? Nur wenn diese Frage mit „Ja“ zu beantworten ist, entsteht die Provisionsanwartschaft des HV. Die bloße Vermittlung eines Rahmenvertrages mit Bezugsrechten des Kunden, die erst später durch Einzelabschlüsse umgesetzt werden müssen, begründet noch keinen Provisionsanspruch, es sei denn, gerade solche Rahmenabkommen – und nicht bloß (noch nicht zustande gekommene) Einzelgeschäfte – sind nach dem HV-Vertrag das zu vermittelnde Objekt.294 Im Einzelnen: a) Sukzessivlieferungsvertrag. Ein Sukzessivlieferungsvertrag verpflichtet den 64 Kunden, über einen bestimmten Zeitraum bereits bei Vertragsschluss nach Umfang und Menge spezifizierte Leistungen des Unternehmers in Raten abzunehmen, wobei die Leistungmenge von vornherein bestimmt ist oder durch den Kunden im Rahmen der Gesamtmenge nach Bedarf festgelegt wird.295 Meist wird auch die Leistungszeit bestimmt, zwingend ist dies nicht, solange die abzurufende Menge sicher ist. Denn der Abruf mag ggf. flexibel durch den Kunden gewünscht werden.296 Es bedarf hier keiner weiteren Vertragsverhandlungen,297 damit das Geschäft „steht“. Unbeachtlich ist der zeitliche Abstand zwischen Abschluss und Lieferung.298 Da es sich um einen einheitlichen Kaufvertrag mit mehreren Teillieferungen handelt, entsteht die Provisionsanwartschaft bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in voller Höhe299 und bezieht sich auf sämtliche Teilleistungen während der von vornherein vereinbarten festen Vertragsdauer, unbestimmten und fortdauernden Vertragslaufzeit oder mangels Kündigung eintretenden automatischen Vertragsverlängerungen des Dauerschuldverhältnisses, auch auf solche Teilleistungen, die erst nach Beendigung des HV-Vertrages zur Ausführung gelangen.300 Das gilt auch dann, wenn die Lieferung auf Abruf erfolgen soll,301 solange das „Ob“ des Abrufs sicher ist. Beispiele sind der Bezugsvertrag über Loseblattsammlungen302 oder der

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293 Zu ihnen Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 ff. 294 BGH NJW 1958, 180 (das Urteil kennzeichnet allerdings einen Extremfall, weil der HV zur Vermittlung des fraglichen Produkts nicht verpflichtet war, deshalb wurde Anspruch aus § 354 gewährt); OLG Köln, Urt. v. 21.3.2014 – 19 U 104/13, BeckRS 2014, 10869; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Thume MDR 2011, 703 (706); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; Hopt § 87 Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 6, anders freilich 11a; s.a. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010,298 = MDR 2010, 35 Rn 38 zum Telefonvertrag. 295 Thume MDR 2011, 703 (705); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 251; Westphal I Rn 468; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. 296 Thume MDR 2011, 703 (705). 297 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 298 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. 299 BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180 = DB 1957, 1222; OLG Köln, Urt. v. 21.3.2014 – 19 U 104/13, BeckRS 2014, 10869; Thume MDR 2011, 703 (705); Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527); Döpfer in: FS Thume, S. 35 (38); Hopt § 87 Rn 38; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. 300 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (38); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. 301 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 59. 302 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60.

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Vertrag über eine Aufbauversicherung, bei der sich die Versicherungssumme in regelmäßigen Zeitabständen erhöht.303 Mitursächlichkeit des HV genügt auch hier für den Vertragsschluss.304 Allerdings entsteht die Anwartschaft aufschiebend bedingt auf die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer.305 Die Provisionsanwartschaft wird jeweils dann zum Provisionsanspruch, wenn eine Einzellieferung erfolgt;306 die Ausführung des Kundengeschäftes (vor oder nach dem Ende des HV-Vertrages) hat also nur für die Fälligkeit der Provision Bedeutung.307 Wird der HV-Vertrag beendet, ehe der Sukzessivliefervertrag in vollem Umfang ausgeführt ist, liegt kein nachvertraglicher Geschäftsabschluss nach § 87 Abs. 3 vor308 und es sind dem ausgeschiedenen HV alle in der Zeit nach der Vertragsbeendigung erfolgenden Einzellieferungen als Überhangprovision zu verprovisionieren,309 sofern keine wirksame310 Provisionsverzichtsklausel vereinbart wurde.311 Döpfer sieht Serienbelieferungsverträge der Kfz-Branche als dem Sukzessivlieferungsvertrag nahe312 (analoge Anwendung?). 65

b) Bezugs-, Liefer- oder Rahmenverträge. In Abgrenzung zum Sukzessivliefervertrag handelt es sich bei Bezugs- und Lieferverträgen um bloße Rahmenverträge, zu deren Ausführung noch einzelne Kaufverträge abgeschlossen werden müssen und aus denen die Provisionsanwartschaft nicht „automatisch“ entsteht.313 Es mag bei Abschluss des Rahmenvertrages eine Berechtigung des Kunden 314 bestehen, jedoch mangelt es zu diesem Zeitpunkt an einer verbindlichen Bestellung.315 Die Provisionsanwartschaft nach § 87a entsteht gem. § 87a Abs. 1 erst, wenn einer der Vertragspartner den Einzelvertrag ausführt.316 Typische Klauseln eines Rahmenliefervertrages ohne automatische Abnahmepflicht bilden allgemeine Regelungen wie „Die Parteien streben eine langfristige Zusammenarbeit an“,317 „Der Lieferant garantiert eine jährliche Mindestproduktionskapazität …“ oder „Der Käufer teilt dem Lieferanten monatlich einen forecast für einen Zeitraum von 6 Monaten mit und informiert über eventuelle Gründe, die einer Lieferung der entsprechenden Mengen entgegenstehen …“.318 Vom Vertragstyp betrachtet sind üblicherweise Bedarfsdeckungsverträge319 (z.B. Versorgungs-320 [Gas, Strom,321 Wasser etc.322] und Ent-

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303 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 61; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 304 OLG Köln, Urt. v. 21.3.2014 – 19 U 104/13, BeckRS 2014, 10869. 305 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 251; Westphal I Rn 471. 306 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 252; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a. 307 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). 308 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). 309 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527). 310 Hierzu BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). 311 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde); Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. V Rn 253; Westphal I Rn 471. 312 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (47). 313 BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180 = DB 1957, 1222; Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37; Thume MDR 2011, 703 (705); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 62 f.; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 12. 314 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (39). 315 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15. 316 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (39). 317 Budde/Giks, ZVertriebsR 2012, 37 (39). 318 Budde/Giks, ZVertriebsR 2012, 37 (39). 319 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 11a. 320 Thume MDR 2011, 703 (707). 321 Thume MDR 2011, 703 (707). 322 Thume MDR 2011, 703 (707).

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sorgungsverträge),323 bei denen die beabsichtigte Deckung des Bedarfs des Kunden bei dem Unternehmer angekündigt oder der Kunde sogar zum ausschließlichen Bezug beim Unternehmer verpflichtet324 wird, Rahmenbezugsverträge,325 oft auch Verträge von KfzZulieferern,326 Vertragshändler-,327 Bierlieferverträge,328 das Einräumen einseitiger Bezugsrechte zugunsten des Kunden,329 „Kundenkarten“ bspw. der Mineralölunternehmen (ihre Vermittlung ohne die von Einzelgeschäften begründet, soweit keine anderen Unternehmervorteile ersichtlich sind, auch keinen Ausgleichsanspruch),330 Betriebsvereinbarungen oder Abrufscheine.331 Der entscheidende Unterschied zum Sukzessivlieferungsvertrag ist, dass es bei den Bezugs- oder Lieferverträgen an der Festlegung einer mengenmäßigen Bindung des Kunden fehlt,332 weil sich die Menge nach dem Bedarf des Abnehmers richtet. Auch fallen hierunter Sachverhalte, in welchen dem Kunden einseitig das Recht zum Bezug eingeräumt wird, ohne ihn zu verpflichten.333 Dieser Rahmenvertrag ist nach Abs. 1 provisionsrechtlich unbeachtlich. Zur Ausgleichspflicht § 89b Rn 249 f. Eine Provisionsanwartschaft entsteht erst aufschiebend bedingt334 mit Abschluss des jeweils in Ausführung des Rahmenvertrages geschlossenen Einzelgeschäftes,335 sofern der HV dessen Abschluss mitursächlich förderte und der HVVertrag zu diesem Zeitpunkt noch besteht. Dabei reicht nach Ansicht des OLG Saarbrücken336 ein Rest an Überzeugungsarbeit für die Mitursächlichkeit aus. Da es keine feste Bindung im Hinblick auf die einzelnen Lieferungen gibt, steht dem HV grundsätzlich auch keine nachvertragliche Provision zu.337 Für die erst nach Ende des HV-Vertrages in Ausführung des Bezugsvertrages geschlossenen Einzelgeschäfte kann aber ein Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 entstehen, sofern die Einzelgeschäfte innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen wurden (Rn 138 ff.), weil der HV die Geschäfte vermittelt, sie eingeleitet oder so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist.338 Das aus § 87 Abs. 3 hergeleitete Provisionsrecht besteht für eine angemessene Zeit während der gesamten Vertragsdauer des vermittelten Dauerschuldvertrages. Eine zeitliche Begrenzung ist insb. bei automatischer Verlängerung infolge fehlender Kündigung des vermittelten Rahmenvertrages interessant.339 In einem solchen Fall kann nach Beendigung des HV-Vertrages eine Frist von 4 Jahren angemessen sein, innerhalb derer die auf

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323 Thume MDR 2011, 703 (707). 324 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527 f.). 325 BGH Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180 = DB 1957, 1222; Hopt § 87 Rn 7. 326 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; hierzu Döpfer in: FS Thume, S. 35 ff.; Thume MDR 2011, 703 (705). 327 Budde/Geks ZVertriebsR 2012, 37 (40). 328 Thume MDR 2011, 703 (705). 329 MünchKomm/HGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60. 330 BGH, Urt. v. 12.2.2003 – VIII ZR 130/01, NJW-RR 2003, 821 = WM 2003, 2095; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 71 f. 331 OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). 332 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a. 333 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60. 334 Thume MDR 2011, 703 (706). 335 Thume MDR 2011, 703 (706); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 60. 336 NJW-RR 2003, 900 (901). 337 AA Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 254. 338 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.1.1977 – 23 U 82/76, DB 1977, 817; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528); Döpfer in: FS Thume, S. 35 (40); Westphal I Rn 472. 339 OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.1.1977 – 23 U 82/76, DB 1977, 817; Döpfer in: FS Thume, S. 35 (40).

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Grund des Rahmenvertrages erfolgten Bestellungen einen Provisionsanspruch des HV nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 auslösen.340 Außerdem soll ein Anspruch aus § 354341 denkbar sein. 66

7. Eigengeschäfte? Ob Eigengeschäfte des HV provisionspflichtig sind, ist umstritten. § 87 Abs. 1 fordert lediglich ein Geschäft, welches auf eine Tätigkeit des HV zurückzuführen ist. Das spricht für eine Provisionspflicht.342 Andererseits lässt Abs. 1 bei den Folgegeschäften erkennen, dass das Geschäft mit einem Dritten abgeschlossen werden muss, ebenso § 87a Abs. 2. Wie § 84 Abs. 1 zeigt, liegt nur dann HV-Tätigkeit vor, wenn der Mittler Geschäfte vermittelt oder im Namen des Unternehmers abschließt, wofür ebenfalls die Existenz eines Dreipersonenverhältnisses Voraussetzung ist. Dem HV wird seine Provision für die Vermittlungsbemühungen gezahlt, an der es möglicherweise mangelt, falls ein Insichgeschäft vorliegt.343 Nach diesem Verständnis der Provision als Erfolgsvergütung für geleistete Tätigkeit wird vorausgesetzt, dass die Tätigkeit an einen Dritten geleistet sein muss, der als Kunde für jenes Geschäft gewonnen wurde. Nur so soll die Gleichheit der Betrachtungsebene mit der 2. Alt. des Abs. 1 S. 1 hergestellt werden. Systematisch sprechen viele Gründe gegen eine Provisionspflicht,344 auch die Gesetzessystematik: Während § 403 für den Kommissionär regelt, dass dieser bei Selbsteintritt in das Austauschgeschäft zur gewöhnlichen Provision berechtigt ist, ist eine solche Regelung dem HV-Recht fremd.345 Dem kann – so Schnitzler346 – nicht entgegenhalten werden, dass der HV grundsätzlich jeden, also auch sich selber, als Kunden werben darf. Das mag zwar richtig sein, beantwortet aber nicht die Frage der Provisionspflicht. Eben so wenig ist es per se fragwürdig, dem HV bei Vermittlung seines Ehegatten als Kunden Provision zuzugestehen, bei einer Eigenvermittlung jedoch nicht.347 Es fragt sich jedoch, ob diese systematischen Argumente nicht hinter einer aus der Treupflicht entspringenden Pflicht des Unternehmers zurücktreten müssen, die ersparte Provisionszahlung an den HV weiterzugeben, zumal der Unternehmer den Vorteil des Geschäftsschlusses hat (§§ 812 BGB, 354 HGB). Nach vielfach bestätigtem Handelsbrauch wird dem HV aber Provision zugestanden, sofern er nicht zu einem besonderen Preis bezieht und keine sonstigen Vergünstigungen erhält, z.B. auf die von ihm als Kunde bezogene Ware.348 Es schließt sich die Folgefrage an, wie der Fall der wirtschaftlichen Verflechtung zwischen HV und Kunden zu beurteilen ist. Ich neige hier zu einer formalen Betrachtungsweise, die allein auf die rechtliche Selbständigkeit des Kunden abstellt und dem HV seine Provision sichert (§ 84 Rn 54). Dafür spricht, dass der Unternehmer die

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340 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43). 341 BGH NJW 1958, 180; ablehnend Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528) und Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 64 – Spezialität des § 87 Abs. 3; der BGH wandte das vor 1953 geltende Recht an, welches Abs. 3 noch nicht enthielt. 342 Für die Provisionspflicht von Eigengeschäften deshalb OLG Hamburg, OLGE 36, 258; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 7. 343 So OLG Celle, Urt. v. 14.11.1969, BB 1970, 51 = DB 1970, 582; Giedinghagen NJW-Spezial 2011, 655; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 7. 344 Thume Küstner/Thume I, Kap. V Rn 143; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 13; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 7. 345 Giedinghagen NJW-Spezial 2011, 655. 346 BB 1965, 463. 347 Dieses Argument nennt Giedinghagen NJW-Spezial 2011, 655 (656), der im Ergebnis jedoch eine Provisionspflicht ablehnt. 348 OLG Hamburg OLGE 36, 258, IHK Berlin 1926 Nr. 126, 1930 Nr. 124; Gutachten der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin, Neue Sammlung I S. 35 Nr. 47, S. 64 Nr. 23, 24; MünchKomm/v. HoyningenHuene § 87 Rn 23 m.w.N.

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Vorteile des Geschäfts erhält. In jedem Fall besteht ein Provisionsanspruch, wenn dies vereinbart wurde349 oder aus einem dahingehenden Handelsbrauch als üblich abgeleitet wird.350 Problemlos sind daher die Fälle, in welchen der Unternehmer von der Verbindung zwischen Kunden und HV weiß und dennoch Provision zahlt. Hier wird meist eine (konkludente) Provisionsabrede vorliegen. 8. Die verschiedenen Provisionsarten a) Tätigkeitsprovision gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 Alt. 1. Gem. § 87 Abs. 1 S. 1 1. Alt. 67 erwirbt der HV eine Provisionsanwartschaft, falls der Geschäftsabschluss während des HV-Vertrages auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist. Diese Tätigkeitsprovision ist eine von drei Provisionsalternativen und der typische351 Grundtatbestand des Provisionsrechts, der allerdings rechtstatsächlich häufig durch die Bezirksprovision des Abs. 2 ersetzt wird. Neben ihr kennt § 87 in seinem Abs. 1, 2. Alt. die Folgeprovision und § 87 Abs. 2 die Bezirksprovision (siehe unten). aa) Kausalität. Die Tätigkeit des HV muss ursächlich für den konkreten Geschäftsab- 68 schluss sein.352 Sie liegt beim Abschlussvertreter unproblematisch vor, da er das Geschäft zustandebringt. Beim Vermittlungsvertreter muss sie genauer geprüft werden.353 Erste Bedingung hierfür ist Kausalität i.S.d. Äquivalenztheorie: Die Tätigkeit darf i.S.e. conditio sine qua non354 nicht hinweggedacht werden können, ohne dass der Abschluss des Geschäftes entfällt355 oder zumindest zweifelhaft wäre.356 Ausreichend ist jede auch mittelbare oder geringe357 objektive Mitursächlichkeit,358 die das Zustandekommen des jeweiligen Geschäftes zu den abgeschlossenen Bedingungen359 (wobei geringfügige Abweichungen irrelevant sind, es kommt auf den Kern des Geschäfts360 an) gefördert, mitbewirkt bzw. den Kunden motiviert hat. Das ergibt bereits der Gegenschluss aus Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 3. Eine überwiegende Kausalität ist nur bei Geschäften erforderlich, die erst nach Beendigung des HV-Vertrags abgeschlossen wurden (§ 87 Abs. 3).361 Der HV muss den Kunden in irgendeiner Weise – durch Hervorrufen des Entschlusses zum Vertrag, Beeinflussung des Kunden im Interesse des Unternehmers362 oder Beseitigung von Widerständen – zum Ver-

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349 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 27; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 9. 350 Giedinghagen NJW-Spezial 2011, 655. 351 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 4. 352 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 16. 353 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 37; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 16. 354 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 33. 355 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 47. 356 Westphal I Rn 474; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 33. 357 OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). 358 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 Rn 13 = WM 2006, 1358; BAG, Urt. v. 4.11.1968 – 3 AZR 276/67, DB 1969, 266; v. 22.1.1971 – 3 AZR 42/70, DB 1971, 779; OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 34 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 18; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 31; Hopt § 87 Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 16; Westphal I Rn 284. 359 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19. 360 OLG Hamburg NJW-RR 1996, 869. 361 BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779; OLG Nürnberg BB 1959, 391; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 35; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; Hopt § 87 Rn 11; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 16. 362 LAG Mannheim DB 1971, 1016; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 15.

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tragsschluss motiviert363 und diesen dadurch gefördert haben.364 Das so geförderte Geschäft wird dann regelmäßig dem Unternehmer mitgeteilt365 (Vermittlungsvertreter) oder selbst geschlossen (Abschlussvertreter). Kenntnis des Unternehmers von der Tätigkeit des HV ist aber keine Anspruchsvoraussetzung;366 es genügt, dass die Bestellung direkt vom Kunden an den Unternehmer gesandt wird.367 Der Provisionsanspruch setzt – anders als der Ausgleichsanspruch – nicht voraus, dass der HV den Kunden für den Unternehmer neu geworben hat.368 Der Abschluss braucht nicht das alleinige Verdienst des HV sein (derartiges wäre auch, zumal bei dem schwer abzuschätzenden Faktor einer hinzukommenden unternehmenseigenen Werbung oder Sogwirkung der Marke, kaum je annähernd sicher festzustellen). Der Unternehmer darf zum Beispiel einzelne Teile für eine zu liefernde Sache selbst beschaffen, wenn der HV das Geschäft über eine Gesamtsache gefördert hat.369 Es bedarf auch keiner persönlichen Tätigkeit des HV,370 diejenige seiner Beauftragten, Angestellten oder Untervertreter ist ihm als Mitverursacher zuzurechnen.371 Auf das Maß der Mühewaltung des HV kommt es nicht an. Der Unternehmer braucht, wenn er selbst den Abschluss perfekt macht, nicht zu wissen, dass und in welcher Weise sein HV vermittelnd vorgearbeitet hat,372 es genügt der Direktabschluss des Unternehmers bei bestehender Mitkausalität des HV,373 wobei der HV aber für die Kausalität beweispflichtig ist. Selbst wenn der Unternehmer den HV ausschaltet und den Abschluss selbst herbeiführt kann bei Kausalität des HV für das Geschäft Tätigkeitsprovision geschuldet sein.374 Der HV braucht nicht einmal mit dem Kunden gesprochen oder verhandelt zu haben, wenn das auch in der Rspr. gelegentlich als wesentlich herausgestellt wird.375 Die Art der Mitursächlichkeit ist also grundsätzlich unerheblich.376 Das OLG Saarbrücken377 hat etwa „einen Rest an Überzeugungsarbeit“ genügen lassen, wobei richtigerweise noch nicht einmal Überzeugungsarbeit als solche erforderlich sein dürfte. Der Unternehmer kann sogar selbst oder durch Mitarbeiter zum Geschäftserfolg beigetragen haben,378 solange nur der HV ebenfalls mitursächlich war. Gleiches gilt für die Tätigkeit eines angestellten Reisenden, oder dritter Personen.379 Auf die Provisionshöhe hat das ebenfalls keinen Einfluss. Es wäre schwer möglich, solche zusammentreffenden Ursächlichkeiten rechnerisch gegeneinander abzugrenzen. Nicht einmal eine überwiegende Ursächlichkeit der eigenen Tätigkeit des Unternehmers oder der von ihm eingeschalteten Dritten würde den Provisionsanspruch berühren (arg. Abs. 3). Wenn der Unternehmer Provisionen als Erfolgsvergütungen zusagt, soll der Erfolg auch

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363 LAG Mannheim DB 1971, 1016; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 13. 364 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 33. 365 Zwingend ist diese Mitwirkungshandlung nicht, es genügt auch jede andere Mitursächlichkeit. 366 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199. 367 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 22. 368 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19. 369 OLG Braunschweig DB 1956, 794; Hopt § 87 Rn 12. 370 BFH, Urt. v. 10.6.1999 – VR 10/98, DB 1999, 1988; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; Hopt Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 31; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 21. 371 BFH DB 1999, 1988; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 21. 372 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 373 BAG, Urt. v. 22.1.1971, BB 1971, 492; v. 4.11.1968, DB 1969, 266; OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199; OLG Nürnberg BB 1959, 391; Hopt § 87 Rn 11; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 38; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 374 RG HRR 33, 940; Hopt § 87 Rn 12. 375 BAG DB 1969, 266 – für den angestellten Reisenden. 376 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 47. 377 OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). 378 BGH VersR 1971, 460; BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779; Hopt § 87 Rn 11. 379 BAG DB 1971, 779; OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199.

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dann honoriert werden, falls Zufall oder die Tätigkeit anderer mit oder sogar in erster Linie zum Erfolg beigetragen hat.380 Bloßer Nachweis für die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages genügt nicht;381 der HV ist nicht Nachweismakler. Ebenso fehlt bei einem bereits vom Kauf überzeugten Kunden eine Mitursächlichkeit des Vertreters.382 Allerdings werden in einem zweiten Schritt bestimmte Fallgruppen im Wege einer wertenden Typenkorrektur, vergleichbar der Einschränkung der Äquivalenz – durch die Adäquanztheorie von der Kausalität, ausgenommen. Das gilt insb. für Fälle der mittelbaren Kausalität. Die Tätigkeit muss in Ausführung des HV-Vertrages erbracht worden sein, d.h. zu den vertraglich geschuldeten Tätigkeiten des HV gehören,383 wofür bei Verursachung während eines laufenden HV-Vertrages eine Vermutung sprechen dürfte. Aus einer dem HV nicht übertragenen, vertragsfremden, die Vollmacht überschreitenden, ihm untersagten oder in sonstiger Weise nicht vertragsgemäßen Tätigkeit, mit der der Unternehmer nicht einverstanden ist, kann ein Provisionsanspruch nach § 87 nicht entstehen,384 ebenso wenig – Typenkorrektur – die Verursachung durch eine rechtswidrige Drohung, wobei man es hier wohl dem Kunden überlassen sollte, ob er gem. § 123 BGB anficht. Wie der Umkehrschluß aus Abs. 1 Alt. 2 (Folgegeschäfte) als gesonderter Provisions-TB zeigt, ist die Mitursächlichkeit am Vorgeschäft regelm. zu fern, um eine Tätigkeitsprovision nach Abs. 1 Alt. 1 zu verdienen. Auch begrenzt sich die Ursächlichkeit auf das, was relevant ursächlich ist. Der Provisionsanspruch ist zumindest begründet, wenn sich der HV soviel betätigt hat, wie von ihm nach seinen Vertragsbedingungen an Mitarbeit erwartet werden kann.385 Die Mitverursachung wird allerdings nicht dadurch ausgeschlossen, dass der HV weniger tut, als er nach dem Vertrag schuldet.386 Nicht ausreichend soll es sein, wenn der Vertrag ihn verpflichtet, die Kunden nicht nur zu werben, sondern auch eingehend zu beraten und demnächst eine annahmefähige Offerte vorzulegen, er sich aber darauf beschränkt hat, einen Interessenten lediglich anzuschreiben und ihn auf Referenzen zu verweisen, daraufhin alles weitere aber ohne seine (des HV) Mitwirkung ablaufen zu lassen. Eine starke Sogwirkung der Marke387 schließt die Mitursächlichkeit nicht ohne Weiteres aus. In einem solchen Fall wird regelmäßig die Provision besonders niedrig liegen. Welche Art der Tätigkeit ausreichend ist, beurteilt sich nach Vertragsinhalt,388 Branche und Vermittler unterschiedlich. Auch kann an die Mitursächlichkeit eines Abschlussvertreters möglicherweise höhere Anforderungen zu stellen sein, als an die eines Vermittlungsvertreters.389 Ausreichende, ggf. mittelbare Mitursächlichkeit liegt in folgenden Fällen vor: – Abschluss des Kundenvertrages durch den Abschlussvertreter;390 – Beseitigung des Widerstandes gegen einen Geschäftsabschluss;391

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380 BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779. 381 LAG Hamm DB 1959, 236. 382 OLG Saarbrücken NJW-RR 2003, 900 (901). 383 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 38; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 13; Westphal BB 1991, 2027 (2028). 384 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 21. 385 BAG DB 1971, 779. 386 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 36; aA wohl Westphal I Rn 287. 387 Küstner/Thume in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. VI Rn 57. 388 BAG BB 1971, 492 = DB 1971, 779; Hopt § 87 Rn 11. 389 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 56. 390 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 37; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 16. 391 OLG Köln BB 1971, 103.

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Beratung des Kunden beim Abschluss des Geschäfts, selbst wenn der Kunde bereits zum Kauf entschlossen war;392 Veranlassung der zum Abschluss führenden Verhandlungen persönlich durch den HV;393 Mitwirkung an einer Ausschreibung, sofern die Tätigkeit des HV für die Auftragserteilung mitursächlich war;394 Veranstaltung einer Ausstellung durch den HV, um Kaufanreize zu schaffen; Bei einem Direktgeschäft zwischen Unternehmer und Kunde z.B., wenn sich der Kunde auf Veranlassung des HV,395 seine Empfehlung,396 aufgrund der Vermittlungstätigkeit des HV gegenüber einem dritten Kunden, auf eine Werbemaßnahme des HV oder seine Beratung397 unmittelbar an den Unternehmer wendet; Kontaktaufnahme des Kunden aufgrund einer vom HV organisierten oder mitbetreuten Ausstellung;398 Mitwirkung des HV in einem Team von Messebetreuern, von denen derjenige, der gerade frei war, die jeweiligen Interessenten bediente;399 Offenhalten des Ladenlokals durch einen stationären HV; Selbständige Bestellungen von Filialen, die vom HV nicht betreut worden waren, wenn die Hauptniederlassung ständig besucht und betreut wurde.400 Man wird hier aber eine Kausalität der Betreuung der Hauptfiliale für die Bestellung der anderen Filiale fordern müssen; Falls der HV einen Abschluss mit der Hauptniederlassung des Kunden vermittelt hat und die Hauptniederlassung die Ware für den Bereich aller Niederlassungen ausmustert, mit der Berechtigung an die Zweigstellen, daraufhin unmittelbar beim Unternehmer zu bestellen: die Bestellungen der Zweigniederlassungen sind dann provisionspflichtig401 (Fall des Abs. 1 S. 1 1. Alt., nicht 2. Alt., weil die selbständig ordernden Zweigstellen nicht mit „dem“ früher geworbenen Kunden identisch sind – von Bedeutung, wenn der Provisionsanspruch aus Nachbestellungen nach Abs. 1 S. 1, 2. Alternative vertraglich ausgeschlossen ist); Wachrufen des Entschlusses zum Geschäftsabschluss;402 Sofern der Unternehmer dem HV Adressen potentieller Kunden mit der Weisung bekannt gibt, diese Kunden zu besuchen. Der Interessent wird erst dann Kunde, wenn es zum Geschäftsabschluss kommt. Der Besuch und die Werbung durch den HV sind ausreichende mitverursachende Handlungen.403 Wird das Geschäft nach Kontaktaufnahme des HV geschlossen, besteht zudem die Vermutung, es sei auf dessen Tätig-

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392 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 38. 393 OLG Köln BB 1971, 103; BAG AP Nr. 5 zu § 65 HGB = BB 1969, 178; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 43; Hopt § 87 Rn 11. 394 BGH, Urt. v. 8.2.1980, NJW 1980, 1793. 395 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 19a. 396 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14a; Westphal I Rn 286; einschränkend Hopt § 87 Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 37. 397 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14a. 398 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 48; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 40; Westphal I Rn 477; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14a. 399 KG BB 1969, 1062 = HVR Nr. 397. 400 BGH NJW 1960, 433= DB 1960, 85; Westphal I Rn 478. 401 BGH NJW 1960, 433. 402 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 43. 403 Küstner/Thume in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. VI Rn 49 f.

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keit zurückzuführen.404 Die Mitursächlichkeit wird nicht durch Preisgabe des Kundenstamms oder von Kundenlisten durch den Unternehmer ausgeschlossen, damit ist der Kunde noch nicht für das konkrete provisionspflichtige Geschäft geworben;405 Vermittlung eines Aufbauvertrages, in dem Ausweitungen der Leistungen bereits vorgesehen oder vereinbart sind, es sei denn, dass für die Provisionspflicht eine zeitliche Begrenzung vereinbart wurde;406 Bestellung beim Unternehmer nach einem auf Veranlassung des HV erfolgten Musterkauf;407 Tätigkeit des HV trotz Belistung der Ware bei einem bestimmten Verband oder Abnehmer. Die Listung alleine schließt die Tätigkeitsprovision nicht aus, weil Mitursächlichkeit des HV für die Bestellung ausreicht;408 Regaldienst des HV, wenn sich seine Tätigkeit darauf erstreckt, dass bestehende Fehlbestände durch Nachbestellungen wieder aufgefüllt werden oder veraltete durch neue Ware ersetzt wird;409 Weitergabe der auf den Abschluss des Geschäftes gerichteten Willenserklärungen des Kunden durch den HV,410 selbst wenn der Kunde bereits zum Kauf entschlossen war;411 Falls Kunde und Unternehmer ihren geschlossenen Vertrag durch einen neuen ersetzen. Der HV erwirbt eine Provisionsanwartschaft unter den Voraussetzungen des Abs. 1 S. 1 1. Alt., andernfalls greift § 87a ein.412 Nicht ausreichend ist (Typenkorrektur): Geschäftsabschluss lediglich aufgrund der Empfehlung eines durch den HV geworbenen Kunden413 (Begrenzung des Grundsatzes, dass mittelbare Kausalität genügt). Dies ist regelmäßig auch kein Fall des Durchgriffs, weil etwa eine Beherrschung oder so enge Verbundenheit zwischen dem Altkunden des HV und dem Drittkunden besteht, dass beide i.S.d. HV-Vertrags gleichzusetzen sind und deswegen die Bestellung/der Vertrag des Drittkunden als vom HV mitverursacht anzusehen ist, indem er zuvor den Altkunden für derartige Geschäfte geworben hatte,414 etwa im Falle der Bestellung durch ein mit dem Erstkunden zusammen arbeitendes Unternehmen.415 Etwas anderes soll gelten, falls der HV die Empfehlung bei dem von ihm geworbenen Kunden veranlasst hatte.416 Auch sonst sind Ausnahmefälle denkbar,417 nämlich wenn die Kausalität der Erstwerbung fortwirkt;

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404 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 51. 405 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19. 406 BAG BB 1984, 1687 (Versicherung); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 20; Hopt § 87 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 61. 407 OLG Düsseldorf DB 1956, 376; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 48; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 38; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14a; vgl. auch BGH, Urt. v. 14.10.1957 – II ZR 129/56, DB 1957, 1068. 408 OLG Düsseldorf, Urt. v. 5.2.1988, zit. n. Küstner/Thume in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. VI Rn 62; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 54 f. 409 Küstner/Thume in: Küstner/Thume II, 8. Aufl., Kap. VI Rn 48. 410 Hopt § 87 Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 411 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 412 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 10. 413 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 39; Westphal I Rn 479; Hopt § 87 Rn 13; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 414 So aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 22; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 11. 415 Hopt § 87 Rn 13. 416 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 39; Westphal I Rn 479. 417 Hopt § 87 Rn 13.

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Eigenbestellungen des HV418 oder Bestellungen eines rechtlich oder wirtschaftlich von einem durch den HV geworbenen Kunden abhängigen Unternehmen, etwa einer Tochtergesellschaft419 (ebenfalls ungenügende mittelbare Kausalität, s.o., Rn 66), außer der HV hätte gerade diesen Gang der Bestellungen bei dem von ihm selbst geworbenen Kunden, der beherrschenden Firma, veranlasst;420 Wenn der Kunde als omnimodus facturus bereits zur Bestellung entschlossen war421 (Problem: Beweisbarkeit und Unsicherheiten bei Dauerkunden).422 Beispiel: Angeblich, falls der HV gegenüber einem schon zum Vertrag entschlossenen Dritten tätig wird, etwa weil der Unternehmer ihn veranlasst hat, ein Angebot nach Formular vom Dritten aufzunehmen, oder weil der Dritte sich nur deshalb an den HV wendet, um einige zusätzliche Auskünfte zu erhalten oder um das schriftliche Angebot bei ihm zur Weiterleitung an den Unternehmer abzugeben. Doch kommt es immer auf den Grad der Mitwirkung (= Mitursächlichkeit) des HV an. Mitursächlichkeit liegt vor, wenn der HV andere, nach obigen Maßstäben genügende Handlungen erbringt; bereits in der Weiterleitung kann ein mitursächliches Verhalten liegen.423 Auch kann in solchen Fällen ein Anspruch auf Auslagenersatz aus § 354 oder, nach Handelsbrauch, aus § 87d begründet sein; Lediglich mittelbare Unterstützung, etwa bloße Schreib-424 oder Übersetzungshilfe425 des HV für den die Verhandlungen selbst führenden Unternehmer (mangelnde Zielgerichtetheit werbender Bemühung); Vermittlung eines Rahmenvertrages über die Anfertigung eines Werkzeuges, mit dessen Hilfe der Unternehmer später Produkte für den Kunden herstellen soll. Beispiel ist etwa ein Werkzeug für die Herstellung von Formteilen im Spitzgussverfahren, deren der Kunde im großen Umfang bedarf, etwa im Kfz-Gewerbe, wo zahlreiche Formteile benötigt werden.426 Es ist hier keinesfalls sicher, dass die einzelnen Teile tatsächlich geordert werden.

(1) Identität des Gegenstandes des Abschlusses mit dem der Vermittlung. Die Kausalität für den Vertragsschluss bleibt bestehen, wenn das Geschäft im Anschluss an den kausalen Beitrag des HV abgeändert wird, so lange die Identität des wirtschaftlichen Kerns besteht.427 Während beim Abschlussvertreter die Identitätsfrage nicht auftaucht, weil er den Abschluss perfekt macht, kann es beim Vermittlungsvertreter vorkommen, dass er ein Geschäft vermittelt, dessen Inhalt bis zum Abschluss dann noch in der einen oder anderen Richtung abgewandelt wird. Schröder428 bildet das Beispiel, dass statt der Bezahlung in Geld ein Tauschentgelt vereinbart wird. Die sehr strengen Anforderungen

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418 Hopt § 87 Rn 15; aA OLG Hamburg OLGE 36, 258 (sofern er nicht Sonderkonditionen erhält). 419 OLG Celle, Urt. v. 14.11.1969 – 13 U 116/69, DB 1970, 582 = BB 1970, 51; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 49; Westphal I Rn 479; Hopt § 87 Rn 13. 420 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 14b. 421 Canaris § 15 Rn 62; Westphal I Rn 480; nach Hopt § 87 Rn 15 Grenzfall; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 32. 422 Hopt § 87 Rn 15. 423 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 424 OLG Köln DB 1971, 327 = BB 1971, 103; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 57; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 41; Hopt § 87 Rn 15; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 425 LAG Baden-Württemberg DB 1971, 1016; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 57; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 41; Hopt § 87 Rn 15; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 17. 426 Küstner/Thume I Rn 945. 427 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199; OLG Hamburg NJW-RR 1996, 869; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 19; Westphal I Rn 481. 428 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 5.

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an die wirtschaftliche Identität im Maklerrecht429 sollten nicht übertragen werden, auch wenn diese Abgrenzung dogmatisch schwer begründbar erscheint. So wird auch in der Praxis verfahren. Denn die Problematik spielt – anders als im Maklerrecht – im HV-Recht keine Rolle. Die engen Treupflichten des HV-Vertrages sowie die dort geltenden geringeren Anforderungen an die Mitursächlichkeit könnten dies Ergebnis begründen. Vor allem wird der Unternehmer durch die Annahme des Geschäfts dieses regelmäßig genehmigt haben.430 Handelt es sich um einen Bezirksvertreter, schuldet der Unternehmer ohnehin Provision auf alle Geschäfte, also auch wirtschaftlich ungleichwertige. Eine inhaltliche Änderung der Sachleistungspflicht ist unschädlich, solange das Geschäft in seiner endgültig zustande gekommenen Gestalt noch auf die Vermittlungstätigkeit des HV rückführbar bleibt. Wenn die beiden Geschäftspartner zwar von dem vermittelten Objekt absehen, aber die Gelegenheit, miteinander in Kontakt gekommen zu sein, dazu benutzen, um ein ganz anderes Geschäft zu schließen, würde das einen Provisionsanspruch nicht mehr begründen können. (2) Beweislast. Den Beweis für die Tätigkeit und (Mit)ursächlichkeit hat der HV zu 74 führen.431 Zum Beweise des ersten Anscheins genügt es jedoch, sofern er nachweist, dass er sich in Richtung auf den vertragsgemäßen Geschäftsschluss betätigt hat, z.B. durch einen abgestatteten Kundenbesuch.432 Der Anscheinsbeweis kann durch eine „Zäsur“ zwischen dem Kontakt des HV mit dem Kunden erschüttert werden, was allerdings der Unternehmer beweisen muss.433 Nach Ansicht von Fröhlich genügt, dass der HV eine Tätigkeit nachweist, die nach allgemeiner Erfahrung mitursächlich für den Abschluss gewesen sein kann.434 bb) Abweichende Vereinbarungen. § 87 Abs. 1 S. 1 1. Alt. ist zumindest individual- 75 vertraglich435 dispositiv. Abweichende Vereinbarungen sind daher zulässig.436 Problematisch sind die häufigen Regelungen, denen zufolge ein Geschäft nur dann provisionspflichtig ist, wenn es nicht nur abgeschlossen ist, sondern darüber hinaus auch vom Unternehmer ausgeführt wurde oder nur solche Geschäfte provisionspflichtig sind, die vom Kunden durch Zahlung des Kaufpreises erfüllt werden.437 Denn sie widersprechen § 87 Abs. 2 und 3.438 b) Folgeprovision gemäß § 87 Abs. 1 S. 1 Alt. 2. Die Werbung eines Kunden durch 76 den HV stellt darauf ab, ihn wo immer möglich als Stammkunden für den Unternehmer zu gewinnen. Ob dieses Ziel erreicht ist, zeigt sich an Folgeaufträgen (Nachbestellungen). § 87 Abs. 1 S. 1 2. Alt. will dem HV hierfür eine Gegenleistung gewähren: Er erwirbt

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429 Fischer DB 2009, 887; Staub § 93 Rn 100. 430 Staub § 93 Rn 103. 431 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199; Hopt § 87 Rn 16. 432 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199; OLG Nürnberg BB 1959, 391; Hopt § 87 Rn 16. 433 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199. 434 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 132. 435 Der BGH hat in seinen Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07 Rn 21, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); NJW-RR 1998, 629 (unter II 1b) offen gelassen, ob ein Ausschluss mittels AGB zulässig ist. 436 BGH, Urt. v. 11.7.1960, BB 1960, 955; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Thume MDR 2011, 703; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 67; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 284. 437 Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 285. 438 Thume BB 2012, 975 (977).

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auch ohne eine Tätigkeit, eine Mitverursachung oder eine Kausalität seiner Vermittlungsbemühungen eine Provisionsanwartschaft, falls das Geschäft mit einem Kunden abgeschlossen wird, den der HV für Geschäfte der gleichen Art geworben hat. Ein Handelsmakler besitzt hingegen keinen Anspruch auf Folgeprovision.439 Die Folgeprovision honoriert dreierlei. Zum einen die kausale Nachwirkung des 77 vermittelnden Erstauftrages, der letztlich auch für den Folgeauftrag mitursächlich war.440 Das Gesetz unterstellt in Abs. 1 S. 1 2. Alt. eine solche fortwirkende oder mittelbare441 Ursächlichkeit der Bemühungen des HV, die zu dem Erstauftrag geführt haben.442 Zum zweiten die Werbung eines Stammkunden, der für den Unternehmer besonders wichtig ist.443 Zum dritten besteht die Vermutung, dass ein Stammkunde mit der Betreuung – auch durch den HV – besonders zufrieden ist, und seine Werbung einen über die Werbung des Einmalkunden hinausgehenden Einsatz fordert, der vergütet werden soll. Es handelt sich bei § 87 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 um einen gesetzlichen Fall des provisions78 rechtlichen Kundenschutzes. Die näheren Umstände, unter denen die Nachbestellung zustande gekommen ist, haben auf die Provisionspflichtigkeit zugunsten des HV keinen Einfluss. Insbesondere muss keine Mitursächlichkeit des HV für das Folgegeschäft existieren,444 sie wird unwiderleglich445 vermutet. Die Tatsache einer Nachbestellung als solche entscheidet; mag selbst der Kunde die weitere Zusammenarbeit mit dem HV mittlerweise ablehnen. Nach dem Wortlaut der Bestimmung ist es unerheblich, ob der Kunde die späteren Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung, im eigenen oder fremden Namen abschließt; entscheidend ist, dass er die rechtsgeschäftliche Willensentschließung trifft. Das schließt nicht aus, dass der HV sich seinerseits um die Folgeaufträge aktiv bemüht hat. Dann hat er die Provision nicht aus der 2., sondern aus der 1. Alt. des Abs. 1 S. 1 verdient.446 Derartiges kann für ihn vorteilhaft sein, wenn im Vertrag die Provision für die Folgeaufträge nach der 2. Alt. anders und ungünstiger festgesetzt ist, beispielsweise niedriger oder zu sonst nachteiligeren Bedingungen (Beweislast des HV für die nachwirkende Ursächlichkeit der Erstvermittlung, Provisionsteilung mit einem mitbeteiligten HV) oder auf diese Provisionsart überhaupt im Voraus verzichtet worden ist. 79 Um die Folgeprovisionen zu erlangen müssen drei Voraussetzungen gegeben sein. Es muss sich um während des HV-Vertrages geschlossene (aa) Geschäfte mit vom HV geworbenen Kunden (bb) handeln. Diese Kunden haben Nachbestellungsaufträge zu erteilen, welche sich auf Geschäfte der gleichen Art (cc) beziehen müssen. 80

aa) Während des Vertragsverhältnisses. Die Nachbestellungen müssen in die Zeit des HV-Verhältnisses fallen. Auf das oben Rn 46 ff. Gesagte kann verwiesen werden. Bedingte Abschlüsse aus der Zeit vor Eingehung des HV-Verhältnisses (etwa solche mit demnächst „mitgebrachten“ Kunden), bei denen erst die Bedingung in der Vertragszeit eintritt, bleiben außer Betracht.

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439 LG Berlin, Urt. v. 24.11.2011 – 93 O 29/11. 440 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 19. 441 Hopt § 87 Rn 17. 442 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 48. 443 Westphal I Rn 484. 444 BGH, Urt. v. 17.11.1960 – VII ZR 242/59, BB 1960, 1354 (1355); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 40. 445 BGH, Urt. v. 17.11.1960 – VII ZR 242/59, BB 1960, 1354 (1355); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 23; Hopt § 87 Rn 17; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 19. 446 Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 20; OLG Düsseldorf DB 1956, 376.

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bb) Geworbene Kunden. Die Folgeprovision entsteht nur für Geschäfte mit vom HV 81 neu geworbenen Kunden. Es handelt sich um eine Paralleldiskussion zu § 89b, siehe dort Rn 94 ff. Die dortigen Ausführungen können sinngerecht übernommen werden. Geworben ist ein Kunde, wenn er zu Beginn des HV-Vertrages mit dem Unternehmer noch nicht in Geschäftsverbindung bezüglich identischer oder substituierbarer Produkte stand,447 der Bezug andersartiger Produkte vom Unternehmer ist unerheblich.448 Neu geworben ist auch derjenige Kunde, den der HV in das Vertreterverhältnis mit dem Unternehmer eingebracht, d.h. aus seiner früheren Vertretertätigkeit „mitgebracht“ hat.449 Denn entscheidend ist, ob der Kunde für den Unternehmer neu ist.450 Nachbestellungen von Altkunden, welche der HV übernommen hat und deren Erstbestellungen vor seiner Zeit liegen, lösen keine Folgeprovision (allenfalls bei Mitursächlichkeit Tätigkeitsprovision) aus.451 Altkunden sind Kunden, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des HV-Vertrages bereits in solchen geschäftlichen Beziehungen zum Unternehmer standen, für die der HV jetzt Folgeprovisionen fordert.452 Eine Ausnahme besteht, sobald der HV die Geschäftsverbindung zu dem Altkunden so ausgeweitet hat (Daumenregel: mindestens 100% gegenüber dem Zustand bei Übernahme des Vertretervertrages),453 dass dies wirtschaftlich der Werbung eines Neukunden entspricht.454 Folgegeschäfte sind ab dann solche mit einem neu geworbenen Kunden. § 89b Abs. 1 S. 2 muss hier entsprechend anwendbar sein.455 Hat der HV sich für eine von solchen Nachbestellungen seinerseits aktiv eingeschaltet, steht ihm die Provision nach Abs. 1 S. 1, 1. Alt. zu; die dann folgenden weiteren Nachbestellungen sind für ihn provisionspflichtige Folgeaufträge im Sinne der 2. Alt. des Abs. 1 S. 1 – also ohne erneute Tätigkeit – nur, sofern sein vorausgegangener eigener Einsatz den Nachbestellentschluss des Altkunden selbständig gefördert, d.h. aufrechterhalten hatte. Das wird etwa anzunehmen sein, wenn bei jener Gelegenheit die weiteren Nachbestellungen fest ins Auge gefasst wurden.456 Ist der Kunde einmal über einen nicht ganz unbedeutenden Zeitraum (Daumenregel: ein Jahr) zu einem solchen „erweiterten“ Altkunden geworden, verliert er diese Gleichstellung mit einem geworbenen Kunden auch fortan nicht.457 Ebenso wird ein Altkunde zu einem „geworbenen Kunden“, falls er für erhebliche Zeit seine Bestellungen unterbrochen hatte (Daumenregel: vier Jahre) und aufgrund einer Werbung des Vertreters die Kundenbeziehung wieder aufnimmt. Denn auch in diesem Fall steht er wirtschaftlich einem neu geworbenen Kunden gleich.458 Welche Zeiträume im Einzelfall angemessen sind, bestimmt sich nach der Natur der Geschäfte. Nicht anders als im Ausgleichsrecht kommt es auf den Nachbestellzyklus an. Keine Neuwerbung nach Unterbrechung liegt vor, wenn der Kunde innerhalb des üblichen Bestellzyk-

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447 Westphal I Rn 488; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 24. 448 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23a, 24. 449 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 19. 450 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23a. 451 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 67. 452 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 68. 453 Westphal I Rn 489; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24. 454 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 69; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 44; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23b. 455 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23b. 456 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 20. 457 AA Westphal I Rn 490. 458 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 68.

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lus ordert. Soweit etwa Waren nur im mehrjährigen Rhythmus bestellt werden, kann von einer Unterbrechung der Kundenbeziehung nur nach einem erheblich längeren Zeitraum ausgegangen werden. Deshalb treffen die oben genannten Daumenregeln allenfalls den Geschäftstypus, bei dem regelmäßig in kürzeren Intervallen nachbestellt wird. Auch bei der Frage der Neukundeneigenschaft können Durchgriffserwägungen eingreifen.459 Regelmäßig kommt es nur darauf an, ob der Bestellende Wiederholungskäufer ist. Für wessen Rechnung er handelt, ist unerheblich.460 Wirtschaftliche Fragen sollen bei der an Hand der Tatbestandsvoraussetzungen der §§ 87 ff. zu prüfenden Provisionsberechtigung keine Rolle spielen. Bestellt ein Neukunde im Namen eines Kunden, für dessen Bestellung keine Folgeprovision zu leisten wäre, kann ein Anspruch auf Folgeprovision entstehen, wenn der HV nachweist, dass der bestellende Kunde vorgeschoben wurde, um den Anspruch auf Folgeprovision zu vereiteln.461 82

cc) Geschäfte der gleichen Art. Der HV muss den Kunden in Ausführung des HVVertrages – berechtigt – für Geschäfte gleicher Art geworben haben, wie sie nunmehr in den Nachbestellungen ihre Fortsetzung finden. Damit soll ein Rest von Kausalität zwischen der Kundenwerbung und späteren Nachbestellungen gewahrt werden,462 wobei auch hier Mitkausalität i.S.d. 1. Alt. des § 87 Abs. 1 genügt. Da der HV Provision nur für vertragsgemäße Tätigkeit erhält, muss sich sein Vertriebsrecht auf diese gleichartigen Geschäftsabschlüsse erstrecken.463 Die Folgegeschäfte müssen sich nicht notwendig auf den gleichen Artikel beziehen; es genügt, dass sie sich innerhalb des vom HV vertriebenen Sortiments bewegen.464 Auch der Preis braucht nicht übereinzustimmen,465 wie bereits die fortschreitende Inflation und allgemein Preisveränderungen zeigen (etwa Preisreduzierung bei manchen elektronischen Produkten). Der Begriff des „Geschäfts der gleichen Art“ ist wirtschaftlich zu verstehen und weit auszulegen.466 Maßgeblich ist – wie sich bereits aus der Amtlichen Begründung ergibt – die Verkehrsauffassung.467 Änderungen der Vertrags- und Geschäftsbedingungen sind solange unerheblich, als wirtschaftlich noch ein Geschäft der gleichen Art vorliegt.468 Denn die Identität des Geschäfts bestimmt sich in erster Linie anhand des verkauften Gegenstandes oder Produktes, welcher oder welches das Geschäft prägt. Die Konditionen des Geschäfts, insb. der der Inflation unterliegende Preis, sind weniger bedeutend. Weniger oder fast nicht entscheidend ist damit die Höhe der Gegenleistung, jedenfalls sofern es sich um eine Geldzahlung handelt. Denn ob der Käufer ein gutes oder ein schlechtes Geschäft macht, darf für das Entstehen der Provisionsanwartschaft des HV kaum eine Rolle spielen. Vollkommene Identi-

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459 AA Eberstein 9. Aufl., S. 78 unter Hinweis auf OLG Celle DB 1970, 582 für den Fall der Beherrschung und finanziellen Abhängigkeit. 460 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24. 461 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 24. 462 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 70. 463 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 25. 464 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 49; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 47. 465 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 20. 466 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 49; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 48. 467 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 22; Eberstein S. 78; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 49; Westphal I Rn 492; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 19; Hopt § 87 Rn 18; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 25. 468 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 25; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 25.

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tät des Geschäfts ist nicht erforderlich, auch Nachbestellungen mit veränderten Konditionen können Geschäfte der gleichen Art darstellen, solange der wirtschaftliche Kern des Geschäfts erhalten bleibt. Geschäfte über weiterentwickelte oder Nachfolgeprodukte, welche aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise die vertriebenen Produkte ergänzen, ersetzen oder fortentwickeln, sind meist mit denen über vorher verkaufte Ausgangsprodukte wirtschaftlich identisch, solange der Verwendungszweck der gleiche bleibt.469 Wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Erst- und Folgegeschäft besteht, ist ein Folgegeschäft mit einem Produkt der ausgeweiteten Produktpalette des Unternehmers provisionspflichtig.470 Das ist insb. anzunehmen, falls der Kunde bereits zuvor Abnehmer der gesamten Produktpalette des Unternehmers in einem bestimmten Bereich war.471 Schon der zweite Vertragsschluss über ein gleichartiges Geschäft lässt die Provisions- 83 anwartschaft entstehen.472 Die Möglichkeit, Folgeprovision zu erzielen beginnt, sobald das erste vom HV vermittelte Geschäft zwischen Kunde und Unternehmer zustande gekommen ist. Fraglich ist, ob zwischen Erst- und Zweitgeschäft ein bestimmter Zeitraum zu fordern ist, nach dessen Ablauf keine Folgeprovision mehr geschuldet ist. Das Gesetz sieht eine solche Frist nicht vor. Es muss daher, anders als bei der Prognose des § 89b, kein überschaubarer Zeitraum zwischen Erst- und Zweitgeschäft vorliegen. Allenfalls in Extremfällen – Vermittlung durch eine juristische Person mit einer Zeitspanne von vielleicht 40–50 Jahren zwischen Erst- und Zweitgeschäft – wird man die vom Gesetz vermutete Ursächlichkeit zwischen Erst- und Zweitgeschäft als widerlegt ansehen müssen, bei einem Zeitraum von mehr als 10 Jahren ist die Frage zu prüfen (Beweislast für Provisionsausschluss wegen Verfristung beim Unternehmer). Der einmal begründete provisionsrechtliche Kundenschutz nach S. 1 2. Alt. dauert grundsätzlich fort, bis das Vertragsverhältnis zwischen HV und Unternehmer beendet wird. Erfolgreiche Vermittlungstätigkeiten Dritter können die Folgeprovision gleichfalls nicht zum Erlöschen bringen.473 dd) Dispositivität. § 87 Abs. 1 2. Alt. ist zumindest individualvertraglich474 disposi- 84 tiv. Die Folgeprovision kann ganz ausgeschlossen oder inhaltlich konkretisiert werden, etwa dergestalt, dass im Hinblick auf bestimmte Kunden nur für die Dauer einer bestimmten Zeitspanne Folgeprovisionen gezahlt werden.476 Solange kein ausdrücklicher Ausschluss der Folgeprovision vereinbart wurde, tritt die Provisionspflicht für Folgebestellungen auch dann ein, wenn der HV-Vertrag zu dieser Provisionspflicht schweigt, sofern er sie nicht eindeutig ausschließt.477 Der Anspruch steht nicht dem Versicherungsvertreter zu, § 92 Abs. 3 S. 1. 475

ee) Beweislast. Der HV braucht lediglich geworbenes Erst- und ein Zweitgeschäft 85 nachzuweisen,478 zudem die Zugehörigkeit der Geschäfte zur gleichen Art. Die mittelbare

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469 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 49; Westphal I Rn 291; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 25. 470 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 48. 471 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 25. 472 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 26. 473 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 26. 474 Der BGH hat in seinen Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07 Rn 21, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); NJW-RR 1998, 629 (unter II 1b) offen gelassen, ob ein Ausschluss mittels AGB zulässig ist. 475 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Thume MDR 2011, 703; Hopt § 87 Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 65. 476 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 63. 477 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 20. 478 Baumgärtel § 87 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23c.

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Mitursächlichkeit des HV für das Folgegeschäft wird unwiderlegbar vermutet. Der Gegenbeweis ist also unzulässig.479 Sobald der HV Erstgeschäfte mit bestimmten Kunden benannt und bewiesen hat, muss der Unternehmer konkret darlegen, dass die vom HV bezeichneten Kunden bereits vor Abschluss des fraglichen Geschäfts ganz bestimmte, im einzelnen bezeichnete, gleichartige Geschäfte mit ihm getätigt haben480 und dies auch beweisen.481 Nur der Unternehmer kann hierzu vortragen. Den Provisionsausschluss nach Abs. 1 S. 2 hat der Unternehmer zu beweisen.482 c) Abs. 1 S. 2 Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV 86

aa) Überblick. § 87 enthält an mehreren Stellen Regelungen über die Provisionsteilung zwischen dem ausscheidendem Vertreter und seinem Nachfolger. Dazu zählt der dispositive483 § 87 Abs. 1 S. 2: Der Anspruch auf die Provision wird dann ausgeschlossen, wenn nach Abs. 3 dem Vorgänger des HV die Provision deshalb – und zwar ihm allein – zustehen soll, weil der Abschluss des Geschäfts überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist und der Abschluss angemessene Zeit nach Beendigung des HVVertrages des Vorgängers erfolgt ist (dazu Rn 138 ff.). Abs. 1 S. 2 gilt für beide Alt. des S. 1.484 Da Mitursächlichkeit des HV für die Vermittlung genügt, um Tätigkeits- oder Folgeprovision auszulösen, müsste der Unternehmer ohne eine gesetzliche (oder vertragliche) Regelung jeden HV voll bezahlen und damit für einen Erfolg vielfach leisten.485 Die Vorschrift greift nicht ein, wenn der Nachfolger keine Tätigkeit mehr entfaltet.486 Darüber, wann die TB-Voraussetzungen des Abs. 3 vorliegen, s.u. Rn 126 ff. Abs. 3 setzt voraus, dass der HV, in dessen Vertragszeit der Abschluss fällt, der Nachfolger, nicht Rechtsnachfolger,487 des ausgeschiedenen HV ist, dem die Provision – zumindest anteilig – zusteht und der Nachfolger die Vermittlung dann nur noch zu Ende führt. An sich wäre er nach dem zu Rn 68 ff. Gesagten als mitverursachend ebenso provisionsberechtigt. Gleichwohl soll nicht (auch) er Provision beanspruchen dürfen, sondern allein der Vorgänger. Wenn teilweise dem Nachfolger die Provision (neben der dem Ausgeschiedenen zustehenden) unter der Voraussetzung zugebilligt wird,488 dass seine Tätigkeit bei einer gedachten Fortsetzung des Vertragsverhältnisses des Vorgängers als mitursächlich und damit provisionsberechtigend würde angesehen werden können, so erscheint das überspitzt und mit dem Gesetz nicht vereinbar. Es wäre, in der vorgeschlagenen Abgrenzung – Provisionsberechtigung des Nachfolgers nach Abs. 1 S. 2 ausgeschlossen dann, wenn er das Geschäft nur zum Abschluss gebracht hat –, zudem wenig praktikabel. Soweit der Nachfolger hiernach von der Provision für den Abschluss ausgeschlossen ist, besitzt er auch keinen Provisionsanspruch aus § 354. Der Zweck des Gesetzes, den Unternehmer nicht als Folge eines ihm vielleicht aufgenötigten Vertreterwechsels die Provision zweimal zahlen zu lassen, würde sonst allzu leicht umgangen. Eine zwischenzeitliche Nicht-

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479 Hopt § 87 Rn 17. 480 Baumgärtel § 87 Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23c. 481 AA (Beweislast insoweit beim HV) Baumgärtel § 87 Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 23c. 482 Baumgärtel § 87 Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63. 483 Hopt § 87 Rn 22. 484 Hopt § 87 Rn 22. 485 Hopt § 87 Rn 21. 486 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 37. 487 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 35. 488 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 49.

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besetzung des Vertriebsgebietes schadet ebenso wenig wie die zeitweilige Tätigkeit eines anderen HV als Interimsnachfolger des ausgeschiedenen HV.489 Die darin liegende und nicht zu leugnende Benachteiligung des Nachfolgever- 87 treters nimmt das Gesetz in Kauf. Hier können nur vertragliche Regelungen Abhilfe schaffen. Fehlen sie, so nötigt das dazu, den Ausschluss der Provision – wie die meisten Ausschlüsse – eng auszulegen. Er beschränkt sich, dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend, auf den Fall, dass dem Vorgänger die Provision nach Abs. 3 wirklich zusteht. Ist sie für den Vorgänger vertraglich für solche Fälle ausgeschlossen (was nicht ganz selten geschieht) oder ist schon der TB des Abs. 3 nicht gegeben, weil der Anteil des Vorgängers am Vermittlungserfolg aus welchem Grunde auch immer nicht überwiegend geworden ist oder der Abschluss des Geschäfts nicht mehr innerhalb angemessener Zeit nach Beendigung des Vertreterverhältnisses mit dem Vorgänger erfolgt ist, so kommt das dem Nachfolger zustatten. Er erhält die Provision, falls es ihm gelingt, an dem in dem endgültigen Abschluss sich darstellenden Erfolg noch irgend mitursächlich beteiligt zu sein. Der Unternehmer kommt dann also nicht etwa in den Genuss einer provisionsfreien Vermittlung. Im Gegenteil muss er unter Umständen nun doch doppelt zahlen; dann nämlich, wenn der Vorgänger ein angestellter Reisender gewesen war und dieser über § 65 Anspruch auf die Provision für die von ihm überwiegend geleistete Vermittlungstätigkeit hat.490 Denn hier ist der Tatbestand des Abs. 1 S. 3 nicht gegeben – kein ausgeschiedener HV, kein Provisionsanspruch nach Abs. 3. Andererseits gilt Abs. 1 S. 2 nur im Vorgänger-Nachfolger-Verhältnis. Sind auf der 88 Vorgängerebene mehrere HV nebeneinander provisionsberechtigt geworden und hätte einer von ihnen die überwiegende Vermittlungstätigkeit geleistet, um dann auszuscheiden, so schließt Abs. 1 S. 2, wenn daraufhin dessen Nachfolger die Vermittlung zu Ende führt, nur den Provisionsanspruch dieses Nachfolgevertreters aus. Die Ansprüche der übrigen, in der „Endrunde“ nicht mehr tätig gewordenen HV bleiben unberührt.491 bb) Zwingende Natur. Vertragliche Abbedingungen gehen nicht selten vor in der 89 Richtung, dass Provisionsansprüche aus Geschäften, die zwar noch vor Beendigung des HV-Verhältnisses abgeschlossen worden waren, aber erst nachher zur Ausführung kommen und damit entsprechend der Regel des Abs. 1 noch zugunsten des ausgeschiedenen HV nachträglich zu verprovisionieren wären, ausgeschlossen sein sollen (zur Provisionsverzichtsklausel § 89b Rn 553 ff.). Das ist zulässig; § 89b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Alt. 1 hat gerade solche Fälle im Auge. Doch hat die Abdingbarkeit ihre Grenze in § 87a Abs. 3 (Abs. 5):492 Der Unternehmer kann den HV seiner Provision nicht dadurch verlustig gehen lassen, dass er (der Unternehmer) die Ausführung des Geschäfts entgegen der vertraglichen Fälligkeit über das Ende des HV-Verhältnisses hinauszögert und dadurch den Provisionsverzichtsfall schafft. Er hat das Geschäft „nicht so ausgeführt, wie es abgeschlossen worden war“ (§ 87a Abs. 3 S. 1), und ein Verzicht auf eine solchermaßen zu gefährdende Provision bliebe nichtig schon wegen Verstoßes gegen § 87a Abs. 5.493 An dem Eintritt des Provisionsverzichtsfalles und seiner wirksamen Statuierung ändert es nichts, wenn der Unternehmer seine Leistung nach Ende des Vertragsverhältnisses termingemäß, aber mangelhaft erbringt und der Kunde daraufhin wandelt. Ohne den Pro-

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489 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 35. 490 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 28. 491 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 16a, 28. 492 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = EWiR 2010, 119 (Emde). 493 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = EWiR 2010, 119 (Emde); BGHZ 33, 92.

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visionsverzicht würde der Anspruch auf die Provision dadurch zwar nicht beeinträchtigt (§ 87a Abs. 3 S. 1), und selbst eine entgegenstehende Abrede wäre nach § 87a Abs. 5 unwirksam. Doch soll damit nur sichergestellt sein, dass der HV für seine Ansprüche nicht schlechter gestellt wird, als hätte der Unternehmer vertragsgemäß erfüllt: gerade dies unterstellt, wäre wiederum der Provisionsverzichtsfall gegeben. III. § 87 Abs. 2: Bezirksprovision 90

Die in Abs. 2 geregelte, sog. Bezirksprovision bildet neben der Folgeprovision den zweiten Fall einer Provision, die jedenfalls bezogen auf das konkrete Einzelgeschäft tätigkeitsunabhängig494 ist, wie der EuGH495 zu Art. 7 RL bestätigte. Bezirks- oder Kundenschutzprovision erhält ein HV, dem vom Unternehmer vertraglich provisionsrechtlicher Kundenschutz für einen bestimmten räumlich abgegrenzten Bezirk oder persönlich umgrenzten Kundenkreis zugesagt worden ist, und zwar für alle Kundengeschäfte mit Vertragsprodukten, welche mit vom Bezirk oder Kundenkreis erfassten Kunden wirksam während des Bestehens der Kundenschutzzusage zustande gekommen (Abs. 2 S. 1) oder dem Unternehmer angeboten worden sind (Abs. 3 S. 1 Nr. 2), sofern die Provision nicht ausnahmsweise ganz oder teilweise dem Vorgänger des Bezirksvertreters zusteht (Abs. 2 S. 2 und Abs. 3 S. 2).496 Typisch für den Bezirksvertreter ist die Zuweisung eines Bezirks, weshalb sich der schlagwortartige Terminus „Bezirksvertreter“ durchgesetzt hat.

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1. Wer ist Bezirksvertreter? Bezirksvertreterprovision ist nur zu zahlen, wenn der HV Bezirksvertreter ist. Das ist der Fall, wenn er mit hinreichender Klarheit497 vertraglich – im Ursprungsvertrag oder auch später498 – als solcher benannt ist, ihm also für alle Geschäfte seines „Bezirks“ oder „Kundenkreises“ Provision zugesagt wurde. Meist muss tatsächlich in dieser Weise – wenig systematisch – von der Rechtsfolge (Provisionspflicht) auf den TB (Bezirkszuweisung) zurückgeschlossen werden.499 Wenn einem als „Bezirksvertreter“ bezeichneten HV nach dem Inhalt des Vertrages keine Bezirksprovision zu zahlen ist, ist er in Wahrheit kein Bezirksvertreter. Die Regelung der konkreten Rechtsfolge – etwa die Vereinbarung, dass Provision nur für Geschäfte zu leisten ist, die auf die Tätigkeit des HV zurückzuführen sind – hat meist Vorrang vor der bloßen Bezeichnung als Bezirksvertreter.500 Möglich ist aber auch die spiegelbildliche Herangehensweise, nach der der TB der Bezirkszuweisung entscheidend ist und der Ausschluss der Bezirksprovision anhand §§ 138, 307 BGB zu prüfen wäre. Gegenstück zum Bezirk ist die bloße Zuweisung eines Gebietes, welches zu bearbeiten ist und für dessen Bearbeitung lediglich Tätigkeits- oder Folgeprovision nach Abs. 1 für vermittelte Geschäfte versprochen wurde. Der auch von Art. 7 Abs. 2 RL verwendete Begriff der „Zuweisung“ ist missverständlich. Bezirksvertreter wird man nicht durch die einseitige Zuweisung,501 sondern

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494 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 19; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 21, weil der Bezirksvertreter den Bezirk betreuen muss. Aber die Zahlung der Provision für das konkrete Geschäft bleibt tätigkeitsunabhängig. 495 EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643, Rn 16–19 = EuZW 1997, 248 m. Anm. Klauer, St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354. 496 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 39. 497 Thume BB 2012, 975 (981). 498 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 22. 499 In diese Richtung OLG Hamm, Urt. v. 21.4.1994 – 18 U 140/93, VersR 1995, 779. 500 OLG Karlsruhe BB 1971, 1123. 501 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 22.

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durch konsensuale Einigung über diese Bestellung.502 Eine einseitige Benennung des Unternehmers oder Zuweisung eines geschützten Gebiets bzw. Kundenkreises an den HV kann aber ein Angebot auf Abschluss eines Bezirksvertretervertrages bilden, welches der HV im Zweifel als für sich günstig nach § 151 BGB annimmt,503 sofern es sich um das bereits bearbeitete Gebiet handelt (weil es sich dann lediglich um eine verbesserte Provisionsabrede handelt, bei nur geringfügig erhöhten Pflichten). Bei namentlicher Benennung als „Bezirksvertreter“ ist der HV meist ein solcher,504 es sei denn, es ergibt sich mit der gleichen Klarheit aus dem Vertrag, meist der Provisionsklausel, dass die Parteien etwas anderes meinten. Eindeutig liegt der Sachverhalt auch, wenn der HV zwar nicht als Bezirksvertreter benannt wurde, ihm jedoch eine Provision für alle mit den Kunden seines Bezirkes geschlossenen Geschäfte zugesichert wurde, selbst wenn der Bezirk nicht ausdrücklich als solcher, sondern etwa als Gebiet oder Erfassungsraum apostrophiert wurde. Ausreichend ist die Gewährung von „Bezirks-“, „Kunden-“ oder „Projektschutz“505 oder das Provisionsversprechen für alle „direkten und indirekten“506 sowie „mittelbaren und unmittelbaren“ Geschäfte.507 Ergibt sich die Einordnung als Bezirksvertreter nicht aus anderen Umständen, ist in der Zuweisung eines bloßen „Gebiets“ keine Bestellung als Bezirksvertreter zu sehen,508 weil eine bloße Arbeits- oder Tätigkeitsbegrenzung gewollt sein kann.509 Oft werden die Begriffe „Gebiet“ und „Bezirk“ verwechselt. Meist lässt sich erst aus der Provisionsklausel entnehmen, was gewollt war.510 Die Bezeichnung als „Generalvertreter“511 oder „Alleinvertreter“512 ist nicht hinreichend eindeutig, da § 87 Abs. 2 in Ausübung des dem nationalen Gesetzgebers in Art. 7 Abs. 2 S. 2 RL eingeräumten „Auswahlermessens“ bewusst das Provisionsrecht nur an die Zuweisung eines Bezirkes oder eines Kundenkreises und nicht die zusätzliche Einräumung einer Alleinvertretung angeknüpft hat. Ein Hauptvertreter kann seinem Untervertreter nur dann wirksam Bezirksschutz versprechen, wenn der Bezirk oder Kundenkreis innerhalb des Vertriebsgebietes des Hauptvertreters liegt.513 Anderenfalls ist er schon an der Abrechnung und der Gewährung der Kontrollrechte des § 87c gehindert, schuldet aber ggf. Erfüllung bzw. Schadenersatz, wobei die Beweislast für beide Rechte beim HV liegen dürfte (Gegenansicht vertretbar, weil dem Unternehmer die Kontrollrechte aus § 87c obliegen). Die Bezirksvertreterabrede bleibt wirksam. Der Unternehmer darf den Vertrag mit dem Hauptvertreter dann gem. § 89a kündigen. Die Bestellung als Bezirksvertreter setzt die vertragliche Zuweisung eines bestimm- 92 ten geografischen Bezirks oder eines bestimmten Kundenkreises voraus.514 Ob dies der

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502 Hopt § 87 Rn 25. 503 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 76. 504 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 76. 505 OLG Düsseldorf NJW 1982, 1231. 506 RGZ 109, 254 (255); BGH, Urt. v. 20.10.1955 – II ZR 75/54, DB 1956, 157 = BB 1956, 95; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 76; Hopt § 87 Rn 25. 507 BGH DB 1956, 157; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 76; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 74. 508 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 76; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 43. 509 BGH, Urt. v. 31.3.1982 – IVa 298/80, WM 1982, 635; OLG Karlsruhe, Urt. v. 10.5.2005 – 8 U 242/04, HVR Nr. 1156; Thume BB 2012, 975 (981); Hopt § 87 Rn 23; MünchKomm/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 75. 510 Vgl. Thume BB 2012, 975 (981). 511 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 76; Hopt § 87 Rn 25; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 22. 512 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 22; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 43. 513 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 62. 514 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44.

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Fall ist und wie der Bezirk umgrenzt ist, muss dem Vertretervertrag entnommen werden.515 Trotz des Wortlautes „bestimmten“ genügt auch hier Bestimmbarkeit, schon um den HV zu schützen, der meist Verwendungsgegner der vom Unternehmer formulierten Verträge ist. Einem Formgebot unterliegt die Bezirksvertreterabsprache nicht, sofern der Vertrag nicht insgesamt der Schriftform unterworfen ist.516 Deshalb darf die Abrede auch konkludent517 und durch lange einverständliche Übung getroffen werden, etwa indem über längere Zeit eine Bezirksvertreterprovision für alle getätigten Geschäfte in einem Bezirk oder mit einem bestimmten Kundenkreis gewährt wird und beide Parteien die Vorstellung haben, dass die Zahlungen in Erfüllung einer Bezirksvertreterabrede geleistet sein sollen.518 Auch eine Bestellung mittels kaufmännischen Bestätigungsschreibens ist möglich.519 Wird eine Beurkundung des Vertragsinhaltes nach § 85 verlangt, so sind die Angaben zum Bezirk in die Urkunde aufzunehmen. Darüber, wann eine Bezirksvertretung als übertragen gilt, s. im allgemeinen OLG Frankfurt LZ 1930, 64. Nach einem Gutachten der IHK Berlin 1926 Nr. 256 ist, wer in Berlin zum Agenten bestellt wird, nach Handelsbrauch mangels gegenteiliger Vereinbarung Bezirksvertreter. Das dürfte heute nicht mehr gelten, wie das Regel-Ausnahme-Verhältnis der Abs. 1 und 2 zeigt. In HV-Verträgen aus der Zeit vor der Wiedervereinigung bezieht sich die Bezirkszuweisung „Inland“, „Deutschland“ oder „Bundesrepublik“ im Zweifel nicht auf das Gebiet der neuen Bundesländer.520 Jedoch darf der Unternehmer bei vertraglich zugesprochener Zuweisung eines bestimmten Bezirkes den HV nicht einfach in einen anderen Bezirk versetzen, etwa in Form des Rotationsvertriebs.521 Soll die Bezirksvertreterabrede rückgängig gemacht werden, gelten für diesen actus contrarius die für die Begründung der Bezirksabrede geltenden Regeln in gleicher Weise; es bedarf einer Vereinbarung.522 Das Schweigen des HV auf ein dahingehendes Angebot des Unternehmers bildet keine Zustimmung, etwa auf die Mitteilung des Unternehmers, er werde auf Direktgeschäfte mit bestimmten Kunden keine Provision mehr leisten.523 Im Hinblick auf den Vertreter mit zugewiesenem Kundenkreis gelten die für den 93 Bezirksvertreter dargestellten Grundsätze entsprechend. Der Kundenkreis kann nach beliebigen Gesichtspunkten abgegrenzt und mit einem geographischen Bezirk verbunden sein; z.B. Endverbraucher eines bestimmten Bezirks, Zwischenhändler innerhalb eines solchen; Abgrenzung nach fachlicher Zugehörigkeit, Fabrikaten bestimmter Art usw. Auch hier genügt die Bestimmbarkeit des Kundenkreises. 94

2. Tätigkeit außerhalb des Bezirkes? Dem Bezirksvertreter ist eine Betätigung außerhalb des zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises nicht ohne weiteres verwehrt.524 Bezirksvertreterprovision steht dem HV aber bei Tätigkeit außerhalb seines Be-

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515 Hopt § 87 Rn 26. 516 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 43; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 73. 517 OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.7.1967, DB 1968, 611; Thume BB 2012, 975 (981): Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 75; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 43; Oetker/Busche § 87 Rn 22. 518 RG LZ 1911, 937; BGH, Urt. v. 15.12.1960 – VII ZR 212/59, VersR 1961, 270 (271); OLG Düsseldorf DB 1968, 611; Evers BB 1992, 1365 (1371); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31. 519 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 43. 520 LAG Düsseldorf ZIP 1992, 647; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 85. 521 Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 15. 522 Hopt § 87 Rn 25. 523 OLG Nürnberg BB 1957, 560; Hopt § 87 Rn 25. 524 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 Rn 13 = WM 2006, 1358; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 77; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41; Heymann/Sonnenschein/

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zirks nicht zu, allenfalls Provision nach Abs. 1. Die Provisionspflicht für eine außerbezirkliche Tätigkeit darf ausgeschlossen,525 jedoch auch vereinbart526 werden. Der Unternehmer kann frei entscheiden, ob er den aus ihr herrührenden Auftrag annimmt.527 Im Zweifel528 – insb., wenn mit Kenntnis des HV das gesamte Vertriebsgebiet in Bezirke aufgeteilt und mit Bezirksvertretern besetzt wurde529 – wird sich ein solches Verbot aber aus dem Wesen des Bezirksvertretervertrages ergeben,530 schon damit der Unternehmer für das selbe Geschäft nicht zweifach Provision leisten muss – einmal an den außerhalb seines Bezirks tätigen HV, ein anderes Mal an den Bezirksvertreter, in dessen Bezirk der andere Bezirksvertreter bezirksfremd tätig ist. Gegen unzulässige Einbrüche in den eigenen Bezirk durch andere HV kann der zuständige Bezirksvertreter vom Unternehmer verlangen, geschützt zu werden. Das gilt ungeachtet der Tatsache, dass diesem Bezirksvertreter ein Provisionsanspruch nach Abs. 2 gebührt. Denn die Tätigkeit des bezirksfremden HV kann ihn von seinem Kundenkreis separieren. Man mag hier insoweit von Bezirksschutz sprechen. Für einen solchen Abwehranspruch wird es eines erheblichen Einbruchs bedürfen, da die Bezirksabrede den HV nicht notwendigerweise vor der Tätigkeit des Unternehmers oder Dritter schützt. Besteht ein Abwehranspruch, dürfen sich die Bezirksvertreter nicht gegenseitig durch Einbruch in fremde Bezirke Konkurrenz machen.531 Der HV, der einer solchen Begrenzung zuwiderhandelt, hat keinen Anspruch auf Provision für außerbezirklich vermittelte Geschäfte,532 die Provision fällt vielmehr dem zuständigen HV als Bezirksprovision an. Ein Bezirksvertreter, der außerhalb seines Bezirks in einem fremden Bezirk tätig war kann aber Tätigkeitsprovision verdienen, sofern ihm die Tätigkeit außerhalb seines Bezirks nicht ausdrücklich, stillschweigend oder aufgrund seiner Interessenwahrungspflicht oder den Treupflichten innerhalb des Vertriebssystems verboten war (auch dann kann in der Annahme des Auftrages aber dessen zur Provisionspflicht führende Billigung liegen), und zwar selbst dann, wenn in dem anderen Bezirk ebenfalls ein Bezirksvertreter tätig ist. I.d.R. gewinnt ein Bezirksvertreter, der mit Zustimmung des Unternehmers außerhalb seines Bezirks bzw. des ihm zugewiesenen Kundenkreises tätig wird, auch für Geschäfte mit Kunden den vollen Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 1, die außerhalb des zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises liegen.533 Folgeprovision scheidet nur aus, sofern ein außerhalb eines Bezirks getätigtes Geschäft kein „Geschäft der gleichen Art“ darstellt. Folgeprovision ist in diesem Fall nicht ausgeschlossen, weil § 87 Abs. 2 den § 87 Abs. 1 Alt. 2 über die Folgeprovision im Wege der Konkurrenz ausschließt,534 sondern da § 87 Abs. 1 Alt. 2 tatbestandlich nicht eingreift. Der Unternehmer

_____ Weitemeyer § 87 Rn 22; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 23; Westphal BB 1991, 2027; s.a. BGH, Urt. v. 15.2.1971 – VII ZR 122/69, WM 1971, 563; Peterek BB 1966, 351; Hopt § 87 Rn 28; aA Wessel BB 1962, 473 (474). 525 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 (1301) Rn 17 = WM 2006, 1358; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 93; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 78. 526 Eberstein 9. Aufl., S. 51. 527 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1300 (1301) Rn 17. 528 Wessel BB 1962, 473. 529 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 78; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41, Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 28. 530 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 23; aA wohl Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 93. 531 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31b. 532 OLG Düsseldorf WM 1970, 1284. 533 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301 Rn 17 = WM 2006, 1358 im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.2.1971 – VII ZR 122/69, WM 1971, 563. 534 So aber Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 179 ff.

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darf die Tätigkeit außerhalb des Bezirks gestatten.535 Akzeptiert der Unternehmer eine solche Tätigkeit, kann darin eine stillschweigende Erweiterung des Bezirks bzw. Kundenkreises liegen.536 95

3. Während des Vertragsverhältnisses. Voraussetzung der Bezirksvertreterprovision ist, ebenso wie bei der Tätigkeits- oder Folgeprovision, dass ein Geschäft zwischen Unternehmer und Kunden während des Bestehens der Bezirksverreterabrede537 zustande kam (s.o., Rn 46 ff., 80). Auf nachvertragliche Nachbestellungen erstreckt sich das Bezirksprovisionsrecht nach Abs. 2 damit nicht.538 Maßgeblich für die Abgrenzung ist – wie auch sonst – das wirksame Vertragsende, nicht der Zeitpunkt der Kündigungserklärung.539 Ein Abschluss vor diesem Wirksamwerden genügt.540 Eine Ausnahme gilt, wenn diese Geschäfte i.S.d. Abs. 3 vom HV vorbereitet wurde.541

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4. Beteiligung des Unternehmers. Art. 7 Abs. 2, 1. Spiegelstrich RL über die Bezirksprovision ist so auszulegen, dass ein HV, dem ein bestimmter Bezirk zugewiesen ist, keinen Anspruch auf Provision für ein Geschäft hat, welches ein Kunde, der jenem Bezirk angehört, mit einem Dritten abgeschlossen hat, ohne dass der Unternehmer unmittelbar oder mittelbar an dem Geschäft beteiligt war.542 Der HV erhält keine Provision für Geschäfte, an welchen der Unternehmer unbeteiligt war. Ob eine solche Beteiligung vorliegt, haben die nationalen Gerichte unter Berücksichtigung des Schutzgedankens der RL sowie Treu- und Glaubens zu bestimmen.543 5. Provisionspflicht

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a) Synallagmatische Hauptpflicht. Die Bezirksprovision ist Erfolgsprovision nur noch in einem sehr mittelbaren Sinne, insofern, als sich davon ausgehen ließe, dass die Pflege des Bezirks sich mitursächlich in Kaufanreizen und in der Abschlussgeneigtheit auch solcher Kunden niederschlägt, bei denen der HV nicht selbst den Abschluss vermittelt hat. Im Eigentlichen aber ist die Bezirksprovision eine synallagmatische Gegenleistung, die für die fortlaufende Betreuung und Pflege des Bezirks, Auf- und Ausbau des Marktes für den Unternehmer, die Förderung seines Absatzes sowie die Wahrnehmung seiner Interessen im besonderen Maße sowie bei entsprechender Vereinbarung für das Unterlassen des Vertriebs außerhalb des Bezirks oder Kundenkreises gewährt wird.544 Hier tritt der Charakter des gegenseitigen Vertrages bei der Bestellung zum Bezirksvertreter deutlicher hervor als bei sonstigen, nicht bezirklich eingesetzten HV. Deshalb sind

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535 BGH, Urt. v. 5.4.2006 – VIII ZR 384/04, BB 2006, 1301 = WM 2006, 1358; WM 1971, 564; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 77; Hopt § 87 Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 23. 536 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 77. 537 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 88. 538 BGH BB 1957, 1086; Hopt § 87 Rn 37; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 34. 539 BGH, Urt. v. 27.2.1976, NJW 1979, 2492; Hopt § 87 Rn 37. 540 BGH, Urt. v. 27.2.1976, NJW 1979, 2492; Hopt § 87 Rn 37. 541 Hopt § 87 Rn 37. 542 EuGH, Urt. v. 17.1.2008 – Rs. C-19/07, EWS 2008, 151 = NJW 2008, 1211; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 90; krit. Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24. 543 EuGH, Urt. v. 17.1.2008 – Rs. C-19/07, EWS 2008, 151 Rn 22 = NJW 2008, 1211. 544 BGH BB 1957, 9; BB 1976, 1530; BGHZ 41, 292 = BB 1964, 698 = NJW 1964, 1622; Hopt § 87 Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 21.

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die Bestimmungen der §§ 320 ff. BGB direkt anwendbar.545 Die Bezirksprovision wird aber unabhängig von einer tatsächlichen Ursächlichkeit des HV für einen Geschäftsabschluss gewährt und unabhängig von einer Tätigkeit des HV zu einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten Ort,546 weshalb es im Grundsatz auch irrelevant ist, weshalb die Ursächlichkeit fehlt,547 solange nicht Gegenrechte des Unternehmers (z.B. Schadenersatz, Einrede nach § 320 BGB) bestehen. Zur Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung s.u., Rn 108 ff. b) Inhalt des Provisionsversprechens. Für die Hauptpflicht zur kontinuierli- 98 chen Pflege des Bezirks wird die Bezirksvertreterprovision als Gegenleistung gewährt. Sie braucht als Rechtsfolge der Bestellung als Bezirksvertreter nicht ausdrücklich vereinbart zu werden, sondern ergibt sich als automatische Folge dieser Bestellung.548 Inhaltlich richtet sie sich darauf, dass der Bezirksvertreter für alle vertragsbegleitenden, in seinem Bezirk und in sein Vertriebsrecht fallenden Geschäfte mit den ihm zum Absatz übertragenen Produkten549 auch ohne Tätigkeit und Mitursächlichkeit550 und selbst nach zeitweiser Unterbrechung der Geschäftsverbindung,551 mag der HV dabei vermittelnd tätig geworden sein oder nicht, mag er für Nachbestellungen provisionsberechtigt geworden sein oder nicht, die Provision so erhält, als habe er vermittelt oder als sei er provisionsberechtigt aus den Nachbestellungen gewesen. Es handelt sich um einen weiteren Fall des provisionsrechtlichen Kundenschutzes. Der Bezirk wird dem HV provisionsmäßig, nicht rechtlich vorbehalten.552 Im Zweifel erfasst der Bezirksschutz sämtliche, auch zukünftige Kunden des Bezirks.553 Die Provisionspflicht tritt, wie bei jeder Provisionsart, ohne dahingehende Abrede kraft Gesetzes ein. Für die Höhe gilt § 87b. Falls sich der Unternehmer das Recht vorbehalten hat, im Bezirk des HV selbst tätig werden zu können und nicht festgelegt wurde, wie solche Direktgeschäfte zu verprovisionieren sind, sind solche Geschäfte im Zweifel wie andere Bezirksgeschäfte bezirksprovisionspflichtig.554 Ein Ausschluss der Bezirksprovision darf in diesen Fällen vereinbart werden.555 Auch die erfolgreiche Vermittlungstätigkeit eines anderen HV556 kann die Bezirksprovision nicht beeinträchtigen. Sie fällt dem Bezirksvertreter automatisch an. Der Bezirksvertreter hat sogar dann Anspruch auf Provision, wenn der Unternehmer über eine rechtlich selbständige, jedoch von ihm beherrschte Gesellschaft Geschäfte mit Abnehmern

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545 BGH, Urt. v. 18.6.1959 – II ZR 121/57, NJW 1959, 1490; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 72; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 69; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 37. 546 Hopt § 87 Rn 31. 547 Hopt § 87 Rn 31. 548 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 21. 549 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44. 550 EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643, Rn 16–19 = EuZW 1997, 248 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354. 551 BGH BB 1978, 1137; Hopt § 87 Rn 31. 552 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22. 553 OLG Nürnberg MDR 1982, 324; Hopt § 87 Rn 26; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 22. 554 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 86; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24. 555 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 86; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44, der im Zweifel die Provisionspflicht nicht auf Direktgeschäfte des Unternehmers erstrecken will: Aber das Provisionsrecht gilt umfassend, Abgrenzungsschwierigkeiten sollen durch die Bezirksabrede gerade vermieden werden. 556 EuGH, Urt. v. 12.12.1996, EuZW 1997, 248 (249); BGH, Urt. v. 18.11.1957, NJW 1959, 180; Hopt § 87 Rn 35; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 89.

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des Bezirks des Bezirksvertreters tätigt.557 Ebenso besteht i.d.R. der Anspruch auf Bezirksprovision, wenn sich der Unternehmer das Recht vorbehalten hat, im Bezirk tätig zu werden und nicht ausdrücklich festgelegt ist, wie auf diese Weise zustande gekommene Geschäfte provisionsmäßig zu behandeln sind.558 Extremfälle betreffen die Verpflichtung zur Leistung der Bezirksprovision nach ungerechtfertigter Kündigung des Unternehmers und nachfolgender Tätigkeitseinstellung des HV (ohne Abzüge nach § 615 S. 2 BGB)559 oder im Falle des früheren Wehrdienstes.560 In solchen Fällen sind die Grundsätze zur Schlechterfüllung oder des nicht erfüllten Vertrages zu prüfen (Rn 108 ff.). Sie greifen vor allem dann nicht ein, wenn der HV schuldlos untätig bleibt.561 99 Ein Rangverhältnis der Bezirksprovision zur Tätigkeits- oder Folgeprovision besteht nicht.562 Vor Zubilligung einer Bezirksprovision muss also nicht geprüft werden, ob der Tatbestand der Tätigkeits- oder Folgeprovision erfüllt ist. Soweit der Bezirksvertreter in seinem Bezirk eigene Vermittlungstätigkeit ausübt, hat er die Provision bereits nach Abs. 1 S. 1 in der einen oder anderen Alt. zu beanspruchen.563 Eine zusätzliche Bezirksvertreterprovision wird daneben nicht fällig; es gibt keine Kumulation beider Provisionen.564 Der Unterschied hat nach Ansicht derjenigen, welche die Ausgleichspflicht der Bezirksvertreterprovision ablehnen, Bedeutung für den Ausgleichsanspruch, zudem bei differierenden Provisionssätzen.565 Die Auslösung des Anspruchs auf Bezirksprovision ist jedoch regelmäßig am leichtesten feststellbar. Deshalb kann der HV seinen Anspruch auf § 87 Abs. 2 stützen, muss dies jedoch nicht. Er darf sich auch nachträglich auf den konkurrierenden Anspruch berufen. 100 Der mit der Bezirksvertretung gewährte Provisionsschutz endet nach seinem Zweck dort, wo nicht Geschäfte auf dem freien, der Vermittlungstätigkeit des HV geöffneten Markt in Rede stehen. Deshalb ist eine Warenabgabe des Unternehmers an Belegschaftsmitglieder – Beispiel Jahreswagen – nicht provisionspflichtig,566 soweit sie der persönlichen Bedarfsdeckung der Mitarbeiter dient und ohne Zwischenschaltung von Groß-, Zwischen- oder Einzelhändler durchgeführt wird.567 Auch hat das RG568 die Bezirksprovision versagt in einem Falle, im welchem der Unternehmer, der in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, Notverkäufe zur außergerichtlichen Schuldenabwicklung abgeschlossen hatte. Hierbei muss es sich um einen Ausnahmefall handeln. Der Unternehmer darf, wenn der Bezirksvertreter durch einen von dritter Seite 101 verschuldeten Unfall ausfällt, nicht etwa vom Bezirksvertreter Abtretung der Ersatzansprüche gegen den Schädiger im Umfange der gezahlten Bezirksprovisionen verlangen: die Bezirksprovision ist auch unter diesem Gesichtspunkt tätigkeits- und „unfallunabhängig“.569

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557 BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785; Genzow in: Ensthaler, § 87 Rn 13. 558 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 86. 559 BGH BB 1992, 1162; Hopt § 87 Rn 31. 560 OLG Hamm HVR Nr. 964; Hopt § 87 Rn 31. 561 Siehe BGHZ 41, 295; OLG Braunschweig BB 1993, 2113; Hopt § 87 Rn 31. 562 AA Westphal I Rn 493. 563 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 73. 564 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 73. 565 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 73; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 70. 566 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 101; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 52; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 95; Schlegelberger/ Schröder § 87 Rn 35a. 567 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 52. 568 RGZ 140, 80. 569 BGHZ 41, 292.

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c) Belegenheit des Kunden. Um die Provisionspflicht auszulösen, muss der bestel- 102 lende Kunde seinen Geschäftssitz im Bezirk des HV haben.570 Das soll in erster Linie wirtschaftlich zu verstehen sein.571 Gemeint ist die Bezirksansässigkeit des Kunden, also des Rechtsträgers, für den der Bestellende handeln will.572 Der Leistungs- und Erfüllungsort sind hingegen ebenso irrelevant573 wie die Eigentümer- oder Gesellschafterstellung beim Besteller.574 Wo und von wem die Vertragsverhandlungen geführt worden sind,575 wer das Kundengeschäft herbeigeführt hat,576 wo der Vertrag abgeschlossen worden ist,577 der Unternehmer zu erfüllen und wohin er zu liefern hat,578 oder für wen die Lieferung, etwa bei einem Streckengeschäft, bestimmt ist,579 hat damit allenfalls indizielle Bedeutung.580 Der Abschlussort ist also grds. unerheblich: es können unter die Provisionspflicht auch Geschäfte fallen, die an dem nicht im Bezirk gelegenen Niederlassungsort des Unternehmers mit dem etwa zufällig anwesenden Kunden oder auch durch Briefwechsel zwischen dem Kunden und dem Unternehmer zustande kommen. Umgekehrt mag ein Geschäft im Bezirk geschlossen sein, und dann mit einem außerbezirklichen Kunden. Es ist dann für den Bezirksvertreter am Abschlussort nicht provisionspflichtig.581 Die verbindliche Weisung eines im Bezirk ansässigen Kunden an seine nicht bezirksangehörigen Niederlassungen, Betriebsteile oder beherrschte Unternehmen, ein Geschäft abzuschließen, reicht als TB-Voraussetzung der Provisionspflicht aus, falls der Angewiesene keine Entscheidungsfreiheit besitzt und nur die vorgegebenen Produkte bestellen darf.582 Das bleibt jedoch noch sehr allgemein. Da ein Rechtsträger z.B. nur einen Sitz weltweit haben kann, wäre es ungerecht, dem HV nur aus diesem Grund für alle weltweiten Geschäfte Bezirksvertreterprovision zuzubilligen. Präziser und möglicherweise abweichend vom juristischen Sitz des Rechtsträgers kommt es daher letztlich darauf an, ob die Entscheidung zum Abschluss eines provisionspflichtigen Geschäfts üblicherweise im Bezirk getroffen wird, sich der HV, wenn er Tätigkeitsprovision verdienen wollte, also an diese Geschäftsstelle wenden würde. Dieser Ort des geschäftlichen Auftretens gegenüber dem HV dürfte gemeint sein, wenn ausgeführt wird, der Ort der tatsächlichen

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570 BGH DB 1976, 2152; NJW 1958, 180 (zusammenfassend mit Nachweisung der vorangegangenen Rechtsprechung) Eberstein 9. Aufl., S. 80; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 82; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 83. 571 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 22/23. 572 Vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1956 – II ZR 219/55, DB 1957, 19; v. 29.11.1956 – II ZR 241/55, BB 1957, 9; WM 1976, 1193; v. 9.6.1978 – I ZR 136/76, WM 1978, 982; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 50; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 27, 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 90, 91; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32, 34a; vgl. auch Maier BB 1970, 1327 (1328). 573 BGH NJW 1958, 180; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 83. 574 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 85. 575 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32. 576 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 96. 577 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 23; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 114; Eberstein 9. Aufl., S. 80; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 26. 578 BGH WM 1976, 1193 = BB 1976, 1530 = DB 1976, 2152; NJW 1958, 180; OLG Düsseldorf WM 1970, 1284; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 81; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 83, 90; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32. 579 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47. 580 Über die Auslegung einer Provisionsabrede hinsichtlich aller „für den Bezirk und aus dem Bezirk“ abgeschlossenen Geschäfte OLG Braunschweig LZ 1924, Sp. 4795. 581 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 1114. 582 OLG Stuttgart BB 1960, 753; Schröder DB 1963, 541 (543); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 50.

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geschäftlichen Tätigkeit sei maßgeblich.583 Wird diese an verschiedenen Orten ausgeübt oder wird der HV in mehreren Hoheitsgebieten tätig, so können für die Feststellung des Schwerpunktes des vorgenommenen Geschäfts andere Elemente, namentlich der Ort, an dem die Verhandlungen mit dem HV erfolgt sind oder normalerweise hätten erfolgen müssen, der Ort, an den die Ware geliefert worden ist sowie der Ort der Niederlassung, die die Bestellung aufgegeben hat, berücksichtigt werden. 584 Nur im Zweifel kommt es auf den Hauptsitz des Kunden an, bei juristischen Personen auf deren Sitz. Sofern dieser Sitz in einem öffentlichen Register eingetragen wird, ist für einen Zweifelsfall jene Eintragung maßgeblich. Bei Bestellungen für Unternehmensgruppen ist der Sitz desjenigen Unternehmens maßgeblich, welches als Besteller nach außen aufgetreten ist und für die Unternehmensgruppe handeln darf,585 bei selbständig abschließenden Filialen – diese brauchen nicht notwendig rechtlich selbständig zu sein – ist der bezirksgelegene Sitz der Filiale vorrangig, soweit der Bestellende wirtschaftlich besehen eine Bestellung für diese Filiale tätigen will.586 Bei Behördenaufträgen kommt es auf den Sitz der wirtschaftlich für den Abschluss maßgebenden Stelle und nicht auf den formellen Sitz der Behörde an.587 Abzustellen ist auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses (letzte Willenserklärung). Der Bezirksprovisionsanspruch besteht auch bei Abschluss mit einem bezirkszugehörigen Kunden, wenn die Lieferung an irgendeinen Ort außerhalb des Bezirkes geht.588 Beim „Streckengeschäft“, bei welchem der Besteller den Lieferanten veranlasst, die Ware unmittelbar an seinen Kunden mit Sitz außerhalb des Bezirkes zu liefern, kommt es somit allein auf die Belegenheit des Bestellers an.589 Hingegen reicht es für die Bezirksprovision nicht aus, dass ein Kunde mit Sitz außerhalb des Bezirks die Ware unverzüglich an einen geschützten Kunden im Bezirk des HV weiterveräußert, auch wenn der Unternehmer dies weiß.590 Diese Anknüpfung ausschließlich an den Bestellers und damit leichter feststellbare äußere Merkmale dient der Praktikabilität591 und der Rechtsklarheit.592 Bei nur vorübergehendem Aufenthalt des Kunden im Bezirk593 ist zu unterscheiden: Unterhält der Kunde während des Abschlusses und der Ausführung des Kundengeschäfts eine selbständig agierende Filiale im Bezirk, entsteht eine Bezirksvertreterprovision, anderenfalls nicht. Es kann aber Tätigkeitsprovision des vermittelnden HV verdient sein. Wo und von wem die Vertragsverhandlungen geführt worden sind,594 wer das Kundengeschäft herbeige-

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583 EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643 = EuZW 1997, 248 Rn 25–30 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354. 584 EuGH, Urt. v. 12.12.1996 – Rs. C-104/95, „Kontogeorgas/Kartonpak“, EuGHE 1996 I, 6643 = EuZW 1997, 248 Rn 25–30 m. Anm. Klauer St. Galler Europarechtsbriefe 1997, 27; Habersack/Martínez Sanz EWS 1997, 289; Fock ZEuP 1998, 354; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 83; Hopt § 87 Rn 26. 585 BGH, Urt. v. 18.6.1976 – I ZR 14/73, BB 1976, 1530; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn. 82. 586 So schon BGH LM § 87 HGB Nr. 1; auch OLG Düsseldorf WM 1970, 1284; Eberstein 9. Aufl., S. 81; aA wohl OLG Stuttgart BB 1960, 753. 587 Eberstein 9. Aufl., S. 81. 588 Westphal I Rn 496. 589 BGH, Urt. v. 18.11.1957 – II ZR 33/56, NJW 1958, 180; OLG Bamberg, Urt. v. 17.12.1999 – 6 U 41/99, HUR Nr. 936. 590 BGH, Urt. v. 11.7.1960 – VII ZR 225/59, BB 1960, 956; Hopt § 87 Rn 26; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 84; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32. 591 Westphal I Rn 496. 592 BGH, Urt. v. 18.6.1976 – I ZR 14/73, BB 1976, 1530 = DB 1976, 2152; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 82. 593 Vgl. hierzu Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32. 594 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32.

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führt hat,595 wo der Vertrag abgeschlossen worden ist,596 der Unternehmer zu erfüllen und wohin er zu liefern hat,597 oder für wen die Lieferung, etwa bei einem Streckengeschäft, bestimmt ist,598 hat damit allenfalls indizielle Bedeutung.599 Die Äußerlichkeit des Abschlussortes ist also eher unerheblich: es können unter die Provisionspflicht auch Geschäfte fallen, die an dem nicht im Bezirk gelegenen Niederlassungsort des Unternehmers mit dem etwa zufällig anwesenden Kunden oder auch durch Briefwechsel zwischen dem Kunden und dem Unternehmer zustande kommen. Die verbindliche Weisung eines im Bezirk ansässigen Kunden an seine nicht bezirksangehörigen Niederlassungen, Betriebsteile oder beherrschte Unternehmen, ein Geschäft abzuschließen, reicht als TBVoraussetzung der Provisionspflicht aus, wenn der Angewiesene keine Entscheidungsfreiheit besitzt und nur die vorgegebenen Produkte bestellen darf.600 Dagegen fallen regelmäßig nicht unter Abs. 2 Geschäfte, die zwar räumlich in dem Be- 103 zirk, aber nicht mit Kunden aus dem Bezirk geschlossen werden;601 weiter nicht Geschäfte, die von einem im Bezirk wohnenden Kommissionsagenten602 des Unternehmers im eigenen Namen, aber für Rechnung des Unternehmers mit Kunden, die außerhalb des Bezirks wohnen, vereinbart werden;603 das Gleiche gilt für Geschäfte, für deren Abschluss der Partner seinerseits durch einen im Bezirk residierenden HV für einen außerbezirklichen Kunden vertreten ist. Mit Verlegung des Sitzes eines Bezirkskunden an einen Ort außerhalb des Bezirks endet die Provisionspflicht nach Abs. 2 für danach geschlossene Geschäfte.604 Gleiches gilt, falls der Kunde dazu übergeht, Bestellungen zentral durch eine außerhalb des Bezirks ansässige Person aufzugeben.605 Eine abweichende Vereinbarung darf getroffen werden; Korrekturen nach § 242 BGB können angebracht sein. Schwierigkeiten bereiten etwa Messegeschäfte.606 (1) Nach einer Ansicht soll uner- 104 heblich sein, wer das Geschäft herbeigeführt hat und in wessen Bezirk die Messe veranstaltet wird:607 Anspruch auf Provision für während einer Messe vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte habe der Bezirksvertreter, zu dessen Bezirk oder Kundenkreis der Messekunde gehört,608 selbst wenn er messeabwesend ist.609 Zwar habe grunds. auch der vermittelnde HV Anspruch auf Tätigkeitsprovision nach Abs. 1. Diese sei jedoch meist

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595 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 36; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 96. 596 Eberstein 9. Aufl., S. 80; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 26. 597 BGH WM 1976, 1193 = BB 1976, 1530 = DB 1976, 2152; NJW 1958, 180; OLG Düsseldorf WM 1970, 1284; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 81; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 25; Hopt § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 83, 90; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32. 598 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 47. 599 Über die Auslegung einer Provisionsabrede hinsichtlich aller „für den Bezirk und aus dem Bezirk“ abgeschlossenen Geschäfte OLG Braunschweig LZ 1924, Sp. 4795. 600 OLG Stuttgart BB 1960, 753; Schröder DB 1963, 541 (543); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 50. 601 Schröder DB 1963, 543 für den Fall, dass der Bezirksvertreter eine Ausstellung von Mustern veranstaltet und bezirksfremde Ausstellungsbesucher bei ihm bestellen. 602 RGZ 69, 363; vgl. auch den spiegelbildlich gelagerten Fall LG Bochum BB 1958, 895. 603 RG Recht 1924 Nr. 659. 604 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 51. 605 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 51. 606 Siehe KG BB 1969, 1062 = HVR Nr. 397; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 134 ff. 607 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 49. 608 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 98; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 49; Hopt § 87 Rn 21; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 26 – stillschweigende Abrede; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 93. 609 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 98; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 49.

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stillschweigend ausgeschlossen. Das gemeinsame Tätigwerden der HV auf dem Messestand trage im Zweifel die stillschweigend getroffene Übereinkunft in sich, dass bei Abschlüssen mit von der Bezirksabrede geschützten Kunden die Provision in voller Höhe dem nach Abs. 2 berechtigten HV zustehen soll.610 So soll es nach einem Gutachten der IHK Düsseldorf611 im Bereich der Kammer üblich sein, dass Ausstellungs- und Messeaufträge einen Provisionsanspruch für den HV begründen, in dessen Bezirk der Kunde seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Ein Gutachten der IHK Essen612 kam gleichfalls zu dem Ergebnis, dass – sofern nichts Gegenteiliges vereinbart sei – der Provisionsanspruch davon abhänge, ob der Abnehmer im Bezirk des Bezirksvertreters sein Geschäftsitz habe. (2) Man könnte aber auch eine stillschweigende Teilungsabrede annehmen, nach der dann, wenn ein HV Geschäfte mit Kunden aus dem Bezirk eines anderen Bezirksvertreters aufgrund der mehrseitigen Abrede zwischen Vertretern und Unternehmer tätigt, derjenige HV, der gerade auf dem Messestand beschäftigt ist, den jeweiligen Interessenten bewirbt und Tätigkeits- und Folgeprovision gewinnt.613 Auch ausgleichsrechtlich hat der werbende HV diesen Kunden als Neukunden geworben. Letztlich wird es auf den Einzelfall ankommen. Die Bezirksgebundenheit der Provision kann zu Provisionskonkurrenzen füh105 ren.614 Der Grundsatz ist auch hier, dass jeder HV, der einen Provisions-TB erfüllt, die volle, ungekürzte Provision erhält, sofern es keine ausdrückliche oder stillschweigende Teilungsabrede gibt. Das gilt auch im Verhältnis mehrerer Bezirksvertreter zueinander.615 Dies lässt sich wie folgt exemplifizieren: aa) In einem Konzern können die verbundenen, rechtlich selbständigen Unternehmen unabhängig voneinander das gleiche Interesse an einem bestimmten Produkt besitzen, für das sie von je ihrem zuständigen Bezirksvertreter gewonnen worden sind; die Bestellungen und die Entscheidungen über diese Bestellungen erfolgen zentral durch das von der Konzernleitung dafür bestimmte Tochterunternehmen, welches seinen Sitz in dem Bezirk eines anderen Bezirksvertreters hat (das Beispiel lässt sich auch auf Filialunternehmen mit alleiniger Bestellzuständigkeit der Zentrale umdenken). Bei Bestellung von Unternehmensgruppen ist auf den Sitz des Unternehmens abzustellen, welches als Besteller nach außen hin aufgetreten ist.616 Wird außerhalb des Bezirks bestellt, jedoch an Filialen im Bezirk geliefert, so ist lediglich der HV, in dessen Bezirk die bestellende Hauptniederlassung ihren Sitz hat, als Bezirksvertreter ungekürzt provisionsberechtigt.617 Eberstein618 diskutiert für diesen Fall eine Provisionsteilung mit dem Bezirksvertreter der Zentrale.

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610 KG BB 1969, 1062 = HVR Nr. 397; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 98; Hopt § 87 Rn 35 (Teamvereinbarung); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 49; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 93, 94. 611 Urt. v. 1.9.1959, HVR Nr. 228. 612 Urt. v. 29.1.1950, HVR Nr. 19. 613 Zu solchen Fällen Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 134 ff.; s.a. Hopt § 87 Rn 21. 614 Vgl. Schröder DB 1963, 541 ff. 615 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 92. 616 BGH LM § 87 HGB Nr. 5; OLG Stuttgart BB 1960, 753; Westphal I Rn 497; Schröder DB 1963, 541 ff. 617 BGH BB 1957, 1250 = NJW 1958, 180; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 116; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 93. 618 9. Aufl., S. 82.

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bb) Werden die Bestellungen aber von selbständig über den Geschäftsabschluss entscheidungsberechtigten Filialen aufgegeben, entsteht ein ungekürzter Bezirksprovisionsanspruch des HV, zu dessen Bezirk die Filiale gehört.619 Dabei spielt es keine Rolle, dass Vertragspartner der Unternehmensträger620 ist und bspw. die Aufträge „im Namen und für Rechnung der Hauptniederlassung“ erteilt werden. Denn es bleibt dabei, dass die Tätigkeit der Zweigniederlassung für den Auftrag kausal wurde.621 Der HV hätte sich an die Filiale, nicht die Hauptniederlassung, gewandt, wenn er Tätigkeitsprovision hätte verdienen wollen. cc) Der Kunde verlegt seinen Sitz in den Bezirk eines anderen Bezirksvertreters. Beim ersten HV entsteht Bezirksvertreterprovision für bis zum Sitzwechsel abgeschlossene Geschäfte, beim zweiten für alle nach dem Sitzwechsel geschlossenen Geschäfte.622 War der Kunde von dem HV seines früheren Bezirks geworben worden, so soll nach einer Ansicht für Nachbestellungen aus dem neuen Bezirk nunmehr beiden Vertretern die volle Provision zustehen, dem ersten als Folgeprovision, dem zweiten als Bezirksvertreterprovision.623 Es liegt nahe, dass in dieser Konstellation mit geringem Aufwand eine Teilungsabrede gefunden werden kann, notfalls analog § 87 Abs. 3 S. 2. dd) Der Bezirksvertreter wechselt seinen Bezirk (zum Rotationsvertrieb s.o. und § 89b Rn 248). Sofern der Bezirkswechsel nicht ausdrücklich vereinbart war, lösen sich diese Fälle durch die Einordnung als eines (partiellen) Erlöschens des HV-Verhältnisses für den alten und der Begründung eines anderweitigen für den neuen Bezirk624 bzw. eines Vertragswechsels, was zumindest eine konkludente Vereinbarung des Wechsels voraussetzt. Ob regelmäßig stillschweigend vereinbart ist, dass der einen Bezirk wechselnde Bezirksvertreter erworbene Provisionsanwartschaften nach Abs. 1 S. 1 verliert, soweit der Unternehmer dem Nachfolger im Bezirk für diese Geschäfte Provision nach Abs. 2 zu leisten hat, erscheint entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl. und weiteren Stimmen625 zweifelhaft. Der Ausgleichsanspruch aus § 89b bietet keine Kompensation. Richtigerweise würde ein solches Verständnis zwei Bedingungen voraussetzen: Zum ersten einen zulässigen Bezirkstausch, was zumindest eine vertragliche Regelung voraussetzt, und zum zweiten eine dahingehende ausdrückliche Vereinbarung. Ansonsten bleibt es bei einem Anrecht des Wechselnden auf Folgeprovision nach Abs. 1 S.1 Alt. 2.626 ee) Der Bezirksvertreter veranlasst einen bezirksansässigen Kunden, er möge bei seinem bezirksauswärtigen Zulieferer darauf hinwirken, dass jener gewisse, zum Fertigungsprogramm desselben Unternehmers gehörige Artikel beim Unternehmer unmittelbar bestellt. Letzteres geschieht. Nach Schröder627 soll alsdann die Provision sowohl dem

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619 BGH BB 1957, 9; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 117; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 93; Westphal I Rn 497. 620 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 93. 621 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 117. 622 OLG Nürnberg BB 2001, 1169; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 94; Hopt § 87 Rn 35; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 92; für Teilung LG Düsseldorf HVR Nr. 16. 623 Schröder DB 1963, 541 gegen Wessel BB 1962, 473; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 94; Hopt § 87 Rn 35; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 92; für Teilung LG Düsseldorf HVR Nr. 16. 624 Ähnlich Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 14a. 625 So Schröder DB 1963, 541; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 53. 626 Hopt § 87 Rn 35. 627 Schröder DB 1963, 543.

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Bezirksvertreter für den Kunden wie dem Bezirksvertreter für den Zulieferer zustehen, da die Tätigkeit des ersteren mitursächlich für die Bestellung geworden sei. Hier hat der Bezirksvertreter, was die Bestellung des Zulieferers anlangt, sich außerhalb seines Bezirks betätigt, so dass eine Provision nach den Rn 94 gebildeten Maßstäben nur anfällt, wenn der HV außerhalb seines Gebietes tätig werden durfte. ff) Ändert sich die Bestellpraxis eines Konzerns dahingehend, dass statt der Filialen nur noch eine im Bezirk eines HV ansässige Filiale oder Niederlassung bestellt, kann es unter dem Gesichtspunkt der wechselseitig in einem Vertriebssystem bestehenden Treupflichten die Pflicht des HV sein, einem neuen Verteilungsschlüssel zu Gunsten der anderen HV zuzustimmen. 106

d) Höhe der Provision. Angaben zur Höhe des Provisionssatzes muss der Bezirksvertretervertrag nicht beinhalten. § 87b gilt auch hier. Im Zweifel gibt die vereinbarte Höhe der Folgeprovision als ähnlich kausalitätsunabhängige Vergütung ein Indiz zur Höhe der gewollten Bezirksvergütung, hilfsweise die Höhe des für die Tätigkeitsprovision vereinbarten Provisionssatzes.628 Mangels abweichender Vereinbarung ist die Bezirksprovision für Geschäfte mit sämtlichen als Abnehmer in Betracht kommenden potentiellen Kunden des zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises zu gewähren, unabhängig davon, wer diese Kunden geworben hat629 und ob es sich um Endabnehmer, Zwischenhändler oder weiterverarbeitende Betriebe handelt, 630 sofern nicht einzelne Kunden oder Personengruppen ausdrücklich ausgenommen wurden.631 Der tatsächliche Umsatz mit den geschützten Kunden im anspruchsbegründenden Zeitraum bleibt auch dann Bemessungsgrundlage der Provision, wenn der Unternehmer, seine Angestellten oder andere HV zu diesem Umsatz (wesentlich oder ausschließlich) beigetragen haben.632

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6. Beweislast. Auch weil es sich bei der Bestellung zum Bezirksvertreter um eine Ausnahme von der Regel handelt, muss sie derjenige, der sich auf die Bestellung beruft, beweisen. Gleiches gilt für die Provisionshöhe. Bei verbleibenden Unklarheiten spielt auch eine Rolle, wer den Vertrag formuliert hat und damit das Formulierungsrisiko trägt.

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7. Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung/Gegenrechte des Unternehmers. Die Zuweisung des Bezirks oder des Kundenkreises verpflichtet den HV, dem zugewiesenen Bereich die besondere und kontinuierliche vertreterische Pflege angedeihen zu lassen633 und seinen Teil der Gegenleistung zu erbringen (Rn 97), da nur diese besondere Betreuung eine Bezirksvertreterprovision rechtfertigt. Daraus folgt, dass der Bezirksvertreter jene Dienste auch tatsächlich erbringen muss.634 Die Nichterbringung führt aber nicht ipso iure zum Wegfall der Verpflichtung, Bezirksprovision zu leisten.635 Vielmehr muss der Unternehmer die Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) erheben

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628 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 39. 629 Schröder DB 1962, 378 (379); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44. 630 OLG Nürnberg MDR 1982, 324 = VersR 1982, 1099. 631 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44. 632 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 96; aA OLG Düsseldorf NJW 1959, 52. 633 OLG München NJW-RR 2003, 401 (402). 634 AA wohl Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 91. 635 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 26.

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oder es entsteht ein Gegenanspruch auf Schadenersatz nach § 280 BGB.636 Beide Ansprüche sind vom Unternehmer (der Schadenersatz etwa im Wege der Aufrechnung gegen die Provisionsforderungen) geltend zu machen und zu beweisen. Eine mangelnde Bezirksbetreuung kann verschuldet oder unverschuldet sein, erste- 109 res etwa bei mangelnder Pflichterfüllung, letzteres z.B. im Falle einer Krankheit, Arbeitsunfähigkeit oder eines Unfalls.637 Unsicher ist, welche Folgen das hat. Teilweise wird davon ausgegangen, der HV verliere gem. § 320 BGB,638 §§ 275, 323 BGB,639 §§ 162, 242 BGB640 oder im Wege der Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB den Anspruch auf Bezirksprovision.641 Dabei soll die Einrede des nicht erfüllten Vertrages dem Provisionsanspruch nur entgegengehalten werden können, wenn der Bezirksvertreter jedwede Tätigkeit unterlassen hat, nicht aber schon dann, wenn dessen Bemühungen nicht ausreichten. Daran ist richtig, dass die Einrede nach § 320 BGB, schon um die Unabhängigkeit der Provisionspflicht von einer konkreten Tätigkeit, den Abstand zur Provision nach Abs. 1 und das Verschuldenserfordernis eines zur Aufrechnung gestellten Schadenersatzanspruchs nicht zu sehr zu negieren, in erster Linie in Evidenzfällen eingreift. Daher werden Lösungen weniger über die Einrede nach § 320 BGB gesucht werden können (sie ist aber nicht ausgeschlossen und kann es angesichts ihrer gesetzlichen Normierung auch nicht), als über den angesichts der einzelfallbezogenen Höhe gerade bei der Teileinstellung und fehlendem Verschulden passendere Lösungen bietenden Schadenersatzanspruch nach § 280 BGB. Ersparte Aufwendungen muss sich der HV regelm. nicht anrechnen lassen.642 Daraus ergibt sich, dass die Bezirksvertreterprovision in erster Linie bei verschulde- 110 ter Untätigkeit entfällt, nämlich infolge einer Aufrechnung mit dem Schadenersatzanspruch – die allerdings erklärt werden muss, notfalls konkludent. Ein Schadenersatzanspruch setzt Verschulden voraus, während Vertretenmüssen weder im Rahmen des § 320 BGB noch der §§ 162, 242 BGB ein anspruchsbegründender Umstand wäre. Die schuldhafte Schlechterfüllung der Bezirksbetreuung ist eine Vertragsverletzung, die gem. § 280 BGB zum Schadenersatz berechtigt.643 Eine verschuldete Pflichtverletzung liegt auch nach lang anhaltender Erkrankung vor, sofern der HV nicht für die geeignete Wahrnehmung der Agenturgeschäfte durch eine geeignete Vertretung sorgt,644 was seine Vertragspflicht wäre. Eine nicht genügend sorgfältige Betreuung des Bezirks berührt den Anspruch auf die Bezirksprovision hingegen auch bei Verschulden wohhl noch nicht.645 Eine unverschuldete Untätigkeit lässt die Bezirksprovision im Zweifel646 zumindest 111 bei vorübergehender Untätigkeit647 bestehen. Das gilt etwa bei krankheitsbedingter

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636 Hopt § 87 Rn 32. 637 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 94. 638 OLG Stuttgart BB 1970, 1112. 639 Hiergegen OLG Braunschweig, Urt. v. 17.6.1993 – 2 U 36/93, NJW-RR 1994, 34 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 9.4.1964 – VII ZR 123/62, BGHZ 41, 292 (295); Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 87 Rn 21. 640 OLG Hamm NJW 1959, 677. 641 OLG Nürnberg BB 1969, 933. 642 BGH, Urt. v. 12.3.1992, NJW-RR 1992, 1059 (1060); v. 18.6.1959, NJW 1959, 1490; OLG Köln, Urt. v. 30.6.1981, HVR Nr. 565; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24. 643 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 96; Hopt § 87 Rn 32; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 28. 644 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 38. 645 BGHZ 41, 292 (295); BGH BB 1970, 1112. 646 OLG Stuttgart BB 1970, 1112. 647 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 96.

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Schlechterfüllung.648 Die vorübergehende Unterbrechung der Tätigkeit (Unfall, zeitweilige Erkrankung) berührt den Anspruch gleichfalls nicht. In der Bezirksprovision steckt ja stets ein Stück Abgeltung für vorgetane Arbeit. 112 Je nach getroffener Abrede (Recht des Bezirksvertreters auf Exklusivität? Alleinvertreterabrede?, s.u. Rn 117) nur nach Zustimmung des HV oder nach außerordentlicher Kündigung des Vertrages darf der Unternehmer selbst für eine anderweitige Betreuung des Bezirks Sorge tragen und möglicherweise die Interimsvertretung einem HV des Nachbarbezirks übertragen, er wird diesem je nach Vereinbarung Provision nach § 87 Abs. 1 oder Bezirksprovision schuldig, die eine Schadensposition bildet. Direktgeschäfte und damit ein direktes Eingreifen des Unternehmers sind zulässig, sofern sie nicht vertraglich ausgeschlossen sind. Ausnahmsweise kann der Anspruch auf Bezirksprovision nach § 242 BGB entfallen 113 (Verwirkung).649 Dieser Anspruch konkurriert mit den eigentlich sachnäheren §§ 320, 280 BGB. Beispiele: Der HV verwirkt den Anspruch auf die Bezirksprovision, wenn er der Weisung des Unternehmers, sich um ein bestimmtes Geschäft mit einem bezirkseingesessenen Interessenten angemessen zu kümmern, nicht nachkommt und der Unternehmer daraufhin gezwungen ist, das Geschäft direkt abzuschließen;650 der HV arglistig Mühe und Kosten auf den Unternehmer abschiebt, weil er die Provision ohnehin erhält651 und schließlich, wenn er jede Tätigkeit für den Unternehmer (zumindest grundlos)652 unterlässt, nicht jedoch schon bei unzureichenden Bemühungen.653 Da die Bezirksprovision eine einheitliche Gegenleistung für die vom HV geschuldeten Bemühungen bildet, ist eine Aufteilung der Gegenrechte nach unpassenden Zeitabschnitten oder einzelnen Kunden grundsätzlich unzulässig und willkürlich654 und muss auch bei Untätigkeit des HV ausscheiden.655 Die nachhaltige Untätigkeit ermöglicht – auch ohne Verschulden, weil hier die Un114 zumutbarkeit genügt – nach ergebnisloser Abmahnung (§ 314 BGB) eine außerordentliche Kündigung des Gesamtvertrages656 und in Ausnahmefällen a maiore ad minus wohl auch eine eigentlich unzulässige Teilkündigung der Bezirksvertreterabrede. Erfolgt die Kündigung nicht wegen schuldhaften Verhaltens des HV, begründet die (Teil)Kündigung einen Ausgleichsanspruch gem. § 89b. Die Berechnung des nach einer solchen Teilkündigung entstehenden Ausgleichs ist nicht unkompliziert, weil die verbleibenden Vorteile durch Tätigkeiten und Folgeprovision zu berücksichtigen sind. Am sinnvollsten ist die Berechnung auf der Basis der Bezirksprovision des letzten Vertragsjahres mit neu geworbenen Stammkunden und erweiterten Altstammkunden, abzüglich von Tätigkeitsprovisionen und Folgeprovisionen. Eine Schätzung nach § 287 ZPO wird zulässig sein, zudem ein Billigkeitsabschlag für die verbleibenden Vorteile infolge der Fortsetzung des Vertrages als „normaler“ HV-Vertrag.

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648 BGH, Urt. v. 9.4.1964, NJW 1964, 1622 (1623); OLG Braunschweig BB 1993, 2113 = NJW-RR 1994, 34 (35); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 96; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24. 649 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 96; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 24. 650 OLG Hamm NJW 1959, 677; Hopt § 87 Rn 33. 651 RGZ 109, 256; Hopt § 87 Rn 33. 652 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 96. 653 OLG Stuttgart BB 1970, 1112; Hopt § 87 Rn 33. 654 BGHZ 41, 292 (295, 296); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. 655 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 7. 656 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 96; Hopt § 87 Rn 32; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 28.

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8. Schlechterfüllung des Bezirksvertreterversprechens durch den Unterneh- 115 mer. Sperrt der Unternehmer dem Bezirksvertreter vertragswidrig den Bezirk, z.B. indem er ihm die Tätigkeit unmöglich macht (Rundschreiben an die Kunden), so wird er dem HV nach § 280 BGB schadensersatzpflichtig; der Schadensersatz besteht mindestens in den entgehenden Bezirksprovisionen. Der Anspruch steht in Konkurrenz zu dem aus § 87 Abs. 2; der Unternehmer schuldet die Bezirksprovision für tatsächlich getätigte Geschäfte. Eine auf die „Sperrung“ oder mangelnde Information folgende Untätigkeit des HV kann ihm nicht vorgeworfen werden. Nach OLG Düsseldorf NJW 1959, 52 soll dann freilich der HV nur Anspruch auf diejenigen Provisionen haben, die sich bei normaler Betreuungsarbeit im Bezirk ergeben hätten; eine außergewöhnliche Steigerung durch einen zwischenzeitlich eingesetzten Nachfolgevertreter könne ihm nicht wohl zugute kommen. Dies ist eine Frage der Vertragsauslegung sowie des § 242 BGB. An die Bezirksvertreterprovision mögen sich Unternehmer häufig nicht erinnern, wenn die Geschäfte gut laufen. Dann werden Direktgeschäfte am HV vorbei getätigt, was als Vertragsverletzung657 nicht nur zur Provisionspflicht, sondern auch zu Ansprüchen aus §§ 826, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB führt. 9. § 87 Abs. 2 S. 2: Provisionsvorrang des ausgeschiedenen HV. In gleicher Weise 116 wie bei Abs. 1 S. 2 (s.o Rn 86 ff.) ist die Bezirksprovision insoweit ausgeschlossen, als sie einem ausgeschiedenen HV nach Abs. 3 zusteht. Auch insoweit zeigt sich der Vorrang des Provisionsanspruches des Vorgängers, was Ausdruck einer generellen Regel ist. Die Regelung bezieht sich hauptsächlich auf Fälle, in denen der ausgeschiedene Bezirksvertreter die Vermittlung eines Geschäfts durch persönliche Tätigkeit bis zu seinem Ausscheiden überwiegend gefördert hatte und unter der Ära seines Nachfolgers in der Bezirksvertretung der Unternehmer das Geschäft direkt abschließt. Dann soll die Provision nicht dem Nachfolger als Bezirksprovision zustehen, sondern nur dem Vorgänger als Tätigkeitsprovision nach Abs. 1 S. 1, 1. Alt. (würde der Nachfolger sich in der Endphase in die Vermittlung persönlich eingeschaltet haben, stünde ihm die Provision gleichfalls nicht zu). Denkbar sind aber auch Fälle, die so liegen, dass der früher tätig gewordene HV ein bezirklich nicht gebundener gewesen war oder dass der frühere HV in seinem Bezirk tätig geworden war und der Abschluss des Geschäfts infolge Umgliederung der Bezirke in den neu gebildeten Bezirk fällt. Diese letztgenannte Fallgruppe der Bezirksumgliederung einschließlich des Bezirkstausches unterfällt ebenfalls der Regelung des Abs. 3; sie zeigt aber die Besonderheit, dass der früher zuständig gewesene und als solcher tätig gewordene Bezirksvertreter, dem nur im Fall einer überwiegend gewordenen Beteiligung an den Vermittlungsbemühungen die Provision nach Abs. 3 zustünde, immer berechtigt (wenn auch nicht verpflichtet) bleiben muss, trotz des Zuständigkeitswechsels die alte Vermittlung zu Ende zu führen. Überall gilt: Wo schon der Nachfolger trotz eigener Tätigkeit die Provision im Verhältnis zum Vorgänger und angesichts dessen überwiegender Vorarbeiten nicht mehr soll verdienen können (Abs. 1 S. 2), kann ihm die Provision angesichts einer solchen Vorarbeit des Vorgängers erst recht nicht als reine Bezirksprovision zufallen. Hingegen kommt er in den Genuss der Provision als Bezirksprovision, sobald die Voraussetzungen eines Vorrangs des Vorgängers nach Abs. 3 nicht gegeben sind und der Vorgänger damit als provisionsberechtigt überhaupt ausfällt.

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Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 80.

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10. Dispositivität. Auch § 87 Abs. 2 ist dispositiv.658 Aus Art. 7 Abs. 2 RL folgt nichts Abweichendes.659 Das ergibt auch ein Umkehrschluss aus der Entstehungsgeschichte der RL. In Art. 35 des Vorschlags einer RL660 war die Regelung noch zwingend ausgestaltet. In der endgültigen RL entfiel diese Regelung und es wurde lediglich in einzelnen Bestimmungen die zwingende Natur statuiert.661 117

11. Alleinvertreter. Von der Bezirksvertretung ist die Alleinvertretung oder der Alleinvertrieb zu unterscheiden. 662 Zu den beiden letztgenannten Vertragstypen § 84 Rn 113 ff. Die Einräumung einer Bezirksvertretung bedeutet noch nicht die Einräumung eines Alleinvertretungsrechts für den Bezirk663 (das eine schließt das andere nicht zwingend aus)664 sondern muss zumindest stillschweigend und hinreichend deutlich vereinbart werden.665 Umgekehrt muss der Alleinvertreter nicht immer Bezirksvertreter sein, ist es jedoch oft. Einzelheiten s. § 84 Rn 113 ff. S. Allgemein: Provisionskollisionen

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Provisionskollisionen können in mannigfaltiger Hinsicht, auch zwischen zeitgleich agierenden HV desselben Vertriebssystems, eintreten, von denen keiner ausscheidet. Insoweit ist auf § 87 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 (hierzu s.o.) und Abs. 3 zu verweisen. Hierin liegt ein stark umstrittenes Problem. Provisionskollisionen können nur enstehen, wenn jeder der beteiligten HV seine Tätigkeit im Verhältnis zum Unternehmer befugt entfaltet hat. Es scheiden etwa Fallgegebenheiten aus, in denen ein Bezirksvertreter sich unzulässigerweise außerhalb seines ihm zugewiesenen Bezirks oder Kundenkreises oder des ihm zur Vertretung ausschließlich zugewiesenen Sortiments vermittelnd betätigt hat. Beispiele solcher Provisionskonkurrenzen bilden das bereits oben, unter Rn 104 ff., dargestellte Zusammenwirken mehrerer HV bei der Herbeiführung eines Geschäftes,666 z.B. Mitursächlichkeit bei der Herbeiführung des Geschäftsabschlusses.667 Oder der Unternehmer lässt eine Mehrzahl nicht bezirklich oder ressortmäßig gebundener HV konkurrierend tätig werden: Der Unternehmer lässt z.B. neben einem HV für den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis auch bezirklich oder ressortmäßig ungebundene HV tätig werden, und einer jener hat das Geschäft mit dem bezirksansässigen oder kundenkreiszugehörigen Kunden vermittelt. So kann die Tätigkeits- oder Bezirksprovision des einen HV für den anderen ein Folgegeschäft darstellen, da er den Kunden vorher für Geschäfte

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658 BGH, Beschl. v. 24.4.2014 – VII ZR 163/13, NJW 2014, 1735 Rn 11 f.; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 99; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn. 102; Hopt § 87 Rn. 48; Roth in: Koller/Roth/Mork, § 87 Rn. 3. 659 BGH, Beschl. v. 24.4.2014 – VII ZR 163/13, NJW 2014, 1735 Rn 12. 660 ABl. 1977 C 13, 2. 661 ABl. 1977 C 13, 2. 662 BGH DB 1961, 601; Hopt § 87 Rn 24; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 23. 663 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 22; Schröder BB 1962, 738 (739); Peterek BB 1966, 351; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 79; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 80; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 31d. 664 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 79; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 81. 665 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 41. 666 Siehe etwa KG BB 1969, 1062 = HVR Nr. 397. 667 Westphal I Rn 525; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18, zu regelungsbedürftigen Punkten siehe Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 113.

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der gleichen Art geworben hatte. Oder die Bezirksprovision eines HV mag die Tätigkeitsprovision eines anderen darstellen.668 Auch kann auf einem Messestand des Unternehmers ein HV Geschäfte mit Kunden tätigen, die im Bezirk eines anderen Bezirkvertreters ansässig sind (dazu Rn 105 ff.). Schließlich können Geschäftsabschlüsse mit Hauptniederlassung und deren Filialen ebenfalls zu Provisionskollisionen führen.669 Beispiele s.o., Rn 105 ff. Endlich können zwei nicht tätigkeitsgebundene Provisionsansprüche konkurrieren, nämlich solche aus Nachbestellungen mit Bezirksprovisionen. Beispiel: In dem Bezirk bzw. Kundenkreis eines hierfür eingesetzten HV fallen Geschäfte mit bezirksansässigen oder kundenkreisgehörigen Kunden an, die sich als reine Nachbestellungen darstellen, nachdem der zugrundeliegende Erstauftrag von einem anderen, für diesen Bezirk (Kundenkreis) nicht zuständigen, aber damals zuständig gewesenen HV (Sitzverlegung des Kunden, nicht allerdings Bezirkswechsel des HV), abgeschlossen gewesen war – Konkurrenz von Provisionsansprüchen aus Abs. 1 S. 1, 2. Alt. und aus Abs. 2. Den Nachbestellungen der letztgenannten Fallgruppe werden Bestellungen gleichzustellen sein, die i.S.d. Abs. 1 S. 1, 1. Alt. als noch unmittelbar ursächlich mit einer Stammorder zusammenhängend einzugruppieren sind. Braucht daraufhin der Unternehmer die Provision gleichwohl nur einmal zu zahlen 119 und muss die Provision zwischen den beteiligten HV geteilt werden, oder aber kann ein jeder von ihnen die volle Provision beanspruchen? Das Gesetz entscheidet die Frage nicht. Denkbar sind folgende Lösungswege: Zum einen kann jedem HV der volle Provi- 120 sionsanspruch zustehen.670 Ebenso ist denkbar, dass die Provision nach Köpfen oder nach anderen Maßstäben aufzuteilen ist, wobei allerdings der Maßstab der Aufteilung schwer zu bestimmen ist. Begründet wird diese Ansicht mit einer analogen Anwendung des § 660 Abs. 1 S. 1 BGB, nach dem der Auslobende, wenn mehrere am Erfolg mitgewirkt haben, die Belohnung unter Berücksichtigung des Anteils eines jeden an dem Erfolg nach billigem Ermessen aufzuteilen hat.671 Auch an eine Analogie zu Abs. 3 S. 2 wäre zu denken. Eine generelle Regel dahingehend, dass der Gesetzgeber eine doppelte Provisionsbe- 121 lastung des vertretenen Unternehmers vermeiden wollte, wird man Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 sowie Abs. 3 nicht entnehmen können.672 Denn es handelt sich um Ausnahmen, die nicht verallgemeinert werden können. Eine dogmatische Begründung für eine Provisionsteilung lässt sich mithin schwer finden. Genannt werden Billigkeitsgesichtspunkte oder Treu und Glauben. Die Teilungslösung muss das Kriterium der Mitursächlichkeit eliminieren, und bei Mitbeteiligung einer Bezirksprovision sich darüber hinwegsetzen, dass diese als vertragliche Gegenleistung für die Betreuung des Bezirks gewährt wird. Ihre Vertreter operieren mit § 87 Abs. 3: aus ihm ergebe sich, dass der Unternehmer die Provision bei Beteiligung mehrerer HV nur einmal zu zahlen brauche. Das Argument ist jedoch aus mehrfachen Gründen nicht triftig. Zum einen stellt Abs. 3 vom Grundsatz her gar nicht auf die Provisionskonkurrenz zwischen mehreren HV ab.673 Nur im Ausnahmefalls („wenn und soweit“, Abs. 1 S. 2 sowie Abs. 2 S. 2) ist eine Teilung der Provision zwischen Vorgänger und Nachfolger vorgesehen (Rn 122). Zum anderen gibt es ohnehin kei-

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668 Westphal I Rn 525. 669 Westphal I Rn 526. 670 Höft VersR 1967, 529; Knütel ZHR 144 (1980), 289 (295). 671 Knütel ZHR 144 (1980), 289 (295). 672 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18; aA Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 175; wohl auch Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 17 (für VV). 673 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 43.

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nen Grundsatz, dass der Unternehmer bei Beteiligung mehrerer Geschäftsmittler stets nur einmal Provision zu zahlen habe: das Beispiel des ausgeschiedenen angestellten Reisenden, der ein Geschäft erfolgversprechend eingeleitet hat und dessen Bemühungen nach seinem Ausscheiden durch einen nunmehr eingesetzten HV zu Ende geführt werden, beweist es. Endlich würde die Heranziehung des § 87 Abs. 3 doch allenfalls soviel ergeben, dass der Unternehmer nur einmal zu leisten brauche, nicht aber, dass die Provision unter den mehreren HV zu teilen sei. Die Lage im Falle des § 87 Abs. 3 ist eine andere, als sie hier vorausgesetzt ist. Dort schließen, wenn ein Vorgänger und ein Nachfolger in der Vermittlung ein und desselben Geschäfts tätig geworden sind, beide in ihrem Tätigwerden aneinander an. Die Tätigkeit des Vorgängers ist abgeschlossen und überblickbar. Der Nachfolger weiß, dass ein Vorgänger bereits in der Angelegenheit gearbeitet hat und hat sich darauf einzustellen, unter Umständen ohne eigenen Provisionsanspruch die Vermittlung zu Ende zu führen. In den hier behandelten Fallgestaltungen ist entweder ein Bezirksvertreter mit einer Bezirksprovision beteiligt: deren Kürzung braucht er aus den oben angedeuteten Gründen ohnehin nicht hinzunehmen; und genau das hat der BGH674 richtig gesehen. Oder aber es werden mehrere HV nebeneinander tätig. Vielfach wird keiner zuverlässig wissen, wie weit der andere schon mit seinen Bemühungen gediehen ist und bis zur Abschlussreife noch gedeihen wird. Möglicherweise weiß er nicht einmal, dass ein anderer HV neben ihm tätig ist. Aber: jeder von ihnen trägt zum Erfolg ursächlich bei, in Gestalt einer nachwirkenden Ursächlichkeit auch bei Folgeaufträgen. Eine Ausnahme dahingehend, dass ihm daraufhin nur eine Teilprovision zustehe, hat das Gesetz nicht festgesetzt. Auch der Hinweis auf § 420 BGB schlägt nicht durch: denn es ist gerade die Frage, ob die mehreren HV zusammen „eine“ teilbare Leistung zu fordern haben. Schließlich: Wie sollte, wenn § 420 BGB nicht anwendbar ist, ein zuverlässiger Verteilungsmaßstab gefunden werden? Vielmehr lautet die Grundregel, dass jeder bei alleiniger Tätigkeit provisionsbe122 rechtigte HV auch in dieser Konstellation Anspruch auf Provision besitzt.675 Denn das Gesetz geht davon aus, dass bei Erfüllung der TB-Voraussetzungen der §§ 87 ff. grundsätzlich ein Provisionsrecht besteht, auch und obwohl weitere HV für das jeweilige Geschäft ebenfalls Provision beanspruchen können.676 Zum Ausschluss der Provision bedürfte es gegenteiliger Regeln. Sie fehlen jedoch. Es besteht volle „Provisionskonkurrenz“.677 Eine Aufteilung der Provision unter mehreren HV wird – von der Ausnahme des Abs. 3 S. 2 abgesehen – nicht vorgesehen, auch nicht durch Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 S. 2,678 obwohl bei der Novelle 1989 Gelegenheit zur Klarstellung bestanden hätte, falls eine Provisionsteilung dem gesetzgeberischen Willen entsprochen hätte.679 Der BGH680 hat inzident ausgesprochen, dass jedenfalls dem Bezirksvertreter die Provision aus einem Geschäft mit einem bezirkseingesessenen Kunden nicht deshalb gekürzt werden könne, weil noch ein anderer HV bei dem Abschluss mitgewirkt habe. Das Gegenstück hierzu bildet die Entscheidung BGH VersR 1971, 464: Wird ein Bezirksvertreter außerhalb

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674 BGH DB 1957, 1222. 675 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 105; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 54, 57; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 57. 676 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 57; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 2a, 16 a, 49, 61c; Westphal I Rn 302; Maier BB 1970, 1327; Westphal BB 1991, 2027 (2028); krit. Hopt Rn 21; s.a. LAG Hamm BB 1993, 2236; Krüger DB 1964, 1399. 677 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 89. 678 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 57. 679 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 54; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34. 680 BGH DB 1957, 1222 = BB 1960, 1250 = HVR 175.

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seines Bezirks mit Zustimmung des Unternehmers tätig und vermittelt er ein Geschäft, so steht ihm hieraus auch die Provision für die Folgeaufträge zu, und zwar ungekürzt. Hält man beide Entscheidungen zusammen, so würde sich ergeben, dass der BGH eine Doppelung des Provisionsanspruchs (des Bezirksvertreters und des „anderen“ Vertreters) als Konsequenz hinnimmt. Der Unternehmer, der in solchen Fällen eine Mehrfachzahlung vermeiden will, hat 123 es in der Hand, dem durch vertragliche Abmachungen mit seinen mehreren HV vorzubeugen.681 Die Gefahr der Mehrfachzahlung mag hierfür ein heilsamer Zwang sein. Schon die Amtl. Begr. zu § 87682 hat ihn auf diesen Weg gewiesen. Sie erbringt allerdings nur den gewünschten Erfolg, wenn der Unternehmer sie mit jedem seiner HV abschließt.683 Derartige Abreden können auch stillschweigend vereinbart sein.684 Wird diese Folgerung nicht gezogen, so gilt: Das Mehrfachzahlenmüssen ist das Risiko des Unternehmers, der sein Vertriebssystem nicht so gestaltet hat, dass Überschneidungen mit unerwünschten Folgen für die Provisionspflicht vermieden werden. Führt man den Gedanken ins Feld, nach Treu und Glauben müsste den mehreren HV, die nebeneinander und um ihr Nebeneinander wissend sich bemühen, im Wege der Vertragsauslegung je die stillschweigende Einzelabrede unterstellt werden, mit einer Provisionsteilung einverstanden zu sein, so kann dieser im Einzelfall greifen,685 läuft aber in seiner Verallgemeinerung auf gewagte Zweckkonstruktionen hinaus und schiebt die Folgen einer unterlassenen Vorsorge des Unternehmers für eine zweckmäßige Disposition seines Vertriebsnetzes allzu leicht auf die beteiligten HV ab, zu Lasten des nach dem Gesetz zu beanspruchenden Lohnes ihrer Mühewaltung. Eine stillschweigende Teilungsabrede ist nur anzunehmen, wenn der Unterneh- 124 mer die HV von vornherein und für jeden deutlich erkennbar in einem Vertriebssystem so einsetzt, dass mitursächliche Beiträge vom System her angelegt sind.686 Der Wille der Parteien muss aber so klar erkennbar sein, dass er eine regelmäßig erforderliche ausdrückliche (teilweise) Verzichtsabrede ersetzt. Bei fehlender Kenntnis eines HV von der Tätigkeit des anderen scheidet eine Teilungsabrede rglm. aus.687 Zweifel gehen zu Lasten des Unternehmers. Allein der Umstand, dass das Vertriebsgebiet des Unternehmers in zahlreiche geschützte Bezirke aufgeteilt ist688 oder ein HV von der Tätigkeit des anderen im Vertriebssystem weiß,689 reicht für die Annahme einer stillschweigenden Verzichtsvereinbarung meist nicht aus. Arbeitet der vor dem Ausscheiden stehende HV seinen Nachfolger ein und überlässt ihm Vermittlungsaufgaben, soll im Zweifel stillschweigend vereinbart sein, dass der Nachfolger nur als Erfüllungsgehilfe für den Ausscheidenden tätig werden soll.690 Eine stillschweigende Regelung, dass dem Ausscheidenden

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681 BGH, Urt. v. 11.7.1960 – VII ZR 225/59, BGHZ 33, 92 (96, 97) = NJW 1960, 1996; Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. V Rn 111; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 55; Westphal I Rn 527; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34; Hopt § 87 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 55, 57; Maier BB 1970, 1327 (1328); Klinger DB 1957, 975. 682 BT-Drucks. Nr. I/3856 S. 24. 683 Westphal I Rn 528. 684 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 55. 685 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18. 686 OLG Celle BB 1956, 61 (62); Knütel ZHR 144 (80) 295; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 20; Hopt § 87 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 56. 687 Canaris § 17 Rn 64. 688 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 32a. 689 AA Canaris § 17 Rn 64, Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18; die hier eine stillschweigende Teilungsabrede nach Tatbeiträgen, hilfsweise nach Köpfen, annehmen. 690 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34.

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alle Provisionsansprüche zustehen sollen, soll anzunehmen sein, wenn der Unternehmer dem Nachfolger für die Einarbeitungszeit eine zusätzlich zu der Provision des Ausscheidenden zu leistende feste Vergütung oder Erfolgsvergütung verspricht.691 Ist eine Teilung ausnahmsweise zulässig, erfolgt die Teilbarkeit nach Verursachungs125 beiträgen zum Geschäft, mangels Feststellbarkeit nach Köpfen, analog § 420 BGB.692 Hierbei handelt es sich jedoch um Evidenzfälle. Fehlt es an dieser Evidenz, kann die Teilung nicht aus § 420 BGB693 und auch nur in Ausnahmefällen aus § 242 BGB folgen.694 T. Nachvertragliche Provision (§ 87 Abs. 3) I. Überblick 126

Zum Regeltatbestand des Provisionsanspruchs gehört, dass der Abschluss des Geschäfts in die Vertragszeit des HV fällt. Deshalb müsste der Provisionsanspruch des HV entfallen, wenn er das Geschäft zwar angebahnt hat, jedoch vor Abschluss desselben durch den Unternehmer – oder vor Abschlussreife, soweit der HV als Abschlussvertreter selbst hätte abschließen können – das Vertretungsverhältnis endet. Diesem Ergebnis, wie es dem im HGB geschriebenen Rechtszustand vor der HV-Novelle 1953 entsprach695 war eine Prämie für allerdings schon gem. §§ 162, 242 BGB unzulässige Verschleppungstaktiken des Unternehmers. Ihnen wird durch Abs. 3 vorgebeugt. Sofern der HV den von ihm geschuldeten Teil, und zwar den überwiegenden, an dem demnächstigen Zustandekommen des Abschlusses geleistet hatte, soll ihm der Lohn hierfür verbleiben;696 er wird so gestellt, als sei der Abschluss noch in der Zeit seines Vertragsverhältnisses erfolgt. Mit dieser Maßgabe wird ihm die Provision belassen. Ihr endgültiges Schicksal entscheidet sich allerdings erst durch die Entwicklung nach dem Ende des Vertragsverhältnisses. Ausnahmsweise kann der ausgeschiedene HV also Provision verdienen, wenn der HV-Vertrag bereits beendet war. Diese nachvertragliche Provision ist in § 87 Abs. 3 geregelt. Fälle, in denen sie relevant werden könnte, sind etwa die Vermittlung eines Geschäftes durch den Vorgänger, falls das Geschäft für den Nachfolger ein Bezirksgeschäft darstellt oder der Nachfolger ebenfalls Tätigkeitsprovision verdient hat. Besondere Bedeutung hat die Vorschrift bei Dauerverträgen.697 Gemäß § 87 Abs. 3 erhält der HV für ein Geschäft, welches erst nach Beendigung des 127 HV-Vertrages abgeschlossen worden ist, nachvertragliche Provision, sofern er das Geschäft vermittelt oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist, und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsende abgeschlossen worden ist oder vor Vertragsende das Angebot des Kunden zum Abschluss des Geschäftes, für welches dem HV Provision zusteht, zugegangen ist. Jedoch steht der Provisionsanspruch gem. dem letzten Satz des Abs. 3 ausnahmsweise (Beweislast!) dem nachfolgenden HV anteilig zu, wenn wegen besonderer Umstände eine solche Teilung der Billigkeit entspricht. Um zu verhindern, dass der Unternehmer wegen Abs. 3 sowohl an den Nachfolger wie den Vorgänger zahlen muss, regeln § 87 Abs. 1 S. 2 und § 87 Abs. 2 S. 2 einen in Wechselwirkung

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691 692 693 694 695 696 697

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Ahle DB 1964, 611; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 34. Hopt § 87 Rn 21; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18; Canaris § 17 Rn 64. Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18. Hopt § 87 Rn 21; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 18. RGZ 78, 252 ff. Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 23. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525).

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mit Abs. 3 stehenden Provisionsausschluss. Der Nachfolgevertreter erhält keine Provision, sofern dem ausgeschiedenen HV nach § 87 Abs. 3 nachvertragliche Provision zusteht. Das Gesetz unterstellt also die Priorität des Provisionsanspruchs des Vorgängers. Die nachvertragliche Provision scheint in der Wechselbeziehung von ausscheiden- 128 dem HV und Nachfolgevertreter zu stehen. Dem leisten die Bestimmungen in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 Vorschub. Gleichwohl ist es nicht richtig. Abs. 3 setzt nicht voraus, dass ein Nachfolger die bis dahin überwiegend geleistete Arbeit eines Vorgängers fortsetzt und zu Ende führt. Das wird zwar oft der Fall sein – und eben hierauf bezieht sich die Regelung in Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 2 –, aber es muss nicht so sein. Der Unternehmer kann sich entschließen, die weitere Vorbereitung des Abschlusses selbst in die Hand zu nehmen, auch ohne einen Nachfolger zu bestellen. Er kann einen Angestellten hiermit betrauen. Das Unternehmen kann gleichzeitig mit dem Ausscheiden des HV zum Erliegen kommen, der Vertrieb eingestellt werden und ein Liquidator oder Insolvenzverwalter das Geschäft endgültig zum Abschluss bringen. Auch dies sind Fälle des Abs. 3, in denen der ausgeschiedene HV, wenn er die überwiegende Vermittlungsarbeit geleistet hatte, demnächst die nachvertragliche Provision erhält. Übrigens kann auch ein Abschlussvertreter in ihren Genuss kommen, falls er die Vermittlungsarbeit überwiegend geleistet hatte, es aber nicht mehr zu dem ihm an sich gestattet gewesenen Abschluss gekommen ist. II. Zweck Der nachvertragliche Provisionsanspruch wird gewährt, weil der HV bis zum letzten 129 Tag des Vertrages seine Hauptpflichten zur Vermittlung und zum Abschluss sowie die Nebenpflichten zu erfüllen hat. Da kaum wahrscheinlich ist, dass alle Geschäfte, für die der HV durch seine Tätigkeit seine Pflichten erfüllt hat698 ohne die Sonderregel des § 87 Abs. 3 vor Vertragsende provisionspflichtig würden, hätte der HV seinen Teil der synallagmatischen Pflicht erfüllt,699 ohne eine Gegenleistung zu erhalten. Diese bis 1953 bestehende (bis dahin erhielt der HV nur Provision für Geschäfte, die während des HVVertrages geschlossen wurden) Benachteiligung700 soll durch § 87 Abs. 3 verhindert werden. Der HV hat keinen Einfluss, wann das Geschäft geschlossen wird.701 Auf der anderen Seite berücksichtigt die Vorschrift auch das Interesse des Unternehmers. Der HV hätte nämlich kein Interesse an einer Tätigkeit nahe dem Vertragsende, wenn er hierfür keine Gegenleistung erhielte. Daher wären bei absehbarem Vertragsende die Geschäfte des Unternehmers und die Kontinuität des Kundenstammes gefährdet, eine Gefahr, die § 87 Abs. 3 reduziert. Da die Vorschrift auch der schnellen und sicheren Abwicklung des Vertrages dient, hilft sie beiden Parteien.702 Schließlich soll ausgeschlossen werden, dass der Unternehmer den Abschluss von Geschäften in die Zeit nach Vertragsbeendigung hinauszögert, um den Provisionsanspruch zu umgehen703 (s. bereits Rn 126), wobei jedoch ggf. die unter Rn 138 ff. genannte zeitliche Grenze eingreift, die dazu dienen soll, innerhalb angemessener Frist klare Verhältnisse zu schaffen.704

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Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 178. Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 23. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525). Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 23. Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 175. Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 175; Westphal I Rn 508. Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 175.

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III. Abgrenzung zur Überhangprovision 130

Der nachvertragliche Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 3, gelegentlich auch mit dem Begriff „unechte Überhangprovision“ gekennzeichnet, ist von der sog. Überhangprovision – „echte Überhangprovision“ – zu unterscheiden. Bei der echten Überhangprovision erfolgt der Geschäftsabschluss vor Ende des Vertretervertrages, die Ausführung des Geschäftes (zumindest partiell) erst nach Beendigung des Vertretervertrages,705 etwa bei Versicherungsverträgen706 (dort wird der Anspruch aus Abs. 3 meist durch eine Provisionsverzichtsklausel ausgeschlossen). Insofern war der Provisionsanspruch nach § 87 Abs. 1 oder Abs. 2 bereits (bedingt) entstanden; es hatte lediglich die Bedingung des § 87a hinzuzukommen, um ihn endgültig auszulösen. Das Ausscheiden des HV konnte ihm also den so begründeten Provisionsanspruch nicht mehr entziehen, vielmehr vollendete dieser sich durch Eintritt der Bedingung des § 87a ohne Rücksicht auf das Ausscheiden. Der ausgeschiedene HV hat lediglich die Bedingung abzuwarten, um den Provisionsanspruch geltend machen zu können.707 Das gilt hier auch für die Ansprüche des Bezirksvertreters, des HV mit zugewiesenem Kundenkreis und für die Ansprüche aus Nachbestellungen, falls die entsprechenden Abschlüsse als solche noch in der Vertragszeit geschehen sind (Sukzessivliefervertrag). Nachvertragliche Provision wird also für ein gegenüber der Überhangprovision „späteres“ Geschäft gewährt, weil bei der nachvertraglichen Provision nicht nur die Ausführung des Geschäftes nach Vertragsende liegt sondern auch der Geschäftsabschluss selbst.708 Der Provisionsanspruch entsteht in den Fällen des Abs. 3 überhaupt erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, er hängt also nicht „über“.709 IV. Erste Alternative der nachvertraglichen Provision: Tätigkeitsprovision nach Abs. 3 Nr. 1

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Bei der Alternative des Abs. 3 Nr. 1 muss der HV das Geschäft vermittelt haben oder es eingeleitet und so vorbereitet haben, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist. Ob nachvertragliche Geschäfte gem. § 87 Abs. 3 Nr. 1 provisionspflichtig sind, hängt daher von zwei Voraussetzungen ab, nämlich einer tätigkeitsbezogenen und einer zeitlichen.710 Zu einem möglichen Umsetzungsfehler s.o., Rn 1 und sogleich.

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1. Tätigkeitsbezogene Komponente: überwiegende Vermittlung oder Einleitung und Vorbereitung. Abs. 3 S. 1 Nr. 1 hat eine tätigkeitsbezogene Provision zum Gegenstand. Vorausgesetzt wird, dass der ausgeschiedene HV persönlich beim Abschluss des konkreten Geschäfts tätig geworden ist. Die nachvertragliche Provision soll dem

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705 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 105; zu einem solchen Fall BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). 706 Thume MDR 2011, 703 (704). 707 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde). 708 BGH BB 1998, 391 (392); Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 176; Westphal I Rn 509. 709 Hiergegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.: Der „Überhang“ könne sich genausogut darauf beziehen, dass der Abschluss nach Beendigung des Vertragsverhältnisses noch „hing“ und insofern ein Überhang einschließlich der Provisionschancen über die Vertragsbeendigung hinaus gegeben sei. 710 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 174.

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HV den Lohn für persönliche Bemühungen um dieses abschlussfähige Geschäft sichern. Es soll sich um einen selbstverständlichen Grundsatz handeln.711 Die bloße Werbung des Kunden ohne Werbung des einzelnen Geschäfts ist daher ungenügend.712 Nach h.M. soll die Provision dem Bezirksvertreter oder dem HV mit zugewiesenem Kundenkreis aus nachträglich geschlossenen Geschäften, für welche nach Abs. 2 ohne Mitwirkung dieses HV Provision zu zahlen gewesen wäre, nicht zustehen.713 Ebenso wenig soll die Alternative für Nachbestellungen und Folgeaufträge gelten, die gem. Abs. 1 S. 1, 2. Alt. ohne erneute Tätigkeit des ausgeschiedenen HV folgeprovisionspflichtig gewesen wären und deren Abschluss in die Zeit nach seinem Ausscheiden fällt.714 Daran könnte gezweifelt werden. Denn wie unter Rn 1 ausgeführt, hat der HV gem. Art. 8 lit. a RL Anspruch auf nachvertragliche Provision, wenn der Geschäftsabschluss überwiegend auf die Tätigkeit zurückzuführen, „die er während des Vertragsverhältnisses ausgeübt hat“. Der Wortlaut des § 87 Abs. 3 Nr. 1 weicht hiervon ab, weil statt der Worte „Tätigkeit …, die er während des Vertragsverhältnisses ausgeübt hat“ die Worte „er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat“ Verwendung finden. Die von der RL verwendeten Worte sind breiter als die enumerativ wirkende Aufzählung des § 87 Abs. 3 Nr. 1 und erfassen auch den Fall, dass die „ Tätigkeit“ des Bezirksvertreters für den nachvertraglichen Geschäftsabschluss ursächlich war. Man wird das Ergebnis der h.M. auch nicht mit dem Argument aufrechterhalten können, Art. 8 lit. a RL und § 87 Abs. 3 Nr. 1 setzten ausdrücklich eine „Tätigkeit“ des HV voraus: Der Bezirksvertreter erbringe keine Tätigkeit, so dass keine nachvertragliche Bezirksprovision geschuldet werde, höchstens – bei Erfüllung der TB-Voraussetzungen – Provision nach Abs. 1 i.V.m. Abs. 3.715 Denn es genügt jede Tätigkeit, die der HV während des Vertragsverhältnisses ausgeübt hat, also auch eine ggf. mittelbare, mitursächliche Tätigkeit als Bezirksvertreter, etwa dessen durch Tätigkeit erworbener guter Ruf oder seine Bekanntheit. Tritt an Stelle des ausgeschiedenen Vertreters ein anderer Bezirksvertreter, so fallen die Provisionsansprüche aus solchen Geschäften (auch) ihm zu, soweit sie getätigt werden zu einer Zeit, da der Vertrag mit dem Nachfolger in Kraft getreten ist. Die nach der RL nicht vorgesehenen (RL-konforme Auslegung = Ausblenden dieser 133 TB?) beiden Alternativen „vermitteln“ einerseits sowie „einleiten und vorbereiten“ andererseits drücken ein Rangverhältnis aus. „Vermitteln“ ist die stärkste Form der Tätigkeit, „einleiten“ und „vorbereiten“ sind etwas weniger. a) Vermittelt. Vermittelt ist das bis Ende des Vertragsverhältnisses durch Über- 134 mittlung des Angebots des Kunden716 an den Unternehmer (Zugang)717 zur Abschlussreife gebrachte Geschäft, so dass nur noch die bindenden Vertragserklärungen von Kunde und Vertragspartner ausstehen718 – schon deshalb setzt Abs. 3 das Tätigwerden eines Nachfolgers nicht notwendig voraus. Der Zugang des Angebots kann beim Unterneh-

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711 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 29. 712 Hopt § 87 Rn 42. 713 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 114 (für Alt. 2); Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 32; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 110. 714 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 114 (für Alt. 2); Hopt § 87 Rn 42. 715 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 179; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 32. 716 Amtl. Begründung, BT-Drucks. I/3856, S. 23. 717 BT-Drucks. I/3856, S. 23; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525). 718 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 30; Hopt § 87 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 45.

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mer oder HV eintreten. Vermittelt hat der HV ein Geschäft, sofern es im Wesentlichen nur noch der Annahme des von ihm herbeigeführten Vertragsangebotes bedarf, wobei auch hier Mitverursachung ausreicht.719 Nach h.M. soll die 1. Alt. kaum eigenständige Bedeutung haben, weil, wenn das Angebot dem Unternehmer zugehen muss, dieser Fall auch durch die 2. Alt. erfasst wird, die 1. Alt. jedoch strengere Voraussetzungen an die erforderliche Tätigkeit sowie den zeitlichen Rahmen des Geschäftsabschlusses stellt.720 135

b) Eingeleitet und vorbereitet. Der HV erhält auch dann nachvertragliche Provision, wenn er das Geschäft „eingeleitet und vorbereitet“ hat. Da beide Begriffe durch das Wort „und“ im Gegensatz zu dem „vermittelt“ sowie „eingeleitet“ trennenden „oder“ verbunden sind, genügt weder einleiten noch vorbereiten allein. Das Einleiten muss durch ein Vorbereiten ergänzt werden.721 An die Art der Handlung sind keine qualifizierten Anforderungen zu stellen.722 Angesichts der weiten Definition der Vermittlung, bei der Mitursächlichkeit ausreicht, haben diese Alternativen heute nur noch einen geringen Anwendungsbereich.

c) Überwiegende Verursachung. Entscheidend ist das auch von Art. 8 lit. a RL genutzte Wort „überwiegend“. Eine überwiegende Verursachung muss sowohl bei der Alternative „Vermittlung“ wie der „Einleitung und Vorbereitung“ festzustellen sein. Eine gleichstarke Verursachung genügt nicht.723 Allerdings wird sie entgegen Staub/ Brüggemann 4. Aufl. bei der Vermittlung regelmäßig vorliegen, weil der HV hierdurch seine Vertragspflicht erfüllt hat und die Leistung des Nachfolgers meist zurücktreten muss. Nur durch die überwiegende Tätigkeit rechtfertigt sich der Vorrang der nachvertraglichen Provision des Vorgängers vor dem Provisionsanspruch des Nachfolgers. Auch gleiche Mitverursachung im Verhältnis zu anderen Beteiligten ist nicht ausreichend.724 Rechnerisch gesehen muss der Verursachungsanteil des HV bei mehr als etwa 60% liegen.725 Der Verursachungsanteil des HV hat die zusammengefassten Verursachungsbeiträge der nach ihm tätig Gewordenen, d.h. seines Nachfolgers, des Unternehmers oder sonstiger Dritter, erheblich zu übersteigen,726 was durch einen unter Beachtung der Verkehrsauffassung durchzuführenden727 Vergleich der zum Vertragsschluss führenden Gründe zu ermitteln ist.728 Besondere Bemühungen des Unternehmers oder Nachfolgers, den Kunden zum Vertragsschluss zu bewegen, dürfen nicht mehr erforderlich sein.729 Abschlussreife des Geschäftes ist nicht erforderlich. Da kein Nachfolger bestellt zu werden braucht, um die nachvertragliche Provision 137 auszulösen, bezieht sich das „überwiegend“ als Vergleich darauf, dass der Abschluss im Gesamtbild der zu seiner Vorbereitung geleisteten Arbeit vorwiegend auf die

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719 Westphal I Rn 512. 720 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (525); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 109; Hopt § 87 Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 107. 721 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 111. 722 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 111. 723 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 108. 724 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 181. 725 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 112; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 30. 726 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 112. 727 Westphal I Rn 513. 728 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 30; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 109; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 47a. 729 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 30; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 15.

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Tätigkeit des ausgeschiedenen HV zurückzuführen ist. Das Ergebnis wäre z.B., dass die Provision, wenn es demnächst zum Abschluss gekommen ist, dem Nachfolger, gegebenenfalls einem Bezirksvertreter zufällt, nicht aber über Abs. 3 dem ausgeschiedenen HV. Der Versuchung, die – wiederum in dem Beispielfalle – für den Unternehmer darin liegen könnte, den Abschluss über das Ende des Vertragsverhältnisses mit dem Vorgänger hinauszuzögern, lässt sich mit einer analogen Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB entgegentreten. Auch hier hat der Gedanke auszuscheiden, Abs. 3 stelle ab auf eine Provisionskonkurrenz zwischen dem ausgeschiedenen HV und einem für das gleiche Geschäft noch bis zum Abschluss tätig gewordenen Nachfolger, und im Verhältnis zu diesem müsse die Vermittlungstätigkeit des ausgeschiedenen sich als die überwiegende darstellen. Beispielsweise könnten die – beachtlichen – Vermittlungsbemühungen des ausgeschiedenen HV in der Zeit seines Vertragsverhältnisses sich mit einer Aktivität des Unternehmers, der sich in die Anbahnung des Geschäfts zusätzlich und mit ebenso beachtlichem Aufwand eingeschaltet hatte, die Waage halten in einer Weise, dass dem Nachfolger nur noch ein unbedeutender Rest zu tun übrig geblieben war. Verglichen mit diesem hat der ausgeschiedene HV zwar überwiegend gearbeitet. Gleichwohl ist das hier nicht das Entscheidende. Fehlt eine überwiegende Verursachung, wird wegen der verdrängenden Spezialität der §§ 87 ff. meist auch ein Vergütungsanspruch aus § 354 ausscheiden.730 Ob eine stillschweigende Vergütungsabrede eingreift731 ist Tatfrage. Eine überwiegende Einleitungs- und Vorbereitungshandlung liegt etwa vor – bei einem Musterverkauf vor Vertragsbeendigung, der für den endgültigen Geschäftsabschluss (ggf. einen Großauftrag) aufgrund der gelieferten Muster nach Vertragsbeendigung ursächlich wird.732 Denn ein derartiger Musterverkauf ist von vornherein auf die Veräußerung größerer Mengen gerichtet. Der HV hat die Bestellungen durch den vorausgegangenen Verkauf der Muster so „überwiegend eingeleitet und vorbereitet“, dass ihm die Provision hieraus als nachvertragliche Provision zusteht;733 – Veranlassung der Listung der Produkte in einem Versandhauskatalog für die aufgrund der Bestellung der Versandhauskunden zustande gekommenen Geschäfte;734 – Veranlassung der Mitglieder eines Wirtschaftsverbandes, die Produkte eines vertretenen Unternehmens bevorzugt zu beziehen, für die hierdurch zustande gekommenen nachvertraglichen Geschäfte;735 – Falls der HV einen Rahmenvertrag vermittelt, auf dessen Grundlage der Unternehmer während der Laufzeit des Vertrages auf jeweilige Bestellung des Kunden liefert, ohne dass eine Bezugsverpflichtung bereits aus dem Rahmenvertrag entsteht (Beispiel: Belieferungsverträge der Kfz-Branche).736 Dann entstehen Provisionsansprüche erst auf Grund der jeweiligen Einzelbestellungen. Durch die Vermittlung des

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730 AA Hopt § 87 Rn 41. 731 Vgl. Hopt § 87 Rn 41. 732 BGH BB 1957, 1087 = DB 1957, 1068 = NJW 1958, 180; OLG Düsseldorf DB 1956, 376; Westphal I Rn 513; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 113; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 32; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 15; Hopt § 87 Rn 41; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 109; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 47a. 733 BGH BB 1957, 1087 = DB 1957, 1068; Hopt § 87 Rn 41. 734 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 184; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 113. 735 OLG Düsseldorf HVuHM 1988, 298; LG Hamburg VersR 1991, 1240; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 184. 736 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43).

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Rahmenvertrages erwirbt der HV noch keinen Provisionsanspruch; jener kann sich erst auf Grund der nachfolgenden Einzelbestellungen ergeben.737 Der HV erwirbt jedoch gem. § 87 Abs. 3 Nr. 1 Anspruch auf Provision für die Geschäfte, die innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen wurden738 (siehe Rn 138 ff.). Eine Frist von 4 Jahren kann angemessen sein, innerhalb derer die auf Grund des Rahmenvertrages erfolgten Bestellungen einen Provisionsanspruch des HV nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 auslösen.739 Auf § 354 braucht nicht zurückgegriffen werden.740 Handelt es sich bei dem Dauerschuldvertrag um einen Gebrauchsüberlassungs- oder Nutzungsvertrag i.S.d. § 87b Abs. 3, ist zusätzlich diese Norm zu berücksichtigen. Danach differiert die Berechnung je nachdem, ob es sich bei dem vermittelten Dauerschuldvertrag um einen Vertrag mit bestimmter oder unbestimmter Dauer handelt: Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu dem der Kunde erstmals hätte kündigen könnte. Der HV hat jedoch Anspruch auf weitere Provisionen, wenn der Vertrag trotz der Kündigungsmöglichkeit fortbesteht. I.E. ist daher auch bei den von § 87b Abs. 3 erfassten Verträgen für eine angemessene Zeit Provision zu leisten, solange der vermittelte Vertrag fortbesteht. Der Anspruch ist nach Beendigung des HV-Vertrages auch nicht grundsätzlich auf den Termin zu befristen, zu dem erstmals vom Kunden hätte gekündigt werden können.741 Dagegen spricht das Leitbild des § 87b Abs. 3. Es handelt sich bei der Fortsetzung nicht um einen dem provisionsrechtlich unbeachtlichen nachvertraglichen Neuabschluss gleichstehenden Sachverhalt, da der Altvertrag fortgesetzt wird.742



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Nicht ausreichend ist: Die Vermittlung eines Auftrages zur Herstellung von Werkzeug für später damit durchzuführende Aufträge.743

2. Geschäftsabschluss innerhalb angemessener Frist (zeitliche Komponente). Als zeitliche Komponente muss die Vermittlung, Einleitung oder Vorbereitung zu einem Geschäftsabschluss in Einklang mit Art. 8 lit. a RL „innerhalb angemessener Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses“ führen.744 Die zeitliche Einschränkung beruht ausweislich der Amtl. Begr. auf Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und soll zur raschen Abwicklung des Vertragsverhältnisses beitragen.745 Härten für den HV sollen hingenommen werden.746 Wieso freilich, verrät die Amtl. Begr. nicht: der ausgeschiedene HV hat auf den Gang der Dinge keinen Einfluss mehr, und der Unternehmer kann an der raschen Abwicklung nur deshalb, weil gerade sie die Provision noch dem ausgeschiedenen (und nicht etwa dem Nachfolger) zukommen ließe, nicht sonderlich interessiert sein.

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737 Hopt § 87 Rn 41. 738 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 109; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 11a, 49a. 739 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43). 740 Für die Anwendung des § 354: BGH NJW 1958, 180; Hopt § 87 Rn 41. 741 So aber Hopt § 87b Rn 17; hiergegen Döpfer in: FS Thume, S. 35 (40). 742 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (40). 743 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 113; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 181 ff.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 108. 744 Vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 48. 745 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 24. 746 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 24.

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Auch hier kommt es auf die im Lichte der vorgenannten Bedenken zu bestimmenden Umstände des Einzelfalls,747 Art, Inhalt und Bedeutung des Geschäfts,748 die Verkehrssitte und -anschauung sowie die Branchengebräuche an, welche Frist als angemessen anzusehen ist.749 Eine feste zeitliche Grenze fehlt.750 Andere Länder haben eine solche Frist normiert, Spanien eine recht knappe Dreimonatsfrist, Belgien eine Sechsmonatsfrist.751 Wird das Geschäft üblicherweise schnell durchgeführt, so ist die angemessene Frist kürzer.752 Die Frist kann geräumig sein, wenn üblicherweise ein langer Zeitraum zwischen Vermittlung und Einzelgeschäft liegt753 oder langwierige Vertragsverhandlungen üblich sind.754 Extreme sind auf der einen Seite der Thekenverkauf von Ware, etwa bei Tankstellenvertretern, und auf der anderen Seite die Vermittlung von Kfz-Verkäufen bei KfzVertretern, von Geschäftsabschlüssen über komplexe Anlagen mit erheblicher Planungszeit oder Lieferverträgen von Zulieferern während der Produktionszeit eines Kfz-Modells (je nach den Umständen des Einzelfalls mglw. trotz jährlicher Preisverhandlungen und Planungsgespräche).755 Bei einem Rahmenvertrag maßgebend ist das rechtswirksame Zustandekommen des Rahmenvertrages einerseits und des Vertrags mit dem Kunden andererseits.756 Erfolgt der Geschäftsschluss des Einzelgeschäfts unter einer auflösenden Bedingung, genügt der zeitige Abschluss. Das unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Geschäft ist hingegen noch nicht wirksam zustande gekommen und reicht nicht.757 Bei einem schwebend unwirksamen Vertrag muss die Wirksamkeit noch binnen angemessener Frist eintreten, die Abgabe der Vertragserklärungen in angemessener Frist genügt auch hier nicht.758 Ausreichend ist es, wenn das Geschäft nach Insolvenz vom Insolvenzverwalter abgeschlossen wird.759 Beispiele: 139 – Der Abschluss über Saisonware darf nicht später als das Erscheinen der Muster für die neue Saison erfolgen.760 Bis dahin aber kann die Orderfrist ausgeschöpft werden. – Bei sofort lieferbarer Stapelware wird die Frist kürzer bemessen sein dürfen als bei der Lieferung einer Maschine mit Spezialanfertigung, für die schon der Abschluss eine längere Vorlaufzeit hat.761

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747 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 24; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 115; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. 748 Hopt § 87 Rn 43. 749 Thume MDR 2011, 703 (708); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. 750 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31; Hopt § 87 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. 751 Westphal EWS 1996, 43 (46). 752 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 187; Hopt § 87 Rn 43; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111. 753 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43); Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 48. 754 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526). 755 Döpfer in: FS Thume, S. 35 (44). 756 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31. 757 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 11; aA Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 32. 758 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31. 759 Westphal I Rn 516. 760 Thume MDR 2011, 703 (708); Westphal I Rn 514; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 111; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 48. 761 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 115.

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Für den Abschluss über die Erstellung einer Beregnungsanlage hat der BGH762 einen Zeitraum von 2 Jahren noch als angemessen erachtet. Die Dauer der Frist kann auch vertraglich festgesetzt werden. Der Vertrag betreffend die Fertigung einer Aktenförderanlage (Auftragswert 1 Mio. DM rechtfertigte einen Zehnmonatszeitraum.763 Im Falle der Einzelabschlüsse aus einem Rahmenvertrag wurde für den Provisionsanspruch aus den Einzelverträgen eine vierjährige Frist als angemessen angesehen.764

Die Frist ist ab dem Datum der Beendigung des HV-Vertrages zu berechnen.765 Die Ansicht, derzufolge die Frist mit der letzten Vermittlungs- bzw. Vorbereitungshandlung beginnen soll,766 widerspricht dem Wortlaut der Art. 8 lit. a RL, § 87 Abs. 3767 und verhindert auch keine schnelle und sichere Abwicklung,768 weil § 87 gerade eine solche binnen angemessener Zeit verlangt. So i.E. auch der BGH,769 wonach die „angemessene Frist“ nicht vor dem Ende des HV-Verhältnisses beginnen soll. Keine Begründung für die gegenteilige Ansicht sind die sog. gestorbenen Geschäfte, Vermittlungsbemühungen, die vor längerer Zeit zum Erliegen gekommen waren, von den Beteiligten als „gestorben“ betrachtet wurden, und auf die der Kunde später, kurz nach Ende des HV-Vertrages, unvermutet zurückkommt. Die nachvertragliche Provision soll dem HV nicht den Lohn für seine Bemühungen gegen die Gefahr absichern, dass er gerade und nur durch die Beendigung des Vertreterverhältnisses außerstande gesetzt werde, auf den weiteren Gang der Abschlussbemühungen Einfluss zu nehmen, so dass eine nachvertragliche Provision für das gestorben gewesene Geschäft nicht verdient sei. Die nachvertragliche Provision soll dem HV vielmehr die Provision sichern, die er ohne das Vertragsende verdient haben würde. Das aber wäre auch im Falle des scheinbar „gestorbenen“ Geschäfts der Fall, sobald der Kunde auf die früheren Vermittlungsbemühungen zurückkommt und deren Ursächlichkeit damit wieder aktiviert. Die zur Stützung der gegenteiligen Ansicht angeführte Entscheidung BGH DB 1957, 1068 besagt nicht das, wofür sie zitiert wird.770 Sollte der Unternehmer die Annahme des Geschäfts verzögern, ist die Fristwahrung gem. §§ 242, 162, 826 BGB zu fingieren.

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762 Urt. v. 30.1.1964 – VII ZR 83/62, zit. bei v. Gamm NJW 1979, 2492, n.v.; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Westphal I Rn 514. 763 Der BGH nahm die Revision gegen das Berufungsurteil nicht an, s. BGH, Beschl. v. 25.2.1977 – I ZR 84/76, zit. bei von Gamm NJW 1979, 2492. 764 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218 – Autozubehörbranche; Thume MDR 2011, 703 (708); Döpfer in: FS Thume, S. 35 (43); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 115. 765 BGH, Urt. v. 14.10.1957, DB 1957, 1068 (1069); Westphal I Rn 515; Hopt § 87 Rn 43; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 29. 766 So Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Schweizer/Heldrich WRP 1976, 25 (30 f.); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 116. 767 Westphal I Rn 515; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 188; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16; Hopt § 87 Rn 43; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 111; aA Schweizer/Heldrich WRP 1976, 25 (30 f.). 768 AA Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526). 769 BGH DB 1957, 1068. 770 Ihr Leitsatz könnte zwar dazu verleiten. Indessen war gerade dort die Überhangprovision für Saisonartikel ein Vierteljahr nach Ende des Vertreterverhältnisses beansprucht worden, so dass der Abschluss ebenfalls innerhalb dieser Frist erfolgt sein musste: das aber wäre gerade der Schulfall einer Wahrung der „angemessenen Frist“ gewesen.

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V. Zweite Alternative der nachvertraglichen Provision: Angebotseingang vor Vertragsbeendigung (§ 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2) Gemäß § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 steht dem HV weiter nachvertragliche Provision zu, 141 wenn das Angebot des Kunden zum Geschäftsabschluss vor Beendigung des HV-Vertrages beim HV oder Unternehmer zugegangen ist. 1. Zweck. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 soll verhindern, dass der Unternehmer die Annahme 142 eines Kundenangebots auf die Zeit nach Beendigung des HV-Vertrages verschiebt, um den Provisionsanspruch zu vermeiden.771 Die Regelung beruht auf Art. 8 lit. b RL und wurde im Verlauf der Novelle 1989 Teil des § 87. 2. Voraussetzungen. Der Provisionsanspruch gem. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 setzt zu- 143 nächst voraus, dass der HV nach § 87 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 2 Anspruch auf Provision besitzt, also die dort genannten TB-Voraussetzungen vorliegen. Nicht erforderlich ist ein überwiegendes oder mitursächliches Tätigwerden, eine überwiegende Verursachung772 bzw. überhaupt eine Verursachung773 des Geschäfts durch den HV, ebenso wenig irgendeine Tätigkeit774 des HV. Nr. 2 gilt damit im Gegensatz zur h.M. zu Nr. 1 auch für Kundengeschäfte, für welche dem HV Folgeprovision nach Abs. 1 S. 1 Alt. 2775 oder Bezirksprovision776 nach Abs. 2 zusteht. Nicht wird verlangt, dass – wie gem. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 – das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geschlossen wird,777 wobei § 147 Abs. 2 BGB der Annahme Grenzen setzt. Allein maßgeblich ist der Zugang des verbindlichen Angebotes (bloßes Interesse genügt nicht)778 beim HV oder Unternehmer gem. §§ 130 ff.,779 145 ff. BGB vor Vertragsende. Nach aA ist der Angebotsbegriff nicht i.S.d. BGB sondern „im wirtschaftlichen Sinne“ zu verstehen.780 Die Annahmeerklärung muss – deren rechtzeitige, fristungebundene Annahme dann Sache des Unternehmers ist781 – bei Beendigung des HV-Vertrags noch ausstehen und die Annahmefrist darf noch nicht verstrichen sein. Für einen nach § 150 Abs. 1 BGB zustande kommenden Kundenvertrag greift Nr. 1 ein.782 Auch bei Abs. 3 S. 1 Nr. 2 reicht es aus, wenn das Angebot nach Vertragsbeendigung geringfügig modifiziert angenommen wird,783 solange die Änderung nicht unter § 150 Abs. 2 BGB fällt.784 Weite-

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771 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 193; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 117; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 33; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16a; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 104. 772 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 194; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 119. 773 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 33; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 32. 774 Hopt § 87 Rn 44. 775 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16a; Hopt § 87 Rn 44; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 Rn 104. 776 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Hopt § 87 Rn 44; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 32. 777 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Westphal I Rn 518. 778 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 36; Hopt § 87 Rn 44; aA Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. V Rn 186. 779 BGHZ 67, 275; Hopt § 87 Rn 44. 780 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 119. Das Ergebnis ist meistens dasselbe, da auch nach h.M. geringfügige Modifikationen des Angebots irrelevant bleiben. 781 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 105. 782 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 33. 783 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 119; Westphal I Rn 519; Hopt § 87 Rn 45; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 32. 784 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 33.

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re Verhandlungen in Hinblick auf Einzelheiten vor Abschluss des Vertrages sind also unschädlich.785 Willkürliche Modifikationen zur Umgehung des Provisionsrechts wären schon gem. §§ 242, 162, 826 BGB unbeachtlich.786 VI. § 87 Abs. 3 S. 2: Provisionsteilung aufgrund von Billigkeitserwägungen 144

Ausnahmsweise steht dem nachfolgenden HV der Anspruch auf Provision nach Abs. 3 S. 2 anteilig zu, falls eine solche Teilung wegen besonderer Umstände der Billigkeit entspricht, etwa wenn der Abschluss des Kundengeschäfts auch auf die mitwirkende Tätigkeit des Nachfolgers zurückzuführen ist.787 Ihrem Zweck nach soll die Regelung einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des ausgeschiedenen HV und dessen Nachfolger ermöglichen,788 präziser: eine Billigkeitskontrolle. Ein Beispiel bietet bildet der Fall, in welchem der nachfolgende HV im Rahmen des § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 noch erhebliche Änderungen an dem Angebot des Kunden verhandeln musste.789 Auch kann eine billigkeitsgemäßere Aufteilung gerechtfertigt sein, sofern der Nachfolger die Ausführung des Geschäftes betreuen muss.790 Hingegen wird die Teilung meist ausscheiden, falls der nachfolgende HV bloß unwesentlich beim Abschluss des Geschäftes mitgewirkt hat.791 § 87 Abs. 3 S. 2 spricht von der „Teilung“ der Provision. Das bedeutet nicht notwendig eine hälftige Teilung.792 Entsprechend dem Grad der Tätigkeit und der Verursachung kommen andere Teilungsmaßstäbe in Betracht;793 selbst bei klar überwiegender Verursachung eines Teils ist Abs. 3 S. 2 anwendbar.794 Die Diskussion zu § 426 BGB findet hier eine Parallele. Da das Gesetz vom Vorrang der Provision des Vorgängers ausgeht, wird der Vorgängervertreter in der Regel den größeren Anteil erhalten. Das ergibt sich im Fall des § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 aus dem Gesetzeswortlaut, indem Anspruchsvoraussetzung wurde, dass das Geschäft „überwiegend“ auf die Tätigkeit des Vorgängervertreters zurückzuführen sein muss.795 Ist der Provisionsanspruch des Vorgängervertreters begründet, weil vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Kunden zuging, bleibt die Teilung meist ausgeschlossen, da es zum Abschluss nur noch der Annahme des Angebotes bedarf und keine Tätigkeit des Nachfolgevertreters entfaltet wird.796 Bei der Vermittlungsprovision nach Abs. 1 S. 1 kann eine Teilung nur in Betracht 145 kommen, wenn trotz der als TB-Voraussetzung vorgesehenen überwiegenden Herbeiführung des Kundenvertrags durch den ausgeschiedenen HV (Abs. 3 S. 1 Nr. 1) die Mitursächlichkeit der Tätigkeit des Nachfolgers so erheblich ist, dass ein völliger (weitgehender) Ausschluss einer Vergütung für ihn der Billigkeit widerspricht.797 Entscheidend

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785 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 195. 786 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526) – die den Angebotsbegriff im wirtschaftlichen Sinne verstehen wollen; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 105; wohl auch Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16a. 787 Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 24; Hopt § 87 Rn 46. 788 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 113. 789 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 122. 790 Westphal I Rn 523. 791 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (526); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 121; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 114; aA Hopt § 87 Rn 46. 792 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 121; Westphal I Rn 523; Oetker/Busche § 87 Rn 33. 793 Westphal I Rn 523. 794 Hopt § 87 Rn 46; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 114. 795 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 197; Westphal I Rn 523. 796 Westphal I Rn 523. 797 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 36; Genzow in: Ensthaler, § 87 Rn 24; Hopt § 87 Rn 46; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 113.

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sind auch hier sämtliche Umstände des Einzelfalls.798 Mitverursachende Beiträge des Unternehmers, seines Personals oder Dritter sind dem Nachfolger schon nach dem Wortlaut der Vorschrift bei der Billigkeitsprüfung nicht zuzurechnen; es bleibt regelm. beim vollen Provisionsanspruch des ausgeschiedenen HV.799 Zugunsten der Bezirksprovision nach Abs. 2 S. 1 bleibt für eine Billigkeitskorrektur kaum Raum, weil die Bezirksprovision ohne konkrete Vermittlungstätigkeit verdient wird und der Ausgeschiedene nur unter den engen Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1 Nr. 2 – mithin der vollständigen Vorbereitung des Kundengeschäfts während seiner Vertragszeit – Anspruch auf eine „nachvertragliche“ Bezirksprovision erwerben kann.800 Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen den normalen Provisionstatbestän- 146 den der Abs. 1, 2 sowie Abs. 3 S. 2 (2) folgt die Beweislast: Wer sich auf die Ausnahmebestimmung801 des Abs. 3 S. 2 beruft, muss den Beweis der Ausnahme führen. VII. Rechtsfolgen Wenn und soweit eine nachvertragliche Provision entsteht, verdrängt sie die et- 147 waige Provisionsberechtigung eines anderen Vertreters, Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2. Die Betonung liegt auf dem Wort „soweit“. Es lässt auch eine nur partielle „Teilverdrängung“, d.h. eine Provisionsteilung, zu, sollte sie angemessen sein. Der verdrängte HV kann sowohl ein gewöhnlicher HV nach Abs. 1 sein (der dann bei der Vermittlung des Geschäfts sich gleichfalls betätigt hätte, etwa als Nachfolger-Vertreter), oder aber im Fall des Abs. 3 Nr. 2 ein Bezirksvertreter bzw. ein HV mit zugewiesenem Kundenkreis nach Abs. 2 (namentlich sofern er den Bezirk bzw. den Kundenkreis von dem ausgeschiedenen HV übernommen hat). Nur im ersteren Falle käme es darauf an, wessen Tätigkeit für den Abschluss überwiegend ursächlich geworden ist. Unabhängig hiervon und in beiden Fällen fällt die Provision dem Nachfolger zu, wenn der Geschäftsabschluss erst nach unangemessen langer Frist erfolgt oder es (aus welchen Gründen immer) an dem Merkmal „überwiegende Tätigkeit“ des ausgeschiedenen HV fehlt. Beansprucht der Nachfolger des HV die dem Vorgänger nach Abs. 3 ausbezahlte Provision für sich, so kann er diesen Anspruch nur gegenüber dem Unternehmer, nicht gegen den Vorgänger selbst geltend machen. VIII. Derogation § 87 Abs. 3 ist nicht zwingend. Die Parteien dürfen also Abweichendes vereinba- 148 ren,802 wohl auch in AGB.803 So können nachvertragliche Provisionen völlig ausgeschlos-

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798 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 16b; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 113. 799 Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (527); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 123; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 36; Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 24; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87 Rn 16b; Hopt § 87 Rn 46. 800 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 36. 801 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 52. 802 OLG Nürnberg BB 1963, 203; Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528); Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 126; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 189; Genzow in: Ensthaler § 87 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 115. 803 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 126; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 60; zweifelnd Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Handelsvertreterrecht Rn 34; referierend Wauschkuhn/Fröhlich BB 2010, 524 (528); offen gelassen von BGH, Urt. v. 10.12.1997 VIII ZR 107/97, NJW-RR 1998, 629 = MDR 1998, 354; v. 21.10.2009 – VII ZR 286/07, NJW 2010, 298 =

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sen oder begrenzt werden.804 In der Praxis geschieht das vielfach, etwa durch Einmalprovisionen 805 (zu Provisionsverzichtsklauseln § 89b Rn 553 ff.), Provisionsverzichte 806 oder niedrigeren nachvertraglichen Provisionen.807 Die nachvertragliche Provision gem. § 87 Abs. 3 Nr. 1 darf auch auf die Fälle der überwiegenden oder ausschließlichen Tätigkeit des HV begrenzt oder ausgeschlossen werden.808 Wird die nachvertragliche Provision oder die Überhangprovision derogiert, ist sie daraufhin ausgleichsfähig nach § 89b (§ 89b Rn 177). Weiter können die Parteien die Frist, in der der Geschäftsabschluss gem. § 87 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nach Vertragsbeendigung getätigt werden muss, bestimmen,809 ebenso die Frist, innerhalb derer das Angebot des § 87 Abs. 3 Nr. 2 eingehen muss. IX. Beweislast 149

Die Beweislast für die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des Abs. 3 trifft denjenigen, der sich auf sie beruft. U. § 87 Abs. 4 – Inkassoprovision

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Die Einziehung des von dem Kunden zu zahlenden Entgeltes gehört nicht zu den durch die Vermittlungsprovision vergüteten Aufgaben eines HV.810 Deshalb ist auch ein zum Geschäftsabschluss bevollmächtigter HV zum Inkasso grundsätzlich nicht verpflichtet oder befugt.811 Wird ihm jedoch ein besonderer Inkassoauftrag nach § 55 Abs. 3812 erteilt, so steht ihm für die auftragsgemäß eingezogenen Beträge Anspruch auf eine zusätzlich zur Provision nach Abs. 1–3 zu leistende,813 besondere Vergütung, die sog. Inkassoprovision, zu.814 Sie ist Verwaltungsprovision815 und soll deshalb bei der Rohausgleichsberechnung nicht einbezogen werden, nur bei der Bestimmung der Ausgleichshöchstgrenze.816 Dabei wird es – sofern Verwaltungsprovisionen nicht ohnehin für ausgleichsfähig gehalten werden – aber darauf ankommen, ob die werbende Tätigkeit ohne das Inkasso unmöglich war – dann Einbeziehung auch in die Rohausgleichsberechnung. Ggf. ist der Anteil der Inkassoprovision an einer Gesamtprovision zu schätzen.817 Der Anspruch auf Inkassoprovision setzt eine hinreichend klare Verpflichtung des HV zum Inkasso voraus, für welche derjenige beweispflichtig ist, der sich auf die Vor-

_____ MDR 2010, 35; für eine rigide Inhaltskontrolle beim Ausschluss von Überhangprovisionen Thume MDR 2011, 703 (708). 804 OLG Nürnberg BB 1963, 203; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 127. 805 Thume BB 2012, 975 (977); Thume MDR 2011, 703 (707). 806 Thume MDR 2011, 703 (707). 807 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 127. 808 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 190. 809 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 190; Westphal I Rn 524. 810 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 128; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 54; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 27; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 34; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 116; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 50. 811 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 51. 812 Hopt § 87 Rn 47; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 116. 813 Hopt § 87 Rn 47. 814 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 128; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 54; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 34. 815 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 131; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 43. 816 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87 Rn 43. 817 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87 Rn 43.

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teile der Vereinbarung beruft.818 Der Inkassovertrag kann gegenständlich, räumlich, persönlich und zeitlich begrenzt werden.819 Er muss sich nicht auf Kunden des HV oder von ihm vermittelte Geschäfte gem. Abs. 1 und 2 beziehen.820 Der Anspruch entsteht auch, wenn ein Provisionsrecht nach diesen Absätzen nicht entstanden ist.821 Eine stillschweigende Erteilung des Inkassoauftrages bzw. der -Vollmacht ist möglich,822 etwa durch wiederholte, widerspruchslose Entgegennahme der von den Kunden an den HV geleisteten Zahlungen,823 längere Zahlung einer Inkassoprovision, Aushändigung einer Quittung gem. § 370 BGB oder durch Hinweise in den Bestellscheinen auf die Möglichkeit der Zahlung an den HV.824 In Abwesenheit einer abweichenden Vereinbarung entsteht der Anspruch auf In- 151 kassoprovision, wenn, soweit und sobald der HV vertragsgemäß eine Inkassotätigkeit vornimmt,825 also spätestens mit der tatsächlichen Entgegennahme einer für den Unternehmer bestimmten Leistung.826 Die Höhe der Vergütung bemisst sich mangels besonderer Festsetzung oder Handelsbrauchs827 nach §§ 87b,828 87d.829 Wurde eine Einheitsprovision bestimmt, hat der Unternehmer die ausreichende Vergütung für die Inkassotätigkeit zu beweisen. Er besitzt meist die Formulierungshoheit. Bei eingezogenen Teilbeträgen ist ein entsprechender Teil der Inkassoprovision zu zahlen.830 Der mit dem Inkasso beauftragte HV muss gem. §§ 675, 676 BGB i.V.m. den Rege- 152 lungen des HV-Vertrages831 über die eingezogenen Beträge innerhalb der vereinbarten oder üblichen Fristen abrechnen und die Beträge auskehren (siehe auch § 86 Rn 178 ff. zur Rechenschaftspflicht). Einigkeit besteht über die Pflicht zur regelmäßigen Auskehrung.832 Hilfsweise gelten die Abrechnungsfristen des § 87c Abs. 1 analog, also im Zweifel unverzüglich.833 Für die Abrechnung gilt § 87c Abs. 1. Die Fälligkeit des Anspruchs des Unternehmers auf Auszahlung eingezogener Beträge tritt mangels abweichender, vorrangiger Vereinbarung gem. § 87a Abs. 4 spätestens mit der erforderlichen Abrechnung ein, bei unterlassener Abrechnung mit dem Ende des Zeitraums, zu dem der HV hätte abrechnen müssen, ohne Abrechnungspflicht ebenfalls unverzüglich. Bis zur Auskehrung hat der HV im Zweifel die eingenommenen Beträge getrennt von eigenen Geldern zu verwahren.834 Die verzögerte Weiterleitung führt zu einer Haftung aus § 288 BGB,835 insb. wenn eine zu spät eingeleitete Vollstreckung gegen den Schuldner

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818 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 27. 819 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 55. 820 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 55; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 52. 821 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118. 822 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 55. 823 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 8a. 824 Schlegelberger/Schröder § 91 Rn 8b. 825 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 51. 826 OLG Hamburg VersR 1963, 626; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 56; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 50b. 827 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118. 828 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 130; Hopt § 87 Rn 47. 829 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 57; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 118; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 53. 830 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 56. 831 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 7.7.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018. 832 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 35; Hopt § 86 Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 86 Rn 56. 833 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a. 834 Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a. 835 Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54.

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fruchtlos bleibt,836 zudem ggf. zur Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266 StGB. Der Unternehmer, der von seinem Inkasso-HV Herausgabe der Kassenbestände fordert, braucht lediglich nachzuweisen, dass er eine funktionstüchtige EDV bereitgestellt hat, in welche die einzuziehenden Beträge einzugeben waren. Weitere Darlegungen zur Richtigkeit der einzelnen Buchungen und Geschäftsvorfälle sind nicht erforderlich, weil der HV die Geschäftsvorfälle in das System einzugeben hat und der Unternehmer daher auf die Richtigkeit der vorgenommenen Eingaben vertrauen und sich jener zu einer schlüssigen Darlegung und zum Nachweis eines zu seinen Gunsten resultierenden Endsaldos bedienen darf.837 Sache des HV ist es, den Verbleib des Kassenbestandes darzutun und sich wegen etwaiger Fehlbestände zu entlasten.838 Das vom HV eingenommene Geld ist auch herauszugeben, wenn es nicht mehr vorhanden, aber nicht bestimmungsgemäß verwendet worden ist, wobei der HV die bestimmungsgemäße Verwendung zu beweisen hat.839 Der Einwand einer Überforderung mit einem EDV-System ist unbeachtlich, falls es Einweisung, Handbuch und Hotline gab.840 Auch der nicht näher substantiierte Hinweis auf allgemeine Sicherheitsprobleme entlastet den HV nicht.841 153 Bei der Tätigkeit eines Inkasso-HV erwirbt der Unternehmer Eigentum an den von dem HV eingenommenen Inkassogeldern, indem der Inkasso-HV als Besitzmittler des Unternehmers die Gelder entgegennimmt.842 Sofern sich eigene Gelder des HV in dieser Kasse befinden, werden sie gem. §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 1 BGB zu Miteigentum vermischt.843 Der Kasseninhaber erwirbt nicht nach §§ 948 Abs. 1, 947 Abs. 2 BGB Alleineigentum an dem Gesamtbestand, weil anderenfalls der Regelfall einer Geldvermischung entgegen dem Grundgedanken des Gesetzes gerade in der Insolvenz des Kasseninhabers mit einem dinglichen Rechtsverlust verbunden wäre.844 Zu den Folgen in der Insolvenz des Inkasso-HV (dort: Tankstellen-HV), insb. auch zur dortigen Ablehnung eines Bargeschäfts i.S.d. § 142 InsO siehe BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 ff. = BB 2010, 2721 m. Anm. Wilhelm. Die vertragswidrige Einziehung von Beträgen trotz eines Inkassoverbots kann 154 eine Strafbarkeit des HV nach § 266 StGB begründen845 (allg. § 86 Rn 52). Eine Inkassoprovision entsteht für die eigenmächtig eingezogenen Beträge nicht,846 ebenso wenig ein Anspruch aus § 354.847 Der Unternehmer kann die Einziehung aber genehmigen.848 Damit löst er den Anspruch des HV auf Inkassoprovision aus.849 Die bloße Forderung nach Herausgabe übt lediglich das Herausgaberecht nach §§ 681, 667 BGB aus und bildet keine Genehmigung der Einziehung.850 Im Falle einer Genehmigung bisher vollmachtslosen Verhaltens kommt es auf den Inhalt der Genehmigung an, ob diese auch für die Zu-

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836 Vgl. Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54. 837 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 838 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 839 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 840 OLG Köln, Urt. v. 21.11.2008 – 19 U 72/08, BeckRS 2009, 27270. 841 OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 7.7.2010 – 4 U 25/06, BeckRS 2010, 19018 zum EPOS-System der Postagenturen. 842 BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 (2010) Rn 12. 843 BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 (2010) Rn 13. 844 BGH, Urt. v. 23.9.2010 – IX ZR 212/09, ZIP 2010, 2009 (2010) Rn 13. 845 BGH, Urt. v. 29.10.1991 – 1 StR 513/91, wistra 1992, 60. 846 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 129; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117. 847 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 129. 848 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 129. 849 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 51. 850 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 129.

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kunft gelten soll, was im Zweifel auszuschließen ist.851 Ob der HV berechtigt ist, sich wegen seiner Provisionsforderungen aus den eingezogenen Geldern zu befriedigen, bestimmt sich nach dem Inhalt des Vertrages, soll aber im Zweifel zu verneinen sein.852 Insoweit wird auch auf die Kommentierung zu § 88a verwiesen. Die Inkassoabrede endet spätestens – im Zweifel853 – mit dem HV-Vertrag.854 Ein 155 Anspruch auf Inkassoprovision kann dann vorbehaltlich einer Genehmigung nicht mehr entstehen, selbst wenn noch nachhängende Vermittlungsprovisionen, etwa auf Grund von Sukzessivlieferungsgeschäften aus der Vertragszeit, anfallen sollten.855 Ob die Abrede teilgekündigt werden darf, ist Auslegungsfrage. Regelmäßig ist eine Teilkündigung des HV-Vertrages unzulässig. Möglicherweise wird man angesichts des besonderen, mit dem Inkasso verbundenen Vertrauensverhältnisses eine Teilkündigung der Inkassoabrede zulassen müssen,856 wofür die Regeln über den Entzug der nach außen wirkenden Vollmacht sprechen. Die Ansprüche an den wichtigen Grund i.S.d. § 89a dürften hier zudem geringer liegen als bei der Kündigung des HV-Vertrages selbst. Jedenfalls wird der jederzeitige Widerruf der Inkassoabrede vereinbart wirden dürfen, auch in AGB. Auch die Regelung zur Inkassoprovision ist nicht zwingend, sie kann abgeändert 156 oder derogiert werden.857 So wird sie häufig im Tankstellengeschäft ausgeschlossen.858 Folglich entsteht der Anspruch auf Inkassoprovision bei Existenz einer Inkassoabrede nur, wenn er entweder vertraglich vereinbart oder nicht derogiert wurde. V. Umgehungstatbestände/Konzerngeschäfte/Durchgriff Gibt der Unternehmer das Geschäft an ein mit ihm wirtschaftlich oder rechtlich 157 verbundenes Unternehmen oder einen Dritten weiter und führt dieses oder dieser – und nicht der Unternehmer – das Geschäft aus, so besteht zwar kein HV-Vertrag zwischen Ausführendem und dem HV. Der Unternehmer verstößt jedoch gegen die Treupflichten des HV-Vertrages sowie gegen seine Leistungstreuepflicht, wenn er auf diese Weise die Kausalität und die Entstehung der Provisionsanwartschaft verhindert (s.a. § 86a Rn 153 ff.). Folge ist eine Schadensersatzverpflichtung nach § 280, § 826 BGB, wobei der Schaden in Höhe der entgangenen Provision netto valutiert.859 Das gilt insb., falls der HV nachweist, dass der Unternehmer das Geschäft mit Drittunternehmen oder Drittkunden in der Absicht vorgenommen hat, den Provisionsanspruch des HV zu umgehen oder zu vereiteln.860 Letztlich kommt es auf objektive Durchgriffserwägungen an,

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851 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 55. 852 OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382 (384); OLG Hamm HVR Nr. 973; NJW-RR 1994, 158 (159); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 9; Oetker/Busche § 88a Rn 4; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 88a Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 88a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a; aA OLG Köln VersR 1970, 53 (54); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7; Ebenroth/ Löwisch § 88a Rn 4; Hopt § 88a Rn 1. 853 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 58. 854 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 51. 855 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 117. 856 Dafür Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 58. 857 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 131; Hopt § 87 Rn 47. 858 Steinhauer BB 2009, 2386 (2387 f.). 859 Im Ergebnis BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785; v. 4.12.1986 – I ZR 101/85, NJW-RR 1987, 547; Eberstein 9. Aufl., S. 79; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 24, wobei z.T. ein Provisions- und kein Schadenersatzanspruch zugebilligt wird. 860 BGH, Urt. v. 29.9.1976 – IV ZR 202/75, WM 1976, 1194; RG HRR 1933 Nr. 940; OLG Celle DB 1970, 582 (dort Provisionsanspruch verneint).

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und nicht auf den Umgehungswillen des Unternehmers861 oder gar des Kunden; letzterer braucht noch nicht einmal Kenntnis des Umgehungstatbestandes zu haben. Unternehmer und verbundenes Unternehmen handeln als Mittäter i.S.d. § 840 BGB und sind folglich Gesamtschuldner. Ein gegen den Unternehmer gerichteter Provisionsanspruch aus §§ 242, 162 BGB, 87a Abs. 3 (analog) i.V.m. § 87 HGB lässt sich ebenfalls begründen862 und hat den Vorteil, dass ein Verschulden nicht erforderlich ist: Kommt das vom HV mitverursachte Kundengeschäft mit einem mit dem Unternehmer verbundenen (etwa den Unternehmer beherrschendes)863 oder von ihm rechtlich oder wirtschaftlich beherrschtes864 Drittunternehmen zustande, soll eine Provisionsanwartschaft entstehen, sofern die Vermittlungstätigkeit bei redlicher und vernünftiger Auslegung noch vom HV-Vertrag gedeckt ist, wobei es auch hier auf den objektiven Umgehungstatbestand, insb. die wirtschaftliche Identität oder Einheit,865 und nicht die subjektive Umgehungsabsicht ankommt.866 Typischerweise sind auch Geschäfte mit Konzernunternehmen provisionspflichtig.867 Jedenfalls besteht die Provisionspflicht im Falle der wirtschaftlich selbständigen Entscheidung des Kunden,868 z.B. beim Abschluss durch ein in Produktion und Vertrieb selbständiges Schwesterunternehmen. 869 Bei derartigen Näheverhältnissen besteht die Vermutung, dass das Geschäft letztlich mittelbar auch dem Unternehmer zugute kommt. W. Verwirkung 158

Das Provisionsrecht kann wie jedes Recht gem. § 242 BGB verwirkt werden.870 Zu denken ist etwa an Fälle, in denen der HV das Vermittlungs- oder Abschlussrecht entgegen seiner Interessenwahrungspflicht ausübt, etwa einen Altvertrag zunichte macht. X. Beweislast

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Jede Partei trägt die Beweislast für die für sie günstigen Voraussetzungen einer Norm. Der HV als Anspruchsteller muss Grund, Höhe und Berechnungsgrundlagen seines Provisionsanspruchs darlegen und beweisen.871 Vom gesetzlichen Regelfall abweichende Umstände muss beweisen, wer sich auf sie beruft.872 Im Einzelnen s. zur Beweislast bei

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861 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 29. 862 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 22; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87 Rn 13. 863 BGH WM 1987, 546; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 29; Hopt § 87 Rn 14. 864 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 29. 865 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 29. 866 BGH NJW 1981, 1785; OLG Köln HVR Nr. 526; OLG München HVR Nr. 1103; Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. IV Rn 111; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 22; Hopt § 87 Rn 14. 867 Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht 11. Aufl. 2011, § 87 Rn 2. 868 Hopt § 87 Rn 14. 869 LG Münster MDR 1983, 673 (dort Anspruch wg. fehlender Gesellschafteridentität und Näheverhältnisses verneint); Hopt § 87 Rn 14; zur Verlagerung im Konzern Maier BB 1970, 1327. 870 BGH, Urt. v. 31.1.1957 – II ZR 281/55, HVR Nr. 143; RGZ 109, 256; OLG München BB 1955, 714; OLG Hamm NJW 1959, 677 = BB 1959, 682; OLG Stuttgart BB 1970, 1112; OLG Koblenz BB 1973, 866; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 74; zweifelnd Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 59, der die Verwirkung jedoch anerkennt, sofern es dem Unternehmer wegen groben Fehlverhaltens des HV unzumutbar ist, an den vertragsuntreuen HV eine Leistung zu erbringen. 871 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 34 ff. zu einer Provisionsabrede; OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 132; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 49. 872 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63; aA OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054: Vom Unternehmer behauptete gegenteilige Vereinbarungen muss der HV auch dann ausräumen, wenn sie von der dispositiven gesetzlichen Regelung des § 87b Abs. 2 abweichen.

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den jeweiligen Provisions-TB. Es entspricht zwar nicht dem Idealbild der Prozessführung im Anwaltsprozess, wenn wesentliche Details des Sachverhaltes, insb. Provisionsforderungen sowie deren Entfallen nach § 87a Abs. 3, durch Anlagen präsentiert werden, die die Parteien selbst gefertigt haben. Betreffen sie jedoch eine so große Anzahl von Einzelpositionen, dass es angebracht erscheint, keine ausführlichen schriftsätzlichen Darlegungen zu fordern und sind sie übersichtlich gestaltet, ist dies hinzunehmen.873 160 Damit trägt der HV die Beweislast für folgende Umstände: – Entstehen seines Provisionsanspruchs;874 – Abschluss des Kundengeschäfts;875 – Beim Bezirksvertreter: Bezirksabrede und Kundengeschäft;876 – Folgegeschäft und Vorkauf sind vom HV zu beweisen. Näheres s. Rn 85; – Ursächlichkeit der Vermittlungsbemühung für das Kundengeschäft i.S.d. Abs. 1 S. 1 1. Alt. Hierfür soll der Nachweis einer Tätigkeit reichen, die nach allgemeiner Erfahrung mitursächlich für einen solchen Abschluss sein kann.877 Dem Unternehmer obliegt der Gegenbeweis einer ernsthaften anderen Möglichkeit; – Vereinbarte Provisionshöhe;878 – Für die TB-Voraussetzungen des Abs. 3 S. 1879 und 2 der anspruchsstellende HV; – Grund und Höhe der Inkassoprovision sowie vertragsgemäße Entgegennahme einer vom Inkassoauftrag erfassten Leistung;880 – Dass ein vom Unternehmer gezahlter Geldbetrag nicht auf einen erfolgsunabhängigen Provisionsanspruch geleistet und anzurechnen ist881 (zwh.).

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Der Unternehmer trägt die Beweislast für folgende Tatsachen: Erfüllung des Provisionsanspruchs; Unwirksamkeit des Geschäfts;882 Bedingter Abschluss des Kundengeschäfts; Provisionsausschluss nach Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 S. 2883 oder nach § 242 BGB (Treu und Glauben); Gegenrechte aus § 320 BGB, falls der HV zuvor konkret Art und Umfang seiner Tätigkeit dargelegt hat;884 Gegenrechte aus § 280 BGB. Y. Verfahrensrecht

Auch im Berufungsrechtszug darf der HV von einer Feststellungsklage zu einer be- 161 zifferten Provisionsklage wechseln.885 Die Provisionsansprüche dürfen nach Abtretung

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873 LG München, Urt. v. 24.5.2007 – 4 HKO 1124/00. 874 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. 875 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63. 876 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63. 877 Baumgärtel § 87 Rn 2; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 49, 50; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 19b, 27. 878 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. 879 OLG Düsseldorf OLGZ 1999, 453; Baumgärtel § 87 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 47a. 880 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63. 881 OLG Nürnberg BB 1964, 866; Baumgärtel § 87 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 2. 882 Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 19b; aA Beweislast bei HV: Baumgärtel § 87 Rn 2. 883 Baumgärtel § 87 Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 63. 884 Baumgärtel § 87 Rn 4. 885 BGH, Beschl. v. 8.12.2009 – VIII ZR 92/07.

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durch den Zedenten für den Zessionar im Wege der Prozessstandschaft eingeklagt werden.886 Z. Steuer- und Bilanzrecht Zum Steuerrecht der Versicherungsvertreter § 92 Rn 100 ff. Vergütungen, die ein Vermittler von Beteiligungen an Personengesellschaften von einem Dritten für die Zeichnung eigener Beteiligungen an diesen Gesellschaften erhält sowie Vergütungen, die der Mittler erhält, weil er Dritten Anteile an solchen Publikums-KG vermittelt, an denen er auch selbst beteiligt ist, sind Betriebseinnahmen.887 Der Provisionsanspruch des HV ist erst zu aktivieren, wenn der Zahlungsanspruch entstanden ist,888 d.h. meist, wenn der Unternehmer das vom HV vermittelte Geschäft ausgeführt hat.889 Dem entspricht es spiegelbildlich, dass der Geschäftsherr vor Ausführung des Liefergeschäfts keine Rückstellung für die künftige Forderung des HV auf Provision bilden darf.890 Beides beruht darauf, dass der Provisionsanspruch zwar gem. § 87 Abs. 1 S. 1 mit dem erfolgreichen Abschluss der Vermittlung entsteht, die Provision aber gem. § 87a Abs. 1 S. 1 erst verdient ist, sobald und soweit der Geschäftsherr das Geschäft ausgeführt hat. Die teilweise Aktivierung der Provisionsforderungen als „unfertige Leistungen“ (§ 266 Abs. 2 lit. B. Nr. I. 2.) kommt nicht in Betracht.891 Die am Bilanzstichtag noch nicht abgerechneten Provisionszahlungen sind wie folgt zu bilanzieren:892 Der HV hat den offenen Betrag als „Forderung an Provisionserlöse/USt“ zu buchen. Der Unternehmer hat demnach eine Forderung zu aktivieren, wenn er seine Leistung erbracht hat.893 Der Unternehmer hat hierfür eine Rückstellung zu bilden („Provisionsaufwand an Rückstellungen“).894 Wird jedoch vereinbart, dass der Provisionsanspruch erst mit Ausführung des Geschäfts bedingt entsteht, kann vor Eintritt der Bedingung keine Forderung beim Provisionsberechtigten gebucht oder eine Rückstellung beim Geschäftsherrn gebildet werden. Vertraglich vereinbarte Provisionsvorschüsse mit Kreditcharakter führen nach Ansicht von Weiland895 nicht zu einer Gewinnrealisierung. Die Provisionsvorschüsse sind dann als erhaltene Anzahlungen (m.E. unter den sonstigen Verbindlichkeiten) zu passivieren. Gem. § 4 Nr. 8 lit. a und f UStG sind u.a. Provisionen für die Vermittlung von Kredi163 ten und Gesellschaftsanteilen umsatzsteuerfrei. Die Steuerfreiheit für die Vermittlung von Gesellschaftsanteilen nach § 4 Nr. 8 lit. f UStG 1993 erfordert keine unmittelbare Beauftragung durch eine der Parteien des vermittelten Vertrages.896 Sie setzt eine Tätig162

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886 OLG Hamm, Urt. v. 5.10.2009 – 18 U 104/08, BeckRS 2010, 05592. 887 BFH, Urt. v. 14.3.2012 – X R 24/10, DStRE 2011, 444; zu VV ebenso BGH, Urt. v. 14.3.2012 – X R 24/10, BB 2012, 1337 = DB 2012, 1075; v. 14.3.2012 – X R 29/11, EFG 2011, 2156 = BeckRS 2012, 95765; BFHE 186, 256; BStBl. II 1998, 618. 888 BFH, Urt. v. 9.10.2013 – I R 15/12, BeckRS 2014, 94838. 889 BFH, Urt. v. 15.1.1963 – I 259/61 S, BFHE 76, 699 = BStBl III 1963, 256; v. 17.1.1963 IV 335/59 S, BFHE 76, 702 = BStBl III 1963, 257; v. 3.5.1967 – I 111/64, BFHE 88, 498 = BStBl III 1967, 464; v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828. 890 BFH, Urt. v. 19.10.1972 – I R 50/70, BFHE 107, 426 = BStBl II 1973, 212; v. 22.2.1973 IV R 168/71, BFHE 109, 33 = BStBl II 1973, 481; v. 20.1.1983 IV R 168/81, BFHE 137, 489 = BStBl II 1983, 375; v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828. 891 BFH, Urt. v. 28.10.2009 – I R 28/08, IStR 2010, 103 = BeckRS 2009, 25015828. 892 Thurow BC 2010, 437. 893 Thurow BC 2010, 437. 894 Thurow BC 2010, 437. 895 DStR 2011, 2213. 896 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Abweichung von BFH, Urt. v. 9.10.2003 – V R 5/03, BFHE 203, 295 = ZIP 2004, 259 = EWiR 2004, 357 (Naujok).

Emde

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87

keit voraus, die einzelne Vertragsabschlüsse fördert.897 Eine der Art nach geschäftsführende Leitung in einer Vermittlungsorganisation bildet rglm. keine Vermittlung i.S.d. Befreiungsvorschrift.898 Zweck einer Vermittlungstätigkeit ist es, das Erforderliche zu tun, damit 2 Parteien einen Vertrag schließen, an dessen Inhalt der Vermittler kein Eigeninteresse hat. Es fehlt eine steuerfreie Leistung, falls der Betroffene nach der Art der von ihm erbrachten Leistung keine Vermittlungstätigkeit ausübt.899 Insb. mangelt es an den TB-Voraussetzungen der Steuerfreiheit, sofern sich die Leistungen auf den Aufbau,900 die Führung,901 Schulung902 und die Leitung903 eines Außendienstes beziehen und somit nicht auf die wesentlichen und spezifischen Funktionen einer Mittlertätigkeit in Form des Nachweises der Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrages, Kontaktaufnahme mit der anderen Partei oder das Verhandeln über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen, um hiermit einen Vertragsschluss zu erreichen.904 Darüber hinausgehend gibt es keine über die Vermittlung von Einzelabschlüssen hinausgehende Steuerfreiheit für Vertriebstätigkeiten allgemeiner Art.905 Damit Steuerfreiheit eintritt, muss es sich um Tätigkeiten handeln, die sich zumindest auch auf einzelne Geschäftsabschlüsse beziehen. Nach dem Urt. des EuGH v. 21.6.2007906 fordert der Begriff der Vermittlung allerdings nicht unbedingt, dass der Vermittler als Untervertreter eines Hauptvertreters in unmittelbarem Kontakt mit den Vertragsparteien steht, um alle Klauseln des Vertrages auszuhandeln. Auch ist nicht erforderlich, dass der HV den durch Untervertreter vermittelten Abschluss selbst prüft.907 Voraussetzung ist jedoch, dass sich seine Tätigkeit nicht auf die Übernahme eines Teils der mit dem Vertrag verbundenen Sacharbeit beschränkt. Hiervon weicht der 5. Senat des BFH908 nach Ansicht von Loritz/Wagner909 ab, wenn er verlangt, dass sowohl Haupt- als auch Untervermittler selbst den Nachweis der Abschlussgelegenheit führen müssten, wozu eine Kontaktaufnahme und ein Verhandeln mit einer Partei des Vertrages erforderlich sei. Schulung und Betreuung müssten als umsatzsteuerfreie Nebenleistung qualifiziert werden.910 Die Steuerfreiheit der Kreditvermittlung i.S.d. § 4 Nr. 8 lit. a UStG setzt kein Vertragsverhältnis zwischen dem Erbringer der Vermittlungsleistung und einer der Parteien des Kreditvertrages voraus. Es genügt, dass die Tätigkeit nicht auf die Übernahme eines Teils der Sache beschränkt ist, sondern zum Abschluss eines Kreditvertrages beiträgt und ein Dritter diese Tätigkeit als eigenständige Vermittlungstätigkeit vergütet.911 Die Auszahlung eines Gewinns, den ein HV im Rahmen einer Wettbewerbsauslosung seines Lieferanten erzielt hat, ist auch ohne

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897 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Abweichung von BFH, Urt. v. 9.10.2003 – V R 5/03, BFHE 203, 295 = ZIP 2004, 259 = EWiR 2004, 357 (Naujok). 898 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Abweichung von BFH, Urt. v. 9.10.2003 – V R 5/03, BFHE 203, 295 = ZIP 2004, 259 = EWiR 2004, 357 (Naujok). 899 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. 900 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. 901 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. 902 Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. 903 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. 904 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403. 905 FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.3.2011 – 6 K 2456/09, BeckRS 2011, 95472. 906 EuGH, Urt. v. 21.6.2007 – C-453/05, DStR 2007, 1160, zust. Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. 907 Niedersächsisches FG, Urt. v. 11.12.2008 – 5 K 330/07, DStRE 2010, 43. 908 BFH, Urt. v. 20.12.2007 – V R 62/06, ZIP 2008, 505 = DB 2008, 620 = DStR 2008, 403; v. 30.10.2008 – V R 44/907, DStR 2008, 2474. 909 Loritz/Wagner DStR 2009, 666 (668). 910 Loritz/Wagner DStR 2009, 666 (669). 911 FG Münster, Urt. v. 4.9.2007 – 15 K 6100/04 U, BeckRS 2007, 26024182.

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Emde

§ 87a

1. Buch. Handelsstand

Entgeltcharakter betrieblich veranlasst i.S.d. §§ 4 Abs. 4, 8 Abs. 1 EStG, selbst wenn die statistische Wahrscheinlichkeit auf einen Gewinn bei 1 : 16000 liegt.913 Sind für einen Unternehmer HV tätig, denen der Unternehmer Kfz überlässt, ist die Überlassung als steuerrechtliche Beistellung anzusehen, wenn die HV die Fahrzeuge nur für Zwecke der HVTätigkeit, nicht aber für private Zwecke verwenden dürfen, und dieses Verbot auch in geeigneter Weise tatsächlich überwacht wird.914 Zur ertrags- und umsatzsteuerlichen Auswirkung der Fahrzeugüberlassung an den HV s.a. Altenbeck/Heinrich/Meyer BB 2010, 1887 ff.; zu den steuerlichen Fragen der Wahl der inländischen Kapitalgesellschaft als Vertriebsmittler im internationalen Konzern Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 ff. Die mit einer gesellschaftsrechtlich verbundenen Vertriebsgesellschaft getroffenen Abreden müssen einem Fremdvergleich standhalten915 und sollten zur Kontrolle schriftlich gefasst werden. Dazu zählt etwa die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Kündigungsfristen,916 möglicherweise sogar längerer Kündigungsfristen, wenn nur dann ein angemessener Return auf das eingesetzte Kapital zu erwarten ist.917

§ 87a Entstehen und Fälligkeit der Provision 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 87a (1) 1 Der Handelsvertreter hat Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. 2 Eine abweichende Vereinbarung kann getroffen werden, jedoch hat der Handelsvertreter mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss, der spätestens am letzten Tag des folgenden Monats fällig ist. 3 Unabhängig von einer Vereinbarung hat jedoch der Handelsvertreter Anspruch auf Provision, sobald und soweit der Dritte das Geschäft ausgeführt hat. (2) Steht fest, dass der Dritte nicht leistet, so entfällt der Anspruch auf Provision; bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren. (3) 1 Der Handelsvertreter hat auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. 2 Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung, wenn und soweit diese auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. (4) Der Anspruch auf Provision wird am letzten Tag des Monats fällig, in dem nach § 87c Abs. 1 über den Anspruch abzurechnen ist. (5) Von Absatz 2 erster Halbsatz, Absätze 3 und 4 abweichende, für den Handelsvertreter nachteilige Vereinbarungen sind unwirksam. Schrifttum Erhard/Rinne Rechtsnatur pauschalierter Provisionsvorschüsse im Handelsvertreterrecht – zivilrechtliche und bankaufsichtsrechtliche Überlegungen, ZVertriebsR 2013, 214; Glaser Vergütungsfragen des Handelsvertreterrechts, DB 1965, 297; Hans Die Provision des Handelsvertreters – insbesondere des Versicherungsvertreters – bei Nichtausführung des vermittelten Geschäfts, BB 1957, 1060; Höft Der Provisions-

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Emde

FG Niedersachsen, Urt. v. 13.2.2007 – 15 K 349/04, BeckRS 2007, 26023776. BFH, Urt. v. 12.5.2009, V R 24/08, BeckRS 2009, 24003832. Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (22). Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (22). Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

§ 87a

anspruch des Handelsvertreters bei Nichtausführung des abgeschlossenen Geschäfts durch das vertretene Unternehmen, DB 1960, 79; Schröder Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567; Sundermann Die Provision des Versicherungsvertreters bei Nichtausführung des vermittelten Geschäfts, BB 1958, 542. Übersicht Übersicht ____ 1 Genese ____ 11 Europarechtliche Präformation ____ 12 Geltungsbereich ____ 13 Abs. 1 Satz 1 1. Handelsvertreter ____ 15 2. Anspruch auf Provision ____ 16 3. Geschäftsausführung ____ 17 4. Leistung durch Dritten ____ 23 5. Teilleistungen ____ 24 6. Erfüllungssurrogate ____ 25 II. Satz 2: Vorschuss 1. Überblick ____ 28 a) Gesetzlicher Vorschussanspruch ____ 30 b) Vorschuss aufgrund vertraglicher Vereinbarung ____ 32 2. Rückzahlung des Vorschusses ____ 33 III. Satz 3: Provision bei Ausführung durch den Dritten = Kunden ____ 35 F. Entfallen des Provisionsanspruches (§ 87a Abs. 2, 3) ____ 40 I. § 87a Abs. 2: Nichtleistung des Kunden 1. Anwendungsbereich ____ 41 2. Grundsatz und Reichweite ____ 42 3. Verhältnis zu Abs. 3 ____ 43 4. Nichtleistung ____ 45 5. Die Evidenz der Nichtleistung (TB-Merkmal „steht fest“) ____ 46 6. Setzt das Feststehen der Nichtleistung eine Pflicht zur gerichtlichen Durchsetzung der Forderung voraus? ____ 49 7. Rückzahlung der Provision im Falle der Nichtleistung ____ 50 8. Untervertretung ____ 51 9. Besonderheiten der Rechtslage, wenn das Endgültigwerden der Provision vertraglich an die Leistung des Dritten geknüpft worden war ____ 52 II. § 87a Abs. 3: Nichtausführung durch den Unternehmer 1. Verhältnis zu Abs. 2 ____ 57 2. Zweck ____ 58 3. Die Regelungssystematik ____ 60 4. „Das Geschäft“ ____ 63 5. Zeitpunkt der Nichtausführung ____ 64

A. B. C. D. E. I.

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6.

7.

Der Regelfall des Abs. 3 S. 1 ____ 65 a) Ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist = Nicht- oder Andersausführung ____ 66 aa) Erster Unterfall: Die Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … ausführt“) (1) Grundsätzliches ____ 67 (2) Beispiele für eine das Provisionsrecht des HV erhaltende Nichtausführung ____ 69 bb) Zweiter Unterfall: Die nicht vertragsgemäße Erfüllung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … so ausführt“) (1) Grundsätzliches ____ 70 (2) Beispiele für eine das Provisionsrecht des HV erhaltende Teiloder Andersausführung ____ 75 b) Feststeht ____ 76 c) Fälligkeit ____ 77 d) Konkurrierender Schadenersatzanspruch ____ 78 Ausnahme: § 87a Abs. 3 S. 2: Keine Provision bei Nichtvertretenmüssen des Unternehmers a) Generelles ____ 79 b) Beispiele für Vertreten- und Nichtvertretenmüssen aa) Einzelbeispiele für ein Vertretenmüssen des Unternehmers ____ 82 bb) Einzelbeispiele für ein Nichtvertretenmüssen des Unternehmers ____ 83 cc) Sonderfall: Nachbearbeitung und Stornogefahrmitteilungen (1) Problemstellung ____ 84 (2) Wahlrecht des Unternehmers zwischen eigener Nachbearbeitung und Weitergabe von Stornogefahrmitteilungen ____ 85 (3) Personeller Geltungsbereich ____ 86 (4) Inhalt der Pflicht des Unternehmers

Emde

§ 87a

G. H. I. I.

1. Buch. Handelsstand

(a) Eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen des Unternehmers ____ 87 (b) Stornogefahrmitteilungen ____ 88 (5) Verpflichtung des HV zur Nachbearbeitung? ____ 90 (6) Wegfall der Obliegenheit zur Nachbearbeitung und zu Stornogefahrmitteilungen (7) Besonderheiten im Versicherungsvertrieb ____ 92 (8) Fälligkeit der Nachbearbeitungspflicht ____ 93 (9) Beweislast ____ 95 (10) Vertragliche Regelungen zur Nachbearbeitungspflicht (a) Begründung einer Nachbearbeitungspflicht ____ 96 (b) Verzicht auf Nachbearbeitung ____ 97 c) Vertretenmüssen im Verhältnis Untervertreter/Hauptvertreter ____ 98 d) Einschränkung des § 87a Abs. 3 S. 2 durch § 242 BGB oder ergänzende Vertragsauslegung ____ 99 e) Teilausführung des Geschäfts ____ 100 8. Rückzahlungspflicht ____ 101 9. Analoge Anwendung des § 87a Abs. 3 auf den Makler ____ 102 Fälligkeit der Provision (§ 87a Abs. 4) ____ 103 Verjährung ____ 106 Provisionsansprüche in der Insolvenz ____ 107 Insolvenz des Unternehmers ____ 108

1.

II. III. J. I. II. III. IV. K. I. II. III. IV.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Vertragsschluss ____ 109 a) Geschäftsausführung unterbleibt endgültig ____ 110 b) Notgeschäftsführung ____ 111 c) Insolvenzverwalter schließt Vertrag ab ____ 112 d) Geschäftsführung ohne Auftrag ____ 113 2. Verfahrenseröffnung nach Vertragsschluss ____ 114 a) Insolvenzverwalter lehnt Vertragsausführung ab ____ 115 b) Insolvenzverwalter wählt Erfüllung ____ 116 3. Insolvenzeröffnung erfolgt nach Vertragsschluss und -durchführung ____ 120 4. Insolvenzeröffnung nach vollständiger Vertragsabwicklung zwischen Unternehmer und Dritten ____ 121 5. Abschließende Betrachtung des Provisionsanspruchs im Insolvenzverfahren ____ 122 6. § 25 ____ 123 Insolvenz des Handelsvertreters ____ 124 Insolvenz des Kunden ____ 125 § 87a Abs. 5: Zwingendes Recht und abweichende Vereinbarung ____ 132 Absatz 1 ____ 135 Absatz 2 ____ 136 Absatz 3 ____ 137 Absatz 4 ____ 140 Beweislast Absatz 1 ____ 141 Absatz 2 ____ 143 Absatz 3 ____ 144 Absatz 4 ____ 146

A. Übersicht § 87a regelt, wann die Provisionsanwartschaft des § 87 zu einem endgültigen, nicht mehr aufschiebend bedingten Provisionsanspruch erstarkt.1 Das ist der Fall, wenn der Unternehmer das Geschäft ausführt (§ 87a Abs. 1 S. 1).2 Etwas versteckt offenbart § 87 Abs. 1 S. 3, dass ein fester Anspruch darüber hinaus entsteht, sobald der Kunde („Dritter“) das Geschäft ausführt. Das Verhältnis von § 87 zu § 87a ist das von Grundlegung des Anspruchs und Liquidierbarkeit des Anspruchs. Der Begründungstatbestand des § 87 legt den Provisionsanspruch nach Grund und 2 Berechnungsfuß fest. Das ist von Bedeutung, falls in der Zeit bis zum Eintritt der Bedingung, d.h. des den Anspruch zum unbedingten verfestigenden Tatbestandes des § 87a, der Provisionssatz des HV-Vertrages geändert wird; die Änderung ergreift, so1

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Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 2. BGH, Urt. v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, WM 2007, 1669 (1671) Rn 19.

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§ 87a

fern nichts anderes vereinbart wird, nicht die Provision aus dem bereits abgeschlossenen Geschäft. Die andere Auswirkung zeigt sich darin, dass die Provisionsberechtigung des HV für das während der Dauer des HV-Vertrages zum Abschluss gelangte Geschäft nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass in der Zeit zwischen Abschluss und Ausführung das HV-Verhältnis endet: der Eintritt der Bedingung, die Ausführung des Geschäfts oder die Schaffung eines ihr gleichstehenden Ersatztatbestandes nach § 87a, macht ihn lediglich ab jetzt durchsetzbar und lässt damit die mit der Durchsetzbarkeit verbundenen Rechte und Pflichten der Beteiligten aus § 87c insoweit nachträglich wieder aufleben. Die Regelung, die § 87a im Einzelnen getroffen hat, ist, da sich der Gesetzgeber nicht dazu entschließen konnte, die Vermittlung des Geschäftes als Entstehungstatbestand des Provisionsanspruchs genügen zu lassen,3 verwickelt, und das noch ganz unnötig. Sie gibt für das Unbedingtwerden des Provisionsanspruchs in Abs. 1 zwei mögliche gestaffelte Anknüpfungen, die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer und die Ausführung durch den Dritten, von denen die erstere wirklichkeitsfremd ist und in der Praxis keine Rolle spielt. Dem muss eine differenzierte Regelung des Einflusses von Leistungsstörungen durch den einen oder den anderen Partner des Geschäfts auf den Provisionsanspruch entsprechen; das Ganze wird sodann noch zusätzlich kompliziert durch eine unterschiedliche Ausgestaltung der Abdingbarkeit. Erst § 87a Abs. 1 zeigt, dass der Provisionsanspruch mit Erfüllung der in § 87 geregelten Voraussetzungen noch nicht endgültig entstanden ist, sondern als weitere Voraussetzung die in § 87a Abs. 1 genannte Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer erfordert.4 § 87 ist insoweit missverständlich.5 Mit der in § 87a Abs. 1 niedergelegten Grundregel, dass der Provisionsanspruch endgültig entsteht, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat, hat es jedoch kein Bewenden. Gemäß § 87a Abs. 2 entfällt der Provisionsanspruch wieder, wenn feststeht, dass der Dritte nicht leistet („Hin und Her“). Bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren. Die Provision steht deshalb unter der aufschiebenden Bedingung der Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 1, vorher nur Anwartschaft) und unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtleistung durch den Dritten (§ 87a Abs. 2).6 Nach § 87 Abs. 3 besitzt der HV auch dann einen Anspruch auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen wurde. Der Anspruch entfällt im Falle der Nichtausführung nur, wenn und soweit jene auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Anders gewendet: Hat der Unternehmer die Nichtdurchführung des Geschäfts zu vertreten, geht dies auf seine eigenen Kosten. Der HV erhält Provision als sei das Geschäft durchgeführt worden. Mit der Geschäftsausführung durch Unternehmer oder Kunden entsteht also der Provisionsanspruch, jedoch nur bedingt. Je nachdem, ob der Unternehmer oder der Kunde seine Leistung zuerst erbringt (wer dies tut, ist irrelevant),7 ist zu unterscheiden:8 − Führt der Unternehmer das Geschäft aus, entsteht der Provisionsanspruch unter der auflösenden Bedingung, dass der Dritte (Kunde) seine Leistung nicht erbringt.9

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3 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 24/25. 4 Hopt § 87a Rn 1. 5 Hopt § 87a Rn 1. 6 BGH NJW 1990, 1665; Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 270; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 1; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 16. 7 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 25. 8 Westphal I Rn 531. 9 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 270; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 3.

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§ 87a



1. Buch. Handelsstand

Führt der Dritte (Kunde) das Geschäft aus, entsteht der Provisionsanspruch unter der auflösenden Bedingung, dass der Unternehmer seine Leistung erbringt. Unterbleibt die Geschäftsausführung aus Gründen, die der Unternehmer zu vertreten hat, entsteht hingegen ein unbedingter Provisionsanspruch des Vertreters.10

Die Nichtleistung des Dritten lässt mithin den Provisionsanspruch regelmäßig verfallen, während die Nichtleistung des Unternehmers den Provisionsanspruch nur auflöst, wenn er die Nichtausführung nicht zu vertreten hat.11 In allen Fällen – spätestens und insoweit unabdingbar – ist der Provisionsanspruch 9 also entstanden mit der Leistung des Dritten (Abs. 1 S. 3). Damit ist für den Unternehmer jener wirtschaftliche Erfolg eingetreten, dessentwegen er sich des HV bedient; nunmehr ist seine Provisionsschuld als unbedingte begründet (mag sie auch noch nicht fällig sein, Abs. 4). Die Tatsache der Leistung des Dritten entscheidet. Erbringt er sie vorzeitig, entsteht der Provisionsanspruch endgültig mit diesem Zeitpunkt, falls der Unternehmer die vorzeitige Erbringung nicht zurückweist und dazu berechtigt ist; weist er sie ohne triftige Gründe zurück, gilt der Provisionsanspruch über § 162 BGB als mit dem Leistungsanerbieten des Dritten unbedingt geworden und wäre damit durchsetzbar. Eine verspätete Leistung des Dritten lässt den Provisionsanspruch erst mit entsprechender Verzögerung endgültig werden. Einen Verzugszinsanspruch oder sonstigen Verzugsschadensanspruch kann der HV gegen den säumigen Kunden nicht herleiten, weil er zu ihm in keinem Vertragsverhältnis steht; doch kann der Unternehmer den Verzugsschaden seines HV als sogenanntes transitorisches Interesse gegen den Dritten geltend machen und der HV die Abtretung des dem Unternehmer insoweit zustehenden Anspruchs verlangen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass folgende Grundregel in § 87a Abs. 1 Aus10 druck gefunden hat: Die Provision entsteht, wenn der Unternehmer oder der Kunde das Geschäft ausführt. Diese Grundregel gilt gem. § 87a Abs. 3 S. 1 sogar, falls das Geschäft ganz oder teilweise nicht so ausgeführt wird, wie es abgeschlossen worden ist. Die Ausnahmen von der Grundregel bilden die § 87a Abs. 2 und § 87a Abs. 3 S. 2. Gemäß § 87a Abs. 2 entfällt als Ausnahme von der Grundregel der Provisionsanspruch, sofern der Dritte nicht leistet. § 87a Abs. 3 S. 2 lässt den Provisionsanspruch auch entfallen, wenn das Geschäft durch den Unternehmer nicht ausgeführt wird, ohne dass er dies zu vertreten hat. 8

B. Genese 11

§ 87a stammt als so genannter „Buchstabenparagraph“ aus der Zeit der Novelle 1953. Durch die Novelle 1990 sind Abs. 1 S. 4 a.F. („Der Anspruch auf Teilprovision für ein nur teilweise ausgeführtes Geschäft kann ausgeschlossen werden, wenn vereinbart ist, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter Provision für das ganze Geschäft gewährt, sobald dieses in bestimmtem Umfange ausgeführt ist“) gelöscht worden. Abs. 3 S. 2 a.F. („Dies gilt nicht, wenn und soweit die Ausführung des Geschäfts unmöglich geworden ist, ohne dass der Unternehmer die Unmöglichkeit zu vertreten hat, oder die Ausführung ihm nicht zuzumuten ist, insbesondere weil in der Person des Dritten ein wichtiger Grund für die Nichtausführung vorliegt“) wurde neu gefasst sowie in Abs. 5 die Worte „Absatz 2 erster Halbsatz“ eingefügt und die Formulierung „können nicht getroffen werden“ durch die Worte „sind unwirksam“ ersetzt.

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Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 270. Westphal I Rn 532.

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C. Europarechtliche Präformation § 87a setzt Art. 10 und 11 RL um. RL und HGB sind trotz unterschiedlicher Formulie- 12 rungen inhaltlich scheinbar deckungsgleich.12 Aufgrund Art. 10 Abs. 1b und Art. 11 Abs. 1 2. Spiegelstrich RL wurde § 87a Abs. 3 im Zuge der Novelle 1990 novelliert: Die Provision steht dem HV jetzt auch zu, wenn das Geschäft vom Unternehmer selbst vereitelt wurde. Jedoch bestimmt Art. 11 Abs. 2 RL, dass bei Erlöschen des Provisionsanspruchs vom HV bereits empfangene Provision zurückzuzahlen ist. Diese Regelung wurde vom HGB nur für einen Teilbereich, nämlich § 87a Abs. 2, übernommen. Da der HV die Provision jedoch nicht verdient hat, ergibt sich die Rückzahlungspflicht auch aus § 812 BGB. Ein Umsetzungsfehler besteht nur insoweit, als § 812 BGB entgegen Art. 11 Abs. 3 kein zwingendes Recht darstellt. D. Geltungsbereich § 87a gilt schon angesichts des nicht differenzierenden Wortlauts für alle Provisio- 13 nen, auch für die Verwaltungsprovisionen13 (Inkasso-, Lagerhaltungs-, Bestandspflegeprovisionen) und für die Delkredereprovision.14 § 87a macht keinen Unterschied zwischen Vermittlungs- und Abschlussvertreter und auch keinen Unterschied zwischen Provisionen, die tätigkeitsbezogen, und solchen, die es nicht sind (Bezirksprovisionen nach § 87 Abs. 2, Provisionen für Folgegeschäfte, § 87 Abs. 1 S. 1, 2. Alt.). Die Vorschrift regelt auch das Verhältnis von Haupt- und Untervertreter.15 Für Versicherungsund Bausparkassenvertreter gilt die Sonderregelung in § 92 Abs. 4 und 5.16 Über § 65 ist § 87a auch auf den Handlungsgehilfen anwendbar. Auf handelsver- 14 treterähnliche Vertriebsmittler, die selbst als Vertragspartner gegenüber dem Kunden auftreten, etwa Vertragshändler17 oder Franchisenehmer,18 ist § 87a nicht anwendbar, da sie das Risiko des Kundengeschäfts tragen müssen. Auf im wirtschaftlichen Interesse des Unternehmers handelnde Kommissionsagenten findet § 87a Anwendung. 19 Der Rechtsgedanke des Abs. 3 gilt über §§ 162, 242 BGB aber im Recht vertreterähnlicher Vertriebsmittler dann, wenn der Unternehmer den Erfolg eines Geschäftes verhindert (i.Ü. § 280 BGB).

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12 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 61. 13 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 4. 14 OLG Karlsruhe BB 1980, 226 für bestimmte Treueprämien; aA OLG Schleswig VersR 1977, 1002; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 4; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 5; Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87 Rn 3. Begründung der gegenteiligen Ansicht Brüggemanns: Bei ihnen fehle das für die Vermittlungsprovision kennzeichnende Gefälle von bedingtem Entstehungstatbestand und unbedingt gewordener Durchsetzbarkeit. Diese Provisionsansprüche entstünden unter den vertraglich festgelegten Modalitäten; sie seien allenfalls für die Abrechnung befristet. 15 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030, m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71, so auch OLG Düsseldorf, NJW-RR 1993, 1188 (1189); OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.5.2005 – 8 U 288/04. 16 BGH VersR 1983, 371; OLG Frankfurt/M. VersR 1981, 480; 1986, 461. 17 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 91; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 59; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 31. 18 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 92; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 59; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 31. 19 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 93 ff. (für Abs. 4 und 5, nicht für Abs. 1–3); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 5; aA Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 59.

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E. Abs. 1 I. Satz 1 15 16

1. Handelsvertreter. Anspruchsberechtigt ist der HV. Dazu § 84. 2. Anspruch auf Provision. Gemeint ist jede vertraglich versprochene oder gesetzlich geschuldete Provision.

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3. Geschäftsausführung. Die Provision nach § 87a Abs. 1 S. 1 ist verdient, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat (aufschiebende Bedingung),20 spätestens jedoch, wenn der Dritte das Geschäft ausführt (Abs. 1 S. 3; dazu unten). Der Begriff der Geschäftsausführung in beiden Sätzen ist, abgesehen von den notwendigen, durch den Vertrag vorgegebenen Unterschieden der Leistung durch den Unternehmer oder Kunden, identisch. Es bedürfte guter Gründe, so nah beieinander liegende, identische Begriffe unterschiedlich auszulegen. Es genügt die Leistungshandlung.21 Der Leistungserfolg braucht nicht eingetreten zu sein. Der Vertrag mit dem Dritten (Kunden) regelt, wie und wann der Unternehmer die Leistungshandlung zu erbringen hat.22 So ist mit dem Absenden nach § 447 BGB bei einem Versendungskauf,23 der Übergabe der unter EV verkauften Sache24 oder der Herstellung des bestellten Werks das Geschäft ausgeführt.25 Bei der Geschäftsausführung durch den Unternehmer nach Abs. 1 S. 1 handelt es sich um eine Vorleistung. Doch ist diese Möglichkeit abdingbar (Abs. 1 S. 2). Ihre Derogation ist sogar die Regel; praktisch wird fast immer ausgemacht, dass die Provision mit der Leistung des Kunden zur Entstehung kommen soll.26 Kein Unternehmer wird die Provision ohne Not zuerkennen wollen, ehe er den Erfolg des vermittelten Geschäfts in den Händen hält. Immerhin tritt, und dies wiederum unabdingbar, ein Anspruch auf Vorschuss in die Lücke. 18 Ausführung bedeutet Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung, einerlei, welcher Art sie ist, ob sie schon fällig ist, ob sie Mängel hat,27 es sich um eine unzulässige Teilleistung oder eine andersartige Leistung (aliud) handelt oder ob eine andere als die vertraglich bedungene Ware (vgl. § 378) geliefert wird. Bei solcher nicht vertragsgemäßer Leistung des Unternehmers liegt eine Ausführung des Geschäfts nach Abs. 1 S. 1 vor, falls der Dritte (= Kunde) die Leistung uneingeschränkt als Erfüllung annimmt.28 Dem ist gleichzusetzen der Tatbestand, dass der Dritte eine ihm obliegende kaufmännische Rüge (§ 377) verabsäumt und daraufhin die Gewährleistungsansprüche oder auf andere Weise Gegenrechte verloren hat. An der Ausführung fehlt es, wenn der Kunde die Leistung

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20 BGH, Urt. v. 14.6.2007 – IX ZR 56/06, WM 2007, 1669 (1671) Rn 19; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 7; Hopt § 87a Rn 5. 21 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 7; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 7. 22 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6. 23 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 9. 24 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 9. 25 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 3. 26 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 15. 27 Hopt § 87a Rn 5. 28 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 12; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 44, 45; HK/Ruß § 87a Rn 2; aA Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 5.

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des Unternehmers berechtigt zurückweist,29 z.B. mangels Fälligkeit,30 als nicht vertragsgemäß31 oder als Teilleistung (§ 266 BGB)32 oder die Lieferung der i.S.v. § 378 anderen als der bedungenen Ware beanstandet – als Kaufmann im beiderseitigen Handelskauf mit unverzüglicher Rüge, als Nichtkaufmann auch ohne die scharfe Befristung – und daraufhin nicht zahlt, angeblich sogar wenn die Zurückweisung unberechtigt erfolgt33 (in Wahrheit liegt eine Ausführung vor und der Provisionsanspruch entfällt nur bei Nichtleistung des Kunden: der Provisionsanspruch des HV ist nicht mehr aus Abs. 1, sondern nunmehr aus Abs. 3 begründbar). Die Existenz von Gewährleistungs- oder Ersatzansprüchen schließt einen Provisionsanspruch nach Abs. 1 S. 1 solange aus, als jene durchsetzbar sind, der Kunde auf sie also nicht verzichtet hat, sie begründen bereits zu diesem Zeitpunkt einen Provisionsanspruch nach Abs. 3.34 Bei Dauerschuldverhältnissen, etwa Sparverträgen, ist schon der Beginn der Erfül- 19 lung des Vertrages, etwa durch die Bank (Kunde), aber auch durch den Unternehmer, als Ausführung i.S.d. § 87a Abs. 1 anzusehen.35 Bei einem Sukzessivlieferungs- oder Ratenlieferungsvertrag entsteht die Provision nach Abs. 1 S. 1 mit der vereinbarungsgemäß erbrachten Einzellieferung. 36 Bei einem Gebrauchsüberlassungsvertrag i.S.d. § 87b Abs. 3 Nr. 1 liegt die Ausführung bereits in der ersten Gebrauchsüberlassung, nicht erst bei ihrem Abschluss zum Vertragsende.37 Das Vertragsende vor Abschluss eines vermittelten Dauervertrages berührt den Provisionsanspruch des HV i.S.d. Merkmals nicht, da die Ausführung i.S.d. § 87a mit dem Beginn des Vertrages abgeschlossen ist. Bei einem Dauervertrag mit unbestimmter Dauer erhält der Vertreter die Provision bis zu dem Zeitpunkt, zu welchem erstmals von dem Dritten gekündigt werden kann.38 Der Provisionsanspruch des echten Untervertreters entsteht, sobald und soweit 20 der (Haupt-)Unternehmer (der Auftraggeber des Hauptvertreters) das vom Untervertreter vermittelte oder abgeschlossene Geschäft ausgeführt hat (§ 87a Abs. 1 S. 1)39 bzw. im Falle der vom (Haupt-)Unternehmer zu vertretenden Nichtausführung.40 Er entfällt (auflösende Bedingung), wenn feststeht, dass entweder der Endabnehmer nicht an den Unternehmer des Hauptvertreters zahlt oder dieser Unternehmer, mag er auch seinerseits vom Kunden Zahlung erlangt haben, den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt (§ 87a Abs. 2).41 Damit entsteht der Provisionsanspruch des Untervertreters

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29 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 11. 30 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 11. 31 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 11. 32 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 11. 33 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 9; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 9 für berechtigte Verweigerung. 34 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 45; HK/Ruß § 87a Rn 2. 35 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1478 (1479); Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 28. 36 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 29. 37 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 244; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 30; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 20. 38 Hopt § 87b Rn 17; aA OLG Düsseldorf DB 1977, 817. 39 BGH, Urt. v. 20.6.1984, BGHZ 91, 370 (372) = NJW 1984, 2881; OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.12.1993, DB 1993, 733; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 9. 40 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 41 BGH, Urt. v. 20.6.1984 – I ZR 62/82, BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.7.2011 – 13 U 16/11, MMR 2011, 733; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; LG Saarbrücken VersR 2000, 761; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-

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grds. in gleicher Weise wie der Provisionsanspruch des Hauptvertreters gegen den Unternehmer durch Ausführung des Kundengeschäfts zwischen Kunden und Hauptunternehmer (Abs. 1 S. 1),42 steht jedoch unter den vorgenannten auflösenden Bedingungen. Rechtstechnisch wäre es zwar korrekt, auf die Ausführung – Vermittlungsleistung – durch den Hauptvertreter als Vertragspartner des HV abzustellen, denn dieser ist für den Untervertreter „Unternehmer“ i.S.d. § 87a Abs. 1 (vgl. § 84 Abs. 3). Betrachtet man die Dinge jedoch wirtschaftlich, bleibt der Erfolg der Vermittlung erst gesichert, wenn der an der „Vermittlungsspitze“ stehende Unternehmer das Geschäft ausführt. Das wirtschaftliche Risiko des Hauptvertreters wäre bei einer gegenteiligen Ansicht zu groß. Aus dem Untervertretungsvertrag ist der Hauptvertreter gegenüber dem Untervertreter verpflichtet, seinen Provisionsanspruch gegen den Unternehmer im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren geltend zu machen und notfalls zwangsweise durchzusetzen. Bei zu vertretender Verletzung dieser Pflicht entsteht der Provisionsanspruch des Untervertreters (Abs. 3 S. 1 und 2 analog).43 Eine Regelung, wonach von dem Unternehmer des Hauptvertreters zurückgeforderte Provisionen auch durch den Hauptvertreter vom Untervertreter zurückgefordert werden darf, widerspricht § 87a Abs. 5, soweit hierin eine Erweiterung der Rechte nach § 87a Abs. 2 und 3 liegen könnte.44 Unrechtmäßige Stornierungen, die der Partner des Hauptgeschäfts vornimmt, muss der Untervertreter nicht gegen sich gelten lassen, wenn er keine Möglichkeit hat oder ihm keine Möglichkeit eingeräumt worden ist, bei dem Kunden nachzubessern.45 Siehe auch Rn 51 zum Entfallen des Provisionsanspruchs sowie Rn 98 zum Vertretenmüssen im Verhältnis des Haupt- zum Untervertreter. 21 Der Provisionsanspruch entsteht auch, falls der nicht vorleistungspflichtige Unternehmer als erster leistet.46 Zahlt etwa der Kunde vor der Lieferung, entsteht der Provisionsanspruch aufgrund der Ausführung des Geschäfts durch ihn.47 Etwas anderes gilt, wenn der Kunde die Leistung nicht vor Fälligkeit erbringen durfte und der Unternehmer die Leistung berechtigt zurückweist;48 es sei denn, der Unternehmer nimmt die Leistung als vertragsgemäß an.49 22 Der HV hat gegenüber dem Unternehmer keinen Anspruch auf den Geschäftsabschluss (§ 86a Rn 90 Stichwort „Abschluss oder Nichtabschluss des Geschäfts“) oder die vertragsgemäße Leistung an den Kunden. Eine das Dispositionsrecht des Unternehmers (§ 86a Rn 73 ff.) überschreitende Nichtleistung begründet aber einen Schadenersatzanspruch.50 Auch eine Abnahme durch den Kunden, zu dem der HV nicht in vertraglichen Beziehungen steht, kann der Vertreter nicht fordern.51 Ihm stehen aber die Rechte aus Abs. 3 zu.

_____ Huene § 87a Rn 21; aA es muss sowohl kumulativ Kundengeschäft wie – aufschiebende Bedingung – Leistung des Unternehmers an den Hauptvertreter vorliegen: Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 42 BGH, Urt. v. 20.6.1984 – I ZR 62/82, BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, MDR 2009, 703 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87a Rn 21. 43 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 44 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. 45 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. 46 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 244; Westphal I Rn 537. 47 Westphal I Rn 537. 48 Westphal I Rn 537. 49 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 244. 50 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; Hopt § 87a Rn 23. 51 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 9.

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4. Leistung durch Dritten. Im Rahmen der §§ 267, 268 BGB kann auch mit gleicher 23 Wirkung für den Provisionsanspruch ein anderer erfüllen.52 Beispiele sind die Leistung des Insolvenzverwalters gem. § 103 InsO nach Ausübung des Wahlrechts53 oder einer mit dem Unternehmer verbundenen Gesellschaft;54 auch Leistung durch einen Bürgen steht die Leistung durch den Dritten gleich. Besteht keine Pflicht des Kunden zur Entgegennahme der Drittleistung, ist das Geschäft gleichwohl ausgeführt, wenn der Kunde die Drittleistung akzeptiert. 5. Teilleistungen. Der Provisionsanspruch erstarkt gem. § 87a Abs. 1 anteilig „so- 24 weit“ der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat.55 Eine Teilausführung durch den Unternehmer lässt daher eine entsprechende Teilprovision endgültig werden, sofern der Unternehmer in Teilen erfüllen durfte, anderenfalls (§ 266 BGB), wenn der Dritte sie als Teilerfüllung entgegengenommen hat.56 Provision ist in beiden Fällen zu leisten.57 Das gilt auch bei periodisch wiederkehrenden Leistungen. Auch hier liegt eine Teilausführung für die betreffende Periode vor.58 Bei der Teilprovision handelt es sich im Verhältnis zum HV nicht um eine Teilzahlung i.S.d. § 266 BGB,59 da die zu diesem Zeitpunkt fällige Provision vollständig geleistet wird. Diese Regelung über Teilleistungen geht einher mit § 87a Abs. 3 („teilweise“ Nichtausführung, s.u., Rn 70 ff.), wobei der Regelungsbereich des Abs. 3 enger ist: Er meint lediglich den Fall vertragswidriger Teilleistung durch den Unternehmer. Nach Teilleistung des Unternehmers entsteht der Teilprovisionsanspruch unter der auflösenden Bedingung des Feststehens der Nichtleistung durch den Dritten (§ 87a Abs. 2). Endgültig ist die (Teil)Provision also erst durch eine dem Vertrag wirtschaftlich entsprechende Leistung des Dritten verdient.60 Hinsichtlich des nicht teilgeleisteten Teils bleibt es bei der Provisionsanwartschaft nach § 8761 und wird das Provisionsrecht des HV entweder nach vollständiger, späterer Leistung nach Abs. 162 oder gem. den Abs. 2 und 3 begründet. Die Ansprüche auf Teilprovision nach Abs. 1 und nach Abs. 3 sind rechtlich voneinander unabhängig. 6. Erfüllungssurrogate. Eine von der vertraglich vereinbarten Leistung abweichen- 25 de Geschäftsausführung kann provisionsbegründend wirken. Das ist zumindest der Fall, wenn sie wertmäßig der geschuldeten Leistung gleichsteht, also wirtschaftliche Identität und Vollwertigkeit der Ersatzleistung vorliegt.63 Liegt keine Vollwertigkeit vor, entsteht der Provisionsanspruch in Höhe des Werts, welcher der Ersatzleistung entspricht,64 an-

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52 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 13. 53 BGH NJW 1990, 1665; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 3. 54 BGH, Urt. v. 30.1.1981 – I ZR 17/79, NJW 1981, 1785 (1786); v. 4.12.1986 – I ZR 101/85, BB 1987, 1417; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 6; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 8. 55 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 14; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 8; Hopt § 87a Rn 5; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 7. 56 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 14. 57 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 8. 58 OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200 (204). 59 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 8. 60 Hopt § 87a Rn 6. 61 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 15. 62 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 15. 63 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 16, 18; Hopt § 87a Rn 11. 64 BGH NJW-RR 1991, 156 (159); OLG Hamm BB 1979, 442; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 13.

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geblich jedoch nur, sofern es dem Unternehmer nicht ausnahmsweise auf den Erhalt der vereinbarten Kundenleistung ankommt.65 Beispiele sowohl bei der Geschäftsausführung des Unternehmers wie des Dritten 26 (s.u., Rn 35) sind: − die Aufrechnung (§ 389 BGB);66 − eine einvernehmliche Vertragsaufhebung unter Abschluss eines neuen Vertrages über eine andere, jedoch wirtschaftlich gleichartige Leistung;67 − die Leistung erfüllungshalber (etwa Hingabe von Wechseln und Schecks);68 hier zählt allerdings erst die Einlösung (§ 364 Abs. 2 BGB);69 − eine Leistung an Erfüllung statt (§ 364 Abs. 1 BGB):70 Hier tritt die Geschäftsausführung mit der Realisierung des erfüllungshalber übertragenen Rechts71 ein. Ist bei ihr die Surrogatleistung nicht vollwertig, nimmt aber der Unternehmer sie gleichwohl als vollwertig hin, so ist die Provision in voller Höhe geschuldet. Wechsel und Schecks gelten im Zweifel nur als erfüllungshalber hingegeben (§ 364 Abs. 2 BGB); hier tritt die Wirkung des Abs. 1 S. 3 erst mit der Einlösung ein. Immerhin wird der Unternehmer im Verhältnis zum HV als verpflichtet anzusehen sein, für gehörige Einziehung zu sorgen. Unterlässt er das schuldhaft, so muss er sich provisionsrechtlich so behandeln lassen, als sei die Einlösung zu dem gehörigen Zeitpunkt erfolgt, wenn Zahlung damals erreichbar gewesen wäre. Vgl. auch RGZ 121 (125), wo zwischen dem Verkäufer und dem Käufer – ohne Mitwirkung des HV – vereinbart worden war, dass der Kaufpreis mit bestimmten Effekten beglichen werden solle, für welche aber bei ihrer alsbaldigen Veräußerung durch den Käufer ein geringerer Erlös als der Fakturenbetrag erzielt wurde, aus welchem die Provision des HV zu berechnen war: Das Urteil befand, dass der Wert der in Zahlung erhaltenen Stücke die Ansprüche des HV nicht beeinflusse; er könne nicht als an dem Risiko von Verlusten in der Verwertung beteiligt angesehen werden, da derartiges nicht zwischen dem Unternehmer und dem Vertreter vereinbart worden sei; habe der Unternehmer dem Käufer gegenüber die empfangenen Stücke – infolge falscher Kalkulation oder vielleicht auch Spekulation – für gut und zur Deckung des Kaufpreises ausreichend gehalten, so müsse er dies auch dem HV gegenüber gelten lassen und sich so behandeln lassen, als wäre der Fakturenbetrag voll eingegangen − eine Erfüllung durch Devisenschecks;72 − der Erhalt eines Ersatzanspruches, etwa die Herausgabe des Ersatzes nach § 285 BGB,73 ein Schadensersatz statt der Leistung74 oder eine Ersatzleistung nach § 649 BGB,75 auch wenn das Geschäft nicht zur Ausführung gelangt. Unerheblich ist, ob der Schadenersatz nach dem Vertrag76 oder auf Grund einer Ausfallversicherung77

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65 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 12. 66 Hopt § 87a Rn 11. 67 AA Hopt § 87a Rn 11. 68 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 6. 69 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 19; Hopt § 87a Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 6. 70 OLG Nürnberg, Urt. v. 26.4.1963, BB 1963, 1313 – Inzahlungnahme von Ware; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 6. 71 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 12. 72 BGHZ 85, 134 (138) = NJW 1983, 629 (630); Hopt § 87a Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 6. 73 Hopt § 87a Rn 11; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 6. 74 BGH DB 1957, 185; WM 1991, 199; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 18. 75 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 18. 76 BGH DB 1957, 185; Holling DB 1960, 79 (80). 77 LAG Dresden ARS 29, 68.

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gewährt wird. Bei teilweisem Schadensersatz oder im Falle der Unterversicherung mindert sich die Provision entsprechend (s.o.). Auch eine Ersatzleistung in Form von Auszahlungen aus der Hermes-Kreditversicherung gilt als Substitut des geschuldeten Kaufpreises. Sie tritt anstelle der geschuldeten Leistung, soweit sie das ursprüngliche Erfüllungsinteresse deckt und der Unternehmer die Ersatzleistung von Hermes als Erfüllung annimmt;78 Voller Ersatz durch eine Versicherung oder andere Dritte,79 selbst wenn der Unternehmer die Versicherung selbst bezahlt;80 die Hinterlegung (§ 378 BGB);81 die Inzahlunggabe eines Gebrauchtwagens bei Neukauf;82 ein Selbsthilfeverkauf durch den Dritten bei Annahmeverzug des Unternehmers (§ 373 Abs. 2 u. 3).83

Ein Teilersatz ist wie eine Teilausführung (Rn 24) zu behandeln.84 Der Ersatz von 27 Verzugsschäden substituiert die Leistung nicht, weil er diese nicht ersetzt.85 II. Satz 2: Vorschuss 1. Überblick. Außer in den Fällen des Abs. 1 S. 2 und des nur ausnahmsweise anwend- 28 baren § 669 BGB (Vor § 84 Rn 99) besteht ein Anspruch auf Vorschuss nur bei entsprechender Vereinbarung. Zur Abgrenzung gegen ähnliche Vergütungsformen vgl. § 87 Rn 20. Zu unterscheiden ist der zwingende gesetzliche Vorschussanspruch nach Abs. 1 29 S. 2 und ein auf vertraglicher Vereinbarung beruhender Vorschussanspruch. Für beide Vorschussarten gilt: Durch die Vorschusszahlung leistet der Unternehmer auf ein oder mehrere, später zu verprovisionierende Kundengeschäfte einen festen oder etwa prozentual an der künftigen Provision ausgerichteten Abschlag.86 Die Zahlung braucht nicht auf ein konkretes Geschäft zu erfolgen, es genügt, dass sich die Parteien zu einem späteren Zeitpunkt die Bestimmbarkeit vorbehalten. Der Vorschuss kann z.B. der Deckung der Kosten und laufenden Verbindlichkeiten des HV dienen.87 Ob eine Vorschussabrede einen Darlehensvertrag oder lediglich eine Vorfälligkeitsabrede (§§ 362, 271 Abs. 2 BGB) bildet, bestimmt sich unter Auslegung des Parteiwillens.88 Regelmäßig liegt nur dann ein Darlehensvertrag vor, wenn sich erkennbar aus der Warte zum Zeitpunkt der Abrede vermuten lässt, dass keine Provisionen im Umfang der Provisionsvorschüsse erwirtschaftet werden können.89 Meist wird lediglich eine Vorfälligkeitsabrede vorliegen.90 Besteht ein Vorschussanspruch des HV nach § 87a Abs. 1 S. 2 Hs. 1, liegt ein fälliger Anspruch und

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78 OLG Köln, Urt. v. 2.8.2002 – 19 U 152/01 VersR 2002, 1374 = OLGR 2002, 440; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.2.1991, NJW-RR 1991, 674 (677); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 6. 79 BGH WM 1991, 76; OLG Frankfurt WM 1991, 867; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 18. 80 AA Hopt § 87a Rn 11. 81 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 14. 82 Hopt § 87a Rn 11. 83 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 16. 84 Hopt § 87a Rn 11. 85 BGH DB 1957, 185 f.; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 18. 86 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 41. 87 Eberstein, 9. Aufl., S. 88; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 14/15. 88 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (215). 89 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (215). 90 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (215).

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keine Darlehensgewährung vor.91 Die Frage dürfte sich daher nur bei vereinbarten Vorschusszahlungen stellen. Die Gewährung pauschalierter Provisionsvorschüsse ist nach der Entscheidungspraxis des BaFin erlaubnisfrei, wenn die Höhe des Vorschusses einen durchschnittlichen Monatslohn des HV nicht übersteigt und als Schuldgrund die Bevorschussung künftiger Provisionsforderungen vereinbart ist. Der durchschnittliche Monatslohn ist auf der Basis der letzten 3 Monatslöhne zu bestimmen. Bei Berufseinsteigern ist der Durchschnitt zu schätzen.92 Eine erlaubnispflichtige Gewährung von Gelddarlehen nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 KWG dürfte auch wegen mangelnder Bankmäßigkeit des Geschäftsbetriebs fehlen. Selbst wenn eine bankaufsichtsrechtliche Erlaubnis erforderlich sein sollte, wäre bei ihrem Fehlen die Vorschussvereinbarung nicht unwirksam. Denn das einzelne Geschäft bleibt wirksam.93 Ebenso wenig würde das Fehlen einer bankaufsichtsrechtlichen Genehmigung den HV von seiner Verpflichtung zur Rückzahlung überzahlter Vorschüsse befreien (§ 817 S. 2 BGB).94 Bei Eintritt eines Schadens wäre es denkbar, einen eventuellen Erlaubnispflichtverstoß (§ 32 Abs. 1 S. 1 KWG i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 KWG) dem Unternehmer nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. diesen Normen entgegenzuhalten.95 Fehlt eine Regelung im HV-Vertrag oder können die Parteien keine Einigung über die Höhe des Vorschusses erzielen, steht dem HV das Recht zu, dessen Höhe zu bestimmen (§ 316 BGB),96 vorbehaltlich einer gerichtlichen Nachprüfung (§ 315 BGB). 30

a) Gesetzlicher Vorschussanspruch. Gem. Abs. 1 S. 2 kann das grundsätzlich mit Ausführung des Geschäftes des Unternehmers entstehende Provisionsrecht des HV ausgeschlossen werden. Dementsprechend darf z.B. vereinbart werden, dass der Provisionsanspruch nicht schon mit der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, sondern erst mit der Zahlung des Kaufpreises durch den Kunden entsteht.97 In der Praxis geschieht dies häufig, da dies für den Unternehmer günstig ist und meist er den Vertrag vorgibt. Eine derartige Regelung verhindert, dass der Unternehmer die Provision bereits entrichten muss, obwohl der Kunde – etwa aufgrund längerer Zahlungsziele – selbst noch nicht geleistet hat. Abs. 1 S. 2 bestimmt dennoch, dass der HV trotz einer solchen Vereinbarung zwingend Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss hat, sobald der Unternehmer das Geschäft ausführt.98 Diese Doppelbelastung des Unternehmers (Geschäftsausführung und Vorschusspflicht) ist hinnehmbar. Denn der Unternehmer hat es meist in der Hand, nur Zug-um-Zug gegen Zahlung das Kundengeschäft auszuführen. Eine weitere Verzögerung des Zahlungszeitpunkts, als sie in Abs. 1 S. 2 vorgesehen wurde, ist unzulässig, da mit der Erfüllungsleistung des Kunden der mit dem Geschäft für den Unternehmer bezweckte wirtschaftliche Erfolg eingetreten ist.99 Der Anspruch auf Vorschuss wird fällig und pfändbar,100 sobald der Unternehmer seine Handlungen zur Ausführung des Kundengeschäfts beendet hat, selbst wenn er zu einem früheren Zeitpunkt hierzu verpflichtet

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91 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (216). 92 BaFin, Merkblatt vom 8.1.2009, Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (Stand: Januar 2009), Nr. 1a) bb) (5), www.bafin.de; hierzu Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214. 93 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (217). 94 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (217). 95 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (218). 96 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 262; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32; Westphal I Rn 552; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 15. 97 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 236. 98 Thume BB 2012, 975 (977); Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 262; Hopt § 87a Rn 9. 99 BGH DB 1983, 446; Westphal I Rn 50. 100 Treffer MDR 1998, 384 (385); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32.

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gewesen wäre,101 gem. § 87a Abs. 1 S. 2 zwingend spätestens am letzten Tage des folgenden Monats,102 abweichend von der Fälligkeit des Provisionsanspruchs nach Abs. 4. Hat der Unternehmer lediglich Teilleistungen ausgeführt, entsteht der Vorschussanspruch nur in Höhe des Teilbetrages.103 Falls der HV am Geschäft, etwa als Bezirksvertreter, nicht mitgewirkt hat und keine Auslagen hatte, mag ein geringerer Betrag angemessen sein.104 Eine vertragswidrige und unabgesprochene Ausführung des Geschäfts durch den HV anstelle des Unternehmers lässt den Anspruch nicht entstehen.105 Ein Vorschussrecht besteht nicht, falls der Kunde seine Leistung vor der Geschäftsausführung durch den Unternehmer erbringt, da bereits zu diesem Zeitpunkt die aufschiebende Bedingung eintritt und die Voraussetzung für die Zahlung eines „Vorschusses“ entfällt.106 Ebenso besteht kein Vorschussrecht, wenn – vom Unternehmer zu beweisen – feststeht, dass der Kunde seine Leistung nicht erbringen wird, da dann der Provisionsanspruch auch bei Geschäftsausführung durch den Unternehmer entfallen würde.107 Denn bei Vorliegen der TBVoraussetzungen des Abs. 2 entfällt auch der Vorschussanspruch.108 Die Parteien dürfen die Höhe des Vorschusses nach Abs. 1 S. 2 innerhalb der Grenze 31 der von Abs. 1 S. 2 vorgegebenen Angemessenheit oder höher bestimmen.109 Eine generalisierende, abstrakte und in einem Durchschnittsfall angemessene Regelung ist schwierig zu fassen. Sie darf individualvertraglich vereinbart werden. In AGB wird eine abstraktgeneralisierende Regel besonders schwer zu finden sein.110 Gewährt eine Vereinbarung weniger als die angemessene Vergütung, ist sie unwirksam und wird auf die angemessene Höhe heraufgesetzt. § 87a Abs. 1 S. 2 mit der Angemessenheitsgrenze dürfte einer Anwendung des § 87b vorgehen. Was angemessen ist, muss im Einzelfall entschieden werden,111 die Höhe des Vorschusses ist unter Abwägung der Interessen beider Parteien festzusetzen.112 Zu berücksichtigen ist auf Seiten des Unternehmers, welchen Vorschuss er zahlen kann und auf Seiten des HV, wann113 und mit welcher Sicherheit mit der Kundenleistung zu rechnen ist, seine wirtschaftliche Lage,114 welche Aufwendungen für die Vermittlung des Geschäftes er vorfinanzieren muss, welche Mittel der HV vorschussweise benötigt, um seinen Lebensunterhalt und seine Geschäftsbedürfnisse zu sichern115 und welche Kosten er für die Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes und seines Lebensunterhaltes aufwenden muss.116 Je ferner der Zeitpunkt liegt, in dem der Kunde voraussichtlich erfüllen wird, je größer die Gefahr, dass der Dritte nicht oder nur teilwei-

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101 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42. 102 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 15. 103 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 264. 104 Vgl. Eberstein, 9. Aufl., S. 88. 105 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 14b. 106 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 265. 107 Westphal I Rn 553. 108 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 14c. 109 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42; Hopt § 87a Rn 9; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25. 110 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32. 111 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 25; Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 262; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32; Westphal I Rn 551; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42. 112 Westphal I Rn 551. 113 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 15. 114 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 25. 115 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 15. 116 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 262; Westphal I Rn 551; v. Brunn NJW 1954, 56 (58); Schröder BB 1963, 567 (570); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42; Hopt § 87a Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 14c.

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se leisten wird, umso geringer wird der Vorschuss sein.117 Andererseits muss mit der Möglichkeit gerechnet werden, dass der Vorschuss zurückzuzahlen ist, sofern der Dritte nicht leistet. Keinesfalls darf der Vorschuss so hoch festgesetzt werden, dass er den Unternehmer schädigt,118 etwa indem bei langfristigen Zahlungsterminen, z.B. im Großanlagengeschäft, das Kreditrisiko des Unternehmers unberücksichtigt bleibt.119 Steht die abschließende Provisionszahlung kurz bevor, soll ein geringerer Betrag angemessen sein.120 Andererseits mag ein der Provision fast entsprechender Betrag angemessen sein, wenn mit einer Leistung des Kunden auf längere Sicht nicht zu rechnen ist.121 Die Begr. z. ReGE vertritt wieder, der Vorschuss könne seiner Höhe nach dem Provisionsanspruch entsprechen, wenn zu erwarten sei, dass der Kunde in Kürze seiner Leistungspflicht voll nachkommen werde.122 Härten werden durch §§ 315 f. BGB, eine ergänzende Vertragsauslegung oder § 242 BGB (Treu und Glauben) ausgeglichen. Die Prüfung der Angemessenheit ist nach den zum Zeitpunkt der Fälligkeit geltenden Maßstäben vorzunehmen. Die Bemessung mit einem hälftigen Provisionsanspruch als Regelfall123 kann einen Anhalt geben und begründet bei einem Individualvertrag eine widerlegliche Vermutung ihrer Wirksamkeit. 32

b) Vorschuss aufgrund vertraglicher Vereinbarung. Er ist im Gegensatz zu dem Vorschuss nach Abs. 1 S. 2 nicht zwingend. Zur Höhe des vertraglich vereinbarten Vorschusses besteht – anders als beim Vorschuss des Abs. 1 S. 2 – weitgehende Vertragsfreiheit.124 Eine Angemessenheitsprüfung findet nicht statt,125 auch nicht nach § 307 BGB (Hauptleistung und fehlendes gesetzl. Leitbild – nur Transparenzprüfung nach § 307 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB).126 Mglw. kann aber zu Lasten des HV bei unangemessen hohem Vorschuss ausnahmsweise eine Angemessenheitsprüfung stattfinden.127 Übersteigt der vertraglich vereinbarte Vorschuss erheblich die Höhe der späteren Provisionen, wird aber durch die Kosten der Vermittlungstätigkeit verbraucht, ist dies ein Fall der „Hungerprovision“. Geschuldet wird dann nach § 87b ein angemessener Provisionssatz (nicht ein angemessener Vorschuss), der Vorschuss ist in diesem Fall nicht automatisch als Fixum oder eine Mindestvergütung einzuordnen.

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2. Rückzahlung des Vorschusses. Ausgezahlte Vorschüsse muss der HV zurückzahlen, sobald – ebenso vom Unternehmer zu beweisen – ihre unberechtigte Zahlung, etwa die Nichtleistung des Kunden, feststeht. Der Rückzahlungsanspruch ergibt sich auch ohne ausdrückliche Abrede128 aus § 87a Abs. 2 analog,129 der Vorschussvereinba-

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117 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 25. 118 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 25. 119 Eberstein, 9. Aufl., S. 88. 120 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42. 121 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 42; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 15. 122 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 25. 123 Westphal I Rn 551. 124 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 43. 125 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 43. 126 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 44. 127 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 43. 128 Im Ergebnis BAG, Urt. v. 20.6.1989, 3a ZR 504/87, AP HGB § 87 Nr. 8; v. 16.2.1962 – 5a ZR 201/61, AP HGB § 87a Nr. 1; v. 11.7.1961 – 3a ZR 216/60, AP BGB § 614 Gehaltsvorschuss Nr. 2; v. 31.3.1960 – 5a ZR 441/57, AP BGB § 394 Nr. 5; v. 10.3.1960 – 5a ZR 426/58, AP BGB § 138 Nr. 2; BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 41; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700; LAG München, Urt. v. 30.9.2008 – 8 Sa 697/07; LG Koblenz, Urt. v. 28.9.2009 – 15 O 190/08. 129 Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (217).

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rung,130 aus einer – zulässigen – Rückzahlungsklausel131 sowie aus § 812 BGB.132 Da der HV um die Rückzahlung weiß, steht er – außer bei Rechtsirrtum – gem. § 819 Abs. 1 BGB dem bösgläubigen Empfänger gleich, § 818 Abs. 3 BGB (Entreicherung) gilt also nicht.133 Mit Fälligkeit schuldet der HV Fälligkeitszinsen in Höhe von 5%,134 ab Verzug Verzugszinsen. Hierdurch wird das Vorschussrecht nicht entgegen seiner zwingenden Natur unangemessen beschnitten. Die Abrechnung ist Aufgabe des Unternehmers (§ 87c Abs. 1), eine schlüssige Rückzahlungsforderung setzt eine solche Abrechnung voraus.135 Eine Rückzahlungssperre ist nur im Ausnahmefall nach allgemeinen Grundsätzen 34 denkbar.136 Regelm. sind Rückzahlungsansprüche, außer im Sonderfall gem. § 817 S. 2 BGB, nicht wegen Sittenwidrigkeit der Rückzahlungsklausel ausgeschlossen.137 Sie widersprechen ohne Weiteres auch nicht § 242 BGB138 oder den Rücksichtnahmepflichten des Unternehmers, etwa wenn der vom Unternehmer übertragene Kundenstamm wirtschaftlich wenig werthaltig war. Denn der HV unterliegt einer Bemühenspflicht, die ihn verpflichtet, neue Kunden zu werben.139 Verstößt der Unternehmer jedoch signifikant gegen die ihm obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme und Förderung, mag nach Treu und Glauben oder wegen Verwirkung ein Anspruch auf Rückzahlung des Provisionsvorschusses ausscheiden.140 Das Gleiche gilt, falls eine längere Aufbauphase Vertragsgrundlage war.141 Unangemessen hohe Rückforderungen bei niedrigen Provisionseinnahmen können gem. § 134 BGB (Verstoß gegen das zwingende Recht zur ordentlichen und außerordentlichen Kündigung,142 siehe dazu § 89 Rn 90, § 89a Rn 56) sowie §§ 138, 307 BGB unwirksam sein.143 Der BGH hat zu Lasten des Unternehmers eine Verwirkung angenommen, wenn die Provisionsvorschüsse 2 Jahre ohne Verrechnung mit verdienten Provisionsansprüchen bezahlt wurden und binnen eines Jahres nach Beendigung des HVVertrages nicht zurückgefordert wurden.144 Der Entscheidung begegnen Bedenken, da

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130 BAG, Urt. v. 9.6.2010 – 5 AZR 332/09, BeckRS 2010, 70532 Rn 41; OLG Jena, Beschl. v. 28.4.2009 – 2 U 698/08, VersR 2010, 1645; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700; LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194; LG Darmstadt, Urt. v. 13.8.2009 – 27 O 142/09, VersR 2010, 1646; Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (217). 131 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.11.2012 – 8 Sa 230/12, BeckRS 2013, 67822; LAG Hamm, Urt. v. 3.2.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85. 132 LAG Hamm, Urt. v. 3.2.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 21.12.2006 – 11 Sa 686/06; LG Hamburg, Urt. v. 17.8.2010 – 330 O 310/09, VersR 2011, 73 = NJW 2011, 1590. 133 BGH VersR 2007, 1232 = WM 2006, 1194 (1198); WM 2004, 620 (623); BB 1963, 8, BAG MDR 2000, 818; OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.2.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527); Erhard/Rinne ZVertriebsR 2013, 214 (217); Sieg VersR 1993, 1198; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 44; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15. 134 BGH BB 1963, 8; Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 267. 135 OLG Düsseldorf OLGR 1993, 197; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 44. 136 BAG, Urt. v. 20.6.1989 – 3 AZR 504/87, DB 1989, 2385 = BB 1989, 2333; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 44. 137 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.2.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527). 138 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 14.11.2012 – 8 Sa 230/12, BeckRS 2013, 67822. 139 LG Bielefeld, Beschl. v. 13.1.2010 – 5 O 303/10, BeckRS 2013, 06820. 140 LAG Hamm, Urt. v. 3.2.2009 – 14 Sa 361/08, NZA-RR 2009, 632 = r+s 2010, 85. 141 OLG Hamm BeckRS 2010, 20949. 142 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.2.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526 (527) = BeckRS 2010, 20728 (Provisionsvorschüsse von 23,445,80 EUR bei Vertragsdauer von ca. 20 Mon. sowie Provisionseinnahmen von 695,80 EUR); LG Karlsruhe BB 1990, 1504 (1505); Schipper NJW 2010, 3067 – ausführlicher in NJOZ 2010, 2096. 143 OLG Naumburg, Beschl. v. 12.2.2010 – 6 U 164/09, zust. Evers VW 2010, 444; OLG Hamburg OLGR 2000, 466 (Negativsaldo von 83.000 DM); LG Osnabrück BeckRS 2010, 20977 (Negativsaldo 30.442,82 EUR); aA OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 36/09, n.v. 144 BGH, Urt. v. 30.1.1964 – VII ZR 83/62.

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innerhalb der 3-jährigen Regelverjährungsfrist eine Verwirkung grundsätzlich kaum vorstellbar ist und im entscheidenden Fall wohl abzulehnen war. Ein neben dem Vorschuss vom Unternehmer – ggf- ratierlich – geleistetes, übliches Darlehen (vergleichbar einem Arbeitgeberdarlehen) ist auch bei Unwirksamkeit der Rückforderung zurückzuzahlen.145 III. Satz 3: Provision bei Ausführung durch den Dritten = Kunden Sobald und soweit der Dritte (= Kunde) das Geschäft ausführt, hat der HV auf jeden Fall, also zwingend ohne die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung, nach § 87a Abs. 1 S. 3 die vertraglich versprochene oder ihm gesetzlich zustehende Provision verdient. Dies bildet den spätesten Zeitpunkt, in welchem der Provisionsanspruch zum unbedingten wird – durch die Leistung des Dritten. Die zwingende Natur ergibt sich aus den Worten „unabhängig von einer Vereinbarung“ (Abs. 1 S. 3), nämlich einer solchen aus Abs. 1 S. 2, die das Endgültigwerden des Provisionsanspruchs zufolge Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer bis zur Zahlung der Provision abweichend regeln kann. Es erschien dem Gesetzgeber ungerecht, die Entstehung des Provisionsanspruches trotz des wirtschaftlichen Erfolges an einen später eintretenden Umstand zu knüpfen.146 Für den Begriff der Geschäftsausführung und der Erfüllungssurrogate147 wird auf 36 die Ausführungen oben, Rn 17, 25 verwiesen. Ob es hier abweichend von S. 1148 auf den Leistungserfolg und nicht auf die Leistungshandlung ankommt,149 ist angesichts des identischen Wortlauts („ausführen“) zweifelhaft. Beide Sätze sollten einheitlich ausgelegt werden. Die mangelhafte Leistung ist auch hier eine Ausführung, wenn und soweit der Unternehmer die Leistung als Erfüllung der Kundenschuld annimmt;150 es sei denn, sie steht wirtschaftlich einer Nichtleistung gleich. Weist der Unternehmer die Leistung zurück, z.B. wegen vorzeitiger, verspäteter, mangelhafter oder unvollständiger Leitung, liegt keine Ausführung i.S.d. Abs. 1 S. 3 vor. Der Provisionsanspruch bestimmt sich vielmehr nach Abs. 3.151 Die unberechtigte Verweigerung der Annahme der Kundenleistung löst allerdings gem. §§ 162, 242 BGB die Rechtsfolge des Abs. 1 S. 3 aus.152 Abs. 3 bedarf es insoweit nicht. Die Leistung eines Dritten, ist Ausführung des Geschäfts und lässt den Provisionsanspruch entstehen, falls der Dritte nach §§ 267, 268 BGB zur Leistung berechtigt war153 bzw. der Unternehmer die Leistung annimmt.154 Die Vorausleistung des Dritten genügt.155 Der Unternehmer braucht noch nicht ge37 leistet zu haben.156 Deshalb kann nicht wirksam vereinbart werden, dass der Bedingungs35

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145 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.2.2010 – 1 U 113/09, VersR 2011, 526. 146 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 268. 147 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 27. 148 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 7. 149 So BGH, Urt. v. 20.10.1982 – I ZR 99/81, BGHZ 85, 134 (138) = NJW 1983, 629; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 20; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 11; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 12, Hopt § 87a Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 17. 150 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 16; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 12. 151 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 14. 152 BGH NJW 1990, 1665 (1666); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 11; HK/Ruß § 87a Rn 4. 153 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 25; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 16. 154 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 25; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 11. 155 BGHZ 85, 138; Hopt § 87a Rn 10. 156 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 11; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 12; Hopt § 87a Rn 8.

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eintritt ausgeschlossen ist, sobald und soweit der Dritte das provisionspflichtige Geschäft durch Vorleistung ausführt.157 Vereinbart werden darf hingegen, dass kein Provisionsanspruch entsteht, wenn der HV-Vertrag zwischen Geschäftsabschluss und dem für die Entstehung des Provisionsanspruchs maßgeblichen Umstand endet.158 Dann muss die gesamte Geschäftsabwicklung während des bestehenden Vertrages erfolgen.159 Regelmäßig schließt eine solche Klausel auch nachvertragliche Provisionsansprüche gemäß § 87 Abs. 3 aus.160 Der HV hat – nicht anders als bei der Teilleistung des Unternehmers (Rn 24)161 – 38 auch nach einer Teilleistung des Kunden den unabdingbaren Anspruch auf eine anteilige Provision („soweit“).162 Ob der Kunde zur Teilleistung berechtigt war oder nicht (§ 266 BGB), ist ohne Belang, solange sie der Unternehmer angenommen hat.163 Lehnt der Unternehmer die Teilleistung befugtermaßen (unbefugte Ablehnung: §§ 87a Abs. 3 HGB, 162, 242 BGB,164 s.o.) ab, ist die Wirkung des Abs. 1 S. 3 damit noch nicht eingetreten.165 Die bewirkte Teilerfüllung seitens des Dritten macht die Teilprovision aber nicht, wenn sie daraufhin zur Zahlung durch den Unternehmer heransteht, zur Teilleistung auf die Gesamtprovision im Sinne des § 266 BGB, die der HV zurückweisen dürfte: sie ist „die“ in diesem Zeitpunkt geschuldete Provision. Vereinbart werden darf, dass die Zahlung des Teilprovisionsanspruches des § 87a Abs. 1 S. 3 nach teilweiser Ausführung des Unternehmers erst zum Zeitpunkt der Kundenleistung erfolgt. Bei fehlender Geschäftsausführung besitzt der HV wegen seines eventuellen Provisi- 39 onsausfalls regelmäßig keinen Schadenersatzanspruch gegen den Kunden,166 weder aus §§ 311, 280 (fehlender Vertrag)167 noch aus Delikt, außer – kaum vorstellbar – aus § 826 BGB oder nach den Grundsätzen des direkten Eingriffs in den eingerichteten oder ausgeübten Gewerbebetriebs. Es kann aber aus Abs. 3 ein Anspruch gegen den Unternehmer gegeben sein. F. Entfallen des Provisionsanspruches (§ 87a Abs. 2, 3) § 87a Abs. 2, 3 regeln das Schicksal des Provisionsanspruches, wenn das abge- 40 schlossene Geschäft nicht vertragsgemäß ausgeführt wird. Der Grundsatz ist hier, dass Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Unternehmers zu keinem Entfallen des Provisionsanspruches führen (Rechtsgedanke der §§ 162, 242 BGB). Das Gesetz geht davon aus, der Unternehmer als Geschäftsherr stehe dem Geschäft näher als der HV und die Nichtausführung des Geschäfts falle regelmäßig in seinen Verantwortungsbereich. Der HV erhält nach diesem Grundsatz auch dann seine Provision, wenn das Geschäft nicht wie vertraglich vereinbart ausgeführt wird. Denn er hat mit seiner nach den §§ 84, 86 geschuldeten Tätigkeit das seinerseits Geschuldete getan.

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157 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 268. 158 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 269. 159 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 269. 160 Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 269. 161 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 13. 162 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 26; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 13; Hopt § 87a Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 16. 163 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 26. 164 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 26. 165 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 26. 166 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 23. 167 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl.,§ 87a Rn 14.

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I. § 87a Abs. 2: Nichtleistung des Kunden 41

1. Anwendungsbereich. § 87a Abs. 2 gilt für HV-Verträge. Die Vorschrift ist bei Rückabwicklung von Leistungen, die als Folge einer wirksamen Anfechtung eines Maklervertrages erbracht wurden und nach § 812 BGB zurückgefordert werden könnten, nicht anwendbar. Hier gibt es kein Vorleistungsrisiko, welches durch § 87a Abs. 2 ausgeglichen wird.168 § 87a Abs. 2 kann aber im Einzelfall analog angewandt werden.169 Zu denken ist daran etwa in Fällen, in denen ein vermittelter Kunde des Telefonunternehmens nicht telefoniert und deshalb die Provisionen entfallen.170

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2. Grundsatz und Reichweite. Abs. 2 bestimmt, dass der gem. Abs. 1 S. 1 entstandene Provisionsanspruch „entfällt“, d.h. nachträglich untergeht, wenn und soweit feststeht, dass der Dritte (= Kunde) seine vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringt, obwohl er uneingeschränkt zur Leistung verpflichtet ist. Es handelt sich um eine auflösende Bedingung des Provisionsanspruchs.171 Die Vorschrift setzt damit voraus, dass der bis zur Nichtleistung des Kunden fortbestehende Provisionsanspruch als solcher bereits – als unbedingter – zur Entstehung gelangt ist. Gesetzestypisch kann der Provisionsanspruch vor der Leistung des Dritten (Abs. 1 S. 3) nur in der Ausführung des Geschäfts seitens des Unternehmers begründet sein. Deshalb zielt der Fall des Abs. 2 ausschließlich auf den des Abs. 1 S. 1.172 Er kommt damit in der Praxis ebenso selten zum Zuge wie jener. Was außerdem wegfiele, wäre allenfalls die unabdingbare Vorschussberechtigung aus Abs. 1 S. 2. Wo dagegen, wie meist vereinbart, der Provisionsanspruch erst mit der Leistung des Kunden zur Entstehung gelangen soll, ist für einen „Wegfall“ bei Nichtleistung des Dritten in unmittelbarer Anwendung des Abs. 2 kein Raum: Ist der Provisionsanspruch noch nicht entstanden, gibt es keinen Anspruch, der aufzulösen ist. Vielmehr bleibt die Kundenleistung auf Dauer aus, so dass der Provisionsanspruch erst gar nicht entsteht. Abs. 2 betrifft diesen Fall nicht.173 Hier wie in dem gesetzlichen Fall der Bindung des Provisionsanspruchs an die Leistung des Dritten – Abs. 1 S. 3 – würde das Gesetz, hätte es in Abs. 2 nur einen Ausfall der Bedingung bezeichnen wollen, etwas Selbstverständliches gesagt haben.

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3. Verhältnis zu Abs. 3. Das Verhältnis zwischen Abs. 2 und 3 ist nicht dem Gesetzeswortlaut zu entnehmen. Abs. 3 betrifft ausschließlich Fallgestaltungen, in denen die Nichtausführung aus der Sphäre des Unternehmers herrührt, also entweder von ihm zu vertreten oder zurechenbar veranlasst wurde.174 Nicht alle, aber viele Fälle des Abs. 2 erfasst der Merksatz, Abs. 2 gehe davon aus, dass der Dritte gegen den Willen des Unternehmers nicht leiste:175 Falls der Unternehmer ohne Zwang auf die Leistung des

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168 BAG NJW 2000, 2372 (2373). 169 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. 170 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. 171 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 14; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 27. 172 BGH MDR 1961, 312; Hopt § 87a Rn 13. 173 Hopt § 87a Rn 13. 174 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde); OLG Oldenburg, Urt. v. 12.7.2011 – 13 U 16/11, MMR 2011, 733; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 36. 175 Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 28.

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Dritten verzichte, sei dies nicht nach Abs. 2, sondern nach Abs. 3 zu beurteilen. Um den Anwendungsbereich des Abs. 3 zu eröffnen, muss die Nicht- oder Andersausführung damit bei wertender Betrachtung eine solche des Unternehmers sein, nicht des Kunden (sonst: Abs. 2, außer wenn diese wiederum auf den Unternehmer zurückgeht).176 Insoweit ist Abs. 3 vorrangige lex specialis.177 Leistet etwa der Dritte nach geschehener Vorausleistung des Unternehmers deshalb nicht, weil er Rücktrittsrechte nach § 323 BGB geltend macht, ist Abs. 2 nicht einschlägig, sondern allein Abs. 3, weil dann die Leistungsstörung auf Seiten des Unternehmers das Primäre ist.178 Gleiches gilt, falls der Kunde die Zahlung verweigert, weil der Unternehmer aus ganz oder teilweise von ihm zu vertretenden Gründen das Geschäft anders als vereinbart ausführt179 oder der Unternehmer das Geschäft nicht ausführt und der Kunde die vermittelten Verträge, z.B. Darlehensverträge, gem. § 700 Abs. 1 i.V.m. § 490 fristlos kündigt.180 Greifen sowohl die TB-Voraussetzungen des Abs. 2 als auch des Abs. 3 ein (was nur vor der Leistung des Dritten möglich ist), bleibt Abs. 3 in den Fällen der Verantwortlichkeit des Unternehmers für die Nichtleistung des Dritten vorrangig und allein anwendbar, um dem HV in von ihm nicht zu verantwortenden Fällen mangelnder Vertragskonformität der Geschäftsausführung seine Provision zu sichern (teleologische Reduktion bzw. Vorrang des Spezialgesetzes). Wie zu Rn 42 ausgeführt, kann Abs. 2 nur in Fällen eingreifen, in welchen der Dritte 44 noch nicht geleistet hat.181 Nur dann kann feststehen, dass der Dritte (= Kunde) nicht leistet. Hat der Dritte bereits geleistet, werden diese Fälle des Scheiterns des vermittelten Geschäfts, z.B. infolge einer Nichtleistung oder nicht vertragsgemäßen Leistung von Kunde oder Unternehmer – unabhängig von ihren Gründen – ausschließlich durch Abs. 3 erfasst.182 Das gilt auch, falls die Leistung des Kunden aus Gründen unterbleibt, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind,183 oder es nach der Leistung des Kunden an den Unternehmer – Abs. 1 S. 3 – zu Leistungsstörungen kommt und das Kundengeschäft zwischen Kunde und Unternehmer rückabgewickelt wird. Nach der Leistung des Kunden ist kein Raum für Abs. 2, selbst wenn die vom Kunden erbrachte Leistung an ihn zurückzugewähren ist. Steht fest, dass beide Parteien das Kundengeschäft nicht ausführen werden, soll nicht Abs. 2, sondern nur Abs. 3 zur Anwendung kommen. Denn Abs. 2 setze voraus, dass der Provisionsanspruch des HV bereits gem. Abs. 1 S. 1 aufgrund der Ausführung durch den Unternehmer unbedingt entstanden ist.184 Steht die Nichtleistung beider Parteien fest, ist zu entscheiden, ob der Unternehmer die Nichtleistung des Dritten zu vertreten hat.185 4. Nichtleistung. Das Gesetz stellt nur auf die Tatsache der Nichtleistung ab. Der 45 Begriff der Nichtleistung des Kunden in Abs. 2 1. Hs entspricht der Nichtausführung des

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176 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 16; Hopt § 87a Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 28. 177 Thume BB 2012, 975 (976); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 47. 178 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 36. 179 Thume BB 2012, 975 (977). 180 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 (Hilgard) = EWiR 2008, 559 (Emde). 181 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 36. 182 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 36, 59; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 4; Stötter MDR 1981, 269 (270), aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 50. 183 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 36; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 4; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 50. 184 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, § 87a Rn 60. 185 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, § 87a Rn 60.

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Geschäfts in Abs. 3 S. 1,186 auf die dortigen Ausführungen (Rn 66 ff.) wird verwiesen. Der Provisionsanspruch nach Abs. 2 entfällt, falls der Dritte die von ihm geschuldete Leistung nicht oder nicht in vertragsgemäßer Weise erbringt oder der Unternehmer die nicht vertragsgemäße Leistung zurückweist, z.B. die Leistung unmöglich wird (§ 275 BGB;187 auch die Unternehmerleistung entfällt, § 326 Abs. 1 BGB). Erlangt jedoch der Unternehmer ein Surrogat (z.B. die Versicherungsentschädigung, Abtretung des dem Dritten gegen einen anderen zustehenden Schadensersatzanspruches, Vergütungsanspruch nach § 649 BGB),188 so gilt dieses Surrogat, falls es geleistet wird, als Leistung des Dritten.189 Das Gleiche gilt, wenn der Kunde seine Leistung durch eine Leistung an Erfüllung statt190 oder erfüllungshalber191 ersetzt; ebenso, wenn die Kündigung des Unternehmers den Vergütungsanspruch des Kunden bestehen lässt.192 Die Leistung des Versicherungsnehmers nach §§ 33 ff. VVG ist als Leistungserbringung einzuordnen193 (s. § 92 Rn 76). Nur wenn der Wert des Surrogats hinter der Kundenleistung zurückbleibt, liegt in der Höhe der Differenz eine Nichtleistung vor. Der Provisionsanspruch entfällt ferner, soweit(!) der Dritte von seiner Leistung befreit wird, z.B. durch richterliche Vertragshilfe, einen erforderlichen Vergleich im (gerichtlichen oder außergerichtlichen) Vergleichsverfahren oder Zwangsvergleich im Insolvenzverfahren. Selbst bei rechtswidriger Leistungsweigerung entfällt der Anspruch, wenn Erfüllung oder Schadensersatz endgültig undurchsetzbar sind. Er entfällt weiter, sofern der Tatbestand der Nichtleistung des Dritten sich dadurch verwirklicht, dass der Unternehmer zufolge Anfechtung des Geschäfts in der Insolvenz des Dritten etwas von diesem Geleistetes wieder herausgeben muss. Dass ein Erlass der Forderung von Seiten des Unternehmers, soweit sie durchsetzbar gewesen wäre, den Provisionsanspruch nicht berühren kann, bedarf keiner Begründung. Auch ein Teilverzicht, etwa aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs, lässt den Provisionsanspruch unter diesen Umständen nicht entfallen.194 5. Die Evidenz der Nichtleistung (TB-Merkmal „steht fest“). Der Erlöschenstatbestand für den Provisionsanspruch ist vom Gesetz korrekt normiert: nicht das Negativum der Nichtleistung, sondern, dass die Nichtleistung positiv „feststeht“. Was feststehen muss, ist gerade die Tatsache der Nichtleistung. Solange erst feststeht, dass der Dritte nur verspätet leisten werde, ist der Erlöschenstatbestand des Abs. 2 nicht gegeben. Einbegriffen ist hier andererseits auch der Fall, dass schon vor Fälligkeit der Leistungspflicht des Dritten feststeht, dieser werde ihr nicht nachkommen.195 Was dies genau bedeutet, ist nicht ganz sicher. In einem ersten Schritt wird gefordert, 47 dass objektive Anhaltspunkte aus der Warte eines Dritten es als weitgehend sicher erscheinen lässt, dass der Kunde seiner Verpflichtung aus dem Geschäft endgültig nicht nachkommen wird.196 Dass als zweiter Schritt die gerichtliche Durchsetzung gefordert wird

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186 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 34. 187 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 38; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 31. 188 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 39. 189 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 34; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 18; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 14. 190 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 18. 191 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 18. 192 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 39; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 32. 193 Christoph/Effenberger VersR 2007, 593. 194 Westphal I Rn 563. 195 Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 27. 196 Westphal I Rn 558; Hopt § 87a Rn 14.

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(dazu unter Ziff. 6), entspricht h.M. Für den ersten Schritt, die objektive Nichtleistung, bedeutet dies: Sie muss sich als endgültiges Faktum darstellen. Die Nichtleistung muss objektiv feststehen,197 für den ersten Schritt jedoch nicht durch (Zwischen)feststellungsurteil rechtskräftig festgestellt sein.198 Nicht ausreichend ist trotz des notwendig prognostischen Elements die ohne objektive Feststellung gebildete subjektive Ansicht des Unternehmers oder eines Dritten, die Forderung sei uneinbringlich199 oder die kalkulatorischen Erwägungen des Unternehmers, der die Forderung als uneinbringlich abzuschreiben geneigt ist oder schon abgeschrieben hat.200 Die buchmäßige Behandlung kann aber ein Indiz bilden.201 Die Gründe der Nichtleistung sind unerheblich, können aber einen Anhalt für das Feststehen der Nichtleistung geben.202 Erforderliche Mitwirkungshandlungen des Dritten, z.B. den Abruf bestellter Ware203 muss der Unternehmer herbeizuführen versuchen.204 Eine feststehende Nichtleistung des Kunden kann sicher angenommen werden, falls 48 eine gegen den Kunden gerichtete Klage unzumutbar oder erfolglos geblieben205 (dazu Ziff. 6), nach den Umständen des Einzelfalls zudem, wenn der Kunde nicht leistet, die Nichtleistung definitiv angekündigt wurde, nicht nur vorübergehend unmöglich ist,206 eine Titulierung oder Zwangsvollstreckung wegen Zahlungsunfähigkeit207 bzw. Insolvenz des Kunden auf absehbare Zeit aussichtslos ist,208 bei Insolvenz der Verwalter eine Erfüllung ablehnt oder der Kunde seine Rechtsfähigkeit verloren hat.209 Die Kündigung des Werkvertrages durch den Kunden nach § 649 BGB soll nicht ausreichen, da der Kunde zur Leistung verpflichtet bleibt.210 Generelle Regeln wird man nicht aufstellen können. Ob der Nachweis der Nichtleistung durch die Auskunft einer anerkannten Auskunftsoder Kreditschutzorganisation über die fehlende Liquidität des Dritten als geführt anzusehen sein wird,211 ist erneut eine Frage des Einzelfalls. Es spricht einiges gegen eine solche Ansicht, weil die Auskunft nicht die gleiche Sicherheit wie Klage und Vollstreckung aufweist. Wo immer möglich, muss der Unternehmer den Versuch gemacht haben, durch ein zumutbares Ersatzgeschäft den Belangen des Kunden entgegenzukommen,212 aus welchem der HV dann provisionsberechtigt bleiben würde. Der HV kann in diesem Fall nur aus dem ersten (§ 87a Abs. 3) oder zweiten Geschäft provisionsberechtigt sein, nicht aus beiden (§ 242 BGB).

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197 OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 39; Westphal I Rn 558; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 35; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19. 198 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 35. 199 OLG Celle BB 1972, 594; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 39; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 35; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87 a Rn 15; Hopt § 87a Rn 15; Oetker/ Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 27. 200 OLG Celle BB 1972, 594; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; LAG Baden-Württemberg DB 1955, 682. 201 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 14 (zu Abs. 3). 202 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 35. 203 BGH NJW-RR 1991, 156 (159); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87a Rn 6. 204 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25. 205 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 37. 206 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 40; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19. 207 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 40. 208 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 37; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Oetker/ Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. 209 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 37. 210 BGH, Urt. v. 17.11.1983, DB 1984, 716; OLG Köln, Urt. v. 27.11.1992, BB 1993, 606; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 38; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19. 211 So Eberstein 9. Aufl., S 91; Westphal I Rn 560. 212 BGH LM § 87a HGB Nr. 2.

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6. Setzt das Feststehen der Nichtleistung eine Pflicht zur gerichtlichen Durchsetzung der Forderung voraus? Es fragt sich, ob der Unternehmer gegen den Dritten gerichtlich vorgehen muss (die erfolgreiche Vollstreckung eines obsiegenden Urteils würde dem HV seinen Provisionsanspruch endgültig sichern), ehe die Nichtleistung feststeht, oder aber ob der Unternehmer von einer Klage – zu Lasten des Provisionsanspruchs, der damit endgültig ausfällt – absehen und das Geschäft abschreiben darf, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, er habe nicht alles Erforderliche zur Durchsetzung einer ordnungsmäßigen Vertragsabwicklung getan. Diese Frage kann nicht ausschließlich aus dem Vertragsverhältnis zwischen HV und Unternehmer beantwortet werden; im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung darf der Unternehmer auch das eigene wohlverstandene Interesse ins Spiel bringen. Damit die Nichtleistung des Kunden feststeht, müssen im Zweifelsfalle alle Möglichkeiten einer zwangsweisen Realisierung ausgeschöpft sein, es sei denn, eine gerichtliche Durchsetzung ist unzumutbar,213 insb. offensichtlich sinnlos (was der Unternehmer zu beweisen hätte). Die bloße Erfüllungsverweigerung des Kunden ist also nicht ausreichend.214 Der RegE215 spricht davon, es sei dem Unternehmer nicht in jedem Fall zuzumuten, einen Prozess zu führen, nur um dem HV nachweisen zu können, dass der Kunde nicht leiste, so zum Beispiel nicht, wenn voraussichtlich eine Vollstreckung doch nicht zum Ziele führen würde oder die Aufwendungen in keinem Verhältnis zu dem erstrebten oder erreichbaren Erfolg stünden. Andererseits werde der Unternehmer aber, sofern ein Prozess Aussicht auf Erfolg verspreche, gegen den Kunden zunächst auf Leistung klagen müssen, bevor er von dem HV die Provision zurückverlangen könne. Es handelt sich rglm. nicht um eine einklagbare,216 nach Unterlassen zum Schadenersatz leitende Nebenpflicht.217 Der HV ist durch den Bestand seiner Provision nach Abs. 2 hinreichend geschützt. Vielmehr liegt eine provisionsrechtliche Obliegenheit218 des Unternehmers vor. Sie besteht generell in allen HV-Verträgen zwischen HV und Unternehmer, auch zwischen Haupt-/Untervertreter219 (Ziff. 8), und fordert die gerichtliche Durchsetzung und Zwangsvollstreckung220 bzw. die Anmeldung bei der Insolvenztabelle (§§ 174 ff. InsO).221 Das gilt auch im Versicherungsvertrieb222 und in der Sachversicherung,223 jedoch nicht hinsichtlich der Durchsetzung der Erstprämie der Lebensversicherung (wegen § 37 Abs. 1 VVG).224 Für § 87a Abs. 3, und nicht zu Abs. 2, hat der BGH zwar entschieden, dass dem Versicherer eine Klage gegen den

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213 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 26. 214 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 41. 215 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 26. 216 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25. 217 AA wohl OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934: Schadenersatzpflicht aus § 280 BGB. 218 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25. 219 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934. 220 Holling DB 1960, 79 (80); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 41; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25, 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 15, 26; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 34 f., 54; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 27. 221 BGH NJW-RR 1991, 156 (159). 222 Diffenzierend Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 39: Klagepflicht nur bei wirtschaftlichen sinnvollen Forderungen und erfolgversprechenden Prozessen. 223 OLG Frankfurt VersR 1986, 462; Hopt § 87a Rn 29. 224 BAG NJW 1968, 518; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; OLG Karlsruhe VersR 1982, 267; Fleischmann VersR 1957, 9; Sundermann BB 1958, 542 (544, 546); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 29; aA Hans BB 1957, 1060 (1061); BB 1958, 544 (546).

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VN unzumutbar ist.225 Ob diese Rspr. auf Abs. 2 zu übertragen ist, könnte zumindest diskutiert werden.226 Dann hätte Abs. 2 im Versicherungsvertreterrecht und damit in einem wesentlichen und in § 92 hervorgehobenen Teil des HV-Rechts kaum einen Anwendungsbereich. Andererseits wird sich eine unterschiedliche Handhabung innerhalb der Abs. 2 und 3 kaum begründen lassen. Nach bisheriger Rspr. vor den Urteilen des BGH führte ein Unterlassen von Klage und Vollstreckung – auch beweisrechtlich – zur Behandlung analog Abs. 3 S. 2227 (Rn 81 ff.), 162 BGB. Nur in extremen Fällen ist der HV unter dem Gesichtspunkt der Treu- und Interessenwahrnehmungspflicht gehalten, sich an dem Ausfall des Unternehmers durch Verzicht auf die Provision zu beteiligen: Haben außergewöhnliche Umstände den Dritten erfüllungssäumig werden lassen, so kann es im Interesse der weiteren Geschäftsbeziehungen, und damit sowohl des Unternehmers wie des HV, ausnahmsweise angezeigt sein, von gerichtlichen Schritten abzusehen.228 Ebenso, wenn zu befürchten steht, der Dritte werde die Geschäftsverbindung abbrechen (insb, sofern es sich um einen wichtigen Kunden handelt),229 falls seinem geäußerten und wegen Veränderung der Verhältnisse gerechtfertigtem Wunsch nach Streichung des Auftrages nicht entsprochen wird,230 die durch die Maßnahmen zu erwartenden Kosten in keinem Verhältnis zum Umfang der Kundenleistung stehen,231 gegen eine Vielzahl säumiger Kunden geringe Beträge einzuklagen wären,232 etwa bei Zeitschriftenabonnements,233 die Rechtslage unsicher oder die Klage erkennbar aussichtslos ist,234 der Unternehmer den Anspruch nicht sicher beweisen kann,235 das geschäftliche Renommé des Unternehmers bei seinen übrigen Kunden durch ein Gerichtsverfahren erheblich gefährdet werden würde, eine Titulierung wegen voraussichtlich dauerhafter Leistungsunfähigkeit oder Erlöschens der Rechtsfähigkeit des Kunden keine Vorteile verspricht, die Vollstreckung auf unabsehbare Zeit aussichtslos ist,236 der Prozess zur Geringfügigkeit des Objekts in keinem Verhältnis stehen würde und deshalb dem Unternehmer auch unter Berücksichtigung des Provisionsinteresses des HV schlechthin unzumutbar ist (nachhaltige Zah-

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225 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 15; v. 25.5.2005 – VIII ZR 279/04, NJW-RR 2005, 1196 unter II 2, VIII ZR 237/04 Rn 11. 226 So führen Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 36; Hopt § 87a Rn 16 aus, es könnten strengere Maßstäbe an die Feststellung der Nichtleistung nach Abs. 2 als an die Feststellung des Nichtvertretenmüssens nach Abs. 3 zu stellen sein. 227 Differenzierend Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 36; Hopt § 87a Rn 16: Die Rspr. zu Abs. 3 S. 2 lasse sich nicht in jedem Fall übertragen, denn nicht jede Nichtleistung des Dritten mangels zumutbarer Klagerhebung nach Abs. 3 S. 1 sei für den Unternehmer unvertretbar. 228 BGH VersR 1960, 1109. 229 BGH Urt. v. 13.7.1959 – II ZR 189/57; DB 1959, 940 = BB 1959, 864, 865; VersR 1960, 1109 (1110); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 41. 230 BGH LM § 87a Nr. 2. 231 Westphal I Rn 558; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35; Hans BB 1958, 544 (546): Dieser Fall ist allerdings kaum vorstellbar, da die Gebühren der Gerichte und Rechtsanwälte feststehen und damit im Verhältnis zur Klagforderung immer im gleichen, angemessenen Verhältnis stehen. 232 BGH, Urt. v. 21.10.1971 – VII ZR 54/70, BB 1971, 1430; OLG Hamm BB 1979, 442; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 41; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 15; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. 233 AG Schwerin, Urt. v. 2.3.2006 – 16 C 2711/04, BeckLSK 2007, 070308. 234 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. 235 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. 236 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19; aA OLG Köln NJW-RR 1994, 226 („hinreichender Insolvenzverdacht nötig“).

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lungssäumnis eines Abonnenten im Zeitschriftenbezug), angeblich sogar wenn der durch den Prozess zu erlangende Betrag im Wesentlichen nur dem HV als Provision zustehen würde,237 wohl aber nicht, sofern der Unternehmer (Versicherer, Unternehmer mit breitem Abnehmerkreis, Versandhaus) Gefahr läuft, in den Ruf eines „notorischen Prozessierers“ zu gelangen.238 In all diesen Fällen besteht eine Unzumutbarkeit von Klage und/oder Vollstreckung. Sucht der Unternehmer keinen gerichtlichen Rechtschutz, darf er sich regelmäßig nicht auf § 87a Abs. 2 berufen, und zwar auch dann nicht, wenn er Klage und Zwangsvollstreckung unterlässt, um den Kunden nicht zu verlieren.239 Muss der Unternehmer die Leistung des Kunden gerichtlich durchsetzen, darf er die Provision des HV nicht um die Kosten der Rechtsverfolgung kürzen.240 Hat der Unternehmer Grund, von einem gerichtlichen Vorgehen abzusehen, so soll der HV unter Treupflichtgesichtspunkten verlangen dürfen, dass ihm in Höhe seiner Provision die Ansprüche gegen den Kunden abgetreten werden, damit er selbst gegen den Kunden, auf den er vielleicht keinen Wert mehr legt, klagbar werden kann. Das kann aber nur richtig sein, soweit schutzwürdige Belange des Unternehmers (etwa Gefahr des Kundenverlustes) dem nicht entgegenstehen.241 Häufig wird der verklagte Kunde die Klage des HV mit einer solchen des Unternehmers gleichsetzen (besonders beim Alleinvertrieb durch den HV). Dann würden bei gerichtlicher Durchsetzung durch den HV die gleichen negativen Folgen eintreten wie im Fall der Klage durch den Unternehmer. Beweispflichtig für den Ausnahmefall fehlender Klageobliegenheit ist der Unternehmer.242 50

7. Rückzahlung der Provision im Falle der Nichtleistung. Liegt eine Nichtleistung i.S.d. § 87a Abs. 2 vor, hat der HV gem. § 87a Abs. 2 Hs. 2 (gleichlautend Art. 11 Abs. 2 RL) bereits geleistete Provision zurückzuzahlen, bei Teilerlöschen entsteht ein Teilrückzahlungsanspruch.243 Der Rückgewähranspruch hat seine Rechtsgrundlage im Vertrag. Es handelt sich um einen eigenständigen vertraglichen Anspruch,244 der ein Rückgewährschuldverhältnis auslöst, auf welches die §§ 346 BGB anwendbar sind.245 Die Rückgewähr ist eine Nebenpflicht des HV-Vertrags.246 Der Rückgewähranspruch ist daher nach den §§ 353, 354 Abs. 2 zu verzinsen.247 § 812 BGB konkurriert.248 Gezahlten Provisionen stehen

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237 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 19, zweifelhaft, denn diese Entscheidung kann den Unternehmer nicht von seiner Provisionspflicht befreien. 238 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 35. 239 Westphal I Rn 558. 240 Westphal I Rn 559. 241 Holling DB 1960, 80. 242 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25. 243 v. Brunn NJW 1954, 56 (59); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 26. 244 BGH, Urt. v. 5.11.1962, BB 1963, 8; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 20. 245 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 43; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 20. 246 Westphal I Rn 565. 247 BGH NJW 1963, 1201 = BGH BB 1963, 8 („grundsätzlich“, womit wohl angedeutet sein soll, dass die handelsrechtliche Verzinsung nicht verlangt werden kann von einem Unternehmer, der Nichtkaufmann ist); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 43; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 40; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 19; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 26. 248 BGH BB 1963, 8; BAG, Urt. v. 14.3.2000 – 9 AZR 855/98, MDR 2000, 818; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 43; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 40; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 26.

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geleistete Vorschüsse (Abs. 1 S. 2) gleich249 (dazu Rn 28 ff.). Der Unternehmer kann mit dem Rückgewähranspruch gegen die Provision aufrechnen,250 sofern dies vertraglich nicht ausgeschlossen wurde. Verjährung: § 195 BGB.251 Es zählt zur ordnungsgemäßen Begründung des Rückforderungsanspruchs durch den Unternehmer, die Gründe des Rückzahlungsrechts darzulegen und zu beweisen.252 Bei Gefahr einer Nichtrückzahlung wegen schlechter Vermögenslage darf der Unternehmer nach Vertragsende fällige Provisionen zurückhalten, § 321 BGB.253 Eine Klage auf Rückzahlung kann wegen eines Zurückbehaltungsrechts des HV derzeit unbegründet sein, wenn der Unternehmer einen Buchauszug noch nicht erteilt hat und Provisionszahlungen des HV aus diesem Buchauszug zu erwarten sind.254 8. Untervertretung. lm Falle einer Untervertretung bezieht sich der Begriff des Un- 51 ternehmers bei der Anwendung des § 87a im Grundsatz auf den Geschäftspartner des Hauptgeschäfts (Hauptunternehmer) und nicht auf den Hauptvertreter (s. Rn 20, 98). Leistet daher der Endkunde nicht an den Hauptunternehmer, entfällt der Provisionsanspruch nach Abs. 2.255 In konsequenter Anwendung des § 87a Abs. 2 entfällt der Provisionsanspruch des Untervertreters gegen den Hauptvertreter aber nicht nur dann, wenn feststeht, dass der Endkunde nicht an den Hauptunternehmer zahlt, sondern gleichfalls, wenn in der „Zahlungskette“ der Hauptunternehmer den Provisionsanspruch des Hauptvertreters nicht erfüllt.256 Das soll auch dann gelten, wenn der Hauptunternehmer die ihm zustehende Vergütung vom Kunden erhalten hat.257 Aus dem Umstand, dass der Untervertreter dem Hauptvertreter rechtlich gleichgestellt ist, folgt, dass der mit der Ausführung der Aufträge durch den Hauptunternehmer entstandene Provisionsanspruch des Untervertreters keinen Bestand haben kann, wenn der Hauptvertreter vom Hauptunternehmer keine Provision erhält, mag auch der Kunde des Hauptunternehmers seine Verpflichtungen diesem gegenüber erfüllt haben. Denn erhält der Hauptvertreter seinerseits keine Provision, wäre es sachlich nicht gerechtfertigt, dem Untervertreter gegen den Hauptvertreter einen Provisionsanspruch nur deshalb zuzusprechen, weil der Kunde seinen Verpflichtungen gegenüber dem Hauptunternehmer und Auftraggeber des Hauptvertreters genügt hat.258 Erhält der Hauptvertreter keine Vergütung, fehlt es ihm an den Mitteln, aus denen er gegenüber dem Untervertreter dessen Provisionsanspruch be-

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249 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 40; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 20. 250 Westphal I Rn 564. 251 BGH DB 1963, 29 zu § 88; Westphal I Rn 565. 252 Vgl. OLG Köln VersR 2003, 459. 253 BGH WM 1975, 181. 254 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.13 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; OLG Naumburg, Urt. v. 22.11.1995 – 8 U 16/95, NJW-RR 1996, 993. 255 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde) (zu Abs. 3); OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1480 = DB 2007, 2199; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 84. 256 BGH DB 1984, 2299; OLG Oldenburg, Urt. v. 12.7.2011 – 13 U 16/11, MMR 2011, 733; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1480; OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 84; Westphal I Rn 561; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 18. 257 BGH, Urt. v. 20.6.1984, 1 ZR 62/82, NJW 1984, 2881; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 18. 258 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491.

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streiten soll.259 Der Untervertreter soll nicht mehr Provision erhalten, als sie der Hauptvertreter erhalten hat.260 Auch der Hauptunternehmer wird von seiner Provisionsverpflichtung gegenüber dem Hauptvertreter frei, wenn der Kunde den Kaufpreis nicht zahlt (§ 87a Abs. 2). In keiner anderen Situation befindet sich der Hauptvertreter gegenüber dem Untervertreter, wenn sein Auftraggeber die ihm zustehende Vergütung nicht leistet. Erweitert man die übliche Kette HV – Unternehmer – Kunde um ein weiteres Glied, nämlich hin zu der Kette Untervertreter – Hauptvertreter – Unternehmer – Kunde, so stellt sich die Nichtzahlung des Hauptunternehmers an den Hauptvertreter für das Verhältnis zwischen Hauptvertreter und Untervertreter genauso dar, als hätte im gewöhnlichen dreigliedrigen Modell der Kunde nicht an den Unternehmer bezahlt.261 Der Hauptvertreter muss aber seinen Provisionsanspruch gegenüber dem Hauptunternehmer durchsetzen, s.o., Rn 20. 9. Besonderheiten der Rechtslage, wenn das Endgültigwerden der Provision vertraglich an die Leistung des Dritten geknüpft worden war. Abs. 2 geht aus von einer Vorleistung des Unternehmers262 (s.o.). Ist die Anknüpfung der endgültigen Entstehung des Provisionsanspruchs an die Ausführung des Geschäfts durch den vorleistenden Unternehmer – wie meist – vertraglich ausgeschlossen oder bleibt der Kunde nach dem Vertrage vorleistungspflichtig, so ist das Unbedingtwerden der Provision allein auf die Leistung des Kunden gestellt (Abs. 1 S. 3). Die Frage, welchen Einfluss die Nichtleistung des Kunden in diesem Falle auf den Provisionsanspruch hat, regelt das Gesetz nicht. Es bedurfte dessen aber auch nicht. Der Provisionsanspruch ist mit dem Abschluss des Geschäfts bedingt entstanden. Die Bedingung ist in der hier behandelten Fallgestaltung die Leistung des Dritten (Abs. 1 S. 3). Leistet er nicht, bleibt der Provisionsanspruch deshalb zunächst in der Schwebe. Wann dieser Schwebezustand beendet wird, ergibt sich aus den allgemeinen Lehren des bürgerlichen Rechts: er endet auch hier, wenn feststeht, dass der Kunde nicht leisten wird. Denn dann ist die Bedingung ausgefallen. Der Provisionsanspruch kann endgültig nicht mehr entstehen. Darüber, unter welchen Voraussetzungen feststeht, der Dritte werde nicht mehr leisten, wird das zu Rn 46 ff. Gesagte entsprechend zu gelten haben. Die Nichtausführung des Geschäfts ist auch dergestalt denkbar, dass beim Kauf durch Kundenfinanzierung eine Rückbelastung des Verkäufers eintritt, wenn der Käufer die Darlehensraten gegenüber dem Finanzierungsinstitut nicht einhält und dieses die Kaufsache auf Grund Sicherungseigentums an sich nimmt.263 Auch hier ist die gleiche Einschränkung zu machen wie zu Rn 43 f. Wenn der Dritte 53 deshalb endgültig nicht leistet, weil auf Seiten des Unternehmers eine durchgreifende Leistungsstörung vorliegt, wird der Provisionsanspruch ausschließlich aus Abs. 3 beurteilt und gegebenenfalls nach den dortigen Regeln gewährt. Denn daraufhin liegt wiederum die Quelle der Leistungsstörung, als das Primäre, beim Unternehmer. Dieser Fall kann auch dann eintreten, falls Zug um Zug zu leisten gewesen wäre. Ist allerdings der Dritte vorleistungspflichtig und hat er keinen Grund zur Seite, sein endgültiges Nicht52

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259 OLG Oldenburg, Urt. v. 12.7.2011 – 13 U 16/11, MMR 2011, 733; OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. 260 BGHZ 91, 370 (372); OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; Westphal I Rn 561; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 261 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. 262 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 17. 263 AA, auf die formale Erfüllung des Kaufvertrages abstellend und deshalb wenig überzeugend: LG Wuppertal NJW 1958, 423.

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leisten mit einer Vertragsverletzung durch den Unternehmer (etwa weil dieser schon im Voraus seinen mangelnden Erfüllungswillen oder seine fehlende Erfüllungsfähigkeit hat offenbar werden lassen) zu rechtfertigen, so käme es nicht auf Erörterungen darüber an, wieweit der Unternehmer seiner eigenen Leistungspflicht demnächst würde nachkommen können = zumutbar nachkommen müssen oder nicht; der Provisionsanspruch wäre bereits erloschen.264 Denn der Unternehmer würde das Ausbleiben der Leistung des – vorleistungspflichtigen – Dritten stets zum Anlass nehmen dürfen, seinerseits nicht erfüllen zu brauchen; das ergibt sich aus § 320 BGB, und mehr ist ihm nicht zuzumuten. Hier wiederum im Zug-um-Zug-Leistungsverhältnis muss der Unternehmer mindestens erfüllungsbereit gewesen sein, wenn die (endgültige) Nichtleistung des Dritten den Provisionsanspruch zum Erlöschen bringen soll, arg. § 756 ZPO. Setzt der erfüllungsbereite Unternehmer dem zunächst erst im Verzug befindlichen Dritten die Frist aus § 323 BGB, so steht die Nichtleistung des Dritten aus Rechtsgründen fest, sobald er die Frist verstreichen lässt und der Unternehmer daraufhin vom Vertrag zurücktritt; wählt der Unternehmer dagegen den Schadensersatz, so entfällt der Provisionsanspruch erst, wenn feststeht, dass auch der Schadensersatz, soweit er an die Stelle der Leistung des Dritten tritt, nicht zu realisieren ist. Hat der Dritte sich schon vor jeglicher Durchführung des Vertrages von seiner Verpflichtung losgesagt, braucht der Unternehmer erst recht weder aus § 323 Abs. 1 BGB vorzugehen (s. § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB) noch seine eigene Leistung bereitzuhalten. Der Anspruch auf die Provision ist ndgültig dahin.265 Leistet schließlich der vorleistungspflichtige Dritte nicht, weil ihm eine Einrede aus 54 § 321 BGB zu Gebote steht, wird man von einer endgültigen Weigerung noch nicht sprechen können, sondern erst dann, wenn der zur Einrede berechtigende Tatbestand des § 321 BGB sich auf unabsehbare Zeit verfestigt hat. Dann freilich wäre auch hier der Provisionsanspruch nicht mehr gegeben; anders nur, sofern die Verschlechterung in den Vermögensverhältnissen des vorleistungspflichtigen Unternehmers von diesem i.S. des Abs. 3 zu vertreten ist. Liegt eine bloße Schlechtleistung des (sachleistungspflichtigen) Dritten vor, so ist 55 die gesetzliche Bedingung für das Endgültigwerden des Provisionsanspruchs (hier: des Einkaufsvertreters) eingetreten, wenn der Unternehmer die Leistung nicht von vornherein zurückweist. Ungerechtfertigte Zurückweisung wegen angeblicher Schlechtlieferung lässt den Provisionsanspruch gleichwohl endgültig entstehen. Gerechtfertigte Zurückweisung der angedienten mangelhaften Ware a limine belässt das Leistungsangebot des Dritten im Stadium des bloßen Erfüllungsversuchs; ob er wiederholt werden kann, hängt vom Recht zur zweiten Andienung ab. Danach und ggf. an deren Schicksal entscheidet sich, wieweit von einer echten Nichterfüllung (Nichterfüllbarkeit) der Leistung des Dritten als feststehend gesprochen werden kann, sofern der Unternehmer nicht nach § 323 BGB (s.o.) vorgegangen ist. Erfolgreicher Rücktritt nach geschehener Annahme als Erfüllung versetzt den Erfüllungsakt des Dritten zurück in den Stand der Nichterfüllung. Sie entzieht einer etwa schon gezahlten Provision den Rechtsgrund. Gegenüber dem Anspruch auf noch nicht gezahlte Provision verteidigt der Unternehmer sich nunmehr aus Abs. 3. Nach erfolgreicher Durchsetzung eines Minderungsverlangens nach § 441 BGB muss die Leistung des Dritten für die Provision im Umfang der Reduktion der Gegenleistung als nicht erbracht behandelt werden. Bloße Mangelfolgeschäden aus der geschehenen Schlechtlieferung des Dritten, wenn sie später auftreten und geltend gemacht wer-

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Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 32. BGH MDR 1961, 312.

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den, berühren den Provisionsanspruch jedoch nicht (der Unternehmer kann die gezahlte Provision als Teil seines Schadens liquidieren). Wie ausgeführt muss der Unternehmer aber vertragsgemäß, und damit zum vertrag56 lich vorgesehenen Zeitpunkt, erfüllen. Nimmt er keine solche Erfüllung vor, schuldet er gem. Abs. 3 die Provision, und zwar ab dem Zeitpunkt, zu dem er gegenüber dem Dritten hätte erfüllen müssen. Weiter ist der Unternehmer gem. §§ 162, 242 BGB so zu behandeln, als habe er vertrags- und damit zeitgemäß erfüllt, mit der Folge der Provisionsberechtigung des HV. II. § 87a Abs. 3: Nichtausführung durch den Unternehmer 57 58

1. Verhältnis zu Abs. 2. Zum Verhältnis zu Abs. 2 siehe Rn 43 f. 2. Zweck. Störungen in der Abwicklung des Geschäfts bergen Risiken für den Unternehmer, wenn es nicht gelingt, sie durch Schadensersatzansprüche oder durch Eintritt von außenstehender Seite abzufangen. Der Gesetzgeber hatte zu entscheiden, inwieweit an solchen Risiken der HV für seine Provision zu beteiligen sei. Dabei ergibt sich, dass die Kopplung der positiven und negativen Provisionschancen mit den allgemeinen Unternehmerchancen hier, wo die Vermittlungsbemühungen des HV ihren Erfolg in dem Abschluss des Geschäfts gefunden haben, nicht mehr in gleichem Maße gerechtfertigt ist. Der Provisionsanspruch ist bereits bedingt, auch weil der HV die Ausführung des Kundengeschäfts nicht erzwingen kann.266 Er kann in seinem Fortbestand nicht mehr mit allen Risiken aus der Durchführung des Geschäfts belastet bleiben, nur weil es die Risiken des Unternehmers sind. Liegen sie in der generell beherrschbaren Sphäre des Unternehmers, geht das Risiko des Provisions-Zahlen-Müssens auf ihn über. Der Unternehmer ist aus dem zwischen ihm und dem Kunden geschlossenen Geschäft gegenüber dem Kunden zur Ausführung verpflichtet. Gegenüber dem HV besteht eine solche Verpflichtung nicht,267 die Ausführung oder Nichtausführung unterfällt im Grundsatz seiner Dispositionsfreiheit. Der Unternehmer kann das Geschäft deshalb entweder ganz unausgeführt lassen, nur zum Teil ausführen oder anders ausführen, als es abgeschlossen wurde. Die Folgen dieses Verhaltens sind für den HV (auf das einzelne Geschäft bezogen) grundsätzlich irrelevant. Denn in allen drei Fällen der Nicht-, Teiloder Andersausführung durch den Unternehmer bleibt das Provisionsrecht des HV jedoch erhalten.268 Er hat die wesentliche Nicht-, Teil- oder Andersausführung des Unternehmers nicht zu verantworten, so dass ihm sein Provisionsanspruch erhalten bleiben soll. In die zugunsten des HV entstandene Provisionsanwartschaft darf der Unternehmer nur unter den Voraussetzungen des Abs. 3 S. 2 eingreifen.269 Nachträgliche abweichende Vereinbarungen zwischen Unternehmer und Dritten berühren den Provisionsanspruch des HV270 ebenso wenig wie nach den §§ 162, 242 BGB, deren Rechtsgedanken Abs. 3 ausdrückt271 (und die subsidiär anwendbar wären). Wenngleich es keine gegenüber dem HV bestehende Pflicht des Unternehmers zur Ausführung des Kundengeschäftes gibt, hätte sich der Rechtsgedanke des Abs. 3 auch aus §§ 162, 242, 280 BGB entwi-

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266 OLG Koblenz BB 1973, 866 (867); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 16. 267 OLG Koblenz BB 1973, 866; Hopt § 87a Rn 20. 268 Hopt § 87a Rn 20. 269 OLG Celle NJW 1972, 879; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 3; Hopt § 87a Rn 13. 270 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 42. 271 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 39.

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ckeln lassen. Er ist auch in § 87b Abs. 2 S. 1 zum Ausdruck gekommen. Damit der HV die Provisionsabrechnung prüfen kann, sind die Gründe der Nichtausführung im Buchauszug nach § 87c Abs. 2 mitzuteilen (§ 87c Rn 137). Der Dispositionsfreiheit des Unternehmers, soweit sie sich in der Freiheit seiner 59 Reaktion auf Leistungsstörungen von Seiten des Dritten äußert, kann nach Abschluss des durch den HV geworbenen Vertrages mit dem Dritten – anders als bei der Entschließung über Annahme oder Ablehnung des Geschäftsabschlusses oder über Produktionseinstellung und Betriebsstilllegung (§ 86a Rn 90) – ein Einfluss auf das Schicksal des Provisionsanspruchs nur mehr begrenzt zugebilligt werden. Jetzt entscheidet nicht mehr die zum Schadensersatz aus § 280 BGB leitende verschuldete, insb. eine „willkürliche“, „schikanöse“ oder „unsachliche“, Disposition, sondern allein Abs. 3 über die Provision. Im Verhältnis zum HV engt der Entschließungsspielraum des Unternehmers sich ein auf das, was er angesichts der Leistungsstörung als ihm nicht mehr zumutbar ablehnen darf.272 Canaris273 will dem HV nach dem Rechtsgedanken des Abs. 3 Provision auch im Falle der vom Unternehmer zu vertretenden Unwirksamkeit des Vertrages zubilligen. Nach h.M. folgt dies aus den Grundsätzen des faktischen Vertrages (§ 84 Rn 102 ff.). 3. Die Regelungssystematik. Gemäß § 87a Abs. 3 hat der HV auch dann Anspruch 60 auf Provision, wenn feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen worden ist. Dies ist die Grundregel. Eine Ausnahme von dieser Grundregel bildet § 87a Abs. 3 S. 2. Danach entfällt ausnahmsweise der Anspruch im Falle der Nichtausführung durch den Unternehmer, wenn und soweit sie auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Hier manifestiert sich besonders augenfällig der Grundsatz, dass Umstände aus dem Verantwortungsbereich des Unternehmers nicht zum Entfallen des Provisionsanspruches führen. Bei der Nichtausführung durch den Unternehmer besteht aber eine Vermutung dafür, dass sie aus von dem Unternehmer zu verantwortenden Gründen geschieht. Die Sätze 1 und 2 des § 87a Abs. 3 begründen also ein Regel-Ausnahme-Verhältnis. 61 Grundsätzlich bleibt die Provisionspflicht des Unternehmers im Falle der Nichtausführung des Geschäftes durch den Unternehmer bestehen, es sei denn, jene Nichtausführung beruht auf Umständen, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Greift der Regelfall ein, hat der HV einen unentziehbaren274 Anspruch auf Provision. Gemeint ist die vertragsgemäß bedungene Provision, bei Fehlen einer solchen die Provision, deren Höhe nach § 87b bestimmt wird. Aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis und dem Grundsatz der Beweislastverteilung nach Gefahrensphären275 ergibt sich auch die Allokation der Beweislast: Die Ausnahme des § 87a Abs. 3 S. 2 – Entfallen des Provisionsanspruchs – hat der Unternehmer darzulegen und zu beweisen. Dieser Beweis ist regelmäßig schwer zu führen. Leistet der Unternehmer ein Surrogat,276 akzeptiert der Dritte dies und fehlt deshalb 62 ein Provisionsnachteil des HV, entsteht die Provision nach Abs. 1, 2 und auf Abs. 3 kommt es nicht an. Soweit der Unternehmer infolge der Nichtausführung oder der nicht vertragsgemäßen Ausführung die Gegenleistung erhalten bleibt,277 etwa im Fall des

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272 Siehe dazu die (leicht verkürzende) Formel des BGH NJW 1972, 629 (636). 273 Canaris § 17 Rn 57. 274 BGHZ 33, 92 (95); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 16. 275 So von OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200 (201) begründet. 276 Vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17. 277 BGH, Urt. v. 17.11.1983 – I ZR 201/83, NJW 1984, 1455; OLG Köln NJW-RR 1994, 226 (227); OLG Koblenz NJW-RR 1994, 295 = MDR 1993, 1187; LG Bückeburg MDR 1998, 665; Wolf/Ungeheuer NJW 1994, 1497; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19.

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§ 649 BGB,278 oder er ein Surrogat gewinnt, bestimmt sich das Provisionsrecht des HV nach Abs. 1 S. 3. Abs. 3 greift nur insoweit ein, als die als Provisionsbemessungsgrundlage dienende Leistung entfällt. 63

4. „Das Geschäft“. Voraussetzung dafür, dass der HV die Provisionen behalten kann, ist zunächst, dass ein wirksames Geschäft zwischen Unternehmer und Dritten (Kunden) zustande gekommen ist.279 Ist der vermittelte Vertrag nichtig, etwa wegen Formmangels nach § 125 BGB oder infolge einer Anfechtung, fehlt ein solches Geschäft.280

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5. Zeitpunkt der Nichtausführung. Der Zeitpunkt der vom Vertrag abweichenden Ausführung ist im Grundsatz irrelevant; logischerweise muss er nach Vermittlung und Abschluss des Kundengeschäftes liegen und – da der HV sonst keine Provision verdient haben kann – auch nach Beginn des HV-Vertrages (sonst wäre der Anwendungsbereich der §§ 84 ff. nicht eröffnet). Eine Analogie ist in vergleichbaren Situationen denkbar. Aber die Andersausführung kann sogar nach Beendigung des HV-Vertrages liegen und etwa Überhangprovisionen betreffen.281 Gerade nach Beendigung des HV-Vertrages mögen solche Unregelmäßigkeiten nahe liegen.282

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6. Der Regelfall des Abs. 3 S. 1. Der Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer – Fall des Abs. 1 S. 1 – soll nach Abs. 3 S. 1 die Tatsache der Nichtausführung durch den Unternehmer gleichstehen; genauer: die ganze oder teilweise Nichtausführung des Geschäfts oder seine Nicht-so-Ausführung, wie es abgeschlossen worden ist. Die „Nichtso-Ausführung“, d.h. die nicht vertragsgemäße Ausführung, ist ein Unterfall („Minus“) der Nichtausführung, was wegen der fehlenden Nennung der nicht vertragsgemäßen Ausführung in S. 2 bedeutend ist. Der HV soll seiner Anwartschaft auf die durch den Abschluss verdiente Provision nicht dadurch verlustig gehen, dass die Ausführung in der Sphäre des Unternehmers unterbleibt. Gesetzgeberisch ist damit ein Negativum zur Auffangbedingung für das Unbedingt-werden des Provisionsanspruchs283 erhoben; der Eintritt dieser Auffangbedingung ist in die Form gekleidet, dass „feststehen“ muss, der Unternehmer werde nicht (nicht „so“) ausführen. Die Gründe für die nicht vertragsgerechte Leistung des Unternehmers sind für Abs. 3 S. 1 unerheblich,284 etwa wegen „Rücknahme“ (= Storno) des Angebotes des Dritten, einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung,285 mangelnder Wirtschaftlichkeit des Geschäfts,286 Insolvenz des Unternehmers,287

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278 Da der Besteller von vornherein das Kündigungsrecht nach § 649 BGB hat, liegt streng genommen kein Fall der nicht vertragsgemäßen Ausführung vor, vgl. Hopt § 87a Rn 21. 279 OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, IHR 2014, 103 = BeckRS 2013, 16283; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 49; Oetker in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 13. Aufl. 2013, § 87a HGB Rn 13. 280 OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, IHR 2014, 103 = BeckRS 2013, 16283; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 49. 281 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. 282 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. 283 BGH MDR 1961, 312. 284 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 50; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 19; Hopt § 87a Rn 21; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 31. 285 BGH HVR (56) Nr. 119; Grund: Keine Einigung zu Lasten des HV; vgl. Hopt § 87a Rn 21. 286 LG Bielefeld HVR (58) Nr. 178; sogar eigene Vertragsuntreue des Unternehmers, Hopt § 87a Rn 21. 287 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); RGZ 63, 69 ff.

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die Nichtleistung des Dritten auf einer Einrede des nicht erfüllten Vertrages (§ 320 BGB) oder einem Rücktritt nach § 323 BGB beruht oder weil sich der Dritte nicht vertragskonform verhält und der Unternehmer deshalb berechtigt vertragliche oder gesetzliche Gestaltungsrechte ausübt. Es ist also keine Unmöglichkeit i.S.d. § 275 BGB288 oder Unzumutbarkeit der Ausführung des Geschäfts für den Unternehmer erforderlich.289 Gleichfalls ist unerheblich, ob nach Abschluss des Kundenvertrags der Provisionssatz geändert worden ist.290 Die Gründe der Nichtausführung gewinnen erst für Abs. 3 S. 2 als zweiten Prüfungsschritt Bedeutung. Für Abs. 3 S. 1 als ersten, vorrangigen Prüfungsschritt kommt es lediglich auf die nicht vertragsgemäße Ausführung des Kundengeschäfts auf der Grundlage des ursprünglich vereinbarten Vertragsinhalts an.291 Dabei ist das vertraglich Intendierte (der Vertragsinhalt) mit dem abgewickelten Vertrag zu vergleichen. Obwohl auch die Ausübung vertraglicher Gestaltungs- oder Gewährleistungsrechte Rechte aus dem abgeschlossenen Geschäfts sind, müssen sie bei der Prüfung des Inhalts eines „Abschlusses“ (der Vertragskonformität) ausgeblendet werden. Anderenfalls würde man zu dem Zirkelschluss gelangen, dass bei Ausübung solcher Rechte durch den Kunden, etwa wegen eines Fehlers der Ware, der Provisionsanspruch nicht nach Abs. 3 bestände sondern nach Abs. 2 entfiele, weil z.B. der Rücktritt des Kunden keine Nichtausführung entgegen dem abgeschlossenen Vertrag bildete. a) Ganz oder teilweise nicht oder nicht so ausführt, wie es abgeschlossen wor- 66 den ist = Nicht- oder Andersausführung. Sie setzt voraus, dass das Geschäft überhaupt wirksam ist und der Unternehmer dem Dritten gegenüber verpflichtet ist.292 Gemeinsam ist beiden nachfolgend genannten Alternativen, dass die Vertragsausführung „vertragswidrig“ vom Ursprungsvertrag abweicht, dort also nicht angelegt war. Was vertragsgemäß ist, bestimmt sich nach dem Inhalt des Ursprungsvertrages.293 Denn mit der Ausrichtung auf ihn ist der Provisionsanspruch bedingt entstanden. Der Unternehmer entscheidet über den Inhalt des Kundenvertrages. Es obliegt daher ihm, welche Regelungen er dort trifft und er darf vor dem Abschluss des Kundengeschäftes auch Änderungen hineinverhandeln. Den so geschlossenen Vertrag muss der HV hinnehmen. Schließlich könnte der Unternehmer den Vertragsschluss ganz ablehnen (Rückschluss aus § 86a Abs. 2 S. 2).294 Was im Ursprungsvertrag nicht vereinbart war, darf der Unternehmer dem Provisionsanspruch nur unter den derogationsfesten Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 entgegenhalten, es sei denn, der HV hat sich damit einverstanden erklärt.295 Das ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Abs. 3, weil auch spätere Vertragsänderungen „abgeschlossen“ wurden. Es handelt sich aber um eine verständige Auslegung der Norm nach Sinn und Zweck, notfalls um eine teleologische Reduktion. „Übersetzt“ würde der Gesetzestext also lauten „wie es ursprünglich abgeschlossen wurde …“. War ein Grund zur „Andersausführung“ bereits wirksam im Ursprungsvertrag vereinbart, fehlt eine vom Ursprungsvertrag abweichende Ausführung und das Provisionsrecht entfällt (Rn 58).

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288 Hopt § 87a Rn 25. 289 Hopt § 87a Rn 25. 290 Hopt § 87a Rn 25. 291 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 19. 292 Hopt § 87a Rn 21. 293 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 466; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 52. 294 Emde EWiR 2014, 452. 295 Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 30.

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Steht der Kundenvertrag von vornherein unter einem Änderungsvorbehalt,296 einer auflösenden Bedingung297 oder einem vertraglichen Rücktrittsvorbehalt,298 liegt keine von Abs. 3 erfasste nachträgliche Änderung vor. Der HV muss dann die Ausübung der Änderungsoption durch den Kunden akzeptieren und darf keine Provision nach der vom Kunden nicht gewählten Alternative fordern. Im Einzelnen: aa) Erster Unterfall: Die Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … ausführt“) (1) Grundsätzliches. Es handelt sich um die vollständige Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, im Gegensatz zu der teilweisen Nichtausführung oder der gegenüber dem Vertrag abweichenden Ausführung nach der zweiten, unter bb) genannten Alternative. Zu Fallgruppen unten, unter bb (2). Wie sich aus dem systematischen Ort der Bestimmung ergibt, hat sie unmittelbare Bedeutung für den Fall, dass das Unbedingtwerden des Provisionsanspruchs auf die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer gestellt ist und gerade von ihr abhängt (Abs. 1 S. 1; weil er vorleistungspflichtig ist). Weit bedeutsamer aber ist die mittelbare Verknüpfung, die dort sichtbar wird, wo der Dritte gerade nicht leistet, weil der Unternehmer seinerseits nicht leisten kann oder nicht leisten will oder (bei Stornierung des Auftrags)299 nicht leisten soll. Die Leistung des Dritten (= Kunden) ist in Abweichung von Abs. 1 S. 1 ganz überwiegend vertraglich vorgeschriebene Bedingung für das Entstehen des Provisionsanspruchs. Steht die Nichtleistung des Dritten fest, so würde damit die Bedingung endgültig ausgefallen sein. Hier nun gelangt die Auffangfunktion des Abs. 3 S. 1 zur Wirkung. Die Nichtleistung des Dritten, wenn und weil der Unternehmer nicht leistet, ist provisionsrechtlich unschädlich. Erbringt der vorleistungspflichtige Unternehmer seine Leistung nicht und wäre das 68 Unbedingtwerden des Provisionsanspruchs durch unternehmerseitige Ausführung des Geschäfts vertraglich abbedungen, so kann der HV die Provision gleichwohl nicht beanspruchen, sofern feststeht, dass auch der Dritte ganz unabhängig hiervon seine Leistung nicht erbracht haben würde, etwa weil er vor Fälligkeit derselben in Vermögensverfall geriet. Beweispflichtig hierfür wäre allerdings der Unternehmer, wie sich aus Abs. 3 S. 2 und aus den Beweisgrundsätzen zur alternativen bzw. hypothetischen Kausalität ergibt. Hat dagegen der vorleistungspflichtige Dritte (= Kunde) seine Leistung erbracht, obwohl feststeht, dass der Unternehmer das Geschäft nicht ausführen wird, etwa weil der Dritte bereits die Gefahr der zufälligen Unmöglichkeit der Unternehmerleistung zu tragen hatte, so ist der Provisionsanspruch bereits zum unbedingten, zwingend und spätestens mit der Leistung des Dritten erstarkt. Hätte der Dritte nach eigener Vorleistung wegen ausgebliebener Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer Rücktrittsrechte und macht er von ihnen Gebrauch, so steht damit zwar seine Nichtleistung fest, aber zugunsten des HV greift Abs. 3 S. 1 ein. 67

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296 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 18, 22; aA Hopt § 87a Rn 20. 297 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 = EWiR 2014, 451 (Emde) Rn 18; Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 6/89, NJW-RR 1991, 155 unter I 1; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 27. 298 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 33, 445; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 11; offen gelassen von BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 11. 299 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25.

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(2) Beispiele für eine das Provisionsrecht des HV erhaltende Nichtausführung Die Leistung des Unternehmers ist objektiv unmöglich;300 69 Der Unternehmer wird insolvent;301 Das Kundengeschäft wird einvernehmlich rückgängig gemacht;302 Der Unternehmer leistet nicht,303 etwa mangels Wirtschaftlichkeit;304 Der Unternehmer weigert sich auszuführen und der Kunde fügt sich dem und tritt deswegen vom Geschäft zurück.305 Ein vermitteltes Dauerschuldverhältnis wird vorzeitig beendet;306 Der Unternehmer muss zufolge Anfechtung des Geschäfts in der Insolvenz des Dritten das von jenem Geleistete wieder herausgeben; Der Unternehmer erlässt die Forderung, etwa aus „Kulanz“, obwohl sie durchsetzbar gewesen wäre;307 Das Geschäft wird storniert;308 Der Unternehmer übt ein nicht bereits im Ursprungsvertrag geregeltes Gestaltungsrecht aus, etwa ein Kündigungsrecht.309 bb) Zweiter Unterfall: Die nicht vertragsgemäße Erfüllung des Geschäfts durch den Unternehmer („nicht … so ausführt“)

(1) Grundsätzliches. Sie ist entweder eine mangelhafte (einschließlich der aliud- 70 Lieferung), eine teilweise oder eine verspätete310 (Fallgruppen unter (2). Erforderlich ist immer, dass deshalb der Kunde nicht wie vertraglich vorgesehen leistet und infolgedessen der HV ohne Abs. 3 einen Provisionsnachteil erleiden würde (weil sonst ein Provisionsrecht nach Abs. 1 S. 3 entstehen würde). Wird die mangelhafte Lieferung vom Dritten von vornherein zurückgewiesen, so 71 liegt noch keine Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer vor.311 Daher ist der Fall, dass damit die nicht vertragsgemäße Leistung „feststeht“ (Rn 76) nur gegeben, wenn die ordnungsgemäße Leistung nicht mehr möglich ist,312 etwa: bei Gattungsware wegen Untergangs des Restes der Gattung und gleichzeitiger Nichtbehebbarkeit des Mangels der angebotenen Lieferung; bei Spezieslieferung wegen Nichtbehebbarkeit des Mangels des angebotenen Gegenstandes; in beiden Fällen auch wegen nachträglichen finanziellen Leistungsunvermögens des Unternehmers, den Mangel zu beheben und damit eine vertragsgerechte Lieferung nachzuholen. Sonst aber muss grundsätzlich abgewartet werden, ob es noch zu einer mangelfreien Lieferung kommt; wenn ja, gelten die Grundsätze über verspätete Lieferung (s.u., Rn 73).

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300 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 51; Hopt § 87a Rn 22. 301 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/ Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25; v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); RGZ 63, 69 ff.; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 51. 302 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 51. 303 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 51. 304 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 51. 305 Hopt § 87a Rn 22. 306 Hopt § 87b Rn 16; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 12 (analoge Anwendung). 307 BGH MDR 1963, 312 zum alten Recht. 308 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. 309 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 51; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 19. 310 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 52. 311 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 53. 312 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 53.

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Hat der Dritte die mangelhafte Leistung zunächst entgegengenommen, verlangt er aber Rücktritt, so hat der Unternehmer das Geschäft zwar „ausgeführt“. Aber auf Grund des Rücktritts wird sein Erfüllungshandeln in den Stand der Nichterfüllung zurückversetzt.313 Verlangt der Dritte Minderung, so ist es für die Provision so anzusehen, als habe der Unternehmer teilweise erfüllt:314 für den erfüllten Teil (und den ihm entsprechenden, dem Unternehmer verbleibenden Teil der Gegenleistung des Dritten) ist der Provisionsanspruch schon nach Abs. 1 S. 1, 3 gegeben, und im Ausmaß der Reduzierung des Kaufpreises nach Abs. 3 S. 1;315 der HV erhält seine Provision zum vollen Betrag. – Verlangt der Dritte Schadensersatz im Wege der Differenzrechnung, ist die Leistung des Unternehmers nur noch Rechnungsposten in der Schadensrechnung; sie wird nicht mehr erbracht und wird als nicht erbringungsfähig behandelt. Das ist dann der Fall der 1. Alt. Der HV hat ein volles Provisionsrecht. Anders liegt es, wenn der Unternehmer das Geschäft verspätet ausführt. Sieht man 73 von den Fällen des Fixgeschäfts ab (früher: § 361 BGB, § 376 HGB), bei denen die nicht termingerechte Erfüllung Nichterfüllung bedeutet und deshalb der Dritte ohne weiteres zurücktreten kann, so wird (und muss) der Dritte – sofern er nicht inzwischen den Mechanismus des § 323 BGB in Gang gesetzt hat – die wenngleich verspätete Leistung annehmen und ist auf die Geltendmachung des Verspätungsschadens beschränkt. Die aus Abs. 3 S. 1 sich provisionsrechtlich ergebende Folge ist die, dass der Provisionsanspruch in dem Augenblick zum unbedingten erstarkt ist, in welchem der Unternehmer das Geschäft hätte vertragsgemäß, d.h. termingerecht ausführen müssen.316 Ob der Dritte die Verspätung hinnimmt, ohne Ansprüche hieraus herzuleiten (vielleicht hat er keinen spezifischen Verspätungsschaden), spielt keine Rolle. Dass die Provision schon in dem Zeitpunkt unbedingt und damit liquidierbar wird, in welchem der Unternehmer termingemäß hätte ausführen müssen, hat Bedeutung für die Fälligkeit (Abs. 4) und über die Fälligkeit auch für eine etwaige Verzinsung (§§ 353, 354 Abs. 2, ggf. Verzugszins nach BGB). Beiden Fallgruppen ist Folgendes gemeinsam: Trifft die mangelhafte oder verspätete 74 Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer auf einen Dritten, der unabhängig hiervon ohnedies nicht geleistet haben würde, so nützt auch Abs. 3 S. 1 dem HV nichts. Es bewendet bei Abs. 2; der Anspruch auf Provision ist hinfällig. Hierfür ist der Unternehmer beweispflichtig. (2) Beispiele für eine das Provisionsrecht des HV erhaltende Teil- oder Andersausführung 75 −

Die Leistung des Unternehmers erfolgt als Minderleistung,317 vorzeitig,318 andersartig,319 unvollständig,320 mangelhaft321 oder verspätet322 und der Kunde leistet aus diesem Grunde nicht oder teilweise;

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313 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 53. 314 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 53. 315 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 53. 316 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 54. 317 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 12. 318 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17. 319 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17. 320 OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200 (202); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17. 321 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17. 322 BGHZ 33, 95; BGH WM 1998, 723; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17; Hopt § 87a Rn 21.

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Es liegt eine zwischen Unternehmer und Kunden nachträglich getroffene Abrede vor, wonach die Kundenzahlung auf andere Forderungen des Unternehmers verrechnet werden soll323 (aber dann dürfte Abs. 1 S. 3 eingreifen); Der Unternehmer ändert die Tarifstufe des vermittelten Finanzprodukts.324

b) Feststeht. Nicht anders als unter Abs. 2 (TB-Merkmal dort: „steht fest“) Es muss 76 auch unter Abs. 3 objektiv feststehen,325 dass eine vollständige oder teilweise Nichtoder Andersausführung wider die vertraglichen Bestimmungen vorliegt. Die subjektive Einschätzung des HV, eine hohe Wahrscheinlichkeit oder die Erfüllungsverweigerung des Unternehmers genügen nicht.326 Dies kennzeichnet die Beweislast und bestimmt zugleich den Zeitpunkt der Fälligkeit. Es gilt das zu Abs. 2 Gesagte (Rn 46), auch dazu, ob der Unternehmer die Forderung einklagen muss, damit die Tatsachen „feststehen“ (Rn 49). Dass eine vertragsgemäße Ausführung unmöglich ist, steht etwa fest, sofern die Leistung des Unternehmers objektiv unmöglich geworden oder das Kundengeschäft einvernehmlich aufgehoben oder rückgängig gemacht worden ist.327 Gleiches gilt, wenn der Unternehmer die Ausführung des Kundengeschäfts verweigert und sich der Dritte dagegen nicht zur Wehr setzt.328 Zur Beweislast Rn 144 f. c) Fälligkeit. Spätestens im Moment des Feststehens tritt, wie der Wortlaut des 77 Abs. 3 S. 1 zeigt, auch die Fälligkeit ein,329 wahrscheinlich bereits zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Unternehmer vertragsgemäß hätte leisten müssen.330 Denn der Unternehmer soll durch die Andersausführung, die aus seiner Sphäre herrührt, keine Vorteile gewinnen, auch nicht beim Fälligkeitszeitpunkt. Entscheidend ist der ausbleibende Leistungserfolg, nicht die Leistungshandlung des Unternehmers.331 d) Konkurrierender Schadenersatzanspruch. Auch wenn der Unternehmer aus dem 78 konkreten Geschäft nur seinem Kunden verpflichtet ist, kann die Nichtausführung eine Pflichtverletzung gegenüber dem HV darstellen. Zwar wird gerade vor dem Hintergrund des § 87a Abs. 3 S. 1 insoweit dem Unternehmer ein weites Ermessen zugebilligt, weil der HV durch die Nichtausführung regelmäßig keinen wirtschaftlichen Schaden erleidet. Zumindest aber dann, wenn es für die Nichtausführung des Geschäfts aus der Warte eines objektiven Dritten keine nachvollziehbaren Gründe gibt, konkurriert mit dem Provisionsanspruch aus Abs. 3 ein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB;332 der bedeutsam wird,

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323 OLG Nürnberg BB 1963, 1313 (Verrechnung auf die Kosten einer vom Dritten zusätzlich übernommenen Montage des Kaufgegenstandes; anders bei Verrechnung auf die Kosten der Teilfinanzierung des Kaufpreises). 324 OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, BeckRS 2013, 16283. 325 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 18; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 55; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 14. 326 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 55; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 18; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 10; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 14; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 46. 327 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 87a Rn 55; Oetker/Busche § 87a Rn 14; Hopt § 87a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 46. 328 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 87a Rn 55; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 46. 329 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17. 330 So Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 30. 331 BGH VersR 1983, 371 (372). 332 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; aA OLG Koblenz BB 1973, 866; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 57; Hopt

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wenn ein über das Provisionsinteresse hinausgehender Schaden existiert. Es lässt sich sogar diskutieren, ob nicht in jeder zu vertretenden Nichtausführung eine solche Pflichtverletzung liegt, oder – das gegenteilige Extrem – ob Abs. 3 insoweit eine abschließende Spezialregel bildet und außerhalb ihrer Rechtsfolge das Dispositionsrecht des Unternehmers weitergehende Ersatzansprüche ausschließt. Ein über das Provisionsinteresse liegender Schaden kann etwa in entgangenen Geschäften der Zukunft liegen, falls eine laufende Geschäftsbeziehung durch die Nichtausführung des Unternehmers unterbrochen oder verhindert wird, insb. falls der Unternehmer in einer Vielzahl von Fällen Kundenverträge aufhebt und der HV hierdurch der Kundenbeziehungen verlustig geht. Der Schadensersatzanspruch existiert nicht nur bei entsprechender Vereinbarung oder sittenwidriger Schädigung.333 Beweispflichtig für alle Voraussetzungen des Schadenersatzanspruchs ist der HV. 7. Ausnahme: § 87a Abs. 3 S. 2: Keine Provision bei Nichtvertretenmüssen des Unternehmers 79

a) Generelles. Die Handelsrechtsnovelle 1989 brachte die Einführung des § 87a Abs. 3 S. 2. Der Provisionsanspruch entfällt ausnahmsweise nur dann, wenn und soweit die Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Im Zweifel bleibt also das Provisionsrecht des HV bestehen.334 Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Ausführung sind seit der Novelle 1989 nicht mehr entscheidend. Betrifft die Nichtausführung nur einen Teil des Geschäfts, bleibt ein anteiliger Provisionsanspruch erhalten („soweit“).335 Ausreichend ist auch im Rahmen des Abs. 3 S. 2, dass der Unternehmer das Geschäft 80 tatsächlich nicht ausführt. Nach dem Wortlaut des Abs. 3 (ebenso Art. 11 Abs. 1 RL) scheint S. 2 im Gegensatz zu S. 1 nur bei der Nichtausführung und nicht bei nicht vertragsgemäßer Ausführung möglich zu sein.336 Unter die Nichtausführung fällt jedoch auch die nicht vertragsgemäße Ausführung gem. Abs. 3 S. 1 Alt. 2 als Unterfall der Nichtausführung, so dass der Regelungsgehalt des S. 2 den des S. 2 1 spiegelt.337 Es wäre a maiore ad minus nicht einzusehen, warum im schwerwiegenden Fall des totalen Vertragsbruchs, der Nichtausführung, der Entlastungsbeweis zulässig sein soll, nicht jedoch im Fall des bloßen „nicht so Ausführens“ als schlechtestenfalls partiellen Vertragsbruchs. Entscheidend ist allein das Nichtvertretenmüssen des Unternehmers. Ein Vertre81 tenmüssen i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 setzt kein persönliches Verschulden voraus. Es kommt deshalb nicht immer – was allerdings regelmäßig genügt338 – auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit339 des Unternehmers oder seiner Erfüllungsgehilfen (§§ 276, 278 BGB) an340 oder auf

_____ § 87a Rn 2. Der Schadenersatzanspruch ist allerdings meist überflüssig, weil das Provisionsrecht nicht entfällt. 333 So aber Hopt § 87a Rn 23. 334 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 23. 335 Hopt § 87a Rn 24. 336 So auch Hopt § 87a Rn 20. 337 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 22; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 61; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 51; aA Thume BB 2012, 975 (976) nach dem sich der Unternehmer – nach Abs. 5 zwingend – bei vorzeitiger, mangelhafter, unvollständiger, verzögerter und verspäteter Teil- und Gesamtausführung niemals darauf berufen kann, dass dies auf von ihm nicht zu vertretenden Umständen beruht. 338 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 339 Fahrlässigkeit genügt, s. BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. 340 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, NJW 2014, 930 = ZVertriebsR 2014, 98 Rn 13; OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, BeckRS 2013, 16283; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1481.

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ein Einstehenmüssen bei der Gattungsschuld (§ 279 BGB). Vielmehr genügt wie im gesamten Handelsrecht (worauf es angesichts der europarechtlichen Präformation in Art. 11 Abs. 1 RL allerdings nicht ankommt; der Begriff ist europarechtskonform auszulegen)341 Einstehenmüssen für zurechenbare Risiken im Lichte des vertraglich Versprochenen.342 Mit Vertretenmüssen ist alles gemeint, was in die unternehmerische oder betriebliche Risikosphäre des Unternehmers fällt.343 Maßgeblich ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände unter angemessener Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gegebenheiten.344 Die Praxis ist mit Recht streng, so dass ein Nichtvertretenmüssen selten vorliegen dürfte345 der Tätigkeit des HV, die zum Abschluss des Geschäfts geführt hat, entspricht die ungeminderte Einstandspflicht des Unternehmers für seine Sphäre, wenn es um die Ausführung geht. Nichtvertretenmüssen kommt in erster Linie bei solchen Umständen oder Verhaltensweisen in Betracht, die auf Zufall,346 höherer Gewalt347 oder ausschließlich dem vom Unternehmer nicht zu beeinflussenden Risikobereich des Kunden beruhen.348 Deshalb entlastet den Unternehmer auch eine fehlerhafte rechtliche Beratung nicht. Er muss ggf. Schadenersatz beim Berater suchen. b) Beispiele für Vertreten- und Nichtvertretenmüssen aa) Einzelbeispiele für ein Vertretenmüssen des Unternehmers. Der Unterneh- 82 mer hat folgende Risiken zu vertreten: − Mangelnder Abruf des Kunden bei einem Kaufvertrag auf Abruf;349 − Abspringen des Kunden wegen Lieferversäumnis des Unternehmers;350 − Nicht im Ursprungsvertrag vereinbarte nachträgliche Änderung, Rückgängigmachung, inhaltliche Änderung oder Aufhebung des Vertrages;351 − Arbeitskräftemangel in seinem Unternehmen, 352 wohl auch bei generellem Arbeitskräftemangel; − Auflösung oder Änderung des Kundengeschäftes wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage, soweit der Grund aus der Sphäre des Unternehmers stammt;353

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341 Canaris § 17 Rn 69. 342 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Holling DB 1960, 79; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 23; Hopt § 87a Rn 26; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 53. 343 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, NJW 2014, 930 = ZVertriebsR 2014, 98 Rn 13; BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25: Einstehenmüssen für „übernommenes Risiko“; OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, BeckRS 2013, 16283; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1481; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 37. 344 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, NJW 2014, 930 = ZVertriebsR 2014, 98 Rn 13; Beschl. v. 1.10.2013 – VII ZR 228/12 Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 23; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87a Rn 19; MünchkommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 53. 345 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 461. 346 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 53. 347 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62. 348 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 23. 349 BGH, Urt. v. 11.10.1990, NJW-RR 1991, 155 (158); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 11. 350 BGH BB 1961, 147. 351 OLG Frankfurt NJW-RR 1990, 356; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 64; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 18, 41; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 30. 352 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 27; Hopt § 87a Rn 27. 353 Canaris § 17 Rn 69.

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Unterbliebene Ausführung des Vertrages, weil der Unternehmer bei dem Geschäft wegen fehlerhafter oder irriger Kalkulation354 bzw. wegen inzwischen veränderter Marktlage seine Rechnung nicht mehr findet.355 Das Gleiche gilt bei Unterlassen der Ausführung des Geschäfts infolge Einstellung des Betriebes oder der Produktion.356 Der Provisionsanspruch bleibt insbesondere erhalten, falls der Unternehmer den Betrieb aufgibt, nachdem er in der Erfüllung gegenüber dem leistungsbereiten Kunden säumig geworden war und das wiederholte Drängen des HV unbeachtet gelassen hatte;357 Falls der Unternehmer die ihm zumutbare gerichtliche Durchsetzung eines Anspruchs gegen den Kunden unterlässt (dazu oben, Rn 49), außer es handelt sich um die Erstprämie in der Lebensversicherung (wegen § 37 Abs. 1 VVG);358 anders in der Sachversicherung.359 Es geht zwar streng genommen nicht um einen Fall des Abs. 3, weil die vom Unternehmer unterlassene gerichtliche Durchsetzung der Gegenleistung nicht zur Vertragsausführung zählt. Die Konstellation wird aber – auch hinsichtlich der Beweislastverteilung – analog Abs. 3 behandelt. Wird eine Folgeprämie nicht rechtzeitig gezahlt, bestimmt § 39 VVG, welche Maßnahmen ein Versicherer zu treffen hat. Es genügt nach Ansicht von Mecklenbrauck in einem Provisionsstreit mit dem VV, wenn der Versicherer nachweist, dass er die in § 39 VVG vorgesehenen Maßnahmen ergriffen hat;360 Verschulden von Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB);361 Hinnahme des vertragswidrigen Abspringens von Kunden ohne übliche, aussichtsreiche und zumutbare Maßnahmen zur Durchsetzung des Anspruchs;362 Insolvenz des Unternehmers363 (dazu Rn 108 ff.), insb. als Hauptvertreter gegenüber dem Untervertreter.364 Kampf365 will § 87a Abs. 3 S. 2 im Falle der Erfüllungsbereitschaft, jedoch faktischer Erfüllungsunmöglichkeit analog anwenden. Denn die unmittelbare Anwendung setze voraus, dass der InsV die volle Rechtsmacht zur Erfüllung des Geschäfts habe. Das dürfte abzulehnen sein. Die Norm gilt auch gegenüber dem InsV;

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354 Hopt § 87a Rn 26. 355 OLG Dresden OLGE 22, 1; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 28; Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87a Rn 6. 356 LAG Düsseldorf BB 1960, 1075; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 64; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 41, 54; aA LAG Stuttgart BB 1950, 674 = NJW 1951, 374 m. Anm. Reinicke. 357 LAG Stuttgart DB 1964, 1379. 358 BAG NJW 1968, 518; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; OLG Karlsruhe VersR 1982, 267; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160); Fleischmann VersR 1957, 9; Sundermann BB 1958, 542 (544, 546); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25; Hopt § 87a Rn 29; aA Hans BB 1957, 1060 (1061); BB 1958, 544 (546). 359 OLG Frankfurt VersR 1986, 462; Hopt § 87a Rn 29. 360 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160). 361 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62. 362 Hopt § 87a Rn 26. 363 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 64; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 23; Hopt § 87a Rn 26; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 11; MünchKommHGB/ von Hoyningen-Huene § 87a Rn 54; aA RGZ 63, 71 bei „schuldloser“ Insolvenz; AG Bonn, Urt. v. 10.6.2010 – 103 C 470/09; BeckRS 2011, 04575 (obiter dictum – nach den Umständen des Falles). Aber wie Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 53 zutreffend ausführt, kommt es bei der Verschuldensprüfung auf die Nichtausführung und nicht die Insolvenz an. 364 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde). 365 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 51.

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Kündigung des Kunden durch den Unternehmer nach § 649 BGB;366 Eigene Leistungsunfähigkeit;367 Lieferschwierigkeiten des Vorlieferanten,368 insb. Probleme des Bezugs und Transports der Rohstoffe.369 Der Unternehmer, der Grund hat, an der Leistungsfähigkeit seines Lieferanten zu zweifeln, muss sich über die Warenmenge, auf die er rechnen kann, Gewissheit verschaffen; konnte er nicht mit ausreichender Sicherheit auf die Beschaffung z.B. der zu verkaufenden Ware rechnen, so durfte er dem HV keine Verkaufsaufträge erteilen, und dieser hat aus den vermittelten Geschäften die volle Provision zu beanspruchen.370 Ganz allgemein hat der Unternehmer es zu vertreten, sofern Schwierigkeiten in der Rohstoffbeschaffung, betriebliche Überlastung oder Lieferschwierigkeiten bei den Vorlieferanten auftreten und daraufhin die Ausführung des Geschäfts unterbleibt;371 erst recht, wenn eine Überlastung der eigenen Kapazitäten den Grund hierfür abgibt;372 Mangelnde Policierung eines bereits abgeschlossenen Versicherungsvertrages;373 Nachbearbeitung und Stornogefahrmitteilungen – zu diesem Sonderfall nachfolgend Rn 84 ff.; Produktionsengpässe oder -schwierigkeiten im eigenen Unternehmen, auch durch zu hohe Auftragseingänge;374 Rücknahme von Materialresten unter Herabsetzung der Kaufpreises oder bei Anrechnung, sofern sie nicht bei Vertragsschluss vereinbart war;375 Mangelnde Rohstoffe;376 Fehlen rechtzeitiger Vorschläge zur Weiterführung notleidender Verträge;377 nachträgliche Risikoerhöhung, z.B. bei einem Versicherungsvertrag;378 bei im Kundenvertrag nicht vorgesehener Rücknahme der Ware aus Kulanz,379 etwa weil sie der Kunde nicht absetzen kann.380 Abweichendes kann ausnahmsweise bei langjährigen Kunden oder Großabnehmern gelten, die mit einem Abbruch der Geschäftsverbindung drohen und dem Unternehmer deshalb ein Beharren auf die Erfüllung des Vertrags unzumutbar ist;381 Stornierung (Aufhebung) des Geschäfts;382 Wenn die Stornierung auf einem Verhalten des Unternehmers beruht;383

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366 OLG Koblenz DB 1994, 208. 367 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 28. 368 BGH DB 1959, 940; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 11. 369 Eberstein 9. Aufl., S. 94 („Garantiehaftung“); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 64; Hopt § 87a Rn 26. 370 BGH DB 1959, 940; LAG Bremen DB 1960, 1212. 371 BGH DB 1959, 940; LAG Düsseldorf DB 1960, 813. 372 LAG Bremen DB 1960, 1212. 373 Platz VersR 1985, 621; Westphal I Rn 672. 374 RGZ 74, 167; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 24; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 11. 375 BGH, Urt. v. 11.10.1990, NJW-RR 1991, 155 (156); Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 12. 376 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 11. 377 BAG VersR 1968, 166; Westphal I Rn 680. 378 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 28. 379 Canaris § 17 Rn 69. 380 BGH NJW-RR 1991, 156; Urt. v. 7.5.1998 – III ZR 319/96, NJW-RR 1998, 1561 (1562); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6. 381 BGH, Urt. v. 13.7.1959 – II ZR 189/57, BB 1959, 864 (865); v. 13.10.1960 – VII ZR 224/59, VersR 1960, 1109; BAG, Urt. v. 9.12.1966 – 3 AZR 241/66, NJW 1967, 846; OLG Köln VersR 1978, 511; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54. 382 BGH MDR 1963, 312 zum alten Recht; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 64. 383 OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200 (203/204).

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Schwierigkeiten im eigenen Betrieb oder bei der eigenen Finanzierung;384 technische Schwierigkeiten des Betriebs;385 Eigenes Verschulden;386 Wegfall des Interesses an dem Kundengeschäft aus anderen Ursachen;387 Weigerung des Kunden, Ware wegen zu hohen Ausschusses abzunehmen;388 Mangelnde Wirtschaftlichkeit des Geschäftes;389 Eigene Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung.390 Das ergibt die Wertung, derzufolge ein Geldmangel generell zu vertreten ist.

bb) Einzelbeispiele für ein Nichtvertretenmüssen des Unternehmers. Der Unternehmer hat folgende Risiken nicht zu vertreten: – Dem Unternehmer ist die Änderung oder Einstellung des Betriebs eines Kunden391 oder dessen drohende oder tatsächliche Insolvenz392 nicht zurechenbar.393 So hat ein Reiseveranstalter, für den ein Reisebüro als HV vermittelt, hat die Insolvenz der eine Kreuzfahrt ausführenden Reederei nicht zu vertreten, sofern der Veranstalter diese Insolvenz nicht selbst herbeigeführt hat. Dies gilt insb., wenn der Unternehmer mit der Reederei in ständiger Geschäftsbeziehung stand; die Insolvenz unvorhersehbar war und der Unternehmer im Zeitpunkt der Reisebuchung keinen Anlass zu der Annahme gehabt hatte, die Reise würde wegen Schwierigkeiten der Reederei mglw. nicht durchgeführt werden.394 Anderes würde im Falle der Vorhersehbarkeit der Insolvenz gelten;395 – falls der HV selbst das Geschäft aufhebt, ohne durch Umstände aus der Risikosphäre des Unternehmers hierzu veranlasst worden zu sein; – Umstände, die in der Kautelarjurisprudenz als höhere Gewalt bezeichnet werden396 oder die Vertragsanpassung oder -beendigung im Falle des WGG,397 zufällige Unmöglichkeit,398 Eingriffe von hoher Hand,399 wie Material-, Transport-, Änderungen der Rechtslage, z.B. Export- oder Importsperre,400 Herstellungsverbote nach dem Abschluss,401 es sei denn, diese Eingriffe sind vorhersehbar und Ausweichmaß-

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384 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 24; Hopt § 87a Rn 26. 385 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = DB 2009, 2652 = EWiR 2010, 119 (Emde) Rn 25. 386 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 62. 387 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 28; Hopt § 87a Rn 26. 388 BGHZ 58, 140. 389 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 15; LG Bielefeld HVR Nr. 178; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6. 390 OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1481. 391 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65. 392 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702) – Untervertretervertrag; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65. 393 Hans BB 1957, 1060 (1061); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 29; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87 a Rn 55. 394 AG Bonn, Urt. v. 10.6.2010 – 103 C 470/09, BeckRS 2011, 04575. 395 AG Bonn, Urt. v. 10.6.2010 – 103 C 470/09, BeckRS 2011, 04575. 396 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 66. 397 Hopt § 87a Rn 28. 398 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 399 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 66; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 400 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 66. 401 LAG Düsseldorf BB 1960, 1075; Hopt § 87a Rn 28; aA OLG Frankfurt WM 1991, 867.

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nahmen möglich,402 unvorhersehbare Betriebsstörungen, Überschwemmung403 bzw. sonstige Verkehrshindernisse,404 Streiks beim Unternehmer oder Vorlieferanten,405 möglicherweise aber nicht bei Aussperrung, unvermeidbare Transportschwierigkeiten, ganz erhebliche, völlig außer Verhältnis stehende Verteuerung, so dass eine kostendeckende Herstellung unmöglich wird und die Geschäftsgrundlage entfällt,406 rechtskräftige Verurteilung zum Unterlassen der Lieferung407 (soweit nicht vom Unternehmer verschuldet) oder falls ein Außenstehender die Lieferung (etwa aufgrund von Schutzrechten) verbietet.408 Sofern die Ausführung des Kundengeschäfts zu einer Straftat, einer nicht gerechtfertigten Verletzung von Rechten Dritter oder der Rechte oder Pflichten des Unternehmers (Schutzrechte)409 leitet, etwa bei Gefahr eines unberechtigten Weiterverkaufs durch den Kunden,410 bzw. zu einem Verstoß gegen ein dem Unternehmer obliegendes Unterlassungsverbot, hat der Unternehmer die Nichtausführung des Kundengeschäfts nicht zu vertreten.411 Der Unternehmer hätte das betreffende Geschäft nicht schließen dürfen, so dass dem HV auch aus jenem Grunde kein Schaden erwächst und er keinen Schadenersatzanspruch geltend machen kann. Der Unternehmer muss aber einen Sekundäranspruch, etwa einen Schadenersatzanspruch in gleicher Weise wie den Erfüllungsanspruch durchsetzen, um dem HV die Provision aus der Ersatzleistung zahlen zu können;412 Falls der VN sich direkt an den Versicherer mit der Bitte um Stundung oder Beitragsreduzierung wendet und der Versicherer hierauf eingeht, soll nach Ansicht von Mecklenbrauck413 kein Verschulden des Versicherers vorliegen. Jener Wunsch genüge. Auch eine Nachbearbeitung bzw. die Übermittlung einer Stornogefahrmitteilung soll dann unnötig sein. Dies ist zweifelhaft, weil der Versicherer zur Vertragsänderung oder -aufhebung nicht gehalten ist und ein derart freiwilliges Verhalten in den Kernbereich des § 87a Abs. 3 fällt. Nur wenn der VN die Nichtdurchführung des Lebensversicherungsvertrages aus guten Gründen wünscht, etwa weil der abzusichernde Immobilienkauf nicht zustande gekommen war, so handelt es sich angesichts der Schutzpflichten gegenüber VN um einen nicht in die Risikosphäre des Unternehmers fallenden Nichtausführungsgrund;414

Eine Vermögensverschlechterung des Kunden mit Gefährdung der Kaufpreisforderung (§ 321 BGB). § 321 BGB entlastet den Unternehmer auch im Verhältnis zu seinem HV;415

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402 OLG München BB 1995, 1559; Hopt § 87a Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 403 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 66; Hopt § 87a Rn 28. 404 OLG Hamburg LZ 1915, 45510; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 66. 405 Hopt § 87a Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 406 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 66; Hopt § 87a Rn 28; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 37; s.a. OLG Köln VersR 1974, 287. 407 Hopt § 87a Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 408 Hopt § 87a Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 409 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 410 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 30; Hopt § 87a Rn 28. 411 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 30; Hopt § 87a Rn 28. 412 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 29. 413 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160). 414 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 415 BGH, Urt. v. 9.12.1974 – VII ZR 82/73, WM 1975, 181; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 29; Hopt § 87a Rn 28; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 55.

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Im Falle der berechtigten Ausübung vertraglicher oder gesetzlicher Rechte durch den Unternehmer wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Dritten,416 etwa Zurückbehaltungs-,417 Mangelgewährleistungsrechte des einen Einkaufsvertreter beauftragenden Unternehmers, berechtigt ausgeübte vertragliche oder gesetzliche Kündigung oder berechtigt ausgeübter Rücktritt,418 der gesetzlich vorgesehene Widerruf bei Teilzahlungs- oder Haustürgeschäften (§ 355 BGB)419 sowie die Ausübung des dem Kunden in dem vom HV herbeigeführten Kundenvertrag vorbehaltenen Rücktrittsrechts. Ebenso darf der Unternehmer, ohne provisionspflichtig zu bleiben, ein Rücktrittsrecht ausüben, welches ihm bereits in dem vom HV herbeigeführten Kundenvertrag vorbehalten ist.420 Streng wörtlich könnte man hier bereits argumentieren, der Vertrag werde nicht vertragswidrig ausgeführt (dazu oben, Rn 65), weil der Unternehmer ein vertragliches Recht in Anspruch nimmt; Falls – wie es das Gesetz vor der Novelle 1990 ausdrückte – „in der Person des Dritten ein wichtiger Grund für die Nichtausführung vorliegt“, etwa der Verdacht eines rechtswidrigen, zum Beispiel patentverletzenden Gebrauchs des zu Liefernden.421 Die hierzu ergangene Rspr. kann vorsichtig übernommen werden.422 Nicht verschuldet hat der Unternehmer deshalb Umstände aus der Risikosphäre des Dritten (= Kunden), welche der Unternehmer durch eigene zumutbare Maßnahmen, etwa die unten genannte Nachbearbeitung, nicht beeinflussen kann.423 Ist z.B. der Vertrag nicht zustande gekommen, weil der Kunde eine notwendige Erklärung nicht abgegeben hat, so steht fest, dass den Unternehmer kein Verschulden am Nichtzustandekommen des Vertrages trifft;424 wenn eine Mindestteilnehmerzahl für das Zustandekommen einer vermittelten Reise mit dem Kunden vereinbart war und jene Mindestzahl nicht erreicht wird.425 Richtigerweise handelt es sich um eine bereits im Ursprungsvertrag vereinbarte auflösende Bedingung oder ein vertragliches Rücktrittsrecht,426 so dass der Vertrag nicht abweichend vom Ursprungsvertrag ausgeführt wurde. Diskussionswürdig ist die Hilfsbegründung des BGH, aufgrund der vereinbarten Mindestteilnehmerzahl sei für den HV von Anfang an deutlich gewesen, dass die Reise ungewiss sei. Das Nichtzustandekommen der Reise unterfalle damit nicht dem Risikobereich des Unter-

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416 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65. 417 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65: nach Ansicht des OLG München, Urt. v. 24.5.2007 – 4 HKO 1124/00 sowie Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65 bestehen aber Einschränkungen: Ein ZBR gegenüber dem Kunden rechtfertigt nicht in jedem Fall die Nichtauslieferung. Voraussetzung soll eine objektiv feststehende Zahlungsunfähigkeit oder ein berechtigter Insolvenzverdacht sein. Das ist zweifelhaft, weil ein ZBR ein dem Unternehmer aus dem Ursprungsvertrag zustehendes, vertragliches Recht ist. 418 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 419 OLG Karlsruhe NJW-RR 1993, 1274; Rewolle DB 1964, 467 (469); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 65; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 6, 19; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 22. 420 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V, Rn 33, 445; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; offen gelassen von BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 11. 421 Hopt § 87a Rn 28. 422 OLG Oldenburg, Urt. v. 12.7.2011 – 13 U 16/11, MMR 2011, 733; Hopt § 87a Rn 28. 423 Kempfler NJW 1963, 524 zu unterbliebenen, notwendigen Mitwirkungshandlungen des Bestellers bei Werkverträgen; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 29. 424 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 425 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98; aA LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.10.2012 – 2 HK O 4186/12, BeckRS 2014, 05075 („fällt ohne Zweifel in die Risikosphäre des Unternehmers“). 426 Offen gelassen von BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 11.

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nehmers.427 Das lässt sich so generell nicht sagen, zumal auch die schlechte Qualität des Angebots (die der Unternehmer zu vertreten hätte) ursächlich sein kann und nicht nur, wie der BGH meint,428 die nicht ausreichende Vermittlung durch die HV. Da die Hilfsbegründung eine zumindest konkludente Risikozuweisungsabrede nahe legen könnte, dürfte sie auch im Widerspruch zum Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 87a Abs. 5 stehen. cc) Sonderfall: Nachbearbeitung und Stornogefahrmitteilungen (1) Problemstellung. Um ein Vertretenmüssen i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 zu vermeiden, 84 muss der Unternehmer von der Beendigung („Stornierung“) bedrohte und im Bestand gefährdete Verträge (meist Dauerschuldverhältnisse),429 hinreichend nachbearbeiten, d.h. sich um ihre Durchführung und Aufrechterhaltung („Stornoabwehr“) kümmern. Diese Obliegenheit besteht nur bei einer nach den Bestimmungen des vermittelten Ursprungsvertrags nicht vertragskonformen Bestandsbedrohung und wird insb. im Versicherungsvertrieb relevant430 (Rn 92; § 92 Rn 13 ff.). Die Problematik ist aber auf diese Branche beschränkt.431 Das gilt jedenfalls, soweit dort die Nachbearbeitung erwartet werden kann, etwa bei längerfristigen Dauerschuldverhältnissen. (2) Wahlrecht des Unternehmers zwischen eigener Nachbearbeitung und Wei- 85 tergabe von Stornogefahrmitteilungen. Der Unternehmer kann, jedenfalls wenn beide Maßnahmen den gleichen Erfolg versprechen, wahlweise eigene geeignete Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen („eigene Nachbearbeitung“)432 oder sich darauf beschränken, dem HV durch an ihn gerichtete Stornogefahrmitteilungen Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag nachzubearbeiten.433 Er kann auch beide Wege kombinieren, also erst nachbearbeiten (z.B. Mahnschreiben) und dann die weitere Bearbeitung (z.B. persönlicher Besuch) dem HV überlassen. Beide Parteien müssen sich aber gerade dann über das Geschehene eingehend unterrichten und dürfen sich nicht schaden oder gegeneinander arbeiten. Diese Wahlmöglichkeit hat der Unternehmer

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427 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 15. 428 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 16. 429 Thume BB 2012, 975 (977); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 27. 430 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen); DB 1983, 2136; OLG Frankfurt DB 1983, 1591; VersR 1986, 461; Knorn BB 1975, 111; Platz VersR 1985, 621; der HV erhält durch den Unternehmer zum Zwecke der Nachbearbeitung Stornogefahrenmitteilung; OLG Köln NJW 1978, 327; OLG Schleswig MDR 1984, 760; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 37. 431 AA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 23 – Feststellung im Einzelfall nötig, ob Nachbearbeitungspflicht entsteht. 432 OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743; LG Leipzig, Urt. v. 29.9.2011 – 7 O 2820/10, BeckRS 2013, 14260; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160). 433 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen); Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 15 (zum VV); Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 279/04, NJW-RR 2005, 1196 unter II 4, VIII ZR 237/04 Rn 14; OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743; OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 202; 469 (470); OLG Frankfurt VersR 1997, 875; OLG Karlsruhe VersR 1989, 511 (512); OLG Koblenz VersR 1980, 623 (624); OLG Köln NJW 1978, 327 = VersR 1978, 920; LAG Hamm VersR 1981, 1054; Bonvie VersR 1986, 121; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 38 (zum VV); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 20; Hopt § 87a Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 33; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 92 Rn 9–11; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 92 Rn 16; aA OLG Zweibrücken NJW-RR 1996, 285.

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auch nach beendetem HV-Verhältnis.434 Nur ist er dann nicht mehr zur Übermittlung von Stornogefahrmitteilungen verpflichtet. 86

(3) Personeller Geltungsbereich. Zur Stornoabwehr, also eigener Nachbearbeitung oder Zusendung der Stornogefahrmitteilung, i.S. einer provisionsrechtlichen Obliegenheit gehalten ist der Unternehmer. Mit dem Erhalt der zulässigerweise versandten Mitteilungen trifft den HV die Obliegenheit zur Nachbearbeitung. Die Obliegenheit des Unternehmers besteht bei mehrstufigen Vertretungsverhältnissen, wie sie insb. in der Versicherungsbranche häufig sind, gegenüber jedem VV, der aufgrund des auflösungsgefährdeten Vertrags einen Anspruch gegen den Versicherer auf eine ohne Vertragsstornierung zu leistende Provision erworben hätte,435 im Verhältnis zwischen Haupt- und echtem Untervertreter obliegt die Nachbearbeitung dem Hauptvertreter.436 (4) Inhalt der Pflicht des Unternehmers

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(a) Eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen des Unternehmers. Damit Stornierungen provisionsrechtlich unbeachtlich sind, muss der Unternehmer auflösungsgefährdete Verträge im Rahmen des Zumutbaren437 mit dem Ziel der Vertragsfortführung so nachbearbeiten, dass die Kunden ernstlich und nachdrücklich zur Erfüllung ihrer Vertragspflichten angehalten werden.438 Art und Umfang der Nachbearbeitung bestimmen sich nach der Verkehrssitte sowie den Umständen des Einzelfalls.439 Dazu kann eine ganze Skala von Möglichkeiten gehören:440 nachhaltige und mehrfache, an Intensität sich steigernde und an jeden einzelnen Kunden gerichtete441 Mahnungen des Kunden, im Versicherungsvertrieb Vorschläge zur Umstellung des Vertrages auf ein niedrigeres Deckungs- und Prämienniveau, Hinausschieben des Vertragsbeginns oder vorübergehendes Aussetzen der Prämienzahlungen442 u. dgl. Leitbildartig ist Maßstab der Nachbearbeitungspflicht der Aufwand, den ein vernünftiger, objektiv handelnder HV zur Erhaltung seines Provisionsanspruchs betreiben würde, wenn ihm die Nachbearbeitung überlassen würde.443 Der Unternehmer muss im Regelfall aktiv werden und wirksame,

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434 BGH, Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078 = DB 2005, 1961 = WM 2005, 1487 = NJW-RR 2005, 1196. 435 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 20. 436 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 42 zum VV; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 20. 437 So auch OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200 (201 f.). 438 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 22 (zum VV); BAG VersR 1968, 166 (169); OLG Köln VersR 1976, 87. 439 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen); Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 15 (zum VV); v. 25.5.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078 = DB 2005, 1961 = WM 2005, 1487 = NJW-RR 2005, 1196; VersR 1988, 490; 1983, 371; OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Krämer VersR 2010, 627. 440 Zum Folgenden: LAG Hamm VersR 1981, 1054. 441 Auch wenn mehrere VN unter derselben Adresse ansässig sind, muss gegenüber jedem einzeln gemahnt werden, s. BGH, Urt. v. 8.1.2014 – IV ZR 206/13, WM 2014, 224. 442 OLG Düsseldorf OLGR 1999, 202 (205); 469 (470); OLG Karlsruhe VersR 1989, 511 (512); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 92 Rn 9; Bonvie VersR 1986, 121. 443 OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743; OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; v. 9.7.2009 – 12 U 254/08; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.2.2007– I-16 W 70/06; OLG Köln VersR 2006, 71.

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ernsthafte, nachdrückliche und zumutbare444 Maßnahmen einleiten, um den Kunden zu seiner Vertragspflicht und zur Zahlung zu veranlassen.445 Im Interesse des HV ist der Unternehmer gehalten, die Gründe für die Nichtzahlung zu erforschen446 und – soweit zumutbar – nach einer Lösung gemeinsam mit dem Schuldner zu suchen.447 Mahnschreiben des Unternehmers an die Kunden ohne weitere, sich steigernde Maßnahmen bilden keine ausreichende Nachbearbeitung,448 selbst wenn das Mahnschreiben folgenden Zusatz enthält: „Bedenken Sie die Vorteile einer Lebens- bzw. Rentenversicherung: Versicherungsschutz für den Bezugsberechtigten, steuerliche Vergünstigungen für die gezahlten Beiträge, Beteiligungen an den Überschüssen. Sollten Sie Fragen zu Ihrer Versicherung haben, wenden Sie sich an uns. Wir sind gerne bereit, Sie zu beraten und Ihnen Vorschläge zu unterbreiten“449 Ungenügend ist also im Regelfall die Organisation sowie Durchführung eines qualifizierten Mahnverfahrens.450 Vielmehr hat nach den Umständen des Einzelfalles (zu denen Aufwand und Nutzen451 sowie die finanzielle Bedeutung zählt) meist eine persönliche452 oder telefonische Kontaktaufnahme mit nachdrücklichem Hinweis auf die negativen Folgen einer Vertragsbeendigung zu erfolgen,453 notfalls, wenn dies dem Unternehmer mit eigenen Kräften zu aufwendig erscheint oder eigene Maßnahmen keinen Erfolg zeigten, nach an ihn gerichteter Stornogefahrmitteilung durch den HV (Rn 88). In der Regel ist eine zumindest fernmündliche Vorsprache bei dem Kunden erforderlich.454 Falls der Kunde Schwierigkeiten macht, muss der Versicherer sich um eine Aufrechterhaltung des Vertrages in geeigneter, den Wünschen und finanziellen Möglichkeiten des VN wie des VV Rechnung tragenden Gestalt bemühten. Nach aA soll eine Kombination von Mahn-, Erinnerungs- und Kündigungsschreiben ausreichen.455

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444 Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1436. 445 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 22; BAGE 20, 123 (132); BAG NJW 1968, 520; OLG Köln VersR 2006, 71 f.; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 202 (205); 469 (470); OLG Koblenz VersR 1980, 624; OLG Frankfurt VersR 1981, 480; LAG Hamm VersR 1981, 1054; Bonvie VersR 1986, 121; Westphal I Rn 673; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 29. 446 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.2.2007 – I-16 W 70/06; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 30; offen gelassen von BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 22. 447 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Beschl. v. 21.2.2007 – I-16 W 70/06; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 22; offen gelassen von BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 22. 448 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 22 (zum VV); BAG NJW 1968, 520; OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; OLG Karlsruhe VersR 1989, 511 (512); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.2.2007 – I-16 W 70/06 Rn 12; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 38 (zum VV); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 22; Hopt § 87a Rn 27; vgl. auch BGH, Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 237/04 Rn 17; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 92 Rn 28 ff.; aA OLG Frankfurt BB 1977, 1170 (1171), DB 1983, 1592; VersR 1978, 326 (327); VersR 1991, 1135; OLG Schleswig MDR 1984, 760 für den Fall wiederholter Mahnungen und Kündigungsandrohungen. 449 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 22. 450 AA Behrend NJW 2003, 1563 (1566). 451 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 38 (zum VV). 452 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 38 (zum VV) – bei nicht nur geringfügigem Provisionsinteresse; aA OLG Schleswig, Urt. v. 24.4.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; offen gelassen von BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 22 (zum VV). 453 OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71. 454 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 24 – jeweils zum Versicherungsvertrieb; offen gelassen von BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 22. 455 OLG Schleswig, Urt. v. 24.4.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; OLG Frankfurt/M. VersR 1981, 480; LG Hildesheim VersR 1980, 331.

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(b) Stornogefahrmitteilungen. Sofern der Unternehmer die Nachbearbeitung Vertragsstorno ihm bekannter,456 von der Stornierung gefährdete Verträge nicht selbst vornimmt oder sich entscheidet, von weiteren eigenen Maßnahmen abzusehen, obwohl diese noch nicht die von § 87a Abs. 3 geforderte Intensität aufwiesen, hat er die Nichtausführung i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 zu vertreten (und die Provision zu zahlen), falls er dem HV nicht Gelegenheit gibt, sie nachzubearbeiten.457 Dem HV soll durch geeignete Schritte beim VN ermöglicht werden, den Vertrag zu retten.458 Der Unternehmer darf also die eigene (weitere) Nachbearbeitung durch Versendung von Stornogefahrmitteilungen an den HV 459 oder seinen Nachfolger 460 ersetzen, wie es insb. im Versicherungsvertrieb geschieht.461 Der Unternehmer ist aber nicht verpflichtet, solche Mitteilungen zu versenden, auch nicht nach Scheitern der eigenen Nachbearbeitung.462 Er muss dann aber ggf. die provisionsrechtlichen Folgen nach Abs. 3 tragen. Die Stornogefahrmitteilung hat zwei Funktionen:463 Zum einen muss der Unternehmer dem HV die Möglichkeit einräumen, von Stornierung bedrohte und sich somit negativ auf seine Provision auswirkende Verträge durch gezielte Nachbearbeitung „zu retten“.464 Zum anderen soll ihn die Stornogefahrmitteilung warnen, dass er die schon erhaltene Provision ggf. pro rata temporis zurückgewähren muss.465 Um seiner Obliegenheit nachzukommen, hat er Unternehmer den HV unverzüglich466 auf die Gefahr der Stornierung des betroffenen Vertrages mittels Stornogefahrmitteilung hinzuweisen.467 Mit der Absendung der Stornogefahrmitteilung hat der Unternehmer seine Obliegenheit nach § 87a Abs. 3 erfüllt und der Unternehmer braucht – mit Ausnahme der Klageobliegenheit – nicht selbst tätig zu werden.468 Es ist dann provisionsrechtliche Obliegenheit des HV, den gefährdeten Vertrag zu retten und den Unternehmer vom Ergebnis seiner Nachbearbeitung zu unterrichten – und dies zu beweisen.469 Die vom Unternehmer gewählte Maßnahme muss auch insoweit nach Art und Umfang ausreichend sein.470 Möglicherweise ergibt sich außer als Obliegenheit nach § 87a Abs. 3 eine Nachrichtspflicht des Unternehmers – zumindest vertragsbegleitend – aus § 86a Abs. 2

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456 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 457 BAG VersR 1968, 166 (169); OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71 (72); VersR 1976, 87; LG Mainz NJW-RR 2000, 915; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.1.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. 458 LAG Hamm VersR 1981, 1054. 459 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 16; OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.3.2004 – I-16 U 64/03; OLG Schleswig, Urt. v. 24.4.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194 (Arbeitsrecht); Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1158). 460 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 24 (Versicherer); OLG Schleswig BeckRS 2010, 06907; OLG Brandenburg BeckRS 2009, 15961; OLG Celle OLGR 2001, 267; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 469. 461 Siehe BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen); Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 mit zahlreichen Nachw.; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. 462 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 40 – zum VV. 463 Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1437. 464 Behrend NJW 2003, 1563 (1566). 465 Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1436. 466 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161). 467 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 m.w.N.; Westphal I Rn 675; Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1436. 468 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 40 – zum VV; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 92 Rn 16. 469 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 470 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 24 (Versicherer).

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S. 1, nicht jedoch aus § 86a Abs. 2 S. 2,471 da die Stornogefahrmitteilung keine Mitteilung über die Annahme oder Ablehnung eines vom VV vermittelten Geschäfts enthält, sondern lediglich die Gefahr der Stornierung des bereits angenommenen und nicht abgelehnten Geschäfts mitteilt. Die Obliegenheit zur Versendung von Stornogefahrmitteilungen bedeutet einen erheblichen Aufwand.472 Auch deshalb wird ein Erfahrungssatz, dass der Unternehmer besser als der HV zur Nachbearbeitung geeignet sei, z.T. abgelehnt.473 Ergreift der Unternehmer, etwa nach Beendigung des HV-Vertrages,474 selbst geeignete Maßnahmen zur Stornoabwehr, braucht er keine Stornogefahrmitteilungen zu versenden. Es ist angesichts der zwingenden Natur des Abs. 3 fraglich, ob die Versendung der Stornogefahrmitteilungen an strukturniedrigere (und nicht den strukturhöchsten) HV genügt und der Strukturhöchste sich deren Untätigkeit zurechnen lassen muss.475 Für die Stornogefahrmitteilung ist keine bestimmte Form vorgeschrieben.476 Notfalls 89 reicht eine mündliche Mitteilung.477 Inhaltlich muss der HV die Informationen erhalten, welche er aus objektiver Sicht für eine sachgerechte und erfolgreiche Nachbearbeitung benötigt.478 Die Information muss sie erkennen lassen, dass der Vertrag stornierungsgefährdet479 ist und das Tätigwerden eines vernünftigen HV herauszufordern geeignet sein. Weiter ist die Information über das vom Unternehmer zur Rettung des Vertrags bereits Unternommene sowie dessen Ergebnis erforderlich. Im Einzelfall kann – je nach den Üblichkeiten – die Kopie eines aussagekräftigen Mahnschreibens ausreichen;480 ebenso eine Mitteilung im Rahmen der Provisionsabrechnung.481 Meist reicht ein aussagekräftiges und informatives typisiertes, computermäßiges Schreiben oder die Übermittlung von Inkassonachbearbeitungslisten, auf denen die Daten der gefährdeten Verträge und der Grund der Gefährdung verzeichnet sind.482 Der einzelne Vertragsvorgang muss nicht in Kopie beigefügt werden, es sei denn, die Verständlichkeit erfordert dies. Die bloße Mitteilung über nicht gezahlte Prämien reicht nicht aus, ebenso wenig bloße Besuchsaufträge ohne Nennung des Grundes483 (erst recht wenn sie ohne vertragliche Verpflichtung zum Abruf durch den HV in das EDV-Berichtssystem eingestellt werden).484 Bei Erforderlichkeit besteht ein Auskunftsrecht des HV nach ergänzender Information (§ 242 BGB). (5) Verpflichtung des HV zur Nachbearbeitung? Da der HV mit der Vermittlung 90 oder dem Abschluss des Vertrages seine Pflichten erfüllt hat, soll auch nach der Versendung von Stornogefahrmitteilungen keine gesetzliche Verpflichtung des HV bestehen, die

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471 AA Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1437. 472 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). 473 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). 474 BGH, Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078 = DB 2005, 1961 = WM 2005, 1487 = NJWRR 2005, 1196. 475 So OLG Celle, Beschl. v. 28.12.2000 – 11 U 248/00. Es besteht auch das Problem der Kontrollfähigkeit durch den Strukturhöheren im Rahmen seiner Organisationspflichten. 476 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 477 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 40 – zum VV. 478 BGH NJW-RR 1988, 546; OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582 – VV; OLG Karlsruhe VersR 1989, 511 (512); LAG München VersR 1992, 183; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 479 LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194 (Arbeitsrecht). 480 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; AG Karlsruhe, Urt. v. 29.3.2009 – 9 C 126/09, VersR 2010, 626; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 40 – zum VV; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 33. 481 LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194. 482 Behrend NJW 2003, 1563 (1566). 483 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. 484 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 40 – zum VV.

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Nachbearbeitung zu übernehmen oder an ihr mitzuwirken,485 sofern nicht ausnahmsweise dem HV eine solche in höherem Maß als dem Unternehmer möglich und zumutbar bleibt.486 Bei der Nachbearbeitung handele es sich nur um eine provisionsrechtliche Obliegenheit des HV. Dem ist für den nachvertraglichen Zeitraum sicher zuzustimmen. Während der Vertragsdauer entspricht es zumindest dann der Interessenwahrungspflicht des HV, eine zumutbare Nachbearbeitung vorzunehmen, wenn er Bestandspflegeprovision erhält. Zumindest in diesem Fall muss der HV alles tun, um stornierungsgefährdete Verträge zu retten. Auch ohne die Gewährung von Bestandspflegeprovision dürfte die Interessenwahrungspflicht den HV zu leicht möglichen Bestandserhaltungsmaßnahmen verpflichten, etwa einen Telefonanruf, soweit seine werbende Tätigkeit hierunter nicht leidet. (6) Wegfall der Obliegenheit zur Nachbearbeitung und zu Stornogefahrmitteilungen 91

Die Obliegenheit zur Nachbearbeitung oder zu Stornogefahrmitteilungen entfällt nach h.M. in einer Reihe von Fallgruppen. Beweispflichtig für diese Ausnahmesituationen wäre der Unternehmer. Genannt werden folgende Fallgruppen: – Wenn Rettungsversuche von vornherein aussichtslos erscheinen, kann von einer Nachbearbeitung oder Stornogefahrmitteilungen abgesehen werden.487 Beispiele sind unbekannter und mit zumutbaren Mitteln nicht aufzuklärender Aufenthalt des Kunden,488 feststehende Zahlungsunfähigkeit,489 Arbeitslosigkeit des Kunden (z.B. verbunden mit der Erklärung sich deswegen die Beiträge nicht mehr leisten zu können)490 oder endgültiges und klares Lossagen vom Vertrag wegen eines evident vorhandenen wichtigen Kündigungs-,491 Rücktritts-,492 Anfechtungs-493 oder Widerrufsgrundes, insb. – aber nicht ausschließlich – wenn dies mit der Bitte um Beitragsfreistellung, bzw. Herabsetzung der Versicherungssumme sowie dem Hinweis auf Unvermögen (wodurch deutlich gemacht wird, dass eine Fortsetzung der jeweiligen Verträge nicht in Betracht kommt) verbunden wird.494 fällt eine darauf beruhende Vertragsstornierung nicht in die Risikosphäre des Unternehmers. In diesen Fällen ist davon auszugehen, dass eine Nacharbeit an den veränderten Fakten nichts ändern würde. – Eine Stornogefahrmitteilung wird entbehrlich, wenn der HV bereits Kenntnis von der Stornogefährdung hat,495 was im Regelfall der Fall sein wird, wenn es sich um eigene496 oder von Familienangehörigen abgeschlossene Verträge handelt.497

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485 BGH VersR 1983, 371 (372); aA Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 40 – zum VV; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54; differenzierend Knorn BB 1975, 111. 486 Knorn BB 1975, 111. 487 BAG NJW 1968, 518 (520). 488 Aber es muss dem HV überlassen bleiben, ob er den Aufenthaltsort ermitteln kann. 489 OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743; LAG München VersR 1992, 183; LAG Frankfurt/M. NJW 1982, 254 (255); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 30; Hans BB 1957, 1061. 490 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 491 OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743. 492 OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743. 493 BAG NJW 1968, 518; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23. 494 OLG Schleswig, Urt. v. 4.3.2011 – 14 U 86/10, BeckRS 2011, 28743. 495 OLG Frankfurt VersR 1997, 1015; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 496 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 497 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582.

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Angeblich soll eine Nachbearbeitung unnötig sein, falls der Kunde selbst gekündigt hat.498 Falls der HV für die Nachbearbeitung ungeeignet ist, bedarf es keiner Versendung von Stornogefahrmitteilungen. Denn von einem ungeeigneten HV kann keine Rettung der Verträge erwartet werden und sein Auftreten gegenüber dem Kunden wäre sogar schädlich. Praktisch dürfte dieser kaum wahrscheinliche Ausnahmefall nur bei schwerer Krankheit des HV werden. Die Nachbearbeitung wäre unwirtschaftlich. So soll die Zusendung von Stornogefahrmitteilungen oder eigene Nachbearbeitungsbemühungen bei geringwertigen Beträgen unnötig sein und brauche nicht näher dargelegt zu werden. Ein Missbrauch liege weder auf der Hand noch sei er ersichtlich.499 Genannt werden Summen bis 30,500 50501 und 100502 EUR. Ein wirtschaftlich denkender Unternehmer würde in diesem Fall angesichts des zu erwartenden Aufwandes (etwa Hausbesuch beim Kunden) keine Nachbearbeitung vornehmen. Jedenfalls dürfen an die Nachbearbeitung bei Beträgen unter 100 EUR keine übermäßigen Anforderungen gestellt und sie muss in ein angemessenes Verhältnis zum möglichen wirtschaftlichen Erfolg gesetzt werden, Kundenbesuche seien daher nicht erforderlich.503

Gegen die vorgenannten Fallgruppen wird mit berechtigten Argumenten eingewandt, dass sich insb. aus der Geringfügigkeitschwelle, kein Entfallen des Provisionsanspruches des HV ergebe: Wenn und soweit einem Unternehmer die Stornoabwehr bei Kleinststornos lästig sei oder ihm unwirtschaftlich erscheine, möge es darauf verzichten, müsse dann aber dem HV seine verdiente Provision zahlen. Dass diese eindeutige Risikozuordnung bei Kleinststornos nicht gelten soll, ergebe sich aus dem Gesetz nicht.504 Der HV mag zudem wegen Folgegeschäftes ein Interesse an der Stornoabwehr haben.505 Auch wenn ein wirtschaftlich denkender HV in der für die Nachbearbeitung benötigten Zeit mit höherer Erfolgsaussicht versuchen könnte, Neugeschäft zu vermitteln, muss der Unternehmer diese Entscheidung dem HV überlassen und ihm Stornogefahrmitteilungen senden.506 (7) Besonderheiten im Versicherungsvertrieb. Auch im Versicherungsvertrieb be- 92 steht grds. eine Obliegenheit zur Nachbearbeitung.507 Macht ein VN von dem im VVG vorgesehenen Widerrufsrecht nach § 8 VVG Gebrauch, so hat er Anspruch darauf, vom Unternehmer nicht behelligt zu werden; eine Nachbearbeitung ist nicht erforderlich.508 Hat der Versicherer den VN angeschrieben und auf seine Rückfrage vor Annahme des

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498 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 3.12.2010 – 4 U 76/10, VersR 2011, 492 – problematisch und mglw. zu weit. 499 BGH MDR 1983, 728; OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267; OLG Hamm, Urt. v. 21.1.1999 – 18 U 109/96; LAG Stuttgart, Urt. v. 28.9.2000 – 21 Sa 23/00; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159); zweifelnd OLG Köln, v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111. 500 AG Karlsruhe, Urt. v. 29.3.2009 – 9 C 126/09, VersR 2010, 626. 501 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267; OLG Zweibrücken – 8 U 158/08; LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700; Behrend NJW 2003, 1563 (1566). 502 OLG Koblenz, Urt. v. 20.5.2010 – 6 U 208/09; LG Hannover, Urt. v. 18.8.2010 – 10 O 15/09, VersR 2011, 1008; LG Koblenz, Beschl. v. 12.3.2008 – 15 O 359/05; Krämer VersR 2010, 627. 503 LG Leipzig, Urt. v. 29.9.2011 – 7 O 2820/10, BeckRS 2013, 14260. 504 OLG Köln, v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111. 505 OLG Köln, v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111. 506 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23. 507 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 37. 508 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1160).

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Krankenversicherungsantrages durch den VN keine Antwort erhalten, so dass der Versicherungsvertrag nicht zustande gekommen ist, steht dem Unternehmer ohne weiteres ein Anspruch auf Rückzahlung des an den VV gezahlten Provisionsvorschusses zu; eine weitere Nachbearbeitung ist unnötig.509 Nahm der Versicherer den Versicherungsantrag des VN nicht unverändert an, sondern unterbreitete er selbst ein abgeändertes Angebot, auf welches der VN nicht reagierte, trifft den Unternehmer kein Verschulden. Eine Nachbearbeitung ist gleichfalls unnötig.510 Teilt der VV dem Unternehmer mit, er habe Kenntnis, dass der VN die Durchführung des geschlossenen Vertrages nicht wünsche und wurde der VV selbst im Interesse einer solchen Nichtdurchführung für den VN tätig, so steht ihm keine Provision wegen fehlender Nacharbeit zu.511 Ist dem VV bekannt, dass ein Lebensversicherungsvertrag aus krankheitsbedingten Gründen notleidend wurde, besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass den Unternehmer wegen fehlender Nachbearbeitung an der Nichtweiterführung des Vertrages ein Verschulden treffen könnte.512 Darüber, ob schon die Nichtzahlung der ersten Prämie von weiteren Nachbearbeitungspflichten entbindet, herrscht in der Rspr. Streit.513 Auch in den Fällen, in denen es nicht zur Zahlung der Erstprämie gem. § 37 VVG gekommen ist, darf sich der Versicherer nicht auf sein Rücktrittsrecht und den Eintritt der Rücktrittsfiktion zurückziehen und ist eine weitere Nachbearbeitung nicht entbehrlich.514 Zwar knüpft der Anspruch des VV auf Provision nach § 92 Abs. 4 an die Zahlung der Prämie und nicht an die Ausführung des Geschäftes an, die übrigen Regelungen des § 87a, insb. des Abs. 3, gelten jedoch auch für den VV. Der Versicherer braucht die Erstprämie jedoch nicht einzuklagen (Rn 49). 93

(8) Fälligkeit der Nachbearbeitungspflicht. Der Unternehmer hat, um seiner Obliegenheit zur Nachbearbeitung zu genügen, unverzüglich515 zu handeln und zu entscheiden, ob er selbst nachbearbeitet, welche – effektiven – Nachbearbeitungsmaßnahmen er nutzt und ob er die Nachbearbeitung dem HV überlässt. Im letztgenannten Fall muss er ebenso unverzüglich, nachdem er auf (weitere) eigene Maßnahmen verzichtet, die Stornogefahrmitteilung versenden. Will der Unternehmer zunächst mahnen, ist die rechtzeitige Anmahnung der Prämie erforderlich, bevor er vom Vertrag zurücktritt. Die Nachbearbeitungspflicht ist z.B. verletzt, sofern der Unternehmer den Rückstand erst nach überlanger Zeit und bei hohem Rückstand anmahnt, weil hier erfahrungsgemäß eine finanzielle Überforderung des Kunden zu erwarten ist.516 Eine Stornogefahrmitteilung braucht nicht schon nach dem ersten Scheitern des Prämieneinzuges versandt werden.517 Hierauf darf der Versicherer zunächst mit einem standardisierten Schreiben an den VN reagieren, mit dem er um die Kontrolle der Bankverbindung bittet.518 Erst wenn hierauf binnen angemessener Frist keine Reaktion erfolgt, muss der Unternehmer unver-

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509 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 510 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 511 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 512 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 513 Bejahend LAG Hamm VersR 1981, 1054; verneinend OLG Köln VersR 1978, 920. 514 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 37. 515 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161). 516 Westphal I Rn 674. 517 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer). 518 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer).

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züglich über Nachbearbeitungsmaßnahmen entscheiden.519 Die Stornogefahrmitteilung muss unverzüglich innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls angemessenen Prüfungs- und Überlegungszeit versandt werden.520 Denn die Aussichten auf Rettung reduzieren sich, je mehr Zeit verstreicht.521 Die Anforderungen an den Unternehmer sollten aber nicht überspannt werden.522 Die Mitteilung braucht daher nicht schon nach dem ersten Scheitern des Einzuges versandt werden.523 Es ist dem Unternehmer gestattet, binnen angemessener Zeit Klarheit über eine Vertragsgefährdung und die Art und Weise der Nachbearbeitung zu gewinnen.524 Ist dem HV erst 2 Monate nach einer im 8. Monat der Laufzeit eines Versicherungsvertrages erfolgten Kündigung des VN eine Stornogefahrmitteilung zugegangen, so soll dies der Rückforderung der Provision angeblich nicht entgegenstehen. Der HV müsse zeitliche Verzögerungen, die daraus resultieren, dass er in einem Strukturvertrieb tätig geworden ist, hinnehmen. Solche Verzögerungen ergäben sich daraus, dass beim Unternehmer eingehende Schriftstücke des Kunden dort erst sachgerecht bearbeitet und umgesetzt werden müssen, es sei denn, es liege eine absichtliche Verzögerung vor.525 Tatsächlich dürfte eine Bearbeitungszeit des Unternehmers von bis zu 8 Wochen nach Tatsachenkenntnis wohl zu lang sein.526 Eher sind 2 Wochen nach Kenntnis der Stornogefährdung angemessen.527 Insoweit bieten sich Internet und E-Mail-Versand an,528 insb. mit Lesebestätigung. Eine Alternative zur Versendung der Stornogefahrmitteilungen ist die Einrichtung eines geschützten Bereichs im Internet, in welchen sich der HV regelmäßig einzuloggen hat.529 Dann besitzt der HV den gleichen Kenntnisstand wie der Unternehmer. Es spricht nichts dagegen, den HV dazu zu verpflichten, periodisch und in kurzen Zeitabständen jene Informationen abzurufen.530 Unterlässt der HV dies, hat er eine Stornierung selbst zu vertreten. In jedem Fall hat der Unternehmer angemessene Organisationsmaßnahmen zur Beschleunigung zu treffen. Ggf. muss der HV, sofern er längere Zeit keine Stornogefahrmitteilung erhalten hat, nachfragen, um herauszufinden, ob es ein Kommunikationsproblem gibt.531 Wird

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519 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer). 520 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 19/20 (Begründung: dem Unternehmer obliegende Treuepflicht); LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161). 521 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer). 522 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer). 523 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer); LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028 (Versicherer). 524 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 20 (Versicherer). 525 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 526 Mecklenbrauck LMK 2012, 337360; Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161); aA OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 527 LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028; Mecklenbrauck LMK 2012, 337360; Bangen GWR 2012, 371. 528 Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). Hier soll nach LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028 jedoch der Versicherer den Zugang beweisen müssen. 529 Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). 530 Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161). 531 OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.11.1996 – 16 U 18/96; Mecklenbrauck VersR 2009, 1157 (1161).

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der erfolgreich nachgearbeitete Vertrag später erneut stornogefährdet, entsteht die Obliegenheit des Unternehmers zur Nachbearbeitung erneut.532 Nach h.M. besteht nach Ausscheiden eines HV keine Obliegenheit des Unterneh94 mers zur Übermittlung von Stornogefahrmitteilungen an den ausgeschiedenen HV.533 Der HV hat in diesem Fall kein Recht auf eigene nachvertragliche Nachbearbeitung,534 es sei denn, es wurde vertraglich vereinbart. Dem Unternehmer ist es nicht zuzumuten, dem ausgeschiedenen HV solche Mitteilungen zukommen zu lassen. Es besteht die Gefahr, dass der HV anstelle der Nachbearbeitung des stornogefährdeten Vertrages den Kunden für seinen neuen Dienstherrn abwirbt535 (wozu er diesem gegenüber sogar verpflichtet sein könnte). Der Unternehmer müsste also dem HV mitteilen, bei welchen Kunden sich eine Umdeckung lohnen würde, was einer Einladung zu einem solchen Verhalten gleichkäme. Niemand braucht derart gegen seine Interessen zu agieren. Durch § 90 ist der Unternehmer vor einer nachvertraglichen Verwertung der mittels der Stornogefahrmitteilungen zugeleiteten Informationen nicht hinreichend geschützt.536 Die auch nachvertragliche Stornogefahrmitteilungen fordernde gegenteilige Minderansicht537 begründet sich mit den Argumenten, der HV erbringe seine Tätigkeit gemäß § 86, um die Provisionen nach § 87 zu verdienen. Sei der ausgeschiedene HV, was nicht vermutet werden dürfe, weiterhin als HV tätig, ginge er der vom Altunternehmer geschuldeten Provision verlustig, wenn der HV dem Kunden das Produkt eines anderen Unternehmens vermittle, anstatt ihn dazu zu bewegen, die Prämie des bereits geschlossenen Vertrages zu zahlen. Ein solches Interesse dürfe nicht unterstellt werden. Im Fall einer Tätigkeit des HV für einen Wettbewerber verkennt letztgenanntes Argument wohl, dass die Vergütung auch beim Wettbewerber verdient wird, und zwar zu einer höheren Provision, wenn mit langer Vertragslaufzeit umgedeckt wird. Gänzlich versagt die Argumentation der Mindermeinung, wenn eine Provisionsverzichtsklausel vereinbart wurde, wie fast immer im Versicherungsvertrieb. Denn dann besteht kein Provisionsinteresse des HV und damit auch keine Obliegenheit zur Information durch den Unternehmer.538 Außerdem wird eine neue lukrative Kundenverbindung hergestellt, an die der HV allzeit anknüpfen kann. Der Mindermeinung kann nur zugestimmt werden, falls der Unternehmer sicher weiß, dass der ehemalige HV nicht für einen Konkurrenten tätig ist. Aber selbst in diesem Fall muss die Stornierungsmitteilung nur übermittelt werden, sofern der Unternehmer von den nötigen Kenntnissen und Fähigkeiten des ausgeschiedenen HV ausgehen muss. Die Übermittlung der Stornogefahrmitteilungen an den Nachfolger des HV ist zulässig.539 Da beim Nachfol-

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532 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 533 OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017; OLG Schleswig, Urt. v. 24.4.1984 – 3 U 114/82, BeckRS 2010, 06907; OLG Karlsruhe VersR 1984, 935 (936); OLG Frankfurt/M. DB 1983, 1591 (1592); OLG Köln VersR 1978, 920 mit abl. Anm. Goertz; LAG Frankfurt NJW 1982, 254; LG Hannover, Urt. v. 16.6.2005 – 2 U 356/04, VersR 2006, 545; LG Freiburg/Br. VersR 1980, 329; LG Hildesheim VersR 1980, 330; Emde VersR 2001, 152; Herzog VersR 1979, 797; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 41; Westphal I Rn 676; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21; offengelassen von BGH, Urt. v. 25.5.2005 – VIII ZR 279/04, VersR 2005, 1078; aA LG Mainz NJW-RR 2000, 915; Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1439; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 32. 534 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 21. 535 OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71, OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 (1189); OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.5.2005 – 8 U 288/04. 536 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 32. 537 Nauschütt/Sperrer in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 1439. 538 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 41. 539 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 24 (Versicherer); OLG Schleswig BeckRS 2010, 06907; OLG Brandenburg BeckRS 2009, 15961; OLG Celle OLGR 2001, 267; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 469.

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ger aber zu befürchten steht, dass er vorwiegend dem eigenen Provisionsinteresse dienen und den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf den Neuabschluss legen wird (aber mglw. Bestandsprovisionen), muss der Unternehmer bei der Versendung an den Nachfolger zu dessen konkreten Nachbearbeitungsmaßnahmen vortragen.540 (9) Beweislast. Für die Nachbearbeitung541 und ihre Geeignetheit542 ist der Unterneh- 95 mer darlegungs- und beweispflichtig. Das gilt genauso für die Versendung der Stornogefahrmitteilungen, dazu unten. Widersprüchlicher Vortrag bleibt unbeachtlich.543 Der Unternehmer muss für jeden einzelnen Vertrag konkret darlegen und beweisen, dass er entweder rechtzeitige oder vollständige Stornogefahrmitteilungen an die HV versandt hat, damit der HV eine sachgerechte Nachbearbeitung des Vertrages vornehmen und sich sinnvoll und mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung des Vertrages bemühen kann,544 oder dass der Unternehmer selbst die ihm billigerweise zuzumutenden Maßnahmen der Nachbearbeitung veranlasst und vollständig sowie mit dem nötigen Nachdruck durchgeführt hat.545 Zudem muss für jedes nicht oder nicht vollständig ausgeführte Geschäft dargelegt und bewiesen werden, dass bei erfolglos gebliebener Nachbearbeitung in der nunmehr gegebenen Situation ein klagweises Vorgehen gegen den Kunden unzumutbar war.546 Dieser Beweislast genügt der Unternehmer nicht, wenn er zur näheren Begründung der von ihm durchgeführten Nacharbeit auf die von seinem beauftragten Mitarbeiter nur nachlässig ausgefüllten Berichtsformulare verweist, ohne seine Ausführungen mit weiterem Vortrag zur konkret erfolgten Nacharbeit oder ihrer Aussichtslosigkeit zu ergänzen.547 Für die Versendung der Stornogefahrmitteilungen trägt der Unternehmer die Beweislast,548 etwa durch Zeugenbeweis.549 Der Unternehmer muss ggf. vortragen und notfalls beweisen, dass die Versendung so rechtzeitig erfolgte, Den (rechtzeitigen) Zugang der Stornogefahrmitteilungen soll der Unternehmer jedoch im Falle des Postversands nicht beweisen müssen,550 angeblich jedoch im Fall der Übermittlung per E-Mail.551 Sendet der Unternehmer Stornogefahrmitteilungen durch die Post, so darf er grds. darauf vertrauen, dass die Postsendung ordnungsgemäß befördert wird und, wenn sie im Bundesgebiet werktags aufgegeben wird, am folgenden Werktag aus-

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540 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) Rn 24 (Versicherer); Mecklenbrauck LMK 2012, 337360. 541 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 15; OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. 542 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 24 (Versicherer). 543 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. 544 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 18 (Versicherer); OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. 545 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. 546 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.3.2004 – I-16 U 64/03; OLGR 1995, 19 (20); s.a. OLG Düsseldorf OLGR 1999, 469 (470); 1999, 202 (203). 547 LAG Hamm, Urt. v. 3.11.2009 – 14 Sa 1690/08, BeckRS 2010, 67194 (Arbeitsrecht). 548 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV); OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597 (zum VV). 549 OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597. 550 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV); OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; aA OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; OLG Hamm NJW-RR 2004, 1266 = OLGR 2004, 267; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23; kritisch zur Beweislast des Versicherers für den Zugang bereits Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). 551 LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028.

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geliefert wird.552 Geht eine Stornogefahrmitteilung gleichwohl ausnahmsweise auf dem Postweg verloren, so ist dies – und damit ebenso das hierauf zurückzuführende Unterbleiben von Nachbearbeitungsmaßnahmen des VV – ein Umstand, den der Unternehmer nicht i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 zu vertreten hat. Ob zum Nachweis der Versendung ein computermäßiger Vermerk, aus dem sich ergibt, dass ein Mahnschreiben einer bestimmten Art an den VN versandt wurde, reicht, ist zweifelhaft.553 Nach einer Ansicht soll das pauschale Bestreiten des HV, es sei keine Nachbearbeitung erfolgt, als Sachvortrag „ins Blaue hinein“ unbeachtlich sein.554 Dies erscheint zweifelhaft, weil der HV keine Kenntnis von Nachbearbeitungsmaßnahmen des Unternehmers zu haben braucht und deshalb nach § 138 ZPO mit Nichtwissen bestreiten darf. Behauptet der HV, während seiner Tätigkeit niemals Stornogefahrmitteilungen erhalten zu haben, so soll er sich auf eine derartige Obliegenheitsverletzung des Unternehmers gem. § 242 BGB nicht berufen können, wenn er rügelos hingenommen habe, dass Vertragsstornierungen erfolgten und Provisionsvorschüsse rückbelastet wurden.555 Der Unternehmer hat auch den Ausnahmefall zu beweisen, in dem weder eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen noch die Absendung von Stornogefahrmitteilungen erforderlich sein soll (oben, Rn 91). Versendet der Unternehmer Stornogefahrmitteilungen, ohne dazu nach § 87a Abs. 3 gehalten zu sein, handelt es sich um eine überobligationsmäßige Maßnahme, die provisionsrechtlich unbeachtlich ist. Auf den Beweis der Versendung kommt es dann nicht an.556 Eine Vermutung für einen bestimmten Prozentsatz berechtigter Stornierungen oder eine bestimmte Quote erfolgloser Nachbearbeitung ist kaum anzuerkennen,557 anders wenn konkrete Anhaltspunkte für eine solche Quote vorliegen.558 In der Praxis bereiten die vorgenannten Anforderungen dem Unternehmer Schwierigkeiten, weshalb nach Ansicht von Mecklenbrauck die von der Rspr. angesetzten Maßstäbe überzogen seien.559 (10) Vertragliche Regelungen zur Nachbearbeitungspflicht 96

(a) Begründung einer Nachbearbeitungspflicht. Die Nachbearbeitungspflicht des HV darf vertraglich begründet werden.560 Derartiges widerspricht nicht Abs. 5. Eine in AGB ohne angemessene Gegenleistung vereinbarte Pflicht zur intensiven (über die Interessenwahrungspflicht hinausgehenden) Nachbearbeitung dürfte regelmäßig unzumutbar sein und § 307 BGB widersprechen. Ganz sicher gilt dies für eine Pflicht zur Nachbearbeitung nach Beendigung des HV-Vertrages. Der HV wird sich mit einer solchen Pflicht oft in Widerspruch zu dem aus einem Nachfolgevertrag entstehenden Wettbewerbsverbot setzen, so dass sogar an eine Unwirksamkeit gem. §§ 242, 138 BGB zu denken wäre.

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552 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV); Beschl. v. 21.10.2010 – IX ZB 73/10 Rn 15; v. 20.5.2009 – IV ZB 2/08, NJW 2009, 2379 Rn 8. 553 Das halten BGH MDR 1988, 555; OLG Schleswig MDR 1984, 760; Behrend NJW 2003, 1563 (1566) für ausreichend. 554 OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017 (wohl unzulässige Verschiebung der Beweislast zu Lasten des HV). 555 OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017 (zwh., kommt auf Verhältnisse des Einzelfalls an). 556 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1161); nach BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 24 ist dieser Beweis ohnehin nicht vom Unternehmer geschuldet. 557 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 27 (Versicherer); OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 32. 558 BGH, Urt. v. 28.6.2012 – 130/11, NJW 2012, 3305 = WM 2012, 1600 = LMK 2012, 337360 (Mecklenbrauck) = GWR 2012, 371 (Bangen) Rn 27 (Versicherer); Urt. v. 19.11.1982, VersR 1983, 371, 559 Mecklenbrauck VersR 2006, 1157 (1159). 560 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 27.

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Trifft die Pflicht oder Obliegenheit zur Nachbearbeitung einen Hauptvertreter, hat er sich ein Handeln oder Unterlassen des Hauptunternehmers nach § 278 BGB zurechnen zu lassen.561 (b) Verzicht auf Nachbearbeitung. Wegen der nach § 87a Abs. 5 zwingenden Natur 97 des § 87a Abs. 3 darf der VV vertraglich nur auf Nachbearbeitung verzichten, wenn ihm als Ersatz Stornogefahrmitteilungen zugehen und ihm selbst die Nachbearbeitung möglich bleibt.562 Ohne eine solche Einschränkung ist der Verzicht unzulässig. Es dürfte sich dann nicht mehr um eine zulässige Konkretisierung des § 87a Abs. 3 handeln. Der vereinbarte Ausschluss einer bestimmten, im Einzelfall objektiv gebotenen und zumutbaren Nachbearbeitung ist daher unwirksam,563 nur die Erweiterung der Rechte des VV ist wirksam.564 Schon gar nicht darf der Verzicht mittels AGB erfolgen.565 c) Vertretenmüssen im Verhältnis Untervertreter/Hauptvertreter. Abs. 3 gilt 98 auch im Verhältnis von Haupt- und Untervertreter.566 Wie er im dreigliedrigen Verhältnis Unternehmer-Hauptvertreter-Untervertreter anzuwenden ist, ist jedoch unklar. Rechtstechnisch richtig wäre es, als Unternehmer des Untervertreters nur den Hauptvertreter und nicht dessen Unternehmer anzusehen. Denn der Untervertreter steht nur zum Hauptvertreter in Vertragsbeziehungen. Da jedoch regelmäßig nur der „Hauptunternehmer“ als Vertragspartner des Hauptvertreters das Geschäft wie im dreigliedrigen „Normalfall“ als „Unternehmer“ ausführt, wird wohl überwiegend, ebenso wie im Rahmen des Abs. 2 (Rn 51), als Unternehmer i.S.d. § 87 Abs. 3 im Verhältnis zum Untervertreter nur der (Haupt-)Unternehmer als Auftraggeber des Hauptvertreters und nicht der Hauptvertreter selbst verstanden.567 Der Provisionsanspruch des Untervertreters gegen den Hauptvertreter entfällt wegen Nichtausführung des Geschäfts deshalb als Grundregel, wenn der Provisionsanspruch des Hauptvertreters gegen seinen (Haupt-)Unternehmer entfällt.568 § 87a Abs. 3 gilt entsprechend, falls zwar der Auftraggeber des Hauptvertreters das Geschäft ausführen soll, es aber aufgrund eines Vertretenmüssens des Hauptvertreters anders als vereinbart ausgeführt wird:569 In der gewöhnlich dreigliedrigen Kette HV-Unternehmer-Kunde entfällt nach § 87a Abs. 3 der Provisionsanspruch bei Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer nur dann, wenn der Unternehmer die

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561 OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71; vgl. auch BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde). 562 Stötter MDR 1981, 269 (271); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 24; aA BGH VersR 1983, 373; OLG Frankfurt DB 1983, 1592; VersR 1978, 326; OLG Karlsruhe VersR 1982, 267; VersR 1989, 511 (512); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23. 563 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 24. 564 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 24. 565 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 37; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 23. 566 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71, OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 (1189); OLG Karlsruhe, Urt. v. 24.5.2005 – 8 U 288/04; OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200. 567 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); BGHZ 91, 370 (372); OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJWRR 2009, 1699; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200; Hopt § 87a Rn 17; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 83; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 568 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514 = BeckRS 2009, 15934; OLG Frankfurt, Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, NJOZ 2007, 1480. 569 Emde EWiR 2008, 559 (560).

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Nichtausführung nicht zu vertreten hat. Schaltet man nun als Zwischenglied einen Hauptvertreter ein, so kann auch der Hauptvertreter zum Unternehmer i.S.d. § 87a Abs. 3 werden. Allein die Erweiterung der dreigliedrigen Kette um ein viertes Glied darf nicht die Folge haben, dass die Frage des Verschuldens nach § 87a Abs. 3 S. 2 im Verhältnis zwischen Haupt- und Untervertreter keine Rolle mehr spielt.570 Klar ist dies, sofern der Hauptunternehmer alle Aufgaben an den Hauptvertreter delegiert. Dann gilt § 87a Abs. 3 unmittelbar für das Vertretenmüssen des Hauptvertreters. Soweit ein auf Provisionszahlung in Anspruch genommener Hauptvertreter vorträgt, die von ihm vertretene Versicherung habe die Nachbearbeitung selbst übernehmen wollen, hat er sich deren Unterlassen nach § 278 BGB zurechnen zu lassen.571 Der Provisionsanspruch eines echten Untervertreters entfällt beispielsweise, wenn – feststeht, dass der Unternehmer die Nichtausführung des vom Untervertreter herbeigeführten Geschäfts nicht zu vertreten hat (Abs. 3 S. 2);572 – der Hauptvertreter keinen Anspruch gegen den Unternehmer besitzt. Der Untervertreter kann nicht im weitergehenden Maße provisionsberechtigt sein, als der Hauptvertreter gegenüber dem Unternehmer;573 er teilt das Risiko des Hauptvertreters;574 – der Kunde die Provision an den Hauptunternehmer wegen Insolvenz nicht zahlt. Dies schlägt auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Untervertreter und dem Hauptvertreter durch; – der Hauptunternehmer Provisionen zunächst an den Hauptvertreter erbringt und diese aufgrund Rückforderung zurückbelastet werden, indem der Hauptvertreter einen vom Hauptunternehmer erhaltenen Betrag zurückzahlt und er somit auf seinen bereits befriedigten Provisionsanspruch gegenüber dem Hauptunternehmer verzichtet.575 Der Umstand, dass der Hauptvertreter bei Nichtausführung des Geschäfts durch den Hauptunternehmer kontroll- und kritiklos seinerseits erhaltene Provisionen zurückzahlt, ohne dass klar wäre, ob die Voraussetzungen des § 87a Abs. 3 S. 2 vorliegen, kann nicht dazu führen, dass nun auch der Untervertreter automatisch erhaltene Provisionen zurückzahlen müsste.576 99

d) Einschränkung des § 87a Abs. 3 S. 2 durch § 242 BGB oder ergänzende Vertragsauslegung. Obwohl der Unternehmer die Nichtausführung oder die nicht vertragsgemäße Ausführung zu vertreten hat, kann der HV in besonderen Ausnahmefällen nach § 242 BGB (u.U. Verwirkung) oder den Grundsätzen der ergänzenden Vertragsauslegung verpflichtet sein, auf sein Provisionsrecht zu verzichten.577 Ein Beispiel ist etwa der o.g. Fall drohenden Abbruchs der Geschäftsverbindung. Spiegelbildlich muss der Unterneh-

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570 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; im Ergebnis auch OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597. 571 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 9.9.2005 – 19 O 174/04, VersR 2006, 71 (72). 572 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); BGHZ 91, 370 (372); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1188 = DB 1993, 733; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58; nach OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597 kommt es auf das Vertretenmüssen des Hauptvertreters an. 573 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). 574 OLG Schleswig, Urt. v. 9.1.2009 – 14 U 102/08, MDR 2009, 1055 = OLGR 2009, 514; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 19.1.2007 – 4 U 34/06, DB 2007, 2199; Canaris § 17 Rn 70; Hopt § 87a Rn 17. 575 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. 576 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. 577 Vgl. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26.

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mer ggf. auf seine Rechte aus § 87a verzichten und Provision leisten, obwohl ein Nichtvertretenmüssen nach § 87a Abs. 3 vorliegt. Letzteres kann etwa anzunehmen sein, wenn der Unternehmer den Vertrag entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben storniert.578 Eine solche Treuwidrigkeit liegt jedoch nicht vor, falls ein Reiseveranstalter sich eine Mindestteilnehmerzahl vorbehält.579 Über allem steht also der Grundsatz von Treu und Glauben, der Raum für Billigkeitserwägungen des Einzelfalls lässt. e) Teilausführung des Geschäfts. § 87a Abs. 3 S. 2 bestimmt, was im Falle der nicht 100 vertragskonformen Teilausführung mit dem Provisionsanspruch geschieht: Steht fest, dass der Unternehmer das Geschäft teilweise nicht ausführen wird, entsteht ein anteiliger Provisionsanspruch „soweit“ geleistet wurde, also entsprechend dem Wertverhältnis des gelieferten zum noch zu liefernden Teil.580 Hinsichtlich des vertragskonform ausgeführten Teils s.o., Rn 24: Wird das Geschäft teilweise ausgeführt oder der Kaufpreis gemindert,581 entsteht die Provision (nur) hinsichtlich des nicht ausgeführten Teils nach Abs. 3, hinsichtlich des ausgeführten Teils nach Abs. 1.582 Führt der Kunde das Geschäft entgegen der Vereinbarung nur teilweise aus, ist der Restprovisionsanspruch nach § 87a Abs. 2 zu beurteilen.583 Wenn der Unternehmer anstelle der nicht erbrachten Teilleistung ein Surrogat erbringt, etwa als Schadensersatz bei verschuldeter Unmöglichkeit der Erfüllung, tritt das Surrogat an die Stelle der Leistung in voller Bedeutung des Abs. 1 S. 1. Erst in Ansehung eines etwaigen Zurückbleibens hinter der ungekürzten Leistungspflicht gilt dann insoweit das in Abs. 3 S. 1 für die quantitative Teil-Nichtausführung Gesagte. Auch falls der Unternehmer eine Teilleistung erbringt, obwohl er zu einer Gesamtleistung verpflichtet ist, ergibt sich der Provisionsanspruch für den nicht ausgeführten Teil aus § 87a Abs. 3. Der HV erhält einen Teilprovisionsanspruch im Verhältnis des Wertes der teilweisen zur vollständigen Ausführung,584 der den Anspruch aus Abs. 3 ergänzt. 8. Rückzahlungspflicht. Wegen der fehlenden Provisionspflicht nach Abs. 3 S. 2 101 nicht geschuldete aber ihm bereits geleistete Provisionszahlungen muss der HV analog Abs. 2 2. HS i.V.m. §§ 346 ff. BGB,585 aus dem Vertrag586 und § 812 BGB587 i.V.m. § 818 Abs. 3 BGB588 zurückgewähren. Zur Beweislast Rn 144 f. 9. Analoge Anwendung des § 87a Abs. 3 auf den Makler. § 87a Abs. 3 und die Ob- 102 liegenheit des Versicherers zu Stornogefahrmitteilungen ist auch auf den Makler an-

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578 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 (99) Rn 19; v. 21.11.1991 – I ZR 98, NJWRR 1992, 868 unter I 2b) bb). 579 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 (99) Rn 19. 580 Westphal I Rn 546; Hopt § 87a Rn 5. 581 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 45. 582 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 7; Hopt § 87a Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 31. 583 Westphal I Rn 546. 584 Westphal I Rn 544. 585 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 67; Hopt § 92 Rn 10; Ebenroth/Löwisch § 87a Rn 32; aA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 24 – keine planwidrige Lücke. 586 OLG München VersR 1975, 150; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 28; aA Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 92 Rn 15; offenbar auch OLG Köln VersR 1976, 87; 1974, 287; OLG Frankfurt DB 1977, 1170; Hopt § 92 Rn 10: Anspruch aus § 87a Abs. 2 Hs. 2 analog. 587 OLG Köln VersR 1974, 287; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 67; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 92 Rn 28: kein Bereicherungsanspruch. 588 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 67; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 32.

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wendbar, wenn er eine dem HV ähnliche Rechtsstellung einnimmt.589 Die meisten Entscheidungen zu dieser Frage betreffen den Versicherungsvertrieb. Darauf ist die Analogie jedoch nicht beschränkt. Jedenfalls kann der Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) im Einzelfall Anlass für eine analoge Anwendung geben.590 Das hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bestimmt der Tatrichter.591 Beispiel: laufende Zahlung von Courtagevorschüssen, Organisationsentgelt und Bestandspflegegeld, Einbindung in die Organisationsstruktur des Unternehmers.592 G. Fälligkeit der Provision (§ 87a Abs. 4) Für Provisionen, auch wenn sie nicht von einer konkreten Tätigkeit abhängen (wie z.B. Bezirks-, Verwaltungs-593 und Dynamikprovision), einschließlich des nach § 87a Abs. 1 bis 3 verfestigten Provisionsanspruches, Provisionsvorschüsse594 und sonstige vom Unternehmer gewährte Leistungen,595 z.B. Zuschüsse, Boni und Beihilfen,596 gilt: Die Fälligkeit aller im Abrechnungszeitraum entstandenen Ansprüche tritt nach § 87a Abs. 4 im Regelfall am letzten Tag des dem Rechtsgrund der Zahlungspflicht folgenden Monat sein,597 und zwar ipso iure und unabhängig davon, ob tatsächlich abgerechnet wird.598 Haben die Parteien den Abrechnungszeitraum auf die Höchstdauer des § 87c Abs. 1 S. 1 2. Hs. von 3 Monaten verlängert, wird die Fälligkeit bis zum Ende des 4. Monats nach dem Rechtsgrund herausgezögert. Eine im Laufe des Monats Januar nach § 87a endgültig entstandene Provision wird bei monatlicher Abrechnung Ende Februar, bei quartalsmäßiger Abrechnung Ende April fällig. Fälligkeit und Abrechnungszeitpunkt treten folglich zum selben Datum ein.599 Alle in den Abrechnungszeitraum fallenden Einzelprovisionsansprüche werden ohne Rücksicht auf ihr Entstehen einheitlich fällig.600 Diese Koppelung mit dem Abrechnungsturnus ist nach Abs. 5 zwingend; zur Disposition der Parteien steht einzig (87c Abs. 5, Abs. 1 S. 1 Hs. 2), den Abrechnungsturnus zwischen einem Monat und drei Monaten variieren zu lassen. Es ist also nicht möglich, die Fälligkeit etwa auf jeweils drei Monate nach Entstehen des Anspruchs festzusetzen, weil die Abrechnung auch jene Ansprüche zu umfassen hat, die etwa am letzten Tage der Abrechnungsperiode entstanden sind. 104 Zwar sieht § 87a Abs. 1 vor, dass die Provision begründet wird, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat. Gem. § 87a Abs. 4 ist der Anspruch jedoch erst 103

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589 Dafür: OLG Celle, Urt. v. 5.11.2009 – 11 U 119/09, BeckRS 2011, 01178; OLG Hamm, Urt. v. 21.1.1999 – 18 U 109/98, BeckRS 2005, 08775 unter I 2b; NJW-RR 1997, 1482 (1483); NJW-RR 1994, 1306 f.; OLG Saarbrücken OLGR 1997, 334 (335 f.); LG Magdeburg, Urt. v. 16.7.2013 – 11 O 306/13, BeckRS 2013, 18238; gegen die Analogie KG, Urt. v. 14.1.1999 – 10 U 7263/97 Rn 7; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 18.4.1997 – 24 U 115/95, r + s 1998, 439; Hopt § 93 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 5; in diesem Sinne auch BGH, Urt. v. 13.6.1951 – II ZR 107/50, BGHZ 2, 281 (283 f.); RGZ 95, 134 (137) m.w.N., jeweils zu § 88 HGB a.F.; tendenziell wohl ebenfalls aA BAG NJW 2000, 2372 (2373). 590 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 17 f.; OLG Frankfurt/Main OLGR 1997, 133 f.; LG Magdeburg, Urt. v. 16.7.2013 – 11 O 306/13, BeckRS 2013, 18238; AG München, Urt. v. 24.3.2004 – 132 C 35109/03, VersR 2005, 1688; Staub/Thiessen § 93 Rn 167. 591 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 17 f. 592 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09 Rn 18. 593 AA Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 25. 594 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 45. 595 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 45. 596 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 45. 597 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 45. 598 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 27. 599 Westphal I Rn 620. 600 Hopt § 87b Rn 31.

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am letzten Tag des Monats fällig, in welchem über ihn abzurechnen ist. Fälligkeit nach § 87a Abs. 4 und Anspruchsbegründung nach § 87a Abs. 1 können also differieren. Die Anknüpfung an die in § 87a Abs. 1 genannte „Begründung“ und nicht die Fälligkeit kann bei Begründung im Vorjahr und Fälligkeit gem. § 87a Abs. 4 im Folgejahr zu einer Verkürzung der Verjährungsfrist von einem Jahr führen. Weder dieser Umstand noch die Tatsache, dass die Überschrift des § 87a – nicht der Normtext – für die Begründung des Provisionsanspruchs das § 199 Abs. 1 BGB spiegelnde Wort „Entstehen“ verwendet, zwingen dazu, abweichend von der oben postulierten Grundregel, unter „Entstehen“ i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB etwas anderes als den Zeitpunkt der ebenfalls in § 87a (Abs. 4) geregelten Fälligkeit zu verstehen.601 Sonst würde die Provision verjähren, ehe sie gefordert werden darf. Die Verfasser des § 199 Abs. 1 BGB werden bei Fertigung ihres Entwurfes kaum in die noch dazu vom Text abweichende Überschrift des § 87a gesehen und den Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB auf jene Titulierung bezogen haben.602 Eine kalendermäßige Fälligkeit i.S.v. § 284 Abs. 2 BGB wird hierdurch nicht be- 105 gründet. Dies deshalb nicht, weil der Eintritt der Bedingung für das endgültige Entstehen des Anspruchs nach § 87a – man denke nur an den Tatbestand des Abs. 3 S. 1 –, von welchem ab die Fälligkeit sich allenfalls errechnen ließe, seinerseits kalendermäßig nicht fixiert ist.603 Zur Herbeiführung des Verzuges bedarf es hiernach einer Mahnung.604 H. Verjährung Generell zur Verjährung Vor § 84 Rn 519 ff. Die Verjährung aller Provisionsansprü- 106 che, auch des Anspruchs auf Delkredereprovision,605 richtet sich nach § 195 BGB.606 Vor Kenntnis oder Kennenmüssen der Provisionsansprüche können weder das Hauptrecht noch Informationsansprüche als Hilfsrechte innerhalb der Regelverjährungsfrist verjähren. Denn ohne Kenntnis kann zwar der Lauf der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnen, nicht jedoch der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Bei Provisionsforderungen als Hauptrecht ist neben der nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB verjährungsauslösenden Fälligkeit regelmäßig Voraussetzung des Verjährungslaufs (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), dass der HV durch eine Abrechnung607 nach § 87c Abs. 1 vollständig, unmissverständlich und deutlich Kenntnis608 seiner Ansprüchen erhält.609 Jede andere Kenntnis hervorrufende Information muss sich am Leitbild der Abrechnung messen lassen und eine ähnliche Informationstiefe aufweisen. Fehlt eine solche Information, beginnt die Verjährung erst zum Schluss des Jahres zu laufen, in welchem der HV erstmals Anlass hatte, an der Richtigkeit und Vollständigkeit der übermittelten Abrechnung bzw. Provisionshöhe zu zweifeln („Kennenmüssen“ i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB).610 Sind dem HV verdiente Provisionen,

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601 AA Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 3. Aufl., § 87b Rn 3. 602 Emde VersR 2009, 889 (894). 603 BGH, Urt. v. 9.4.1962 – VII ZR 162/60, DB 1962, 699 = BB 1962, 543; OLG Oldenburg NJW 1959, 888 = DB 1959, 138; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 73; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 45; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 20; Hopt § 87a Rn 34; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 43. 604 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 73. 605 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 86b Rn 39. 606 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 75. 607 Vgl. Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrechts, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 331. 608 Der HV braucht sich die Existenz seiner Provisionsansprüche nicht zusammenzureimen. 609 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930; Emde VersR 2009, 889 (894). 610 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 45.

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etwa aufgrund einer Abrechnung, welche einen unrichtigen Provisionssatz nennt, nach ihrem Rechtsgrund bekannt und existiert nur Streit über die Provisionshöhe, so besteht i.d.R. Kenntnis und die Verjährung beginnt zu laufen.611 Der Streit setzt Kenntnis voraus. In dieser Situation könnte der HV zumindest eine Stufenklage, in erster Stufe z.B. gerichtet auf einen Buchauszug, erheben. Etwas anderes mag vertreten werden, falls es für Kenntnis oder Kennenmüssen gerade auf die Provisionshöhe ankommt, sie führt zur Hemmung der Verjährung (nur) hinsichtlich aller auf zweiter Stufe geltend gemachter Ansprüche (§ 87c Rn 42). Dass der HV auch ohne Abrechnung theoretisch „auf Verdacht“ Kontrollrechte hätte geltend machen und eine Stufenklage612 erheben können, reicht für Kenntnis noch Kennenmüssen nur aus, wenn der HV entweder sichere Kenntnis der Provisionsentstehung hatte oder mit ihr rechnen musste.613 Zu einer solchen Stufenklage ist der HV nicht verpflichtet und auch nicht i.S. einer Obliegenheit gehalten. Im Gegenteil: bei der unmotivierten Geltendmachung eines Informationsrechts könnte an Rechtsmissbrauch gedacht werden. Besonders strenge Voraussetzungen sind zu Lasten des Unternehmers an Kenntnis oder Kennenmüssen zu stellen, wenn es um dem HV meist unbekannte Provisionsansprüche, etwa Bezirks-614 und Dynamikprovisionen, sowie Provisionen in den Fällen der § 87a Abs. 2 und 3 (Nichtzahlung von Kunden, Nichtausführung von Geschäften, Gutschriften und Stornos) geht. Deshalb beweist die monatliche Provisionsabrechnung nicht immer die erforderliche Kenntnis,615 gerade beim Bezirksvertreter.616 Der Unternehmer könnte im Gebiet bzw. Bezirk des HV eigene Geschäfte abschließen, von denen der HV nicht ohne weiteres Kenntnis erlangen musste und deren Fehlen auf den Provisionsabrechnungen ihm auch nicht auffallen konnte bzw. musste.617 Regelmäßig darf davon ausgegangen werden, dass Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen erst eintritt, sobald der HV über die tatsächlichen Umstände der Nicht- oder Andersausführung bzw. die Nichtzahlung hinreichend präzise informiert wurde. Das mag etwa in Buchauszugs- oder Bucheinsichtform geschehen. Seit der Schuldrechtsnovelle 2002 gilt aber die 10-jährige Höchstfrist des § 199 Abs. 4 BGB. I. Provisionsansprüche in der Insolvenz 107

Vgl. zunächst § 89 Rn 15 ff. Die insolvenzrechtliche Stellung des HV wurde in der HVRL nicht geregelt. Sie richtet sich nach nationalem Recht.618 I. Insolvenz des Unternehmers619

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Vor Eröffnung des InsV begründete Provisionsforderungen sind im Grundsatz einfache Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO.620 Das gilt auch, falls der HV die Eröff-

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611 Vgl. Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 602. 612 Die Möglichkeit, eine Stufenklage zu erheben, genügt grundsätzlich, vgl. Glanegger/Ruß § 87 Rn 12. Aber der HV muss auch Anlass haben, das Kontrollrecht einzufordern, siehe Rn 485. 613 Vgl. Emde VersR 2009, 889 (894). 614 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. 615 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. 616 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. 617 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. 618 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 26. 619 Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff.), zur KO vgl. Holling DB 1957, 349; s.a. schon Withake JW 1935, 2915. 620 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 46; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 89.

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nung des InsV nicht kennt.621 Der Provisionsanspruch des HV ist immer dann privilegierte Masseforderung, wenn er auf eine Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zurückgeht. Die insolvenzrechtliche Einordnung von Ansprüchen, die aus einer Tätigkeit des HV vor Verfahrenseröffnung hervorgehen, hängt dagegen maßgeblich vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit dem Dritten bzw. der Vertragsdurchführung ab. Für den speziellen Fall von Bezirks- oder Kundenschutzprovisionsansprüchen nach § 87 Abs. 2 ist anzumerken, dass solche von vornherein nicht zur Entstehung gelangen, wenn die abgeschlossenen Geschäfte lediglich der Abwendung der Insolvenz des Unternehmers dienen.622 Im Übrigen sind die nachfolgend erläuterten Konstellationen zu unterscheiden:623 1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor Vertragsschluss. In jener Situation wird 109 der HV vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens tätig, der von ihm vermittelte Vertrag zwischen Unternehmer und Drittem ist im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aber noch nicht abgeschlossen. Innerhalb dieser Konstellation ist zu unterscheiden, ob die Ausführung des Geschäftes endgültig unterbleibt, eine Notgeschäftsführung (Rn 111) vorliegt, der inzwischen eingesetzte Insolvenzverwalter den Vertrag mit dem Unternehmer abschließt oder die Voraussetzungen einer GoA vorliegen. a) Geschäftsausführung unterbleibt endgültig. Kommt es nicht zu einer Ge- 110 schäftsausführung durch den Unternehmer, so entstehen auf Seiten des HV keine Ansprüche auf Zahlung einer Provision. Der Provisionsanspruch ist aufschiebend bedingt und die Bedingung der „Geschäftsausführung“ i.S.d. § 87a Abs. 1 nicht eingetreten. Die insolvenzrechtliche Einordnung erübrigt sich. b) Notgeschäftsführung. Die aus der Zeit einer sog. Notgeschäftsführung resultie- 111 renden Ersatz- und Vergütungsansprüche des HV ordnet die InsO als vorab zu befriedigende Masseforderungen ein (§ 116 S. 2 i.V.m. § 115 Abs. 2 S. 3).624 Sonst hätte der HV keinerlei Anreiz, tätig zu werden, sofern ihm aus der Tätigkeit bloß einfache Insolvenzforderungen entstünden, deren Realisierung im InsV nicht erwartet werden kann. Zudem spricht für die Einordnung als Masseverbindlichkeit, dass der HV im Rahmen der Notgeschäftsführung im eigentlichen Verantwortungsbereich des Insolvenzverwalters tätig wird, weil er lediglich solche Geschäfte vorzunehmen hat, die der Verwalter selbst vornehmen müsste, wenn er dazu rechtzeitig in der Lage wäre. Dann aber wäre § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO einschlägig, wonach solche Forderungen Masseverbindlichkeiten darstellen, die aus einer Tätigkeit des Verwalters resultieren.625 c) Insolvenzverwalter schließt Vertrag ab. Schließt der Insolvenzverwalter den 112 vom HV angebahnten Vertrag mit dem Dritten ab, so ist der Provisionsanspruch des HV als vorab zu befriedigende Masseforderung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO einzustufen.626 Der

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621 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (59); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 47; vgl. auch Hoffstadt, DB 1983, 645 (646); Holling, DB 1957, 349 zu Ziff. 4). 622 RG, Urt. v. 3.3.1933 – II 276/32, RGZ 140, 80 (82 f.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 44. 623 Siehe Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff.). 624 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2458); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 49; vgl. auch Hoffstadt DB 1983, 645 (646); Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 3. 625 MünchKommInsO/Ott § 116 Rn 16. 626 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Uhlenbruck/Berscheid, § 55 Rn 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 61; Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 642; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 90; Westphal I Rn 705, zu § 59 KO; ebenso: Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 2.

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InsV wird sich dazu entschließen, sofern der Antrag des Kunden noch nicht erloschen ist und das Geschäft für die Masse vorteilhaft erscheint. Obwohl die Leistung des HV vor Beginn des Insolvenzverfahrens erfolgt, ist dieses Ergebnis auch sachlich gerechtfertigt, da der Verwalter nicht besser gestellt sein darf als der Insolvenzschuldner. Der Insolvenzschuldner wäre im Falle des Vertragsschlusses mit dem Dritten aber zur vollumfänglichen Befriedigung der Provisionsforderung verpflichtet. 113

d) Geschäftsführung ohne Auftrag. Vermittelt der HV – ggf. sogar in Kenntnis der Eröffnung des InsV – und ohne Absprache mit dem Insolvenzverwalter neue Geschäfte, so können sich Provisions- und andere Ansprüche nach den Regeln der GoA ergeben, auch sofern keine konkludente Fortsetzung des Vertrags oder lediglich ein Maklervertrag anzunehmen ist. Ob die Grundsätze des faktischen Vertrages die Vergütung des HV sichert, erscheint eher zweifelhaft. Eine Vergütung nach GoA setzt voraus, dass das vermittelte Geschäft im Interesse der Insolvenzmasse steht. In diesem Fall sind die resultierenden Ansprüche vorab zu befriedigende Masseforderungen.627 Der HV ist so zu stellen, als wenn der Insolvenzverwalter ihn mit der Vermittlung des Geschäfts beauftragt hätte. Ansprüche, die auf solchen Handlungen des Verwalters beruhen, sind Masseforderungen i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Liegen die Voraussetzungen einer berechtigten GoA nicht vor, ist die Herausgabepflicht des Gemeinschuldners gem. § 684 S. 1 BGB Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Durch die unberechtigte Geschäftsführung des HV wurde die Masse nämlich rechtsgrundlos bereichert.628

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2. Verfahrenseröffnung nach Vertragsschluss. Zur Notgeschäftsführung und GoA gelten die oben, Rn 111, 113 wiedergegebenen Ausführungen. Bei der Einordnung der in dieser Konstellation entstehenden Provisionen ist im Übrigen danach zu differenzieren, wie der Insolvenzverwalter sich im Rahmen des ihm zustehenden Wahlrechts nach § 103 InsO entscheidet. Es ist mithin danach zu differenzieren, ob der Insolvenzverwalter die Ausführung des geschlossenen Vertrages ablehnt oder die Erfüllung des Vertrages wählt.

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a) Insolvenzverwalter lehnt Vertragsausführung ab. Lehnt der Insolvenzverwalter die Vertragsdurchführung ab, so wirft dies zunächst die Frage auf, ob überhaupt ein Provisionsanspruch entsteht, da der Eintritt der aufschiebenden Bedingung der „Geschäftsausführung“ unterbleibt.629 Grundsätzlich besteht ein Provisionsanspruch aber auch, falls feststeht, dass das provisionspflichtig zustande gekommene Geschäft nicht ausgeführt wird (§ 87a Abs. 3 S. 1). Der Provisionsanspruch entfällt wiederum, wenn und soweit die Nichtausführung des Vertrages auf Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind (§ 87a Abs. 3 S. 2). Stellt man auf die Entscheidung des Insolvenzverwalters ab, war diese vorsätzlich, d.h. zu vertreten. Andererseits ist dem Insolvenzverwalter das Wahlrecht im alleinigen Interesse der Masse gegeben, für diese den übersteigenden Wert der Gegenleistung des Vertragspartners zu realisieren. Nicht aber ist es ihm im Interesse des HV gegeben, um jenen vor anderen Gläubigern zu bevorzugen.630

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627 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 49; Hoffstadt DB 1983, 645 (646). 628 Staudinger/Wittmann (1995) § 683 Rn 8, zu § 59 Nr. 4 KO. 629 Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff.). 630 Weiteres Argument von Staub/Brüggemann 4. Aufl.: Das Wahlrecht verlängert wirtschaftlich die durch das Wahlrecht des Verwalters substituierte Entscheidungsfreiheit des Unternehmers: Die Freiheit der Entschließung, das Vertragsangebot anzunehmen oder abzulehnen, war vor wie nach Insolvenzeröffnung, für den Unternehmer dort wie für den Insolvenzverwalter hier, in gleicher Weise gegeben. Erst nach Abschluss des Geschäfts wäre der Unternehmer nicht mehr frei gewesen; er hätte

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Sieht man den Insolvenzeintritt als Anknüpfungsfaktor, so dürfte der Unternehmer die eigene Insolvenz regelmäßig zu vertreten haben.631 Dass es auch eine nicht zu vertretende Insolvenz gibt, ist allerdings ebenfalls denkbar.632 So hat bereits das RG die Möglichkeit einer schuldlos verursachten Insolvenz angenommen.633 Dann würde in den Vordergrund gerückt, dass der Entstehungsgrund der Provisionsforderung aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung herrührt, in der er gelegt worden ist, und dass die Provision als bedingt entstandene in die Insolvenz hineingegangen ist. Grundsätzlich ist die Insolvenz jedoch der Risikosphäre des jeweils das Unternehmen Leitenden zuzuordnen, so dass regelmäßig auch von einem Vertretenmüssen auszugehen ist, der Provisionsanspruch des HV mithin bestehen bleibt.634 Eine nicht zu vertretende Insolvenz kann ausnahmsweise vorliegen, wenn sie im konkreten Einzelfall allein auf äußeren Umständen beruht, die nicht der Risikosphäre des Unternehmers zuzurechnen sind. Staub/Brüggemann 4. Aufl.635 vertrat, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers werde dieser nur dann nicht zu vertreten haben – mit der Wirkung, dass der Insolvenzverwalter eine hierauf gestützte Einwendung der Geltendmachung der Provisionsforderung im Prozess um die Berechtigung der Anmeldung zur Tabelle entgegensetzen dürfe –, wenn der finanzielle Zusammenbruch auf Umstände zurückzuführen war, die eine höhere Gewalt darstellten. Hierzu könnten auch Kettenzusammenbrüche zählen. Der Insolvenzverwalter muss in diesem Fall vortragen sowie den Beweis erbringen, dass die Insolvenz auf solchen, vom Unternehmer nicht zu vertretenden äußeren Umständen beruht.636 Nur unter diesen Voraussetzungen entfällt der Provisionsanspruch ausnahmsweise gem. § 87a Abs. 3 S. 1. Bleibt der Provisionsanspruch dagegen bestehen, so ist er einfache Insolvenzforderung i.S.d. § 38 InsO.637 b) Insolvenzverwalter wählt Erfüllung. Mit der vom Insolvenzverwalter veranlass- 116 ten Ausführung des Vertrages tritt die aufschiebende Bedingung i.S.d. § 87a Abs. 1 ein und sämtliche Voraussetzungen für die Entstehung des Provisionsanspruchs sind erfüllt, vorausgesetzt, dass es keine abweichenden Vereinbarungen im Vertretervertrag gibt.638 Die Frage ist, ob der so entstandene Provisionsanspruch vorweg vollumfänglich zu befriedigende Masseforderung oder bloß einfache Insolvenzforderung ist.

_____ erfüllen müssen. Im Gegensatz hierzu ist dem Insolvenzverwalter auch jetzt noch das Recht der Wahl eingeräumt, ob er zum Vertrage stehen wolle oder nicht. 631 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Hoffstadt DB 1983, 645 (647); Westphal I Rn 703; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 31; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54. 632 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = EWiR 2008, 559 (Emde) – dort offen gelassen; AG Bonn, Urt. v. 10.6.2010 – 103 C 470/09; BeckRS 2011, 04575 (dort allerdings nicht entscheidungserheblich, da es nicht um eine Unternehmerinsolvenz ging); Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff.); Hopt § 87a Rn 26; Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 647; Hoffstadt DB 1983, 645 (647); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 31. 633 Urt. v. 16.3.1906, RGZ 63, 69 (71 f.); Abgrenzung in BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = EWiR 2008, 559 (Emde). 634 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 23; Hopt § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 54. 635 § 87a Rn 31. 636 BGH, Urt. v. 5.3.2008 – VIII ZR 31/07, ZIP 2008, 1081 = WM 2008, 923 = BB 2008, 1030 m. Anm. Hilgard = EWiR 2008, 559 (Emde); Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 647; Holling DB 1957, 349. 637 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 51; HK/Ruß § 87a Rn 8; Westphal I Rn 703; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c; Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 5b. 638 Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff.).

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An eine Masseforderung ist zu denken, weil eine Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO vorliegt, sofern der Insolvenzverwalter, wie hier, die Erfüllung eines gegenseitigen Vertrages zur Insolvenzmasse verlangt. Andererseits ist eine Forderung nach § 38 InsO einfache Insolvenzforderung, falls sie zur Zeit der Verfahrenseröffnung „begründet“ ist. Bedingt entstandene Ansprüche, wie der Provisionsanspruch, sind ebenfalls „begründete“ Ansprüche i.S.d. § 38 InsO.639 118 Der BGH hatte den Provisionsanspruch als einfache Konkursforderung damaligen Rechts eingestuft,640 weil er bereits mit Abschluss des Vertrages zwischen Unternehmer und Drittem entstanden und in diesem Zeitpunkt nach Grund und Berechnungsfuß festgelegt sei. Der HV habe zu diesem Zeitpunkt eine gefestigte Rechtsposition und das Erfüllungsverlangen des Konkursverwalters beeinflusse den Provisionsanspruch nicht.641 Dieser Einschätzung wird entgegengehalten, dass der Insolvenzverwalter den Anspruch durch das ihm zustehende Wahlrecht sehr wohl beeinflussen kann, indem er sich für die Nichtdurchführung des Vertrages entscheidet.642 Das Wahlrecht ist aber einzig im Interesse der Masse auszuüben, nicht dagegen im Interesse des HV, um diesem eine privilegierte Masseforderung einzuräumen. Auch bleibt der Provisionsanspruch gem. § 87a Abs. 3 grundsätzlich bestehen, es sei denn, es liegt ausnahmsweise ein Fall einer nicht zu vertretenden Insolvenz auf Seiten des Unternehmers vor. Hieraus folgt, dass die Rechtsposition des HV jedenfalls im Grundsatz nicht gefährdet ist. Auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erscheint es richtig, die Provisionsfor119 derung als einfache Insolvenzforderung einzuordnen. Die wirtschaftliche Position der Gesamtheit aller Gläubiger wird dadurch verbessert, dass die Vorteile des abgeschlossenen Geschäfts der Masse zu Gute kommen, während die damit einhergehenden Nachteile, d.h. die Provisionsforderung, die Masse nicht belasten, sondern als einfache Insolvenzforderungen abgewickelt werden können. Durch die Vermittlungstätigkeit entsteht der Insolvenzmasse auch kein zusätzlicher wirtschaftlicher Vorteil.643 Die Entscheidung des Insolvenzverwalters für die Erfüllung des Vertrages erhält der Insolvenzmasse lediglich den Vorteil, den der Insolvenzschuldner sowieso gehabt hätte.644 Im Ergebnis ist der Provisionsanspruch auch hier als einfache Insolvenzforderung zu qualifizieren.645 120

3. Insolvenzeröffnung erfolgt nach Vertragsschluss und -durchführung. Erfolgt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erst, nachdem der vermittelte Vertrag abgeschlossen und durchgeführt wurde, so sind wiederum verschiedene Konstellationen zu unterscheiden.646 Ist das provisionspflichtig zustande gekommene Geschäft im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits ausgeführt, so ist der Provisionsanspruch gem. § 87a Abs. 3 S. 1 unbedingt entstanden, die Provisionsforderung unzweifelhaft als einfache Insolvenzforderung zu qualifizieren. HV und Unternehmer können in Abweichung von § 87a Abs. 3 S. 1 aber auch vereinbaren, dass nicht die Ausführung des Geschäfts durch den Unter-

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639 Bäuerle in: Braun, InsO, § 38 Rn 6. 640 Gem. § 61 Abs. 1 Nr. 6 der zum damaligen Zeitpunkt anwendbaren Konkursordnung. 641 BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665; Uhlenbruck/Berscheid § 55 Rn 9; Weis in: Hess/Weis/Wienberg § 55 Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c; aA: HK/Ruß § 87 Rn 2a; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87 Rn 30; Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 2. 642 Thume in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 649 f. 643 Hopt § 87 Rn 51. 644 BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665. 645 So auch Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Westphal I Rn 702; Uhlenbruck/Berscheid § 55 Rn 9; Weis in: Hess/Weis/Wienberg, § 55 Rn 33; Eickmann in: HK-InsO, 3. Aufl. 2003, § 55 Rn 18. 646 Vgl. hierzu insb. Emde/Kelm ZIP 2005, 58 (60 ff.); Küstner/Thume I, Kap. V Rn 655 f.

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nehmer, sondern erst die Ausführung durch den Dritten die Unbedingtheit des Provisionsanspruchs herbeiführt. Leistet der Dritte nach der Geschäftsausführung durch den Unternehmer und vor der Verfahrenseröffnung, indem er etwa den vereinbarten Kaufpreis zahlt, so besteht kein Unterschied zur obigen Konstellation, der Provisionsanspruch ist unzweifelhaft einfache Insolvenzforderung. Leistet der Dritte erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so wird der bis dato nur bedingt entstandene Anspruch auch erst mit der Verfahrenseröffnung unbedingt. Der resultierende Provisionsanspruch ist aber dennoch als einfache Insolvenzforderung einzuordnen. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung das vermittelte Geschäft abgeschlossen ist.647 Besitzt der HV gegen seinen Unternehmer einen Anspruch auf Zahlung eines Provisionsvorschusses nach § 87a Abs. 1 S. 2, so stellt dieser Anspruch eine einfache Insolvenzforderung dar.648 4. Insolvenzeröffnung nach vollständiger Vertragsabwicklung zwischen Un- 121 ternehmer und Dritten. Hiermit ist die Konstellation gemeint, dass das vermittelte Geschäft zwar vollumfänglich durchgeführt, der Provisionsanspruch des HV aber noch nicht abgerechnet worden ist. Die eigentlichen Provisionsansprüche sind auch hier wiederum nur einfache Insolvenzforderungen. Es sind sämtliche Anspruchsvoraussetzungen bereits vor der Verfahrenseröffnung eingetreten. 5. Abschließende Betrachtung des Provisionsanspruchs im Insolvenzverfah- 122 ren. Provisionsansprüche des HV sind nur dann vorab in vollem Umfang zu befriedigende Masseforderungen i.S.d. §§ 53 f. InsO, wenn sie aus der Vermittlung eines Geschäfts hervorgehen, welches auf einem neuen HV-Vertrag mit dem Insolvenzverwalter beruht.649 Hierbei stellt sich die Frage, ob ein Insolvenzverwalter tatsächlich bereit ist, einen neuen Vertrag abzuschließen. Eine zögerliche Bereitschaft der Insolvenzverwalter zum erneuten Vertragsschluss mit den HV des insolventen Unternehmens dürfte sich daraus erklären, dass der Insolvenzverwalter sich einem zusätzlichen Haftungsrisiko aussetzt. Für die durch ihn begründeten Masseverbindlichkeiten ist er dem Massegläubiger gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, falls die Masseverbindlichkeit aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann und der Insolvenzverwalter dies erkennen konnte (vgl. § 61 InsO). Demgegenüber kann der HV zusätzlichen Anreiz für den Abschluss eines neuen Vertrages schaffen, indem er sich flexibel zeigt. So darf er etwa im Voraus auf den Schadensersatzanspruch gem. § 61 InsO verzichten, um das Haftungsrisiko des Insolvenzverwalters zu verringern. Denkbar ist auch eine Vertragsgestaltung derart, dass der HV Provisionsansprüche nur für so genannte „Erstgeschäfte“ mit neu geworbenen Kunden erhält. In diesem Fall entsteht kein Ausgleichsanspruch gem. § 89b, so dass es nicht zu der befürchteten Unüberschaubarkeit der Masseverbindlichkeiten kommen kann. Hierin ist keine unzulässige Umgehung des Grundsatzes der Unabdingbarkeit des Ausgleichsanspruches zu sehen.650

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647 BGH, Urt. v. 21.12.1989 – IX ZR 66/89, NJW 1990, 1665. 648 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 659. 649 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 123; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 61; Küstner/ Thume I, 4. Aufl., Kap. V Rn 632. 650 Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen 2. Aufl., § 89b Rn 93.

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6. § 25. Der Grundsatz, dass der Erwerb eines Handelsunternehmens aus der Hand des Insolvenzverwalters die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 ausschließt, gilt auch gegenüber dem Anspruch eines HV aus § 87a.651 II. Insolvenz des Handelsvertreters

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Sämtliche Provisionsansprüche des HV fallen gem. § 35 InsO in die Insolvenzmasse.652 Sie stellen kein insolvenzfreies Vermögen dar und stehen somit zur Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung. Im Unterschied zur Insolvenz des Unternehmers erfolgt die insolvenzrechtliche Einordnung unabhängig vom Zeitpunkt der Entstehung oder des Unbedingtwerdens des jeweiligen Anspruchs.653 Der Grund liegt darin, dass die InsO auch den so genannten Neuerwerb des Gemeinschuldners, also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlangtes Vermögen, in die Insolvenzmasse mit einbezieht, während unter der Geltung der KO bis zum 31.12.1998 lediglich das zum Zeitpunkt der Eröffnung vorhandene Vermögen in die Konkursmasse floss. III. Insolvenz des Kunden

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Fraglich ist, welche Folgen es hat, wenn der von dem HV vermittelte Kunde insolvent wird. Erbringt der Geschäftspartner des Unternehmers die vertragsgemäße Leistung, so entsteht unproblematisch der Provisionsanspruch des HV gegen den Unternehmer gem. §§ 87, 87a. Der vertretene Unternehmer hat seinerseits zur Insolvenzmasse zu leisten. Dennoch existiert auch in dieser Konstellation ein insolvenzrechtlich gelagertes Provisionsverlustrisiko.654 126 Der Provisionsanspruch entfällt gem. § 87a Abs. 2, wenn feststeht, dass der (insolvente) Kunde nicht leistet;655 bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren. Ein Fall feststehender Nichtleistung liegt vor, falls der Insolvenzverwalter im Rahmen seines Wahlrechts nach § 103 InsO die Erfüllung des Vertrages ablehnt. Die Nichtleistung des Dritten steht auch dann fest, wenn ein Vorgehen gegen ihn 127 wegen der Insolvenz auf absehbare Zeit aussichtslos ist.656 Allein die Insolvenz des Kunden vermag zwar grundsätzlich nicht zu rechtfertigen, dass der Unternehmer auf Klage und Vollstreckung zur Durchsetzung seines Anspruches verzichtet.657 Jedoch steht die Nichtleistung fest, falls ein solches Vorgehen gegen den Kunden aufgrund objektiver Umstände für den Unternehmer aussichtslos erscheint oder wirtschaftlich völlig unvernünftig wäre.658 Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Kunden erscheint ein Vorgehen als aussichtslos, weil eine Einzelvollstreckung von diesem Zeitpunkt an nicht mehr möglich, sondern rechtlich ausgeschlossen ist.659 Der Unternehmer darf andererseits grundsätzlich nicht darauf verzichten, seine Forderungen gem.

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651 LG Landau, Urt. v. 19.4.2007 – 4 O 334/06, NJOZ 2007, 3401. 652 Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (383); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 87. 653 Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (383); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 61; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 122. Zum alten Recht siehe etwa: Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 29. 654 Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (385). 655 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). 656 OLG Düsseldorf, Urt. v. 8.11.2002 – 16 U 26/02, OLGR Düsseldorf 2003, 79; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 37. 657 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25. 658 Canaris § 17 Rn 67; Westphal I Rn 558. 659 Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (385).

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§ 174 InsO zur Insolvenztabelle anzumelden, um auf diesem Weg deren Durchsetzung zu erreichen.660 Steht die Nichtleistung des Kunden wegen dessen Insolvenz fest und erhält der Hauptvertreter daraufhin keine Provision, so entfällt damit gem. § 87a Abs. 2 auch der Provisionsanspruch eines vom Hauptvertreter beauftragten Untervertreters.661 Der Untervertreter wird lediglich im Rahmen des HV-Vertrages zwischen Unternehmer und Hauptvertreter tätig und darf nicht in weitergehendem Maße provisionsberechtigt sein als der Hauptvertreter gegenüber Dritten, weil der Untervertreter genauso am Risiko des Hauptvertreters wie an dessen Erfolg beteiligt ist.662 Bei Feststehen der Nichtleistung des Kunden entfällt der Provisionsanspruch nicht zwingend in voller Höhe. Die Insolvenz des Kunden führt lediglich zu einer Teil-Nichtausführung in Höhe des durch die Insolvenzquote nicht befriedigten Teils der Forderung des Unternehmers. Dies gilt auch, wenn der Unternehmer die Insolvenzquote gar nicht eingefordert hat.663 Der HV hat grundsätzlich auch dann Anspruch auf Zahlung einer Provision in Höhe der Insolvenzquote, wenn der Unternehmer statt Erfüllung Schadenersatz wegen Nichterfüllung vom Kunden verlangen kann.664 Führt nicht der Kunde, sondern der Unternehmer das Geschäft nicht aus, und beruht die Nichtausführung auf der Insolvenz des Kunden, so entfällt der Provisionsanspruch. Der Unternehmer hat die Insolvenz des Kunden nicht i.S.d. § 87a Abs. 3 S. 2 zu vertreten.665 Dies gilt auch bei hinreichendem Insolvenzverdacht.666 Provisionsansprüche gem. § 87a Abs. 3 S. 2 können entfallen, weil der Insolvenzverwalter des Kunden die zwischen Drittem und Unternehmer bestehenden Verträge mittels Anfechtung nach den §§ 129 f. InsO rückgängig macht. Provisionen, die aus diesen Geschäften resultierten und bereits bedingt oder unbedingt entstanden waren, entfallen hierbei rückwirkend, weil mit der Anfechtung der jeweilige Vertrag mit ex tunc Wirkung erlischt und die Voraussetzungen eines Provisionsanspruches rückwirkend beseitigt werden.

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J. § 87a Abs. 5: Zwingendes Recht und abweichende Vereinbarung § 87a ist teilweise zwingendes Recht, was dem Schutz des HV dient. Gem. § 87a 132 Abs. 5 kann von den Abs. 2 1. Hs, 3 und 4 nicht zum Nachteil – wegen des bezweckten Schutzes jedoch selbstverständlich zum Vorteil667 – des HV abgewichen werden. Eine einschränkende Auslegung, wonach eine nachteilige Vereinbarung nur in einem Kernbereich unwirksam sei, im Randbereich hingegen wirksam, findet im Gesetz keine Stütze.668 Soweit die zwingende Natur des Abs. 5 reicht, sind Regelungen unzulässig und gem. § 134 BGB unwirksam, die sich in irgendeiner Weise möglicherweise669 unmittel-

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660 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 25. 661 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1702). 662 BGH, Urt. v. 20.6.1984 – I ZR 62/82, HVR 590; OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJWRR 2009, 1699 (1702). 663 Canaris § 17 Rn 67; Hopt § 87a Rn 10, 14. 664 BGH, Urt. v. 11.10.1990 – I ZR 32/89, NJW-RR 1991, 156 (159). 665 OLG Köln, Urt. v. 27.11.1992 – 20 U 89/92, NJW-RR 1994, 226; Westphal I Rn 582; Hopt § 87a Rn 28. 666 OLG Köln, Urt. v. 27.11.1992 – 20 U 89/92, NJW-RR 1994, 226; Emde/Kelm ZVI 2004, 382 (385); Hopt § 87a Rn 28. 667 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 28. 668 BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, NJW 2014, 930 = ZVertriebsR 2014, 98. 669 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 53.

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bar oder mittelbar für den HV, ggf. auch nur beweisrechtlich670 nachteilig auswirken können.671 An ihre Stelle tritt im Zweifel die gesetzliche Regelung.672 Als für den HV vorteilhaft sind etwa Regelungen zulässig, die die Provisionsfälligkeit vorverlegen,673 die Provision auch bei Nichtleistung des Kunden zubilligt674 oder den vollen Provisionsanspruch bereits an die Teilleistung des Kunden knüpfen.675 Klarstellende, lediglich konkretisierende Regelungen sind ebenfalls gestattet.676 Geschützt ist aber nur die vertraglich oder gesetzlich geschuldete Provision. Gegen eine zu niedrige Festlegung der Provision schützt Abs. 5 nicht, sondern schützen nur die §§ 138, 242 BGB. Dabei dürfen für unterschiedliche Zeiträume auch differierende Provisionssätze geleistet werden. Bestimmungen, die lediglich die geltende Rechtslage wiedergeben und festschreiben, ohne von ihr abzuweichen, fallen nicht unter Abs. 5 und sind zulässig.677 Sie stehen aber unter dem Risiko einer Änderung jener Rechtslage oder des sie mitbestimmenden Richterrechts. Vertragsfreiheit besteht für nach Vertragsende geschlossene Vereinbarungen. Gegen zwingendes Recht setzt sich auch ein abweichender Handelsbrauch nicht durch.678 So muss eine Provisionsverzichtsklausel die von § 87a Abs. 5 erfassten Fälle ausnehmen, also die Provisions-TB des § 87a Abs. 2, 3679 (zur Provisionsverzichtsklausel § 89b Rn 553 ff.). Wird das missachtet, bleibt die Verzichtsklausel sowohl als AGB nach § 307 BGB wie als Individualvereinbarung nach § 87a Abs. 5 unwirksam.680 Soweit von § 87a abgewichen wird, trägt diejenige Partei die Beweislast für die Zulässigkeit, welche sich auf die Abweichung beruft, hilfsweise der Formulierende. Zu AGB s.o., Vor § 84 Rn 48 ff. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Abweichung eine unbillige Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB bedeutet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die §§ 87 ff. einen hohen Gerechtigkeitsgehalt in sich tragen. Das Verbot abweichender Vereinbarungen gilt von Vertragsschluss bis Ver133 tragsende. Ist ein Anspruch bereits entstanden, darf der HV stillschweigend oder ausdrücklich681 auf ihn verzichten, Abs. 5 steht dem nicht entgegen.682 Eine Derogation der Provisionsanwartschaft nach § 87 wird nicht durch Abs. 5 gehindert. Deshalb darf das Entstehen der Provisionsanwartschaften herausgezögert werden, etwa der Anspruch auf echte oder unechte Überhangprovision ausgeschlossen werden.683 Eine solche Rege-

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670 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 53; aA OLG Frankfurt/M. BB 1977, 1171; bedenklich auch OLG Karlsruhe VersR 1982, 267. 671 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48. 672 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 44. 673 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 28. 674 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 28. 675 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 28. 676 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 57. 677 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 51; Hopt § 87a Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 57. 678 OLG Celle BB 1961, 1341; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 57; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 44; aA LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 30.10.2012 – 2 HkO 4186/12, BeckRS 2014, 05075. 679 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein = NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703 = BBL 2009-225-4. 680 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703. 681 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 30. 682 BGH, Urt. v. 9.7.2003, NJW-RR 2003, 1615 (1616) = WM 2003, 2112 (Erlassvertrag); v. 29.11.1995 – VIII ZR 293/94, ZIP 1996, 129 (131); BGH DB 1961, 234; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 30. 683 BGHZ 33, 92; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 1a, 8, 8a, 13a.

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lung gilt wegen des Abs. 3 jedoch nicht für Geschäfte, die vereinbarungsgemäß während der Vertragslaufzeit auszuführen gewesen wären, wenn der Unternehmer die nicht rechtzeitige Nichtausführung zu vertreten hat.684 Im Einzelnen: 134 I. Absatz 1 § 87a Abs. 1 ist in Abs. 5 nicht als zwingende Vorschrift genannt, so dass es auf den 135 ersten Blick scheint, als dürfe von dieser Bestimmung vollständig abgewichen werden. Der Wortlaut des § 87a Abs. 5 steht folglich einer § 87a Abs. 1 S. 1 abändernden Vereinbarung nicht entgegen.685 Deshalb darf der Anspruch innerhalb der nachfolgend aufgezeigten Grenzen individualvertraglich bis zur Grenze des § 138 BGB ausgeschlossen oder modifiziert werden.686 Es ist zulässig, die Provision von der Zahlung des Kunden687 und das Zustandekommen des Kundenvertrags von dessen tatsächlicher Ausführung abhängig zu machen.688 Weiter dürfen Provisionsansprüche sowie gegen den HV gerichtete Rückzahlungsansprüche aus § 87a in ein Kontokorrent gestellt werden.689 Abs. 5 hindert den HV auch nicht daran, Provisionsforderungen zu erlassen, die nach §§ 87, 87a Abs. 1 S. 1 entstanden sind, weil der Unternehmer das Geschäft bereits ausgeführt hat.690 Jedoch bestimmt Abs. 1 S. 2 und Abs. 1 S. 3, dass der HV mit Ausführung des Geschäfts zwingend Anspruch auf einen angemessenen Vorschuss und unabhängig von einer Vereinbarung mit Ausführung des Geschäfts Anspruch auf Provision hat, so dass sich – systematisch wenig geglückt – der zwingende Charakter dieses Teils des Abs. 1 nicht aus Abs. 5 sondern bereits aus Abs. 1 ergibt.691 Hiervon abweichende Vereinbarungen sind unwirksam, z.B. solche, die den Vorschuss ausschließen.692 Eine einheitliche Regelung in Abs. 5 wäre wünschenswert gewesen. Unwirksam ist die Einordnung einer Provisions- als Vorschusszahlung,693 die zu Lasten des HV gereichende Verschiebung der in Abs. 1 genannten Entstehungszeitpunkte sowie die Klausel eines Untervertretervertrages, nach der der Provisionsanspruch des Untervertreters nur besteht, wenn der Hauptvertreter eine Provisionszahlung erhalten hat, und zwar unabhängig von Abschluss, Ausführung oder Erfüllung des vermittelten Geschäfts.694 Da die Regelung nicht für den HV nachteilig ist, darf vereinbart werden, dass mit Teilausführung des Geschäfts durch eine Partie der volle Provisionsanspruch entstehen soll.695 Auch die Höhe des Vorschusses darf im Rahmen der von Abs. 1 genannten Angemessenheit konkretisiert werden.696 Problema-

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684 BGHZ 33, 92. 685 BGH DB 2003, 2173. 686 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Hopt § 87a Rn 8, 35; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 11 ff. 687 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 32; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 12, 13. 688 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 689 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 58. 690 BGH, Urt. v. 9.7.2003 – VIII ZR 60/02, VersR 2003, 1395 = DB 2003, 2173 = WM 2003, 2112. 691 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 53; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22; Hopt § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 14a, 46. 692 Thume BB 2012, 975 (977). 693 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 53. 694 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 = MDR 2009, 703. 695 Hopt § 87a Rn 12; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 11. 696 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Hopt § 87a Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 25.

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tisch sind Klauseln, nach denen während eines befristeten Zeitraums ein garantierter Provisionsvorschuss gezahlt wird und die verdiente Provision nur zum Teil. Da nach Abs. 1 nur die tatsächlich versprochene oder gesetzlich geschuldete Provision geschützt wird, dürfte einer solchen Regelung keine Bedenken entgegenstehen. II. Absatz 2 136

§ 87a Abs. 2 S. 1 über die Nichtleistung ist gem. Abs. 5 einseitig zugunsten des HV zwingend. Für den HV nachteilige Vereinbarungen sind insoweit unwirksam.697 Abdingbar ist aber die Regelung in Abs. 2 Hs. 2, wonach bereits empfangene Beträge zurückzugewähren sind.698 Deshalb darf der Rückzahlungsanspruch nach Abs. 2 2. Hs. im Detail geregelt, ausgestaltet oder ausgeschlossen werden.699 Es soll z.B. verhindert werden, dass der Unternehmer das geschäftliche Risiko bereits bei eintretenden Zahlungsschwierigkeiten auf den HV verlagern will.700 Daher kann nicht zum Nachteil des HV abweichend von § 87a Abs. 2 festgelegt werden, unter welchen Umständen die Kundenleistung als nicht erbracht feststeht. Unwirksam ist weiter eine Vereinbarung, gemäß der die Provisionspflicht entfallen und ggf. eine Rückzahlungspflicht des HV begründet wird, wenn die Nichtleistung des Kunden nicht sicher feststeht,701 das Feststellen der Nichtleistung in das Ermessen des Unternehmers stellt,702 der Zeitpunkt des Entfallens des Provisionsanspruchs vorverlegt wird,703 etwa bereits nach einer erfolglosen Mahnung des Dritten dessen Zahlungsunfähigkeit feststehen soll,704 der HV die Kosten der gerichtlichen Durchsetzung bzw. der Zwangsvollstreckung des Anspruchs tragen soll705 oder die Klausel „Endet die Vertragsbeziehung mit dem Kunden innerhalb von 2 Monaten nach Beginn der Energielieferung, gleich aus welchem Grund, veranlasst der Kunde die Rückbuchung der Sonderabschlagszahlung innerhalb der Widerruffrist oder erhält der Unternehmer eine negative Bonitätsauskunft, so erlischt der Anspruch auf die Abschlussprovision. Rückforderungsbeträge aufgrund stornierter Abschlussprovisionen, sind unverzüglich vom Vertriebspartner an den Unternehmer zurückzuzahlen und können mit anderen Provisionsansprüchen aus dieser Vereinbarung aufgerechnet werden“.706 Das LAG Baden-Württemberg707 hatte eine Vereinbarung des Inhalts, derzufolge mit dem Ausbleiben der Leistung des Dritten die Nichtleistung als festgestellt zu gelten habe und der Unternehmer nicht beizutreiben brauche, als gültig angesehen. Der BGH708 hat die Abrede demgegenüber nur zugelassen für Fälle, in denen die Einklagung und Beitreibung dem Unternehmer nicht zugemutet werden könne, nämlich bei dem Vertrieb von Massengütern des täglichen Gebrauchs mit geringem Wert des Einzelstücks; das traf in jener Streitsache für rückständige Abonnentengelder aus Zeitschriftenbezug wegen der Geringfügigkeit des Objekts im Verhältnis zu der Vielzahl der

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697 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 44; Westphal I Rn 567. 698 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 44. 699 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 44; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48. 700 Thume BB 2012, 975 (977). 701 Thume BB 2012, 975 (977); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 44. 702 Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 29. 703 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 44. 704 Westphal I Rn 567. 705 OLG Karlsruhe, Urt. v. 26.3.1974, BB 1974, 904; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 29. 706 AA LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. 707 BB 1955, 682. 708 MDR 1972, 135.

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anfallenden Rückstandsfälle zu. Das OLG Hamm709 trifft die gleiche Unterscheidung: bei dauerhaften und höherwertigen Gebrauchsgütern sei eine Klausel des Inhalts, dass mit der Zahlungssäumnis des Kunden seine Nichtzahlung „feststehe“ und der Unternehmer deshalb einen Versuch der Beitreibung nicht zu unternehmen brauche, unwirksam. Da lediglich Bestimmungen zum Nachteil des HV unzulässig sind, bleiben Regelungen gestattet, welche die Anforderungen an den nachträglichen Wegfall des Provisionsanspruchs nach Abs. 2 1. Hs.710 verschärfen oder diese Rechtsfolge ausschließen. Unzulässig ist eine Provisionsverzichtsklausel, die auch nach Abs. 2 noch nicht unbedingt entstandene Provisionen erfassen soll.711 III. Absatz 3 Nicht abdingbar sind die Bestimmungen in Abs. 3 über den Einfluss von Störun- 137 gen in der Ausführung des Geschäfts auf den Provisionsanspruch, soweit Vereinbarungen hierüber zu Lasten des HV getroffen werden (Abs. 5). Ist der Provisionsanspruch durch vertragliche Vereinbarung an die Erbringung der Leistung durch den Dritten geknüpft und erbringt der Dritte seine Leistung nicht, weil der Unternehmer seinerseits das Geschäft nicht ausgeführt hat oder nicht ausführt, so darf diese Ursache, zugunsten des HV zwingend, nicht außer Betracht gelassen werden. Wird vereinbart, dass dem HV keine Provision für Geschäfte zustehen soll, die bei Beendigung des Vertragsverhältnisses noch nicht ausgeführt sind, so ist das zwar wirksam, jedoch wegen des zwingenden Abs. 3 S. 1 nicht für den Fall, dass der Unternehmer schon vor Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Ausführung säumig geworden war, ohne dass ihm hierfür ein Grund nach Abs. 3 zur Seite stand.712 Der Unternehmer kann zudem entgegen Abs. 3 S. 1 nicht das Risiko der Unsicherheit von Lieferschwierigkeiten bei Vorlieferanten in der damals sowjetischen Besatzungszone auf den HV abwälzen mit der Klausel, die Provision sei „in jedem Falle“ erst mit Lieferung und Zahlung des Kunden verdient: eine solche Klausel wäre, da für Abs. 3 S. 1 die Lieferschwierigkeiten im Risikobereich des Unternehmers liegen und von ihm zu vertreten sind, unwirksam.713 Auch mittelbare Risikoüberwälzungen auf den HV entgegen dem Risikoverteilungsprinzip des Abs. 3 hat die Rspr. korrigieren müssen. Auch ausdrückliche oder konkludente Risikozuweisungsabreden, die von Abs. 3 abweichen, sind unzulässig.714 Der Unternehmer darf dem Kunden aber einen Vertragsänderungsvorbehalt einräumen. Übt ihn der Kunde aus, wird der Vertrag nicht anders als abgeschlossen ausgeführt. Vielmehr stand er von vornherein unter dem Vorbehalt möglicher Änderungen, Abs. 3 greift nicht ein.715 Gem. § 87a Abs. 5 i.V.m. Abs. 3 unwirksam sollen folgende Klauseln sein:716 „Nicht 138 ausgeführte Aufträge sind nicht provisionspflichtig“, „Für Aufträge, die nicht zur Ausführung gelangen oder rückgängig gemacht werden, wird eine Provision nicht vergütet“,717

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709 VW 1979, 191. 710 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21. 711 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein = NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703. 712 BGHZ 33, 92. 713 LAG Düsseldorf BB 1960, 813. 714 Bedenklich daher BGH, Urt. v. 23.1.2014 – VII ZR 168/13, ZVertriebsR 2014, 98 Rn 15. 715 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 18, 22; aA Hopt § 87a Rn 20. 716 Siehe etwa Thume BB 2012, 975 ff. 717 LAG Düsseldorf, Urt. v. 20.5.1960 – 8 (3) Sa 437/59, BB 1960 1075 = DB 1960, 813.

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„Bei Auflösung eines abgeschlossenen Kaufvertrages entfällt der Anspruch auf Provision, ohne dass es auf den Grund der Auflösung des Vertrages ankommt“, „Ein Provisionsanspruch steht dem HV nicht zu, wenn der Unternehmer aufgrund der AGB nicht zur Lieferung verpflichtet ist“, „Provisionspflichtig sind nur Aufträge, die vom Kunden bezahlt wurden“, „Mängelrügen, Lieferverzögerungen und Nichtlieferung, die ursächlich auf die Qualität der von der Firma verwendeten Rohstoffe zurückzuführen sind, hat die Firma nicht zu vertreten, weil die Nichtausführung des Geschäfts in Gründen zu sehen ist, die der Firma weder unmittelbar noch mittelbar angelastet werden können. Nicht ausgeführte Geschäfte sind demzufolge nicht provisionspflichtig“, „Ein Provisionsanspruch entsteht nicht, gezahlte Vorschüsse sind zurückzuzahlen, wenn ein Versicherungsnehmer/Bausparer die Einlösungsprämie nicht innerhalb einer Frist von … Monaten bezahlt bzw. innerhalb der gleichen Frist, gerechnet von der Zahlungsaufforderung an, dieser nicht entspricht“, „Der Provisionsanspruch des HV für die Vermittlung von Telefonkunden endet mit der Beendigung des HV-Vertrages“;718 „im Falle der Änderung des Vertrages mit dem Kunden hat der HV nur einen hälftigen Provisionsanspruch“;719 „Bei Vertragsaufhebung von Verträgen innerhalb der Provisionshaftungszeit erfolgt eine zeitanteilige Rückbuchung der Abschlussprovision. Dies gilt auch, wenn die X die Beiträge rückwirkend ermäßigt bzw. bereits entrichtete Beiträge zurückzahlt, auch wenn die Provisionshaftungszeit bereits abgelaufen ist“.720 Das LG Düsseldorf 721 hatte eine Abrede für zulässig gehalten, wonach der HV das Kostenrisiko des gegen den Kunden zu führenden Prozesses einschließlich der Beitreibungsversuche übernahm, und dies damit begründet, der HV sei eher als der Unternehmer in der Lage, jenes Risiko aus eigener Kenntnis des Kunden zu beurteilen; außerdem sei damit die erzieherische Wirkung verbunden, den HV zur rechtzeitigen Prüfung der Solvenz des Kunden anzuhalten. Die Vereinbarung, für den Einzelfall getroffen, mochte sich gerade noch in den Grenzen des nach Abs. 3 Zulässigen halten. Das OLG Karlsruhe722 hat demgegenüber mit Recht eine Kostenübernahmeklausel für derartige Fälle missbilligt, was auch im Falle einer anteiligen Kostentragungspflicht des HV gelten dürfte. Auch individualvertraglich dürfen die Parteien nicht bestimmen, wann eine abweichende Ausführung „feststehen“ soll.723 Klageverzichtsklauseln, sind im Grundsatz unzulässig,724 weil eine gem. § 87a Abs. 3 bestehende Obliegenheit zur Prämienklage nicht abbedungen werden kann. Nicht anzuerkennen ist es, den Verzicht auf jede Klage zu gestatten, solange sich die Abstandnahme nicht als willkürlich darstellt.725 An der Unabdingbarkeitsschranke des Abs. 5 würden ferner Klauseln über den Verzicht einer Nachbearbeitung726 oder den Wegfall

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718 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 86/07, NJW 2010, 298 = VersR 2010, 259. 719 OLG Karlsruhe BB 1980, 226; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 68. 720 OLG Köln, Urt. v. 9.8.2013 – 19 U 149/12, BeckRS 2013, 16283. 721 DB 1979, 2176. 722 BB 1974, 904; zust. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 68; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 53; Hopt § 87a Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 56. 723 Unklar Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 28. 724 OLG Hamm MDR 1978, 937; OLG Köln VersR 1976, 87; LG Regensburg VersR 1973, 710 m. Anm. Höft VersR 1973, 1119; Thume BB 2012, 975 (977); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 44; § 92 Rn 264; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 92 Rn 16; Hopt § 87a Rn 33; aA OLG Frankfurt/M. VersR 1991, 1135; DB 1983, 1592 = BB 1977, 1171; VersR 1978, 326; 1960, 510; OLG Schleswig MDR 1984, 760; LAG Stuttgart DB 1955, 682; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; Fleischmann VersR 1957, 11; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 39 für den Versicherungsvertrieb; Franke VersR 1961, 660, BB 1977, 1170. 725 So aber MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 92 Rn 31. 726 OLG Hamm MDR 1978, 937; Thume BB 2012, 975 (977); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 44; Hopt § 87a Rn 33; aA LAG Stuttgart DB 1955, 682; OLG Karlsruhe BB 1974, 904; OLG Frankfurt/M. BB 1977, 1171; VersR 1978, 326.

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der Provision nach einer mit Verlust für den Unternehmer verbundenen Abwicklung des Geschäfts ihre Grenze finden.727 Provisionsverzichtsklauseln, die noch nicht unbedingt entstandene (nachvertragliche) Provisionen erfassen sollen, müssen die Fälle des Abs. 3 vom Verzicht ausnehmen.728 Wirksam sind Vereinbarungen klarstellenden Inhalts, die Abs. 5 nicht widerspre- 139 chen.729 Dies gilt etwa für eine Vereinbarung, die regelt, wann der Unternehmer seinen Anspruch gegen den leistungsunwilligen Kunden gerichtlich durchzusetzen hat oder inwieweit dem HV die Möglichkeit zur Nachbearbeitung eingeräumt wird, sofern damit keine Verschiebung des Risikobereichs des Unternehmers auf den HV begründet wird.730 Gestattet sind auch für den HV lediglich vorteilhafte Regelungen, welche die Anforderungen an den nachträglichen Wegfall des Provisionsanspruchs nach Abs. 3 S. 2 verschärfen, jene Rechtsfolge ausschließen731 oder die Anforderungen an das Entstehen des Anspruchs nach Abs. 3 S. 1 erleichtern.732 Abs. 5 hindert den HV nicht daran, Provisionsforderungen zu erlassen, die nach Abs. 3 S. 1 bereits unbedingt wurden.733 IV. Absatz 4 Abs. 4 ist ebenfalls zwingend. Eine ggf. nur mittelbare734 Verzögerung des Fällig- 140 keitstermins verstößt gegen Abs. 5.735 Das gilt etwa für die Vereinbarung, derzufolge der HV einen Teil der fälligen Provision erst zu einem späteren Zeitpunkt als Pension beziehen soll.736 Vereinbarungen zur Schaffung des insb. im Versicherungsvertrieb üblichen Stornoreservekontos sollen auch im Lichte des Abs. 4 gestattet sein,737 obwohl dem Wortlaut nach ein Verstoß jedenfalls nahe liegt, falls die Stornoreserve durch einen Provisionseinbehalt aufgefüllt wird (Verschiebung des Fälligkeitszeitpunktes). Zum Stornoreservekonto im Einzelnen § 92 Rn 17; zu AGB Vor § 84 Rn 48 ff. K. Beweislast I. Absatz 1 Der HV – auch der Untervertreter im Verhältnis zum Hauptvertreter738 – hat das Ent- 141 stehen und die Fälligkeit seines Provisionsanspruches zu behaupten und im Streitfalle

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727 Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 2. 728 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, VersR 2010, 249 = NJW 2010, 298 = BB 2010, 533 m. Anm. von Bodungen/Hesse = EWiR 2010, 119 (Emde); OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, BB 2010, 600 m. Anm. Lang/Klein NJW-RR 2009, 1699 (1701) = MDR 2009, 703. 729 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 87a Rn 70. 730 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, 3. Aufl., § 87a Rn 70; Hopt § 87a Rn 33. 731 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21. 732 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 70; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 48; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 21. 733 BGH, Urt. v. 9.7.2003 – VIII ZR 60/02, VersR 2003, 1395 = DB 2003, 2173 = WM 2003, 2112; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 69. 734 OLG Düsseldorf OLGR 1993, 131. 735 Im Ergebnis: OLG Düsseldorf OLGR 1993, 131: Abrechnung des Stornoreservekontos erst, wenn alle vermittelten Verträge die Stornohaftzeit überdauert haben; Hopt § 87a Rn 34; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 61. 736 LAG Hamm BB 1985, 464; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 55; Hopt § 87a Rn 34; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 61. 737 BGH WM 1975, 181; OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.1.1990 – 16 U 97/89, BB 1990, 1086; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 55; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 22. 738 BGHZ 91, 370 = NJW 1984, 2881 (2883); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 76.

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zu beweisen,739 insbesondere dass das Geschäft vom Unternehmer ausgeführt worden ist740 (Abs. 1 S. 1, wo nicht, wie meist, abbedungen; in diesem Falle: dass der Dritte geleistet hat, weil damit der Provisionsanspruch spätestens entstanden ist).741 Hinsichtlich der Vergütungsbestandteile, für die nach § 87c Abs. 2 ein Buchauszug erteilt werden muss, kann die Darlegungslast des HV durch vom Unternehmer mit Anerkenntniswirkung gefertigte Abrechnungen nach § 87c Abs. 1 sowie durch das Verlangen nach einem vom Unternehmer erstellten Buchauszug erleichtert werden.742 Der HV wird deshalb – ggf. als Widerklage – eine Stufenklage erheben, in erster Stufe gerichtet auf Abrechnung und Buchauszug, in zweiter Stufe auf Provisionszahlung (§ 87c Rn 196 ff.). Ein im Wege der Ersatzvornahme gefertigter Buchauszug hat diese Wirkung nicht, er ist jedoch nach § 286 ZPO ein zulässiges Beweismittel. Hat der Unternehmer unberechtigt Provision gezahlt, gehört es zu einer ordnungsgemäßen Begründung seines Rückforderungsanspruchs, die Gründe darzulegen und zu beweisen, die zu den Stornierungen geführt haben.743 Allgemein hat der Unternehmer seine Darlegungslast zur Höhe eines Rückforderungsanspruchs wegen nicht verdienter Provisionen erfüllt, wenn er eine geordnete Zusammenstellung der einzelnen Rechnungspositionen vorlegt, die rechnerisch überprüfbar ist und eine Zuordnung zu den einzelnen Geschäftsvorfällen ermöglicht.744 Das pauschale Bestreiten dieses Vortrags durch den HV gibt keine Veranlassung, höhere Anforderungen an die Substantiierung des Klagevortrages zu stellen.745 Fordert der Unternehmer eine Provision zurück, weil eine Doppelbuchung vorliegt, und tritt der HV dem nicht substantiiert entgegen, so ist das Rückforderungsverlangen angesichts der irrtümlichen Doppelbuchung begründet. Es erscheint unwahrscheinlich, dass der gleiche Kunde am selben Tag zwei Lebensversicherungen über die identische Antragssumme abgeschlossen haben könnte.746 142 Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Vorschuss nach S. 2 hat der HV zu beweisen.747 Verlangt der Unternehmer dessen Rückzahlung, trägt er unabhängig von der Parteirolle die Beweislast für die Höhe der an den HV als Vorschuss gezahlten Beträge.748 Strenger waren Instanzgerichte:749 Unterbreitet der auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen klagende Unternehmer eine schlüssige und substantiierte Abrechnung, so ist es Sache des beklagten HV, detailliert vorzutragen, welche der einzelnen Positionen von ihm bestritten werden und warum sie nicht gerechtfertigt sind. Nach dieser unternehmerfreundlichen Rspr. genügt ein Versicherer seiner Darlegungslast, sofern er eine Einzelaufstellung vorlegt, aus der sich die Vertragsnr., Vor- und Zuname des VN, der Versicherungsbeginn, die vertraglich vereinbarte Beitragszahlungsdauer in Jahren, die tatsächliche Laufzeit der Versicherung bis zum Vertragsstorno in Monaten, die Stornohaftungszeit, die an den HV vorschüssig gezahlte Provision, der sich hiernach ergebende Rückforderungsbetrag in EUR sowie das Datum der außergerichtlichen Zahlungsauffor-

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739 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 76. 740 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 77. 741 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 77. 742 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 77. 743 OLG Köln VersR 2003, 459. 744 OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017. 745 OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017. 746 OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, OLGR 2001, 267. 747 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 78; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60. 748 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 78/79. 749 LG Leipzig, Urt. v. 29.9.2011 – 7 O 2820/10, BeckRS 2013, 14260; LG Hamburg, Urt. v. 17.8.2010 – 330 O 310/09; LG Saarbrücken VersR 2000, 761.

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derung ergeben.750 Eine solche Substantiierungspflicht des HV wird aber die Ausnahme bleiben und nur gefordert werden können, wenn die Substantiierung dem HV überhaupt möglich ist, etwa hinsichtlich der erhaltenen Provisionszahlungen. Bezüglich der Stornierungsgründe und wohl auch der Einzelheiten des vom Unternehmer geschlossenen Kundengeschäfts ist dies dem HV regelmäßig unmöglich, insb. bei nachvertraglichen Geschehnissen. Für die rechtliche Einordnung einer Zahlung als Provision, Fixum, Garantieprovision o.ä. ist derjenige beweispflichtig, der Vorteile aus dieser Einordnung herleitet. Handelt es sich um eine betragsmäßig schwankende und offensichtlich erfolgsabhängig gezahlte Leistung, wird meist von einer Provision auszugehen sein. II. Absatz 2 Unabhängig von seiner prozessualen Parteirolle muss der Unternehmer die Voraus- 143 setzungen eines Rückzahlungsanspruchs nach Abs. 2 2. Hs beweisen.751 Ob der HV sich mit seiner Verteidigung auf eine Rückzahlungsklage bis zur Erteilung eines Buchauszuges darauf beschränken kann, die Vorlage eines solchen zu fordern,752 ist zweifelhaft. Es genügt, dass der Unternehmer für die Darlegung seines Rückforderungsanspruchs beweispflichtig ist. Dieser Beweis muss nicht notwendig in Buchauszugsform erbracht werden. Allerdings darf sich der HV gegen ein Zahlungsbegehren des Unternehmers mit dem Beweisangebot „Buchauszug, erstellt von dem Unternehmer“ verteidigen. III. Absatz 3 Die Beweislast für S. 1 liegt beim HV,753 für S. 2 beim Unternehmer.754 Zu S. 1 braucht 144 der HV nur darzulegen und ggf. zu beweisen, dass ein provisionspflichtiges Geschäft abgeschlossen worden war755 und die Nicht- oder Andersausführung entgegen den vertraglichen Bestimmungen für den Teil, für den er Provision verlangt, feststeht.756 Dies setzt Ausführungen zum ursprünglichen Vertragsinhalt und zu der abweichenden Ausführung voraus. Das „Feststehen“ kann durch Indizien unterstützt werden, wobei die Anforderungen nicht zu hoch gelegt werden dürfen. Denn der Unternehmer kann wegen seiner Sachnähe den Gegenbeweis eher führen.757 Er kann die Provisionspflicht nur abwenden, indem er nachweist, dass er die Nichtausführung nicht zu vertreten hat.758 Die Beweislast für die Voraussetzungen des S. 2 trägt also der Unternehmer.759 Der Unternehmer hätte folglich darzulegen und zu beweisen, dass die Ausführung deshalb

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750 LG Hamburg, Urt. v. 17.8.2010 – 330 O 310/09, VersR 2011, 73 = NJW 2011, 1590. 751 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Baumgärtel Rn 2, 4; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 19; Hopt § 87a Rn 30; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 42. 752 So wohl Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60. 753 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 26; BGH, Urt. v. 2.3.1989 – I ZR 121/87, NJW-RR 1989, 865 = BB 1989, 1077; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Oetker/Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 27. 754 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 26; so auch OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200. 755 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 80. 756 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 80; Hopt § 87a Rn 30. 757 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 80. 758 BGH, Urt. v. 2.3.1989 – I ZR 121/87, NJW-RR 1989, 865 = BB 1989, 1077; Hopt § 87a Rn 30; Oetker/ Busche, 3. Aufl., § 87a Rn 27. 759 RGZ 63, 69 (71); BGH NJW-RR 1992, 868 (869); Urt. v. 2.3.1989 – I ZR 121/87, NJW-RR 1989, 865 = BB 1989, 1077; BGH NJW 1983, 629 (631); OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010,

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unzumutbar sei, weil er (der Unternehmer) zwar leistungsfähig und leistungswillig, aber der Dritte nicht leistungsbereit sei. Schieben also Unternehmer und Dritter sich gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern der Ausführung des Auftrages zu, so ist der Unternehmer gegenüber dem HV beweislastmäßig am Zuge: es wird auch hier vermutet, dass der Dritte nicht geleistet habe, weil der Unternehmer es an der Ausführung des Vertrages, der Bereitschaft und der Fähigkeit hierzu habe fehlen lassen; dass Grund und Folge umgekehrt liegen, hätte der Unternehmer, als einen ihn entlastenden Umstand für die Nichtausführung des Geschäfts zu beweisen. Die Gründe der nicht vertragsgemäßen Ausführung des Geschäfts sowie des Nichtvertretenmüssens hat der Unternehmer für jeden einzelnen Fall einer Rückforderung760 einschließlich Art und Umfang einer behaupteten Nachbearbeitung761 (Zeitpunkt und Art der Mahnung und der Unterrichtung des HV über die Stornogefahr) zu beweisen sowie die Höhe der zurückgeforderten Abschlussprovision zu berechnen.762 Widersprüchlicher Vortrag ist unbeachtlich.763 Davon soll selbst dann nicht abgewichen werden, wenn der HV auf Seiten des Kunden an einer Stornierung des Kundenvertrags mitgewirkt hat764 (Frage des Einzelfalls), es um die Frage geht, ob und mit welchen Provisionsansprüchen Stornos verrechnet wurden765 (denn es geht in der Sache um den Erfüllungseinwand des Unternehmers). Dass der Dritte nicht leistet (geleistet habe, leisten werde), braucht der HV nicht darzulegen: zu seinen Gunsten wird, wenn es sonst auf die Leistung des Dritten ankäme, vermutet, die Leistung des Unternehmers habe die Nichtleistung oder die Nicht-so-Leistung des Dritten zur Folge; Sache des Unternehmers wäre es, darzutun, dass auch unabhängig von seiner eigenen Leistungssäumigkeit der Dritte nicht geleistet hat oder haben würde. Auch für die Versendung der Stornogefahrmitteilungen trägt der Unternehmer die Beweislast,766 etwa durch Zeugenbeweis.767 Nach aA soll das pauschale Bestreiten des HV, es sei keine Nachbearbeitung erfolgt, als Sachvortrag „ins Blaue hinein“ unbeachtlich sein768 (zweifelhaft, weil der HV keine Kenntnis von der internen Nachbearbeitungsorganisation des Unternehmers zu haben braucht). 145 Da die materielle Beweislast gekennzeichnet wird, bedarf es zur Beweisführung keiner gerichtlichen Feststellung der streitigen Fragen,769 etwa mittels eines (Zwischen-) Feststellungsurteils. Auf Anlagen darf der Unternehmer Bezug nehmen; sie müssen jedoch verständlich sein.770 Zwischen Haupt- und Untervertreter gelten dieselben Beweismaßstäbe;771 der Hauptvertreter muss gegenüber seinem Untervertreter die Gründe einer

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25582; OLG Düsseldorf OLGR 1995, 19 (20); LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041; Holling DB 1960, 79; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 80; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60. 760 OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582; OLG Hamm, Beschl. v. 12.3.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; OLG Koblenz VersR 1980, 623; LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60. 761 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. 762 OLG Hamm, Beschl. v. 12.3.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; Knorn BB 1975, 111 (112). 763 OLG Brandenburg, Urt. v. 7.10.2010 – 12 U 96/09, BeckRS 2010, 25582. 764 BGH NJW-RR 1989, 865. 765 AA LG Bonn, Urt. v. 15.12.2009 – 11 O 52/09, BeckRS 2010, 04041. 766 BGH, Versäumnisurt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, VersR 2011, 345 = WM 2011, 470 Rn 24 (zum VV); OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597 (zum VV). 767 OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597. 768 OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017 (wohl unzulässige Verschiebung der Beweislast zu Lasten des HV). 769 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 18. 770 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491. 771 LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; OGH Österreich, Urt. v. 24.3.2014 – 8 ObA 20/14w, ZVertriebsR 2014, 200 (201).

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Nichtzahlung des Unternehmers beweisen.772 Die vom Hauptvertreter erhobene Behauptung, er habe wegen des Scheiterns der Finanzierung (die er nicht beweisen kann) keine Provision erhalten, reicht nicht aus, um den Provisionsanspruch der Untervertreters zu Fall zu bringen,773 insb. wenn der Haupt-HV keine Ausführungen dazu macht, inwiefern er Bemühungen, Provisionen zu erhalten, unternommen hat. Eine Erleichterung der Beweislast wird dem Unternehmer insofern zugestanden, als bei dem Vertrieb von Massengütern des täglichen Bedarfs mit geringem Wert der Einzelstücke eine Vermutung dafür spricht, dem Unternehmer solle die Einklagung und Beitreibung von Zahlungsrückständen gegen nachhaltig zahlungssäumige Kunden unzumutbar sein,774 etwa bei „Kleinststoni“ bis zu 100 EUR775 (Rn 91). Hier habe der HV darzutun, dass und warum es im konkreten Falle anders sei. IV. Absatz 4 Der HV trägt die Beweislast für die Fälligkeit des Provisionsanspruches.776

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§ 87b Höhe der Provision 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 87b (1) Ist die Höhe der Provision nicht bestimmt, so ist der übliche Satz als vereinbart anzusehen. (2) 1 Die Provision ist von dem Entgelt zu berechnen, das der Dritte oder der Unternehmer zu leisten hat. 2 Nachlässe bei Barzahlung sind nicht abzuziehen; dasselbe gilt für Nebenkosten, namentlich für Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, es sei denn, daß die Nebenkosten dem Dritten besonders in Rechnung gestellt sind. 3 Die Umsatzsteuer, die lediglich auf Grund der steuerrechtlichen Vorschriften in der Rechnung gesondert ausgewiesen ist, gilt nicht als besonders in Rechnung gestellt. (3) 1 Bei Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen von bestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt für die Vertragsdauer zu berechnen. 2 Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu dem erstmals von dem Dritten gekündigt werden kann; der Handelsvertreter hat Anspruch auf weitere entsprechend berechnete Provisionen, wenn der Vertrag fortbesteht. Schrifttum Evers Die Nichtigkeit von Handelsvertreterverträgen wegen zu geringer Verdienstmöglichkeiten und ihre Rückabwicklung, BB 1992, 1365; Habscheid Das Ausgleichsrecht des Handelsvertreters, FS SchmidtRimpler, 1957, 335; Heckmann Die Exportabgabe nach dem Absicherungsgesetz und der Provisionsan-

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772 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1701); LG Frankenthal, Urt. v. 17.12.2009 – 3 O 72/09, BeckRS 2010, 08491; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60. 773 OLG München, Urt. v. 17.12.2008 – 7 U 4025/08, NJW-RR 2009, 1699 (1701). 774 BGH MDR 1972, 135; Urt. v. 19.11.1982 – I ZR 125/80 Rn 31; v. 12.11.1987 – I ZR 3/86, NJW-RR 1988, 546 (547); OLG Celle, Urt. v. 28.6.2001 – 11 U 221/00, eher ablehnend OLG Köln, v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111 (wobei auch Zweifel an einer festen Wertgrenze geäußert werden). 775 LG Hannover, Urt. v. 18.8.2010 – 10 O 15/09, VersR 2011, 1008. 776 Baumgärtel § 87a Rn 2, 3, 4; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 81; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87a Rn 60; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87a Rn 5; Hopt § 87a Rn 30; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87a Rn 58; Schlegelberger/Schröder § 87a Rn 42.

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spruch des ausländischen Handelsvertreters, DB 1969, 990; Kottke Die Mehrwertsteuer des Handelsvertreters, BB 1968 1076; Klinger Zur Bemessung und Gestaltung der Vertreterprovision, DB 1957, 974; Preis/ Stoffels Die Inhaltskontrolle der Verträge selbständiger und unselbständiger Handelsvertreter, ZHR 160 (1996), 442; Schröder Änderung der Vertragsbedingungen und Ausgleichsanspruch im Handelsvertreterverhältnis, DB 1958, 975; ders. Gesetzlicher und vertraglicher Provisionsanspruch des Handelsvertreters, BB 1963, 567; Ulmer/Habersack Zur Beurteilung des Handelsvertreter- und Kommissionsagenturvertriebs nach Art. 85 Abs. 1 EGV, ZHR 159 (1995), 109. Übersicht Übersicht ____ 1 Personeller Anwendungsbereich ____ 2 Genese ____ 3 Europarechtliche Präformation ____ 4 Absatz 1 ____ 5 Dispositivität des Abs. 1 sowie vertragliche Vereinbarung der Provisionshöhe ____ 6 II. AGB ____ 7 III. Konkludente Vereinbarung ____ 8 IV. Ausdrückliche Vereinbarung ____ 9 V. Sittenwidrigkeit ____ 10 VI. Änderung der Provisionsvereinbarung ____ 11 VII. Leistungsbestimmungsrecht ____ 15 VIII. Obrigkeitliche Festsetzung ____ 16 IX. Üblicher Provisionssatz mangels Vereinbarung und obrigkeitlicher Feststellung ____ 18 F. § 87b Abs. 2 und 3: Provisionsberechnung ____ 20 I. Absatz 2 1. Allgemeines ____ 21 2. Nachlässe – Grundregel ____ 24 3. Nachlass bei Barzahlung ____ 25 A. B. C. D. E. I.

Nebenkosten ____ 26 Umsatzsteuer ____ 28 Abweichende Vereinbarungen zu Abs. 2 ____ 29 § 87b Abs. 3: Provisionsberechnung bei Dauerverträgen 1. Überblick ____ 30 2. Verträge mit bestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 S. 1) ____ 33 3. Verträge mit unbestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 S. 2) ____ 36 4. Fortsetzung des Vertrages ____ 37 5. Nicht fortgesetzter Vertrag ____ 38 6. Nicht vertragsgemäße, vorzeitige Beendigung des Dauervertrages ____ 39 7. Beendigung des HV-Vertrages vor dem Ende des Kundenvertrages ____ 40 8. Abweichende oder konkretisierende Vereinbarungen zu Abs. 3 ____ 41 Dispositivität ____ 42 Beweislast ____ 43 4. 5. 6.

II.

G. H.

A. Übersicht 1

§ 87b handelt von der Berechnung der Provision und trifft Grundregeln zu ihrer Höhe und Berechnungsweise. Die Vorschrift regelt mithin „wie viel“ der Vertreter für seine Hauptleistung erhält. Die Norm trennt Höhe (Abs. 1) und Berechnungsgrundlagen (Abs. 2, 3) der Provision. Abs. 3 betrifft dabei den Sonderfall der Dauerverträge. Dass die Provision in Geld zu zahlen ist – auch wenn keine der beiderseitigen Leistungen der Geschäftspartner in Geld besteht (Tauschvertrag, Rn 22)1 –, setzt § 87b voraus. Nicht erforderlich ist, dass sie nach dem Modus des § 87b Abs. 2, 3 berechnungsbedürftig ist; sie kann auch nach der Stückzahl der vermittelten Objekte, statt in Prozenten des Entgelts, oder mit einem festen Betrag für das einzelne Geschäft vereinbart werden, woraufhin die Berechnungsweise des Gesetzes gegenstandslos wird.

_____ 1

Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 1.

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B. Personeller Anwendungsbereich § 87b gilt für alle unter § 84 fallenden HV2 einschließlich der Unter-3 und Versiche- 2 rungsvertreter4 sowie für sämtliche ihnen zustehende Provisionen,5 auch für Delkredere-, Inkasso-, Folge- und Bezirksprovisionen.6 Über § 65 ist § 87b auch auf den Handlungsgehilfen anwendbar. Auf Vertragshändler7 und Franchisenehmer8 ist § 87b regelmäßig unanwendbar, da es sich um eine Spezialvorschrift zum HV-Recht handelt. Auf Kommissionsagenten soll § 87b die Vorschrift nach h.M. unanwendbar sein.9 Für eine analoge Anwendung spricht, dass auch im Kommissionsagentenrecht Bedarf für Vorschriften zur Berechnung von Höhe sowie Art und Weise der Provision bestehen.10 C. Genese § 87b wurde mit der Novelle 1953 in das HGB gebracht. Abs. 2 S. 3, betreffend die 3 Mehrwertsteuer, ist durch die Neufassung des Umsatzsteuergesetzes vom 29.5.1967 (BGBl. I, 545) eingefügt worden. D. Europarechtliche Präformation § 87b Abs. 1 versucht Art. 6 Abs. 1 RL abzubilden. Auch die RL sieht die Üblichkeit 4 als subsidiären Auslegungsmaßstab vor, daneben nachrangig die Angemessenheit der Vergütung, was – obwohl vom deutschen Recht nicht übernommen – zumindest innerhalb des Anwendungsbereichs der RL auch unter dem HGB kraft RL-konformer Auslegung gilt (zum Umsetzungsfehler unten). § 87b Abs. 2 und 3 sind ohne Vorbild in der RL. Gem. Art. 6 Abs. 1 RL hat der HV Anspruch auf eine Vergütung, die an dem Ort seiner Tätigkeit für die Vertretung von Waren üblich ist, die den Gegenstand des HV-Vertrages bilden, mangels einer solchen Üblichkeit auf eine angemessene Vergütung. Eine „Vergütung“ ist nach der RL der Oberbegriff für Provision (eine Vergütung, die nach Zahl oder Wert der Geschäfte schwankt, s. Art. 6 Abs. 2 RL), aber auch für andere Entgeltformen. § 87b Abs. 1 regelt, dass der übliche Satz als vereinbart anzusehen ist, sofern die Höhe der „Provision“ nicht bestimmt ist. § 87b Abs. 1 gilt also nur für die „Provision“, nicht für die sonstige „Vergütung“. Da die RL, wie sich aus der unterschiedlichen Apostrophierung des Artt. 6 und 7–12 ergibt (siehe insb. Art. 6 Abs. 2 RL), bewusst zwischen „Provision“ und „Vergütung“ unterscheidet und dem HV auch andere Vergütungen als Provision gewährt werden dürfen, bildet die Begrenzung des § 87b Abs. 1 auf „Provision“ wohl einen Umsetzungsfehler.11 Zudem regelt § 87b Abs. 1 nicht, dass es für die Üblichkeit auf

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2 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 3. 3 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 35. Bei der Anwendung sind die zwischen Hauptvertreter und Unternehmer getroffenen Vereinbarungen zu berücksichtigen, soweit sie den betroffenen Parteien bekannt sind. 4 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 3; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 1. 5 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 4; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 1. 6 Westphal I Rn 588. 7 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 62; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 35. 8 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 74; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 35. 9 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 35; Oetker/Busche § 87b Rn 23; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 3. 10 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 79; aA noch 2. Aufl. § 87b Rn 1. 11 Wohl auch Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 95, aber nicht ganz eindeutig.

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den Ort ankommt, an dem der HV seine Tätigkeit ausübt. Auch hierin liegt ein Umsetzungsfehler. Wie oben dargelegt wurde schließlich der subsidiäre Auslegungsmaßstab des Art. 6 Abs. 1 S. 2 RL nicht übernommen, demzufolge mangels einer solchen Üblichkeit der HV Anspruch auf eine angemessene Vergütung hat, bei der alle mit dem Geschäft zusammenhängenden Faktoren zu berücksichtigen sind. Letzteres bildet gleichfalls einen Umsetzungsfehler.12 Neben den in der RL ausdrücklich genannten Fällen zwingender Natur soll nach Ansicht von Westphal13 auch Art. 6 zwingend sein, demzufolge bei Fehlen einer Vereinbarung der HV Anspruch auf eine Vergütung hat, die am Ort seiner Tätigkeit üblich ist. E. Absatz 1 5

Zum Begriff der Provision vgl. oben, § 87 Rn 3 f. I. Dispositivität des Abs. 1 sowie vertragliche Vereinbarung der Provisionshöhe

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Die übliche Provision des Abs. 1 wird nur geschuldet, wenn vertraglich – wirksam14 – nichts Abweichendes bestimmt wurde, wobei sich die Parteien auf Teilregelungen zu bestimmten Provisionsarten, Tätigkeiten oder Zeitabschnitten beschränken dürfen,15 die ggf. Auslegungshilfe bei der Bestimmung des im Übrigen Gewollten bieten können. § 87b ist innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB vollständig dispositiv,16 so dass – wie Abs. 1 mit dem Satzteil „ist die Höhe der Provision nicht bestimmt“ klarstellt, vertragliche Absprachen vorgehen. Deshalb darf auch nach Abschluss des HV-Vertrages jederzeit, wenn auch hinreichend deutlich und selbst mit Rückwirkung17 und ggf. nur für einen Teil der Geschäfte18 (partielle Provisionsregelung), ein anderer Provisionssatz als der in § 87b Abs. 1 vorgesehene „übliche“ vereinbart werden,19 und zwar – siehe § 85 – formfrei,20 im Zweifel aber in der vereinbarten strengeren Form.21 Der vereinbarte Provisionssatz geht der in Abs. 1 angesprochenen üblichen Provision, einer ergänzenden Vertragsauslegung, oder einem Handelsbrauch22 vor, scheitert aber an einer obrigkeitlichen Festsetzung (Rn 16), wobei in dieser Reihenfolge zu prüfen ist. Die Bestimmung der Provision, die Abs. 1 als Regel voraussetzt, erfolgt gewöhnlich in dieser Weise durch Vertrag in Form eines bezifferten Provisionssatzes in Prozenten des Geschäftswertes. Möglich ist auch eine differenzierte Festsetzung der Provisionshöhe nach Kunde, Art des

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12 Westphal EWS 1996, 43 (45) zugleich zur Umsetzung in anderen EU-Staaten. 13 Westphal Die Handelsvertreterrichtlinie und deren Umsetzung in der EU, Diss. iur. Münster 1994, S. 71 f. 14 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 24. 15 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 3. 16 BGH, Urt. v. 4.5.1959 – II ZR 81/57; BGHZ 30, 98 (109) = NJW 1959, 1430; BAG, Urt. v. 24.9.1965 – 3 AZR 231/65, DB 1965, 1917; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 2, 58; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 33; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 3; Hopt § 87b Rn 18, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 2, 45. 17 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 2. 18 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 8. 19 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 6. 20 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 5; Oetker/Busche § 87b Rn 5. 21 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 2. 22 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2.

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Geschäfts und/oder Verdienstspanne des Unternehmers.23 Den Parteien steht es weiter in Abweichung von Abs. 2 S. 1 frei, eine andere Bezugsgröße als das vereinbarte Entgelt als Grundlage für die Provisionsberechnung zu bestimmen.24 Zum möglichen Inhalt solcher Vergütungsvereinbarungen s. § 87 Rn 13 ff. Notwendiger Bestandteil oder Wirksamkeitsvoraussetzung des HV-Vertrags ist eine solche Provisionsvereinbarung nicht. Eine vertragliche Teilregelung bedeutet nicht, dass über diese Teilregelung hinaus keine Provision gezahlt werden soll.25 Ein solcher Umkehrschluss müsste sich eindeutig aus dem Vertrag ergeben.26 Mangels entgegenstehender Regelung ist die vereinbarte Provision in allen Fällen zu zahlen, in denen der HV Provision verlangen kann,27 d.h. sowohl bei Vermittlungs-, Abschluss-, Bezirks- oder Kundenschutzprovision. Der versprochene Provisionssatz ist grundsätzlich auch dann maßgeblich, wenn mit dem Kunden ein besonders günstiger Sonderpreis vereinbart wird28 und gilt für alle Tätigkeiten des HV. Abzulehnen ist die Ansicht, für Bestandspflege- und Verwaltungsprovisionen gälten – wohl im Wege ergänzender Vertragsauslegung – grundsätzlich geringere Provisionssätze als für Vermittlungs- oder Abschlussprovisionen.29 Mit der vereinbarten Provision ist im Zweifel die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit des HV abgegolten.30 II. AGB Die Höhe der Provision ist wohl trotz § 87b der Kontrolle nach § 307 BGB entzogen.31 7 Es handelt sich um eine kontrollfreie Hauptleistung (Vor § 84 Rn 48 ff.). Darüber könnte diskutiert werden, wenn man die Treupflicht des Unternehmers als Prüfungsmaßstab ansieht. III. Konkludente Vereinbarung Da die Provisionsabrede formfrei getroffen werden kann, darf eine stillschweigen- 8 de Vereinbarung zur Provisionshöhe erfolgen.32 Wird im Einverständnis beider Parteien die Tätigkeit des HV über einen gewissen Zeitraum in gleichbleibender prozentualer Höhe vergütet, mag auf eine entsprechende vertragliche Vereinbarung geschlossen werden.33 Schweigen einer Partei auf den Änderungsvorschlag der anderen bildet keine Zustimmung.34

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23 LAG Frankfurt NZA 1992, 799 (geringerer Provisionssatz bei Vermittlung von Geschäften unter Listenpreis); OLG Karlsruhe, HVR Nr. 494; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59; Oetker/Busche § 87b Rn 22; Hopt § 87b Rn 18. 24 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59. 25 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2. 26 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2. 27 BGH, Urt. v. 15.2.1971 – VII ZR 122/69; VersR 1971, 464; Westphal I Rn 588; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2a. 28 OLG München HVR Nr. 827; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 301. 29 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 8. 30 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 8; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2. 31 BGH NJW-RR 2004, 1206 (1207); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 60. 32 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 5; Oetker/Busche § 87b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 4. 33 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 5; Westphal I Rn 586; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 2; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2. 34 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5.

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IV. Ausdrückliche Vereinbarung 9

Fast alle schriftlichen Vertreterverträge enthalten eine ausdrückliche Regelung des Provisionssatzes.35 Dieser ist dann maßgeblich. Vereinbart werden darf etwa, da kontrollfreie Hauptleistung (oben, Rn 7 und Vor § 84 Rn 52), regelmäßig auch durch AGB,36 die Höhe der Provision, eine differierende Provision nach Geschäft, Kunde, ab Erreichen einer bestimmten Umsatzschwelle, für bestimmte Einzeltätigkeiten,37 der Umfang der Mitwirkung des HV am Zustandekommen des Kundengeschäfts,38 eine Bemessung nach der Verdienstspanne des Unternehmers39 oder die Provisionsverteilung unter verschiedenen HV.40 In allen Fällen kann auch eine völlig abweichende Vergütungsart gewählt werden, etwa ein Fixum oder ähnliches (§ 87 Rn 13 ff.). Solange nicht klar unterschiedliche Provisionssätze für verschiedene Tätigkeiten des HV vereinbart sind, gilt der vereinbarte Provisionssatz für alle Tätigkeiten und Abschlüsse.41 V. Sittenwidrigkeit

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Sogenannte „Hungerprovisionen“ oder andere Vergütungen, die sittenwidrig niedrig vereinbart sind, können gem. §§ 138, 242 BGB unwirksam und treuwidrig sein, auch im Vertragshändlerrecht42 sowie allg. im Recht HV-ähnlicher Mittler. Das ist der Fall, sofern die Provision trotz der Selbständigkeit des HV und seiner Eigenverantwortung für hinreichendes Einkommen kein ausreichendes Äquivalent für die Bemühung des Mittlers darstellt, in außergewöhnlichem Maß von dem sonst in dem Geschäftszweig Üblichen abweicht und der HV trotz vollständiger Erfüllung der ihm übertragenen Pflichten, Nutzung der ihm nach dem HV-Vertrag eingeräumten Betätigungsmöglichkeiten sowie gebotenem Einsatz seiner Arbeitskraft eine angemessene Vergütung nicht erzielen kann.43 Insb. ist eine sittenwidrige Vereinbarung anzunehmen, wenn ein auffälliges Verhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt.44 Verluste des HV reichen für die Annahme einer „Hungervergütung“ nicht aus.45 Eine zu geringe Provision kann auch ein Indiz für die Unselbständigkeit des HV bilden, wobei wirtschaftlicher Abhängigkeit des HV jedoch regelmäßig nur eine schwache Indizwirkung für die Unselbständigkeit beizumessen ist (§ 84 Rn 20 ff.). In Anlehnung an diese Diskussion wird auch bei Kfz-Händlerverträgen mit unzureichenden Verdienstmöglichkeiten eine Ergänzung der „Hungermarge“ disku-

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35 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 302. 36 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5. 37 Klinger DB 1957, 975; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5. 38 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 4. 39 OLG Karlsruhe HVR (75) Nr. 494; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 317; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 4; Hopt § 87b Rn 18. 40 Klinger DB 1957, 975; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2, 2b. 41 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 5. 42 BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 43 BGH, Urt. v. 20.3.1981 – I ZR 12/79, DB 1981, 2274; v. 17.10.1960 – VII ZR 216/59; BB 1960, 1221 (1222); OLG Nürnberg BB 1960, 1261; BAG, Urt. v. 10.3.1960 – 5 AZR 426/58, MDR 1960, 612; OLG Düsseldorf, Urt. v. 30.1.1998 – 16 U 182/96, ZIP 1998, 624 (627); LAG Berlin: DB 1964, 189; Thume BB 2012, 975 (976); Evers BB 1992, 1365; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 308; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 6; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 6; Oetker/Busche § 87b Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2c; ähnlich BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 8 A ZR 242/11, DB 2012, 1876 zu einem Arbeitsvertrag mit Provisionsregelung. 44 BAG, Urt. v. 16.2.2012 – 8 A ZR 242/11, DB 2012, 1876 zu einem Arbeitsvertrag mit Provisionsvereinbarung; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 6. 45 BGH BB 1960, 1221 (1222); Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2c.

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tiert.46 Eine den im Vertrieb erzielten Rabatt ergänzende Vergütung aus dem Werkstattund Gebrauchtwagengeschäft soll in die Gesamtbetrachtung des Leistungs-/Gegenleistungsverhältnisses nicht einbezogen werden.47 VI. Änderung der Provisionsvereinbarung Von der gesetzlich oder vertraglich geregelten Provisionshöhe darf – konkludent 11 oder ausdrücklich (s.o.) – nur einvernehmlich abgewichen werden48 (s.a. § 87 Rn 9). Einseitige Änderungen sind unwirksam.49 Selbst die jahrelange Duldung einer einseitigen Herabsetzung der Provision, die meist nur aus Furcht des HV vor einer Kündigung des Vertrages durch den Unternehmer erfolgt, hindert den Vertreter später nicht, den noch unverjährten Teil der Provision nachzufordern.50 Nur in besonders krassen Fällen können Verwirkungsgrundsätze eingreifen, was ein Zeit- und ein Umstandsmoment voraussetzt. Letzteres hat das LG Mannheim51 in einem Einzelfall angenommen: Die jahrelange rügelose Entgegennahme geringerer als der vertraglich vereinbarten Provisionen sowie entsprechender Abrechnungen durch einen VV soll entspr. § 362 als Annahme eines Antrags des Unternehmers zu werten sein, die ursprünglich vereinbarten Provisionssätze zu kürzen. Dem widerspreche eine Schriftformklausel nicht, weil sie durch konkludentes Verhalten abänderbar sei. Das Urteil des LG Mannheim dürfte im Spannungsverhältnis zur BGH-Rspr.52 stehen, derzufolge auf Grund der zwingenden Natur der Kontrollrechte (§ 87c Abs. 5) im Schweigen auf Abrechnungen keine Annahme des Angebots des Unternehmers auf die Höhe der abgerechneten Provision liegt. Zur Verwirkung gelten die zu § 87c Rn 112 ff. näher dargestellten Ausführungen zum Anerkenntnis der Provisionsabrechnung mittels Schweigens (siehe dort). Wird keine Regelung getroffen, ab wann die Änderung Anwendung finden soll, ist der Provisionssatz maßgeblich, der zum Zeitpunkt des Zustandekommens des Geschäfts und damit des Entstehens der Provisionsanwartschaft gilt; eine Rückwirkung tritt nur bei dahingehender Abrede ein.53 Eine nachträglich verabredete Änderung von Provisionssätzen oder der Art der Provisionsberechnung bleibt damit, wenn nicht eindeutig Gegenteiliges vereinbart wird, ohne Einfluss auf bereits entstandene Provisionsansprüche oder Anwartschaften.54 Beweispflichtig für die Änderung ist derjenige, der sich auf sie beruft. Im Zweifel ist nur eine für das einzelne Geschäft vereinbarte Änderung gewollt.55 Änderungsvorbehalte, mit denen sich der Unternehmer eine einseitige Herabset- 12 zung der Vergütung vorbehält, sind grundsätzlich unzulässig. Zu AGB s.o., Vor § 84 Rn 55. Dies ist allerdings für Individualverträge umstritten. Es wird vertreten, dass sich der Unternehmer in Individualverträgen die einseitige Änderung des Provisionssatzes

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46 Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24, vgl. auch BGH, Urt. v. 20.7.2005 – VIII ZR 121/04, ZIP 2005, 1785 = WM 2005, 2002 = NJW-RR 2005, 1496 = EWiR 2005, 815 (Emde) = NJW 2006, 46 m. Anm. Kappus NJW 2006, 15. 47 Genzow kfz-Betrieb 8/2001, 24. 48 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 9; Westphal I Rn 589. 49 BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54, BB 1955, 1009; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 9. 50 OLG Karlsruhe OLGR 2008, 321; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 10. 51 LG Mannheim, Urt. v. 10.12.2004 – 23 O 89/04, VersR 2005, 1532. 52 BGH NJW 1996, 588; siehe hierzu Emde MDR 1996, 331 ff.; EWiR 1999, 327/328; Kukat DB 2002, 1646; ebenso OLG Hamburg, BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). 53 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 305; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 9. 54 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 9. 55 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 9.

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vertraglich vorbehalten darf.56 Dem ist regelmäßig nur für den Fall zuzustimmen, dass es gewichtige Gründe für die Vereinbarung des Änderungsvorbehalts gibt und der Änderungsvorbehalt einen angemessenen und klaren Änderungsrahmen bezeichnet, etwa eine bevorzugte Verprovisionierung in der Aufbauphase. Anderenfalls könnte dem Vertragspartner – nicht anders als bei einem Änderungsvorbehalt mittels AGB oder der unzulässigen Teilkündigung – ein Vertrag mit völlig abweichenden Konditionen aufgezwungen werden. Ob langjährige Duldung eines einseitigen Bestimmungsrechts des Unternehmers durch den HV zur vertraglichen Anerkennung des Änderungsvorbehalts führt, ist zweifelhaft57 (Rn 8). Was nicht ausdrücklich vereinbart werden darf, kann auch nicht durch Duldung Vertragsinhalt werden. Der Unternehmer ist bei Ausübung seines Änderungsermessens nicht nur an die Willkürgrenze58 sondern an die Billigkeitsgrenze der §§ 315, 316 BGB gebunden. Die Billigkeit erfordert als Mindestmaßstab, dass die üblichen Sätze eingehalten werden.59 Ein einseitiger Änderungsvorbehalt fehlt, falls die Vereinbarung darauf zielt, dass der Provisionssatz bis auf weiteres gilt.60 Mangels hinreichender Klarheit enthält die Bestimmung lediglich die Feststellung, dass die Parteien durch spätere konsensuale Einigung und nicht mittels einseitiger Direktive einer Partei einen neuen Provisionssatz vereinbaren können. Gleiches gilt für die Regelung, der Provisionssatz werde nach Bedarfsfall festgelegt. Auch hierdurch wird kein Änderungsvorbehalt vereinbart.61 Scheitert die Einigung, gilt fortan Abs. 1, soweit sich aus der Regelung nicht ergibt, dass der vereinbarte Provisionssatz bis zur wirksamen Abänderung gelten soll.62 Können die Vertragspartner keine Einigung über eine Anpassung des Provisionssatzes finden, besteht nur die Möglichkeit, die Provisionshöhe im Wege einer Änderungskündigung und anschließender Neuvereinbarung festzulegen. Dazu muss der HV-Vertrag mit ordentlicher Kündigungsfrist gekündigt werden, wobei der Unternehmer spätestens zum Ende der Kündigungsfrist einen Neuvertrag anbietet. Der HV muss diesen Neuvertrag jedoch nicht annehmen, so dass die Kündigung dann mit der Folge einer Ausgleichsberechtigung nach § 89b wirksam wird. Eine Teilkündigung nur der Provisionsvereinbarung ist meist unwirksam, da Teilkündigungen regelmäßig unzulässig sind (§ 89 Rn 28). Weigert sich der HV, geänderte Provisionssätze zu akzeptieren, ergibt sich daraus 13 kein außerordentliches Kündigungsrecht des Unternehmers.63 Die Bereitschaft des Vertreters, in einem Einzelfall einen geänderten Provisionssatz zu akzeptieren, präjudiziert ihn nicht für Folgefälle. Die Einigung beschränkt sich daher im Zweifel auf das einzelne Geschäft. Die Beweislast für eine von der Üblichkeit abweichende Vereinbarung trägt derje14 nige, der sich auf die vom Gesetz abweichende Vereinbarung beruft. Nicht etwa muss der HV, der die übliche Provision beansprucht, im Streitfalle beweisen, dass die Höhe nicht durch Vereinbarung bestimmt worden ist.64

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56 Küstner RVR 1968, 149; Schröder DB 1958, 975 (976); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 9; Westphal I Rn 590; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87b Rn 7; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2d. 57 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 304. 58 So Westphal I Rn 590. 59 Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2d. 60 Westphal I Rn 591. 61 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 304. 62 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 3. 63 Westphal I Rn 595. 64 AA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87b Rn 4; RG WarnRspr. 1923/24 Nr. 135; LAG Bremen DB 1960, 1212.

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VII. Leistungsbestimmungsrecht Fehlt eine vertragliche Provisionsregelung und kann kein üblicher Provisionssatz 15 festgestellt werden (etwa weil der provisionspflichtige Auftrag als Sonderauftrag aus dem Rahmen fällt), so darf nach § 315 BGB eine einseitige Leistungsbestimmung getroffen werden.65 Der Provisionsanspruch wird dann „im Zweifel“ durch den HV gem. §§ 315, 316 BGB nach billigem Ermessen bestimmt.66 Eine solche Bestimmung setzt jedoch voraus, dass alle Möglichkeiten der Vertragsauslegung oder der Ermittlung des Provisionssatzes, auch durch Sachverständigengutachten, ausgeschöpft sind. 67 Besitzt ausnahmsweise der Unternehmer hinsichtlich der Höhe der Provision ein dergestalt an der Billigkeit orientiertes Leistungsbestimmungsrecht und hat er in dessen Ausübung in einer bestimmten Höhe abgerechnet, konkretisiert diese Leistungsbestimmung den Leistungsinhalt endgültig. Die ausgeübte Bestimmung ist also unwiderruflich,68 kann aber angefochten oder kondiziert werden. Die Bestimmung der Provision oder ihrer Berechnungsgrundlagen darf auch einem Dritten69 oder einer Vertragspartei überlassen werden, es gelten dann die §§ 315 ff. BGB. VIII. Obrigkeitliche Festsetzung Auch sie ist eine anderweitige „Bestimmung“ i.S.d. Abs. 1. Die Vertragsfreiheit ist in- 16 soweit eingeschränkt.70 Eine solche Bestimmung galt bis 1994 für die Kfz-Versicherung gem. §§ 31 ff. der VO über die Tarife in der Kfz-Haftpflichtversicherung v. 5.12.1984.71 Für die Lebensversicherungen hatte durch das BaFin auf der Grundlage des § 81 VAG vorgeschrieben, dass die Provision einschließlich sonstiger Vergütungen höchstens 90% der rechnungsmäßig gedeckten Abschlusskosten des Neugeschäfts betragen darf. Dagegen verstoßende Vereinbarungen sind unwirksam. Nachdem diese Anordnungen 1994 für die Kfz-Versicherung72 und dann 2008 für die Lebensversicherung und kapitalbildende Unfallversicherung73 aufgehoben wurden, gilt seit 1.4.201274 für die substitutive Krankenversicherung (§ 12 Abs. 1 VAG) eine gesetzlich vorgeschriebene Provisionsbeschränkung folgenden Inhalts: (1) An alle seine Vermittler darf der Krankenversicherer

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65 Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1111). 66 BGH NJW-RR 2005, 762 (763); DB 1961, 638 = BB 1961, 424; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 16; Westphal I Rn 599; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 315; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; Hopt § 87b Rn 3; Oetker/Busche § 87b Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 4a, b. 67 Westphal I Rn 599. 68 BGH, Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 139/04, NJW-RR 2005, 762 (765) = VersR 2005, 506; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1112); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 7. 69 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 7; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 5. 70 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 11. 71 BGBl. I S. 1437, 1446; aufgehoben durch Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung v. 10.6.1994 (BGBl. I S. 1223). Vorherige Änderung durch 4. Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Tarife in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung vom 16.7.1991; BGBl. I 1535). Ursprünglich war maßgebend die VO PR 52/50 – Neufassung lt. Bekanntmachung v. 25.8.1960 (BAnz. Nr. 169) –; danach galt die VO über Tarife in der Kraftfahrversicherung vom 20.11.1967 i.d.F.d. Bek. vom 7.12.1976 (BAnz. Nr. 233). 72 Verordnung zur Aufhebung der Verordnung über die Tarife in der Kfz-Haftpflichtversicherung vom 10.6.1994, BGBl. I 1223. 73 Veröffentlichung der BaFin v. 22.2.2008 auf www.bafin.de zum Geschäftszeichen Va 21-A-2007/0107 „Begrenzung der Abschlusskosten in der Lebensversicherung – Aufhebung des Rundschreibens 5/1995 des ehemaligen BAF“. 74 BGBl. 2001 I 2481 (2506) – Art. 26 Abs. 2.

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in einem Geschäftsjahr nicht mehr als insg. 3% seiner Brutto-Beitragssumme75 des Neuzugangs als Abschlussprovision oder sonstige Vergütung zahlen (§ 12 Abs. 7 S. 1 VAG). Das entspricht einer durchschnittlichen Abschlussprovision von neun Monatsbeiträgen. (2) An den einzelnen Vermittler darf der Krankenversicherer in einem Geschäftsjahr insg. für den Abschluss max. 3,3% der Brutto-Beitragssumme des von ihm vermittelten Geschäfts (durchschnittlich 9,9 Monatsbeiträge) als Zahlung oder sonstigen geldwerten Vorteil gewähren (§ 12 Abs. 7 S. 3 VAG). (3) Beim einzelnen vermittelten Vertrag darf die für seinen Abschluss gewährte Provision und sonstige Vergütung 3,3% seiner BruttoBeitragssumme (durchschnittlich 9,9 Monatsbeiträge) nicht übersteigen, s. § 12 Abs. 7 S. 4 VAG. Während (1) und (3) wohl ausschließlich Vergütungen „in Geld“ betreffen (Courtagen, Provisionen, Boni etc.), sind bei (2) darüber hinaus gehende Incentives (Sachprämien, Reisen etc.) gemeint.76 § 12 Abs. 7 VAG regelt abschließend das Ob und Wie der Begrenzung von Vergütungen, die der Versicherer für die Vermittlungs- und Betreuungstätigkeit des Vermittlers zahlt. § 12 Abs. 8 VAG soll – unter anderem durch den Verweis in S. 1 auf den Fremdvergleichsgrundsatz in § 53d Abs. 1 f. VAG – sicherstellen, dass jene Vergütungsbegrenzung nicht über Dienst-, Werk-, Miet- oder Pachtverträge oder sonstige vergleichbare Vereinbarungen umgangen wird.77 Für die substitutive Krankenversicherung und die Lebensversicherung gilt seit 1.4.201278 zusätzlich eine gesetzlich vorgeschriebene Provisionshaftung (§ 80 Abs. 5 VAG). Die Versicherer müssen durch vertragliche Vereinbarung mit den Vermittlern sicherstellen, dass die Vermittler bei einer vorzeitigen Beendigung des vermittelten Vertrages in den ersten fünf Jahren Vergütungen nur in der Höhe erhalten bzw. behalten dürfen, die bei ihrer gleichmäßigen Verteilung auf fünf Jahre bis zum Zeitpunkt der Beendigung angefallen wären (Anknüpfung an § 169 Abs. 3 VAG). Bei kürzeren Laufzeiten ist bei der Verteilung die jeweilige Laufzeit zugrunde zu legen.79 Weitere Beschränkungen der Provisionshöhe in der Lebensversicherung werden diskutiert,80 jedoch nach neuesten Berichten nicht umgesetzt werden. Diese Regelungen sollen in erster Linie dem Verbraucherschutz dienen.81 Sie sollen in der privaten Krankenversicherung angeblich festgestellte Vergütungsexzesse und damit verbundene Fehlanreize beseitigen, die eine bedarfsgerechte und einer an den Interessen der Kunden orientierte Beratung in Frage stellen.82 Den Vermittlern wird zudem der Anreiz genommen, einen Versicherungswechsel und damit eine Umdeckung nur aus Interesse an zusätzlichen Vergütungen zu empfehlen.83 Die schon vorher existierenden Wettbewerbsrichtlinien der Versicherungswirtschaft84 und die Selbstverpflichtung der Branche im sog. Verhaltenskodex85 zeigten offensichtlich keine für den Verbraucherschutz ausreichende Wirkung.86 Von diesen Vorschriften abweichende Vereinbarungen, auch unter HV im Strukturvertrieb (dazu § 84 Rn 110, Stichwort „Strukturvertreter“), sind unwirksam (§§ 12 Abs. 9; 80 Abs. 5 S. 3 VAG).87 Durch Anordnung des Reichsaufsichtsam-

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75 Die Brutto-Beitragssumme entspricht der über 25 Jahre hochgerechneten Erstprämie ohne Zuschlag nach § 12 Abs. 4a VAG. 76 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 44. 77 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 45. 78 BGBl. 2001 I 2481 (2506) – Art. 26 Abs. 2. 79 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 45. 80 Bericht in Versicherungsvertrieb 2/2014, 14. 81 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 47. 82 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 47. 83 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 47. 84 Ziff. 48 und 65 dieser Wettbewerbsrichtlinien v. 1.9.2006. 85 Ziff. 6 des Verhaltenskodex für den Vertrieb von Versicherungsprodukten (www.gdv.de). 86 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 47. 87 Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 48.

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tes für Privatversicherungen vom 8.3.1934,88 welche als Verordnung zu qualifizieren ist,89 wurde gegenüber Lebensversicherungsunternehmen und Vermittlern von Lebensversicherungen ein Verbot ausgesprochen, Versicherungsnehmern Sondervergütungen zu gewähren (hierzu § 92 Rn 88). Die so vorgeschriebenen Provisionssätze dürfen nicht überschritten werden.90 Wer- 17 den gesetzliche Höchstpreise für das vom HV vertriebene Produkt festgelegt, sind diese für die Provisionsberechnung maßgebend,91 sofern nicht der Kunde an den Unternehmer höhere Preise zahlt und der Mehrbetrag dem Unternehmer endgültig verbleibt.92 Nach aA93 soll der HV in keinem Fall von der Gesetzwidrigkeit profitieren und erhält nur den gesetzlich vorgeschriebenen Preis. IX. Üblicher Provisionssatz mangels Vereinbarung und obrigkeitlicher Feststellung Bei vollständigem oder teilweisem Fehlen oder – ggf. teilweiser – Unwirksamkeit94 ei- 18 ner vorrangigen95 Absprache über Berechnung und Höhe der Provision gilt (Subsidiarität), vergleichbar § 612 Abs. 2 und § 631 Abs. 2 BGB, gem. § 87b Abs. 1 der übliche und – wie Art. 6 Abs. 1 RL betont – angemessene Provisionssatz als vereinbart, zudem – stillschweigend – die übliche und angemessene Berechnungsgrundlage.96 Dazu müssen die Parteien noch nicht einmal über das „Ob“ einer Vergütung einig sein, weil sich diese „automatisch“ als Rechtsfolge eines HV-Vertrages aus den §§ 87 ff. ergibt.97 Ist die Verteilung einer vertraglich vereinbarten Provision auf einzelne Provisionsarten, etwa werbende und verwaltende Provisionsbestandteile (speziell hierzu § 89b Rn 221 ff.), streitig, wird gleichfalls ergänzend auf Abs. 1 zurückgegriffen. Wegen der Subsidiarität des Abs. 1 besteht ohne dahin gehende Abrede kein Wahlrecht der Parteien, zwischen der üblichen und der vertraglich vereinbarten Provision zu wählen. Die Üblichkeit ist wegen des Vorranges einer richtlinienkonformen Auslegung nicht entscheidend, wenn sie unangemessen ist. Eine übliche aber unangemessene Provision kann nicht als vereinbart gelten. § 139 BGB gilt im Zweifel nicht, weil zu vermuten steht, dass die unwirksame Provisionsbestimmung durch dispositives Recht ersetzt wird.98 Abs. 1 gilt ferner für einen Dissens in Bezug auf die Provisionshöhe oder dann, wenn eine vereinbarte Provision bestimmte Tätigkeiten nicht erfasst.99 Der Dissens führt entgegen § 154 BGB nicht zur Nichtigkeit des HV-Vertrages.100

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88 VerAfP 1934, 99; dazu auch Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 49 ff. 89 Dreher VersR 2001, 1. 90 BGH, Urt. v. 30.1.1992 – I ZR 125/90, NJW-RR 1992, 674; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 10. 91 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5b. 92 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5b. 93 OLG Düsseldorf MDR 1957, 168 (Leitsatz). 94 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 307; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 9. 95 BGH VersR 1971, 464; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2. 96 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 12; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 11. 97 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 12; Oetker/Busche § 87b Rn 6. 98 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 307; Schröder DB 1958, 975 (976); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 2a, 2c. 99 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 3a, 4. 100 LAG Hamm BB 1985, 464; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 310; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 6.

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Maßgeblich ist der durch Sachaufklärung zu ermittelnde übliche und angemessene Provisionssatz im räumlichen und sachlichen Arbeitsgebiet des HV (vgl. § 354),101 also im betreffenden Geschäftszweig102 oder der Branche103 (wichtig vor allem beim Auslandsvertreter) z.B. für Anzeigenvertreter im konkreten Ressort, der Branche und am Ort der Tätigkeit,104 wobei die Besonderheit des Einzelfalls nicht außer Betracht gelassen werden darf.105 Zeitlich kommt es auf den Abschluss des konkreten Geschäfts an, für das der HV eine Vergütung erwartet.106 Denn mangels Abrede haben die Parteien im Vertriebsvertrag keine generelle Regelung für alle Geschäfte getroffen, so dass es auf den Zeitpunkt seines Abschlusses eher nicht ankommen dürfte (Gegenansicht vertretbar). Der genaue Provisionsanspruch ist ggf. gem. § 287 ZPO durch Schätzung zu bestimmen.107 Als Beweismittel kommen Anfragen bei der IHK,108 Unternehmensverbänden sowie dem CDH und letztlich Sachverständigengutachten in Betracht.109 Die stärkste Form der Üblichkeit bildet der Handelsbrauch.110 Sofern keine ggf. stillschweigende abweichende Vereinbarung getroffen wurde, bestimmt sich die Üblichkeit dagegen nicht danach, ob der Unternehmer Provisionen in dieser Höhe anderen HV zahlt,111 zumal der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gilt112 (§ 86a Rn 36 ff.). Denn sonst würde jedes Unternehmen mit mehreren HV über das üblicherweise zu leistende Entgelt selbst disponieren können und Partikularrecht schaffen. Fehlen andere Auslegungsmittel, kann jedoch die vom Unternehmer anderen HV geleistete Provision ein Auslegungsmittel sein. Ein Beispiel für örtlichen Handelsbrauch findet sich in dem Urteil AG Hamburg BB 1981 2033 (15% Provision für die Vermittlung von Werbeanzeigen). Bei Großaufträgen kann die Provision in die Millionen gehen.113 Bei geringwertigen Konsumgütern ist eine Provision von bis zu 50% möglich.114 F. § 87b Abs. 2 und 3: Provisionsberechnung

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§ 87b enthält in seinen Abs. 2 und 3 Grundsätze zur Provisionsberechnung. Auch die Abs. 2 und 3 sind dispositiver Natur. Deshalb können andere Bezugsgrößen als Bemessungsgrundlage für die Provisionshöhe vereinbart werden.

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101 BGH, Urt. v. 2.3.1961 – VII ZR 15/60, BB 1961, 424 = DB 1961, 638; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 3. 102 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 28. 103 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 13. 104 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 311. 105 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 3. 106 OLG Karlsruhe OLGR 2008, 321 f.; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 13; Hopt § 87b Rn 2. 107 BAG DB 1998, 1719 (zu einem Arbeitsvertrag). 108 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 14. 109 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 14; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 14; Hopt § 87b Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 3. 110 Vgl. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 13; Ebenroth/Löwisch § 87b Rn 13; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; Oetker/Busche § 87b Rn 6. 111 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 311; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 13; Oetker/Busche § 87b Rn 6. 112 KG BB 1995, 2286 m. zust. Anm. Küstner S. 2287; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 13. 113 Beukelmann NJW-Spezial 2011, 184. 114 Beukelmann NJW-Spezial 2011, 184.

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I. Absatz 2 1. Allgemeines. Abs. 2 stellt in seinem S. 1 die Grundregel auf, dass sich die Höhe 21 der Provision nach dem im vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Vertrag vereinbarten Entgelt bestimmt (Bemessungsgrundlage),115 und stellt in S. 2 und 3 klar, wie sich dieses für die Provision maßgebliche Entgelt im Einzelnen berechnet. Dazu wird vorgeschrieben, dass Nachlässe bei Barzahlung, die üblichen Nebenkosten und die Umsatzsteuer die Bemessungsgrundlage des S. 1 nicht reduzieren. Provisionsbemessungsgrundlage ist damit der vom HV (mit)verursachte Umsatz,116 dessen Wert sich im Regelfall nach dem für das Kundengeschäft in Rechnung gestellten Geldbetrag – Kaufpreis, Versicherungsprämie o.ä. – bestimmt.117 Werden andere Bemessungsgrundlagen zur Provisionshöhe vereinbart, z.B. gelieferte Stückzahlen,118 Gewicht,119 Differenz zwischen Einkaufsund Verkaufspreis des vermittelten Produkts120 bzw. zwischen dessen Verkaufspreis und dem Wert eines in Zahlung genommenen Gegenstands,121 gilt vorrangig das so Geregelte. Abs. 2 S. 1 ist unanwendbar.122 Haben die Parteien keine vom Gesetz abweichende Vereinbarung getroffen, ist die 22 Provision von dem durch den Kunden (Verkaufsvertreter) oder von dem Unternehmer (Einkaufsvertreter) zu leistendem, vollständigem Entgelt zu berechnen.123 Da die Provision von der Gegenleistung zu berechnen ist, welche der Kunde oder Unternehmer „zu leisten hat“, kommt es auf das vertraglich oder gesetzlich Geschuldete an, nicht die tatsächliche Höhe der Zahlung,124 was sich auch aus § 87a Abs. 2, 3 ergibt. Nicht anders als bei § 87a Abs. 3 ist auch im Rahmen des § 87b Abs. 2 zwischen provisionsrelevanten Abreden im Ursprungsvertrag und solchen zu unterscheiden, die zu einer Geschäftsausführung abweichend vom Ursprungsvertrag führen. Letztere sind provisionsneutral und ändern nichts an der vereinbarten Verprovisionierung:125 Es ist also unerheblich, welchen Gewinn der Unternehmer erzielt und ob er einen Teil des Entgelts an Vorlieferanten,126 Arbeitnehmer (für Produktionskosten) oder den HV abzuführen hat. Freiwillig geleistete, d.h. nicht geschuldete Rückvergütungen des Unternehmers mindern die Provision127 ebenso wenig wie nachträgliche, die Provisionsbemessungsgrundlage reduzierende Abreden zwischen Unternehmer und Kunden128 (§ 87a Abs. 3). Deshalb ist das vereinbarte Entgelt auch maßgeblich, wenn ohne im Ursprungsvertrag

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115 Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. 116 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 18. 117 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 15, 16; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5. 118 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 15. 119 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 18. 120 OLG München NJW-RR 1994, 103; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 15. 121 BAG, Urt. v. 24.9.1965 – 3 AZR 231/65, DB 1965, 1917; LAG Berlin DB 1964, 189. 122 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5. 123 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 19. 124 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 20; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; Hopt § 87b Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5a, 6. 125 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 25; Oetker/Busche § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 22. 126 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 21. 127 Hopt § 87b Rn 5. 128 Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 22; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 6.

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geregelte Verpflichtung statt des Entgelts eine andere Leistung angenommen wird und diese weniger wert ist.129 Das Risiko, durch eine Leistung an Erfüllung statt, etwa infolge eines Kursverlustes von Wertpapieren, nicht den vollen Gegenwert für seine Gegenleistung zu erhalten, trägt allein der Unternehmer,130 ebenso wie ihm ein spiegelbildlich erzielter, vom vertraglich Geschuldeten abweichender Mehrwert zusteht.131 Gleiches gilt für den Fall, in dem der Unternehmer die Forderung gegen den Kunden unter Nennwert veräußert, selbst wenn der HV den Kunden für zahlungsunfähig halten durfte.132 Meist wird in einem solchen Fall jedoch eine konkludente Vertragsänderung vorliegen, die nach § 87a Abs. 3 zu behandeln und i.d.R. provisionsirrelevant sein wird. Geldwerte Nebenvorteile des Unternehmers, zu denen sich der Dritte bereits im vermittelten Vertrag verpflichtet hat, z.B. ein Preisnachlass auf eine Gegenlieferung, erhöhen gleichfalls das als Bemessungsgrundlage dienende Entgelt,133 sofern es sich um einen Teil der Gegenleistung für die vom Unternehmer zu erbringende Leistung handelt. Eine Preisgleitklausel im Ursprungsvertrag ist provisionsrelevant und erhöht bzw. reduziert die Bemessungsgrundlage.134 Auf das zu leistende Entgelt ist auch dann abzustellen, wenn das Entgelt (z.B. der Kauf- oder Verkaufspreis) durch eine im Ursprungsvertrag von vornherein vereinbarte Leistung an Erfüllung Statt getilgt wird135 (eine spätere Vereinbarung braucht sich der HV nach § 87a Abs. 3 nicht entgegenhalten zu lassen). Der Unternehmer darf einen solchen Vorteil nicht geheim halten,136 weil aus §§ 87c, 242 BGB Informationsrechte des HV entstehen. Auf die Teilausführung (= Teilleistung) Anwendung findet § 87a, insb. sein Abs. 3. Ist das vereinbarte Geschäft ein Tausch (Kompensationsgeschäft), kommt es auf den in Geld ausgedrückten Wert der Leistung an, die für die Provisionsberechnung maßgeblich sein soll.137 Im Zweifel ist der Wert für den Empfänger maßgeblich,138 weil der Unternehmer diesen Wert erstrebt. Ist eine Zahlung in Fremdwährung vereinbart, wird der Umrechnungskurs zum Zeitpunkt des Eingangs der Zahlung beim Unternehmer zugrunde gelegt.139 Eine Erhöhung des Fakturenbetrages auf Grund von Preisgleitklauseln gegenüber dem vereinbarten Gegenwert bei Abschluss des Geschäfts kommt dem HV entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.140 zugute, da sie Teil der vertraglichen Vereinbarung sind.141

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129 RGZ 121, 125 (126); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16; Hopt § 87b Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5, 6: teils aA Heymann/Sonnenschein/ Weitemeyer § 87b Rn 8. 130 RGZ 121, 125 (127); Eberstein 9. Aufl., S. 96, Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 20; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 8; Oetker/ Busche § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5. 131 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16. 132 OLG Celle NJW 1972, 879, etwa im Rahmen eines Factoring-Vertrages; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 20. 133 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 22; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16; Hopt § 87b Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5a. 134 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 23; Oetker/Busche § 87b Rn 9. 135 OLG Celle NJW 1972, 879; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 20; Oetker/ Busche § 87b Rn 9. 136 Hopt § 87b Rn 7. 137 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 19; Oetker/Busche § 87b Rn 8. 138 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 19; Hopt § 87b Rn 4. 139 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 20; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16; Hopt § 87b Rn 4; Oetker/Busche § 87b Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 18. 140 Dortiges Argument: der HV erhalte auch bei sinkendem Unternehmergewinn auf Grund von Preisverfall die Provision nach dem vereinbarten Gegenwert. Aber dieses Argument verfängt nicht, weil der Unternehmergewinn regelmäßig nicht Teil der vertraglich vereinbarten Provisionsbemessungsgrundlage ist. 141 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16.

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Grundsätzlich ist das tatsächlich vom vermittelten Kunden geschuldete Entgelt Be- 23 rechnungsgrundlage der Provision. Hat aber der Unternehmer die Berechnung überhöhter Bestandsprovisionen durch die Mitteilung geschönter Zahlen veranlasst und daraufhin überhöhte Zahlungen an den HV geleistet, so unterliegt die teilbare Leistung des Unternehmers insoweit, als sie wegen Überschreitens des vertraglichen Anspruches eine unentgeltliche Leistung darstellt, der Schenkungsanfechtung nach § 134 InsO.142 Ist vertragsgemäß die Höhe der Bestandsprovision vom Kontostand des geworbenen Anlegers abhängig, so stellt der Betrag der Kundeneinlage die maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des entgeltlichen, nicht anfechtbaren Teils und des unentgeltlichen, anfechtbaren Teils der Provisionszahlung dar.143 Die Einlage wird nur vermindert durch Auszahlungen an den vermittelten Anlegerkunden, soweit diese Zahlungen nicht auf (Schein-)gewinne, sondern auf die Einlage selbst erfolgen. Maßgeblich für die Bewertung des Auszahlungsvorgangs sind allein die realen Umstände, die der Auszahlung zugrunde gelegen haben (ausdrückliche oder konkludente Tilgungsbestimmung). Ein nachträglich auf der Basis einer fiktiven Vertragsdurchführung konstruierter Kontoverlauf ist hierfür ohne Bedeutung.144 Der von der Schuldnerin über den „Schneeballcharakter“ des Anlagemodells getäuschte HV, der seine beruflichen Kapazitäten unwiederbringlich zugunsten der Schuldnerin eingesetzt hat, kann dem auf den Überhöhungsbetrag gerichteten Rückforderungsverlangen des Insolvenzverwalters § 242 BGB entgegensetzen; 145 ebenso § 818 Abs. 3 BGB bei Verwendung der Provision für den Lebensunterhalt.146 2. Nachlässe – Grundregel. Da die Provision von dem zu leistenden Entgelt zu 24 berechnen ist und im Ursprungsvertrag vereinbarte Nachlässe dieses geschuldete Entgelt reduzieren, mindern sie mittelbar auch die Provision und sind entgegen Abs. 2 S. 2 von der Provisionsbemessungsgrundlage „abzuziehen“. Nur für die in Abs. 2 S. 2 geregelten Nachlässe bei Barzahlung (Skonto, Barrabatte) gilt ausnahmsweise etwas Abweichendes: sie sind nicht von der Provisionsbemessungsgrundlage abzuziehen. Dazu Rn 25. Voraussetzung für den Abzug ist auch hier, dass die Nachlässe von vornherein, d.h. im Ursprungsvertrag, zugesagt waren,147 wofür der Unternehmer die Beweislast trägt. Nimmt der Kunde einen unberechtigten Abzug vor, reduziert dies die Provisionsbemessungsgrundlage nicht, da die Provision von dem geschuldeten Entgelt zu berechnen ist.148 Nachträgliche, nicht im vermittelten und abgeschlossenen Ursprungsvertrag vereinbarte Nachlässe und Sonderrabatte mindern die Provision dagegen regelmäßig nicht,149 da sich die Provision gem. § 87b Abs. 2 S. 1 nach dem geschuldeten Entgelt bemisst (s.a. § 87a Abs. 3). Mengen-, Treue-, Aktionsrabatte und Jahresumsatzboni sind i.d.R., aber abhängig vom Einzelfall, von vornherein vereinbart und damit provisionsreduzierend.150 Werden sie ohne vertragliche Verpflichtung nachträglich gewährt, reduzieren sie die Provision gem. § 87a Abs. 3 nicht. Nachlässe, die für den Unternehmer einen Geldwert bieten, erhöhen die geschuldete Gegenleistung und damit die Provision, sie sind

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142 OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. 143 OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. 144 OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. 145 OLG München, Urt. v. 19.10.2010 – 5 U 5250/09, BKR 2011, 21. 146 OLG München, Urt. v. 5.10.2010 – 5 U 4438/09. 147 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 30; Hopt § 87b Rn 8. 148 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 322. 149 OLG Braunschweig JR 1957, 103; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 30; Hopt § 87b Rn 8. 150 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 29; Eberstein 9. Aufl., S. 95; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 19; Oetker/Busche § 87b Rn 11.

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ausnahmsweise nicht abzuziehen.151 Bei Naturalrabatten des Unternehmers an den Kunden, der über die vereinbarte Menge hinaus ohne Vergütung zusätzliche Waren oder Leistungen erhält, bestimmt sich die Provision nach dem ausgehandelten und in Rechnung gestellten Preis für die Kernlieferung.152 Das dürfte auch dann gelten, wenn dieser Naturalrabatt nachträglich vereinbart wurde. Denn auch dann wird kein höherer Preis vom Kunden geschuldet.153 Für die freiwillige Zusatzleistung des Unternehmers darf der HV keine Provision beanspruchen und der Unternehmer die Provisionsbemessungsgrundlage nicht (anteilig) reduzieren. Nicht anzuerkennen ist ein Handelsbrauch, nach dem sich der Provisionssatz verringert, wenn der Unternehmer dem Kunden Sondervorteile zukommen lässt, oder der Unternehmer bei Warenabgabe unter Listenpreis den Provisionssatz einseitig herabsetzen darf.154 Über Handelsbräuche bei der Provisionsberechnung siehe „Der Handelsbrauch im Handelsvertreterrecht (1952) Nr. 47–167“; OLG Braunschweig BB 1956, 226 (kein Handelsbrauch dahin, dass die Provision sich verkürze, wenn der Unternehmer dem Kunden einen „Sonderrabatt“ einräumt). 25

3. Nachlass bei Barzahlung. Von der vorgenannten Grundregel trifft Abs. 2 S. 2 für Nachlässe bei Barzahlung (Beispiele: Skonto,155 Barrabatte) eine Ausnahme. Insoweit reduzieren im Ursprungsvertrag vereinbarte Nachlässe bei Barzahlung die Provision gem. § 87b Abs. 2 S. 2 Hs. 1 nicht, da die Barzahlung dem Unternehmer direkt zugutekommt156 und der HV bei Abzug benachteiligt würde, falls er ein Geschäft mit einem besonders schnell und pünktlich zahlenden Kunden vermittelt.157 Ein abweichender Handelsbrauch – sollte er überhaupt gegen das Gesetz existieren können – ändert daran nichts.158 Ob auch alle Preisnachlässe und sonstigen Sondervorteile, welche der Unternehmer dem Kunden außerhalb des Ursprungsvertrages nachträglich auf die vereinbarte Gegenleistung (Preis) gewährt, als von Abs. 2 erfasster Nachlass bei Barzahlung zu verstehen sind, erscheint angesichts des Ausnahmecharakters der Vorschrift zweifelhaft.159 Solche Fälle fallen unter § 87a Abs. 3, was zum selben Ergebnis führt. Keine Kürzung der Provision rechtfertigt deshalb der Umstand, dass der Unternehmer nachträglich, z.B. am Jahresende, seinen Kunden freiwillig einen Gewinnanteil rückvergütet (§ 87a Abs. 3, wohl nicht § 87b Abs. 2).160 Dasselbe hat zu gelten, wenn ein Prämienversicherer den VN Gewinnanteile gewährt. Derartige Zuwendungen dürfen nicht auf Kosten des Vertreters erfolgen. Die Vereinbarung der Provisionsberechnung nach dem „NettoRechnungsbetrag“ führt – sofern nicht ausdrücklich Abweichendes vereinbart wurde –

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151 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 22; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 16; Hopt § 87b Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 5a. 152 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 31; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 19. 153 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 31; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 19; aA Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 332. 154 OLG Braunschweig JR 1957, 103; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 7. 155 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 27. 156 OLG Düsseldorf DB 1955, 578; Hopt § 87b Rn 9. 157 Begr. zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des HGB, BT-Drucks. I/3856, 9, 28; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 27; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 322; Oetker/Busche § 87b Rn 11. 158 OLG Bremen HV-Journal 1965, 71. 159 So OLG Düsseldorf OLGR 2000, 354 (357); OLG München NJW-RR 1994, 103 = DB 1993, 2379; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 19. 160 So aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 19; Hopt § 87b Rn 5.

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nicht dazu, dass Skonto von der Provisionsberechnungsgrundlage abzuziehen ist.161 Wurde hingegen im Ursprungsvertrag der Preis als Vorzugspreis (Freundschaftspreis, Großhandelspreis) ermäßigt, so kommt für die Berechnung nur dieser in Betracht. Gleiches muss im Gegensatz zur Amtl. Begründung (S. 38) gelten, sofern bereits im Ursprungsvertrag einem Großabnehmer ein Vorzugspreis (Mengen- oder Treuerabatt) zugesagt wird; der Mengenrabatt kann als sog. Naturalrabatt gewährt sein (Lieferung einer höheren Stückzahl als vereinbart und in Rechnung gestellt: der Rechnungsbetrag ist entsprechend umzurechnen). Die vorstehenden Grundsätze zu Nachlässen sollen auch gelten, wenn der Unternehmer die Kundenstellung einnimmt.162 4. Nebenkosten. Zu den Nebenkosten regelt Abs. 2 S. 2, dass sie grundsätzlich die 26 Provisionsbemessungsgrundlage nicht reduzieren, es sei denn, sie sind dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt worden. In Hinblick auf die Nebenkosten für Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, wird ausdrücklich festgelegt, dass sie von dem bemessungsrelevanten Entgelt nicht abzuziehen sind. Diese Aufzählung ist nicht abschließend sondern beispielhaft163 („namentlich“). Nebenkosten sind neben den vom Gesetz genannten Beispielen etwa solche für Versicherung, Kosten der Versendungspapiere, Abnahme, Montage und Inbetriebnahme.164 Dass diese Nebenkosten nicht provisionsreduzierend wirken, ist naheliegend, weil die Abgrenzung von anderen provisionsirrelevanten Abzugsbeträgen schwierig wäre und Streit über die Höhe des Abzugsbetrags entstände. Hat beispielsweise der Exportvertreter auf cif-Basis abgeschlossen, so sind in dem vereinbarten Verkaufspreis u.a. inbegriffen die Kosten für Verladung im Abgangshafen, die Frachtkosten bis zum Bestimmungshafen, die Kosten der (Transport)versicherung, der üblichen Verpackung, des Messens, Wiegens, Zählens, Exportpapiere, Montage, Inbetriebnahme, Abnahme, Gewährleistung, allgemeine umsatzfördernde Werbeaufwendungen, alle Abgaben, die für die Ware bis zu ihrer Verschiffung zu entrichten sind, einschließlich der Ausfuhrzölle und -abgaben. Nicht absetzbar bei der Provisionsberechnung sind Steuern, welche der Unternehmer zu tragen hat; wegen der Umsatzsteuer s. Abs. 2 S. 3 u. Rn 28. Nur ausnahmsweise (Beweislast beim Unternehmer) reduzieren Nebenkosten die 27 Provisionsbemessungsgrundlage, wenn diese Kosten – was der Unternehmer zu beweisen hat, s.o. – dem Kunden gesondert in Rechnung gestellt werden, sofern sich nicht aus dem Vertrag oder aus den Umständen ein anderes ergibt. Unter anderem sollen die Abzüge durch die besondere Inrechnungstellung kontrollierbar bleiben.165 Abs. 2 S. 2 fingiert, dass jene Kosten durch besondere Leistungen verursacht werden,166 welche zusätzlich zu dem vom HV herbeigeführten Vertrag zu erbringen sind und, indiziert durch die gesonderte Ausweisung, dass jene Kosten im Zweifel nicht Gegenstand der provisionspflichtigen Vertriebstätigkeit des HV sind.167 Gesondert in Rechnung gestellt sind

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161 OLG Düsseldorf DB 1955, 587; Küstner/Thume I, Kap. V Rn 323; OLG Naumburg OLG 44, 92; OLG Hamburg OLG 38, 275; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 28. 162 OLG München NJW-RR 1994, 103 (Abzug des Skontos von der Bemessungsgrundlage bejaht); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 32. 163 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 33; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 8. 164 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 27. 165 Hopt § 87b Rn 11. 166 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 8. 167 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 21.

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Nebenkosten, die in dem vereinbarten Entgelt nicht inbegriffen sind. Dies muss allerdings von Anfang an mit dem Kunden vereinbart sein und darf nicht später einseitig oder in vertraglicher Übereinstimmung mit dem Kunden, durch den Unternehmer geschehen (sonst: § 87a Abs. 3). Es geht provisionsrechtlich nicht zu Lasten des HV, wenn Unternehmer und Kunde zum Nachteil des HV nachträglich eine gesonderte Ausweisung von Nebenkosten bei der Rechnungsstellung vereinbaren.168 Eine nachträgliche Aufteilung des einheitlich vereinbarten Entgeltes hat also keine Auswirkung auf den Provisionsanspruch.169 Unzulässig wäre es trotz vereinbarter Frachtkostenfreiheit etwa, die Versandkosten separat in Rechnung zu stellen.170 Die Sachgerechtigkeit der Anknüpfung an einen solchen voluntativen Akt der Parteien des vermittelten Geschäfts – in der Realität setzt der Unternehmer die gesonderte Inrechnungstellung durch – als Grundlage der Provisionsbemessung nach dispositivem Recht mag bezweifelt werden. Um eine weitgehende Auslagerung in gesondert berechnete Nebenkosten zu verhindern, ist eine strenge Prüfung anhand der §§ 242, 307 BGB angezeigt. Untersucht werden muss jeweils, welche aus der Geschäftsabwicklung erwachsenden sog. Nebenkosten durch das dem Kunden in Rechnung gestellte Entgelt leitbildgemäß mit entgolten sind. Eine grenzenlose Auslagerung des als Gegenleistung für die Hauptleistung erbrachten Entgeltes in gesondert ausgewiesene Nebenkosten ist unzulässig. Nebenkosten die typischerweise anfallen, damit die Leistung erbracht werden kann, mindern die Provision trotz separaten Ausweises nicht. Sie sind in den Preis einkalkuliert, welcher die Provisionsbemessungsgrundlage bildet171 und dürfen bei der Provisionsberechnung nicht abgezogen werden; Abs. 2 S. 2 Hs. 2. Dies gilt auch für Vereinbarungen über die Erstattung von Nebenkosten, die mit den vertraglich geschuldeten Pflichten des vom HV herbeigeführten Kundengeschäfts nicht in Zusammenhang stehen.172 Bei der Beurteilung der Umstände des Einzelfalles, welche über die Frage der Abzugsfähigkeit bestimmen, mag von Bedeutung sein, ob die Nebenkosten die Natur eines Aufwendungsersatzes haben (z.B. verauslagte Frachtgebühr usw.); alsdann sind sie abzusetzen; oder ob sie die Vergütung für übernommene zusätzliche Leistungen darstellen (z.B. Kosten für Montage einer gelieferten Maschine); in solchem Falle können sie Bestandteil der provisionspflichtigen Gesamtvergütung sein. Welche Vertragspartei die Nebenkosten in Rechnung stellt, ist unerheblich. S. 2 Hs. 3 gilt entgegen dem Wortlaut („dem Dritten“) für die Vertragspartei, deren Rechnung für die Provisionsermittlung maßgeblich ist,173 schon um eine Gleichbehandlung zwischen Verkaufs- und Einkaufsvertreter sicherzustellen.174 28

5. Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer ist nach näherer Maßgabe des § 14 UStG auf der Rechnung gesondert auszuweisen. Mit der Einführung dieser Pflicht zur gesonderten Ausweisung der Umsatzsteuer in Rechnungen von Unternehmen sollte an der grundsätzlichen Berechnung der Provision anhand des Bruttorechnungsbetrages nichts geändert werden. Deswegen wurde durch Abs. 2 S. 3 klargestellt, dass die aufgrund Steuerrechts

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168 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 34; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 22; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 10; Oetker/Busche § 87b Rn 12. 169 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 34. 170 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 34; Oetker/Busche § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 28. 171 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 8. 172 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 22. 173 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 36; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 29. 174 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 37.

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in Rechnungen gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer, abweichend von den gesondert berechneten Nebenkosten, bei der Provisionsermittlung mitberücksichtigt wird. Die gesonderte Rechnungsstellung wird durch Abs. 2 S. 3 für die Provision wegfingiert; Abs. 2 S. 3 weicht von der Grundregel des S. 2 ab und bestimmt, dass die Umsatzsteuer zu dem bemessungsrelevanten Entgelt hinzuzusetzen ist. Dies gilt allerdings nur für den tatsächlich bei Ausführung des Kundengeschäfts175 (wichtig bei Änderungen der MwSt.!) geltenden Umsatzsteueranteil, nicht für einen ggf. überhöht berechneten.176 Die Provision ist also mangels besonderer Vereinbarung, die allerdings üblich177 und wegen der Dispositivität der Bestimmung zulässig178 ist, von dem geschuldeten Bruttobetrag mit Mehrwertsteuer zu berechnen.179 Dies führt zu einer Bruttoprovision. Bei Änderung des Umsatzsteuersatzes ist für die Provisionsermittlung steuerrechtlich der Zeitpunkt der Ausführung des Kundengeschäfts durch den Unternehmer maßgeblich.180 6. Abweichende Vereinbarungen zu Abs. 2. Wie dargestellt ist auch Abs. 2 in vol- 29 lem Umfang dispositiv.181 Vereinbart werden darf etwa: die Reduzierung der Provisionsbemessungsgrundlage durch die Inzahlungnahme gebrauchter Sachen,182 dass die Provision nur auf den Barpreis zu zahlen ist,183 Nebenkosten von der Provisionsberechnung ausgenommen184 werden, Provisionen nur nach Stückzahl, Gewicht etc. der verkauften Ware (X EUR je Stück, KG oder Tonne usw.),185 eine Stückprovision mit Aufschlag in % X EUR des übersteigenden Preises,186 abweichend von Abs. 2 S. 3 auf die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer keine Provision187 zu gewähren ist oder dass entgegen § 87b Abs. 2 Nr. 2 Skontoabzüge, auch wenn diese nicht gesondert in Rechnung gestellt werden, von den bei der Provisionsberechnung zugrunde liegenden Entgelt nach Abs. 1 abzuziehen sind etc.188 II. § 87b Abs. 3: Provisionsberechnung bei Dauerverträgen 1. Überblick. Die Tätigkeit des HV kann auf den Abschluss oder die Vermittlung von 30 Gebrauchsüberlassungs- oder Nutzungsverträgen von bestimmter oder unbestimmter Dauer gerichtet sein. Der Begriff der Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträge umfasst beispielsweise Miet- und Pachtverträge, einerlei ob sie Sachen oder Rechte (zum Beispiel Lizenzen, dingliche Rechte wie Erbbaurecht) betreffen,189 zudem Filmver-

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175 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 37. 176 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 350; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 37. 177 Hopt § 87b Rn 12. 178 BAG, Urt. v. 23.3.1982 – 3 AZR 637/79; BB 1983, 195 = AP § 87c Nr. 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 30. 179 BGHZ 61, 114, Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 23; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 11; Hopt § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 30. 180 BAG BB 1983, 195; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 23. 181 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 18. 182 Hopt § 87b Rn 18. 183 BAG BB 1966, 386; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 33; Hopt § 87b Rn 18. 184 BAG BB 1983, 195; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 33. 185 Küstner/Thume I, Kap. V Rn 316; Hopt § 87b Rn 18. 186 Hopt § 87b Rn 18. 187 BAG BB 1983, 395 (397); OLG Düsseldorf DB 1955, 578; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59; Hopt § 87b Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 46. 188 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59; Hopt § 87b Rn 18. 189 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41; Hopt § 87b Rn 13.

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leih-, 190 Maschinenverleih-, oder Grundstücksnutzungsverträge. 191 Jedoch werden auch andere Dauerverträge mit fest nach Zeitabschnitten bemessenen Entgelt, etwa Dienst-, Kreditvermittlungs-, Patentlizenz-,192 Versicherungsverträge193 oder ähnliche Verträge von Abs. 3 erfasst.194 Sofern die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben, regelt Abs. 3 die Berechnung der Provision für alle vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Dauerschuldverhältnisse, die sich nicht in einem einmaligen Leistungsaustausch erschöpfen, sondern bei denen verbindlich ein vorausbestimmtes und sicher zu erwartendes Entgelt nach Zahlungszeitpunkt und Betragshöhe in festen Zeitabschnitten als laufend zu erbringende Gegenleistung zu leisten ist.195 Das betroffene Produkt oder die betroffene Leistung sind unerheblich. Der Begriff der „Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträge“ ist also weit auszulegen.196 Bei Dauerschuldverhältnissen, bei welchen die Höhe der Zahlungspflicht noch nicht 31 verbindlich feststeht – also eine automatische Umsetzung des Vertrages fehlt – ist Abs. 3 unanwendbar, selbst wenn die Parteien bei Vertragsschluss die jeweiligen Zahlungszeitpunkte sowie die Grundlagen für die Berechnung des Entgelts möglicher, aber nicht sicher in Ausführung dieses (Rahmen-)Vertrages ggf. zu schließender Einzelgeschäfte bereits im Vorhinein für den Fall des Abschlusses der Einzelgeschäfte verbindlich festgelegt haben.197 In diesem Fall ist Abs. 2 maßgeblich. Ferner findet Abs. 3 keine Anwendung auf Verträge mit variablem und ergebnisbezogenem Entgelt, zum Beispiel Verträge mit Stück- oder Umsatzabnahme, etwa Lieferabonnements.198 Hier berechnet sich die Provision nach jedem vergütungspflichtigen Vorgang, also zum Beispiel dem Verkauf der lizenzierten Gegenstände, der Bücher und der Lieferung der Zeitschrift bzw. jeder Zahlung des anderen Teils.199 Bei den von Abs. 3 erfassten Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen von 32 bestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt für die gesamte Vertragsdauer zu berechnen (S. 1). Bei unbestimmter Dauer ist die Provision vom Entgelt bis zu dem Zeitpunkt zu berechnen, zu welchem der Kundenvertrag erstmals vom Kunden gekündigt werden kann. Der HV hat jedoch Anspruch auf die Fortzahlung der entsprechend berechneten Provision, falls der Vertrag fortbesteht. Soweit Abs. 3 nicht eingreift, bleiben die allgemeinen Vorschriften,200 insb. Abs. 1 und 2, anwendbar.201 Abs. 3 ist damit lex specialis zu Abs. 1. 33

2. Verträge mit bestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 S. 1). Bei Verträgen mit seit Vertragsbeginn nach Zeitabschnitten (Kalender, bestimmtes Ereignis) fest bemessenem Ent-

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190 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41. 191 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41. 192 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41. 193 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41. 194 Hopt § 87b Rn 13. 195 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 25. 196 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41; Hopt § 87b Rn 13; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 33. 197 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 25; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 12; Hopt § 87b Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 33. 198 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41. 199 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 25; Hopt § 87b Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 33; Roth § 87b Rn 4; offen gelassen von BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 32. 200 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 40; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 24; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 32. 201 Hopt § 87b Rn 13.

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gelt und fest bestimmter Dauer, bei denen es zur Vertragsbeendigung keiner rechtsgestaltenden Willenserklärung bedarf,202 bereitet die Berechnung der Provision aus dem Entgelt keine Schwierigkeit. Die mit der erstmaligen Überlassung des Vertragsgegenstands zum Gebrauch oder eigenständiger Verfügung entstehende203 und dann einmalig zu zahlende Provision ist vom geschuldeten Entgelt für die bei Vertragsschluss vereinbarte Gesamtdauer des Vertrages zu berechnen, je länger je höher, auch wenn das Entgelt nur in Raten (Zahlung nach Zeitabschnitten, Mietzahlung) zu leisten ist204 und der HV-Vertrag vor dem Ende des Kundenvertrages endet.205 Eine abweichende Vereinbarung ist zulässig und wird häufig getroffen. Fehlt sie, bleibt die Provision eine einmal zu zahlende Einmalprovision,206 fällig gem. § 87a mit der Ausführung des Vertrages.207 Die Einmalprovision ist also gerade der gesetzliche Normalfall; ihre Vereinbarung bedeutet nicht notwendigerweise die Unanwendbarkeit des Abs. 3.208 Für ihre Berechnung werden die während der Laufzeit des Dauervertrages voraussichtlich insgesamt anfallenden Entgelte zusammengezählt, nicht anders als wenn das Entgelt für die gesamte Vertragszeit in einer festen Summe ausgeworfen worden wäre. Auch bei den von S. 1 angesprochenen Verträgen bestimmt sich die Provision entsprechend den oben dargestellten Grundsätzen gem. Abs. 1, 2 nach dem zwischen Kunden und Unternehmer für die vereinbarte Vertragszeit versprochenem Entgelt209 einschließlich der o.g. Nebenkosten, soweit sie nicht gesondert in Rechnung gestellt werden, und einschließlich der Umsatzsteuer und ohne Abzug der nach Abs. 2 S. 2 nicht abzusetzenden Nachlässe. Unter S. 1 fallen alle auf bestimmte Zeit geschlossenen Verträge, selbst wenn aus- 34 nahmsweise ein der außerordentlichen Kündigung vergleichbares, vorzeitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht besteht, jedoch ein ordentliches Kündigungsrecht oder ein ähnliches Recht fehlt (dann S. 2). Eine Verlängerungsklausel oder Verlängerungsoption ist für die Provisionsberechnung bis zur Ausübung des Verlängerungsrechts (dazu unten) irrelevant,210 weil sie die maßgebliche, erstmalige Vertragsdauer nicht prolongiert. Der Vertrag gilt also trotz der Verlängerungsoption als auf bestimmte Dauer abgeschlossen. Das gilt sicher, wenn die Verlängerungsoption nur für einen von vornherein fest vereinbarten, also weiterhin fest bestimmten (begrenzten) Zeitraum eingeräumt wurde.211 Das Gleiche muss gelten, falls die Verlängerungsoption nicht auf bestimmte Dauer gerichtet ist, sondern solange verlängert werden soll, bis eine der Parteien den Vertrag kündigt.212 Denn die ursprüngliche Vertragsdauer bleibt nach wie vor eine bestimmte. Die Frage, wann der Anspruch auf die Einmalprovision endgültig entsteht und fällig wird, regelt § 87a. In § 87b wird nur die Berechnungsweise bestimmt. Die Ausführung des Geschäfts durch den Unternehmer i.S.d. § 87a Abs. 1 S. 1 ist dann der

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202 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 26. 203 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 36. 204 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 28; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; Hopt § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 36. 205 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 46; Oetker/Busche § 87b Rn 15. 206 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 46; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; Hopt § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 36. 207 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 46. 208 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 41. Allerdings kann die Höhe der Einmalprovision abweichend von Abs. 3 bestimmt werden. 209 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 13 und 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 34 und 36; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 9, 10. 210 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 26. 211 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 43; Oetker/Busche § 87b Rn 15; Hopt § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 35. 212 BGH NJW 1975, 387 zu § 89 HGB; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 44.

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Akt der Zurverfügungstellung des Gebrauchs oder der Nutzung (nicht erst deren vollständige Gewährung im Ablauf des Vertrages). Doch werden – was zulässig ist – häufig abweichende Abreden getroffen, etwa die Zahlung der Provision aus laufend einkommenden Nutzungsentgelten, wobei aber § 87a Abs. 1 S. 2 Hs. 2 zu beachten ist, oder Zahlung der Einmalprovision nach Eingang einiger Mietraten. Wird der Vertrag nach Ablauf der Vertragslaufzeit oder nach Kündigung um be35 stimmte Zeit verlängert, sei es infolge einer Verlängerungsklausel oder durch gesonderte Willenserklärung, etwa vermöge einer Verlängerungsoption, entsteht ein neues Provisionsrecht213 als Tätigkeits- oder Folgeprovision, nach S. 1 bei Verlängerung um einen bestimmten Zeitraum und nach S. 2 bei Verlängerung auf unbestimmte Zeit.214 36

3. Verträge mit unbestimmter Dauer (§ 87b Abs. 3 S. 2). Ein Vertrag ist dann von unbestimmter Dauer i.S.d. Abs. 3 S. 2, wenn dessen Vertragsdauer weder im Vertrag genau bestimmt ist, noch aufgrund des Inhalts des Vertrags hinreichend bestimmbar ist.215 Die Entstehung des Provisionsanspruches richtet sich nur nach §§ 87, 87a. § 87b trifft keine Bestimmung über die Dauer der Provisionszahlungspflicht, sondern legt in Ergänzung der in Abs. 1, 2 genannten Berechnungsfaktoren allein die Berechnungsweise für Provisionen bei Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen fest.216 Bei Verträgen mit unbestimmter Dauer ist die Provision jeweils aus dem für die Zeit zwischen zwei Kündigungsterminen des Kunden (nicht des Unternehmers, eine ihm zugebilligte Kündigungsmöglichkeit ist selbst dann irrelevant, wenn der Unternehmer das Entgelt schuldet)217 zu zahlendem Entgelt zu berechnen, erstmals für die Zeit von Vertragsbeginn bis zum ersten Kündigungstermin.218 Ob das Kündigungsrecht tatsächlich ausgeübt wird219 und wie wahrscheinlich dessen Ausübung ist,220 bleibt für die Bemessung der Erstprovision unerheblich. Bei Nichtausübung wird aber ein neues Provisionsrecht nach Rn 35, 37 entstehen. Im Übrigen gilt für das Entstehen und Fälligkeit von Erstprovision und Folgeprovision das Gleiche wie für die Einmalprovision des S. 1. Die Zeitspanne bis zur erstmaligen Kündigungsmöglichkeit des Dritten steht der befristeten Nutzungsdauer gleich, so dass die oben zu Rn 33 ff. genannten Grundsätze auch hier gelten.

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4. Fortsetzung des Vertrages. Wird der Kundenvertrag fortgesetzt oder (auch während der Vertragslaufzeit) verlängert, weil er (vom Kunden oder Unternehmer) nicht gekündigt worden ist, besteht die Provisionspflicht auch in Ansehung eventueller nach dem nächstmöglichen Kündigungstermin anfallender Nutzungsentgelte fort.221 Es be-

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213 Hopt § 87b Rn 14. 214 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 26. 215 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 48. 216 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31. 217 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 49; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 11. 218 Hopt § 87b Rn 15. 219 Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 11. 220 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 49. 221 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 28; BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 31; OLG Düsseldorf BB 1977, 817; LAG Hamm DB 1984, 674; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 51; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 29; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 44, aA Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 14; sowie Staub/Brüggemann 4. Aufl. Rn 11. Das Argument von Brüggemann: Es müsse so angesehen werden, als handele es sich bei der Provisionsberechtigung aus § 87b Abs. 3 S. 2 Hs. 2 um eine Folgeprovision aus einem neuen Abschluss. Es könne nicht wohl einen Unterschied begründen, ob der Fortbestand des

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ginnt für die Berechnung der Provision ein neuer Nutzungsabschnitt bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit des Kunden und eine erneute Zurverfügungstellung von Seiten des Unternehmers.222 Bei jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit des Vertrags durch den Kunden erwirbt der HV für die Zeit nach Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfristen einen weiteren Provisionsanspruch, wenn und solange der Kundenvertrag ungekündigt fortbesteht.223 Darf jederzeit gekündigt werden, so wächst der Provisionsanspruch ständig. Kann täglich gekündigt werden, entsteht für jeden verlängerten Tag ein Provisionsanspruch.224 Die zeitliche Gliederung der zu zahlenden Provision ergibt sich aus den Abrechnungsabschnitten (§ 87c Abs. 1).225 Dadurch können erhebliche nachvertragliche Provisionsansprüche entstehen (dazu § 87 Rn 63 ff.). Wird das vereinbarte Kündigungsrecht des Kunden nach Abschluss des Kundenvertrags durch Vertragsänderung (ggf. auch nur zeitweise) ausgeschlossen oder hinausgeschoben, ist der neu vereinbarte Kündigungszeitpunkt als Endzeitpunkt der Provisionsbemessungsgrundlage maßgebend. 226 Der Grund für die Nichtbeendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Kunden ist ohne Relevanz für den Provisionsanspruch des HV.227 5. Nicht fortgesetzter Vertrag. Wird der Kundenvertrag nicht fortgesetzt, sondern 38 seinen Bedingungen entsprechend (nicht vertragskonforme Beendigung: § 87a Abs. 3, Rn 38) durch Kündigung oder in sonstiger Weise beendet, endet auch das Provisionsrecht des HV. Wird der Kundenvertrag nach Vertragsende erneut abgeschlossen, erwirbt der HV grds. keinen weiteren Provisionsanspruch, selbst wenn der neue Vertrag mit dem alten übereinstimmt.228 Die Dispositionsfreiheit des Unternehmers in Ansehung der von ihm oder den Kunden erklärten Kündigung ist grds. zu respektieren. Etwas anderes gilt, sofern der HV die Vertragsfortführung mitverursacht hat (Tätigkeitsprovision,229 § 87 Abs. 1, s.o., § 87 Rn 67 ff.), ein Folgevertrag nach § 87 Abs. 1 existiert (§ 87 Rn 76 ff.) oder Willkür bzw. die Voraussetzungen der §§ 87a Abs. 3 analog, §§ 162, 242 BGB vorliegt (s.u., Rn 39). Beispiel für das Fortbestehen des Provisionsrechtes: der HV beweist, dass der Neuabschluss nur gewählt wurde, um den Provisionsanspruch des HV zu umgehen.230 Zum Entstehen einer Tätigkeitsprovision nach § 87 Abs. 1 für den Abschluss des Nachfolgevertrages reicht es aus, dass der HV den Kunden bewegt, die Kündigung „zurückzunehmen“, d.h., auf die Wirkungen der Kündigungserklärung zu verzichten.231 Ein Provisionsrecht des HV besteht jedoch nicht, wenn der vermittelte Kundenvertrag in Übereinstimmung mit seinen Bestimmungen berechtigt endet, etwa gekündigt wird, und es im Anschluss durch Bemühungen des Unternehmers oder Dritter gelingt, den Kunden

_____ Gebrauchs- oder Nutzungsverhältnisses nur darauf beruhe, dass der bisherige Vertrag nicht gekündigt werde, oder darauf, dass er nach Ablauf seiner Befristung durch Fortsetzung des Gebrauchs bzw. der Nutzung sich stillschweigend verlängere, oder darauf, dass die Parteien über die Fortsetzung, vielleicht unter Änderung in: einzelnen Punkten, eine besondere Abrede schlössen. 222 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 51. 223 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 51; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 30; Hopt § 87b Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 38. 224 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 51. 225 Hopt § 87b Rn 15. 226 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 11. 227 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 29. 228 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 52; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 39. 229 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 52; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 32. 230 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 52; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 32. 231 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 52.

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zur Fortsetzung des Vertrages oder „Rücknahme“ der Kündigung zu motivieren. Diese Bemühung bildet keine Obliegenheit des Unternehmers (anders als bei einer vertragswidrigen Kündigung, s.o., § 87a Rn 84 ff. zur Nacharbeitung), bei deren Fehlen der Unternehmer nach § 87a Abs. 3 S. 2 Provision schuldet; die Kausalität der Erstvermittlung durch den Unternehmer überwiegt die des HV nicht nur nach weit überobligationsmäßigen Bemühungen des Unternehmers. Die Fortsetzung des durch die Kündigung beendeten Dauervertrages ist rechtsförmlich nur im Wege eines neuen Vertragsabschlusses denkbar, der provisionsrechtlich relevante Erstvertrag ist abgelaufen. Das Provisionsrecht des HV besteht fort, wenn die Kündigung auf einen Termin nach Auslaufen des HVVerhältnisses ausgesprochen, es aber dem HV selbst gelungen war, noch während seiner Vertragszeit Wesentliches zur Umstimmung des Dritten beizutragen, weil dann der neue Abschluss provisionsrechtlich nach § 87 Abs. 3 zu beurteilen ist. Gleiches gilt, falls der Kunde während der Vertragsdauer des HV-Vertrages von dem bloßen Vorhaben einer Kündigung Abstand nimmt, weil er dazu bewogen werden konnte. Unter Umständen kann der Verursachungsbeitrag der Erstvermittlung durch den HV so überwiegend sein, dass auch für den Folgevertrag Provision nach § 87 Abs. 3 Nr. 1 geschuldet wird (§ 87 Rn 131 ff.). Abs. 3 geht in diesen Fällen davon aus, dass der Neuabschluss des Vertrages auf die ursprüngliche Vermittlung durch den HV zurückzuführen ist.232 Ist der Erfolg der Abstandnahme des Dritten von der beabsichtigt gewesenen Kündigung noch während der Dauer des HV-Vertrages eingetreten, so streitet die Vermutung fortdauernder Ursächlichkeit des HV-Verhaltens bei der Erstvermittlung für den HV. Erreicht der HV die Vertragsverlängerung nach Ende des HV-Vertrages und akzeptiert der Unternehmer sie – dies muss er nicht – dürfte Provision nach § 354 geschuldet sein. Abgesehen von der Folge des § 87a Abs. 3 (Rn 39) ist der Grund für die Beendigung des Vertragsverhältnisses zu dem Kunden ansonsten unerheblich. 39

6. Nicht vertragsgemäße, vorzeitige Beendigung des Dauervertrages. Die Verprovisionierung bei vorzeitigem und nicht vertragsgemäßem Ende eines auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geschlossenen Dauervertrages, etwa infolge außerordentlicher Kündigung, wird nicht durch § 87b geregelt, sondern von § 87a Abs. 3 (analog):233 Der Provisionsanspruch entfällt nur, wenn der Unternehmer die Beendigung des Vertrages nicht zu vertreten hat.234 Er ist insb. zur Nachbearbeitung verpflichtet (§ 87a Rn 84 ff.). Sieht der Dauerrechtsvertrag, bei bestimmter Dauer im Übrigen, die Möglichkeit einer normalen, befristeten Kündigung – gleich durch welchen Vertragsteil – als vorzeitige Möglichkeit seiner Lösung vor, so ist § 87a Abs. 3 unanwendbar: Der Vertrag steht von vornherein unter dem Vorbehalt möglicher Kündigung. Der Unternehmer ist in diesem Fall auch nicht zur Nachbearbeitung i.S.d. § 87a Abs. 3 verpflichtet. Missbrauchsfälle, etwa bei leichter „Rettungsmöglichkeit“ des Vertrages, können entweder über § 87a Abs. 3, § 87 Abs. 3 Nr. 1 analog, über §§ 242, 162 BGB oder nach den Grundsätzen willkürlicher Dispositionsmaßnahmen (§ 86a Rn 82 f.)235 gelöst werden. Bei einem Neuabschluss kann eine Tätigkeits- oder Folgeprovision geschuldet sein (Rn 35, 37).

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232 Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 12. 233 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 54; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 31; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 40, 41, 42; Hopt § 87b Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 42. 234 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 54; Hopt § 87b Rn 16. 235 Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 13.

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7. Beendigung des HV-Vertrages vor dem Ende des Kundenvertrages. Die Been- 40 digung des HV-Vertrags vor der Beendigung des Kundenvertrages lässt das Provisionsrecht des HV grds. unberührt. Eine zeitliche Begrenzung des Provisionsrechts eines ausgeschiedenen HV, der ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, lässt sich § 87b nicht entnehmen:236 Wenn der HV ein Dauerschuldverhältnis vermittelt hat, erwirbt er hierdurch einen bedingten Provisionsanspruch für die Dauer des Vertrages, der laufzeitabhängig – meist in Einzelabschnitten – abgerechnet wird.237 Das gilt sowohl für den auf bestimmte Zeitdauer geschlossenen Kundenvertrag238 wie den auf unbestimmte Zeit geschlossenen.239 Eine nicht vertragsgemäße Kündigung hat der Unternehmer zu vertreten;240 ebenso eine nicht von vornherein im Ursprungsvertrag vereinbarte Kündigung oder sonstigen Rücktritt des Kunden, sofern sie vom Unternehmer zu verantworten war.241 Näheres siehe die Kommentierung zu § 87a. 8. Abweichende oder konkretisierende Vereinbarungen zu Abs. 3. Auch Abs. 3 41 ist in vollem Umfang dispositiv. Die Parteien dürfen zu den Gebrauchsüberlassungs- und Nutzungsverträgen Abweichendes vereinbaren.242 Vereinbart werden darf etwa eine nach Zeitabschnitten bestimmte Vergütung243 oder nach h.M. die Zahlung einer Einmalprovision244 (§ 89b Rn 228), fällig bei Vertragsschluss oder nach Ablauf bestimmter Vertragszeit.245 Auch ist es möglich, die für Verträge mit bestimmter Dauer geleistete Provision auf einen Teil des Entgelts für die gesamte Vertragsdauer zu beschränken.246 G. Dispositivität Wie dargestellt ist § 87b ist innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242, 307 BGB voll- 42 ständig dispositiv.247 § 84 Abs. 2 dürfte nur selten eine Grenze setzen, weil die Selbständigkeit durch Provisionsbestimmungen, die höchstens zu einer für die Selbständigkeit irrelevanten wirtschaftlichen Abhängigkeit führen können, kaum berührt sein dürfte. Solche Regelungen wären nach § 138 BGB unwirksam. Insbesondere dürfen andere als die gesetzlich vorgegebenen Bemessungs- und Berechnungsgrundlagen sowie andersar-

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236 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = NJW 2010, 298 Rn 31 f. 237 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = NJW 2010, 298 Rn 31; aA Schlegelberger/ Schröder § 87b Rn 14. 238 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 56; Hopt § 87b Rn 17; Oetker/Busche § 87b Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 43. 239 BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 = NJW 2010, 298; OLG Düsseldorf BB 1977, 817; LAG Hamm DB 1084, 674 (675); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 57; Hopt § 87b Rn 17; Oetker/Busche § 87b Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 44. 240 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 54. 241 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 54; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 54. 242 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59. 243 Hopt § 87b Rn 19. 244 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 33. 245 BGHZ 30, 107; Hopt § 87b Rn 19. 246 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 59: Oetker/Busche § 87b Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 47. 247 BGH, Urt. v. 4.5.1959 – II ZR 81/57; BGHZ 30, 98 (109) = NJW 1959, 1430; BAG, Urt. v. 24.9.1965 – 3 AZR 231/65, DB 1965, 1917; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 58; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 33; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 3; Hopt § 87b Rn 18, 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 2, 45; für das Provisionsrecht mglw. offen gelassen von BGH, Urt. v. 21.10.2009 – VIII ZR 286/07, DB 2009, 2652 Rn 21.

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tige Provisionen, z.B. Umsatzbeteiligungen,248 vereinbart werden. Für Einzelheiten wird auf die Kommentierung zu den einzelnen Absätzen verwiesen. H. Beweislast 43

Im Grundsatz gilt: Der HV muss alle für seinen Provisionsanspruch streitenden gesetzlichen und vertraglichen TB-Merkmale, insb. Höhe, Bemessungsgrundlage, Provisionssatz und weitere Berechnungsgrundlagen, darlegen und beweisen.249 Abweichend hiervon hat derjenige, der geltend macht, es sei eine vom Gesetz abweichende Regelung getroffen worden, sie darzulegen und zu beweisen.250 Fordert der HV Provision, soll er nach h.A. seiner Forderung entgegenstehende, vom Unternehmer behauptete Vereinbarungen auszuräumen haben251 (aufgrund der Leitbildwirkung des gesetzlichen Provisionsrechts bei Eingreifen eines solchen Provisionstatbestandes zweifelh.). Wegen der Subsidiarität der üblichen Provision nach Abs. 1 im Verhältnis zu vertraglichen Absprachen soll der HV nach jener h.M. das Fehlen einer vom Unternehmer behaupteten, niedriger vereinbarten Provision zu beweisen haben,252 wobei es dem Unternehmer zuvor obliegt, zum Inhalt dieser Vereinbarung substantiiert vorzutragen. Kann der HV diesen Beweis nicht führen, soll er Provision nur in Höhe des vom Unternehmer behaupteten Satzes fordern dürfen.253 Klagt der Unternehmer auf Feststellung einer bestimmten Provisionsberechnungs- oder -bemessungsweise bzw. auf Nichtbestehen einer vom HV behaupteten Provisionsforderung, soll sich an dieser Verteilung der Beweislast nichts ändern. Der HV sei auch in einer solchen Konstellation für die Höhe seiner Berühmung, also die Höhe der Provision, beweispflichtig. Im Übrigen treffe den Unternehmer die Beweislast für eine vom Gesetz abweichende Vergütungshöhe. Klage er auf Feststellung der Verpflichtung nur zur Zahlung üblicher Provision, habe der Unternehmer das Fehlen einer abweichenden Provisionsvereinbarung zu führen. 254 Tatsächlich ist diese Beweislastverteilung zweifelhaft. Es muss bei dem allgemeinen Grundsatz bleiben, dass eine vom Gesetz (§ 87b) abweichende Vereinbarung von demjenigen bewiesen werden muss, der sich auf sie beruft,255 der HV also für eine für ihn günstige Provisionsabsprache,256 der Unternehmer für die ihn günstige und vom Gesetz abweichende Abrede. Bei Beweisfälligkeit gilt der übliche Provisionssatz (§ 87b Abs. 1). § 87b kennzeichnet den Regelfall; die beweispflichtige Ausnahme bildet die Provisionsvereinbarung.

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248 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 33; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 12. 249 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 61. 250 AA OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054. 251 BGH, Urt. v. 14.4.1983 – VII ZR 198/82, NJW 1983, 1782; v. 9.4.1981 – VII ZR 262/80, BGHZ 80, 257 (259) = NJW 1981, 1442; OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 61; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 36. 252 RG Warn. 16 (1924) Nr. 135; LAG Bremen DB 1960, 1212; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 61; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 36; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87b Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 14; Schlegelberger/Schröder § 87b Rn 4a. 253 OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87b Rn 14. 254 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87b Rn 36. 255 AA OLG Hamm, Urt. v. 26.10.2009 – 18 U 212/08, BeckRS 2009, 87054 unter Auseinandersetzung mit der hier eingenommenen Gegenansicht: § 87b begründe keinen regelmäßigen Vertragsinhalt. 256 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87b Rn 61.

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§ 87c Abrechnung der Provision 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 87c (1) 1 Der Unternehmer hat über die Provision, auf die der Handelsvertreter Anspruch hat, monatlich abzurechnen; der Abrechnungszeitraum kann auf höchstens drei Monate erstreckt werden. 2 Die Abrechnung hat unverzüglich, spätestens bis zum Ende des nächsten Monats, zu erfolgen. (2) Der Handelsvertreter kann bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 Provision gebührt. (3) Der Handelsvertreter kann außerdem Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. (4) Wird der Buchauszug verweigert oder bestehen begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszugs, so kann der Handelsvertreter verlangen, daß nach Wahl des Unternehmers entweder ihm oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden soweit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. (5) Diese Rechte des Handelsvertreters können nicht ausgeschlossen oder beschränkt werden. Schrifttum Andrelang/Penners Anforderungen an einen elektronischen Buchauszug nach § 87c Abs. 2 HGB, ZVertriebsR 2013, 218; Emde Abrechnung und Buchauszug als Informationsrechte des Handelsvertreters, MDR 2003, 1151; Emde Die Verjährung der dem Handelsvertreter zustehenden Informationsrechte aus § 87c HGB, VersR 2009, 889; Höft Buchauszug, Bucheinsicht und Auskunft nach § 87c HGB, HVuHM 1973, 904; Holling Der Anspruch des Handelsvertreters auf einen Buchauszug, BB 1959, 687; Knorn Kosten der Abrechnungs- und Auskunftspflicht des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter, BB 1972, 989; Küstner Die Provisionsabrechnungspflicht des Unternehmers nach § 87c HGB HVuHM, 1967, 144; derselbe Einzelprobleme zur Provisionsabrechnungspflicht nach § 87c Abs. 1 HGB HVuHM, 1967, 196, 774; MayerWegelin Anspruch des Handelsvertreters auf einen „Buchauszug“, BB 1954, 883; Schröder Anspruch des Handelsvertreters auf einen Buchauszug, BB 1955, 181; derselbe Rechnungszeitraum für neben Festgehalt gezahlte Provisionen, DB 1963, 651; Stötter Einzelfragen der Provisionsabrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter, DB 1970, 1473; Wolff Auskunftsrecht des Handelsvertreters zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs, BB 1978, 1246.

A. I.

II. III. IV.

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Übersicht Generelles zu den Informationsrechten des HV Übersicht ____ 1 1. Abrechnung (Abs. 1) ____ 2 2. Buchauszug (Abs. 2) ____ 3 3. Bucheinsichtsrecht (Abs. 4) ____ 4 4. Auskunft (Abs. 3) ____ 5 5. Ergänzende Informationsrechte ____ 6 6. Zwingende Natur ____ 7 Zweck der Informationsrechte ____ 8 Europarechtliche Präformation ____ 9 Beschränkung auf „provisionsrelevante“ Sachverhalte – Buchauszug zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs?

1. Problemstellung ____ 10 2. Begriff der Provisionsrelevanz ____ 13 V. III. lex specialis ____ 16 VI. Anspruchsberechtigter ____ 17 VII. Passivlegitimation ____ 19 VIII. § 87c in mehrstufigen Vertriebssystemen – Strukturvertrieb ____ 20 IX. Abtretung und Verpfändung ____ 21 X. Rangfolge der Informationsrechte ____ 24 B. Hilfsrechte I. Anspruchsentstehung und Entfallen des Anspruchs 1. Anspruchsentstehung ____ 28 2. Entfallen des Anspruchs

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1. Buch. Handelsstand

a) Erfüllung ____ 30 b) Entfallen durch Wegfall des Hauptrechts ____ 32 c) Mitwirkung des HV ____ 33 d) Verjährung ____ 34 aa) Separate Verjährung von Haupt- und Hilfsansprüchen ____ 35 (1) Abrechnung (§ 87c Abs. 1) ____ 37 (2) Buchauszug (§ 87c Abs. 2) ____ 38 (3) Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4) ____ 39 (4) Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3 oder § 242 BGB) ____ 40 (5) Anspruch auf eidesstaatliche Versicherung ____ 41 bb) Verjährung der Hauptansprüche hindert die Geltendmachung der Informationsrechte (1) Überblick ____ 43 (2) Hauptforderungen ____ 44 (3) Ausgleichsanspruch ____ 45 (4) Provisionen ____ 47 (5) Praktische Bedeutung der Verjährung der Hauptforderung ____ 48 cc) Kenntnis oder Kennenmüssen des Hauptrechts ____ 49 (1) Kenntnis bei Provisionsansprüchen ____ 50 (2) Kenntnis beim Ausgleichsanspruch ____ 51 (3) Fehlende Verjährung der Kontrollrechte bei mangelnder Kenntnis des Hauptrechts ____ 52 dd) Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz/§ 242 BGB ____ 53 ee) Verkürzung der Verjährungsfrist ____ 54 ff) Verwirkung ____ 55 II. Meinungsverschiedenheiten über Zahlungsansprüche ____ 56 III. Buchführungspflicht ____ 57 IV. Form und Inhalt 1. Form ____ 58 2. Inhalt ____ 59 V. Informationszeitraum ____ 60 VI. Leistungsfreiheit und Fehlanzeige ____ 61 VII. Schadenersatz bei Nichterteilung ____ 64 VIII. Zurückbehaltungsrecht ____ 65 IX. Prüfung der erteilten Informationen ____ 66

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X. XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. XVII. C. I.

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Erfüllungsort ____ 67 Kosten ____ 69 Geheimhaltungspflicht ____ 73 Datenschutzrecht ____ 75 Vertraulichkeit ____ 76 Zwingende Natur (§ 87c Abs. 5) ____ 77 Informationsinteresse ____ 81 Rechtsmissbrauch ____ 82 Die Informationsrechte im Einzelnen Abrechnung (§ 87c Abs. 1) ____ 89 1. Zweck ____ 90 2. Inhalt ____ 91 a) Erforderliche Informationen ____ 92 b) Umstände, über die nicht abzurechnen ist ____ 98 3. Form ____ 101 4. Abrechnungszeitraum und Fälligkeit ____ 102 a) Abrechnungszeitraum ____ 103 b) Fälligkeit ____ 105 5. Entfallen des Abrechnungsrechts a) Erfüllung ____ 109 b) Entfallen des Hauptrechts ____ 110 6. Rechtsfolgen der Abrechnung ____ 112 a) Schweigen des HV auf die Abrechnung ____ 113 b) Vertragliche Regelungen zur Abrechnung ____ 116 c) Vereinbarung einer Prüfungsobliegenheit ____ 119 d) Vertragliche Vereinbarung eines Anerkenntnisses „durch Schweigen“ ____ 120 e) Verjährungsverkürzung ____ 124 7. Beweislast ____ 125 Buchauszug (§ 87c Abs. 2) 1. Zweck ____ 126 2. Inhalt a) Generelles ____ 127 b) Einzelheiten zum Inhalt der geschuldeten Informationen aa) Beim HV nach § 84 ____ 137 bb) Beim Versicherungsvertreter ____ 138 c) Einzelheiten zum Inhalt der nicht geschuldeten Informationen ____ 140 3. Zeitliche Erstreckung ____ 141 4. Begriff der Bücher ____ 142 5. Form ____ 146 6. Rechtschutzinteresse ____ 147 7. Fälligkeit und Anspruchsdauer a) Fälligkeit ____ 148 b) Anspruchsdauer aa) Allgemeines ____ 150

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Erfüllung ____ 151 Vorauserfüllung ____ 152 Ersatzerfüllung ____ 154 Folgen mangelnder Erfüllung ____ 155 8. Kosten ____ 158 9. Kenntnisnahme durch den HV ____ 159 10. Beweislast ____ 160 11. Rechtsfolgen des Buchauszuges ____ 161 Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3) ____ 162 1. Zweck ____ 163 2. Stellung innerhalb der Informationsrechte ____ 164 3. Inhalt ____ 165 4. Insbesondere: Wesentlichkeit ____ 169 5. Fälligkeit ____ 170 6. Erfüllung, Entfallen des Auskunftsrechts ____ 171 Bucheinsichtsrecht (§ 87c Abs. 4) ____ 172 1. Zweck ____ 173 2. Anspruchsvoraussetzungen ____ 174 3. Bereitstellung der Unterlagen ____ 178 4. Fälligkeit und Anspruchsende ____ 179 5. Anspruchsberechtigter ____ 180 6. Inhalt ____ 183 7. Kosten ____ 185 §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB ____ 186 bb) cc) dd) ee)

III.

IV.

V.

VI. D. I.

II.

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Auskunftsrecht nach § 242 BGB ____ 192 Verfahrensrechtliche Aspekte Erkenntnisverfahren ____ 196 1. Abrechnungsklage ____ 203 2. Buchauszugsklage ____ 204 3. Auskunftsklage ____ 207 4. Bucheinsichtsklage ____ 208 5. Klage auf eidesstattliche Versicherung ____ 209 6. Eilverfahren ____ 210 7. Kosten ____ 211 8. Streitwert und Beschwer ____ 212 a) Auskunft ____ 213 b) Buchauszug ____ 214 c) Versicherung an Eides statt ____ 215 9. Insolvenz und Erkenntnisverfahren ____ 216 Vollstreckungsverfahren 1. Abrechnung und Buchauszug ____ 218 2. Auskunftsrecht ____ 223 3. Bucheinsicht ____ 224 4. Eidesstattliche Versicherung ____ 225 5. Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren ____ 226 Die Informationsansprüche in der Insolvenz ____ 227

A. Generelles zu den Informationsrechten des HV I. Übersicht Die Informationsrechte des HV sind in § 87c geregelt. Sie formen das Spiegelbild 1 zu den Informationspflichten des HV, die in § 86 Abs. 2 niedergelegt wurden. Über § 65 ist § 87c auch auf den Handlungsgehilfen anwendbar.1 Die Vorschrift ist rechtspolitisch umstritten, von Seiten der Interessenvertreter der Unternehmer ist auch im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen 2010 versucht worden, die Streichung des lästigen § 87c Abs. 2 zu erreichen. Im Einzelnen stehen dem HV die folgenden Informationsrechte zu: 1. Abrechnung (Abs. 1). Gemäß § 87c Abs. 1 schuldet der Unternehmer auch ohne 2 Aufforderung laufend Abrechnung der vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte, sofern im Abrechnungszeitraum eine Provision zu zahlen ist. 2. Buchauszug (Abs. 2). § 87c Abs. 2 regelt den neben dem Abrechnungsrecht be- 3 stehenden Anspruch des HV, einen Buchauszug über alle vermittelten (Vermittlungsvertreter) oder abgeschlossenen (Abschlussvertreter) Geschäfte zu verlangen.

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LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333.

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3. Bucheinsichtsrecht (Abs. 4). Erhält der HV den Auszug nicht oder bleiben begründete Zweifel an Abrechnung oder Auszug, hat er gem. § 87c Abs. 4 das Recht auf Einsicht in die Geschäftsbücher oder die sonstigen Urkunden, soweit dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist.

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4. Auskunft (Abs. 3). Schließlich darf der HV neben den vorgenannten Rechten („außerdem“) gemäß § 87c Abs. 3 Auskunft („Mitteilung“) über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. Es handelt sich um ein Auffangrecht, mit welchem Informationen abgefragt werden können, die der HV durch Ausübung anderer Informationsrechte nicht erhielt. Eigentlich müsste das Auskunftsrecht als Abs. 4 an letzter Stelle des Anspruchskanons verfasst sein.

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5. Ergänzende Informationsrechte. Flankiert werden die Informationsrechte des § 87c durch das allgemeine Informationsrecht des § 242 BGB sowie die §§ 259, 260 BGB. Außerdem steht der Informationsanspruch aus § 86a Abs. 2, insb. aus S. 2, in Anspruchskonkurrenz zu den Ansprüchen aus § 87c Abs. 2 und 3.2

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6. Zwingende Natur. Gemäß § 87c Abs. 5 sind die Informationsrechte des § 87c zwingend, können also zu Lasten des HV weder ausgeschlossen noch beschränkt werden (Rn 77 ff.). II. Zweck der Informationsrechte

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§ 87c wurde 1953 in das Gesetz eingefügt und geht auf die §§ 88 Abs. 4, 91 a.F. zurück, die eine halbjährliche Abrechnung und ein Buchauszugsrecht vorsahen. Gegenüber der damaligen Regelung wurde die Abrechnungsfrequenz verkürzt, was einer der gesetzgeberischen Ziele war.3 Die Informationsrechte des § 87c sind Hilfsrechte4 zu Zahlungsansprüchen, welche der HV gegenüber dem Unternehmer besitzt.5 Als Hilfsrechte gehen sie unter, wenn feststeht, dass das Hauptrecht nicht entstanden oder wieder entfallen,6 etwa verjährt7 oder verwirkt ist. § 87c soll den Informationsvorsprung des Unternehmers ausgleichen.8 Der Unternehmer schließt die vom HV vermittelten Verträge und führt jene aus. Also kann in erster Linie – wenn nicht sogar ausschließlich – der Unternehmer über die geschlossenen Geschäfte und über die Entstehung provisionsbegründender Umstände berichten. Mittelbar haben die provisionsrelevanten Umstände auch für die Berechnung

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2 Hopt § 86a Rn 10. 3 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 3. 4 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 7; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 3, 33; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4. 5 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4. 6 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 8; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4. 7 BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, NJW 1979, 764; v. 22.5.1981 – I ZR 34/79, NJW 1982, 235 (236); v. 3.4.1996 – VIII ZR 54/95, NJW 1996, 2100 (2101); OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930; LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 8; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 33; Hopt § 87c Rn 1. 8 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 53; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 326.

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des Ausgleichs nach § 89b Bedeutung, so dass die § 87c-Rechte häufig in Zusammenhang mit einer Ausgleichsklage erhoben werden (Rn 10 ff., 196 ff.). III. Europarechtliche Präformation Nach Art. 12 Abs. 1 RL kann der HV eine Abrechnung über die geschuldeten Provi- 9 sionen verlangen. Die Abrechnung muss alle für die Berechnung der Provision wesentlichen Angaben enthalten. Letzteres wurde nicht aus der RL in § 87c Abs. 1 übernommen. Trotz der von der RL abweichenden Formulierung soll die Umsetzung nicht zu beanstanden sein.9 Tatsächlich dürfte ein Umsetzungsfehler vorliegen. § 87c Abs. 1 könnte so ausgelegt werden, dass nur eine bloße Abrechnung geschuldet ist und jene nicht alle für die Berechnung der Provision wesentlichen Angaben enthalten muss. Dass die deutsche Rspr. zu Gunsten des HV entscheidet, ersetzt die korrekte Umsetzung der RL nicht. Gem. Art. 12 Abs. 2 RL kann der HV verlangen, dass ihm alle Auskünfte, insb. ein Auszug aus den Büchern, gegeben werden, über die der Unternehmer verfügt und die der HV zur Nachprüfung des Betrags der ihm zustehenden Provisionen benötigt. Zwar scheint die Umsetzung des wichtigsten Kontrollrechts, des Buchauszugsrechts nach § 87c Abs. 2, gelungen, da auch in der RL beispielhaft als herausgestelltes Auskunftsrecht der „Auszug aus den Büchern“ genannt wird. Wohl deshalb hat der BGH ausgeführt, es sei nicht ersichtlich, dass sich aus Art. 12 Abs. 2 RL weitergehende Anforderungen als aus § 87c Abs. 2 ergäben.10 Jedoch finden sich in der RL keine Hinweise auf das von § 87c vorausgesetzte Stufenverhältnis der Informationsrechte und die in § 87c Abs. 4 (Bucheinsichtsrecht) geregelte und zu § 87c Abs. 3 (Auskunftsrecht) teilweise unterstellte Subsidiarität gegenüber anderen Informationsrechten des § 87c. Zu § 87c Abs. 4 ließe sich noch einwenden, dass das dort geregelte Bucheinsichtsrecht in Art. 12 RL nicht geregelt (jedoch außer in Deutschland auch in anderen EU-Staaten eingeführt)11 und insb. nicht ausgeschlossen wird (s. Art. 12 Abs. 4 RL), so dass § 87c Abs. 4 nicht der RL widerspricht.12 Die weite Fassung der RL lässt aber bei handelsvertreterfreundlicher Auslegung die Deutung zu, dass dieses Einsichtsrecht als Unterfall des Auskunftsrecht anzusehen ist und Art. 12 Abs. 4 RL lediglich klarstellenden Charakter besitzt (also das Bucheinsichtsrecht bereits von Art. 12 Abs. 2 RL erfasst wird). Sähe man das Bucheinsichtsrecht als vom Normanwendungsbereich des Art. 12 Abs. 2 RL erfasst an, wäre die in § 87c Abs. 4 normierte ausdrückliche Subsidiarität des Einsichtsrechts gegenüber dem Buchauszug und der Abrechnung nicht RL-konform. In keinem Fall ist die teilweise angenommene Subsidiarität des Auskunftsrechts des § 87c Abs. 3 RL-konform. IV. Beschränkung auf „provisionsrelevante“ Sachverhalte – Buchauszug zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs? 1. Problemstellung. Wenngleich die Rechte des § 87c gesetzestypisch der Kontrolle 10 des Provisionsrechts dienen, können sie nach der hier vertretenen Ansicht auch zur Kontrolle anderer als Provisionsansprüche ausgeübt werden,13 etwa des Ausgleichs (§ 89b Rn 491),14 einer Prämien- oder Dienstleistungsvergütung, von Zielerreichungsprä-

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9 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 91. 10 BGH, Beschl. v. 10.2.2009 – VIII ZR 205/05, BeckRS 2009, 06497. 11 Westphal EWS 1996, 43 (46) nennt Dänemark, Finnland, Niederlande, Österreich und Schweden. 12 Argument: Die RL setzt ein „Geben“ des Unternehmers voraus, das Einsichtsrecht ist ein „Nehmen“. 13 So aber (für Buchauszug) OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 14 OLG München, Urt. v. 14.9.2011 – 7 U 1348/11, VersR 2012, 440 (für Auskunft); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen

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mien, Leistungsbewertungen,15 Umsatzprovisionen16 oder Schadenersatzansprüchen.17 Der HV braucht zu ihrer Kontrolle also nicht auf die §§ 259, 26018 oder § 242 BGB19 auszuweichen und Provisionsinteresse vorzuspiegeln. Davon ist jedenfalls auszugehen, sofern dem HV die ausgleichsrelevanten Daten nicht zuvor bekanntgegeben wurden (sonst mglw. mangelndes Informationsinteresse) und theoretisch noch Provisionsrelevanz (Rn 13) besteht (also das Informationsrecht theoretisch noch zur Kontrolle der Provisionen ausgeübt werden könnte). Letztlich sprechen hierfür auch die Ausführungen des BGH, denen zufolge sowohl der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges wie auf Auskunft nach § 87c Abs. 3 dazu dienen, dem HV die für die Geltendmachung der Ansprüche aus dem HV-Verhältnis (und damit aller Ansprüche) nötigen Kenntnisse zu verschaffen, die aus eigenem Wissen nur der Unternehmer haben kann.20 Ohne Informationen des Unternehmers gelingt dem HV die Ausgleichsberechnung oft nicht. Zwar kennt der HV die von ihm geworbenen Kunden. Sollte der Unternehmer jedoch dem HV bewusst Geschäfte mit den vom HV geworbenen Kunden vorenthalten haben – was insb. der Bezirksvertreter nicht wissen kann – ist dem HV keine zutreffende Ausgleichsberechnung möglich. Direkt getätigte Bezirksgeschäfte sind dem HV ohnehin unbekannt, auch wenn er die Kunden zuvor warb. Ihr Umfang kann sich nur aus Abrechnung und Buchauszug ergeben. Solche Direktgeschäfte sind auch für die Ausgleichshöchstgrenze relevant. Das Risiko einer Zuvielforderung wegen Unkenntnis dieser Grenze kann dem HV nicht zugemutet werden. Als Geschäftsherr besitzt der Unternehmer alle ausgleichsrelevanten Informationen, der HV dagegen nach Vertragsende meist keine. Das liegt auch daran, dass die relevanten Informationen häufig in einem vom Unternehmer unterhaltenen EDV-System gespeichert werden, zu welchem der HV allenfalls vertragsbegleitend Zugang erhält. Mit Vertragsende ist er von diesen Informationen abgeschnitten.21 Hiermit rechnen Unternehmer und im Falle einer Ausgleichsforderung erhält der HV die Mitteilung, er solle zunächst die von ihm neugeworbenen Stammkunden benennen, was nach Trennung von der EDV misslingen muss. Zudem vereinfacht der Buchauszug die Ausgleichsberechnung. Der Unternehmer kann die von ihm im Auszug benann-

_____ gefordert werden); OLG Hamburg, Urt. v. 19.6.1991 – 5 U 12/90; n.v.; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10 (Buchauszug); LG Frankenthal, Teilurt. v. 28.8.2012 – 1 HKO 8/11, BeckRS 2014, 04375 (Auskunft); implizit geht auch OLG München, Urt. v. 28.9.2011 – 7 U 2019/11, ZVertriebsR 2012, 330 (332) = BB 2012, 220 m. Anm. Salomon/Alpers von der Zulässigkeit der Buchauszugsforderung zur Ausgleichserrechnung aus; wohl auch Eckhoff BB 2009, 1609 (1610); Ebenroth/Löwisch; 2. Aufl., § 87c Rn 3; einschränkend Rn 12: nur ergänzender Auskunftsanspruch gem. § 87c Abs. 3. AA BGH NJW 1996, 2100; OLG Celle, Beschl. v. 20.4.2004, r+s 2004, 349 (350) (Buchauszug); OLG Düsseldorf HUR Nr. 1082; KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 95/05 (Abrechnung); LG Hamburg, Beschl. v. 10.11.1998 – 325 O 257/98 – n.v.; LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde); Wolff BB 1978, 1246; Emde MDR 1999, 1108 (1111); Emde NJW 2000, 796; Eberstein 9.Aufl., S. 157; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 5; Westphal I Rn 1998, Rn 1224; Hopt § 87c Rn 13; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 177; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 4; offen gelassen in BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 54; OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367 Rn 42. 15 Zu alternativen Vergütungsformen im Vermittlungsgeschäft Kaapke/Sondermann HVJ 17/18/2002, S. 4 ff. 16 AA LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333 für Handlungsgehilfen nach §§ 65, 87c (wohl nicht auf den unmittelbaren Anwendungsbereich des § 87c übertragbar). 17 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf 2. Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 3. 18 So jedoch Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4. 19 BGH, Urt. v. 10.3.1969 – VII ZR 246/59, BB 1960, 796; Koch ZIP 2011, 1752 (1755); Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89b Rn 79. 20 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 = IHR 2012, 63 Rn 54. 21 Siehe BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 20.

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ten Daten schlecht bestreiten, so dass sich eine Beweiserhebung erübrigt (§ 89b Rn 416). Für die hier vertretene Ansicht streitet auch, dass nach Ansicht des BGH22 ein Teilurteil über den Ausgleich unzulässig sein soll (§ 89b Rn 498). Wenn die ausgleichsrelevante Provision aber erst nach Erteilung des Buchauszuges feststeht, handelt es sich bei der zuvor erhobenen Ausgleichsklage um eine demnach unzulässige Teilklage. Zudem müsste der HV bis zum Entscheid über die Buchauszugsklage die Verjährung seiner Ausgleichsforderung befürchten, ein Ergebnis, welches ihm nicht zugemutet werden kann. Nicht gegen das Recht zur Informationserteilung zum Zwecke der Ausgleichsberech- 11 nung spricht der Wortlaut des § 87c. Zwar ist grundsätzlich nur über Provisionsrelevantes Information zu erteilen. So ist gem. § 87c Abs. 1 „über die Provision“ abzurechnen, und über nichts anders. Eine Abrechnung über den Ausgleich oder Schadenersatzansprüche ist folglich aus § 87c (möglicherweise aber als Nebenpflicht zu § 89b und §§ 249 f. BGB) nicht geschuldet.23 Gem. § 87c Abs. 2 darf ein Buchauszug über alle Geschäfte verlangt werden, für die dem HV nach § 87 Provision gebührt, was gegenüber Abs. 1 noch weiter einengt, weil § 87 grundsätzlich nur Vermittlungs-, Folge- und Bezirksprovision meint. Deshalb ist das Buchauszugsrecht einem HV verweigert worden, der Provision auf den gesamten Warenausgang des Unternehmers erhielt, und zwar auch dann, wenn jener auf nicht durch den HV vermittelten Geschäften beruhte.24 Diese Begrenzung auf „provisionsrelevante Umstände“ bedeutet jedoch nicht, dass der Auszug nur der Prüfung von Provisionsansprüchen dienen kann. 25 Er darf vielmehr auch zur Vorbereitung einer Ausgleichsklage gefordert werden,26 sofern der HV zu dem jeweiligen Recht des § 87c noch Informationen zur Provision abfragen könnte.27 Denn subjektiver Grund und Zweck der Ausübung des jeweils objektiv noch gegebenen Informationsrechts sind – solange ein Rechtsmissbrauch fehlt – irrelevant; sie brauchen nicht einmal benannt werden. Auch der Wegfall der Hilfsrechte „Kontrollrechte“ nach Wegfall des Hauptrechts (Rn 30) spricht nicht gegen diesen Zweck. Denn zum einen ist zweifelhaft, ob nicht auch der Ausgleichsanspruch ein Hauptrecht in diesem Sinn bildet und die zur Ausgleichsberechnung erforderlichen Angaben deshalb bis zum Ablauf der Jahresfrist des § 89b Abs. 4 zu geben sind. Keine Klage sollte abgewiesen werden, nur weil der HV mitteilt, er wünsche die Information zur Ausgleichsberechnung. Letztlich ist der Streit nur dann relevant, wenn der HV unklug genug war, mitzuteilen, er übe das Informationsrecht (nur) aus, um Informationen zur Berechnung oder Kontrolle des Ausgleichsanspruchs zu erlangen. Selbst dann wird er nur relevant, falls sich aus dem unstrittig zur Durchsetzung (und wohl auch Kontrolle) des Ausgleichs gegebenen § 242 BGB (Rn 192 ff.) eine geringere Informationsdichte ergibt. Zwar benennen die Worte „für die ihm nach § 87 Provision gebührt“ möglicherweise nur das Geschuldete, sind also nicht TB-Voraussetzung sondern Leistungsbeschreibung. Anders gewendet: Die Worte grenzen den Anspruchsinhalt inhaltlich gegenüber nicht zu erteilenden Informationen betreffend Geschäfte ab, für welche dem HV keine Provision gebührt. Gleichwohl wäre auch dieser Gedanke letztlich nicht streitentscheidend. Denn wenn das Geschuldete – Informationen zur Provision – nicht mehr verlangt werden kann,

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22 BGH, Urt. v. 29.5.1967, NJW 1967, 2153; Martinek/Schwab Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 79 Rn 34. 23 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 95/05. 24 OLG Karlsruhe BB 1966, 1169. Wenn der HV nicht Bezirksvertreter war, wäre aber zumindest eine analoge Anwendung des § 87c Abs. 2 angebracht gewesen. Jedenfalls steht ihm gem. § 242 BGB (dazu unten) ein Auskunftsrecht zu. 25 Dafür aber LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde). 26 OLG Hamburg, Urt. v. 19.6.1999 – 5 U 12/90; aA LG Hamburg, Beschl. v. 10.11.1998 – 325 O 257/98. 27 Das wäre etwa ausgeschlossen, wenn sämtliche Provisionsforderungen verjährt wären, s. zur Verjährung unten, Rn 34 ff.

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entfällt das Informationsrecht dennoch (zum Entfallen der Rechte des § 87c bei Wegfall des Hauptrechts Rn 30). Fraglich ist, ob dies auch für § 87c Abs. 3 gilt. Gemäß § 87c Abs. 3 darf der HV nur 12 Mitteilungen über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind. Es stellt sich deshalb die bereits zum Buchauszug angesprochene Frage, ob der HV daran gehindert ist, den Auskunftsanspruch zur Vorbereitung etwa einer Ausgleichsforderung einzusetzen. In der Praxis wird sich das Problem nicht stellen, weil der HV vortragen kann, die Auskunft zur Überprüfung des Provisionsanspruches zu benötigen. Aber eine derartige Verschleierung ist unnötig. Auch hier bezeichnet der Text allein den Inhalt der Information, nicht den Grund ihrer Erteilung. In jedem Fall aber darf der Vertreter analog § 87c Abs. 3 ausgleichsrelevante Informationen fordern. Über die Neukundenwerbung kann der Unternehmer allerdings i.d.R. nicht berichten. Insoweit liegt das alleinige Wissen meist beim HV. Das Bedürfnis nach diesem Verständnis ist offensichtlich. Zwar ist der Ausgleich eine Gegenleistung für die Übertragung des Kundenstammes. Gleichwohl errechnet sich der Rohausgleich auf der Basis der Provisionen der letzten zwölf Monate, bei Untypik dieses Zwölfmonatszeitraums eines längeren Zeitraums. Also bestimmt die Höhe der Provisionen mittelbar über die Höhe des Ausgleichs. Es besteht auch eine vergleichbare Interessenlage, da der Informationsvorsprung des Unternehmers gegenüber dem HV sowohl bei der Ausgleichswie der Provisionsbestimmung besteht. 13

2. Begriff der Provisionsrelevanz. Provisionsrelevant sind Tatsachen zu allen Provisionsarten des 7. Abschnitts des HGB, insbesondere auch zu Inkasso- und Delkredereprovisionen,28 weil der Wortlaut des § 87c, mit Ausnahme seines Abs. 2, jede Provisionsart mit Ausnahme der des § 35429 erfasst und nach Grund und Höhe das gleiche Informationsbedürfnis besteht. Fehlen provisionsrelevante Vorgänge, beschränkt sich der Inhalt der Auskunft auf ein Negativattest (Rn 61 ff., 142).30 Der Begriff der Provision und damit der Provisionsrelevanz ist weit zu verstehen. Gem. Art. 6 Abs. 2 RL ist Provision jeder Teil der Vergütung, der nach Zahl oder Wert der Geschäfte schwankt. Eine Provision ist eine erfolgsabhängige Vergütung, d.h. eine irgendwie nach dem Umfang vergütungspflichtiger Einzelgeschäfte bemessene Zahlung als Gegenleistung für die Tätigkeit des HV. Dem Zweck des § 87c – Kontrolle – entspricht die Verpflichtung zur Information über jede dem HV gewährte und nach Geschäften, Erfolg oder Leistung zur Höhe variierende Vergütung. Auch Bezirksprovisionen sind Provisionen in diesem Sinne, ebenso Verwaltungs- und Bestandspflegeprovisionen.31 Denn auch Verwaltungsprovisionen werden leistungsabhängig gezahlt und sie sind zudem bloßer Annex der Vermittlungstätigkeit sowie der für sie gewährten Provision. Selbst der Buchauszug beschränkt sich, anders als es der Wortlaut nahe legt („über alle Geschäfte …, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“) nicht nur auf Informationen über Geschäfte, für die gem. § 87 Provision zu zahlen wäre, sondern ergreift zumindest jede ggf. vertraglich versprochene und über § 87 hinausreichende leistungsabhängige oder aus sonstigen Gründen möglicherweise variierende Vergütung.32

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28 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 4; Ebenroth/Löwisch 2. Aufl., § 86b Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. 29 OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13. 30 Zu stark auf den Anspruchsgrund fokussierend (§ 87c sei nicht anwendbar) Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 55. 31 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 4; AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87 Rn 6. 32 Hopt § 87c Rn 13.

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Wegen mangelnder Provisionsrelevanz, d.h. wegen Fehlens einer erfolgsabhängi- 14 gen Vergütung, sollen nach § 87c aber z.B. keine Informationen erteilt werden müssen, wenn und soweit ein Fixum, Festgehalt, eine Tantieme oder Umsatzbeteiligung33 gezahlt wird. Dem HV kann aber ein Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch entsprechend §§ 666, 675, 242, 259 BGB zustehen34 (Rn 192 ff.). Für die Ausgleichsberechnung würden Informationen zu diesen Vergütungsarten dann nicht benötigt, wenn sich der Ausgleich – was dskutiert werden könnte – auf der Basis dessen berechnet, was ein anderer Provisionsvertreter in vergleichbarer Situation an Vergütung erhält (wobei eine dahingehende Regelung für den HV nach § 89b Abs. 4 unverbindlich wäre). Sofern der Ausgleich auf der Basis der für werbende Tätigkeiten geleisteten vorgenannten Vergütungsarten berechnet wird (was ebenfalls zulässig wäre), bestände ein Auskunftsrecht nach § 242 BGB (Rn 192 ff.). Wird ein Fixum zusätzlich zur Provision gezahlt, soll kein Informationsrecht hinsichtlich der die festen Vergütungsbestandteile betreffenden Umstände bestehen.35 Hinsichtlich des variablen Provisionsteils dürfen die Informationsrechte aus § 87c geltend gemacht werden.36 Das sie betreffende Informationsbedürfnis wird durch die zusätzliche Gewährung eines Fixums ebenso wenig reduziert als wenn von vornherein eine geringere Provision gezahlt worden wäre.37 Der HV darf zur Überprüfung von Ansprüchen aus einem Stornoreservekonto 15 (dazu § 92 Rn 17) die Informationsrechte des § 87c einfordern.38 Denn die Summe der dem HV ausgezahlten Provisionen, Vergütungen oder Einheiten – all diese Begriffe finden Verwendung – wird unmittelbar durch die Höhe der Stornoreserve beeinflusst, so dass § 87c zumindest analog anwendbar ist. Teilt man dieses Ergebnis nicht, ergibt sich ein Informationsanspruch aus § 242 BGB. V. III. lex specialis Umstritten ist, ob § 87c eine abschließende Sonderregelung der Informationsrechte 16 des HV trifft und andere Informationsrechte verdrängt.39 Für die Ansicht, § 87c sei eine abschließende und die Auskunftsrechte der §§ 242, 810 BGB verdrängende und erschöpfende Sonderregelung, 40 spricht entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.41 wenig.42 Bereits der allseits anerkannte Anspruch auf eidesstattliche Versicherung lässt sich auf der Basis dieser Auffassung schwer erklären. Für eine derartige Beschränkung der Informationsrechte des HV gibt es auch kein systematisches Argument: § 87c soll die Rechte des HV stärken, nicht begrenzen.43 Die Norm ist gesetzliche Ausprägung allgemeiner Auskunfts-

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33 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 4; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5b. 34 OLG Karlsruhe BB 1966, 1169; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. 35 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1. 36 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 11. 37 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 10. 38 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 10. 39 Dafür Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 13; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 4. 40 So Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 4. Ebenso BGH, Urt. v. 22.5.1981 – I ZR 34/79 Rn 43; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930: Nach Verjährung der Ansprüche aus § 87c bestehe kein Anspruch aus § 242 BGB zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs. 41 § 87c Rn 3: Andere Informationsmittel stehen dem HV nicht zur Verfügung; er dürfe auch nicht nach seinem Belieben zu anderen Mitteln greifen. 42 Semler ZVertriebsR 2013, 53; Oetker/Busche § 87c Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 8. 43 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 8.

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rechte, die sich u.a. aus § 242 BGB ergeben. Diese Auskunftsrechte sollten nicht beschnitten werden, so dass auch im tatbestandlichen Anwendungsbereich des § 87c allgemeine Auskunftsrechte nicht ausgeschlossen werden. Es bedürfte eines erkennbaren gesetzgeberischen Willens, andere Auskunftsrechte einzuschränken. Dieser ist in § 87c als Schutzrecht des HV nicht sichtbar geworden. Das entspricht auch der h.M. in Rspr. und Literatur, wie die Nachweise unter Rn 192 ff. zeigen. Praktische Bedeutung dürfte der Streit kaum gewinnen. Im Zweifel wird der HV die umfassenden Rechte des § 87c, meist das Buchauszugsrecht, geltend machen.44 Das Auskunftsrecht des § 242 BGB unterscheidet sich kaum von dem des § 87c Abs. 3, die Verjährung richtet sich seit der Streichung des § 88 einheitlich nach § 195 BGB. Eigene Informationsgewinnung und Nachforschungen verbietet § 87c nicht,45 solange die Interessenwahrungspflicht und das Rücksichtnahmegebot – z.B. bei einem öffentlichen Aufruf des HV zur Übermittlung von Informationen“, etwa zwecks Suche nach vermuteten Direktgeschäften des Unternehmers in dem betreuten Bezirk46 – nicht entgegenstehen.47 In einem solchen Fall können auch Schadenersatzansprüche des Unternehmers entstehen.48 § 87c ist gegenüber den Vorschriften des BDSG vorrangig.49 Denn § 87c gibt dem HV ein Recht auf Übermittlung, welches von anderen Normen nicht eingeschränkt werden kann. VI. Anspruchsberechtigter 17

Anspruchsberechtigt sind ausschließlich der HV oder dessen Rechtsnachfolger, nicht der Unternehmer.50 Informationsrechte des Unternehmers sind nicht in § 87c geregelt; die Vorschrift ist auf Informationspflichten des HV gegenüber dem Unternehmer auch nicht analog anwendbar. Vielmehr besteht hier eine Informationspflicht aus dem Gesichtspunkt der dem Vertreter im Verhältnis zum Unternehmer obliegenden Interessenwahrungspflicht, zudem aus § 242 BGB (§ 86 Rn 137). Das Informationsrecht berechtigt jeden HV ungeachtet seines rechtstatsächlichen Zuschnitts, insbesondere – große HV.51 Die Entscheidung BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434, derzufolge besonders umsatzstarke Vertreter nach jahrelangem Schweigen auf übersandte Abrechnungen keinen Buchauszug fordern dürfen, hat der BGH in ZIP 1996, 129 ausdrücklich aufgegeben;52 – Handelsvertretergesellschaften;53 – Versicherungs- und Bausparkassenvertreter;54 – Gekündigte Handelsvertreter, selbst wenn die Kündigung gem. § 89a wegen schuldhaften Verhaltens des HV erfolgte.55

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44 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 14. 45 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 8. 46 OLG Düsseldorf DB 1956, 664. 47 Vgl. MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1: unerlaubter Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb. 48 Großzügiger Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1. 49 Vom Verfasser noch offengelassen in VersR 1999, 1468. 50 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 1. 51 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 53. 52 Siehe hierzu Emde MDR 1996, 331; OLG Köln BB 1997, 2130; OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). 53 OLG Hamburg BB 1998, 971 mit zust. Anm. Emde EWiR 1999, 327; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 53. 54 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 58. 55 BGH BB 1961, 424/425.

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Vertreterrecht ist vertrags- und nicht personenbezogen. Das Erscheinungsbild des Vertreters kann daher Informationsrechte weder beschneiden noch erweitern. Auf den Kommissionsagenten wird § 87c analog angewandt.56 Selbst handelsvertre- 18 terähnliche Vertriebsmittler, etwa FN,57 Vertragshändler58 etc., dürfen sich auf § 87c analog berufen, sofern der Unternehmer dem jeweiligen Vertriebsmittler provisionsähnliche Vergütungsbestandteile schuldet, 59 ansonsten eher nicht. 60 Ob außerhalb der Rechtsverhältnisse vertreterähnlicher Mittler eine Analogie angezeigt ist, bleibt im konkreten Vertragsverhältnis zu klären.61 Falls nein, wären die Informationsansprüche aus § 666 BGB und § 242 BGB anwendbar.62 Sofern bei solchen Mittlern § 87c entsprechend gilt, sind die Informationsrechte analog Abs. 5 zwingend (nicht anders als beim Ausgleichsanspruch, dessen zwingende Natur ebenfalls analog gilt). VII. Passivlegitimation Passivlegitimiert ist der Unternehmer oder sein Rechtsnachfolger. Dabei ist unerheb- 19 lich, welches rechtstatsächliche Erscheinungsbild der Unternehmer einnimmt oder welche Rechtsform er gewählt hat (Rn 18). Der Unternehmer hat die Informationen selbständig zusammenzustellen und kann keine Beteiligung des Vertreters fordern,63 außer er ist berechtigterweise – also etwa aufgrund vertraglicher Vereinbarung (aber ggf. Abs. 5) oder nach § 242 BGB – auf Auskunft oder Mitwirkung des Vertreters angewiesen (zu Mitwirkungshandlungen des HV unten, Rn 33). Nach Übernahme des HV-Vertrages schuldet der Übernehmer Buchauszug und Bucheinsicht aus bzw. in die ihm zugänglichen Bücher und Unterlagen.64 Der Übernehmer muss ggf. ihm zustehende Informationsrechte gegenüber seinem Rechtsvorgänger bzw. Verkäufer geltend machen, um seinen Pflichten im Verhältnis zum HV nachkommen zu können. Gegen den Verkäufer des Betriebes besteht u.U. ein Direktanspruch des HV gem. § 242 BGB, für Zeiträume, in denen der Verkäufer Unternehmer des HV war ggf. auch (analog?) § 87c. Die Information braucht nicht persönlich erbracht zu werden, sondern kann durch einen Mitarbeiter oder Beauftragten erfolgen, wenn hierdurch keine Qualitätsverluste eintreten. Zur Passivlegitimation im Falle der Insolvenz des Unternehmers Rn 228. VIII. § 87c in mehrstufigen Vertriebssystemen – Strukturvertrieb Soweit der HV erfolgsabhängige Provision für die Tätigkeit ihm unterstellter Perso- 20 nen erhält, auch wenn sie keine HV sind (etwa Reisende), besitzt er gegenüber seinem Unternehmer gleichfalls die Informationsrechte aus § 87c über deren Geschäfte. In mehrstufigen Vertriebssystemen (Strukturvertrieb) (§ 84 Rn 110, Stichwort „Strukturvertreter“)

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56 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 116 für Abs. 1. Aber zur Überprüfung seiner Vergütung wird der Kommissionsagent regelmäßig auch der Rechte der Abs. 2–4 bedürfen. 57 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 114. 58 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 112. 59 OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, BeckRS 2013, 13370; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 55; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 112. 60 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 112. 61 Zweifelnd Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 8; für eine Analogie LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449 (Abrechnung und Buchauszug). 62 LG Düsseldorf, Urt. v. 20.12.2006 – 5 O 126/06, BeckRS 2007, 1449; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 113, 115. 63 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 23. 64 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 23.

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existiert eine Anspruchsberechtigung jedes „Stufenvertreters“65 im jeweiligen Vertragsverhältnis zu „seinem“ Unternehmer, also im Verhältnis zwischen Untervertreter und Hauptvertreter sowie zwischen Hauptvertreter und Hauptunternehmer.66 Der Untervertreter erwirbt aber kraft Gesetzes keine unmittelbaren Informationsansprüche gegen den Hauptunternehmer, außer ggf. nach § 242 BGB.67 Jedoch kann der Untervertreter von seinem Vertragspartner die Durchsetzung der jenem zustehenden Informationsrechte fordern und dieses Verlangen gem. § 888 ZPO als unvertretbare Handlung durch Zwangsgeld vollstrecken.68 Dem echten Untervertreter stehen gegen den Hauptvertreter dieselben Informationsrechte zu wie dem Hauptvertreter gegen den Unternehmer.69 Notfalls hilft auch hier das dem Hauptvertreter gegebene Informationsrecht des § 242 BGB im Verhältnis zum Hauptunternehmer.70 Der Hauptvertreter darf sich gegenüber dem Informationsanspruch des Untervertreters nicht damit verteidigen, er selbst werde von seinem Unternehmer nicht informiert.71 Vielmehr fordert § 87c von ihm im Interesse seines Untervertreters (Treupflicht), sich selbst beim Unternehmer umfassend zu informieren und ggf. diesem gegenüber sein Informationsrecht – zur Not auch gerichtlich – einzufordern.72 Ein Unterlassen hat beweisrechtliche Konsequenzen: Zwar wird der Hauptvertreter von seiner Verpflichtung zur Leistung von Informationen frei, wenn er diese Informationen – was er substantiiert darlegen und ggf. beweisen muss73 – nicht geben kann (§ 275 Abs. 1 BGB). Jedoch obliegt dem Hauptvertreter dann bei substantiierter Provisions- und Ausgleichsklage des Untervertreters die Beweislast für die Nichtexistenz der Forderungen, sofern die Beweislage des Untervertreters aufgrund der Nichtleistung verschlechtert ist (Beweislastverteilung nach Gefahrensphären). Eventuelle Schäden aus der Auskunftsverweigerung kann der Untervertreter an den Hauptvertreter weitergeben, der den Untervertreter ermächtigen kann, die Informationsrechte gegenüber dem Unternehmer geltend zu machen. Der Umfang des Auszuges und die Mühen seiner Fertigung befreien den Unternehmer auch im Strukturvertrieb nicht von seiner Pflicht nach Abs. 2.74 IX. Abtretung und Verpfändung 21

Die Informationsrechte sind nach h.M. nicht isoliert abtretbar,75 verpfändbar oder pfändbar. Eine Abtretung oder Verpfändung der Informationsrechte aus § 87c ist ohne Abtretung der zugrunde liegenden Forderungen also nicht möglich. Mit der Abtretung der Provisionsansprüche geht jedoch das Informationsrecht, etwa das Buchauszugsrecht nach § 87c Abs. 2, gem. § 401 BGB insoweit (zeitanteilig) auf den Abtretungsempfänger über, wie auch die Provisionsansprüche abgetreten wurden,76 d.h. für jeden einzelnen

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65 BGHZ 56, 290; Emde MDR 1999, 1108; Ebenroth/Löwisch, § 87c Rn 56. 66 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 6; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 67 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 68 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 69 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 70 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 6. 71 AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2a. 72 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 56. 73 Palandt/Heinrichs § 275 Rn 34. 74 LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697 unter I 2. 75 LAG Bremen DB 1955, 123; OLG Hamm NJW-RR 1997, 1322 (1323); Hopt § 87c, Rn 1; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5d, 13; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 25. 76 OLG Hamm, Beschl. v. 4.6.2012 – 18 U 213/11, BeckRS 2014, 08705; Urt. v. 14.5.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603; LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 7.

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Provisionsanspruch. Entsprechend verliert der HV das übergegangene Informationsrecht. Wegen ihrer isolierten Unabtretbarkeit sind die Rechte auch nicht isoliert pfändbar.77 Dies ergibt sich zum einen aus der Natur als bloßes Hilfsrecht (§ 399 BGB). Zudem besteht die Gefahr einer Vervielfältigung der Informationsrechte zu Lasten des Unternehmers. Der Abtretende könnte die Ansprüche isoliert geltend machen, daneben wegen des Unabdingbarkeitsgrundsatzes des § 87c Abs. 5 jedoch auch der Zedent (das schließt nach Sinn und Zweck u.U. sogar den Einwand anderweitiger Rechtshängigkeit aus), jener zudem auch aus einem konkurrierenden Anspruch, etwa § 242 BGB. Möglich bleibt ggf. – etwa im o.g. Verhältnis Unter- und Hauptvertreter – die gerichtliche Geltendmachung als Prozessstandschafter des Informationsgläubigers, wobei auf Leistung an den eigentlich Berechtigten zu klagen ist. Diejenigen, die eine isolierte Abtretbarkeit annehmen, befürworten jedenfalls die Zulässigkeit eines Abtretungsverbotes gem. § 399 BGB.78 Die Abtretung lediglich einer einzigen oder nur einzelner, genau nach Einzelforde- 22 rungen bezeichneter Provisionsansprüche führt zwar grundsätzlich zum Übergang der Informationsrechte gem. § 401 BGB. Ein Informationsinteresse des Zedenten kann in dieser Situation allenfalls in Hinblick auf Informationen bestehen, welche die abgetretenen Forderungen betreffen. Bei der Abtretung lediglich einzelner Provisionsforderungen (anders bei Abtretung aller Provisionsforderungen, die innerhalb eines bestimmten Zeitraumes entstanden sind) besteht die Vermutung, die Abtretung (und das Informationsinteresse) beschränke sich auf jene Forderungen. Ob eine Abtretung der Zahlungsansprüche nur zu dem Ziel, die Informationsrechte geltend machen, wegen Gesetzesumgehung unwirksam ist,79 erscheint zweifelhaft. Denn die Abtretung der Zahlungsansprüche ist nicht verboten, der Übergang der Informationsrechte nach § 401 BGB gerade die gesetzliche Folge. Eine Abtretung von Provisionsforderungen kann nach §§ 134, 138 Abs. 1, § 399 2. Alt. 23 BGB analog unwirksam sein, wenn der HV entgegen seiner aus § 90 folgenden Verschwiegenheitspflicht einem Wettbewerber des Unternehmers durch die Abtretung Gelegenheit gibt, vom Inhalt des Buchauszuges und damit von Betriebsgeheimnissen Kenntnis zu nehmen. Insbesondere bei VV gibt es ein Sonderproblem: Bei ihnen wäre die Abtretung der Zahlungsansprüche nach § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unwirksam, und zwar unabhängig davon, ob die genannten Hilfsansprüche eigenständig abtretbar sind oder nicht80 (s. zum Geheimhaltungsinteresse unten, Rn 73 ff.). Denn um Zahlungsansprüche gegen den Unternehmer mit Aussicht auf Erfolg geltend machen zu können, ist der Anspruchsteller darauf angewiesen, sämtliche zur Individualisierung der maßgeblichen Vertragsverhältnisse oder Versicherungsanträge erforderlichen Angaben vom Zedenten gem. § 402 BGB zu erhalten, obwohl der abtretende VV ebenfalls der Geheimhaltungspflicht nach § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB unterliegt.81 Das gleiche gilt für die Abtretung der Kontrollrechte des § 87c. Hier kommt das Problem der Informationspflichtigkeit des Versicherers gegenüber einem nicht der Geheimhaltung unterworfenen Dritten hinzu.82 Deshalb darf der Zedent die Informationsrechte auch nicht im Wege einer gewillkürten Prozessstandschaft geltend machen.83

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77 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13; zu § 51a GmbHG auch BGH, Beschl. v. 29.4.2013 – VII ZB 14/12, ZIP 2013, 1071; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 25. 78 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 25. 79 Schlegelberger/Schröder, § 87c Rn 5d. 80 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20. 81 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20; Weske in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 92 Rn 54. 82 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20. 83 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 28.

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X. Rangfolge der Informationsrechte Das HGB soll eine bestimmte Stufenfolge der Informationsrechte voraussetzen.84 Sie soll dazu führen, dass die in § 87c gegebenen Kontrollrechte in einer auch durch die Reihenfolge der Absätze hervorgehobenen Abfolge stehen, deren einzelne Schritte nicht beliebig austauschbar oder kombinierbar sind. Dazu, ob diese Aufassung mit der RL vereinbar ist, s.u., Rn 9. Als Grundtatbestand nennt § 87c das Abrechnungsrecht des Abs. 1 an erster Stel25 le.85 Neben der Abrechnung, genauer: nach ihrem Erhalt, ihrer Nichterteilung innerhalb angemessener Frist oder Verweigerung, darf der HV zur Nachprüfung der Abrechnung das Buchauszugsrecht des Abs. 2 geltend machen, und zwar vorrangig vor der Bucheinsicht. Hat der HV Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des Buchauszuges, so steht ihm zunächst der Anspruch auf Vervollständigung zu. Hilft das nicht weiter, so gibt ihm das Gesetz das Recht auf ergänzende Auskunft (Abs. 3). Das Auskunftsrecht nach Abs. 3 steht systematisch und seinen TB-Voraussetzungen gemäß etwas außerhalb der Reihe der anderen Informationsrechte. Es ist seinem Wortlaut nach nicht an besondere Voraussetzungen geknüpft, so dass sich vermuten ließe, es stehe in keinem Rangverhältnis zu den anderen Informationsrechten. Das würde bedeuten, dass es noch vor der Abrechnung gefordert werden könnte. Tatsächlich fehlt das Rechtsschutzbedürfnis zur Geltendmachung des Auskunftsrechtes, ehe nicht eine Abrechnung erteilt wurde. Sollte jene nicht innerhalb der Fristen des § 87c Abs. 1 übermittelt werden, wird der HV in seinem Auskunftsrecht nicht mehr beschränkt. Abrechnung, Buchauszug und Auskunftsverlangen darf der HV im Verbund und durch Klage auf ein und derselben Stufe geltend machen,86 sofern die TB-Voraussetzungen des jeweiligen Anspruchs gegeben sind. Gibt es (notwendige TB-Voraussetzungen!) begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung, darf der HV neben dem Buchauszug auch sogleich Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4) fordern. Er braucht nicht vorher einen Buchauszug zu verlangen.87 Außer in diesen beiden Fällen darf das Bucheinsichtsrecht erst geltend gemacht werden, sofern entweder der Buchauszug nach Anforderung verweigert wurde oder begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit des erteilten Buchauszuges bestehen.88 Durch Stufenklage nach § 254 ZPO kann ferner das Verlangen auf Einsichtnahme (1. Stufe) mit dem auf ergänzende Auskunft (2. Stufe) und auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung (3. Stufe) über die Richtigkeit und Vollständigkeit des offengelegten Materials einschließlich der erteilten Auskunft verbunden werden. Einen Buchauszug soll der HV nicht mehr beanspruchen dürfen, wenn er bereits über den weitergehenden Anspruch auf Bucheinsicht einen rechtskräftigen Titel besitzt.89 Das ist nur insoweit richtig, als beide Rechte nicht nebeneinander eingefordert werden können.90 Der HV hat sich durch die Ausübung seines Wahlrechtes nicht festgelegt. Er darf ein einmal verlangtes nach- oder gleichrangiges Recht fallen lassen und das Vorder- oder

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84 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.8.2007 – 16 W 44/07, BeckRS 2007 16108; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 2. 85 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 2. 86 OLG Köln DB 1972, 2104. 87 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 3. 88 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 2. 89 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.8.2009 – 16 W 44/07, BeckRS 2007 16108; OLG Nürnberg BB 1966, 265; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 10; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 4. 90 BGHZ 56, 290 (297); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 10.

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Parallelrecht verlangen. Dies gilt auch im Verhältnis Buchauszug-Bucheinsicht. Als letztes Mittel kann die Bestätigung der übermittelten Informationen durch eidesstattliche Versicherung gefordert werden.91 Dieses Recht ist subsidiär gegenüber den anderen Informationsrechten sowie dem Einsichtsrecht92 und setzt zumindest die Erteilung oder Verweigerung der Abrechnung voraus, zudem ein Rechtsschutzinteresse gerade an der eV. Hierzu muss die Unrichtigkeit der Information zu befürchten sein. Der strafbewehrte Zwang der eidesstattlichen Versicherung soll erst eingesetzt werden dürfen, wenn das sonst zuverlässigste Mittel der Vergewisserung, der unmittelbare Augenschein an der Quelle, auch dann noch Zweifel an seiner Aussagekraft hinterlassen hat (Rn 187). Daher soll in der Reihenfolge Abrechnung, Buchauszug und Auskunft, Bucheinsicht 26 und Eidesstattliche Versicherung im Grundsatz nur der Auszug übersprungen werden dürfen93 und dies auch nur dann, wenn die in § 87 Abs. 4 genannten TB-Voraussetzungen dies ausnahmsweise rechtfertigen. Insbesondere sollen substantiierbare Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung erforderlich sein, um das Verlangen auf Einsichtnahme in die Bücher und Unterlagen des Unternehmers zu rechtfertigen.94 Bei allen Rechten des § 87c genügt ein erfolglos gebliebenes eindeutiges Verlangen des HV nach Erfüllung des vorrangigen Rechts, um das nachrangige Recht ausüben zu können.95 Die Nichterteilung steht nach angemessener Frist einer konkludenten Verweigerung gleich. Vorausgehende Klagerhebung und Vollstreckung sind nicht erforderlich, um das nachrangige Recht auszuüben,96 und zwar schon deshalb, weil die Verjährung des Folgerechts durch die prozessuale Geltendmachung des Vorderrechts nicht gehemmt wird. Über diese Einschränkung hinaus gibt es kein Kumulierungsverbot.97 Deshalb darf der HV jedes Informationsrecht geltend machen, falls dessen TB-Voraussetzungen erfüllt sind. Wie bereits unter Rn 9 ausgeführt, bestehen Zweifel, ob diese Stufenfolge in Über- 27 einstimmung mit Art. 12 Abs. 2 RL und dem Schutzgedanken des § 87c steht. Seinen Worten „zur Nachprüfung des Betrags der ihm zustehenden Provisionen benötigt“ wird man mit etwas handelsvertreterunfreundlicher 98 Fantasie vielleicht noch entnehmen können, dass die Informationsrechte erst nach Erteilung der Abrechnung ausgeübt werden können. Auch die Subsidiarität des in der RL ungeregelten Rechts auf eidesstattliche Versicherung lässt sich rechtfertigen, zudem mglw. die des von Art. 12 RL nicht erfassten (s. Art. 12 Abs. 4 RL) Bucheinsichtsrechts. Die übrigen Folgerungen zur Rangfolge der Einsichtsrechte stehen im Spannungsverhältnis zur RL.

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91 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 11; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 5. 92 BGHZ 32, 302 (305); OLG Hamm NJW 1959, 51; OLG Celle BB 1961, 1017; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 11. 93 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 12. 94 BGH NJW 1979, 764. 95 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 7. 96 OLG Koblenz MDR 1994, 198; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 7; aA BGH WM 1979, 463: Wenn der HV den Buchauszug verlange, müsse er diesen auch durchsetzen und abwarten, was der Auszug ergebe, bevor er Bucheinsicht fordern könne. 97 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 5. 98 Zum Gebot handelsvertreterfreundlicher Auslegung siehe Vor § 84 Rn 29.

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B. Hilfsrechte I. Anspruchsentstehung und Entfallen des Anspruchs 1. Anspruchsentstehung. Die Rechte aus § 87c sind bloße Hilfsrechte zu einem Hauptanspruch (s.a. Rn 10). Sie entstehen, sobald der Vertrag gelebt und durchgeführt wird und sämtliche TB-Merkmale des jeweiligen Informationsrechts erfüllt sind. Sie stehen einem HV zu, der Provisionsansprüche hat oder zu haben behauptet und können vertragsbegleitend, aber auch nach Vertragsende gefordert werden.99 Sie entfallen nicht deshalb, weil dem HV aus einem von ihm zu vertretenden Verhalten vom Unternehmer fristlos (89a) gekündigt worden ist100 oder der HV seinen Vertragspflichten nicht nachkommt.101 Rechtstatsächlich werden sie meist erst nach beendetem Vertrag und gescheiterten Ausgleichsverhandlungen, oft als Druckmittel, geltend gemacht.102 Die Abrechnung schuldet der Unternehmer ohne Aufforderung. Die übrigen Infor29 mationsrechte setzen ein formloses aber eindeutiges Verlangen des HV voraus103 (verhaltener Anspruch). Die Wirksamkeit des HV-Vertrages setzt § 87c ebenso wenig voraus wie dies für die Durchsetzbarkeit des Ausgleichsanspruchs gefordert wird. Haben die Parteien einen fehlerhaften HV-Vertrag in Vollzug gesetzt, so ist § 87c zumindest analog anwendbar.104

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a) Erfüllung. Die Informationsrechte erlöschen durch Erfüllung (§ 362 BGB),105 für welche der Unternehmer – soweit der HV die Informationen nicht als Erfüllung entgegennahm – gem. § 363 BGB beweispflichtig ist.106 Nach vollständiger Erfüllung dürfen die bereits erteilten Informationen kein zweites Mal eingefordert werden. Ob Erfüllung vorliegt, ist objektiv zu bestimmen. Zu weit geht es, wenn gesagt wird, der Anspruch des HV auf Erteilung des Buchauszuges entfalle erst, falls er sich in rechtsverbindlicher Weise mit den übergebenen Abrechnungsunterlagen zufrieden gibt und damit auf den Anspruch verzichtet oder die Einigung über die Provisionsansprüche feststeht.107 Existieren Mängel oder Auslassungen, wurde nicht erfüllt. Bleibt die Information insgesamt unbrauchbar, d.h. so fehlerhaft, dass sie nicht einmal den Mindestanforderungen entspricht,108 muss sie nach Wahl des HV entweder vollkommen neu erteilt oder es müssen die fehlenden Bestandteile nachgeliefert werden. Der Vertreter ist dann nicht auf bloße Ergänzung der bereits erteilten Informationen beschränkt, zumal er ohne Information des Unternehmers meist nicht exakt benennen kann, was nachzufordern ist. Der Unternehmer hat die vollständige Information als Einheit an den HV zu liefern. Selbstverständlich kann der HV auch bei lediglich partieller Mangelhaftigkeit Nacherfüllung

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99 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 31. 100 BGH BB 1961, 424/425. 101 AA mglw. Eberstein 9. Aufl., S. 102. 102 Emde MDR 1999, 1108 ff. 103 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 15, 27; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 1. 104 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 8. 105 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 31, 40. 106 OLG Köln NJW-RR 1999, 833; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 48. 107 OLG Düsseldorf OLGR 2002, 125. 108 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 48.

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verlangen.109 Beispiel ist die Erbringung einer Teilleistung, etwa die Übermittlung lediglich auf Teilbereiche in zeitlicher, örtlicher oder sonstiger Weise – etwa auf einzelne Artikel, Bezirke, Kunden oder Zeiträume – beschränkter Informationen.110 Bei Mangelhaftigkeit der zu einem in der Stufenfolge niedrigeren Recht erteilten Information (etwa Abrechnung im Verhältnis zum Buchauszug, s.o., Rn 24), ist der HV nicht auf ein zur Kontrolle des mangelhaft erfüllten Informationsrechts bestimmtes, auf höherer Stufe stehendes Informationsrecht (etwa Bucheinsicht) beschränkt, sondern darf Nacherfüllung verlangen. Der Anspruch auf Nacherfüllung konkurriert mit Schadenersatzansprüchen aus § 280 BGB, weil der HV als Schadenersatz auch Naturalrestitution fordern darf. Die Erfüllung eines Informationsrechtes schließt die Durchsetzung eines anderen In- 31 formationsrechtes nicht aus, sofern dessen TB-Voraussetzungen vorliegen und ein Informationsinteresse besteht. Beachte aber zur Stufenfolge oben, Rn 24 ff. b) Entfallen durch Wegfall des Hauptrechts. Als Hilfsrechte zur Durchsetzung der 32 Zahlungsansprüche (Rn 10, 30 ff.) erlöschen die Informationsrechte, wenn sämtliche Zahlungsansprüche des HV erfüllt sind, er endgültig und abschließend auf Zahlungsansprüche gegen den Unternehmer verzichtet hat oder aus anderem Grunde, etwa wegen Verjährung oder bindender Begrenzung der Schuld auf einen bestimmten Zahlungsanspruch, keine Ansprüche mehr existieren können.111 Im Zweifel ist zugunsten des HV zu entscheiden. Durch eine eindeutige, regelmäßig ausdrückliche und auf einen vergangenen Zeitraum bezogene Einigung auf einen bestimmten Zahlungsbetrag, eine konkrete Abrechnung und/oder deren Anerkenntnis werden die zur Durchsetzung des Zahlungsanspruches dienenden Informationsrechte des § 87c als Hilfsrechte undurchsetzbar,112 soweit Abs. 5 nicht entgegensteht (dazu Rn 77 ff.). c) Mitwirkung des HV. Der HV schuldet ggf. eine zur Informationserteilung erfor- 33 derliche Mitwirkung als Vorleistung.113 Der Unternehmer braucht daher keine Informationen zu geben, wenn er sie nur unter Mitwirkung des Vertreters erteilen kann und jener seine Mitwirkung verweigert.114 Ein Unternehmer, der HV beschäftigt, muss allerdings für seine Informationsfähigkeit sorgen. Deshalb wird eine solche Entlastung regelmäßig ausscheiden. Regelmäßig beschränkt sich die erforderliche Mitwirkung des HV auf die bei Auszug und Auskunft erforderliche, bei Auskunftserweiterung ggf. spezifizierte Forderung nach der jeweiligen Information; bei dem Einsichtsrecht auf den Einsichtsakt. d) Verjährung. Der Unternehmer darf die Informationsrechte bis zum Zeitpunkt ih- 34 res Verjährungseintritts geltend machen.115 Gem. § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in welchem 1. der Anspruch entstanden ist und (kumulativ) 2. der Gläubiger von allen den Anspruch begründenden TB-

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109 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 48. 110 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 49. 111 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 31, 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 4, 49; Palandt/Heinrichs § 261 Rn 25. 112 BGH – VIII ZR 293/94, NJW 1996, 588; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (Buchauszug); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 53. 113 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 40. 114 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5c. 115 Eingehend Emde VersR 2009, 889 ff.

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Merkmalen sowie der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder (alternativ) ohne grobe Fahrlässigkeit objektiv erlangen müsste.116 Vgl. auch Vor § 84 Rn 519 ff. aa) Separate Verjährung von Haupt- und Hilfsansprüchen. Die Informationsansprüche des § 87c sind kein zweckfreies Recht des HV. Sie dienen der Überprüfung der ihm geschuldeten Hauptansprüche, leitbildtypisch des Provisionsanspruchs, sowie – zumindest mittelbar über die Kontrolle der Provisionen – auch des Ausgleichsanspruchs oder eines Schadensersatzanspruchs (ggf. analog § 87c). Informations- und Zahlungsansprüche stehen im Verhältnis von Hilfs- zu Hauptansprüchen. Der genaue Beginn des Verjährungslaufs ist Gegenstand der Diskussion. Das betrifft insb. das forensisch bedeutendste Informationsrecht, den Buchauszugsanspruch des § 87c Abs. 2. Nach Rspr. und Literatur zu § 88 a.F. verjährten die Kontrollrechte als Hilfsansprüche im Verhältnis zu den Hauptforderungen selbstständig. Das bedeutet: Verjährungsbeginn und -lauf blieben unabhängig von Beginn und Lauf des jeweils anderen Rechts. Jeder Hauptanspruch und jedes Kontrollrecht (Hilfsanspruch) verjährte für sich.117 Dies trifft auch nach Wegfall des § 88 a.F. zu.118 Eine Einheitlichkeit der Verjährung von Hauptanspruch und Informationsrecht kann nicht aus § 217 BGB hergeleitet werden. Informationsansprüche sind keine mit den Hauptansprüchen verjährenden Nebenleistungen i.S.d. § 217 BGB, weil sie nicht von ihnen abhängen. Vielmehr sollen sie deren Geltendmachung vorbereiten, indem sie zu klären haben, welche Ansprüche – meist auf Provision – dem HV zustehen.119 Theoretisch ist es möglich, dass die Hilfsansprüche vor den Hauptansprüchen verjähren.120 Die Verjährung der Hilfsrechte führt wegen der Selbständigkeit der Verjährung aber nicht automatisch zur Verjährung der dieselbe Periode betreffenden Hauptrechte.121 Die Verjährung beginnt für jedes der Kontrollrechte mit Erfüllung der ihm eigenen, typischen TB-Voraussetzungen seinem Entstehen (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB) bzw. des Kennenmüssens der für eine gerichtliche Geltendmachung genügenden Anspruchsvoraussetzungen (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB),122 unabhängig davon, wann der Lauf der Verjährung des zu kontrollierenden Hauptrechts beginnt oder endet.123 Ein Verlangen nach dem Informationsrecht ist zwar bei den Rechten nach Abs. 2, 3 und 4 Fälligkeitsvoraussetzung, nicht jedoch für das den Lauf der Verjährungsfrist auslösende (frühere) Entstehen des Rechts. Insoweit kann hier die Verjährung des Rechtes vor der Fälligkeit eintreten. Das bedeutet präzise: 36 35

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116 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 110. 117 BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, NJW 1979, 764; v. 31.1.1979 – I ZR 8/77, WM 1979, 463; v. 11.7.1980 – I ZR 192/78, LM § 88 Nr. 8 = NJW 1982, 235; KG VersR 2002, 1554; Küstner in: Küstner/Thume I, 3. Aufl., Rn 1467 (Abrechnung), 1500 (Buchauszug), 1512 (Bucheinsicht); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37; § 84 Rn 68; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 88 Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 5. 118 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler; OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München, Urt. v. 10.6.2009 – 7 U 4522/08, VersR 2010, 344; LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2011, 08697; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 354; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 109; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 68; Genzow in: Ensthaler, § 87c Rn 25; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1; Hopt § 87c Rn 53; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 4. Aufl., Vor § 84 Rn 33; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. 119 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. 120 S. Semler ZVertriebsR 2013, 53. 121 Fernliegend LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697, nachdem das LG zuvor die selbständige Verjährung der Haupt- und Hilfsansprüche betonte. 122 BGH NJW 1979, 764; 1981, 457; OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 84, 116, 133; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. 123 Emde VersR 2009, 889 (890 f.).

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(1) Abrechnung (§ 87c Abs. 1). Das verjährungsauslösende Entstehen des Rechts 37 auf Abrechnung folgt aus § 87c Abs. 1. Das Abrechnungsrecht entsteht ohne Aufforderung des HV124 unverzüglich, sobald Abrechnungsrelevantes mitzuteilen ist, und zwar jeweils innerhalb der Frist des § 87c Abs. 1 nach Eintritt des provisionsrelevanten Vorganges, also leitbildtypisch im Anschluss an die Ausführung des Kundengeschäfts durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 1). (2) Buchauszug (§ 87c Abs. 2). Das Buchauszugsrechts entsteht mit Erteilung der 38 Abrechnung (§ 87c Abs. 1).125 Das Recht auf Buchauszug ist zwar zu jedem Provisionsanspruch gegeben. Man könnte folglich vertreten, das Recht auf den betreffenden Auszug(teils) entstehe jeweils bereits mit Fälligkeit des ihn dokumentierenden Provisionsanspruchs. Aber der Sammelgedanke des Auszugsrechts spricht gegen die an den einzelnen Provisionsanspruch geknüpfte Atomisierung des Verjährungsbeginns; der Auszug würde sich sonst zu wenig von der Abrechnung des § 87c Abs. 1 oder dem Auskunftsrecht des § 87c Abs. 3 abheben. Um die Vollständigkeit der Provisionszahlungen zu kontrollieren, ist dem HV nur ein ebenso vollständiger Buchauszug dienlich, und für ein Verlangen nach einem solchen besteht objektiv keine Grundlage (es fehlt das Informations- oder Rechtsschutzbedürfnis), als die periodische Abrechnung noch zu erwarten ist und damit offen bleibt, was abrechnungspflichtig ist. Wird sie innerhalb der dafür geltenden Fristen erteilt, lässt daher die vollständige und abschließende Abrechnung den Lauf der Verjährung beginnen.126 Eine solche Abrechnung liegt vor, wenn die vertraglichen Voraussetzungen für die Fälligkeit der Provision eingetreten sind und der Unternehmer auf dieser Grundlage die Abrechnung über die dem HV zustehende Provision erteilt,127 selbst wenn lediglich ein provisionsrelevanter Vorgang in die Abrechnungsperiode fällt. Dabei kann es sich auch um die Mitteilung handeln, dass dem HV – etwa aufgrund einer Vertragsstornierung – keine Provision zusteht.128 Dass später theoretisch noch eine Korrekturabrechnung erfolgen könnte, steht der Annahme einer vollständigen und abschließenden Abrechnung nicht entgegen.129 Anders ist es jedoch hinsichtlich solcher Geschäfte, für die tatsächlich später eine Korrekturabrechnung gegeben wird. Bei diesen Geschäften ist für den Beginn der Verjährung in entsprechender Anwendung des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB der Zeitpunkt der Korrekturabrechnung maßgeblich.130 Nach einer Ansicht beginnt die Verjährungsfrist des Buchauszugsrechts für nicht oder nicht endgültig abgerechnete Geschäfte nicht zu laufen.131 Das würde den Unternehmer jedoch zu sehr belasten und den HV unnötig schützen: Erhält der HV keine Abrechnung, die ihm vollständig, unmissverständlich und deutlich Kenntnis seiner Ansprüche verschafft, so entsteht das Buchauszugsrecht und beginnt der Lauf der Verjährung mit dem Zeitpunkt, in dem eine Abrechnung spätestens zu erwarten war. Denn dann hatte der HV Veranlassung, seine Rechte durchzusetzen.132 Wird eine Abrechnung erteilt, jedoch einzelne Geschäfte verschwiegen, entsteht das Auszugsrecht für diese Geschäfte und

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124 Westphal I Rn 621; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 2, 62; Hopt § 87c Rn 5; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. 125 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 188; Hopt § 87c Rn 18. 126 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 127 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 128 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 129 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 130 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 131 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 132 LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887, dort unter dem Titel „Verjährung des Provisionsrechts“ geprüft.

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beginnt der Verjährungslauf erst mit Kenntnis oder Kennenmüssen dieser Geschäfte. Denn der Anspruch auf Buchauszug besteht für jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft und nicht für bestimmte (abgerechnete) Zeitabschnitte.133 Bis zu diesen Daten existiert weder Anlass (Informationsbedürfnis) noch Informationsgrundlage (Kenntnis i.S.d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB), die Buchauszugsforderung zu erheben,134 die Anspruchsverjährung135 beginnt erst jetzt. Der HV darf den Buchauszug schon vor Verjährung des Bucheinsichtsrechts wegen der Zahlungsansprüche verlangen, auf welche er sein Einsichtsrecht gestützt hat.136 Denn beide Ansprüche treten nebeneinander, ohne dass der eine den anderen ausschließt. 39

(3) Bucheinsicht (§ 87c Abs. 4). Sie kann erst bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit oder längerer Nichterteilung der Abrechnungen, aber auch infolge der Verweigerung des Buchauszuges, gefordert werden. Nach Übermittlung zweifelhafter Abrechnungen darf der HV neben dem Einsichtsrecht einen Buchauszug einfordern und abwarten (Wahlrecht).137 Erst im Anschluss an dessen Erteilung und mit Beendigung einer angemessenen Prüfungsfrist beginnt der Lauf der Verjährung des Einsichtsrechts am Schluss des betreffenden Jahres.138 Zwar darf der Anspruch auf Einsichtnahme schon nach Zweifeln an der Abrechnung, und nicht erst nach Zwischenschaltung des Buchauszugsrechts, erhoben werden. Der Ablauf der den Buchauszug betreffenden Verjährungsfrist im Anschluss an den Erhalt einer Abrechnung (§ 87c Abs. 1) hindert also nicht die Geltendmachung des Bucheinsichtsrechts (§ 87c Abs. 4) wegen begründeter Zweifel an der Richtigkeit des späteren Buchauszugs (§ 87c Abs. 2), da die Verjährungsfrist des § 195 BGB erneut nach Erteilung des Buchauszuges139 und dem Obwalten von Zweifeln gerade gegenüber ihm140 zu laufen beginnt. Dem Gläubiger nimmt es keines seiner Informationsrechte, falls er sich nicht sofort zu dem verkürzenden, aber für den Schuldner wegen des Eingriffs in seine Geschäftsbücher oft als einschneidender empfundenen Weg der Einsicht entschließt, statt Stufe für Stufe gleichsam methodisch auszuschreiten und zunächst den Auszug zu fordern. Auf Grund des Buchauszugs, der erteilten Auskunft oder der Ergebnisse der Einsichtnahme in die Bücher und Unterlagen des Unternehmers – rechtzeitig vor Verjährung der hierauf gerichteten Ansprüche geltend gemacht – kann sich allerdings herausstellen, dass Provisionsansprüche verjährt sind, sofern sie zumindest hätten bekannt sein müssen.

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(4) Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3 oder § 242 BGB). Er entsteht, sobald Relevantes mitzuteilen ist. Bezieht er sich auf den Ausgleichsanspruch eines am 31.12. beendeten Vertrag wird die Fälligkeit des korrespondierenden Informationsrechts am 1.1. eintreten und die Verjährung am kommenden 31.12. zu laufen beginnen.

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133 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 134 AA Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 354: Es sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem die Fälligkeit bei ordnungsgemäßer Abrechnung durch den Unternehmer eingetreten wäre. 135 BGH NJW 1981, 457; OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 136 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 39. 137 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 135. 138 BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, WM 1979, 463; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 135; Eberstein 9. Aufl., S. 104; Hopt § 87 Rn 53; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 42. 139 BGH LM Nr. 6 zu § 87c; BGH, Urt. v. 31.1.1979 – I ZR 8/77, WM 1979, 463; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 134 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 6. 140 BGH NJW 1979, 764.

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(5) Anspruch auf eidesstattliche Versicherung. Ist ein Informationsrecht verjährt, 41 kann logischerweise auch kein Recht auf eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit der erteilten Auskunft bestehen.141 Nach Ansicht von Löwisch142 sowie des OLG Schleswig143 beginnt der Lauf der Verjährung jedes Informationsrechts erst mit seiner Geltendmachung und nicht bereits, wenn es der HV erstmals hätte geltend machen können. Darüber hinaus lässt Löwisch144 die Verjährung grundsätzlich erst mit Ablauf des Jahres (§ 199 Abs. 1 BGB) zu laufen beginnen, in welchem der HV-Vertrag endet. Das erscheint zweifelhaft,145 weil die Verjährung aller Informationsrechte – überwiegend vor Vertragsende – schon mit ihrer Fälligkeit eigenständig in Gang gesetzt wird, der Anspruch auf Buchauszug also z.B. mit Erteilung der jeweiligen Abrechnung. Sollte die Verjährungsfrist erst mit Geltendmachung anlaufen, hätte es der HV in der Hand, den Verjährungseintritt während der Vertragsdauer beliebig hinauszuzögern. Solange er ein Informationsrecht nicht einfordert, würde es nicht zu verjähren beginnen. Das widerspricht § 199 BGB, der den Lauf der Verjährungsfrist bereits an das Entstehen des Anspruchs knüpft sowie dem Bestreben, nach einer bestimmten Zeitdauer Rechtsfrieden eintreten zu lassen.146 Die h.M. ist deshalb zu Recht der hier eingenommenen Ansicht.147 Die Begründung von Löwisch,148 es bestehe keine Verpflichtung des HV, während des laufenden Vertrages Informationsrechte auszuüben, schließt nicht aus, dass der HV sein Recht geltend macht. Die Diagnose von Löwisch, häufig werde sich ein HV aus Furcht vor Repressalien während des bestehenden Vertrages zurückhalten, Informationen einzufordern,149 ist zwar zutreffend. Wenn sich der HV jedoch entschließt, ein ihm bekanntes Recht nicht auszuüben, hat er vorbehaltlich §§ 162, 242, 828, 280150 BGB die Folgen zu tragen und darf sich nicht „auf Vorrat“ Informationsrechte für einen langjährig unverjährten Zeitraum zurechtlegen. Der HV wird hinreichend geschützt, indem die Verjährungsfrist des § 195 BGB nicht vor Kenntnis des HV über seine Hauptansprüche zu laufen beginnt.151 Jene erhält er meist erst durch eine ordnungsgemäße Abrechnung. Da vor Kenntnis der maßgeblichen Hauptansprüche der Lauf der Verjährung nicht beginnt (Rn 49 ff.), setzt er hinsichtlich unbekannter Ansprüche nicht zwangsläufig mit Vertragsende ein.152 Die Auffassung von Löwisch dürfte auch inkonsequent sein: Löwisch meint, der Unternehmer sei hinreichend geschützt, indem die den Informationsrechten zu Grunde liegenden Hauptforderungen innerhalb der Frist des § 195 BGB verjährten.153 Denn sofern die zu kontrollierenden Hauptrechte verjährt sind, dürften die Informationsansprüche als Hilfsrechte nicht mehr geltend gemacht werden. Aber Hilfsansprüche verjähren nicht nach

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141 LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697. 142 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38; aA OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 143 OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; aA OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 144 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38; ebenso OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 145 Ablehnend auch OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 146 Emde VersR 2009, 889 (891). 147 BGH, Urt. v. 11.7.1980 – I ZR 192/78, LM § 88 Nr. 8; Westphal I Rn 712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 83 (Abrechnung), 116 (Buchauszug); 134 f. (Bucheinsicht), 140 (Auskunft). 148 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38. 149 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38. 150 Wiederherstellung des bei pflichtgemäßem Verhalten bestehenden Verjährungszustandes im Wege der Naturalrestitution, siehe BGH, Urt. v. 28.1.1977 – I ZR 171/75, WM 1977, 410 = BB 1977, 414. 151 Emde VersR 2009, 889 (891). 152 Emde VersR 2009, 889 (891); aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 38. 153 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38.

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anderen Maßstäben als die Hauptansprüche. Bestehen Zweifel über die Verjährung, sind die Informationen zu erteilen. Für den Buchauszug gilt das, weil er auch über Zweifelsfälle zu berichten hat.154 Ansonsten, weil der von der Verjährung Begünstigte sie zu beweisen hat. Aufgrund der unabhängig voneinander laufenden Fristen der einzelnen Informa42 tionsrechte braucht der HV nicht notwendigerweise innerhalb der für ein Recht des § 87c laufenden Verjährungsfrist verjährungsunterbrechende Maßnahmen für andere Informationsansprüche zu ergreifen.155 Derartiges wäre nur erforderlich, falls die Verjährung eines zweiten Informationsrechts tatsächlich droht. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen in Hinblick auf die Informationsrechte oder die Hauptansprüche, insbesondere die Hemmung der Verjährung oder ein Anerkenntnis, ergreifen nur den jeweiligen Anspruch und keinen anderen.156 Eine einheitliche mittelbare Rückwirkung157 der Verjährung eines Rechts kann sich nur ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (Rn 43 ff.) ergeben. Um die Verjährung der Hauptrechte während der Dauer eines Informationsprozesses zu hindern, ist neben den auf erster Stufe der Klaganträge geforderten Informationsansprüchen auf zweiter Stufe eine (unbezifferte) Zahlungsklage anhängig zu machen. Die Stufenklage nach § 254 ZPO hat verjährungshemmende Wirkung hinsichtlich aller auf ihren Stufen stehender Ansprüche gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.158 Erhebt der HV allein eine Informationsklage, ohne auf zweiter Stufe den Hauptanspruch rechtshängig werden zu lassen, droht jener bei längerer Verfahrensdauer zu verjähren und der Informationsklage steht fehlendes Rechtsschutzbedürfnis (Rn 43 ff.) entgegen.159 Eine Stufenklage, mit welcher in letzter Stufe die Zahlung eines Ausgleichs gem. § 89b begehrt wird, hemmt bspw. nicht die Verjährung von Provisionsansprüchen.160 bb) Verjährung der Hauptansprüche hindert die Geltendmachung der Informationsrechte 43

(1) Überblick. Von der Verjährung des Informationsrechts zu scheiden ist fehlendes Kontrollbedürfnis – mangelndes Rechtschutzbedürfnis – des Informationsverlangens aufgrund der Verjährung von Hauptrechten oder ihres sonstigen Wegfalls – etwa Erfüllung oder Verwirkung. Als Hilfsrechte können Informationsrechte mit Verjährung oder anderweitiger Undurchsetzbarkeit des zu kontrollierenden Hauptrechts nicht mehr geltend gemacht werden.161 Muss davon ausgegangen werden, dass alle kontrollfähigen

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154 LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887. 155 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 39; s. BGH, Urt. v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, LM § 88 Nr. 6; v. 31.1.1979 – I ZR 8/77, WM 1979, 463. 156 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 39, § 84 Rn 70; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., Vor § 84 Rn 34. 157 BGH NJW 1979, 764; 1981, 457; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 84; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. 158 BGH, Urt. v. 14.5.1975 – IV ZR 19/94, MDR 1975, 829; Urt. v. 17.6.1992 – IV ZR 183/91, MDR 1992, 1180; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 70; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., Vor § 84 Rn 34. 159 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930. 160 OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53 m. Anm. Semler = BeckRS 2012, 22930. 161 BGH NJW 1979, 764; VersR 1981, 880 (881); Urt. v. 22.5.1981, NJW 1982, 235; 1996, 2100; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; OLG Düsseldorf NJW 1965, 2531; Emde VersR 2009,

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Hauptansprüche verjährt sind, können die Informationsrechte aus § 87c nicht mehr durchgesetzt werden;162 es besteht insoweit kein Informationsbedürfnis. Angeblich soll der HV auch keine Auskunft über verjährte Provisionsansprüche mit der Begründung verlangen können, er benötige die Auskunft zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs nach § 89b163 (zweifelhaft, dazu Rn 10 ff.). Zweifel gehen zu Lasten des Auskunftsgläubigers, da er Erfüllung zu beweisen hat und auch über Zweifelsfälle Informationen zu erteilen sind.164 Praktisch handelt es sich hierbei um die wichtigere – im Hinblick auf die Informationsansprüche untechnisch gesprochen165 – Verjährungsregel, weil gerade beim forensisch bedeutsamen Buchauszugsrecht, dessen Fälligkeit und Verjährungsbeginn i.d.R. erst ab Erhalt der Abrechnung eintritt, die Provisionen meist vor dem Auszugsrecht verjähren. Das gilt insbesondere, wenn man mit Löwisch166 die Verjährung des Auszugsrechts erst mit Vertragsende zu laufen lassen beginnt. Wenngleich angesichts des gem. § 195 BGB auf das Ende eines Kalenderjahres bezogenen Verjährungszeitraums meist ein gewisser Gleichklang der Verjährung von Haupt- und Hilfsanspruch eintritt, wird wegen ihrer früheren Fälligkeit eher die Verjährung der Hauptrechte als die der Hilfsrechte erheblich.167 Deshalb ist aus prüfungsökonomischen Gründen die regelmäßig eher vollendete Verjährung der Hauptforderung vor der der Rechte aus § 87c zu untersuchen. Der HV riskiert, dass der Grundsatz „Verjährung des Hauptanspruches = Nichtdurchsetzbarkeit der Informationsrechte“ betreffs der Informationsrechte zu einer verjährungsgleichen Wirkung führt. (2) Hauptforderungen. Bei der Prüfung, ob Hauptansprüche verjährt sind, ist be- 44 deutsam, zur Kontrolle welcher Hauptansprüche der HV die Informationsrechte des § 87c fordern darf. (3) Ausgleichsanspruch. Sieht man als mögliche Hauptansprüche neben Provisio- 45 nen und Schadenersatzansprüchen gleichberechtigt den Ausgleichsanspruch nach § 89b (vgl. Rn 10 ff.), so würde das Rechtsschutz- oder Kontrollbedürfnis erst mit dessen Verjährung fehlen. Auf die Verjährung des Provisionsrechts käme es bei einem auf die Ausgleichsberechnung zielenden Informationsrecht nicht an.168 Von nachvertraglichen Provisionen abgesehen, wird der Ausgleich die spätest fällige Forderung sein und auch als letzte verjähren. Der Ausgleichsanspruch verjährt wie alle Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis nach § 195 BGB binnen 3 Jahren seit Fälligkeit und Kenntnis der Anspruchs-

_____ 889 (892); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 83; Genzow in: Ensthaler, § 87c Rn 25; Hopt § 87 Rn 53; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. 162 BGH, Urt. v. 1.12.1978, NJW 1979, 764 = WM 1979, 304; v. 22.5.1981, NJW 1982, 235 = VersR 1981, 880 (881); v. 3.4.1996 – VIII ZR 54/95, NJW 1996, 2100; OLG Köln, Urt. v. 20.6.1997 – 3 U 146/96, BB 1997, 2130; OLG Düsseldorf NJW 1965, 2351; Emde VersR 2009, 889 (892); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 83 (Abrechnung); Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 354; Martinek/ Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1. 163 OLG Köln, Urt. v. 20.6.1997 – 3 U 146/96 – 3 U 146/96, BB 1997, 2130 Rn 6; Semler ZVertriebsR 2013, 53 (54). 164 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39. 165 In Bezug auf sie liegt keine Verjährung, sondern mangelndes Rechtsschutzbedürfnis vor. 166 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 38; ebenso OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 167 Vgl. KG VersR 2002, 1554; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 5. 168 AA Glanegger/Ruß § 87c Rn 1: Sofern Provision verjährt ist, besteht auch kein Recht auf Information zum Ausgleichsanspruch.

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voraussetzungen (§ 89b Rn 469 ff.). Endet der Vertrag zum 31.12. eines Jahres, tritt Fälligkeit am nächsten Tag, dem 1.1. des Folgejahres, ein (§ 187 Abs. 1 BGB). Entsteht der Anspruch mithin erst am 1.1. beginnt die Verjährung erst am Schluss des folgenden Jahres. Die Gesamtfrist erstreckt sich also auf fast 4 Jahre169 (§ 89b Rn 469 ff.). Es ist allerdings fraglich, ob nach Verjährung der Provisionsforderungen die Rechte des § 87c noch geltend gemacht werden können. Denn sie dürfen zwar „auch“ zur Berechnung des Ausgleichs gefordert werden (Rn 10 ff.). Es muss aber immer auch Provisionsrelevanz (Rn 13 ff.) gegeben sein. Ausgleichs- und damit informationsrelevant sind in erster Linie die Provisionen des 46 letzten Vertragsjahres, nur bei dessen Untypik eines längeren Zeitraums. Wenn man den Ausgleichsanspruch als kontrollfähige Hauptforderung anerkennt, würde also der Unternehmer – da sich der Informationszeitraum auf dieses Basisjahr begrenzt – nicht ungebührlich belastet. Die Höchstgrenze des Ausgleichs – Jahresprovision aus dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre – ist vom Unternehmer zu beweisen.170 Der typische HV braucht hierzu nichts vorzutragen171 und es besteht insoweit kein Informationsbedürfnis für ein Kontrollrecht des § 87c. Anders als bei Provisionsforderungen als Hauptrecht wird man jedoch beim Ausgleichs- oder Schadenersatzanspruch keine Vermutung für ein Informationsinteresse anerkennen dürfen: Werden die Informationsrechte zum Zwecke der Ausgleichs- oder Schadensberechnung eingefordert, wird der HV substantiiert vortragen müssen, weshalb er die Information benötigt. Hier kann das Informationsbedürfnis gerade bei dem belastenden Buchauszug fehlen, sofern die Umstände eine vollständige Information des HV indizieren oder eine Auskunft gem. § 87c Abs. 3 HGB, § 242 BGB ohne die Detailfülle des Auszugs genügend ist. 47

(4) Provisionen. Zu Fälligkeit und Verjährung vgl. Vor § 84 Rn 521. Unter „Entstehen“ i.S.d. § 199 Abs. 1 BGB ist auch hier nichts anderes als der Zeitpunkt der ebenfalls in § 87a (Abs. 4) geregelten Fälligkeit zu verstehen (Vor § 84 Rn 519 ff.). Sonst würde die Provision verjähren, ehe sie gefordert werden darf. Die Verfasser des § 199 Abs. 1 BGB werden kaum in die noch dazu vom Text abweichende Überschrift des § 87a gesehen und den Wortlaut des § 199 Abs. 1 BGB auf jene Titulierung bezogen haben. Jedenfalls existiert vor Erhalt der Abrechnung nach § 87c Abs. 1 keine Kenntnis des HV über die Provision (Rn 49 ff.). Die letzten, ein Informationsrecht eröffnenden Provisionsansprüche werden meist die nachvertraglichen Überhangprovisionen sein. Über solche darf der HV nach Vertragsende eine Abrechnung fordern. Die Verjährungsfrist beginnt dann mit dem Ende des für die Entstehung des Provisionsanspruches maßgeblichen Fälligkeitsjahres.172

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(5) Praktische Bedeutung der Verjährung der Hauptforderung. Nur wenn die Prüfung der Verjährung der Hauptforderung und damit fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses negativ verläuft oder falls die Hauptforderung ausnahmsweise später als das In-

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169 Emde VersR 2009, 889 (892 f.). 170 OLG Frankfurt/M. HVR Nr. 954; Glanegger/Ruß HGB, § 89b Rn 33; Hopt § 89b Rn 51; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 147; aA (Beweislast beim HV) Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 180: Der HV wird jedoch keinen Anlass haben, einen ausgleichsmindernden Umstand auch nur darzulegen. 171 Anders im Vertragshändlerrecht: Dort führt der Vertragshändler die Geschäfte und kann allein zur Höchstgrenze vortragen. Aber dort gibt es keine Informationsansprüche. 172 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 35; vgl auch Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 12.

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formationsrecht verjährt, können die unterschiedlichen und eigenständigen Verjährungsfristen der verschiedenen Informationsansprüche aus § 87c (s.o.) relevant werden. cc) Kenntnis oder Kennenmüssen des Hauptrechts. Vor Kenntnis oder Kennen- 49 müssen der Provisionsansprüche können weder das Hauptrecht noch Informationsansprüche als Hilfsrechte innerhalb der Regelverjährungsfrist verjähren. Denn ohne Kenntnis kann zwar der Lauf der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnen, nicht jedoch der gem. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Verschwiegene Ansprüche können binnen 10 Jahren (§ 199 Abs. 4 BGB) geltend gemacht werden,173 bei Eingreifen deliktischer Tatbestände innerhalb von 30 Jahren (199 Abs. 3 Nr. 2 BGB). Da der Unternehmer den für ihn günstigen Verjährungseintritt darlegen und beweisen muss, die zum Verjährungsbeginn führende Kenntnis oder das Kennenmüssen jedoch regelmäßig nur durch die gleichfalls vom Unternehmer zu beweisende (§§ 362, 363 BGB) Erfüllung der Abrechnungspflicht oder eine vergleichbare Informationsdichte hergestellt werden kann und zudem bei Zweifeln über die zeitgerechte Information die Auskünfte des § 87c zu erteilen sind,174 gilt für die Hauptrechte ohne Beweis des Gegenteils eine regelmäßig mindestens 10-jährige Verjährungsfrist. Jedoch kann schon zuvor das selbständig verjährende Informationsrecht entstanden und verjährt sein, wenn der HV Anlass hatte, es zu fordern (Rn 38, Beispiel: gänzlich fehlende Abrechnung – ihr Fehlen musste der HV bemerken, wenn mit einem Provisionstatbestand zu rechnen war –, nicht aber bei bewusst verschwiegenen Ansprüchen, die der HV nicht kennen musste). Der Beweis kann auch durch einen Anscheinsbeweis geführt werden; die Beweislast kann sich durch Vermutungen wenden. Im Einzelnen: (1) Kenntnis bei Provisionsansprüchen. Siehe Vor § 84 Rn 525.

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(2) Kenntnis beim Ausgleichsanspruch. Siehe § 89b Rn 472.

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(3) Fehlende Verjährung der Kontrollrechte bei mangelnder Kenntnis des 52 Hauptrechts. Auch die Hilfsrechte des § 87c verjähren nicht, ehe Kenntnis der Hauptrechte eintritt. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck von Hilfsansprüchen, der Kontrolle der Hauptrechte zu dienen. Solange der HV nicht weiß, dass Anlass zur Kontrolle der Hauptansprüche besteht, weil ihm jene nicht bekannt waren oder sein mussten, fehlt die Kenntnis einer Anspruchsvoraussetzung, nämlich des Informationsbedürfnisses als ungeschriebene TB-Voraussetzung aller Informationsrechte.175 Ist über ein Geschäft nicht vollständig und abschließend abgerechnet worden, kann der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs im Regelfall auch nicht – wegen fehlenden Informationsbedürfnisses – gegenstandslos werden, weil die Provisionsansprüche, zu deren Prüfung der Buchauszug dient, verjährt wären.176 Wäre man aA, gelangte man zu dem sinnwidrigen und kaum gewollten Ergebnis, dass die Hauptansprüche zwar wegen mangelnder Kenntnis (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB) unverjährt blieben, unverjährte, verheimlichte Hauptansprüche jedoch unentdeckt bleiben müssten, weil die von § 87c gegebenen Hilfsrechte aufgrund ihrer Verjährung nicht mehr zur Verfügung ständen. Verschwieg der Unternehmer dem HV

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173 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 174 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39. 175 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; Emde VersR 2009, 889 (895). 176 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655.

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Ansprüche, ist weder der Hauptanspruch – meist Provisions- oder Ausgleichsanspruch – noch der Hilfsanspruch – das Informationsrecht – innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist der §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt. Ausgeschlossen ist das Informationsrecht nur, wenn der HV das Hauptrecht hätte kennen müssen („Kennenmüssen“). Da es sich beim Informationsinteresse um eine ungeschriebene TB-Voraussetzung handelt, lässt sich vertreten, dass der HV – abweichend von der sonst geltenden Allokation der Beweislastverteilung – sein Informationsinteresse glaubhaft darlegen muss.177 Erhält der HV erst durch den Buchauszug Kenntnis des Hauptrechts, beginnt die Verjährung mit seiner Erteilung zuzüglich einer angemessenen Auswertungszeit zu laufen. 53

dd) Ergänzend: Deliktischer Verjährungsschutz/§ 242 BGB. Ergänzt werden die allg. Verjährungsvorschriften durch einen auf Naturalrestitution gerichteten Schadenersatzanspruch aus §§ 280 BGB,178 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 263, 266 StGB (Wiederherstellung der Verjährungslage wie zum Zeitpunkt zeitgerechter und vollständiger Information). Siehe hierzu Vor § 84 Rn 527.

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ee) Verkürzung der Verjährungsfrist. Vereinbarungen über die Verkürzung der Verjährungsfrist fallen nicht unter § 87c Abs. 5 und sind zulässig.179 In der Praxis sind sie Mittel, um den Informationszeitraum und damit das Druckpotential des Vertreters einzugrenzen (siehe Rn 88 sowie Vor § 84 Rn 528 ff.).180

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ff) Verwirkung. Informationsrechte können verwirken, regelmäßig jedoch nicht infolge bloßer – auch jahrelanger181 – Untätigkeit als Zeitmoment.182 Hinzu kommen muss ein Umstandsmoment.183 Praktisch wird dies kaum. Dazu bei den einzelnen Informationsrechten. II. Meinungsverschiedenheiten über Zahlungsansprüche

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Meinungsverschiedenheiten über Art und Umfang der Provisionsverpflichtung sind nicht Voraussetzung des Informationsverlangens. Auch müssen solche Meinungsverschiedenheiten nicht geklärt werden, ehe die Informationsrechte durchgesetzt werden können, es sei denn, der Umfang der Informationserteilung wird durch die Auseinandersetzung berührt.184 Vielmehr sollen die Informationen der Auflösung solcher Diskussionen dienen. Soweit strittig ist, für welche Geschäfte die Auskünfte zu erteilen sind, kann dies im Informationserzwingungsprozess geklärt werden.

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177 Emde VersR 2009, 889 (895). 178 Glanegger/Ruß § 87 Rn 12; Hopt § 88 Rn 7; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 71; wohl nur bei Arglist OLG Nürnberg VersR 1982, 1099. 179 Emde MDR 1999, 1108 (1112); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 84; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 37. 180 Emde MDR 1999, 1108 ff.; Emde EWiR 2001, 631 (632). 181 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504 – zu Informationsrechten des FN. 182 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504 – zu Informationsrechten des FN; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 34. 183 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504 – zu Informationsrechten des FN. 184 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 13.

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III. Buchführungspflicht Mit den Informationsrechten des HV korrespondieren Pflichten des Unternehmers. 57 Da der HV das Recht auf Information, insb. auf Buchauszug und Bucheinsicht hat, muss der Unternehmer solche Bücher führen.185 Führt der Unternehmer derartige Bücher nicht, begeht er eine Pflichtverletzung gegenüber dem HV. Folge ist eine Schadenersatzverpflichtung mit den o.g. beweisrechtlichen Konsequenzen. Auf die Existenz einer in- oder ausländischen186 Buchführungspflicht kommt es auch wg. der Präformation in der supranationalen RL nicht an. Die Informationsrechte knüpfen nicht an eine Buchführungspflicht an. Der Unternehmer muss sich schon deshalb informationsfähig halten, weil er HV beschäftigt.187 Auch den nicht buchführungspflichtigen Unternehmer trifft folglich gegenüber dem HV die Pflicht, diejenigen Bücher zu unterhalten, welche zu einer vollständigen und fehlerfreien Abrechnung und Überprüfung der Provisionsansprüche notwendig sind.188 IV. Form und Inhalt 1. Form. Die Form der Information bestimmt sich nach den Erwartungen eines ver- 58 nünftigen Vertreters in der Situation des Informationsempfängers. In der Regel sind die Informationen mindestens in Textform189 zu erteilen, was der Natur der Sache nach insb. für Abrechnung und Buchauszug gilt. Um der Kontrollfunktion des Buchauszuges gerecht zu werden, fordert dies meist die Übermittlung von Kopien der maßgeblichen Dokumente,190 soweit EDV-Listen oder Datensammlungen sonst nicht kontrollfähig sind. Zu elektronischen Buchauszügen unten, Rn 146. Im Zweifel hat der Unternehmer auch wegen des (gerichtlichen) Beweiswertes in Textform zu erfüllen. Auskünfte dürfen im Einzelfall auch mündlich erteilt werden, falls keine schriftliche Perpetuierung erwartet werden darf. Umfangreichere Auskünfte, deren Inhalt nicht sofort aufgenommen werden kann, sind in jedem Fall in Textform zu erteilen. Desgleichen hat der HV ein Recht auf schriftliche Wiederholung, wenn er diese Form der Dokumentation aus Beweisgründen oder aus anderen Gründen benötigt. Denn dann ist nach den Umständen des Falles eine solche Verkörperung geschuldet. Der Unternehmer muss erkennbar die Verantwortung für den Inhalt übernehmen, bei schriftlicher Erteilung etwa durch Unterschrift zumindest in einem Begleitschreiben191 (für die eigentliche Information reicht Textform). Aber auch eine E-Mail mit Absenderangabe genügt. 2. Inhalt. Alle Informationen müssen, um die ihnen zukommenden Aufgabe erfüllen 59 zu können, klar, übersichtlich, aus sich heraus verständlich, vollständig und für den HV nachprüfbar sein.192 Soweit Informationen durch elektronische Dateien erteilt werden

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185 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 18. 186 OLG Hamburg, Beschl. v. 5.4.2005 – 6 W 15/05, S. 4, n.v. unterwirft den Unternehmer auch dann dem deutschen Buchauszugsrecht, sofern für den HV-Vertrag deutsches Recht gilt. 187 BGH ZIP 2001, 876 = MDR 1996, 372 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 188 OLG Köln BB 1997, 2130; Wolff BB 1978, 1246; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6c (zumindest Abrechnung muss erteilt werden können). 189 Strenger Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 42: Schriftform. 190 AA mglw. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 43. 191 Seetzen WM 1985, 216; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 42. 192 OLG Hamm VersR 1998, 1415 (1416); OLG München NJW-RR 1999, 1194 (1195); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167 (168); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 42.

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dürfen, kommt es auf die Verständnismöglichkeiten des HV an, ob diese Transparenz vorliegt. Für die Verständlichkeit spricht, dass der HV vergleichbare Informationen bislang nicht beanstandet hat. Diese Vermutung ist jedoch nur dann berechtigt, wenn der HV den Auszug nicht gerade deshalb fordert, um die bisherigen Mitteilungen, an deren Vollständigkeit er Zweifel anmeldet, zu überprüfen. V. Informationszeitraum 60

Der Informationszeitraum ist der Zeitraum von Vertragsbeginn bis zur vollständigen Abwicklung des letzten Kundengeschäfts, aufgrund dessen der HV Provisionen beanspruchen kann,193 soweit nicht bereits Verjährung (s.o.) eingetreten ist. Die Vertragsbeendigung hindert das Informationsrecht also nicht, gleich aus welchen Gründen sie erfolgte. Anderenfalls könnten nämlich z.B. keine Informationen betreffend Überhangprovisionen gefordert werden,194 was etwa bei nachvertraglichen Provisionsansprüchen aus Serienbelieferungsverträgen für die gesamte mögliche (streitige) Vertragslaufzeit bedeutsam sein kann.195 Für die Zeit davor oder danach besteht kein Informationsrecht.196 Der HV darf also nicht Offenlegung der nachvertraglichen Entwicklung gem. § 87c verlangen,197 soweit jene nicht ausnahmsweise zur Ermittlung seiner nachvertraglichen Provision erforderlich ist. Die erteilten Informationen müssen folglich auch alle zur Bestimmung der nachvertraglichen Provision maßgeblichen Tatsachen benennen, damit der HV überprüfen kann, ob ihm aufgrund seiner Tätigkeit solche Provisionen zustehen.198 VI. Leistungsfreiheit und Fehlanzeige

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Besitzt der Unternehmer keine Informationen über die maßgeblichen Vorgänge, hat er also z.B. keine ordnungsgemäße Bücher,199 geführt, und befinden sich deshalb bei ihm keine Angaben zu vermittelten/abgeschlossenen Geschäften, so kann er die Informationsansprüche nicht erfüllen und wird leistungsfrei (§ 275 BGB, s.a. Rn 143).200 Um Leistungsfreiheit zu erlangen, muss der Unternehmer alle zumutbare Bemühungen vorgenommen haben. Er ist zu allen angemessenen Sammelarbeiten sowie zur gründlichen Suche,201 etwa in seinen sonstigen Unterlagen, im Gedächtnis, bei Dienstleistern, Geschäftspartnern202 oder verbundenen Unternehmen203 verpflichtet und muss alle zumutbaren Maß-

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193 OLG Düsseldorf OLGR 1999, 424; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 14. 194 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 37 f. 195 OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, HVR 1073 = NJW-RR 2004, 475; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Döpfer in: FS Thume, S. 35 ff. 196 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 14. 197 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 14. 198 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 14. 199 OLG Frankfurt/Main MDR 1995, 165 = BB 1995, 271 – Entfallen des Buchauszugsrechts. 200 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 106; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20. 201 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 (Auskunftsrecht nach § 242 BGB). 202 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 203 Siehe BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996; ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde)- Schwestergesellschaft; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685 – Tochtergesellschaft; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685: Eine Konzerngesellschaft hat alles zu tun, um ggf. bei einer anderen Konzerngesellschaft die erforderlichen Informationen einzuholen; s.a. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde).

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nahmen vornehmen, um die geschuldeten Informationen nachträglich zu gewinnen. Inbesondere hat er sich auch aus anderen, ihm zugänglichen und zumutbaren Quellen zu informieren und erforderliche Unterlagen zu beschaffen,204 soweit sie für einen Zahlungsanspruch des HV von Bedeutung sein könnten.205 Ob der Unternehmer einer Buchführungspflicht unterliegt oder unterlag, ist irrelevant (s.o., Rn 57). Mit dem Ablauf der Aufbewahrungsfrist des § 257 Abs. 4 kann sich ein Unternehmer gegen ein Auskunftsbegehren nicht verteidigen, sofern er nicht vorträgt, die Unterlagen nicht mehr zu besitzen.206 Zudem handelt es sich um eine Mindest-, nicht um eine Höchstfrist.207 Da sich der Buchauszugsanspruch nach Abs. 2 auf in den Büchern des Unternehmers befindliche Informationen beschränkt, wird vertreten, der Unternehmer müsse sich nicht bei Dritten erkundigen, um die in den Auszug einzufügenden Informationen zu erhalten.208 Dem dürfte nicht beizutreten sein, da sich dann der Unternehmer durch Auslagerung von Informationen entpflichten könnte. Die Rspr. pflichtet dem jedenfalls für Evidenzfälle bei: So hat der BGH ausgeführt, auch Angaben zu den für eine Schwestergesellschaft des Unternehmers vermittelten Verträgen gehörten in den Auszug;209 gleiches soll für eine Tochter-210 oder Partnergesellschaft des Unternehmers gelten.211 Der Unternehmer „verfüge“ über Informationen, wenn die Angaben unproblematisch beschafft werden können, wovon jedenfalls dann auszugehen ist, wenn sich jene bei einer Tochtergesellschaft befinden und diese zusätzlich auch noch als Abrechnungs- und Verwaltungsdienstleisterin eingesetzt wurde.212 Auch das OLG Hamm213 fordert, sich bei Bedarf Angaben aus den Büchern oder Geschäftsunterlagen von Geschäftspartnern zu verschaffen. Letztlich handelt es sich um Durchgriffserwägungen aus § 242 BGB. Unabhängig von den Gründen der Unfähigkeit hat der Unternehmer sie dem HV 62 mitzuteilen (sog. „Fehlanzeige“ oder „Negativattest“).214 Man könnte auch argumentieren, durch die Fehlanzeige würde ein „verkürzter“ Buchauszug erteilt und das Buchauszugsrecht erfüllt, wobei der Unternehmer die Erfüllung beweisen müsste. Selbst ein Schuldner, der seine Informationen in der Absicht vernichtet hat, eine drohende Auskunftsverpflichtung ins Leere laufen zu lassen, kann aber – sofern andere Wege zum Erhalt der Informationen ausscheiden, s.o. – nicht (mehr) zur Auskunft verurteilt werden, weshalb auch eine Zwangsvollstreckung ausscheidet.215 Nur der Schuldner kann zu den maßgeblichen Umständen der Fehlanzeige vortragen. Er hat das Fehlen von Informationen und seine Leistungsfreiheit darzulegen und zu beweisen;216 Zweifel217 und Beweisfälligkeit218 gehen zu seinen Lasten. Zum einen rechtfertigt sich diese Beweislast-

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204 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218. 205 Seetzen WM 1985, 215; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32. 206 LG Frankenthal, Teilurt. v. 28.8.2012 – 1 HKO 8/11, BeckRS 2014, 04375. 207 LG Frankenthal, Teilurt. v. 28.8.2012 – 1 HKO 8/11, BeckRS 2014, 04375. 208 OLG Hamburg OLGR 2002, 302. 209 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). 210 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 211 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 212 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 213 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 214 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 26. 215 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 – aber Schadenersatz und Umkehr der Beweislast. 216 LG Hamburg, Urt. v. 27.1.2005 – 411 O 127/04 n.v.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11c. 217 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32. 218 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245.

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allokation aus dem Gesichtspunkt der Verteilung der Beweislast nach Gefahrensphären, zum anderen aus der Vermutung, dass es zu einem bestehenden Vertrag und vermittelten Geschäften Informationen geben muss und eine Beweisvereitelung naheliegt.219 Der Mangel von schriftlicher Dokumentation („Bücher“, zum Begriff s.u., Rn 142 ff.) ist nur insoweit relevant, als die erstrebten Informationen auch in Büchern verkörpert werden, also in erster Linie beim Buchauszugs- und Einsichtsrecht. Deshalb lassen fehlende Informationen in den Büchern (zur Erkundigungspflicht s.o.) das Auszugsrecht entfallen.220 Eine Auskunftspflicht gem. § 87 Abs. 3 setzt hingegen keine derartige Verkörperung voraus221 und steht dem HV trotz Mangels von Büchern uneingeschränkt zu222 (Rn 163). Der HV darf ferner gem. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB fordern, sich die Richtigkeit 63 der Fehlanzeige durch den Unternehmer zu Protokoll an Eides statt versichern zu lassen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Angabe nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht wurde223 (zu den §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB im Einzelnen Rn 186 ff.). Da im Allgemeinen bereits die fehlende Niederlegung der Informationen eine Pflichtwidrigkeit darstellt, spricht eine Vermutung für eine Angabe mit mangelnder Sorgfalt.224 Der Antrag darf hilfsweise für den Fall fehlender Informationen gestellt werden.225 Wann mangelnde Sorgfalt vorliegt, bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Von ihr kann im Einzelfall schon dann ausgegangen werden, sobald der HV zumindest einen Fall nennen kann, zu dem es bei vernünftiger Betrachtung der Angelegenheit Unterlagen bei dem Unternehmer geben muss. Die beweisrechtlichen Konsequenzen einer Fehlanzeige sind zu berücksichtigen: Die Darlegungslast des HV in Provisions- wie Ausgleichsklagen wird herabgesetzt, wenn der Unternehmer trotz der ihm obliegenden Verpflichtung zur Führung von Büchern solche nicht führt und Fehlanzeige mitteilen muss. Dies ist entweder einer Beweislastverteilung nach Gefahrensphären oder dem materiellrechtlichen Schadenersatzanspruch auf Naturalrestitution zu entnehmen.226 Insbesondere die Vernichtung von Büchern bildet eine Pflichtwidrigkeit, die schadensersatzpflichtig macht. So kann das Verhalten des Unternehmers im nachfolgenden Schadenersatz- oder Vergütungsprozess berücksichtigt werden, indem zu Gunsten des Gläubigers eine Umkehr der Beweis- und ggf. auch der Darlegungslast nach dem Grundsatz der Beweisvereitelung stattfindet.227 Es wird vertreten, dass im Falle der Fehlanzeige von den Büchern des HV auszugehen ist,228 möglicherweise auch von dessen substantiierten, am besten durch Dokumente unterstützten Angaben. Jedenfalls sind die dem HV zustehenden Provisionen und sein Ausgleichsanspruch, soweit sie nicht auf andere Weise ermittelt werden können, auf der Grundlage einer Schätzung gem. § 287 ZPO festzusetzen,229 Schadenersatzansprüche ggf. nach den §§ 252 BGB, 287 ZPO. Dem HV bleibt im Fall der

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219 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731 (Auskunftsanspruch nach § 242 BGB). 220 OLG Frankfurt/M. MDR 1995, 165 = BB 1995, 271. 221 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41. 222 OLG Frankfurt/Main BB 1995, 271; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1. 223 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 106; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 19. 224 Im Ergebnis: Eberstein 9.Aufl. S. 101. 225 Siehe den Klagantrag im Fall OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 226 Siehe Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20. 227 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. 228 Baumgärtel HGB, § 87c Rn 4; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11a. 229 OLG Düsseldorf OLGR 1993, 197; Westphal I Rn 449; Baumgärtel HGB, § 87c Rn 4; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11a.

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Fehlanzeige zudem deren Verprobung durch Bucheinsicht.230 Ergibt z.B. eine Bucheinsicht die Existenz von Informationen, für welche der Unternehmer eine Fehlanzeige meldete, kann ein versuchter Betrug vorliegen. VII. Schadenersatz bei Nichterteilung Erteilt ein Unternehmer mangels Geschäftsunterlagen seinem HV keine Provisions- 64 abrechnung oder keinen Buchauszug und ist deshalb der HV nicht in der Lage, den ihm zustehenden Ausgleich nach § 89b zu berechnen, so kann der HV einen dem Ausgleich entsprechenden Betrag als Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach § 280 BGB i.V.m. § 87c Abs. 1 und Abs. 2 verlangen. Dem Gericht ist die Möglichkeit eröffnet, in Anlehnung an § 89b die Höhe des Schadens nach § 287 ZPO zu schätzen.231 VIII. Zurückbehaltungsrecht Zurückbehaltungsrechte oder Gegenansprüche darf der vorleistungspflichtige Un- 65 ternehmer gegenüber den Rechten des HV aus § 87c nicht geltend machen,232 etwa mit der Begründung, er besitze noch Schadensersatzansprüche gegen den HV.233 Ein solches Recht hätte er allenfalls gegenüber dem Provisionsanspruch; die Kontrollrechte aus § 87c sollen aber gerade erst klären, in welchem Umfange solche Provisionsansprüche bestehen.234 Auch kann wegen Abs. 5 ein derartiges Recht nicht vereinbart werden. Jedoch braucht der Unternehmer die Auskunft nicht zu erteilen, wenn eine Mitwirkung des HV erforderlich ist, um die Information zu gewinnen und der HV die Mitwirkung verweigert.235 IX. Prüfung der erteilten Informationen Der HV ist nicht zur Prüfung der erteilten Informationen verpflichtet. Wird offen- 66 sichtlich, dass er kein Interesse an den Informationen hat, fehlt ein Informationsinteresse. Nur obliegt dem Vertreter im eigenen Interesse die unverzügliche Überprüfung der vom Unternehmer gegebenen Informationen auf Richtigkeit und Vollständigkeit, damit er Zahlungsansprüche erheben kann.236 Die erhaltenen Informationen darf der HV nur zur Ermittlung, Überprüfung und Durchsetzung seiner Ansprüche aus dem HV-Vertrag verwenden, im Übrigen ist er zur Geheimhaltung verpflichtet.237 X. Erfüllungsort Der Erfüllungsort für die Leistung der Informationen bestimmt sich nach § 269 67 BGB.238 Danach wäre am Geschäftssitz des Unternehmers zum Zeitpunkt der Begründung

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230 Eberstein 9. Aufl. S. 101. 231 OLG Düsseldorf OLGR 1993, 197. 232 RGZ 102, 110; BGH MDR 1978, 467; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; v. 21.10.2005, I-16 U 161/04; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 104; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 18 (zur Abrechnung), 57 (zum Buchauszug); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 36; Hopt § 87c Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2b, 6b; ebenso OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 7.8.2007, GmbHR 2008, 592 für Informationsrechte nach §§ 51a, 51b GmbHG. 233 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 18. 234 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 18. 235 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2b. 236 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 46. 237 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 70c. 238 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 44.

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des HV-Vertrags zu erfüllen.239 Folgt man der hier vertretenen, aber von der herrschenden Ansicht abweichenden Auffassung, die von einem Einheitserfüllungsort für alle vertraglichen Pflichten am Geschäftssitz des Vertreters ausgeht, läge der Erfüllungsort am Sitz des HV (Vor § 84 Rn 471 ff.; 487 ff.), und zwar für den HV kostenfrei. Bei den Abrechnungen wird man von einer Pflicht des Unternehmrs ausgehen müssen, sie an den Sitz des HV zu übersenden. Dies gilt auch für die Erteilung des Buchauszuges. Er ist auf Kosten des Unternehmers zum HV zu verbringen. Das ist insbesondere problemlos und kostengünstig, falls durch EDV-gestützte Auskünfte erfüllt werden darf (Rn 146), gilt aber auch sonst. Selbst die Versendung per Post ist günstig; die Kosten einer von Unternehmern oft geforderten Reise des HV (um den Buchauszug abzuholen) – schlimmstenfalls zum ausländischen Sitz des Unternehmers – stehen dazu außer Verhältnis. Der Buchauszug ist für den HV kostenfrei zu erteilen; hohe Kosten wirken prohibitiv und widerstreiten der zwingenden Natur des Auszugs, der auch eine tatsächliche Durchsetzungsfähigkeit des Rechts fordert. Nur wegen des Auszuges ist dem HV keine Reise an den ggf. ausländischen Sitz des Unternehmers zuzumuten. Das gilt insb. für finanzschwache HV, denen bereits die Reise an einen anderen Ort innerhalb Deutschlands, je nach Provisionshöhe, unzumutbar sein mag. Die Diskussion zur unzulässigen Einschränkung des Kündigungsrechts nach §§ 89, 89a (§ 89 Rn 90 ff.) findet hier ihr Spiegelbild. Nach der hier vertretenen Ansicht gilt: Mündliche Informationen sind auf geeignete Weise, etwa per Fernsprecher, an den HV an dessen Geschäftssitz weiterzugeben. Dokumente und Informationen in Text- oder Schriftform sind ihm dort zu übergeben.240 Das Transportmittel ist unerheblich. Die Beförderung kann z.B. per Post oder Fernkopie erfolgen, soweit nicht § 242 BGB entgegensteht. Das ist anzunehmen, sofern umfangreichere Informationen, etwa der Buchauszug, per Fernkopie übersandt werden241 oder die EDV des HV auf den Empfang der per E-Mail versandten Informationen nicht eingerichtet ist. Mündliche Auskünfte dürfen per Fernsprecher übermittelt werden. Beim Buchauszug wird teilweise von einem Gewohnheitsrecht ausgegangen, nach dem der Auszug an den HV zu übersenden sei. Jedenfalls beim Angebot der Kostenerstattung durch den HV ist der Unternehmer zur Übermittlung des Buchauszuges verpflichtet (§ 242 BGB). Das Bucheinsichtsrecht ist seiner Natur nach in den Räumen des Unternehmers 68 auszuüben,242 so dass dort sowohl nach der herrschenden wie der hier eingenommenen Ansicht der Erfüllungsort liegt. Der HV hat keinen Anspruch auf vorübergehende Überlassung der Geschäftsunterlagen.243 XI. Kosten 69

Die Kosten der Informationsrechte trägt grundsätzlich der Unternehmer.244 Auch hohe Kosten befreien ihn nicht von seinen Informationspflichten (Rn 87). Dies ist Grund für – meist verschleierte – Erpressungsversuche durch HV. Ihnen geht es oft nicht um den Inhalt der Informationen, sondern allein um die durch das Informationsverlangen

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239 BGH NJW 1988, 966 (967); Eberstein 9. Aufl., S. 101; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 57 (Buchauszug) MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 45; für den Buchauszug LG Hannover, Urt. v. 26.1.2004 – 21 O 159/03; aA, für den Buchauszug (Sitz des HV) OLG Hamburg, Beschl. v. 5.4.2005 – 6 W 15/05, S. 4, n.v. 240 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 42, 44. 241 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 42. 242 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. 243 Westphal I Rn 463; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 44; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. 244 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 45.

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verursachte Lästigkeit.245 So können für die Erstellung umfangreicher Buchauszüge, insbesondere bei Einschaltung von Buchprüfern, leicht Kosten in Höhe mehrerer zehntausend Euro anfallen.246 Bei kleineren Unternehmern mit knapper Personaldecke drohen schwere Beeinträchtigungen der Geschäftsabläufe. Nur die Kosten einer Bucheinsicht trägt abweichend von der Regelung bei den üb- 70 rigen Informationsrechten der HV. Deshalb wird Bucheinsicht erstaunlich wenig gefordert. Natürlich darf der Unternehmer die Kosten der Bucheinsicht auf freiwilliger Basis übernehmen. Die dem Vertreter selbst entstehenden Kosten, etwa für die Auswertung und Über- 71 prüfung von Abrechnungen, Auszug und Bucheinsicht, insb. Reisekosten zum Sitz des Unternehmers sowie Verdienstausfall, werden ihm nicht ersetzt, weil die Prüfung und Verwertung der erhaltenen Informationen seine Aufgabe sind.247 Auch unter dem Gesichtspunkt des Verzugs sind solche Kosten regelmäßig nicht ersatzfähig.248 Ausnahmen: 72 – eine Schadenersatzpflicht des Unternehmers nach § 280 BGB kommt in Betracht, falls sich der HV aus der Sicht eines objektiven Dritten aufgrund einer Vertragsverletzung des Unternehmers zum Verlangen nach Information herausgefordert fühlen durfte; – ein Schadenersatzanspruch ist gegeben, wenn die Informationserteilung zeigt, dass die in Hinblick auf Richtigkeit/Vollständigkeit von Abrechnungen oder Auszug geäußerten Zweifel des HV begründet waren.249 Hier trägt der Unternehmer die gesamten Kosten des HV,250 wohl auch Anwaltskosten nach RVG. Erweisen sich jedoch die Zweifel in keinem Punkt als berechtigt, liegt die Kostenlast beim HV, es sei denn, der Unternehmer hat durch pflichtwidriges Verhalten die Zweifel verursacht;251 – der Verzug des Unternehmers mit seinen Pflichten begründet erhöhte Kosten oder ein bestimmtes Informationsrecht, etwa Bucheinsicht, wird ausschließlich wegen Verzuges des Unternehmers mit seinen Informationsrechten oder einer anderen Vertragspflicht erforderlich. Zudem sind Rechtsanwaltskosten unter dem Gesichtspunkt des Verzugsschadens ersatzfähig. Wer außergerichtlich ein erkennbar unberechtigtes Informationsverlangen stellt, macht sich keiner Pflichtverletzung schuldig.252 XII. Geheimhaltungspflicht Gesetzliche oder vertragliche Geheimhaltungspflichten des Unternehmers dis- 73 pensieren ihn im Grundsatz nicht von seiner Informationspflicht. Zum BDSG unten, Rn 75. § 87c gibt dem Unternehmer insoweit eine Rechtfertigung zur Übermittlung, zumal nur über Umstände berichtet wird, welche dem HV aus seiner Vermittlungstätigkeit bekannt sind oder bekannt sein sollten. Das Interesse des Unternehmers, Daten seiner Kunden geheim zu halten, um von diesen nicht in Anspruch genommen werden zu können, kann dementsprechend ein schützenswertes Interesse an der Geheimhaltung nicht

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245 246 247 248 249 250 251 252

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Siehe Emde MDR 1999, 1108 ff. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45. Knorn BB 1972, 990; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45. AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45. BGH LM Nr. 1 zu § 87c sowie BGHZ 32, 302 (306); ebenso Seetzen WM 1985, 219. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45. AG Groß-Gerau NJW-RR 2002, 1457 (zu einem Unterhaltsrechtsverhältnis).

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begründen.253 Entscheidungen254 zu Schweigepflichten gegenüber Dritten außerhalb des HV-Unternehmer-Verhältnissen haben für § 87c keine Bedeutung. Ausländische strafrechtliche Vorschriften dürften der Informationserteilung ebenfalls nicht entgegenstehen, falls sie sich auf den deutschen Geschäftsbetrieb bezieht.255 Ein Sonderproblem besteht nur im Falle gesetzlicher Geheimhaltungspflichten, 74 insb. solcher nach dem StGB, und nur dann, wenn es um Informationen geht, die nicht in vertragskonformer Ausführung des Vertrages zwischen HV und Unternehmer angefallen sind. Es dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass sich der Unternehmer gegenüber dem HV nicht auf Schweigepflichten berufen kann, wenn es um Informationen zu Provisionen geht, die der HV durch seine vertragsgemäße Tätigkeit verdient hat. Etwas anderes kann aber für Informationen gelten, die Umstände betreffen, die nicht die vertragsgemäße Tätigkeit der Parteien betreffen, etwa Vertragsverstöße und daraus entstehende Schadenersatzansprüche. Paradigma sind Informationsansprüche betreffend die Vermittlung für einen Konkurrenten des HV oder des Unternehmers. Im Grundsatz besteht auch hier kein Geheimnisschutz. Nur im Ausnahmefall ist der Informationsanspruch ausgeschlossen. Nicht gefordert werden dürfen z.B. Informationen darüber, welche Vermögensanlagen ein Anlagevertreter mit welchen Vertragswerten an welche Kunden (vollständige Anschrift) für welche Vertriebsgesellschaft vermittelt hat. Denn nach § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB ist es dem HV strafbewehrt untersagt, ohne Einwilligung des Kunden die als Angehöriger eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung anvertrauten oder bekannt gewordenen Geheimnisse zu offenbaren.256 Dies gilt nicht nur für gesundheitliche Daten des Kunden, sondern auch für den Umstand, dass er zur Absicherung bestehender oder künftiger gesundheitlicher Risiken finanzielle Vorsorgemaßnahmen getroffen hat.257 Auch die Tatsache, dass sich ein Kunde bei einem Wettbewerber versichert hat, unterliegt der Geheimhaltungspflicht.258 Eine Weitergabe von Daten ohne Einverständnis des Berechtigten könnte allenfalls in Erwägung gezogen werden, wenn der Gläubiger hierdurch weitgehend schutzlos Vertragsverstößen seiner VV ausgesetzt wäre.259 Auch außerhalb der Sparten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung und damit außerhalb des Schutzbereiches des StGB kann im Einzelfall260 unter Abwägung der wechselseitigen Interessen ein Anspruch etwa auf Nennung der Namen und Anschriften der VN zu verneinen sein.261 Der BGH262 hat ausgeführt, zur Vorbereitung eines Anspruchs auf Ersatz des dem Unternehmer aus der vertragswidrigen Tätigkeit des HV für einen Konkurrenten entgangenen Gewinns seien diese Informationen nicht unmittelbar erforderlich.263 Sie ermöglichten für sich genommen keine Schätzung des entgangenen Gewinns auf der Grundlage vermittelter Verträge. Das Inte-

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253 BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – VII ZR 97/11, BeckRS 2012, 00394 Rn 8 (Buchauszug); v. 25.1.2006 – VIII ZB 33/05 Rn 5. 254 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20; OLG München, Urt. v. 29.7.2010 – 23 U 5643/09, BeckRS 2010, 20437. 255 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. 256 BGH, Urt. v. 10.2.2010 – VIII ZR 53/09, BeckRS 2010, 04932 Rn 20; OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216). 257 OLG München, Urt. v. 29.7.2010 – 23 U 5643/09, BeckRS 2010, 20437. 258 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216). 259 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216). 260 Korte EWiR 2014, 182: Es handelt sich nicht um eine allgemeine Regel. 261 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 262 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 263 So auch OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216).

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resse, die Richtigkeit einer erteilten Auskunft zu überprüfen, rechtfertige die Erstreckung der Auskunft auf die Namen und Anschriften der VN nicht. Grds. könne sich ein Auskunftsanspruch zwar auf Umstände erstrecken, die dem Gläubiger eine Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit einer Auskunft ermöglichen.264 Im vom BGH entschiedenen Fall überwiege indes das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse das Informationsinteresse.265 Zu berücksichtigen sei, dass eine Nennung nicht geeignet sei, die Vollständigkeit einer Auskunft über vermittelte Verträge verlässlich zu belegen, da aus ihr nicht hervorgehe, ob weitere Verträge vermittelt worden seien. Zu Gunsten des Informationschuldners, im Fall des BGH ein HV, sei zu berücksichtigen, dass es sich bei den Namen und Anschriften um Angaben handelt, die wettbewerblich besonders sensibel und die zudem auf natürliche Personen bezogen seien, deren informationelles Selbstbestimmungsrecht durch eine Auskunft tangiert werde.266 Auf Seiten des Konkurrenten, für den der HV jetzt tätig sei, bestehe ein Interesse, dass die Namen und Anschriften der für ihn geworbenen Kunden nicht bekannt werden, und dass der HV dieses Interesse, soweit möglich, zu wahren habe.267 Entsprechendes soll auch für Namen und Anschriften der für die Partnerunternehmen des Unternehmers geworbenen VN gelten, sofern der Unternehmen oder dessen Partnerunternehmen an der Verletzung des Wettbewerbsverbots nicht vorsätzlich mitgewirkt hätten.268 Soweit ein Geheimnisschutz anzuerkennen ist (was der Schuldner zu beweisen hätte), kann die Auskunft zu anonymisieren oder auf sonstige Weise beschränkt werden,269 mglw. durch Anordnung der Herausgabe der Bücher nur an einen der Schweigepflicht unterliegenden Sachverständigen,270 etwa eines WP, der dem Gläubiger lediglich die Tatsache der Vertragsverletzung und die Höhe des entstandenen Schadens mitteilt, nicht jedoch personenbezogene Daten des Kunden.271 Falls § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB oder andere gesetzliche Vorschriften die Informationserteilung an Dritte verbieten, wird dies jedoch nicht helfen, da bereits die Informationsweitergabe an den WP oder Sachverständigen dieser Norm widerspricht272 (Gegenargument: Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB). Nach den Besonderheiten des Einzelfalls hat der BGH273 dem Auskunft begehrenden Unternehmer allerdings entgegengehalten, angesichts des begrenzten Werts, den die Namen und Anschriften der VN für die Schätzung des entgangenen Gewinns hätten,274 sei dem Auskunftsbegehren auch nicht mit der Einschränkung eines WP-Vorbehalts stattzugeben. Der Einwand vertraglichen Geheimnisschutzes dürfte nicht valide sein, falls der Begünstigte Kenntnis eines Vertragsbruchs hatte. Denn er muss dann als „Mittäter“ mit der Offenlegung und dem Auskunftsverlangen rechnen. Allzu strenge Maßstäbe sind im Interesse des auf die Auskunft angewiesenen Geschädigten

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264 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); v. 7.12.1979 – I ZR 157/77, GRUR 1980, 227 (233) – Monumenta Germaniae Historica; v. 17.5.2001 – I ZR 291/98, BGHZ 148, 26 (37) – Entfernung der Herstellungsnummer II. 265 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 266 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 267 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 268 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 269 Vgl. BGHZ 10, 387; Hopt § 86 Rn 32. 270 Hopt § 86 Rn 32. 271 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216). 272 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216). 273 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170. 274 So auch OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213 (2216).

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kaum angebracht. In jedem Fall muss der Informationsschuldner substantiiert zu einem Geheimnisschutz vortragen.275 Damit ist der Informationsgläubiger nicht schutzlos. Falls die Informationen dringend erforderlich sind, wird ein Gericht sie dem Gläubiger gewähren. XIII. Datenschutzrecht 75

Datenschutzrechtliche Gründe stehen der Ausübung der Kontrollrechte nicht entgegen.276 § 87c gestattet die Weitergabe der Informationen. Das gilt zunächst für das BDSG: Die Übermittlung kundenbezogener Daten von einem Unternehmer an seine HV bedarf als Auftragsdatenverwaltung i.S.d. § 11 BDSG keiner weiteren Einwilligung der Kunden.277 Gleiches gilt für das (Schweizer) Bankgeheimnis: Die Erteilung gesetzlich geschuldeter Auskünfte – etwa eines Buchauszuges – an einen von ihr beauftragten HV durch eine Bank stellt keinen Verstoß etwa gegen Art. 47 des Schweizerischen Bankengesetzes dar.278 XIV. Vertraulichkeit

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Die erlangten Informationen darf der HV nur für die Zwecke des HV-Vertrags, z.B. zur Kontrolle seiner Zahlungsansprüche, verwenden. Im Übrigen hat er sie vertraulich zu behandeln (§ 90).279 Zum Geheimhaltungsinteresse des Unternehmer Rn 73 ff. Wo der Unternehmer Missbrauch erwartet, sollte er beim Einsichtsrecht des HV (unten, Rn 172 ff.) die Einsichtnahme durch den Wirtschaftsprüfer oder Sachverständigen wählen. XV. Zwingende Natur (§ 87c Abs. 5)

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Die Informationsrechte des § 87c dienen dem Schutz des wirtschaftlich meist schwächeren HV und sind aus diesem Grunde gem. Abs. 5 unentziehbar und unverzichtbar,280 soweit sie noch nicht entstanden sind, also insb. für zukünftige Zeiträume. Wie der Vergleich des Wortlauts des § 87c Abs. 5 mit § 89b Abs. 4 zeigt, darf ein Verzicht grundsätzlich auch nicht nach Vertragsende281 oder nach fristloser Kündigung wegen schuldhaften Verhaltens des HV282 erklärt werden, außer für bereits abgeschlossene Zeiträume. Dagegen verstoßende Abreden sind gem. § 134 BGB unwirksam.283 Die Ansprüche können nur für den jeweiligen Abrechnungszeitraum dadurch erlöschen, dass die Abrechnung erteilt und anerkannt wird. Die zwingende Natur trifft jedoch nur Informationen zu handelsvertretertypischen Vergütungen,284 nicht also zu Hebegebühren285 oder zu tätigkeitsbezogenen Vergütungen.286 Eine AGB, welche die Informationsrechte insgesamt und nicht

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275 OLG Rostock, Urt. v. 4.4.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde) bei einem Verstoß des HV gegen ein Wettbewerbsverbot. 276 Im Ergebnis: OLG Brandenburg, Urt. v. 28.12.2000 – 6 U 250/99: HV sei nicht Dritter (kartellrechtlich richtig, zivilrechtlich nicht); LG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2009 – 40 O 49/08. 277 Evers/Kiene NJW 2003, 2726 (2728). 278 OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.9.2006 – 1 U 34/06, WM 2007, 351 = VersR 2007, 1514. 279 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17c. 280 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 104; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 1. 281 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 50; aA Westphal I Rn 434. 282 Seetzen WM 1985, 217; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 50. 283 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 104. 284 Vgl. Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 21. 285 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 20. 286 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 21.

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nur für diese zulässigen Ausschlusstatbestände abbedingt, ist in Gänze unwirksam. Hat der HV – unwirksam – auf die Informationsrechte verzichtet, kann er jene für den unverjährten Zeitraum gleichwohl durchsetzen, solange noch keine Erfüllung vorliegt. Ein Verstoß gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens liegt hierin regelmäßig nicht,287 weil sonst die Unabdingbarkeit umgangen würde. Eine Konkretisierung der Informationspflichten mittels Vereinbarung bleibt möglich, solange die Grenze zur Derogation nicht überschritten wird. Insbesondere darf der Unternehmer sein Wahlrecht, ob das Bucheinsichtsrecht durch den HV persönlich oder durch einen Wirtschafts- oder Buchprüfer ausgeübt wird im Voraus, auch im HV-Vertrag, ausüben,288 weil insoweit nur ihm ein Recht gegeben wird. Für vergangene Zeiträume darf der HV im Grundsatz auf seine Informationsrechte 78 verzichten, soweit der Vorgang abgeschlossen ist, selbst während des bestehenden Vertrages.289 § 87c Abs. 5 steht nur einem Verzicht auf zukünftige Informationsansprüche entgegen,290 insb. nach Vertragsende.291 Der Sache nach handelt es sich hierbei um eine Einschränkung des weitergehenden Wortlauts unter dem Gesichtspunkt mangelnder Schutzbedürftigkeit, für die allerdings der begünstigte Unternehmer beweispflichtig ist. Der Verzicht muss jedoch regelmäßig ausdrücklich erfolgen.292 Es lässt sich gut vertreten, dass die Einschränkung des Wortlauts, d.h. ein solcher Verzicht, nicht möglich ist, solange und soweit der Unternehmer – meist etwa während des bestehenden Vertragsendes – auf den HV wirtschaftlichen Druck ausüben kann, nach Vertragsende z.B. aufgrund der fehlenden Auszahlung des Ausgleichsanspruchs (vgl. zum Parallelproblem § 90a Rn 9 ff.). Lässt sich eine freie Entscheidung des HV durch den Unternehmer nicht sicher nachweisen, bleibt es beim Wortlaut des Abs. 5, nach dem die Derogation unzulässig ist. Wegen ihrer zwingenden Natur werden die Informationsrechte nicht durch eine ver- 79 tragsbegleitende oder nachvertragliche Konkurrenztätigkeit des HV ausgeschlossen oder modifiziert.293 Dies ergibt sich schon daraus, dass sich die Informationen – außer zur Bestimmung der nachvertraglichen Provision – nur auf die Zeit der Vertragsbeziehung beziehen, dem HV also nichts mitgeteilt wird, was ihm nicht als Vertragspartner bekannt sein dürfte. Der HV hätte auch vor Aufnahme einer Wettbewerbstätigkeit die Informationen fordern können, ohne dass bei Informationserteilung der Einwand nachvertraglichen Wettbewerbs hätte erhoben werden können. Jedenfalls darf sich der Unternehmer durch rechtzeitige Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 87c Abs. 4 vor einer Bucheinsicht durch den Vertreter persönlich schützen.294 Nur in Fällen evidenten Missbrauchs mag der Informationsanspruch ausgeschlossen sein. Das Verbot des § 87c Abs. 5 erfasst Gestaltungen, die Rechte des HV direkt oder mit- 80 telbar295 beschränken oder ausschließen, etwa

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287 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 50. 288 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18. 289 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 105; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 66; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32, 85. 290 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32. 291 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 66. 292 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 85. 293 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 35. 294 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 35. 295 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 52.

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falls der Abrechnungszeitraum für Provisionen über das gesetzlich zulässige Maß, beispielsweise auf ein Jahr,296 verlängert wird.297 Über andere Vergütungsformen darf auch binnen eines längeren Zeitraumes abgerechnet werden;298 die Regelung, dass statt Buchauszug nur Bucheinsicht genommen werden darf; Genehmigung oder Anerkenntnis der Provision durch Untätigkeit/Schweigen/widerspruchslose Entgegennahme – z.B. von Abrechnungen – fingieren;299 die Beweislast für das Nichtbestehen solcher Genehmigungen, Anerkenntnisse oder § 87c widersprechender Abreden dem HV auferlegen;300 wenn Provisionsansprüche des HV in ein Kontokorrent mit fingiertem Anerkenntnis gestellt werden;301 eine Pflicht zum Widerspruch gegen Abrechnung oder Zahlungen ausdrücklich vorschreiben, um eine Anerkenntnisfiktion zu erreichen;302 in sonstiger Weise Rechtsverfolgung oder Verteidigung des HV – z.B. durch Provisionsrückbelastung – in einer gegen Sinn und Zweck des § 87c verstoßenden Weise beschränken, selbst wenn dies nur mittelbar durch eine dem HV nachteilige Kostenregelung für die Wahrnehmung seiner Informationsrechte geschieht; durch die vertraglich vorgesehene Erteilung einer „Schlussrechnung“, nach welcher der HV mit weiteren Forderungen ausgeschlossen sein soll;303 falls vertragsbegleitend und vor Fälligkeit ein Verzicht des HV auf die Informationsrechte erklärt werden soll,304 außer für vergangene Zeiträume. Der HV kann also nach einem unwirksamen Verzicht – auch rückwirkend für den unverjährten Zeitraum und sofern nicht ausnahmsweise § 242 BGB entgegensteht – die Informationsrechte einfordern; Zurückbehaltungsrechte – z.B. wegen angeblicher Schadenersatzansprüche – gegenüber dem Informationsrecht erlauben oder vereinbaren.305 Solche Rechte bestehen allenfalls gegenüber Provisionsansprüchen.306 Die Kontrollrechte sollen aber gerade klären, ob Provisionsansprüche existieren.307 XVI. Informationsinteresse

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Ungeschriebenes TB-Merkmal aller Auskunftsrechte ist ein Informationsinteresse des HV. In Abs. 3 wird es durch das TB-Merkmal der „Wesentlichkeit“ besonders hervorgehoben. Nur wird das Informationsinteresse regelmäßig vermutet. Die Informationsrechte bedingen nach ihrem Grunde nicht, dass tatsächlich Provisionen zu zahlen sind oder der HV keine Kenntnis seiner Provisionsansprüche besitzt.308 Es genügt für die Anspruchsentstehung dem Grunde nach, dass die Entstehung von Provisionsansprüchen

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296 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 10. 297 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 10. 298 Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 87c Rn 8. 299 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 104; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 51; Hopt § 87c Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32. 300 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 52. 301 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 51. 302 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 51. 303 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 52. 304 AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2d. 305 RGZ 102, 110 (111); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 25; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2b, 6b. 306 Hopt § 87c Rn 29. 307 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 25. 308 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 9, 16.

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möglich ist.309 Diese Möglichkeit ist bereits durch den Vertragsschluss indiziert. Einen Gegenbeweis hätte der Unternehmer zu führen. Mithin ist zwischen Anspruchsgrund und Anspruchsinhalt zu unterscheiden. Der Anspruchsgrund existiert auch dann, wenn der Unternehmer einwendet, es seien keine Provisionen geschuldet. Ob dies zutrifft, soll sich gerade durch die Informationserteilung beweisen. Gibt es keine Geschäfte, die der HV vermittelt hat, ist die zu erteilende Auskunft als Negativattest (Rn 61 ff., 143) kurz: Der Unternehmer kann sich darauf beschränken, mitzuteilen, vom HV seien keine Geschäfte vermittelt worden. Der HV braucht sein vermutetes Informationsinteresse folglich nicht darzulegen. Vielmehr müsste es der Unternehmer widerlegen. Gegenteiliges ist nur beim Auskunftsanspruch nach Abs. 3 zu vertreten. Dort muss der HV die „Wesentlichkeit“ der geforderten Information darlegen und beweisen. Nur in Evidenzfällen kann die mittels des Vertragsschlusses hervorgerufene Vermutung für das Bestehen eines Informationsinteresses durch die Umstände widerlegt sein. Besondere Bedeutung hat das Informationsinteresse in Missbrauchsfällen (Rn 82 ff.). XVII. Rechtsmissbrauch Im Spannungsverhältnis zum Unabdingbarkeitsgrundsatz steht das Institut des 82 Rechtsmissbrauchs. Grundsätzlich trägt das Verlangen nach Information seine Rechtfertigung in sich310 und ist nicht rechtsmissbräuchlich.311 Gegenüber der Geltendmachung von Informationsrechten nach § 87c greift daher der Missbrauchseinwand nur ganz ausnahmsweise ein.312 Der HV braucht den Wunsch nach Information nicht zu begründen313 oder zu rechtfertigen.314 Jedoch steht das Informationsrecht – wie jedes andere Recht – unter dem Vorbehalt des Rechtsmissbrauchs sowie Treu und Glaubens bzw. der Verwirkung.315 Die zeit- und kostenintensiven Informationsrechte bergen – da ohne vertragliche Verkürzung der Verjährungsfrist insbesondere der Buchauszug regelmäßig über einen drei- bis ggf. fast vierjährigen Zeitraum mit zehntausenden von Einzeldaten gefordert werden kann – erhebliches Druckpotential,316 welches auch in der forensischen Praxis spürbar und bemängelt wird.317 Dies gilt gerade für die Versicherungswirtschaft, wo die Fertigung von Abrechnung und Buchauszug aufgrund der laufenden Prämienzahlung,318 der damit einhergehenden laufenden Provisionsfälligkeit sowie der zahlreichen Hauptund Untervertreterverhältnisse, etwa im Strukturvertrieb, besonders aufwendig sein kann. Versicherer haben darauf mit EDV-gestützten Abrechnungssystemen reagiert, die auch buchauszugsfähig sind. Gleichwohl: Wo allein der Ausgleich im Streite stehen sollte, wird trotz fehlendem Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnungen zwecks Steigerung der Lästigkeit ein Buchauszug gefordert. Angesichts sechsstelliger Summen, die für dessen Fertigung aufzuwenden sein können,319 mag die Taktik erfolgreich sein. Nicht selten müssen

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309 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 9. 310 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 2. 311 LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10, best. durch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 34. 312 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05. 313 OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 101. 314 OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471) in Anschluss an BGH VersR 2001, 760 (763); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. 315 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. 316 Müller-Stein VersR 2001, 830. 317 LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde). 318 Westphal I Rn 658 ff. 319 BGH ZIP 2001, 876.

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Unternehmer zusätzlich einstellen, um dem Auszugsverlangen zu entsprechen. Dauert die Erstellung dann, reagieren die HV mit einem Ersatzvornahmeantrag nach § 887 Abs. 1 ZPO. Dies kann – muss aber nicht – Schikane (§ 226 BGB) sein.320 Deren Voraussetzungen müsste angesichts der für die Rechtmäßigkeit des Informationsverlangens streitenden Vermutung der Unternehmer darlegen und nachweisen,321 was kaum gelingen kann.322 Das Rechtsschutzbedürfnis wird vermutet, weil § 87c die Annahme der Berechtigung des Anliegens in sich trägt. Wird jedoch feststellbar, dass der HV Informationsrechte allein deshalb geltend macht, um dem Unternehmer zu schaden, d.h., dass bei objektiver Würdigung kein Informationsbedürfnis existiert,323 liegt ein Verstoß gegen die §§ 226, 242 BGB vor, der den Anspruch auf Information ausschließt.324 Der Auskunftsanspruch ist zwar gem. § 87c Abs. 5 unabdingbar. Dies bedeutet aber 83 nicht, dass er nicht verwirkt, genauer: ihm der Einwand des Rechtsmissbrauchs aus den §§ 242, 226 BGB entgegengehalten werden kann.325 Jedes Zivilrecht steht unter den Schranken dieser Normen. Dem Vertreter darf kein Auskunftsrecht zugebilligt werden, welches er für andere Zwecke missbraucht. Ob der HV während der Dauer des Vertretervertrages die Rechte aus § 87c verwirken kann, wird folglich nicht durch § 87c Abs. 5 entschieden.326 In seiner Entscheidung MDR 1996, 372327 hat der BGH zwar in Abkehr von einer Rspr. aus dem Jahre 1965328 ausgesprochen, dem Schweigen des Repräsentanten könne kein negatives Schuldanerkenntnis beigemessen werden. Also führt es ohne weitere Besonderheiten des Falles auch nicht zur Verwirkung.329 Der BGH präzisierte aber nicht, wann die Grenze überschritten wird, oberhalb derer der HV unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§§ 242, 226 BGB; auch § 86 Abs. 1: Interessenwahrungspflicht des Mittlers) mit der Forderung nach den in § 87c angesprochenen Auskünften ausgeschlossen ist. 84 Oft fällt den Mittlern erst nach Beendigung des Vertrages, lange nach Fälligkeit der Informationsrechte und – besonders verdächtig – unbefriedigenden Ausgleichsverhandlungen die Forderung nach Information ein. Handelt der HV dann, um den Unternehmer zur Zahlung des zuvor geforderten Ausgleichs oder zu einem Vergleichsabschluss zu motivieren,330 liegt der Gedanke des Rechtsmissbrauchs nahe.331 Der HV mag einen Anspruch auf Ausgleich haben, nicht aber auf außerhalb der Mittel-Zweck-Relation liegende weitere Druckmittel. Die Mittel-Zweck-Relation ist nur gewahrt, sofern der HV eine Zahlungsklage erhebt, ohne hiermit grundlos nicht konnexe Forderungen, wie eine Informationsforderung, zu verbinden.

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320 Emde EWiR 2001, 731 (732); Emde VersR 2002, 157. 321 Emde EWiR 1999, 327. 322 v. Manteuffel/Evers EWiR 1998, 951; Emde EWiR 1999, 327. 323 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 34. 324 Kukat DB 2002, 1646 (1648); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 34. 325 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199; OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde); Emde MDR 1999, 1108 (1110); Emde EWiR 1999, 327; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 34; Hopt § 87c Rn 19; Westphal I Rn 719; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18; wohl auch BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2494) Rn 24 (dort verneint); zum Gesellschaftsrecht BGH, Urt. v. 5.2.2013 – II ZR 136/11, WM 2013, 603 Rn 39; v. 11.1.2011, WM 2011, 317 = ZIP 2011, 322 Rn 22. 326 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18. 327 = ZIP 1996, 129. 328 BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434. 329 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Emde MDR 1996, 331 (333). 330 Hierzu von Manteuffel/Evers EWiR 1998, 951; Emde EWiR 1999, 327. 331 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05; LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde).

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Die Informationsrechte sind also kein Selbstzweck.332 Die Verteilung der Darlegungs- 85 last kehrt sich zugunsten des Unternehmers um, wenn der HV während der Vertragslaufzeit über einen langen Zeitraum, z.B. über Jahre hinweg, nie Anlass zur Beanstandung der Abrechnungen sah und seine Untätigkeit nicht erklären kann. Dies gilt insb., wenn eine kontinuierlich erstellte und übermittelte, jedenfalls für den HV und den Unternehmer aus sich heraus verständliche Abrechnung über einen längeren Zeitraum unwidersprochen geblieben und nicht ernsthaft zweifelhaft ist, sich der geltend gemachte Buchauszugsanspruch auf den gesamten unverjährten Provisionszeitraum beziehen soll sowie der Auszug für alle Geschäfte erstrebt wird, in nahem zeitlichem Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um Ausgleichsansprüche nach § 89b steht und nicht dargelegt wird, warum der HV der ergänzenden Informationen ernstlich bedarf.333 Fordert der HV nun im Anschluss an gescheiterte Ausgleichsverhandlungen überraschend Informationen in dem Wissen, dies werde dem Unternehmer erhebliche Mühe bereiten, bzw. führe zu einem wirtschaftlich kaum vertretbaren Aufwand, so spricht dies für einen Rechtsmissbrauch,334 falls er keine nachvollziehbaren Gründe für die Forderung oder sein Schweigen anführen kann.335 Der nicht näher detaillierte Wunsch, die Vertragsbeziehung während ihrer Laufzeit nicht zu belasten, dürfte regelmäßig eine zu wenig substantiierte Erklärung bilden. Besonders nahe liegt der Gedanke des Rechtsmissbrauchs, wenn der Mittler nach Vertragsende und jahrelangem Schweigen auf die Abrechnungen zunächst nur den Ausgleich oder eine Abfindung fordert. Entstehen dann Meinungsverschiedenheiten über die Höhe und verlangt der HV erst jetzt Informationen, indiziert dies den Rechtsmissbrauch. Darzulegen hat nun der HV, welche Gründe ihn bewogen, zunächst langjährig zu schweigen, um überraschend sein Recht auf Information zu suchen. Gleiches gilt für die unmotivierte Verbindung von Ausgleichs- und Auskunftsklage ohne Gründe, welche die Unrichtigkeit der Abrechnung zumindest als möglich erscheinen lassen (§ 259 Abs. 2 BGB analog).336 Nicht anders als bei der Widerlegung eines Anscheinsbeweises trägt die Vermutung für ein Rechtsschutzbedürfnis also nicht, falls Indizien zum Gegenteil existieren. BGH MDR 1996, 372337 steht nicht entgegen. Denn der BGH richtete über die Wirkung des Schweigens auf Abrechnungen, nicht über die Darlegungslast in Verdachtsfällen.338 Dem HV obliegt es bei Vorliegen für einen Rechtsmissbrauch sprechender Indizien, nachvollziehbar darzulegen, weshalb er die Informationen zum jetzigen Zeitpunkt, d.h. zur „Unzeit“, fordert. Kann er etwa die Möglichkeit von Unrichtigkeiten der Abrechnungspraxis des Unternehmers darlegen, hat er genug Gründe für seine Forderung vorgebracht. Gleiches gilt, wenn der HV bei einer vertragsbegleitenden Forderung eine ordentliche Kündigung zu fürchten gehabt hätte. Besonders hohe Anforderungen dürfen an den Vortrag des HV nicht gestellt werden, weil weder Abrechnung noch Buchauszug oder Auskunft – anders als die Bucheinsicht – Zweifel an der Richtigkeit zuvor gegebener Informationen voraussetzen (Rückschluss). Nur wenn der Unternehmer darauf wieder darlegen und beweisen kann, die vorgetragenen Unrichtigkeiten seien nicht bestehend, entfällt der Informationsanspruch.

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332 LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde). 333 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05 im Anschluss an LG Hannover VersR 2001, 764 (765). 334 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05; LG Hannover VersR 2001, 764 = EWiR 2001, 731 (Emde); Emde MDR 1999, 1108 (1111). 335 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05. 336 Emde EWiR 2001, 731 (732). 337 = ZIP 1996, 129; unternehmerfreundlicher LG Frankfurt/M. VersR 1998, 1238; OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017; OLG Naumburg VersR 1999, 578. 338 Emde EWiR 2001, 731 (732).

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Rechtsmissbrauch soll fehlen, sofern bei der Forderung nach dem Auszug eine Verbesserung der Verhandlungsposition des HV in Hinblick auf die Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs lediglich eine Rolle gespielt hat, der Unternehmer jedoch nicht nachweist, dass der HV in Wirklichkeit kein Interesse an der Erteilung des Buchauszuges besitzt, sondern es nur darum gehe, ein Druckmittel für Verhandlungen über den Ausgleich zu erlangen.339 Insbesondere wenn in der vorprozessualen Korrespondenz weder direkt noch indirekt das Buchauszugsrecht mit einem Entgegenkommen des Unternehmers hinsichtlich des Ausgleichs verknüpft worden sei, fehle es an einer Rechtsmissbräuchlichkeit. Ein Verstoß gegen das Schikaneverbot nach § 226 BGB liege nur dann vor, wenn die Geltendmachung des Anspruchs allein den Zweck haben könne, dem Unternehmer Schaden zuzufügen. Ein besonderes rechtliches Interesse an der Erteilung des Buchauszuges brauche nicht dargetan zu werden. 87 Hohe Kosten340 oder angeblich unverhältnismäßiger Aufwand341 führen nicht zur Missbräuchlichkeit des Informationsverlangens. Der BGH342 hat fehlende Rechtsmissbräuchlichkeit etwa bei für die Fertigung des Buchauszuges entstehenden Kosten von rd. 141.000 EUR verneint. Ein Unternehmer, der HV beschäftige, müsse jederzeit mit einem Informationsverlangen rechnen und seinen Betrieb so organisieren, dass die Fertigung möglich sei.343 Rechtsmissbrauch soll vorliegen, wenn dem HV bereits alle für die Prüfung seiner Provisionsabrechnung erforderlichen Angaben vorliegen, so dass von der Erteilung des Buchauszuges kein weiterer Vorteil zu erwarten ist und der HV jederzeit auf das EDV-Agentur-Informationssystem des Unternehmens Zugriff nehmen konnte.344 In Wahrheit dürfte es sich um einen Erfüllungseinwand handeln. Wenn der HV durch eine Bezifferung des Antrags deutlich macht, dass er keine Auskunft, etwa nach § 87c Abs. 3, benötigt, soll gleichfalls das Rechtsschutzbedürfnis für die begehrten Auskünfte fehlen.345 Ob allein die Koordinierung von Klagen durch Dritte und die Konzentration zahlreicher Klagen auf wenige Rechtsanwälte zu einem Rechtsmissbrauch führen,346 erscheint zweifelhaft, ist jedoch eine Frage des Einzelfalls. Unternehmer können das in der Informationsforderung liegende Druckpotential 88 entweder durch vollständige – und dokumentierte – vertragsbegleitende Informationen (in der Praxis gelingt dies kaum) oder durch Verkürzung der Verjährungsfrist, etwa von 3 Jahren auf 1 Jahr,347 reduzieren (Rn 54). Denn die Kontrollrechte des § 87c bestehen nur, solange das Hauptrecht, der Provisionsanspruch, noch durchgesetzt werden kann. Ist es verjährt, kann auch das Informationsrecht nicht mehr durchgesetzt werden (Rn 32 ff.).

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339 OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); VersR 2001, 760 (763). 340 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 24; v. 21.3.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 = DB 2001, 1409; BGHZ 56, 290 (296); OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028 (zum Buchauszug); Emde MDR 1999, 1108 (1110); Kukat DB 2002, 1646 (1648); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 105; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 32. 341 OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08 n.v. (Buchauszug). 342 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde) – Buchauszug; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08 (Buchauszug). 343 BGH ZIP 2001, 876 = MDR 1996, 372 = EWiR 2001, 631 (Emde). 344 LG Köln, Urt. v. 1.4.2004 – 2 O 287/03, n.v. 345 OLG Köln, Urt. v. 14.11.2013 – 19 U 51/13, BeckRS 2014, 10199. 346 OLG Hamm, Beschl. v. 4.6.2012 – 18 U 2013, BeckRS 2014, 08705; LG Münster, Urt. v. 26.10.20111 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697. 347 Emde MDR 1999, 1108 ff.; Emde EWiR 2001, 631 (632).

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C. Die Informationsrechte im Einzelnen I. Abrechnung (§ 87c Abs. 1) Der Unternehmer hat dem HV gegenüber die Provision periodisch und ohne be- 89 sondere Aufforderung abzurechnen. Die Abrechnung ist der Grundtatbestand der Informationsrechte.348 Dies ergibt sich aus der systematischen Stellung in Abs. 1 des § 87c, dem Umstand, dass die Abrechnung unaufgefordert zu erteilen ist sowie dass sie die „Essentialia“ der provisionsrelevanten Tatsachen mitteilt. Die weiteren Informationsrechte des § 87c ergänzen lediglich die „Grundinformationen“, welche in der Abrechnung mitgeteilt wurden. Die Abrechnung ist kostenfrei zu erteilen; der Unternehmer darf von dem HV keine Kosten verlangen.349 1. Zweck. Die Abrechnung soll den HV in die Lage versetzen, unter Vergleich mit 90 seinen eigenen Unterlagen zu prüfen, ob alle Provisionen, auf die er nach den §§ 87, 87a oder einer von diesen Normen abweichenden Vertragsbestimmung Anspruch hat, lückenlos erfasst sind und damit zur Grundlage für die von dem Unternehmer zu erbringenden Zahlungen gemacht wurden.350 Auch hier ist der Begriff der Provision weit im Sinne jeder versprochenen, variierenden Vergütung zu verstehen. Dass der HV sie zu anderen Zwecken innerhalb des HV-Vertrags verwendet, ist nicht zu beanstanden (Beispiel: Ausgleichsberechnung). Nicht i.S.d. § 87c abzurechnen ist allein über handelsvertreteruntypische Vergütungen,351 z.B. sogenannte „Hebegebühren“ eines VV,352 wobei die Abgrenzung im Einzelfall schwierig und eine Analogie angebracht sein dürfte. Es besteht zumindest ein Auskunftsanspruch gem. § 242 BGB. Der Abrechnungsanspruch besteht auch, wenn sich der HV anhand eigener Aufzeichnungen selbst unterrichten kann (Ausnahmen: §§ 242, 226 BGB).353 2. Inhalt. Aus diesem Zweck folgt, dass die Provisionsabrechnung alle abzurech- 91 nenden Geschäftsvorfälle auf der Grundlage der vertraglich vereinbarten Provisionssätze enthalten muss, soweit sie relevant sind.354 In die Abrechnung gehören vollständig, klar, überprüfungsfähig und übersichtlich dargestellt,355 die im Abrechnungszeitraum angefallenen Provisionen jeder Art nach Grund und Höhe sowie bei unterschiedlichen Provisionssätzen der vom Unternehmer jeweils berechnete356 aus sämtlichen vom HV vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte, für welche im Abrechnungszeitraum die Provisionszahlungspflicht nach Eintritt der aufschiebenden Bedingung gem. § 87a Abs. 1 oder 3 entstanden ist.357 Das sind nicht nur die Provisionen, die der Unternehmer

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348 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 2. 349 BGH, WM 2001, 1258 (1262); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 23; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 16. 350 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 22; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 59; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 11. 351 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 21. 352 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 20. 353 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 95/05. 354 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 22. 355 BGH WM 1981, 991 (993); OLG Karlsruhe HVR Nr. 494; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 11. 356 Seetzen WM 1985, 213; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 357 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 59.

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anerkennen und erfüllen will358 (also möglicherweise gar keine), sondern diejenigen, die geschuldet sind und die er leisten muss. Notfalls muss der Unternehmer, um die Anerkenntnisfunktion auszuschließen, einen Vorbehalt erklären. Fehlt ein Provisionsanspruch innerhalb des Abrechnungszeitraums, braucht der Unternehmer – wie Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ergeben – nicht abzurechnen. Auch eine Fehlanzeige ist dann nicht nötig,359 jedoch auf Anforderung als Auskunftsanspruch nach Abs. 3 geschuldet. Die Abrechnung hat ein rechenmäßiges Ergebnis auszuweisen.360 92

a) Erforderliche Informationen. Insbesondere über folgende Vergütungsansprüche ist abzurechnen: – Abschluss- und Vermittlungsprovisionen;361 – Delkredereprovisionen;362 – entstandene, jedoch durch Nichtleistung des Dritten gem. § 87a Abs. 2 wieder entfallende Provisionen (Abzugsbetrag);363 – Fixum, jedoch nur bei Gegenrechnung von Provisionsvorschüssen;364 – Geschäfte, die gem. § 87 i.V.m. § 87a Abs. 3 nicht so ausgeführt wurden, wie sie abgeschlossen wurden, gleichwohl aber zu einer Provisionspflicht führen können;365 – gesetzliche und vertragliche Provisionsvorschüsse;366 – Inkassoprovisionen;367 – nachvertraglich fällig werdende Provisionen368 (der Unternehmer muss insoweit ggf. auch nach Vertragsende abrechnen);369 – Passivsaldi aus vorangegangenen Abrechnungen; – solche Provisionsansprüche, die aus Geschäften stammen, die erst nach Beendigung des HV-Vertrags zustande kommen, allerdings erst im Moment ihrer Fälligkeit. Fallen z.B. nach Ende des HV-Verhältnisses noch Überhangprovisionen (§ 87 Abs. 3) oder Provisionen aus Geschäften an, die der HV während seines Vertragsverhältnisses abgeschlossen hatte und die erst jetzt zur Ausführung gelangt sind, mit anderen Worten nachverprovisioniert werden müssen, so sind unaufgefordert und in pe-

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358 AA BGH WM 1990, 710 (711); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21; Oetker/Busche § 87c Rn 7; Hopt § 87c Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 12, 19. 359 AA wohl Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 360 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21; Westphal I Rn 627. 361 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 25 ff.; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 14. 362 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 41; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 28; Westphal I Rn 628; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 15; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 17. 363 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13, 15. 364 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 29. 365 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 23; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 14. 366 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 37; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21, 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 14. 367 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 41; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 28; Westphal I Rn 628; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 15; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 17. 368 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 25. 369 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 25, 35.

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riodischer Fortsetzung solange Abrechnungen zu erteilen, bis alle Provisionsanwartschaften der bezeichneten Art abgewickelt sind;370 Provisionsvorschüsse;371 Provisionsrückzahlungsverpflichtungen aus stornierten Geschäften; Stornoprovisionen; Überhangprovisionen;372 Verwaltungsprovisionen.373

Mitzuteilen sind damit alle Tatsachen, welche der HV für die Ermittlung und 93 Überprüfung der Provisionszahlungen und ihrer Vollständigkeit benötigt.374 Im Einzelnen sind dies: – Kundenname;375 – Kunden-, Auftrags- und Rechnungsnummer (falls vorhanden); – das mit diesem Kunden vermittelte/abgeschlossene Geschäft unter Nennung seines Gegenstandes einschließlich eventueller Nachbestellungen;376 – Ausführung des Geschäftes nach Art, Menge und Zeitpunkt der jeweiligen Lieferung;377 – Rechnungsbetrag, auf den Provision zu zahlen ist,378 also Nettopreis mit gesondert ausgewiesener Mehrwertsteuer;379 – Datum der Rechnungsstellung;380 – Zahlung des Kunden mit den dazugehörigen Daten381 sowie Gesamtbetrag der errechneten Provisionen abzüglich gezahlter Vorschüsse oder bereits geleisteter Provisionen;382 – Höhe der Provisionszahlung;383 – Saldo der Provisionszahlung (Addition) unter Abzug von Vorschüssen;384 – Provisionssatz;385 – Art und Weise der Provisionszahlung; – Höhe eines Stornoreservekontos bei Veränderungen (gegebenenfalls periodisch); – Verdienstspanne des Unternehmers, falls sich die Provision auf ihrer Basis berechnet;386

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370 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 38. 371 Westphal I Rn 628. 372 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 40; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 26. 373 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 41; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 28; Westphal I Rn 628; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 15. 374 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 375 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. 376 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13. 377 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 378 Westphal I Rn 628. 379 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. 380 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 381 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3b. 382 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 13. 383 Westphal I Rn 628; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3. 384 BGH WM 1990, 710 (711); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21. 385 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 22; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 21. 386 OLG Karlsruhe, Urt. v. 4.10.1975 – 8 U 54/75, n.v., zit. nach Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 23.

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zumindest stichwortartig die Tatsachen, welche im Rahmen des § 87a Abs. 3 die Provisionspflicht oder im Fall des § 87a Abs. 2 oder Abs. 3 S. 2 eine Provisionsrückforderung begründen.387

In die Abrechnung eines Versicherungsvertreters sind folgende Angaben aufzunehmen: – Name und Anschrift des Versicherungsvertreters;388 – Datum des Antrags und der Versicherungsannahme;389 – Tarif der Versicherung;390 – Angabe, ob es sich um ein Neu- oder Erhöhungsgeschäft handelt;391 – Beitragshöhe;392 – Versicherungsscheinnummer;393 – Im Stornofall: Datum der Stornierung,394 Stornogrund,395 Erhaltungsmaßnahmen,396 sonstige das Storno betreffende Korrespondenz mit dem Versicherungsnehmer;397 – Entwicklung des Stornoreservekontos; – Höhe der geleisteten Beitragszahlung;398 – Höhe und Fälligkeit der offenen Beitragszahlung.399

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Eine Bezugnahme auf beigefügte Unterlagen ist zulässig, sofern sie die Abrechnung nicht ersetzen sollen und sie aus sich heraus verständlich bleibt.400 Deshalb kann sich der Unternehmer nicht auf das Übersenden der Durchschriften von Rechnungen an Kunden beschränken oder auf sie verweisen.401 Die bloße Übermittlung von Unterlagen ersetzt die Abrechnung also nicht. Ist die Abrechnung unvollständig, fehlt also Erfüllung, darf Ergänzung gefor96 dert402 und eingeklagt403 werden. Ist die Abrechnung völlig unbrauchbar oder leidet die Verständlichkeit insgesamt, wenn nur eine Ergänzung geliefert werden würde, ist gänzlich neu abzurechnen. Dieses Recht besteht insb., falls einzelne, einer bestimmten Gruppe zugehörige Angaben oder ein Teil der provisions- oder abrechnungspflichtigen Geschäfte fehlen, etwa mit einem bestimmten Kunden, einer bestimmten Kundengruppe, einem bestimmten Bezirk oder für einen bestimmten Zeitraum.404 Schon wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung in den genannten Beispielfällen kann nichts anderes gelten, wenn einzelne Geschäfte fehlen. Der HV ist dann nicht auf die Provisionsklage be-

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387 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 388 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 389 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 390 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 391 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 392 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 393 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 394 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 395 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 396 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 397 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 398 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 399 OLG Hamm BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 400 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 401 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 20. 402 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 35; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5. 403 OLG Hamm Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG München BB 1964, 698; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 31: Nur Klage auf Provision zulässig. 404 Seetzen WM 1985, 213 (214); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 35.

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schränkt, mit welcher er unmittelbar den Differenzbetrag zu der von ihm beanspruchten Provision geltend machen müsste..405 Dies gilt zumindest, wenn der HV, etwa für seine Buchhaltung oder die Steuer, eine zutreffende Abrechnung benötigt. Der Nachweis der Vollständigkeit obliegt regelmäßig dem Unternehmer, es sei denn, der HV hat die Abrechnung als Erfüllung angenommen (§ 363 BGB).406 In einem mehrstufigen Vertriebssystem, z.B. einem Strukturvertrieb, bei dem un- 97 echte Untervertreter tätig sind und der Hauptvertreter einen Teil der Provisionen jener unechten Untervertreter als Vergütung („Leitungsvergütung“) erhält, gehören auch die von den Untervertretern herbeigeführten provisionspflichtigen Geschäfte zu den Abrechnungsinformationen.407 In die Abrechnung des Bezirksvertreters sind alle im Bezirk getätigten Geschäfte einzustellen.408 b) Umstände, über die nicht abzurechnen ist. Es gilt der Grundsatz der Trans- 98 parenz. Überflüssiges ist nicht aufzunehmen. Hat der Unternehmer über einzelne Provisionen bereits gesondert abgerechnet, braucht er sie in die Gesamtabrechnung nicht nochmals aufzunehmen, sofern sie nur einmal zur Provisionszahlung führen. Eine wiederholte Abrechnung ist überflüssig. Erforderlichenfalls hat er die Gesamtabrechnung schriftlich dahin zu erteilen, dass weitere Provisionen als die, über welche bereits einzeln abgerechnet worden ist, nicht angefallen sind. Nicht in die Abrechnung aufzunehmen sind: 99 – Geschäfte, die unstreitig noch nicht zu einer Provisionszahlungspflicht geführt haben;409 – Geschäfte, über welche bereits abgerechnet wurde;410 eine erneute „Generalabrechnung“ ist nicht geschuldet; – ein gezahltes Fixum,411 jedenfalls wenn es in stets gleicher und offensichtlicher Höhe geleistet wird (aber Abrechnung bei Reduzierung durch verdiente Provisionen); – Überhangprovisionen, wenn sie nur bedingt entstanden sind und später nochmals in eine Nachtragsabrechnung aufgenommen werden müssten 412 (Sammlung von „Merkposten“ ist nicht geschuldet). Es genügt die Aufnahme bei Bedingungseintritt; – nach § 87 nur aufschiebend durch die Ausführung bedingt entstandene, also noch nicht fällige Provisionsanwartschaften,413 weil nicht sicher ist, ob die aufschiebend bedingte Fälligkeit eintritt und der Unternehmer sie daher der Höhe nach auch nicht anerkennen kann. Schon der unbefangen verstandene Wortsinn der „Abrechnung“ meint nur das, was zahlbar ist. Dagegen sind z.B. gem. § 87a Abs. 2, 3 nur auflö-

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405 AA BGH, IV ZR 314/88, NJW-RR 1990, 1370 (1371); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 36. 406 AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5. 407 Emde MDR 1999, 1108 (1109 ff.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 408 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 60. 409 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3a. 410 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 18. 411 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 29; aA Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 10. 412 So aber Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 40. 413 OLG Nürnberg BB 1966, 265; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 24; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 61; Hopt § 87c Rn 3; Oetker/Busche § 87c Rn 7; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 16; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 25 ff. mit Darstellung des Meinungsstandes; aA Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 29, weil der HV auch solche Ansprüche verpfänden oder abtreten könnte (aber dies ist sein Problem); Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 87c Rn 6, 11; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2, 3.

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send bedingte, zu einer Zahlungspflicht führende Ansprüche anzugeben.414 Abzurechnen ist folglich über das, was – ggf. durch Eintritt der auflösenden Bedingung wieder vernichtbar – verdient ist; Ansprüche, bei denen lediglich einzelne Vorbedingungen der Fälligkeit erfüllt sind (s.o.). Sind nämlich nur einzelne TB-Merkmale der Fälligkeit eingetreten, ist diese Tatsache keine in die Abrechnung aufzunehmende „Rechenposition“. Zwar mag insoweit ein Auskunftsanspruch gem. § 87 Abs. 3 oder ein Buchauszugsrecht nach § 87c Abs. 2 entstehen, nicht jedoch eine Abrechnungspflicht. Im Übrigen würde die Doppelberücksichtigung zur Intransparenz und Überfrachtung der Rechnung führen; Zwischenberichte über den Stand eines Geschäfts.415 Über jeden Provisionsanspruch ist nur einmal abzurechnen.

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Wenn gesagt wird, über den Ausgleichsanspruch sei nicht abzurechnen,416 so ist dies nicht nur im Rahmen des § 87c Abs. 1 richtig. Der Unternehmer ist auch als Nebenpflicht zu § 89b im Regelfall nicht verpflichtet, den Ausgleichsanspruch des HV zu errechnen. Oft werden dem Unternehmer hierzu sogar Informationen fehlen. So muss er nicht wissen, ob der HV für die Kundenwerbung kausal war oder der Kunde aus eigenem Antrieb die Geschäfte aufnahm. Bei dem Ausgleich des Vertragshändlers und FN ist eine solche Berechnung ohnehin erst möglich, nachdem der Mittler den Unternehmer über die ausgleichspflichtigen Geschäfte informiert hat.

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3. Form. Die Abrechnung ist in Textform zu erteilen,417 soweit die Authentizität außer Frage steht, nicht in der Schriftform des § 126 BGB.418 Das für die Übermittlung der Abrechnung genutzte Transportmittel ist auch hier irrelevant. Solange eine ausreichende Transparenz oder Zugänglichkeit gewahrt bleibt, ist auch die Übermittlung per E-Mail (Datei, s. zu elektronischen Buchauszügen unten, Rn 146) oder Fernkopie zulässig. Das in der Abrechnung liegende Schuldanerkenntnis ist gem. § 782 BGB formfrei.419

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4. Abrechnungszeitraum und Fälligkeit. § 87c Abs. 1 unterscheidet zwischen dem Abrechnungszeitraum oder -turnus (S. 1) und der Fälligkeit. Der Abrechnungszeitraum bezeichnet die Zeitspanne über die abzurechnen ist,420 die Fälligkeit den Zeitpunkt, an dem die Abrechnung zu erteilen ist.

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a) Abrechnungszeitraum. Der Abrechnungszeitraum oder -turnus beträgt, wenn keine andere Vereinbarung getroffen ist, einen Monat. Das Gesetz sieht also vor, dass über jeden Kalender- oder Geschäftsmonat eine Abrechnung zu erstellen ist.421 Die Parteien sind nicht verpflichtet, dabei zu bleiben, dass für jeden Kalendermonat eine Ab-

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414 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 15. 415 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 61. 416 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 42; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 30. 417 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 31; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 19. 418 Schriftlich: Hopt § 87c Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 20; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 3b. 419 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 15. 420 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 26. 421 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 19.

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rechnung erstellt wird. Es steht Ihnen frei, einen vom Kalendermonat abweichenden monatlichen Abrechnungszeitraum (beispielsweise den 15. eines jeden Kalendermonats als Abrechnungsstichtag) zu vereinbaren.422 Ebenso darf der Abrechnungszeitraum durch Vereinbarung auf höchstens drei Monate (also auch z.B. zwei Monate) verlängert werden423 (zwingendes Recht).424 Die Abrechnung ist folglich spätestens zum Ende des vierten Monats auszuhändigen,425 auch wenn neben der Provision ein Fixum gezahlt wurde.426 Alsdann hat die Abrechnung die in diesem Zeitraum entstandenen Ansprüche zu umfassen. Gab es innerhalb dieser Frist kein Geschäft, muss nicht abgerechnet werden. Aus diesem Grunde kann eine fallweise Abrechnung vereinbart werden,427 wobei die Abrechnung jedoch immer innerhalb des Abrechnungszeitraumes nach dem Einzelgeschäft übermittelt werden muss. Wurde unzulässigerweise ein zu langer Abrechnungszeitraum vereinbart, ist die Vereinbarung nicht insgesamt unwirksam. Es gilt analog § 140 BGB die gesetzliche Höchstfrist von drei Monaten428 (geltungserhaltende Reduktion, nicht aber bei AGB). Der zugelassene Monats- oder Dreimonatszeitraum braucht sich nicht mit dem Kalenderquartal zu decken,429 ist aber im Zweifel gemeint.430 Ohne Vereinbarung braucht der Unternehmer keine Einzelabrechnung über jedes 104 Geschäft zu erstellen,431 es sei denn, innerhalb der Höchstfristen des § 87c Abs. 1 wurde nur ein einziges Geschäft getätigt. Wird eine Einzelabrechnung für jedes Geschäft gefertigt und akzeptiert der HV dies (das braucht er nicht, sofern die Übersichtlichkeit leidet oder der Empfang einzelner Abrechnungen unzumutbar ist), besitzt er keinen Anspruch auf eine Gesamtabrechnung, wenn die Einzelabrechnungen432 vollständig und hinreichend transparent waren. Blieben sie unvollständig, behält der HV seinen Anspruch auf Gesamtabrechnung, kann sich aber mit einer Ergänzung begnügen.433 b) Fälligkeit. Die Abrechnung ist – im Gegensatz zu den übrigen Informationsrech- 105 ten – ohne Aufforderung des HV434 gem. § 87c Abs. 1 S. 2 unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB),435 fällig, sobald Abrechnungsrelevantes mitzuteilen ist, und zwar jeweils innerhalb der Frist des § 87c Abs. 1 nach Eintritt des provisionsrelevanten Vorganges, also leitbildtypisch die Ausführung des Kundengeschäfts durch den Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 1) oder die ihm anzulastende Nichtausführung des Geschäfts

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422 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 19; Oetker/Busche § 87c Rn 8; Hopt § 87c Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 27. 423 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 20; Oetker/Busche § 87c Rn 8; Hopt § 87c Rn 8. 424 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 20; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 8. 425 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 63. 426 Schröder DB 1963, 651; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 14. 427 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 13. 428 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 12; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 20; Westphal I Rn 622; Schröder DB 1963, 651; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 63; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2. 429 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 27. 430 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 26. 431 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 64; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2c. 432 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2c, 5a. 433 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 64. 434 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 16; Westphal I Rn 621; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 2, 62; Hopt § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. 435 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 32; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2a.

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(§ 87a Abs. 3 S. 1), Leistung/Zahlung des Kunden an den Unternehmer (§ 87a Abs. 1 S. 3), auch wenn mglw. noch auflösend bedingt nach § 87a Abs. 2.436 Spätestens ist die Abrechnung bis zum Ende des nächsten Monats; das heißt also bis zum Ende desjenigen Monats, der auf das Ende der Abrechnungsperiode (Abrechnungsturnus) folgt, dem HV auszuhändigen oder zu übersenden.437 Der letzte Termin ist damit – wie der klare Wortlaut des Abs. 1 zeigt – zum Ende des Monats, welcher an den Abrechnungszeitraum anschließt. Gemeint ist wegen des klaren Datums wohl der Ablauf („Ende“) des Kalendermonat nach Schluss des Abrechnungszeitraums, nicht der Zeitraum eines Monats nach Ende des beliebig festlegbaren Abrechnungszeitraums, dessen Ende auf jeden Tag eines Kalendermonats fallen könnte.438 Der Wortlaut des Gesetzes dürfte diese Deutung eher nahe legen. Dann ist die Frist des § 87c Abs. 1 eine kalendermäßige Leistungszeit i.S.d. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB, so dass der Unternehmer – Verschulden vorausgesetzt – ohne Mahnung in Verzug gerät.439 Der Unternehmer darf die Abrechnung jedoch nicht auf diesen spätesten Termin verschieben, sondern hat eher abzurechnen, sofern dies nötig ist.440 106 Bei einem durchgeführten HV-Vertrag spricht eine Vermutung dafür, dass Abrechnungsrelevantes mitzuteilen ist. Der Unternehmer müsste also den Beweis fehlender Geschäfte in Verteidigung gegen ein Abrechnungsbegehren des HV führen.441 Das kann ohnehin nur er (der Unternehmer entscheidet über den Geschäftsabschluss), gerade gegenüber dem Bezirksvertreter. Nach Vertragsende wird die Abrechnung – sofern seit der letzten Abrechnung pro107 visionsfähige Geschäfte zu verzeichnen waren – für den noch nicht abgerechneten Teil der Provisionen als Endabrechnung gem. § 614 BGB ebenfalls unverzüglich fällig.442 Zumindest ist bis zum Ende des Kalendermonats nach Vertragsende abzurechnen.443 Periodisch und jeweils innerhalb der Fristen des § 87c Abs. 1 oder einer zulässigerweise verlängerten Frist444 ist über Geschäfte abzurechnen, die erst nach Vertragsende geschlossen wurden oder gem. § 87 Abs. 3 provisionspflichtig sind.445 Nach Ansicht des OLG München446 soll nach Vertragsende selbst dann unverzüglich abzurechnen sein, wenn der Abrechnungszeitraum vertraglich verlängert wurde, weil eine solche Vereinbarung nur während der Vertragslaufzeit gelten soll. Das ist zweifelhaft.447

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436 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 62. 437 AA (es ist am Ende des Dreimonatszeitraums abzurechnen) Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 16; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 32; Hopt § 87c Rn 9; Oetker/Busche § 87c Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 29. 438 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 29. 439 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 17; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 17; Oetker/Busche § 87c Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 24, 28; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 2d; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 62. 440 Vgl. Westphal I Rn 625; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 28. 441 AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4 (Beweislast für Abrechnungsrelevantes beim HV). 442 BGH NJW 1981, 457; OLG München MDR 1958, 923; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 68; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 35; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 62; Hopt § 87c Rn 10; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 12; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1, 2e. 443 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 35; Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 8. 444 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 63; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 18, 30; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 1. 445 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 35. 446 BB 1958, 895 = MDR 1958, 923. 447 Hopt § 87c Rn 10.

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Gibt es keine Provisionen, über die abzurechnen ist, ist keine Abrechnung zu ertei- 108 len, auch nicht als auf „Null“ lautende Schlussabrechnung.448 Eine Schlussabrechnung kann vereinbart werden,449 wobei jeweils im Einzelfall ihre Rechtsfolgen zu bestimmen sind. Im Zweifel soll sie den HV nicht mit weiteren Provisionsforderungen ausschließen und eine solche Vereinbarung wäre wegen § 87c Abs. 5 auch unwirksam. Über das Stornoreservekonto ist bei dessen vertragsgemäßer Auflösung,450 bei Veränderungen periodisch vergleichbar der Provisionsabrechnung, abzurechnen. Davor besteht ein Auskunftsrecht über dessen Stand. 5. Entfallen des Abrechnungsrechts a) Erfüllung. Unstrittig ist, dass der Abrechnungsanspruch mit Erfüllung (§ 362 109 BGB) erlischt.451 Mit der vollständigen Erteilung der vorgenannten Informationen ist der Abrechnungsanspruch erfüllt. Bei Fehlen einzelner Informationen sind jene – aber grundsätzlich nur sie – nachzuliefern; der HV darf bei Unvollständigkeit auf Erfüllung klagen (Rn 203), zudem Buchauszug und Zahlung der noch ausstehenden Provision verlangen.452 Ein Anspruch auf vollständige Neuerteilung der Abrechnung kommt nur in Betracht, falls die Altabrechnung gänzlich unbrauchbar war453 oder die Verständlichkeit eine einheitliche Neuabrechnung fordert. Bei lediglich einzelnen Unkorrektheiten, sonstigen Mängeln oder sachlichen Beanstandungen soll die Erfüllungswirkung eintreten. Der HV soll in solchen Fällen weder die Ergänzung der erteilten Abrechnung noch die Erteilung einer neuen Abrechnung verlangen können.454 Dem ist aus den oben genannten Gründen (Rn 28) nicht zuzustimmen. b) Entfallen des Hauptrechts. Wie ausgeführt können Informationsrechte nicht 110 geltend gemacht werden, sofern das Hauptrecht – der Zahlungsanspruch – nicht mehr besteht (Rn 30 ff.).455 Ein solcher Wegfall des Zahlungsanspruches tritt ein, wenn – der Unternehmer dem HV alle geschuldeten Provisionen gezahlt hat.456 Wegen des Charakters des Abrechnungsrechts als Hilfsrecht darf nämlich keine Abrechnung gefordert werden, falls kein Provisionsanspruch existiert, etwa nach vollständiger Erfüllung aller Provisionsforderungen.457 Den erforderlichen Beweis wird der Unternehmer meist nur durch Vorlage einer vollständigen Abrechnung führen können. Der Einwand ist daher meist wenig hilfreich;

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448 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 35; Hopt § 87c Rn 10. 449 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 30. 450 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 63. 451 BGH LM § 87c Nr. 4a; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Köln MDR 1995, 1064; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 42; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 31. 452 BGH NJW-RR 1990, 1371. 453 BAG; Urt. v. 9.11.1999 – 3 W 10/95, NJW-RR 1996, 100 (101) – Arbeitsrecht, unter Hinweis auf die Rspr. zum HV; OLG Köln BeckRS 2004, 08351; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391 (392); OLG Düsseldorf OLGR 1994, 270; LAG Düsseldorf, Urt. v. 13.3.2009 – 10 Sa95/09, BeckRS 2009, 66117 – Arbeitsrecht; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 42. 454 BGH WM 1990, 710 (711); OLG Köln BeckRS 2004, 08354; OLG Düsseldorf HVR Nr. 817; OLG Oldenburg HVR Nr. 601; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 42; MünchKomm HGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 31. 455 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 33. 456 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. 457 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 33; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a.

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sich die Parteien bindend auf die Richtigkeit der erteilten Abrechnung geeinigt haben.458 Deshalb ist das Interesse der Unternehmer hoch, die Abrechnung als zutreffend zu vereinbaren. Die Abrechnung bildet einen Antrag des Unternehmers auf Abschluss eines abstrakten Schuldanerkenntnisvertrages (§ 781 BGB), der gem. § 782 BGB,459 § 350460 nicht der Schriftform bedarf und vom HV angenommen werden kann, indem er die Abrechnung als richtig anerkennt461 (Rn 107 ff.). Der HV ist dann mit weiteren Nachforderungen ausgeschlossen, sofern das Anerkenntnis nicht gem. §§ 119 ff., 134, 138, 242 BGB unwirksam ist.462 Schweigen bildet aber keine solche Annahme des HV. Er muss die Annahme ausdrücklich erklären, es sei denn, § 151 BGB greift ein (dazu im Folgenden); dem Zahlungs- oder Abrechnungsanspruch dauernde Einreden oder Einwendungen, etwa Verjährung oder Verwirkung, entgegenstehen.463

Für diese Ausnahmetatbestände ist der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig. 111 Die Abrechnungspflicht entfällt nicht deshalb, weil der HV sich Kenntnis über die abrechnungspflichtigen Tatsachen aus eigenen Unterlagen verschaffen könnte, 464 er Kenntnis der abrechnungsrelevanten Umstände besitzt465 oder er Vertragsverletzungen466 beging; ebenso wenig infolge einer außerordentlichen Kündigung des Unternehmers. Denn durch all diese Umstände verliert der HV nicht seinen Anspruch oder das Interesse an Kontrolle oder Anerkenntnis. Vor allem soll die Arbeit der Zusammenstellung und Berechnung dem Unternehmer obliegen; der Unternehmer kann nicht verlangen, dass der HV sich an der Abrechnung beteiligt.467 112

6. Rechtsfolgen der Abrechnung. Mit der Abrechnung stellt der Unternehmer fest, welche Provisionen zur Auszahlung vorgesehen sind. Die Abrechnung ist daher ein Anerkenntnis des Unternehmers i.S.d. § 781 BGB,468 welches gem. § 782 BGB, § 350469 nicht der Schriftform bedarf.470 Im Zweifel nimmt der HV das Angebot auf Abschluss des Anerkenntnisvertrages gem. § 151 BGB an, soweit das Anerkenntnis für ihn günstig ist (aber nur insoweit). Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Abrechnung spricht zu-

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458 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; v. 29.11.1995 – VIII ZR 293/94, NJW 1996, 588; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 8, 37; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5. 459 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 15. 460 Hübsch/Hübsch WM 2005 Sonderbeil. 1, S. 6; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. 461 BGH WM 1990, 710 (711); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 15; Hopt § 87c Rn 4; Oetker/Busche § 87c Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21. 462 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. 463 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. 464 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. 465 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5a. 466 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 23. 467 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 16. 468 OLG Karlsruhe HVR Nr. 445; OLG München VersR 1961, 1090; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 43; Westphal I Rn 629; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. 469 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 65; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. 470 Westphal I Rn 629; Hübsch/Hübsch WM 2005 Sonderbeil. 1, S. 6; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 65.

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gunsten des HV – nicht aber zu seinen Lasten – eine Vermutung,471 weshalb der Unternehmer eine behauptete Unrichtigkeit auch von Einzelpositionen beweisen muss. Das mit der Abrechnung erteilte Anerkenntnis kann im Falle erkannter Unrichtigkeit nach § 812 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB kondiziert werden,472 etwa wegen Arglist (Rn 117). Auf eine fehlerhafte Abrechnung von Kundenverträgen, an die sich der Unternehmer selbst nicht gehalten hat, soll sich der Unternehmer (und im konkreten Fall auch nicht der HV) analog § 654 BGB nicht berufen dürfen.473 a) Schweigen des HV auf die Abrechnung. Schweigt der HV auf die Zusendung 113 von Provisionsabrechnungen, ohne dass (wirksam) Schweigen als Anerkenntnis vereinbart wurde, so liegt hierin regelmäßig keine Annahme des Angebots auf Abschluss eines weitere Provisionsforderungen ausschließenden Anerkenntnisvertrages zu Lasten des HV.474 Typischerweise bedarf es hierzu einer ausdrücklichen Willenserklärung.475 Zwar kann der HV jederzeit ein negatives Schuldanerkenntnis i.S.d. § 397 Abs. 2 BGB abgeben476 und innerhalb der Fristen einer gewöhnlich zu erwartenden Annahme das Angebot des Unternehmers auf einen Erlassvertrag annehmen. In dem bloßen Unterlassen einer Reaktion auf den Erhalt der Abrechnungen findet sich aber keine Annahme des Antrags auf Abschluss eines negativen Schuldanerkenntnisvertrages.477 Denn Schweigen ist keine Willenserklärung. Auch wird dem HV ein entsprechendes Verständnis fehlen. Allerdings kann dem Schweigen im kaufmännischen Geschäftsverkehr ausnahmsweise objektiver Erklärungsgehalt beigemessen werden, falls nach Lage des Einzelfalls entsprechend der Übung ordentlicher Kaufleute ein ausdrücklicher Widerspruch zu erwarten gewesen wäre.478 Mit einem solchen Widerspruch darf der Unternehmer im Regelfall aber nicht rechnen.479 Auf die Zusendung von Abrechnungen wird ein HV allenfalls dann mit einem Widerspruch reagieren, wenn er begründete und detaillierte Einwendungen gegen die Abrechnungen erheben kann. Keinesfalls ist er zu einer prophylaktischen Erhebung des Widerspruchs gezwungen.480 Der BGH war in dieser Frage zunächst zurückhaltend und hat strenge Anforderun- 114 gen an einen Annahme- oder Verzichtwillen gestellt.481 Später hat er die Anforderungen gelockert und angenommen, ein durch widerspruchslose Hinnahme von Provisionsabrechnungen begründetes Anerkenntnis der Abrechnung könne ausnahmsweise bei außergewöhnlich umsatzstarken und – wie man ergänzen darf – geschäftserfahrenen

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471 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 40; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 65. 472 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 44; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 40; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Oetker/Busche § 87c Rn 6; Hopt § 87c Rn 4. 473 BGH, Urt. v. 22.9.2011 – IX ZR 209/10 Rn 19, ZIP 2011, 2264 = WM 2011, 2237 = EWiR 2012, 93 (Ludwig). 474 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10, best. durch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13; Emde MDR 1996, 331 (332); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 37; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21, 32; aA LG Wiesbaden VW 1998, 1218; Segger VersR 2004, 781 (782). 475 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 476 BGH WM 1957, 213 (214); Emde MDR 1996, 331 (332). 477 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 478 OLG Köln NJW 1960, 1669; AG Lüdinghausen NJW-RR 1992, 885. 479 Emde MDR 1996, 331 (332). 480 Emde MDR 1996, 331 (332). 481 BGH BB 1961, 424.

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HV, die nach seinerzeitigem Recht Vollkaufleute waren, unterstellt werden.482 Im Fall des BGH hatte der HV, Inhaber einer vollkaufmännischen Agentur, sich Jahre hindurch mit der Entgegennahme von Rechnungen und Durchschlägen der zugrunde liegenden Auftragsbestätigungen begnügt. Die Forderung nach Information bildet daher mglw. einen Missbrauchsfall. Nachdem der BGH483 zuvor in einem weiteren Urteil, in welchem erneut für das Einverständnis des HV mit diesem Modus der Abrechnung und sein Einiggehen mit ihren Ergebnissen eine eindeutige Erklärung gefordert wurde, den singulären Charakter der ersten Entscheidung betonte, hat er sich von ihr zwischenzeitlich klar distanziert und ausgedrückt, regelmäßig sei Schweigen schon im Lichte der zwingenden Natur der Auskunftsrechte (§ 87c Abs. 5) kein Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen.484 Es bedarf daher einer ausdrücklichen Willenserklärung, um eine Provisionsabrechnung anzuerkennen.485 Mithin wird durch die jahrelange Hinnahme der Provisionsabrechnungen und jahrelanges Schweigen nicht auf weitere Informationsrechte verzichtet.486 Das gilt auch dann, wenn es sich bei dem HV um eine GmbH mit erheblichen Umsätzen handelt.487 Unrichtig ist daher die Auffassung des OLG Saarbrücken,488 Schweigen vollkaufmännischer HV auf die Zusendung von Provisionsabrechnungen sei generell als Genehmigung zu werten. Da die meisten HV Vollkaufleute waren, verkehrte sich sonst die Regel, Schweigen sei keine Willenserklärung, zur Ausnahme.489 115 Nach Ansicht des LG Mannheim soll jedoch die jahrelange widerspruchslose Entgegennahme geringerer als der vertraglich vereinbarten Provisionen durch einen VV und dessen rügelose Entgegennahme der monatlichen Abrechnung des Versicherers entsprechend dem Rechtsgedanken des § 362 als Annahme eines Antrags des Versicherers zu werten sein, die ursprünglich vereinbarten Provisionssätze zu kürzen. Dem stehe auch eine Schriftformklausel nicht entgegen, weil sie durch konkludentes Verhalten abgeändert werden könne.490 Dieses Judiz dürfte im Spannungsverhältnis zur vorgenannten BGH-Rspr. zu § 87c Abs. 5 stehen, weil mit der konkludenten Einigung über das Hauptrecht der HV auch seinen Anspruch auf die nach jener Vorschrift zwingenden Hilfsrechte verliert.

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482 BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434. 483 BGH DB 1982, 376. 484 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328 Rn 33; v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; NJW 1996, 588; siehe hierzu Emde MDR 1996, 331 ff.; EWiR 1999, 327/328; Kukat DB 2002, 1646; ebenso OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). 485 BAG AP § 87c HGB Nr. 13 u. 18; BGH BB 1961, 424; DB 1982, 376 = MDR 1982, 378; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Lindner/Stötter/Karrer Die Provision, 1973, S. 175. 486 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328 Rn 33; v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 22; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 1.7.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde); LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697 (dort i.E. Rechtsmissbrauch, bejaht); LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10; best. durch OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 37; Westphal I Rn 629; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 50; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21, 44; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 16 f.; aA LG Wiesbaden VW 1998, 1218 (widerspruchslose Hinnahme der Abrechnungen über 1 1/2 Jahrzehnte schädlich; OLG Saarbrücken VersR 2000, 1017; Behrend NJW 2003, 1563 (1565); Segger VersR 2004, 781 (782); Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18. 487 OLG Hamburg BB 1998, 971 = EWiR 1999, 327 (Emde). 488 DB 1985, 2399 = HVR Nr. 611; siehe jetzt aber OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 489 Emde MDR 1996, 331 (333). 490 LG Mannheim, Urt. v. 10.12.2004 – 23 O 89/04, VersR 2005, 1532.

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b) Vertragliche Regelungen zur Abrechnung. Ein Anerkenntnis der Provisions- 116 höhe durch den HV schließt weitere Kontrollrechte aus.491 Der HV darf dann grundsätzlich (Ausnahme etwa: Kondiktion des Anerkenntnisses) keine über das Anerkenntnis hinausgehenden Provisionen fordern. Mit dem Provisionsrecht als Hauptrecht entfallen als Hilfsrechte auch die Kontrollrechte des § 87c.492 Unternehmer haben daher ein hohes Interesse daran, eine solche bindende und Nachforderungs- und Kontrollrechte ausschließende Einigung herbeizuführen. Gerade deshalb ist sie einer besonders strengen Kontrolle, insb. einer Billigkeitskontrolle, zu unterziehen. Die von Unternehmern gewünschte bindende Einigung kann nur durch ein informiertes, individuelles Anerkenntnis des HV zustande kommen. Wird die Abrechnung vom HV als vollständig und richtig anerkannt, nimmt der HV den Antrag auf Abschluss eines negativen Schuldanerkenntnisses nach § 397 BGB an.493 Möglicherweise wird die ursprüngliche Provisionsschuld auch durch ein Anerkenntnis ersetzt und für dieses Anerkenntnis sind keine Kontrollrechte nach § 87c vorgesehen oder auch nur erforderlich. Ein bloßer Bestätigungsvermerk auf der Abrechnung reicht jedoch nicht ohne weiteres aus, um ein negatives Schuldanerkenntnis anzunehmen. Vielmehr muss das Anerkenntnis eindeutig gewollt sein. Um anerkannt zu werden, muss die Annahme des HV unmissverständlich, vollständig informiert, individuell und ohne unbilligen Druck erfolgt sein,494 wofür dem Unternehmer die Beweislast obliegt. In der Praxis gibt es solche Vereinbarungen kaum. Nach wirksamen Anerkenntnis der Abrechnung kann der HV keine weiteren Provi- 117 sionen fordern, die erkennbar in der Abrechnung enthalten sein müssten. Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Parteien durch das Anerkenntnis auf alle Einwendungen, auch auf ihnen zur Zeit ihrer Erklärung unbekannte, verzichten wollen.495 Stellt sich nach Anerkennung der Provisionsabrechnung ihre Unrichtigkeit heraus, darf die sich irrende Partei das erteilte Schuldanerkenntnis gem. §§ 812 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 826 BGB, 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB kondizieren.496 Für den Anspruch aus den §§ 812 ff. BGB wäre wohl ein Irrtum über die Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung erforderlich; für den deliktsrechtlichen Anspruch nicht. Dem HV obliegt der Beweis für die Voraussetzungen des Anspruchs, bei den §§ 812 ff. BGB für den Irrtum, die Unkenntnis von der Unrichtigkeit sowie – dies allerdings bereits in Übereinstimmung mit der allgemeinen Beweislastverteilung – für das Bestehen eines nach Kondiktion etwa geltend gemachten Rechtes, z.B. des Provisionsanspruches.497 Ein Anerkenntnis nimmt den Parteien folglich nicht uneingeschränkt ihr Recht, sich auf ihnen zur Zeit der Erklärung unbekannte Einwände zu berufen, wie z.B. die Behauptung, sie hätten erst im Rahmen einer späteren Überprüfung der Gesamtprovision die Unrichtigkeit einzelner Abrechnungen erkannt.498

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491 BGH LM § 87c HGB Nr. 3; OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; OLG Nürnberg BB 1966, 877; Oetker/Busche § 87c Rn 17. 492 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 45. 493 Kukat DB 2002, 1646; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 43; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c. 494 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl.,§ 87c Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 21. 495 BGH WM 1957, 213 (215); Lindner/Stötter/Karrer Die Provision 1973, S. 176; Emde MDR 1996, 331. 496 Vgl. RG JW 1910, 1200 Nr. 9; BGH WM 1957, 213 (214) (speziell zur Provisionsabrechnung); WM 1958, 1157 (1158); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 44; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Baumbach/Hopt § 351 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 22; MünchKommBGB/Lieb § 812 Rn 312; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 3c; Staudinger/Lorenz § 812 Rn 11. 497 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 1.7.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; Emde MDR 1996, 331; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 44; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 22. 498 Emde MDR 1996, 331.

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Eine bindende Einigung kann ferner entstehen, indem sich HV und Unternehmer individualvertraglich und periodisch nach Erhalt der Abrechnung über die Richtigkeit der Abrechnung einigen, ein allerdings recht umständlicher Weg. Viele Unternehmer sehen gleichwohl in ihren Verträgen eine entsprechende Verpflichtung des HV zum Anerkenntnis vor. Nach Abgabe des Anerkenntnisses steht die Richtigkeit der Abrechnung zwischen den Parteien fest und darf vom HV nicht mehr bestritten werden. Die in der Abrechnung niedergelegten Provisionen sind bindend vereinbart; in § 87c geregelte Hilfsrechte können nicht mehr geltend gemacht werden.499 Theoretisch wäre auch eine konkludente Einigung im Einzelfall denkbar.500 Praktisch ist insoweit jedoch Zurückhaltung geboten. Beispiel: Zustimmung des HV zur Warenrücksendung.501 Die Unterzeichnung eines Provisionsrechnungsentwurfs des Unternehmers durch den HV bildet hingegen kein stillschweigendes Anerkenntnis des HV.502

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c) Vereinbarung einer Prüfungsobliegenheit. Offen ist, ob der HV durch den Unternehmer verpflichtet werden kann, Durchschriften der ihm erteilten Abrechnungen innerhalb einer bestimmten Frist, etwa von zwei Wochen nach Zugang, zu prüfen und solche mit einem Bestätigungsvermerk (Annahmeerklärung, negatives Schuldanerkenntnis) oder evtl. Einwendungen an den Unternehmer zurückzusenden.503 Die Verpflichtung müsste ggf. durch Klage auf Abgabe einer Willenserklärung, § 894 ZPO, oder durch Drohung mit fristloser Kündigung durchgesetzt werden.504 Der BGH hat den Parteien eines Vertretervertrages ausdrücklich gestattet, sich mit informationspflichtbeendender Wirkung über den Inhalt der Provisionsabrechnung zu einigen.505 Bestritten wird teilweise, dass die vom HV unterzeichnete Provisionsabrechnung ein negatives Schuldanerkenntnis darstellt.506 Vor allem aber steht eine solche Vereinbarung im Spannungsverhältnis zum Unabdingbarkeitsgrundsatz des § 87c Abs. 5, bei Vereinbarung durch AGB weiter mit dem gesetzlichen Leitbild i.S.d. § 307 BGB.507 Richtig dürfte sein, dass eine solche Vereinbarung, als AGB geregelt, problematisch ist. Denn der HV unterliegt zumindest bei kurzer Prüfungszeit einem unangemessenen Druck, schnell zu prüfen und anzuerkennen, und das oft ohne hinreichende Kontrollmöglichkeiten. Für die Unwirksamkeit spräche also die meist recht kurze Prüfungsfrist,508 zudem die dem Anerkenntnis folgende Umkehr der Beweislast zum Nachteil des HV, welche bei Entfallen des Provisionsrechts infolge des Anerkenntnisses auch die Informationsrechte als Hilfsansprüche entwertet und damit die Anspruchsdurchsetzung unbillig erschwert.509 Meist ist der HV ohne den Buchauszug nicht zur Prüfung imstande, so dass ein Ausschluss des Kontrollrechts schon aus diesem Grunde unbillig sein könnte. Jedenfalls wäre dem HV auch bei abstrakt-genereller Betrachtung eine hinreichende Prüfungszeit zu gewähren. Träte man dieser Ansicht näher, könnte wegen § 87c Abs. 5 wohl auch im Rahmen eines Individual-

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499 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 45. 500 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 37. 501 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 37. 502 OLG Hamm VersR 2001, 1106 (1107); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 37; Oetker/Busche § 87c Rn 6; Hopt § 87c Rn 4. 503 Dafür OLG Hamm OLGR 1997, 294 (295); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 46; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 41; unentschieden Emde MDR 1999, 1108 (1113). 504 Emde MDR 1999, 1108 (1113). 505 BGH MDR 1996, 372 (373). 506 OLG Hamm, Urt. v. 15.9.2000 – 35 U 4/00, VersR 2001, 1106. 507 Emde MDR 1999, 1108 (1113); Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 18. 508 Siehe insoweit bereits Emde MDR 1999, 1108 (1113). 509 AA noch Emde MDR 1999, 1108 (1113).

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vertrages nichts Abweichendes gelten.510 Denn auch dort bleibt die wertsetzende Bedeutung des Abs. 5 und der faktische Druck einer Kündigungsdrohung bei fehlender „Rückmeldung“ zumindest im Rahmen der Billigkeitskontrolle nach § 242 BGB zu beachten, wenn nicht sogar Nichtigkeit nach Abs. 5 i.V.m. § 134 BGB eintritt. Die Frage ist jedoch nicht ausdiskutiert. Zugunsten des Unternehmers streitet sein verständlicher Wunsch nach Rechtssicherheit. Ein vom HV trotz dieser Bedenken erklärtes Anerkenntnis bleibt zunächst wirksam, könnte jedoch mit entsprechender Begründung kondiziert werden. d) Vertragliche Vereinbarung eines Anerkenntnisses „durch Schweigen“. Noch 120 weitgehender wird versucht, in Abweichung von dispositivem Recht zu vereinbaren, Schweigen des HV auf die Abrechnung solle als deren Genehmigung angesehen werden. Dies stellt sich als unzulässige vertragliche Festlegung einer Willensfiktion dar. Nach ganz h.A. kann schon wegen Abs. 5 auch durch Individualvertrag nicht vereinbart werden, Schweigen auf eine Abrechnung solle als deren Anerkenntnis gelten.511 Zwar darf ein negatives Schuldanerkenntnis formfrei erklärt werden, so dass es auch in schlüssigem Verhalten und theoretisch sogar im Schweigen des Vertreters gefunden werden kann. Ist die in Frage stehende Abrede Teil eines Formularvertrages, so ist sie bereits gem. §§ 307, 308 Nr. 5 BGB wegen der Abweichung vom Leitbild der ausdrücklichen Willenserklärung unwirksam. Das gilt sicher, sofern dem HV keine angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung eingeräumt ist und der Verwender sich nicht verpflichtet, den Vertragspartner bei Beginn der Frist auf die vorgesehene Bedeutung seines Verhaltens besonders hinzuweisen. Diese Wertung gilt auch im Rahmen des § 307 BGB.512 Die Entscheidung des LG Frankfurt/M.,513 welches für diesen Fall ein besonderes Interesse des Unternehmers anerkannte, rasche und klare Verhältnisse zu schaffen, ist zweifelhaft. Im Übrigen gelten die oben, Rn 110, genannten Erwägungen zum Billigkeitsmaßstab entsprechend. Die Regelung, der HV erkenne Buchungen durch den Unternehmer an, wenn er nicht binnen 14 Tagen nach Zugang Einwendungen erhebe, verstößt daher gegen Abs. 5 und kann den Anspruch des HV auf Erteilung des Buchauszugs nicht ausschließen.514 Die Frage bleibt jedoch umstritten. Das OLG Naumburg515 war nämlich der Ansicht, 121 habe der HV jahrelang sein vertraglich eingeräumtes Widerspruchsrecht gegen die vom Unternehmer erteilten Abrechnungen nicht ausgeübt, so trete auf Grund der Kontokorrentabrede der Saldoanspruch an Stelle der Einzelansprüche. Der HV müsse das Anerkenntnis als rechtsgrundlos zurückfordern und die Voraussetzungen des Rückforderungsrechtes darlegen und beweisen. Das OLG Saarbrücken516 hat eine derartige Klausel bei Verwendung gegenüber nach damaligem Recht vollkaufmännischen HV für wirk-

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510 Emde EWiR 1999, 328; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 18: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 32. 511 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 23; v. 20.2.1964 – VII ZR 147/62; LM Nr. 4a zu § 87c HGB; BAG AP § 87c Nr. 13 u. 18; OLG Hamm, Beschl. v. 12.3.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; OLG München VersR 2004, 470 (471); OLG Karlsruhe BB 1980, 226; OLG Koblenz VersR 1980, 623; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028; DB 1982, 2453 (2454); Emde MDR 1996, 331 (332); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 38; Westphal I Rn 630; Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl. § 18 Rn 16; Oetker/Busche § 87c Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 18; aA OLG Hamm OLGR 1997, 294; Segger VersR 2004, 781 (782); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 50. 512 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16. 513 VersR 1998, 1238. 514 OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471). 515 VersR 1999, 578. 516 DB 1985, 2399.

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sam gehalten, wohl vor dem Hintergrund der seinerzeit noch anderslautenden BGHRechtsprechung (Rn 114).517 Da die meisten HV Vollkaufleute alten Rechts waren, würde die Ausnahme zur Regel. HV haben kaum Mittel, die Streichung der Regelung zu erzwingen. Kein Vertriebsmittler wird den Vertragsabschluss an der Weigerung des Unternehmers scheitern lassen, die in Frage stehende Klausel aus dem Vertrag zu entfernen.518 Auch deshalb kann der Ansicht des OLG Saarbrücken519 nicht beigetreten werden. 122 Die hier behandelte Klausel beschränkt die Rechte des HV schon bei ihrer Entstehung.520 Die vorweggenommene Bestimmung des Schweigens als Genehmigung stellt sich damit wie eine gem. § 87c Abs. 5 unzulässige Beschränkung der Informationsrechte dar, weil ohne regelmäßigen Widerspruch des HV insb. das Buchauszugsrecht für die Zeit vor Zusendung der letzten unwidersprochenen Abrechnung nicht mehr durchsetzbar wäre.521 Zudem ist auch hier nach § 242 BGB der Druck zu beachten, welchem der HV unterliegt. Um keine ordentliche oder sogar unzulässigerweise angedrohte außerordentliche Kündigung zu riskieren, wird der HV schweigen und in vielen Fällen auch dann nicht widersprechen, wenn er den Verdacht unrichtiger Abrechnung hat. Der wirtschaftliche Vorteil des fortlaufenden Vertrages ist höher als der aus einer Provisionsnachforderung. Erst nach Vertragsende kann der HV unbeeinflusst von solchen Erwägungen seine Kontrollrechte durchsetzen. Hielte man die Fiktionsklausel für wirksam, wäre das Kontrollrecht nun ausgeschlossen. Das wäre das falsche Zeichen. Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn die dem HV übersandten 123 Abrechnungsformulare einen ausdrücklichen Hinweis auf die Einordnung des unterlassenen Widerspruchs als Anerkenntnis enthielten. Diese Warnung entkräftet die obigen Argumente nicht. Auch fehlt es hier i.d.R. bereits an einer vertraglichen Vereinbarung. Denn die Abrechnungen werden nach Vertragsschluss übersandt, sind also nicht Vertragsbestandteil. Das Schweigen des HV auf die Abrechnungen ist auch keine Annahme eines ohnehin nicht gewollten Angebotes des Unternehmers auf Vertragsänderung. Zwar haben das LG Saarbrücken,522 das AG Lüdinghausen523 sowie das LAG BadenWürttemberg524 aus einem derartigen Warnhinweis geschlossen, in einem solchen Fall bestehe eine besondere Pflicht des HV zu einer Reaktion, so dass sein Schweigen als Genehmigung der Abrechnung ausgelegt werden könne. Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Wegen eines solchen leicht, ggf. sogar formularmäßig, angebrachten Hinweis auf der Rechnung kann kein Schweigen zu einer Willenserklärung gewandelt werden.525 Im Übrigen widerspricht auch diese Gestaltung dem Unabdingbarkeitsgebot des § 87c Abs. 5. 124

e) Verjährungsverkürzung. Das Risiko des Unternehmers kann daher in erster Linie durch eine (wirksame) Verkürzung der Verjährungsfrist reduziert werden. Wie ausgeführt bestehen die Auskunftsansprüche nur solange, wie Provision gefordert werden kann. Ist Verjährung eingetreten, fehlt ein Provisionsanspruch.526 Die gesetzliche Verjäh-

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BGH LM § 87c HGB Nr. 5 = BB 1965, 434. Emde MDR 1996, 331 (332). DB 1985, 2399 = HVR Nr. 611. Westphal I Rn 633. Emde MDR 1996, 331 (332). VersR 1999, 1016. NJW-RR 1992, 885. AP § 87c Nr. 17. Emde MDR 1996, 331 (333). Emde MDR 1999, 1108 (1112).

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rungsfrist von 3 Jahren kann – wohl auch durch AGB527 – reduziert werden. Eine solche Herabsetzung liegt daher im Interesse jedes Unternehmers, um das Druckpotential von Auskunftsansprüchen zu minimieren.528 Zu AGB Vor § 84 Rn 55 f. „Verjährung“. 7. Beweislast. Der HV muss einen wirksamen oder zumindest faktisch durchgeführ- 125 ten HV-Vertrag darlegen sowie die Möglichkeit zumindest eines provisionspflichtigen Geschäfts. Dem Unternehmer obliegt der Beweis der Erfüllung, eines Anerkenntnisses des HV oder des Wegfalls des Abrechnungsrechts. An das durch Abrechnung erteilte Anerkenntnis ist der Unternehmer gebunden. Er muss die Unrichtigkeit der von ihm erstellten Abrechnung beweisen. Der HV hat die Unrichtigkeit der Abrechnung nur zur beweisen, falls er das Nichtbestehen weiterer Forderungen wirksam anerkannte. Fordert der Unternehmer bereits ausgezahlte Provisionen zurück, ist er für das Rückforderungsrecht beweispflichtig, und zwar unabhängig davon, ob die Provision in der Abrechnung enthalten ist oder nicht.529 Verlangt der HV Provisionen, muss er seinen Anspruch beweisen, wobei es die Beweislast umkehrt, wenn er sich auf die Abrechnung des Unternehmers und das in ihr liegende Anerkenntnis beruft. II. Buchauszug (§ 87c Abs. 2) 1. Zweck. Gleich der Abrechnung soll auch der Buchauszug dem HV die Kontrolle 126 aller provisionsrelevanten Vorgänge ermöglichen.530 Darüber hinaus soll er ihn in Ergänzung der Abrechnung in die Lage versetzen zu prüfen, ob ihm alle in der Abrechnung erwähnten Provisionen auch wirklich gutgeschrieben wurden531 und helfen, Klarheit über die Provisionsansprüche zu gewinnen.532 Der Auszug dient daher der Prüfung, ob die erteilte Provisionsabrechnung richtig und vollständig ist,533 und zwar im Hinblick auf jedes einzelne provisionspflichtige Geschäft.534 Da in der Praxis meist so verfahren wird, dass der HV die Durchschriften etwa der Versandpapiere und der Rechnungen erhält (was oft eine Kontrolle ermöglicht), und zwecks Abrechnung später bloß eine Zusammenstellung der provisionspflichtigen Beträge übermittelt wird, werden Buchauszüge überwiegend erst gefordert, wenn Streit über die Provision entsteht, meist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses. 2. Inhalt a) Generelles. Der Buchauszug muss eine auf den Büchern des Unternehmers und 127 den dazu gehörenden Unterlagen beruhende, ins Einzelne gehende, auf den Zeitpunkt seiner Erstellung bezogene vollständige Bestandsaufnahme aller dem HV provisionspflichtigen Geschäfte535 zwischen Kunden und Unternehmer über alles enthalten, was für

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527 OLG München OLGR München 1999, 69 = BB 1998, 2445; wohl auch BGH MDR 1991, 115 = BB 1990, 2066. 528 Emde MDR 1999, 1108 (1112). 529 AA Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 87c Rn 17b. 530 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829. 531 BGH NJW 1961, 1059 = BB 1961, 424; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 86; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 38. 532 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 17. 533 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13. 534 BGH BB 1964, 409; OLG Hamm DB 1967, 292; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 86. 535 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 50; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39, 40.

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den Anspruch des HV auf Provision536 (gleich welcher Art),537 eine ihr gleichstehende umsatz- oder erfolgsabhängige Vergütung538 oder den an ihre Stelle tretenden Schadensersatzanspruch von Bedeutung sein kann.539 Mitzuteilen ist allein Provisionsrelevantes.540 Was provisionsrelevant und folglich mitzuteilen ist, hängt von der zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Vergütungsregelung ab, mangels abweichender Vertragsbestimmungen vom geschriebenen Recht (§§ 87, 87a, 87b).541 In den Buchauszug müssen alle provisionspflichtigen Geschäfte mit ihrem wesentlichen Inhalt ohne Rücksicht auf den Stand ihrer Abwicklung aufgenommen werden.542 Das Schicksal jedes einzelnen Geschäfts muss sich von seinem Zustandekommen bis zur endgültigen Abwicklung entnehmen lassen.543 Im Buchauszug sind auch die Geschäfte anzuführen, die nach § 87a Abs. 3 provisionspflichtig sein können.544 Provisionsrelevant sind deshalb alle Geschäftsabschlüsse, für die der Provisionsanspruch bis zur Verfestigung nach § 87a erst als bedingter entstanden ist: der HV soll durch den Buchauszug – über die Abrechnung hinaus – darüber vergewissert werden, welches Stadium diese Geschäfte erreicht haben und insbesondere, ob sie bis zur Ausführung – von Seiten des Unternehmers, von Seiten des Dritten – gediehen sind. Er muss den Weg dieser Abschlüsse anhand des Buchauszugs lückenlos verfolgen können. Denn auch bei Nichtausführung des Geschäfts kann der Provisionsanspruch für ihn endgültig entstanden sein (§ 87a Abs. 3, unten Rn 130, 137). Besonders wichtig ist das für den Bezirksvertreter in Ansehung der in den Bezirk fallenden Geschäfte, die er nicht selbst abgeschlossen hat und welche er folglich aus eigener Tätigkeit nicht kennt, sowie für die Folgeaufträge des § 87 Abs. 1, bei denen der HV ebenfalls nicht tätig geworden zu sein braucht. Schon hieraus erhellt, dass der „Buch“auszug sich nicht auf die in den Handelsbüchern i.S.d. § 238 verkörperten Informationen beschränkt (Rn 57), sondern auch die „sonstigen Urkunden“ (Abs. 4), insb. die wesentliche, provisionsrelevante Korrespondenz mit den Kunden darzustellen hat. Um der Kontrollfunktion zu genügen ist vielfach die Übermittlung von Kopien der maßgeblichen Dokumente nötig.545 Jedenfalls spricht im Regelfall nichts dagegen, dem Auszug Abdrucke von Auftrags- und Rechnungsunterlagen beizufügen, die ohne Schwierigkeiten zugeordnet werden können.546 Allerdings ist immer der Zweck des Anspruchs im Auge zu behalten: Es soll kontrolliert werden, ob und auf welche Weise provisioniert wurde. Nicht dagegen soll die gesamte Geschäftskorrespondenz übermittelt werden. Ggf. mag der HV ergänzende Dokumente nach Abs. 3 anfordern. 128 Anders als es der Wortlaut des § 87c Abs. 2 nahe legt („über alle Geschäfte …, für die ihm nach § 87 Provision gebührt“), beschränkt sich der Inhalt des Auszugs nicht auf Informationen über Geschäfte, für welche gemäß der gesetzlichen Regelung in § 87 Provi-

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536 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 1.7.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7. 537 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8. 538 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8. 539 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 87; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 68. 540 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 541 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 Rn 15; v. 21.3.2001, VersR 2001, 760 = NJW 2001, 2333 unter II; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 542 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 87. 543 OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. 544 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035). 545 AA mglw. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8b: Belege und Unterlagen seien nicht geschuldet. 546 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13.

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sion zu zahlen wäre, sondern muss auch über ggf. vertraglich versprochene und über § 87 hinausreichende leistungsabhängige oder aus sonstigen Gründen möglicherweise variierende Vergütung informieren.547 Denn wie oben dargelegt (Rn 10 ff.) ist der Begriff der Provision oder der Provisionsrelevanz als Inhaltsbeschreibung der zu erteilenden Informationen im Rahmen des § 87c weit zu verstehen. Welche Informationen im Einzelnen zu erteilen sind, hängt vom konkreten Vertragsverhältnis ab.548 Deshalb kann es sehr auf die Details des Falles ankommen, ob eine bestimmte Information mitzuteilen ist. Was in einem Fall als provisionsrelevant zu übermitteln war, braucht in einem anderen Fall nicht provisionsrelevant sein. Der Buchauszug hat alle aus den Büchern und sonstigen maßgeblichen Informa- 129 tionsquellen ersichtlichen Angaben zu umfassen, die auf den Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung der Provision, ihrer Höhe und ihrer Fälligkeit von Belang sind.549 Die im Zeitpunkt der Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten geschäftlichen Verhältnisse und Einzeldaten550 müssen dabei vollständig551 in geschlossener Darstellung552 sowie in klarer, geordneter,553 systematischer und übersichtlicher Form widergespiegelt werden,554 soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen.555 Nur dann kann der Buchauszug seinen Zweck erfüllen, dem HV über seine Provisionsansprüche Sicherheit zu verschaffen und ihm eine Nachprüfung der vom Unternehmer erteilten oder noch zu erteilenden Provisionsabrechnung zu ermöglichen.556 Der Buchauszug ist vollständig, sobald ein „Spiegelbild der Geschäftsbeziehungen“ zwischen Unternehmer, Kunden und Vertreter557 mit einer aus sich selbst heraus verständlichen Übersicht,558 Gliederung und Logik, welche in übersichtlicher Weise eine Zusammenstellung der Geschäftsbeziehungen gibt, übermittelt wird (Rn 127). Generelles darf vorweg „vor die Klammer“, etwa in einem Begleitschreiben, genannt werden.559 Abkürzungen können verwendet werden, soweit die Übersichtlichkeit nicht leidet.560

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547 Hopt § 87c Rn 13. 548 BGH DB 2001, 1409. 549 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 51; BGH DB 1964, 583; DB 1982, 376; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 550 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 27. 551 OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 552 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09, NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13; Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 553 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13; Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 51. 554 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8b. 555 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; Kukat DB 2002, 1646 (1647); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41. 556 BGH WM 1982, 152 (153); 1989, 1073 (1074); NJW 2001, 2333; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035). 557 OLG Brandenburg, Urt. v. 10.1.2013 – 5 U 54/11, BeckRS 2013, 01597; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; v. 25.3.2011 – I-16 U 21/10, BeckRS 2012, 01193; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; Holling BB 1959, 687 (688); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 87. 558 OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712. 559 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 560 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422.

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Da der Auszug aus sich heraus verständlich werden muss, genügt keine Verweisung auf die erteilten Abrechnungen und noch weniger auf früher übersandte Auftrags- und Rechnungskopien. Die „Verweisung“ müsste schon, wenn man sie überhaupt für zulässig hält, mindestens mit einer gesonderten Aufstellung verbunden werden, die alle erforderlichen Angaben enthält und die die provisionspflichtigen Rechnungsbeträge vollständig auflistet dergestalt, dass Rechnungen und Rechnungsbeträge ohne Schwierigkeit einander zugeordnet werden können.561 Folglich genügt es nicht, wenn der Buchauszug im Wesentlichen aus erteilten Abrechnungen562 zusammengesetzt wird, weil das Buchauszugsrecht zusätzlich zum Abrechnungsrecht besteht und bei einer gesammelten Übermittlung von Abrechnungen nichts zusätzliches geliefert wird. Die Erfüllung des Abrechnungsrechts nach Abs. 1 erfüllt also nicht das Buchauszugsrecht nach Abs. 2, weil Abs. 2 sonst systematisch überflüssig wäre und keinen eigenen Inhalt hätte. Anders als bei der Abrechnung sind in den Auszug zudem alle erst bedingt entstandenen Provisionsansprüche aufzunehmen (Rn 127, 137),563 um dem HV einen vollständigen Überblick über Stand, Stadium und Weg der Geschäfte zu geben, weshalb die Übermittlung von Abrechnungen den Buchauszug gleichfalls nicht substituieren kann. Die ungeordnete Übermittlung von Kopien, insb. Aktenordnern mit Auftrags131 und Rechnungskopien564 oder Kontokorrentbüchern,565 bildet keinen Buchauszug.566 Es ist nicht Aufgabe des HV, sich aus einer Vielzahl ggf. ungeordnet übermittelter Informationen die verwertbaren Fragmente, etwa aus dem Intranet des Unternehmers,567 herauszusuchen oder zu einem eigenen Buchauszug zusammenzustellen. 568 Insbesondere braucht sich der HV nicht darauf verweisen zu lassen, die ihm übersandten Unterlagen selbst chronologisch zu ordnen und aufzubewahren, um sich daraus die für die Nachprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Informationen zusammenzusuchen.569 Vielmehr muss der Unternehmer den Buchauszug zusammenstellen und darf jene Aufgabe nicht dem HV überbürden.570 Hat der Unternehmer auf einen Aktenordner Bezug genommen, wird sein Inhalt Teil des Buchauszugs und unterliegt den Anforderungen, die hinsichtlich Klarheit, Ordnung und Übersichtlichkeit an einen Buchauszug zu stellen sind.571 Der HV hat keinen Anspruch auf eine bestimmte Gestaltung des Auszuges.572 Auch 132 ein Anspruch auf Mitteilung in Form einer tabellarischen Übersicht besteht nicht, solange auch ohne eine solche eine geordnete Darstellung gewahrt bleibt.573 Entscheidend ist immer, ob das Gelieferte der Kontrollfunktion gerecht wird und die Verkehrskreise zur Kontrolle umfangreichere Informationen erwarten würden. Hinsichtlich der Darstel-

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561 BGH DB 1982, 376. 562 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168) – tausende Rechnungen. 563 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 39; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7, 8b. 564 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 30. 565 OLG Hamm BB 1965, 1047. 566 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 67. 567 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223. 568 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; Kukat DB 2002, 1646 (1648); Hopt § 87c Rn 14. 569 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 Rn 24 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner; v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 19. 570 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 67. 571 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380. 572 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 53. 573 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 53.

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lungsweise besteht ein Ermessensspielraum des Unternehmers, soweit die geschäftlichen Vorgänge klar und übersichtlich dargestellt wurden. Es ist nicht gerechtfertigt, den Unternehmer auf eine bestimmte Form zu verpflichten574 und ihm die Freiheit zu nehmen, unter mehreren gleich geeigneten und zulässigen Darstellungsweisen die für ihn (kosten-) günstigere und weniger lästige zu wählen.575 Es hängt von Art und Umfang der anzugebenden Tatsachen ab, in welcher Form dies zu erreichen ist.576 Bei einem sehr erheblichen Umfang des zu erteilenden Buchauszuges kann ausnahmsweise eine rechnergestützte Zusammenstellung in Dateiform577 oder eine pdf-Datei578 verlangt werden. Dem HV kann insb. ein Anspruch auf Erteilung eines elektronischen Buchauszugs zustehen, wenn die Parteien immer in solcher Form korrespondiert haben, etwa per E-Mail.579 Bloße EDV-Listen oder Datensammlungen sind oft nicht kontrollfähig. Jedoch ge- 133 nügt die Übersendung von EDV-Listen, wenn sich das Maßgebliche aus ihnen ergibt. 134 An der erforderlichen Klarheit und Ordnung mangelt es etwa wenn: – der HV Warenart und -menge und die Stückpreise dem mit Auftragsbestätigungen bezeichneten Ordner ZV B7 entnehmen, für die Ermittlung des Umfangs der Teillieferungen auf die Anlagenordner ZV B2, ZV B10a und b zugreifen und wegen ergänzender Informationen zu Differenzen zwischen Auftragswert und Lieferwert nach Spalte 22 der Übersicht den Ordner ZV B3 heranziehen muss und dabei die Reihenfolge der Übersicht, die alphabetisch nach den Namen der Kunden geordnet ist, von der Reihenfolge der Unterlagen abweicht, die fortlaufend nach den Nummern der Auftragsbestätigungen und Rechnungen sowie nach Ordnungsnummern sortiert sind;580 – in dem Buchauszug getrennt nach einzelnen Kunden tabellarisch Aufträge, Lieferungen und Rechnungen hintereinander aufgeführt werden, es dabei jedoch an einer Entsprechung der bestellten und gelieferten Menge fehlt, ohne dass sich die Differenz aus der Übersicht erklären ließe. Das gilt insb., falls sich auch aus dem Zusammenhang der jeweiligen Daten zur Lieferung und zur Rechnung nicht erschließt, dass bzw. in welchem Umfang eine der Bestellung entsprechende Lieferung und damit übereinstimmende Abrechnung stattgefunden hat und sich weder – etwa anhand einheitlicher Bestell- und Rechnungsnummern oder durch Bezugnahmen – nachvollziehen lässt, welche Rechnung oder Kundenzahlung sich auf welche Lieferung bzw. auf welchen Auftrag bezieht.581

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135 Einzelheiten: HV mit Automobilvermietgeschäft: Auch sie dürfen einen Buchauszug fordern.582 Bezirksvertreter: In den Buchauszug eines Bezirksvertreters sind alle provisionspflichtigen Geschäfte im Bezirk des HV aufzunehmen,583 also auch Direktgeschäfte

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574 OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. 575 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13; v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, NJW-RR 2009, 821 Rn 14; v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, NJW-RR 2007, 246 Rn 17; v. 21.3.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 (2336) = EWiR 2001, 631 (Emde); LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (220); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 53. 576 BGH, Beschl. v. 10.2.2009 – VIII ZR 205/05, BeckRS 2009, 06497. 577 OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401. 578 LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). 579 Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (221); LG Landau, Urt. v. 28.7.2009 – HKO 27/09. 580 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 15. 581 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364. 582 LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10 – Europcar. 583 OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747 (selbst wenn sie streitig sind); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 86; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8.

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des Unternehmers584 oder anderer HV, wenn hierfür die Provision nicht ausgeschlossen wurde.585 Excel-Tabellen können eine geordnete Darstellung der geschuldeten Angaben bieten.586 Inkassoprovision: Sie ist aufzunehmen. Mehrstufiges Vertriebssystem: Im mehrstufigen Vertriebssystem gehört in den Buchauszug eines HV alles, was sich in den Büchern des Unternehmers über die von anderen HV, etwa echten Untervertretern, herbeigeführten Geschäfte befindet, soweit der den Buchauszug Fordernde erfolgsabhängige Vergütung für die Tätigkeit dieser anderen HV erhält.587 Mobilfunkvermittler: Monatsabrechnungen und Listen mit Namen und Adressen der Kunden, für die Kartenverträge über Mobilfunkteilnehmerverhältnisse abgeschlossen worden sind, erfüllen nicht die Anforderungen an einen Buchauszug, sofern die notwendigen Angaben nicht in der erforderlichen Weise klar und übersichtlich dargestellt sind.588 Rahmenvertrag: Einzellieferungen in Ausführung eines Rahmenvertrages können in einer Excel-Tabelle mit Rahmenvertragnummer, Artikelnr., Kunden-Artikelnr., Teilebezeichnung und Lieferscheinmenge gekennzeichnet werden. Der jeweilige Auftragsinhalt ist hierdurch hinreichend benannt, sofern die Rahmenverträge vorliegen.589 Versicherungsvertreter: Versicherungs- und Bausparvertreter dürfen einen Buchauszug fordern.590 Der Buchauszug muss alles enthalten, was für den Provisionsanspruch nach den §§ 92, 87, 87a von Bedeutung sein kann (Details Rn 138).591 Sämtliche Versicherungs- und Bausparverträge, hinsichtlich derer eine Mitwirkung des HV bei ihrem Abschluss oder ein Provisionsanspruch aus sonstigem Grund, zum Beispiel eine Superprovision des Hauptvertreters, in Betracht kommt, müssen im Auszug genannt werden.592 Ihr Schicksal ist mit allen für den Provisionsanspruch erheblichen Tatsachen bis zu dem Zeitpunkt zu dokumentieren, in welchem die für die Provision maßgebliche Prämie nach § 92 Abs. 4 gezahlt und der Provisionsanspruch endgültig und bedingungslos entstanden ist. Bei Nichtzahlung der Prämie muss die sich aus den Büchern ergebende Nachbearbeitung im Einzelnen vollständig wiedergegeben werden. Angaben zur provisionsunabhängigen Vergütung braucht der Buchauszug nicht zu enthalten.593 Auch über Bestands- und Verwaltungsprovisionen muss der Auszug informieren. Die regelmäßige Provisionsabrechnung ersetzt auch hier den Buchauszug nicht.594 Vertragsbedingungen: Um vertraglichen Grundlagen eines vermittelten Vertrages darzulegen, genügt die Übermittlung von Kopien dieses Vertrages.595

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584 BGH ZIP 1996, 129 (131); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 92; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 71. 585 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8b. 586 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06. BeckRS 2007, 17218. 587 BGHZ 56, 290; Emde MDR 1999, 1108 (1109 ff.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 72. 588 OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401. 589 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218. 590 BGH ZIP 2001, 876; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 58. 591 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 58. 592 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 58. 593 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 58. 594 Seetzen WM 1985, 216; OLG Hamburg BB 1997, 1329 (1330); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 58. 595 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218.

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Die Erteilung des Buchauszuges enthält keine Vorwegnahme der Entscheidung, ob 136 das in ihn aufgenommene Geschäft provisionspflichtig ist oder nicht. Bestehen Meinungsverschiedenheiten zwischen HV und Unternehmer, gehören die Angaben zu den im Streite stehenden Geschäften in den Auszug,596 ebenso bei nur möglicher Provisionspflicht,597 z.B. weil ein Geschäft bisher, wie die Übersendung der Durchschriften einschlägiger Buchungsunterlagen zeigt, als provisionspflichtiges behandelt worden war.598 Das sichere Bestehen des Anspruchs wird also nicht vorausgesetzt,599 ein Streit über die Provisionspflichtigkeit soll nicht im Buchauszugsverfahren auszutragen sein.600 Abweichend von dem Grundsatz, dass bei Entfallen des Provisionsrechts kein Kontrollrecht gegeben sei, soll keine volle Aufklärung über die Existenz des Provisionsanspruchs als Hauptrecht erforderlich sein (nicht ganz zweifelsfrei). So soll bei einer auf erster Stufe geltend gemachten Buchauszugsforderung kein Beweis über ein Entfallen des Provisionsrechts erhoben werden.601 Der Buchauszug soll dem HV seine eigene Beurteilung und Entschließung ermöglichen. Zweifelsfälle602 oder streitige Geschäfte603 sind aufzunehmen. Ggf. mag der Unternehmer einen Vorbehalt erklären.604 Denn ohne Nennung zweifelhafter oder strittiger Fälle könnte der HV ihre Behandlung durch den Unternehmer nicht kontrollieren, was aber gerade Sinn des Auszugs ist.605 Nur zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte brauchen nicht genannt zu werden.606 Enthalten sein müssen Angaben zu Geschäften, für die nach § 87a Abs. 2 die Provisionspflicht nachträglich wieder entfallen ist; denn die Feststellung, dass „der Dritte nicht leistet“, kann nicht einseitig vom Unternehmer durch Nichtaufnahme des Geschäfts in den Buchauszug getroffen werden. Ist eine Gruppe von Geschäften deshalb nicht in den Buchauszug überführt worden, weil der Unternehmer insoweit die Provisionspflicht bestreitet, so darf der HV einen Buchauszug über diese Gruppe verlangen und auf die Erteilung klagen.607 Der Unternehmer hat sogar über vertragswidrig abgeschlossene Geschäfte durch den Buchauszug Aufschluss zu geben, z.B. wenn er dem HV ein Alleinverkaufsrecht zugesagt, aber trotzdem in dessen Bezirk eigene Verkäufe abgeschlossen hat.608 Gerade für den möglichen Streitfall sind solche Aufschlüsse notwendig; ist z.B. in einem Agenturvertrag die Provisionspflicht auf die „regulären“ Geschäfte beschränkt, so muss der Buchauszug erkennen lassen, welche Geschäfte der Unternehmer als „irregulär“ angesehen hat.

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596 OLG Köln VersR 2003, 1126; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 93 f.; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 73; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87c Rn 39, 51; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 28; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6, 8b. 597 OLG Düsseldorf DB 1971, 1857. 598 OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; OLG München BB 1964, 698. 599 OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111. 600 OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111; VersR 2003, 1126. 601 OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. 602 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 51. 603 OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747. 604 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 94. 605 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 55; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 73. 606 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218; OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); OLG Köln VersR 2003, 1126; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 94; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 51; Hopt § 87c Rn 13; Oetker/Busche § 87c Rn 18; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 39. 607 OLG Dresden OLGE 27, 326. 608 RG JW 1917, 1566; vgl. auch RGZ 92, 201.

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b) Einzelheiten zum Inhalt der geschuldeten Informationen 137

aa) Beim HV nach § 84. Beim HV, der kein VV ist (zum VV Rn 138), ist im Buchauszug, etwa in zeitlicher Reihenfolge,609 insbesondere Folgendes mitzuteilen,610 wobei für jeden Geschäftsvorgang eine in sich geschlossene Darstellung erforderlich611 ist: – Alle zur Ausführung gelangten provisionspflichtigen Geschäfte, gleichviel ob sie durch die Tätigkeit des HV zustande gekommen oder ohne solche Tätigkeit provisionspflichtig sind (z.B. Nachbestellungen, direkte Abschlüsse mit bezirksangehörigen Kunden eines Bezirksvertreters);612 – Genauer Vor-613 und Nachname und präzise Anschrift des Kunden.614 Kundennummern allein dürfen nur verwandt werden, falls sie dem HV bekannt sind.615 Teilweise wird die volle Anschrift der einzelnen Auftraggeber nicht für erforderlich gehalten, sofern der Sitz der Firma angegeben ist. Bei begrenzter Anzahl von Auftraggebern auch die Straßenbezeichnung zu verlangen, sei deshalb rechtsmissbräuchlich.616 Provisionsrelevant ist die Adresse jedenfalls dann, wenn die Provisionspflicht davon abhängt, ob der Kunde seinen Sitz im Gebiet/Bezirk des HV hat. Fehlt es an der Provisionsrelevanz der Adresse, wird sie gleichwohl oft zur genauen Identifizierung des Kunden erforderlich sein und aus diesem Grund mitgeteilt werden müssen; – Kundennummer (sofern vorhanden);617 – Vertragsantrag, um festzustellen, ob die Tätigkeit des HV ursächlich war;618 – Wesentlicher Inhalt des Kundenvertrages,619 insb. die nachstehenden Informationen: – Datum der Auftragserteilung620/des Vertragsschlusses und Auftragsnummer;621

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609 Kukat DB 2002, 1646 (1647). 610 Kukat DB 2002, 1646 (1647). 611 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 68. 612 OLG Nürnberg BB 1966, 265. 613 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 614 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651; LG Hamburg, Urt. v. 22.3.2013 – 418 HKO 97/ 10; v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a, 7; aA Segger VersR 2004, 781 (782); auch OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367, aber nur wenn der Auszug die jeweilige Kundenr. nennt. 615 OLG Düsseldorf MDR 1958, 42; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. 616 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218. 617 OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10. 618 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 619 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69. 620 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29. 621 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367.

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Umfang des erteilten Auftrages;622 Datum der Auftragsbestätigung.623 Nach aA brauchen Datum und Inhalt von Auftragsbestätigungen nicht mitgeteilt zu werden.624 Einzelheiten der Auftragsbestätigungen müssen nicht mitgeteilt zu werden, sofern sie nicht von den Bestellungen abweichen;625 Datum der Lieferungen626 bzw. Teillieferungen;627 Art und Menge der Lieferungen628 bzw. Teillieferungen;629 Nachbestellungen; Angaben zu schwebenden Geschäften:630 Hierbei handelt es sich i.S.v. § 87 erst bedingt provisionspflichtige Geschäfte. Sie sind in den Auszug aufzunehmen, selbst wenn das Ergebnis hinsichtlich der Provisionspflicht noch aussteht. Gerade insoweit können sich Streit und Zweifel ergeben, und es besteht für den HV ein Bedürfnis, für seine Prüfung und Beurteilung eine sachgemäße Unterlage zu erhalten. Es wäre unbillig, die Entscheidung darüber, ob diese Geschäfte als provisionspflichtig in den Buchauszug aufzunehmen sind, dem Unternehmer allein zu überlassen;631 Datum und Nummer der Rechnung632 bzw. der Rechnungen bei Teillieferungen633 (die Kontrollfähigkeit hinsichtlich der Rechnungen ist gerade Zweck des Buchauszuges, werden die Rechnungen nicht identifiziert, wird der Kontrollzweck verfehlt);

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622 OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 623 OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; Riemer in: Küstner/ Thume I, Kap. VI Rn 88; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29; jedoch nicht, falls Auftragsbestätigungen nicht gefertigt werden (OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367). 624 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06, BeckRS 2007, 17218; Mitteilung aber, wenn das Datum provisionsrelevant ist (OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422). 625 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 626 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40. 627 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10. 628 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52; Hopt § 87c Rn 15; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40. 629 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. 630 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 18; OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; DB 1964, 698. 631 Düringer/Hachenburg § 91 Anm. 2; Schmidt-Rimpler S. 171; Apt Gutachten der Ältesten der Kaufmannschaft von Berlin N. S. I 64. 632 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29; aA OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 633 OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29.

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Preis, Rechnungsbetrag (Netto/Brutto);634 Gewährte Nachlässe, Skonti, Rabatte,635 Gutschriften636 und Preisnachlässe,637 wobei diese einem bestimmten Kundengeschäft zuzuordnen sind;638 Datum der Zahlung,639 des Zahlungseingangs640 bzw. der Einzelzahlungen,641 aber nicht, wenn § 87 Abs. 2 abbedungen wurde und damit das Datum des Zahlungseinganges provisionsirrelevant ist;642 Gründe der Nichtleistung des Kunden (§ 87a Abs. 2, 3), da die Wertung, ob der Kunde i.S.d. § 87a Abs. 2 nicht leistet, nicht allein vom Unternehmer vorgenommen werden darf; Höhe der gezahlten Beträge643/Einzelbeträge; Datum der vollständigen Abwicklung (u.a. wegen § 87 Abs. 3 sowie Periodenzuordnung);644 Auslieferungs-Fehlbetrag;645 Grund für den Fehlbetrag (wegen § 87a Abs. 3);646 Provisionssatz647 und gezahlte Provision; Nichtausführung von Geschäften 648 (wegen § 87a Abs. 3) sowie Angabe der Gründe für die Nichtausführung vermittelter Verträge.649 Die Gründe müssen zumindest stichwortartig mitgeteilt werden;650

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634 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. 635 OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747. 636 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). 637 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69. 638 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). 639 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 640 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425). 641 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 642 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. 643 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 644 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 645 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 646 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88. 647 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 88 (aA Rn 95); BGH DB 2001, 1409; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers) und OLG Celle BB 1962, 1017 haben ausgeführt, die gezahlte Provision sei nicht mitzuteilen, weil die Vertragsbestimmungen und der Provisionssatz dem HV bekannt seien. Das ist zu kurz gedacht. Entscheidend ist, dass der HV wissen muss, wie der Unternehmer das jeweilige Einzelgeschäft verprovisioniert hat, nämlich zutreffend oder nicht. Das ist insbesondere bei wechselnden oder gestaffelten Provisionssätzen wichtig. 648 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Köln, Beschl. v. 3.3.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457; OLG Düsseldorf MDR 2000, 167; MDR 1958, 42; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; OLG Hamm BB 1965, 1047; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 51; Hopt § 87c Rn 15; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7. 649 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; OLG Hamm BB 1965, 1047; OLG Düsseldorf MDR 1958, 42; Hopt § 87c Rn 15; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 29; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 7. 650 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1425).

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Stornierungen/Retouren.651 Dabei sind jedenfalls stichwortartig (aber verständlich) die Gründe anzugeben, auf denen sie beruhen.652 Denn auf unzulänglicher Belieferung des Dritten durch den Unternehmer beruhende Retouren beeinflussen die Provisionspflicht nicht (§ 87a Abs. 3). Zudem muss eine Zuordnung des einzelnen Auftrags zur Lieferung, Rechnung und Zahlung ermöglicht werden.653 Ggf. sind Dokumente, Kundenschreiben oder sonstigen Belege zu den Gründen beizufügen;654 Mitteilung untypischer Konditionen des Kundengeschäfts: Der Unternehmer hat nach dem Verhältnis von Regel und Ausnahme branchenspezifisch untypische Vertragsinhalte (Beispiel: Preisnachlass) oder (teilweisen) Warenrückgaben bzw. Gutschriften anzugeben, soweit sie provisionsrelevant seien können;655 Korrekturen, nachträgliche Gutschriften unter Bezeichnung des zuzuordnenden Geschäfts und Angabe der Gründe; Angaben über vertragswidrig geschlossene Verträge, etwa verbotswidrig geschlossene Direktgeschäfte656 oder schwebende Geschäfte,657 insb. auch über solche Geschäfte, für welche nach § 87a erst ein bedingter Anspruch entstanden ist; Angaben zu den für eine Schwestergesellschaft des Unternehmers vermittelten Verträgen;658 Angaben zu Vertragsänderungen659 entstandene Versandkosten und die in den Rechnungen an die Kunden belasteten Versandkostenbeträge;660 Rahmenverträge: Angaben zum Inhalt von Rahmenverträgen, aus denen zukünftige Lieferungen folgen können.661

bb) Beim Versicherungsvertreter. Der einem Versicherungsvertreter zu erteilen- 138 de Buchauszug muss folgende Angaben enthalten:662 – Name und Anschrift des Versicherungsnehmers.663 Die Anschrift kann bei VV-Verträgen provisionsirrelevant sein. Dann kann ihre Übermittlung allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Kontrollfähigkeit geschuldet sein;

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651 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; MDR 2000, 167; OLG Nürnberg, Hinweisbeschl. v. 28.1.2011 – 12 U 744/10, BeckRS 2011, 04747; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/ 09, VersR 2010, 1367; OLG Köln, Beschl. v. 3.3.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457; OLG Hamburg MDR 1955, 43; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 51; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 40. Nach OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685 brauchen bei der Vermittlung von Fonds keine Informationen zu Stornierungen gegeben zu werden, da dort Stornierungen nicht möglich seien. 652 BGH, Urt. v. 21.3.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333; OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367. 653 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364. 654 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 18; OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 655 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 656 RG JW 1917, 156. 657 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69. 658 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; zweifelh. 659 OLG München, Urt. v. 1.7.2003, VersR 2004, 470 (471). 660 OLG Köln, Beschl. v. 3.3.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457. 661 OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 U 529/06, BeckRS 2007, 17218. 662 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Kukat DB 2002, 1646 (1647). 663 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89.

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Datum des Antrages;664 Datum der Vertragsannahme;665 Art,666 Inhalt und Umfang667 des Versicherungsvertrages (Sparte,668 Tarif,669 prämienoder provisionsrelevante Sondervereinbarungen);670 Ursächlichkeit des HV für das Zustandekommen des Vertrages nach Auffassung des Unternehmers;671 zur Versicherungspolice,672 insb. zum Datum ihrer Policierung;673 Erklärung, ob es sich um ein Neu- oder Folgegeschäft handelt;674 Zweck des Folgegeschäfts;675 Beitragshöhe (ggf. Jahresprämie)676 und Zahlungsweise;677 Datum des Versicherungsbeginns;678 Versicherungsscheinnummer;679 Bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme,680 Eintrittsalter des VN,681 Laufzeit des Vertrages;682 Dynamisierungen,683 insoweit zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme,684 Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie;

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664 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 665 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 666 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Hamm VersR 1998, 1415. 667 OLG Hamm VersR 1998, 1415. 668 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414. 669 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89; OLG Hamm VersR 1998, 1415. 670 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414. 671 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 672 OLG Hamm VersR 1998, 1415. 673 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 674 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 675 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 676 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52. 677 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52. 678 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 679 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 680 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52. 681 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52. 682 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52. 683 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 684 OLG München, Urt. v. 1.7.2003, VersR 2004, 470 (471).

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im Stornofall: Stornierungen,685 Datum der Stornierung,686 Stornogrund,687 sonstige die Stornierung betreffende Korrespondenz,688 Höhe der entgangenen Versicherungsprämie.689 Bei dem Stornogrund kann auch ein Code („T70K141“) Verwendung finden, sofern er für die Parteien verständlich ist;690 Bestandserhaltungsmaßnahmen des Versicherers691 (auch bei Kleinbeträgen),692 um feststellen zu können, ob ein Vertretenmüssen des Unternehmers, mithin ein Provisionsanspruch gem. § 87a Abs. 3, in Betracht kommt. Allerdings dürfen die Bestandserhaltungsmaßnahmen schlagwortartig (aber verständlich) verkürzt werden;693 Stornogefahrmitteilung694 mit Datum. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH695 ist zwar die rechtzeitige Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den HV als Nachbearbeitungsmaßnahme ausreichend (§ 87a Rn 88). In einem Buchauszug ist gleichwohl über diese Versendung zu berichten, damit der VV einen Abgleich zwischen bei ihm eingegangenen und nach Angaben des Unternehmers versandten Mitteilungen vornehmen kann;696 Höhe der geleisteten Beitragszahlung;697 Höhe und Fälligkeit offener Beitragszahlungen;698 Datum der Zahlung, da der Provisionsanspruch des VV gem. § 92 Abs. 4 endgültig erst mit Zahlung der Prämie entsteht;699 Angaben zum Stand und zur Entwicklung eines Stornoreservekontos;700 Angaben zur Bestandspflegeprovision. Sie stellt zwar eine Verwaltungsprovision und keine gem. §§ 92 Abs. 3, 87 Abs. 1 S. 1 beim VV vom Gesetz allein vorgesehene Tätigkeitsprovision dar. Obwohl im Buchauszug nur Geschäfte zu nennen sind, für die dem Vertreter nach § 87 Provision gebühren, zählen wegen des weiten Verständ-

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685 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 1.7.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; OLG München, Urt. v. 1.7.2003, VersR 2004, 470 (471). 686 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 18; ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111; Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Riemer in: Küstner/ Thume I, Kap. VI Rn 89. 687 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 18; ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm VersR 1998, 1415; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 688 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 689 OLG Hamm VersR 1998, 1415. 690 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685. 691 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028; Behrend NJW 2003, 1563 (1564); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 692 OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111. 693 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). 694 BGH, Urt. v. 21.3.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 (2335) unter II. 2 c.; v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, NJW-RR 2007, 246 (247) Rn 18; OLG Köln, Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111; LG Karlsruhe, Urt. v. 8.2.2013 – 6 O 440/10, BeckRS 2013, 07028; Hopt § 87c Rn 15; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69. 695 BGH, Urt. v. 1.12.2010 – VIII ZR 310/09, NJW 2011, 1519 Rn 24. 696 OLG Köln, Beschl. v. 17.7.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16115; wohl auch LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887. 697 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 698 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 89. 699 OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651. 700 OLG Hamm VersR 1998, 1415; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 69.

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§ 87c

1. Buch. Handelsstand

nisses des Provisionsbegriffes im Rahmen des § 87c (Rn 13 f.) auch Informationen über Verwaltungsprovisionen zu den geschuldeten, zumal sich beide Provisionsarten im Falle der Zahlung als Einheitsprovision kaum separieren lassen. 139

Das Buchauszugsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der VV nach §§ 92 Abs. 3, 87 Abs. 1 S. 1 allein Tätigkeitsprovision und – anders als sonstige HV – keine Bezirks- oder Folgeprovision erhält. Denn gem. § 92 Abs. 2 gilt § 87c Abs. 2 auch für den VV uneingeschränkt. Selbst bei anderen HV ist zudem der Auszug nicht auf Informationen zu Bezirks- oder Folgeprovisionen beschränkt.

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c) Einzelheiten zum Inhalt der nicht geschuldeten Informationen. Nicht in einem Buchauszug gefordert werden können Informationen über: – Tatsachen, die allein dem Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und HV entspringen, also als Vertragsregelungen oder aus anderen Gründen bekannt sind. Denn in einen Buchauszug sind nur Umstände aufzunehmen, welche die vermittelten Verträge (Wortlaut des § 87 Abs. 2: „über alle Geschäfte“), also die Geschäftsbeziehung zwischen Unternehmer und seinen Kunden betreffen.701 Die Zielrichtung der Informationsrechte richtet sich also auf das dem HV unbekannte Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und Kunden, und nicht auf Informationen zum eigenen Vertrag. Eine mglw. gegensätzliche Ansicht des BGH aus NJW-RR 1989, 738 hat der BGH in NJW 2001, 2334 ausdrücklich aufgegeben; – Provisionssatz und -betrag, weil sie angeblich der Abrechnung i.S.d. § 87c Abs. 1 oder dem Vertrag entnommen werden können.702 Dem darf aber entgegengehalten werden, dass der HV Interesse daran hat, zu wissen, ob der Unternehmer den korrekten Provisionssatz angesetzt hat (vor allem bei unterschiedlichen Provisionssätzen) und dass die Abrechnung den Buchauszug nicht substituiert; – Kundenzahlungen (zwh.);703 – Stückpreise;704 – wie und auf wessen Kosten die Lieferungen ausgeführt wurden;705 – Daten der Stornogefahrmitteilungen und Stornomitteilungen, welche dem Mittler bekannt706 und zudem provisionsirrelevant sind.707 Das OLG München begründet dieses Ergebnis mit der Erwägung, sie beträfen nicht die Ausführung des vermittelten Geschäfts durch das Unternehmen, sondern erfolgten im Innenverhältnis zwischen dem Versicherungsunternehmen und dem VV, um diesem zu ermöglichen, selbst Maßnahmen zur Erhaltung des Vertrages zu ergreifen.708 Zumindest müssen die Daten dem HV mitgeteilt werden, wenn sie ihm unbekannt sind, z.B. weil er die Nachrichten nicht erhalten hat;

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701 BGH VersR 2001, 760 (763) = NJW 2001, 2334; OLG München, Urt. v. 1.7.2003 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471). 702 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Hamm, Urt. v. 14.5.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 52. 703 OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers). 704 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 705 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 706 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 1.7.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781. 707 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 708 OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471).

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Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter

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§ 87c

Die Übersendung von Storno- und Informationsmitteilungen, weil insoweit eine schlagwortartige Beschreibung genügt;709 Daten der Provisionsabrechnung und ihre Übermittlung;710 Einzelheiten der Auftragsbestätigungen, es sei denn, sie weichen von den Bestellungen ab (dann § 87a Abs. 3);711 Daten der Versicherungsanträge, wenn nicht strittig ist, ob die Tätigkeit des HV für den Vertragsschluss ursächlich geworden ist;712 Vereinbarte Stornohaftzeiten, soweit sie sich aus dem Vertrag ergeben;713 Das Datum der Kenntnisnahme von Provisionsrückbelastungen;714 Den Zeitpunkt des Zugangs der Police bei dem VN, weil diese Tatsache den Büchern des Unternehmers nicht entnommen werden kann;715 Unzweifelhaft Bedeutungsloses für einen Zahlungsanspruch des HV;716 Nach Vertragsende angebahnte Geschäfte, weil es insoweit kein Provisionsrecht gibt;717 Nicht zustande gekommene Geschäfte;718 Provisionsirrelevante Direktgeschäfte, die ohne Vermittlung des HV geschlossen worden, es sei denn, der HV ist Bezirksvertreter oder es handelt sich um provisionspflichtige Folgegeschäfte;719 Das Stadium der Geschäftsausführung, sofern es provisionsirrelevant ist;720 Geschäfte die (aufgrund besonderer Vereinbarung) eindeutig nicht provisionspflichtig sind. 721 Allein die theoretische Möglichkeit einer Meinungsverschiedenheit reicht nicht, damit Geschäfte in dem Buchauszug angeführt werden müssen;722 In den Büchern des Unternehmers nicht Genanntes723 (Rn 61 ff., 142 ff.). Eine erteilte Fehlanzeige ist durch Bucheinsicht,724 Auskunftsrecht725 und eidesstattliche Versicherung prüfbar; Geschäfte mit einem Kunden, der seinen Sitz aus dem Bezirk des HV verlegte. Denn Auskünfte dürfen nur hinsichtlich provisionsrelevanter Umstände verlangt werden.

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709 OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1415. 710 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 711 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 712 OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1415. 713 OLG Hamm VersR 1998, 1415. 714 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 715 OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 716 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 94; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 70. 717 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655. 718 Kukat DB 2002, 1646; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 70. 719 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 92. 720 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368); anders jedoch sofern es provisionsrelevant ist (im Fall des OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223 etwa bei Stornierungsmöglichkeit nach Nichtzahlung bzw. der Möglichkeit zur Provisdionsreduzierung bei Teilzahlung). 721 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 8a. 722 OLG Köln, Beschl. v. 3.3.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457. 723 OLG Celle NJW 1962, 1968; Riemer in Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 95; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 70; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41. 724 Finke WM 1969, 1122 (1127); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41; aA Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20. 725 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 41; so aber Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 20.

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§ 87c



1. Buch. Handelsstand

Für Geschäfte außerhalb seines Bezirkes ist der HV aber nicht berechtigt, Provision zu berechnen;726 Die Person des VV, wenn sich der Buchauszug nur auf ihn bezieht.727 Zweifelsfälle sind dennoch in den Buchauszug aufzunehmen (Rn 136).

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3. Zeitliche Erstreckung. Zeitlich muss der Buchauszug sämtliche provisionsrelevanten Geschäftsvorfälle erfassen, also zumindest alle von Vertragsbeginn bis Vertragsende728 und darüber hinaus sämtliche provisionsrelevanten nachvertraglichen Geschäfte.

4. Begriff der Bücher. In dem Buchauszug muss nach wohl h.M. nur das erscheinen, was sich aus den Büchern des Unternehmers ergibt.729 Was „Bücher“ sind, definieren weder § 87c Abs. 2 noch Abs. 4. Geschäftsbücher sind nicht nur die klassischen Handelsbücher, sondern alle Medien, in denen der Unternehmer Informationen zum Vertragsverhältnis und den geschäftlichen Vorgängen sammelt, etwa EDV,730 Geschäftspapiere731 oder Mikrofilme.732 Der Begriff des Buchauszuges ist von dem deutschen Begriff der Geschäftsbücher 143 unabhängig. Das zeigt schon die Präformation in Art. 12 Abs. 2 RL. Unmaßgeblich ist, welche Bücher der Unternehmer tatsächlich geführt hat. Der Begriff „Buchauszug“ kennzeichnet nicht das beim Unternehmer tatsächlich vorhandene – seine Geschäftsbücher – , sondern den Inhalt des gegenüber dem HV Geschuldeten (nämlich den Inhalt der üblicherweise zu führenden Bücher), weshalb Erkundigungspflichten des Unternehmers bestehen (s.o. Rn 61). So hat das OLG Hamburg733 den nach dänischem Recht nur im geringeren Umfang buchführungspflichtigen Unternehmer zur Erteilung eines nach deutschen Maßstäben geschuldeten Buchauszuges verurteilt (zur Buchführungspflicht s.o. Rn 57). Diese Ansicht hat für sich, dass sie dem Unternehmer den Einwand der Unmöglichkeit („Negativattest“ oder „Fehlanzeige“,734 Rn 61) erschwert und das HV-Recht von der Buchführungspflicht abgrenzt. Der Unternehmer, welcher HV beschäftigt, muss sich in den Stand setzen, die zur Kontrolle der Provisionen erforderlichen Informationen zu übermitteln.735 Diese Pflichten werden nicht reduziert, weil der Unternehmer Makler ist und deshalb die Rechte aus § 87c nicht gegen seinen Vertragspartner geltend machen kann.736 Hat der Unternehmer keine Bücher geführt und kann die Unterlagen auch nicht zusammentragen, mag zwar das Buchauszugsrecht nach Abs. 2 entfallen. Der Unternehmer schuldet jedoch nach Abs. 3 in einer dem Buchauszug vergleichbar geordneten Weise die Informationen, welche der HV zur Kontrolle seiner Provisionsrechnungen benötigt. Zu Inhalt und Gliederung gilt Abs. 2 entsprechend. Was sich aus den Büchern

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726 OLG Nürnberg BB 2001, 1169. 727 OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1415. 728 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 729 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 730 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 17. 731 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 17. 732 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 17. 733 Beschl. v. 5.4.2005 – 6 W 15/05, S. 4. 734 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32. 735 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 736 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245.

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§ 87c

nicht ergibt, kann damit zwar nicht als Buchauszug gefordert werden; es muss ggf. durch den Auskunftsanspruch (Abs. 3) sowie das Recht auf eidesstattliche Versicherung abgedeckt werden. Der dogmatische Streit über die Einordnung der Anspruchsgrundlage ist damit praktisch irrelevant. Kann der Unternehmer überhaupt keine relevanten Auskünfte geben, führt dies zur Beweislastumkehr und gibt dem HV einen Schadensersatzanspruch. Es kann sich bei der Erstellung des Buchauszuges nicht auf eine knappe Bezeich- 144 nung der Geschäftsvorfälle oder auf diejenigen Tatsachen beschränkt werden, welche ein Kaufmann nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den Handelsbüchern i.S.d. §§ 238 Abs. 1 und 257 Abs. 1 Nr. 1 niederzulegen hat.737 Auch ein bloßer Auszug aus den Kontokorrentbüchern genügt nicht.738 Der Inhalt des Auszuges ist vielmehr aus allen vom Unternehmer aufbewahrten schriftlichen Zeugnissen über die vermittelten Geschäfte zusammenzustellen.739 Dem steht § 87c Abs. 3 nicht entgegen. Zwar kann der HV nach dieser Vorschrift über den Auszug hinaus Auskünfte fordern. Dies lässt keinesfalls den Schluss zu, der Auszug brauche die in § 87c Abs. 3 genannten Angaben (also theoretisch alles) nicht zu enthalten. Das Auskunfts- ergänzt das Buchauszugsrecht, wenn Fragen verbleiben. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich also insb. auf solche Umstände, die sich nicht aus den schriftlichen Unterlagen des Unternehmers ergeben und aus diesem Grund nicht Gegenstand des Buchauszuges werden könnten.740 Kann der Unternehmer keinen Buchauszug erteilen, weil sich in seinen Büchern 145 keine Informationen befinden oder er – ggf. pflichtwidrig – keine Bücher geführt hat, muss der Unternehmer dies dem HV mitteilen („Fehlanzeige“, s.o. Rn 61). Sie ist begründet, wenn sich in den Büchern und sonstigen Unterlagen des Unternehmers keine Tatsachen finden, welche für einen Zahlungsanspruch des HV von Bedeutung sein können741 und der Unternehmer auch keinen Auskunftsanspruch gegen Dritte besitzt, den er durchsetzen müsste (s.o.). Über den Einwand der Unmöglichkeit, den Buchauszug herzustellen – weil z.B. die Bücher verbrannt sind – siehe auch RGZ 8, 337. Der HV ist, falls sich die Unterlagen für die Aufstellung nicht etwa aus Schriftwechsel und Anfragen bei Kunden gewinnen lassen, zudem auf den Interesseanspruch nach § 893 ZPO verwiesen. Zudem kann für diesen Fall hilfsweise ein Auskunftsantrag nach Abs. 3 gestellt werden,742 sollte er als „Minus“ nicht ohnehin in der Buchauszugsforderung enthalten sein. 5. Form. Der Buchauszug muss regelm. in Textform erteilt werden.743 Eine mündli- 146 che Mitteilung reicht nicht.744 EDV-gestützte („elektronische“) Buchauszüge (etwa auf CD745 oder übermitelt per E-Mail) dürften zulässig sein, solange der HV sie üblicherweise verwerten kann, sie übersichtlich sind und keine zwingenden Gründe entgegenstehen. Beispiele: Excel-, doc-, pdf-Dateien,746 Scans etc.747 Voraussetzung ist, dass der HV die relevanten Daten bei sich mit üblichen Mitteln speichern und ausdrucken kann,748 etwa

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737 738 739 740 741 742 743 744 745 746 747 748

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BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). OLG Hamm BB 1965, 1047. BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). Seetzen WM 1985, 215; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 32. Vgl. den Antrag im Fall OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. Schriftlich: Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. LAG Nürnberg, Urt. v. 14.11.2013 – 8 Sa 485/12, BeckRS 2014, 66700. LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168). Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218. Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (220).

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§ 87c

1. Buch. Handelsstand

mit einem handelsüblichen PC, der eine problemlose Auswertung der Information ermöglicht.749 In ein Gerichtsverfahren eingeführt werden solche Auszüge durch schriftsätzliche Beschreibung, Ausdruck oder – falls zulässsig – gem. § 130a ZPO.750 Sofern Sachkenntnis und Kenntnisnahmemöglichkeit des Richters fehlen, bestimmt – wie meist auch sonst – der Sachverständige über den Erfüllungseinwand des Unternehmers sowie die Brauchbarkeit. Der HV soll keinen Anspruch darauf haben, den Buchauszug in ausgedruckter Form zu erhalten oder selbst auf Kosten des Unternehmers auszudrucken. Denn dem HV soll die Prüfung seiner Provisionsansprüche in einer elektronischen oder digitalen Verkörperung oft leichter fallen, weil er auf Such- und Filterfunktionen in den Dateien zurückgreifen kann.751 Nicht mittels elektronischen Buchauszugs darf erfüllt werden, sofern der Unternehmer davon ausgehen muss, dass der HV zu einer Auswertung nicht in der Lage sein wird („altmodischer HV“). Hierfür soll angeblich den HV die Darlegungs- und Beweislast treffen, nachdem der Unternehmer die Klarheit und Transparenz seines Buchauszugs dargelegt hat.752 Dies ist zweifelhaft, da der Unternehmer die Erfüllung zu beweisen hat. Ist im HV-Vertrag eine bestimmte Form für die Erteilung des Buchauszugs vereinbart, ist deren Einhaltung maßgeblich für eine ordnungsgemäße Erfüllung.753 Sofern der Vertrag hinreichend klar (Transparenzgebot in AGB!) vorsieht, dass der Unternehmer frei wählen kann, in welcher Form oder Verkörperung er den Buchauszug erteilt, so bindet das den HV wg. Abs. 5 nur, wenn der elektronische Auszug die Erfordernisse eines üblichen Buchauszuges erfüllt. 754 Wurden vertragsbegleitend Daten ausgetauscht, hat der HV sogar Anspruch auf einen Buchauszug in solcher Dateiform.755 147

6. Rechtschutzinteresse. Siehe zunächst oben Rn 82. Problematisch ist es zu sagen, die Buchauszugsforderung setze keine Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnung voraus.756 Richtig ist zwar, dass der HV regelmäßig keine Begründung für die Einforderung zu geben braucht757 und kein berechtigtes Interesse darlegen muss.758 Abzulehnen ist aber die Ansicht des AG Frankfurt/M,759 dem Antrag auf Erteilung eines Buchauszuges fehle das Rechtsschutzbedürfnis, falls dem HV die Bezifferung des Provisionsanspruchs möglich sei und er Leistungsklage erheben könne. Denn ob richtig beziffert werden kann, soll der Auszug aufzeigen. Die Auszugsforderung setzt

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749 OLG Koblenz, Urt. v. 14.6.2007 – 6 U 529/06 – Excel-Datenträger, sofern die Darstellung geordnet ist; LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168) – pdf-Datei, sofern vertragsbegleitend auf diese Weise Daten ausgetauscht wurden; Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (220); Hopt § 87c Rn 15; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 87c Rn 40; aA Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 42; Riemer in: Küstner/Thume II, 4. Aufl., Kap. VI Rn 106. 750 Dazu Wolff ZVertriebsR 2013, 360 f. 751 Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (220). 752 Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (220). 753 Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (221). 754 Großzügiger Andrelang/Penners ZVertriebsR 2013, 218 (221): Der HV könne sich nicht darauf berufen, dass die Übersendung eines elektronischen Buchauszugs keine ordnungsgemäße Erfüllung darstelle. 755 LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167 (168) – pdf-Datei. 756 So BGH WM 1982, 152 (153); OLG Brandenburg NJW-RR 2002, 1401; Hopt § 87c Rn 17; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 42; aA wohl (Streit Voraussetzung): LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2005 – 35 O 21/05, BeckRS 2007, 15608. 757 OLG Hamburg HVR Nr. 957; OLG Hamm OLGR 1998, 48 (49); LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 54; Oetker/Busche § 87c Rn 17; Hopt § 87c Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 42. 758 LG Münster, Urt. v. 26.10.2011 – 26 O 56/11, BeckRS 2014, 08697; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10. 759 Urt. v. 28.4.2006 – 31 C 131/06-16, BeckLSK 2007, 240024.

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aber ein Informationsinteresse des HV bzw. Provisionsrelevanz des Informationswunsches voraus. Beides wird im Normalfall vermutet.760 Es kann fehlen, wenn der HV selbst über alle notwendigen Informationen und Unterlagen verfügt, die er zur Überprüfung der ihm zustehenden Provisionen bzw. der Richtigkeit der Abrechnungen benötigt und die ein Buchauszug enthalten müsste.761 Beispiele: Bestellungen, Lieferungen bzw. Lieferpapiere werden über den HV abgewickelt, sämtlicher Schriftverkehr geht über den HV. Er selbst erstellt die Abrechnungen, die im Übrigen in den jeweiligen Akkreditiven, die für die einzelnen Vertragsdurchführungen eröffnet werden, enthalten sind.762 Auch einem Tankstellen-HV soll, wenn sich aus den ihm vorliegenden Kassenjournalen – deren Aufbewahrung dem HV zumutbar ist763 – das Maßgebliche ergibt764 (aber nur dann!), kein Buchauszug über jedes Einzelgeschäft zustehen,765 da er sämtliche Daten über die an der Tankstelle selbst geschlossenen Geschäfte zusammengefasst selbst erheben kann und entsprechende Ausdrucke besitzt.766 Ob sich dann weitere Angaben aus den Büchern des Unternehmers ergeben, ist irrelevant.767 In der Sache handelt es sich um eine teleologische Reduktion, da das Gesetz davon ausgeht, der HV besitze die dem Unternehmer vorliegenden Informationen nicht.768 Der BGH spricht hier von Erfüllung.769 Tatsächlich fehlt ein Informationsbedürfnis, sofern die Information bereits vorliegt.770 Da das Informationsinteresse vermutet wird, ist der Unternehmer für das Fehlen des Informationsinteresses beweispflichtig. Gibt es Indizien für einen Mangel des Informationsinteresses, hat es der HV darzulegen; den Beweis für das Fehlen trotz substantiierter Darlegung trägt gleichwohl der Unternehmer. 7. Fälligkeit und Anspruchsdauer a) Fälligkeit. Der HV „kann einen Buchauszug verlangen“: Der Buchauszug wird 148 als „verhaltener“ Anspruch unverzüglich771 und auch nur dann fällig, sobald der HV

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760 Hopt § 87c Rn 13. 761 LG Köln, Teilurt. v. 19.11.2010 – 89 O 64/09, BeckRS 2014, 02717. 762 LG Köln, Teilurt. v. 19.11.2010 – 89 O 64/09, BeckRS 2014, 02717. 763 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 27. 764 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner. Die Kassenjournale enthielten folgende Angaben: Datum und Uhrzeit des Geschäftsvorfalls, die Art des Kraftstoffs (Normal bleifrei, Super bleifrei, Super Plus, Diesel), der Preis pro Liter Kraftstoff für den Kunden, die Tankmenge, der vom Kunden gezahlte Gesamtpreis, die Zahlungsart (bar, Stationskredit, EC mit Kontodatum und Verfalldatum, Kreditkarte einschließlich Namen des Kreditkartenunternehmens, Kartennummer, Verfalldatum und Namen des Kunden). Hinsichtlich der Schmierstoffverkäufe waren folgende Angaben vorhanden: Datum und Uhrzeit des Umsatzes, eine Kurzbezeichnung der verkauften Sorte, der Bruttopreis pro Liter, die Abgabemenge, der vom Kunden gezahlte Bruttoendpreis und die Zahlungsart. Die Waschvorgänge waren mit Datum und Uhrzeit, Stückzahl und Bruttoendpreis pro Waschvorgang erfasst. Dass der Nettopreis fehlte, hielt der BGH für irrelevant. 765 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner; OLG München, Urt. v. 19.1.2006 – 23 U 3885/05, OLGR 2007, 387 = NJOZ 2007, 1481; Nichtzulassungsbeschwerde durch BGH VIII ZR 39/06 zurückgewiesen; LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2005 – 35 O 21/05, BeckRS 2007, 15608. 766 LG Düsseldorf, Urt. v. 13.12.2005 – 35 O 21/05, BeckRS 2007, 15608. 767 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner. 768 Vgl. BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 26 (deshalb ist der vom BGH zu Rn 13 der Entscheidung verwendete Begriff der Erfüllung missverständlich, denn der Unternehmer hat nichts geleistet). 769 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 = BB 2009, 74 m. krit. Anm. Wenner. 770 In diese Richtung wohl Wenner BB 2009, 74 („Schutzpflichten unverletzt“), der zudem auf das Fehlen einer Erfüllungshandlung hinweist. 771 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6b.

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ihn einfordert,772 die Möglichkeit von Provisionsansprüchen besteht773 und eine Abrechnung erteilt774 oder unbegründet verweigert wurde.775 Ohne das „Verlangen“ tritt keine Fälligkeit ein. Es wird vertreten, ein Anspruch auf den Auszug fehle, solange der Unternehmer nicht abgerechnet habe.776 Der Buchauszug solle dem HV nur die Kontrolle ermöglichen, ob die Abrechnung seiner Ansprüche zutreffend erfolgt sei.777 Ob der HV zunächst eine Abrechnung fordern muss, um sein Buchauszugsrecht auszuüben, ist zweifelhaft und ein solches Erfordernis wäre eher eine Förmelei: Das Gesetz sieht dies nicht vor. Gemeint ist nur, dass die Abrechnungspflicht, etwa infolge der Überschreitung der Abrechnungsfristen, entstanden sein muss. Ist dies der Fall und wurde – noch dazu nach Fristsetzung – keine Abrechnung erteilt, steht dies ihrer unbegründeten Verweigerung gleich. Der HV darf dann sofort sein Auszugsrecht einfordern, der Unternehmer sich nicht auf die unterlassene Abrechnung berufen (§§ 162, 242 BGB). Die gegenläufige Ansicht gibt auch verjährungsrechtlich Probleme: Denn da die Provisionsforderungen weiter verjähren, könnte das Auszugsrecht undurchsetzbar sein, sobald endlich die Abrechnung eingeht. Selbst wenn das Abrechnungsrecht als ein mit separater Verjährungsfrist versehenes Kontrollrecht verjährt wäre, kann der Auszug gefordert werden, sofern dieses Recht unverjährt besteht. Eine bestimmte Frist zur Erteilung des Buchauszuges nach dem Verlangen wurde nicht geregelt. Entscheidend sind die Umstände des Einzelfalls.778 Das LG Hannover779 hat eine Frist von 11/2 Monaten nach den konkreten Umständen des Falles für angemessen gehalten. Das außerprozessuale Verlangen auf Erteilung des Buchauszugs verknüpft der Wort149 laut des Gesetzes irreführend mit dem Zeitpunkt der Abrechnung. Der Buchauszug ist – entgegen der unglücklichen Wortwahl des Gesetzes – nicht nur „bei“ der Abrechnung fällig, sondern nach Aufforderung und Erteilung/Verweigerung einer geschuldeten Abrechnung zu jedem unverjährten oder anderem Zeitpunkt, zu welchem sich die Parteien noch nicht bindend über die Zahlungsansprüche geeinigt haben.780 Der Buchauszug kann mithin auch später noch solange verlangt werden, als nicht eine abschließende Einigung über die Richtigkeit der erteilten Abrechnungen erzielt wurde.781 Das Wort „bei“ enthält also keine Beschränkung des Anspruchs auf den Zeitpunkt der geschuldeten Abrechnung.782 Ihm ist lediglich zu entnehmen, dass der Auszug „zum Zwecke der Kontrolle der Abrechnung“ gefordert783 und er – außer im Fall verweigerter Abrechnung – erst in Er-

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772 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 54; Hopt § 87c Rn 17; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 6, wobei das LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10 betont, eine weitere Voraussetzung außer dem Verlangen bestehe nicht. 773 Nach Ansicht des OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542 wäre die Buchauszugsforderung rechtsmißbräuchlich, wenn unzweifelhaft keine Provisionsforderung besteht. 774 OLG Oldenburg, Urt. v. 4.4.2011 – 13 U 27/10, BeckRS 2011, 07655; KG VersR 2002, 1554; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 43; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 9. 775 Seetzen WM 1985, 213 (214); Kukat DB 2002, 1646. 776 OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 118; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 59; Hopt § 87c Rn 18; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 43. 777 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 43. 778 LG Hannover, Urt. v. 26.1.2004 – 21 O 152/03, r+s 2004, 351; best. durch OLG Celle, Beschl. v. 11.6.2004; siehe r+s 2004, 349. 779 LG Hannover, Urt. v. 26.1.2004 – 21 O 152/03, r+s 2004, 351; best. durch OLG Celle, Beschl. v. 11.6.2004; siehe r+s 2004, 349. 780 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 99; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 58; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. 781 BGH LM § 87c HGB Nr. 3; DB 1982, 376. 782 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 74; Hopt § 87c Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. 783 OLG Hamm NJW 1959, 51; OLG Nürnberg VersR 1959, 801.

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gänzung und zur Nachprüfung der Abrechnung verlangt werden darf,784 d.h. sobald eine Abrechnungspflicht entstanden ist.785 Das Gesetz nennt also nur den frühesten Zeitpunkt der Forderung.786 Der HV darf den Buchauszug bei jeder Abrechnung beanspruchen. Der spätere Auszug muss den vorangegangenen in verständlicher Form fortschreiben.787 Meist wird der Auszug erst nach Vertragsende gefordert (zur Druckfunktion s.o.). b) Anspruchsdauer aa) Allgemeines. Das Auszugsrecht besteht vom Zeitpunkt der erhaltenen oder der 150 geschuldeten Abrechnung über das Ende des Vertretervertrages hinaus788 solange, bis der Buchauszugsanspruch oder – wegen der Einordnung als Hilfsrecht (Rn 28 ff.) – die zugrundeliegenden Hauptansprüche durch Erfüllung erlöschen, verjähren,789 verwirken790 oder infolge verbindlicher Einigung der Parteien über sämtliche durch den Auszug kontrollfähigen Zahlungsansprüche und/oder deren Abrechnung gegenstandslos werden (Rn 28 ff.).791 Selbst wenn es eine Einigung auf eine bestimmte Provisionshöhe gibt, kann der HV seine Erklärung ggf. kondizieren. Da auch Zweifelsfälle in dem Buchauszug aufzunehmen sind, lässt sich gut vertreten, dass trotz der Einigung über die Provisionsabrechnung ein Auszugsrecht bestehen kann, sofern Zweifel an der Wirksamkeit des Anerkenntnisses und die Möglichkeit der Kondiktion dargelegt sind. bb) Erfüllung. Ist das Buchauszugsrecht erfüllt (§ 362 BGB) kann es nicht mehr gel- 151 tend gemacht werden (Rn 28 ff.).792 Die Erfüllung hat der Unternehmer darzulegen und zu beweisen (Rn 160). Die Mitteilungspflichten des § 86a Abs. 2 erfüllen die Buchauszugsforderung nicht. Es lässt sich auch nicht konstatieren, dass der Buchauszug durch die Erweiterung der in § 86a Abs. 2 niedergelegten Pflichten mittels der Novelle 1990 an Bedeutung verloren hätte.793 cc) Vorauserfüllung. Der Anspruch auf den Buchauszug kann zeitabschnittswei- 152 se794 vorauserfüllt werden, so dass einem weiteren Buchauszugsverlangen der Erfüllungseinwand (§ 362 BGB) entgegensteht.795 „Vorauserfüllung“ meint die Erfüllung vor Fälligkeit, also vor dem Buchauszugsverlangen des HV. Zur Vorauserfüllung reicht jedoch die bloße Übersendung üblicher Abrechnungen nicht aus, weil der Buchauszug gerade der Kontrolle der Abrechnungen dienen soll.796 Vielmehr wäre dazu erforderlich,

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784 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 74. 785 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6. 786 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 44. 787 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 74. 788 LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HK O 27/09, IHR 2010, 167; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 99. 789 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. 790 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. 791 OLG München, Urt. v. 1.7.2003, VersR 2004, 470 (471); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 100; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 74; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 55; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 23; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. 792 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 48. 793 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 86a Rn 16. 794 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 28. 795 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 32. 796 OLG Hamm VersR 1999, 1492 = NJW-RR 1999, 1712; LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887; LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10.

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dass sich die erteilten Abrechnungen lückenlos über den gesamten Vertragszeitraum erstrecken und sie entweder zusätzlich alle in einen Buchauszug aufzunehmenden Informationen enthalten oder der Unternehmer mit ihrer Überlassung sämtliche Informationen gibt, die einen ordnungsgemäßen Auszug kennzeichnen.797 Eine Mitteilung nur einzelner Daten reicht nicht.798 Mit anderen Worten: Der Unternehmer muss mit der Provisionsabrechnung oder zu einem anderen Zeitpunkt alle Daten geben, die Inhalt eines Buchauszuges sind.799 Die jeweils monatlich in dieser Art vom Unternehmer angefertigten und dem HV überlassenen „Buchauszüge“ stellen dann in ihrer Gesamtheit und für den maßgeblichen Zeitraum den vollständigen Buchauszug dar, sofern die Transparenz insbesondere nach Übersichtlichkeit und Verständlichkeit gewahrt bleibt und zusammengehörige Geschäftsvorfälle nicht auseinandergerissen werden.800 Wenngleich auch der Buchauszug mehrfach und damit zeitabschnittsweise gefordert und erteilt werden darf, dürften auf mehrere Belege oder Schreiben verteilte Angaben nur ausreichen, wenn sie sich ohne übermäßigen Aufwand zu einem aussagekräftigen Gesamtwerk zusammenfügen lassen.801 Die Übersendung von Abrechnungen mit Tippstreifen und Endziffernaddition genügt nicht,802 ebenso wenig reichen Provisionsabrechnungen, die lediglich eine Versicherungsnummer, den Namen des Kunden, die Belegnummer, die Buchungsart, die Berechnungszeit, das Buchungsdatum, die Höhe der Provision sowie eine Unterteilung der einzelnen Buchungsarten ohne Angabe der Stornierungen, insb. der Mitteilung der Stornogrundes und der ergriffenen Erhaltungsmaßnahmen, enthalten.803 Wenn ein Mineralölunternehmen Kassenrollen sowie eine Diskette mit erfassten Daten übergibt, soll der HV keinen zusätzlichen Buchauszugsanspruch erheben können.804 Es handelt sich bei der Vorerfüllung um eine Ausnahme, die – ebenso wie jede Er153 füllung (Rn 160) – vom Unternehmer bewiesen werden muss. In der Praxis lässt sich dieser Beweis kaum führen. Sind die „vorauserfüllten“ Informationen dem HV abhanden gekommen, gilt: Niemand braucht zweimal zu erfüllen, auch nicht der Unternehmer.805 Andererseits sind dem HV-Vertrag Treupflichten immanent, welche den Unternehmer verpflichten, den HV zu unterstützen. Unter diesem Gesichtspunkt kann der Unternehmer verpflichtet sein, zumindest dem HV, welchem unverschuldet die erteilten Informationen abhanden gekommen sind, zu helfen.806 Allerdings sind die Interessen beider Seiten abzuwägen, wobei auch die dem Unternehmer entstehende Mühen eine Rolle spielen. Es gelten die zum Auskunftsrecht § 242 BGB entwickelten Maßstäbe. Die Kosten der „Nachlieferung“ muss abweichend von der Grundregel der HV tragen.

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797 BGH – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333 = ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); BGH – VIII ZR 146/94, NJW 1995, 2229 (2230); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); NJW-RR 2002, 1034; LG Frankenthal, Teilurt. v. 14.5.2013 – 1 HK O 10/12; BeckRS 2014, 00887; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 48; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a; Kindler/Menges DB 2010, 1109 (1113). 798 BGH NJW-RR 2007, 246 Rn 17; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 799 BGH DB 1982, 376 = WM 1982, 152 (153); OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391. 800 OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 74. 801 OLG Hamm OLGR 2004, 85 für den familienrechtlichen Auskunftsanspruch. 802 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 48. 803 OLG München, Urt. v. 1.7.2004 – 23 U 1637/03, VersR 2004, 470 (471); OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911: Nicht ausreichend ist die Mitteilung von Versicherungsnehmername, Versicherungsscheinnummer, Versicherungsbeginn und maßgeblichen Monatsbeitrag. 804 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 95/05. 805 In diese Richtung wohl BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 27, 28. 806 Noch weitergehend Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a: immer Nachlieferungspflicht.

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dd) Ersatzerfüllung. Der Unternehmer ist nicht berechtigt, eine „Ersatzerfüllung“ 154 durch Bucheinsicht oder Vorlage der Bücher anzubieten.807 Das Einsichtsrecht des § 87c Abs. 4 besteht neben dem Buchauszugsrecht, wie bereits der Wortlaut des Abs. 4 zeigt („Wird der Buchauszug verweigert …“). Der freie Zugang zu einem Online-Abrechnungssystem mit vollständigen Daten soll nach Ansicht des AG Aachen808 den Anspruch auf Buchauszug vorweg erfüllen, wenn dem HV ein PC zur Verfügung gestellt wird und eine Einweisung in das System erfolgt. Dagegen streitet die fehlende Perpetuierung und die mögliche Kappung der Verbindung nach Vertragsende.809 Der Buchauszug muss aber beim HV verbleiben, woran es auch bei nur „treuhänderisch“ erhaltenen Unterlagen mangelt.810 Der Buchauszug ist mindestens in Textform zu erstellen. Die EDV-Einsicht erfüllt diese Form nicht. Der HV muss sich die Angaben zum Buchauszug nicht selbst zusammensuchen,811 die Einsicht in ein elektronisches Agenturinformationssystem gibt jeweils nur den aktuellen Stand der provisionsrelevanten Daten wieder. Aus ihm ließe sich ein Gesamtüberblick über den Zeitraum, über welchen sich der Buchauszug zu erstrecken hat, allenfalls gewinnen, indem der HV die nur vorübergehend zugänglichen Daten fixiert und sammelt.812 Der HV kann aber auf die Textform nach Fälligkeit des Anspruchs (Abs. 5) verzichten und sich mit elektronischen Daten begnügen. ee) Folgen mangelnder Erfüllung. Wird ein nicht gänzlich unbrauchbarer sondern 155 lediglich unvollständiger oder lückenhafter Buchauszug erstellt, so hat der HV keinen Anspruch auf einen vollständig neuen Buchauszug, sondern darf nur Ergänzung fordern.813 Nur bei Unbrauchbarkeit des Buchauszuges infolge schwerer Mängel besteht das Recht auf Neuerteilung.814 Die Beschränkung auf das Ergänzungsrecht setzt aber voraus, dass überhaupt ein brauchbarer Buchauszug geliefert wurde. Außerdem muss die Verständlichkeit des Auszugs gewahrt bleiben. Leidet sie durch die Nachlieferung, so ist ein einheitlicher, neuer Auszug zu fertigen.815 Die Vervollständigung kann, sofern die Verständlichkeit gewahrt bleibt, so erfolgen, dass der Schriftverkehr mit dem Kunden und/oder sonstige aussagekräftige Belege vorgelegt werden.816 Neuherstellung darf jedenfalls bei schweren Mängeln verlangt werden, die den Auszug weitgehend unbrauch-

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807 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. 808 AG Aachen VersR 2001, 716. 809 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 24; Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493); OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; Emde VersR 2002, 156. 810 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 811 BGH, Urt. v. 29.10.2008 – VIII ZR 205/05, VersR 2009, 829 (830) Rn 24; OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; OLG Frankfurt/Main, Urt. v. 1.7.2003 – 5 U 229/99, VersR 2004, 781; LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HKO 27/09, IHR 2010, 167 (168). 812 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 20. 813 BGH DB 1964, 583; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 60; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 47. 814 BGH DB 1964, 583; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 107; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 61; Hopt § 87c Rn 20; Oetker/Busche § 87c Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. 815 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 816 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422.

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bar machen.817 Das OLG Köln gab dieses Ergänzungsrecht – wohl fälschlich – nur bei einem gänzlich unbrauchbaren Buchauszug.818 Da die Beweislast für die Erfüllung der Unternehmer trägt (Rn 160), ist nicht der HV 156 dafür beweispflichtig, dass der erteilte Buchauszug Lücken aufweist. Vielmehr muss der Unternehmer beweisen, dass es keine weiteren Geschäfte gegeben hat, auf die sich der Buchauszug beziehen muss.819 Zweifel gehe zu Lasten des Unternehmers. Wegen der Schwierigkeiten eines solchen Negativbeweises kann jedoch vom HV das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsachen unter Darlegung der für das Positive sprechenden Umstände,820 also konkreter Vortrag zur Unbrauchbarkeit,821 verlangt werden. Der Unternehmer kann sich zunächst damit begnügen, zu behaupten, dass es keine weiteren Fälle gebe, auf die sich seine Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszugs erstrecke. Es ist dann Sache des HV, dieses Vorbringen qualifiziert zu bestreiten und die Umstände vorzutragen, auf die sich seine Forderung stützt, der Buchauszug sei zu ergänzen.822 Der Unternehmer muss nach substantiiertem Vortrag des HV zur Unvollständigkeit die Vollständigkeit des Auszuges beweisen. 823 Voraussetzung des Ergänzungsanspruches ist damit die konkrete Darlegung der beanstandeten Unvollständigkeit,824 die zugleich den Umfang der geschuldeten Ergänzung absteckt.825 Für das Verlangen auf Vervollständigung genügt nicht die allgemeine, nicht Einzelvortrag vorgebrachte Behauptung, im Buchauszug fehlten Geschäfte oder Geschäftsgruppen.826 Auf Vermutungen darf der HV zur Darlegung der Unvollständigkeit nicht ausweichen: So kann er nicht damit gehört werden, es ließen sich dem Auszug auffällig wenige Preisnachlässe und Gutschriften entnehmen.827 Dem Unternehmer steht gegenüber dem substantiierten Vortrag des HV z.B. der Nachweis offen, dass Geschäfte der behaupteten Art in seiner Buchführung überhaupt nicht erscheinen. Bringt er diesen Nachweis, dann bleibt dem HV der Weg, ergänzende Auskunft nach Abs. 3 zu verlangen. Gelingt dem Unternehmer der Nachweis der Übergabe eines brauchbaren Buchauszuges nicht, so steht dem HV zur Wahl:828 entweder die Weiterverfolgung und Durchsetzung des Anspruchs auf Erteilung eines vervollständigten Buchauszuges829 oder aber, bei „begründeten Zweifeln an der Vollstän-

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817 BGH DB 1964, 583; OLG Koblenz, Urt. v. 26.4.2007 – 6 O 529/06. BeckRS 2007, 17218; OLG Saarbrücken NJW-RR 2002, 391; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/Evers); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 107; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6a. 818 OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Köln, Beschl. v. 3.3.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457. Die Ansicht des OLG ist zweifelhaft. Ergänzung kann bei jeder Unvollständigkeit verlangt werden. Nur die völlige Neuerteilung des Auszugs darf lediglich bei einem gänzlich unbrauchbaren Auszug gefordert werden. Würde man Gegenteiliges vertreten, wäre kein Unternehmer daran gehindert, einen weitgehend unbrauchbaren Buchauszug vorzulegen und der HV dürfte noch nicht einmal Ergänzung – also vollständige Erfüllung – fordern. Daher wohl wie die h.M. OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685; Beschl. v. 24.5.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16111. 819 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083). 820 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGH v. 19.4.2005 – X ZR 15/04, NJW 2005, 2766 (2768); OLG Nürnberg HVR Nr. 281; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 60. 821 LG Bonn, Teilurt. v. 13.6.2012 – 16 O 4/11, BeckRS 2013, 17651. 822 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083). 823 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083). 824 OLG Hamm, Urt. v. 14.5.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603; OLG Nürnberg HVR Nr. 281; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 108; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. 825 OLG Hamm, Urt. v. 14.5.2003 – 35 U 36/02, VersR 2004, 1603. 826 RG WarnRspr. 1915 Nr. 315; OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1413; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. 827 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 828 BGH LM § 87c Nr. 1. 829 OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368).

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digkeit des (bisher vorgelegten) Buchauszuges“, das Vorgehen nach Abs. 4. Ein erstrittenes rechtskräftiges Urteil auf Gestattung der Bucheinsicht nach Abs. 4 soll allerdings das Verlangen auf Ergänzung des Buchauszuges ausschließen, weil es diesem gegenüber ein weitergehendes Recht darstellt.830 Angesichts der Anspruchskonkurrenz und der beim Einsichtsrecht für den HV ungünstigen Kostentragungspflicht erscheint dies zweifelhaft. Bei Zweifeln über die Brauchbarkeit wird die Pflicht zur Neuerstellung meist zum Re- 157 gelfall, weil ergänzende Informationen ihre exakte Benennung in Klagform voraussetzen, der HV aber ohne Informationen des Unternehmers nicht wissen kann, wonach er zu fragen hat. Vielen Gerichten erscheint der ihnen fremde Auszug schnell als unbrauchbar. Auch daher wird oft ein neuer Auszug zugebilligt. In jedem Fall besteht das ergänzende Auskunftsrecht nach Abs. 3 sowie das Einsichtsrecht nach Abs. 4.831 Fehlende Informationen dürfen ferner nachgefordert werden, wenn bestimmte nach Zeit, Ort oder Umfang eingrenzbare Gruppen von Geschäften im Auszug nicht genannt wurden.832 Der Unternehmer kann dann darlegen und beweisen, dass derartige Geschäfte in seinen Büchern nicht geführt werden und er weitere Informationen nicht erlangen kann. 8. Kosten. Die Kosten des Buchauszuges trägt der Unternehmer.833 Dass die Erstel- 158 lung des Buchauszugs mit Kosten verbunden ist, befreit den Unternehmer nicht, selbst wenn die Kosten erheblich sind834 (Rn 87). Er hat seinen Betrieb so zu organisieren, dass der Buchauszug ohne nennenswerte Belastung im laufenden Geschäftsgang erstellt werden kann.835 Ebenso wenig kann er den HV auf die Einsicht in die Geschäftsbücher und Unterlagen verweisen.836 9. Kenntnisnahme durch den HV. Der HV ist nicht verpflichtet, den Buchauszug 159 zur Kenntnis zu nehmen, noch weniger, ihn zu prüfen. Tut er es, ist ihm eine angemessene Auswertungszeit zuzubilligen, der in Anlehnung an die Fertigungszeit durch den Unternehmer zu bemessen ist. Seine Dauer hängt von Umfang und Komplexität des Auszuges ab. Die Frage kann für die Verjährungsfristen eine Rolle spielen. 10. Beweislast. Der HV muss einen wirksamen oder zumindest faktisch durchge- 160 führten HV-Vertrag darlegen und ggf. beweisen,837 die Möglichkeit zumindest eines provisionspflichtigen Geschäfts838 sowie – zumindest nach substanzierten Bestreiten des Unternehmers – die Provisionsrelevanz einer geforderten Information. Die Erfüllung (Rn 151) hingegen ist vom Unternehmer darzulegen und zu beweisen,839 sofern der HV

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830 BGH LM § 87c Nr. 1; OLG Nürnberg BB 1966, 265. 831 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 107; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 46; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11. 832 OLG Dresden OLGE 27, 326; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 46. 833 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 57; Oetker/Busche § 87c Rn 20. 834 BGH, Urt. v. 20.9.2006 – VIII ZR 100/05, BB 2006, 2492 (2493) Rn 24; v. 21.3.2001 – VIII ZR 149/99, NJW 2001, 2333; BGHZ 56, 290 (296); LG Landau/Pfalz, Urt. v. 28.7.2009 – HKO 27/09, IHR 2010, 167 (168); Emde MDR 1999, 1108 (1110); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 57. 835 ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 836 OLG Nürnberg BB 1966, 265. 837 OLG Köln, Urt. v. 15.1.2010 – 19 U 112/09; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 86. 838 BGH, Urt. v. 7.10.1977 – I ZR 10/76, AP Nr. 14; OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382. 839 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGHZ 161, 67 (72); OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.1.2013 – I-16 U 89/11, BeckRS 2013, 14364; OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368); OLG Köln NJW-RR 1999, 833; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Kannowski/Distler NJW 2005, 865 (868); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 62; aA Schuschke InVo 2005, 396 (397).

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den Buchauszug nicht als Erfüllung angenommen hat (§ 363 BGB). Das Gleiche gilt für die Vorauserfüllung (Rn 152 f.). Bei Zweifeln bleibt das Auszugsrecht bestehen.840 Das gilt auch für die Frage, ob ein titulierter Buchauszugsanspruch erfüllt wurde (Rn 226). Deshalb muss der Unternehmer beweisen, dass der Buchauszug hinreichend klar gegliedert und strukturiert ist, 841 die Transparenz gewahrt 842 und zusammengehörende Geschäftsvorfälle nicht auseinandergerissen werden.843 Darf der Unternehmer dem gerichtlich geltend gemachten Auszugsverlangen deshalb entgegnen, sämtliche Zahlungsansprüche seien entfallen und hierfür Beweis durch einen vom Sachverständigen anzufertigenden Buchauszug anbieten? Dies hätte für ihn den Vorteil, dass die Kosten des Buchauszuges dann bei Richtigkeit der Behauptung durch den HV zu tragen wären (§ 91 ZPO), während die Kosten des Auszuges nach materiellem Recht dem Unternehmer zufallen. Dieses Vorgehen dürfte wohl an § 87c Abs. 5 scheitern, zumal bei Zweifeln das Auszugsrecht bestehen bleibt. Zudem müsste der Unternehmer die Behauptung subtantiiert vortragen, was zumindest Vortrag in Abrechnungsqualität voraussetzt. 161

11. Rechtsfolgen des Buchauszuges. Regelmäßig ist der Auszug eine Wissensund keine Willenserklärung.844 Er enthält keine Entscheidung, ob das aufgenommene Geschäft provisionspflichtig ist845 sondern besagt nur, dass es provisionspflichtig sein kann. Dies ist Spiegelbild dazu, dass auch Zweifelsfälle in den Auszug aufzunehmen sind. Ein Streit in der Sache wird daher nicht über die Verpflichtung zur Erteilung des Auszuges ausgetragen. Soweit sich jedoch dem Auszug der hinreichend deutliche Wille des Unternehmers entnehmen lässt, ein bestimmtes Geschäft zu verprovisionieren, findet sich hierin – ebenso wie bei der Abrechnung – ein Anerkenntnis des Unternehmers (rechtliches Element). Zudem gelten die im Auszug wiedergegebenen Tatsachen zu Lasten des Unternehmers als richtig, weil er sie so in seine Bücher übernommen hat (tatsächliches Element). III. Auskunftsanspruch (§ 87c Abs. 3)

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Gemäß § 87c Abs. 3 darf der HV neben Provisionsabrechnung und Buchauszug vom Unternehmer Mitteilung über alle Umstände verlangen, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und dessen Berechnung wesentlich sind.

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1. Zweck. Eigentlich handelt es sich bei Abs. 3 um den Grund-TB der in § 87c Abs. 2–4 geregelten Informationsansprüche. Denn anders als der Buchauszugsanspruch begrenzt er sich nicht auf das in Büchern oder Speichermedien niedergelegte und ist auch nicht nachrangig wie Abs. 4. De facto ergänzt das Auskunftsrecht den Anspruch auf Abrechnung und Buchauszug;846 die Ansprüche können sich, da mittels Abs. 3 auch Tatsachen

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840 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 11b. 841 LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517. 842 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368). 843 OLG München, Urt. v. 3.11.2010 – 7 U 3083/10, BeckRS 2010, 27223; v. 21.4.2010 – 7 U 3569/09, VersR 2010, 1367 (1368). 844 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 75; Emde MDR 2003, 1151 (1158). 845 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 97; Emde MDR 2003, 1151 (1158). 846 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 53; DB 1964, 583; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 136; Hopt § 87c Rn 23; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 54.

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erfragt werden können, die Gegenstand des Buchauszuges sein müssten,847 überschneiden.848 Deshalb tritt die Vorschrift im Verhältnis zu Abs. 2 in der gerichtlichen Praxis zurück: Der Anspruch nach Abs. 2 auf den Buchauszug hat zum Gegenstande nur das, was sich aus den Büchern ergibt. U.U. sind für den HV jedoch auch noch weitere Tatsachen wichtig zu wissen, wenn er Klarheit über seine Provisionsansprüche gewinnen will. Zu diesem Zwecke gibt Abs. 3 ihm einen ergänzenden Anspruch auf Auskunft. Er ermöglicht es dem HV, auch das zu erfahren, was sich aus den Büchern des Unternehmers nicht ergibt, aber für die Berechnung seines Provisions- oder Ausgleichsanspruchs,849 etwa nach Umfang und Fälligkeit, erheblich ist,850 z.B. falls der Unternehmer hinsichtlich des Buchauszuges eine „Fehlanzeige“ mitteilt851 oder die Bücher mangelhaft, unverständlich oder unvollständig sind,852 keine Bücher geführt – der Unternehmer braucht nicht buchführungspflichtig zu sein, muss jedoch auch dann für die Speicherung notwendiger Informationen sorgen (Rn 61, 142) – oder geführte Bücher verlorengegangen oder vernichtet sind.853 In der Amtlichen Begründung zu § 87c Abs. 3854 heißt es, dass der schriftliche Buchauszug sowie die Abrechnung u.U. Fragen hinsichtlich der Entstehung, der Fälligkeit und der Berechnung eines in ihnen aufgeführten oder nicht erwähnten Provisionsanspruches offen lassen könnten. Bestehen trotz Abrechnung und Buchauszug Unklarheiten, die sich nicht aus dem bloßen Inhalt der Geschäftsbücher klären lassen, kann der HV ihre Beseitigung über § 87c Abs. 3 erreichen.855 Allerdings beschränkt sich der Zweck des Abs. 3 nicht auf diese, den Buchauszug ergänzende Funktion. 2. Stellung innerhalb der Informationsrechte. Der Auskunftsanspruch ist nicht 164 nachrangig gegenüber dem Buchauszug.856 Eine solche Auffassung wäre auch unverträglich mit dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 2 RL, der eine solche Nachrrangigkeit nicht vorsieht. Der HV darf mithin sogleich Auskunft fordern, ohne zuvor einen Auszug zu verlangen. Es gibt keinen Grund, warum der HV einen vollständigen Buchauszug fordern sollte, obwohl er nur einzelne Informationen zum Inhalt der Bücher des Unternehmers oder die Ergänzung des Buchauszuges erstrebt. Das wäre wenig (prozess)ökonomisch. Das Auskunftsrecht nach Abs. 3 dient in der Praxis zwar der Ergänzung des Buchauszuges. Dies determiniert seine rechtliche Einordnung jedoch nicht. Benötigt der HV keinen Buchauszug, so soll er zu ihm auch nicht gezwungen werden. Es steht im frei, lediglich Auskunft zu fordern.857 Insb. entsteht die Anspruchsberechtigung nicht erst, wenn der Auszug so umfangreich ist, dass er ohne ergänzende Auskünfte unverständlich wird.858 Das Auskunftsrecht müsste sich a maiore ad minus zudem aus Abs. 2 als auf einzelne Informationen beschränkter „Buchauszugsanspruch“ und weiter aus §§ 259, 260, 810

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847 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72. 848 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 53. 849 OLG München, Urt. v. 14.9.2011 – 7 U 1348/11, VersR 2012, 440. 850 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 136; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 70 f.; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 54; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12. 851 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 852 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 71; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 55. 853 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621; OLG Rostock OLGE 36, 257 Fn. 1. 854 BT-Drucks. 3856 v. 15.11.1952, 1. Wahlperiode 1949, 29. 855 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 137. 856 OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 73, 77; Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 57, 61. 857 OLG Schleswig, Hinweisbeschl. v. 27.11.2008 – 14 U 134/08. 858 So MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 58.

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BGB ergeben. Nur soll der HV zunächst die Abrechnung, ihre Verweigerung bzw. unvollständige Erteilung abwarten müssen, ehe er Auskunft fordert. Denn die Auskunft dient der Überprüfung der Abrechnung. Ohne Abrechnung soll es an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis mangeln. Das ist nicht unzweifelhaft, weil der HV auch vor Erhalt der Abrechnung ein Informationsinteresse besitzen kann, welches sich hilfsweise zumindest aus § 242 BGB ergeben müsste. Nur hinsichtlich der Informationen, die sich aus der kontinuierlichen Abrechnung ergeben würden, mag er bis zur (u.U. mangelhaften) Erteilung, ihrer Verspätung oder Ablehnung schon deshalb an der Durchsetzung seines Auskunftsrechts gehindert sein, da der Unternehmer Anspruch hat, die Abrechnungsfristen auszuschöpfen. Ausnahme: es besteht Eilbedürftigkeit. Im Falle der Verweigerung der Abrechnung kann der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung, eines Buchauszuges und auf Auskunftserteilung nebeneinander geltend gemacht werden. Es existiert kein Kumulierungsverbot.859 Soweit der HV die erstrebten Informationen bereits aus einer zuvor erteilten Abrechnung oder einem ihm vorliegenden Buchauszug entnehmen kann, fehlt ein Informationsinteresse860 bzw. liegt Erfüllung vor. Wie dargelegt ist der HV jedoch nicht verpflichtet, jene Informationsrechte zuvor einzufordern, um auskunftsberechtigt zu sein. 165

3. Inhalt. Inhaltlich erfasst der Auskunftsanspruch sämtliche Umstände, die für die Entstehung, die Berechnung und die Fälligkeit des Provisionsanspruchs des HV von Bedeutung sind.861 Die provisionspflichtigen Geschäfte sind in der Auskunft vollständig, klar und übersichtlich darzustellen.862 In welcher Form der Unternehmer diese Auskunft abfasst, ist ihm überlassen. Einen Anspruch auf eine tabellarische Übersicht steht dem HV nicht zu.863 Belege müssen erteilt werden, soweit dies üblich und zur Kontrollfähigkeit erforderlich ist (§ 259 Abs. 1 BGB analog).864 Denn auf die Vorschriften des allgemeineren BGB ist zurückzugreifen, sofern das HGB wie hier keine Sonderregelung trifft. Die Auskunft muss damit Informationen über alle Tatsachen geben, die relevant für Provisionsansprüche865 des HV und ihm noch nicht – etwa aus Abrechnung und Buchauszug – bekannt sind.866 Das Gesetz spricht nicht ganz deutlich von der Mitteilung über Umstände, die „für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind“. Auch die für die Entstehung des Provisionsanspruchs maßgebenden Umstände werden hierunter zu begreifen sein. Negativ abgegrenzt können aus § 87c Abs. 2 keine Auskünfte gefordert werden, die für Provisionsansprüche ohne jede Bedeutung sind, etwa weil sie allein Geschäftsinterna des Unternehmers betreffen.867 Die Begrenzung auf provisionswesentliche Ansprüche benennt den Inhalt der zu erteilenden Informationen, engt jedoch nicht das Motiv ein, aus dem diese Informationen gefordert werden können. Motiv der Forderung kann daher auch sein, dass der Vertreter Klarheit über die Höhe eines möglichen Ausgleichs nach § 89b oder eines Schadener-

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859 OLG Köln BB 1972, 467; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 139; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 36. 860 Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 57. 861 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 862 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 863 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 864 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 82. 865 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 54. 866 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 867 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 138; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 59; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12b.

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satzanspruchs gewinnen will868 (Rn 10 ff.). Diese Anspruchsvoraussetzungen hat der HV schlüssig darzulegen869 und wohl auch zu beweisen.870 Hinsichtlich der Anforderungen an den Beweis ist im Zweifel eine großzügige Betrachtungsweise angebracht.871 Wie sich aus dem Zweck des Auskunftsrechts ergibt, ist jenes – anders als der Buch- 166 auszug, dem eine solche Begrenzung schon dem Wortsinne nach immanent ist – nicht auf Tatsachen begrenzt, die sich aus den Büchern oder Unterlagen des Unternehmers ergeben.872 Vielmehr soll das Auskunftsrecht auch Aufklärung über Umstände bringen, die dort gerade nicht dokumentiert wurden, über welche der Unternehmer aber aus seiner Erinnerung oder nach angemessenen Nachforschungen – zu denen er unter dem Gesichtspunkt der Treupflicht verpflichtet ist – ausführen kann. Dass die beim Unternehmer vorhandenen Geschäftsunterlagen nicht zur Auskunftserteilung ausreichen, befreit ihn nicht. Der Unternehmer muss auch weitere ihm zugängliche Erkenntnisquellen ausschöpfen, sich etwa die erforderlichen Informationen von mit ihm vertraglich verbundenen Versicherungsunternehmen erteilen lassen873 (Rn 61 ff.). In das gegenteilige Extrem verfällt die Ansicht, der Auskunftsanspruch bleibe auf solche Umstände begrenzt, die sich nicht aus den Büchern des Unternehmers ergeben.874 Der Wortlaut des § 87 Abs. 3 stützt jene Auffassung nicht. Sie ist folglich abzulehnen. Gefordert werden kann beispielhaft Auskunft zu den folgenden Komplexen: 167 – Name und Anschrift des Vertragspartners des Unternehmers.875 Es besteht kein Recht, diese geheim zu halten, da sie dem HV bereits aus den vorangegangenen Vermittlungen des Vertrages bekannt sind;876 – Liefergegenstand;877 – vereinbartes Lieferdatum;878 – Tatsachen, über welche der Unternehmer unaufgefordert Mitteilung machen muss;879 – über das Zustandekommen von provisionspflichtigen Geschäften;880 – Geschäfte des Unternehmers mit Kunden des HV, die dem Kundenschutz unterliegen;881 – Zahlungsbedingungen;882

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868 Thume BB 2009, 2490 (2495); AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12. 869 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12b. 870 AA Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12 b: schlüssige Darlegung soll genügen. 871 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 138. 872 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 52; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 82; aA Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 136; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 55. 873 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621; hierzu auch BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996. 874 So aber LG Köln, Teilurt. v. 19.11.2010 – 89 O 64/09, BeckRS 2014, 02717; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 57. 875 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 876 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90 (94) zu dem gegen einen HV gerichteten Auskunftsanspruch. 877 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72. 878 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72. 879 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 82. 880 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 881 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12c. 882 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a.

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Höhe vereinbarter Leistungen;883 Netto- und Brutto-Zahlungen;884 Bonuszahlungen;885 über die Ausführung der Geschäfte, Gründe einer eventuellen Nichtausführung oder stornierte Verträge 886 (insbesondere Angaben zum Vertretenmüssen), 887 denn bei nicht ausgeführten Geschäften sind die Gründe für eine solche Nichtausführung anzugeben, damit der HV prüfen kann, ob ihm trotz der Nichtausführung Provisionsansprüche nach § 87a Abs. 3 zustehen;888 Gründe einer eventuellen Rückgabe von Ware;889 Preise;890 Preisnachlässe;891 Nebenkosten;892 bei vermittelten Dauerverträgen: Kündigungsfristen.893

Nicht geschuldet sind Informationen, welche dem HV bereits bekannt sind oder nicht das zu kontrollierende Kundengeschäft betreffen (zum Parallelproblem beim Buchauszug Rn 140). So darf der HV keine Auskunft über „bezahlte“ Provisionen verlangen.894 Der HV könne diese Beträge seinen eigenen Büchern entnehmen; die erstrebte Auskunft betreffe nicht die Bedingungen der Entstehung und der Höhe des Provisionsanspruchs und damit das von § 87c angesprochene Verhältnis zwischen Unternehmer und Kunden.895 Auskünfte aus oder zu Unterlagen Dritter sollen nicht gefordert werden dürfen, selbst wenn sie zugänglich sein sollten.896 Das dürfte nicht gelten, sofern solche Unterlagen, etwa bei verbundenen Unternehmen,897 leicht erhältlich sind. Insbesondere sind Erkundigungspflichten anzunehmen, falls der Unternehmer seine Dokumentationspflichten vernachlässigt hat898 (Rn 61 ff.). Dann liegt der Verdacht einer systematischen Beweisvereitelung nahe und es bestehen verstärkte Erkundigungspflichten.899 Notfalls

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883 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 884 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 885 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621. 886 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 72. 887 Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 888 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007 18621. 889 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12a. 890 Hopt § 87c Rn 23. 891 Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56. 892 Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56. 893 Hopt § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 56. 894 LG Hamburg, Urt. v. 20.6.2009 – 415 O 15/09, n.v. 895 LG Hamburg, Urt. v. 20.6.2009 – 415 O 15/09, n.v. 896 OLG Dresden HVR Nr. 813; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 75; Hopt § 87c Rn 23; Oetker/Busche § 87c Rn 23. 897 BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; OLG Köln, Urt. v. 12.4.2013 – 19 U 101/12, BeckRS 2013, 16685 (Buchauszug); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621; vgl. auch BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). 898 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. 899 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731.

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muss gegen das Konzernunternehmen900 oder den Vertragspartner des Unternehmers901 Klage erhoben werden. Keine Auskünfte sind zu Sach- und Bearbeitungskostenzuschüssen902 oder pauschalen Schadensbearbeitungskosten zu erteilen, es sei denn, sie enthalten verschleierte Provisionsanteile.903 4. Insbesondere: Wesentlichkeit. Die Auskunft muss für den Hauptanspruch „we- 169 sentlich“ sein. Dieses TB-Merkmal ist ein Hinweis auf das ansonsten ungeschriebene TBMerkmal des Informationsbedürfnisses (Rn 81). Die Existenz dieses Merkmales ist bei Abs. 3 durch den HV zumindest darzulegen. Nur wenn die erstrebten Informationen für den Hauptanspruch wesentlich sind, können sie gefordert werden. Dies ist Ausdruck des fehlenden Selbstzweckes der Informationsrechte. Der HV muss die Wesentlichkeit im Zweifelsfall auch beweisen.904 Das tut er, indem er den Beweis führt, dass die Auskunft, sollte sie in seinem Sinne erfolgen, für den Hauptanspruch relevant und/oder ursächlich sein könnte. Die Möglichkeit der Relevanz genügt hier wie auch beim Auskunftsrecht nach § 242 BGB. Ob die Möglichkeit sich zu einem Hauptanspruch verfestigt, muss der Inhalt der Auskunft zeigen. 5. Fälligkeit. Fällig wird der Auskunftsanspruch auf Verlangen des HV,905 wobei 170 der HV hinsichtlich solcher Auskünfte, die sich üblicherweise aus der Abrechnung ergeben, regelmäßig die Abrechnungsfristen abwarten muss (Rn 164). Da der Begriff der Auskünfte weder gesetzlich determiniert ist noch durch die Rechtsprechung eine feste Bedeutung erfahren hat, muss der HV möglichst exakt angeben, welche Auskünfte er begehrt.906 Sonst mangelt es an einer wirksamen Aufforderung und der Unternehmer könnte mit der Kostenfolge des § 93 ZPO eine Klage des HV anerkennen. 6. Erfüllung, Entfallen des Auskunftsrechts. Das Auskunftsrecht entfällt mit Er- 171 füllung. Die Auskunft erfüllt den Anspruch, wenn sie vollständig, ernst gemeint und nicht von vornherein unglaubhaft ist.907 Das Auskunftsrecht kann nur solange durchgesetzt werden wie das Hauptrecht, der Zahlungsanspruch zu dessen Kontrolle Auskunft eingefordert wird, existiert (Rn 30 ff.).908 Wenn sämtliche Hauptansprüche durch Erfüllung, bindende Einigung, Anerkenntnis der Provisionsabrechnungen, dauernde Einreden, etwa Verjährung, oder aus anderem Grunde erledigt sind, darf kein Auskunftsrecht gefordert werden.909 Für das Entfallen des Auskunftsrechts ist der Unternehmer darlegungs- und beweispflichtig. Ein Auskunftsverlangen erfolgt nach Ansicht des LG Erfurt910 unberechtigt (wohl wegen Erfüllung), solange der HV vertragsbegleitend Zugriff auf die EDV des Unternehmers besaß. Denn er hätte sich vertragsbegleitend informieren können. Dies ist ebenso wie beim Buchauszug zweifelhaft (Rn 154).

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900 BGH, Beschl. v. 18.12.2008 – I ZB 68/08, GRUR 2009, 704 = WRP 2009, 996 Rn 19. 901 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245. 902 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 903 OLG Hamm, Urt. v. 18.9.1998 – 35 U 43/97, BeckRS 2007, 18621. 904 MünchKomm/von Hoyningen-Huene § 87c Rn 61. 905 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 76; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12d. 906 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 76; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 61; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 12d. 907 BGH, Beschl. v. 31.7.2014 – VII ZR 177/12, BeckRS 2013, 15156; NJW 1994, 1958 (1959). 908 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 78; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 60; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. 909 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 78. 910 LG Erfurt, Urt. v. 13.2.2012 – 8 O 511/10, BeckRS 2013, 09553.

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IV. Bucheinsichtsrecht (§ 87c Abs. 4) 172

In Anlehnung an die in RGZ 87, 10 entwickelte Rechtsprechung wird in Abs. 4 bestimmt, dass bei unberechtigter911 Verweigerung des Buchauszuges durch den Unternehmer, oder wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges (zu ergänzen: der erteilten Auskunft) bestehen, der HV verlangen kann, dass – nach Wahl des Unternehmers – entweder ihm selbst oder einem von ihm zu bestimmenden Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen auf Kosten des HV912 Einsicht in die Geschäftsbücher oder in die sonstigen Urkunden soweit gewährt wird, wie dies zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. Ehe Abs. 4 in das HGB eingefügt wurde, gab § 810 BGB die an strengere Voraussetzungen gebundene913 Anspruchsgrundlage.914

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1. Zweck. Die Bucheinsicht dient der Überprüfung von unterlassenen oder zweifelhaften Angaben, die für den HV zur Berechnung seines Provisionsanspruches wesentlich sind. Sie soll dem HV bei Zweifeln die Kontrolle ermöglichen, ob alle ihm zustehenden Provisionen und sonstigen Vergütungen lückenlos abgerechnet wurden.915

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2. Anspruchsvoraussetzungen. Gegenüber den Ansprüchen auf Buchauszug, Auskunft und Abrechnung stellt das Einsichtsrecht das weitestgehendste Kontrollrecht dar, weshalb die h.M. seine Fälligkeit an strenge Voraussetzungen knüpft.916 Wegen der abschließenden und enumerativen Aufzählung der Anspruchsgründe in Abs. 4 soll die Bucheinsicht nicht neben dem Anspruch auf Provisionsabrechnung oder Buchauszug zeitgleich geltend gemacht werden dürfen (Kumulierungsverbot), sondern erst, wenn die genannten Kontrollrechte des HV nicht die notwendige Klarheit über die ihm zustehenden Provisionsansprüche gebracht haben.917 Eine Bucheinsicht soll also nur gestattet sein, wenn Abrechnung oder Buchauszug verweigert werden oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Provisionsabrechnung oder des Buchauszuges918 bestehen.919 Die Verweigerung der Abrechnung soll nicht genügen, um das Einsichtsrecht auszulösen.920 Es ist fraglich, ob dieses Rangverhältnis und damit der Wortlaut des Abs. 4 mit der RL im Einklang steht (Rn 9). Jedenfalls darf der HV, statt das Auszugsrecht durchzusetzen, sogleich das Einsichtsrecht geltend machen;921 er kann

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911 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. 912 Hopt § 87c Rn 27; einschränkend Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 45, 78. 913 Gefordert war eine „durchschnittliche oder durchgängige Unzuverlässigkeit“, so dass Abs. 4 eine Privilegierung des HV bildet, s. Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 29. 914 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 29; BGHZ 32, 302 (306); außerhalb des HV-Rechts (zu § 810 BGB) großzügiger BGHZ 55, 201. 915 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 66. 916 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 83; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 125; Küstner in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 2. Aufl., § 87c Rn 25. 917 BGH DB 1971, 1409 = NJW 1971, 1610; NJW 1959, 1964; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 125; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 83; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6b. 918 Hopt § 87c Rn 26. 919 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 4. 920 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 127; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 85. 921 BGH, Urt. v. 24.6.1971 – VII ZR 223/69, BGHZ 56, 290 (297) = NJW 1971, 1610; v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, LM § 88 Nr. 6; Seetzen WM 1985, 218; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15.

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also das Auszugsrecht „überspringen“ und besitzt ein Wahlrecht, ob er aus Abs. 2 oder 4 vorgehen will.922 Jenes Wahlrecht steht jedoch nur dem HV zu, so dass der Unternehmer ihn nicht auf die Einsicht verweisen darf, falls der HV den Auszug fordert.923 Analog Abs. 4 wird man das Einsichtsrecht gewähren müssen, sofern Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit einer Auskunft bestehen924 oder diese verweigert wird, weil der HV sonst – um die Einsicht als Kontrollrecht nicht zu verlieren – immer einen Auszug fordern müsse, selbst wenn eine einfache Auskunft reicht. Weiter wird vertreten, dass die übrigen Informations- und Kontrollrechte des § 87c nicht mehr geltend gemacht werden dürfen, sobald der HV Bucheinsicht gefordert hat.925 Für ein solches Verständnis gibt aber bereits der Wortlaut des Abs. 4 keinen Anhalt. Wahlweise an Stelle des Einsichtsrechts darf der HV eine eidesstattliche Versicherung fordern, die Abs. 4 nicht ausschließt,926 sofern ihre TB-Voraussetzungen gegeben sind. Eine Verweigerung des Buchauszuges liegt vor, sofern eine vom HV gesetzte an- 175 gemessene Frist ergebnislos verstrichen ist.927 Der Verweigerung des Buchauszuges steht es gleich, wenn ein den Mindestanforderungen entsprechender Auszug nicht erteilt wird.928 Ergänzend besteht ein Einsichtsrecht, falls der Unternehmer behauptet, den Buchauszug wegen mangelnder Buchführung nicht erstellen zu können, also „Fehlanzeige“ erstattet. Solange der Unternehmer den Buchauszug verweigert, entfällt das Einsichtsrecht nicht deshalb, weil der HV ein rechtskräftiges Urteil auf Erteilung des Auszugs erstritten hat. Denn die Existenz des Titels lässt die Verweigerung nicht entfallen.929 Begründete Zweifel setzen objektiv angelegte, für einen Dritten nachvollzieh- 176 bare, nicht lediglich subjektive Zweifel des HV voraus.930 Der HV hat darzulegen und ggf. zu beweisen, in welcher Richtung nach seiner Ansicht die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit besteht.931 Allgemeine Behauptungen ohne näheren Anhalt genügen nicht.932 Es reichen allerdings Zweifel, die sich auf einen einzigen, nicht ganz unerheblichen, Punkt beziehen.933 Dazu langen etwa Unstimmigkeiten in den Zahlenangaben,934 Nichtübereinstimmung des Buchauszuges mit den Rechnungssummen935 oder Kürzungen der Rechnungssumme durch den Unternehmer ohne Angaben von Gründen.936 Nicht gefor-

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922 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15. 923 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15a. 924 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 126. 925 OLGR Düsseldorf 2008, 52; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 125; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vetriebsrecht, § 87c Rn 83. 926 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15. 927 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 85; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 76. 928 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 128; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 85; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 76. 929 AA OLG Nürnberg BB 1966, 265; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 106. 930 BGH WM 1979, 463; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 87; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 77; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 68; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. 931 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 68; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. 932 BGH WM 1979, 463; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 87; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 68; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 14. 933 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 29; OLG Düsseldorf DB 1971, 1857; OLGR 2000, 382 (385); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 128; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 86 (aber nicht bei ganz unerrheblichem Verstoß); Hopt § 87c Rn 25; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 77; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67. 934 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 77. 935 OLG Düsseldorf DB 1971, 1857; Hopt § 87c Rn 25. 936 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67.

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dert ist hingegen, dass der Buchauszug durchschnittlich oder durchgängig unrichtig oder unvollständig ist. Insoweit geht das Einsichtsrecht aus Abs. 4 über den konkurrierenden § 810 BGB hinaus, der durchschnittliche und durchgängige Unrichtigkeiten fordert.937 Andererseits müssen die Zweifel begründet sein. Einsicht darf auch zum Zwecke der Kontrolle anderer Zahlungsansprüche als des 177 Provisionsanspruches gefordert werden (s.o.), soweit der HV einen solchen Anspruch darlegen kann. Kein Bucheinsichtsrecht besteht, wenn beide Parteien den gleichen Informationsstand haben. Dies soll etwa bei einem Tankstellenvertreter der Fall sein, der die Geschäftsabschlüsse selbst tätigt.938 Gleichwohl hat er ggf. Interesse, die Behandlung seines Geschäfts beim Unternehmer zu überprüfen. 178

3. Bereitstellung der Unterlagen. Der Unternehmer hat dem HV bzw. dessen Beauftragten die Unterlagen zugänglich zu machen, jedoch nicht notwendig am Sitz des Unternehmers. Damit das Einsichtsrecht effektiv genutzt werden kann, hat der Unternehmer die erforderlichen Unterlagen an einem für den HV oder seinen Beauftragten gut zugänglichen Ort bereitzustellen.939 Die Wahl des Ortes darf nicht prohibitiv wirken. Die Gewährung des Einsichtsrechts kann auch durch elektronische Einsicht in die maßgeblichen Dokumente geschehen, sofern erforderliche Originaldokumente dabei kontrollfähig eingesehen werden können.940 Eine ungeordnete oder zu berechtigten Zweifel an Vollständigkeit und/oder Richtigkeit Anlass gebende Buchführung führt zu dem Recht auf Einsicht in sämtliche Geschäftsunterlagen,941 sofern dies für die Kontrolle erforderlich ist. Die fehlende Erforderlichkeit hat in diesem Fall der Unternehmer darzulegen und zu beweisen. Im Verhältnis zu Art. 13 GG bildet das Einsichtsrecht eine gesetzliche Grundlage.

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4. Fälligkeit und Anspruchsende. Das Einsichtsrecht wird bei Bestehen der Anspruchsvoraussetzungen fällig. Zusätzlich muss es gefordert werden. Wie andere Informationsrechte entfällt es, wenn das Hauptrecht nicht mehr durchgesetzt werden kann.942 Das ist insb. der Fall, sobald kein Zahlungsanspruch mehr besteht, weil ihm dauernde Einreden, etwa Verjährung, entgegenstehen oder eine bindende Einigung auf einen bezifferten Betrag existiert, die das Kontrollinteresse entfallen lässt.943 Es kann bei Kontrollinteresse auch nach Vertragsende geltend gemacht werden944 und entfällt auch nicht infolge fristloser Kündigung oder Schlechterfüllung durch den HV.945

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5. Anspruchsberechtigter. Fordern darf das Bucheinsichtsrecht jeder HV, unabhängig von seinem rechtlichen oder tatsächlichen Zuschnitt. Eine davon zu separierende Frage ist, wer das Einsichtsrecht ausübt. § 87c Abs. 4 überlässt es der freien und nicht durch billiges Ermessen eingeschränkten946 Wahl des Unternehmers,947 ob dem HV persön-

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937 Hopt § 87c Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 67. 938 KG, Urt. v. 15.5.2006 – 23 U 96/05. 939 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 96. 940 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 96. 941 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 79. 942 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 88; Hopt § 87c Rn 26. 943 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 88; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 69; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. 944 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 89. 945 BGH BB 1961, 425; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 89; Hopt § 87c Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 70. 946 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. 947 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17.

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lich oder einem „von ihm“, also dem HV, zu bestimmenden und zu beauftragenden948 Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchsachverständigen (solange es solche noch gibt)949 das Einsichtsrecht gewährt wird. Das Wahlrecht des § 87c Abs. 4 ist dem Unternehmer zugewiesen, um seinem Geheimhaltungsinteresse Rechnung zu tragen.950 Er muss befürchten, dass der HV durch die Einsichtnahme Kentnis von Tatsachen erhält, die in keinem Zusammenhang mit seinem Provisionsinteresse stehen.951 Das Wahlrecht wird durch ggf. konkludente 952 und grundsätzlich unwiderrufliche Willenserklärung ausgeübt, wobei Erklärungsempfänger der HV ist.953 Der Unternehmer hat etwa stillschweigend die Einsicht durch den HV gewählt, wenn er ihm den Zutritt zu seinen Geschäftsräumen gestattet.954 Übt der Unternehmer das Wahlrecht nicht aus, geht es nach Fristsetzung und fruchtlosem Fristablauf gem. § 264 Abs. 2 BGB auf den HV über.955 Hat der Unternehmer bereits eine Wahl getroffen, etwa Einsichtnahme durch den HV, und erfährt er nachträglich von Verdachtsmomenten, die einen Missbrauch erwarten lassen, kann er sein Einverständnis nach § 812 BGB kondizieren. Gleiches gilt in anderen Fällen, die eine Rücknahme der Willenserklärung objektiv verständlich werden lassen und bei denen Umstände nach der Willenserklärung bekannt wurden, sofern jene Tatsachen bei Kenntnis vor der Erklärung zu einer anderen Wahl geführt hätten. Der Unternehmer wird dann jedoch die nutzlos aufgewendeten Kosten des HV tragen müssen. Schließt der Unternehmer die Einsichtnahme durch den HV aus, so obliegt die 181 Auswahl des jeweiligen WP oder Buchsachverständigen dem HV.956 Der HV hat dabei die Interessen des Unternehmers zu berücksichtigen, d.h. nach billigem Ermessen i.S.d. § 315 BGB957 zu entscheiden. Dem Unternehmer ist es nicht gestattet, dieses Bestimmungsrecht des HV auf eine der beiden Berufsgruppen zu beschränken. Beide Berufsgruppen werden seinem Geheimhaltungsinteresse gleichermaßen gerecht.958 Ob der HV außerhalb dieser beiden Berufsgruppen einen anderen zur Berufsverschwiegenheit Verpflichteten beiziehen kann, erscheint angesichts des Gesetzeswortlauts zweifelhaft.959 In Ausnahmefällen und bei sonst fehlender Kontrollfähigkeit ist davon ausnahmsweise auszugehen.

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948 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 76; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. 949 Der Beruf läuft seit dem 1.1.2005 aus. Vereidigte Buchprüfer werden nicht mehr neu zugelassen. Der Beruf geht im Beruf des Wirtschaftsprüfers auf. Für bestehende Buchprüfer gilt Bestandsschutz. 950 OLG Frankfurt/Main BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 74. 951 Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, 29; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 92. 952 OLG Frankfurt/M. BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478; Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, 29; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 92. 953 Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, 29; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 92; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 74; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. 954 OLG Frankfurt/M. BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478. 955 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 130; Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, 29; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 92; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 39; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 74. 956 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 130; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 94; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78; Oetker/Busche § 87c Rn 32; Hopt § 87c Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 76; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17a. 957 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 94; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17b: Der HV darf also keinen erkennbar Parteiischen zur Einsichtnahme bestimmen. 958 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 94; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 76. 959 Dafür: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 76.

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Entscheidet sich der Unternehmer dagegen für die Einsicht durch den WP, ist dem HV persönlich die Einsicht verwehrt.960 Macht der Unternehmer dagegen von seinem Schutzrecht keinen Gebrauch und wählt die Einsicht durch den HV, bedeutet dies nicht, dass nur der HV persönlich Einsicht nehmen darf. Es entspricht vielmehr allgemeiner Auffassung, dass er eine zumutbare Hilfsperson hinzuziehen darf.961 So kann der HV etwa auf seine Kosten einen Wirtschafts- oder vereidigten Buchprüfer beiziehen962 oder ihm die Überprüfung auch allein übertragen,963 wohl nicht nur dann, wenn dem HV selbst die nötige Sachkunde fehlt. Anderenfalls würde der Anspruch des Mittlers in den Fällen entwertet, in welchen er nicht in der Lage ist, das Einsichtsrecht persönlich wahrzunehmen.964 Die dem Unternehmer gegebene Alternative soll ihm nur die Möglichkeit eröffnen, einen HV auszuschalten, zu dessen Verschwiegenheit und Zuverlässigkeit in Bezug auf den durch die Einsichtnahme zu gewinnenden Einblick in Unternehmensinterna er nicht das nötige Vertrauen hat. Hat der Unternehmer aber dieses Vertrauen und gestattet er deshalb dem HV die Einsichtnahme in Person, so ist der Unternehmer nicht beschwert, wenn der HV sich der Hilfe eines zur Verschwiegenheit verpflichteten WP oder Buchsachverständigen bedient.965 Nur gem. § 242 BGB darf der Unternehmer einen WP oder Buchsachverständigen ablehnen.

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6. Inhalt. Die Bucheinsicht erstreckt sich auf alle für die Ansprüche des HV relevanten Dokumente im Besitz des Unternehmers. Sie ist daher nicht auf die Geschäftsbücher des Unternehmers beschränkt.966 Vielmehr können alle Unterlagen, aus denen sich die erstrebte Übersicht herleiten lässt, eingesehen werden, insbesondere – alle Vertragsurkunden;967 – Buchführung;968 – einschlägiger Schriftwechsel, z.B. mit Dritten und Kunden;969 – sonstige Unterlagen;970 – Lieferungs- und Zahlungsbelege;971 – EDV;972

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960 Hopt § 87c Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. 961 Vgl. OLG Frankfurt/M. BB 2002, 427; KG DB 1971, 1204; Begr. RegE BT-Drucks. I/3856, 29; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 93; Oetker/Busche § 87c Rn 32; Hopt § 87c Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen/Huene § 87c Rn 75; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78; Hopt § 87c Rn 11, 27; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. 962 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 132; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 78. 963 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 39. 964 OLG Frankfurt/Main BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478. 965 KG DB 1971, 1204; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17. 966 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 127; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 91; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16. 967 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 127; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 91; Hopt § 87c Rn 25; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 79; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16. 968 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 91. 969 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 29; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 127; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 91; Hopt § 87c Rn 25; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16. 970 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 127; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 91; Hopt § 87c Rn 25. 971 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 91; Hopt § 87c Rn 25; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 38; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 73. 972 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 79.

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sämtliche Geschäftsunterlagen des Unternehmers, etwa Geschäftspapiere973 sofern eine ungeordnete oder zu berechtigten Zweifeln an Vollständigkeit oder Richtigkeit Anlass gebende Buchführung existiert;974 Mikrofilme.975

Das Einsichtsrecht umfasst die Befugnis zur Fertigung von provisionsrelevanten Ab- 184 schriften, (elektronischen) Kopien oder Auszügen aus den Büchern oder Unterlagen,976 wobei diese wie die gesamten Erkenntnisse gem. § 90 vertraulich zu behandeln sind.977 Mit der laufenden vertragsbegleitenden Gewährung des Einsichtsrechts kann der Unternehmer das Bucheinsichtsrecht gem. § 87c Abs. 4 im Zweifel nicht erfüllen,978 schon gar nicht, wenn das angebotene Einsichtsrecht nicht ausgeübt wird. Denn es mögen sich später neue Fragen stellen. Die Einsicht darf nur insoweit ausgeübt werden, wie sie zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist.979 Bei Verweigerung des Buchauszuges muss das Einsichtsrecht mindestens soweit gewährt werden wie dies zur ordnungsgemäßen Fertigung eines Buchauszuges nötig ist.980 7. Kosten. Die Kosten der Einsicht hat abweichend von der Kostenverteilung bei an- 185 deren Informationsrechte des § 87c der HV zu tragen (§ 811 Abs. 1 BGB analog).981 Dies gilt auch für die Kosten von Abschriften und eines ggf. beigezogenen Wirtschaftsprüfers.982 Ist er gemäß § 280 BGB zur Kostentragung verpflichtet, kann der Unternehmer nicht einwenden, die Beiziehung der Hilfsperson widerspreche der Schadensminderungspflicht.983 Wegen dieser Kostentragungspflicht wird der HV meist den Buchauszug einfordern und bei Unrichtigkeiten des Auszuges die – für den Unternehmer vorschusspflichtige – Ersatzvornahme durch einen Wirtschaftsprüfer wählen. Wurden Abrechnung oder Buchauszug insgesamt verweigert,984 lag Verzug mit anderen Informationsrechten vor, die zum Einsichtsrecht leiteten985 oder offenbart die Einsichtnahme Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeiten der erteilten Informationen986 (z.B. unrichtige Abrechnung987 oder Buchaus-

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973 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 79. 974 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 79. 975 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 17. 976 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 95; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 79; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. 977 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 95; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 77; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17d. 978 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 81. 979 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 29; Hopt § 87c Rn 27; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 38. 980 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 71; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 16. 981 BGHZ 32, 302 (306); KG DB 1971, 1204; OLG München NJW-RR 1988, 290; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 97; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. 982 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. 983 KG DB 1971, 1204; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 131; Hopt § 87c Rn 27. 984 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78. 985 BGH BB 1959, 935; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 126; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 97; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 17e. 986 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 97. 987 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 126; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 97; Hopt § 87c Rn 27.

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zug),988 liegt eine Pflichtverletzung des Unternehmers vor, die zur Schadenersatzpflicht nach § 280 BGB führt:989 Der Unternehmer hat die Kosten der durch sein Fehlverhalten herausgeforderten Einsicht zu tragen, einschließlich eventueller Kosten eines beigezogenen Sachverständigen (WP oder Buchsachverständigen),990 sofern die Bücher nicht – was von vornherein evident sein musste – auch ohne dessen Hilfe prüffähig waren (sonst: mglw. Verletzung der Schadensminderungspflicht).991 Meist wird der HV nicht fähig sein, die Bucheinsicht alleine vorzunehmen.992 Dass die Einsichtnahme neues Material zutage fördert, welches vorher nicht offengelegt worden war, wird für die Schadenersatzpflicht entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.993 wohl nicht genügen, weil dies bei der Einsichtnahme immer der Fall sein wird. Entscheidend ist vielmehr die Unrichtigkeit der Verprovisionierung. Beruhen die begründeten Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung, des Auszugs oder der Auskunft auf einer objektiv mangelhaften Fertigung der Informationen, kann auch hierin eine schadenersatzbegründende Pflichtwidrigkeit liegen.994 Verkürzt wird man sagen dürfen, dass eine Erstattungspflicht des Unternehmers besteht, wenn sich die Einsichtsvoraussetzungen des Abs. 4 („Zweifel“) bestätigen. V. §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB 186

Neben den Rechten aus § 87c steht dem HV als ultima ratio995 das Recht zu, sich in entsprechender Anwendung996 der §§ 259 Abs. 2, 260 BGB eidesstattlich versichern zu lassen, dass die Vollständigkeit997 (nicht: die Richtigkeit998 – Wortlaut der §§ 259 Abs. 2, 260 Abs. 2 BGB) der gegebenen Information nach bestem Wissen so gegeben ist, wie der Unternehmer hierzu imstande war.999 Die Unrichtigkeit wäre also nur insoweit relevant, als sie durch eine Unvollständigkeit hervorgerufen wird.1000 Rechtsgrundlage hierfür ist § 259 Abs. 2 BGB, nach a.M.1001 § 260 Abs. 2 BGB. Das gilt insb. für die durch Auskunft zu erteilenden Tatsachen, jedoch auch für andere Informationen, die eidesfähig sind. Die Schwierigkeit der Versicherung liegt darin begründet, dass der Begriff der Vollständigkeit rechtliche Wertungen voraussetzt, die zu einem Rechtsirrtum führen können. Beim Buchauszug bezieht sich der Eid etwa auf das Vorhandensein der Information, wie dargelegt nicht auf ihre Richtigkeit.

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988 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 97; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78. 989 BGH LM § 87c Nr. 1; BGHZ 32, 302; KG DB 1971, 1204; Hopt § 87c Rn 27; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 40; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78; Schlegelberger/ Schröder § 87c Rn 17e. 990 BGH LM § 87c Nr. 1; BGHZ 32, 302. 991 KG DB 1971, 1204; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 98; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 78. 992 OLG Düsseldorf HVR Nr. 383; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 98. 993 § 87c Rn 24. 994 Vgl. Knorn BB 1972, 989 (990). 995 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 5; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 7, 65; aA wohl LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. 996 LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. 997 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4, 10. 998 AA wohl BGHZ 32, 302 (305) = NJW 1960, 1662; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83. 999 Offen gelassen v. OLG Hamm, Urt. v. 21.3.1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51. 1000 Vgl. MünchKommBGB/Krüger § 259 Rn 42. 1001 Schmidt-Rimpler § 52 Fn 52 m. Nachw.; OLG Hamm OLGE 24, 128.

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Das Recht auf eidesstattliche Versicherung soll nur subsidiär gegenüber anderen 187 Informationsrechten ausgeübt werden dürfen.1002 Zum einen müssen begründete Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit irgendeines Informationsrechts des § 87c vorliegen, um das Recht auf eidesstattliche Versicherung aus § 259 Abs. 2 BGB (hinsichtlich Abrechnung,1003 Auszug,1004 Auskunft1005 – etwa in Bezug auf die für die Ausgleichsberechnung erforderlichen Auskunft1006 – bzw. Einsicht)1007 oder aus § 260 Abs. 2 BGB (betreffend die Auskunft) auszulösen.1008 Solche Zweifel sollen etwa bei mehrfach unrichtigen Buchauszügen und „scheibchenweiser“ Informationserteilung bestehen.1009 Andere, „bessere und leichtere“1010 Informationsrechte des § 87c dürfen nach dieser Meinungsgruppe nicht mehr zur Verfügung stehen.1011 Insbesondere muss, außer in besonderen Fällen (schlechte Vermögenslage des Unternehmers, sehr hohen Kosten),1012 ein Buchauszug erteilt und die nachfolgende Bucheinsicht erfolglos geblieben sein,1013 ehe der HV verlangen kann, dass der Unternehmer Richtigkeit und Vollständigkeit von Abrechnungen,1014 Auskunft und Buchauszug1015 an Eides statt versichert.1016 Dass die Bucheinsicht dem HV zunächst Kosten aufbürdet, verschlage nichts. Der Unternehmer müsse diese bei erfolgreicher Bucheinsicht im Wege des Schadenersatzes erstatten.1017 Bessere und leichtere Erkenntnisquellen fehlen, wenn – der Buchauszug erteilt wurde und eine Bucheinsicht erfolglos blieb oder keine Klarheit brachte;1018

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1002 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (305 f.) = NJW 1960, 1662; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 15. Anders im Arbeitsrecht und bei § 65: LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. AA auch Würdinger, RGRK HGB, 2. Aufl. 1953, § 87c Anm. 10; Herschel-Beine, Handbuch zum Recht des Handelsvertreters, 1954, S. 127; Holling, BB 1959, 687 (688). 1003 OLG Hamm, Urt. v. 21.3.1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4. 1004 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 9a; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 46. 1005 Thume BB 2009, 2490 (2495); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 65. 1006 Thume BB 2009, 2490 (2495). 1007 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83. 1008 BGH, Urt. v. 18.2.1998 – VIII ZR 376/96, WM 1998, 1461; OLG Hamburg MDR 1961, 1012; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83. 1009 LG Darmstadt, Urt. v. 14.7.2009 – 16 O 369/07. 1010 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 7. 1011 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 11. 1012 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (307) = NJW 1960, 1662. 1013 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (305) = NJW 1960, 1662; OLG Hamm, Urt. v. 21.3.1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51 (52); LG Darmstadt, Urt. v. 14.7.2009 – 16 O 369/07; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 83; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 7; Oetker/Busche § 87c Rn 21; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 34. 1014 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 4. 1015 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. 1016 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (305 f.) = NJW 1960, 1662; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 6, 83; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 7. 1017 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (306 f.) = NJW 1960, 1662; Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 87c Rn 22. 1018 LG Darmstadt, Urt. v. 14.7.2009 – 16 O 369/07; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 7; Hopt § 87c Rn 20; Oetker/Busche § 87c Rn 21.

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Bücher, die eingesehen werden könnten, fehlen1019 oder unvollständig sind;1020 der Unternehmer eine Fehlanzeige erteilt.1021

Diese Subsidiarität ergibt sich, wie der BGH1022 im Verhältnis zum Bucheinsichtsrecht ausführte, ohne dass es einer ausdrücklichen Gesetzesvorschrift bedarf, aus der Natur des Anspruchs. Es sei sachgerecht, dass zunächst derjenige Anspruch zum Zuge komme, der regelmäßig dem Gläubiger größeren Erfolg verspreche und zugleich den Schuldner weniger beschwere. Dieser strengen Ansicht ist zuzugeben, dass der HV schon wegen des sonst fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses das bei gleichwertiger Informationsfülle den Unternehmer am geringsten belastende Mittel wählen muss. Andererseits mag aber gerade die eidesstattliche Versicherung dieses Mittel sein, weil es den Unternehmer nur dann belasten kann, wenn er Unwahres versichern wollte. Deshalb ist das Recht auf eidesstattliche Versicherung bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit erteilter Informationen meist gegeben, und zwar sowohl zur Kontrolle der Abrechnung, des Buchauszuges, der Auskunft wie des Einsichtsrechtes. Ob der Eideszwang vor Bucheinsicht zuzulassen sei, wenn die Kosten außergewöhnlich hoch seien oder der Unternehmer für eine etwaige Erstattung finanziell nicht sicher erscheine, hat BGHZ 32, 302 offen gelassen.1023 Das „mildeste Mittel“ darf den HV selbst nicht unbillig belasten. Die Einsichtnahme ist für ihn mit erheblichen Kosten verbunden; er ist nicht verpflichtet, vorrangig solche kostenauslösenden Maßnahmen vorzunehmen (zumal wenn die Einsichtsnahme nur durch einen WP erfolgen kann). Die Rechte aus §§ 259, 260 BGB können angeblich nicht mehr gefordert werden, wenn das Recht auf Bucheinsicht verjährt ist1024 (zweifelhaft, da jeder konkurrierende Anspruch eigenständig verjährt) oder das zu kontrollierende Hauptrecht nicht mehr besteht (fehlendes Informationsinteresse), etwa wegen Erfüllung, Verjährung, bindender Einigung etc. In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht keine Pflicht zur Eidesleistung (Abs. 3 der §§ 259, 260 BGB).1025 Inhaltlich ist die eidesstattliche Versicherung eine Wissenserklärung. Die Regelungen über die rechtsgeschäftliche Stellvertretung sind deshalb unanwendbar. Vollmachtsregeln sind also nicht ohne Weiteres anwendbar. Um Missbräuche auszuschließen, indem die Versicherung auf eine wenig gefährdete Person verlagert wird, ist die Versicherung höchstpersönlich abzugeben (§§ 259 Abs. 2 BGB, 889 Abs. 1 S. 1 und 2, 478 ZPO). Für juristische Personen gilt daher, dass die eidesstattliche Versicherung von den organschaftlichen Vertretern abgegeben werden soll.1026 Das Problem liegt darin, dass gerade bei Großunternehmen deren Geschäftsleiter (Vorstände, Geschäftsführer) die Richtigkeit der Buchauszüge nicht aus eigener Anschauung bestätigen können.1027 Oft wird deshalb ver-

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1019 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (305) = NJW 1960, 1662; OLG Celle, Urt. v. 27.8.1962, BB 1962, 1017; OLG Hamm, Urt. v. 21.3.1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51 (52); Riemer in: Küstner/ Thume I, Kap. VI Rn 106; Hopt § 87c Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 7; Oetker/ Busche § 87c Rn 21. 1020 OLG Hamm OLGR 24, 128; Urt. v. 21.3.1957 – 18 U 251/56, NJW 1959, 51 (52). 1021 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 106. 1022 BGH, Urt. v. 16.5.1960 – VII ZR 206/59, BGHZ 32, 302 (306) = NJW 1960, 1662. 1023 Aber auch dann könne die Antwort nicht anders lauten, so Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 22: Der HV sei Kaufmann; er müsse wissen, wieviel ihm die begehrten Aufschlüsse über vermutete Provisionsansprüche wert seien und welche Kosten er daran wenden wolle, sie zu erhalten. 1024 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 6. 1025 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 10. 1026 MünchKomm/BGB/Krüger 5. Aufl. 2007, § 259 Rn 41. 1027 Brandi/Dohrn GRUR 1999, 131 (132); Staudinger/Bittner 2009, § 259 Rn 38.

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sucht, beim erkennenden Gericht eine Konkretisierung der Person des Verpflichteten unterhalb der von den betreffenden Sachfragen fernen Geschäftsleiterebene zu erreichen. Zumindest müssen und dürfen die den Eid Leistenden im Protokoll der Vernehmung zum Ausdruck bringen, dass sie die Frage nicht aus eigener Anschauung beurteilen können, sondern nur auf der Grundlage ihres Wissens und ihrer Erkenntnismöglichkeit. Es muss den Vorständen möglich sein, ihre Versicherung so zu fassen, wie sie sie guten Gewissens bestätigen dürfen. Der Vorstand darf aber nicht leichtfertig auf die Verantwortung Dritter verweisen. Er muss sich umfassend informieren und sicherstellen, dass er die Frage beurteilen kann. Nur wenn dies unmöglich ist, hat ein Vorbehalt strafrechtliche Entlastungswirkung. Wird der Vorstand mit Zwangsgeld zu einer Erklärung genötigt, die er nicht abgeben will und wird auch ein Vorbehalt nicht in das Protokoll übernommen, kann eine rechtfertigende Pflichtenkollision vorliegen. Insbesondere darf der Schuldner nicht zur Abgabe einer inhaltlich falschen Versicherung gezwungen werden.1028 VI. Auskunftsrecht nach § 242 BGB Nicht nur im Franchise-1029 oder Vertragshändlerrecht1030 sondern auch im HV-Recht1031 192 dürfen Vertriebsmittler und Unternehmer ergänzend Auskünfte nach § 242 BGB verlangen. Der allgemeine Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ist nicht durch die § 87c HGB, § 694 BGB geregelten Informationspflichten als verdrängende lex specialis ausgeschlossen.1032 Der Informationsanspruch aus § 242 BGB greift ein, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderlichen Auskünfte unschwer geben kann.1033 Eine entschuldbare Ungewissheit über das Bestehen des Ausgleichsanspruchs liegt insb. vor, wenn der HV sich nach dem HV-Vertrag keine Unterlagen über die Kundengeschäfte kopieren darf und deshalb keine Informationen besitzt.1034 Erforderlich ist das Bestehen einer Sonderverbindung,1035 die im Vertriebsvertrag zu finden ist. Soll die Auskunft einen vertraglichen Schadensersatzanspruch belegen, muss dieser nicht bereits dem Grunde nach feststehen. Vielmehr reicht der begründete Verdacht einer Vertragsverletzung1036 und die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts1037 aus. Der

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1028 BGH NJW-RR 2005, 221; OLG Düsseldorf FamRZ 1997, 1495. 1029 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 = ZVertriebsR 2013, 310 = BB 2014, 719 m. Anm. Ayad (Auskunftsrecht des FN wegen Wettbewerbsverstoß des FG); WM 1999, 694 (700 ff.) (dort zur Höhe der durch den Kfz-Hersteller gewährten Vorteile, etwa Rabatte und Werbekostenbeiträge). 1030 BGH BB 2002, 1507 = NJW-RR 2002, 1256 = EWiR 2002, 766 (Emde). 1031 OLG München, Urt. v. 28.9.2011 – 7 U 2019/11, ZVertriebsR 2012, 330 (332) = BB 2012, 220 m. Anm. Salomon/Alpers; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731; 2 W 59/06, BeckRS 2009, 04459; Koch ZIP 2011, 1752 (1755). 1032 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 59/06, BeckRS 2009, 04459; 2 W 60/06, BeckRS 2009, 19731. 1033 RGZ 108, 7; BGHZ 10, 387; 81, 24; BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = EWiR 2014, 181 (Korte); BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 = ZVertriebsR 2013, 310 (312) = BB 2014, 719 m. Anm. Ayad; NJW 1995, 387; LG Frankenthal, Teilurt. v. 28.8.2012 – 1 HKO 8/11, BeckRS 2014, 04375; Palandt/Grüneberg § 260 Rn 4. 1034 LG Frankenthal, Teilurt. v. 28.8.2012 – 1 HKO 8/11, BeckRS 2014, 04375. 1035 BGHZ, 95, 279 (288); BGH NJW 1978, 1002; NJW-RR 1989, 450. 1036 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 = ZVertriebsR 2013, 310 (312) (Auskunftsanspruch eines FN gegen den FG); v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (zum Vertragshändlerrecht); OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. 1037 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 = ZVertriebsR 2013, 310 (Auskunftsanspruch eines FN gegen den FG wg. Verstoßes gegen vertragl. versprochene Exklusivität).

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Anspruch darf nicht mit der Begründung verneint werden, es sei unwahrscheinlich, dass der Gläubiger mit Hilfe der erstrebten Angaben entgangene Geschäfte konkret darlegen könne.1038 Unschwer ist eine Auskunft immer dann zu erteilen, sofern die mit der Vorbereitung und Erteilung verbundenen Belastungen des Schuldners entweder nicht ins Gewicht fallen oder aber, obwohl sie beträchtlich sind, dem Schuldner in Anbetracht der Darlegungs- und Beweisnot des Gläubigers und der Bedeutung zumutbar sind, die die verlangte Auskunft für die Darlegung der für Grund oder Höhe des Hauptanspruchs wesentlichen Umstände hat.1039 Diese Grundsätze sollen angeblich sogar gewohnheitsrechtliche Bedeutung haben.1040 193 Inhaltlich bestimmt sich der Anspruch nach der Erforderlichkeit der Auskunft: Es ist alles mitzuteilen, was zur Befriedigung des Auskunftsbegehrens objektiv vonnöten ist. Je nach den Umständen des Falles kann die Auskunft bis zum Inhalt eines Buchauszuges gehen.1041 Jedoch sind die beiderseitigen Interessen angemessen abzuwägen:1042 Art und Umfang der Auskunftspflicht richtet sich in Anwendung des § 242 BGB zugleich nach den Bedürfnissen des Gläubigers unter schonender Rücksichtnahme auf die Belange des Schuldners.1043 Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls in die Abwägung einzustellen.1044 Zu den Umständen, die in die Abwägung einzustellen sind, zählt auch, ob der 194 Schuldner ein schützenswertes Geheimhaltungsinteresse1045 an Angaben geltend machen kann, die er machen soll, oder ob er zu deren Offenbarung gegenüber dem Gläubiger ohnehin verpflichtet war.1046 Bei der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der Wortlaut des § 242 BGB, anders als der des § 87c (Rn 73), keine hinreichend klare, gesetzlich geregelte Rechtfertigung für die Verletzung des Geheimnisschutzes sowie die Übermittlung von gesetzlich geschützten Geheimnissen an Dritte gibt. Gesetzliche Schweigepflichten sind eher zu beachten; vertraglich versprochene weniger (dies wäre ein Vertrag zu Lasten Dritter).1047 Angaben zum Vertragsverhältnis zwischen Unternehmer und HV sind regelmäßig zu erteilen. Dazu i.E. oben, Rn 73. Ein aus § 242 BGB hergeleitetes Auskunftsrecht besteht etwa in folgenden Konstella195 tionen: – Mehrfach ist von Gerichten der Auskunftanspruch eines HV1048 und VV1049 aus § 242 BGB zur Vorbereitung der Ausgleichsforderung anerkannt worden, wenn er in

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1038 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 = WRP 2007, 550 Rn 15. 1039 BGH, Urt. v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 = WRP 2007, 550. 1040 Köhler NJW 1992, 1480; Palandt/Grüneberg § 260 Rn 4. 1041 LAG Thüringen, Entsch. v. 21.7.2009 – 1 Sa 211/08, BeckRS 2010, 72333. 1042 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte). 1043 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); vgl. auch v. 19.3.1987 – I ZR 98/85, NJW-RR 1987, 1521 – Briefentwürfe. 1044 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 = WRP 2007, 550. 1045 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170 = EWiR 2014, 181 (Korte); v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 = WRP 2007, 550. 1046 BGH, Urt. v. 6.2.2007 – X ZR 117/04, NJW 2007, 1806 = WRP 2007, 550. 1047 Für ein Auskunftsersuchen der Steuerfahndung nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO auch BFH, Urt. v. 16.5.2013 – II R 15/12, DB 2013, 1827 = EWiR 2013, 665 (Roth); aA OLG Rostock, Urt. v. 4.4.2009 – 1 U 57/08, NJW-RR 2009, 1631 = EWiR 2009, 385 (Emde); Hopt § 86 Rn 32. 1048 OLG Oldenburg, Urt. v. 25.2.2014 – 13 U 86/13, BeckRS 2014, 05367 Rn 42 – auch bei Festvergütung des HV; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (dort i.E. abgelehnt worden); LG Frankenthal, Teilurt. v. 28.8.2012 – 1 HkO 8/11, BeckRS 2014, 04375. 1049 OLG München, Urt. v. 28.9.2011 – 7 U 2019/11, ZVertriebsR 2012, 330 (332) = BB 2012, 220 m. Anm. Salomon/Alpers (dort wird auch ein Anspruch aus § 87c zugelassen); v. 14.9.2011 – 7 U 1348/11, VersR 2012,

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entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines Rechts im Ungewissen sei, sich die Auskünfte nicht selbst beschaffen und der Unternehmer sie unschwer erteilen könne. Das gilt etwa, falls der HV die nach Änderung des § 89b besonders wichtigen Unternehmervorteile nicht kennt1050 – wobei der Auskunftsanspruch dann mglw. auch aus § 87c Abs. 3 folgt. Spiegelbildlich soll der HV den Unternehmer nach § 242 BGB über ausgleichsrelevante Umstände in Kenntnis setzen müssen,1051 falls der Unternehmer hierüber nicht informiert ist. Ist in einem VV-Vertrag die Anwendung der „Grundsätze Leben“ vereinbart worden, umfasst der zur Vorbereitung des Ausgleichsanspruchs geltend gemachte Auskunftsanspruch auch dynamische Rentenversicherungen, soweit sie bei Beendigung des VV-Vertrages die Voraussetzungen für künftige Erhöhungen erfüllen und zum letzten Erhöhungszeitpunkt tatsächlich angepasst worden sind. 1052 Der VV kann nur Auskunft über von ihm selbst vermittelte Verträge verlangen.1053 Soweit für ihn Untervertreter tätig geworden sind, können ihm die von jenen vermittelten Verträge auch dann nicht zugerechnet werden, wenn er diese selbst geworben und geschult hat. Einer solchen Zurechnung steht der Wortlaut der „Grundsätze Leben“ entgegen. Eine während der Laufzeit des Folgevertrags getroffene Vereinbarung, die regelt, dass der VV hinsichtlich der Zugehörigkeit zur Versicherung so behandelt wird, als wäre das Eintrittsdatum der Beginn des ersten Vertrages, soll nicht dazu führen, dass ihm bezüglich der im Rahmen des ersten Vertrages von ihm vermittelten dynamischen Lebens- und Rentenversicherungsverträge, für die er keine Dynamikprovisionen erhielt, Ausgleichsansprüche zustehen und Auskunft zu gewähren ist.1054 Angeblich soll aber nach der Verjährung der Ansprüche aus § 87c1055 und der Provisionsforderungen 1056 kein Anspruch aus § 242 BGB zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs bestehen. Dabei wird jedoch übersehen, dass § 87c eine Privilegierung des HV darstellt, es auf die Verjährung der Ausgleichsforderung ankommt und § 242 BGB einen zusätzlichen Anspruch gibt, der andere Ansprüche nicht ausschließen soll.1057 Richtig ist aber, dass die Verjährung der Ausgleichsforderungen das Informationsrecht ausschließt. Ein FN kann von dem FG Informationen über Einkaufsvorteile des FG fordern, die der FG gem. §§ 675, 667, 242 BGB dem FN auszukehren hat.1058

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440; v. 10.6.2009 – 7 U 4522/08, VersR 2010, 344; OLG Hamm, Urt. v. 15.12.2000 – 35 U 77/99, VersR 2001, 1154 (dort Anspruch erörtert, im Ergebnis aber verneint). 1050 Korte DB 2011, 2761 (2763); Koch ZIP 2011, 1752 (1755); Thume IHR 2011, 7 (14); Thume BB 2009, 2490 (2495); Semler BB 2009, 2327 (2328); Eckhoff BB 2009, 1609 (1610). 1051 Thume BB 2009, 1026 (1028). 1052 OLG München, Urt. v. 28.9.2011 – 7 U 2019/11, ZVertriebsR 2012, 330 (332) = BB 2012, 220 m. Anm. Salomon/Alpers; v. 14.9.2011 – 7 U 1348/11, VersR 2012, 440; v. 10.6.2009 – 7 U 4522/08, VersR 2010, 344. 1053 OLG München, Urt. v. 14.9.2011 – 7 U 1348/11, VersR 2012, 440; v. 10.6.2009 – 7 U 4522/08, VersR 2010, 344. 1054 OLG München, Urt. v. 14.9.2011 – 7 U 1348/11, VersR 2012, 440. 1055 BGH, Urt. v. 22.5.1981 – I ZR 34/79 Rn 43; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.10.2012 – I-16 U 150/11, ZVertriebsR 2013, 53; aA Semler ZVertriebsR 2013, 53. 1056 OLG Hamm VersR 2001, 1154. 1057 Semler ZVertriebsR 2013, 53 (54). 1058 OLG München BB 1997, 1430; LG Dortmund, Teilurt. v. 19.8.2010 – 13 O 85/05 Kart, BeckRS 2010, 26733; LG Hamburg, Urt. v. 10.4.2001 – 313 O 182/99 und 313 O 184/99; Böhner NJW 1998, 109; Böhner WRP 2006, 1089 (1092); Emde EWiR 2004, 67 (68); Giesler ZIP 2004, 744; Flohr DStR 2001, 710; Giesler in: Giesler/Nauschutt, Franchiserecht, 2002, § 5 Rn 137; aA OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.4.2011 – VI-U (Kart) 26/10, BeckRS 2011, 23540; VI-U (Kart) 28/10, BeckRS 2011, 23603 jeweils m. Anm. Matthes GWR 2011, 324284 = GWR 2011, 504 – wegen fehlendem Hauptanspruchs.

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Ein Informationsrecht aus § 242 BGB besteht, falls sich die Provisionshöhe nicht nach §§ 87 ff. errechnet, sondern anhand des gesamten Warenausgangs des Unternehmers, unter Einschluss solcher Geschäfte, die vom HV nicht vermittelt wurden.1059 Das gleiche Recht besteht nach der Ansicht derjenigen, die für nicht variable Vergütungsbestandteile, etwa ein Fixum oder eine Pauschalvergütung, keine Auskunftsrechte nach § 87c zubilligen.1060 Wenn der Verdacht schutzrechtsverletzender Geschäfte besteht.1061 Der Unternehmer kann zur Berechnung einer variablen Vertragsstrafe vom HV die dazu erforderlichen Informationen verlangen.1062 Ein Vertriebsmittler hat gem. § 242 BGB Anspruch auf Auskunft über die Exklusivität verletzende Geschäfte des Unternehmers.1063 Das Auskunftsrecht erstreckt sich auf Geschäfte, die durch den Unternehmer veranlasst wurden. Der Konzernverbund für sich allein stellt keinen Grund dar, einem Betrieb Aktivitäten verbundener Unternehmen zuzurechnen.1064 Kein Auskunftsrecht des HV soll zur nachvertraglichen Entwicklung des ausgleichsrelevanten Kundenstammes existieren.1065

Hat umgekehrt der HV ein während der Laufzeit des HV-Vertrags bestehendes Wettbewerbsverbot verletzt, kann dem Unternehmer zur Vorbereitung des Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns ein Anspruch nach § 242 BGB auf Auskunft über die verbotswidrig für Konkurrenzunternehmen vermittelten Geschäfte zustehen, da der verbotswidrig für Konkurrenten vermittelte Umsatz als Grundlage einer Schadensschätzung nach § 287 ZPO dienen kann.1066 Der Unternehmer besaß in diesem Fall jedoch keinen Anspruch auf Nennung von Namen und Anschriften von VN, auch nicht mit der Einschränkung eines WP-Vorbehalts, denen verbotswidrig Versicherungsverträge mit dem Konkurrenzunternehmen vermittelt worden sind.1067 Auskunft kann auch über solche Versicherungsverträge zu erteilen sein, die von Außendienstmitarbeitern vermittelt wurden, die der HV bei dem Konkurrenzunternehmen nicht angeworben, aber betreut hat.

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1059 OLG Karlsruhe BB 1966, 1169. In diesem Fall hätte aber auch an eine analoge Anwendung des § 87c gedacht werden können. 1060 OLG Karlsruhe BB 1966, 1169 (zu §§ 666, 675, 259 BGB); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 29. 1061 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.7.2008 – 2 W 59/06, BeckRS 2009, 04459. 1062 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 13/12, ZVertriebsR 2013, 90 (93). 1063 BGH, Urt. v. 1.8.2013 – VII ZR 268/11, NJW 2014, 155 = ZVertriebsR 2013, 310 = BB 2014, 719 mit Anm. Ayad (Auskunftsanspruch eines FN gegen den FG); v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (zum Vertragshändlerrecht); OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.6.2013 – I-16 U 172/12, ZVertriebsR 2013, 224 (225); v. 20.8.2008 – VI-U (Kart) 1/08. 1064 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 64/01, BB 2002, 2351 = EWiR 2002, 1037 (zum Vertragshändlerrecht); Palandt/Heinrichs §§ 259 ff. Rn 10, Soergel/Wolf BGB, 12. Aufl., § 260 Rn 25, 28; MünchKommBGB/Krüger 4. Aufl., § 260 Rn 16; BAG DB 1996, 2182; tendenziell aA wohl OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911. 1065 Eberstein 9. Aufl., S. 157. 1066 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170; v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, NJW 1996, 2097 (2098). 1067 BGH, Urt. v. 26.9.2013 – VII ZR 227/12, WM 2013, 2163 = ZIP 2013, 2260 = BeckRS 2013, 18170.

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D. Verfahrensrechtliche Aspekte I. Erkenntnisverfahren Der HV darf die Informationsrechte des § 87c Abs. 1–4 einklagen.1068 Es dürfen durch 196 Stufenklage die Klage auf Buchauszug1069 und als Leistungsanspruch der durch die Informationsrechte des § 87c gesicherte und vorbereitete Provisionsanspruch oder ein an seine Stelle tretender Ersatzanspruch 1070 geltend gemacht werden. Sofern die TBVoraussetzungen aller Rechte gegeben sind, können etwa Abrechnung, Buchauszug und Auskunft auf einer Stufe geltend gemacht werden. Über einzelne Informationsrechte darf durch Teilurteil entschieden werden,1071 etwa über den auf erster Stufe einer Stufenklage stehenden Anspruch auf Abrechnung und Buchauszug.1072 Ergibt sich bei einer Stufenklage erst infolge der Auskunftserteilung die Unbegründetheit der Leistungsstufe, können bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen dem Beklagten die gesamten Kosten auferlegt werden, wenn die Auskunftsstufe begründet war.1073 Auch bei der Ausgleichs-1074 oder Schadenersatzklage1075 ist eine vorgeschaltete 197 Informationsklage – etwa eine Buchauszugsklage1076 und nicht nur die Informationsklage aus § 242 BGB (s.o., Rn 192 ff.) – zulässig, da die Entwicklung der Geschäftsverbindungen des Unternehmers für die Ausgleichshöhe entscheidend ist.1077 Die Bezifferung kann bis zur ausgeurteilten Informationspflicht vorbehalten bleiben.1078 Der Nachteil der Kombination liegt darin, dass der Prozess über den Ausgleich durch den Streit über den auf erster Stufe geltend gemachten Informationsanspruch mit ggf. Beweiserhebung und Vollstreckung verzögert wird. Zudem werden die Informationsrechte nicht selten nur deshalb eingeklagt, um möglichst lästig zu werden. Der Kläger geht von vornherein von der Nichtexistenz des auf zweiter Stufe geltend gemachten Zahlungsanspruches aus. Bestätigt sich diese Vermutung, ist die Klage auf zweiter Stufe kostenpflichtig abzuweisen. Soll das verhindert werden, darf keine Zahlungsklage auf zweiter Stufe erhoben werden, wobei der dadurch entstandene potentielle Kostenvorteil mit der Gefahr der Verjährung eventuell doch bestehender Zahlungsansprüche bei fehlender Rechtshängigkeit und der daraus resultierenden (periodischen) Unbegründetheit des Kontroll-

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1068 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84. 1069 BGH, Urt. v. 4.11.1998 – VIII ZR 248/97, ZIP 1998, 2152 (2153); OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02 NJW-RR 2004, 475; OLG Hamm, Beschl. v. 12.3.2004 – 35 W 2/04, NJW-RR 2004, 1266; OLG Hamm OLGR 1996, 54; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 100; Westphal I Rn 1338; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84; Oetker/Busche § 87c Rn 33; Glanegger/Ruß § 87c Rn 1. 1070 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84. 1071 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328; OLG Köln DB 1972, 2104; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 87. 1072 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328; OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988 (dort Zulässigkeit eines Teilurteils verneint). 1073 OLG Brandenburg MDR 2003, 893. 1074 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 177, der a.a.O. allerdings systemwidrig ein Informationsrecht allein zu dem Zweck der schlüssigen Darlegung des Ausgleichsanspruchs verneint. 1075 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden). 1076 OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 (jedenfalls wenn auf zweiter Stufe der Klage auch Provisionen gefordert werden); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 177. 1077 OLG Hamm, Urt. v. 15.12.2000, HVR Nr. 974; Westphal I Rn 1338; Martinek/Schwab Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 79 Rn 20; aA mglw. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84, § 89b Rn 177. 1078 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89b Rn 177.

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rechts abzuwägen bleibt. Ein Vorteil der kombinierten Buchauszugs- und Zahlungsklage ist, dass sich bei wahrheitsgemäßer Erteilung die für den Zahlungsanspruch maßgeblichen Berechnungsgrundlagen aus dem Buchauszug ergeben und sich damit ein Streit über die Grundlagen der Ausgleichs- oder Provisionsberechnung erübrigen kann. Hat der Unternehmer vorprozessual seine Verpflichtung zur Übernahme der Informationskosten bestritten (sonst kein Feststellungsinteresse), darf der HV beantragen, die Kostentragungspflicht des Unternehmers feststellen zu lassen. Da Informationen nur gefordert werden können, falls Zahlungsansprüche möglich 198 sind, ist im Informationsprozess diese Möglichkeit – aber nicht mehr – zu klären. Beispiel: Es besteht Streit darüber, ob bestimmte Kunden, für welche Informationen begehrt werden, von der Provisionspflicht ausgenommen wurden.1079 Im Falle einer Stufenklage darf das Gericht zunächst nur über den Auskunftsan199 spruch verhandeln und durch Teilurteil hierüber entscheiden; eine Entscheidung über den auf der letzten Stufe der Klage verfolgten Anspruch ist grds. unzulässig.1080 Unzulässig ist ein Teilurteil, wenn im Rahmen des in 1. Instanz noch anhängigen Antrags auf Ausgleichszahlung, ebenso wie bei dem durch das Teilurteil beschiedenen Antrag auf Erteilung eines Buchauszugs, eine Einstandspflicht für Geschäftsvorgänge eines Zeitraumes zu beurteilen ist, für welchen die Einstandspflicht (hier nach § 25) strittig ist.1081 Die auf die Stufenklage ergangene Entscheidung über den Auskunftsanspruch erwächst im Hinblick auf den auf letzter Stufe verfolgten Anspruch (Zahlungsanspruch) nicht in Rechtskraft und entfaltet insoweit auch keine Bindung i.S.d. § 318 ZPO.1082 Das rechtskräftige (Teil)Urteil über Rechte aus § 87c trifft also keine Entscheidung über das Bestehen etwaiger Zahlungsansprüche des HV.1083 Denn die Rechte des § 87c setzen nicht das Bestehen von Zahlungsansprüchen, sondern nur deren Möglichkeit voraus.1084 Die Zahlungsansprüche sind nicht Streitgegenstand der Informationsklage, und zwar auch nicht, wenn im Wege der Stufenklage zugleich der Zahlungsanspruch eingeklagt wird, zunächst aber über die Informationsrechte gesondert verhandelt und entschieden wird.1085 Folglich ist es nicht ausgeschlossen, dass die maßgeblichen Vorfragen im weiteren Verfahren über den Zahlungsanspruch anders als im Teilurteil beurteilt werden.1086 Eine einheitliche Entscheidung über die mehreren in einer Stufenklage verbundenen Anträge kommt nur in Betracht, wenn ausnahmsweise schon die Prüfung des Auskunftsanspruchs ergibt, dass dem Hauptanspruch die materiell-rechtliche Grundlage fehlt.1087 Das ist meist nur in Evidenzfällen anzunehmen. Ebenso wenig besteht eine Bindung an die vorangegangene rechtskräftige Entscheidung über Bestehen oder Nichtbestehen eines anderen Informationsrechts, wenn allein das andere Informationsrecht Streitgegenstand der vorange-

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1079 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 51. 1080 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328 Rn 24; BGHZ 107, 236 (242); v. 28.11.2001 – VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, unter II 4. 1081 OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988. 1082 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328 Rn 24; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 88. 1083 OLG Hamm VersR 1995, 779; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl, § 87c Rn 88; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 51. 1084 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 88. 1085 BGH NJW 1969, 880; LM § 88 Nr. 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 88. 1086 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328 Rn 24; BGHZ 107, 236 (242); v. 19.12.1969 – V ZR 114/66, WM 1970, 405, unter 1; Beschl. v. 10.6.1999 – VII ZB 17/98, NJW 1999, 3049, unter II 1; OLG Köln, Urt. v. 26.11.2010 – 19 U 70/10, BeckRS 2011, 02988 (dort Zulässigkeit eines Teilurteils verneint). 1087 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328 Rn 24; v. 28.11.2001 – VIII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, unter II 4.

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gangenen Entscheidung war.1088 Folglich ist ein Teilurteil über die Auskunftsansprüche auch möglich, wenn der Unternehmer widerklagend Provision fordert.1089 Bei allen Informationsklagen muss der Informationskläger Folgendes darlegen: 200 – einen während des Informationszeitraums bestehenden HV-Vertrag,1090 bei Unwirksamkeit jedenfalls einen faktisch durchgeführten Vertrag; – die Möglichkeit entstandener Zahlungsansprüche durch Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit.1091 Sie werden durch die Existenz eines HV-Vertrags oder seine faktische Durchführung indiziert. Der Unternehmer darf sich nicht auf ein einfaches Bestreiten verlegen, wenn er sich zu Kunden und Geschäften dezidiert äußern kann. Es entspricht der Substantiierungspflicht des Unternehmers, dass er sich spezifiziert äußert.1092 Der Unternehmer muss beweisen, dass die Informationsrechte erloschen sind oder 201 erfüllt wurden,1093 ebenso fehlendes Informationsinteresse oder Verwirkung, wobei das fehlende Informationsinteresse ausnahmsweise durch besondere Umstände, etwa mangelnder Streit über die Richtigkeit der Provisionsrechnung und unmotiviertes Verlangen nach Buchauszug nach fehlgeschlagenen Ausgleichsverhandlungen im Anschluss an die Vertragsbeendigung indiziert sein kann (s.o., Rn 82 ff.). Dem HV obliegt die Beweislast für die Kondiktion einer Einigung mit dem Unternehmer über die noch offen gebliebene Provisionsforderungen.1094 Der Klagantrag muss hinreichend bestimmt sein. Das Begehren ist sachlich und 202 zeitlich hinsichtlich der Geschäfte, auf welche sich die verlangte Information beziehen soll, genau zu umschreiben und zu begrenzen.1095 Zuständig sind die ordentlichen Gerichte, Zivilkammer. Nur wenn die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Kammern für Handelssachen begründet sind – Handelsgeschäft und gem. § 95 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Qualifikation des Beklagten als Kaufmann und Eintrag in das Handels- oder Genossenschaftsregister – ist deren Kompetenz begründet. Ist der HV arbeitnehmerähnliche Person i.S.d. § 5 Abs. 3 ArbGG, sind die Arbeitsgerichte zuständig.1096 1. Abrechnungsklage. Die Abrechnung kann eingeklagt werden,1097 ebenso der An- 203 spruch auf Ergänzung der Abrechnung.1098 Der Abrechnungszeitraum muss im Antrag präzisiert werden1099 und es können – müssen aber nicht – die Umstände genannt werden, die in der Abrechnung anzugeben sind. Es genügt die Forderung nach einer Abrechnung. Der Begriff hat eine hinreichend spezifische Aussagekraft. Für eine Klage auf Abrechnung bestimmter Provisionen dürfte oft das Rechtschutzbedürfnis fehlen, weil der HV hinsichtlich

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1088 BGH NJW 1959, 752; OLG Nürnberg BB 1966, 265; OLG Köln DB 2000, 2269 = EWiR 2000, 1161 (Emde). Die Entscheidung betraf das Verhältnis Buchauszug-Bucheinsicht; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 88. 1089 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, NJW-RR 2011, 189 = WM 2011, 328. 1090 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 86. 1091 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 86. 1092 BGH VW 1978, 555. 1093 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 86. 1094 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 86. 1095 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 85. 1096 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 78. 1097 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 74; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 2a. 1098 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 47. 1099 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34.

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der ihm bekannten Provisionen sofort auf Auszahlung klagen kann.1100 Sinnvollerweise ist die Klage als Stufenklage mit einem Antrag auf Auszahlung der sich aus der Abrechnung ergebenden Provisionen zu verbinden,1101 und zwar schon wegen der damit einhergehenden Verjährungsunterbrechung. Der Klagantrag kann etwa lauten:1102 „Die Beklagte wird verurteilt, 1. auf erster Stufe über die gemäß Handelsvertretervertrag vom … dem Kläger zustehenden Provisionen abzurechnen, die sich in der Zeit vom … bis … im Vertreterbezirk … ergeben und 2. auf zweiter Stufe den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag nebst 5 Prozentpunkte Zinsen seit Fälligkeit und 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.“

Selbstverständlich kann auch ohne Abrechnung auf Zahlung geklagt werden (s.o.). Das erspart eine Stufenklage. 204

2. Buchauszugsklage. Auch der Buchauszug kann eingeklagt werden.1103 Die Klage auf Buchauszug wird in der Regel als Stufenklage i.S.d. § 254 ZPO erhoben1104 (Rn 196 ff.). Wenn die Voraussetzungen des Rechts auf eidesstattliche Versicherung gegeben sind, darf auf 1. Stufe der Auszug, auf 2. Stufe eidesstattliche Versicherung gefordert werden.1105 Der Kläger darf die Buchauszugsklage mit einer Klage auf Zahlung des Ausgleichs verbinden. Dies nimmt der Klage auf einen Buchauszug nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Buchauszug dient zumindest auch der Kontrolle der Richtigkeit der Provisionsabrechnungen.1106 Welchen Inhalt der Klagantrag haben soll und muss, ist Gegenstand der Diskussion. Sicher ist: Die Buchauszugsklage muss bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sein.1107 Sonst ist sie unzulässig. Der Klagantrag der Buchauszugsklage muss angeben, für welchen Geschäftsbereich, d.h. Bezirk und/oder Kundenkreis, und für welchen Zeitraum die Information verlangt wird.1108 Weiter ist anzugeben, auf welche Art von Geschäften sich der Buchauszug beziehen soll,1109 jedenfalls wenn unterschiedliche Geschäfte vom Vertrag erfasst waren. Unzulässigkeit hat das LG Hamburg1110 angenommen, wenn – mangels anderer Eingrenzungsmaßstäbe, etwa Bezirk, Gebiet – im Klagantrag nicht mitgeteilt wird, für welche Kunden vermittelte Geschäfte angegeben werden sollen.

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1100 Vgl. Hopt § 87c Rn 11. 1101 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 45; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34. 1102 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 76. 1103 Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 65; Hopt § 87c Rn 21; Oetker/Busche § 87c Rn 22; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 50; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 6b; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 33. 1104 OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475 (476); Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 65; Westphal I Rn 1338; Flohr in: Martinek/Flohr/Pohl Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 18 Rn 16; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 50. 1105 Hopt § 87c Rn 21. 1106 LG Hamburg, Urt. v. 22.3.2013 – 418 HKO 97/10. 1107 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 65. 1108 Westphal I Rn 1340. 1109 Westphal I Rn 1340. 1110 Urt. v. 29.6.2009 – 415 O 15/09.

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Regelm. genügt der Antrag, der Auszug werde für „alle“ in einem bestimmten Zeitraum vermittelten Geschäfte eines bestimmten Gebiets oder Bezirks gefordert. Welche weiteren Informationen als Teil des Buchauszuges verlangt werden, muss im Klagantrag nicht im Einzelnen detailliert werden. Nach Ansicht einzelner Stimmen1111 genügt allerdings ein derartiger, an den Gesetzeswortlaut angelehnter Klagantrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis. Die Verurteilung zur Erteilung eines Buchauszuges habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Vielmehr sei in dem Antrag konkret anzugeben, wie der Buchauszug inhaltlich ausgestaltet werden solle. Welche Angaben über die Geschäfte für die Provision des HV im Einzelnen von Bedeutung seien, hänge von der konkreten zwischen dem HV und dem Unternehmer geltenden Provisionsregelung ab, so dass die Verurteilung zu Erteilung eines Buchauszugs keinen allgemeingültigen Inhalt habe.1112 Jene Ansicht ist abzulehnen. Obwohl lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiederholende Klaganträge u.U. unbestimmt und damit gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig sind,1113 genügt es, mit dem Gesetzeswortlaut einen „Buchauszug“ für einen bestimmten Zeitraum und für bezeichnete Geschäfte zu fordern; der Inhalt des Buchauszuges braucht nicht näher bezeichnet zu werden.1114 Der Begriff des Buchauszugs hat in der Rspr. eine hinreichende Konkretisierung erfahren. Gerade wenn dem HV Geschäfte verheimlicht wurden, wird er keine detailliertere Angaben geben können und falls er zu präzise fragt, kann es sogar sein, dass ihm Provisionsrelevantes aus den ihm unbekannten Büchern des Unternehmers, nach dem nicht exakt gefragt wurde, verheimlicht oder ihm ein „Negativattest“ erteilt wird, obwohl andere provisionsrelevanten Dokumente vorliegen. Der HV kann nicht wissen, welche Informationen sich exakt in den Büchern des Unternehmers befinden. Beispielsweise zu Dokumenten, die ein Nichtvertretenmüssen des Unternehmers nach § 87a Abs. 3 nachweisen, wird der HV keine Angaben im Klageantrag machen können. So weist etwa das LAG Hamburg1115 darauf hin, dem Kläger dürfte es regelmäßig schwer fallen, die für einen bestimmten Klageantrag erforderlichen Dokumente genau zu bezeichnen. Durch den in den Antrag eingefügten Einschub, „insbesondere“ seien spezifisch benannte Daten zu liefern, wird der Anspruch nicht klarer. Hingegen ist auf die Klage nach einem „Buchauszug“ alles zu übermitteln, was provisionsrelevant ist. Eine solche „kurze“ Antragstellung hat den Vorteil, dass im Erkenntnisverfahren nicht über die Provisionsrelevanz einer geforderten Information gestritten wird. Werden „zu viele“, nicht provisionsrelevante und im Einzelnen im Antrag aufgeführte Informationen gefordert, riskiert der HV ein Teilunterliegen und sogar die Unzulässigkeit der Klage, falls die Provisionsrelevanz der geforderten Informationen nicht i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO begründet wird. Es handelt sich um einen zulässigen „AllesAntrag“: Der Unternehmer muss „alles“ provisionsrelevantes aus seinen Büchern mitteilen. Was sich in seinen Büchern befindet und was davon provisionsrelevant ist, weiß nur er und nicht der HV. Die Vollstreckung des Urteils erfolgt durch die Ersatzvornahme eines fachkundigen Dritten. Er kann bei der hier favorisierten Antragsstellung und entsprechender Urteilsformel feststellen, ob alles das, was sich in den Büchern befindet, als Buchauszug übermittelt wurde. Man darf sich insoweit nicht am Leitbild der Vollstreckung durch einen mit dem Streitgegenstand nicht vertrauten Gerichtsvollzieher orien-

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1111 OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.6.2001 – 1 U 78/01 – 19, NJW-RR 2002, 34 (35); LG Hamburg, Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10; Hopt § 87c Rn 21; Oetker/Busche § 87c Rn 22. 1112 Urt. v. 15.2.2013 – 404 HKO 83/10. 1113 BGH, Urt. v. 16.11.2006 – I ZR 191/03, DB 2007, 1190. 1114 OLG Stuttgart, Urt. v. 30.1.2014 – 13 U 99/13; OLG Frankfurt/M. DB 2002, 474 = MDR 2002, 478; LG Ellwangen, Teilurt. v. 13.5.2013 – 1 O 15/10; LG Köln, Teilurt. v. 19.11.2010 – 89 O 64/09, BeckRS 2014, 02717; Westphal I Rn 1341; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 85. 1115 Beschl. v. 29.1.1996 – 1 Ta 14/95, NZA-RR 1996, 422 (423).

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tieren. Um Diskussionen im Vollstreckungsverfahren zu reduzieren, empfiehlt sich gleichwohl eine detailliertere Bezeichnung der geforderten Informationen.1116 Sie ist jedoch nicht zwingend. Im Vollstreckungsverfahren mag der detaillierte Antrag eine höhere Druckfunktion ausüben. Wegen des Risikos des Teilunterliegens kann dazu nur geraten werden, falls die im Antrag genannten Informationen sicher provisionsrelevant und die Forderung nach ihnen i.S.d. § 253 Abs. 2 ZPO begründet ist. Ohnehin ist der durch einen detaillierten Antrag entstehende Druck ein scheinbarer: der Unternehmer könnte die Antragsliste mit Negativattesten „abarbeiten“. Der Antrag, „dem Kläger Auskunft über die in der Zeit seit dem 29.10.2008 bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung entstandenen Provisionsansprüche für vom Kläger betreuten Bekleidungsfabrikanten in Bangladesch zu erteilen und über diese abzurechnen“ soll dahin auszulegen sein, dass der Kläger einen Auszug über alle Geschäfte mit von ihm vermittelten bzw. betreuten Lieferanten aus Bangladesch begehrt. Ein Buchauszug verhalte sich immer über Geschäfte und deren Einzelheiten, nicht aber über Provisionsansprüche.1117 Die einen Buchauszug über „vermittelte Geschäfte“ fordernde Klage soll die Angabe erfordern, welche Verträge der HV dem Unternehmer vermittelt haben will. Anderenfalls soll sie wegen mangelnder Bestimmtheit unzulässig sein.1118 Letzteres kann aber nicht gelten, wenn der HV Informationen zu Folge- und Bezirksgeschäften verlangt. Denn sie müssen ihm nicht vollständig bekannt sein. Diskutiert wird, ob es gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO (Bestimmtheit des Klageantrags) ausreicht, den Antrag zu stellen, einen Buchauszug über alle Verträge zu fordern, die von der „Vermittlungsstruktur“ des Hauptvertreters vermittelt wurden, und zwar ohne Namensnennung der der Struktur angehörigen HV.1119 Sollen die begehrten Informationen beschrieben werden, kann bei Durchsetzung der 205 Buchauszugsklage eines Warenvertreters (hier Bezirksvertreter) folgender Antrag, im Wege der Stufenklage verbunden mit einem Zahlungsantrag, gestellt werden:1120 Es wird beantragt, den Beklagten zu verurteilen, 1. auf erster Stufe a) dem Kläger einen Buchauszug über alle Geschäfte zu erteilen, die zwischen der Beklagten und Kunden im Bezirk des Klägers in der Zeit von … bis … zustande gekommen sind, und dabei folgende Angaben zu machen: aa) Name und Anschrift des Kunden; bb) Kundennummer; cc) Datum der Auftragserteilung; dd) Umfang des erteilten Auftrags; ee) Datum der Auftragsbestätigung; ff) Datum der Lieferung bzw. Teillieferungen; gg) Umfang der Lieferung bzw. Teillieferungen; hh) Datum der Rechnung bzw. Rechnungen bei Teillieferungen; ii) Rechnungsbeträge; jj) Datum der Zahlung bzw. Einzelzahlungen; kk) Höhe der gezahlten Beträge; ll) Angabe der Annullierungen und Retouren mit Angabe der jeweiligen Gründe hierfür;

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1116 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 85. 1117 LG Köln, Teilurt. v. 19.11.2010 – 89 O 64/09, BeckRS 2014, 02717. 1118 LG Hamburg, Urt. v. 20.6.2009 – 415 O 15/09, n.v. 1119 Dafür wohl OLG Hamm VersR 1998, 1415; vgl. zur Diskussion: Emde VersR 1999, 1464 (1468); Emde MDR 1999, 1108; offen gelassen von BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 55. 1120 Westphal I Rn 1342.

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auf zweiter Stufe nach Erteilung des Buchauszuges zu Ziff. 1 a) über die sich aus dem Buchauszug ergebenden und bislang nicht abgerechneten Provisionen eine Provisionsabrechnung zu erteilen; b) an den Kläger den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag nebst 5 Prozentpunkten Zinsen seit Fälligkeit und 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen; c) an den Kläger einen angemessenen Ausgleich gemäß § 89b HGB nebst 5 Prozentpunkten Zinsen seit Fälligkeit und 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.1121

Je nach Art der begehrten Informationen können weitere, oben genannte Informationen eingefordert werden. Der Klagantrag eines VV könnte wie folgt gefasst werden:1122 206 Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit von … bis … einen Buchauszug zu erteilen, der sich auf alle vom Kläger vermittelten Versicherungsverträge, bei welchen in diesem Zeitraum Abschluss-, Bestandspflege-, Dynamik- und sonstige Provisionen fällig geworden sind, erstreckt und der für die einzelnen Verträge folgende Angaben enthält: a) Name des Versicherungsnehmers; b) Versicherungsscheinnummer; c) Art und Inhalt des Versicherungsvertrages (Sparte, Tarifart, prämien- oder provisionsrelevante Sondervereinbarungen); d) Jahresprämie; e) Versicherungsbeginn; f) bei Lebensversicherungsverträgen: Versicherungssumme, Eintrittsalter des VN und Laufzeit des Vertrages; g) bei Lebensversicherungsverträgen mit Dynamisierung zusätzlich: Erhöhung der Versicherungssumme, Zeitpunkt der Erhöhung und Erhöhung der Jahresprämie; h) im Falle von Stornierungen: Datum der Stornierung, Gründe der Stornierung und Art der ergriffenen Bestandserhaltungsmaßnahmen.

Bei allen Antragsmustern ist Vorsicht angebracht: Der Antrag muss im konkreten Fall „passen“. Wo es etwa keine provisionsrelevanten Sondervereinbarungen gibt, darf nach ihnen nicht gefragt werden. Für den Fall des Fehlens der geforderten Informationen in den Büchern des Unternehmers kann hilfsweise ein Auskunftsantrag sowie ein Antrag auf eidesstattliche Versicherung gestellt werden, etwa folgenden Wortlauts:1123 die Beklagte zu verurteilen, 1. der Klägerin für die Zeit von … bis … Auskunft über die nicht in den Büchern des Unternehmers befindlichen Informationen zu geben, und zwar über sämtliche Geschäfte, welche die Klägerin für die Beklagte vermittelt hat, insbesondere über (es folgen die o.g. Informationsgegenstände); 2. an Eides statt zu versichern, dass sich die in der Buchauszugsklage geforderten Informationen nicht in ihren Büchern befinden.

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1121 Zur Frage, ob der Ausgleichsanspruch auf zweiter Stufe einer Buchauszugsklage gefordert werden darf, vgl. vorstehend und unter Rn 11 ff. Ggf. wäre ein bereits bekannter Teilausgleich auf erster Stufe einzuklagen. 1122 BGH ZIP 2001, 876 = EWiR 2001, 631 (Emde). Ggf. müsste auf 2. Stufe ein unbezifferter Zahlungsantrag folgen, s. das vorherige Antragsmuster. 1123 Siehe den im TB der Entsch. OLG Hamm, Urt. v. 19.3.2009 – 18 U 137/08, BeckRS 2009, 24245 wiedergegebenen Antrag.

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Nach § 264 Nr. 2 ZPO ist es nicht als eine Änderung der Klage anzusehen, wenn von einem Auskunftsanspruch nach § 87c Abs. 3 zu einem Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs nach § 87c Abs. 2 übergegangen wird.1124 Beide Ansprüche betreffen denselben Klaggrund.1125 Es handelt sich z.T. um eine Einschränkung, zum anderen um eine Erweiterung.1126 Inhaltlich handelt es sich um eine Erweiterung, die Informationsquellen betreffend jedoch um eine Beschränkung: Denn während der Buchauszug nur diejenigen Informationen enthalten muss, die sich in den dem Unternehmer verfügbaren schriftlichen Unterlagen über die vermittelten Geschäfte befinden, erfasst der Auskunftsanspruch auch solche Umstände, die sich nicht aus den schriftlichen Büchern entnehmen lassen.1127 Die Klagänderung fördert den von § 264 ZPO verfolgten Zweck, inhaltlich zusammenhängende Streitfragen möglichst rasch und umfassend zu klären.1128 207

3. Auskunftsklage. Der Auskunftsanspruch ist ebenfalls einklagbar.1129 Bei der Klage auf Auskunft sind die besonderen Antragsvoraussetzungen darzulegen.1130 Der Antrag hat genau zu detaillieren, was Gegenstand der Auskunft sein soll,1131 d.h. welche Informationen gefordert werden. Eine Detaillierung im Vollstreckungsantrag dürfte zu spät erfolgen.1132

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4. Bucheinsichtsklage. Die Klage auf Bucheinsicht ist zulässig.1133 Sie wird jedoch wegen ihrer geringeren Lästigkeit für den Unternehmer weniger häufig erhoben. Der Antrag muss hinreichend bestimmt sein.1134 Es genügt, Bucheinsicht zu fordern und die Person zu bezeichnen, die Einsicht nehmen soll.1135 Der Umfang der begehrten Bucheinsicht braucht folglich nicht bereits im Klagantrag benannt zu werden,1136 weil sich meist erst bei Einsichtnahme der notwendige Umfang herausstellt. Durchweg wird das Wahlrecht der Bestimmung des Einsicht Nehmenden bereits beim HV liegen, weil der Unternehmer auf Fristsetzung keine Wahl getroffen hat. Will der HV Hilfspersonen beiziehen, sollte er dies im Antrag klarstellen. Eine Stufenklage mit Klage auf eidesstattliche Versicherung ist gestattet.1137 Der HV hat die oben genannten Anspruchsvoraussetzungen darzulegen, zudem die Verweigerung des Buchauszuges oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung und des Buchauszuges.1138 Weiterhin

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1124 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 49. 1125 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 53; Urt. v. 11.7.1996 – IX ZR 80/95, NJW 1996, 2869 unter II 1. 1126 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 50. 1127 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 52. 1128 BGH, Urt. v. 23.11.2011 – VIII ZR 203/10, IHR 2012, 63 m. Anm. Thume Rn 54. 1129 Hopt § 87c Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. 1130 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84. 1131 OLG Hamm DB 1967, 592 = HVR Nr. 360; OLG München BB 1964, 698 = HVR Nr. 313; Baumgärtel § 87 Rn 3; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 136; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 85; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 36; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 62; Baumbach/Hartmann § 253 Rn 47 „Auskunftsklage“. 1132 AA OLG Hamm MDR 1967, 770; Hopt § 87c Rn 24. 1133 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 99; Hopt § 87c Rn 28. 1134 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 99. 1135 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 99; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 85. 1136 AA Seetzen WM 1985, 213 (218); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 99; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 79. 1137 Hopt § 87c Rn 28. 1138 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 34.

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muss in der Begründung der Klagschrift klargestellt werden, dass die geforderte Bucheinsicht zur Feststellung der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges erforderlich ist. Hierfür ist der HV darlegungs- und beweispflichtig. Sofern die Voraussetzungen für eine Kostentragungspflicht des Unternehmers eingetreten sind, kann mit der Klage auf Bucheinsicht auch ein Vorschuss für die Kosten der Einsicht eingeklagt1139 oder es dürfen Provisionen im Wege der Stufenklage gefordert werden, wobei bis nach Einsichtnahme die Provisionsforderung nicht beziffert zu werden braucht.1140 Erfolgt die Bezifferung nicht nach Erteilung der Informationen, wird die Klage unzulässig.1141 5. Klage auf eidesstattliche Versicherung. Die Klage auf eidesstattliche Versiche- 209 rung erfordert die Darlegung der besonderen Antragsvoraussetzungen, d.h. begründete Zweifel an der Vollständigkeit der zuvor erteilten Informationen. Der Antrag hat genau zu detaillieren, was Gegenstand der eidesstattlichen Versicherung sein soll, also was eidesstattlich versichert werden muss.1142 Am besten wird der Wortlaut der abzugebenden Versicherung vorformuliert. 6. Eilverfahren. Wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache kann nur 210 in Ausnahmefällen ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Form einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO gerechtfertigt sein.1143 Sie kommt in Betracht, wenn zeitlicher Aufschub den Erfolg verhindert.1144 Ein Beispiel bietet der Fall, in dem zu besorgen ist, dass ein Aufschub der Einsichtnahme oder die Durchführung des Hauptverfahrens den Erfolg der Einsicht gefährdet.1145 Zudem ist an den Fall existenzieller Nachteile bei Nichterteilung zu denken.1146 7. Kosten. Gemäß § 91 ZPO trägt der Unterlegene die Kosten des Verfahrens. Beweist 211 der Unternehmer die vollständige Erfüllung der geforderten Information oder fehlendes Informationsinteresse, ist die Informationsklage abzuweisen und der HV trägt die Kosten des Verfahrens. Da die Möglichkeit von Provisionsforderungen reicht, um das Informationsrecht auszulösen, genügt es für eine kostenpflichtige Klagabweisung nicht, wenn sich im Nachhinein das Nichtbestehen von Provisionsforderungen und damit des Informationsrechts als Hilfsrecht zeigt. Erforderlich ist vielmehr, dass dies für den HV ersichtlich ist, weil dann das Informationsverlangen schon wegen Rechtsmissbrauchs unbegründet war. Fehlen Zahlungsansprüche, wäre jedoch eine ggf. auf zweiter Stufe erhobene Zahlungsklage kostenpflichtig abzuweisen.1147 8. Streitwert und Beschwer. Der Streitwert bei der Informationsklage bestimmt 212 sich gem. § 3 ZPO1148 nach dem Interesse des HV an dieser Klage. Jenes valutiert in Höhe

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1139 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84. 1140 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 100; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87c Rn 80. 1141 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 80. 1142 Palandt/Grüneberg § 259 Rn 15. 1143 Hopt § 87c Rn 28; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 84. 1144 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 83. 1145 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 101; Oetker/Busche § 87c Rn 33; Hopt § 87c Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 83. 1146 Emde ZIP 2001, 820 zu §§ 51a, b GmbHG. 1147 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 77. 1148 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 79; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13.

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des Bruchteils des Wertes der Zahlungsforderung, welche der HV durchzusetzen hofft.1149 Die Rspr. bemisst den Teilwert zwischen 1/10 und ¼ des Streitwertes der Hauptsache.1150 Der Teilwert ist um so höher anzusetzen, je stärker die Ansprüche des Klägers von der Auskunft des Beklagten abhängen.1151 Ist der Unternehmer zur Informationserteilung verurteilt worden, bemisst sich der Berufungswert und die Beschwer nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Erfüllung des titulierten Anspruchs erforderlich macht, und nach einem etwaigen Geheimhaltungsinteresse der Beklagten.1152 Zu schätzen ist deshalb der Aufwand, der mit der Erteilung der Auskunft verbunden ist.1153 Den konkreten wirtschaftlichen Nachteil durch die Auskunftserteilung hat die beschwerte Partei gem. § 511 Abs. 3 ZPO substantiiert darzulegen und erforderlichenfalls glaubhaft zu machen. 1154 Die Kosten eines Sachverständigen 1155 oder einer Ersatzvornahme durch den HV1156 sind nicht zu berücksichtigen, da es auf die dem Unternehmer erwachsenden Kosten ankommt, soweit er Rechtsmittelführer ist.1157 Einerseits wird vertreten, ein besonderes Geheimhaltungsinteresse könne zu berücksichtigen sein.1158 Andererseits wird angenommen, in diesem Rahmen seien nur unmittelbar aus dem Urteil fließende rechtliche Nachteile zu berücksichtigen, Drittbeziehungen jedoch außer Betracht zu lassen.1159 Sofern der HV seine Informationsrechte im Wege der Stufenklage geltend macht, bleibt für Streitwert und Beschwer nur der Teil des Anspruchs maßgebend, über den jeweils entschieden wird.1160 Im Einzelnen: 213

a) Auskunft. Der BGH hat den Streitwert eines Auskunftsanspruchs mit 20% des Wertes der Ansprüche angenommen, deren Klärung der HV beabsichtigt.1161 Für ein Rechtsmittel des HV im Fall einer Klage des Unternehmers gegen den unberechtigt Wettbewerb ausübenden VV, Informationen über die Tätigkeit für Wettbewerber zu geben, insb. zum vermittelten Vertragstyp, zur Abschlusssumme, provisionspflichtigen Summe, Laufzeit, zum Namen des Versicherers, zu individuellen Kennzeichen des vermittelten Geschäfts, etwa Namen des Kunden oder Vertragsnummer, richtet sich die Beschwer nach dem Interesse des VV, die Auskunft nicht erfüllen zu müssen. In der Regel ist der Aufwand an Zeit und Kosten des Verpflichteten für die Erstellung der Auskunft maßgeblich. Der Aufwand des VV, die genannten Informationen für 576 Versicherungsverträge zu erteilen, wurde auf EUR 3.000 geschätzt.1162

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1149 BGHZ 128, 85 = NJW 1994, 664; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 90. 1150 BGH NJW-RR 1991, 324; Westphal II Rn 688. 1151 Westphal II Rn 688. 1152 BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – VII ZR 97/11, BeckRS 2012, 00394 (Buchauszug); v. 25.1.2006 – VIII ZB 33/05 Rn 5; v. 24.11.1994 – GSZ 1/94, BGHZ 128, 85 (87 ff.) = NJW 1994, 664; NJW-RR 1991, 324; OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828; OLG Hamburg, Beschl. v. 19.10.2005 – 2 Wx 76/05, OLGR 2006, 113 für eine WEG-Sache; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 90. 1153 BGH DB 1993, 2481; Westphal II Rn 689. 1154 BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – VII ZR 97/11, BeckRS 2012, 00394 Rn 7 (Buchauszug); v. 15.6.2011 – II ZB 20/10, NJW 2011, 2974 (2975); OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828. 1155 Westphal II Rn 689. 1156 BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – VII ZR 97/11, BeckRS 2012, 00394 Rn 9 (Buchauszug). 1157 BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – VII ZR 97/11, BeckRS 2012, 00394 Rn 9 (Buchauszug). 1158 BGH, Beschl. v. 10.8.2005 – XII ZB 63/05, MDR 2006, 267; BGH MDR 1999, 1082; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 90. 1159 BGH, Beschl. v. 8.12.2011 – VII ZR 97/11, BeckRS 2012, 00394 Rn 8 (Buchauszug); Urt. v. 4.7.1997 – V ZR 208/96, NJW 1997, 3246. 1160 BGH DB 2000, 900; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 90. 1161 BB 1960, 795. 1162 BGH, Beschl. v. 26.7.2004 – VIII ZR 289/03, NJW-RR 2005, 74.

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b) Buchauszug. Das OLG Düsseldorf 1163 ging von einem Aufwand zur Erstellung ei- 214 nes Buchauszuges von EUR 1.651 aus. Den Streitwert des Berufungsverfahrens zur Frage, ob im Buchauszug auch über das Datum der Versendung von Stornogefahrmitteilungen zu berichten ist, setzte das OLG Köln1164 mit 5.000 EUR an. In jüngeren Entscheidungen hat das OLG Celle1165 die Beschwer von Auskunftsbegehren und Buchauszugsklagen regelmäßig mit EUR 600 und damit unterhalb der Berufungsgrenze angenommen, obwohl im Anschluss Ersatzvornahmekosten in fünfstelliger Höhe entstanden. Die Berufungen waren damit unzulässig. Das ist nicht unproblematisch, weil es den Rechtsschutz der Betroffenen verkürzt. c) Versicherung an Eides statt. Ist der Beklagte verurteilt worden, die Richtigkeit 215 einer erteilten Auskunft an Eides statt zu versichern, so bemisst sich der Wert des Beschwerdegegenstands danach, welchen Aufwand an Zeit und Kosten die Abgabe der Versicherung erfordert.1166 Notfalls ist der Zeitaufwand in Anlehnung an die Stundensätze der Zeugen im Zivilprozess zu bestimmen.1167 9. Insolvenz und Erkenntnisverfahren. Im Falle der Insolvenz des Unterneh- 216 mers soll das Verfahren um Informationsansprüche gem. § 240 ZPO unterbrochen werden,1168 weil die Klage der Vorbereitung eines Zahlungsanspruches dient. Das erscheint zweifelhaft. Denn die Informationsrechte können nicht zur Tabelle angemeldet werden, ebenso wenig wie die durch sie gesicherten Zahlungsansprüche, welche erst durch die Information bekannt würden. Um die Ansprüche im Insolvenzverfahren durchzusetzen, müssen sie dem HV also erst durch die Mitteilung des informationspflichtigen Insolvenzverwalters bekannt werden. Anderenfalls wäre der HV rechtlos und könnte seine Ansprüche in keiner Weise prüfen. Deshalb hilft es ihm auch wenig, wenn er einen Anspruch zur Anmeldung in Höhe der Kosten einer Ersatzvornahme erhält. Denn mit einer prozentualen Quote der tatsächlichen Kosten kann er niemanden mit der Ersatzvornahme beauftragen. Die tatsächlichen, zu kontrollierenden und nicht ausgezahlten Provisionsansprüche können ein Vielfaches dieses Anspruches in Höhe der quotalen Kosten einer Ersatzvornahme wert sein. Der HV ist aber nicht in der Lage, sie zu verwirklichen, weil er sein Kontrollrecht nicht durchsetzen kann. Da auch das Einsichtsrecht wegen § 240 ZPO nicht durchgesetzt werden kann, hilft es dem HV ebenso wenig, einmal davon abgesehen, dass die anderen Informationsrechte durch dieses Einsichtsrecht ohnehin nicht ersetzt werden dürfen, der HV sich also nicht auf das Einsichtsrecht verweisen lassen muss. Ob ein gegen den Unternehmer gerichtetes Verfahren nach dessen Insolvenz unmit- 217 telbar oder entsprechend § 86 InsO durch den klagenden HV aufgenommen werden kann,1169 erscheint zweifelhaft.

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1163 OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.12.2011 – I-16 U 133/10, BeckRS 2012, 00828. 1164 OLG Köln, Beschl. v. 17.7.2012 – 19 U 169/11, BeckRS 2012, 16115. 1165 Etwa OLG Celle, Beschl. v. 9.10.2008 – 11 U 122/08. 1166 BGH, Beschl. v. 28.11.2012 – XII ZB 620/11, NJW-RR 2013, 257 – kein Vertriebsrechtsfall; v. 30.3.2000 – III ZB 2/00, NJW 2000, 2113; WM 1996, 66; NJW-RR 1994, 898. 1167 BGH, Beschl. v. 28.11.2012 – XII ZB 620/11, NJW-RR 2013, 257 – kein Vertriebsrechtsfall. 1168 MünchKommInsO/Schumacher Vor §§ 85–87 Rn 27; aA OLG Neustadt NJW 1965, 257; Kuhn/ Uhlenbruck KO, 11. Aufl., § 3 Rn 21. 1169 So MünchKommInsO/Schumacher Vor §§ 85–87 Rn 27.

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II. Vollstreckungsverfahren 1. Abrechnung und Buchauszug. Vollstreckt werden Abrechnungs-1170 und Buchauszugstitel1171 i.d.R. als vertretbare Handlung gem. § 887 ZPO,1172 d.h. analog Abs. 41173 mittels Ersatzvornahme auf Kosten des vorschusspflichtigen1174 Unternehmers. Das gilt jedenfalls, sofern der Buchauszug aufgrund der vorhandenen Unterlagen nicht nur von der Schuldnerin sondern auch von einem Dritten erstellt werden kann.1175 Der Unternehmer hat dem Beauftragten Zutritt zu den Geschäftsräumen und Eisicht in alle Geschäftsbücher und Unterlagen zu gewähren, in welchen sich die Angaben befinden können, die in Abrechnung oder Buchauszug gehören.1176 Die Vollstreckung nach § 887 ZPO ist angebracht, weil die Informationsrechte auf die Feststellung und Ermittlung von Tatsachen gerichtet sind, welche sich aus den Geschäftsunterlagen des Unternehmers ergeben und zur Erteilung von Buchauszug wie Abrechnung nicht nur derjenige in der Lage ist, der die Bücher geführt hat, sondern regelmäßig auch jeder WP, der die Bücher und die dazu gehörenden Urkunden einsieht.1177 Die Rechtskraft des Ermächtigungsbeschlusses i.S.d. § 887 ZPO hindert den Unternehmer nicht daran, seine Verpflichtungen in anderer Weise freiwillig zu erfüllen.1178 Von der Anwendbarkeit des § 888 ZPO (Zwangsgeld) wird nur noch vereinzelt 219 ausgegangen.1179 Begründet wird die eine Vollstreckung nach § 888 ZPO befürwortende Ansicht wie folgt: Es komme nicht darauf an, ob nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichen Grundsätzen den Buchauszug anhand der Bücher des Unternehmers auch jeder Dritte fertigen könne. Im Bereich des § 87c lägen die Dinge besonders. Wenn Abs. 4 nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen – noch dazu als Maßnahme auf Kosten des HV – gestatte, dass entweder dem HV oder in seinem Auftrage einer Persönlichkeit mit besonderer öffentlich-rechtlicher Qualifikation die Bücher des Unternehmers zugänglich zu machen seien, wolle es das Gesetz nicht zulassen, dass im Gewand der prozessualen

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1170 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 81; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 37; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e. 1171 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380; v. 13.8.2009 – I ZB 43/08, MDR 2009, 51 = WRP 2009, 1559 (1561); v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422; OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; v. 3.3.2004 – 19 W 10/04, VersR 2004, 1457; v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 110; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 4. Aufl., § 87c Rn 34; Musielak/Lackmann ZPO, § 887 Rn 10; Zöller/Stöber § 887 Rn 3; Baumbach/Hartmann § 887 Rn 23. 1172 OLG Hamburg MDR 1955, 43; LAG Baden-Württemberg DB 1959, 1170; OLG Celle NJW 1962, 1968; OLG Düsseldorf BB 1964, 191; MDR 2000, 167; OLG Hamm BB 1965, 1047; MDR 1967, 770; LAG Saarbrücken DB 1965, 187; OLG Köln MDR 1995, 1064; OLG Nürnberg BB 1999, 150 = EWiR 1998, 951 (v. Manteuffel/ Evers); LG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 48 (Abrechnung), 68 (Buchauszug); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 89; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 51. 1173 OLG Hamm HVR Nr. 360; OLG Koblenz NJW-RR 1994, 358; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 68; Oetker/Busche § 87c Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 52. 1174 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e. 1175 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380; v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082). 1176 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 89. 1177 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); Ebenroth/Löwisch § 87c Rn 89. 1178 BGH MDR 1995, 1060; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 89. 1179 Staub/Brüggemann 4. Aufl., § 87c Rn 20; OLG München MDR 1960, 404; OLG Neustadt a.d.W. NJW 1965, 257; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13 (für die Vollstreckung des Auskunftsurteils); vgl. OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1414; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 49 – Abrechnung, wenn Ersatzvornahme ausscheidet.

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Ersatzvornahme ein beliebiger, vom Prozessgericht zu bestellender Dritter den gleichen Zugang haben solle. Man könne auch nicht sagen, dass der Unternehmer sich das in diesem Fall selbst zuzuschreiben habe, weil er es zur Vollstreckung habe kommen lassen: eine hierin liegende Weigerung sei der Sache keine andere als diejenige, die in Abs. 4 genannt ist; andererseits solle der Weg des Abs. 4 das schärfere Druckmittel gegenüber dem Verlangen des Buchauszuges nach Abs. 2 darstellen. Richtig ist: Bei der Vollstreckung durch Ersatzvornahme darf der HV einen Buchprüfer seines Vertrauens beauftragen, muss dabei aber angemessene Rücksicht auf die Interessen des kostenpflichtigen Unternehmers nehmen.1180 Insbesondere darf die Ersatzvornahme auch durch andere als die in § 87c Abs. 4 genannte Personen erfolgen1181 und muss nicht dem „Grundgedanken“ des § 87c Abs. 4 Rechnung tragen.1182 Anders wäre das Recht des HV bei vollstreckungsunempfindlichen Unternehmern kaum durchzusetzen. Das Vollstreckungsrecht kennt auch keine § 87c Abs. 4 entsprechende Einschränkung; der HV mag die Ersatzvornahme durch eine ihm nicht genehme Person mittels rechtzeitiger Erfüllung hindern. Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs darf unabhängig davon vollstreckt werden, ob der Gläubiger bereits auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 hätte klagen können.1183 Nur wenn eine Ersatzvornahme ausscheidet, darf gem. § 888 ZPO vollstreckt wer- 220 den, 1184 etwa hinsichtlich der durch Ersatzvornahme nicht feststellbaren Tatsachen1185 oder im Falle fehlender, unvollständiger oder unverständlicher Informationsmedien.1186 Denn dann könne ein Dritter keine Abrechnung oder einen Buchauszug fertigen. Ob der Schuldner Dritten bereits den Zugang zu seinen Büchern verweigert hat, ist für die Beurteilung unerheblich, so lange nicht mit dem gleichen Verhalten gegenüber dem Gläubiger zu rechnen ist. Die Vollstreckung eines Buchauszuges im Ausland auf Grund eines deutschen Titels bildet ebenfalls eine unvertretbare Handlung, welche nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist, auch wenn der Buchauszug durch Dritte erstellt werden könnte.1187 Die Schwierigkeiten der Auslandsvollstreckung mittels Ersatzvornahme rechtfertigen dieses praktikable und keine Partei unnötig belastende Ergebnis.1188 Das ausländische Vollstreckungsrecht gibt keinen Ersatz, solange nicht sicher ist, dass die Ersatzvornahme in allen Staaten in gleicher Weise wie in Deutschland möglich ist.1189 Ist wegen des Erfordernisses einer eigenen Mitwirkungshandlung des Schuldners, etwa weil besondere Kenntnisse der Speichermedien oder des Programms des Unternehmers erforderlich sind,1190 eine Vollstreckung nach § 888 ZPO erforderlich, ist jene gleichfalls das richtige Vollstreckungsmittel.1191

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1180 OLG Düsseldorf OLGR 1999, 449; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl. § 87c Rn 89. 1181 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e; aA OLG Hamm DB 1967, 592; OLG Koblenz MDR 1994, 198; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 112. 1182 So jedoch Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. 1183 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGH v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, NJW 1979, 764, OLG Koblenz NJW-RR 1994, 358 (359); OLG Köln OLGR 2002, 61 (62). 1184 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 49. 1185 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 89. 1186 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 37. 1187 OLG Frankfurt/M. RIW 2001, 379 = EWiR 2001, 243 (Schuske); OLG Köln IPRspr 2002, Nr. 210; aA BGH, Beschl. v. 13.8.2009 – I ZB 43/08, MDR 2009, 51 = WRP 2009, 1559 (1561); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 69. 1188 So bereits OLG Stuttgart ZZP 1984, 487; Münzberg ZZP 1984, 489; aA OLG Hamm InVo 1999, 32. 1189 AA BGH, Beschl. v. 13.8.2009 – I ZB 43/08, MDR 2009, 51 = WRP 2009, 1559 (1561). 1190 OLG Hamm HVR Nr. 767; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 69. 1191 OLG Bamberg, Urt. v. 16.5.2003 – 6 U 62/02, NJW-RR 2004, 475; OLG Frankfurt/M., Urt. v. 31.1.2002 – 1 W 20/01, OLGR 2002, 102 (103); v. 14.12.2000 – 5 W 21/00, OLGR 2001, 72; LG Hamburg, Urt. v. 27.1.2005 – 411 O 127/04 n.v.; aA OLG Hamm, Urt. v. 27.3.1998 – 35 W 2/98, OLGR 1998, 177.

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Über einen Vorschuss für die Kosten der Vollstreckung entscheidet das Gericht durch Beschluss. Vollstreckt ein HV den Beschluss auf Zahlung des Kostenvorschusses für die Ersatzvornahme gem. § 887 Abs. 2 ZPO, darf der Unternehmer gegenüber jenem Anspruch trotz Gleichartigkeit des Leistungsgegenstandes nicht die Aufrechnung erklären.1192 Auch in dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt valutierte – wie häufig – der Gebührenvorschuss für die Erstellung des Buchauszuges in Höhe von EUR 10.000.1193 Vom OLG Bamberg wurden EUR 3.500 als angemessen angesehen.1194 Dem Aufrechnungsverbot ist zuzustimmen: Wegen der zwingenden Natur der Auskunftsrechte nach § 87c Abs. 5 darf der Unternehmer weder seine Vorschusspflicht für die Kosten einer Ersatzvornahme durch Sicherheitsleistung abwenden noch mit einem Gegenanspruch aufrechnen.1195 Ein titulierter Buchauszugsanspruch soll nach erfolgreicher Klage auf Bucheinsicht 222 nicht mehr vollstreckt werden dürfen1196 (zwh. wegen der Konkurrenz beider Ansprüche). Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges kann jedoch unabhängig davon vollstreckt werden, ob der Gläubiger theoretisch auf Bucheinsicht nach § 87c Abs. 4 hätte klagen können.1197 Dieses Wahlrecht schließt die Vollstreckbarkeit nicht aus. 223

2. Auskunftsrecht. Die Zwangsvollstreckung des Auskunftsanspruchs erfolgt nach § 887 ZPO, wenn auch ein Dritter (WP oder vereidigter Buchsachverständiger) nach Bucheinsicht die geforderten Auskünfte erteilen kann.1198 Scheidet eine Ersatzvornahme aus, etwa weil die Auskünfte nur aus der Erinnerung des Unternehmers erteilt werden können, ist nach § 888 ZPO als unvertretbare Handlung zu vollstrecken.1199 Im Zweifel wird man nach § 888 ZPO vorgehen dürfen. Unsicherheiten gehen zu Lasten des Gläubigers.

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3. Bucheinsicht. Die Bucheinsicht ist im Regelfall gem. § 887 ZPO zu vollstrecken, insb. wenn Bücher nicht zu finden oder Unterlagen zusammenzustellen bleiben.1200 Sie wird nach § 883 ZPO vollstreckt, falls die bloße Übergabe der Bücher durch den Gerichtsvollzieher dem HV hilft.1201 Letzteres dürfte der seltenere Fall sein. Typische Vollstreckungsfälle sind die Verweigerung des Zugangs zu den Geschäftsräumen oder der Einsicht.1202 Das OLG Frankfurt/M.1203 befürwortet eine Vollstreckung durch Ersatzvornahme gem. § 887 ZPO, sofern der Unternehmer den Zugang zu den Unterlagen insgesamt versperrt und etwa Schlösser zu erbrechen sind oder falls vorhandene Unterlagen, deren

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1192 OLG Celle, Urt. v. 21.4.2005 – 11 U 263/04, NJW-RR 2005, 1013. 1193 Ebenso OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 1194 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 (1426). 1195 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87c Rn 89. 1196 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.8.2007 – 16 W 44/07, BeckRS 2007, 16108. 1197 BGH v. 1.12.1978 – I ZR 7/77, WM 1979, 304 = NJW 1979, 764; v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, WM 2007, 1418 (1420); OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.8.2007 – 16 W 44/07, BeckRS 2007, 16108. 1198 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 139; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 81; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. 1199 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 81; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 64; Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 13. 1200 OLG Frankfurt/M. NJW-RR 2002, 823 (824); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 103; Oetker/Busche § 87c Rn 34; Hopt § 87c Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 82. 1201 Seetzen WM 1995, 218; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 103; § 887 ZPO, ggf. i.V.m. § 883 ZPO analog: MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87c Rn 82. 1202 OLG Koblenz MDR 1994, 198. 1203 BB 2002, 427 = DB 2002, 474 = MDR 2002, 478; zust. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87c Rn 103.

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Standort bekannt ist, zusammengesucht werden müssen. Gerade die Suche dürfte jedoch eher einen Fall des § 887 ZPO bilden. Denn wie soll der Gerichtsvollzieher eine solche durchführen? 4. Eidesstattliche Versicherung. Die Vollstreckung der eidesstattlichen Versiche- 225 rung erfolgt gem. §§ 889, 888 ZPO: Die Erklärung ist vor dem Amtsgericht als Vollstreckungsgericht abzugeben, in dessen Bezirk der Schuldner im Inland seinen Wohnsitz hat. Erscheint der Schuldner nicht oder verweigert er die Abgabe, so erfolgt die Zwangsvollstreckung gem. § 888 ZPO als nicht vertretbare Handlung durch Zwangsgeld. Bei freiwilliger Erfüllung gilt § 261 BGB. Den Inhalt der abzugebenden Versicherung bestimmt der Unternehmer. Da er nichts Unrichtiges versichern soll, darf er seine Erklärung einschränken; er dürfte schon wegen des Rechtsstaatsprinzips nicht zu unwahren Aussagen gezwungen werden.1204 Würde er gezwungen werden, so könnte er sich auf eine strafausschließende Pflichtenkollision berufen. Ggf. wäre hierüber im Vollstreckungsverfahren (Vollstreckungsgegenklage) zu streiten. 5. Erfüllungseinwand im Vollstreckungsverfahren. Der Unternehmer hat zu 226 beweisen, ob ein titulierter Buchauszugsanspruch erfüllt wurde.1205 Folglich ist im Verfahren zur Vollstreckung einer Verurteilung, den Buchauszug zu erteilen, der vom Informationsschuldner zu beweisende Einwand zu prüfen, er habe den titulierten Anspruch bereits erfüllt.1206 Für die Entscheidung, ob erfüllt wurde, ist der Vollstreckungstitel maßgeblich, nicht die materiell-rechtliche Rechtslage.1207 Dies gilt auch bei einem Anerkenntnisurteil.1208 Strenger war noch das OLG München: Dem Erfüllungseinwand des Unternehmers sei im Vollstreckungsverfahren nur dann nachzugehen, wenn die Erfüllung liquide beweisbar sei.1209 Soweit sie sich nur durch ein Beweisverfahren, etwa Zeugenaussagen oder Einholung eines Sachverständigengutachtens feststellen lasse, solle gem. der Wertung des § 775 ZPO die Vollstreckung fortzusetzen und der Schuldner auf eine Vollsteckungsabwehrklage nach § 767 ZPO verwiesen werden.1210 Es spricht viel für die Richtigkeit der Ansicht des OLG München. Der titulierte Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs ist jedenfalls erfüllt, wenn der Buchauszug formal den Anforderungen des Urteils im Grundsatz entspricht, insb. wenn er sämtliche in den Büchern verzeichnete Geschäfte, die unter den Urteilsausspruch fallen, mit den in den Büchern ent-

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1204 BGH, Urt. v. 8.6.1988 – IVa ZR 57/87, NJW 1988, 2729 (2730); OLG Bamberg NJW 1969, 1304 (1305); OLG Köln FamRZ 1990,1128; Staudinger/Bittner BGB 2009 § 261 Rn 5. 1205 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1083); BGHZ 161, 67 (72); LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; Kannowski/Distler NJW 2005, 865 (868); aA Schuschke InVo 2005, 396 (397). 1206 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 11; v. 17.9.2009 – I ZB 67/09, JurBüro 2009, 662 Rn 7; v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); v. 22.9.2005 – I ZB 4/05 GuT 2005, 256 (257); v. 7.4.2005 – I ZB 2/05, NJW-RR 2006, 202 (203); v. 5.11.2004 – IXa ZB 32/04, BGHZ 161, 67 (68); OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; LG Köln, Beschl. v. 23.12.2008 – 86 O 53/06, BeckRS 2009, 06517; aA Musielak/Lackmann § 887 Rn 19; Kannowski/Distler NJW 2005, 865. 1207 BGH, Beschl. v. 20.1.2011 – I ZB 67/09; NJW-RR 2011, 470 = WM 2011, 1380 Rn 13; v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); Urt. v. 17.9.2009 – I ZB 67/09 Rn 8; OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 1208 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 1209 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035); strenger (Einwand unbeachtlich) Riemer in: Küstner/ Thume I, Kap. VI Rn 115. 1210 OLG München NJW-RR 2002, 1034 (1035).

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altenen Angaben erfasst.1211 In diesem Fall kommt keine Neuerteilung, sondern nur die Ergänzung in Betracht. Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Buchauszuges ändern daran nichts.1212 Hat der Schuldner einen Buchauszug erteilt, welcher nicht in allen Punkten mit dem gerichtlich erwirkten Titel übereinstimmt, aber den üblicherweise gestellten Anforderungen an den Inhalt eines Buchauszugs genügt, so hat der Gläubiger, der im Wege der Zwangsvollstreckung ergänzende Auskünfte verlangt, sich mit dem Einwand der Erfüllung auseinander zu setzen und darzulegen, warum weitere Angaben erforderlich sind, um den Provisionsanspruch berechnen zu können.1213 Ein Ergänzungsanspruch kann auch im Zwangsvollstreckungsverfahren durchgesetzt werden.1214 Der HV braucht sich nicht auf den Weg der Bucheinsicht nach § 87 Abs. 4 verweisen zu lassen,1215 da er dann – wenig prozessökonomisch – erneut einen Titel suchen müsste.1216 Trotz formaler Vollständigkeit darf der Gläubiger Ergänzung verlangen, wenn Angaben über bestimmte Teilbezirke oder Zeiträume fehlen1217 (Rn 155). Umgekehrt darf trotz formaler Unvollständigkeit keine Ergänzung gefordert werden, sofern dies § 242 BGB widerspricht.1218 Jener § 242 BGB-Einwand kommt aber als Ausnahmetatbestand nur in Betracht, falls es sich um Angaben handelt, deren Fehlen weder die Übersichtlichkeit und Verständlichkeit des Auszugs insgesamt berührt noch den Gläubiger in der Überprüfung und Geltendmachung seiner Provisionsansprüche beeinträchtigt.1219 Dabei trägt der Vollstreckungsschuldner für einen Verstoß gegen das prozessuale Missbrauchsverbot die Darlegungs- und Beweislast,1220 der Einwand mangelnder Provisionsrelevanz soll nicht genügen.1221 E. Die Informationsansprüche in der Insolvenz 227

Wie ausgeführt hat der Unternehmer dem HV gem. § 87c Abs. 1 mindestens alle drei Monate eine Abrechnung über sämtliche dem HV zustehenden Provisionsansprüche zu erteilen.1222 Mit der Beendigung des HV-Vertrages ist der Unternehmer zur sofortigen Abrechnung verpflichtet. Dies gilt auch im Falle der ipso iure Beendigung des HV-Vertrages wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers.1223 Der insolvente Unternehmer ist demzufolge ab dem Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung zur sofortigen Abrechnung der Provisionsansprüche verpflichtet. Der HV ist mit den noch ausstehenden Provisionsansprüchen wegen bereits abgewickelter Geschäfte einfacher Insolvenzgläubiger gem. § 38 InsO. Er muss diese Insolvenzforderungen gem. § 174 InsO unter Angabe von Grund und Höhe zur Insolvenztabelle anmelden. Dabei befindet

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1211 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); Urt. v. 17.9.2009 – I ZB 67/09 Rn 9. 1212 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); OLG Stuttgart Die Justiz 1994, 241 (242); OLG Hamm OLGR 2001, 55 (56); OLG Hamburg HVR Nr. 956. 1213 OLG Köln, Beschl. v. 9.2.2004 – 19 W 2/04, VersR 2004, 1413. 1214 OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422. 1215 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; OLG Bamberg, Beschl. v. 27.5.2008 – 4 W 68/07, NJW-RR 2008, 1422 Rn 13 f.; aA OLG München, Urt. v. 21.8.1987 – 23 U 3376/87, NJW-RR 1988, 290. 1216 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 1217 BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – I ZB 82/06, VersR 2007, 1081 (1082); Urt. v. 20.2.1964 – VII ZR 147/62, LM HGB § 87c Nr. 4a = VersR 1964, 429; OLG Hamm OLGR 2001, 55 (56). 1218 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992; v. 9.2.2004 – 19 W 2/04. 1219 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 1220 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 1221 OLG Köln, Beschl. v. 22.12.2009 – 19 W 24/09, BeckRS 2010, 12992. 1222 Hierzu Emde MDR 2003, 1151 ff. 1223 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 72.

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er sich in einer ungünstigen Situation. Die genaue Höhe der Provisionsansprüche hängt von einer Auskunft oder Berechnung des Unternehmers ab. Eine Anmeldung zur Insolvenztabelle ohne Nennung eines Betrages, nur unter Angabe des Anspruchsgrundes, sieht die InsO nicht vor.1224 Der HV ist deshalb darauf angewiesen, eine aussagekräftige Abrechnung von seinem Schuldner zu erhalten, um die Höhe der Provisionsansprüche genau benennen zu können. Aus der Sicht des HV erscheint es hilfreich, dass der Abrechnungsanspruch unmittelbar mit der Vertragsbeendigung entsteht, und nicht etwa das Ende des üblicherweise einzuhaltenden Dreimonatszeitraums abzuwarten ist. Der HV wird dadurch in die Lage versetzt, seine Forderungen innerhalb der vom Insolvenzgericht gem. § 28 Abs. 1 S. 1 InsO bestimmten Anmeldefrist, die schließlich kürzer als drei Monate sein kann,1225 zur Insolvenztabelle anzumelden. In der Insolvenz des Unternehmers fragt es sich, ob die Ansprüche des § 87c vom 228 Insolvenzverwalter oder vom Insolvenzschuldner zu erfüllen sind. Das OLG Neustadt hat in einer älteren, vielfach zitierten Entscheidung geurteilt, dass die Ansprüche aus § 87c keine Konkursforderungen gem. § 3 KO seien und daher nur vom Gemeinschuldner selbst erfüllt werden könnten.1226 Dieser Meinung wird insb. in der insolvenzrechtlichen Literatur teilweise gefolgt.1227 Sie stützt sich unter anderem darauf, dass der Abrechnungsanspruch gem. § 87c Abs. 1 ein besonderer Fall des allgemeinen Rechnungslegungsanspruchs sei, der wiederum auf die Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet sei, so dass kein Grund bestehe, den Abrechnungsanspruch nach § 87c Abs. 1 vollstreckungsrechtlich anders zu beurteilen.1228 Richtigerweise ist aber im Regelfall der Insolvenzverwalter in Anspruch zu nehmen,1229 soweit er erfüllen kann.1230 Davon ist auszugehen, wenn eine Ersatzvornahme möglich wäre.1231 Gegen die Ansicht des OLG Neustadt1232 spricht, dass die von § 87c umfassten Ansprüche grundsätzlich auf die Vornahme von vertretbaren Handlungen i.S.d. § 887 ZPO gerichtet sind,1233 das Gesetz zumindest aber die Fertigung des Buchauszuges als vertretbare Handlung ansieht, weil er nach § 87c Abs. 4 bei Verweigerung oder begründeten Zweifeln an Richtigkeit und Vollständigkeit auch durch einen Dritten – WP oder vereidigten Buchsachverständigen – erstellt werden kann (Rn 218).1234 Des Weiteren sind die Auskunfts- und Rechnungslegungsansprüche des § 87c lediglich Hilfsansprüche des HV zur Ermittlung seiner Provisionsansprüche, welche im Insolvenzverfahren auch nicht gegen den Unter-

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1224 Allerdings dürfte eine Schätzung des Betrages nach § 45 S. 1 InsO möglich sein. § 45 S. 1 InsO lautet: „Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind oder deren Geldbetrag unbestimmt ist, sind mit dem Wert geltend zu machen, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann.“ 1225 Vgl. § 28 Abs. 1 S. 2 InsO: „Die Frist ist auf einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen und höchstens drei Monaten festzusetzen.“ 1226 Urt. v. 6.10.1964 – 1 U 67/64, NJW 1965, 257. 1227 Uhlenbruck/Uhlenbruck § 38 Rn 24. 1228 OLG Neustadt NJW 1965, 257; So auch OLG München MDR 1960, 404. 1229 OLG Naumburg, Urt. v. 22.11.1995 – 8 U 16/95, NJW-RR, 1996, 993 = EWiR 1996, 313 (Wittkowski); Emde MDR 2003, 1151 (1152); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 73; Martinek/Schwab Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 79 Rn 49 f.; Hopt § 87c Rn 7; für die Auskunftsrechte nach §§ 51a, b GmbHG auch OLG Hamm, Urt. v. 25.10.2001 – 15 W 118/01, NJW-RR 2002, 1396; aA zur KO OLG Neustadt NJW 1965, 257. 1230 OLG Naumburg EWiR 1996, 313 (Wittkowski); Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 73; Hopt § 87c Rn 7; für die Auskunftsrechte nach §§ 51a, b GmbHG auch OLG Hamm NJW-RR 2002, 1396; aA zur KO OLG Neustadt NJW 1965, 257. 1231 Schlegelberger/Schröder § 87c Rn 5e. 1232 NJW 1965, 257; zust. Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11.Aufl., § 3 Rn 21. 1233 Vgl. etwa OLG Hamm NJW-RR 1994, 489; OLG Koblenz NJW-RR 1994, 358; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 73; HK/Ruß § 87c Rn 3; FK-InsO/Schumacher § 38 Rn 10; Dies hatte auch das OLG Neustadt so gesehen, einen Anspruch gegen den Konkursverwalter aber dennoch verneint. 1234 Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VI Rn 73.

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nehmer, sondern gegen den Insolvenzverwalter geltend zu machen sind.1235 Falls dem Verwalter die Erfüllung unmöglich ist und sich die entsprechenden Informationen bei dem Insolvenzschuldner befinden, ist jener auskunftspflichtig und kann trotz der Insolvenz durch den Vertreter persönlich in Anspruch genommen werden. Gegen die Annahme einer persönlichen Schuld des Insolvenzschuldners spricht 229 auch, dass mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein alleiniges Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters gem. § 80 Abs. 1 InsO begründet wird. Dieses Recht erstreckt sich auch auf die Geschäftsbücher, weil sie gem. § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO zur Insolvenzmasse gehören. Der Insolvenzschuldner hat daher grundsätzlich kein Recht mehr, auf die erforderlichen Unterlagen zuzugreifen. Das Zugriffsrecht steht dem Insolvenzverwalter zu, so dass mit der Begründung des alleinigen Verwaltungs- und Verfügungsrechts auch die Verpflichtung des Insolvenzverwalters einhergeht, an Stelle des Unternehmers dem HV Buchauszug und Abrechnung zu erteilen.1236 Es kann eine Vollstreckung nach § 888 ZPO notwendig sein, falls der Anspruch aus230 nahmsweise auf die Vornahme einer unvertretbaren Handlung gerichtet ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Bücher überhaupt nicht (mehr) vorhanden sind, wenn sie so geführt sind, dass sie von einem Dritten nicht ausgewertet werden können, oder wenn eine notwendig rechnergestützte Übersicht nicht durch einen Außenstehenden erstellt werden kann1237 (Rn 219 f.). Ein solcher Anspruch ist gegenüber dem Insolvenzschuldner geltend zu machen. Die für die Vollstreckung einer vertretbaren Handlung nach § 887 ZPO angefallenen Kosten sind Masseverbindlichkeiten, die der Insolvenzverwalter vorab vollumfänglich zu berichtigen hat.1238

§ 87d Aufwendungsersatz 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 87d Der Handelsvertreter kann den Ersatz seiner im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen nur verlangen, wenn dies handelsüblich ist. Schrifttum Schröder Unkostentragung nach Handelsvertreterrecht, DB 1956, 417 (441); Steindorff Wertersatz für Schäden als Aufwendungsersatz im Arbeits- und Handelsrecht, FS H. Dölle, 1963, Band 1, S. 273.

A. B. C. D. I. II. III. IV.

Übersicht Übersicht und Abgrenzung ____ 1 Pfändungsschutz ____ 3 Europarechtliche Präformation ____ 4 Die Regelung im Einzelnen Der Handelsvertreter ____ 5 Kann ____ 6 Aufwendungen ____ 7 Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen

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1.

V. E. F. G.

Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden ____ 8 2. Nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden ____ 9 Handelsüblich ____ 11 Aufwendungsersatz kraft Vereinbarung ____ 12 Geschäftsführung ohne Auftrag ____ 13 Fälligkeit des Ersatzanspruchs ____ 14

1235 OLG Naumburg, Urt. v. 22.11.1995 – 8 U 16/95, NJW-RR 1996, 993 (994). 1236 OLG Naumburg, Urt. v. 22.11.1995 – 8 U 16/95, NJW-RR 1996, 993; Martinek/Schwab Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 79 Rn 49 f.; Kilger/Schmidt Insolvenzgesetze, 17. Aufl. 1997, Anm. 2e zu § 3 KO. 1237 OLG Köln, Beschl. v. 3.5.1995 – 3 W 10/95, NJW-RR 1996, 100; Hopt § 87c Rn 12; Wittkowski EWiR § 87c 2/96, 313. 1238 Martinek/Schwab Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 79 Rn 49 f.

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Besonderheiten des Fixums ____ 15 Dispositivität ____ 16 Beweislast ____ 17

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Aufwendungsersatzanspruch in der Insolvenz ____ 18 Kartellrecht ____ 19

1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 87d A. Übersicht und Abgrenzung Gemäß § 670 i.V.m. § 675 BGB hat der in entgeltlicher Geschäftsbesorgung für einen 1 anderen Tätige Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen, welche er zum Zwecke der Geschäftsbesorgung macht und die er den Umständen nach für erforderlich halten darf. Diese Rechtslage und eine Ersatzpflicht des Unternehmers sind für den HV durch § 87d im Kern außer Kraft gesetzt,1 mit Ausnahme von fünf vom HV zu beweisenden Ausnahmefällen:2 a) der Ersatz entspricht der Handelsüblichkeit, b) es handelt sich um vom Unternehmer veranlasste (beauftragte, § 670 BGB) oder ihm zuzurechnende, im nicht regelmäßigen Geschäftsbetrieb des HV entstandene Aufwendungen, c) der Ersatz wurde ausdrücklich oder konkludent vereinbart3 (etwa im HV-Vertrag, d) es liegen die TB-Voaussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag gem. §§ 677, 683 BGB oder e) einer Vergütungspflicht nach § 3544 vor. Man kann sich angesichts des Wortlauts des § 87d streiten, ob die Norm eine Anspruchsgrundlage oder einen Ausschlusstatbestand (Begrenzung des § 670 BGB)5 begründet. Richtig ist die Einordnung als Anspruchsgrundlage. Anderenfalls fehlte eine spezielle Anspruchsgrundlage des HV-Rechts. Der HV ist selbständiger Kaufmann. Seine Geschäftskosten, insbesondere die inne- 2 ren Kosten des eigenen Betriebs,6 muss er grundsätzlich aus seiner vertraglichen Vergütung – gesetzestypisch Provision und ggf. Ausgleichsvergütung nach § 89b – bestreiten. Darauf beschränkt sich im Regelfall die Zahlungspflicht des Unternehmers.7 Nur wenn der Anwendungsbereich der kostenlosen Bereitstellungspflicht produktspezifischer Hilfsmittel des § 86a Abs. 1 erreicht (§ 86a Rn 102 ff.), etwas Gegenteiliges vereinbart – § 87d ist dispositiv8 – oder handelsüblich ist, besitzt der HV Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen. Die zu § 670 BGB entwickelten Grundsätze der Schadensverlagerung auf den Arbeitgeber sowie zur gefahrgeneigten Arbeit lassen sich wegen der Selbständigkeit des HV nicht auf das Verhältnis zwischen ihm und dem Unternehmer übertragen.9 Solches besagt indessen nicht, dass der HV mangels Vereinbarung oder Handelsüblichkeit in keinem Falle vom Unternehmer Ersatz seiner Aufwendungen verlangen könne. § 87d beschränkt den Ausschluß des Ersatzes auf diejenigen Aufwendungen, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehen. Der HV darf für seinen Unternehmer Tätigkeiten auch jenseits des regelmäßigen Geschäftsbetriebes übernehmen. Geschieht das, so ist mangels gesonderter vertraglicher Vereinbarung – die oft, ggf. konkludent vereinbart,

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1 Roth BB 2010, 2000 (2001); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 1; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 87d Rn 7. 2 Schröder DB 1956, 417; Steindorff S. 283, 285. 3 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 17. 4 I.E. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 2; HK/Ruß § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 6, 7; SchlegelbergerSchröder § 87d Rn 4a, 5. 5 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 7: lex specialis. 6 Genzow in: Ensthaler § 87d Rn 2. 7 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 1; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 1, 4; Hopt § 87d Rn 1. 8 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 2; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 2. 9 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 3; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 8; aA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 8.

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vorliegen dürfte – ein Anspruch auf Aufwendungsersatz nach § 670 BGB begründet (Rn 1, 10). Erfolgt die Übernahme im Interesse des Unternehmers, aber ohne Beauftragung, kann ein gleicher Anspruch aus § 683 BGB nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag begründet sein (Rn 13). Auch kann der HV in solchen Fällen für den Einsatz seiner persönlichen Arbeitskraft eine Vergütung nach § 354 verlangen, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen (Rn 9).10 Ob die Voraussetzungen des § 354 vorliegen, ist vorrangig zu prüfen. Denn § 354 gibt den umfassenderen Anspruch, nämlich auf eine meist höhere Vergütung, die wegen des Amortisationsgedankens die Summe der üblichen Aufwendungen übersteigt. Für eine zusätzliche Pflicht zum Ersatz der Aufwendungen ist dann kein Raum mehr. B. Pfändungsschutz 3

Der Aufwendungsersatz unterliegt dem Pfändungsschutz gem. § 850a Nr. 3 ZPO.11 Erhält der HV eine pauschale Kostenerstattung, ist nur der Anteil unpfändbar, der die tatsächlichen Kosten deckt.12 Reicht der pauschale Aufwendungsersatz zur Deckung der wirklichen Kosten nicht aus, erstreckt sich der Pfändungsschutz nach § 850a Nr. 3 auch auf die vom Aufwendungsersatz nicht gedeckten Kosten.13 C. Europarechtliche Präformation

4

§ 87d fand keine Entsprechung in der RL und ist daher europarechtlich nicht präformiert.14 D. Die Regelung im Einzelnen I. Der Handelsvertreter

5

Es handelt sich um den HV i.S.d. § 84. Wer HV ist siehe dort. Grundsätzlich setzt § 87d einen wirksamen HV-Vertrag voraus. Der unwirksame, jedoch faktisch durchgeführte Vertrag steht dem gleich. Vor-15 und nachvertragliche16 Kosten können, sofern sie mit dem HV-Vertrag in Zusammenhang stehen, nach § 87d behandelt werden, zumindest in analoger Anwendung. Der § 87d zugrundeliegende Grundsatz sowie die zu ihm entwickelte Rechtsprechung lässt sich auf handelsvertreterähnliche Kommissionsagenten,17 Vertragshändler18 und Franchisenehmer19 übertragen.

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10 Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 1. 11 Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 3. 12 Müller ZfV 1975, 19; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 3. 13 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 3; Meyer DB 1952, 693. 14 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 17. 15 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 10. 16 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 10. 17 Port/Schnorberger/Wauschkuhn ZVertriebsR 2012, 17 (23); Canaris § 16 Rn 8; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 29. 18 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 4; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 27; Hopt § 87d Rn 11; Oetker/Busche § 87d Rn 11. 19 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 4; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 28; Oetker/Busche § 87d Rn 11.; Canaris § 18 Rn 25.

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II. Kann Der HV „kann“ Ersatz seiner Aufwendungen erhalten. Dies bedeutet, dass es für den 6 Aufwendungsersatz auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Es handelt sich bei der Entscheidung über den Aufwendungsersatz um eine gebundene Ermessensentscheidung, die an den TB-Voraussetzungen des § 87d auszurichten ist. III. Aufwendungen Der Begriff der Aufwendungen entspricht grundsätzlich dem des § 670 BGB.20 Auf- 7 wendungen sind alle Kosten und kostenauslösenden Maßnahmen bzw. alle Vermögensopfer,21 die unmittelbar oder mittelbar durch die Ausübung des konkret vom HV betriebenen Geschäfts entstehen,22 z.B. die üblichen Werbungskosten sowie Belastungen für die Beseitigung von Schäden, welche der HV sich oder Dritten anläßlich seiner Berufsusübung zufügt. Auch unfreiwillige Vermögensopfer des HV bei Ausführung des Auftrages sollten hierunter verstanden werden.23 Eines Rückgriffes auf § 670 BGB oder auf die Grundsätze der Risikozurechnung bedarf es bei diesem Verständnis nicht.24 IV. Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen 1. Im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden. Die Worte „im regelmäßigen 8 Geschäftsbetrieb entstandenen“ haben – wie die übrigen TB-Merkmale des § 87b – eine Doppelfunktion. Einerseits sind sie Teil der Anspruchsgrundlage: § 87d begründet – sofern die weiteren TB-Merkmale erfüllt sind – die Ersatzpflicht des Unternehmers nur für Aufwendungen, die so entstanden. Andererseits begrenzen sie innerhalb ihres Anwendungsbereichs die Erstattungspflicht: Die „im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen“ Aufwendungen hat der HV in Abkehr von der Regel des § 670 BGB grundsätzlich selbst zu tragen. Zu den in solchem regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen zählen alle Kosten und Lasten, welche bei der Erfüllung der dem HV durch seinen Vertrag auferlegten Haupt- oder Nebenpflichten anfallen,25 die also im weitesten Sinn unmittelbar oder mittelbar seinem Geschäftsbetrieb oder seinen üblichen Vermittlungs- und Abschlussbemühungen dienen. Maßgeblich sind die Verhältnisse des Einzelfalls, ggf. ist der Vertrag gem. §§ 133, 157 BGB auszulegen.26 Je weiter der Aufgabenkreis ist, desto weiter ist auch der nach § 87d von der Ersatzpflicht ausgeschlossene Kreis der Aufwendungen.27 Hierzu gehören insb. Kosten für den Abschluss des HV-Vertrages,28 Durchführung und Aufrechterhaltung des eigenen Geschäftsbetriebes; 29 Fahrtkosten,

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20 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 9. 21 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 3. 22 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 3. 23 Siehe § 110; für weiten Aufwendungsbegriff Steindorff in: FS Dölle, 1963, I 273; aA Hopt § 87d Rn 3. Offen gelassen von Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 9, weil solche nicht „im regelmäßigen Geschäftsbetrieb“ des HV entstehen. 24 So aber Hopt § 87d Rn 3. 25 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 10; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 3; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 4; Hopt § 87d Rn 4; Oetker/Busche § 87d Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 3. 26 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 10; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 9. 27 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 10. 28 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 10. 29 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 13.

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Aufwendungen, die aus der Haltung eines Kfz entstehen, Porti, Telekommunikation,30 Kosten für die EDV, für Warenrepräsentation,31 Geschäftsmiete,32 Personal,33 Reisekosten,34 etwa zu Vertreterbesprechungen,35 Eigenwerbung,36 Kosten der nicht mit dem Unternehmer abgesprochenen Werbemaßnahmen,37 Fracht für Musterkoffer (außer im Falle der Versendung vom Unternehmer – dann liegt ein Fall der kostenlosen Bereitstellungspflicht nach § 86a Abs. 1 vor), Produkt- und Kundenpflege,38 Schulungen und Fortbildungen39 (soweit sie nicht die kostenlos bereit zu stellenden Unterlagen nach § 86a substituieren), für Bewirtung, etwa von Kunden, 40 sowie technische Unterstützung des Kunden u. dgl. sowie – weil ohnehin unzulässig41 und mithin nicht ersatzfähig – die Kosten von Schmiergeldern.42 Hat der HV im Vertrage sich zu weiteren Tätigkeiten als der Vermittlung von Geschäften verpflichtet, die an sich Obliegenheit des Unternehmers wären, z.B. Unterhaltung eines Auslieferungslagers,43 Bereitstellung eines Kundendienstes, so können sich die Aufwendungen hierfür – Lagerraummiete, Versicherungsprämien, Kosten der Auslieferung der Ware an den Kunden – ebenfalls zu den nicht ersatzfähigen Aufwendungen im regelmäßigen Geschäftsbetrieb zuordnen. Sie pflegen bei der Bemessung der Provision einkalkuliert zu sein. Es kommt aber auf den Einzelfall an. Reklame für die zu vertreibenden Objekte ist grundsätzlich Sache des Unternehmers. Sie zählt nicht zu den Kosten des regelmäßigen Geschäftsbetriebes; anders Aufwand an Werbung für die Agentur als solche. Auch unfreiwillige Vermögensopfer und Zufallsschäden können im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden sein, wenn sie aus Risiken resultieren, die typisch für den HV-Vertrag sind.44 9

2. Nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden. Nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandene Aufwendungen sind vom Unternehmer zu erstatten (diejenigen, die § 87d nicht als Anspruchsgrundlage sehen, entnehmen das einem Umkehrschluss aus § 87d),45 soweit sie vom Unternehmer veranlasst wurden oder ihm zuzurechnen sind. Außer dem Umkehrschluss lässt sich solches § 354 (Mindestvergütung in Höhe der Aufwendungen; zudem § 354 s. § 87 Rn 27 f.) sowie § 670 BGB entneh-

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30 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 13. 31 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 12. 32 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 13. 33 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 13. 34 OLG Düsseldorf OLGR 2003, 79; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 13. 35 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. 36 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8. 37 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 182; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 3b; aA LAG Bremen DB 1955, 535; Hopt § 87d Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 182. 38 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8; aA Hopt § 87d Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. 39 OLG Köln r + s 2009, 87; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 13. 40 Hopt § 87d Rn 4; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 4. 41 IntBestG v. 10.9.1998, BGBl. II 2327; OECDÜbK BGBl. II 1998, 2329; siehe Krause/Vogel RIW 1999, 488; Zieschang NJW 1999, 105; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 18. 42 BGHZ 94, 272; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 18; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8; Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 4; Oetker/Busche § 87d Rn 9; krit. Fikentscher/Waibl IPrax 198, 86. 43 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8. 44 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 9. 45 AA Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 5: Nur wenn Anspruch aus § 670 BGB besteht.

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men. Nach aA, die meist zum selben Ergebnis gelangt, ist bei Aufwendungen außerhalb des regelmäßigen Geschäftsbetriebes zwischen solchen zu unterscheiden, bei denen der HV auf Weisung des Unternehmers gehandelt hat bzw. bei Abweichen von der Weisung nach den Umständen annehmen durfte, dass der Unternehmer bei Kenntnis der genauen Sachlage die Abweichung billigen würde, und solchen Aufwendungen, die er aus eigener Initiative, also als Geschäftsführer ohne Auftrag bzw. außerhalb des Auftrags, erbringt.46 In der erstgenannten Fallgruppe sollen die Aufwendungen stets nach den §§ 670, 675 BGB zu ersetzen sein.47 Im letztgenannten Fall hängt der Anspruch auf Aufwendungsersatz davon ab, ob die Maßnahmen des HV dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechen (§ 683 S. 1 BGB).48 Veranlasst sind vom Unternehmer geforderte oder herausgeforderte Aufwendun- 10 gen. Es handelt sich hierbei um den Fall des § 670 BGB, weil der HV durch die Ausführung konkludent49 ein Angebot des Unternehmers auf Auftragsdurchführung annimmt. Dem Unternehmer zuzurechnen sind die Aufwendungen, deren Übernahme durch den HV nach den Verhältnissen des Einzelfalls (Abgrenzung von der Handelsüblichkeit) redlicherweise nicht erwartet werden darf, und die in direkter oder analoger Anwendung der § 670 BGB,50 § 354 zu erstatten sind. Bei der Prüfung, was nicht vom HV zu erwarten war, ist auf die Pflichten abzustellen, die der HV auf Grund seines HVVertrages übernommen hat, nicht etwa die für HV dieser Sparte „übliche“ Pflichten.51 Zu den nicht im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen zählen diejenigen aus der Inanspruchnahme des HV für Dienste, die er nicht schon im Vertrage übernommen hat und die auch nicht zum normalen Aufgabenkreis des HV gehören. So je nach den Umständen des Einzelfalls: Versendung von Offerten, Verzeichnissen, Mustern,52 wenn sie für den Unternehmer erfolgt, oder Erwirkung von Aus- oder Einfuhrbewilligungen;53 Kosten für die Messeteilnahme mit Standdienst,54 für im Interesse des Unternehmers (etwa zur Durchführung des Geschäfts) einzuholende Genehmigungen 55 (nicht aber solche, die der HV für seinen allg. Geschäftsbetrieb benötigt) oder Kundendienst ohne gesonderte vertragliche Vereinbarung56 u.ä. Maßnahmen.57 Nach §§ 55 Abs. 4, 91 Abs. 2 ist der HV zwar ermächtigt, die Erklärung des Kunden, dass die Ware zur Verfügung gestellt werde, kostenfrei58 entgegenzunehmen; er dürfte zur Entgegennahme einer solchen Erklärung sogar verpflichtet sein. Nicht aber ist er verpflichtet, die zur Verfügung gestellte Ware entgegenzunehmen, für den Unternehmer einzulagern und an ihn weiterzuleiten. Die Kosten hierfür darf er, wenn nicht im Vertrage ein anderes bestimmt ist, vom Unternehmer nach §§ 670, 675 BGB ersetzt verlangen. So ist es Handelsbrauch im HV-Recht.59 Unterhält der HV ein Auslieferungslager, übernimmt er aber für

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46 Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. 47 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 5, 8; Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. 48 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 6; Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. 49 Palandt/Sprau § 662 Rn 2. 50 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 5; Palandt/Sprau Einf. § 661 Rn 9. 51 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 10; Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 3, 3a. 52 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14. 53 RGZ 109, 254 (258); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14. 54 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13; Hopt § 87d Rn 4 (Auslegung nach §§ 133, 157 BGB); aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8. 55 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. 56 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9; Hopt § 87d Rn 4. 57 RGZ 109, 254. 58 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 91 Rn 11. 59 Gutachten Nr. 169, zit. bei Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 5a.

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den Unternehmer den Transport der Ware zum Kunden (Warenauslieferung), so gilt das gleiche;60 es sei denn, der HV hat das auf eigene Initiative und im eigenen Fahrzeug bewerkstelligt, um mit dem Kunden in Kontakt zu bleiben.61 Allgemeine Marktanalysen,62 allgemeine Werbung,63 die Versicherung der kostenfrei zur Verfügung zu stellenden Musterstücke,64 die nach § 86a vom Unternehmer zu erbringenden Rechte und Pflichten,65 etwa die Bereitstellung der in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen,66 sowie Bonitätsauskünfte67 (etwa Creditreform) sind Sache des Unternehmers. Ob hierfür, wenn der HV sie übernimmt, Aufwendungsersatz nach §§ 670, 675 BGB verlangt werden kann, hängt von der Prüfung ab, wieweit der HV sie in Wahrnehmung einer Geschäftsbesorgungsfunktion für erforderlich halten durfte (§ 670 BGB). Gehen die Kosten über das gewöhnliche Maß hinaus, wird er auch nach den Rechtsgedanken der §§ 683 S.1, 254 BGB in jedem Falle zuvor die Entschließung des Unternehmers einholen müssen; anderenfalls kann der Unternehmer die Erstattung von vornherein ablehnen. Hat der Unternehmer eine Werbung des HV für den Unternehmer oder dessen Produkte zwar nicht ausdrücklich gewünscht, aber ohne entsprechenden Vorbehalt geduldet, so dass der HV auf dessen Einverständnis mit jener Werbung und der Übernahme der dadurch entstandenen Kosten rechnen durfte, sind ihm diese ausnahmsweise zu erstatten.68 V. Handelsüblich 11

Auch die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstandenen Aufwendungen sind ausnahmsweise (vom HV zu beweisende Ausnahme) zu erstatten, falls dies handelsüblich ist. Insoweit bildet § 87d trotz seiner negativen Fassung, die in erster Linie auf den Ausschluss der Ersatzpflicht zu zielen scheint, auch eine Anspruchsgrundlage. Auf die Handelsüblichkeit ist allerdings nur abzustellen, sofern eine konkludente oder ausdrückliche Verpflichtung der Ersatzpflicht durch den Unternehmer fehlt.69 Bei der Frage der Handelsüblichkeit kommt, abweichend von dem Kriterium des regelmäßigen Geschäftsbetriebs, der Maßstab des für HV70 dieser Sparte oder Branche Üblichen zur Geltung. Dabei kommt es regelmäßig auf die Verhältnisse am Tätigkeitsort des HV an. Sie sind vom Anspruchsteller zu beweisen, z.B. durch das Beweisangebot eines Sachverständigengutachtens des CDH71 oder einer IHK.72 Nach Ansicht derjenigen, die die Üblichkeit anhand der Verhältnisse in der Branche des Unternehmers bestimmen, soll die Erstattung von Aufwendungen dann als handelsüblich zu werten sein, wenn zumindest die

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60 OLG Bremen DB 1960, 1212; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 13. 61 LAG Bremen DB 1960, 1212. 62 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14; Hopt § 87d Rn 4; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 8; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 5. 63 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 14. 64 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9. 65 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 7. 66 Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 7. 67 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9. 68 LAG Bremen v. 9.3.1955, DB 1955, 535; Genzow in: Ensthaler, § 87d Rn 3. 69 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 16. 70 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 15; aA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 17; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 6; Oetker/Busche § 87d Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 4 (es kommt auf die Verhältnisse in der Branche des Unternehmers an). 71 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 6. 72 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 17.

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überwiegende Mehrzahl der Unternehmer der betreffenden Branche, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb des HV entstandenen Aufwendungen gesondert neben der Provision erstattet.73 Die Generalisierung des Maßstabs bedingt in solchen Fällen zugleich eine Beschränkung der Ersatzfähigkeit auf Aufwendungen üblicher Größenordnung. Regelmäßig ist von fehlender Üblichkeit der Übernahme der Geschäftskosten durch den Unternehmer auszugehen. Gibt es eine Übernahmepflicht des Unternehmers, so sind Aufwendungen vorausgesetzt, die außerhalb des normalen Geschäftsbetriebes anfallen; übersteigen sie das übliche Maß, würde der HV wiederum, bevor er solche Aufwendungen eingeht, die Entschließung des Unternehmers einzuholen haben. Vgl. zum Handelsbrauch in einzelnen Fachzweigen: Der Handelsbrauch im Handelsvertreterrecht, 1952 Nr. 168–179. Die Erstattung von Kosten, welche für den Abschluss des HV-Vertrages entstehen, etwa Reisekosten zu Vorstellungsgesprächen,74 ist anders als bei Arbeitnehmern nicht üblich.75 E. Aufwendungsersatz kraft Vereinbarung Vereinbarungen über Aufwendungsersatz überheben der Notwendigkeit einer Prü- 12 fung, ob die Aufwendungen im regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstanden sind oder ihre Ersatzfähigkeit als handelsüblich anerkannt ist.76 Die Vereinbarung kann allgemein im Voraus, ausdrücklich oder konkludent,77 pauschaliert oder nicht pauschaliert,78 getroffen sein (Spesenzuschuß, Fixum), oder für den Einzelfall. LAG Bremen79 hat die über längere Zeit sich hinziehende Duldung durch den Unternehmer, der von laufenden Werbemaßnahmen des HV wusste, als stillschweigende Beauftragung angesehen und den Unternehmer wegen der Werbungskosten für ersatzpflichtig gehalten. Dass der Unternehmer dem HV für einzelne Tätigkeiten Aufwendungsersatz verspricht, bedeutet nicht, dass auch in anderen Fällen ein Aufwendungsersatz vereinbart ist. Vielmehr greift im Regelfall, soweit die Klausel schweigt, § 87d ein.80 F. Geschäftsführung ohne Auftrag Der Unternehmer schuldet auch dann Ersatz der Aufwendungen des HV, falls – vom 13 HV zu beweisen – die Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag vorliegen (§§ 677, 683 BGB).81 Bei der Ermittlung des Interesses sowie des wirklichen oder mutmaßlichen Willens des Unternehmers nach §§ 677, 683 BGB ist vom Regelfall auszugehen, nach dem der Unternehmer im Zweifel über die Provisionszahlung und etwaige weitere Vergütungsversprechen hinaus ohne ausdrückliche Absprache keine weitere Zahlungen für Leistungen des HV erbringen will.82 § 87d spiegelt diesen Regelfall wieder.

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73 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 17; Oetker/Busche § 87d Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 16. 74 AA LG Hagen v. 25.2.1981 – 17 S 19/81, HVR Nr. 543; Hopt § 87d Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 10: Erstattungsfähigkeit nach § 670 BGB. 75 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 10. 76 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 19. 77 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 19. 78 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 19. 79 DB 1955, 535. 80 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 24. 81 I.E. Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 87d Rn 2; HK/Ruß § 87d Rn 2; Hopt § 87d Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 6, 7; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 9; Schlegelberger/Schröder § 87d Rn 4a, 5. 82 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 5; Schröder DB 1956, 417.

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G. Fälligkeit des Ersatzanspruchs 14

Der Ersatzanspruch ist fällig, sobald die ersatzfähige Aufwendung getätigt wurde.83 Falls voraussichtlich ein Aufwendungsersatzanspruch gegeben ist, besitzt der HV einen Vorschußanspruch analog § 669 BGB, über den der HV später abzurechnen hat.84 Der Unternehmer darf gegen diesen Anspruch – wie grundsätzlich gegen jede Forderung des HV – aufrechnen85 und Zurückbehaltungsrechte geltend machen (§ 88a). Je nach der nicht gezahlten Summe (Verhältnismäßigkeit!) darf der HV auch seine Hauptleistung zurückhalten.86 H. Besonderheiten des Fixums

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Werden feste Kostensätze (Aufwendungspauschale, Spesenpauschale, Fixum) neben der Provision gewährt, ist ihre Zahlung nicht an die Voraussetzung gebunden, dass der HV Aufträge hereinbringt; derartige fixe Kostenbeiträge sind keine Erfolgsprämie. Jedoch entfällt der Anspruch auf die Beiträge, sofern der HV vertragswidrig ohne Grund, aber auch infolge Krankheit oder Freistellung von der Verpflichtung zum Tätigwerden, keine Tätigkeit für den Unternehmer entfaltet hat, ausgenommen den zur Deckung der fortlaufenden Kosten erforderlichen Anteil.87 Im Zweifel ist es Geschäftsgrundlage einer solchen Abrede, dass der HV seine Vertragspflichten in angemessener Weise erfüllt.88 Hat der HV eine Tätigkeit für den Unternehmer aus eigenem Antrieb unterlassen, so wird seinem Anspruch auf das „Fixum“ in voller Höhe der Einwand der Arglist sowie des § 320 BGB entgegenstehen, freilich nicht schon dann, wenn der Unternehmer der Meinung ist, der HV habe nicht genügend Erfolge erzielt oder sich nicht genügend eingesetzt.89 I. Dispositivität

16

Wie dargelegt ist § 87d dispositiv.90 Allerdings bestimmt die Norm das gesetzliche Leitbild. Durch AGB darf ein Verwender daher nicht ohne guten Grund vom Regelungsgehalt abweichen.91 In der überwiegenden Zahl der Fälle wird dieses Abweichungsgebot zu Lasten des Unternehmers gereichen, der meist die AGB stellt. J. Beweislast

17

Der HV hat alle TB-Voraussetzungen seines Aufwendungsersatzanspruches vorzutragen sowie zu beweisen,92 und zwar zum einen weil er für alle ihm günstigen Ansprü-

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83 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 21. 84 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 22; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87d Rn 16. 85 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 22; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 9. 86 AA wohl Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 22. 87 LAG Baden-Württemberg DB 1959, 656 (Leits.). 88 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 13. 89 OLG Braunschweig BB 1956, 226. 90 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 23; Oetker/Busche § 87d R 10; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 87d Rn 2. 91 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 14. 92 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 25; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 87d Rn 16.

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che beweispflichtig ist, zum anderen, da es sich bei dem Aufwendungsersatz um eine Ausnahme von der Regel handelt („nur verlangen“). Insbesondere trifft den HV auch die Beweislast für Das Vorliegen eines Handelsbrauchs.93 K. Aufwendungsersatzanspruch in der Insolvenz Der Anspruch auf Aufwendungsersatz folgt hinsichtlich seiner insolvenzrechtlichen 18 Einordnung als Masseverbindlichkeit bzw. als einfache Insolvenzforderung der oben § 87a Rn 108 ff. entwickelten Differenzierung. Es kommt entscheidend darauf an, ob der Anspruch aus einer Tätigkeit herrührt, die auf einem zwischen Insolvenzverwalter und HV nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vereinbarten neuen Vertragsverhältnis beruht. Trifft dies zu, so ist der Aufwendungsersatzanspruch eine vorab zu befriedigende Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil er auf einer Tätigkeit des Insolvenzverwalters beruht. Resultiert der Ersatzanspruch dagegen aus dem ursprünglichen HV-Vertrag mit dem insolventen Unternehmer, so stellt er lediglich eine einfache Insolvenzforderung nach § 38 InsO dar. L. Kartellrecht Grundsätzlich finden Art. 101 AEUV und § 1 GWB (Kartellverbot) auf den leitbild- 19 typischen, „echten“ HV keine Anwendung. Übernimmt der HV jedoch Aufwendungen, die leitbilduntypisch sind, so wird er u.U. wie ein Eigenhändler behandelt und unterliegt dem Kartellverbot. Ggf. benötigt er eine Freistellung nach der GVO 330/10 (Vor § 84 Rn 182 ff.).

§ 88a 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 88a (1) Der Handelsvertreter kann nicht im voraus auf gesetzliche Zurückbehaltungsrechte verzichten. (2) Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses hat der Handelsvertreter ein nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht an ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen (§ 86a Abs. 1) nur wegen seiner fälligen Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen. Schrifttum Schneider Aufrechnungsverbot und unabdingbares Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters nach § 88a HGB, DB 1969, 1229; Schnitzler Gerichtsstandsvereinbarung und Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters, DB 1966, 569.

III. IV.

Übersicht Einleitung ____ 1 Absatz 1 Handelsvertreter ____ 2 Nur gesetzliche Zurückbehaltungsrecht sind geschützt ____ 3 Verzicht ____ 7 Im Voraus ____ 8

93

Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87d Rn 25.

A. B. I. II.

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V. VI. C.

I. II.

Umgehungsversuche ____ 9 Klage ____ 10 Absatz 2: Einschränkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts des Handelsvertreters Einleitung ____ 11 Zweck ____ 12

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§ 88a

III. IV. V.

VI.

1. Buch. Handelsstand

Handelsvertreter ____ 13 Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ____ 14 Nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht ____ 15 Ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen ____ 16

VII. Nur wegen fälliger Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen ____ 17 VIII. Geltendmachung ____ 18 IX. Allgemeine Schranken des ZBR ____ 19 D. Gerichtliche Durchsetzung ____ 20 E. Dispositivität ____ 21 F. Beweislast ____ 22

A. Einleitung 1

Die erst 1953 in das Gesetz eingefügte Bestimmung (das ursprüngliche HGB enthielt keine Regelung des Zurückbehaltungsrecht [= ZBR des HV]) hat zwei Gesichter. Abs. 1 ist eine Schutzvorschrift zugunsten des HV. Sie soll verhindern, dass er von einem wirtschaftlich überlegenen Unternehmer veranlasst wird, sich dieser Rechte zu begeben.1 Abs. 2 engt sein ZBR gegenüber dem allgemeinen bürgerlichrechtlichen und handelsrechtlichen ZBR ein und schützt daher den Unternehmer.2 Abs. 2 trägt damit im Kanon der eher HV-schützenden Vorschriften der §§ 84 ff. Züge eines Fremdkörpers. Eine § 88a entsprechende Regelung findet sich in der RL nicht. Die Vorschrift ist damit nicht europarechtlich präformiert. B. Absatz 1 I. Handelsvertreter

2

§ 88a setzt einen wirksamen oder fehlerhaften, jedoch faktisch in Vollzug gesetzten3 HV-Vertrag voraus. Die Norm ist auf andere Vertriebsmittler, etwa Vertragshändler,4 Franchisenehmer5 oder Kommissionsagenten6 analog anwendbar, soweit sie in einem vergleichbaren, handelsvertreterähnlichen Vertragsverhältnis stehen7 (Vor § 84 Rn 358 ff.) und es um Ansprüche geht, die unmittelbar aus der Geschäftsbeziehung resultieren.8 Der Begriff der „Provision“ in Abs. 2 ist ggf. sinngerecht in Vergütung, Rabatt, Boni oder Prämien9 zu übersetzen.10 Das ZBR des echten Untervertreters besteht gegenüber seinem Hauptvertreter.11

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1 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 30; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 2. 2 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 3. 3 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 1. 4 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 32; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8; Oetker/ Busche § 88a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. 5 OLG Köln BeckRS 2004, 11626; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 469; Prasse MDR 2008, 122 (123); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 34; Oetker/Busche § 88a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. 6 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 36; Oetker/Busche § 88a Rn 17; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. 7 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 16; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 8. 8 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8. 9 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 33, 35; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 8. 10 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 33, 35. 11 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 16.

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II. Nur gesetzliche Zurückbehaltungsrecht sind geschützt Auf sein gesetzliches ZBR soll der HV zu seinem Schutz12 gegenüber dem leitbildtypisch wirtschaftlich überlegenen Unternehmer13 nach Abs. 1 nicht im Voraus verzichten dürfen. Vertragliche Zurückbehaltungsrechte werden durch Abs. 1 nicht geschützt.14 Auf sie kann, wie sie durch Vertrag begründet worden sind, ebenso durch Vertrag noch vor ihrer Entstehung wieder Verzicht geleistet werden.15 Die Vorschrift schützt ferner nicht das Aufrechnungsrecht. Dies betreffend bleibt es bei den allgemeinen Grenzen des Zivilrechts, insb. nach § 307 BGB. Abs. 2 passt ohnehin nicht auf die Aufrechnung. Zur Aufrechnung auch Rn 9. Gesetzliche Zurückbehaltungsrechte sind sowohl diejenigen nach bürgerlichem Recht (§ 273 BGB) wie die weitergehenden nach Handelsrecht (§§ 369 ff.).16 § 88a setzt die gesetzlichen ZBR des HV also voraus und begründet sie nicht.17 Die Geltendmachung des ZBR nach § 273 BGB hat zur Folge, dass dem HV ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht. Der Unternehmer kann jedoch die Ausübung des ZBR durch Sicherheitsleistung abwenden (§ 273 Abs. 3 BGB). Klagt der Unternehmer die Leistung ein, darf der HV aufgrund des Zurückbehaltungsrechts nur zur Leistung Zug um Zug verurteilt werden (§ 274 BGB).18 Unter den Voraussetzungen des § 369 steht dem HV ein kaufmännisches ZBR zu. Dazu müssen HV und Unternehmer Kaufleute sein.19 Das kaufmännische ZBR gewährt dem HV nicht nur ein Leistungsverweigerungsrecht, sondern bei Erfüllung des Tatbestandes des § 371 auch ein Befriedigungsrecht,20 beim Notrückbehaltungsrecht des § 370 sogar wegen nicht fälliger Forderungen.21 Grundsätzlich darf der HV zur Sicherung seiner Rechte, auch der Ausgleichsvergütung nach § 89b,22 unbeschränkt ein ZBR ausüben, selbst an Kommissions- oder Vorratswaren und trotz der Herausgabepflicht nach § 667 BGB.23 Es steht ihm als Druckmittel jederzeit, bei jeder Forderung unabhängig von ihrem Wert24 (selbst bei wertlosen Mustern)25 neu entstehend zu, bis die jeweilige Forderung vollständig erfüllt ist.26 Ein ZBR und auch die nach Abs. 1 garantierte Unabdingbarkeit ist aber nicht gegeben, wo

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12 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 2. 13 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 2. 14 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 5; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 1; Hopt § 88a Rn 1; Oetker/Busche § 88a Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 1. 15 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 5; Oetker/Busche § 88a Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 10. 16 S. Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 6. 17 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 4. 18 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 6. 19 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 8; Hopt § 88a Rn 1; Oetker/Busche § 88a Rn 3; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7. 20 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 7; Hopt § 88a Rn 1; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7. 21 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 7. 22 OLG Köln VersR 1970, 53; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 1. 23 OLG Köln VersR 1970, 53; Hopt § 88a Rn 1; aA OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382 (384). 24 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 2; aA OLG Hamburg HVR Nr. 101; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 28. 25 Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 2. 26 BGH, Urt. v. 28.4.1983 – I ZR 101/81, VersR 1983, 873; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 1.

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ein ZBR des HV der Natur der Sache nach ausscheidet, weil es sich nach dem Inhalt der vertraglichen Pflichten verbietet (Rn 19 ff.). III. Verzicht 7

Abs. 1 verbietet – unabdingbar27 (Rn 21) – einen „im Voraus“ (Rn 8) erklärten Verzicht auf das ZBR. Zu weiteren Fragen neben dem Verzicht, etwa zu Entstehen, Fortbestand, Wirkungen und Grenzen des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts des HV sowie zu dem in § 88a nicht angesprochenen ZBR des Unternehmers trifft § 88a keine Bestimmung. Diese Fragen werden durch die das ZBR begründenden Normen der §§ 273 BGB, 369 ff. HGB geordnet.28 Irrelevant für das Verzichtsverbot des Abs. 1 ist, ob der Verzicht im Ursprungsvertrag oder nachträglich in einer separaten Vereinbarung enthalten ist.29 Selbst Verzichtserklärungen im vorvertraglichen Stadium sind unzulässig.30 Die Unabdingbarkeit macht nicht nur jeden einseitigen oder vertraglichen Verzicht,31 sondern auch jede zum Nachteil des HV gereichende Beschränkung gem. § 134 BGB unwirksam,32 insb. die gesetzlich geregelten Voraussetzungen für die Entstehung des ZBR zum Nachteil des HV zu verschärfen,33 die Abbedingung des zugunsten des HV als des Gläubigers gegebenen Gerichtsstandes nach § 371 Abs. 4,34 gesetzlich nicht vorgesehene Vorleistungspflichten des HV zu vereinbaren35 oder eine Beschränkung des ZBR auf Fälle der Meinungsverschiedenheiten.36 Die Ausdehnung auf solche Fälle rechtfertigt sich aus den gleichen Erwägungen wie bei Voraus-Einschränkungen des Ausgleichsanspruchs, § 89b Rn 321 ff.). Der zwingenden Natur widersprechende Weisungen des Unternehmers sind gleichfalls irrelevant,37 weil der Unternehmer durch Weisungen nicht über den Regelungsbereich des Abs. 1 disponieren darf. IV. Im Voraus

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Nur der Verzicht „im Voraus“ ist unzulässig. Verzicht geleistet werden kann also auf das Zurückbehaltungsrecht, sobald und soweit es in der konkreten Situation ausübbar geworden ist.38 Maßgeblich für die Ausübbarkeit ist der Zeitpunkt, in dem der Gegenanspruch des HV entstanden und fällig geworden ist.39 Vor Entstehung und Fälligkeit des Gegenanspruchs kann der HV deshalb gem. Abs. 1 nicht wirksam auf seine ge-

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27 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. 28 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 1. 29 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 10; Oetker/Busche § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 11. 30 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 10; Oetker/Busche § 88a Rn 5. 31 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 10; Oetker/Busche § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 11. 32 Schnitzler DB 1966, 569; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 4. 33 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 11; Oetker/Busche § 88a Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 12. 34 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 2; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen 3. Aufl., § 88a Rn 1. 35 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 12. 36 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 11; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 1. 37 AA Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 6. 38 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14. 39 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14; Oetker/Busche § 88a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 13.

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setzlichen ZBR wegen dieses Anspruchs verzichten.40 Dies gilt selbst dann, wenn der Verzicht unter der aufschiebenden Bedingung des Entstehens und der Fälligkeit des Anspruchs des HV erklärt wird.41 Nach Entstehung und Fälligkeit seines Gegenanspruchs kann der HV wirksam auf etwaige ZBR verzichten. Ein solcher nachträglicher Verzicht hindert den HV nicht, ZBR wegen hiernach neu entstandener Gegenansprüche geltend zu machen.42 Ein nachträglicher Verzicht kommt insb. nach Ende des HV-Vertrages in Betracht, wenn regelmäßig sämtliche Ansprüche des HV entstanden und fällig sind und etwaige gesetzliche ZBR damit derogierbar werden.43 Das ZBR wird also ausübbar und damit derogierbar.44 Das gilt jedenfalls, sofern alle wesentlichen Ansprüche des HV erfüllt oder geregelt sind (§ 90a Rn 9 ff.). Der nicht im Voraus, also nachträglich, vereinbarte Verzicht ist wirksam;45 ein vor diesem Zeitpunkt erklärter Verzicht hingegen nach § 134 BGB unwirksam.46 § 242 BGB steht der Ausübung des Zurückbehaltungsrechts, auf welches unwirksam „verzichtet“ wurde, regelmäßig nicht entgegen.47 Ab Vertragsende reduziert sich die Unabdingbarkeit auf die Sicherung noch nicht fälliger Ansprüche aus Überhangprovisionen (§ 87 Abs. 3) und aus Abschlüssen vor dem Ende des Vertragsverhältnisses, für die die Provision aus Gründen des § 87a noch nicht endgültig und fällig geworden ist; wichtig für §§ 273 Abs. 3 BGB, 369 Abs. 4 HGB (Ausmaß der dem Unternehmer zur Abwendung des Zurückbehaltungsrechts gestatteten Sicherheitsleistung). Abs. 1 steht Vereinbarungen über die Abwendung des ZBR durch Sicherheitsleistung (§§ 273 Abs. 3, 369 Abs. 4)48 oder über die Verfügung hinsichtlich der dem ZBR unterliegenden Gegenstände (Ausnahme: Aufrechnung) nicht entgegen.49 V. Umgehungsversuche Abs. 1 ist wegen seines Schutzzweckes weit auszulegen.50 Unwirksam sind Umge- 9 hungsversuche des Derogationsverbots, was für Verrechnungsvereinbarungen51 oder vertraglich statuierte Vorleistungspflichten des HV, die über ihren gesetzlichen Umfang hinausgehen,52 diskutiert wird (fraglich). Ob vertragliche Aufrechnungsverbote eine Umgehung darstellen und deshalb im HV-Recht gem. § 88a HGB, § 134 BGB unwirksam sind, ist unsicher.53 Dagegen spricht, dass Aufrechnung und ZBR zu unterscheiden

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40 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14; Oetker/Busche § 88a Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 13. 41 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14; Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 5. 42 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 13. 43 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 2; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 14. 44 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 13, 14; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 6. 45 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 12. 46 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 9. 47 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 14; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 6. 48 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 13; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 8. 49 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 13; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 8; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 88a Rn 5. 50 Schneider DB 1969, 1229; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 10. 51 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 7. 52 Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 3. 53 Dafür Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 88a Rn 1; Hopt § 88a Rn 2 unter unzutreffendem Verweis auf OLG Köln VersR 1970, 53; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 7; dagegen wohl OLG Hamm, Beschl. v. 12.8.1993 – 18 W 23/93, NJW-RR 1994, 158; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 12; Oetker/Busche § 88a Rn 8; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 8.

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sind (Rn 4).54 Auch wird die übliche Standard-AGB, die zugleich Aufrechnung und ZBR ausschließt, teilbar sein, so dass nach dem „blue-pencil-test“ des AGB-Rechts hinsichtlich des Aufrechnungsausschlusses ein wirksamer und separierbarer Restregelungsbereich verbleibt.55 Jedenfalls gilt: Nach § 88a bleibt trotz eines Aufrechnungsverbots die Ausübung des ZBR durch den HV zulässig,56 was hinsichtlich der Druckfunktion trotz fehlender „Befriedigungsfunktion“ des ZBR auf dasselbe hinausläuft: Unabhängig von § 390 BGB erhält Abs. 1 dem HV die Möglichkeit der Ausübung des ZBR gegenüber Geldforderungen des Unternehmers, weswegen seine Geltendmachung nicht als Aufrechnungserklärung gewertet werden darf.57 VI. Klage 10

Auf Grund eines ausgeübten ZBR darf der kaufmännische HV Klage auf Gestattung der Befriedigung bei dem Gericht erheben, in dessen Bezirk er seinen allgemeinen Gerichtsstand oder den Gerichtsstand der Niederlassung hat (§ 371 Abs. 4) und zwar auch dann, wenn ein abweichender Gerichtsstand vereinbart wurde.58 Dies gilt etwa, wenn der HV an den Unterlagen ein ZBR ausgeübt hat.59 Allerdings ist zu beachten, dass dieser besondere Gerichtsstand weder für eine Zwischenfeststellungsklage noch zur Austragung eines Streits über die Höhe der Forderungen benutzt werden kann, auf die sich das ausgeübte ZBR bezieht.60 Andererseits braucht im Rahmen der Befriedigungsklage die Höhe der zugrunde liegenden Forderungen nicht beziffert zu werden.61 C. Absatz 2: Einschränkung des gesetzlichen Zurückbehaltungsrechts des Handelsvertreters I. Einleitung

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Nach Beendigung des HV-Verhältnisses (aber nur dann) wird das ZBR des HV, soweit es nach allgemeinen Vorschriften bestünde, nicht unerheblich eingeschränkt. An den nach § 86a Abs. 1 überlassenen Unterlagen kann es nur noch wegen fälliger Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen ausgeübt werden. Die Arbeitsunterlagen sind weithin „retentionsfest“. II. Zweck

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Nach Beendigung des HV-Vertrages spielen treupflichtbedingte Einschränkungen des ZBR kaum noch eine Rolle.62 Der HV könnte sich deshalb, wenn es Abs. 2 nicht gäbe,

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54 OLG Köln VersR 1970, 53; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 12. 55 Auch OLG Köln VersR 1970, 53 (54) verneint eine Unwirksamkeit der die Aufrechnung verbietenden AGB. 56 OLG Köln VersR 1970, 54; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 12; Schneider DB 1969, 1229. 57 OLG Köln VersR 1970, 53; Schneider DB 1969, 1229; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 7. 58 Schnitzler DB 1966, 569; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 3. 59 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 33. 60 OLG Hamburg v. 5.4.1951 – 3 U 434/50, MDR 1951, 741; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 3. 61 OLG Hamburg v. 20.11.1959 – 1 O 127/59, MDR 1960, 315; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 3. 62 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 18; Oetker/Busche § 88a Rn 11.

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grundsätzlich in weitem Umfang auf ZBR berufen.63 Hier greift der Schutz des Abs. 2 ein: Durch ihn soll der Unternehmer bevorzugt in den Stand gesetzt sehen, einen Nachfolger des HV mit den Arbeitsunterlagen auszurüsten, damit der Übergang der Kundenbetreuung sich reibungslos vollziehen kann.64 So jedenfalls die Vorstellung des Gesetzgebers.65 Nur für die für den HV existenzwichtigen und (angeblich) leicht (gerichtlich) zu klärenden Provisions- und Aufwendungsersatzansprüche sollte es eine Ausnahme geben.66 In die Vorschrift sollte man dessen ungeachtet keine allzu großen Erwartungen setzen. Dass der ausscheidende HV die Überleitung seines Arbeitsgebiets auf einen Nachfolger durch Zurückhaltung der ihm überlassenen Arbeitsunterlagen (sei es auch nur wegen rückständiger Provisionen und Aufwendungsersatzansprüche) blockieren könne, setzt voraus, dass die Ausstattung mit diesen Unterlagen je Bezirk oder Arbeitsrate beim Unternehmer nur einmal vorhanden ist. Tatsächlich dürfte eine Reserve einschließlich Kopien der Kundenliste (auch sie wird durch die Bestimmung erfasst) wohl stets zur Verfügung stehen. Unternehmerische Vorsicht wird hierauf geradezu Bedacht nehmen. III. Handelsvertreter Zum Begriff des HV § 84.

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IV. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Abs. 2 gilt nur für die Zeit nach Beendigung des HV-Vertrages.67 Maßgeblich ist 14 grundsätzlich das rechtliche,68 nicht das faktische Vertragsende. Entscheidend ist also der Eintritt der Kündigungswirkung, nicht das Datum der Kündigungserklärung.69 Weder die unberechtigte fristlose Kündigung noch das damit ggf. verbundene Beschäftigungsverbot bzw. die erklärte Freistellung beenden das Vertragsverhältnis. 70 Abweichend hiervon kommt es bei rechtlich unwirksamen, aber faktisch durchgeführtem Vertrag zum Schutze des HV auf das faktische Vertragsende an. Denn sonst wäre das ZBR des HV über die gesamte Dauer des durchgeführten Vertrages eingeschränkt. V. Nach allgemeinen Vorschriften bestehendes Zurückbehaltungsrecht Gemeint ist auch hier (Rn 4) nur ein nach allgemeinen Vorschriften bestehendes 15 ZBR, also das gesetzliche und nicht das vertragliche.71 Für vertragliche ZBR gelten die wirksam getroffenen Vereinbarungen.72 Das ZBR kann nach bürgerlichem oder nach Handelsrecht begründet sein. Ein ZBR nach § 273 BGB setzt Konnexität zwischen Verlangen-dürfen und Leisten-müssen voraus; das Zurückbehaltungsrecht kraft § 369 HGB kennt dieses Erfordernis nicht, besteht dafür aber nur zwischen Kaufleuten – weder Unternehmer noch HV brauchen solche zu sein – und hat zum Gegenstand nur Waren und

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63 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 30; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 18. 64 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 3; Hopt § 88a Rn 5. 65 Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 31. 66 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 3; Hopt § 88a Rn 5. 67 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 22. 68 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 12. 69 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 23. 70 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 12. 71 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 9. 72 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 9; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 6; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 16.

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Wertpapiere des Schuldners (hier: des Unternehmers), die mit dessen Willen in den Besitz des Gläubigers (des HV) gelangt sind, und zwar auf Grund von Handelsgeschäften. VI. Ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen 16

Das ZBR wird allein im Hinblick auf die Rückgabe der in § 86a Abs. 1 genannten Unterlagen (im Einzelnen § 86a Rn 102 ff.) eingeschränkt. Soweit andere in der Zurückbehaltungsmacht des HV befindliche Gegenstände betroffen sind, ist eine gesetzlich befugte Zurückbehaltung unbeschränkt durchsetzbar73 – und alsdann insbesondere ohne Begrenzung auf bestimmte Gattungen von Forderungen, also auch wegen des Ausgleichsanspruchs oder Schadenersatzansprüchen. 74 Insbesondere soll wegen des Ausgleichs ein ZBR an Lagerware begründet sein, wenn der HV ein Auslieferungslager unterhält.75 Die Vorschrift besagt nicht, dass nach Vertragsende nur noch ein Zurückbehaltungsrecht im Rahmen des Abs. 2 gegeben ist.76 Wegen fälliger Schadensersatz-, Ausgleichs- oder Karenzentschädigungsforderungen kann der HV ein ZBR an dem ihm überlassenen Reise-PKW (§ 273 BGB) ausüben,77 unter den Voraussetzungen des § 369 etwa an einem Gebrauchtwagen, welchen der Unternehmer ihm aus Firmenbeständen für Zwecke eines neben der Agentur betriebenen Fuhrgeschäfts mietweise zur Verfügung gestellt hatte und dessen Rückgabe er nunmehr unter Kündigung des Mietvertrages verlangt.78 Erhält der HV Musterkoffer als Behältnis zum Transport der Unterlagen, so fehlt auch insoweit die Einschränkung des ZBR gemäß § 88a. Denn auch sie zählen nicht zu den „Unterlagen“, so dass an ihnen ein ZBR, z.B. wegen des Ausgleichsanspruchs, geltend gemacht werden darf.79 Der Unternehmer darf sowohl das bürgerlichrechtliche wie das handelsrechtliche ZBR durch Sicherheitsleistung abwenden (§§ 273 Abs. 3 BGB, 369 Abs. 4).80 VII. Nur wegen fälliger Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen

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Wegen des vom Gesetz grds. bezweckten Schutzes des HV ist eine enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes angezeigt. Als zur Zurückbehaltung berechtigende Provision wird alles, was unter dieser Bezeichnung läuft und dem HV periodisch vergütet worden ist, zu verstehen sein; etwa Provisionen nach §§ 87, 87a und 87b81 einschließlich der Forderungen nach § 87a Abs. 3, auch Inkasso-, Delkredere-, Bestandspflegeprovisionen.82 Zur Definition der Provision § 87 Rn 3. Für solche Provision wird die Unterscheidung zwischen Zurückbehaltung nach bürgerlichem und (weitgehend) nach Handels-

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73 OLG Düsseldorf NJOZ 2006, 3489 (3493); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 19; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 9; Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 88a Rn 16. 74 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 4. 75 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 19; Hopt § 88a Rn 3; Oetker/Busche § 88a Rn 12; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 7. 76 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 9. 77 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 19; Hopt § 88a Rn 3; Oetker/Busche § 88a Rn 12. 78 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 16. 79 OLG Hamburg HVR Nr. 101. 80 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 19. 81 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 19. 82 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 25; Oetker/Busche § 88a Rn 13; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 19.

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recht bedeutungslos: eine Konnexität i.S.d. § 273 BGB ist hier stets gegeben. Aufwendungsersatz umfasst alles, was nach den Erläuterungen zu § 87d ersetzt verlangt werden kann. Diese Forderungen müssen im Moment der Vertragsbeendigung fällig sein. Da die Unterlagen bei Vertragsende zurückzugeben sind, darf das ZBR nicht auf erst nach Vertragsende fällige Forderungen gestützt werden, selbst wenn der HV die Unterlagen dann, etwa aufgrund des ihm zustehenden ZBR nach Abs. 2, noch in Besitz hat oder die zu sichernde Forderung des HV bei Vertragsende bereits entstanden ist.83 Ausnahmen werden nach § 242 BGB behandelt. Obwohl teilweise vergleichbar existenzwichtig (vor allem bei Fehlen anderweitigen Einkommens) soll der HV wegen anderer Forderungen das ZBR an den Unterlagen des § 86a Abs. 1 nicht geltend machen. Das betrifft etwa Forderungen auf Schadensersatz (auch wegen entgangener Provisionen84 und aus § 89a Abs. 2), auf Ausgleich (§ 89b)85 sowie auf Karenzentschädigung (§ 90a).86 Auch hier sind im Lichte des § 242 BGB Ausnahmen denkbar. VIII. Geltendmachung Der HV darf sich jederzeit auf sein ZBR berufen. Das Recht kann allerdings verwir- 18 ken, was ein Zeit- und Umstandsmoment voraussetzt, oder nach allgemeinen Grundsätzen (Rn 6, 19) ausgeschlossen sein. Der HV muss folglich sein ZBR an den erhaltenen Unterlagen nicht zwingend sofort geltend machen, wenn der Unternehmer diese herausverlangt, um ein Erlöschen und eine einredefreie Herausgabe zu hindern.87 Der HV darf sich daher auch erst zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Prozess, auf sein ZBR berufen. IX. Allgemeine Schranken des ZBR Unberührt bleiben die allgemeinen Schranken, die die Ausübung des ZBR hindern, 19 z.B. aus §§ 242, 226 BGB oder weil der HV dem Unternehmer gegenüber verpflichtet ist, mit dem betreffenden Gegenstand in bestimmter Weise zu verfahren (§ 369 Abs. 3,88 entsprechend im Bereich des § 273 BGB). Auch hier bestimmen die Auslegung des Vertrages sowie die Verhältnisse des Einzelfalls über die Einschränkung des ZBR. Unzulässig ist etwa die Zurückhaltung besonders vertragswesentlicher Tätigkeiten wegen geringer Forderungen, etwa der Berichtspflicht.89 Diskutiert wird ein Ausschluss des

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83 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 10. 84 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 5. 85 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 5; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 7. 86 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 11; Hopt § 88a Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 20; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 8. 87 AA Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 27; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 14. Begründung: Da der HV die unter § 86a fallenden Unterlagen nach Vertragsende an den Unternehmer herauszugeben hat und ihm die dann noch bestehenden Provisions- und Aufwendungsersatzansprüche zumindest dem Grunde nach bekannt sein müssen, widerspricht es Sinn und Zweck des Abs. 2 sowie der mit dieser Regelung verfolgten Pflicht zur unverzüglichen Rückgabe, wenn der HV nach Vertragsende berechtigt wäre, deren Rückgabe grundlos zu verweigern und sich erst später, z.B. im Prozess, erstmals auf sein Recht aus Abs. 2 zu berufen. 88 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 1. Nach Ansicht von MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18 ist § 369 Abs. 3 nach Vertragsende unanwendbar. 89 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 9; Oetker/Busche § 88a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 3.

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ZBR ferner bei der Pflicht zur Weiterleitung eingezogener Inkassobeträge90 (dazu unten), z.B. Versicherungsprämien91 (für diese gilt nicht der Ausschluss des § 369 Abs. 3),92 zur Verwendung oder Rückgabe von Mustern,93 Drucksachen94 und sonstiger nach § 86a Abs. 1 überlassener Unterlagen gegenüber dem Kunden,95 Vorführgeräten,96 der Kundenkartei97 bzw. zur Rückgabe von Gegenständen, welche für die laufende Abwicklung der Geschäftstätigkeit unverzüglich ausgetauscht werden müssen98 oder vom Unternehmer für die Ausführung des vermittelten Geschäfts und dessen Abrechnung dringend benötigt werden.99 In Bezug auf die zurückbehaltenen Kunden- und Preislisten bleibt das Verwertungsrecht des § 371 HGB eher ausgeschlossen, weil die Verwertung oder Veräußerung in der Regel einen Verstoß gegen § 90 darstellen würde. Da der zu einer Geschäftsbesorgung Verpflichtete die Ausführung der Geschäftsbesorgung nicht schrankenlos von der Erfüllung seiner eigenen Ansprüche abhängig machen darf,100 ist in all diesen Fällen unter gebotener Berücksichtigung der berechtigten Interessen beider Parteien sowie Treu und Glaubens und § 369 Abs. 3 zu bestimmen, an welchen Forderungen ein ZBR entstehen kann,101 wobei Ausnahmen von dem Grundsatz des unbeschränkten ZBR im Zweifel nicht anzuerkennen sind (enge Auslegung). Fordert der Unternehmer Gegenstände zurück102 oder sind sie nicht mehr für den Vertrieb geeignet,103 wird regelmäßig ein ZBR nach Abs. 1 zulässig sein.104 Selbst Berichte – außer in Notfällen – wird der HV zurückhalten dürfen, sofern er über längere Zeit nicht bezahlt wird; auf eine seine Ausgleichsberechtigung gefährdende Eigenkündigung muss er sich nicht verweisen lassen. Im Fall einer außerordentlich großen Diskrepanz zwischen dem Wert der zurückbehaltenen Gegenstände und der Forderungshöhe mag der Zurückbe-

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90 Für ein ZBR: OLG Köln VersR 1970, 53 (54); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 4; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 7 (Ausnahme: wenn Gesetz oder Vertrag im Einzelfall etwas Gegenteiliges zu entnehmen sei; vgl. Höft VersR 1970, 461). Gegen ein ZBR: Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 2. 91 Gegen ein ZBR: LG Bonn, Urt. v. 25.11.1970 – 11 O 92/98, VersR 1971, 543; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 8. 92 Hopt § 88a Rn 1. 93 Gegen ein ZBR: Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 9, 24 (ZBR „nur sehr eingeschränkt“); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 4; Hopt § 88a Rn 4; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 88a Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 3; für ein Verwertungsrecht nach Vertragsende Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 2. Für ein ZBR LG Krefeld, Urt. v. 15.6.2011 – 11 O 155/09, BeckRS 2013, 14373, sofern der Unternehmer weder einen Buchauszug noch Provisionen leistete. 94 Gegen ein ZBR: Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 24; Hopt § 88a Rn 4. 95 Gegen ein ZBR: Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 24 („nur in Ausnahmefällen“); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 3; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 8a. Ausnahme: falls sie vom Unternehmer lediglich zum Austausch bestimmt sind (z.B. Neuaufl. von Werbematerial). Für ein Verwertungsrecht nach Vertragsende Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 2. 96 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 24; Hopt § 88a Rn 4: ZBR zulässig, aber keine Verwertung nach § 369 Abs. 3, Ausnahme: § 370 Abs. 2. 97 Für ein ZBR: BGH WM 1983, 863; Hopt § 88a Rn 1. 98 Gegen ein ZBR: Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 9; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, 3. Aufl., § 88a Rn 2. 99 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 2. 100 OLG Köln VersR 1970, 53 (54). 101 OLG Köln VersR 1970, 53 (54); Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 9; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 2; Oetker/Busche § 88a Rn 4; Schlegelberger/Schröder § 88a Rn 3. 102 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18. 103 Genzow in: Ensthaler § 88a Rn 1; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18. 104 Hopt § 88a Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 18.

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halt einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellen.105 Das ZBR entfällt ferner, wenn der HV das Herauszugebende durch vorsätzliche Vertragsverletzung oder unerlaubte Handlung erlangt hat, wie etwa vertragswidrig eingezogene106 oder einbehaltene107 Kundengelder. Kassierte Kundengelder dürfen grunds. nicht wegen Ansprüchen des HV zurückgehalten werden.108 Vgl. zunächst die Kommentierung zu § 87 Abs. 4 betreffend die Inkassoprovision. Nach Ansicht des OLG Köln109 darf der HV die Herausgabe von kassierten Geldern verweigern, wenn der Unternehmer Ausgleich und Inkassoprovisionen nicht leistet (aufrechnungsgleiche Wirkung). Kampf 110 differenziert, ob der HV die eingezogenen Beträge bar bzw. in Form von Wertpapieren erhalten habe oder ob ihm jene überwiesen wurden. Im erstgenannten Fall seien die Beträge gemäß § 369 Abs. 1 Gegenstand eines kaufmännischen ZBR. Im letztgenannten Fall fehle es an einer Voraussetzung des § 369 Abs. 1 S. 1 (Sachen oder Wertpapiere); ein ZBR sei ausgeschlossen. Habe der HV die eingezogenen Beträge bar oder in Form von Wertpapieren erhalten, sei zu prüfen, ob ein Ausschlussgrund nach § 369 Abs. 3 vorliege. Der pauschalen Aussage, für die kassierten Gelder gelte der Ausschlussgrund nach § 369 Abs. 3 nicht, könne nicht gefolgt werden. Es sei kein Grund ersichtlich, dem HV eine Sonderstellung einzuräumen. Folglich komme es darauf an, ob die Geltendmachung von ZBR nach dem Inhalt des HV-Vertrages unzulässig sei. Nicht folgen könne man der Auffassung, wonach dies der Fall sei, wenn der HV zwar Inkassovollmacht habe, aber angewiesen war, die Beträge sofort an den Unternehmer weiterzuleiten. Der Ausschluss des ZBR sei nach § 369 Abs. 3 nur gegeben, falls der Unternehmer den HV anweise, die Beträge nicht wegen fälliger Ansprüche des HV gegen ihn zurückzuhalten oder der HV sich hierzu verpflichtet habe. Die Anweisung, die Beträge sofort nach Erhalt herauszugeben, sei nur die Geltendmachung des dem Unternehmer zustehenden Anspruchs und reiche für einen Ausschluss nach § 369 Abs. 3 nicht aus. D. Gerichtliche Durchsetzung Ist ein ZBR unzulässig, darf der Benachteiligte Herausgabe der zurückbehaltenen 20 Gegenstände fordern. Eine Feststellungsklage tritt meist hinter die Herausgabeklage zurück. Bei Existenzgefährdung oder erheblichen Nachteilen ist eine einstweilige Verfügung zulässig, notfalls gerichtet auf Herausgabe an einen Sequester. E. Dispositivität Abs. 1 ist zwingend,111 Abs. 2 dispositiv.112 Zum Vorteil des HV darf auch unter Abs. 1 21 unbeschränkt abgewichen werden, etwa das Recht auf nicht fällige Forderungen er-

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105 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. IV Rn 29. 106 Höft VersR 1970, 461; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 4. 107 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 4. 108 OLG Düsseldorf OLGR 2000, 382 (384); OLG Hamm HVR Nr. 973; NJW-RR 1994, 158 (159), Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 9; Oetker/Busche § 88a Rn 4; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 88a Rn 6; Thume in: Röhricht/Graf von Westphalen § 88a Rn 2; Schlegelberger/Schröder § 87 Rn 54a; aA OLG Köln VersR 1970, 53 (54); MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 88a Rn 7; Ebenroth/Löwisch § 88a Rn 4; Hopt § 88a Rn 1. 109 OLG Köln VersR 1970, 53 (54). 110 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 73. 111 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. 112 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 30; Oetker/Busche § 88a Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21.

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streckt werden.113 Zum Nachteil des HV darf wegen Abs. 1, der auch nach Vertragsende gilt, nicht im Voraus vom Regelungsgehalt des Abs. 1 abgewichen werden.114 Da ein vertragliches ZBR nicht von Abs. 2 erfasst wird, steht es in vollem Umfang zur Disposition der Parteien.115 Zu Abs. 2 können die Parteien etwa vereinbaren, dass dem HV nach Vertragsende ein ZPR an den Unterlagen gem. § 86a Abs. 1 auch bei Bestehen nicht fälliger Ansprüche auf Provision oder Aufwendungsersatz zusteht.116 An die Stelle einer unwirksamen Regelung tritt das Gesetz.117 Zu AGB oben, Vor § 84 Rn 55 f. Durch Vereinbarung darf dem HV beispielsweise nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein ZBR an ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen i.S.v. § 86a Abs. 1 auch für andere als fällige Ansprüche auf Provision und Ersatz von Aufwendungen eingeräumt werden.118 F. Beweislast 22

Jede Abweichung vom Gesetz hat derjenige zu beweisen, zu dessen Vorteil sie gereicht. Das gleiche gilt für die Vereinbarung eines vertraglichen ZBR. Einen Verzicht auf das gesetzliche ZBR nach Abs. 1 und dessen Zulässigkeit hat der Unternehmer zu beweisen.119 Die Voraussetzungen eines ZBR hat die Person nachzuweisen, welche sich auf das ZBR beruft.120 Das dürfte trotz des Ausnahmecharakters der in Abs. 2 enthaltenen Einschränkungen auch im Rahmen des Abs. 2 gelten.121 Der HV wird daher nachweisen müssen, dass er ausnahmsweise zur Geltendmachung des ZBR nach Abs. 2 berechtigt ist.122 Die zu sichernde Forderung und ihre Fälligkeit, die ordnungsgemäße Geltendmachung des ZBR und die Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise nach Abs. 2 ein ZBR geltend gemacht werden darf, sind daher durch den HV zu beweisen.123

§ 89 Kündigung des Vertrages 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 89 (1) 1 Ist das Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, so kann es im ersten Jahr der Vertragsdauer mit einer Frist von einem Monat, im zweiten Jahr mit einer Frist von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden. 2 Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. 3 Die Kündigung ist nur für den Schluß eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist.

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113 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 114 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. 115 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 30; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 116 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 30; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 117 Schnitzler DB 1966, 571; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 15. 118 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 30; MünchKomm HGB/v. Hoyningen-Huene § 88a Rn 21. 119 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 15. 120 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 15, 29. 121 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 29. 122 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 29. 123 Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 88a Rn 29; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 88a Rn 17; Oetker/Busche § 88a Rn 15: Beweislast beim Unternehmer. Der HV brauche nur seine Forderung und die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts nachzuweisen.

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(2) 1 Die Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 können durch Vereinbarung verlängert werden; die Frist darf für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den Handelsvertreter. 2 Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den Handelsvertreter vereinbarte Frist. (3) 1 Ein für eine bestimmte Zeit eingegangenes Vertragsverhältnis, das nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen fortgesetzt wird, gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert. 2 Für die Bestimmung der Kündigungsfristen nach Absatz 1 Satz 1 und 2 ist die Gesamtdauer des Vertragsverhältnisses maßgeblich. 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 89 Schrifttum Becker-Schaffner Die Änderungskündigung aus materieller und prozessualer Sicht, BB 1991, 129; ders. Zugang der Kündigung, BB 1998, 422; Boldt Zur vorzeitigen Kündigung eines Handelsvertreterverhältnisses, BB 1962, 906; Duden Kündigung von Tankstellenverträgen nach § 624 BGB, NJW 1962, 1326; Füssel Teilkündigung eines Handelsvertretervertrags, DB 1972, 378; Hess Können befristete Arbeitsverhältnisse vor Ablauf der Frist durch eine ordentliche Kündigung gelöst werden, BB 1954, 747; Heyer Zur vorzeitigen Kündbarkeit von Tankstellenverträgen, NJW 1965, 1573; Höft Zur Anwendung des § 89 Abs. 3 HGB, VersR 1973, 600; Hoß/Lohr Befristete Arbeitsverhältnisse, MDR 1998, 313; Küstner Die kündigungsrechtliche Behandlung von Handelsvertreterverträgen mit Verlängerungsklausel, BB 1973, 1239; ders. Handelsvertretervertrag mit Verlängerungsklausel, BB 1975, 195; Leo Rechtsfragen zur Kündigung des Handelsvertretervertrags, DB 1961, 1518; Lohr Kündigung des Arbeitsvertrags – Zurückweisung wegen fehlender Vollmacht, MDR 2000, 620; Maier Kündigung des Handelsvertretervertrags wegen Alters oder Krankheit, BB 1978, 940; Pauly Hauptprobleme der Änderungskündigung, DB 1997, 2378; Preis/Stoffels Die Inhaltskontrolle der Verträge selbständiger und unselbständiger Handelsvertreter, ZHR 160 (1996), 442; Schmidt Die Änderungskündigung nach den neuen Vorschriften des KSchG NJW 1971, 684; Schnitzler Teilkündigung eines Handelsvertretervertrags, MDR 1959, 170; Schröder Änderung der Vertragsbedingungen und Ausgleichsanspruch im Handelsvertreterverhältnis, DB 1958, 975; ders. Handelsvertreterverhältnisse auf „Probe“, DB 1966, 2007; ders. Kündigung von Handelsvertreterverträgen mit Verlängerungsklausel, BB 1974, 298; ders. Handelsvertreterverträge auf bestimmte Zeit, Festschrift für Hefermehl 1976, 113; Schwytz Mindestkündigungsfristen bei Beendigung von Vertragshändlerverträgen, BB 1997, 2385; Ulmer Kündigungsschranken im Handels- und Gesellschaftsrecht, Festschrift für Möhring, 1975, 295; Weimar Kann die Kündigung eines Handelsvertretervertrags wegen Sittenverstoßes nichtig sein, MDR 1959, 986; v. Westphalen Vertragshändlerverträge außerhalb der EG-VO 1475/95 und des Instrumentariums der richterlichen Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln, Freundesgabe für Jürgen Gündisch, 1999, S. 70 (zitiert FG Gündisch). Übersicht Übersicht ____ 1 Genese und europarechtliche Präformation ____ 2 C. Zweck ____ 3 D. Endigungsgründe für das Handelsvertreterverhältnis ____ 4 I. Änderungskündigung ____ 5 II. Anfechtung ____ 6 III. Arbeitsunfähigkeit ____ 7 IV. Aufhebungsvertrag ____ 8 V. Auflösende und aufschiebende Bedingung ____ 9 VI. Befristung ____ 11 VII. Betriebsveräußerung oder -einstellung ____ 12 VIII. Auflösung und Vollbeendigung einer Handelsvertretergesellschaft ____ 13 IX. Höchstalter als vereinbarter Endzeitpunkt ____ 14 A. B.

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X.

Insolvenz des Mittlers oder des Unternehmers 1. Insolvenz des Unternehmers ____ 15 a) Fortsetzung des Vermittler-Vertrages nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ____ 16 b) Schicksal des Mittlervertrages im Insolvenzantragsverfahren aa) Fortbestehen im Insolvenzantragsverfahren ____ 19 bb) Kündigung durch den Mittler ____ 20 2. Insolvenz des Mittlers a) Fortbestand des Mittlervertrages in dessen Insolvenz? ____ 21 b) Kündigung des MittlerVertrages ____ 22 c) Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung ____ 24

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XI. XII. XIII. XIV. XV. XVI. E. I.

II. III.

IV. V. VI.

VII. VIII. IX.

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d) Insolvenzschutz nach BetrAVG? ____ 25 Mehrstufige Vertreterverhältnisse ____ 26 Probezeit ____ 27 Teilkündigung ____ 28 Tod des Handelsvertreters ____ 29 Übertragung der Vertretung auf einen Nachfolger ____ 30 Wegfall der Geschäftsgrundlage ____ 31 Absätze 1 und 3 Vertragsverhältnis 1. Persönlicher Anwendungsbereich ____ 32 2. Sachlicher Anwendungsbereich a) Überblick ____ 37 b) Faktischer Vertrag ____ 38 3. Kündigung vor Vertragsbeginn ____ 39 Auf unbestimmte Zeit eingegangen ____ 40 Absatz 3/Kettenverträge 1. Abs. 3: Einverständlich unbefristet fortgesetztes Vertragsverhältnis ____ 44 2. Einverständlich befristet fortgesetztes Vertragsverhältnis ____ 45 Fristen ____ 49 Maßgebliche Vertragsdauer ____ 52 Kündigungserklärung („gekündigt werden“) ____ 53 1. Form ____ 54 2. Inhalt a) Klarheit ____ 55 b) Begründung der Kündigung und weitere Inhaltsanforderungen ____ 56 c) Folgen der mangelnden Wahrung der Wirksamkeitserfordernisse ____ 57 d) Umdeutung der ordentlichen in eine außerordentliche Kündigung? ____ 58 e) Prozessuale Auslegung der Kündigungserklärung ____ 59 Regelmäßige Kündigungswirkung zum Schluss eines Kalendermonats ____ 60 Wirkung der Kündigung ____ 61 Freistellung des Mittlers ____ 65 1. Freistellungserklärung ____ 66 2. Zulässigkeit der Freistellung ____ 67

3.

Wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ____ 68 4. Rechtsstellung des HV nach berechtigter Freistellung ____ 69 5. Unberechtigte Freistellung ____ 71 X. „Rücknahme“ und Anfechtung der Kündigung ____ 72 XI. Fortsetzung eines beendeten Vertragsverhältnisses ____ 73 XII. Ausschluss und Begrenzung des Kündigungsrechts ____ 74 1. Verwirkung, Verzicht ____ 75 2. Schikane- oder Vergeltungskündigung ____ 78 3. Kündigung zur Unzeit ____ 79 4. § 19 GWB ____ 80 5. Folgen erheblicher Investitionen – Investitionsschutz und Investitionsersatzanspruch ____ 81 6. Widersprüchliches Verhalten ____ 88 XIII. Folgen der Vertragsbeendigung ____ 89 F. Absatz 2 und sonstige abweichende Vereinbarungen I. Kündigungsausschluss oder Kündigungserschwernisse ____ 90 II. Absatz 2: Verlängerung und Verkürzung der Kündigungsfristen- zwingende Natur ____ 93 III. § 89 Abs. 2 S. 1: Keine kürzere Kündigungsfrist für den Unternehmer als für den HV ____ 94 IV. Vereinbarungen zum Kündigungsendtermin ____ 95 V. § 92b ____ 96 VI. § 92c ____ 97 VII. Rechtsfolgen unzulässiger Vereinbarungen ____ 98 G. Keine „stille“ Kündigung ohne Kündigungserklärung ____ 99 H. Zulässige Länge von Vertriebsverträgen ____ 100 I. Beweislast ____ 103 J. Steuerrecht ____ 104 K. Ausländisches zwingendes Recht ____ 105

A. Übersicht 1. Buch. Handelsstand Siebenter Abschnitt. Handelsvertreter Emde § 89

1

§ 89 regelt die ordentliche Kündigung des auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen oder in Anlehnung an § 625 BGB zunächst auf bestimmte Zeit fest abgeschlossenen und nach Ablauf dieser Zeit von beiden Parteien einvernehmlich fortgesetzten HV-Vertrages als weniger dramatisches Gegenstück zur außerordentlichen Kündigung des § 89a. Die vor der Novelle 1989 sogar noch kürzeren (Rn 2) Fristen des § 89 Emde

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bildeten ursprünglich gegenüber den für Arbeiter und Angestellte nach §§ 621–623 BGB1 geltenden überwiegend eine Privilegierung, jedenfalls aber keine erhebliche Schlechterstellung. Heute bewirken sie im Vergleich zu den für Angestellte maßgeblichen Fristen eine Benachteiligung des meist als „Einpersonenunternehmen“ tätigen HV, die mit seiner oft durch wirtschaftliche Abhängigkeit begrenzten Selbständigkeit nur unzureichend erklärt werden kann. Ihre Kürze bedroht erheblich die wirtschaftliche Grundlage jedes HV, gleich ob es sich um einen großen oder kleinen HV handelt. Eine langfristige Planung ist mit diesen Fristen unmöglich, der Unternehmer kann mittels Kündigungsandrohung erheblichen Druck auf den auf den Vertrag angewiesenen Vertriebsmittler2 ausüben. Der Ausgleichsanspruch als „kleiner Kündigungsschutz“ bietet nur geringe Linderung, zumal seine TB-Voraussetzungen nicht immer gegeben sein müssen. Wohl daraus resultiert(e) das Bestreben der Rspr. oder der bis 2013 gültigen Kfz-GVO 1400/02, die Kündigungsfristen in investitionsintensiven Branchen – etwa im Kfz-Vertriebsrecht – zu verlängern. Bei HVähnlichen Dauerschuldverhältnissen mit Investitionsbedarf sieht der BGH heute eine Kündigungsfrist zwischen sechs Monaten3 und einem Jahr4 (Vertragshändlervertrag mit erheblichem Investitionsbedarf) als angemessen an. § 89 trifft für beide Parteien geltende Regelungen zur ordentlichen Kündigung des HV-Vertrages in allen ihren Formen, einschließlich der Änderungskündigung und – soweit zulässig – der Teilkündigung.5 Bei Ausübung von Weisungs- und Dispositionsrechten (soweit zulässig), selbst wenn sie die vertraglich vorbehaltene Befugnis zur Änderung einzelner Vertragsbedingungen zum Inhalt hat,6 müssen die Fristen des § 89 nicht eingehalten werden. Sie sind nur zu beachten, wenn die Dispositionsmaßnahme der Wirkung einer Vertragsbeendigung gleich kommt (§ 86a Rn 87). Nach einer Kündigung hat der HV grundsätzlich keinen Anspruch auf Neuabschluss des Vertrages, sofern dies nicht vereinbart wurde7 oder § 19 GWB einen Kontrahierungszwang gibt (Vor § 84 Rn 304 ff.). Ausnahmsweise kann ein Anspruch auf Vertragsanpassung nach § 242 BGB bestehen.8 Beispiel: VV bei neuer Tarifstruktur.9 Die unberechtigte ordentliche Kündigung kann gem. § 280 BGB schadensersatzpflichtig machen.10 B. Genese und europarechtliche Präformation § 89 gewann seine heutige Fassung durch Gesetz vom 23.10.1989. Es setzte die Vor- 2 gaben der Artt. 14, 15 RL um und verlängerte die Kündigungsfristen (Abs. 1), schränkte die Möglichkeiten abweichender Vereinbarungen ein (Abs. 2) und nahm die Kündigungsregelung für ein auf bestimmte Zeit eingegangenes und dann einvernehmlich fortgesetztes Vertragsverhältnis neu auf (Abs. 3). Vor der Gesetzesänderung durfte der Vertrag in den ersten drei Jahren der Vertragsdauer nur mit einer Frist von sechs Wochen für den Schluss eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Wurde eine andere Kündi-

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1 Bei nach Monaten bemessener Vergütung war gem. § 621 BGB a.F. eine Kündigung zum Schluss eines Kalendermonats möglich, die bis zum 15. eines Monats erklärt werden musste. Gegenüber Angestellten höherer Art, etwa Lehrern, lautete die Kündigungsfrist 6 Wochen zum Schluss eines Kalendervierteljahres (§ 622 BGB a.F.). 2 Martinek ZVertriebsR 2012, 2 (7). 3 BGH, Urt. v. 20.7.2006 – III ZR 145/05, MDR 2007, 258 (Belegarzt). 4 BGH BB 1995, 1657; zust. Niebling WRP 2011, 1518 (1522). 5 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 19. 6 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 9b. 7 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 10. 8 Hopt § 89 Rn 17. 9 BGH WM 1992, 311. 10 OLG Köln, Urt. v. 30.9.2005 – 19 U 67/05, VersR 2006, 407 (408); Hopt § 89 Rn 16.

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gungsfrist vereinbart, so musste sie mindestens einen Monat betragen; es durfte nur für den Schluss eines Kalendermonats gekündigt werden. Nach einer Vertragsdauer von drei Jahren durfte das Vertragsverhältnis nur mit einer Frist von mindestens drei Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres gekündigt werden (Abs. 2). Eine vereinbarte Kündigungsfrist musste für beide Teile gleich sein; bei Vereinbarung ungleicher Fristen galt für beide Teile die längere Frist (Abs. 3). § 89 entspricht nun weitgehend dem europarechtlichen Vorbild des Art. 15 RL. Art. 15 Abs. 2 RL schreibt im ersten Vertragsjahr eine Kündigungsfrist von einem Monat, ab dem angefangenen zweiten Vertragsjahr zwei Monate sowie ab dem dritten Vertragsjahr drei Monate vor. Gem. Art. 15 Abs. 3 RL ist es den Vertragsstaaten jedoch gestattet, ab dem vierten Vertragsjahr eine Kündigungsfrist von vier Monaten, ab dem fünften Vertragsjahr von fünf Monaten und ab dem sechsten Vertragsjahr von sechs Monaten vorzuschreiben. Deutschland hat den Schritt des vierten und fünften Vertragsjahres nicht übernommen und nimmt dabei im europäischen Schutzniveau eine Mittelstellung ein.11 § 89 Abs. 3 S. 1 entspricht Art. 14 RL. Damit wurde gegenüber der früheren Regelung das Schutzniveau erhöht, was dem Ziel der RL entsprach. C. Zweck 3

Die Kündigungsfristen sollen dem HV Schutzfristen gewähren, damit er sich rechtzeitig für die Zeit nach Vertragsbeendigung auf eine Tätigkeit für ein oder mehrere andere Unternehmer oder auf anderen Geschäftsfeldern umstellen kann.12 In gleicher Weise schützt die Frist den Unternehmer, der ein Interesse daran hat, nicht plötzlich und ohne Umstellungsfrist ohne Vertriebsmittler dazustehen, ohne den Vertrieb rechtzeitig neu organisieren zu können.13 Die Fristen sind als Kompromiss zwischen den Interessen des Unternehmers und des HV konzipiert, wobei die Begr. z. RegE14 darauf verweist, auch der HV könne Interesse an kürzeren Fristen haben und zugunsten des Unternehmers berücksichtigt werden müsse, dass ein gekündigter HV nicht mehr mit gleichem Einsatz werbe (weshalb die Fristen nicht zu lang sein dürften). D. Endigungsgründe für das Handelsvertreterverhältnis

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Die Vielfalt der Gründe, aus denen das HV-Verhältnis möglicherweise enden kann, ist für das HV-Recht von Interesse hauptsächlich für den Ausgleichsanspruch des § 89b, in geringerem Umfange daneben noch für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot des § 90a, und allenfalls für den Schadensersatzanspruch aus § 89a Abs. 2. Üblicherweise enden HV-Verträge entweder durch Kündigung – ordentliche des § 89 oder außerordentliche des § 89a – oder bei Befristung infolge Zeitablaufs, wobei die Befristung häufig mit einer Fortsetzungsklausel verbunden wird. Insoweit besteht, soweit die zwingenden Kündigungsfristen beachtet werden, weitgehende Vertragsfreiheit und es ist bezeichnend, welche Mühe die Parteien bereits vor Vertragsbeginn auf die Bestimmung der Umstände der Vertragsbeendigung in der zwischen ihnen geschlossenen Vereinbarung legen. Beispielhaft sind folgende Endigungsgründe zu nennen:

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Westphal EWS 1996, 43 (47). BGH NJW-RR 2002, 1554 (1555); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 4. Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 4. Begr. z. RegE, BT-Drucks. I/3856, S. 31.

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I. Änderungskündigung Eine Änderungskündigung enthält im Zweifel die unbedingte,15 ordentliche, keiner 5 Begründung16 oder Rechtfertigung17 bedürftige Kündigung des bestehenden Vertrages, verbunden mit dem ggf. nachfolgenden Antrag (zunächst oft nur als Letter of Intent) auf Abschluss eines neuen, geänderten Vertrags.18 Durch den unbedingten Willen des Kündigenden zur Beendigung des Gesamtvertrages unterscheidet sie sich von der Teilkündigung (siehe dort) oder dem bloßen Angebot auf Vertragsänderung.19 Die Änderungskündigung kann auch konkludent erklärt werden.20 So mag etwa eine die Tätigkeit des HV einschränkende „Weisung“ rechtstechnisch als Änderungskündigung verstanden werden.21 Schweigen auf die Änderungskündigung bedeutet keine Zustimmung zu dem angebotenen neuen Vertrag.22 Der Gekündigte muss ihr weder widersprechen noch das Vertragsangebot annehmen.23 Die Änderungskündigung steht zwar nicht gem. § 2 KSchG analog unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Überprüfung. Jedoch kann der Mittler die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Feststellung ihre Wirksamkeit annehmen;24 das mit der Änderungskündigung verbundene Angebot auf Abschluss eines Neuvertrages würde im Zweifel gem. § 139 BGB von der Feststellung der Unwirksamkeit erfasst.25 II. Anfechtung 6

Zur Anfechtung § 84 Rn 100 ff. III. Arbeitsunfähigkeit

Der Vertrag endet nicht durch die Arbeitsunfähigkeit des Mittlers.26 Es bedarf einer 7 Kündigung. IV. Aufhebungsvertrag Der HV-Vertrag kann durch einen jederzeit möglichen, frei aushandelbaren, nicht 8 an die Einhaltung von Kündigungsfristen noch an sonstige im Arbeitsrecht geltende Be-

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15 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 87 Rn 79; aA Stötter S. 157. 16 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21. 17 BGH ZIP 2000, 138 (140). 18 BGH ZIP 2000, 138 (140); Schlegelberger/Schröder DB 1958, 975; Pauly DB 1997, 2378; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 52; zum Arbeitsrecht Hoss MDR 2000, 562. 19 OLG Köln VersR 1989, 1142; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21. 20 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 85. 21 OLG Stuttgart BB 1965, 926; Hopt § 89 Rn 17. 22 BGH, Urt. v. 24.10.1955 – II ZR 216/54, BB 1955, 1009; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 85; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 24; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 52. 23 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21. 24 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 325. 25 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 325. 26 OLG Braunschweig NJW-RR 1994, 35; Hopt § 84 Rn 42.

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schränkungen gebundenen27 Aufhebungsvertrag beendet werden.28 Ein solcher Vertrag unterliegt keiner Form,29 er kann ggf. konkludent geschlossen werden.30 Insb. ist § 623 BGB unanwendbar.31 Die zwingende Natur des § 89 (Rn 100 ff.) steht ihm nicht entgegen. Denn nur die Kündigung muss die Fristen des Abs. 1 wahren, nicht eine beiderseitige Vereinbarung.32 Es besteht insoweit auch kein Schutzbedürfnis, welches zu einer Erstreckung des Derogationsverbots auf den Aufhebungsvertrag führen könne. Denn keine Partei ist gezwungen, den Aufhebungsvertrag zu unterzeichnen. Ein wirtschaftlicher Druck wie zum Zeitpunkt des Abschlusses des HV-Vertrages, der dazu führen kann, dass die wirtschaftlich unterlegene Partei sich auf eine Abbedingung der Kündigungsfristen einlassen würde, besteht vor Abschluss eines Aufhebungsvertrages typischerweise nicht. Eine einverständliche Aufhebung des HV-Vertrages liegt auch vor, wenn das Vertragsverhältnis umgewandelt wird: in ein Verhältnis auf der Basis eines nunmehr angestellten Reisenden,33 eines Anstellungsvertrages unter Betreuung mit sonstigen Aufgaben in der Organisation des Unternehmens oder einer Tätigkeit als (nur noch) nebenberuflicher HV (§ 92b). Von der Vertragsaufhebung zu unterscheiden ist die bloße Fortsetzung des bisherigen HV-Vertrages zu geänderten Bedingungen. Hier ist das HV-Verhältnis als solches nicht beendet. Vielmehr ist von einer Fortsetzung des bisherigen Vertrages auszugehen, nur zu geänderten Bedingungen. Paradigma ist der Änderungsvertrag, bei welchem lediglich einzelne Regelungen des HV-Vertrages ersetzt werden. Das ist wichtig für den Ausgleichsanspruch34 (§ 89b Rn 79). Denn bei Vertragsfortsetzung entsteht kein Ausgleichsanspruch. Auf die Frage, ob im Altvertrag erworbene Ausgleichsanwartschaften in den Neuvertrag überführt werden, kommt es beim Änderungsvertrag nicht an. Anders liegt es in Fällen, in denen eine Änderungskündigung des Unternehmers ausgesprochen wird, mit der erreicht werden soll, dem HV abweichend von vertraglichen Festsetzungen den zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis zu verkleinern oder den Provisionssatz herabzusetzen, und daraufhin eine Vertragsänderung zu diesen eingeschränkten Konditionen zwecks Vermeidung der Änderungskündigung zustande kommt. Gleiches gilt für Konstellationen, in denen einverständlich eine vollkommene Vertragsauswechslung gewollt ist. Diese Fälle unterscheiden sich von denen der Vertragskontiunität, indem als notwendiges Zwischenstadium die vollständige Vertragsbeendigung gewollt ist. Die Abgrenzung erfolgt nach §§ 133, 157 BGB, wobei die Zahl der geänderten Regelungen und ihre Gravität eine Rolle spielt. Nur soweit infolge der Vertragsbeendigung Provisionen entgehen, kann nach der Änderungskündigung ein Ausgleichsanspruch entstehen; von einem Übergang der Ausgleichsanwartschaften ist im Regelfall auszugehen.

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27 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 13. 28 Siehe BGHZ 24, 214; BGH VersR 1963, 556; OLG Nürnberg BB 1959, 318; Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 22; Hopt § 89 Rn 9; Oetker/Busche § 89 Rn 28; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 13. 29 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 26. 30 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 14 f. 31 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 13. 32 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 24; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 13. 33 Fall BAG NJW 1958, 1365 – Vorinstanz: BB 1957, 1275; Winterberg DB 1958, 521, 1163; Neflin DB 1958, 579. 34 BGH NJW 1967, 248.

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V. Auflösende und aufschiebende Bedingung Der Eintritt einer auflösenden Bedingung als Endigungsgrund darf vereinbart wer- 9 den,35 etwa: Erreichen einer Altersschwelle,36 Übernahme in den Öffentlichen Dienst, Wegzug ins Ausland, Anklage wegen einer Steuerstraftat (insb. bei Unternehmern, welche Aufträge von der öffentlichen Hand erhalten), Bestand eines Parallelvertrages,37 Tod des Gesellschafters einer HV-Gesellschaft.38 Beiden Parteien eher gerecht wird die der Parteidisposition unterliegende Kündigung,39 welche eine „automatische“ Vertragsbeendigung verhindert und es ermöglicht, im Einzelfall über das Vertragsende zu entscheiden. Sie verhindert ferner, dass eine Partei durch bewusstes Herbeiführen der Bedingung das Vertragsende erreichen kann, wobei der Unternehmer für die Unbeachtlichkeit des Bedingungseintritts nach §§ 162, 242 BGB beweispflichtig wäre.40 Die Vereinbarung einer Bedingung überhebt der Notwendigkeit einer Kündigung; doch wird stets zu prüfen sein, ob nicht in Wahrheit die vertragliche Festlegung eines zur fristlosen Kündigung berechtigenden Umstandes gemeint ist.41 Das mag der Fall sein, wenn der zur Kündigung berechtigende TB hinsichtlich des „Ob“ der Kündigung bedeutsamen Beurteilungsspielraum offenlässt, und er deshalb typischerweise unter die wichtigen Gründe für eine fristlose Kündigung gerechnet wird (Gegenbeispiele: ungenehmigte Übernahme einer Teilzeitarbeit im Angestelltenverhältnis; Teilung der Agentur unter Verlegung der Hauptniederlassung außerhalb des zugewiesenen Bezirks, Abwerbung von Personal bei einer Zulieferfirma des Unternehmers). Spiegelbildlich kann im Einzelfall ein Kündigungsrecht als auflösende Bedingung zu verstehen sein.42 Bei auflösenden Bedingungen ist darauf zu achten, dass die Investition des Mittlers nicht übermäßigen Gefährdungen ausgesetzt werden.43 Das Verhältnis der den Vertrag auflösenden Bedingung zu § 89a ist ungeklärt. 10 Denkbar sind zwei Alternativen: 1.: Die eine auflösende Bedingung regelnde Klausel wird nur anhand der §§ 134, 138, 242, 823 ff. BGB geprüft, und 2.: Sie ist unwirksam, falls die auflösende Bedingung vor Ablauf der in § 89 geregelten Kündigungsfristen eintreten soll und nicht zugleich die Anforderungen an einen wichtigen Grund i.S.d. § 89a erfüllt. Argument für 1: Der Vertragspartner weiß von vornherein, dass der Vertrag bei Bedingungseintritt endet; ein Spannungsverhältnis zu § 89 wegen Umgehung der Kündigungsfristen besteht nicht. Ein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand des Vertrages wird nicht gesetzt; die Unsicherheit über das „Ob“ einer außerordentlichen Kündigung fehlt, da der Vertrag automatisch, d.h. „sicher“ endet. Es ist nicht in das Belieben des Kündigungsberechtigten gestellt, ob von dem wichtigen Grund i.S.d. § 89a Gebrauch gemacht wird. Ebenso wie eine ähnlich wirkende Befristung (Rn 11) wäre die auflösende Bedingung zulässig. Argument für 2.: Wichtige Kündigungsgründe dürfen konkretisiert, aber nicht abweichend von § 89a neu bestimmt werden. Zudem werden die zwingenden Fristen des § 89 umgangen, sofern die auflösende Bedingung ein früheres Vertragsende

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35 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 483; Canaris § 17 Rn 97; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 18; Hopt § 89 Rn 2; Oetker/Busche § 89 Rn 30. 36 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 18. 37 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 18. 38 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 38. 39 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 485. 40 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 19. 41 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 18; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 1d. 42 BayObLG NJW-RR 1990, 87; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 18; Staudinger/Bork Vor §§ 158–163 Rn 10. 43 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 484.

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zulässt. Auch wäre zu prüfen, ob andere zwingende Kündigungsbeschränkungen umgangen werden sollen,44 etwa im Falle der Vereinbarung, dass bei Nichterreichen eines bestimmten Umsatzziels der Vertrag automatisch enden soll.45 Soll der Vertrag grundsätzlich unbefristet laufen und nur ausnahmsweise durch auflösende Bedingung enden, besteht das o.g. genannte Spannungsverhältnis zu §§ 89, 89a.46 Erfüllt die Bedingung zugleich die Anforderungen an einen wichtigen Grund, bestehen keine Bedenken,47 sofern der Kündigende analog § 314 BGB vorher abmahnt (s.u.). Werden dann auflösende Bedingungen unterhalb der Schwelle eines wichtigen Grundes definiert, ist dies nur ausnahmsweise zulässig, wenn dafür – objektiv – ein anerkennenswertes Interesse gegeben ist.48 Dies wird meist nur bei objektiv anknüpfbaren Umständen und keiner Wertung zugänglichen, von subjektiven Einschätzungen einer Partei abhängigen Beendigungsgründen der Fall sein. So kann ein anerkennenswertes Interesse daran bestehen, etwa das Nichterreichen bestimmter Umsatzschwellen binnen eines Zeitraums als auflösende Bedingung zu regeln, sofern die geregelten Zahlen realistischerweise erreichbar sind.49 Weiter wird man voraussetzen müssen, dass der Auflösungsgrund klar, transparent und vorhersehbar bestimmt wurde, damit die Folgen für den Vertragspartner schon bei Vertragsschluss vorhersehbar sind50 (woran es bei den o.g., einer Wertung zugänglichen subjektiven Auflösungsgründen meist fehlt). Die mglw. geringere Eingriffsschwelle gegenüber dem wichtigen Grund nach § 89a wird man angesichts der Vorhersehbarkeit bei Vertragsschluss bei hinreichender Transparenz der Auflösungsbedingungen, objektivem Interesse sowie Anknüpfung an objektive Umstände hinnehmen können, soweit keine Knebelung nach § 138 BGB eintritt. Die Ausgleichsausschlussgründe des § 89b Abs. 3 sind im Falle der Bedingung analog anzuwenden.51 Unter Umständen kann aus Vertrauensschutzgesichtspunkten und zur Warnung eine Abmahnung analog § 314 BGB gefordert sein, ehe sich der Vertragspartner auf die Wirkungen einer auflösenden Bedingung berufen darf.52 Die Gründe sind die gleichen, welche schon vor Wirksamwerden des § 314 BGB die Rspr. dazu leitete, eine Abmahnung zu fordern. Dies gilt insb. bei Vertriebsverträgen mit ihren engen Treupflichten und dann, wenn die Bedingung an ein steuerbares Verhalten des Vertragspartners geknüpft wird. Unter Umständen greifen die Grundsätze des Investitionsersatzanspruches (Rn 81 ff.) ein.53 VI. Befristung 11

Eine Befristung des HV-Vertrages ist, anders als im Arbeitsrecht, ohne sachliche Begründung jederzeit zulässig,54 Allerdings muss der Zeitraum der Befristung mindestens die Kündigungsfristen des § 89 erreichen. Beispielhaft zu nennen sind befristete Probe-

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44 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 5; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 12; vgl. LAG Berlin MDR 1998, 293. 45 Oetker/Busche § 89 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 12. 46 Vgl. Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 19. 47 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 19. 48 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 19. 49 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 484; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 19; aA (Umgehung des § 89) MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 12. 50 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 19. 51 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89b Rn 244. 52 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 20. 53 Vgl. Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 21. 54 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 5.

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verträge und die sog. kommissarische Übertragung einer Vertretung durch einen bereits für einen anderen Bezirk oder anderen Kundenkreis tätigen HV, der vorübergehend einen vakanten Bezirk übernimmt. Die kommissarische Betrauung pflegt mit gesondertem Vertrag zu geschehen. Im Gegensatz zur aufschiebenden Bedingung ist der Vertrag zwischenzeitlich in Vollzug. VII. Betriebsveräußerung oder -einstellung Die Veräußerung des Betriebs des Unternehmers55 führt das Ende des HV-Vertrages 12 nicht herbei, so wenig wie die Veräußerung der Agentur durch den HV oder die Betriebseinstellung56 durch eine Vertragspartei. Der Veräußernde muss, der Vertragspartner kann den Vertrag kündigen. Ein automatischer Übergang des Vertrages auf den Betriebsnachfolger findet nicht statt. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 613a BGB nicht gegeben.57 Jedoch kann ein Eintritt des Unternehmensnachfolgers in das Vertragsverhältnis vereinbart werden.58 Je nach den Umständen des Sachverhalts können diese Umstände einen Grund für eine fristlose Kündigung bilden.59 VIII. Auflösung und Vollbeendigung einer Handelsvertretergesellschaft Die Auflösung einer Vertretergesellschaft (GmbH, oHG, KG) hat ebenfalls nicht 13 die Beendigung des mit ihr geschlossenen HV-Vertrages zur Folge.60 Sie steht dem Tode einer natürlichen Person nicht gleich, weil die aufgelöste Gesellschaft zunächst noch fortbesteht, wenn auch nur als Liquidationsgesellschaft, und unter Umständen wieder zur Vollgesellschaft erstarken kann. Anders die wohl h.M.: Sie wendet die §§ 673, 675 BGB nicht nur im Falle des Todes des HV, sondern auch im Fall der Auflösung der HVGesellschaft an und vertritt, der HV-Vertrag ende entsprechend §§ 673, 675 BGB bereits bei Auflösung.61 Diese seit mehr als hundert Jahren eingenommene Ansicht ist abzulehnen. Denn die Gesellschaft besteht als eine ggf. werbende Liquidationsgesellschaft fort62 und wird als solche regelmäßig von den bisherigen Geschäftsführern liquidiert. Das liegt nicht nur im Interesse der Gesellschaft, sondern ist auch Pflicht gegenüber dem Unternehmer, der Klarheit darüber gewinnen muss, wann er welche Dispositionen aus Anlass der Liquidation seines Vertragspartners zu treffen hat. Die §§ 673, 675 BGB sind auf die natürliche Person bezogene Sonderregeln, die nur mit Vorsicht analog auf eine juristische Person anzuwenden sind.63 Sie sollen, da der im Erbfall gem. §§ 1922, 1967 BGB eintretende Übergang des HV-Vertrages regelmäßig sowohl dem Willen des Unternehmers wie des Erben widersprechen dürfte, den Übergang des HV-Vertrages auf den Erben verhindern.64 Die Auflösung einer Gesellschaft ist mit dem Tod einer natürlichen Person

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55 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 45; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 27. 56 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 44; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; Hopt § 89 Rn 4; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 26. 57 BGH NJW 1963, 101. 58 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 48. 59 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 27. 60 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 41; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 21. 61 Schuler JR 1957, 44 (47); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41; wohl auch Ahle DB 1963, 227 (228/229). 62 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 198; Emde GmbHR 1999, 1005 (1016). 63 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, 1994, S. 198. 64 Mugdan II S. 307.

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unvergleichbar.65 Wegen der zwischen Gesellschaft und Liquidationsgesellschaft bestehenden Identität von Personal- und Sachmitteln sind bei Auflösung der Gesellschaft weder jene noch der Unternehmer in einer dem Erbfall vergleichbaren Weise schutzwürdig. Die Liquidatoren haben daher den HV-Vertrag im Wege der ordentlichen Kündigung zu beenden.66 Würden die Liquidatoren die Kündigung verzögern, könnten sie im Einzelfall dem Unternehmer einen Grund geben, wegen (insoweit) schuldhafter Verletzung der dem HV obliegenden Pflichten aus wichtigem Grunde seinerseits zu kündigen, sofern die Gesellschaft ihren Vertragspflichten nicht mehr nachkommen kann. Unterlassen die Liquidatoren die Kündigung, so endet der Vertretervertrag mit der Vollbeendigung der Gesellschaft.67 Zudem darf der Unternehmer nach § 89a kündigen, falls ihm die Vertragsfortführung mit einer Liquidationsgesellschaft unzumutbar ist.68 War der HV eine Personenhandelsgesellschaft (oHG, KG), so kommt es darauf an, ob und ggf. wem von den Gesellschaftern der HV-Vertrag die Wahrnehmung der eigentlichen HV-Tätigkeit übertragen hatte. Eine Auslegung kann ergeben, dass der Vertrag mit einem Gesellschafter fortbestehen soll.69 Immerhin werden Unternehmer und Liquidator, bevor sie den HV-Vertrag fristlos kündigen, zweckmäßigerweise abwarten dürfen, ob die aufgelöste Gesellschaft nicht dennoch fortgeführt (§§ 134, 144) oder als zweigliedrige von einem der beiden Gesellschafter übernommen wird. Ist dann der mit der HV-Tätigkeit beauftragt gewesene Gesellschafter in der Gesellschaft verblieben bzw. führt er die bisher handelsgesellschaftliche Agenturfirma allein fort, so kann der HV-Vertrag weiterlaufen (woran der Unternehmer durchaus ein Interesse haben mag).70 Ist er es nicht, so wird die Gesellschaft dem Unternehmer einen anderen, geeigneten Gesellschafter für die vakant gewordene Funktion vorzuschlagen haben. Rechtsform-, 71 Gesellschafterwechsel, Spaltung,72 Verschmelzung73 oder Tod eines Gesellschafters74 beenden das Vertragsverhältnis nicht, sofern dies nicht als auflösende Bedingung (Rn 9 f.) vereinbart worden ist.75 Eine außerordentliche Kündigung wegen eines Rechtsform- oder Gesellschafterwechsels ist nach Abmahnung möglich, falls die Gesellschaft hierdurch i.S.d. §§ 613, 664 BGB wesentlich in ihrem Erscheinungsbild geändert wird. Der Unternehmer ist nach diesen Normen gegen erhebliche Änderungen im Erscheinungsbild des HV-Unternehmens geschützt76 (Vor § 84 Rn 62 ff.), sofern er hierdurch einen Nachteil erleidet. Davon ist auszugehen, wenn der ausscheidende Gesellschafter Schlüsselperson war.77

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65 BGHZ 84, 379 (380); Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 198. 66 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 199; Schuler JR 1957, 44 (45); Sieg AG 1964, 293 (298), Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 41; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 21; Bruck/Möller Vor §§ 43–48 Anm. 345. 67 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 199; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 41; aA Sieg AG 1964, 293. 68 Emde GmbHR 1999, 1005 (1016); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 41. 69 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6. 70 OLG Hamburg DB 1962, 1636. 71 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 47; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 28. 72 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 47. 73 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 47. 74 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 38, 40. 75 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 207; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 20. 76 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 219. 77 Emde Die Handelsvertreter-GmbH S. 219.

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IX. Höchstalter als vereinbarter Endzeitpunkt HV-Verträge, auslaufend mit Erreichung eines bestimmten Lebensalters (bisher 14 meist zum 65. Lebensjahr), sind regelmäßig nicht als mit fester Dauer abgeschlossen anzusehen. Meist wollen die Parteien keine feste, bis zu diesem Datum unkündbare Vertragslaufzeit i.S.d. § 620 Abs. 1 BGB bestimmen.78 Im Zweifel stellen sie Verträge auf unbestimmte Zeit mit einem Spätest-Endtermin dar.79 Eine vorherige Kündigung nach § 89, evtl. nach § 624 BGB,80 ist also nicht ausgeschlossen. Zu strenge Anforderungen insoweit stellt Hess,81 der eine ausdrücklich vereinbarte Gestattung früherer Kündigung im Vertrag fordert. Jeweils ist das Gewollte im Einzelfall zu prüfen. X. Insolvenz des Mittlers oder des Unternehmers 1. Insolvenz des Unternehmers. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das 15 Vermögen des Unternehmers führt gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 InsO82 zur Beendigung des Vertragsverhältnisses. Es bedarf keiner Kündigung; sie ist aber möglich, etwa bei außerordentlicher Kündigung infolge der Insolvenzantragsstellung oder dahingehender Kündigungsklauseln.83 Deshalb erlöschen im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners sämtliche Geschäftsbesorgungsverträge, auch HV-Verträge.84 Gleiches gilt, wenn die Eröffnung des InsV gemäß § 26 InsO mangels Masse abgewiesen wird. Wente85 befürwortet für HV-Verträge eine einschränkende Auslegung: Dem Insolvenzverwalter stehe entgegen dem Wortlaut des § 108 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 InsO das Wahlrecht des § 103 InsO über Fortführung oder Nichtfortführung zu. § 108 InsO sei einschränkend auszulegen, da er anderenfalls dem Ziel des Insolvenzverfahrens, die Masse zur gesetzmäßigen und gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger zu erhalten, widerspräche.86 Dem HV eventuell erteilte Vollmachten, etwa eine Abschlussvollmacht, erlöschen gem. § 117 Abs. 1 InsO, wobei das Gesetz nur eine Ausnahme vorsieht (vgl. § 117 Abs. 2 InsO).87 Dem HV steht kein Verfrühungsschaden nach § 113 Abs. 1 S. 2 InsO zu, wenn der HV-Vertrag aufgrund der Insolvenz des Unternehmers erlischt.88

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78 BGH, Urt. v. 6.2.1969 – VII ZR 125/66, VersR 1969, 445 mit zust. Anm. Boetius; Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 62; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 14; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 19; Hopt § 89 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 41; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3b, 8a. 79 BGH VersR 1969, 445. 80 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 64; Semler in: Martinek/Semler/ Habermeier/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 19 Rn 4. 81 BB 1954, 747. 82 OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.12.1996 – 1 U 343/96–59, BB 1997, 1603 (1604); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 27 f.; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); Emde/Kelm ZIP 2005, 58; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 88; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 42; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 7; Canaris § 17 Rn 97. Bis zum Inkrafttreten der InsO am 1.1.1999 ergab sich die Beendigung des HV-Vertrages aus § 23 KO (hierzu Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 28); vgl. auch Heymann/Weitemeyer/Sonnenschein § 89 Rn 10; zur Insolvenz bei Franchisevertragen Torz ZInsO 2009, 1235. 83 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag. 84 MünchKommInsO/Ott § 116 Rn 12. 85 ZIP 2005, 335; hiergegen Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 28 ff. 86 Wente ZIP 2005, 335 (338). 87 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 30 f. 88 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 59.

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a) Fortsetzung des Vermittler-Vertrages nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Eine Fortsetzung des HV-Vertrages nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmers ist trotz der automatisch eintretenden Beendigung möglich. Die Fortsetzung setzt eine Vereinbarung zwischen Insolvenzverwalter und HV voraus. Es entsteht ein neues Vertragsverhältnis.89 Die Bedingungen des Neuvertrages können mit denen des ursprünglichen Vertrags weitgehend identisch sein. Den Parteien steht es frei, die Fortsetzung des Altvertrages zu vereinbaren.90 Setzt der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens den HV-Vertrag fort, ohne irgendwelche Vereinbarungen getroffen zu haben, liegt hierin der konkludente Abschluss eines neuen HV-Vertrags, d.h. keine Fortsetzung des Altvertrages.91 Das Entstehen eines neuen Vertrags mit dem Insolvenzverwalter ist von Bedeutung für die insolvenzrechtliche Qualifikation der aus ihm resultierenden Ansprüche. Sämtliche Ansprüche des HV, die aufgrund seiner weiteren Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge des Neuvertrages mit dem Insolvenzverwalter entstehen, sind vorab zu befriedigende Masseverbindlichkeiten gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.92 17 Der HV-Vertrag gilt in Anwendung der § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 2 S. 2 InsO als fortbestehend, wenn mit dem Aufschub der übertragenen Geschäfte Gefahr verbunden ist. Die Untätigkeit des HV müsste objektiv eine Gefahr mit sich bringen, d.h. der Insolvenzmasse objektiv Nachteile drohen.93 Eine solche Gefahr ist gegeben, falls der Insolvenzverwalter das Geschäft nicht rechtzeitig selbst besorgen kann.94 Als Beispiel seien nicht wiederholbare Beweissicherungen durch den HV oder schnelles, nicht ersetzbares Handeln bei Vermittlung oder Abschluss genannt,95 etwa im Fall verderblicher Waren.96 Der HV hat die Pflicht, solche Geschäfte solange fortzusetzen, bis der Insolvenzverwalter anderweitig Fürsorge treffen kann (§ 115 Abs. 2 S. 1 InsO). Dabei ist unerheblich, ob der HV in Kenntnis der Verfahrenseröffnung handelt oder nicht. Es ist allein die objektive Notlage maßgeblich.97 Zur insolvenzrechtl. Einordnung des entstehenden Provisionsanspruchs § 87a Rn 108 ff. Der Mittlervertrag gilt gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 3 S. 1 InsO zu Gunsten des Ver18 triebsmittlers als fortbestehend, solange er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ohne sein Verschulden (§ 276 BGB) nicht kennt.98 Im Unterschied zur gesetzlichen Fiktion wegen eines möglichen Gefahreintritts gilt eine erteilte Vollmacht nicht als fortbestehend. Dies folgt aus einem Umkehrschluss zu § 117 Abs. 2 InsO, wonach die Vollmacht nur im Falle der bei Gefahr (s.o.) eintretenden Fiktion nach § 115 Abs. 2 InsO,99 nicht aber im Falle des § 115 Abs. 3 InsO, als fortbestehend gilt. Der HV handelt ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Vertreter ohne Vertretungsmacht i.S.d. §§ 177 f. BGB.100 Die

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89 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 42. 90 BGH, Urt. v. 11.2.1988 – IX ZR 36/87, BGHZ 103, 250; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 632. 91 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457); Westphal I Rn 884. 92 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 49; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 632; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41c. 93 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456). 94 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 42: Kroth in: Braun, InsO, § 115 Rn 7. 95 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); Emde/Kelm ZIP 2005, 58; Westphal I Rn 882. 96 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 42. 97 Kroth in: Braun, InsO, § 115 Rn 7. 98 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456); Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 41. 99 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 42. 100 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 42.

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von ihm getätigten Geschäfte sind gem. § 177 Abs. 1 BGB schwebend unwirksam. Die Fiktion gilt nur zu Gunsten des HV, so dass Dritte allein dann Ansprüche geltend machen können, wenn der Insolvenzverwalter gem. § 177 BGB die erforderliche Genehmigung zum Geschäft erteilt. Ob der Insolvenzverwalter die Genehmigung erteilt, steht ihm frei.101 Dagegen ist der Schuldner gem. § 81 Abs. 1 InsO daran gehindert, eine Genehmigung zu erteilen, obwohl er letztlich der Vertretene ist. Das aus der fehlenden Vertretungsmacht resultierende Haftungsrisiko des HV gem. § 179 BGB wird durch § 117 Abs. 3 InsO aufgefangen. Der HV haftet nicht, solange er die Eröffnung des Verfahrens ohne sein Verschulden nicht kennt. Sämtliche aus der Fiktion resultierende Ersatz- und Vergütungsansprüche des HV sind einfache Insolvenzforderungen (vgl. § 116 S. 2 i.V.m. § 115 Abs. 3 S. 2 InsO).102 b) Schicksal des Mittlervertrages im Insolvenzantragsverfahren aa) Fortbestehen im Insolvenzantragsverfahren. Der Mittlervertrag besteht 19 während des Eröffnungsverfahrens, d.h. in dem Zeitraum ab Einreichung des Insolvenzantrages bis zur gerichtlichen Entscheidung über die Verfahrenseröffnung, fort. Die Erlöschensfolge der §§ 116 S. 1, 115 Abs. 1 InsO tritt erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein. Im Eröffnungsverfahren wird regelmäßig ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt, der u.a. die Aufgabe hat, das Unternehmen des Schuldners fortzuführen (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 22 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Ansprüche des Mittlers, die aus Geschäften hervorgehen, welche mit Billigung des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgeführt werden, sind nach § 55 Abs. 2 InsO vorrangig zu befriedigende Masseansprüche.103 bb) Kündigung durch den Mittler. Stellt der Unternehmer beim Insolvenzgericht 20 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, so ist dies für den Mittler in der Regel ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertrages gem. § 89a.104 Zu Recht wird eine Kündigung bereits dann als gerechtfertigt angesehen, wenn einer der Insolvenzgründe des § 16 InsO vorliegt, aber noch kein Insolvenzverfahren eingeleitet wurde.105 Denn die weitere Belieferung des Mittlers ist gefährdet;106 diese Unsicherheit braucht er nicht hinzunehmen. Demzufolge können sowohl die bevorstehende als auch die eingetretene Zahlungsunfähigkeit sowie, bei Vorliegen aller Voraussetzungen, auch die Überschuldung einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellen. Die Parteien dürfen die Zahlungsunfähigkeit der anderen Partei auch als außerordentlichen Kündigungsgrund vereinbaren.107 Für die Wirksamkeit einer Kündigung wegen des vertraglich vereinbarten Kündigungsgrundes der „bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit“ verlangt das OLG Saarbrücken allerdings, dass nach Abgabe der Kündigungserklärung die Zahlungsunfähigkeit auch tatsächlich eintritt.108 Ohne den späteren Eintritt der Zahlungsun-

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101 Kroth in: Braun, InsO, § 117 Rn 6. 102 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 47; vgl. auch Hoffstadt DB 1983, 645 (646); Holling DB 1957, 349 zu Ziff. 4. 103 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 42. 104 Hopt § 89a Rn 24; hinsichtlich eines Antrages auf Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nach der Gesamtvollstreckungsordnung: OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.1995 – 7 U 1138/95, ZIP 1996, 73; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag; v. Manteuffel/Evers EWiR § 89a 1/96, 1133; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 58. 105 Hopt § 89a Rn 24. 106 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (522) – zum Vertragshändlervertrag. 107 OLG Saarbrücken NJW-RR 1999, 1713. 108 OLG Saarbrücken, Urt. v. 11.2.1998 – 1 U 364/97-83, NJW-RR 1998, 1191.

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fähigkeit könnte die Kündigung allein auf die subjektive Einschätzung und Prognose des Kündigenden gestützt werden. Damit würden die anderen insolvenzbezogenen Kündigungsgründe, z.B. Überschuldung oder Stellung des Insolvenzantrages, die an objektiv messbare Kriterien geknüpft sind, unterlaufen werden.109 Laut einer Entscheidung des OLG Dresden ist eine auf die Einreichung des Insolvenzantrages gestützte Kündigung ausnahmsweise dann nicht gerechtfertigt, wenn der Insolvenzschuldner den HV rechtzeitig umfassend und nachprüfbar darüber aufklärt, dass der Insolvenzantrag frühzeitig gestellt wurde, die Zahlungsschwierigkeiten wahrscheinlich nur vorübergehend sind, bereits ein Sanierungskonzept erarbeitet und der Schuldner in der Lage ist, alle weiter angebahnten Verträge zu erfüllen.110 Diese Ausnahme berücksichtigt, dass Gefährdungen des Mittlers damit unwahrscheinlich sind und bei der Prüfung eines wichtigen Grundes nicht nur die Interessen des HV, sondern auch des Unternehmers in die Abwägung mit einzubeziehen sind. Die Kündigung könnte dazu beitragen, dass der Unternehmer Vertriebskanäle verliert, die für eine Sanierung von Bedeutung sein können. Im Gegenzug muss der insolvente Unternehmer den HV umfassend über Geschäftslage und Sanierungschancen aufklären, damit die Gefahr einer Kündigung abgewendet wird.111 Man wird der Entscheidung nur zustimmen können, falls die Fähigkeit des Unternehmens zur Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen zweifelsfrei ist. Die Parteien können Kündigungsrechte und auflösende Bedingungen für den Fall der Unternehmerinsolvenz vereinbaren, und zwar sowohl individualvertraglich112 wie mittels AGB.113 § 119 InsO steht nicht entgegen.114 2. Insolvenz des Mittlers 21

a) Fortbestand des Mittlervertrages in dessen Insolvenz? Nach den Vorschriften der InsO führt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mittlers nicht automatisch zum Vertragsende: Gem. § 108 Abs. 1 S. 1 InsO besteht der Vertrag, auch ein Vertragshändlervertrag, mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort.115 Die Rechtsfolge der Insolvenz des HV unterscheidet sich damit von der bei Insolvenz des Unternehmers. Dort kommt es gem. § 116 S. 1 i.V.m. § 115 Abs. 1 InsO zur automatischen Beendigung des HV-Vertrages (Rn 15). Auch nach § 12 GewO wird eine eventuell erforderliche Erlaubnis (VV!) nicht widerrufen oder unzulässig. Eine Vereinbarung, wonach im Fall der Insolvenz der Vertrag beendet wird (mittels Kündigung oder auflösender Bedingung), ist zulässig. Nach Zivilrecht ergibt sich kein abweichendes Ergebnis: Zwar endet der HV-Vertrag gem.

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109 OLG Saarbrücken, Urt. v. 11.2.1998 – 1 U 364/97-83, NJW-RR 1998, 1191 (1192). 110 OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.1995 – 7 U 1138/95, ZIP 1996, 73; v. Manteuffel/Evers EWiR § 89a 1/96, 1133. 111 OLG Dresden, Beschl. v. 11.10.1995 – 7 U 1138/95, ZIP 1996, 73 (75). 112 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457). 113 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457). 114 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2457). 115 BGH, Urt. v. 7.5.2013 – IX 191/12, WM 2013, 1132 = EWiR 2013, 553 (Eckardt) Rn 11; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2009 – 16 U 160/09, ZIP 2010, 194 = EWiR 2010, 159 (Ströbl) – HV; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 82; Emde/Kelm ZVI 2004, 282; Stumpf/Ströbl MDR 2004, 1209 (1211); Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202) – für den Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2455 (2456); Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – für den Vertragshändlervertrag; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 661; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 86; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 43; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 7; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 24; Genzow in: Ensthaler § 92b Rn 8 (für den Einfirmenvertreter); krit. für Vertragshändlerverträge Eckardt EWiR 2013, 554.

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§§ 673, 675 BGB mit dem Tod des HV.116 Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht dem Tod des HV nicht gleich, weil der HV nach wie vor vermittelnd tätig werden kann (der Insolvenzverwalter wird diese Aufgabe nicht leisten können,117 falls doch begründet er Masseschulden)118 und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ihn hieran nicht hindert. Zudem sind die Vorschriften der InsO lex specialis. Sie sehen jedoch keine Beendigung des Vertrages vor (s.o.). Sofern kein Bargeschäft nach § 142 InsO vorliegt, kann der Insolvenzverwalter des Vertragshändlers Zahlungen nach §§ 130 ff. InsO anfechten.119 Der Unternehmer darf die Unsicherheitseinrede gem. § 321 Abs. 1 BGB erheben und seine Vorleistungspflicht in einen Leistungsaustausch Zug-um-Zug wandeln.120 b) Kündigung des Mittler-Vertrages. Nach wohl h.M. berechtigt die Eröffnung 22 des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mittlers den Unternehmer nach § 89a Abs. 1 zur außerordentlichen Kündigung (auch einer Änderungskündigung)121 des Vertrages aus wichtigem Grund.122 Der Fortführungsgedanke der InsO steht nicht entgegen,123 ebenso wenig die nur Miet- und Pachtverträge betreffende Ausnahmebestimmung des § 112 InsO (analog).124 Das gilt auch für Franchiseverträge, weil bei ihnen gleichfalls das vertriebsrechtliche Element im Vordergrund steht,125 zudem bei Werkstattverträgen.126 Dem Unternehmer ist es unzumutbar, den Vertrag mit einem insolventen Mittler fortzusetzen; auf weitere Unzumutbarkeitsgründe im Hinblick auf die Vertragsfortführung im konkreten Einzelfall dürfte es neben der Insolvenz nicht ankommen.127 Beim

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116 BGHZ 24, 214 (215); 24, 223; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41b. 117 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 83. 118 Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 85. 119 BGH, Urt. v. 7.5.2013 – IX 191/12, WM 2013, 1132 ff. = EWiR 2013, 553 (Eckardt); Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521). 120 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521). 121 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521 f.) – zum Vertragshändlervertrag. Beispiel: Änderung der Zahlungsbedingungen; hier liegt trotz der Vertragsfortführung keine Selbstwiderlegung des wichtigen Grundes vor. 122 BGH, Urt. v. 28.6.2006 – VIII ZR 350/04, BB 2006, 1648 = WM 2006, 1919 = EWiR 2007, 203 (Klasen); v. 3.5.1995 – VIII ZR 95/94, BGHZ 129, 290 (296); OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 6.3.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336; OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2004 – 35 W 5/04, NJW-RR 2004, 1554; Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss iur Mainz 2004, S. 83; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455); Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (insb. 1204 ff.) zum Kfz-Vertragshändlervertrag mit umfassend dargestellten, emotional jedoch etwas überzeichneten Folgen für den Unternehmer; Stumpf/Ströbl MDR 2004, 1209 (1211) für den Vertragshändlervertrag; Ströbl EWiR 2010, 159; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag; Riemer in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 345; Fröhlich in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87a Rn 86; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 43; Martinek/Semler Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 19 Rn 26; Hopt § 89a Rn 20; Westphal I Rn 885; Canaris § 17 Rn 89; Karsten Schmidt Handelsrecht, § 27 V 1. b; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 7; HK/Ruß § 89a Rn 5; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 10; Hopt § 84 Rn 48; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 24, 25; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41d; Emde Die HandelsvertreterGmbH, S. 223/224. 123 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202). 124 OLG Braunschweig, Hinweisbeschl. v. 6.3.2009 – 2 U 29/06, ZIP 2009, 1336; OLG Hamm, Beschl. v. 9.6.2004 – 35 W 5/04; OLG München, Urt. v. 26.4.2006, ZInsO 2006, 1060 mit zust. Anm. Preuß KTS 2007, 361; LG Ingolstadt, Urt. v. 7.10.2008 – 1 HKO 1546/08; Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 43; aA Brossette Autohaus 6/2009, 26 sowie 9/2009, 19. 125 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1202); Wimmer/Wegner InsO § 112 Rn 5; vgl. Metzlaff/Becker § 11 Rn 75; MünchKommInsO/Eckert § 112 Rn 5, 7 f. 126 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1203, 1205) – die Ausweichmöglichkeiten der Werkstätten auf markenunabhängige Tätigkeiten werden jedoch von Ströbl/Schumacher überschätzt. 127 AA Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag.

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Vertragshändler und FN tritt hierzu das Ausfallrisiko des Einzelgeschäfts,128 welches allerdings durch Vorkasse aufgefangen werden kann129 – jedenfalls soweit dadurch die Lagerhaltung des Händlers nicht leidet.130 Vor Ausspruch der Kündigung ist regelmäßig keine Abmahnung gem. § 314 Abs. 2 BGB erforderlich, sofern eine Abhilfe durch den Mittler unmöglich ist. Auch vertraglich kann die Insolvenz als Auflösungs- oder Kündigungsgrund vereinbart werden,131 und zwar auch mittels AGB.132 Deshalb stellt die Klausel eines Kfz-Händlervertrags, welche eine Kündigung aus wichtigem Grund bei Insolvenzantragstellung des Mittlers vorsieht, keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB dar. Die vom Unternehmer erklärte Kündigung ist auch einen Monat vor Ablauf der 2-jährigen ordentlichen Kündigungsfrist zulässig.133 Das nur bereichsspezifisch geltende Verbot von Lösungsklauseln in §§ 103 ff. InsO soll der Wirksamkeit einer vertraglich eingeräumten außerordentlichen Kündigung des Unternehmers wegen Insolvenzeröffnung nicht entgegen stehen.134 Ob das vertraglich geregelte Recht zur Kündigung bei Insolvenz, Insolvenzantragsstellung oder Zahlungseinstellung (Insolvenzantragsgründe) auch nach der nicht zu HV-Verträgen ergangenen Entscheidung des BGH zu Energielieferverträgen135 zulässig bleibt, ist Gegenstand der Diskussion. Dafür spricht das besondere Vertrauensverhältnis, welches einem Vertriebsvertrag immanent ist, der Rückschluss aus § 116 InsO (der bei Insolvenz des Unternehmers eine automatische Vertragsbeendigung vorsieht) und in Eigenhändlerverträgen das erhebliche Ausfallrisiko des Unternehmers. Auch bei Unwirksamkeit der Lösungsklausel kann der Unternehmer aber unmittelbar aus § 89a kündigen (§ 89a Rn 26, Stichwort „Insolvenz des Mittlers“). In Folge der Kündigung entsteht die Frage, ob dem kündigenden Unternehmer ein Schadenersatzanspruch gegen den gekündigten HV gem. § 89a Abs. 2 wegen der „Veranlassung“ des Kündigungsgrundes zusteht. Dem Unternehmer kann ein solcher Anspruch nur zustehen, falls das die Kündigung auslösende Verhalten des HV eine schuldhafte Verletzung von Pflichten aus dem HV-Vertrag konstituiert.136 Oft wird der HV die eigene Insolvenz zu vertreten und damit die Kündigung veranlasst haben. Ob und unter welchen Bedingungen die Verursachung der Insolvenz eine Verletzung von Pflichten aus dem HV-Vertrag darstellt, ist hiermit noch nicht beantwortet. Nach dem OLG Düsseldorf ist die bloß schuldhaft verursachte Insolvenz für sich betrachtet noch kein ausreichender Grund, einen Schadenersatzanspruch zu befürworten.137 Es muss vielmehr ein spezielles Auflösungsverschulden vorliegen, welches über die bloße Herbeiführung der Insolvenz und die Veranlassung der Vertragsauflösung hinausgeht. Die unternehmerischen Entscheidungen, welche die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verursachen, müssen ein „handelsvertretervertragswidriges“ Verhalten konstituieren, um den Schutzzweck der Norm zu berühren. Da der HV in der Führung seines Unternehmens grundsätzlich frei

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128 Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1204 f.). 129 AA Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1204). 130 Vgl. Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1204). 131 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520) – zum Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455) (mit englischem Formulierungsvorschlag); Ströbl/Schumacher BB 2009, 1201 (1206). 132 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521) – zum Vertragshändlervertrag; Wagner/Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2456). 133 OLG München, Urt. v. 24.11.2004 – 7 U 1518/04, BB 2005, 406; mglw. aber § 242 BGB-Einwand. 134 OLG München, Urt. v. 26.4.2006 – 7 U 5350/05, DB 2006, 1371; wohl auch Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 43. 135 BGH, Urt. v. 15.11.2012 – XI ZR 169/11, WM 2013, 274; dazu etwa Raeschke-Kessler/Christopeit WM 2013, 1592. 136 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 67; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 235. 137 AA Hopt § 84 Rn 48; Hoffstadt DB 1983, 645 (646 f.), der einen Schadensersatzanspruch gem. § 628 Abs. 2 BGB für möglich hält, „wenn der Konkurs auf einem Verschulden des Gemeinschuldners beruht“.

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ist, können unternehmerische Entscheidungen, welche die Insolvenz herbeiführen, nur dann gegen Pflichten aus dem HV-Vertrag verstoßen und einen Schadenersatzanspruch begründen, wenn sie nicht mehr von der unternehmerischen Dispositionsfreiheit des HV umfasst sind. Ein vertretervertragswidriges Verhalten ist mit dem OLG Düsseldorf anzunehmen, wenn die zur Insolvenz führenden unternehmerischen Entscheidungen des HV willkürlich, in keiner Weise mehr sachlich zu vertreten oder in der Absicht, den Unternehmer zu schädigen, getroffen werden. Der HV trägt die Beweislast dafür, dass er nicht vertretervertragswidrig gehandelt hat. Nur er kann jene Interna beweisen. Dem Unternehmer wird es im Falle eines Prozesses wiederum obliegen, zunächst tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines handelsvertretervertragswidrigen Verhaltens zu behaupten, damit der HV seiner Darlegungs- und Beweislast überhaupt gerecht werden kann. Grundsätzlich gibt die Eröffnung des eigenen InsV dem HV keinen Grund zur frist- 23 losen Kündigung des HV-Vertrages,138 ebenso wenig die Einstellung des Betriebs zur Vermeidung eines InsV.139 Ausnahmsweise können jedoch auch Umstände aus der Sphäre des HV die durch ihn erklärte außerordentliche Kündigung nach § 89a rechtfertigen.140 So ist unter besonderen Umständen die Geschäftseinstellung oder die längere Verhinderung des HV – selbst aus Gründen höherer Gewalt – als wichtiger Kündigungsgrund anerkannt, auch wenn jene Umstände beim HV eintreten.141 Die eigene Insolvenz kann dem HV einen Kündigungsgrund geben, wenn er in ihrer Folge zur Vertragserfüllung außerstande ist.142 Diese Eigenkündigung des HV ist jedoch in der Regel ausgleichsschädlich.143 Eine ordentliche Kündigung (§ 89) durch den Insolvenzverwalter des HV wird für unzulässig erachtet.144 Begründet wird dies mit der höchstpersönlichen Natur der Pflichten und Ansprüche aus einem HV-Vertrag.145 Der Insolvenzverwalter soll nicht über die persönliche Arbeitskraft des Gemeinschuldners disponieren dürfen und kann wegen des persönlichen Elements der HV-Tätigkeit dessen Tätigkeit auch nicht einfach übernehmen.146 Verpflichteter und damit Kündigungsberechtigter soll auch in der Insolvenz der HV bleiben;147 die Verpflichtung des HV ist gem. § 613 Abs. 2 BGB regelm. persönlich und nicht übertragbar und unterliegt daher nicht dem Insolvenzbeschlag der §§ 24 Abs. 1, 81, 82 InsO.148 Dem Insolvenzverwalter steht hinsichtlich des Vertriebsvertrages als Rahmenvertrag kein Wahlrecht nach § 103 InsO zu, weil er nicht in der Lage ist, den HV-149 oder Vertragshändlervertrag150 anstelle des Insolvenzschuldners zu erfüllen; er darf aber bezüglich der in Ausübung eines Vertriebsvertrages geschlossenen einzelnen

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138 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224. 139 BGH, Urt. v. 7.10.2004 – I ZR 18/02, ZIP 2005, 534. 140 I.E. Ströbl EWiR 2010, 159. 141 Hopt § 89a Rn 25. 142 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224/225. 143 Ströbl EWiR 2010, 159 (160). 144 Hopt § 84 Rn 48; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 25; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 661; zu den dadurch entstehenden Schwierigkeiten Ströbl EWiR 2010, 159 (160). 145 Hopt § 84 Rn 48. 146 Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224. 147 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 661. 148 Siehe BGH, Urt. v. 21.2.2013 – IX ZR 69/12, DB 2013, 747 – kein Vertriebsrechtsfall. 149 OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.12.2009 – 16 U 160/09, ZIP 2010, 194 = EWiR 2010, 159 (Ströbl); Wagner/ Wexler-Uhlich BB 2010, 2454 (2455); Preuß KTS 2007, 361 (363); Hopt § 84 Rn 48; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 25; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. V Rn 661; offen Emde Die Handelsvertreter-GmbH, S. 224; zweifelnd Ströbl EWiR 2010, 160; aA OLG München ZInsO 2006, 1060 = ZIP 2006, 1916 (LS) – Vertragshändlervertrag. Nach Ströbl EWiR 2010, 159 (160) soll eine Vertragsbeendigung nach § 103 InsO ausgleichserhaltend wirken. 150 Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (520); aA OLG München ZInsO 2006, 1060 = ZIP 2006, 1916 (LS).

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Kaufverträge nach § 103 InsO vorgehen.151 Das mangelnde Kündigungsrecht kann ihn in Schwierigkeiten bringen, sofern er den Vertrag nicht selbst ausführen, ihn jedoch auch nicht kündigen darf. Denn bei Untätigkeit ist eine ausgleichsvernichtende Kündigung des Unternehmers nach §§ 89a, 89b Abs. 3 Nr. 2 zu befürchten.152 Mglw. geht der Lösungsweg über das Recht des Insolvenzverwalters zur ausgleichserhaltenden Kündigung aus begründetem Anlass (§ 89b Abs. 3 Nr. 1). 24

c) Verbraucherinsolvenzverfahren und Restschuldbefreiung. Der HV übt eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit aus. Das zum 1.1.1999 eingeführte Verbraucherinsolvenzverfahren, welches in den §§ 304 f. InsO geregelt ist und ein vereinfachtes Verfahren bildet, findet daher auf ihn grds. keine Anwendung (vgl. § 304 Abs. 1 S. 1 InsO). Vielmehr bleibt es im Grundsatz bei der Anwendbarkeit des so genannten Regelinsolvenzverfahrens. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch das Verbraucherinsolvenzverfahren Anwendung findet. Sind die Vermögensverhältnisse des HV überschaubar und bestehen gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen, und ist er darüber hinaus eine natürliche Person, so ist ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen (§ 304 Abs. 1 S. 2 InsO). Ungeachtet der Frage, ob nun ein Regelinsolvenz- oder ein Verbraucherinsolvenzverfahren stattfindet, kann der HV, so er denn eine natürliche Person ist, die Restschuldbefreiung nach den §§ 286 f. InsO beantragen.

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d) Insolvenzschutz nach BetrAVG? Umstritten ist, ob dem HV nach dem BetrAVG Insolvenzschutz für eine vom Unternehmer gewährte Altersversorgung zu gewähren ist. Kampf153 verneint dies für HV, die einen nach Art und Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb führen. Sie seien tatsächliche oder potentielle Arbeitgeber und mithin vom Schutzzweck der §§ 1–16 BetrAVG nicht erfasst. Gleiches gelte für HV, welche die Kaufmannseigenschaft durch Eintragung in das Handelsregister freiwillig erlangten. Diejenigen HV, die mehr als einen Auftragnehmer besäßen, seien vom Insolvenzschutz der §§ 1–16 BetrAVG ebenfalls nicht erfasst. Anders sehe es nur für HV aus, die im Wesentlichen nur für einen Unternehmer tätig seien.154 XI. Mehrstufige Vertreterverhältnisse

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Beschäftigt der HV eigene – echte – Untervertreter i.S.d. § 84 Abs. 3, so ist die Beendigung seines eigenen HV-Vertrages (Hauptvertrages) mangels entgegenstehender Bestimmung nicht zugleich Endigungsgrund für die Untervertreterverträge. Sie müssen von ihm gekündigt werden. Ob der Verlust der eigenen Vertretung dem Hauptvertreter ein außerordentliches Kündigungsrecht (dann wohl mit Auslauffrist entsprechend der Kündigungsfrist gegenüber dem Hauptvertreter) gibt, kann diskutiert werden (§ 89a Rn 26 Stichwort: „Kündigung des Haupthändlervertrages“). Dagegen spricht, dass er selbst die Kündigungsfristen in Konkordanz bringen muss, soweit ihm dies möglich war. XII. Probezeit

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Einen HV-Vertrag auf Probe kennt das Gesetz nicht. Hier ist zu unterscheiden: Sofern der „Probevertrag“ mit fester Befristung abgeschlossen wurde, ohne dass Bestim-

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Wagner/Wexler-Uhlich BB 2011, 519 (521) – zum Vertragshändlervertrag. Ströbl EWiR 2010, 159 (160). Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 79 ff. Kampf Handelsvertreter und Insolvenz, Diss. iur. Mainz 2004, S. 80.

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mungen über das, was sich ggf. daran anschließen soll, getroffen worden sind, endet der erste Vertrag mit der vereinbarten Frist. Er ist mithin als befristeter anzusehen.155 Ist sie kürzer als die Mindestfrist des § 89, endet der Vertrag erst mit Ablauf der in § 89 vorgesehenen Frist. Eine Kündigungsmöglichkeit, außer der fristlosen nach § 89a, scheidet bei einem derart befristeten Vertrag aus.156 Ist jedoch, wie meist, der Vertrag als ein solcher mit vorgeschalteter, zeitlich bestimmter Probezeit abgeschlossen oder so ausgestaltet worden, dass nach Ablauf der Probezeit eine automatische Übernahme in das ordentliche HV-Verhältnis in Aussicht genommen wird, sofern nicht gekündigt wird, so soll nach h.M. ein Vertragsabschluss auf unbestimmte Laufzeit vorliegen und § 89 Anwendung finden. Eine Kündigung während der Probezeit sei dann nicht ausgeschlossen. Anderenfalls könne der Unternehmer durch Vorschaltung überlanger „Probezeiten“ die zwingende Regelung des § 89 umgehen.157 Das erscheint zweifelhaft. Die „Probezeit“ ist rechtlich meist eine Befristung (Auslegungsfrage). Diese Befristung muss lediglich die Zeiträume der Mindestkündigungsfrist des § 89 einhalten158 (Rn 40 ff.). XIII. Teilkündigung Die Teilkündigung eines einheitlichen Vertrages,159 um einzelne Bestimmungen 28 desselben zu ändern, etwa die Untersagung des Besuchs bestimmter Kunden,160 eine Teilbezirks-Kündigung, 161 die Wegnahme eines Teils des Kundenstammes 162 bzw. des Bezirks163 oder die Wegnahme eines Fabrikats gegenüber dem Kfz-Vertragshändler, ist nach heute gefestigter Anschauung in Lehre und Rspr. grds. unzulässig.164 Die entgegenstehende Auffassung des OLG Bamberg165 – Teilkündigung zum Zwecke der Verkleinerung des Vertreterbezirks – hat sich nicht durchgesetzt. Richtigerweise darf ein Vertragspartner nicht mittels Teilkündigung einseitig das Vertragsverhältnis ändern und dem anderen Teil einen Vertrag aufzwingen, der so nicht geschlossen wurde.166 Nur ausnahmsweise ist eine Teilkündigung gestattet, wenn kein einheitlicher Vertrag inhaltlich verändert wird,167

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155 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 66; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 89 Rn 43. 156 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 15; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 89 Rn 43. 157 BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 (237) = NJW 1964, 350; Thume in: Küstner/ Thume I, Kap. VIII 80; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 67; Hopt § 89 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene, § 89 Rn 44; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, 4. Aufl. § 89 Rn 18. 158 BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 = NJW 1964, 350. 159 Werden separate Verträge gekündigt, handelt es sich nicht um eine Teilkündigung, s. Oetker/Busche 3. Aufl., § 89 Rn 13. 160 OLG Stuttgart BB 1965, 926; Hopt § 89 Rn 18. 161 OLG Karlsruhe DB 1978, 298; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 80; Hopt § 89 Rn 18; aA OLG Bamberg, Urt. v. 30.5.1958 – 3 U 26/58, NJW 1958, 1830 m. abl. Anm. Thiede NJW 1959, 1444. 162 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 80. 163 Eberstein 9. Aufl. S. 113. 164 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 59 m. Anm. Emde; v. 17.10.1991 – I ZR 248/89; NJWRR 1992, 481; DB 1977, 1844; OLG Stuttgart BB 1965, 926; OLG Köln NJW-RR 2002, 602 (603); Emde BB 2000, 63 (65); Genzow Rn 114; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 81; Graf v. Westphalen Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, Vertragshändlerverträge, 1994, Rn 19; Hopt § 89 Rn 18; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, 4. Aufl. § 89 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 9c. 165 OLG Bamberg, Urt. v. 30.5.1958 – 3 U 26/58, NJW 1958, 1830 m. abl. Anm. Thiede NJW 1959, 1444 (dort wurde aber ein begründeter Anlass des HV zur ausgleichserhaltenden „Gegenkündigung“ befürwortet. 166 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 81. 167 OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911.

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sondern ein Gesamtvertragsverhältnis sich aus mehreren Teilverträgen zusammensetzt und jene Teilverträge selbst nach dem Gesamtbild des Vertrages jeweils für sich als nach dem Vertrag selbständig lösbar angesprochen sind oder von vornherein eindeutig als selbständig lösbar aufgefasst werden müssen,168 etwa nach den Umständen des Einzelfalls im Falle einer Abrede über die organisatorische Zuordnung eines HV zur Struktur eines anderen.169 Ansonsten gilt: Will der Unternehmer eine durch Teilkündigung erstrebte Veränderung erreichen, muss er eine Änderungskündigung des ganzen Vertrages (Folge: Ausgleichspflicht nach § 89b) aussprechen. Als Beispiel einer zulässigen Teilkündigung wird die Kündigung eines Bezirksleitervertrags bei Fortbestehen des VVVertretervertrags genannt.170 Abgelehnt wurde dieser selbständige Charakter für die Verpflichtung zum Kunden-, Reparatur- und Wartungsdienst als Teil eines HV-Vertrages.171 Kein Fall einer unzulässigen Teilkündigung soll vorliegen, wenn zwei Tankstellen-HVVerträge als wirtschaftliche Einheit miteinander verbunden waren, indem beide Verträge zwar separat geschlossen wurden, jedoch ein Vertrag eine mit Gewinn arbeitende Tankstelle betraf, der andere eine mit Verlust arbeitende und der HV gezwungen wurde, den mit Verlust arbeitenden Vertrag zu übernehmen, um den anderen Vertrag zu erhalten (aber Unzulässigkeit der Kündigung aus § 242 BGB hergeleitet).172 Auch die vertragliche Vereinbarung eines Teilkündigungsrechtes ist im Grundsatz unzulässig; der Vorbehalt eines Teilkündigungsrechtes ist dann unwirksam (§§ 307, 242, 138 BGB).173 Zu AGB siehe Vor § 84 Rn 55. Eine Ausnahme mag gelten, falls das Teilkündigungsrecht individualvertraglich vereinbart wurde und sich auf abgrenzbare Teile des Vertrages bezieht. Grundsätzlich muss auch insoweit das Vertragsverhältnis aus mehreren teilbaren, also eigenständigen, Teilverträgen zusammengesetzt sein, die nach dem Gesamtbild des Vertrages eigenständig und unabhängig voneinander bestehen und gelöst werden können, ohne dass durch die sich auf den Teilvertrag bezogene Teilkündigung das einheitliche Vertragsverhältnis inhaltlich wesentlich verändert wird.174 Zumindest in AGB vereinbart müssen immer wichtige, transparent formulierte175 Gründe für die Teilkündigungsklausel existieren.176 Sind sie besonders erheblich, wird man die Ansprüche an die Selbständigkeit der einzelnen Vertragsteile geringfügig herabsetzen können. Weiter ist erforderlich, dass dem Gekündigten für die Teilkündigung eine angemessene, von § 89b unabhängige Kompensation gewährt wird.177 Die Teilkündigung darf auch keine

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168 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 40; v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/99, WM 2000, 472 = BB 2000, 59 m. Anm. Emde, unter I 2 d; v. 18.2.1977 – I ZR 175/75, WM 1977, 589, unter II.; OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.2.2009 – 7 U 219/07, BeckRS 2010, 16911; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 83; Hopt § 89 Rn 18; Oetker/Busche 3. Aufl., § 89 Rn 13; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 51. 169 BGH, Urt. v. 16.6.2010 – VIII ZR 62/09, BeckRS 2010, 16879 Rn 41. 170 BGH, Urt. v. 18.2.1977 – I ZR 175/75, LM § 89a Nr. 12 = BB 1977, 964; v. Gamm NJW 1979, 2493; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 20; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 51; Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 9c. 171 BGH, Urt. v. 22.2.1960 – II ZR 118/58, n.v. 172 LG Itzehoe, Urt. v. 14.11.2011 – 4 O 83/11. 173 AA Staub/Brüggemann 4. Aufl. § 89b Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 20; Schlegelberger/ Schröder § 87 Rn 31a; s.a. BGH, Urt. v. 28.1.1971 – VII ZR 95/69, WM 1971, 561. 174 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 20. 175 Hopt § 89 Rn 18; Oetker/Busche 3. Aufl., § 89 Rn 13. 176 OLG Karlsruhe DB 1978, 298; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 84; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 20; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 23; Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 9c. 177 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, WM 2000, 472 = BB 2000, 60 (62) = ZIP 2000, 138 m. Anm. Emde BB 2000, 63; BB 1988, 220; BGHZ 124, 351 (354); 89, 206 (211); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 84.

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nachteiligen Auswirkungen auf den Ausgleichsanspruch des Gekündigten nach § 89b und dessen Geltendmachung haben.178 Der Vertragspartner kann das in der vertragswidrigen Teilkündigungserklärung liegende Vertragsänderungsangebot annehmen oder zurückweisen179 und sie zum Anlass einer fristlosen Kündigung nehmen.180 Die Umdeutung einer Teilkündigung in eine Änderungskündigung scheidet regelmäßig aus, da der Unternehmer bei der Teilkündigung nur einen Teilvertrag beenden will, bei der Änderungskündigung jedoch den Gesamtvertrag.181 Es darf schon wegen des dadurch ausgelösten Ausgleichsanspruchs nicht unterstellt werden, der Unternehmer wolle, um das Ziel der Teilkündigung zu erreichen, in jedem Fall als Zwischenstadium die Beendigung des Gesamtvertrages in Kauf nehmen. Auch eine der Teilkündigung vergleichbare einseitige Bestimmungsbefugnis im Vertrag unter den Kautelen des § 315 BGB mit der Möglichkeit der gerichtlichen Nachprüfung ist entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.182 unzulässig. Verpflichtet sich ein Unternehmer, eine auch in seinem Interesse erfolgte spezielle Ausgestaltung des Vertragshändlervertrages (Aufspaltung in zwei separate, aber in ihrem Bestand voneinander abhängige Verträge über Vertrieb und Werkstattleistungen) nur unter Wahrung der Interessen beider Vertragspartner zu ändern, stellt die in Hinblick auf die geänderte Geschäftspolitik des Herstellers erfolgte Kündigung nur des Werkstattvertrages eine unzulässige Teilkündigung dar.183 Eine dem HV erteilte Abschlussvollmacht darf allerdings gem. § 168 BGB jederzeit widerrufen werden.184 Eine Klausel, mit der sich der Unternehmer das Recht vorbehält, die Produkte auch über andere Distributoren, selbst unmittelbar an Kunden oder auf sonstigen Vertriebswegen, zu vermarkten, lässt nicht erkennen, dass einem Mittler einseitig das ihm durch den Vertrag eingeräumte Erwerbs- und Veräußerungsrecht für die Vertragsprodukte ganz oder teilweise wieder entzogen werden kann.185 XIV. Tod des Handelsvertreters Der Tod des HV beendet im Zweifel gem. §§ 613, 675, 673 S. 1 BGB den HV-Vertrag,186 29 nicht aber der Tod des Unternehmers entsprechend § 672 S. 1 BGB.187 Die Parteien können jedoch eine abweichende vertragliche Vereinbarung treffen, etwa dergestalt, dass der Erbe des HV an dessen Stelle tätig werden soll.188

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178 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, BB 2000, 60 = ZIP 2000, 138 m. Anm. Emde BB 2000, 63; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, 4. Aufl. § 89 Rn 16. 179 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 82; Oetker/Busche 3. Aufl., § 89 Rn 13. 180 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, ZIP 2000, 138 (140) = BB 2000, 60 m. Anm. Emde; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 82; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 51; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 9c. 181 OLG Köln VersR 1989, 1142; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 21. 182 § 89 Rn 17. 183 OLG Köln, Urt. v. 2.2.2001 – 19 U 148/00, OLGR Köln 2001, 241 = BB 2001, 1759. 184 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 1; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 2. 185 BGH, Urt. v. 1.10.2008 – VIII ZR 13/05, Rn 28. 186 BGHZ 24, 214 (215); 24, 223; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 36; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 18. 187 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 39; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 22. 188 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 36; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89b Rn 19.

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XV. Übertragung der Vertretung auf einen Nachfolger 30

Da die Dienste des HV gem. §§ 613, 664 BGB in Person (wenngleich nicht höchstpersönlich) zu leisten sind (Vor § 84 Rn 62 ff.), ist das Vertragsverhältnis grundsätzlich an seine Person gebunden. Das hat eine zweifache Bedeutung. Der HV kann seine „Vertretung“, einzeln oder durch Veräußerung seiner Agenturfirma im Ganzen, nicht einseitig auf einen Nachfolger übertragen. Dazu bedürfte es nicht nur der Zustimmung, sondern der Mitwirkung des Unternehmers.189 Denn dieser hätte mit dem Nachfolger einen eigenen HV-Vertrag abzuschließen. Das mag zwar in der Form des „Eintritts“ des Nachfolgers in den HV-Vertrag als „Übernehmer“ der Vertretung des Vorgängers geschehen. Aber es handelt sich gleichwohl um keine Rechtsnachfolge im eigentlichen Sinne, auch wenn – firmenrechtlich – eine Firmennachfolge im Sinne des § 25 für die Agentur als Ganzes vorliegen kann. Was erreichbar ist und erreicht werden soll, ist lediglich eine zeitliche und organisatorische Kontinuität in der Betreuung des Bezirks oder des Kundenkreises und der inhaltliche Gleichlauf des neuen mit dem bisherigen Vertrage. Nicht etwa läuft der bisherige Vertrag ohne Einbuße seiner Identität durch bloße Auswechslung seiner Personen weiter.190 Handelte es sich um einen schlichten Eintritt des Nachfolgers in den bestehenden Vertrag, so müssten die bestehenden Provisionsansprüche dem Vorgänger vorbehalten werden – es ist weder erforderlich noch, wo es geschieht, mehr als eine bloße Klarstellung –. Auch erübrigte sich die ausdrückliche Abgrenzung für laufende, aber noch nicht abgeschlossene Vermittlungsbemühungen nach § 87 Abs. 3, die aber gerade hier unumgänglich wird. Das Vertragsverhältnis mit dem Übernehmer schließt sich vielmehr an das mit dem bisherigen HV an. Das Vertragsverhältnis mit dem bisherigen HV ist einvernehmlich beendet. Vertragliche Bestimmungen, die den Fall einer Nachfolge in das Vertreterverhältnis im Voraus regeln, sind zulässig. So kann im Vertrag vorgesehen sein, dass der HV die Vertretung mit Einverständnis des Unternehmers auf einen Dritten übertragen könne,191 dafür dann allerdings gehalten sei, den Nachfolger die Rechte und Pflichten aus dem Vertrage voll übernehmen zu lassen („ihn in den Vertrag eintreten zu lassen“). Ferner darf geregelt wirden, dass im Falle des Todes des HV die Vertretung von seinem Erben (etwa von seiner Witwe) fortgeführt wird. Eine solche Regelung setzt den Normalfall der §§ 673, 675 BGB beiseite. Der Erbe ist in die Dienstleistungsverpflichtung des HV kraft Bereitschaft des Unternehmers, die Erbringung der Dienste von der Person des ursprünglichen Vertragspartners losgelöst zu sehen und hierfür den ggf. noch unbekannten demnächstigen Erben im Voraus zu akzeptieren, eingerückt. Das Vertragsverhältnis setzt sich in der Person des Rechtsnachfolgers fort. Noch anders liegt es, wenn dem Erben lediglich die Option zur Fortsetzung des Vertrages eingeräumt worden ist. Alsdann muss mit dem Optierenden ein selbständiger Vertrag abgeschlossen werden. XVI. Wegfall der Geschäftsgrundlage Zum WGG siehe Vor § 84 Rn 46.

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_____ 189 190 191

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Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 50. AA Sieg VersR 1964, 791. Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 48.

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E. Absätze 1 und 3 I. Vertragsverhältnis 1. Persönlicher Anwendungsbereich. Mit dem Vertragsverhältnis gemeint ist der 32 HV-Vertrag i.S.d. § 84. § 89 gilt für alle HV-Verträge mit Ausnahme der mit HV im Nebenberuf (§ 92b Abs. 1 S. 1), auch für die Verträge von Einfirmen-192 und Untervertretern.193 Der Ausschluss des Anwendungsbereichs des § 89 bei nebenberuflichen HVVerträgen erscheint wenig sachgerecht. Das Schutzbedürfnis nach Kündigungsfristen besteht auch hier. Auch viele „hauptberufliche“ Vertreter schließen den einzelnen Vertrag als einen von vielen. Die Bedeutung des einzelnen Vertrages, sofern sie überhaupt Maßstab sein sollte, ist daher auch bei den nicht unter § 92b fallenden Mittlertypen keineswegs immer erheblich. Eine besondere Betrachtung haben in Literatur und Rspr. HV-Verträge der Tankstel- 33 lenvertreter, -pächter oder Tankstellenstationäre gefunden (§§ 84 Rn 110, Stichwort „Tankstellenvertreter“, 89b Rn 455 ff.). Ihnen stellen die Mineralölgesellschaften vielfach ein Areal auf Pachtgrundlage zur Verfügung, sie errichten darauf die Tankstellenbaulichkeiten oder ermöglichen mit Darlehen die Finanzierung derselben durch den Grundstückseigentümer, um mit dem HV dann den HV-Vertrag auf Betrieb der Tankstelle abzuschließen. Nicht selten wird dem Mineralölunternehmer ein Erbbaurecht bestellt. Die HV-Verträge werden in aller Regel auf längere Frist, meist mit einer Laufzeit von über 5 Jahren, abgeschlossen. Ihre Kündbarkeit nach § 624 BGB wird überwiegend abgelehnt.194 Die Argumente gehen, mit Abwandlungen im Einzelnen, dahin, dass das Stationärverhältnis komplexer Natur sei, nicht nur vertreterrechtliche, sondern auch pachtrechtliche Elemente enthalte und darauf angelegt sei, der Mineralölgesellschaft die Tilgung ihrer meist erheblichen Investitionen durch den Vertrieb ihrer Produkte aus der von ihr errichteten oder finanzierten Tankstelle zu sichern. Verschließt man sich dem nicht, so wird man entgegen Staub/Brüggemann 4. Aufl.195 wegen der Einheitlichkeit des Vertrages auch keine „mittlere Lösung“ befürworten können, nach der gem. § 624 BGB die Verpflichtung des Stationärs zur Dienstleistung als HV kündbar ist, während die übrigen Elemente des Vertrages der für sie geltenden vertraglichen oder sonstigen gesetzlichen Kündigungsregelung unterliegen; entstehende rechtliche Lücken, die dadurch aufgerissen werden können, seien nach Staub/Brüggemann durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Ein Tankstellenvertrag, der dem Unternehmer unbegrenzt das Recht zum Eintritt in das Angebot eines anderen Unternehmers zum Abschluss eines Anschlussvertrages gibt, ist nach § 138 BGB unwirksam.196 Analog angewandt wird § 89 auf die Kommissionsagenten-,197 HV-ähnli- 34 che Vertragshändlerverträge 198 sowie Franchiseverträge mit Vertriebscharak-

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192 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 1a. 193 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36. 194 BGH, Urt. v. 31.3.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692; BGHZ 52, 171; OLG Celle BB 1962, 542; OLG Stuttgart NJW 1964, 2255; Würdinger NJW 1963, 1550, Rittner Anm. zu OLG Stuttgart a.a.O., Meyer NJW 1965, 1573. 195 § 89 Rn 7; ebenso Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 41e. 196 BGH, Urt. v. 31.3.1982 – I ZR 56/80, NJW 1982, 1692. 197 RGZ 69, 363 (365); OLG München HVR Nr. 894; Ebenroth S. 158; Thume in: Küstner/Thume III, Kap. 2 Rn 23; Fröhlich in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 87 Rn 163; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 153; Canaris § 16 Rn 9; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36; Hopt § 89 Rn 19; Oetker/Busche § 89 Rn 26. 198 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 = BeckRS 2009, 22193 (dort wegen Vorranges der Kfz-GVO verneint); v. 9.10.2002 – VIII ZR 95/01, BB 2002, 2520 = NJW-RR 2003, 98 = MDR 2003, 162 = DB 2003, 825 = WM 2003, 842 = EWiR 2003, 587 (v. Hoyningen-Huene); v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, NJW-RR

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ter199 (mglw. aber nicht für Verträge über Partnerschaftsfranchising).200 Das dient der Rechtssicherheit (Vorhersehbarkeit der Kündigungsfristen)201 und soll nach einer Meinungsgruppe auch gelten, wenn der Händler nicht einem HV vergleichbar in das Vertriebssystem des Unternehmers eingegliedert ist.202 Kürzere als in § 89 geregelte Fristen können auch in solchen Verträgen weder in AGB noch individualvertraglich vereinbart werden.203 Wohl nicht nur im Kfz-Vertragshändlerbereich sollen die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen und Wertungen der einer GVO zu beachten sein.204 Das gilt insb. für ihre bis 2013 existierenden, jetzt aber entfallenen, Bestimmungen zur Kündigung der Verträge. So sollte bspw. die Regelung über die Fristenparität des § 89 Abs. 2 während der Geltungsdauer der 2013 aufgehobenen Kfz-GVO 1400/02 nicht analog anwendbar sein,205 was problematisch war, weil diese Begründung für zwingend von § 89 und Art. 15 Abs. 3 RL erfasste Kfz-HV nie griff (Ungleichbehandlung), Kartellrecht keine zivilrechtliche Fragen regelt und die Fristenparität in Art. 15 Abs. 3 RL gleichfalls europarechtlich präformiert ist.206 Nach Ansicht des BGH sollte die in der GVO 1400/02 vorgesehene Strukturkündigung ein außerordentliches, an enge materielle Voraussetzungen gebundenes und auf einer Abwägung der Interessen des Lieferanten und des Händlers beruhendes Sonderkündigungsrecht bilden, welches mit der ordentlichen, lediglich fristgebundenen Kündigung nach § 89 unvergleichbar sei.207 In investitionsintensiven Vertriebsverträgen kann sich (vom Begünstigten zu beweisen) eine längere Kündigungsfrist ergeben: Im Kfz-Vertragshändlerrecht galt unter der Ägide der seinerzeitigen GVO

_____ 2002, 1554 = DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde); EBE 1995, 259; DB 1966, 577 (LS); v. 5.4.1962 – VII ZR 202/60, LM Nr. 1 = NJW 1962, 1107; OLG Stuttgart BB 1972, 548; Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (auch wenn der Händler nicht in die Absatzorganisation des Herstellers eingegliedert ist); Schwytz BB 1997, 2385; Emde EWiR 1999, 411 (412); Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K35 (K37); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 123; Westphal II Rn 109, 150; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 33; Oetker/Busche § 89 Rn 26. Die Notwendigkeit einer dem HV vergleichbaren Umstellungsfrist bestehe, so der BGH in seinem Urt. v. 9.10.2002 – VIII ZR 95/01, bei einem FN zumindest dann, wenn er seinen Geschäftsbetrieb vertragsgemäß weitgehend auf das Vertriebskonzept des FG zuzuschneiden habe. Eine solche Verpflichtung nahm der BGH an, weil der FN sein unter dem Label „H.“ auftretendes KfzMietgeschäft ausschließlich in der Form des Standardmietabkommens des „H. Franchisesystems“ zu führen, das „H-Zeichen“ auf Mietfahrzeugen und Geschäftsunterlagen zu verwenden sowie die Gestaltung der Geschäftsräume und Uniformierung des Personals an die „Standard-H.-Farben“ anzupassen habe. Angesichts dieser umfassenden Eingliederung in das Franchisesystem des FG, die eine kurzfristige Umstellung auf ein anderes Vertriebskonzept nicht zulasse, müssten dem FN in gleicher Weise wie einem HV die Mindestkündigungsfristen des § 89 zugutekommen. Die analoge Anwendung des § 89 wäre wohl auch ohne die franchisetypische – aber handelsvertreteruntypische – Einbindung aufgrund der Vertriebspflicht und eines Statusvergleichs richtig gewesen (Emde EWiR 2002, 915). 199 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 7.9.2009 – 16 U 62/08, BeckRS 2009, 89466; Canaris § 18 Rn 27; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 143; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 492; Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K35 (K37); Westphal II Rn 109, 150; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36; Oetker/Busche § 89 Rn 26; MünchKommHGB/von Hoyningen-Huene § 89 Rn 6. 200 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 145; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36. 201 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (140). 202 Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139; aA OLG Stuttgart BB 1972, 548 (550): ergänzende Vertragsauslegung. 203 Westphal OLGR-Kommentar 16/2000, K 35 (K 37); Westphal II Rn 109, 150. 204 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 zur Kfz-GVO 1400/02; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 130. 205 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990; krit. Emde BB 2009, 2330 (2331). 206 Emde BB 2009, 2330 (2331). 207 BGH, Urt. v. 24.6.2009 – VIII ZR 150/08, WM 2009, 1990 Rn 12 ff.

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123/85, die lediglich eine 1-jährige Kündigungsfrist vorschrieb, dass eine Kündigungsfrist von einem Jahr nach einer umstrittenen208 Entscheidung des BGH209 als unterste Grenze des Zulässigen anzusehen sei und keine unangemessene Benachteiligung des Händlers darstelle. Tatsächlich dürfte selbst die 1-jährige Kündigungsfrist im Falle eines Kfz-Vertragshändlervertrages oder eines anderen Händlervertrages mit investitionsträchtigem Geschäft unangemessen kurz sein.210 Eine kürzere Kündigungsfrist kann auf eine 1-jährige oder längere Frist verlängert werden.211 Eine Kündigungsfrist von 6 Monaten ist im investitionsintensiven Kfz-Vertriebsrecht wie auch in anderen investitionsintensiven Branchen erst recht inakzeptabel.212 Das Gegenargument lautet im Wesentlichen, jeder Vertragspartner wisse, worauf er sich einlasse.213 Aber dieses Argument gilt am wenigsten im durch zwingendes Recht zugunsten des Mittlers geformten Vertriebsrecht und wird auch sonst nicht akzeptiert (s. §§ 134, 138, 242, 307 ff. BGB). In späteren Judikaten hat der BGH214 offengelassen, ob an seiner früheren Entscheidung angesichts der seinerzeit auf 2 Jahre verlängerten, jetzt entfallenen Kündigungsfrist der am 1.7.1995 in Kraft getretenen Kfz-GVO 1475/95 festgehalten werde.215 Eine 2-jährige Kündigungsfrist sollte in investitionsintensiven und den Wechsel zu anderen Vertragspartnern erschwerenden, auf die CI des Unternehmers ausgerichteten Branchen Mindeststandard sein. Jedenfalls ist eine 2-jährige Kündigungsfrist216 im Kfz-Vertragshändlerrecht nicht zu beanstanden. Sie sollte auch nach dem Wegfall der 2-jährigen Kündigungsfrist der Kfz-GVO217 Leitbild bleiben. Zahlreiche Kfz-Hersteller haben einen Verhaltenskodex akzeptiert, welcher eine 2-jährige Mindestkündigungsfrist vorsieht (Vor § 84 Rn 247 ff.). Er wäre im Rahmen des § 19 GWB – Gleichbehandlung – zu berücksichtigen und zeigt die Überzeugung von der Richtigkeit einer 2-jährigen Kündigungsfrist. Teilweise werden mit zunehmender Amortisationsdauer reduzierte Kündigungsfristen diskutiert.218 Die analoge Anwendung des § 89 auf Lieferverträge ohne Vertriebspflicht, jedoch 35 mit Dauerschuldcharakter, kann nach den Umständen des Einzelfalls vertretbar sein.219 Voraussetzung ist ein Rahmenvertrag, der seiner Einbindung nach einem HV- oder Vertragshändler-Vertrag ähnelt und auf eine vergleichbar lange Laufzeit ausgerichtet ist. Hierzu wird – ebenso wenig wie bei einem Vertragshändlervertrag – Voraussetzung sein, dass der Umfang der vorgesehenen Einzellieferungen bereits im Vertrag vereinbart wurde. Vielfach wird bei solchen Verträgen im Wege ergänzender Vertragsauslegung220 oder nach § 242 BGB eine angemessene Auslauffrist geschuldet sein. Die Schwierigkei-

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208 Graf v. Westphalen FG Gündisch, S. 83. 209 BGH, Urt. v. 21.2.1995 – KZR 33/93, NJW-RR 1995, 1260 (1261); zust. OLG München NJW 2004, 2530 (2531); OLG Stuttgart NJW-RR 1990, 491; nach Wegfall der Kündigungsschutzvorschriften der Kfz-GVO 1400/02 Niebling WRP 2010, 81 (84) = WRP 2010, 1454 (1458). 210 Emde BB 2000, 63 (65); Emde EWiR 2000, 153 (154); Emde VersR 2001, 448 (459); offen gelassen von Westphal II Rn 151. Niebling WRP 2012, 1361 (1362) geht davon aus, dass die Rspr. die 1-Jahresfrist regelm. anwenden wird. 211 OLG Stuttgart, Urt. v. 15.9.1989 – 2 U 63/88, NJW-RR 1990, 491. 212 BGH, Urt. v. 6.10.1999 – VIII ZR 125/98, ZIP 2000, 138 (142). 213 Siehe Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 125. 214 Entsch. v. 6.10.1999, ZIP 2000, 138 (140). 215 Die bis 2013 geltende Kfz-GVO 1400/02 bestimmte gleichfalls eine 2-jährige Kündigungsfrist. 216 LG Stuttgart NJW-RR 1999, 329 = EWiR 1999, 411 (Emde). 217 Hierzu Wauschkuhn/Teichmann ZVertriebsR 2013, 139 (140). 218 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 126. 219 So obiter OLG Schleswig, Urt. v. 28.1.2010 – 16 U (Kart) 55/09, BeckRS 2010, 02834; aA wohl OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 (172) m. Anm. Thume. 220 OLG Stuttgart BB 1990, 1015; Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 336; Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 496; Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2259.

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ten der Bestimmung führen zur Rechtsunsicherheit. Nach aA soll bei Lieferverträgen, die nicht unter die §§ 84 ff. (ggf. analog) fallen, die angemessene Kündigungsfrist gem. §§ 624, 723 BGB oder nach § 19 GWB bestimmt werden. Sie soll dann mindestens mit 6 Monaten zu bemessen sein, darf aber bei einer Dauer der Lieferbeziehung von 20 Jahren und angesichts des Umstandes, dass der Belieferte 85% der von ihr vertriebenen Produkte vom Lieferanten bezog, auch mit einem Jahr bestimmt werden.221 Bedeutsam dürfte die (ergänzende) Vertragsauslegung insb. sein, falls über § 89 hinausgehenden Kündigungsfristen in Frage stehen. Die Auslegung kann solche längeren Kündigungsfristen nahe legen.222 Teilweise wird vertreten, die Analogie zu § 89 solle selbst bei einem nicht förmlich in die Absatzorganisation des Unternehmers eingegliederten Mittler bzw. Händler eingreifen.223 Richtig daran ist, dass angesichts der oft geringen Eingliederungstiefe der leitbildgebenden §§ 84 ff. nicht in jedem Fall die Eingliederungstiefe eines Vertragshändlervertrages vorzuliegen braucht.224 Auch insoweit wird es auf den Einzelfall ankommen. Bei dem nicht wie ein HV in das Vertriebssystem des Unternehmers eingebundenen Händler sollen aber nur die Kündigungsfristen und Kündigungstermine analog gelten, nicht die zwingende Natur des § 89.225 Für Anstellungsverträge unselbständiger Geschäftsmittler (Handlungsgehilfen) gilt 36 § 89 nicht; ebenso wenig für jene, welche nach § 84 Abs. 2 als Angestellte gelten. Sie unterliegen den Kündigungsregeln des § 66 und dem arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzrecht. Umgekehrt gilt das Kündigungsschutzrecht nicht für HV, welcher Gattung auch immer; auch nicht für den Einfirmenvertreter des § 92a und innerhalb dieses Kreises nicht einmal für den „arbeitnehmerähnlichen“.226 Lediglich den HV im Nebenberuf nimmt § 92b von den Kündigungsfristen des § 89 aus und gibt stattdessen wahlweise eine eigene, kürzere. 2. Sachlicher Anwendungsbereich 37

a) Überblick. Der sachliche Anwendungsbereich stellt die Frage nach der Abgrenzung des § 89 zu den Kündigungsbestimmungen sowie dem Auftragsrecht des BGB. Hierzu siehe Vor § 84 Rn 84, 93 ff. Im Grundsatz ist davon auszugehen, dass § 89 im gesamten Vertriebsrecht eine vorrangige Regelung für die ordentliche Kündigung des HV-Vertrags bildet,227 auch wenn die Parteien für die vertragsbeendende Erklärung eine andere Bezeichnung wählen.

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b) Faktischer Vertrag. Für den objektiv nicht wirksamen aber nach der subjektiven Vorstellung der Parteien tatsächlich in Vollzug gesetzten HV-Vertrag gelten die §§ 89, 89a ebenfalls (Lehre vom faktischen Vertrag): die Beziehung der Parteien wird zumindest bis zur „Entdeckung“ der Unwirksamkeit wie ein ordnungsgemäß begründeter Ver-

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221 OLG Koblenz, Urt. v. 4.6.2013 – 3 U 375/13, BB 2013, 2131 mit abl. Anm. Ayad. 222 Häuslschmid in: Reithmann/Martiny 7. Aufl. Rn 2259, der allerdings auch kürzere Kündigungsfristen für möglich hält. 223 OLG Stuttgart BB 1972, 548; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 36. 224 AA wohl OLG Köln, Urt. v. 21.9.2012 – 19 U 113/11, IHR 2013, 168 (171) m. Anm. Thume, das einen Vertragshändlervertrag fordert. 225 Stumpf/Jaletzke/Schultze Rn 624; Ulmer S. 445. 226 LAG Baden-Württemberg DB 1959, 656. 227 Boldt BB 1962, 907; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 2 (abschließende Sonderregelung); MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 3.

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trag behandelt228 und beendet. Siehe zunächst § 84 Rn 102. Dazu muss der übereinstimmende, nach außen zum Ausdruck gebrachte tatsächliche Wille beider Parteien dahin gehen, einen auf Dauer angelegten HV-Vertrag zu begründen und die Art der Unwirksamkeit – etwa Sittenwidrigkeit, Verstoß gegen ein die öffentliche Ordnung schützendes Gesetz i.S.d. § 134 BGB – darf keine sofortige Vertragsbendigung fordern. Zwar bedarf es rechtstechnisch einer Kündigungserklärung in Nichtigkeitsfällen nicht. Denn der Vertrag wurde nicht wirksam. Allenfalls müsste sich eine Partei auf die Nichtigkeit berufen; diese Erklärung wird de facto wie eine Kündigungserklärung behandelt.229 Zumindest analog § 89 wird jedoch eine angemessene Auslauffrist geschuldet, was meist im Interesse beider Parteien liegt. Sofern der beiderseitige Wille auf ein Dauerschuldverhältnis mit den Kündigungsfristen des § 89 gerichtet war, kann sich eine Partei nicht einseitig, z.B. unter Berufung auf das Fehlen eines förmlichen Vertragsschlusses, von dem Vertrag lossagen.230 Bildet der Nichtigkeitsgrund für eine Partei einen wichtigen Grund nach § 89a, ist eine sofortige Vertragsbeendigung möglich, etwa bei Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung. Fehlt es an der übereinstimmenden Vorstellung eines wirksamen Vertrages, bedarf es keiner Kündigung, sondern nur des Hinweises auf die Nichtigkeit.231 Aber auch dann fragt sich, ob der Vertragsteil, den keine Schuld an der Nichtigkeit trifft, nicht von seinem Vertragspartner nach § 280 BGB (Naturalrestitution) eine angemessene Auslauffrist analog den Fristen des § 89 fordern darf.232 Ausgleich in Geld könnte das Interesse des von der Nichtigkeit Betroffenen kaum immer befriedigen. An eine angemessene Auslaufzeit ist gerade in Fällen der Vermögenslosigkeit des Geschäftspartners (Undurchsetzbarkeit von Schadenersatzansprüchen) zu denken oder wenn der faktische Abbruch der Kundenbeziehungen durch Schadensersatz nicht kompensiert werden kann. Die von BGHZ 53, 159 vorgebrachte Einschränkung, derzufolge die Grundsätze des faktischen Vertrages nur bei wirtschaftlicher oder sozialer Überlegenheit des Unternehmers maßgeblich sind, dürfte überholt sein.233 Auch eine Differenzierung zwischen anfänglicher und späterer Nichtigkeit ist dogmatisch kaum haltbar.234 In beiden Fällen sollte der Vertrag als faktischer angesehen werden. Wird der Vertrag als faktischer anerkannt, ist das Datum des Vertragsbeginns für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs das maßgebliche.235 3. Kündigung vor Vertragsbeginn. Der Beginn des Laufs der Kündigungsfrist vor 39 Antritt des HV-Verhältnisses wurde von Staub/Brüggemann in der 3. Aufl. nur mit der Einschränkung als zulässig angesehen, dass der Kündigungstermin später lag als der vertragliche Vertragsbeginn.236 Diese Einschränkung ist nicht aufrecht zu erhalten: Das

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228 BGH, Urt. v. 25.11.1963 – VII ZR 29/62, BGHZ 40, 235 (238 f.) = DB 1964, 28 = NJW 1964, 350; BGHZ 53, 152 (159); 129, 290 (293) – die Einschränkung wirtschaftlicher Schutzbedürftigkeit sollte heute entfallen; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 17; Hopt § 85 Rn 1; 89 Rn 5; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 42a; Evers BB 1992, 1370; aA Canaris § 17 Rn 27 ff. – er will über das Bereicherungsrecht und den Einwand des Rechtsmissbrauches helfen. 229 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 34; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89b Rn 32. 230 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 17. 231 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 17; Hopt § 85 Rn 1. 232 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 84 Rn 33. 233 Hopt § 89 Rn 5. 234 Hopt § 89 Rn 5. 235 Hopt § 89 Rn 5. 236 BGH, Urt. v. 6.10.1983 – I ZR 127/81, BB 1984, 235 (237); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 78; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 23; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 49; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen § 89 Rn 19; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 12.

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Recht zur Kündigung besteht, sobald der Vertrag geschlossen wurde,237 die in § 89 gewährten Umstellungsfristen sind auch dann gewahrt. Dies kann zur Folge haben, dass der Vertrag bei länger hinausgeschobenem Vertragsbeginn und kürzerer gesetzlicher oder vertraglicher Kündigungsfrist endet, ehe er nach dem Vertragsinhalt beginnen sollte.238 Es würde den HV unzumutbar belasten, müsste er erst ein bereits gekündigtes Vertragsverhältnis antreten, um nach einer relativ kurzen und kaum ertragreichen Einarbeitungszeit die Tätigkeit schon wieder aufzugeben, statt sie gar nicht erst antreten zu brauchen. Abzulehnen ist die Einschränkung, wonach die Interessenlage entscheide, ob eine Kündigung vor Vertragsantritt den Effekt einer Lösung des Vertragsverhältnisses vor seinem Beginn haben könne. Die Kündigung muss in ihrer Wirkung eindeutig sein. Der Kündigungsempfänger muss sich auf ihre Wirksamkeit einstellen können; es darf nicht in der Schwebe bleiben und von einer arbiträren Beurteilung der Interessenlage und der Güterabwägung abhängen, ob sie als einseitige Willenserklärung wirksam geworden sei oder nicht. II. Auf unbestimmte Zeit eingegangen § 89 regelt nur die Kündigung von HV-Verträgen, die auf unbestimmte Zeit eingegangen sind. Den Gegensatz bilden die auf bestimmte Zeit geschlossenen HV-Verträge (vgl. § 620 Abs. 1 BGB). Ihre besondere Erwähnung erschien überflüssig, weil sie ohnehin nach Ablauf der jeweils fest bestimmten Zeit enden. Bei Verträgen mit Festlaufzeit besteht keine Möglichkeit einer fristgerechten ordentlichen Kündigung nach § 89. Da die ordentliche Kündigung jedoch den Regelfall bildet und bilden soll, ist der Anwendungsbereich der auf bestimmte Zeit geschlossenen Verträge eng zu ziehen. Im Zweifel (Unklarheitenregel bei AGB!) ist von einem Vertrag mit unbestimmter Dauer auszugehen. Ein auf unbestimmte Zeit geschlossener Vertrag liegt vor, wenn er nicht auto41 matisch mit Eintritt eines zeitlich feststehenden Ereignisses oder zu einem anderweitig bestimmten Endtermin sein Ende finden soll,239 sondern es hierzu eines besonderen Endigungstatbestandes bedarf, nämlich entweder einer Einigung beider Parteien (Aufhebungsvertrag), meist aber einer rechtsgestaltenden Erklärung, etwa einer Kündigung,240 eines Widerspruchs zur (automatischen) Verlängerung oder einer sonstigen Erklärung, aus der sich der Wille zur Nichtverlängerung ergibt, jedenfalls aber eines ungewissen Ereignisses. Eine „bestimmte“ Vertragsdauer muss – nicht anders als bei der Auslegung des 42 Begriffs „ständig“ in § 84 Abs. 1 (§ 84 Rn 89 ff.) keine kalendermäßig bestimmte sein.241 Entscheidend ist, dass der Vertragsinhalt ausdrücklich oder konkludent ergibt, dass der Vertrag mit Ablauf der von vornherein festgelegten Dauer, z.B. mit Eintritt eines zeitlich feststehenden Ereignisses oder zu einem sonstigen bestimmten Endtermin, automatisch und ohne rechtsgestaltende Erklärung (ordentliche Kündigung) enden soll.242 Eine solche Vereinbarung ist zulässig,243 wie der Umkehrschluss aus § 89 Abs. 1 zeigt. Das Problem einer solchen festen Begrenzung ist die zum Vertragsende eintretende Unsicherheit, ob verlängert wird. Hierdurch können die Vertriebsbemühungen gelähmt und Investi-

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237 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 23; vgl. BGH, Urt. v. 6.10.1983 – I ZR 127/81, BB 1984, 235 (237). 238 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 23; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 49, 50. 239 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 52; Hopt § 89 Rn 19. 240 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 10, 38. 241 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 12; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3a. 242 Schröder FS Hefermehl S. 113; Schröder DB 1966, 2007; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11; Hopt Rn 19; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 3a. 243 OLG Oldenburg, Urt. v. 24.7.2012 – 13 U 118/11, NJOZ 2012, 2213.

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tionen gehindert werden. Eine zeitlich feste Begrenzung kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, z.B. die Dauer einer Messe, einer Ausstellung oder einer Vertretung für einen kurzfristig erkrankten Kollegen des Nachbarbezirks. Ein bis zum Widerruf geltender Vertrag ist ein unbefristeter Vertrag.244 Der „Widerruf“ wäre eine Kündigung, die nur binnen der Fristen des § 89 erklärt werden darf.245 Überall, wo dem HV-Verhältnis von vornherein eine nur begrenzte Dauer innewohnen soll, wird § 89 mit seinen Kündigungsmöglichkeiten, Kündigungsfristen und Kündigungsterminen unanwendbar. Hierbei handelt es sich aber um eine Ausnahme, die zu beweisen hat, wer sich auf sie beruft. Eine außerordentliche Kündigung nach § 89a (aber nur sie!) bleibt auch bei auf bestimmte Vertragsdauer gezeichneten Verträgen möglich.246 Die Voraussetzungen an den wichtigen Grund sind nicht höher oder niedriger als im Rahmen der auf unbestimmte Dauer geschlossenen Verträge, wohingegen bei beiden Vertragstypen höhere Anforderungen an den wichtigen Grund zu richten sind, sofern die ordentliche Vertragsdauer in Kürze endet. Verträge unter auflösender Bedingung,247 auf Probe oder auf Lebenszeit248 (wobei ein Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts zu prüfen bleibt) sind im Zweifel auf unbestimmte Zeit;249 Zeitverträge mit Option auf Verlängerung250 (bis zu einer unbefristeten Verlängerung) oder Verträge mit auf Dauer ausgeschlossenem Kündigungsrecht251 auf bestimmte Zeit geschlossen, mit der Folge, dass § 89 vom Wortlaut her nicht eingreift.252 Bei Vorliegen der TB-Voraussetzungen bleibt eine Kündigung nach § 89a sowie§ 624 BGB möglich.253 Die Parteien können durch Änderungsvertrag, auch mittels AGB,254 einen Vertrag 43 mit bestimmter Vertragsdauer in einen solchen mit unbestimmter Dauer wandeln und vice versa. III. Absatz 3/Kettenverträge Der Begriff der Kettenverträge wird oft für unterschiedliche Verträge genutzt. Im 44 strengen Sinn liegt ein Kettenvertrag nur in der unter Rn 44 genannten Konstellation vor, in der sich an einen Ursprungsvertrag ein bei Abschluss des Ursprungsvertrags mglw. nicht erwarteter separater Folgevertrag anschließt. In den Konstellationen der Rn 48, 49 ff. liegt hingegen ein einheitlicher, fortgesetzter Vertrag vor. Die Terminologie in Literatur und Rspr. ist teilweise uneinheitlich.

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244 OLG Bamberg HVR (52) Nr. 87; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 53; Hopt § 89 Rn 20; Oetker/Busche § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 33. 245 Vgl. Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 53; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen § 89 Rn 6. 246 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11. 247 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 4. 248 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 70; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 63; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 8; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11. 249 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11. 250 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 60; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 59; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 17; vgl. BGH, Urt. v. 3.11.1999 – VIII ZR 269/98, ZIP 2000, 314 = EWiR 2000, 461 (Graf v. Westphalen). Man könnte angesichts der erforderlichen Umstellungsfrist für die Ausübung der Option aber die Einhaltung der Fristen des § 89 analog diskutieren. Dagegen spricht wieder, dass dann nicht – wie von § 89 vorausgesetzt – eine Umstellung wegen des Vertragsendes sondern wegen der Vertragsfortführung erforderlich ist. 251 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11. 252 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11. 253 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 64. 254 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 11.

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1. Abs. 3: Einverständlich unbefristet fortgesetztes Vertragsverhältnis. Der auch für Vertragshändler geltende255 Abs. 3 betrifft einen Ausschnitt aus der Problematik fortgesetzter Vertragsverhältnisse, nämlich den Sonderfall eines zunächst auf bestimmte Zeit begründeten Vertragsverhältnisses, welches nach Fristablauf ohne irgendeine Regelung zu Vertragsdauer oder Kündigungsmöglichkeit von beiden Parteien einvernehmlich unbefristet fortgesetzt wird.256 Der Fall des Abs. 3 ist folglich von dem unter Rn 48, 49 ff. erwähnten „eigentlichen“ Kettenvertrag abzugrenzen:257 Bei der nicht von Abs. 3 erfassten, in Rn 44 genannten Situation, schließt sich an den ersten Zeitabschnitt ein weiterer mit ebenfalls von vornherein begrenzter Zeitdauer an. Für die demgegenüber ohne ausdrückliche Befristung vorgenommene, ggf. stillschweigende Vertragsfortsetzung gibt Abs. 3 eine der Rechtssicherheit dienende,258 nicht zwingende Auslegungsregel:259 Ein zunächst bis zu einem festen Auslauftermin befristeter Vertrag wird auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern er nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit von beiden Teilen einverständlich fortgesetzt wird.260 Eine erneute Einigung oder ein fortdauerndes Einigsein der Parteien über sämtliche Bedingungen ihrer Zusammenarbeit ist unnötig.261 Die Vertragsfortsetzung wird fingiert. Es genügt, dass der Mittler weiter für den Unternehmer tätig ist und jener die vom HV vermittelten Kundengeschäfte ausführt.262 Eine bloß einseitige Fortführung, welcher der andere Teil nicht unverzüglich widersprochen hat, soll aber nicht genügen,263 ein wenig praktischer Ausnahmefall. Abs. 3 zeigt, dass eine derartige Fortsetzung zulässig ist. In diese Gruppe fallen nach Ablauf der ersten Befristung geschlossene Verträge, die aufgrund entsprechender Verlängerungsklauseln nach Fristablauf auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden sollen264 oder nur zu bestimmten Terminen gekündigt werden können,265 sowie die nach Fristablauf tatsächlich fortgesetzten Verträge gem. Abs. 3.266 Die ständige Unsicherheit über die Verlängerung des Vertrages führt nicht zur Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel gem. §§ 138, 307 BGB. Für eine stillschweigende Einigung genügt die weitere Tätigkeit des HV, sofern der Unternehmer davon Kenntnis erlangt und sie in irgendeiner Weise duldet, z.B., indem er die vom HV vermittelten Geschäfte ausführt oder der Tätigkeit des HV nicht unverzüglich widerspricht.267 Eine darüber hinausgehende Fortsetzungsvereinbarung ist streng genommen nicht notwendig, sie kann aber (wie im Fall des befristeten Fortsetzungsvertrages) ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Eine Ausführung des vermittelten Ge-

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255 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 131. 256 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 18; Beispiel: OLG Hamm, Urt. v. 17.12.2009 – 18 U 126/09, BeckRS 2010, 02542. 257 Siehe Hopt § 89 Rn 21. 258 LG Köln, Urt. v. 15.4.2011 – 89 O 37/10, BeckRS 2012, 03969 m. Anm. Eckhoff ZVertriebsR 2012, 112. 259 Hopt § 89 Rn 21. 260 BGH, Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 139/04, NJW-RR 2005, 762 (763) = VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 120; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 379; Oetker/Busche § 89 Rn 6. 261 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 120. 262 BGH, Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 139/04, NJW-RR 2005, 762 (763) = VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 120. 263 Begr. zum GE der BReg, BT-Dr 11/3077, S. 9; BGH, Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 139/04, NJW-RR 2005, 762 (763) = VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 120; Westphal I Rn 760. 264 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 59; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 12; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 10, 38; Schröder FS Hefermehl, S. 119. 265 Küstner BB 1973, 1241; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 12. 266 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 12. 267 BGH, Urt. v. 19.1.2005 – VIII ZR 139/04, VersR 2005, 504 = WM 2005, 1041; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 18; Hopt § 89 Rn 21.

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schäfts durch den Unternehmer bildet daher nicht die einzige konkludent mögliche Zustimmungsform.268 § 625 BGB tritt nicht notwendigerweise zurück.269 Jedenfalls kann § 625 BGB analog angewandt werden.270 Gemäß Abs. 3 entsteht unter Einschluss des zuvor befristeten Vertrages ein einheitliches, unbefristetes Vertragsverhältnis auf unbestimmte Zeit, welches nur gem. § 89 mit den dort genannten Kündigungsfristen ordentlich kündbar ist. Gleiches gilt, wenn die Kündigungsfrist mehrmals zwischen 2 und 6 Monaten verlängert wird.271 Bei der Bestimmung der maßgeblichen Kündigungsfristen nach Abs. 2 ist der zunächst befristete Vertrag in die Berechnung der Gesamtvertragszeit einzubeziehen (Abs. 3 S. 2).272 Die Auslegung des Vertrages kann auch ergeben, dass die Parteien seine Fortsetzung (nur) um die ursprüngliche Vertragslaufzeit wünschten. Zu beweisen hat die Fortsetzung derjenige, zu dessen Vorteil sie gereicht. Ist die Vertragsfortsetzung unstrittig und nur strittig, ob der Vertrag befristet oder unbefristet erfolgte, hat nach Abs. 3 derjenige die Befristung zu beweisen, der sich auf sie beruft. Abs. 3 soll entsprechend anzuwenden sein, wenn nicht der Vertrag als Ganzes, sondern lediglich besondere Vereinbarungen, insb. bezüglich der Provisionen befristet wurden.273 Dies soll nach Ansicht von Eckhoff 274 auch im Bereich der analogen Anwendung des HV-Rechts, also für Kommissionsagentur-, Franchise- und Vertragshändlerverträge gelten. 2. Einverständlich befristet fortgesetztes Vertragsverhältnis. Verträge, die sich 45 gem. einer bereits bei Vertragsbeginn getroffenen Vereinbarung mit vertraglicher Befristung um jeweils feste Zeiträume automatisch verlängern, sofern keine Kündigung erfolgt, sind nach wohl h.M. (wie unter Abs. 3) als unbefristete und damit auch vor Ablauf des Endigungszeitpunktes (nur) gem. § 89 kündbare Verträge anzusehen.275 Die Vertragsdauer ist unbestimmt, weil zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht vorhersehbar ist, ob eine Kündigung erfolgt und damit auch nicht, wann das Vertragsende eintritt.276 Zu solchen Verträgen passt zumindest die Rechtsfolge des Abs. 3 nicht („gilt als auf unbestimmte Zeit verlängert“). Sie unterfallen folglich nicht Abs. 3. Eine Minderansicht, zu der aber immerhin der BGH zählt,277 sieht in diesen Verträgen keine „unbefristeten“, weil keine befristete Vertragslaufzeit vereinbart wurde.

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268 AA (Unternehmer muss vermitteltes Geschäft ausführen) Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 3. 269 Emde MDR 2002, 190 (192); Schröder in: Küstner/Thume I, 4. Aufl., Kap. II Rn 19; Klapperich in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 146; Hopt § 89 Rn 6, 24; Thume in: Röhricht/ Graf v. Westphalen, § 85 Rn 6; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 4a, 5; aA Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 121; Hopt § 89 Rn 22; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 3. Ob man für die Gegenansicht den RegE BT-Drucks 11/3077, S. 9 anführen kann, halte ich für zweifelhaft. 270 AA Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 36. 271 OLG Stuttgart, Urt. v. 14.8.2002 – 3 U 41/02, n.v. 272 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 18; Hopt § 89 Rn 22. 273 LG Köln, Urt. v. 15.4.2011 – 89 O 37/10, BeckRS 2012, 03969 m. Anm. Eckhoff ZVertriebsR 2012, 112. 274 ZVertriebsR 2012, 112 (113). 275 OLG Hamm BB 1973, 1233; Küstner BB 1973, 1239 (1241); BB 1975, 195; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 56 f.; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 54 ff., 61; Semler in: Martinek/Semler/Habermeier/Flohr, Handbuch des Vertriebsrechts, 3. Aufl., § 19 Rn 8; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 387; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 13; Thume in: Röhricht/Graf v. Westphalen/Haas, 4. Aufl. § 89 Rn 5, 7; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 18; Hopt § 89 Rn 20; Oetker/Busche § 89 Rn 6; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 34, 39, 40. 276 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 57. 277 BGH, Urt. v. 12.12.1974 – VII ZR 229/73, NJW 1975, 387 = BB 1975, 194 mit krit. Anm. Küstner BB 1975, 194; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 5 und FS Hefermehl, S. 117 ff., BB 1974, 298; kritisch zu der Entscheidung des BGH auch Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 61.

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Auf den ersten Blick scheint die Minderansicht trotz des eigentlich begrüßenswerten Gleichklangs der h.M. mit Abs. 3 überzeugender. Denn sie entspricht meist dem Parteiwillen, welcher auch bei ständiger Verlängerung jedes Vertragsintervalles die Unkündbarkeit nach § 89 wünscht. Auch die Minderansicht erkennt allerdings an, dass die Fristen des § 89 nicht umgangen werden dürfen. Sie wendet daher § 89 analog an, soweit der mit § 89 verfolgte Zweck nach der Interessenlage auch Zeitverträge mit Verlängerungsklausel erfasst (was festgestellt werden müsste): Der Vertrag endet nach der Rspr. des BGH im Regelfall nur dann mit dem Ablauftermin des jeweils aktuellen Zeitvertrages, sofern er von einer Seite unter Einhaltung der Fristen des § 89 Abs. 1 zum Ablauftermin gekündigt wird.278 Das jeweils letzte Glied der „Vertragskette“ bzw. die zur Ankündigung der Nichtverlängerung erforderliche Kündigungsfrist muss also seiner Länge nach mindestens die Kündigungsfristen des § 89 erreichen, damit eine angemessene Umstellungsfrist gewahrt ist.279 Im Ergebnis sind die dogmatischen Unterschiede zwischen beiden Ansichten oft folgenlos.280 Als auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Verträge werden auch Kettenverträge angesehen, bei denen der Unternehmer dem HV nach dem bei Vertragsschluss vereinbarten automatischen Auslaufen eines früher abgeschlossenen Vertrages regelmäßig einen meist ebenfalls befristeten neuen Vertrag übersendet, der in seiner äußeren Aufgliederung und im Wesentlichen auch in seinem Inhalt mit dem früher abgelaufenen Vertrag übereinstimmt,281 über den aber meist nicht erneut verhandelt wird,282 so dass beide Vertragsteile sich auf diese Handhabung eingespielt haben und auf eine Verlängerung vertrauen. Es darf nicht der Schluss gezogen werden, die Aneinanderreihung von zwei befristeten Verträgen sei als solche schon eine Umgehung des § 89. Sie kann gerade notwendig sein, um in gewisser Lage die Bindung an ein HV-Verhältnis nicht vorzeitig festzuschreiben.283 Hier gibt es zwar keine „automatische“ Vertragsverlängerung, die bereits im Ursprungsvertrag vereinbart wurde. Es soll sich jedoch um einen unbefristeten Vertrag im vorgenannten Sinne handeln, für den § 89 gilt.284 Schwierig ist allerdings die Feststellung, unter welchen Umständen die Parteien tatsächlich eine Verlängerung des eigentlich befristeten Vertrages erwarten durften. Ist der Vertrag ein unbefristeter „Kettenvertrag“, lässt sich je nach den tatsächlichen Verhältnissen vertreten, bereits ab dem zweiten Kettenglied jeden Vertragspartner für verpflichtet halten zu müssen, den anderen Partner mit den in § 89 festgelegten Fristen vor Ablauf eines Vertrages Mitteilung darüber zu geben, dass man zu einem erneuten Vertragsschluss nicht bereit sei.285 Aber

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278 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, NJW-RR 2002, 1554 = DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde), Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 56. 279 BGH, Urt. v. 15.6.1959 – II ZR 184/57, LM § 89b Nr. 10/11; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 13; Schröder FS Hefermehl, S. 121; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 18. 280 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 57; Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 382; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 40. 281 Bei wesentlicher Inhaltsänderung handelt es sich nicht um Kettenverträge, s. Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 54; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 16; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 36. 282 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, NJW-RR 2002, 1554 = DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde) – Franchisevertrag. 283 Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 4. 284 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, DB 2002, 1992 = MDR 2002, 1259 = NJW-RR 2002, 1554 = EWiR 2002, 915 (Emde) = WM 2003, 251 = BB 2012, 2036; BGH, Urt. v. 9.10.2002 – VIII ZR 95/01, NJW-RR 2003, 98 – Vertragshändler; NJW-RR 2001, 1554 unter II, 1b bb; v. 13.12.1995 – VIII ZR 61/95, NJW 1996, 848 = WM 1996, 877 unter II 1; v. 11.12.1958 – II ZR 169/57, VersR 1959, 129 unter 2; s.a. BGHZ 141, BGHZ 141, 248 = NJW 1999, 2668; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VII Rn 61 f.; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 34. 285 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VII Rn 63.

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auch die gegenteilige Ansicht wäre vertretbar: Zum einen könnte man hier einen befristeten Vertrag annehmen (Folge: Unanwendbarkeit des § 89), da die Verlängerung nicht sicher und keine Kündigung erforderlich ist. Zudem könnte, solange jedes Kettenglied die Fristen des § 89 einhält, gegen eine fortlaufende Befristung des Vertrages nichts zu erinnern sein. Denn durch dessen Befristung, die den Mindestkündigungsfristen des § 89 entspricht oder sie überschreitet, werden die Mindestumstellungsfrist und damit der Schutzgehalt des § 89 gewahrt. Die vorgenannte Rspr: gilt auch, wenn der Unternehmer den HV zur Fortsetzung des 46 Vertrages zu wesentlich geänderten Konditionen auffordert und der HV dies ablehnt.286 Auch in dieser Situation soll der Unternehmer das Vertragsende nicht durch eine einseitige Handlung herbeiführen können. Vielmehr müsse er den Vertrag nach § 89 kündigen.287 Denn auch in diesem Fall sei der HV schutzwürdig und bedürfe der Mindestkündigungsfristen. Anderenfalls würde dem Unternehmer ein leichter Weg aus dem Vertrag gewiesen, wenn er durch die bloße Forderung nach einem stark geänderten Vertrag sich von der Rspr. des BGH dispensieren könnte, derzufolge nur mit den Kündigungsfristen des § 89 zum Ablauf des letzten Kettengliedes eine Vertragsbeendigung möglich ist. Außer im Fall der automatischen Verlängerung288 reicht als „Kündigungserklärung“ 47 die Mitteilung aus, keinen neuen Vertrag schließen zu wollen.289 Wird das Vertragsverhältnis nicht gekündigt, läuft es weiter und bleibt ein „unbefristeter“ Vertrag.290 Da die Fristen des § 89 nach Vertragsdauer gestaffelt sind, ist als für die Umstellungs- und Kündigungsfrist maßgeblicher Vertragsbeginn nicht der Beginn des letzten Kettenglieds sondern der des HV-Vertrages überhaupt anzusehen (Abs. 3 S. 2 analog).291 Das soll auch im unter Rn 44 behandelten Fall gelten, in dem sich der „Neuvertrag“ nicht automatisch an den „Altvertrag“ anschließt, sondern der Neu- oder Anschlussvertrag neu unterzeichnet werden muss. Nach mehr als 5-jähriger Vertragsdauer beträgt die Mindestfrist des letzten Kettengliedes bzw. die zur Ankündigung der Nichtverlängerung erforderliche Kündigungsfrist also mindestens sechs Monate. Kürzere Fristen verlängern sich automatisch auf das von § 89 vorgesehene Maß.292 Das gilt im Ergebnis auch bei AGB, wo die wegen Verstoßes gegen das Leitbild des § 89 gem. § 307 BGB unwirksame Klausel im Umfang ihrer Nichtigkeit durch § 89 und seine Fristen ersetzt wird. Bei fristgerechter Kündigung (unbefristeter Vertrag) oder fehlender Verlängerung (befristeter Vertrag) endet der Kettenvertrag.293 In Abgrenzung zu den nach h.M. unbefristeten Verträgen sind als auf unbestimmte 48 Zeit (Rn 40) eingegangen solche Verträge zu werten, deren Auslegung ergibt, dass sie sich nur solange verlängern sollen, bis sie einer der Parteien durch eine rechtsgestaltende Erklärung beendet. Entscheidend für die Abgrenzung ist der Wunsch nach fehlender

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286 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII, Rn 63; aA Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 57; Ebenroth/Löwisch, 2 Aufl. § 89 Rn 16; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 35. 287 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 64 f. 288 Aber auch hier kann eine anderslautende Erklärung ausgelegt werden. 289 BGH NJW 1996, 848; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII, Rn 63; Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 56; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 35. 290 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, NJW-RR 2002, 1554 = DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde), Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 56. 291 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, NJW-RR 2002, 1554 = DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 56; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; Hopt § 89 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 35. 292 BGH, Urt. v. 17.7.2002 – VIII ZR 59/01, NJW-RR 2002, 1554 = DB 2002, 1992 = EWiR 2002, 915 (Emde). 293 Recken WM 1975, 264; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 13.

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Beendigung „aus sich heraus“ ohne eine rechtsgestaltende Erklärung, um den Vertrag zu beenden. IV. Fristen Ist eine besondere Kündigungsfrist nicht vereinbart, greifen die in § 89 genannten Kündigungsfristen. Sie müssen dem Gekündigten als Mindestfristen ungekürzt zur Verfügung stehen,294 und zwar berechnet ab dem Zugang der Kündigungserklärung.295 Gerade der Mittler benötigt diese – regelmäßig viel zu kurz bemessenen Fristen – zur Anpassung an die neue Situation, etwa zur Suche nach einer Nachfolgevertretung oder für eine Kündigung von Untervertretern, Angestellten oder Mietverträgen (Problem: Konkordanz der Kündigungsfristen, etwa bei Mindest-Kündigungsfristen im Hauptvertrag oder Hauptvertrag mit kurzen Kündigungsfristen nach ausländischem Recht, siehe Rn 26). Gleiches gilt für den Unternehmer im Falle der Suche nach einem Nachfolgevertreter, wobei der Unternehmer tendenziell weniger auf eine Auslauffrist angewiesen ist und daher das geringere Interesse an langen Kündigungsfristen hat. Erfolgt die Kündigung im ersten Jahr der Vertragsdauer, kann sie nur ausgesprochen werden mit einer Frist von einem Monat. Im zweiten Jahr der Vertragsdauer verlängert sich die Frist zu einer solchen von zwei Monaten und im dritten bis fünften Jahr zu einer Frist von drei Monaten. Nach einer Vertragsdauer von fünf Jahren kann das Vertragsverhältnis nur mit einer Frist von sechs Monaten gekündigt werden. Die Kündigung ist nach S. 3 nur für den Schluss eines Kalendermonats zulässig, sofern keine abweichende Vereinbarung getroffen ist. Gemäß Abs. 2 (dazu Rn 93) dürfen die Kündigungsfristen nach Abs. 1 S. 1 und 2 durch Vereinbarung verlängert werden. Die Frist darf dann jedoch für den Unternehmer nicht kürzer sein als für den HV. Bei Vereinbarung einer kürzeren Frist für den Unternehmer gilt die für den HV vereinbarte Frist. Hier ist ein Rechtsgedanke enthalten, der der Verallgemeinerung fähig ist und aus dem die Rspr. auch Folgerungen gezogen hat. So kann die Verjährung nicht einseitig gegen den HV durch Vertrag kürzer gestaltet werden als diejenige gegen den Unternehmer. Eine vertragliche Verkürzung der Kündigungsfristen des § 89 ist nicht zulässig, wohl aber eine Verlängerung (Rn 74). Da es sich bei den Fristen des § 89 um zwingende gesetzliche Mindestfristen handelt, bedeutet dies, dass die Mindestfristen an die Stelle einer im Vertrag vorgesehenen kürzeren Frist treten.296 Der Kündigende darf wie bei der außerordentlichen Kündigung eine längere als die 50 vereinbarte Kündigungsfrist gewähren. Die verlängerte Frist gibt dem Gekündigten eine längere Umstellungsfrist; er erfährt meist keinen Nachteil. Rechtstechnisch handelt es sich bei der Verlängerung der Fristen um ein Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages; die Vermutung des § 151 BGB dürfte kaum je eingreifen. Sofern man eine einseitige Verlängerung der Kündigungsfrist für unzulässig halten soll, fragt sich, ob die mit längerer Frist erklärte Kündigungserklärung unwirksam ist (dann müsste der Kündigende erneut mit der vertraglich vorgesehenen Frist kündigen; der Gekündigte dürfte die unwirksame Kündigung zum Anlass einer Kündigung nach § 89a nehmen) oder die längeren Auslauffristen auf das vertraglich oder gesetzlich vorgesehene Maß reduziert werden. Ich neige in Abweichung von meiner Auffassung aus Staub 5. Aufl. der letztgenannten Alternative zu.

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294 BGH, Urt. v. 28.9.1972 – VII ZR 186/71, BGHZ 59, 265 = NJW 1972, 2083; Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 87. 295 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 88; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; Hopt § 89 Rn 14. 296 BGHZ 40, 235.

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Die Kündigungsfrist berechnet sich nach den §§ 186 ff. BGB.297 Der Tag des Zugangs 51 der Erklärung wird gem. § 187 BGB nicht mitgerechnet.298 Zu beachten ist die für einen HV-Fall ergangene, obwohl ihrem Inhalt nach mit allgemeiner Tragweite ausgestattete Entscheidung BGHZ 59, 265: Fällt der Beginn der Kündigungsfrist auf einen Sonn- oder gesetzlichen Feiertag, so gilt § 193 BGB nicht.299 § 193 BGB erstreckt das Ende der Erklärungsfrist zugunsten des Erklärenden. Nicht aber kann dadurch die Dauer einer Frist durch Hinausschiebung ihres Beginnes zu Lasten des Erklärungsempfängers verkürzt werden. Beginnt die Kündigungsfrist, von ihrem Ende ab zurückgerechnet, also an einem Sonnabend oder Sonntag, so wäre eine am Montag ausgesprochene Kündigung nicht mehr rechtzeitig; sie müsste dem Kündigungsempfänger am Tage des Beginnes der Kündigungsfrist effektiv zugegangen sein. V. Maßgebliche Vertragsdauer Die Kündigungsfrist des Abs. 1 verlängert sich mit der Vertragsdauer. Sie muss 52 grundsätzlich eine ununterbrochene300 sein. Maßgeblich ist der Zeitraum zwischen dem rechtlichen Beginn des HV-Vertrags durch Vertragsschluss oder einverständlicher Tätigkeitsaufnahme und dem Zugang der Kündigungserklärung.301 Die nach dem Zugang der Kündigung noch laufende Frist ist also in die Berechnung der für die Kündigungsfrist entscheidenden Vertragsdauer nicht einzubeziehen. 302 Dass der Vertrag Änderungen erfahren hat, etwa Gebietserweiterungen oder -reduzierungen, Modifikationen des Provisionssatzes oder der Provisionsbemessungsgrundlage, Wandlung von der Tätigkeitszur Bezirksprovision und umgekehrt bzw. Änderung der Produktpalette, ist für die Einheit des Vertrages und damit die Zurechnung zur Vertragsdauer irrelevant: einzubeziehen ist die gesamte Vertragsdauer. Bei Ersatz eines Vertrages durch einen neuen Vertrag, wie es häufig gegenüber VV geschieht,303 bleibt das Datum des Abschlusses des ersten Vertrags für die Fristberechnung maßgeblich, wenn das Vertragsverhältnis im Kern tatsächlich fortgesetzt und trotz formalen Neuabschlusses inhaltlich nur eine Vertragsänderung vorgenommen wurde.304 Erst recht bleibt eine Kündigung durch den Unternehmer mit anschließendem gleichinhaltlichen Neuabschluss zu dem bloßen Zweck, die Anwendung des § 89 mit seiner längeren, zwingenden Mindestkündigungsfrist zum Nachteil des HV auszuschalten, für die Berechnung der Gesamtdauer unbeachtlich, gleiches gilt für die Fälle der „Rücknahme“ oder des „Verzichts“ auf eine Kündigung,305 die rechtlich einen (konkludenten) Neuabschluss darstellen. Überhaupt wird man unbedeutende Unterbrechungen des Vertrages bei der Berechnung der Vertragsdauer auszublen-

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297 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 89; Hopt § 89 Rn 14. 298 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 89. 299 Ebenso Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 89; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 57. 300 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 56. 301 Vogels in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 2 Rn 373; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; Hopt § 89 Rn 11; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 56; Heymann/ Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 31; aA berechnet bis zum Kündigungsendtermin Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 18. 302 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 28. 303 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27. 304 BGH, Urt. v. 19.3.1987 – I ZR 166/85, NJW-RR 1987, 1112; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 31; zu streng Hopt § 89 Rn 11; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 56; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 18: Neuabschluss nur bei Umgehung des Gesetzes unmaßgebend. 305 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 27; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 18.

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den haben. Tätigkeitsunterbrechungen, etwa Freistellungen, bei rechtlichem Fortbestand des HV-Vertrages ändert nichts an der ungekürzten Zurechnung der gesamten Vertragsdauer. Auch bei einem seit 100 Jahre laufenden HV-Vertrag bleibt eine Kündigung in den Fristen des § 89 zulässig.306 VI. Kündigungserklärung („gekündigt werden“) 53

Der Ausspruch der Kündigung folgt den allgemeinen Regeln über Willenserklärungen. Die Kündigung ist eine einseitige, zugangsbedürftige307 Willenserklärung. Eine Annahme der Erklärung, etwa nach § 151 BGB, ist nicht erforderlich.308

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1. Form. Eine bestimmte Form der Kündigung ist, abweichend von anderen Rechtsordnungen (Belgien: Einschreiben, Türkei Schriftform),309 gesetzlich nicht vorgeschrieben.310 Theoretisch wäre sogar eine konkludente Kündigung denkbar.311 Eine gesetzliche Formvorschrift dürfte aber eingeführt werden.312 Auch kann vertraglich eine Form vereinbart werden, soweit sie die Kündigung nicht übermäßig erschwert (letzteres widerspräche der zwingenden Natur des § 89). Eine durch Vertrag vorgeschriebene Form („eingeschrieben“) dient im Zweifel nur Beweiszwecken, macht also eine unter Nichtbeachtung derselben ausgesprochene Kündigung nicht unwirksam, etwa bei Vereinbarung der Schriftform und Versendung per E-Mail.313 Soll die Form Wirksamkeitserfordernis sein, müsste – ggf. Auslegungsfrage – festgestellt werden, dass die Parteien eine „durch Rechtsgeschäft bestimmte Form“ (§ 127 S. 1 BGB) gewollt haben. Davon ist in der Regel abzusehen. So soll etwa die vorherige Herabsetzung der Form (von Einschreiben zur Schrifftform) und ein fehlendes Schriftformerfordernis für die mit weitreichenderen Folgen versehene außerordentliche Kündigung gegen ein strenges Schriftformerfordernis sprechen.314 Bei AGB ist eine verwenderfeindliche gegenteilige Ansicht vertretbar. § 174 BGB ist anzuwenden, so dass die Kündigung wegen Nichtvorlage einer Vollmacht zurückgewiesen werden kann.315 2. Inhalt

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a) Klarheit. Immer muss die Erklärung eindeutig, klar und unmißverständlich zum Ausdruck bringen, dass der Vertrag spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet

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306 LG Hamburg, Urt. v. 15.12.2006 – 406 O 175/06; n.v. 307 Becker-Schaffner BB 1998, 422; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 68; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45; Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 21. 308 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26. 309 Jedenfalls als Beweisvorschrift, s. Krüger RIW 2009, 771 (773). 310 OLG München, Urt. v. 26.1.2012 – 23 U 3798/11, WM 2012, 1743 (1744) = BB 2012, 1056 m. Anm. von Bodungen = GWR 2012, 110 m. Anm. Noreisch; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 68. 311 OLG München, Urt. v. 26.1.2012 – 23 U 3798/11, WM 2012, 1743 (1744) = BB 2012, 1056 m. Anm. von Bodungen = GWR 2012, 110 m. Anm. Noreisch. 312 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26. 313 OLG München, Urt. v. 26.1.2012 – 23 U 3798/11, WM 2012, 1743 (1744) = BB 2012, 1056 m. Anm. von Bodungen = GWR 2012, 110 m. zust. Anm. Noreisch; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 68. 314 OLG München, Urt. v. 26.1.2012 – 23 U 3798/11, WM 2012, 1743 (1744) = BB 2012, 1056 m. Anm. von Bodungen = GWR 2012, 110 m. zust. Anm. Noreisch. 315 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 24; näher etwa KG BB 1998, 607; Lohr MDR 2000, 620.

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werden soll.316 Aus dem Betreff eines Schreibens „Beendigung des HV-Vertrages“ kann eine Kündigungserklärung nicht hergeleitet werden, sofern bereits frühere Schreiben mit demselben Betreff überschrieben waren, ohne dass sie eine Kündigung enthielten,317 ebenso wenig durch die Bitte um Verhandlungen über die Vertragsaufhebung.318 Unwirksam ist die Kündigung einer Handelsspannenvereinbarung „vorsorglich und zur Klarstellung“. In ihr liegt keine Kündigung des Gesamtvertrages. 319 Eine Kündigung „durch Schweigen“ gibt es nicht,320 heißt es. Richtigerweise muss es heißen: „ohne Erklärung“, siehe die schriftliche Kündigung oder durch Gebärdensprache. Zudem kann sich die Kündigungserklärung in seltenen Fällen321 stillschweigend aus den Umständen ergeben. Immer aber muss der eindeutige Wille zum Vertragsende zum Ausdruck kommen, etwa bei der Erklärung, den Vertrag künftig nicht mehr zu wollen. Die Erklärung ist bedingungsfeindlich,322 mit Ausnahme der von dem Willen des Kündigungsempfängers abhängigen Potestativbedingung323 oder der innerprozessualen Rechtsbedingung.324 b) Begründung der Kündigung und weitere Inhaltsanforderungen. Einer Begrün- 56 dung, Rechtfertigung325 oder eines Kündigungsgrundes (Gegenschluss aus § 89a)326 bedarf die Kündigung nicht, eine Begründung braucht auch nicht gegeben zu werden (anders Ungarn). Ein Begründungserfordernis könnte aber vereinbart werden. Die Selbstverpflichtungskataloge der Kfz-Hersteller sehen z.T. die Selbstverpflichtung vor, ein Begründungserfordernis in die Händlerverträge aufzunehmen (Vor § 84 Rn 247 ff.). Ebenso wenig bedarf die Kündigung (außer als außerordentliche nach § 314 BGB) einer vorherigen Androhung.327 Die gewünschte Kündigungsfrist braucht, sofern nicht ausnahmsweise eine längere Auslauffrist gewährt werden soll, nicht genannt zu werden328 (Gegenbeispiel: Belgien), sie ergibt sich aus dem Gesetz oder dem Vertrag. Schon die Umdeutungsmöglichkeit einer außerordentlichen zu einer ordentlichen Kündigung zeigt die Irrelevanz der Fristangabe (§ 89a Rn 5). c) Folgen der mangelnden Wahrung der Wirksamkeitserfordernisse. Eine den 57 zwingenden Voraussetzungen nicht genügende Kündigung ist unwirksam. Sie braucht nicht entsprechend § 174 BGB zurückgewiesen zu werden,329 wie überhaupt einer unwirksamen Kündigung nicht widersprochen werden muss. Sie ist (Verwirkungsfälle aus-

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316 OLG Düsseldorf OLGR 1999, 453 (454); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 25; Alff Rn 193. 317 OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625. 318 LG Hamburg, Urt. v. 9.8.2013 – 418 HKO 157/12. 319 OLG Celle, Urt. v. 11.2.2010 – 13 U 92/09 (Kart), DE-R 2853 (2859). 320 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26. 321 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45. 322 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 86. 323 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 86; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 21; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 53; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 25a. 324 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26. 325 Köhnen in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 316; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 69; aA Genzow Rn 108 f.; offengelassen von BGH WuW/E BGH 2491 (Opel-Blitz). 326 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 69; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 25a. 327 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 69; MünchKommHGB/v. HoyningenHuene § 89 Rn 45. 328 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 25; aA Finke WM 1969, 1128. 329 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 23.

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genommen) ohne Widerspruch unwirksam,330 was durch Feststellungsklage festgestellt werden könnte. Bleiben Zweifel darüber, ob eine Kündigungserklärung vorliegt, gereichen sie zum Nachteil desjenigen, der die Kündigung erklären wollte. In einer unwirksamen Kündigung kann jedoch das Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages liegen, welches die andere Vertragspartei annehmen darf.331 58

d) Umdeutung der ordentlichen in eine außerordentliche Kündigung? Während in der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund vielfach zugleich eine ordentliche Kündigung auf den nächstzulässigen Termin zu erblicken ist (§ 140 BGB, s. § 89a Rn 5),332 lässt sich eine ordentliche, etwa verspätete Kündigung grundsätzlich nicht in eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grunde umdeuten,333 es sei denn, dies kommt in der Erklärung hinreichend zum Ausdruck. Auch kann bei Kündigung mit vertraglicher Frist nicht die Ausübung des Rechtes auf fristlose Kündigung für längere Zeit vorbehalten werden.334

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e) Prozessuale Auslegung der Kündigungserklärung. Die Kündigungserklärung ist eine nicht typische Willenserklärung, deren Auslegung vorwiegend den Tatsacheninstanzen obliegt.335 Das Revisionsgericht kann deren Auslegung nur darauf überprüfen, ob die Vorschriften zur Auslegung von Willenserklärungen (§§ 133, 157 BGB) richtig angewandt wurden, ob nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen, das tatsächliche Vorbringen der Parteien vollständig ausgewertet bzw. eine gebotene Auslegung vollkommen unterlassen wurde.336 VII. Regelmäßige Kündigungswirkung zum Schluss eines Kalendermonats

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Mangels (zulässiger, dazu Rn 90 ff.) abweichender Vereinbarungen endet der gekündigte Vertrag mit Ende des Monats, in welchem die Kündigungsfrist des § 89 abläuft (Kündigungsendtermin; Abs. 1 S. 3). Wird die Kündigungsfrist vom Kündigenden unzutreffend bezeichnet, kann darin dessen Angebot auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit verlängerter Frist liegen. Ggf. nimmt der Gekündigte das in der Erklärung liegende, für ihn objektiv günstige Angebot zu einer Besserstellung stillschweigend nach § 151 BGB an. An eine in der Kündigungserklärung bezeichnete, von § 89 oder dem Vertrag abweichende Frist ist der Kündigende wohl auch nach dem Prinzip der Selbstbindung – nicht allerdings der Gekündigte, zu dessen Schutz die Fristen des Vertrages oder des § 89 gereichen337 – gebunden.338 Nur bei offensichtlichen Berechnungs- oder Schreibfehlern darf der Gekündigte nicht von einer solchen Selbstbindung oder einem solchen Angebot ausgehen (etwa Kündigung zum Jahre 2025 statt 2015).339 Trotz der zwingenden Natur des

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330 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 11; Lohr MDR 2000, 620. 331 OLG München NJW-RR 1995, 95; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 23; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 26. 332 BGH DB 1981, 1821. 333 BGH VersR 1961, 270; OLG Nürnberg BB 1957, 561; RGZ 122, 38; RAG 18, 35; Wauschkuhn in: Flohr/ Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 117. 334 RGZ 123, 216. 335 BAG, Urt. v, 22.10.2009 – 8 AZR 865/08, DB 2010, 452 (Arbeitsrecht). 336 BAG, Urt. v, 22.10.2009 – 8 AZR 865/08, DB 2010, 452 (Arbeitsrecht). 337 Vgl. Ebenroth/Löwisch § 89 Rn 26. 338 Vgl. BGH, Urt. v. 20.2.1969 – VII ZR 101/67, BB 1969, 380; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 90; Heymann/Sonnenschein/Weitemeyer § 89 Rn 33; Hopt § 89 Rn 23. 339 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 90.

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§ 89 (Rn 90 ff.) darf der Kündigungsempfänger das nach obigen Maßstäben in der Kündigung mit verkürzter Frist liegende Angebot des Kündigenden auf Aufhebung des Vertrages annehmen oder sich auf dessen Selbstbindung berufen. Nur die Kündigungserklärung selbst unterliegt zwingend der Fristregelung. Ein Aufhebungsvertrag tut es nicht. VIII. Wirkung der Kündigung Während der Kündigungsfrist laufen die Rechte und Pflichten der Parteien unver- 61 mindert weiter,340 etwa Wettbewerbsverbote341 (§ 86 Rn 72 ff.) und Alleinvertriebsrechte.342 Der Mittler muss weiterhin mit vollem Einsatz werben, der Unternehmer die vermittelten Geschäfte (HV)343 und Bestellungen (Eigenhändler)344 ausführen, nicht jedoch Übermaßbestellungen des Eigenhändlers zum Zwecke seiner Bevorratung für den nachvertraglichen Zeitraum. Die vertraglich geschuldete Vergütung, einschließlich eventueller Boni, hat der Unternehmer zu leisten. Ggf. erfordern die Mitwirkungspflichten des Eigenhändlers, seinen Bedarf nachzuweisen.345 Viele Verträge sehen eine solche Nachweispflicht vor, es wird dann bei Streitigkeiten die Überprüfung durch WP vereinbart (Beweislast für das Recht zur Lieferverweigerung im Zweifel beim Hersteller). Vertragsbedingungen dürfen auch während der Kündigungsfrist nicht einseitig geändert werden, auch die in die Einzelverträge einbezogenen Lieferbedingungen zwischen Unternehmer und Mittler dürfen nicht causa Kündigung wesentlich zum Nachteil des Gekündigten abgeändert werden.346 Sonst könnte der Unternehmer durch beständige Ablehnung der Vermittlungsbemühungen die Fristen des § 89 umgehen. Bei unmittelbar bevorstehender Beendigung des Vertrages kann es dem Unternehmer ggf. unzumutbar sein, aktuelles know-how auf den Vertriebsmittler, etwa einen FN zu übertragen, der kurz darauf zum Wettbewerber wird.347 Dies darf allerdings nur angenommen werden, wenn dem Mittler dadurch keine wesentlichen Nachteile, etwa Umsatzeinbrüche, drohen.348 Spiegelbildlich mag der Mittler etwa von investionsintensiven Werbemaßnahmen ohne Amortisationsmöglichkeit absehen wollen; dies ist je nach den Gegebenheiten des Einzelfalles verständlich und hinzunehmen.349 Die Bemühenspflicht befreit sich von solchen Vertriebspflichten, die von dem Mittler angesichts des auslaufenden Vertrages billigerweise nicht mehr erwartet werden können.350 Auch in diesem Stadium können Vertragsverletzungen oder sonstige wichtige Gründe zu einer außerordentlichen Kündigung nach § 89a führen. Angesichts des nahenden Vertragsendes müssen aber besonders strenge Anforderungen an die Unzumut-

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340 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 99; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 30; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 32. 341 BGH, Urt. v. 30.6.1954 – II ZR 26/53, BB 1954, 647 (648); BGH NJW-RR 1992, 481 (482); BGH, Urt. v. 12.3.2003 – VIII ZR 197/02, VersR 2003, 856 = BB 2003, 1253 = NJW-RR 2003, 981 = NJW 2003, 2677 (LS) = WM 2003, 2103 = EWiR 2003, 973 (Albicker); NJW 1964, 817; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 100; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 75, § 86 Rn 25; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89a Rn 78; Schlegelberger/Schröder § 89a Rn 6a, 20a, § 86 Rn 42a; Hoss DB 1997, 1818 ff. 342 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362. 343 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362. 344 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362. 345 OLG Frankfurt/M., Urt. v. 18.3.1997 – 5 U 127/95 Rn 69; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362. 346 So gibt es beispielsweise im brasilianischen Recht eine Regel, dass in den letzten 6 Monaten vor Vertragsende eine derartige Änderung unzulässig ist. 347 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 500. 348 Giesler/Güntzel in: Giesler, Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn 500. 349 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362; Köhnen in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 381. 350 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362.

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barkeit der (ggf. kurzen) Vertragsfortführung gestellt werden; nicht etwa lässt sich umgekehrt argumentieren, angesichts der reduzierten Vertragsdauer seien geringere Ansprüche an den wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung zu geben.351 Zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigungserklärung bekannte wichtige Gründe sind regelmäßig zur Rechtfertigung einer Kündigung nach § 89a ausgeschlossen.352 Der gekündigte Mittler darf trotz fortbestehendem Wettbewerbsverbot Vorbereitun62 gen zur Aufnahme einer neuen Tätigkeit („Vorbereitungstätigkeiten“), auch für einen Wettbewerber des Unternehmers, treffen.353 Diese Vorsorge für die Zeit nach Vertragsende muss der Unternehmer hinnehmen; ein Misstrauensbeweis ist hierin nicht zu finden, weil der HV ohne dahingehende Vereinbarung keinem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt und einen Anschlussvertrag suchen darf und muss, um einen nahtlosen Übergang sicherzustellen. Dies ist gerade Zweck der Kündigungsfrist, wobei der HV mit seiner Suche nicht auf die Kündigungsfrist beschränkt ist. Die durch die Suche nach einem Anschlussvertrag entstehenden Beeinträchtigungen des Vertriebs sind sozialadäquat.354 Der HV darf seine Pflichten aber nicht unüblich vernachlässigen. So darf ein Nachfolgevertrag verhandelt und unterzeichnet355 oder eine Gesellschaft zum nachträglichen Wettbewerb gegründet356 werden. Auch Treffen des HV mit künftigen Kollegen und Vorgesetzten sind hinzunehmen. Die Befürchtung des Unternehmers, der sich um einen Folgevertrag bemühende HV werde bis zum Vertragsende seine Interessen nicht mehr mit vollem Einsatz wahrnehmen, rechtfertigt die Annahme einer Pflichtverletzung nicht.357 Der HV darf die beabsichtigte Konkurrenztätigkeit aber erst nach Beendigung seines Vertrags aufnehmen358 und während der Kündigungsfrist noch nicht für den Wettbewerber tätig werden.359 Grenzfälle sind die Belieferung mit Produkten des Nachfolgeherstellers mit der Weisung, sie erst nach Vertragsende des Vorgängervertrags zu vertreiben (wohl noch zulässig, wenn für Kunden nicht offenbar). Der HV soll während der Dauer des vorgehenden HV-Vertrages nach außen nicht auf eine Nachfolgevertretung hinweisen dürfen, sofern es sich um einen Wettbewerber des Unternehmers handelt (das ergibt sich aus dem der Interessenwahrnehmungspflicht entlehnten Verbot der Förderung der Interessen eines Wettbewerbers).360 Dem Vertragshändler361 und dem Unternehmer362 soll ein solches Recht angeblich zustehen. Spiegelbildlich darf der Unternehmer sich um einen Nachfolger des HV bemü63 hen, diesem aber noch nicht die dem gekündigten HV zustehenden Rechte und Tätig-

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351 BGH WM 1999, 1013 = EWiR 1999, 303 (Martinek). 352 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 30. 353 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 100. 354 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 100. 355 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); BGHZ 42, 59 (62); OLG München VersR 1957, 97; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364 f.); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 100; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 23, § 89 Rn 30; Hopt § 86 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43b, § 89 Rn 32. 356 LG Hamburg, Urt. v. 8.8.2008 – 332 O 351/07, n.v. 357 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 23. 358 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); BGHZ 42, 59 (62); OLG München VersR 1957, 97; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364 f.); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 23, § 89 Rn 30; Hopt § 86 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43b, § 89 Rn 32. 359 BGH, Urt. v. 3.4.1996 – VIII ZR 3/95, ZIP 1996, 1006 (1008); BGHZ 42, 59 (62); OLG München VersR 1957, 97; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 86 Rn 23, § 89 Rn 30; Hopt § 89 Rn 26; Schlegelberger/Schröder § 86 Rn 43b, § 89 Rn 32. 360 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 361 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 362 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364).

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keiten übertragen,363 ihn jedoch mit Prospekten, Mustern u.ä. versorgen364 (Gegenstück zum Recht des Mittlers, Muster und erste Produkte des neuen Unternehmers zu erhalten). Allerdings kann während der Kündigungsfrist die Tätigkeit eines weiteren HV vertraglich, auch durch AGB, vereinbart werden, sofern der Gekündigte hierfür eine volle Kompensation erhält, etwa berechnet aus dem Durchschnittsverdienst der vergangenen Jahre. So bemessen, dürfte sich die angemessene Kompensation abstraktgenerell auch in AGB vereinbaren lassen. Beide Parteien dürfen Kunden über die (bevorstehende) Beendigung des Vertrags 64 angemessen, sachlich und wahrheitsgemäß informieren,365 der HV insb. ein sachliches Abschiedsschreiben an die Kunden richten, über dessen Inhalt er eine Verständigung mit dem Unternehmer suchen sollte,366 aber nicht notwendigerweise muss. Ein vor Vertragsende abgesandtes geschäftsschädigendes Informationsschreiben widerstreitet den Treupflichten.367 Versendet der HV ein solches Abschiedschreiben, kann es einen Grund zur außerordentlichen Kündigung, ein nach Vertragsende abgesandtes Anlass zur Herabsetzung der Ausgleichsvergütung unter Billigkeitsgesichtspunkten oder zum Ausgleichsauschluss analog § 89b Abs. 3 Nr. 2 geben. Beide Parteien dürfen eigene Mitarbeiter und der HV auch Untervertreter über die geplante Aufnahme einer Nachfolgevertretung informieren. Die Parteien sollten auch eine Abstimmung über den Zeitpunkt der Information finden. Während der Unternehmer möglichst früh informieren will, liegt dem Mittler an ungestörter Fortführung des Vertriebs.368 Wauschkuhn369 vertritt deshalb, die Information dürfe erst kurz vor Vertragsende erfolgen, um die Absatzchancen des Mittlers nicht zu beeinträchtigen. Eine Information 6 Monate vor Vertragsende wird meist nicht zu beanstanden sein (s.a. die Fristen des § 89).370 Der HV kann vertraglich verpflichtet werden, seinen Nachfolger angemessen einzuarbeiten371 und es kann nur geraten werden, dies im Vertrag klarzustellen, da ohne eine solche Regelung die Rechtslage unsicher ist. Auch ohne eine solche Klarstellung kann im Einzelfall aus der Interessenwahrungspflicht eine Pflicht des Vorgängers zu angemessenen, nicht zu zeitaufwendigen Einarbeitungstätigkeiten entstehen.372 IX. Freistellung des Mittlers Aus dem Vertrag erwächst dem Mittler ein Recht zur Tätigkeit. Er ist auf den Kontakt 65 zum Kunden angewiesen.373 Die Freistellung des Mittlers ist daher nur ausnahmsweise zulässig. Das gilt für alle Vertriebsmittler, HV, Vertragshändler374 und FN.

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363 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 101; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 30; Hopt § 89 Rn 25. 364 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 101. 365 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 118; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 32; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 37a. Daran fehlte es im Fall des OLG Köln, Urt. v. 6.2.2013 – 6 U 127/12, GRUR-RR 2013, 257 – wettbewerbswidrige Information durch den Unternehmer. 366 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 118. 367 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 368 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 369 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 118. 370 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 371 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364). 372 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (364); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 113; Hopt § 89 Rn 25. 373 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363). 374 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363); Thume in: Küstner/Thume III, 3. Aufl. 2009, Kap. VI Rn 26; Köhnen in: Praxishandbuch Vertriebsrecht, 2. Aufl. 2011, § 3 Rn 385.

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1. Freistellungserklärung. Die „Freistellungs“erklärung ist auszulegen. Gelegentlich ist eine Kündigung nach § 89a375 oder eine einvernehmliche Vertragsbeendigung gewollt.376 Der Unternehmer muss unzweifelhaft zum Ausdruck bringen, dass er den HV freistellen will. Anderenfalls wäre im Falle der Tätigkeitseinstellung nur ein gegen den Unternehmer gerichteter Schadenersatzanspruch wegen Nichtannahme der Vermittlungsleistung oder ein Anspruch aus § 615 BGB auf Fortzahlung der vertraglichen Vergütung gegeben. Wegen des Schutzcharakters der Freistellungsvergütung sollten die Ansprüche an die Freistellungserklärung nicht zu hoch gesetzt werden. Der Terminus „freistellen“ braucht nicht genutzt zu werden. Solange der Unternehmer hinreichend zum Ausdruck bringt, dass er keine Vermittlungsaufträge mehr entgegennimmt und Kunden aus dem Bezirk des HV auf andere Mitarbeiter verteilt377 verzichtet er auf die Dienstleistungen des HV und stellt ihn frei.378

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2. Zulässigkeit der Freistellung. Die Freistellung ist zulässig, wenn sie wirksam individualvertraglich oder – wohl zulässigerweise – durch AGB379 (dazu Vor § 84 Rn 55 f.) vereinbart wurde,380 wohl nicht nur in den Grenzen des § 90a.381 Da der Mittler vertraglich berechtigt ist, seine Vertriebstätigkeit auszuüben382 und auf den Kundenkontakt angewiesen sein mag, ist die Freistellung ohne wirksame, ggf. zum Zeitpunkt der Freistellung oder in der Freistellungsphase konkludent getroffene vertragliche Gestattung unzulässig,383 und zwar selbst nach einer wirksamen Kündigung und während der Kündigungsfrist.384 Das gilt auch, wenn die volle vertragliche Vergütung unter Einschluss entgehender (schwer bestimmbarer) Provision versprochen oder geleistet wird.385 Ein berechtigtes Interesse des Unternehmers an einer Suspendierung ändert hieran nichts.386 Ein solches berechtigtes Interesse gibt kein Recht zur Vertragswidrigkeit. Es ist schwierig, die beiderseitigen Interessen angemessen zu gewichten. Gerade bei langer Kündigungsfrist und geplanter nachvertraglicher Fortsetzung der Tätigkeit (ggf. für einen Wettbewerber des Unternehmers) trifft die Freistellung den HV schwer. Denn er verliert den Kundenkontakt (s.o.), was der Unternehmer zum Schutz der Kundenbeziehungen und des Bestandes bezweckt. In AGB soll eine Entschädigungsregelung Wirksamkeitsvoraussetzung der Klausel sein.387 Welche Detailfülle die Klausel aufweisen

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375 Zur Abgrenzung OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625 (1626). 376 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 88. 377 OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625. 378 OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31. 379 BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, NJW 1995, 1552; OLG Nürnberg, Urt. v. 30.7.1992 – 12 U 1953/92, VersR 1992, 1223; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 109; Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31. 380 BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, ZIP 1995, 839; v. 20.2.1969 – VII ZR 101/67, LM § 89a Nr. 9 Bl. 2; OLG Nürnberg, Urt. v. 30.7.1992 – 12 U 1953/92, VersR 1992, 1223; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 87; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 109; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31; Hopt § 89 Rn 25; Oetker/Busche § 89 Rn 16; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 65. 381 AA Hopt § 89 Rn 25. 382 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 109. 383 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 109. 384 LG Düsseldorf, Urt. v. 12.2.1976, HVuHM 1977, 794; BAG, Urt. v. 9.8.1976, BB 1976, 1561; Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 99; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 66; aA mglw. Hopt § 89 Rn 25. 385 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31. 386 AA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 32. 387 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 87; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 106 (nicht nur in AGB); Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31.

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muss, ist unklar. Sie wird wohl nicht exakt das dispositive Recht und seine Regelungen zur Freistellungsvergütung wiedergeben müssen. Vielmehr darf sie pauschalieren. Beispiel einer zulässigen Freistellung nach dieser Fallgruppe: Sie war vertraglich vorgesehen, der HV hatte seinen Wechsel zu einem Wettbewerber angekündigt und noch vor Beendigung des HV-Vertrages Handgeldzahlungen von jenem erhalten.388 3. Wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung. Weiter ist die Freistellung 68 ausnahmsweise a maiore ad minus zulässig, falls dem Unternehmer das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages zugestanden hätte, er von diesem Kündigungsrecht jedoch abgesehen hat,389 außerdem im Falle einer außerordentlichen Kündigung, mit Auslauffrist. Auch in diesem Fall hat der Unternehmer alle finanziellen Nachteile des HV auszugleichen. 4. Rechtsstellung des HV nach berechtigter Freistellung. Das Vertragsverhältnis 69 wird fortgesetzt, und zwar grds. mit allen Rechten und Pflichten. Lediglich die Vertriebspflicht des Mittlers wird ausgesetzt.390 Dafür gewinnt der Mittler ein Recht auf eine Freistellungsvergütung: Der Unternehmer hat alle durch die Freistellung entstandenen finanziellen Nachteile des HV auszugleichen. Dies ist automatische Folge einer Freistellung. Dazu genügt die Zubilligung einer unterhalb der entgehenden Provision liegenden Karenzentschädigung entsprechend § 90a Abs. 1 nicht.391 Über die Höhe der Freistellungsvergütung können sich die Parteien einigen, ggf. auch konkludent. Der HV hat mindestens Anspruch auf die zugesagte und damit vom Unternehmer anerkannte oder sogar zwischen den Parteien vereinbarte Vergütung. Fehlt eine Einigung, erhält der HV während der Phase der Freistellung eine finanzielle Vergütung in Höhe der im Zeitraum der Freistellung vermutlich (§§ 255 BGB, 287 ZPO) entgehenden Vergütung. Im Zweifel (§ 287 ZPO, ggf. § 252 BGB) valutiert die eigentlich zukunftsbezogen zu bestimmende Freistellungsvergütung vergangenheitsbestimmt in Höhe der Durchschnittsvergütungen eines repräsentativen Zeitraums der Vergangenheit,392 mglw. in Anlehnung an die Ausgleichshöchstgrenze des § 89b aus dem Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Der Nachweis einer höheren oder niedrigeren Freistellungsvergütung ist möglich. Zudem behält der HV seinen vertraglichen Vergütungsanspruch,393 einmal hergeleitet aus dem Vertrag bzw. den §§ 87 ff. und über § 615 BGB.394 Analog § 90a ergibt sich ein Anspruch auf Karenzentschädigung. Denn die Freistellung gleicht einem vorgezogenen Wettbewerbsverbot.395 Der vertragliche Provisionsanspruch ist aber allenfalls bei

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388 OLG Celle, Urt. v. 29.10.2009 – 11 U 39/09. 389 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 109; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 32; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31. 390 Gräfe ZVertriebsR 2013, 362 (363); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 105; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 63. 391 Großzügiger Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31: Zahlung einer Karenzentschädigung analog § 90a Abs. 1 genügend. 392 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 90; vgl. die Entscheidung BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, NJW 1995, 1552, in der ein Recht des HV auf Ausgleich des Verdienstausfalles wohl vorausgesetzt wird. Siehe auch OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625 (1627); LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 12.6.2009 – 13 Sa 267/09, BeckRS 2011, 67119 (Arbeitsrecht, nach dem LAG sowohl bei berechtigter wie bei unberechtigter Freistellung). 393 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 63; für Bezirksvertreterprovision BGH NJW-RR 1992, 1059. 394 OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 89; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 65. 395 Zu diesem Vergleich BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, NJW 1995, 1552 (1553).

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tätigkeitsunabhängiger Vergütung (§ 87 Abs. 2, § 87 Abs. 1 S. 1 2. Alt.)396 werthaltig, ansonsten i.d.R. wertlos, weil der HV jedenfalls bei tätigkeitsabhängiger Vergütung397 durch die Freistellung an dem steuernden, positiven Einfluss auf die Vergütungshöhe gehindert wird: Er kann nämlich keine Geschäfte vermitteln. Ein solcher steuernder Einfluss des HV dürfte sich wg. der geschuldeten Bezirksbetreuung des HV sogar bei der Bezirksprovision398 und auch bei Provision für Nachbestellungen399 bemerkbar machen. Der vertragliche Vergütungsanspruch bildet aber ein weiteres unteres Netz des Geschuldeten. Zwar heißt es zu § 615 BGB, Leistungen die von tatsächlicher Arbeit abhingen, blieben nicht über § 615 BGB erhalten. Bei verständiger Anwendung im HV-Recht wird aber auch über § 615 BGB (und aus allen weiteren in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen) der üblicherweise zu erwartende – zukunftsbezogene – Vergütungsanspruch geschuldet. Der HV darf durch die Freistellung nicht benachteiligt (braucht aber auch nicht bevorzugt zu werden) werden und erhält daher auch unter § 615 BGB die o.g. Vergütung, die er üblicherweise bei Fortsetzung seiner Tätigkeit erzielt hätte.400 Auch im Rahmen des § 615 BGB wird die Freistellungsvergütung folglich aus den Durchschnittsprovisionen eines repräsentativen Zeitraums der Vergangenheit berechnet.401 Weitere in Konkurrenz tretende Anspruchsgrundlagen ergeben sich aus ergänzender Vertragsauslegung (Freistellungserklärung beinhaltet Vergütungsversprechen) und aus der Analogie zu § 90a.402 Der HV braucht seine Tätigkeit – angeblich wegen der von § 84 vorausgesetzten persönlichen Freiheit,403 richtigerweise deshalb, weil die Rechtsfolge bereits an die Freistellungserklärung anknüpft – nicht ausdrücklich anzubieten.404 Ersparte Kosten, welche die Freistellungsvergütung reduzieren könnten,405 gewinnt der HV nicht zwingend. Insbesondere bei ersparter Reisetätigkeit kann aber eine Reduzierung auf 70–80% der Durchschnittsprovision angemessen sein. Bei Bezirksvertreterprovision sollen ersparte Aufwendungen nicht abgezogen werden müssen, weil sie unabhängig von einer Tätigkeit geleistet werden soll406 (fraglich, wg. der Pflicht zur Bezirksbetreuung).407 Erträge aus anderweitigem Erwerb muss sich der HV anrechnen lassen, sowohl nach § 249 BGB wie nach § 615 S. 2 BGB.408 Die Beweislast für ersparte Kosten und anderweitige Erträge belastet den Unternehmer. Der HV muss hierzu aber substanzierten Vortrag halten. 70 Beide Parteien müssen sich in der Freistellungsphase vertragskonform verhalten, wobei sich die Vertragspflichten durch die berechtigte Freistellung verändern. Der HV hat

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396 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 89. 397 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 63. 398 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 63. 399 AA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 63. 400 BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, NJW 1995, 1552 (1553); Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 90; aA MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 63. 401 Zu § 615 BGB Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 78 (für den Fall der außerordentlichen Kündigung). Vgl. ferner die Entscheidung BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, NJW 1995, 1552, in der ein Recht des HV auf Ausgleich des Verdienstausfalles wohl vorausgesetzt wird; generell Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 90. 402 Zu diesem Vergleich BGH, Urt. v. 29.3.1995 – VIII ZR 102/94, NJW 1995, 1552 (1553); Ebenroth/ Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31; Oetker/Busche § 89 Rn 16. 403 OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625. 404 OLG München, Urt. v. 18.5.2011 – 7 U 4585/10, WM 2011, 1625. 405 AA (rglm. keine Reduzierung) BGH, Urt. v. 18.6.1959, BB 1959, 718 = NJW 1959, 1490; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 93; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89a Rn 78. 406 BGH NJW-RR 1992, 1059. 407 MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 64. 408 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 94.

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auch während der Freistellung sämtliche Bestimmungen des Vertrages einzuhalten,409 einschließlich des Wettbewerbsverbots,410 ist jedoch nicht mehr zur Kundenwerbung und aktiver Vertragsausführung verpflichtet. Er braucht nicht mehr (periodisch) zu berichten, es sei denn, die Information kann redlicherweise auch während der Freistellungsphase erwartet werden. Da der HV grds. dem Vertrag und auch einem Wettbewerbsverbot verpflichtet bleibt, muss auch bei Freistellung nach außerordentlicher Kündigungslage (Rn 68) die Freistellungsvergütung geleistet werden, in dieser Situation mglw. jedoch beschränkt auf die Höhe einer Karenzentschädigung. 5. Unberechtigte Freistellung. Die unberechtigte Freistellung bildet eine Ver- 71 tragsverletzung. Sie gestattet nach Abmahnung411 die fristlose Kündigung des Vertrages durch den HV412 und führt wegen des Widerspruchs zum Grundsatz der Vertragstreue und § 89413 zur Schadenersatzverpflichtung gem. § 280 BGB. Der unberechtigt freigestellte HV muss sich allerdings – sofern er das Vertragsverhältnis nicht selbst berechtigt kündigt – gleichfalls an den Vertrag und ein eventuelles Wettbewerbsverbot halten.414 Den Unternehmer verpflichten zumindest die Anspruchsgrundlagen, die im Falle einer rechtmäßigen Freistellung gelten würden und die gleichen Rechtsfolgen.415 Denn ein unrechtmäßig agierender Unternehmer darf nicht bevorzugt werden. Mindestens gilt § 615 BGB (analog), wonach der Unternehmer bei Annahmeverzug der Dienste die vertragliche Vergütung schuldet.416 Im Arbeitsrecht wird ein vom Arbeitgeber bei unzulässiger Freistellung zu leistendes Schmerzensgeld diskutiert.417 Ein solches dürfte im HV-Recht allenfalls krassen Ausnahmefällen anzuerkennen sein. Zu ersparten Aufwendungen Rn 69. Gegen eine vertragswidrige Freistellung kann der Vertriebsmittler mit einem Erfüllungsverlangen im Hauptverfahren antworten, aber auch durch einstweilige Verfügung. X. „Rücknahme“ und Anfechtung der Kündigung Mit Ausnahme des § 130 Abs. 1 S. 2 BGB (gleichzeitiger Zugang des Widerrufs) kann 72 die Kündigungserklärung als rechtsgestaltende Willenserklärung nicht einseitig durch Rücknahme oder Widerruf rückgängig gemacht werden.418 Sie darf jedoch – wohl nur während der Vertragsdauer,419 also vor dem Kündigungsendtermin – angefochten wer-

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409 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 98. 410 LG Krefeld, Urt. v. 27.1.2010 – 7 U 96/09, VersR 2010, 945; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 98; Oetker/Busche § 89 Rn 16; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 32; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31 und wohl auch BAG, Urt. v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, NZA 2007, 36 für den Arbeitnehmer. 411 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 110. 412 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 110; Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 99; Westphal I Rn 786; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31. 413 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 91. 414 LG Krefeld, Urt. v. 27.1.2010 – 7 U 96/09, VersR 2010, 945; Oetker/Busche § 89 Rn 16; Schlegelberger/ Schröder § 89 Rn 32; aA Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31 und wohl auch BAG, Urt. v. 6.9.2006 – 5 AZR 703/05, NZA 2007, 36 für den Arbeitnehmer. 415 Etwa die nach dem Durchschnittsverdienst bemessene Freistellungsvergütung LAG BerlinBrandenburg, Urt. v. 12.6.2009 – 13 Sa 267/09, BeckRS 2011, 67119 (Arbeitsrecht). 416 Thume in: Küstner/Thume I, Kap. VIII Rn 99; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 110; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 31; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 66. 417 Dafür LAG Baden-Württemberg; Urt. v. 12.6.2006 – 4 Sa 68/05; dazu Göpfert/Fellenberg BB 2011, 1912. 418 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 70; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 29; MünchKommHGB/v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 45. 419 Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 29.

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den.420 Die Wirkungen einer Kündigung können zudem bis zum Vertragsende einvernehmlich aufgehoben werden (§ 311 BGB).421 Auch danach dürfen sich die Parteien auf die Fortsetzung des bisherigen Vertrages oder auf einen Neuabschluss422 einigen, wobei in einer Widerrufs- oder Anfechtungserklärung ein Angebot auf Abschluss eines Fortsetzungsvertrages liegen kann.423 XI. Fortsetzung eines beendeten Vertragsverhältnisses 73

Ein HV-Verhältnis, welches sein Ende durch Zeitablauf oder Kündigung gefunden hat, kann ungeachtet dessen fortgesetzt werden. Eine Kündigung lässt sich theoretisch zurücknehmen; das macht ihre Wirkung indessen nicht ungeschehen, so dass die Fortsetzung auf der Grundlage eines mindestens gedachten neuen Vertragsschlusses erfolgt.424 Im Zweifel gelten die früheren Bedingungen. Ausgleichsanwartschaften gehen regelmäßig über. Das ist auch dann anzunehmen, wenn der HV seine Tätigkeit stillschweigend fortsetzt und der Unternehmer Derartiges geschehen lässt. Wird ein bereits beendeter HV-Vertrag vom HV mit Wissen des Unternehmers fortgesetzt, gilt § 625 BGB.425 Folge: Hat der Unternehmer dem HV gekündigt mit dem Angebot der Vertragsfortsetzung unter verschlechterten Bedingungen und setzt der HV daraufhin seine Tätigkeit fort, ohne sich zu dem Ansinnen des Unternehmers zu äußern, so soll sogar dann das Vertragsverhältnis zu den alten Bedingungen weiterlaufen; der Unternehmer hätte seinen Standpunkt unter Widerspruch gegen das Verhalten des HV deutlich machen müssen.426 XII. Ausschluss und Begrenzung des Kündigungsrechts

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Die Kündigung kann nach allgemeinen Grundsätzen unwirksam sein. Grundsätzlich setzt eine ordentliche Kündigung keinen Kündigungsgrund voraus und bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung. Sie steht allerdings unter dem Vorbehalt Treu und Glaubens,427 des Rechtsmißbrauchs428 bzw. des Verbots widersprüchlichen Verhaltens.429 Eine Grenze des Kündigungsrechts liegt ferner in dem Verbot sittenwidrigen Handelns (§ 138 BGB)430 sowie dem Schikane- und Diskriminierungsverbot des § 19 GWB (Vor § 84 Rn 277 ff.). Die Tendenz der Gerichte liege, so Niebling,431 darin, eine ordentliche Kündigung nur bei Schikane und widersprüchlichem Verhalten wie – bezogen auf die Kündigungserklärung – zeitnahen Aufforderungen des Herstellers gegenüber dem Händler zu investieren (Investitionsschutz), für rechtswidrig zu halten. Die Zahlung der Aus-

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420 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 70; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 29; Hopt § 89 Rn 24; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 28. 421 Hopt § 89 Rn 24. 422 Hopt § 89 Rn 24. 423 Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 70. 424 Vgl. BGH, Urt. v. 6.10.1983 – I ZR 127/81, WM 1984, 1416 (1418). 425 LAG Bremen DB 1955, 123; Hopt § 89 Rn 24. 426 BGH DB 1955, 1085. 427 Niebling WRP 2002, 310; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 75. 428 Canaris § 17 Rn 85. 429 Canaris § 17 Rn 85; Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 75. 430 BGH VersR 1969, 445 (446); Urt. v. 26.2.1970 – KZR 17/68, NJW 1970, 855; v. 21.2.1995 – KZR 33/93, EBE 1995, 259 (261); Ulmer FS Möhring, 1975, S. 311 (316); Wauschkuhn in: Flohr/Wauschkuhn, Vertriebsrecht, § 89 Rn 74; Ebenroth/Löwisch, 2. Aufl., § 89 Rn 24; Hopt § 89 Rn 16; MünchKommHGB/ v. Hoyningen-Huene § 89 Rn 47; Schlegelberger/Schröder § 89 Rn 29. 431 WRP 2002, 310.

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gleichsvergütung als Gegenleistung für den Aufbau eines Kundenstammes beseitigt die Treuwidrigkeit einer Kündigung nicht.432 Denn der Ausgleich wird nach jeder ordentlichen Kündigung des Unternehmers fällig und bildet keine Kompensation für eine Schikane. Zum Sonderproblem erheblicher Investitionen Rn 81 ff. 1. Verwirkung, Verzicht. Auf ein bestehendes Kündigungsrecht kann einseitig ver- 75 zichtet werden.433 Das Kündigungsrecht kann deshalb auch – ggf. nur temporär – verwirkt werden, etw