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German Pages 110 [117] Year 1952
BERICHTE ÜBER D I E VERHANDLUNGEN D E R SÄCHSISCHEN AKADEMIE D E R WISSENSCHAFTEN ZU L E I P Z I G Philologisch-historische
Klasse
Band, 97 • Heft 6
FRANZ
DORNSEIFF
V E R S C H M Ä H T E S ZU V E R G I L HORAZ U N D P R O P E R Z
1951
AKADEMIE.VERLAG•BERLIN
Vorgelegt in der Sitzung vom 12. X I I . 1949, S. 25—34 vorgetragen in der Sitzung v o m 17. V I I . 1950 Manuskript eingeliefert am 14. Januar 1950 Druckfertig erklärt am 24. Februar 1951
Erschienen Im Akademie-Verlag GmbH., Berlin NW 7, Sobttfbauerdamm 19 Lizenz-Nr. 156 • 100/14/60 Tribüne Verlag und Druckereien des FDOB GmbH, Berlin VOB (Z) Zentrag Tribüne Druckerei III Leipzig 111718/36 600 Bestell- und Verlagsnummer: 2026/97/6 Preis: 11,50 Dil
Inhalt Seite
Vergils Gedichtbuch Kataleptra als ein überlegtes Ganzes
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Aetna
26
Culex
35
Vergils ekloge 4 und Horazens epodos 16
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Jüdische Motive in Horazens sermones
64
Beziehungen zu Vergil und den LXX in Carmina I—III
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Properz und Vergil
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Properz und Horaz
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Zu Horatius carmina IV
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Zeittafel Um 55 Catullus f . Vor 44 Aetna. 44 Julius Caesar ermordet. 42 Hoj-az, 23jähriger Student in Athen. Wird tribunus militum im Heer der optimatischen Caesarmörder Brutus und Cassius. Deren Niederlage und Tod bei Phjlippoi. Horaz flieht, kommt in Rom unter. Um 40 Dirae-Lydia. 40 Vergilius, ekloge 4. 39 Vergil (31 jährig), Eklogai oder Bukolika. 38 Horaz von Yergil dem Maecenas vorgestellt. 37 Iter Brundisinum. 35 Horatius, Saturae oder Sermones I. 31 Seesieg Agrippas bei Aktion (Prevesa) über M. Antonius. Octavianus Alleinbeherrscher des Römischen Reiches. Maecenas schenkt dem Horaz das Landgut Sabinum. 30 Horaz, Saturne II. Epödoi oder Jamboi. 29 Vergil, Geörgika. 28 Edikt über die Tempelwiederherstellung. Errichtung des Mausoleum Augusti. Culex. Propertius I (oder 32 v.Chr.). 27 Der Senat verleiht Octavianus den Beinamen Augustus. 27—25 Augustus in Gallien und Spanien. Plan eines Englandfeldzuges. 26 Horaz, Römeroden. Propertius II. Livius, Historiae 27—9 v. Chr. Tibullus I.
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Zeittafel
23 Horaz, Carmina I—III. 22—19 Augustus in Asien. Der Partherkönig Phraates schickt die beim Sieg über Crassus erbeuteten römischen Feldzeichen zurück. Um 22 Propertius (I-)III. 20 Horaz, Epistulae I. 19 Tibull f. Vergil f : Aenejs. 18 Horaz, Epist. II 2 an Florus. 17 Horaz, Carmen saeculare. 16/15 Propertius IV. Dann wohl bald f. 14 Horaz, Epistula II 1 über Literatur an Augustus. 13 Horaz, Carmina IV. Darnach Ars poetica ad Pisones. 8 Maecenas f. Nach 8 Tagen Horaz f-
V e r g i l s G e d i c h t b u c h K a t a l e p t o n als ü b e r l e g t e s Ganzes Das Gedichtbuch mit einem der griechischen Titel, die Yergil stets hat1, ist in den letzten Zeiten von mannigfacher Seite als von Vergil herrührend verteidigt worden. VOLLMER, BIET, D E W I T T , ROSTAGNI, E . K . RAND, T E N N E Y F B A N K , R . B. STEELE haben entweder alle oder die Mehrzahl der Stücke für echt erklärt. Aber die Meinung ist es im allgemeinen nicht, es fehlt auch nicht an Widerspruch, ich nenne nur KLOTZ und BICKEL. Ich möchte im folgenden einige der ins Feld geführten Argumente anders fassen und das Buch in seinem Buchzusammenhang zeigen. És ist amSchluß geschützt durch denKolophonvonvierVersen: Illius haec quoque sunt divini elementa poetae sagt diese Stimme und stellt Vergil mit Theokrit (für die Bukolika), mit Hesiod (für die Geörgika) und Homer (für die Aeneis) auf eine Stufe. Mag der Verfasser der zwei Schlußdistichen nun der Freund Varius oder Tucca oder ein späterer Grammatiker sein: ihrer Abfassung lag ein Buch mit befremdlichen darin zu lesenden Stücken zugrunde, also bis auf weiteres doch wohl das, an dessen Schluß dieses Gedicht steht, unser Katalepton. DasBuch ist ja noch heute eine Überraschung für die Leser, die sich ihr festes Vergilbild nach den drei Hauptwerken gebildet haben. 1 Hrsg. von VOLLMER-MOREL. Appendix Vergiliana, Leipzig 1935. Gesamte erklärung von TH. BIRT, Jugendverse und Heimatpoesie Vergils, Leipzig 1910. Die Literatur ist verzeichnet bei R. E. H. WESTENDORP BOERMA, P. Vergili Maronis Catalepton, Diss. Groningen 1949. Pars prior. Der Titel xaxi XSÄTO'V bedeutet ,en détail, pfennigweise'.
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Es ist angelegt wie andere römische Gedichtbücher jener Zeit, wie die von Catull, Horaz, Tibull1, Properz, Ovid. Diese Buchtechnik geht mindestens bis auf Theognis zurück2. Gern beziehen sich darin mehrere Gedichte auf die gleiche Angelegenheit, den gleichen Menschen. Diese stehen aber nicht beieinander, sondern sind durch andere getrennt. Es können natürlich auch etliche zusammenstehen, wie bei Catullus. Es entsteht so der Eindruck beim Leser, daß durch das Buch Handlungsfäden laufen, man merkt beim Fortsetzungsstück: jene Sache war noch nicht erledigt, sie geht weiter. Ich erinnere im Catull an die Lesbiareihe, die Basiareihe, die Juventiusreihe (s. unten S. 19), im Horaz an die Canidiareihe. Genau so steht es im Katalepton: 6 und 12 brandmarken den Noctuinus in catullischer Invektive unter Zitierung des Catull, es folgt das tollste Stück 13. 4 und 11 gelten dem Freunde Musa, Huldigung und anzapfender Nachruf. Eng gehören ferner zusammen die philosophischen Stücke 5, 7, 8. Sind die drei Priäpeia echt (s. unten), so bilden sie ein itoocroutov rn^auvss des Frohsinns. Mehrere Stücke sind absichtliche Rätsel: 1, 3, vielleicht auch 11. 1. De qua saepe tibi. Ein schwermütiger Liebesseufzer anTucca, ein feines, zartes Epigramm, das Aenigmatische darin ist verschwiegene Liebe; die sich nur dem nahen Freunde Tucca mitteilt. Dazu hat E. REITZENSTEIN3 die ähnlichen Stücke Anthol. Pal. XII 24—27 herangezogen. Bei Yergil heißt es: sie, von der ich dir sprach, ist gekommen, aber leider nicht für mich. Die griechischen Gedichte der zwei Römer Laurea und Statilius sagen: der schöne Knabe Polemön ist zurückgekommen, wie wir es oft erfleht hatten, aber leider bärtig geworden. REITZENSTEIN glaubt, aus einigen sprachlichen Einzelheiten, die ihm auffallen, gehe 1
Über den Buchzusammenhang und Handlungsfaden von Tibull I verständig R.HELM, Philol. Wochenschr. 1939, 133ff.; natürlich, ohne einen realen biographischen Roman hineinzulegen. 2 Vf., Echtheitsfragen antik-griechischer Literatur, Berlin 1939, 22'ff. 3 E. REITZENSTEIN, Rhein. Mus. 79 1930, 65 ff.
Verschmähtes zu Veigil, Horaz und Proporz
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zwingend hervor, daß Katal. 1 eine ungeschickte Nachahmung jener vier griechischen Variationen über die Bartkatastrophe ist. Innerlich viel wahrscheinlicher ist, daß die griechischen Witzgedichte der beiden Römer Parodien des sehr gefühlvollen Kataleptonstückes sind. Vergil ist von seinen Zeitgenossen parodiert worden, im kleinen, wie in der Neuzeit von Folengo, Lalli, Scarron bis Blumauer im großen, 2. Corinthiorum amator iste verborum. Invektive in Hinkjamben ä la Catull gegen einen Giftmischer und Attikisten. Zur Erklärung REITZENSTEIN 7 0 ff. Hosius wendet ein: „auf griechischen Reminiszenzen beruhend". Dann ist die ganze Aeneis unecht mitsamt einem Großteil der römischen Literatur. Mit Catull verbinden das Katalepton eine Menge Linien, die das Buch als ein typisch neöterisches, auf jeden Fall voraugustisches Dokument erscheinen lassen. 3. Bei dem großen Toten Aspice quem valido riet man auf verschiedene: Alexandros den Großen, Ant'ochos, Mithridates, Phraates, Pompeius, M. Antonius. Die richtige Deutung muß zu folgendem Mann passen: ein regnum, das Rom mit Knechtschaft bedrohte, hatte ihn bis zum Himmel gehoben. Er hatte in weltumfassendem Krieg Könige von Asien gestürzt, war schließlich im Exil gestorben. Das alles stimmt nur zu Pompeius. Zu dem Ausdruck regnum, der auf den ersten Blick einen Römer auszuschließen scheint, hat ENK1 Cicero ad Attic. VIII11,1 zitiert: Dominatio quaesita ab utroque (Caesar und Pompeius) est: non id actum, beata et honesta civitas ut esset. Hoc a primo cogitavit, omnes terras, omnia maria movere; reges barbaros incitare, gentes feras armatas in Italiam adducere, exercitus conficere maximos. Genus illudSullani regni iam pridem appetitur, multis, qui una sunt, cupientibus. An censes, nihil inter eos convenire, nullam pactionem fieri potuisse? Hodie potest. Sed neutri axojtö? est ille, ut nos beati simus; uterque regnare vult. Cicero be1
E NK. Natalicium Schrijnen, Utrecht 1929, 755 ff. (mit B URMANN. T. FRANK, ROSTAGNI).
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fürchtet den Verlust der Freiheit von Pompeius so gut wie von Caesar. Genau so hat auch Vergil ihn gesehen, gesteht ihm freilich auch Größe zu. Das Gedicht ist also ein hochaktueller Nachruf nach 48 und tritt als Beleg für die Tyche-Auffassung (V. 9 deae numen) politisch-historischer Geschehnisse an die Seite von Horaz c. 134 f. Innerhalb des Kataleptpn steht das Stück gegen Anfang des Buches wie ekl. 4 in den Bukolika: paulo maiora canamus. Das bessere Bürgertum wie Cicero, Catull, Livius war auf Pompeius' Seite, wie nach 44 auf der Seite der Caesarmörder (s. Propertius, Horatius). Es ist keine Überraschung, dieselbe gefühlsmäßige Einstellung auch bei dem jungen Yergil zu finden, der ohne die zufällige hohe Protektion aus dem höchsten totalitären Stockwerk unter den Enteigneten gewesen wäre. 4. Quocumque ire fer.unt. Freundschaftserklärung an Octavius Musa1, kleine Elegie. 5. Ite hinc inanes, ite rhetorum ampullae sagt dem vergnügten Rhetorikbetrieb, den Freunden, den Liebesknaben (formosi), der Poesie Yalet: jetzt will ich solide werden, ein richtiger Philosoph wie Seirön, ein jtQOxojttcov zx ¿gerf). Der als Freund angeredete Sabinus ist natürlich identisch mit dem mulio von 10, sichtlich ein finanziell erfreuliches Mitglied des Kreises, ein maßgebender Älterer, bei dem Yergil sich abmeldet2. 6. Invektive k la Catull gegen eine feine Familie. Weder für dich noch für den andern, Socer beate, nec tibi nec alteri, geht ein so schönes Mädchen aufs Land. Vater Atilius und der ausersehene Schwiegersohn Noctuinus — doch wohl Spitzname — haben sie beide beschlafen. Und mir habt ihr ebenfalls alles verdorben, wie bei Catull 29,24 socer generque Pompeius und Caesar alles in der Politik verdorben haben. In dem gener socerque perdidistis omnia liegt eine eindeutige politische Zitatfrechheit. 1
W. KROLL. Octavius Musa, RE 17 1936,1851 f. * Dazu SCHADEWALDT in: Aus Roms Zeitwende, Erbe der Alten II 20, Leipzig 1931, 74. L.ALFONSI, Riv. filol. 19 1942, 260 ff. setzt das Gedicht als einen 7tpoxp£jttixo; mit Ciceros Hortensius in Verbindung.
Verschmähtee zu Vergil, Horaz und Propera
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Diese Stelle wird wohl mit ein Grund gewesen sein, warum der später bei Augustus wohlgelittene Vergil das Buch nicht selbst veröffentlicht hat. 7. Scilicet hoc sine fraude. Mit der Philosophie klappt es noch nicht ganz, ein schöner Knabe ist dazwischengekommen. Daß 7 das Gedicht 5 voraussetzt und 8 die beiden, hat man, da man als Philologe nicht gewohnt ist, ein Gedichtbuch hintereinander wegzulesen, sondern denn doch gelernt hat, jedes Gedicht aus sich selbst zu verstehen, nicht sehen können und infolgedessen die Pointe von 7 nicht verstanden. Voraussetzung ist, daß der hier Sprechende seit 5 Ite hinc inanes den Praecepta der Philosophie, also denen der hellenistischen Ethik untersteht und deshalb nicht bekennen sollte me perdidit iste pothus ( = jtö-&o; ,Sehnsucht'). Rasch zur Besinnung gekommen, bereuend, sich verbessernd ersetzt er dieses praecepta-widrige Geständnis durch me perdidit iste — puer. Wir haben es eben mit dem Dichter von 5 zu tun, der der .Rhetorik, den formosi, den Musen Valet gesagt und sich dem seligen Hafen der seirönischen Philosophie zugewendet hatte. Er als epikurischer Neophyt, als jtQoxöjtTtov darf also nicht gestehen, daß er eines jtö-öog, also eines jto&og — vielleicht soll man an diese Klangähnlichkeit sogar denken — nicht Herr wird. Das verbieten die 8öy(xata. Wenn die Ursache seines lebensgefährlichen Leides aber ein puer ist, so kommt diese Gefahr von außen, ist höhere Gewalt und kein Vergehen gegen die änafteia1. Jedenfalls jtodo? hin, stö'&o; her: der puer, der formosus ist unwiderstehlich. 8. Villula, quae Sironis eras. Nach der theoretischen Förderung in Lebensanschauung, die Seirön verdankt wird, stellt sich hier heraus, daß trotz der philosophischen äußeren Unscheinbarkeit Seirön eines Tages mit seinem winzigen Landgut Zuflucht für die ganze Familie Vergil war. 1
Anders JACHMANN, Hermes 57 1922, 317. perdere als Lieblingsauedruck ist typisch juvenil. Um 1910 sagten alle Studenten, Leutnants, jungen Damen ständig „verheerend".
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9. Pauca mihi, niveo sed non incognita Phoebo. Zwischen den nugae steht ein alexandrinisch manieriertes Stück, genau wie 63—66 bei Catull, eine relativ lange Lobelegie auf Messala und seine domina. Durch diesen formalen Sachverhalt ist das Stück als Bestandteil des Buches wirksam geschützt. Es ist ein Festgedicht in höherem Ton, in der Form der kallimacheischen Elegie, wie in Theokritos' Buch neben den ßouKohxd politische Gedichte höheren Anlaufs stehen, wie Yergil in ekloge 4 zur Weissagung eines messianischen Wunderkindes mit ironischer Ankündigung ansetzt Sicelides Musae, pavlo maiora canamus ... ... silvae sint consule dignae. Einiges Wenige möchte ich sagen: ein Sieger ist da, Zierde für einen großen Triumph V. 1—6. Aber auch weil er Dichter ist, muß man ihn besingen. Um so schwerer ist dies V. 7—12. Einiges wenige von deinen griechischen Gedichten habe ich übernommen V. 13—16. Da gab es die Hirten Moiris und Meliboeus in sizilischem Gesangeswettstreit, da gab es den unvergeßlichen Vers (17) molliter hic viridi patulae sub tegmine quercus. Da war davon zu lesen, wie sämtliche Götter und Göttinnen eine herois mit ihren Gaben schmückten. Wie glücklich ist diese puellä durch dich! Ausführliche Lobpreispriamel: berühmter als sie ist nicht Atalante, Helene, Kassiopeia, Hippodameia, Semele, Danae, Lucretia. Als wegen Lucretia die Könige stürzten, haben die Messalae Publicolae aus deiner gens Valeria besonders viele Ehren bekommen Y. 17—40. Wozu soll ich deine Kriegsfahrten in Afrika und Spanien und jenseits des Ozeans preisen? Die reden für sich selbst V. 41—58. Ich bin zufrieden, wenn ich es erreiche, in deiner und des Kallimachos Art zu dichten V. 59—64. Dazu ist im einzelnen folgendes zu bemerken: Von der überbescheidenen Oligophemie des Eingangssatzes, die ihre Parallele in dem Eingangssatz der 4. Ekloge hat, sprach ich schon. — V, 3 victor adest, magni magnurn decus esse triumphi. Es wäre be-
Verschmähtes zu Vergil, Horaz und Properz
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quem für mich, einfach dem verlockenden Aufsatz von TENNEY FBANK1 zuzustimmen, der diesen Triumph als einen zu erwartenden Triumph im Jahre 42 v.Chr. nimmt, „nachdem der Dichter Kenntnis bekommen hatte von der ersten Schlacht bei Philippoi, in der Brutus und Messalla siegreich waren." Das wird aber unmöglich durch die Worte victor adest... portans insignia pugnae. Diese besagen, der Gefeierte ist anwesend. Auch das Söhnchen V. 44 ist bei der fiktiven Feier zugegen: tarn procul hoc gnato, tarn procul hac patria. Sämtliche Feiernden einschließlich des Gefeierten sind in Rom. Wir befinden uns also bestimmt in einer beträchtlich späteren, innerpolitisch völlig ruhigen Zeit, zu der in Rom Augustus herrscht. Der Triumph ist also der Messallas von 27 (s. unten zu V. 52). V. 15 hübsche scherzende Begrenzung der Lebensdauer von Messallas Gedichten: über Jahrhunderte werden sie sich halten, länger leben als Priamos und Nestor. Eine völlig richtige Weissagung, die keinesfalls zu niedrig greift, denn bis in die Neuzeit sind sie nicht gelangt. V. 17 molliter kic viridi patulae sub tegmine quercus zitiert natürlich bewußt anspielend den Anfangsvers derBukolika ekl. 1,1 Tityre, tu patulae recubans sub tegmine fagi, nebst dem Namen Meliboeus, einem der Hirten in dem gleichen Gedicht. Wir erfahren so, daß Messalla einstmals die beiden Hirten Moiris und Meliboeus in einem griechischen ßouxoXixov ein Lobgedicht auf seine Braut hatte singen lassen, jedenfalls im Wechselgesang, und daß in diesem Gedicht auch das griechische Urbild von Vergils Anfang Tityre tu patulae gestanden hat. Vergil hat dies natürlich getan, um seinem Freund Messalla zu huldigen. In ekl. 1 hat er statt eines Moeris dem Meliboeus einen Tityros als Partner gegeben. Moeris soll an ekl. 9 erinnern, wo ein Hirt dieses Namens mit einem Hirten Menalkäs spricht. Dieses Gedicht spiegelt auf Schritt und Tritt Theokrits ©alVioia Nun sind diese beiden Gedichte im Altertum allgemein als Yerkleidungsgedichte angesehen worden, in Theokritos' OaWaioi gilt Simichidäs als Maske von 1
Riv. di filol. 9 1931, 1 ff. Der Aufsatz 6ei dringend zur Lektüre empfohlen.
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Fkanz
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Theökrit, in ekl. 9 Menalkäs als Maske Vergils. Ekloge 1 und ekloge 9 stehen in engster Beziehung zueinander durch ihren Gegenstand, es handelt sich beide Male um die Sorgen der Mantuaner, also auch Vergils, wegen eines drohenden Verlusts ihrer Güter durch die Äckerverteilung an die entlassenen Soldaten. Ich denke, aus all dem wird man schließen dürfen, daß einer der Fürsprecher, dem es Yergil zu danken hatte, daß mit ihm eine Ausnahme gemacht und sein Gut ihm wiedergegeben wurde, Messalla war. Der erste hübsche, nur dem Eingeweihten verständliche Dank war Anfang und Personal von ekloge 1 und 9, ein jieuer Dankesgruß war das Festgedicht zu MessallasTriumph 27 v.Chr.1. Mit seinem latenten Thema „io triumpe dem Helfer in der Mantua-Not von damals!" reiht sich also das Gedicht in den ganzen Zyklus Katalepton schön und für die Freunde verständlich ein, denn das Ziel des ganzen Büchleins ist doch, Yergil in Beziehung zu den Bekannten und Freunden aus der Mantuaner und Cremoneser Jugendzeit zu spiegeln. Wie alle die obengenannten antiken Gedichtbücher seit Theognis solche Ziele hatten. Die negative Priamelreihe V . 23—36 möchte ich zu KRÖHLING2, S. 27 f., nachtragen, auch Ovid fasti I 591—612, eine sehr 1 Zu diesem Fest hat eich auch Tibull eingestellt, I 7. In diesem Gedicht sind manche mit Vergil gemeinsame Motive, ebenso im Panegyricus in Measalam. 2
KRöHLING-DoRNSEIFF.Die Priamel (Beispielreihung) als Stilmittel in der griechisch-römischen Dichtung. Beiträge zur Sprach-, Stil- und Literaturforschung Abt. Antike 5, Berlin 1935. Solche katalogartige Reihen mythischer Parallelfälle können lang oder kurz sein. Bei Properz 115, 9 ff., steht zu dem Gedanken „Kyntbia ist herzlos" die negative Reihe: nicht war so Ealypsö, Alphesiboia, Hypsipyle, Ev dne. Anaphorisches non (nec) sie steht nur bei den Fällen 1 und 3, 2 und 4 folgen aByndetisch, es sind Steigerungen, bei denen man das ungesagte „sogar" sofort beim Lesen empfindet und stille schweigend mitergänzt. Hätte Properz überall non sie gesagt, wäre er in die Sammlung „blödsinniger Anaphern" gekommen, die Birt S. 96 zu Katalepton 9 feststellt, und das ganze Gedicht wäre schon längst für unecht erklärt worden. So aber dreht P. PESCANl, Studi ital. di filol. class. 15 1938, 323 ff., den Versen 15 f. über Alphes.boia einen andern Strick. Properz liebe in Buch I
Verschmähtos zu Vergil, Eoraz und Properz
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ähnliche Reihung von Berühmtheitsbeispielen. Diese Huldigungen an die herois puella, Messallas Gattin, richteten sich 27 v.Chr. an eine reife Dreißigerin, aber welche Frau hört nicht gerne auch, wie schön sie gewesen ist. V. 43 die Antithese castra foro erinnert und sollte wohl erinnern an Ciceros Cedant arma togae. Es ist unverständlich, wie angesichts dieser Stelle Birt sagen konnte, die rednerische Tätigkeit des Messalla sei nicht in dem Gedicht erwähnt. Das Söhnchen V. 44, von dem sich der Vater nur mit Trauer und Sehnsucht trennt, muß der jüngere der beiden Messallini sein, Messallinus Cotta. Welches militärische Kommando den Messalla nach Afrika geführt hat V. 51, wissen wir nicht, wir haben nur diese Stelle. Das nach dem Fluß Tajo V. 52 war sein geglückter Feldzug nach Aquitanien im Jahre 28, der ihm zum Jahr 27 die Ehre eines Triumphes einbrachte. Danach sollte er nach V. 54 einen weiteren Krieg führen (vincere et Oceani finibus ulterius), gegen England. Dazu ist es nicht gekommen. Die Beleuchtung der soldatischen Verdienste Messallas V. 55—58 ist stark zivilistisch: non nostrum est etc. V. 56 ich wage gar nicht, an solche laudes zu rühren. Und weiter mit leidenschaftlich außerhalb des Satzbaus hineingerufenem „non! vix hominum est!" Diese Worte sind bewußt doppeldeutig: es heißt, es übersteigt die menschliche Darstellungskraft, es heißt aber auch, es ist unmenschlich, davon zu reden. Darin zeigt sich, Vergils Stimmung gegenüber kriegerischer Unruhe ist noch dieselbe wie in den eklogai, insbesondere in dem Friedenssehnsuchtgedicht ekl. 4 um 41, auf welches Horaz in dem 16. epödos noch pessimistischer erwidert hat. Der berühmte General ist vor allem zarter pastoraler Dichter, das ist das einzige, meint Vergil, was ich auch sein composizione ternaria (es dürfen auch 6 sein = 2 mal 3). Finden eich also in Buch I einmal 4 Beispiele, so muß — es sei denn, daß man das ganze Gedicht athetiere — eines der Beispiele weichen. Denn mehr Beispiele, besonders wenn sie nicht mehr so „vital" ausgeführt seien, seien elegant wie Ovid und, wie ich unter Verweis auf Kröhling hinzusetzen darf: wie Properz vom II. Buche ab und wie die gesamte antike Dichtung. Gegen PESCAMI auch L. ALFONSI. Studi ital. di filol. class. 17 1940, 123 ff.
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möchte. Die Entgegensetzung von Soldatenberuf und dichtender Liebe in Rom ist Lieblingsmotiv der gleichzeitigen augusteischen Elegie. Y. 59 quae tecum finxerunt carmina divi ein überschwengliches Lob, man merkt die heraufdämmernde Kaiserzeit oder vielleicht auch nur die Abgegriffenheit des Musenbildes. Wenn man aus V. 61 adire Cyrenas schließt, daß hier ein berufsmäßiger Kallimacheer spreche, also natürlich nicht Vergil, so setzt man damit das Ax'öm, daß man Kallimachosimitatio nur professionell und lebenslänglich tätigen könne. Es ergeben sich ferner für diesen Fall geradezu kriminelle Voraussetzungen für V. 17. Es müßte „ein Kallimacheer" nach Erscheinen der Vergilischen Bukolika Yergils xAojtr) an Messalla haben denunzieren wollen, lind dergleichen soll Varius in die Sammlung aufgenommen haben! Das könnte er nur mit schadenfroher Zustimmung zu der geglückten Entlarvung Yergils getan haben, nicht gerade wahrscheinlich gegenüber dem von ihm so verehrten toten Freund. 10. Sabinus ille quem videtis hospites. Wie Catull sich ein Sapphögedicht, ein Kallimachosgedicht nimmt und etwas neues Lateinisches daraus macht, wie Martial XI13 1 das Grabgedicht auf den Pantijmimen Paris ä, la Catull 2 auf den passer macht, so nimmt sich Vergil das Catullgedicht 4 Phaseiiis ille quem videtis hospites und macht dazu parapoietisch2 dies. Freund Sabinus (aus 5,7)3 fährt nicht mehr so schnell mit seinem Fuhrunternehmen, er hat sich zur Ruhe gesetzt, ist Honoratior von Cremona und hat sich wie Catulls phaselus als Sitzbild den Dioskuren gestiftet. 1
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WEINREICH, S B H e i d e l b e r g 1 9 4 0 — 4 1 , 1 ff.
Vf., Archaische Mythenerzählung, Berlin 1933, 55. 3 Man sollte es nicht für möglich halten, daß man diese Beziehung außer acht gelassen hat, Sabinus war laut V. 8 Spitzname oder Pseudonym für dieses Mitglied des Freundeskreises, den Fuhrunternehmer Quintia. So aber hat man auf das von 5 getrennte Gedicht die tolle Gleichsetzung mit dem Parthersieger von 38 P. Ventidius gebaut ( M O M M S E N B u i : c H E L E R , zuletzt A R T H U R S T E I N Sabinus RE 1 A 1920, 1593 ff.) und dieses selbst, weil es,, wie man glaubte, einen wildfremden Emporkömmling anfalle, für „giftig" erklärt.
Verschmähtes zu Vergil, Horaz und Properz
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11. Dieser behaglich gutmütigen Anzapfung eines Freundes folgt ein reines Ulkepigramm Quis deus, Octavi, te nobis abstvlit? Octavius Musa (aus 4) eine Weinleiche, und hat seine römische Geschichte noch nicht geschrieben. Als Kontamination aus den beiden Kallimachosepigrammen 61 und 2 1 belegt dieses Gedicht den kallimacheischen Ehrgeiz, an den noch im Jahre 27 Gedicht 9 erinnert, wenn Vergil den Begriff „dichten" mit adire Cyrenas ausdrückt. 12. Süperbe Nocturne, putidum caput. Steigerung der Invektive von 6 2 wieder ä la Catull. Die Reise und der Landaufenthalt der talis püella von 6 dürfte wohl den Zweck gehabt haben, Kippe zu machen. Nun ist sie wieder zurück, früher als erwartet, man hat sich auf eine Heirat geeinigt. Wütend, immer noch eifersüchtig, stellt sich Vergil ein als Polterabendsprechchor: die Braut ist ja schwanger, vom eigenen Vater, der hat also mit einemmal zwei Töchter, der hochmütige Noctuinus führt einen Trinkkrug (hirneam) heim, d. h. die Braut ist bauchig wie ein Gefäß, vgl. etwa deutsch die Redensart für schwanger „sie hat einen Luftballon verschluckt". 13. Iacere me quod alta non possim putas. Höchster Endspurt der Invektiven, gegen einen cinaedus Luccius, den er V. 17 auch femina nennt. Schließt sich eng an 12 an, dessen Schlußruf thalassio hier in V. 16 wiederkommt. In dem vergnügten Kreis war es scheint's Mode, bei jeder beobachteten Paarung ironisch applaudierend diesen altrömischen Hochzeitsruf erschallen zu lassen, mithin einen iocus fescenninus zu machen. P.MAAS3 hält ioci V. 17 für „ein für diese Schmähungen viel zu mildes Wort, das übrigens mit dolent in unklassischer Konstruktion steht" und ändert in loci (sie!). Das Gedicht enthält nicht Schmähungen, sondern droht mit Enthüllungen, die in der Form der praeteritio aber ja 1 KLINGNER, Hermes 71 1936, 257. 2 W. MOREL, Philol. Wochenschr. 1922, 308. s Hermes 67 1932, 244. MOREL's Angabe IX V. 17 in den Supplementa novae editionis p. XI ist zu ändern in XIII 17. 2
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doch gleich gemacht werden, und gerade die vorausgehenden Verse 13—16 erinnern an einen scherzhaften Vorgang, das Erinnertwerden daran ist freilich schmerzhaft für Luccius. Sie dokumentieren zugleich, daß der Autor seit 5,7 von den formosi wirklich abgekommen ist, daß er nach dem Rückfall, den 7 bezeugt, also darin wirklich ein jtQoxöjttcov ist. Er mag den Luccius nicht mehr, non me vocabis V. 19 ff., wenigstens nicht mit Erfolg, denn ich werde nicht mehr kommen. Das Gedicht gehört zu den Epödoi, in denen ein Dichter einen Menschen angreift, der ihm früher nicht fernstand und über den er nun auspacken kann. Seit Archilochos ist das ein genos 1 . Das Zerwürfnis mit dem cinaedus ist ganz frisch. Dieser wähnt vielleicht, weil Vergil'leidend ist, auch sein antiquus furor und die Sprache, mit der er ihm dienen könne, sei geschwunden. Antiquus furor geht auf die Vergangenheitsstrecke, die der Leser des Buches miterlebt hat, also auf die angriffsfreudigen, epodisch ausfälligen Gedichte 2. 6. 12. Das Gedicht wegen der SchreibungThybris mit Funaioli zu verdächtigen, geht nicht an, sonst wird auch die Aeneis unecht wegen II 28. 14. Si mihi susceptum fuerit. Vergil in der Zentralsituation seines Lebenslaufes. Für den Fall eines erfolgreichen Gelingens seiner Aeneis gelobt er der Venus an einem Altar in Sorrent, einen Widder und eine Kuh zu opfern und einen marmornen oder gemalten Amor zu stiften. Augustus sei auch dafür. Folgen noch die zwei Beglaubigungsdistichen oben S. 7. Es ist klar, das ganze Buch Kataleptisn gehört dermaßen in die .Nahe des Catullbuches, daß man es ebensogut zu einer Appendix Catulliana wie zu einer Appendix Vergiliana rechnen könnte. Nun sind wesentliche Gedichte darin bestimmt von Vergil selber T erfaßt 2 , also könnten es auch die andern sein. Wer auch noch im 1
F. LASSERRE, Les Epodes d'Archiloque. Paris. 1950, 61 ff. 2 BLCKEL, Gött. gel. Anz. 1941, 84, schreibt (gegen ROSTAGNI): „Vom Katalepton sind sicher echt allein I, V, VII, VIII; darüber vgl. meine Abhandlung Gymnasium 50 1939, 43 ff." Dort wird aber nur die Echtheit von I verteidigt, nichts über oder gegen andere Gedichte gesagt. BlCKEL betont gegen ROSTAGNI: „Ein ausdrückliches Zeugnis aus dem Altertum steht uns zu Ge-
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1. Jh. v. Chr. geographische Nähe zu solcher literarischen verlangt, ehe er beruhigt ist: Yergil war ja in Oberitalien geboren wie Catull und lebte in der fraglichen Zeit dort. Nun sieht es aber auch mit den Priäpeia in beiden Gedichtbüchern anders aus. Catull 19.20 sind identisch mit Vergil, Priapea (Catal.) 2 u. 3. Catull 18 sind 6 priapeische Yerslein, die in Metrum und Ton sehr benachbart sind und von den Grammatikern Marius Victorinus IV 2598, Atilius Fortunatianus 2675, Terentianus Maurus 2444 als catullisch zitiert und deshalb von den Renaissancephilologen als 18 in die Ausgaben gesetzt worden sind. Diese haben dann die beiden andern Priapea als 19 und 20 nachgesogen. Erst KROLL, GALLETIER (Bud6-Ausgabe) und SCHUSTER waren so verständig, sie als frg. 1 am Schluß des Buches zu bringen, aber es kann ein vollständiges Gedicht sein. Diese paar Zeilen dürften so echt sein wie das Catullbuch1, aber C a t u l l hatte sie nicht in dieses sein Buch aufgenommen. Sie liefern für das Motiv des pedicabo vos et irrumabo den zuständigen Gott. Catull droht mit dieser Kampfesweise des lingambewehrten Gartenhüters zuerst, das Nähere verschweigend, in eindrucksvollem Quos ego nach 14,262 Schundliteraten, die sich etwa einfallen lasbote, daß Vergil vor seinen Eklogen nichts geschrieben hat: Serv. buc. 9 , 1 8 S. 112 Thilo Vergilius autern ülo tempore (42 v. Ztr.) nondum aliquid scrip serat." Aber das hat BTCKEL selbst nicht gehindert, die erwähnten Kataleptongedichte für echt zu halten (mit F.LEO). Das „Zeugnis" ist aber vielleicht nur die Kombination eines Grammatikers zu dem zu erklärenden Vers ekl. 9, 18 simul iecum solacia rapta, vielleicht infolge Zusammenhaltens mit katal. 11, 6. Vgl. jetzt BICKEL, RhM 93 1950, 293. 1 Ich führe hier Überlegungen fort, die ich in „Die Trümmer im Catullbuch" Philol. 91 1936, 346 ff., begonnen habe. Die überlieferungswidrige andere Unterbringung der „Trümmer" durch HERZOG, Hermes 71 1936, 338 ff., scheint mir willkürlich. Zur gleichen Lösung wie ich kommt WAGENVOORT, Mnemosyne 8 1940, 299 ff. 2
Zu 14a mit seinem verschwiegenen pedicabo vos et irrumabo sah ich damals noch nicht, daß ja dieser priapeische Drohvers schon pünktlich am Anfang des übernächsten Gedichtes 16 steht. Daß 58a von 55, zu dem es dem Gegenstand iiach fortsetzend gehört, durch einige Stücke anderen Inhalts getrennt ist, ist in bester.Ordnung (s. oben S. 8). 2»
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sen könnten, seine Liebesverse zu lesen. In 16 haben zwei solche Kreaturen es tatsächlich getan, sogar die Küsse darin mit neidischem bösem Blick (dies Motiv schon angekündigt 5) nachgezählt. Denen will er priapisch beweisen, daß er kein säuselnder Celadon ist. 21,13 droht Catull einem anderen Widersacher damit. Und 37,8 will Catull gar 200 Mann so bestrafen. Damit tut er sich als überpriapos auf. Diese Renommage ist begreiflicher, wenn 17 nicht athetiert wird. Die Fortsetzung der Priaposgedichte sind die Mentulagedichte 94.105.114. In 105 steht Mentula-Mamurra symbolisch nicht nur für sich selbst, sondern auch für den Catull dieses Buches, statuarisch da als mächtiger Priapos, der seinem Namen Ehre macht. Non homo, sed vero — mit ennianischem wuchtigem Stabreim — mentula magna minax. Nun ist es natürlich kein Zufall, daß am Beginn des Büchleins Katalepton von Yergil ebenfalls 3 Priapeien stehen. Von Vergil wollten die Modernen nun schon gar keine Priapeien glauben, obwohl diese recht zahm und exerzitienhafte Variationen sind. Sie scheinen mir nun als weitere Catullimitatio geschützt, auch gegen die Argumente von KLINGNEE1, der den niemals entscheidenden Beweisweg geht: wo eine Wendung weniger gut paßt, ist es der Nachahmer, der Spätere, also nicht Vergil. Wie reizend als Buchanfang ist Priäpeion 1 das Priamel Vere rosa. Es spricht der Dichter der Geörgika über die 4 Jahreszeiten und bedauert den hölzernen Gott: im Winter wird er vielleicht verheizt. Schon ein wenig die leise vergilische Wehmut. Priäpeion 2 ist eine parodische Selbstprädikation des Priapos im Ich-Stil, großartig ä la Isis. Zuerst kommt mehrmals ego, V. 6 bis 9 viermal mihi als Versanfang, 10—15 dreimal meis. Das ist also das Formgesetz, die Besonderheit dieses Stückes2. Nach KLINGNER stammt das mihi aus Gedicht 3 und ist dort harmlos, hier aber von dort hervorgezerrt. Warum? V. 10—15 bringt drei 1
Hermes 71 1936, 254 ff. Nach J. K. SCHOENBERGER, Zur Sprache der Priapeen, Glotta 28 1940, 91, sind gehäufte Anaphern, besonders der Pronomina, für die Priapeen bezeichnend. s
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dperai des Gottes: durch mich hat die Ziege Milch im Euter, durch mich bringt das Schaf Geld, durch mich ist ein Kühlein zum Opfern da. Die Äußerung über das Schaf ist die natürlichste von der Welt: Schafe kann der Bauer nur verkaufen, entweder das Fell oder das Ganze. Daß es auch gelegentlich einen Braten für den Bauern abgeben würde, ist, da es sich um große Herden (ovilia) handelt, nicht so wichtig. Die Wortfolge V. 12 meisque pinguis agnus ex ovilibus / gravern domum remittit aere dexteram ist nun gewiß nicht durch Zufall ähnlich der Zeile ekl. 1,35 (wieder aus der ersten ekloge, die in Katal. 9 so beziehungsvoll zitiert ist) non umquam gravis aere domum mihi dextra redibat. Dazu KLINGNER: „Der Priapus darf eigentlich nicht sagen: ,das Schaf schickt die geldschwere Hand heim', nämlich die Hand des Bauern, von dem gar nicht die Rede ist." Aber sofort danach in V. 19 erscheint ja der vilicus wieder mit seiner rechten Hand. Das ist für römische Poesie nicht zu kompliziert. KIJNGNERS Einwand kann man ebensogut umkehren: „Die Rechte kehrte mir geldschwer zurück" kann der Hirt eigentlich auch nicht sagen, die Hand hat er nicht zum Schafeverkaufen morgens weggeschickt. Es würde zum ganzen ^Xo? des beziehungsreichen anspielenden ve'rgilischen Dichtens passen, wenn er die Wendung des Priapos, daß er im Falle Schaf die Hand des Bauern mit Geld fülle, später etwas sentimentalisch gewendet bewußt wieder gebracht hätte — er dichtet doch wie Horaz zunächst für einen Freundekreis, deren Dichter er ist, die jedes Stück von ihm kennen, als erste Hörer sozusagen miterlebt haben. Gerade die eklogai, die nicht nur ständig nach Theokrit blicken wollen, sondern in 1 und 9 auch nach Messallas ßouxoXixa, sind kaum ein Buch, das als Inbegriff von Originalität gelten will und in dem ein Anklang auch an frühere eigene Verse befremden müßte. Wenn man sich einmal bequemen wird, bewußte Selbstzitate in antiker Dichtung hinzunehmen, wird die kritische chirurgische Tätigkeit in unsern Textausgaben vielfach einer ruhigeren Naturheilkunde weichen. Homer Theognis Properz Horaz können dann ohne Klammernschmuck gelesen werden.
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Priäpeion 3 Hunc ego, o iuvenes ist ein sehr liebenswürdiges schalkhaftes Gedicht. KLINGNEK bemüht sich, es fünf Seiten lang schlecht zu machen: es sei zu sauber logisch, V. 9 andererseits zu wenig übersichtlich, zu griechisch, zu catullisch, aber auch wieder steif und unbeholfen. „Es gibt keine rhythmischen Gebärdenfolgen wie in allen sicher vergilischen Gedichten"... Der Schlußvers „ist freilich schon ein arges Spiel mit dem Wegweisermotiv." Es ist inhaltlich sehr individuell und schildert die Landgüter von zwei Bekannten. Der eine hat einen kleinen Besitz und sorgt dafür, daß das Priapos-sacellum nicht zuwächst, sein Söhnchen bringt mit seiner spendenden Hand immer kleine Geschenke hin. Hier wird er in jeder Hinsicht geehrt, demnach necesse Priapo est, sagt Priapos, Diebstähle zu verhüten. Also, ihr pueri, nehmt vom reichen Nachbar, der hat einen neglegens Priapus. Das ist natürlich auch ein guter Bekannter, dessen Priapos nicht achtgibt. Das necesse est setzt ethische jtQoaieeais des Gottes, feierlich wie das xe^i bei Pindar. Von einem Nachweis der Unechtheit kann hier gar keine Rede sein. Echtheit nachweisen kann man nie, aber wenn man sich ein Gelegenheitsgedicht des jungen Yergil für eine befreundete Familie vorstellen soll, so konnte es aussehen: Priapos dividiert durch Vergil. Vor allem ist gerade dieses Gedicht wiederum dadurch geschützt, daß es, wie andere Stücke des so stark catullisierenden Kataleptra, Catull zitiert. Es ist in demselben Priäpeion genannten Maß wie das obengenannte Catullfragment 1 verfaßt (glyköneios + pherekrateios), und V. 1 Hunc ego, o iuvenes, locum villulamque pälustrem will an den Anfangsvers Catulls Hunc locum tibi dedico consecroque Priape anklingen. Um zum buchtechnischen Vergleich noch einmal C a t u l l heranzuziehen: der Haupthandlungsfaden, der durch das Buch läuft, ist die Clodia-Lesbia-Handlung. Leichtes erstes Geplänkel 2 und 31. Aufforderung zum Tanz 5. Daraus das Kußzählen weiterausge1
Daß Catull am Anfang der Lesbiahandlung „ein unbekannter schüchterner Junge" war (WlLAMOWITZ, Hellenistische Dichtung II 307), kommt davon, wenn man 2 a verschmäht, s. oben S. 17, 1.
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spönnen in 7.16/8 Catullus obdurat 11, denn sie hat 300 moechi. Sehr elend ist er daher 38. Sie ist doch trotz allem die schönste 43. Catull, ermanne dich 51 (Anschluß an 8, zugleich Erklärung des sapphischen nom de guerre Lesbia). Sie hat es immer noch mit ihren moechi 58. Wie schön war es einst in Allius' Hause 68,68 ff., ich will in Zukunft ihre Seitensprünge tragen 135 ff. 70: höchste Seligkeit, sie hat gesagt, sie will ihn heiraten. 72 aber er kennt sie. Ebenso 75. 76 setzt 51 fort, wie Tietze1 gezeigt hat. 79 sie hat es sogar mit dem eigenen Bruder. 83 Neue Hoffnung: sie hat auf mich geschimpft, Erklärung: uritur et loquitur2. 85 Odi et amo (Steigerung von 72,7). 86 Keine ist ihr zu vergleichen (s. 43), keine wird aber auch so geliebt wie sie von mir 87. 92 nimmt 83 wieder auf. Ich soll etwas gegen sie gesagt haben?! (104). Sie ist gekommen 107 und hat ihm ein festes foedus vorgeschlagen. Aber kann man ihr trauen 109? Und nun werden der schönen Clodia in einem zweiten Decknamen, in der Person einer Aufilena pädagogische Wahrheiten gesagt: 110 du nimmst, aber gibst nicht. 111 Ein Mann ist genug, und falls nicht, dann wenigstens nicht der Bruder, sonst haben die Söhne Vater und Onkel in einer Person. Sollte Catull das Schicksal gehabt haben, zweimal an eine zu Blutschande neigende domina geraten zu sein? Die Dichtung dieser Jahrzehnte schwelgt geradezu in Decknamen. 111, so verstanden, trägt eben einen bei dem Fall Geschwisterliebe naheliegenden und immer wieder variierten Witz nach, daß dann der ganze Stammbaum in Unordnung kommt. Genau so, wie Katal. 12 zu 6 noch die hirnea nachliefert. Es ist wie überall: eine Anzahl Gedichte ist „erlebt", eine andre ist für das Buch gedichtet. Eine Anzahl Gedichte in dem Buch Kataleptipn zweifelt niemand an. Es sind die, welche persönliche Schicksale von Vergil betreffen, und 1, das schon das molle atque facetum in der Schilderung eines seelischen jta&os zeigt. Woher wissen wir, daß be1 F . TIETZE, 2
R h e i n . Mus. 8 8 1 9 3 8 , 3 4 6 ff.
83, 6 ist zu lesen loquitur, mit einer kleinen Pause vor dem Wort: „sie brennt wieder und — schweigt nicht mehr von mir."
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stimmte Seelenregungen dem bedeutenden Menschen Yergil in seiner Jugend, viele Jahre vor seinen sonstigen uns erhaltenen Werken unmöglich waren? Daß er in seiner Jugend nicht auch einmal vergnügt war, und zwar im Stil der damaligen Generation? Es ist auch nur natürlich, daß er als junger gebildeter Römer, als Angehöriger derselben durch die politischen und sozialen Verschiebungen geschädigten bisherigen Oberschicht genau so reagiert hat wie in Rom der Horaz der epödoi und wie, in Oberitalien ungefähr gleichzeitig, Catull, dem sich das Buch obendrein in einem solchen Grade anschließt. Man hat aber seit einigen Jahrzehnten dahin entschieden, dies in Abrede zu stellen, denn man hat doch sein geschlossenes Vergilbild, und vollends bei einer „organischen" Einheit des vergilischen Lebenswerkes1 muß das Katalepton unter den Tisch fallen. Wie man aus der Nachricht sieht, daß Yergil die nach seiner Ansicht noch unfertige Aeneis als Sterbender ins Feuer werfen wollte, entschloß sich Yergil schwer, etwas herauszugeben. Er hatte also auch dieses Buch seiner nugae geordnet, hatte es daliegen und immer wieder die Herausgabe auf später hinausgeschoben. 9 stammt von 27, auch 14 aus den 20er Jahren. Angesichts dieses Buchganzen, das der Form antiker Gedichtbücher überhaupt und der Zeit ab 60 v. Chr. im besonderen entspricht, wirkt es wenig überzeugend, wenn die Interpreten mit dem seelischen Fernobjektiv über 2000 Jahre hinweg abschätzen, ob ein Gedicht zu den paar Seiten Vergilvita, die wir haben, und unserem konventionellen Vergilbild paßt. Wer in so virtuoser Mimesis ä la Catull dichten konnte, der war dazu geboren, in ebenso fabelhafter Mimesis ä la Theokrit zu reden, und da stimmte besonders glücklich Vergils TiaQ^evia?-naturell dazu, das mölle atque facetum und sein tiefes Naturgefühl. Auch für den Auftrag, über den Landbau zu dichten, war er geradezu geschaffen. Als er dann die bei Horaz und bei Properz erbetene und sozusagen gemeinsam2 von ihnen abgelehnte epische Gloriole des neuen Imperiums übernahm und 1
KLINGNER, R o m . Mitteil. 4 5 1 9 3 0 , 4 3 ff.
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Vgl. Horaz und Propere, Philol. 87 1932, 474 und unten S. 91 ff.
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einen Aeneas hinstellte, der Odysseus, Achilleus und pius Augustus in einer Person, aber einer recht abstrakten, war, da ging er zur Homermimesis über, auch dies unerhört gekonnt, fein und, oft noch unter Hindeutung auf Ennius, äußerst beziehungsreich. Es ist noch dieselbe Handschrift wie vor Zeiten Katalepton 10 auf Sabinus im kleinen. Die zugleich pseudohomerische und augusteisch höfische Substanz und Haltung ist fühlbar das Ergebnis auch von Entschluß und Arbeit. Wer nach anderen lateinischen Texten Vergil aufschlägt, glaubt dem schlechthin Vollkommenen zu begegnen an Sprachadel, Süßigkeit, mäze, Größe. Aber wer von Homer kommend in der Aeneis liest, hat das Gefühl, zwischen Weihrauch und Marzipan zu geraten, es ist fast physisch unmöglich. Das zugrunde liegende Erlebnis des Imperiums ist mit Conrad Ferdinand Meyerschen Registern aus der Sicht von 1930 lesenswert gezeichnet von G. STEINBÖMER 1 . Was folgt aus allem? Daß man recht daran tat, Tacitus den reichlich ciceronianisch geschriebenen Dialogus zu lassen, daß die Germanisten um 4000 n. Chr. nicht recht daran tun werden, wenn sie wahrscheinlich — man hat denn doch sein Stilgefühl — mancherlei bezweifeln werden: da soll ein „Goethe" 1765 kleine Rokokogedichte und 1775 Sturm- und Drangprosa gedichtet, trotzdem bald darauf wie ein Klassizist Iphigenie und die Natürliche Tochter verfaßt haben und schließlich gar noch mit Faust II der Hauptautor im Fach der romantischen Ironie zu Beginn des 19. Jahrhunderts gewesen sein. Die Versuchung, dies anzuzweifeln, w-ird groß sein, sogar unwiderstehlich, wenn „die Wissenschaft" es auch dann noch mit dem geschlossenen organischen Goethebild hat. Vergil hat in den verschiedenen Jahrzehnten seines Produzierens nicht nur einen Ton gehabt, sein Können war vielseitiger, auch er war während der Jahre 60—40 ein Mensch dieser Jahrzehnte, und er hat manches versucht. In der Appendix Vergiliana haben wir ebenfalls Denkmäler seiner Phasen. Wie sich Horaz über "die Saturae, Epödoi und die Carmina 1
G. STEINBÖMER, Der Tod des Vergil. In: Der Ring, Heft 40 u. ö.
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zu den philosophischen Epistulae entwickelt hat, so Vergil über die kecken Katalept9ngedichte und die arbeitsamen Experimente im neöterischen Zeitgeschmack zu seinen drei reifen Hauptwerken. Deren unverwechselbaren Dauerton hat er nicht schon immer gehabt, ist dieser doch typisch augusteisch und klassizistisch. Wie gut haben es die Archäologen, bei ihnen werden die Epochenstile nicht von Zeit zu Zeit durch geschlossene Biographien von Autoren gestört, die man beschlossen hat, wegen zu bedeutender Größe aus ihrer Zeit herauszunehmen. Aetna Das unter den vergilischen Werken erhaltene Lehrgedicht über die feuerspeienden Berge war im Mittelalter recht bekannt, wie die zahlreichen Handschriften und auch ein Zitat im Dante1 beweisen. Die für uns philologische Leser betrübliche Zahl von Textlesarten ist ein weiteres Anzeichen dafür, wie eifrig das Gedicht gelesen wurde. Es ist von Suetonius als vergilisch bezeugt (p. 58 Reifferscheid), freilich mit dem Zusatz de qua ambigitur, d. h. die Aetna befand sich mit anderen Dichtungen unter Vergils Werken, wurde aber von manchen bezweifelt, unter denen sich aber Sueton nicht befunden haben muß. Wir haben für das Gedicht einen ziemlich frühen terminus ante quem, nämlich 45 v. Chr. V. 596 werden Leute mißbilligt, die eine Reise unternehmen, um unter anderen Sehenswürdigkeiten das Medeiabild des Timomachos zu sehen. Nach Plinius n. Jh. 35, 40, 11 wurde dieses berühmte Kunstwerk kurz vor 44 von Julius Caesar nach Rom gebracht. Diesem Zeitindiz weicht man aber in geradezu belustigender Weise aus, da man das Gedicht später setzen möchte. Die Situation ist ungefähr so, wie wenn sich unter den Werken des sächsischen Hofdichters J. U. v. König ein Gedicht befände, das ein mißtrauischer Forscher lieber in die Goethezeit setzen will. Und in dem stände ein Satz: „Da reisen die Leute nach Italien, um die Sixtinische 1
Inferno 26. Vf., Gibraltar und Herakles, Geistige Arbeit 1937 Nr. 5.
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zu den philosophischen Epistulae entwickelt hat, so Vergil über die kecken Katalept9ngedichte und die arbeitsamen Experimente im neöterischen Zeitgeschmack zu seinen drei reifen Hauptwerken. Deren unverwechselbaren Dauerton hat er nicht schon immer gehabt, ist dieser doch typisch augusteisch und klassizistisch. Wie gut haben es die Archäologen, bei ihnen werden die Epochenstile nicht von Zeit zu Zeit durch geschlossene Biographien von Autoren gestört, die man beschlossen hat, wegen zu bedeutender Größe aus ihrer Zeit herauszunehmen. Aetna Das unter den vergilischen Werken erhaltene Lehrgedicht über die feuerspeienden Berge war im Mittelalter recht bekannt, wie die zahlreichen Handschriften und auch ein Zitat im Dante1 beweisen. Die für uns philologische Leser betrübliche Zahl von Textlesarten ist ein weiteres Anzeichen dafür, wie eifrig das Gedicht gelesen wurde. Es ist von Suetonius als vergilisch bezeugt (p. 58 Reifferscheid), freilich mit dem Zusatz de qua ambigitur, d. h. die Aetna befand sich mit anderen Dichtungen unter Vergils Werken, wurde aber von manchen bezweifelt, unter denen sich aber Sueton nicht befunden haben muß. Wir haben für das Gedicht einen ziemlich frühen terminus ante quem, nämlich 45 v. Chr. V. 596 werden Leute mißbilligt, die eine Reise unternehmen, um unter anderen Sehenswürdigkeiten das Medeiabild des Timomachos zu sehen. Nach Plinius n. Jh. 35, 40, 11 wurde dieses berühmte Kunstwerk kurz vor 44 von Julius Caesar nach Rom gebracht. Diesem Zeitindiz weicht man aber in geradezu belustigender Weise aus, da man das Gedicht später setzen möchte. Die Situation ist ungefähr so, wie wenn sich unter den Werken des sächsischen Hofdichters J. U. v. König ein Gedicht befände, das ein mißtrauischer Forscher lieber in die Goethezeit setzen will. Und in dem stände ein Satz: „Da reisen die Leute nach Italien, um die Sixtinische 1
Inferno 26. Vf., Gibraltar und Herakles, Geistige Arbeit 1937 Nr. 5.
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Madonna von Raffael zu sehen . . . " Angenommen, es würde sich nun ein Forscher finden, der dieses Gedicht trotzdem als von einem andern um 1780 verfaßt herausgeben wollte, so würde das Gegenargument: Aber die Sixtinische Madonna hing doch seit 1754 in Dresden! gewiß seine Wirkung nicht verfehlen und die Spätdatierung für dauernd erledigen. Bei uns verfängt das nicht. Das berühmte Bild kann, wenn man uns hört, ruhig einige Jahrsehnte später, also von einem mit Plinius gleichzeitigen Dichter als auswärtiges Reiseziel kunstbeflissener Globetrotter in einem Katalog der Sehenswürdigkeiten für vornehme römische Reisende aufgeführt worden sein. Das war eben übernommen oder in der rhetorischen Ekstase mit hineingerutscht (so SUDHAUS). Aber der Autor der Aetna ist ein kluger Kopf, hat seine fünf Sinne sonst jederzeit beisammen. Und er war auch kein Provinzler, der von der Kunstchronik der Reichshauptstadt nichts ahnte (so Eduard Schwartz). Neben diesem terminus ante quem verdienen andere kaum Erwähnung. V 431 f. stellt den Vesuv als ungefährlich hin, das konnte, wie BICKEL1 überzeugend zeigt, bereits seit 63 n. Chr., dem Jahr des ersten großen Erdbebens, nicht mehr gesagt werden. Es ist also müßig, mit WERNSDORF, KÖSTERMANN 2 auszumalen, daß das Gedicht von Senecas Neffen Lucilius stammen könne. Seneca schreibt diesem epist. 79, 2, er möge doch einmal die Aetna besteigen: aut ego te non novi aut Aetna tibi salivam movet. Auch Ovid habe nicht darauf verzichtet tractare, quod iam Vergilius impleverat. Für Ovid kann das auf dessen kurze tractatio Metam. XV 340—55 gehen, der Ausdruck imflere für Vergil jedoch kaum auf Aen. III 571—84, sondern Seneca muß damit eine ausführlichere Darstellung meinen. Wer Lucilius für den Verfasser hält, muß uns überreden: das von Sueton erwähnte Gedicht ging verloren, und nach 64, dem Datum des Senecabriefes, aber vor 63 n. Chr., dem Jahr, in dem der Vesuvius zeigte, 1
BICKEL, RhMus. 79 1930, 289 ff. und ebd. 93 1950, 292.
2
KÖSTERMANN, Gnomon 11 1935, 31 ff.
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daß er doch noch gefährlich sei, hat dieserLucilius unser erhaltenes Aetnagedicht verfaßt, und dieses wurde dann aus einem unbekannten Grund als das vergilische ausgegeben oder angesehen. Das verlorene vergilische Gedicht dürften sich die Vertreter der Unechtheit und späten Entstehung der erhaltenen Aetna im besten augusteisch neu-attischen Stil vorstellen. Auf Ovid können sie sich aber nicht berufen, denn der hat jedenfalls gemeint, man kann und muß die Sache anders anfassen als Vergil. Also war die Aetna in der voraugusteischen Stilperiode gedichtet, eben vor 44, in Vergils neöterischer Jugendzeit. Und genau dahin paßt unser erhaltenes Gedicht. Es zeigt nicht die augusteische elegante Pathetik des Vergil ab 40 v. Chr. Es steht dem Culex, einem anderen neöterischen Stück, nahe. Alles fügt sich passend in die philosophisch angeregte Jugendzeit Vergils und die epikurische Lehre seines Meisters Seirön, z. B. V. 32 ff., wo sich der Dichter gegen die Vorstellung wendet, der Rauch aus der Aetna rühre von der Schmiedetätigkeit Vulcans her. Non est tarn sordida divis cum, die Götter leben abstrakter und hedonischer. Die folgenden Worte neque extremas ins est dimittere in artes sidera sind freilich nicht orthodoxe epikurische Theologie. Aber warum soll der Dichter nicht ähnlich wie andere gebildete Römer, etwa Cicero und Seneca, eine ekklektische Philosophie getätigt haben? Rostagni1 sammelt eine Reihe von Zügen des lucrezianischen Epikurismus in der Aetna: Lobpreis der Wissenschaft, das Vertrauen auf das verläßliche Zeugnis der Sinneswahrnehmungen, Verpönung der Wunder- und Mythengeschichten, Leugnung der Unsterblichkeit, eines goldenen Zeitalters, das unbekümmerte selige Dasein der Götter, Verachtung aller praktischen Arbeit als eine Wirkung der Habgier. Den Ackerbau erklärt V. 273 als Beweis dafür, daß die Menschen avidi seien, zu den geörgika kann damals auch nicht der leiseste Gedanke vorhanden gewesen sein. Aber Cato's de agri cultura hätte er für seine Ansicht anführen können, auch Sophokles Antig. 338 ff. steht nahe. Aber als Vergil dann die 1
ROSTAGNI, Virgilio minore, 1933.
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Geörgika schrieb, scheint er sich sichtlich mit Bewußtsein oft selbst zu zitieren. Sudhaus stellt die Fälle zusammen, hält aber das Verhältnis für umgekehrt. Nun, geörg. II 475 blickt er auch darauf zurück, daß er einst auch gefragt hatte unde tremor terris... Die schöne allgemeine Betrachtung ebd. 490 ff. Felix qui potuit rerum cognoscere causas ist eine Wiederaufnahme des berühmt gewordenen protreptischen Passus Aetna 224 ff. Denn es folgt ja eine berichtigende Einengung des Lobpreises der Erkenntnis zugunsten der damals in der „Aetna" noch gering geschätzten Landwirtschaft: fortunatus et ille, deos qui novit agrestis. Der kann Politik Politik sein lassen. Also eine Berichtigung Vergils. Das Umgekehrte ist doch wohl unmöglich. Außer der Stilähnlichkeit und den gemeinsamen Ansichten verbindet aber den Verfasser der Aetna mit Lucretius noch eine nahe inhaltliche Beziehung, und auch diese stimmt vortrefflich zu dem, was wir über Vergils Jugendjahre wissen. Auch Lucretius handelt vom Aetna und der Erforschung des Vulkanismus, VI 639—702. Diese Partie steht Vergiß Aetnagedicht so nahe, daß man dieses als ausführliche Variation über Lucrezens Stelle bezeichnen kann und muß. Dreierlei fällt dabei auf. Bei beiden findet sich eine ziemlich affektische Beschreibung der großen, staunenerregenden Naturbesonderheit. 2. Lucretius 647—54 beteuert, um die feuerspeienden Berge zu verstehen, muß man forschend sich in die Tiefe des Alls versenken, vgl. oben. S. 29. Aus all dem können wir erschließen, daß der Epikurismus von Vergils Lehrer Seirön weniger der trockene Atomismus des Schulbetriebes war, sondern mehr die schwärmerische Richtung des Lucretius hatte, die auch in dem Kreise des Philodemos geherrscht haben muß, vgl. unten S. 34. Als dritter und wichtigster Punkt ist hervorzuheben, daß das Aetnagedicht genau dieselbe pneumatische Erklärung des Vulkanismus hat wie Lucretius VI 683—702. Diese in beiden Gedichten vertretene Auffassung der vulkanischen Erscheinungen als Wirkung eingeschlossener Winde bat Sudhaus in der Geschichte der antiken Wissenschaft etwas zurückverfolgt. Aber sie ist viel älter, nämlich mythologisch.
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Die Typhöngeschichten zeigen im Griechischen bald nach Hesiod1 eine Verbindung von vulkanischen Zügen und Windgott. Aber auch schon im Ägyptischen zeigt Set eine Verbindung der Erscheinungen des Sturmes, des Gewitters, des Erdbebens. behauptet wie MUNRO — beide ohne Beleg — für die Aetna Sprachsymptome einer eklatant nachvergilischen Zeit und Abhängigkeit von Stellen in Ovid und Manilius. Die Beziehungen zu Manilius hat Sudhaus S. 93 zusammengestellt, er hält Manilius für den Späteren. Ed. Schwartz3 spricht nur noch von Anklängen an Ovid, die einen terminus post quem ergäben, und urteilt auf Grund der erwähnten Worte Buechelers: „Das führt auf neronische, wenn nicht vespasianische Zeit.", Etwas kühn nnd schnell angesichts der Ergebnisse von Sudhaus a. 0., welcher feststellt: „Der Dichter bemüht sich, die breite bequeme Art des Lucrez durch gedrungene Diktion und körnige Kürze zu überholen, ohne sich von ihm loslösen zu können. Sie zeigen zugleich, daß der Dichter nicht wie Manilius durch die Schule Ovids gegangen ist". Aus den „Anklängen an Ovid" kann nicht ersehen werden, daß Ovid der Frühere ist. SUDHAUS S. 83 möchte sie aus dem Spiele lassen. Eine besondere Bewandtnis hat es mit Amores III 12,39 ~ Aetna 20, von SUDHAUS S. 97 behandelt. Das Aetnagedicht beginnt mit dem Prooemientopos der Themensuche in Priamelform4, worin amplificatio des eigenen Themas liegt: das und das und das will ich nicht singen, sondern das. Das antiquum, BUECHELER 2
1 Vf. Antiquité classique 6 1937,255. G. SEIPPEL, Der Typhonmythus, Diss. Greifswald 1939, Beiträge zur Sprach-, Stil- und Literaturgeschichte, Abt. Antike 13, 47 ff. 2 BUECHELER, Conieclanae RhMus. 54 1901, 7 = K. Sehr. II. Für fehlende Belege (auch BICKEL, RhMus. 93 1950, 315 ff. fand keine) können auch Huldigungen an Buecheler wie KNOCHE, Philol. 93 1938, 217 nicht entschädigen.
3 Ausgabe der Aetna, Kl. Texte 166, Berlin 1933. 4
KRÖHLING-DORNSEIFF, Die Priamel (Beispielreihung) als Stilmittel, Beiträge s. Anm. 1), Abt. Antike 10, Greifswald 1935, 42. V. 9—24 müßte übrigens dort S. 59 stehen, ebenso Statius, Thebais I 1 ff.
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Carmen und sein mythischer Inhalt ist abgebraucht, iactata est tabula. Beispiele: Goldenes Zeitalter, Argö, Troia, Mahlzeit des Thyestes, Kadmos' Drachensaat. Ovids Gedanke ist: Erst durch meine literarische Propaganda und Reklame für Korinna kam dieses Mädchen zu Berühmtheit und Nachfrage, und so habe ich mir selbst in der Liebe geschadet. Ich dementiere hiermit, man soll den Dichtern nicht alles glauben, sie übertreiben gern ins Maßlose. Was haben sie nicht schon alles in die Welt gesetzt: folgen die z. T. gleichen Mythenbeispiele. SUDHAUS hebt hervor, daß es dem Aetnadichter „ernst ist, wo Ovid t ä n d e l t . . . Sollte nun unser Dichter wirklich aus Ovids Gedicht, das auf Liebeständelei zugespitzt ist, seine entrüsteten Verse entlehnt haben?" macht die Beobachtung, daß die mythologischen Topoi in den Versen 18 ff. BICKEL 1
Quis non Argolico deflevit Pergamon igni impositam et tristi natorum funere matrem aversumque diem sparsumve in semina dentem? mit einer „überkultivierten Kürze", einer „snobistischen Technik" behandelt seien, und fügt hinzu: „Eine literarische Technik, wie sie solche Behandlung der Gemeinplätze im Prooemium des Aetna bietet, setzt eine lange Geschichte und letzte Reifezeit voraus". Daran knüpft er die Folgerung: „Diese Manier ist nicht der Technik der Neoteriker gemäß noch in den Anfängen des augustischen Zeitalters denkbar", sondern erst viel später. Augusteisch ist es gewiß nicht, aber warum nicht voraugusteisch? Bei Lykophrön könnte es stehen. Die neöterische Poesie ist meist verloren. Cinna's Smyrna war berühmt für ihre Dunkelheit. Sollte das yQiqpwÖEg der hellenistischen Dichter dabei ganz unbeteiligt gewesen sein? Catulls größere Gedichte zeigen, daß die Neoteriker gerne esoterischste Alexandriner nachahmten. Es liegt also kein Grund vor, den mythologischen Andeutungsstil 1
a. 0. 286 ff.
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der Aetna in der neöterischen Gegend für unmöglich zu erklären. Im Gegenteil, wir sind so glücklich, zu Y. 19 und 20 die sicher in Beziehung dazu stehenden Ovidverse zu besitzen. Erstens metam.^XIII 423 .in mediis Hecuba est natorum inventa sepulcris; prensantem tumulos atque ossibus oscula dantem Dulichiae traxere manus, d. h. Ulixes hat sie hinweggezerrt; und zweitens Amores III 12,39 aversumque diem mensis furialibus Atrei, vgl. trist. II 391. BICHEL schreibt dazu: „Um die Mahlzeit des Thyestes rasch verständlich zu bezeichnen, hat [noch] Ovid[, den der Verfasser des Aetna offenbar nachahmte,] es für nötig befunden, Eigennamen hinzuzufügen." Ich habe mir erlaubt, in diesem Satz einen Tilgungsvorschlag durch Klammern zu machen, die beiden Ovidstellen können ebensogut Augusteisierung eines neöterischen Vorbildes sein. Vorbild für Aetna V. 20 war wiederum Catull 64, 348 gnatorum in funere matres. BICHELS Argumentierung trennt die Römer von den Hellenisten ab und legt ihnen lateinische nationale Autarkie auf. Den Lucilius zum Verfasser zu machen, ist gerade stilgeschichtlich ganz unmöglich. Wenn ein mit Senecas Tragödien und Naturales quaestiones, mit Lucanus und Eumolpos bei Petronius gleichzeitiger Dichter der neronischen Zeit sich vorsetzte, eine neue Schilderung eines Vulkanausbruches zu geben, so hätte er bestimmt etwas zustande gebracht, gegen dessen barocken Ehrgeiz sich Pindar Pythios 1 und Aischylos Prometheus 369 hätte verstecken können. Geht man auf dergleichen gefaßt an Aetna V. 467—568, so kommt ja nichts davon. Diese Schilderung ist schüchtern lucretisch, keine einzige Antithese. Das spricht entscheidend gegen Lucilius und für frühvergilische Zeit. Sicherheit über den Verfasser wird nicht zu gewinnen sein. Wen die hier gebrachten Argumente für Vergil als Verfasser nicht überzeugen, wird aber doch die Zeitbestimmung in vor-
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augusteische Zeit nicht anfechten können. Vergil als Verfasser haben mit ihrem Stilgefühl vereinigen können Vessereau (Thèse 1905), Rand 1919, Tenney Frank 1922, R. B. Steele 1930, Rostagni 1933, Kruckiewicz, Pichon, De Witt. Das sind freilich alles fremdsprachliche Arbeiten, trotzdem sollte ein Gelehrter, wie ich es in einer Akademie erlebte, somit nicht behaupten, niemand habe bisher die Meinung geäußert. Es gehört meines Wissens zu den Obliegenheiten eines Professors, die internationale Literatur seines Fachgebiets zu verfolgen. Das Verhältnis der übrigen augusteischen Poesie und späterer zur Aetna, das wir durch Feststellen gemeinsamer Verse und Versteile studieren, ist das normal antike wie das von Apollonios von Rhodos und Nonnos zu Homer, wie das der Aeneis zu Ennius und Homer, wie das der homerischen Hymnen zu Homer und Hesiod, wie das zwischen Odysseia und Ilias, zwischen Homer und Hesiod, wie das von Josua zur Pentäteuchos, des NT zum AT, wie das von Ovids Amores zu Properz, wie das von Lucan, Silius und Statius zu Vergil. Wir haben alle einmal lernen müssen, daß sich diese gleiche Erscheinung innerhalb von Homer selbst aus den Notwendigkeiten erkläre, beim mündlichen Vortrag Gedächtnishilfen zu haben. Bei sonstigen sekundären Spätlingen aber aus der geistigen Unfruchtbarkeit, die sich für Verfallszeiten gebührt. Ich habe trotz Lorenz1 die Hoffnung, daß es genügen wird, diesen immer weiter geschleppten Unsinn einmal auf die einfachste Formel zu bringen, damit er fallengelassen wird. Es handelt sich fast immer um Anspieltechnik. Jedenfalls muß der Verfasser Vergil sehr nahegestanden haben. Es empfiehlt sich daher die Vermutung, daß ein Mitglied des epikureisch angeregten Freundeskreises um Vergil der Verfasser gewesen- ist. So hat schon Julius Caesar Scaliger der Vater gesagt, das Gedicht stamme von Quintilius Varus. Ungefähr dieselbe These vertritt Friedrich Lenz 19332. Das war damals schon i Philol. Ws. 1937, 625 ff. s ebd. 1933, 1047. 3 D o r n a e i f f , Verschmähtes
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43 Jahre belegt durch Alfred Körte 1 , der auf Phil'ödemospäpyroi hinwies, in denen die beiden Freunde aus diesem Kreis Varius und Quintilius Varus freundschaftlich angeredet werden. R. Philippson 2 hat versucht, in der Lesung und Deutung dieser und ähnlicher Stellen weiterzukommen. Viel spricht dafür und nichts dagegen, daß einer von diesen beiden die Aetna verfaßt hat. Die durch viele Konjekturen fesselnde Ausgabe von Ed. SCHWARTZ macht die Beschäftigung mit dem Gedicht zu einem besonderen philologischen Genuß. Aber mitunter scheint mir der Wortlaut eines Eingriffs nicht zu bedürfen. V. 6 der Versuch, Apollons Aufenthalt in Dödöna wegzukonjizieren, war wohl bereits durch BICKEL a. 0 . 2 9 1 ff. als überflüssig erwiesen. Zu den dort angeführten Stellen, wonach alles, was Apollon weissagt, ihm von Zeus eingegeben sei, ist als Ältestes nachzutragen Kynaithos-Homer, Apollonhymnos 132, Hermeshymnos 552. Sophokles, Oid. Kol. 623, 793. V. 52 f. ylst das zweimalige versbeginnende provocat nicht anzutasten. Die ganze Appendix liebt die Anapher. Im Lucrez würde man es lassen. Es ist sachlich mythologisch begründet. Giganten- und Typhöngeschichte gehen seit hellenistischer Zeit durcheinander, und bei Typhön ist das die Götter am meisten Erschreckende sein furchtbares vielstimmiges Brüllen. Es war kein großer Schritt, daraus einen Anruf an seine Helfer zu machen. V. 335 jede Wolke ist umida, schmückendes Beiwort. Warum in unica ändern, zumal der Begriff feucht im gleichen Vers durch defuso (oder diffuso) geschützt ist? Ist sie dem Herausgeber aber in V. 336 zu feucht, so begreife ich nicht, warum in V. 338 die Nässe mit der Änderung bibit statt videt just erst hereingebracht wird. Der große Aetna läßt das kleine ruhige Wölkchen über sich in Frieden und übersieht es, non videt. Minima nun curat praetor. Hier ist ebenso wie V. 324 und 1 Augusteer bei Philodem, RhMus. 45 1890, 172 ff. 2
Progr. des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums Magdeburg 1911, 6 ff.
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Y. 345 und oft bei Textänderungen die leise lit9tesartige Emphase nicht verstanden, die auch in notat liegt: der Luftdruck „zeichnet" die Felsen und das Erdreich, drückt seine Spuren auf. Jacob's rotat ist vergröbernd und schief. V. 407 f. heute überholte naturwissenschaftliche Irrtümer in das Übliche zu verkehren, heißt den Autor korrigieren.
C u l e x 'die Mücke* Die Interpretation dieses Gedichts ist auf neue Grundlage gestellt durch eine Entdeckung von Dr. PAUL THIELSCHEE, Berlin 7, die er mir in folgender Mitteilung zur Verfügung gestellt hat (—S. 40). „Jeder Besucher Roms kennt die Engelsburg und weiß, daß ihr Kern das Mausoleum des Kaisers Hadrianus ist: Auf quadratischem Unterbau von 84 m Länge und Breite erhebt sich ein mächtiger Rundbau von 64 m Durchmesser, aus Peperin und Travertin, der mit Marmor bekleidet und von einem turmartigen Aufsatz gekrönt war, auf dem eine Kolossalstatue des Hadrian aufragte (Karl Baedeker, Mittelitalien15, Leipzig 1927). Weniger pflegt das Vorbild, das Mausoleum Augusti, beachtet zu werden. Es ist jetzt im dichten Häusermeer des Marsfeldes versteckt, und so fällt es auch wenig auf, daß es ebenfalls wie die Engelsburg am Tiberufer liegt, zwischen dem Corso, der alten via Flaminia, und der heutigen „Uferchenstraße", der via di Ripetta, heute von Norden via de' pontefici Nr. 57 zugänglich, während der Eingang ursprünglich im Süden war. Eine für den vorliegenden Zweck genügend genaue Beschreibung gibt HEINRICH HOLTZINGEE, Moderner Cicerone, Rom I 1,
Stuttgart-
Berlin—Leipzig 1912, S. 151, von mir durch einige Angaben aus Baedekers Mittelitalien ergänzt:
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Y. 345 und oft bei Textänderungen die leise lit9tesartige Emphase nicht verstanden, die auch in notat liegt: der Luftdruck „zeichnet" die Felsen und das Erdreich, drückt seine Spuren auf. Jacob's rotat ist vergröbernd und schief. V. 407 f. heute überholte naturwissenschaftliche Irrtümer in das Übliche zu verkehren, heißt den Autor korrigieren.
C u l e x 'die Mücke* Die Interpretation dieses Gedichts ist auf neue Grundlage gestellt durch eine Entdeckung von Dr. PAUL THIELSCHEE, Berlin 7, die er mir in folgender Mitteilung zur Verfügung gestellt hat (—S. 40). „Jeder Besucher Roms kennt die Engelsburg und weiß, daß ihr Kern das Mausoleum des Kaisers Hadrianus ist: Auf quadratischem Unterbau von 84 m Länge und Breite erhebt sich ein mächtiger Rundbau von 64 m Durchmesser, aus Peperin und Travertin, der mit Marmor bekleidet und von einem turmartigen Aufsatz gekrönt war, auf dem eine Kolossalstatue des Hadrian aufragte (Karl Baedeker, Mittelitalien15, Leipzig 1927). Weniger pflegt das Vorbild, das Mausoleum Augusti, beachtet zu werden. Es ist jetzt im dichten Häusermeer des Marsfeldes versteckt, und so fällt es auch wenig auf, daß es ebenfalls wie die Engelsburg am Tiberufer liegt, zwischen dem Corso, der alten via Flaminia, und der heutigen „Uferchenstraße", der via di Ripetta, heute von Norden via de' pontefici Nr. 57 zugänglich, während der Eingang ursprünglich im Süden war. Eine für den vorliegenden Zweck genügend genaue Beschreibung gibt HEINRICH HOLTZINGEE, Moderner Cicerone, Rom I 1,
Stuttgart-
Berlin—Leipzig 1912, S. 151, von mir durch einige Angaben aus Baedekers Mittelitalien ergänzt:
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Das erstere Mausoleum des Augustus ist bis auf die Umfassungsmauern, die jetzt einem Konzertraum (Augusteo genannt, mit 3500 Plätzen) dienen, zerstprt, das Grabmal des Hadrian ist durch Aufbauten alteriert, aber durch seine Massenwirkung immer noch imponierend. Beide Anlagen gehören in die Klasse der tumuli, d. h. es sind kreisrunde Bauten mit einem zylindrischen Unterteil, eine aufgestockte Weiterbildung der uralten Grabhügelform. Der Durchmesser des Augustusmausoleums beträgt 88 m, der des Hadrianmausoleums mit seiner „imponierenden" Massenwirkung nur 64. Weißer Marmor war als Material genommen. Ein flachkegelförmiger Erdhügel... krönte den Unterbau, Baumwuchs belebte ihn, und auf der Spitze erhob sich die Statue des Kaisers. Am Eingang, auf der Südseite, las man (vielleicht erst nach dem Tode des Kaisers) das Verzeichnis der Taten des Augustus auf bronzenen Tafeln, deren Mamorkopien am Tempel zu Ankyra-Angora-Ankara auf unsere Tage gekommen sind. Zwei Obelisken, deren einer jetzt hinter S. Maria Maggiore (auf der Piazza del Esquilino, 14,70 m hoch, 1587 durch Sixtus V. aufgerichtet), deren anderer vor dem Quirinal aufgestellt ist (auf der Piazza del Quirinale, 15 m hoch, ebenfalls 1587 neu aufgerichtet), flankierten den Eingang des Monumentes, das von Parkanlagen umgeben war. Man beachte, daß baugeschichtlich gesehen das Mausoleum des Hadrian fortgeschrittener ist, indem der Zylinder, der beim Mausoleum des Augustus auf ebener Erde steht, nunmehr auf einem quadratischen Sockel sitzt, und daß es oben einen architektonischen Abschluß zeigte, der beim Mausoleum des Augustus durch einen Erdhügel gebildet wurde. Die zugrunde liegende Grabform („Hünengrab") besteht aus einem Kegel aus Erde, der in seinem Innern die Steinkiste mit der Aschenurne birgt und unten durch einen Kranz großer Steine bekränzt wird. Beim Augustusmausoleum ist der Steinkreis zu einer zylindrischen Mauer aus Marmor geworden, und der Erdhügel beginnt
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erst mit der oberen Bekrönung des Zylinders. Über die Bestattung des Augustus schreibt Sueton c. 100, man habe die Asche des Kaisers in dem Mausoleum beigesetzt, das er in seinem 6. Konsulate, d. h. im Jahre 28 v. Chr., zwischen der via Flaminia und dem Tiberufer (in einem Abstände von kaum 100 m) erbaut habe, und die es umgebenden Parkanlagen und Promenaden (circumiectasque silvas et ambulationes) habe er schon damals der öffentlichen Benutzung freigegeben. Man beachte, daß zu dieser Selbstehrung im Stile und Geiste der Pharaonen mit ihren ungeheuren Pyramiden der Senat wenige Tage nach Ablauf des 6. Konsulates eine neue Ehrung hinzufügte, indem Octavianus am 16. Januar 27 v. Chr. den Beinamen Augustus (Seßamrös) erhielt. Das riesige Grabmal muß damals Aufsehen erregt haben; denn der Kaiser war zu Beginn des Jahres 28 v. Chr. erst 35 Jahre alt und hatte vor der testamentarischen Adoption durch den Diktator Caesar schlicht C. Octavius geheißen. Mußte das nicht Zeitgenossen zum Spott reizen? Ja, das mußte es und hat es, und im Culex, in der 'Mücke' liegt noch ein Scherz aus jener Zeit vor. Eine Mücke weckt einen Schäfer, den eine Giftschlange bedroht, durch einen Stich aus dem Schlafe. Der Schäfer schlägt die Mücke, aber auch die Schlange tot, Nachts erscheint ihm die Mückenseele im Traum wie die Seele des Patroklos dem Achilleus und mahnt ihn, ihr ein Grab zu bauen. Der Schäfer errichtet ein gewaltiges Mausoleum für die winzig kleine Mücke, und das Mausoleum ist ein Abbild des Mausoleums des Augustus: an einem Flusse gelegen, von schattigen Bäumen umgeben, ein Zylinder aus Marmorquadern, darauf ein Erdhügel, bepflanzt mit einem ganzen botanischen Garten erlesener Gewächse, und mit einer Grabschrift an der Vorderseite. Das uns als Monumentum Ancyranum geläufige, selbstverfaßte Elogium des Kaisers war damals noch nicht angebracht, vielleicht auch noch nicht geschrieben. Aber es mußte mindestens ein Raum für die Inschrift vorgesehen sein, rechts und links vom Eingange; und die vom Dichter aufgezählten Ge-
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wächse können wirklich in den Anlagen um das Mausoleum am Tiber angepflanzt worden sein. Mit dieser Beschreibung des Augustusmausoleums, die man sich anderswoher beliebig vervollständigen kann, am besten durch einen Besuch an Ort und Stelle, wobei man sich auch ein Konzert in dem gewaltigen Saale anhören möge, um seine wunderbare Hörsamkeit (Akustik) zu bewundern, die mit der Kreisform zusammenhängt — mit obiger Beschreibung des Augustusmausoleums vergleiche man die Schilderung des Mückenmausoleums V. 390 ff.: „Der Schäfer begann neben einem Flusse voll Wasser, unter grünen Laubbäumen versteckt, unverdrossen einen Platz herzurichten. Ihn brachte er in die Gestalt eines Kreises und nahm wiederholt den Griff des Eisens in Gebrauch, um grasbewachsene Erde aus grünem Rasen auszugraben. Darauf führte seine unablässige Sorge die von ihm angefangene Arbeit weiter und trug das ausgehobene Erdreich zu einem Haufen zusammen, und aus viel Boden wuchs ein Erdhügel zu einem daraus hergestellten Rund empor. Ringsherum baute er eine Steinwand zusammen, sie aus glattem Marmor herstellend, seiner dauernden Sorge gedenk". Die darauf folgende Schilderung des gärtnerischen Schmuckes, wobei 18 Namen von Blumen und Ziersträuchern genannt werden, wird durch die folgenden beiden Verse abgeschlossen: 410 et quoscumque novant vernantia tempora flores, his tumulus super inseritur... 'und was für Blumen auch immer die Frühlingszeit neu bringt, damit wird der Hügel oben bepflanzt.' Beide Mausoleen, das des Augustus wie das der Mücke, liegen an einem wasserführenden Flusse inmitten grüner Bäume. Beide bestehen aus einem zylindrischen Unterbau, nach außen mit Marmor gedeckt, und einem kegelförmigen Oberteil aus Erde, der mit Gewächsen bestanden ist. Das Mausoleum des Augustus ist eine Tatsache, das der Mücke der Scherz eines Dichters, der sich das tätsächlich im Jahre 28 v. Chr. in Rom am Tiber erbaute Mausoleum zum Vorbild nahm.
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Die Absicht, Augustus damit zu necken, ergibt sich aus dem richtig verstandenen Prooemium Y. 1—41. Es ist gerichtet an „Octavius", und versichert ihm, nach dem hier folgenden Scherzgedicht (lusimus V. 1 und 3, ludus V. 4, iocos V 6): „später wird meine Muse in gewichtigerem Ton zu dir sprechen, wenn mir die Zeiten sorgenfreie Erträge bringen werden" — d. h. wenn du mich laufend unterstützest —, „damit für dich deines Geistes würdige Verse geschliffen werden". Nach Anrufung des Phoebus, der Naiäden und der Pales heißt es dann V. 25: „Und du, verehrungswürdiger Octavius, heiliger Knabe, neige dich meinen Plänen zu! Denn dir singt die Buchseite nicht das, nicht das (negatives Priamel der Themenwahl, s. oben S. 30), sondern V. 35 weiche Lieder freuen sich, mit zarten Füßen zu laufen, meine Kolumne freut sich, im Vers ihren Kräften Angemessenes unter Führung des Phoebus zu scherzen. Dies für dich, heiliger Knabe: unvergeßlicher Ruhm soll für dich streiten, beständig leuchtend, die Zeiten hindurch dauernd, und es bleibe dir an der geweihten Stelle dein Platz, und es möge von dir glückliche Jahre hindurch ein ungetrübtes, dir geschuldetes Leben, angenehm, von Glücksgütern leuchtend, gerühmt werden! Ich aber will mich dem begonnenen Werke zukehren lassen." In diesem Lichte muß man auch am Schluß das Elogium auf die Mücke lesen: „Dann wird an der Stirnseite ein Elogium aufgestellt, das mit schweigender Stimme die Buchstaben bilden: ,Kleine Mücke,. der Wächter der Tiere erfüllt dir, weil du solches verdienst, die Pflicht der Bestattung zum Dank für das Geschenk des Lebens'." Der heilige Knabe und die kleine Mücke sind beides der Kai ser Augustus. Und wie das ganze Gedicht mit einem Elogium auf die kleine Mücke schließt, so das Prooemium mit einem solchen auf den heiligen und jungen Monarchen. Der Wunsch V. 39 f. .tibi sospes ... memoretur vita per annos könnte darauf gehen, daß Octavianus schon im Jahre 28 v. Chr. eine lobende Darstellung seines Lebens per annos an der Stirnseite seines
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Mausoleums angebracht hat. Das Monumentum Ancyranum beginnt ANNOS -YNDEVIGINTI NATVS . . . PARVE CULEX . . . Besonders klar wird alles durch die drei Wünsche für den heiligen Knaben V. 37 ff.: er möge 1. ewigen Ruhm haben, 2. seinen Platz im Mausoleum erhalten und 3. noch lange glücklich leben, d. h. ein so prächtiges Grabmal ist ja sehr schön, aber sein Tod hat hoffentlich keine Eile. Im Jahre 28 hatte Vergil nach der Vollendung seiner ländlichen Dichtungen ein großes Stück seiner Aeneis geschaffen. Ihre Vollendung wird mit dem hier vorliegenden Versprechen einer ernsteren, des Kaisers würdigen Dichtung in Aussicht gestellt. Die Unterweltsschilderung der Verse 210—383 ist ein Seitenstück zu Aeneis VI, jedenfalls bewußt, da V. 358—72 ebenfalls eine römische Heldenschau den Hadesbericht der Mücke beschließt." Ich halte Thielschers Entdeckung für schlagend, sie erledigt eine Menge bisheriger philologischer Sorgen 1 . Die Abfassung des Gedichtes fällt frühestens in das Jahr 28 v. Chr. Nun möchte man natürlich auch noch wissen, wann spätestens. Die von Klotz 2 seinerzeit dem Culex aufgemutzten imitationes nach Stellen der Bukolika, Geörgika und der damals im Entstehen begriffenen Aeneis können als Belastungspunkte des „unechten" Culex ad acta gelegt werden. Der Culex i s t später und spielt auf sie an. Nur ist die Beleuchtung, die Klotz den vergilverwertenden Stellen zuteil werden läßt, widerlegt. Vollmer, der in richtigem Gefühl den Culex für „parodierend" erklärt hatte, wird S. 33, 1 von Klotz getadelt. Vollmer hatte recht. Bekanntheit und Verwendungen sämtlicher erhaltenen vergilischen Werke im Culex hat Klotz zutreffend festgestellt. Aber darob triumphierend geht er nun weiter und will auch zeigen, daß der Verfasser von „so einem plumpen Stümperwerk" (S. 44) 3 1
2 Auch B i c k e l RhM 93 1950, 292 ff. Hermes 61 1926, 28 ff. 4 Auch Hosius Litg II 1935, 76 sehr grimm über das Gedicht: „Das Epyllion bietet so viele Geschmacklosigkeiten und Mängel dar, daß derjenige, 3
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auch noch den Ovid ausgeschlachtet habe. Da,mit kämen wir, falls es stimmt, mit dem Culex in so spätaugusteische Zeit, daß die Verse 37—41 über den Tod des Augustus ex eventu zu nehmen wären und das Gedicht nach 14 n. Chr. verfaßt wäre. Aber eine Nachvergleichung der betreffenden Ovidstellen ergibt das Gegenteil. Culex 131 ff. posterius cui Demophoon aeterna reliquit perfidiae (?) lamentandi mala — perfide multis, perfide Demophoon et nunc dicende puellis; kann sehr gut das Vorbild gewesen sein für Propert. IV 7, 13 und Ovid remed. 597, vgl. Knaack, Demophon RE 5 1905, 150, 'perfide Demophoon* surdas clamabat ad aures. Diese affektischen Anreden an eine Person des Epos liebt nach dem Muster Homers Vergil sehr. Wenn also Culex „unvermittelt zum Vokativ übergeht", so brauchen wir „den Grund des Wechsels (sie!)" nicht in Ovidnachahmung zu suchen. Fehlgriff autarker Latinistik. Ja, die meisternde Kontrolle versteigt sich zu dem Satz: „Hier lehrt die Grammatik, daß beim Culexdichter ein Fremdkörper eingefügt ist". Also wenn jemand sagt: Herr Müller ging usw. und gleich darauf fortfährt: 0 Herr Müller, so hat er durch solchen „Wechsel" sich gegen die Grammatik vergangen. Culex 329 bedeutet Pallas ,das Palladium'. Dazu Klotz: „Das bedarf erst der Ovidstelle Metam. XIII99 rapta cum Pallade, um überhaupt verständlich zu sein". Wieder die autarke Latinistik, nach Jahrzehnten hellenistischer neöterischer Dichtung und mythographischer Handbücher konnte in Rom die Kenntnis dieser Geschichte jederzeit vorausgesetzt werden. Culex 181 (Klotz druckt 281) schildert die große Schlange manant sanguineae per tractus undique
guttae.
der von dieser schwülstigen, gequälten, in Wortwahl und Wortstellung eigentümlichen Sprache des Culex, von der hier zusammengestoppelten mythologischen, historischen, botanischen Weisheit, den mannigfachen Kompositionsfehlern" zu Vergil kommt usw.
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Dazu Klotz S. 41: „Daß die Schlange, die doch vollkommen unverletzt ist, Blutstropfen ausspeit, versteht man nicht". Tut sie nicht, es steht da ,es triefen blutige Tropfen überall an ihreÄ Windungen'. Sie ist schmierig von Geifer und Blut, da sie keine Vegetarierin ist, sabbert sie auch Blutstropfen. Also „alles in Ordnung". Aber nach Klotz kann man das nur von dem angeblichen Vorbild Ovid metam. II 360 sagen, wo die hilflos um ihren unglücklichen Bruder Phaethön trauernden Heliaden in Pflanzen verwandelt werden. Wenn man Zweige von ihnen abbricht, bluten sie noch sanguineae manant tamquam de vvlnere
guttae.
Die Blutstropfen, hier tragisch motiviert, hat Ovid an den Satzanfang gestellt. Da er das Motiv der blutenden Pflanze ebenfalls aus Vergil hat, Aen. III 28, könnte in seiner ganzen imitatio hier eine Huldigung an Vergil inklusive Culex stecken. Es geht also auch anders herum, und da es schwer vorstellbar ist, daß noch nach mehreren Jahrzehnten ein nachovidischer Dichter ein Spottgedicht über Vergil und das Augustusmausoleum von 28 v. Chr. unternommen haben soll, so entfällt Ovid nicht nur als terminus post quem, sondern wird ein Beweis dafür, daß der Culex vor ihm da w.ar und ihm als vergilisch galt. Da sich nun aber Vergil oft selbst zitiert und gern durch Anspielungen frühele Werke von sich in die Erinnerung ruft, so stellt sich auch beim Culex die Frage: Kann das Gedicht von Vergil selber verfaßt sein? Bei der Antwort Ja würden wir dazulernen, daß im Jahr 28 der 42jährige Vergil den befreundeten 35jährigen Kaiser, der sich ein prächtiges Grabmal hinstellen ließ, mit seinem 44 abgelegten Jugendnamen nennt, ihn ob seiner Jugend väterlich als kleine Mücke bedichtet, die Vergil der Hirte mit einem Mausoleum, einem locus pius, versorgt. Augustus die Mücke hatte dem Hirten, d. h. bukolischen Dichter Vergil vor etwa 12 Jahren die Existenz gerettet. Zugleich stellt Vergil über das Scherzgedicht
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hinaus die Aeneis als gewichtigeres Lobgedicht für Augustus in Aussicht. Nichts daran würde einem Naturgesetz widersprechen. Es wäre sogar eine prächtige Sache, wenn Yergil selbst die geistige Überlegenheit besessen hat, sich von der offiziös von allerhöchster Stelle befohlenen Frömmelei so zu distanzieren. 28 v. Chr. ist ja nicht nur das Jahr der Anlage des Pharao-Gott-Grabmales für den Imperator, sondern auch des Ediktes über die Wiederherstellung der Göttertempel, natürlich mit dem zugehörigen kultischen Drum und Dran. Das würde die Ehrlichkeit seiner sonstigen pietas nicht stören, nur diese amtliche Massivität wäre ihm eben zu primitiv gewesen. Auch das Niveau des Augustus, dem man ein solches Gedicht widmen konnte, würde damit überraschend gewinnen. Seine letzten Worte kämen wieder zu Ehren, die in der edelfaschistischen, führerumschmeichelnden Augustuslatinistik des III. Reiches verschüttet waren. Ob der Unvergeßliche während der ganzen Zeit von 1933—45 wohl etwas von der hingebenden, jetzt gottlob überstandenen geistigen Unterstützung gemerkt hat? Aber Sicherheit ist hier nicht zu gewinnen. Ebensogut könnte der Culex von einem dem Vergil und seinem Kreis sehr Nahestehenden herrühren. Dann träfe der Scherz nicht nur den für sein Nachleben besorgten Kaiser, sondern auch seinen Hirntrust Vergil, als bukolisch-agrarischen Schwärmer, der zugleich der eifrigste Exponent der religiösen Erneuerungsbewegung um Augustus war. Für diese Möglichkeit spricht die leichte Hand und der gewandte mühelose Realismus des Dichters und ein gewisser Humor, den man bei Vergil nicht gewöhnt ist und der sich gegen Vergil richtet. Der Abschnitt 0 bona pastoris V. 58 bis 97 gemahnt sehr an den Vergil kritisierenden Epödos Beatus ille qui procul des Horaz. Die sehr konkret aufzufassenden securi fructus V. 9 und die secura vita poetae V. 97 (vgl. S. 98) gehen mit ihrem den Vergil etwas bloßstellenden Inhalt vielleicht über die Grenzen vorstellbarer Selbstironie Vergils hinaus. Aber in Geldforderungen waren die antiken Dichter unbefangen. Es ist also genau der gleiche Befund wie bei der Aetna:
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vielleicht Vergil, jedenfalls aus seiner Lebenszeit und von sehr nahestehender Seite. Denn um eine ätzende Satire handelt es sich auch dann nicht, wenn das Gedicht nur aus dem Kreis des Yergil stammt. Daß es ängstlich vor dem Kaiser verborgen werden mußte, wäre eine Annahme von freischöpferischer Willkür, Horatius c. III 23 Caelo supinas si tuleris manus spricht deutlich für das Gegenteil, s. S. 84. V e r g i l s e k l o g e 4 u n d H o r a z e n s E p ö d ö s 16 Die ersten drei Verse Vergils ziehen, was folgt, etwas ins Ironische. Ich will ein wenig höher hinaus, es muß sogar für einen Konsul großartig genug sein. Die Interpreten, die das Gedicht als Kündung eines neuen Glaubens massiv pathetisch nehmen, müssen über die drei ersten Verse immun hinweggelesen haben. Eduard Norden läßt sie in der Übersetzung gar fort, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Auch der Schluß des Gedichtes zeigt einen entsprechenden, mit Gegenwärtigem scherzenden Ton. Der Inhalt ist ungefähr: Die von der Sibylle verkündigte Weltalterreihe ist an ihrem Ende angelangt. Es beginnt eine neue. Es stellt sich im Laufe des Gedichts heraus, Vergilius läßt die hesiodische Metallzeitalterreihe Gold—Silber—Erz—Eisen aus Erga 109 ff. in umgekehrter Reihe wieder zurücklaufen, gleichzeitig mit dem Heranwachsen eines Heilbringers geht der Weltenlauf aus dem gegenwärtigen eisernen Zeitalter schrittweise 1 sich bessernd zurück ins goldene. Ein neues, besseres Volk kommt vom Himmel, die Sonne — Apollon -— der Bruder der Mondgöttin, ist schon neu aufgegangen. Der Knabe wird als Erdenmensch geboren werden im Jahre 40, ist aber zugleich „großer Zuwachs aus Jupiter". Der Konsul des Jahres 40, Asinius Pollio, soll dafür sorgen, daß etwaige Reste des eisernen Zeitalters dann verschwinden. Später 1
Vgl. Horaz carm. IV 2, 39 quamvis redeant in aurum tempora priscum.
Dem ersten wirklich berühmten Kriegshelden des hesiodischen Heroenzeitalters Achilleus wird ein zweiter und letzter Achilleus entsprechen.
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vielleicht Vergil, jedenfalls aus seiner Lebenszeit und von sehr nahestehender Seite. Denn um eine ätzende Satire handelt es sich auch dann nicht, wenn das Gedicht nur aus dem Kreis des Yergil stammt. Daß es ängstlich vor dem Kaiser verborgen werden mußte, wäre eine Annahme von freischöpferischer Willkür, Horatius c. III 23 Caelo supinas si tuleris manus spricht deutlich für das Gegenteil, s. S. 84. V e r g i l s e k l o g e 4 u n d H o r a z e n s E p ö d ö s 16 Die ersten drei Verse Vergils ziehen, was folgt, etwas ins Ironische. Ich will ein wenig höher hinaus, es muß sogar für einen Konsul großartig genug sein. Die Interpreten, die das Gedicht als Kündung eines neuen Glaubens massiv pathetisch nehmen, müssen über die drei ersten Verse immun hinweggelesen haben. Eduard Norden läßt sie in der Übersetzung gar fort, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Auch der Schluß des Gedichtes zeigt einen entsprechenden, mit Gegenwärtigem scherzenden Ton. Der Inhalt ist ungefähr: Die von der Sibylle verkündigte Weltalterreihe ist an ihrem Ende angelangt. Es beginnt eine neue. Es stellt sich im Laufe des Gedichts heraus, Vergilius läßt die hesiodische Metallzeitalterreihe Gold—Silber—Erz—Eisen aus Erga 109 ff. in umgekehrter Reihe wieder zurücklaufen, gleichzeitig mit dem Heranwachsen eines Heilbringers geht der Weltenlauf aus dem gegenwärtigen eisernen Zeitalter schrittweise 1 sich bessernd zurück ins goldene. Ein neues, besseres Volk kommt vom Himmel, die Sonne — Apollon -— der Bruder der Mondgöttin, ist schon neu aufgegangen. Der Knabe wird als Erdenmensch geboren werden im Jahre 40, ist aber zugleich „großer Zuwachs aus Jupiter". Der Konsul des Jahres 40, Asinius Pollio, soll dafür sorgen, daß etwaige Reste des eisernen Zeitalters dann verschwinden. Später 1
Vgl. Horaz carm. IV 2, 39 quamvis redeant in aurum tempora priscum.
Dem ersten wirklich berühmten Kriegshelden des hesiodischen Heroenzeitalters Achilleus wird ein zweiter und letzter Achilleus entsprechen.
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wird der Knabe den von seinem Vater befriedeten Erdkreis regieren. In seinem Kindesalter wird die Erde ihm Blumen sprießen lassen. Die wilden Tiere werden zahm werden, Schlangen und Giftpflanzen werden verschwinden —25. In seinem Jünglingsalter, wenn er liest und lernt, wird die Erde von selbst Früchte tragen, aber es wird noch zur See gefahren (Argö) und Krieg geführt (Achilleus). Das waren bei den Griechen die entweder frühesten oder berühmtesten Fälle derartiger Mißstände. Auf dem Weg über sie kommt man zurück auf die Vorzeit, die davon frei war —36. Ist der Knabe zum Mann erwachsen, hört der Kaufhandel und das Pflügen auf, und die Wolle der Schafe nimmt auf ihnen selbst schon die verschiedenen Farben an. Damit ist die Rückkehr zum goldenen Zeitalter vollständig —45. Das Weltall erschauert vor Freude. Möchte ich es noch erleben und entsprechend würdig besingen können, ich würde damit Orpheus, Linos und Pan im Wettstreit des Dichtens besiegen. Knabe, erfreue deine Mutter durch erkennendes Lächeln, sie hat deinetwegen die zehn Monate aushalten müssen. Die Meinung, daß während des Gedichts die Zeit weitergeht (bei V. 8 nascenti puero wird das Kind noch erwartet, V. 60 ist es geboren), ist irrig. Das zu erwartende Kleinkind kann ruhig schon vor seiner Geburt mit parve puer angeredet und vermahnt werden, das einzige Risiko dabei ist, daß es nicht ein Mädchen wird. Dagegen ist ekl. 2 Formosum pastor Corydon ardebat Alexin insofern ein mimetisches Gedicht, als V. 8—13 hervorgehoben wird, daß es heißer (aber nicht gespenstischer) Mittag ist; 66 f. stellt sich heraus, Korydön hat bis zum Abend geklagt. Aber darin eine zutiefst römische Metaphysik zu erblicken 1 , ist überschwenglich. Wilamowitz hat 1900 2 diese Begleitgedichte zu einer 1 ALTHJilM, Literatur und Gesellschaft II, Halle 1950, 263. Um so mehr sei verwiesen auf seine einleuchtende Interpretation von Horaz carm. III 26. 27. 28 als eine Art Zyklus über Frauenliebe und -leben, Römische Geschichte II, Göschen 1948, 137 ff. 8 Bions Adonis, Einleitung.
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sich verschiebenden Handlung — uns am bekanntesten aus Schillers Glocke — als hellenistisch erläutert, Deubner 1921 als älter griechisch, sie ist aber schon altorientalisch 1 . Vergils Gedicht steht in engen Verbindungen zu den übrigen Stücken seiner Eklogai, 1 bringt das Motiv, daß in Rom ein gütiger göttlicher Jüngling lebt, 3 hat die Schlange und das amomum. Das amomum von 3,89 soll der Leser unmittelbar vor ekl. 4 gelesen haben. 5 hat in Daphnis einen ähnlichen jungen göttlichen Vegetationsgaranten. Bei Theokritos ist Daphnis 1. ein Sterbender, 2. ein Gott. Vergils Zutat ist, daß er ihn in der Art eines Söterknaben wie in 4 ausstattet. Auch anderwärts ist eine Art soteriologischer Bukolik festzustellen, von der die bekannteste Spur die Hirten auf dem Felde sind, denen 120 Jahre nach Vergilius bei Lukas die Geburt des Messias zuerst mitgeteilt wird. Die Hirten sind ein pastoral-idyllischer Ersatz des Lukas für die astrologischen Magier aus dem Osten bei Matthaios. Die magni menses V. 12 des nun anbrechenden Weltenjahres sind von Vergilius handgreiflich gekürzt. Der ganze magnus ab integro saeclorum ordo, d. h. der Rücklauf zum goldenen Zeitalter, begreift etwa 40 Jahre, denn er entspricht der Zeit von der Geburt des Wunderknaben bis zum Mann. Bei Hes o dos hat das eherne und Heroenzeitalter vom Troianischen Krieg bis zu seiner eigenen eisernen Zeit gedauert, also etwa 400 Jahre. Ob sich das dem Dasein des Knaben verdankte, neue goldene Zeitalter wiederum nach unten verschlechtern wird, soviel Zukunft disponiert Vergilius hier nicht. Am Schluß von Geörgikä Buch 1 ist das nachgeholt, s. unten S. 72. Vergilius ist durch ekloge 4 an die Seite der alttestamentlichen Propheten gekommen, die von Jesus Christus zeugen, zuerst bei Lactantius (Zeit des Kaisers Constantinus, div.institut.VII 24,11). Constantinus hat in einer Rede vom Jahr 313 eine Übersetzung vorgetragen. Für Dante wurde Vergil so der Führer durch Hölle und Fegfeuer. Purgat. 22,66 ff. begrüßt ihn der Dichter Statius: i Vf., Echtheitsfragen, Berlin 1939, 25.
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Du leuchtetest zuerst zu Christus mir, Du warst wie einer, der im Dunkel schreitet, Die Fackel hinter sich, die nichts erhellt für ihn, jedoch den andern Licht verbreitet, Dort, wo du sprachst „Verjüngt wird unsre Welt, Gerechtigkeit kehrt heim, Unschuld und Segen, Ein neu Geschlecht kommt hoch vom Himmelszelt!" Durch dich ward ich Poet, Christ deinetwegen. Dante zitiert hier ekl. 4,4 f. Man brachte einleuchtend tarn redit et virgo und das wiederkehrende goldene Zeitalter bei Yergil mit Jesaia (um 750) zusammen. Bei ihm heißt es 7,14: eine junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn gebären und ihn Immanuel ,mit uns Gott' nennen. Ferner Jesaia 9,5—6: Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben und die Herrschaft kommt auf seine Schulter, und sein Name nennt ihn Ratsmann von Wunderbarem, starker Gott, "Vater für ewig, Fürst des Friedens. Jesaia 11,1 ff. kommt dann ebenfalls der Tierfrieden: Es fährt ein Reis auf aus dem Stumpf Isais, ein Schößling aus seinen Wurzeln fruchtet, und von Jahwe ruht auf ihm der Geist usw. (magnum Jovis incrementum!). Dann gastet der Wolf beim Lamm, der Pardel lagert beim Böcklein, Kalb, Junglöwe und Mastochs vereint, ein kleiner Knabe wird sie leiten. Kuh und Bärin sind Weidegenossen, ihre Jungen lagern zusammen, und der Löwe frißt Stroh wie ein Rind. Der Säugling spielt an der-Höhle der Natter, nach dem Lichtfleck des Basilisken patscht mit seiner Hand ein Entwöhntes.
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Diese Jesaiastellen gehen so nah mit ekl. 4 zusammen, daß man, ganz unbefangen, glauben möchte, Vergilius hätte dieses Stück in der LXX gelesen und umgedichtet. Aber Vergilius beruft sich auf ein Cumaeum Carmen, also auf Sibylliakadichtung, und es besteht kein Anlaß, ihm dies nicht zu glauben1 .Vergils Berufung auf ein Sibyllenorakel wird näher belegt von Lactantius a. 0. Da ist zu lesen, daß der Poeta, als Heide doch etwas ahnend, sich an Orac. Sibyll. III 787—91 und 619—23 angelehnt habe. Dort heißt es: „Er (Gott) wohnt in deiner Mitte, und so hast du unsterblich Licht. Und auf den Bergen fressen Wölfe mit Lämmern im Vereine Gras. Und Panther weiden mit den Böcklein. Und Bären lagern mit den Kälbern auf der Weide. Der Löwe, der sonst Fleisch verzehrt, frißt Stroh aus einer Krippe wie ein Ochs, und kleine Knaben führen ihn an Stricken. Er macht die wilden Tiere auf der Erde zahm. Es schlafen Drachen, Ottern mit Säuglingen zusammen, beschädigen sie n i c h t . . . Und dann verleiht Gott auch den Menschen große Freude. Der Boden und die Bäume und die vollen Schafherden beliefern ja mit rechter Frucht die Menschen, mit Wein und süßem Honig, weißer Milch und mit Getreide, dem Allerschönsten für die Menschenkinder. Daß die beiden Stellen etwas mit Vergils Gedicht zu tun haben, wenn sie auch nicht das genau übertragene Muster für das Ganze sind, leuchtet ein. Die einschlägigen Stellen der Sibylliaka sind damit nicht erschöpft. Das III. Buch wird von Rzach in das 1. Jahrh. v. Chr. gesetzt. Seine Benutzung durch Vergil im Jahr 40 datiert es also in dessen erste Hälfte. III 46 ff. wird für die Zeit, wo Rom auch über Ägypten herrschen wird, ein heiliger Herrscher über die ganze Welt für alle Zeit geweissagt. III 108 hat eine Zehnteilung der Zeitalter ohne nähere Erklärung, Vergil war 1 Vergil könnte aber auch den Jesaia bei den LXX angesehen haben, denn 5, 6 steht vielleicht die Anregung zu ekl. 4, 29 sentibus uva.
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frei, sie auszugestalten, wie er wöllte. III 371 Glückselig, wer jene Zeit erlebt, solche Makarismen liebt Yergil, s. ekl. 4,53, Aetna 224 ff. Geörgika II 490 ff. III 373 kommen Evnom'e, Evdik e, Homc>noia und Pestis vom Himmel zu den Menschen, vgl. ekl. 4,6 mm redit et virgo. III 652 Dann (nach einem großen Krieg) sendet Gott vom Osten dir' f|eXioio einen König, der auf der ganzen Welt dem schlimmen Krieg ein Ende macht ~ ekl. 410 tuus iam regnat, Apollo. Ferner sind bei der stark traditionellen Beschaffenheit dieser Orakelproduktion auch similia aus anderen späteren Büchern von Interesse, so z. B. VIII 474 f. tlXTÖ|i,£VOV ßQ£(J30g TTOTl 8' eVtTCtTO YlTÖOCnJVX) X&COV, otipavio? b'syeXaaae •ÖQÖvog xal äydkXeto xöajAog~ ekl. 4,8 nascente puero und 52 (dazu Norden 58*149; aber Muster ist hier abgesehen von dieser Stelle eher der „homerische" Apollonhymnos desKynaithos V. 118 f. als der davon abhängige Theognis). Das III. Buch der Sibylliakoi chresmoi ist das älteste und hervorragendste, wie sämtliche Bücher ein apokalyptischer Ableger von Buch Daniel in lykophronischem Stil, Variationen immer über dieselben wenigen Themen. Vergil hat sich sichtlich durch mehrere Stellen anregen lassen, er hat vielleicht auch noch mehr Sibyllisches gekannt als wir. Daß das nach Jesaia 11 bei Sibyll. III 794 f. genannte Kind, das sich mit den Schlangen so gut verträgt, ein und dasselbe ist wie das göttliche Heilbringerkind, ist eine selbständige sehr poetische Erfindung Vergils. Or. Sib. V 2 8 1 kann alt genug sein, vgl.Ezach, Sibyllinische Orakel, RE II A 1923, 2138: „Nur das den Frommen eigene heilige Land trägt dieses alles, Seim rinnenden Honigs vom Felsen und von der Quelle, und Milchambrosia wird allen Gerechten fließen. Denn auf den einzigen Vater Gott, der allein erhaben ist, haben sie gehofft, in großer Frömmigkeit und Glauben" ~ ekl. 4,28—30. VIII194 ff. bes. 209 „Die Erde für alle gleich, nicht mit Mauern und Wällen zerteilt, wird einst immer Früchte tragen usw." ~ 4 D o r n s e i f f , Verschmähtes
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ekl. 4,32 quae cingere muris oppida, quae iubeant tellurem infindere sulcos, II 210 „kein Handelsschiff wird auf den Wellen das Meer befahren", vgl. IX (VIII) 348 ~ ekl. '4,38. 41 cedet et ipse mari vector, nec nautica pinus mutabit merces. Auf die uns erhaltenen Sibylliakoi haben besonders hingewiesen Sabatier, Fr. Marx, NJbb. 1898. Einstmals auch Norden, Rh M 1899, 476 ff. Mayor 1908. R. G.Austin, Class. Qu. 21 1927, 100 ff. Auch Hosius, Bukolika-Ausgabe Kleine Texte 1915, notiert alle Stellen. G. Erdmann, Die Vorgeschichten usw. Göttingen 1932, 85 ff., allerdings übertrieben Quellen suchend und findend. Wenn Vergilius zitiert Cumaeum carmen, so braucht dies nicht ein uns nicht erhaltenes Einzelgedicht gewesen zu sein, sondern kann die SibylKnenliteratur im allgemeinen bezeichnen. Daß schon eine Quelle vorlag, in der genau ebenso das Jahr 40 als Geburtsjahr des neuen Söterkindes genannt war, ist aber eine recht anstrengende Vorstellung. Daß Vergilius verschiedene Stellen aus den Sibylliakoi chresmoi kontaminiert, stimmt doch wirklich zu ihm, zu seiner bekannten Art. Sein eigenster Stil ist dieses Mosaikartige, Eklektische, Centomäßige, immerfort auf Verschiedenes Anspielende. Helm1 sagt zwar, daß hierin eine besondere Eigentümlichkeit des minderwertigen Cirisdichters bestehe und führt mit behaglicher Zuversicht aus, daß also die Verfasserschaft Vergils unmöglich sei. Es ist das Auffallendste am Gedicht, daß der Heilbringer, dessen Geburt das Zeichen gibt für die neue Weltzeit, ein bloßer Mensch ist, von rein menschlichen Eltern geboren. Dazu ist, es muß getragen werden, die einzige Parallele die jüdische Messiasvorstellung. Eduard Norden, der sich in seiner „Geburt des Kindes" 1924 dazu bekehrt hätte, das geweissagte Heilbringerkind möglichst nur kosmisch göttlich zu nehmen, bringt eine Menge bei für göttliche Kinder und Söteres. Mit den uns erhaltenen Oracula Sibyllina wird er dank der neuen Einsicht im Handumdrehen fertig. Er weiß S. 52 f.: „Vergil konnte aus Römerstolz keine ju1
Hermes 72 1937, 78 ff.
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daeische Vorlage haben" — „die judaeischen Sibyllinen strotzen von pöbelhaften Ausfällen gegen Rom". Und „der Ausweg, die Prophetenstelle (Jesaia 9.11) sei dem Dichter etwa in der Umbildung eines judäischen Sibyllengedichts vermittelt worden, wäre nicht gangbar: denn in der jüdisch-christlichen Sibyllistilc ist jenes jesaianische Motiv vom Tierfrieden unverändert festgehalten worden". Dazu führt Norden Or. Sib. III 748 ff. an, sichtlich Druckfehler statt 788 ff. Wo bleibt die Logik? Gerade ein solches Jesaia (selbst wenn auch kaum) variierendes Sibylliakon muß ja die zu vermutende Vorlage gewesen sein und war es auch laut Lactantius VII 24, und wir haben es noch. Fr. Marx wird S. 2 jetzt grimm abgekanzelt: nach ihm „sei das Gedicht nicht ernst zu nehmende Klientenpoesie" — und (S. 53) auf Marxens Hypothese, „die wirklich einen Vertreter fand (in Marx selber? oder in wem sonst?), lohnt es nicht, näher einzugehen". S. 149 kommen dann aber doch die Oracula Sibyllina, und 156 erlaubt Norden dem Vergilius, in der Aene's VT 798 f. auf ein „Sibyllinum Bezug zu nehmen, das im III. Buch unserer Sibyllinensammlung noch kenntlich ist". Daß die Stelle selber zugrunde liege, wäre für Vergil zu pöbelhaft... Dazu tritt im Kommentar zu dieser Stelle in VI noch Or. Sib. V 16 ff. Es gibt noch ein Seitenstück zu der Benutzung der sog. jüdischen Ursibylle durch Vergil und Horaz, nämlich TIBULLUS II 5. Das Gedicht ist eine Anrufung des Phoibos, die schon das Keckste ist an antikem musischem Spiel, was man für möglich halten möchte. Der Gott, das mutet Tibull ihm zu, soll die Begleitmusik zu Tibulls Worten spielen, er soll sich dazu schön machen. V. 15 wieder das te duce. Unter Apollons Führung hat die Sibylla, die in Hexametern dichtet, die Römer niemals getäuscht. Sage ihr, was sie singen soll jetzt, wenn der Sohn des Messalla sein Priesteramt antritt —18. Sie gab Aeneas Losorakel, als alles in Rom noch nicht da war — anscheinend war Aeneis VIII mit Euandros schon in Umlauf — und gab ihm noch eine lange Weissagung, deren Wahrheit sie damit beteuert : so wahr ich immer Jungfrau bleiben werde —66. Es folgt ein Katalog der anderen Sibyllen. Was die •4»
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Schreckliches gesagt haben, ist jetzt überholt, denn Phoibos ist wieder milde —82. Jetzt gibt es Festlichkeiten —100, und die Liebespaare, darunter Tibull und seine Nemesis und der alte Vater Messalla, sollen glücklich sein, so wahr Apollon seine langen Haare behalten und seine Schwester Artemis immer Jungfrau bleiben wird —122. Dieses Gedicht ist in unserem Zusammenhang hochinteressant. Wieder nimmt ein augusteischer Dichter Stellung zu den Fragen der Caesar- und Rettungsideologie. Auch er feiert das endgültige Ende der schlimmen Bürgerkriege, die V. 71—78 als nun beendete Erfüllung der Orakel von Sibyllen geschildert sind. Kurfess1 hat gesehen, daß sie aus der uns erhaltenen jüdischen Ursibylle Or.Sibyll. III 793—806 stammen. Freilich handeln diese Verse über ein Weltende. Tibull hat sie zu Schrecknissen der Bürgerkriege umgedeutet und übernommen, genau wie Horaz die Wunder des Tierfriedens aus Vergil zu äbvvaxa umbiegt. Auch hier hat also wieder ein demselben Bekanntenkreis angehöriger Dichter dem Vergil mit Worten aus seiner eigenen Quelle geantwortet, eben aus Or.Sibyll. III wie Horaz epöd. 16, und zitiert just die nächsten Zeilen hinter der von Vergil zitierten Heilbringerstelle, die bis V. 794 reicht, als er ekl. 4 dichtete. Es haben sich außer Norden eine Reihe von Forschern2 bemüht, Vergils Benutzung von Or.Sibyll. III aus der Welt zu schaffen, aber mir scheint, nicht nur die Papierknappheit verbietet es, noch weitere Worte darüber zu verlieren. Bezeichnend dafür, welch großen Anteil der Maecenaskreis an diesem Thema nahm, ist, daß gerade an dieses bei Tibull durch seine vorbildlich augusteisch-vergilische Ideologie aus der tibullischen Art herausfallende Gedicht Propertius durch einige wörtliche Übernahmen anklingen will. Daß in dem einfachen Rom der Urzeit eine kunstlose casa noch nicht mit Vorwürfen bedacht wurde Prop. IV 1,6, geht auf Tibull II 5,25. Auch die Mitteilung 1 2
Philol. 91 1937, 413, 5. Ängstlich auch noch BARWICK, Philol. 96 1943, 55.
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Prop. IV 2,8, man habe auf dem Wasser das Rudergeräusch der Brüder Romulus und Remus gehört per vada pulsa, ist angeregt durch TibullII 5,32 f. ire solebat / exiguus pulsa'per vada Unter aqua. Auch die von Tibullus ebd. 87 ff. geschilderten Palilia wirken nach bei Prop. IV 5,4. 75 ff. Die einseitig zeitlos kosmischen Deutungen des SötSrknaben auf ein übermenschliches Wesen gehen an wichtigen Einzelheiten des Gedichtes vorbei. Es haben sich dafür eingesetzt u. a. Crusius 1896, Plüß 1877—1904, Gruppe 1887, S. Reinach 1900, Sudhaus 1901, Boll 1923, Norden 1924, Weber 1925, Bickel 1937. Sie haben Stoff für den Topos göttlicher Heilbringer zusammengebracht. Zu den ägyptischen, iranischen, indischen, astrologischen Parallelen tritt übrigens eine bisher noch nicht herangezogene phönikische aus Ugarit-Ras-Shamra1. Ein Hauptzug an Vergils Wunderknaben ist, daß er nicht irgend etwas tut, sondern daß Weltall und Kind durch Sympathie verbunden sind. Wie er heranwächst, so wächst auch gleichzeitig das neue Glück. Genau das ist auch das Wesen des Alejin: als er von Mot erschlagen ist, scheint alles Naturleben ertötet. Aber es regt sich wieder, neues Sprießen hebt an, und daraus ergibt sich die Schlußfolgerung, daß Alejin ( = Linos ekl-. 4,56!) wieder am Leben sein müsse. Von Menschen sind vorgeschlagen worden: Jesus Christus. Dieser ist aber zwischen 4 vor und 5 nach Chr., nicht 40 v. Chr., geboren worden. Wenn aber die mittelalterliche Kirche den Vergilius unter die Propheten gerechnet hat, die Christus prophezeit haben, so hat sie insofern ganz recht, als er in ekl. 4 die sibyllinische Umformung einer der bedeutsamsten biblischen Prophetien auf den Messias lateinisch gestaltet hat. Augustus: im scholion und von Stumpo 1903. 1906. 1938, Kukula 1911, Wagcnvoort 1929. Aber er ist 59, nicht 40 geboren. Ein erwarteter Sohn des Augustus und der Scribonia (es wurde aber eine Tochter, Julia): Heyne, Boulacre, Nettleship, Terzaghi 1902, Fowler 1903, Skutsch 1901, Klingner, Deubner 1925, Con1
Syria 12 1931, 193 ff.
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way, Seeck, Church, Royds, de Witt, ßirt. Schwerlich hätte Yergil dann das Gedicht Pollio widmen können, denn der hielt zu Antonius. Marcellus, obwohl 42 geboren: L. Herrmann. Ein Sohn des Antonius und der Kleopatra. Er kam als Zwilling mit einer Schwester auf die Welt: Eisler 1906, Slater 1912, Jeanmaire 1930, Härder, Tarn 1932, Hubaux. Ein Sohn des Pollio: Servius, Yoß, Ladewig, Ribbeck, Fr. Marx 1898, Lenchantin de Gubernatis 1906, Cessi, Cartault, Stampini, Pascal, Lietzmann, P. Jahn 1915, Alföldi 1930, Draheim, Linkomies 1930, Helm 1937, Kurfeß 1938 und neu pointiert H. Hommel in Theologia viatorum, Jahrbuch Berlin 1950, 182 ff. Daß Vergilius gerade an Pollio als den Konsul des Jahres 40 ein Gedicht auf Grund judaeischer Glückweissagung richtete, wird genau für dieses Jahr illustriert durch die Schilderung des Josephus Archaiol. XIV § 388, von dem Besuch des Idumäers-Edomiters Herödes in Rom, den der Senat auf Antrag des M. Antonius zum basilevs der Juden machte. Es heißt da: „Als nun die Senatssitzung zu Ende war, nahmen Antonius und Caesar (Octavianus) den Herödes in die Mitte und führten ihn unter Begleitung der Konsuln und der gesamten Obrigkeit zum Capitol, um zu opfern und den Beschluß dort niederzulegen. Am ersten Tag seiner neuen Würde genoß Herödes die Gastfreundschaft des Antonius. Er trat die Königsherrschaft an in der 184. Olympiade (40—37 v.' Chr.) unter dem 2. Konsulat des C. Domitius Calvinus und dem 1. des C. Asinius Pollio". Pollio als besonderer Parteianhänger des Antonius scheint sich mit Herödes ebenfalls angefreundet zu haben, denn die beiden Söhne des Herödes, Alexandros und Aristobulos, wohnten später seit 23 nach Josephus XV § 343 im Hause des Asinius Pollio, als sie sich zum Studium in Rom aufhielten. Daß dieser Kreis über jüdische Denkweise unterrichtet war, ist ohne weiteres anzunehmen. Es stehen an Pollios Söhnen zur Wahl der spätestens 41 geborene Asinius Gallus, der nach Acro selber geäußert hat, er sei mit dem Knaben des Gedichtes gemeint gewesen. Jedenfalls ist
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er etwas ein Opfer des Gedichts geworden. Er glaubte sich zum Höchsten bestimmt, heiratete 12 (dea dignatus cubili...) des Agrippa Tochter Yipsania Agrippina, von der sich Tiberius hatte scheiden müssen, was ihm Tiberius tödlich übelnahm. Die späte Rache kam 30 n. Chr. Oder der jüngere Sohn Saloninius. Dieser ist ohne Bedeutung geblieben, wohl jung gestorben. Syme spricht ihm sogar die Existenz ab, er verdanke sein Dasein nur einer Besserwisserei des Servius. Für Saloninius entschied sich Carcopino 1930. Gar zu wichtig ist diese ganze Frage nicht. Vielleicht hat Vergil 41—40 v. Chr. geglaubt, in irgendeiner Familie könnte der Söterknabe geboren werden. Aber man stelle sich vor, 21 v. Chr. habe Vergil darauf gewartet, daß ein bestimmter junger Mann nun bald kosmisch loslegen werde, der 19jährig in Rom herumlief. Von diesen Gedanken kam Vergil wohl schon im Jahre 39 ab, als ihm sein Freund Horatius widersprach mit epödos 161. Noch ein Punkt in ekl. 4. Kloucek, Sudhaus, J. F. Möuntford. Drexler, Snell, Büchner machen eine Umstellung und lesen: 19 tellus 20 mixtaque ridenti colocasia fundet acantho, 23 ipsa tibi blandos fundent cunabula flores. 21 ipsae lacte domum referent distenta capellae 22 ubera, nec magnos metuent armenta leones. 24 occidet et serpens, et fallax herba veneni 25 occidet Den Hauptgrund gibt Sudhaus RhM56 1901, 45 f.: Die armenta fürchteten deshalb die Löwen nicht mehr, weil diese ausgestorben waren... Alles Schädliche in Flora und Fauna stirbt aus, Giftkraut, Giftschlange und — fügen wir (!) hinzu — wilde Tiere... Wer wird nun glauben, daß die Schlange dem Untergang geweiht ist, derweil der bevorzugte Löwe mit dem Rinde weidet"? Einige weitere Schönheitsvorzüge der Umstellung würdigt Snell S. 240, 1
Literatur zu Horaz vor 1939 gebe ich nicht genau bibliographisch, da BÜCHNERS Bericht, Bursian Ergänzungsband 267, Leipzig 1939 vorliegt.
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besonders auch die Einheitlichkeit des Gedankens: wilde Tiere und Giftpflanzen wird es nicht mehr geben. Läßt man V. 23 an seinem Platz, so kommt zuerst das friedliche Bild der keine Löwen fürchtenden Herden, zuletzt die Prophezeiung, das es keine Giftschlangen mehr geben wird, dazwischen die Blumen hervorzaubernde Wiege bei dieser Herde. Das Retterkind liegt als der eigentliche Friedensgarant zwischen den Blumen. Die Blumen und die Milch sind alles bukolisch-poetische Zutaten von Vergil. Die Reihenfolge Viehherden und wilde Tiere, Kind, Schlangen steht genau so Or. Sib. III 791—94: der (sonst) fleischfressende Löwe frißt Stroh an der Krippe wie das Rind. Und Kinder können ihn an der Leine führen; denn Gott wird ihn blöde machen. Mit den Säuglingen werden Schlangen zusammen mit den Nattern schlafen und ihnen nichts tun. Das Endergebnis der vergilischen Gestaltung der Glücksweissagung ist folgendes: Blumen und Milch werden reichlich für dich vorhanden sein, die wilden Tiere werden die zahmen nicht mehr ängstigen, Gifttiere und Giftpflanzen werden ausgestorben sein. Die Bemerkung von Josef Kroll, Hermes 57 1922, 610 bleibt also richtig: „Jedenfalls läßt sich der Verdacht nicht von der Hand weisen, daß die Gedanken Vergils in dieser ganzen Stelle nicht in einem originellen Gusse entstanden sind, sondern daß eine Klitterung vorliegt, bei der der Dichter keinen ebenmäßigen Gedankenfluß hat erzielen können". Nur ist die Vorlage, die hindurchleuchtet, nicht Horaz epödcjs 16, sondern Or. Sib. III. Horazens epödos 16 läuft etwa folgendermaßen: Rom, das nicht überwunden werden konnte durch Marser, Etrusker, Campaner, Spartakos, die Allobroger Catilinas, Germanen, Hannibal, es stürzt zusammen durch die eigene Kraft im Bürgerkrieg —14. Dagegen hilft nur Auswandern und wie die Phoker sagten: Wir kommen nicht eher wieder als (folgen Beispiele von naturwidrigen Dingen, unter denen V. 30—33 der Tierfriede erscheint) —34. Das ganze Volk oder der bessere Teil sollen nach den seligen Inseln fahren. Dort ist das goldene Zeitalter Wirklichkeit —56. Dort-
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hin kam noch nicht die Argö, kein sidonisches, kein Ulixesschiff. Aus der Zeitalterfolge Gold—Silber—Erz—Eisen können, wenn sie auf mich als Seher hören, die Frommen sich an jene Gestade flüchten. In der Frage, welches Gedicht das frühere war, haben viele Erklärer Horaz vor Vergilius gesetzt: Sudhaus 1901, Skutsch 1909, Siebourg 1910, Kukula 1911, Philippson 1911, Jos. Kroll 1922, Boll 1923, Corssen 1926, Kurfeß 1925 (später bekehrt), Villeneuve 1927, Klingner 1927. 1929, Heinze 1928, Terzaghi 1930, L. Levi 1931, G. Erdmann 1932, Hosius 1935, Giarratano, Carcopino 1930, Drexler 1935, Fuchs 1938, Büchner 1939. Demgegenüber haben Vergil vor Horaz angesetzt: Marx 1898, Hiemer 1905, Plüß 1908, Kampers 1908.24, 1924, J. Miller 1913, Witte 1921, Rose 1924, Norden 1924, Deubner 1925, Reitzenstein 1925, W.Weber 1925, Brakman 1926, Weinreich 1932, Funaioli 1930, Jeanmaire 1930, W. Kroll 1932, Kirn 1935, Kurfeß 1935. 1936, Bignone 1936 und, wie mir scheint abschließend, Snell Hermes 73 1938, 237 ff. Zuletzt Barwick, Philol. 96 1943, 47 ff. Wenige werden derart schreckhaft veranlagt sein, daß sie sich durch pathetische Entrüstung Büchners beeinflussen lassen wie: „Horaz würde etwas verneinen, war zur Existenz Yergils ganz tief gehört... Daß die 16. Epode mit ihrer Verzweiflung, wenn sie auf die Verkündung eines neuen Glaubens wie die 4. Ekloge antwortet, ein Faustschlag ins Gesicht ist" (Bursianbericht 1939, 166). Solche Interpreten haben über die ersten drei Verse der 4. ekloge ernst hinweggelesen. Und den 16. epödos einen Verzweiflungsschrei nennen, heißt deren parodischen Ton mißhören. Horazens Vorschlag, unter seiner Führung nach den Inseln der Seligen, also etwa Madeira, auszuwandern, entspricht den Forderungen unserer Feierlichen an einen augusteischen Dichter so wenig, daß Klingner und Büchner auf den Ausweg verfallen sind, zu allegorisieren. Man lese Büchner S. 162: „Als ob wir in der dritten Römerode, wo Juno die Römer warnt, Rom nach Troia zu verlegen, nicht ein Beispiel dafür hätten, wie Horaz gewisse
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ethische Ratschläge ins Räumliche umsetzt. Das Gedicht muß als eine Loslösung vom verworfenen Leben und eine Hinwendung zum Reinen aufgefaßt werden, die sich hier zum Bilde der seligen Inseln verdichtet"... Eine solche halluzinatorische Verdichtung eines moralischen Ratschlages zu einem Archipel scheint mir nicht sehr horazisch. Solche Allegorisierung ist in beiden Fällen pure Willkür und Rückfall in längst verflossene Zeiten der Philologie. Dissen hat solche Gemütskünste an Pindar verübt. Ebenso entsetzt aus anderen Gründen ist Büchner S. 8: „Auf keinen Fall so, daß Horaz als der spätere dem te duce ekl. 4, 13 gleichsam ein korrigierendes vate me epöd. 16,66 entgegensetzt. Das wäre wohl eine unmögliche Nichtachtung eines römischen Konsuls". Wie kann man auch vergessen Silvae sint consule dignae. Aber schon 59, 19 Jahre vorher, hat Julius Caesar den Konsul in seinem Kollegen Bibulus noch weit weniger geachtet, und zwar gerade auf sakralem Gebiet. Wenn die beiden genannten Erklärer betreffs des Auswanderungsvorschlags von Horaz römischer sein wollten als dieser selber, so werden sie aber dadurch glänzend gerechtfertigt, daß auch dieser Gedanke von außerhalb Roms übernommen gewesen ist. Fuchs1 macht darauf aufmerksam, daß er im Zusammenhang steht mit einem Topos östlicher Apokalyptik, auf den R. Eislerf wirksam hingewiesen hatte: Flucht und Errettung der Frommen zu einem sinnvolleren Leben außerhalb der Welt, etwa in der Wüste. Drexlers Unzufriedenheit mit Horazens Mißbrauch des Begriffes virtus hierzu ist auch eine wenn auch späte Bestätigung dafür, daß es sich da um etwas für Rom Volksfremdes handelt (Büchner 16). Die früheste Stelle für diesen in der antiken Welt sonst nie vorkommenden Zug — denn Aristophanes' Vögel von 413 wird wohl keiner anführen wollen — ist Jeremia 9,1. Der ganze Jeremia bis zu dieser Stelle entspricht inhaltlich epöd. 16,1 bis 16,14. Und nun heißt es dort: „Ach, daß ich eine Herberge hätte in der Wüste, so wollte ich mein Volk verlassen und von 1
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ihnen ziehen. Denn es sind eitel Ehebrecher und ein frecher Haufe usf." Es wäre eine äußerst kühne Annahme, sich vorzustellen, daß Horatius diese ganzen Jahrzehnte mit seinem besten Freunde Vergilius in demselben Kreis der Granden des Imperiums verlebt hat, ohne von Vergil dazu angeregt zu werden, ebenfalls in den Oracula Sibyllina zu lesen, vielleicht auch in der LXX — oder umgekehrt (s. unten S. 65). Kurfeß weist darauf hin, daß Orac. Sibyll. III 464—469 in auffallendster Weise genau denselben Zuruf an Italien enthält wie Horazens epödps 16. Italien! Von auswärts kommt kein König gegen dich herangezogen. Nein, einheimisches Blutvergießen, viel bejammertes und nicht geringes wird dich vernichten, das vielberufene und ausgeschämte. Auch du wirst in die heiße Asche, ausgestreckt und sollst dich unversehens selbst zerfleischen; du sollst nicht Mutter guter Männer sein, nein, Amme wilder Tiere. Büchners Widerstreben S. 163 schafft das nicht aus der Welt. Man sieht, Horaz beruft sich in seiner freundschaftlichen Polemik gegen Vergilius auf dieselbe Quelle wie dieser, entnimmt ihr aber das Gegenteil. Und nun etwas sehr Merkwürdiges. Bei demselben Jeremia, der einen Beleg für die antik völlig singulare Flucht aus der bekannten Welt bot, steht auf derselben Seite auch die Parallele zu dem ebenso singulären Zug V. 13, daß von einem insolens die Gebeine des Romulus zerstreut werden, die bisher Sonne und Wind entrückt waren, Jeremia 8,17: „Zu jener Zeit, ein Spruch Jahwes, herausholt man aus ihren Grüften die Gebeine der Könige von Juda und die seiner Fürsten und die der Priester und Propheten und der Insassen von Jeru-
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salem, und breitet sie der Sonne und dem Monde hin mitsamt dem ganzen Himmelsheer, gerade jenen, die sie so geliebt und denen sie gedient und nachgelaufen, die sie befragt und angebetet haben. Nie liest njan sie mehr auf, begräbt sie nicht; als Dünger dienen sie dem Acker" (s. auch Klagelieder Jer. 1,10). Wenn Vergilius in V. 4 sagt, der letzte Aiön des sibyllinischen Zeitperiodensystems hat jetzt begonnen, so wendet Horaz gleich mit dem ersten Wort ein: hat sich was mit letzter glücklicher aetas, einstweilen stecken wir schon zwei aetates lang im schlimmsten Unglück. Die überraschenden Wundererscheinungen in der Natur, die Vergilius als Symptome des angebrochenen neuen goldenen Zeitalters bringt, kehrt Horaz zu aöuvara um: Nein, auswandern und schwören: Rückkehr erst, wenn usw., d.h. niemals —40. Uns erwartet der Okeanos, fahren wir nach den Inseln der Seligen! Dort (nicht, wieVergil sagt, nächstens in Italien) braucht man nie zu pflügen, wachsen die Feigen wild, fließt der Honig aus den Bäumen, kommen Ziegen und Kühe freiwillig zum Melker. Da, nicht nächstens in Italien, brummt abends kein Bär am Schafshag, und der Boden hebt sich nicht geschwollen von Schlangen —52. Noch mehr werden wir Seligen bewundern: dort weht der Euros nicht zu viel Regen hin, und die Samen werden nicht von der Hitze verbrannt. Die Argö, dein Kriegsrest aus der Jünglingszeit des Puer, ist nicht hingekommen, auch nicht die Phönikier und Odysseus, keine Ansteckungskeime schaden dem Vieh und kein zu heißes Gestirn. Zeus hat eben diese Gestade dem Volk der Frommen aufbehalten, als er das goldene Zeitalter mit Erz, dann mit Eisen verdarb. Aus alledem gibt es für die Frommen rettende Flucht auf mein Seherwort. In Rom goldenes Zeitalter, Tierfrieden usw.!? Niemals. Wenn wir auswandern, nach den kanarischen Inseln, dort vielleicht. Die wörtlichen Anklänge an Vergil beruhen also nicht auf Unvermögen von Horaz und sind auch nicht bloß Huldigung, indem Horaz Vergil tief bewunderte (Snell) — das mag auch stimmen —, sondern die Gesamtabsicht des Gedichts ist eine polemische Antwort auf das Vergilische Gedicht. Horaz stimmt nicht ein in die
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passivisch-lyrische Ausmalung, wie schön es wäre, wenn ein Retter käme, sondern meint, Männer sollten versuchen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Wenn Horaz später ist als ekl. 4, so wäre es erstaunlich, wenn im gleichen Buch Vergils das Anfangsgedicht ekloge 1 nun ihrerseits später als Horazens epöd9S 16 wäre und auf ihn Bezug nähme. So sei es aber gewesen, meinen J . Kroll, Giarratano und Büchner S. 164. Vergils Eröffnungsbukolikon steht epödos 16 ebenfalls sehr nahe. Meliboieus will aus seinem Heimatland auswandern, der impius miles, der barbarus, die discordia machen ein Bleiben unmöglich. Gegenüber der bevorstehenden Fremde heißt es von der Heimat ekl. 1,50 nec mala vicini pecoris contagia laedent. Meliboieus fürchtet solche Schädigung, wenn er mit seinem Vieh auf Wanderschaft ziehen soll. Ein seßhafter Landwirt hat in politisch ruhigen Zeiten nicht damit zu rechnen, daß seine Nachbarn wechseln und er plötzlich vielleicht dadurch krankes Vieh hat. Nun hat Horaz epöd. 16,61 die fast gleichen Worte nulla nocent pecori contagia, und Büchner will hierVergil von Horaz abhängen lassen mit der Begründung, daß bei Vergilius „der Gedanke der Ansteckung durch des Nachbarn Vieh dem Gedanken des Auswandernden viel ferner liegt, während er bei Horaz ein Glied in der großen Kette bildet". Die Kette sieht, wenn man sie zugibt, folgendermaßen aus. Ab V. 53 ist bei Horatius die Rede von einem weiteren Vorzug der seligen Inseln: sie sind völlig unberührt 1. von Wind- und Sonneschädigungen, 2. von Besuchern^ 3. von Viehschaden durch Ansteckung und schwächende Hitze. Auffallend finde ich nun nur eins: Wie kommt der junge Horatius, der seines Vaters einstigen Landbesitz abgeschrieben hatte, dazu, als letzten Trumpf seines Auswandererglücks namhaft zu machen, das Vieh sei dort vor Krankheit gefeit? Dieser isolierte bukolische Zug ist unerklärlich in dem epödos eines Horaz, der Vergils eklogai noch nicht kennt, er ist eben Anlehnung an Vergils Bukolikon 1, eine kleine anspielende Neckerei etwa in dem Sinn: Meine Auswanderer haben nicht wie dein Meliboieus und du Ver-
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gilius selber zu fürchten, daß sie neben jemandem siedeln müssen, den sie nicht kennen, der vielleicht krankes Vieh hat1. Horaz ist im Jambenbuch auch noch in zwei weiteren Punkten in Auseinandersetzung mit Vergil: 1. gegen die bukolische Landschwärmerei der eklogai in Beatus ille qui procul negotüs. Vgl. V. 2 prisca gens mortalium ~ Georg. II 532 hanc olim veteres vitam coluere Sabini. V. 3 paterna rura bobus exercet ~ ebd. 199 exercetque frequens Tellurem. V. 5 neque exitatur classico miles truci / neque horret iratum mare ~ ebd. II 539 necdum etiam audierant inflari classica, vgl. 459. V. 7 forumque vitat etc. ~ ebd. II 501 nec ferrea iura insanumque forum aut populi tabularia vidit. V. 9 adulta Vitium propagine ~ ebd. II 63 propagine vites. In Y. 49 dapes inemptas adparet ~ ebd. IV 133 dapibus mensas onerabat inemptis wirdVergil der Nehmende sein. Vgl. S. 81,1. Diese nahen Berührungen bringt auch Heinze z. T., lehnt aber den Gedanken, daß das Ganze sich an Vergil richte, ab. „Von einer Parodie des schönen makarismos im 2. Buche 0 fortunatos nimium sua si bona norint / agricolas (V. 458 ff.) kann schon deshalb nicht die Rede sein, weil diese Parodie ihr Ziel völlig verfehlt. Was Horaz parodiert, ist die Schwärmerei des Städters für das Bauernleben, das er nur als Sommerfrischler kennengelernt hat — eine Schwärmerei, die er sich wohl hütet, in die Tat umzusetzen, auch wenn er recht wohl dazu in der Lage wäre: im Grunde hängt er doch viel zu sehr an den städtischen Genüssen und seinen Geschäften, deren er angeblich so herzlich überdrüssig ist. So gibt der Jambus ein ausgeführtes Exempel zu dem Eingangsgedanken der 1. Satire, die kaum viel älter sein wird; Alfius ist nicht als individuelle Persönlichkeit, sondern als Typus eingeführt." Der landschwärmende Städter als zu I 1 nachgetragener mempsimoiros wird schon stimmen, aber innerhalb des epodoibuches zusammengehalten mit der Polemik gegen den heilbringenden Götterknaben in 4 und den gleich zu nennenden dritten Fall einer freundschaftlichen Polemik gegen Vergil ist Alfius 1
Gegen die Umstellung anders auch B a r w i c k , Philo!. 96 1943, 41 ff.
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sichtlich eine Maske für Vergil selber, und Horaz will sagen: es gibt gewisse Leute, die schwärmen herzerweichend für das Landleben des Bauern und des Hirten, aber wirklich ganz dorthin übersiedeln wollen sie denn doch nicht, man könnte in der Stadt etwas Geldliches versäumen, vgl. S. 98. Und 3. polemisiert Horaz in epöd. 5. 17 und sat. I 8 gegen die vergilische erotisch sentimental stimmungsvolle Hexendarstellung, denen Horaz äußerst realistisch gesehene abstoßende Vetteln entgegenstellt, die auch durchaus verbrecherisch sind. So ist er in den Gedichten für den Kreis, in den ihn Yergilius eingeführt hatte, in aller Freundschaft anderer Meinung, und die Mitglieder dieses erlauchten Kreises freuten sich sicher dieser interessanten Spiele. Welche Ängste ausgestanden werden mußten, wenn ein Buch, in dem so voraugusteische, anaugusteische Töne standen, kurz nach Aktion herauskam, wollen wir ruhig Horaz überlassen. Vermutlich keine. Ein Buch, in dem man sich, einen Kreis und die Zeit, die jetzt vergangen war, polyphon darstellte, war ein gewohnter Daseinsgrund für antike Literatur. Wenn sich in einem Buch vom Jahr 30 v. Chr. augenscheinliche Polemiken gegen ein Buch von 39 finden, so scheint die Prioritätsfrage entschieden. Aber auch einfachste psychologische Überlegung hätte zwingend dazu führen müssen. Notwendige Voraussetzung: der eine muß den andern parodiert haben. Nun male man sich aus, zuerst hätte Horaz gesagt, die Zustände in Rom sind so hoffnungslos, daß man auswandern muß, und dann hätte Vergil geantwortet: nein, ich habe in der jüdischen Sibylle gelesen, daß uns nächstens ein göttlicher Retterknabe geboren wird, der uns das goldene Zeitalter und ein Schlaraffenland des Friedens bringt. Völlig unvollziehbar. Aber ohne weiteres einleuchtend wird These und nachfolgende polemische Antwort, wenn zuerst Vergil die romantisch-poetisch-evangelische Kündung vom Retterknaben bringt und darauf Horaz höchst skeptisch reagiert.
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FITANZ D O R N S E I F F
J ü d i s c h e M o t i v e in H o r a z e n s
sermones
Das in den eben genannten beiden Gedichten sich zeigende Interesse, das die beiden Di chter Yergilius und Horatius um 40 v. Chr. an den Juden bzw. ihrer Literatur nehmen, tritt ebenso stark im nächsten Buch aus diesem Kreis, in Horazens sermones oder saturae I vom Jahre 35 v. Chr. zutage. Ob in 11 die Ameise als Beispiel für den auf seinem gehamsterten Haufen brütenden avarus mit Sprüche Sal. 6,6—8 zu tun hat, ist isoliert nicht zu entscheiden. Aber in 12, das sogleich die Banden der den abüb blasenden und Mittel verkaufenden semitischen Musikerinnen nennt, die ihren freigebigen Kollegen Tigellius aus Sardinien betrauern, hat er ein Motiv, das wir nur aus israelitischer Spruchbuchliteratur belegen können. Man muß dazu sat. 14 hinzuziehen. In 2 gibt Horaz dem auf Liebespfaden wandelnden Jüngling den Rat, sich weder an Straßenfrauen zu wenden noch sich in lebensgefährliche Beziehungen zu vornehmen matronae der Gesellschaft einzulassen, unter deren langen Gewändern man nicht einmal die Wertstufe ihrer Beine feststellen könne. Nein, das richtige peripatetische ixeaov auf dieser Skala des Lebens ist die hübsche junge Freigelassene. Horaz hat, wie man aus seinen carmina sieht, sich selber an diese Geisha-Schicht gehalten, seine Freundinnen mit den griechischen Namen sind musikalisch, werden den ambubaiae nicht ferngestanden haben. Sat. 14 erzählt, sein freigelassener Yater, über dessen Herkunft er nie etwas mitteilt, so wenig wie über seine Mutter auch nur das geringste, habe ihn erzogen, wie Demeäs in Menandros-Terentius' Evnüchos V. 414. Was aber dort nicht steht, ist V. 111 ff. Y. 111 warnt vor der meretrix, V. 113 empfiehlt sie aber statt des gefährlichen Ehebruchs. Dazu bietet sich als genaue Parallele die meretrix Sir. 9,4.6*, vor allem aber 1
Uber Horazens Beziehungen zu den Juden und ihrer Literatur BRAUN,
Arceografo Triestino 5 1877, 247—82. Jacob HANDEL. EOS 3 1 1928, 501—4.
MKAS, Wiener Studien 54 1936, 74 ff. ALEXANDER, Class Ph 1942, 385—87.
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die gefährliche Frau des andern Spr. Sal. 6,24 öiacpuMcaeiv ae äjtö •ujravSeo'u vgl. Sir. 9,9 und besonders V. 26 u | x t | yäo j t ö q v t i s oarj xal hoc, agxov ( = concessa Venere uti V. 103), ywri 8e dvSgcöv tijiias ipvxas aYQeusi. Die Ausführung dieses Gedankens hat der Leser schon in sat. 12 kennengelernt, wo V. 63 peccare für faire l'amour biblisch berührt. Nun erfährt der Leser in sat. 4 mit Überraschung, daß das probate Liebesrezept von sat. 2 auf den Rat seines Vaters zurückgeht. V. 113 ne moechas sequerer ~ Spr. Sal. 7,22 o 8e ejnixoXo'm'h'iaEv axitfi xEitcpco-itei;, eindrucksvoll in den Folgen ausgemalt. Daß ein Vater seinem Sohn einen solchen Rat gibt, dürfte in griechischer und römischer Literatur nicht zu finden sein. Auch dieser Punkt hat sein genaues Gegenstück in den Salomosprüchen, denn diese geben sich als Ratschläge eines Vaters an seinen Sohn, wie das in den altorientalischen Spruchbüchern feste Formtradition ist (s. Achikar, Sir. 2,1 u. ö., später die Disticha Catonis). V. 127 ff. so bin ich ein mich selbst erziehender jrQoxojttcov geworden —138, und habe dabei den mittelgroßen Fehler, daß ich meine dafür verwertbaren ethischen Beobachtungen niederschreibe. „Wer mir das verwehren will, gegen den werden mir sämtliche Dichter helfen, und ihn wie die Juden zwingen, in ihre Schar einzutreten." Aus dem Gedichtsschluß, der die Juden nach Menge, Zusammenhalt und Propagandaeifer mit den Dichtern, also auch mit Horaz selbst vergleicht, wie aus dem Bericht über die Erziehungsweise des Vaters geht hervor, daß mit Bibelkenntnis bei Horaz gerechnet werden muß. Der Vater ist anscheinend mindestens ein Proselyt gewesen. Der Sohn ist wie in griechischer Literatur so auch in der Septuaginta und den Sibyllinen belesen und variiert gern Motive von da her. Vgl. besonders Mt 23,15. In 15 denkt der Dichter beim Feuerwunder von Gnatia als Beispiel eines Wundergläubigen schon wieder an einen Juden. 16 erzählt von der ersten Begegnung mit Maecenas und der Entstehung der Freundschaft mit diesem. Als dank der Empfehlung Vergils Horaz aufgefordert wurde, zu Maecenas zu kommen, handelte es sich um seine Zukunft. Mit den Ratschlägen Y-uvaixö?
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seines Vaters, dessen Erziehung der Leser von 14 noch im Gedächtnis hat und die hier Y. 65 ff. wieder dankbar gepriesen wird, hat Horazens Verhalten bei dem ersten Zusammentreffen mit dem mächtigen Mann genau übereingestimmt, falls ihm der Vater auch »folgende Weisheit der selecti iudices nicht vorenthalten oder der Sohn sie selber beim Lesen beherzigt hat: er war aus Scham sehr wortkarg und hielt sich die nächsten 9 Monate zurück. Denn vgl. Sir. 13,9: „Wenn dich ein Mächtiger ruft, so ziehe dich zurück in Bälde. Er ruft dich desto öfter. Aufdränge dich nimmer, damit du nicht zurückgestoßen, und stehe nicht weit weg, damit du nicht vergessen werdest. Nicht lege Wert darauf, mit ihm zu reden, und traue niemals seinen vielen Worten. Mit vielen Reden prüft er dich und forscht dich durch sein Lächeln gleichsam aus." 18 der Eingang sehr keck idolfeindlich wie Jeremia 10,3—5, Deuterojesaia 44,12—17 und Amasis bei Herodot II 17,2. Fast wörtlich wie der Anfang ist derselbe Topos in der Weisheit Salomos 13,11—16: „Wenn ein Holzschnitzer einen tragbaren Block ( ? ) heraussägt und sachkundig die ganze Rinde ringsherum abschabt und in kunstgemäßer Bearbeitung ein brauchbares Geräte zum Dienst des täglichen Lebens herstellt, die Abfälle von der Arbeit zur Zubereitung der Nahrung verwendet und sich voll ißt: ein Abfallstück wieder davon, das zu nichts zu gebrauchen ist, ein krummes und von Knoten durchwachsenes Holzstück, das nimmt er, formt es mit der Sorgfalt seiner Freizeit und bildet es mit der Geschicklichkeit seines Geistes und macht es gleich dem Bild eines Menschen, oder ähnelt es ejnem wertlosen Tier an, überstreicht es mit Mennig und rötet seine Haut mit Schminke und überstreicht jeden Flecken auf ihm, und macht ihm ein seiner würdiges Gehäuse und stellt es an die Wand und sichert es mit einem Eisen." Vgl. unten S. 95. 19 Ergänzung zu 6. Näheres über sein Verhältnis zu Maecenas. Begegnung mit einem schrecklichen Schwätzer, den Horaz nicht
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los wird. Schließlich V. 60 kommt ein Freund Aristius Fuscus, läßt ihn aber schadenfroh sitzen und entschuldigt sich mit dem Gebot der Sabbatruhe V. 69, die Horaz doch bestimmt gelten lassenwerde 1 . Horaz. entgegnetvergeblich,er sei nicht abergläubisch, das nutzt ihm aber nichts, denn Aristius Fuscus nieint, ich selber aber desto mehr als armer Nichtphilosoph. Ein Unbefangener kann bei dieser Stelle den Eindruck haben, daß sich zwei Juden necken. Mindestens geht aus der Stelle hervor, daß Horaz selbstironisch den Aristius ihn mit seinem Interesse für Jüdisches aufziehen läßt. Wie wenig Aristius damit aus dem Augustuskreis herausfallen würde, zeigt ein Brief des Kaiser Augustus selbst bei Suetonius 76, worin er erzählt, an einem der letzten Tage sei so viel zu tun gewesen, daß man nicht zum Essen gekommen sei, und er habe fasten müssen wie ein Jude am Sabbat. S e r m o n e s B u c h II (30 v. Chr.) In II 1 steht 40—60 der Gedanke, daß Horaz in seinen Saturae eine Waffe besitze, die er aber nur zur Verteidigung gebrauche. Jedes Lebewesen hat eben seine Waffe. Zu diesem Gedanken hat Heinze keine griechische Parallele, aber jüdisch ist reich belegt 2 , daß die Zunge eine Waffe sei. In dem großen Narrenschneiden von 113 befindet sich unter den bekämpften Lastern auch der Abergläubische V. 281—95. Als Beispielfigur für Aberglauben nimmt Horaz die fromme Mutter eines schwerkranken Knaben. Sie betet zu „Jupiter": „Du Geber und Nehmer der großen Schmerzen!" Die Kommentare sind der Ansicht, daß diese Frau eine Jüdin ist, aus guten Gründen. Auch schon diesen Anrufungssatz kann bestimmt nie ein Römer zu seinem Jupiter gesagt haben, aber der jüdische Jahwe in der Thorä hat den Inhalt dieses Anrufungssatzes als 1 trieesima sdbbata scheint mir nicht so rätselhaft: sabbat ist der der R u h e und Feier gewidmete Endtag der Woche. Ist er auch noch Endtag eines Monats, so ist er ein gesteigerter Sabbat. 2 Vf., Echtheitsfragen, Berlin 1939, 45. 5»
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den am meisten hervorgehobenen Wesenszug. 2 Mose 34,6, in seiner Selbstvorstellung 1 vor Mose, schreitet er an diesem vorbei mit aller seiner Güte und s£\gt: „Jahwe Jahwe Elohim barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Reue, der da bewahret Gnade in tausend Glieder und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde, und vor welchem niemand unschuldig ist, der die Missetat der Väter heimsucht auf Kinder und Kindeskinder bis ins dritte und vierte Glied." Am Schluß von Buch 3 und 5 werden durch Sprechchöre je nach Verhalten des Volkes Israel Segen oder Fluch sehr detailliert in Aussicht gestellt. Die Psalmen beten ständig, Jahwe wolle wieder das Leid wegnehmen. Job sagt von seinem Glück 1,21 „Jahwe hat 's gegeben, Jahwe hat 's genommen, der Name Jahwes sei gelobt". Diesen für Jahwe im AT hervorgehobenen individuellen Zug hat Horaz in dem Gebetseingang seiner Jüdin mit der ihm eigenen Kunst eleganter Formulierung aufs gewandteste in lateinische Worte gebracht. Der angerufene Jupiter ist also Jahwe in Interpretatio romana. Ebensowenig römisch, wie jüdisch dagegen gut vorstellbar ist der nächste Satz mit dem Gelöbnis: „Wenn mein Sohn das kalte Quartanfieber los wird, dann wird er an dem Tag, an dem du Fasten angesetzt hast, frühmorgens im Tiber stehn." Diesen Tag erklärt Porfyriön als dies Jovis, also Giovedi, Donnerstag. In der Tat begingen die Pharisäer den Donnerstag als zweiten allwöchentlichen Fasttag (Lukas 18,12). Porfyriön hat also richtig erklärt, und wir haben mithin in diesem Vers vom Jahr 30 v. Chr. die früheste Erwähnung unsrer Wochentagsbezeichnungen mit Planetennamen, denn die bisher als früheste Spur angesehene Stelle Tibullus I, 3,18, wo der Saturni dies vorkommt, ist 4 Jahre jünger. Das Angebot an Jahwe dafür, daß der kleine Sohn seinen viertäglich wiederkehrenden Schüttelfrost loswird, ist ein morgendliches i Vf., Die Erscheinungen der Person Gottes im AT, in Die Besinnung 2 1947, Heft 3—4.
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kultisches Bad im Fluß. Dergleichen kennen wir jüdisch bei Johannes dem Täufer Mt. 1,5. 9, etwa 50 Jahre später, nur als Proselytentaufe. Wir lernen also hier, daß Anwendung als Reinigungsritus nicht von der Person des Johannes ausging, sondern bei den Juden vertreten war. Ob die analoge abergläubische Frau bei Juvenalis 6,522, also 130 Jahre später, ebenfalls als Jüdin oder Proselytin anzusprechen ist, ist nicht entscheidbar. Juvenalis spricht wie Horaz oft über Jüdisches. Horazens Stertinius steht mit seiner Empfehlung, lieber einen Arzt zuzuziehen statt eine lebensgefährliche Wunderkur zu machen, genau auf dem Standpunkt, den. auch Jesus Sirach 38,9 vertritt: „Laß den Arzt zu dir, denn Jahwe hat auch ihn geschaffen." Wir kennen mancherlei über die Hellenisierung der Levantejuden in hellenistischer Zeit (die alttestamentlichen Apokryphen, Aristeasbrief), aber über ihre'Romanisierung weiter westlich wenig. Man wolle sich an das allgemeine Erstaunen ob des Rotas-operaquadrates in Pompeji erinnern — zuletzt darüber Focke, Würzb. Jbb. 3 1948, 366 ff. - Hier kommt nun hinzu: Horaz läßt eine fromme Jüdin in Rom den Gott ihrer Väter mit Jupiter anreden und mit theologischer Logik folgern: den Huldigungsritus für Jahwe-Jupiter muß man am 5. Wochentag, dem Jovis dies, ableisten. Daß Jupiter, wie sie ihren Jahwe nennt, der römische optimus maxiinus des Capitols ist, stört sie ebensowenig, wie daß Jupiter als Planetengott der Regent des Donnerstag ist. Im Gegenteil, diese internationalen virtutes ihres synkretistisch gewordenen Gottes machen diesen größer. Wie überall ist Horazens sichtliches Interesse für Volk, Religion und Literatur der Juden distanziert frei von der jüdischen Gottesangst und ihrem Wunderglauben. Von den Dichtern des Maecenaskreises muß angenommen werden, daß sie gut miteinander bekannt waren. Vergilius war um 38 in der Lage, den Horatius so wirksam an Maecenas zu empfehlen, daß ein erfreulich lukratives Clientelverhältnis sich ergab, das dem Horatius zeitlebens ein sorgenfreies Dasein sicherte. Seit 28 etwa ist auch Propertius in demselben Kreis. Es ist wohl
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nicht zu kühn und phantasievoll, wenn man allwöchentlich oder allmonatlich ein Zusammentreffen dieser Dichter bei Maecenas annimmt, wobei die Prominenten des Imperiums miterleben, wie diese Dichter neue Werke oder Werkchen vortragen, und das wurde dann diskutiert. Es wäre sehr verwunderlich, wenn sich nicht daraus mancherlei dichterische Zwiegespräche — von den privaten ganz abgesehen —, Anspielungen, Komplimente, Parodien, freundschaftliche Polemiken ergeben hätten. Sie sind da, auch schon mitunter hervorgehoben worden. Aber es ist ersichtlich, daß die Exegeten durchweg abgeneigt sind, dergleichen zur Kenntnis zu nehmen. Das Bewußtsein, wie groß die uns nicht erhaltene Literatur gewesen ist, hat uns zu vorsichtig gemacht, als daß wir zwei wenn auch sehr ähnliche Stellen in direkte Beziehung zueinander setzen. Gerade infolge der anzusetzenden Vertrautheit der drei Dichter miteinander kommt ferner noch eine chronologische Schwierigkeit hinzu, die an Schwierigkeiten der homerischen Frage gemahnt. Wenn man, wie bekanntlich die weitverbreitete Meinung ist, das ganze Epos Hesiodos Ilias Od ysseia Hymnen, ja sogar Tyrtaios in halb mündlichem Fluß sieht, so kann jederzeit eine vermeintlich frühe Odysseia- oder Hymnenstelle älter sein als eine vermeintlich späte Ilias- oder Hesiodstelle. Ebenso kann, wenn überzeugende Berührungen zwischen Vergil Horaz Properz auffallen, der Autor A in einem Buch, das 27 veröffentlicht ist, bei einem Zusammentreffen mit einem Buch B, das schon 30 veröffentlich wurde, geistig das Prius.haben, da das betreffende Gedicht schon lange vorher in dem Kreis vielleicht einmal vorgetragen oder mündlich unter vier Augen beraten worden war. Mit dem vergnügten Parodieren hatte Vergil angefangen, nämlich mit den Gedichten á la Catull Kataleptön 6.10.12, in freundschaftlicher Polemik meldet sich Horaz als neuer Catull fast als Rächender, in dem Buch Epödoi, veröffentlicht 30 v. Chr. In dem gleichen Jahr 30, in dem Horazens epödoi mit den verschiedentlichen Polemiken und Parodien gegen Vergil öffentlich herausgegeben wurden, gab Vergil seine 4 Bücher Geörgika. In
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diesen widmete er nun auch seinerseits seinem Freunde Horaz einige Verse am Buchschluß I. Lange Darlegungen über den Sinn des Bauerseins liegen hinter dem Leser. Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit ist die Losung, denn Jupiter selber wollte nicht, daß der Weg des Ackerbaus leicht sei. Er wünschte Niveau. Die Götter, die ganze Natur, der Sternhimmel kümmern sich hauptsächlich um den Landmann. Und trotz alledem können auch bei emsigster Arbeit und Sorgfalt mitunter Samensorten entarten 1 . V. 197 ff., ebenso kann alles in der Welt durch die Schicksale ins Schlechtere stürzen, wie wenn ein Schiffer seinen Nachen stromaufwärts rudert. Läßt er nur einen Augenblick nach, so war alles umsonst, und er treibt abwärts. Sein Gedanke gilt dabei natürlich vor allem der neuen Imperiumsordnung. Das steht für ihn alles auf der Kippe, nur unablässige pausenlose Anstrengung aller — besonders der Mitglieder dieses erlauchten Kreises — kann auf die Dauer helfen. Betreffs der vorgeschlagenen Therapie kennen wir die Ansichten des Horaz nicht genug, aber in der Diagnose waren Yergil und Horaz einig. Und so schreibt er 1510 ff.: der Krieg ist los
c u m carcertf,us s e s e
effundere quadrigae, addunt in spatia et frustra retinacula tendens fertur equis auriga neque audit currus habenas.
Mit diesem Gleichnis von dem Rennfahrer, dem das Tempo über den Kopf wächst, will Yergil an die sehr anders wirkende Rennbahn erinnern, mit der Horaz in sat. I 1,114 das krampfhafte Hasten des Habsüchtigen im Geldraffen des täglichen Lebens schildert: ut cum carceribus missos rapit ungula currus, instat equis auriga suos vincentibus, illum praeteritum temnens extremus inter euntem. Die gemeinsamen Wörter sind hervorgehoben, ihre Zahl und Stellung ist so augenfällig, daß die Anspielabsicht Vergils nicht be1 Er relativiert also, wohl infolge von Horazens Widerspruch, die Gleichung Bauerntum = Goldenes Zeitalter, vgl. P. L. W i l k i n s o n , Greece and Roma 19 1950 nr. 55, 24 ff.
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FRANZ
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zweifelt werden kann. Ebensowenig zweifelhaft ist, was er damit sagen will. Ungefähr dies: du Horaz machst dich über die avari und auch über mich und über meinen Söterknaben lustig. Das sind Sorgen, die liegen Jahre zurück. Inzwischen hat sich die Weltlage gewandelt, überall ist Krieg, wer fragt da noch nach einem privaten avarus und wie der kutschiert. Die Leute sind froh, wenn sie das Leben haben. Das ist stärker als wir beide. Wir stehen wehrlos in großen Ereignissen, jetzt wird im politischen Schicksalwagen gefahren, da kann keiner bremsen, geschweige daß einer antreiben müßte. Diese Stelle ist die einzige Erwiderung Yergils an Horaz. Dieser dagegen hat in den Carmina noch mancherlei gesagt, was an die Adresse des Freundes gerichtet war oder auch mitunter das ihnen gemeinsame Interesse für das damals messianistisch bewegte Judentum zeigt. Wer umgekehrt in der Horazstelle eine Anspielung auf die Vergilstelle sieht, tut etwas zeitlich Mögliches, denn man kann mit Geörgika I bis 36/35 heraufgehn1. Es würde darin aber eine so gehässige Spitze gegen Yergil betreffs avaritia liegen, daß ich mir das trotz epöd. 2 und c. IV 12 (s. unten S. 97 f.) nicht vorstellen kann. B e z i e h u n g e n zu V e r g i l u n d d e n inCarminal-III
LXX
Gleich die ersten Worte Maecenas atavis.. dulce decus meum.. und der Schluß quodsi me lyricis vatibus inseres sublimi feriam sidera vertice zitieren Vergil geörg. II 40 o decus, o famae merito pars maxuma nostrae Maecenas, pelagoque volans da vela patenti. Die eben genannten 3 Zeilen Vergils aus den Geörgika bilden den Schluß eines großen, das Buch I umrahmenden Gebetes an Caesar als neuen Gott, V. 24—42,498—514. Er hat die Wahl, noch zu schwanken, zu welcher Daseinsform, zu welcher Götterversammlung er sich gesellen wird. Ob zu den Göttern der Erde oder denen des Meeres oder zu den Gestirnen des Himmels; zur 1
s. BARWICK, Philol. 90 1935, 271, 17.
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zweifelt werden kann. Ebensowenig zweifelhaft ist, was er damit sagen will. Ungefähr dies: du Horaz machst dich über die avari und auch über mich und über meinen Söterknaben lustig. Das sind Sorgen, die liegen Jahre zurück. Inzwischen hat sich die Weltlage gewandelt, überall ist Krieg, wer fragt da noch nach einem privaten avarus und wie der kutschiert. Die Leute sind froh, wenn sie das Leben haben. Das ist stärker als wir beide. Wir stehen wehrlos in großen Ereignissen, jetzt wird im politischen Schicksalwagen gefahren, da kann keiner bremsen, geschweige daß einer antreiben müßte. Diese Stelle ist die einzige Erwiderung Yergils an Horaz. Dieser dagegen hat in den Carmina noch mancherlei gesagt, was an die Adresse des Freundes gerichtet war oder auch mitunter das ihnen gemeinsame Interesse für das damals messianistisch bewegte Judentum zeigt. Wer umgekehrt in der Horazstelle eine Anspielung auf die Vergilstelle sieht, tut etwas zeitlich Mögliches, denn man kann mit Geörgika I bis 36/35 heraufgehn1. Es würde darin aber eine so gehässige Spitze gegen Yergil betreffs avaritia liegen, daß ich mir das trotz epöd. 2 und c. IV 12 (s. unten S. 97 f.) nicht vorstellen kann. B e z i e h u n g e n zu V e r g i l u n d d e n inCarminal-III
LXX
Gleich die ersten Worte Maecenas atavis.. dulce decus meum.. und der Schluß quodsi me lyricis vatibus inseres sublimi feriam sidera vertice zitieren Vergil geörg. II 40 o decus, o famae merito pars maxuma nostrae Maecenas, pelagoque volans da vela patenti. Die eben genannten 3 Zeilen Vergils aus den Geörgika bilden den Schluß eines großen, das Buch I umrahmenden Gebetes an Caesar als neuen Gott, V. 24—42,498—514. Er hat die Wahl, noch zu schwanken, zu welcher Daseinsform, zu welcher Götterversammlung er sich gesellen wird. Ob zu den Göttern der Erde oder denen des Meeres oder zu den Gestirnen des Himmels; zur 1
s. BARWICK, Philol. 90 1935, 271, 17.
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Unterwelt wird er sich hoffentlich ja nicht wenden wollen. Gegen den Schluß des Buches gipfelt der Abschnitt über die Wetterzeiten 351 ff. mit den Versen 466—88 in den geradezu apokalyptischen prodigia der gesamten Natur, die die Ermordung des Julius Caesar begleiteten. Es sei besonders hingewiesen auf V.481ff. proluit insano contorquens vertice silvas fluviorum rex Eridanus ('Hpiöavög!) camposque per omnes cum stabulis armenta tulit. Und weiter V. 498 ff.: Ihr Götter der Väter, darunter Romulus und Vesta, die ihr den Tiber bewahrt, hindert den Jüngling nicht, dem zerrütteten Aiön zu Hilfe zu kommen. Schon längst haben wir mit unserem Blut die Schuld Troias abgebüßt. Schon lange neidet uns die Königsburg des Himmels dich, Caesar, und beklagt sich darüber, daß du dich um Menschentriumphe kümmerst... Der Euphrat d r o h t . . . es wütet auf dem ganzen Erdenrund der frevle Mars. Man sieht, seit der ekloge 4 vor 10 Jahren besteht die große Änderung darin, der Retter muß nicht erst noch mirakulos geboren werden, jetzt ist er da: Caesar Octavianus. Nach 2 Jahren, 28 v. Chr., antwortet Horaz mit carm. I 2, indem er Vergils Partie betr. Julius Caesar V. 466—4881) und das Gebet an Augustus in Geörgikä I 23—42, 498—514, in dem sein Freund ihn zitiert hatte, geistreich variiert. Alle dort angeschlagenen Töne, alle Motive, fast alle Personnagen kehren wieder. In diesem Gedicht nähert sich Horaz in auffälligster Weise der jüdischen Messiaserwartung, was 1946 zum erstenmal von Rupprecht, Würzburger Jbb. 1 1946, 67 ff. gesagt worden ist. Ich möchte die Aufmerksamkeit darauf lenken, daß dieses eigentliche Eröffnungsgedicht in dem Buch Carmina I—III Glied in dem ständi1
Diese Ähnlichkeit hat FRANKE 1839, KIESSLING 1884 zu Horaz angemerkt. HEINZE hat diesen ihm zwecklos scheinenden Hinweis verschmäht und ausgemerzt. Nach BIRT 1925 hat BARWICK, Philol. 90 1935, 257 ff. die Sache gemerkt. Ich bringe Einiges, was er nicht erwähnt, und ordne das Ganze etwas anders ein.
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gen poetischen Gespräch der beiden Freunde ist über den Gegenstand aller Gegenstände, Caesar Octavianus, und dadurch sieht das Stück doch recht anders aus als bisher. Man kann sich vorstellen, wie interessiert, ja wie gespannt der engste Zirkel um den Herrscher die Auseinandersetzung der beiden besten Hirne in ihrem Kreis über die nun endgültig richtige Caesarideologie wird zu sich genommen haben. Die Verleihung des Namens Augustus im Jahre 27 , also kurz darauf, dürfte die Folge der Auseinandersetzung gewesen sein, die ja schließlich darum ging, in welcher Weise der Kaiser ein Gott sei. Wieder beginnt Horaz mit einer epöd. 16 ähnlichen Schilderung der Wirren nach Caesars Ermordung 44 und insbesondere der Erscheinungsformen des Strebens, dafür Rache zu nehmen. Statt des Po-Eridänus übernimmt die Überschwemmung der Tiber: ein Hochwasser des Gottes Tiber war dadurch verursacht, daß er allzu ritterlich gattentreu (uxorius amnis) sich für den Kummer der Ahnmutter der gens Julia, Ilia, ins Zeug legte —20. Um nun auf Caesar zu kommen, fragt sich nicht dieser selbst, welcher Gott er werden .möchte, sondern Horaz fragt: Welchen Gott sollen wir anrufen, daß er uns hilft? Es wird gedacht an Vesta, Apollon, Aphrodite, Mars —40. Für den Fall, daß Hermes1 sich bereits in einen jungen Menschen verwandelt hat, und als Caesar, Caesars Rächer unter uns weilt, so wolle er bitte spät zurück zum Himmel fahren, lange froh bei den Römern bleiben. Es möge ihn nicht, weil er über unsere vitia unwillig ist, eine aura zu schnell wegnehmen. Mögest du dich lieber hier an den großen Triumphen freuen, dich gerne hier Vater und princeps nennen lassen und den Parthern wehren, ungestraft herumzureiten unter deiner Regierung, Caesar. Mit diesem Schlußwort „te duce, Caesar" ist das kecke „vate me" von epöd. 16,66 einst vor 12 Jahren zurückgenommen und Vergils „te duce" ekl. 4,13 im Sinn von ,unter Pollios Konsulat von 40' überholt. Und Horaz Definiert als dies filius Maiae ,der geflügelte Sohn der Maia'. BARWICK möchte Ales schreiben: Wer soll das verstehen? 1
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stellt sich in diesem vielleicht schwierigsten Augenblicke seines Lebens, nämlich seiner hochoffiziösen Gleichschaltung, ganz unter den Fittich seines älteren, auch in dem Kreis älteren Freundes Vergilius. Da singt man gern etwas Komplizierteres. I 21 Dianarn tenerae dicite virgines ,Diana singt, ihr zarten Mädchen', kurzer XXTITIXÖS iijxvos, wie ihn die Griechen auch jtgooijaov nennen, was aber beileibe hier nicht ,Einleitung' bedeutet; selbst Heinze meint bei diesem Gedicht, die Hauptsache müsse noch kommen. Es ist aber eine seit der griechischen Chorlyrik verbreitete Form, daß, wenn jemand in einem Gedicht auffordert oder aufgefordert wird zu singen, der Gesang damit geleistet ist. Strophe 2 mahnt die Mädchen, Dianam, Strophe 3 die Knaben, Apollinem laudibus tollere. Strophe 4 kommt sachlich auf die Bitte hinaus: Du lieber hl. Florian, geh uns vorbei, zünd' andere an1. Da Apollon, wenn mobilisiert, seine Gaben Krieg, Hunger, Pest loswerden muß, so soll er sie lieber den Parthern und Briten geben als den Römern. Ähnlich schon carm. 12,50—52. Wenn Krieg, Hunger, Pest Gaben eines einzigen Gottes sind, dann sicher nirgends so zusammen als solche des Apollon. Xijxo; und Xoin.6; hat Hesiodos Erga 242 zusammen, Xoi^o? sendet Apollon ein einziges Mal Ilias A. Aber Jahwe spendet die fürchterliche Dreiheit mehrmals bei Jeremia 24,10. 32,36. 34,17. 42,17. Hesekiel 7,14. 12,15 und in dem Aition für die Stadt Jerusalem, das den Schluß der Samuelbücher bildet. Jahwe stellt da dem schuldig gewordenen König David diese 3 Straf übel zur Wahl: 3 Jahre Krieg, 3 Monate Hungersnot, 3 Tage Pest. I 22 Integer vitae scelerisque purus ,Wes Leben unbefleckt und von Verbrechen rein'. 1. Gedanke: Der sittlich Reine ist überall sicher vor Gefahren. 2. Vor mir ist ein fürchterlicher 1
So heißt der süddeutsche Wortlaut, den WEINREICH, Genethliakon
WILHELM SCHMID, Stuttgart 1929, 191 sucht. —
Daß derartige IJCCTOHJCTI
dee Übels zu den Feinden auch biblisch semitisch ist, konnte ihm I. W. HAUER (S. 173) wohl kaum sagen, aber HEILER (S. 171) „in seinem grundlegenden Werke" hätte es schon bringen dürfen: vgl. Psalm 69,25. 79,6 f. J e r e m 10,25.
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Wolf durchgegangen, als ich waffenlos im sabinischen Walde meine Lalage besang. Also setze mich in die Tundren des Nordens oder in die Tropenhitze, immer werde ich Lalage lieben aöu yelalaav, aö-u qjcovelaav. Dies ihr zu Ehren in Erinnerung an I 13 sapphisch-catullisch hier gebracht. Es kann nicht geleugnet werden, daß den Anfangsversen 1—8 dieses Gedichts der Anfang von Psalm 23, Jahwe ist mein Hirte, V. 1—4, auffallend entspricht. Mari hat schon oft darauf hingewiesen, daß es für die Mimesistechnik nicht nur des Horaz typisch ist, daß der spätere Autor Gedichtanfänge genau wiederbringt, aber dann geht es anders weiter, s. carm. I 9. 10. 12. 14. 23. 37. Catull 51. V. 4 des Psalmes lautet bekanntlich: „Und walle ich im Tal des Todesschattens, ich fürchte keinerlei Gefahr; denn du begleitest mich. Dein Stecken und Stab tröstet mich". Dies wäre zu Horaz V. 1—8 und 17—24 zu stellen. Die harmlosen Notwehrgeräte in dem Psalm sind von Horaz negativ verdeutlicht: „Ich brauche weder maurische Speere noch Bogen noch einen Köcher, schwanger von Giftpfeilen." Außer diesen fraglosen Ähnlichkeiten spricht noch folgendes dafür, daß Horaz dieses Gedicht mit Anspielung auf den Psalm verfaßt hat. Gewidmet ist es dem Aristius Fuscus, mit dem sich Horaz in sat. I 9,69 über rechte Sabbatbegehung so herumneckt, s. oben S. 67. Es ist gewiß nicht Zufall, sondern Absicht, daß er das Gedicht gerade als Stück 22 eingesetzt hat, denn in der Septuaginta trägt der Psalm ebenfalls diese Nummer, LXX zählt mit Recht Ps. 9 und 10 als einen einzigen, der masoretische Text und unsere Bibeln haben das Stück als Psalm 23. II 4 Ne sit ancillae tibi amor pudori, Xanthia Phoceu! ,0b der Liebe zur Magd mußt du dich nicht schämen, Xanthiäs aus Phökis'. Wie mancher berühmte Mann hat seine Sklavin geliebt. Vielleicht ist sie aus königlichem Hause. Einzige Parallele für solche Fälle die zartsinnige Vorschrift Dtn. 21,10 ff. III 1—6 die „Römeroden", ein einheitlicher Zyklus im gleichen alkäisch politisch aktivistischen stasiötischen Versmaß. Ein Leit-
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gedanke geht aber durch das Ganze so wenig wie in entsprechenden Gedichten von Pindar1. III 1 Odi profanum volgus et arceo ,Ich hasse das ungeweihte Volk und wehre ihm'. Die ersten Verse des dritten Buches kündigen also einen großartigeren Inhalt an als in dem, was vorherging, ähnlich wie Vergil Katal. 9 und ekloge 4. Die Musenpriesterschaft mit Amundsen zu sehr religiös zu pathetisieren widerrät III 30. Ein moralischer Protreptikos für die Jugend hebt an. Sehr merkwürdig ist nun die Übereinstimmung dieses politisch religiösen Herrscherenkömions mit einem der sog. Königspsalmen, nämlich 78,1—7: 1 Merke, mein Volk, auf meine Unterweisung (thor§,), neigt euer Ohr den Worten meines Mundes. 2 Auftun will ich zu einem Spruch (maschal) meinen Mund und ausströmen lassen Rätselreden aus der Vorzeit. 3 Was wir gehört und erfahren und was unsere Väter uns erzählt haben, 4 das wollen wir ihren Söhnen nicht verhehlen, einem kommenden Geschlechte erzählen von den Ruhmestaten Jahwes und seiner Macht und seinen Wundern. Zu den letzten Worten vgl. Imperium est Iovis V. 6. Über die reges herrscht Jupiter, über die viri der Tod —16. Also lobe ich mir eine auskömmliche Armut und sage mir epikurisch Xdde ßicoaae im sabinischen Tal. V. 37 zitiert sat. II 7,115. Zu III 2—5 ist nichts außer griechischen Quellen zu nennen, die ja ausreichend anderweitig behandelt worden sind. Jedoch mit III 3,1 ff. polemisiert Horaz wieder einmal gegen Vergil. Dieser hatte in Geörgika II 458 ff. einen hingebenden Lobpreis auf das Glück und das beseligte Leben des Bauern gegeben. Über dieses Thema, das ja mit dem bukolischen eng zusammenhängt, hatte Horaz schon gleichzeitig mit Vergils Geörgika 30 v. Chr. in 1
LEIF AMUNDSEN, Serta Eitremiana, Oslo 1943, 1 ff.
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Epödos 2 ketzerisch Ironisches geäußert Beatus ille qui procul.. in dem Sinn: Ja, schwärmen tun viele für das Bauersein, aber nun wirklich die Stadt verlassen und selber Bauer werden, das wollen sie denn doch nicht. Nun stehen geörg. II 493 ff. einige Verse, die Horazens bon sense gegenüber aufreizend exponiert waren: Glücklich ist der Philosoph (490-92). Glücklich zu preisen aber auch jener, der die ländlichen Götter kennt, Pan und Silvanus den Greis und die verschwisterten Nymphen. 495 illum non populi fasces, non purpura regum flexit et infidos agitans discordia fratres Es kommt bei Yergil hier darauf hinaus, das goldene Zeitalter, das in ekl. 4 ein Wunderknabe bringen sollte, ist zeitlos immer da bei den Bauern auf dem Land1. Es klingt sogar so, als ob der Glaube an die dei agrestes schon allein imstande sei, die Bauern zu vollendeten standhaften Mustervertretern männlicher apätheia und Unerschütterlichkeit zu machen. Da widerspricht Horaz III 3,1 ff. Nein, die männliche Unerschütterlichkeit wird nicht von gottgläubigen und ahnungslosen Bauern erreicht, sondern durch eine andere ars (Vers 9), man muß iustus, tenax propositi und impavidus sein. Hac arte kann man die Unsterblichkeit erreichen wie Polydeukes Herakles Augustus Dionysos Romulus-Quirinus. III 6 Delicta maiorum immeritus lues, Romane ,Die Sünden der Vorfahren büßest du schuldlos, Römer', vgl. Jeremia 31,29, Hesekiel 18,1: „Die Väter haben Herlinge (Schlehen) gegessen, und den Söhnen wurden die Zähne stumpf". Du bist eine exsecrata civitas, vgl. epödoi 7 und 16, wenn du nicht die Göttertempel ausbesserst und dich fromm den Göttern unterstellst —7. Denn di neglecti waren verhängnisschwer: davon kamen zwei 1
Rückfall gegenüber Buch I (s. S. 71) zu ekl. 4.
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Niederlagen, von 40 und 36, gegen die Parther Monaeses und Pacorus, und im Bürgerkrieg mit Antonius wäre fast der Dacer unter seinem König Cotysus und der Äthioper über Rom gekommen —16. Nuptiae und domus sind befleckt. Das junge Mädchen lernt entartete Tänze (lonici motüs), incesti amores und Ehebruch im Einverständnis mit dem Ehemann für Bezahlung —32. Von solchen Eltern stammte nicht die Jugend, die Pyrrhos, Antiochos, Hannibal schlug, sondern die, von ernster Mutter angehalten, die schwere Bauernarbeit bis zum Sonnenuntergang leistete. Anstatt nun aber ein Landjahr zu empfehlen, schließt Horatius mit dem trüben Ausblick: Seit unsern Großvätern war jede Generation eine Verschlechterung, und unsere eigene progenies wird noch schlechter als wir sein. Dieser Gedanke stimmt noch ganz zu den schwarzseherischen Stellen in epödoj 7 und 16. Vielleicht ist es jetzt auch so gemeint: Ihr müßt meinem Gebot folgen, andernfalls wird es weiter bergab gehen. Jedenfalls würde es der Parallele in Psalm 78 (77 LXX) entsprechen, die hier genau anschließend an 78,7 ~ carm. III 1,1—4 wieder für das Schlußgedicht III 6 zur Verfügung steht. Dieser Königspsalm ist das Stück mit der größten Geschichtsrückschau über die Verwerfung des Nordreichs Israel und die Erwählung des Reststaates Juda1. Da steht die Forderung, die Söhnegeneration soll umkehren: 1 Daß der benachbarte Psalm 80 ebenfalls um 700 gedichtet ist, zeigte EISSFELDT. vgl. vorläufig DLZ 1950, 226 f. Sehr ähnlich dem Psalm 78 ist Psalm 105 wieder über das Thema Gott in der Geschichte. Dieser steht mit 103—6, wie 72 am Schluß des 2. Buches (s. unten S. 103), so am Schluß des 4. Buches. Auch diese 4 Stücke bilden eine Art Zyklus von größeren Gedichten wie die Römeroden, zu denen wir außer bei Horaz selbst in c. III 26. 27. 28 bekanntlich aus antik-klassischer Literatur kein Seitenstück haben. 103 verficht, sehr ungewohnt im AT, die Behauptung, Jahwe ist nur Güte. 104 ist ein kleineres Seitenstück zu dem großen naturwissenschaftlichen Kolleg Jahwes an Job 38 ff. über Gott in der Natur. 105 eine Geschichtsrückschau unter dem Gesichtspunkt Gott in der Geschichte. 106 ein großes nationalgeschichtliches Schuldbekenntnis des Volkes Israel.
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Daß sie nicht würden wie ihre Väter, ein abtrünniges und widerspenstiges Geschlecht, ein Geschlecht unfesten Herzens und Gott sich entfremdenden Sinnes. » Die Söhne Ephraims (das Nordreich bis 722) zum Bogenkampf gerüstet, kehrten am Tage des Kampfes um. 10 Nicht bewahrten sie den Bund Gottes. und wollten nicht nach seinem Gesetze wandeln. 11 Sie vergaßen seiner Taten und seiner Wunder, die er sie hatte schauen lassen. Hier einen reinen Zufall annehmen empfiehlt sich kaum. Formal literarisch ist das Verhältnis zwischen den beiden Texten des Psalmisten und des Horaz das Normalste von der Welt. Zwischen Psalm 78, Vers 7 und 8, dem Punkt also, dem bei Horaz der Raum zwischen III, 1,6 und III 6,46 entspricht, hat Horaz eine Fülldichtung gesetzt. So ist ja ein Großteil des AT beschaffen. Die größte Fülldichtung im AT ist Buch Job, Kap. 2—42,9. Das ist lichtvoll ausgeführt von H, Torczyner, Ztschr. d. dt. morgenl. Ges. 10 1931, 287 ff. Dieser Aufsatz gehört zu dem Vernünftigsten über das AT, was mir zu Gesicht gekommen ist. Sein Inhalt deckt sich im wesentlichen mit dem, was ich Archaische Mythenerzählung 1933, 55 ff., als das Normale auch in der antiken Dichtung festgestellt habe: absichtliche Überbietung schon vorhandener Behandlung eines Stoffes. Vgl. auch meinen Aufsatz „Die antike Mimesis in der altvorderasiatischen Literatur" ZDMG 93 1939, 296 ff. Eine sehr ähnliche moralistische Auslassung wie III 6 steht Weish. Sal. 14, 22-27, bes. 25 ff. „Alle ohne Ausnahme beherrscht Blutdurst und Mord, Diebstahl und Trug, Verderben, Treulosigkeit, Aufruhr, Meineid, Beunruhigung der Guten, Vergessen von Wohltaten, Fäulnis (\xiaoH,cc) der Seelen, unnatürlicher Geschlechtsverkehr (yeveoEü)? evaUayn), Zerrüttung der Ehen, Ehebruch und Unzucht, denn
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der Dienst der wesenlosen (dvcovvncov) Götterbilder ist der Anfang alles Übels sowie dessen Ursache und Vollendung." Es kann dem philosophisch aufgeklärten Horaz zugetraut werden, daß er sich bei der Bedichtung einer Restauration der Tempelkulte an einen Passus anlehnt, der die entgegengesetzte Absicht hat. Die „Weisheit" stellt ja die schlimmen Symptome, die jetzt beseitigt werden sollen, als Folge des Aufkommens der Bilderkulte hin. Andererseits" ist ein Zentralmotiv des ganzen AT der Bau und Wiederaufbau des Tempels. In carm. III 6 setzt ferner Horaz die Polemik von III 3 gegen Vergils Geörgika II fort. Am Buchschluß sagte dort der Dichter des Bauernlebens und seiner Götter V. 531 ff. Hanc olim veter es vitam coluere Sabini, Hanc Remus et frater, sie fortis Etruria crevit Scilicet et rerum facta est pulcherrima Roma Das Landleben war die Voraussetzung dafür, daß Rom zur Siebenhügelstadt und zur schönsten Sache der Welt geworden ist, und zwar wohlgemerkt alles noch im goldenen Zeitalter noch vor dem Aufkommen der blutigen Tieropfer und der Kriege. Dem widerspricht Horaz V. 33 ff. Rom ist groß geworden nicht durch großstädtisch entartete Jugend, sondern durch eine rusticorum mascula müitum proles, Sabellis docta ligonibus die Schollen zu wenden und obendrein noch am Abend die Holzstämme heimzuschleppen. Das Stichwort Abend begeistert Horaz zu seiner einzigen naturlyrischen und tierfreundlichen1 Stelle sol ubi montium mutaret umbras et iuga demeret Die zweite derartige Stelle epöd. 2,63: videre fessos vomerem inversum ist ebenfalls durch Vergil a. 0. angeregt, was schon Servius bemerkte, s. oben S. 62. 1
boves I eollo trahentes languido 6 D o r n s e i f f , Verschmähtes
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bobus fatigatis, amicum tempus agens abeunte curru. Aber diese Stimmungslyrik ist Vergilparodie, und zwar auf ekloge 1,83 maioresque cadunt altis de montibus umbrae und auf 2,55 f. aspice, aratra iugo referunt suspenso luvend et sol crescentis decedens duplicat umbras. Man sieht, genau wie Yergil den Buchschluß von Geörgika I zu einer Antwort an Horaz benutzte, so zitiert Horaz in der zweitletzten Strophe der Römeroden zwei Gedichtschlüsse von Vergils Eklogen. Und beide Freunde kehren etwas zu ihren Standpunkten von 40/39 zurück: Yergil ist wieder Ersehner des goldenen Zeitalters, Horaz in der darauffolgenden Schlußstrophe wieder ebenso hoffnungslos wie in epödos 16. Man hat bei der Datierung III 6 Schwierigkeiten erzeugt. Römeroden 3 und 5 sind nicht früher möglich als 27—-26 v. Chr., 6 fordert die Tempelwiederherstellung, die Augustus in einem Edikt von 28 v. Chr. verordnet hat. Also, schließt man, muß III 6 vor 28 gedichtet sein und ist somit die älteste der Römeroden. Dieser Schluß scheint mir willkürlich und gar nicht zwingend. III 6 kann Begleitliteratur zu dem Edikt sein. Horaz meint (das kennen wir doch seit 33): zu solchem Edikt muß man sich bekennen. So kann 6 ebenfalls gut erst 27 oder 26 verfaßt sein, und.es entfällt so jeder Grund, Einzelstücke des sechsteiligen Gedichtszyklus in verschiedene Zeiten zu legen. Angesichts des engen Zusammenhangs der Gesamtkomposition waren diese Auseinanderdatierungen von vornherein unwahrscheinlich. Ob Horaz an die Wunderwirkung der Tempel geglaubt hat? Und ob der Verfasser von sat. I 2 die Deklamation III 6,17—32 sehr massiv meint? Sollte Horaz die offiziöse Frömmelei wirklich ernst genommen haben? Von der nach Augustus' Tod niemand je wieder geredet hat? Früher, als man sich in Deutschland eine politische Entwicklung von Bürgerkrieg zu neuer monarchischer
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Ordnung nur nach der Analogie von 1848—1871 vorstellen konnte, hatte man eine einfache Erklärung für den unüberbrückbaren Unterschied zwischen den übrigen Werken des Horaz und den moralisierenden Römeroden. Sie lautete: Von Augustus bestellte Arbeit oder unwürdige Schmeichelei. Inzwischen haben wir selber eine ähnliche Veränderung des politischen Daseins mitgemacht und wissen, so grob und einfach sind die Dinge nicht. Das Normale in einem neuen Imperium ist die freiwillige seelische Gleichschaltung, das „einsatzbereite" Verständnis für das „Gedankengut" der neuen „Bewegung". Antwort auf die Frage, wie weit eine innere Gleichschaltung des Horaz tatsächlich vorliegt, erhält man leicht und eindeutig, wenn man geruht, weiterzulesen. Mit dem Gedicht III 6 geht es im folgenden, wie sich (Jas in antiker Literatur oft zeigt. Das Motiv bleibt auf dem Tapet und wird noch weiter beleuchtet und entwickelt. Denn es ist bestimmt kein Zufall, daß nach der offiziösen Ankündigung, daß das Unheil des römischen Volkes von der Vernachlässigung der Götterkulte herrühre, nun zum ersten Male Kultgedichte in größerer Zahl kommen. Aber wie sehen die aus? Es stellt sich alsbald heraus, daß von einem Bekenntnis des Horaz zu der nun doch fälligen positiven Kehrseite des Satzes: Also kann künftiges Heil des römischen Volkes nur durch die Erneuerung der Götterkulte kommen, gar keine Rede sein kann. Es handelt sich um die 6 Gedichte III 8. 13. 18. 22. 23. 28. Diese sind sämtlich oppositionell gegen die staatlichen Kulte. Im III. Reich sollten bekanntlich von Horaz bloß die Römeroden als besonders aufbauwillig gelesen werden, und damals konnte die eben erwähnte Frage: war Horaz seelisch gleichgeschaltet? nur mit einem klaren offenen Ja wie vorm Traualtar beantwortet werden. Aber etwas ganz Neues hat da die Bewegung nicht geboten. Schon die Diltheyrichtung Erlebnis und Dichtung und die Wilamowitzschule waren ja auf nichts so stolz, als daß sie jedes Gedicht allein aus sich selber verständen. Aber ein Bohrer ist zwar gut, wenn es in die Tiefe gehen soll, jedoch als einziges Verkehrsmittel und Reisevehikel ist er fragwürdig. 6*
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Und wenn irgendwo in der Weltliteratur in die nationale Trompete gestoßen wurde, waren wir immer beflissene Würdiger. Nun die erwähnten 6 Kultgedichte. III 8 Martiis caelebs quid agarn calendis ,Was ich Junggeselle am 1. März treibe'. Mein verwunderliches Opfer an diesem Juno-Tag der römischen Matronae gilt dem Liber, der mich vor dem stürzenden Baum gerettet hat, vgl. II 13. Der außenpolitische Himmel ist wolkenlos, Maecenas, also linque severa. Der Kult ist hier ironisch getätigt. Warum ist es gerade der Weingott gewesen, der den Horatius vor dem fallenden Baum gerettet hat? In II 13 steht nichts davon. Antwort: Damit wir beide einen trinken können, wie bei der Begrüßung des heimgekehrten Numida II 36. III 13 0 fons Bandusiae ,0 Quelle der Bandusia'. Seine Quelle! Morgen bekommt sie einen Bock als Opfer. Und nun ist sie durch dieses Gedicht unter die berühmten Quellen versetzt. Kein sehr ernstes Mustergedicht im Sinne der Augusteischen Kulterneuerung. III 18 Faune nympharum fugientum amator ,Faunus, du Liebhaber flüchtender Nymphen'. Morgen, am 5. Dezember, ist dein Fest, das feiert der ganze pagus. Bukolikon wie Tibull II 1. Der Faunuskult ist hier lediglich da, um weltlich ländliche festliche Werte auszulösen. III 22 Montium custos nemorumque virgo ,Wächterin der Berge, Jungfrau der Haine'. Versprechen an Diana: Deiner Pinie will ich alljährlich einen Eber opfern, gehört zu den sich fingiert als Ankündigung gebenden Stücken, die aber schon das Ganze sind. Gewollt schlicht, betont etwa: Religion ist Privatsache, besonders meine draußen auf meinem Sabinum. Es folgt III 23 eine offen ausgesprochene Polemik gegen den von allerhöchster Seite verordneten Ritualismus, gegen die auf großartig erneuerte staatliche Massenabschlachterei von wertvollen Opfertieren. Caelo supinas si tuleris manus ,Wenn du hoch zum Himmel die Hände hebst'. Dein einfach ländliches bescheidenes Opfer, Bäuerin Pheidyle, versöhnt die Laren, schützt den Saatboden. Die vielen und großen Rinder und Schweine in den
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Albanerbergen zu schlachten überlaß den pontifices; vgl. das Scherflein der Witwe Mk 12,41 ff. Pheidyle vielleicht redender Deckname ,die Sparsame', andernfalls eine griechische Bäuerin in den Albanerbergen. Neben I 38 das schönste Gedicht. Eine Art Protestantismus auf schlicht gegenüber dem Ansatz zu einem pompösen Staatskatholizismus der Römeroden und des Carmen saeculare. Im nächsten Gedicht III 24 kommt Horaz gar als kleiner Savonarola in seiner Rolle als reformierender vates. Intactis opulentior ,Wärst du reicher als die unberührten Schätze'. Auch der größte Reichtum vermag die Todesfurcht nicht zu bannen —8. Besser leben da die Skythen auf ihren Zigeunerwohnwagen, die cA(xaioßioi, oder die Geten. Dort herrscht auch eheliche virtus —24. Wer die Bürgerkriege beseitigen will, als „pater", muß es wagen, gegen die licentia und gegen die Habsucht vorzugehen —44. Bringen wir doch unsere Schätze in den Tempel des Jupiter auf Kapitol oder werfen wir alles ins nächste Meer. Erziehen wir die Jugend wieder rauh! Vgl. Sallustius, epistolae und Tacitus Germania. Eine genaue Parallele zu der Savonarola-Aufforderung betr. der Schätze liefert wieder dasselbe Buch, von dem Vergils ekloge 4 und epödos 16 abhängig war. Nach Orac. Sibyllina III 77 wird alle Schätze ins Meer werfen die Witwe, die die ganze Welt beherrscht, eine apokalyptische Figur der Endzeit, nach der dann der Weltuntergang folgt. III 28 Festo quid potius die Neptuni faciam? ,Was am Festtag Poseidons könnte ich Besseres tun?' Das letzte Kultgedicht in III stellt und beantwortet recht überraschend die Frage: Was tut man oder vielmehr was tue ich an den Neptunalia? Antwort wie in III 18: in die Taberna der Lyde gehn, sie wird einen Caecuber vom Jahrgang 59 v. Chr. holen, und dann werden sie beide zusammen singen, von Poseidon und den Nereiden, von Letö und Artemis, von Aphrodite und von der Nacht. Seit III 11 sind bei Lyde Fortschritte zu buchen. Dazu Altheim s. o. S. 45. Zu dem merkwürdigen Ausdruck, sich in seine virtus einwickeln III 29 vgl. Weish. Sal. 5,17-19.
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P r o p e r z und
Vergil1)
Eine Parallele zum Bisherigen und eine Art Gegenprobe ist das Verhältnis des Propertius, ebenfalls Mitglied des Maecenaskreises, zu den beiden in dem obersten Reichsstockwerk bestaD geschriebenen Autoren. Daß Tibullus in II 5 sich ganz genau an die Fortsetzung der von Vergil ekloge 4 zitierten Verse aus dem jüdischen Sibyllinenbuch III angeschlossen hat, sahen wir S 51. Properz ist in Buch I noch sichtlich antiaugusteisch, wie Vergil Katal. 3 und Horaz in epöd. 16. Es ist auch noch keine Rede davon, daß er Kallimachos und Philetäs für Rom werden will. Ab II 1 ist er Glied in dem etwas ministerial planenden Kreis des Maecenas, er pathetisiert die Kynth a-Affäre und hat die augusteische Ambition und „Einsatzbereitschaft", auch seinerseits eine literarische Gattung der Griechen zum Glanz der neuen I/iteratur herbeizutragen, wie Vergil den The9kritos, Hesiodos, Hc>meros, wie Horaz Sapphö und Alkaios, nun seinerseits die Elegie des Kallimachos und Philetäs nach Rom zu bringen. Wie Horaz knüpft er öfters gern an Vergilius an und feiert ihn in dem Schlußgedicht des II. Buches. Schon I 11,18 timetur amor nimmt Bezug auf ekl. 3, 109 quisquis amores aut metwt. I 12,13 felix qui potuit praesenti fiere quelle ist Parodie vgl. Aetna 224. Georg. II 477. Prop. II 10,25 nondum etiam Ascraeos norunt mea carmina fontes, sed modo Permessi flumine lavit Amor verglich sicherlich jeder Hörer bei Maecenas mit Verg. ekl. 6,64 tum canit, errantem Permessi ad flumina Gallum hos tibi dant calamos, en ascipe, Musae 70 Ascraeo quos ante seni Rothstein traut aber anscheinend dem Propertius nicht zu, daß 1
REISCH, Wiener
Hermes 24 1889, 1 ff.
Studien 9 1887, 120 ff.
Roth stein, Properz und Vergil,
Verschmähtes zu Vergil, Horaz und Properz
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er auch die Verse 5 f. der Theogonie von Hesiodös noch gelesen hat, in denen das Baden der Musen in 3 von Hesiod genannten, also askräischen Quellen geschildert ist. Aber warum soll man Propertius das nicht zutrauen? Also heißt nach Hesiod vai xe-rivTis ,die Musen badeten in dem Wasser der Quelle, wuschen sich schöpfend von dem Wasser der Quelle' hier flumine lavit bei Properz ,Amor badet mich noch, schöpfend aus dem Flusse Permessoü-. Die'Gegenüberstellung besagt: ich habe noch nicht absolut inspirierendes Dichterwasser getrunken, so daß ich ein Augustusepos schaffen könnte. Der mir das Musenbad verabreicht, ist immer noch Amor. Trotz II 34,77 sind mit fons Ascraeus nicht Hesiods Erga und Vergils Geörgika gemeint, sondern das Epos schlechthin, die entstehende Aeneis. Daß dafür Hesiod und nicht Homer alsri)Qerris-name genannt wird, darl man unter die antiken Zeugnisse dafür einreihen, daß HesiocL älter als Homer ist. II 30,1 Quo fugis ah demens will zweifellos Yergil ekl. 2,60, das schmerzliche Quem fugis ah demens des in Alexis verschossenen Korydön dem Leser ins Gedächtnis r.ufen. i Zu V. 21 Spargere et alterna communes caede penates fragt Rothstein mit Recht, wie sonderbar es sei, daß Propertius, der hier einem Freund vom Kriegsdienst abrät, "diesem solche für einen normalen römischen Legionär auf einem Feldzug kaum zu befürchtenden privaten Schrecknisse ausmalt. Die Erklärung gibt der ebenfalls 21. Vers in dem Liebesbuch IV der Aeneis coniugis et sparsos fraterna caede penates. Auch auf Geörgikastellen antwortet Propertius gern. III 1,9 der Prooimiontopos vom Weg, den der Dichter zurücklegen will und muß quo me Fama levat terra sublimis et a me nata(!) coronatis Musa triumphat equis ist ebenfalls in einem Vers 9 bei Vergil Geörgika III temptanda via est, qua me quoque possim tollere humo victorque virum volitare per ora.
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Prop. III 3,26 ist dieser Weg schwierig qua nova muscoso semita facta solo est. vgl. Georg. III 293 iuvat ire iugis, qua nulla priorum Castaliam molli devertitur orbita clivo. Prop. III 5,25 Bekenntnis zur friedlichen Naturforschung tum mihi naturae libeat perdiscere mores quis deus hanc mundi temperet arte domum vgl. Yergil, Aetna 224 £f. Georg. II 477 f. 490. Prop. III 9,54 ein topos der von ihm abgelehnten damaligen Kriegsdichtung Parthorum astutae tela remissa fugae vgl. Geörgika III 31 fidentemque fuga Parthum versique sagittis. Prop. III 13 das Lied von der glücklichen alten Zeit der Liebe ist stimmungsmäßig Vergil besonders nahe, V. 29 nun mixta referre lilia virgineos lucida per calathos vgl. Vergil ekl. 2,45 tibi lilia plenis ecce ferunt nymphae calathis Prop. ebd. V. 41 di deaeque omnes, quibus est tutela per agros längst anerkannt als Zitat aus Yergil Geörgika. Es huldigt dem Vers I 21 di deaeque omnes, Studium quibus arva tueri vgl. nochmals den göttertreuen Vergil Aen. VI 64 dique deaeque omnes, quibus obstitit llium. Prop. III 22 ist ein bewußtes Gegenstück zu Georg. II 136 ff. als laudes Italiae. Ins einzelne geht die Übereinstimmung in V. 27 squamoso mit Verg. Georg. II 153 squameus.
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Prop. III 24,15 ~ Georg. I 303 der landschaftliche Stimmungston
portum tetigere
carinae.
Properz hat die Entstehung der Aeneis, wie wir wissen, als teilnehmender und bewundernder Freund miterlebt. II 11,4 auferet extremi funeris atra dies spiegelt etwas Aen. YI429 wieder abstulit atra dies et funere mersit acerbo. Das 6. Buch mit der katabasis könnte für ihn spezialistische Bezugsquelle für Ausdrücke für sterben gewesen sein. So bekäme auch II 12,5 die Schilderung des Erosbildnisses etwas leicht Höllisches: idern non frustra ventosas addidit alas, fecit et humano corde volare deum, wenn der Leser dachte oder denken sollte an Aen. XII846 ff., wo die Erinnyen geschildert werden, die ihre Mutter Nyx uno eodemque tulit partu paribusque revinxit serpentum spiris ventosasque addidit alas ... apparent acuuntque metum mortalibus aegris! Eros dringt ins menschliche Herz und richtet dort Leid an, wie die Dira den schon von Tod, Krankheit, Krieg erschreckten Menschen noch Furcht dazu einflößt. Rothstein gibt Properz die Priorität, es ist ein unentscheidbarer Fall. 1127,6 Nur der Liebende weiß, daß alle Gefahren ihm nichts anhaben können: et maris et terrae caeca pericia viae. Wie fundiert würde dadurch Aen. X 57, wo Venus bei Jupiter klagend fragt, wenn Aeneas nicht zu seinem italischen Ziel kommt, wozu dann totque maris vastaeque exhausta pericula terrae? Bei einigen Stellen steht die Priorität Vergils nicht so fest. Da ist és wahrscheinlicher, daß dieser sich an den jüngeren Liebesspezialisten angeschlossen hat. Weiblicher Schönheitsreiz hat, wie man weiß, die Seelenverfassung Vergils nicht sehr in Wallung gebracht, da hat er Stützung durch literarische Muster brauchen können. Also ist Vergil bei zwei Fällen der Nehmende. Wie ungeübt in Frauendarstellung ist Aeneis I 46, wo nicht über Juno gesagt wird, sondern sie selbst sagen muß ,
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ast ego, quae divom incedo regina, Jovisque et soror et coniunx. Also ist die properzische Entsprechung, wo es von Kynthia heißt ^ ^
Fulva coma est longaeque manus, et maxima toto Corpore, et incedit vel Jove digna soror, Aut cum Dulichias Pallas spatiatur ad aras (vgl. Prop. I 13,29) das Vorbild. Den letzten Vers hat Vergil nochmals Aen. IV 62 zu Ehren von Dido benutzt aut ante ora deum pinguis spatiatur ad aras Erst hier im IV. Buch hat also der Engelreine erschlossen, daß der weibliche Gang appeal haben kann. Zwei Verse, wo das Bedauern über den frühen Tod eines Jünglings ausgesprochen ist, stehen bei Propertius in einem Beileidsgedicht an die Mutter III 7,49. Dem Ertrunkenen gebührte nicht Sturm und Schiffstau sed Thyio thalamo aut Oricia terebintho vgl. Aen. X136 und V. 61 ah miser alcyonum scopulis äffligar acutis, vgl. Aen. 145. Wer hier auf den andern anspielt, ist unentscheidbar. Klar der Nehmende ist aber Propertius im IV. Buch. Es ist nach dem Tode Vergils verfaßt und erfüllt endlich den allerhöchsten Wunsch nach einem Buch mit augusteisch-politischer Propaganda. IV 1 ist eine Art hyptáhesis der Aeneis, laut V. 4 mit Anlehnung an das Euandrosbuch VIII99. die lupa als Nährerin 38 Aen. 1275,43 Anchises auf Aeneas' Schultern nach Aen. II 708.721; 45 Deci Brutique secures nach Aen. VI 824 Decios Drusosque procul saevumque securi; 47 arma resurgentis porjtans victriciae Troiae nach Aen. 1205 tendimus in Latium... regna resurgere Troiae. Prop. IV 4 Tarpeia V. 19 arenosis Tatium proludere campis nach Aen. XII proludit harena; 27 subit primo Capitolia nvbila fumo primo fumo = 'am Abend* war sicherlich nicht geläufiger Sprachgebrauch, sondern ist Anspielung auf ekl. 1,82
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et iam summa procid villarum culmina fumant d.h. eine Stelle, die auch Horaz weithin sichtbar zitiert hatte III 6, 37f., s. S. 81. 35 et montibus addita Roma Aen. II 336 iugis hanc addidit arcem; 52 formoso substantivisch nach Kataleptön 5,7 valete, formosi. 64 sidera lapsa cadunt nach Aen. II 9 suadentque cadentia sidera somnos, vgl. YI310; 70 culpam alit Aen. IV 2 volnus alit; 71 illa ruit, qualis celerem prope Thermodonta nach Aen. XI659 quales Threicias cum fiumina Thermodontis puisant et pictis bellantur Amazones armis. IV 5 die Kupplerin warnt ihre junge Schülerin vidi ego odorati victura rosario Paesti sub matutino cocta iacere noto. Das ist Anspielung auf die Episode Gartenbau in Yergils Georg. IV 116—48 forsitan... canerem biferique rosario Paesti (125 ff.) memini me vidisse Corycium senem, cui etc. IV 6, 23 hinc Augusta ratis plenis Jovis ornine velis elegant synomym mit Aen. VIII682 parte alia ventis et dis Agrippa secundis. 85 sic noctem patera, sic ducam carminé nach Aen. IX 164 noctem custodia ducit insomnem ludo. Prop. IV 9 Cacüs V. 12 aversos caudä traxit in antra boves nach Aen. VIII210 cauda in speluncam tractos versisque viarum / indiciis; 45 vultusque meus saetaeque leonis / terrent nach Aen. VIII266 terribilis oculos voltum vülisaque saetis; 67 devota est ara repertis ebd. 271 hanc aram luco statuit; 71 sancte pater, salve nach ebd. 301 salve vera Jovis proies.
Properz undHoraz An Horaz erinnert schon im 1. Buch des Propertius das Gedicht 21. Wie bei Horaz 128 spricht ein Toter aus seinem fingierten Grabmal.
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et iam summa procid villarum culmina fumant d.h. eine Stelle, die auch Horaz weithin sichtbar zitiert hatte III 6, 37f., s. S. 81. 35 et montibus addita Roma Aen. II 336 iugis hanc addidit arcem; 52 formoso substantivisch nach Kataleptön 5,7 valete, formosi. 64 sidera lapsa cadunt nach Aen. II 9 suadentque cadentia sidera somnos, vgl. YI310; 70 culpam alit Aen. IV 2 volnus alit; 71 illa ruit, qualis celerem prope Thermodonta nach Aen. XI659 quales Threicias cum fiumina Thermodontis puisant et pictis bellantur Amazones armis. IV 5 die Kupplerin warnt ihre junge Schülerin vidi ego odorati victura rosario Paesti sub matutino cocta iacere noto. Das ist Anspielung auf die Episode Gartenbau in Yergils Georg. IV 116—48 forsitan... canerem biferique rosario Paesti (125 ff.) memini me vidisse Corycium senem, cui etc. IV 6, 23 hinc Augusta ratis plenis Jovis ornine velis elegant synomym mit Aen. VIII682 parte alia ventis et dis Agrippa secundis. 85 sic noctem patera, sic ducam carminé nach Aen. IX 164 noctem custodia ducit insomnem ludo. Prop. IV 9 Cacüs V. 12 aversos caudä traxit in antra boves nach Aen. VIII210 cauda in speluncam tractos versisque viarum / indiciis; 45 vultusque meus saetaeque leonis / terrent nach Aen. VIII266 terribilis oculos voltum vülisaque saetis; 67 devota est ara repertis ebd. 271 hanc aram luco statuit; 71 sancte pater, salve nach ebd. 301 salve vera Jovis proies.
Properz undHoraz An Horaz erinnert schon im 1. Buch des Propertius das Gedicht 21. Wie bei Horaz 128 spricht ein Toter aus seinem fingierten Grabmal.
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Deutlicher wird das Verhältnis mit dem Beginn von Buch II. In Gedicht 1,33 stehen wörtlich wie in Hör. II 12,12 die colla regum, die Hälse der fremden Könige im Triumphzug mögen beide nicht. Dieses ganze Widmungsgedicht an Maecenas ist in priamelhafter Reihung gebaut, im sichtlichen Anschluß an Hör. serm. 1 1 und carm. 11. III 1,3 f. primus ego ingredior puro de fönte
sacerdos
Itala per Graios orgia ferre choros klingt absichtlich außer an Yergil geörg. III 10 an Horaz carm. III 30,13 an Princeps Aeolium carmen ad Italos deduxisse
modos.
Dann sollen V. 18 die Musen ihn bekränzen mollia, Pegásides, date vestro serta
poetae,
genau wie der letzte Vers in des Horaz Dreibuch lauro cinge volans, Melpomene, comam. Und V. 24—40 sagt variierend dasselbe wie das ganze Exegi monumentum aere perennius des Horaz. Womit dieser aufgehört hat, fängt Propertius sein drittes Buch an. III 2, 9—13 und 16—24 den beiden negativen Priameln der großen aber vergänglichen Reichtümer entspricht bei Horaz die gleiche Figur carm. II 18,1-14. III 30,1-5. IV 8. Kalliope Prop. ITI 2,15 genau so behandelt wie Melpomene Hör. III 30. Prop. III 5,7—12 Prometheus als unvollkommener und unbedachter Menschentöpfer, wie bei Horaz 116. Aber während er bei diesem den Fehler gemacht hat, dem Menschen Zornstoff vom Löwen beizumischen, meint Properz, er habe den Menschen kriegerische Habgier eingepflanzt. Diese kleine Differenz gegenüber Horaz führt aber sofort wieder zu einem Lieblingsmotiv des Horaz: in der Unterwelt sitzen alle in gleicher Besitzlosigkeit nebeneinander. Das ist als Diatribetopos bei Properz singular, kommt aber bei Horaz so häufig vor (carm. 14,13 ff. II 3,21 ff. 14,9 ff.
Verschmähtes zu Vergil, Horaz und Properz
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18,32 ff. III 1,14 ff.), daß man sieht, der Übernehmende ist hier Properz1. Geradezu ein Horazkentön ist III 9, wiederum ein Programmgedicht. Wieder gilt es der ständig fälligen und noch immer nicht befriedigend beantworteten, Frage: wann kommt die Dichtung auf Augustus? Properz antwortet: mein Fall liegt genau wie der Fall Horaz2. Gleich der erste Vers Maecenqs eques E-trusco de sanguine regum soll natürlich Horaz carm. 11,1 evozieren Maecenqs atavis e-dite regibus. V. 7 beginnt dann ein mit einer Sentenz eröffnetes Priamel omnia non pariter rerum sunt omnibus apta, das mündet in die Entscheidung: du Maecenas bist mein Lehrmeister und Lebensleiter. Genäu so exemplifizierte das horazische Muster mit den verschiedenen Berufen in einer Priamelreihe und entscheidet sich: ich aber will Lyriker sein, und der arbiter darüber, ob das Horaz gelingt, ist auch hier Maecenas. Horazens Auswahlreihe beginnt gleich in Y. 3 Sunt quos curriculo pulverem Olympicum collegisse iuvat metaque fervidis evitata rotis palmaque nobilis ... evehit ad deos das variiert Properz V. 17 (vgl. auch III 14,7): est quibus Eleae concurrunt palma quadrigae, wobei Properz auch die palma übernimmt, die für den römischen Triumphator paßt, aber nicht für den Agönsieger in Olympia. Horaz hat dann noch V. 23 Multos castra iuvant, was Properz V. 19 variiert mit hic castrensibus utilis armis. Properz ist hier 1
F. SOLMSEN, Class. Philology 43 1948, 105 ff. — Vgl. auch WILI, Festschrift Tieche, Bern 1947, 179—90. ENK, Properz I, Leiden 1947, 14 ff. 1 Auf diese Berührung hatte ich Philologus 87 1932, 474 ff. hingewiesen. Jetzt hat MARTIN, Würzburger Jbb. 2 1947, 371 die Sache entdeckt. Prioritätsstreit sei ferne, kurz hat die Beziehung schon angemerkt TEUFFEL•SCHWABE 1 8 8 6 .
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sicher der Spätere, er war erst nach 28 in den Maecenaskreis gekommen, in dem Horaz damals schon seit 10 Jahren literarisch tonangebend war. Prop. III 23,23 i puer et citus haec ~ Hör. sat. I 10,92 (auffallend als Buchschluß) i puer atque meo citus. Dieses relativ enge Verhältnis Properzens zu Horaz hilft m. E. auch eine alte Properzfrage zu beantworten. K. Lachmann hat 1816 die Stelle II 13,25 zu radikalen Folgerungen mißbraucht, wo Propertius, wie die Elegiker so oft, das eigene Leichenbegängnis betränt ausmalt. sat mea sit magna, si tres sint pompa libelli, quos ego Persephonae maxima dona feram. Die metrische Kühnheit magna könnte man als lautexpressive dichterische Freiheit erklären: „meine drei Bücher, die soo grooß sind, bringe ich der Unterweltskönigin als Rekordgeschenk mit", aber vgl. IV 1,6 facta sine arte casä (dies wohl nach Tibull II 5,26). Lachmann hatte geschlossen: also muß diese Stelle schon zu Buch III gehören, und die Bucheinteilung ist zu ändern. Nein, die Stelle gehört zu einer Veröffentlichung, die aus drei Büchern besteht, und das sind die uns erhaltenen Properzbücher I—III. Diese sind etwa 22—21 zusammen ediert, wie die 3 Bücher Carmina des Horatius im Jahre 23, also vielleicht nach deren Vorbild. Daß Buch I als eine mon9biblos schon 32 oder 28 veröffentlicht worden war, dagegen spricht ja nichts. Daß aber das sphragisgedicht 122 für alle Ewigkeit am Buchschluß bleiben mußte, ist nicht nötig. Man sollte angesichts der beiden berühmtesten altgriechischen Sphragisfälle Pseudo-Homeros-Kynaithos, Apollonhymnos V. 172 und Theognis V. 19.237 allmählich wissen, daß eine Sphrag's nicht am Schluß stehen muß. Welches Naturgesetz steht im Wege, daß Properz Buch I, um B\ich II und III vermehrt nach Horazens Vorgang vom Jahre 23, kurze Zeit später nochmals zusammen als monobiblos herausgegeben hat? Auch in einem andern Punkt ist hier die Analogie des Theognisbuches lehrreich. Theognis rezipiert ab V. 1081 eine Reihe von
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Motiven, um von ihnen Abschied zu nehmen. Man ist nachgerade älter geworden. In Buch III der Carmina läßt Horaz immer wieder durchblicken, daß er ebenso wie sejne Freunde und Freundinnen jetzt älter geworden ist, s. Lydia III 9 und 28 verglichen mit 113 und 25. Horaz in III 14 leicht und schnell getröstet über die entgangene Neaira. III 15 die einst verführerische Chloris sollte das Feld jetzt Jüngeren überlassen. III 19 Horaz nur noch leicht interessiert für die Frau des Lykos. III 21 Wein und der Gast Messalla beide languidior. III 26 früher war ich puellis idoneor. Genau so ist auch Buch III bei Propertius ein dauerndes Abschiednehmen oder vor allem Abschiedgeben. III 25 ist für einen Liebeselegiker äußerst deutlich, Schlußstrich ziehend, roh. Auch das konnte Properz von Horaz lernen. Properzens 3 Bücher I—III sind als fortlaufende Lektüre gedacht wie die Horazischen. IV 1,67 Roma fave, date Candida omina geht auf Horaz III 1,1. Daß der Astrolog als erfolgreichen Fall seiner Praxis Y. 99 ff. die geglückte Entbindung einer Kiüara nennt, ist bestimmt mit für Horaz gesagt, der epist. 114,33 1 seine Gratiserfolge bei dieser amica und c. IY 13,22 ihren frühen Tod erwähnt. Zeitlich zwischen diese beiden Erwähnungen fällt Properzens Erinnerung daran, daß es einmal noch gut abgelaufen war. IV 2 weiß sich das Götterbild Vertumnus vor Selbstironie kaum zu lassen und sagt schließlich V. 59 stipes acernus eram. Damit zitiert es den ebenso gestimmten Priapos des Horatius sat. 18 Olim, truncus eram ficulnus, vgl. oben S. 66. IV 4,17 die Worte der reuigen Tarpeia et satis una malae potuit mors esse puellae haben ihr Vorbild an der ebenso reuigen Europa des Horaz III 27,37 . . . , . . , ' levis una mors est / virginum culpae. Von Vers 15 ab ist der Sinn: Von diesem soeben geschilderten noch kleinen altehrwürdigen Rom aus holte in normalster Weise 1 KLINGNER, Ausgabe 1939 S. 350 und 1950 S. 347 zitiert im Index nominum einen Brief 44.
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Tarpeia für Vesta Wasser. Aber ihr paßte es nicht, daß ein drückend schwerer einfachster Krug ihren Kopf belastete. Sie war sich zu gut dazu, sie taugte gar nichts. Und eine ungetreue Vestalin gar verdient 1000 Tode, vgl. V. 43. Däs etwas unpräzise et ist Folge des Horazzitierens. Properz hat die Tarpeiageschichte so umgeformt, daß sie zugleich an die „Ciris" und Horazens Galateia-Europageschichte erinnerte. IV 5 Daß die böse alte Kupplerin auch zugleich Hexe ist, überbietet die Canidiagedichte des Horaz, die ihrerseits Anspielungen auf Kosten Vergils gewesen waren, s. S. 63. IV 6,1 Sacra facit vates: sint ora faventia sacris evoziert wieder Horaz III 1,1, V. 11 den ebenfalls von Horaz carm. 131 verherrlichten Apollontempel desAugustus auf dem Palatin. 13 Caesar / dum canitur, quaeso, Jupiter ipse vaces keck wie Horatius c. 112,50 orte Saturno, tu secundo Caesare regnes. 63 wie bei Horaz c. 137,12 rettet sich nur ein einziges feindliches Schiff, das der Kleöpätra. 73 daß der Sieg von Aktion Anlaß zu einem Trinkgelage wird, nach Horaz c. I 37 Nunc est bibendum, nunc pede libero (darnach Properz V. 82 die libera signa); s. andrerseits wieder Hör. IV 15 unten S. 103, V. 41 solve metu patriam, quae nunc te vindice freta imposuit prorae publica vota tuae nimmt Horazens desiderium curaque non levis um das Staatsschiff des Augustus c. 114,17 auf. IV 8,25 armillatos colla Molossa canes und V. 49 cum subito rauci sonuerunt cardine postes: nec mora cum totas resupinat Cynthia valvas spielt scherzhaft an auf die Todesangst der Feldmaus in der Stadt bei Horaz sat. 116,111—5 cum subito ingens / valvarum strepitus... simul domus alta Molossis / personuit canibus. Die beiden Hürchen auf dem einsamen Esquilin werden verscheucht wie die horazischen Mäuse beim diebischen Mahl1. IV 9,59 di tibi dent = Hör. sat. II 3,191. i BRAKHAN, M n e m o s y n e 5 4 1926, 78.
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Z u C a r m i n a B u c h IV. 13 v. Chr. . Auch in den Erklärungen von Buch IV hat man nicht genügend berücksichtigt, daß es als Buch durchgelesen sein will. Es ist in derselben Weise gemeint wie die üblichen Gedichtbücher, es will einer Epoche aus dem Leben des Dichters, einem Kreis, in dem er sich bewegte, ein Denkmal setzen und sich mit ihm klärend auseinandersetzen. Das Buch nimmt ständig Abschied. Abschied vom Dichten, von der Liebe, und soll in manchem, wie Briefe Buch I auch einen Bericht über sein Fortschrittemachen in der Philosophie sein. Damit ist es in puncto Liebe in IV 1 noch nicht so ganz siegreich bestellt, es kommt ein überraschender Rückfall, wie bei Vergil katal. 7, s. oben S. 11. Ein jtooxöjtTCüv ist immer ein Suchender, ein Strebender, nicht gefeit gegen Rückfälle. Widerspruchsvoll scheint das Verhältnis von IV 2 zu IV 4. In IV 2 Pindarum quisquis studet aemulari ,Wer Pindar gleichzukommen trachtet', wird einem kaiserlichen Prinzen Julius Antonius geantwortet, der Horaz nahegelegt hatte, das immer noch fällige Loblied auf Augustus einmal in pindarischem Stil zu versuchen. Horatius lehnt dies ab, der Gegenstand ist zu groß für ihn, und der Stil ist zu halsbrecherisch hoch. Der Leser denkt: schade, sclrade, zumal er ja weiß, daß Horaz schon mancherlei ä la Pindar gemacht hat wie carm. 112 III 5.11.27. So ist dieser Einfall, das Pindarisieren zu verpönen, kein Hinderungsgrund, daß gleich nachher in IV 4 Qualerrt ministrum fulminis alitem ,Wie den Bringer des Blitzes den Adler' überraschend, natürlich absichtlich überraschend nun gerade ein in allem und jedem pindarisierendes Stück kommt. Seht, ich kann das auch. Und es ist nur das erste, die Gedichte 6, 14, 15 pindarisieren mindestens ebenso stark. Mit breit homerischem Gleichnis, in die chorlyrische Weise etwa von Pindar Olymp. 7,1 ff., Bakchylides 5,16 ff. umgesetzt, beginnt es. Wie einen jungen Adler, den sein Drang nach Mahlzeit und nach Kampf gegen die Schafställe oder gegen die Schlangen trieb, oder wie ein Rehzicklein einen jungen Löwen auf sich 7
D o r n a e i f f , Verschmähtes
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Fbanz Dornseiff
zukommen sieht, so sahen die Yindeliker (Gegend Augsburg) den Drusus den Krieg in die Rätischen Alpen tragen und erkannten die enorme von Augustus als Stiefvater geförderte Erbanlage der Nerones —28. Folgt chorlyrische Gnomik: Die ererbte qn)d ist entscheidend, aber jtaiöeia kann sie noch steigern —36. Das ist der Gedanke der ars poetica 408 ff., mit Polemik gegen Stellen wie Pindar Nem. 3,40. Dann kommt, wieder ganz pindarisch abschweifend, ein Lob des Geschlechtes der Nerones, d. h. der von Livia in die Familie des Augustus eingebrachten Kinder. Als chorlyrischer Mythosteil bringt er als Beispiel der