Vermögensakkumulation und wirtschaftliche Aktivität: Bemerkungen zur zeitgenössischen makroökonomischen Theorie [Reprint 2018 ed.] 9783486811728, 9783486266511


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German Pages 106 [112] Year 1981

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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Einleitung
I. Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten
II. Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung
III. Staatsdefizite und Kapitalakkumulation
IV. Portefeuillewahl und Vermögensakkumulation
Sachregister
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Vermögensakkumulation und wirtschaftliche Aktivität: Bemerkungen zur zeitgenössischen makroökonomischen Theorie [Reprint 2018 ed.]
 9783486811728, 9783486266511

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Oldenbourgs internationale Textbücher der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

Vemiögensakkumulation und wirtschaftliche Aktivität Bemerkungen zur zeitgenössischen makroökonomischen Theorie

Von

James Tobin Übersetzt von Franz Haslinger

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Titel des Originals: „Asset Accumulation

and Economic

Activity"

© James Tobin 1980. Published by Basil Blackwell, Oxford Übersetzer: Dr. Franz Haslinger, Universität Regensburg Lektor: Dipl.-Volkswirt Martin M. Weigert, München Hersteller: Rainer Hartl, München

© 1981 für die deutschsprachige Ausgabe R. Oldenbourg Verlag München Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege sowie der Speicherung und Auswertung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben auch bei auszugsweiser Verwertung vorbehalten. Werden mit schriftlicher Einwilligung des Verlages einzelne Vervielfältigungsstücke für gewerbliche Zwecke hergestellt, ist an den Verlag die nach § 54 Abs. 2 Urh.G. zu zahlende Vergütung zu entrichten, über deren Höhe der Verlag Auskunft gibt. Gesamtherstellung: Rieder, Schrobenhausen

ISBN 3-486-26651-9

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Einleitung

2

I

Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

8

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

26

III

Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

55

IV

Portefeuillewahl und Vermögensakkumulation

80

Index

105

Vorwort Im Januar 1978 hatte ich die Ehre die Yrjö Jahnsson Vorlesungen in Helsinki zu halten. Mit einigen Änderungen erscheinen sie als Kapitel I, II und IV dieses Buches. Kapitel III stellt eine leicht verbesserte Fassung der Paish-Vorlesung dar, die ich im März 1978 auf Einladung der Vereinigung der Universitätslehrer für Wirtschaftswissenschaften in York England,hielt. Diese Vorlesung wurde im Tagungsband der Vereinigung veröffentlicht und ist hier wiederabgedruckt mit der freundlichen Erlaubnis der Vereinigung. Der Grund für ihre Aufnahme hier ist der, daß sie die drei Jahnsson Vorlesungen trefflich ergänzt. Für diese Überlegungen zur gegenwärtigen makroökonomischen Theorie stehe ich beträchtlich in der geistigen Schuld von William Brainard, Willem Buiter, Pentti Kouri, Gary Smith, Laurence Weiss und Janet Yellen. Ich bin aber natürlich allein verantwortlich dafür, was ich in den Vorlesungen sagte und auf diesen Seiten veröffentliche. Die Cowles Foundation for Research in Economics in Yale hat wie immer nicht nur intellektuelle Anregungen und Hilfestellung geleistet, sondern auch Forschungsunterstützung auf jede erdenkliche Weise. Einige von den hier eingearbeiteten Forschungen wurden die National Science Foundation und vom American Council of Life Insurance unterstützt. Für die Hilfe bei der Vorbereitung der Vorlesungen für die Veröffentlichung bedanke ich mich bei Randall MgSrck, Kathly Donahoo und wie immer bei meiner unvergleichlichen Sekretärin Laura Harrison. Zum Schluß möchte ich der Yrjö Jahnsson Stiftung sowie meinen Gastgebern in Finnland sowohl für die Gelegenheit mich in ihrer angesehenen Reihe zu Wort kommen zu lassen als auch für ihre Gastfreundschaft, die sie mir und meiner Familie zuteil werden ließen, meine Wertschätzung ausdrücken.

New Haven, 4. Juli 1979.

Einleitung Die vier hier veröffentlichten Vorlesungen behandeln die makroökonomische Theorie. Gegenwärtig haben wir schwierige Zeiten für die MakroÖkonomik, sowohl für die Theorie als auch für deren Anwendung in der Politik. Unser Berufsstand ist in wesentlichen Punkten zutiefst entzweit, vor allem darüber wie die Strukturen unserer Wirtschaften erfaßt werden sollten und darüber welche politischen Maßnahmen ihre Ergebnisse verbessern könnten. Seit der Mitte der sechziger Jahre schwand der Grad an Übereinstimmung der einst durch die postkeynesia1 nische "neoklassische Synthese" bestimmt wurde, Hand in Hand mit dem Vertrauen in die stabilisierenden Kräfte aktiver fiskal- und geldpolitischer Eingriffe. Viele Beobachter, Volkswirte und Laien stellen eine Krise in der MakroÖkonomik fest. Tatsächlich lautete der Titel der mittlerweile bekannten Jahnsson Vorlesungen 1974 von Sir Hicks, wie sie sich erinnern können, 'Die Krise in der keyne2

sianischen Wirtschaftstheorie1. Aber die Meinungen bezüglich der Ursachen der Krise und mehr noch bezüglich deren Überwindung gehen weit auseinander. Eine Auffassung, die unter den Mathematikern der allgemeinen Gleichgewichtstheorie vorherrscht,besagt, daß die traditionelle makroökonomische Theorie unter dem Mangel einer sicheren mikroökonomischen Grundlage leidet. Die Verhaltensbeziehungen der Makromodeile, so sagen sie, werden nicht streng aus dem Optimierungsverhalten der einzelnen Wirtschaftssubjekte und der Räumung der Märkte,auf denen die optimierenden Wirtschaftssubjekte auftreten,hergeleitet. Kurzum, Makromodeile sehen nicht wie allgemeine Gleichgewichtsmodelle aus.

1

Der Ausdruck geht auf Paul Samuelson zurück. Siehe The Collected

Scientific

Papers

of

Paul

A.

Samuel son,

Bd.

2,

M.I.T.Press, Cambridge, Mass., 1966, S. 1111,1271,1543. 2

J.R.

H i c k s , The

Crisis

in Keynesian

Blackwell, Oxford, 1974.

Economics,

Basil

Einleitung

3

Natürlich ist es schwer sie wie allgemeine Gleichgewichtsmodelle aussehen zu lassen, ohne die Makromodeile gleichzeitig ihrer aggregativen Einfachheit, ihres institutionellen Gehalts und der Bestimmtheit ihrer Lösungen, die deren raison d'etre darstellen, zu berauben. Es ist möglich, den Makrorelationen den Anstrich einer strengen Herleitung aus der Nutzenund Gewinnmaximierung zu verleihen, indem man annimmt die Unternehmen verhielten sich im Aggregat so, als wären sie ein einziges Unternehmen, und so weiter. Da diese Vorgehensweise von einer zweifelhaften Annahme für Aggregation ausgeht, bleibt unklar, ob sie als eine wesentliche Verbesserung der Genauigkeit und Robustheit von MakrobeZiehungen angesehen werden kann, die die geschulten Gewissen der Theoretiker besänftigen könnte. Für einige wichtige makroökonomische Fragestellungen, denen ich mich in diesen Vorlesungen zuwenden möchte, ist die Annahme, daß alle Wirtschaftssubjekte gleich seien, klarerweise ungeeignet und die Unterschiede ihrer Lebensumstände und ihres Verhaltens sollten irgendwie in das Modell einfließen. Unvoreingenommene MakroÖkonomen waren sich niemals darüber im Unklaren, die Gleichungen ihrer Modelle könnten mehr sein als einfache und ungefähre Beschreibungen der verschiedenen Reaktionen einzelner Wirtschaftssubjekte mit sich ständig ändernden relativen Gewichten in den Aggregaten. Jedenfalls haben die Ärzte, die auf diese Weise die Erkrankung des Patienten diagnostiziert haben, sich selbst zwei verschiedene Heilmittel verschrieben. Die eine Gruppe behält, zumindest vorläufig, bei, was sie als grundlegende empirische Voraussetzung der keynesianischen Theorie ansieht, nämlich daß die Preise nicht ständig alle Märkte räumen. Sie nehmen daher eine Menge von nominellen Ungleichgewichtspreisen - das sind in Geldeinheiten ausgedrückte Preise für Güter und Arbeit - zu denen die Wirtschaftssubjekte alle Transaktionen durchführen können, die sie individuell tätigen wollen, als gegeben an. Bei diesen Preisen können Arbeit und andere Güter Überangeboten oder übernachgefragt werden. Sodann untersuchen sie, auf welche Weise über entsprechende Mengenbewegungen zu den gegebenen Preisen, Angebot und Nachfrage in Übereinstimmung gebracht werden. Diese Mengenbewegungen werden durch optimierende Wirtschaftssubjekte hervorgerufen, die in ihren tatsäch-

Einleitung

4

liehen Verkäufen und Käufen beschränkt sind. In gleicher Weise hat Keynes gezeigt, wie, wenn Zinssatz und Preise keinen Ausgleich von Sparen und Investieren herbeiführen können, Veränderungen des aggregierten Einkommens dies bewerkstelligen. An dieser theoretischen Entwicklung Beteiligte sind 3 4 5 Leijonhufvud , Clower , Barro und Grossman , und neuerdings eine erlesene Gruppe französischer mathematischer Ökonomen^. Edmund Ilalinvaud gab einen meisterhaften Überblick über deren Arbeiten in seinen Jahnsson Vorlesungen 1976^. Ich beabsichtige nicht sie in meinen Vorlesungen zu behandeln. Ich möchte jedoch betonen, daß sie im Falle von Überangebot an Arbeit und anderer Produktionsfaktoren den Ergebnissen der Keynesianischen Multiplikator- und IS/LM Analyse nahekommen. Den Realkasseneffekt, auf dem Barro - Grossman und Malinvaud ihre Analyse der Wirkungen einer von außen auferlegten skalaren Änderung der Geldpreise aufbauen, werde ich in der ersten Vorlesung behandeln. Die andere Mannschaft von Diagnostikern, deren bedeutendste Namen Robert Lucas, Thomas Sargent, Neil Wallace und Robert

3

4

A.

Leijonhufvud,

Volkswirtschaft

5

Keynes

und

den

Keynesianismus,

und

Statistik,

Bd.

99,

1963.

R. Barro und H. Grossman, "A General Disquilibrium Model

of

Income

März, 1971. -,

6

Über

Kiepenheuer und Witsch, Köln 1973. R. Clower, "Die Keynesianische Gegenrevolution: eine theoretische Kritik", Schweizerische Zeitschrift für

Money,

and E m p l o y m e n t " ,

Employment

and

American

Inflation,

Economic

Cambridge

Review, University

Press, Cambridge, 1976. Einige wichtige Literaturhinweise sind: E. Malinvaud und Y. Younes, "Some New Concepts for the Microeconomic Foundations of Macroeconomics," in G. Harcourt

( H r s g . ) , Microeconomic

Foundations

of

Macroeconomics,

Macmillan, New York, 1976. -, "Une Nouvelle Formulation Generale pour l'Etude des Fondements Microeconomiques de la Macroeconomic," erscheint in

Cahiers

du

Seminaire

d 'Econometrie,

C.N.R.S.

Paris

J.-M. Grandmot, G. Laroque und J. Younes, "Equilibrium with Quantity Rationing and Recontracting," Journal of Economic

Theory,

Oktober

1978.

J.-P. Benassy, "Neo-Keynesian Disequilibrium Theory in a Monetary Economy," The Review of Economic Studies,Okt.1975. 7

E. M a l i n v a u d ,

The

Theory

of

Unemployment

Basil Blackwell, Oxford, 1977.

Reconsidered,

Einleitung

5

Q

Barro sind, hat einen vollkommen anderen Kurs eingeschlagen. Sie sehen zwei verhängnisvolle Fehler in den postkeynesianischen Makromodeilen. Zum einen beklagen auch sie, daß die Wirtschaftssubjekte in diesen Modellen sich offensichtlich nicht rational verhalten. Die Betonung dieser Klage betrifft die Erwartungen(betreffend die Preise und die anderen Variablen, auf denen die Konsumenten,Arbeiter und Unternehmer ihr gegenwärtiges Verhalten gründen. In den Standardmodellen, so sagen diese Kritiker, beruhen die Erwartungen nicht auf den vollständigen Informationen, die die Wirtschaftssubjekte annahmegemäß besitzen müßten; es handelt sich vielmehr häufig um verzerrte Schätzer der künftigen Werte,die das Modell selbst erzeugen würde. Diese Mannschaft schlägt zur Behebung des Widerspruchs im Modellbau die Annahme der rationalen Erwartungen vor, Erwartungen,die bei Vorliegen stabiler Strukturen im Durchschnitt durch die Erfahrungen bestätigt werden. Zum zweiten wenden sich diese Theoretiker gegen die Voraussetzung, die Märkte würden zeitweise nicht durch Preise geräumt, einer Annahme,die die andere Mannschaft - die Analytiker von Ungleichgewichten als beschränkte Gleichgewichte - zu ihrer Arbeitsvoraussetzung machte. Die vollständige Beseitigung dieser Voraussetzung aus der kurzfristigen MakroÖkonomik ist etwa so,als würde man den Prinzen von Dänemark aus Shakesspeare1s Drama Hamlet verbannen. Das werde ich in meiner zweiten Vorlesung, die den "neuen klas8

Von den zahlreichen Aufsätzen erwähne ich hier nur: R. Lucas, "Understanding Business Cycles", in K. Brunner und A. Meitzer (Hrsg.), Stabilization of Domestic and International

Economy,

Carnegie-Rochester

Conference

Series on Public Policy, Bd. 5, North-Holland, Amsterdam, 1977. - "Econometric Testing of the Natural Rate Hypothesis", in 0 .

Eckstein

(Hrsg.),

The

Econometrics

of

Price

Deter-

mination, Washington Publications Services, Federal Reserve Board of Governors, 1972. T. Sargent und N. Wallace, "Rational Expectations and the Theory of Economic Policy," Journal of Monetary Economics, April 1976. T. Sargent, "A Classical Macroeconometric Model for the United States," Journal of Political Economy, April 1976. R. Barro, "Are Government Bonds Net Wealth?", Journal of Political Economy, November/Dezember 1974.

Einleitung

6

sischen MakroÖkonomen" gewidmet ist,ausführen; diesen Namen haben ihre Vertreter der Theorie gegeben, die die beiden Annahmen der rationalen Erwartungen und der laufender Markträumung miteinander verbindet. Die Auseinandersetzung, die diese Theorie ausgelöst hat, stellt eine Fortsetzung eines alten theoretischen Kampfes vor vierzig Jahren dar, den Keynes' Herausforderung der alten klassischen MakroÖkonomik provoziert hat. Erneut drehen sich daher die Streitfragen darum, ob und wie die Flexibilität der Geldpreise die Märkte räumt, insbesondere ob und wie die Flexibilität der Löhne und Preise ein Überangebot an Arbeit, d.h., unfreiwillige Arbeitslosigkeit, verhindert. Daher werde ich in der ersten Vorlesung den Realkasseneffekt, 9

den Keynes' klassischer Widersacher Professor A.C. Pigou ins Spiel brachte, erneut behandeln. Das wird uns, so hoffe ich, die Grundlage und den Standpunkt zur Erörterung der Herausforderung der neuen klassischen MakroÖkonomik in der zweiten und dritten Vorlesung liefern. Die zweite Vorlesung enthält eine allgemeine Kritik der neuen Lehrmeinungen. Die dritte behandelt eine ihrer besonderen Anwendungen, das sogenannte Ricardianische Äquivalenztheorem. Wie Barro es kürzlich dargestellt hat, lautet die Aussage, daß rationale Erwartungen hinsichtlich künftiger Steuern die Schuldenfinanzierung der Staatsausgaben all ihrer makroökonomischen Wirkungen beraubt. Die Ausgaben mögen einen Unterschied machen, doch es ist unerheblich, ob sie im Wege von Anleihen oder Besteuerung finanziert werden. Auch die vierte Vorlesung erfährt ihre Anregung, wenigstens teilweise, aus dem jüngsten Unbehagen über die makroökonomische Theorie, insbesondere über das weitverbreitete Hickssche IS/LM Werkzeug,so wie es häufig verwendet und interpre9

A.C. Pigou, "The Classical Stationary State," Economic Journal, Dezember 1943.

Einleitung

tiert wird. Ein Mangel dieses Werkzeugs, so wurde behauptet, sei der, daß es "die staatliche Budgetbeschränkung" nicht beachte , jene einleuchtende Tatsache, daß die Budgetdefizite entweder über die Ausgabe monetärer oder nichtmonetärer Schuldtitel finanziert werden müssen. Die Außerachtlassung dieser Identität - ein besseres Wort als Beschränkung - wird für die irreführenden, manchmal sogar verkehrten Schlußfolgerungen bezüglich der Wirkungen der Fiskalpolitik verantwortlich gemacht.^0 in der vierten Vorlesung versuche ich zu erklären, warum dieses Problem nur einen Gesichtspunkt eines allgemeinen Problems darstellt, nämlich den der Erfassung von Bestandsgrößen und von Strömen,die Bestandsgrößen verändern. Ich unterbreite einen Vorschlag,wie man dieses allgemeine Problem in den Griff bekommen kann, und werde ihn an Hand von Modellen veranschaulichen, die die Wirkung von gesamtwirtschaftlichen Maßnahmen in geschlossenen und offenen Volkswirtschaften untersuchen. Hinsichtlich der Frage, ob die verbreiteten Lösungen bezüglich der fiskalpolitischen und geldpolitischen Wirkungen sich verkehren, wenn die staatliche Budgetidentität ausdrücklich berücksichtigt wird, fällt meine Antwort im allgemeinen verneinend aus.

10

Einige der wichtigen Quellen sind: C. Christ, "A Short Run Aggregate-Demand Model of the Interdependence and Effects of Monetary and Fiscal Policies with Keynesian and Classical Interest Elasticit i e s " , American

Economic

get Restraint,"

Journal

Review,

Mai

1967.

"A Simple Macroeconomic Model with a Government Budof

Political

Economy,

Januar/

Februar 19 68. D. Ott und A. Ott, "Budget Balance and Equilibrium Income", Journal of Finance, März 1965. W. Silber, "Fiscal Policy in IS-LM Analysis", Journal of Money,

Credit,

and

Banking,

November

197o.

Die Literatur wurde kritisch aufgearbeitet von: A.Blinder und R. Solow, "Analytical Foundations of Fiscal Policy",

The

Economics

of

Public

Institution, Washington, D.C., 1974.

Finance,

Brookings

1

I Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten Keynes

und

das

Unterbeschäftigungsgleichgewicht

Versetzen wir uns in die dreißiger Jahre und die theoretische Auseinandersetzung zurück,die Keynes mit seiner 1936 veröffentlichten bilderstürmerischen Allgemeinen Theorie entzündet hat. Keynes behauptete, das Auftreten von Unterbeschäftigungsgleichgewichten erklären zu können. Die Betonung liegt auf Gleichgewicht. Denn Keynes gab sich nicht damit zufrieden, die empirische Möglichkeit oder bloß die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von unfreiwilliger Arbeitslosigkeit zu behaupten, sondern ihre beharrliche Fortdauer. Das war nach sieben Jahren weltweiter Depression und einem Jahrzehnt hoher Arbeitslosigkeit in Großbritannien übrigens keine außergewöhnliche Feststellung. In theoretischer Hinsicht ging er wesentlich weiter. Die Allgemeine Theorie, insbesondere in den drei Eingangskapiteln, leugnet die Existenz sich selbstregulierender Marktmechanismen zur Beseitigung eines Überangebotes an Arbeit und anderer Produktionsfaktoren. Außerdem wird deren Existenz in einer Wettbewerbswirtschaft geleugnet, Keynes sagt nicht, die Mechanismen würden aus Gründen fehlgeleiteter Staatsinterventionen in das Preissystem - Minimallohnfestsetzungen und ähnlichem - oder auf Grund privater Zusammenschlüsse zur Handelsbeschränkung Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände - versagen. Vielmehr fordert er die Orthodoxie auf geheiligtem Boden heraus: ihr Vertrauen, der Wettbewerb würde die Güter- und Faktorpreise so anpassen, daß Überangebote oder Übernachfragen auf allen Märkten zum Verschwinden gebracht werden. Er sagt nicht bloß, dieser Prozeß würde sehr lange Zeit in Anspruch nehmen; er behauptet, er würde überhaupt nicht zum Tragen kommen. Die

1

J. Keynes,

The

General

Theory

of

Employment,

Interest

and

Money, Macmillan, London, 1936. (dt. Übersetzung: Allgemeine

Theorie

der

Beschäftigung

des

Duneker und Humblot, München, 1936).

Zinses

und

des

Geldes,

I Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

9

Herausforderung war wohlerwogen und eindeutig. Er bezeichnete etwas unscharf, die im Irrtum befangene Orthodoxie als "klassische" Theorie und als ihren bedeutendsten Vertreter stellte er seinen eigenen Freund und Kollegen in Cambridge, den Schüler Marshalls, Professor A.C. Pigou,heraus. Pigou zögerte nicht, die Herausforderung anzunehmen. Keynes1 Beweisführung für ein Gleichgewicht mit unfreiwilliger Arbeitslosigkeit hat zwei Stränge. Der erste gibt eine Erklärung, weshalb der Preis der Arbeit - der Geldlohnsatz angesichts von Arbeitsüberangebot nicht sinkt. Der zweite erklärt ,weshalb, selbst wenn der Geldlohn sinken sollte, wie er es in einen gutfunktionierenden Wettbewerbsmarkt tun müßte, das Ergebnis keine Beschäftigungszunahme wäre. (Keynes bemerkt, die beiden Punkte könnten zusammenhängen, in dem Sinne, daß einer der Gründe für den Widerstand der Arbeiter gegen Lohnkürzungen in einem intuitiven Verständnis ihrer Zwecklosigkeit liegen könnte.). Pigous Erwiderung war in erster Linie auf den zweiten Punkt gerichtet und dieser stellt auch die vornehmliche Beschäftigung dieser Vorlesung dar. In Bezug auf den ersten Punkt argumentierte Keynes, daß Arbeitslose über keine wirksamen Möglichkeiten verfügten, ihre Bereitschaft kundzutun, auch zu einem niedrigeren Reallohn zu arbeiten. Der Geldlohn selbst wird nicht in einem Auktionsmarkt bestimmt, auf dem die Arbeitslosen gegeneinander und gegen die Beschäftigten bieten könnten. Er wird einseitig durch die Arbeitgeber oder in Ubereinkunft mit ihren Arbeitnehmern festgesetzt, ob sie nun organisiert sind oder nicht: in jedem Falle ist der Lohnsatz relativ zu den Löhnen im Konkurrenzunternehmen oder in vergleichbaren Tätigkeiten und Situationen von hauptsächlichem Interesse und nicht die Verfügbarkeit billigerer Arbeiter an den Fabriktoren. Die Sonderstellung der in Betrieben beschäftigten Arbeitskräfte, ob organisiert oder nicht, leitet sich aus dem individuellen und kollektiven Besitz firmenspezifischer Fähigkeiten und Erfahrungen ab. Diese Beobachtungen, die ich hier locker beschrieben habe, sind in hohem Maße überzeugend. Viele von ihnen wurden mitt-

10

I Erneute Überlegungen zu den

Realkaiseneffekten

2

lerweilen formalisiert , etwa in der bekannten Theorie der impliziten Verträge sowie in Anwendung der Kapitaltheorie oder der Theorie der bilateralen Monopole auf Arbeitgeber - Arbeitnehmer-Beziehungen. Wie für die Wirtschaftskrise, erklären sie, weshalb eingefahrene Lohnstrukturen - ob es sich nun um 8 oder 1o%ige jährliche Lohnsteigerungen oder einfach um nach unten starre Lohnniveaus handelt - nur allmählich durch Arbeitslosigkeit abgebaut werden. Sie sagen aber nicht, die Geldlöhne würden überhaupt nicht verändert. Dasselbe ökonomische Klima, das hohe Arbeitslosigkeit erzeugt, beeinträchtigt auch die Fähigkeit der Arbeitgeber, ihren gegenwärtigen Arbeitnehmern hohe und steigende Geldlöhne zu bezahlen. Entlassungen, Betriebsschließungen, Konkurse und die ständige Bedrohung durch derartige Übel stellt die beschäftigten Arbeiter vor die Wahl zwischen Lohnzugeständnissen und dem Verlust des Arbeitsplatzes. Die große Wirtschaftskrise wie auch die letzte schwere Rezession liefern zahllose Beispiele dafür. Keynes erster Punkt vermag daher besser die Schwierigkeiten und die Verzögerungen hervorheben,um eingefrorene Lohnniveaus oder Lohnsteigerungsmuster zum Schmelzen zu bringen, als nachzuweisen, sie würden überhaupt nicht schmelzen. Möglicherweise aus denselben Gründen hat Professor Pigou sein Abwehrfeuer auf den zweiten Punkt gerichtet.

2

M.N. Baily, "Wages and Employment Under Uncertain Demand", Review

of

Economic

Studies,

Januar

1974.

-, "On the Theory of Layoffs and Unemployment", Econometrica , Juli 1977. C. Azariadies, "Implicit Contracts and Underemployment Equilibria",

Journal

of

Political

Economy,

Dezember

1975.

/ Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

Deflation

und

aggregierte

11

Nachfrage

Keynes meinte, es gebe theoretisch überzeugende und empirisch gewichtige Umstände, in denen Kürzungen der Geldlohnsätze nicht zu einem Ansteigen der aggregierten Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen führten. Produktion und Beschäftigung würden unverändert bleiben. Die Preise würden um denselben Prozentsatz wie die Löhne sinken. Reallöhne, Gewinnspannen, tatsächlich alle realen Variablen würden unberührt bleiben. Kurzum, das reale Gleichgewicht der Wirtschaft - Arbeitslosigkeit und alles andere - ist unabhängig vom Niveau der Geldlöhne und Preise. Es ist klarerweise aber nicht unabhängig vom Reallohn. Arbeitgeber würden mehr Stellen zu einem niedrigeren Reallohn anbieten, und die Arbeiter - ob bislang beschäftigt oder arbeitslos - würden sie gerne annehmen. Doch so lange nicht eine Kürzung des Geldlohnes irgendwie die aggregierte reale Nachfrage zu steigern vermag, gibt es keinen Mechanismus,durch den die beiderseitig latent vorhandene Bereitschaft,mehr Arbeit zu einem niedrigeren Reallohn nachzufragen bzw. anzubieten - oder möglicherweise auch zum selben Reallohn aktiviert werden könnte. Dies ist die Keynesianische Sackgasse. Tatsächlich hat Keynes einen Weg aus dieser Sackgasse beschrieben, einen Mechanismus,der die Allgemeinheit,die er für ihn im ersten Teil seines großen Buches reklamierte, wesentlich einschränkte. Dieser Mechanismus, manchmal auch "Keynes-Effekt" genannt, war der folgende: Bei niedrigeren Geldlöhnen, Preisen und Einkommen, würde das Geldangebot, als reales Volumen oder in Keynes Lohneinheiten ausgedrückt, größer sein. Die Nachfrage nach Transaktionskasse wäre geringer; die überschüssigen Kassenbestände würden die Preise zinsenbringender Wertpapiere in die Höhe schrauben und die Zinssätze senken. Bei niedrigeren Zinsen wären die Realinvestitionen größer. Folglich würde die aggregierte Nachfrage , weiter verstärkt durch den Multiplikator,den Output und die Beschäftigung ausdehnen. Daher stellt eine Lohn- und Preisdeflation ein Äquivalent - ein bizarres und zweitbestes Äquivalent in Keynes' Vorstellung - zu expansiver Geldpolitik dar. Funktioniert das eine, so würde auch das andere funktionieren.

12

/ Erneute Überlegungen zu den

Realkasseneffekten

An dieser Stelle kommt die berühmte Liquiditätsfalle ins Spiel, jene Situationen der eine Zunahme der realen Geldmenge, ob nun infolge einer aktiven Intervention der Zentralnotenbank oder infolge Deflation, wirkungslos bleibt. Dies ist die Situation, in der die für die Investitionen relevanten Zinssätze bereits ihren Tiefstand erreicht haben. Die absolute Untergrenze der Nominalzinssätze ist Null, entsprechend dem Geldertrag selbst. Die tatsächliche Untergrenze, bei der die Leute indifferent sind zwischen unproduktiver Geldhaltung und dem Kauf zinsbringender Aktiva,dürfte, so dachte Keynes, etwas über Null liegen. Selbst Staatspapiere mit kurzer Laufzeit müssen einen minimalen prozentualen Gewinn»verglichen mit der Geldhaltung , abwerfen, um Transaktionskosten, unvollkommene Liquidität und Risiko abzudecken. Langfristige Zinssätze, die man als den Durchschnitt aus laufenden und erwarteten kurzfristigen ansehen kann, werden über Null gehalten durch die Erwartungen oder einfach aus Angst davor, daß die kurzfristigen Zinssätze sich in Zukunft aus dem Tief aufwärtsentwickeln werden. Wie die Geldlohnstruktur, so kann man auch diese Starrheit als ein im Grunde vorübergehendes, wenn auch praktisch lange andauerndes Ungleichgewichtsphänomen ansehen. Aber alles was Keynes tatsächlich benötigte, war eine Null-Untergrenze verbunden mit der Möglichkeit, daß der Zinssatz des Vollbeschäftigungsgleichgewichts - der Wicksellsche natürliche Zinssatz, welcher die Gleichheit der Investitionen und der Ersparnis bei Vollbeschäftigung herstellt - unterhalb von Null liegt. Dies, so scheint es, ist eine Möglichkeit die durch a priori Restriktionen in Bezug auf die Technologie und die Bedürfnisse nicht ausgeschlossen werden kann.

Der

Pigou-Effekt

Oder kann sie ausgeschlossen werden? Pigou hielt die durch die Liquiditätsfalle erreichte Sackgasse für nicht sonderlich plausibel. Aber er akzeptierte sie um der Argumentation willen und wies darauf hin, daß der Realwert des Volksvermögens in einer Deflation zunehmen würde. Geld und andere Aktiva, bewertet in Geldeinheiten,sind Teil des Volksvermögens. Bei niedrigeren Preisen liegt deren Kaufkraft höher, während der Realwert des in Gütern gehaltenen Vermögens unverändert blieb.

I Emeute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

13

Die Leute sparen,um Vermögen anzusammeln für ihren Konsum oder den ihrer Nachkommen in künftigen Perioden und für unvorhergesehene Ausgaben. Sobald der Realwert ihrer vorhandenen Aktiva zugenommen hat, werden diese Absichten besser befriedigt und sie werden ihren laufenden Konsum zu Lasten der Ersparnisse erhöhen. Dies ist der Pigou- oder "Realkasseneffekt".3 4

Pigous erster Versuch schlug fehl. Kalecki erinnerte ihn schriftlich, daß dem größten Teil der privaten Geldvermögenshaltung, einschließlich der dem Geld zuzurechnenden Bankeinlagen, direkt oder indirekt eine private Verschuldung entgegenstünde. Deflation erhöht die Schuldenlast im selben Maße wie den Realwert der Aktiva. Pigou gestand ein, daß ihm durch die Richtigstellung eine wesentlich geringere Nettobasis verbleibt. Eine Komponente ist der Teil des im Publikum befindlichen Geldbestandes,der direkt vom Staat angeboten wird: Banknoten und Münzen und deren Gegenwert in Zentralbankeneinlagen, die als Bankreserven gehalten werden, jene Quantität ,die gegenwärtig als Geldbasis oder hochwirksames Geld oder Außengeld bezeichnet wird. Eine mögliche zweite Komponente besteht aus den Beständen des Publikums an nichtmonetären, zinstragenden Staatsschuldverschreibungen. Ob diese, oder irgendein Bruchteil derselben, als Nettovermögen anzusehen sind, stellt mindestens seit Ricardo"' eine umstrittene Frage dar und die Auseinandersetzung darüber tobt noch heute.6 Ich werde darauf ausführlicher in der dritten Vorlesung eingehen. Die Frage ist, ob Steuerzahler, voraussehend, daß ihnen Steuern auferlegt werden,um eine höhere reale Staatsverschuldung abzudecken, sich selbst als ärmer in dem Ausmaß ansehen, in dem sich die Eigentümer von Schuldverschreibungen als reicher erachten. 3 4 5

6

A.C. Pigou, "The Classical Stationary State", Economic Journal, Dezember 1943. M. Kalecki, "Professor Pigou on 'The Stationary State' A Comment", Economic Journal, April 1944. D.

Ricardo,

of

Political

The

Principles

of

Political

Economy

and

Taxation, E.P. Dutton, New York, 1912, pp. 161, 198-9. R. Barro, "Are Government Bonds Net Wealth?", Journal Economy,

November/Dezember

1974.

14

/ Erneute Überlegungen zu den

Realkasseneffekten

Selbst wenn auf Grund dieser Überlegung die Staatsschulden unwirksam sind, verbleibt die Geldbasis. Und wahrscheinlich auch jene Staatsschuldverschreibungen, die in der Liquiditätsfalle zu Geldäquivalenten wurden und keinen oder einen nur geringfügigen Zinsertrag abwerfen. Leontief hat bemerkt, daß eine hinreichende Deflation der Geldlöhne und Preise es möglich machen könnte, das gesamte Bruttosozialprodukt für einen 7 Pfennig zu erwerben. Vermutlich würde dann WicksellS natürlicher Zinssatz, der die Ersparnisse und Investitionen bei Vollbeschäftigung ins Gleichgewicht bringt, im positiven Quadranten liegen und damit ein Weg aus der Keynesschen Sackgasse herausführen. Pigou vertraute auf den Einfluß des Vermögens auf Konsum und g

Ersparnis; dieser Tradition, wiederbelebt durch Patinkin, folgten die meisten Theoretiker. Darüberhinaus kann noch ein Argument von vergleichbarer Bedeutung angeführt werden, wonach eine Steigerung des Realwertes von Geldvermögen sich günstig auf die Investitionstätigkeit auswirkt. Die Portefeuille-Theorie legt nahe, daß Vermögenseigner mehr Güter oder Wertpapiere halten wollen, wenn sie sich nicht nur einem gestiegenen Wert ihres Vermögens gegenübersehen, sondern auch einem nunmehr höheren Anteil in Form von Geld. Dadurch werden sie die Effektivverzinsung von Investitionen in dauerhafte Konsum- oder Produktionsgüter relativ zu jener von Geld und Schatzwechseln oder Staatsschuldverschreibungen senken. Diese Änderung in der Zinsstruktur kann sich selbst dann günstig auf die Investitionstätigkeit auswirken, wenn die Zinsen auf mündelsichere liquide Aktiva mit festem Nennwert in der Liquiditätsfalle gefangen sind.

7

Zitiert bei P. Samuelson, in "A Brief Survey of PostKeynesian Developments",

8

Keynes'

General

Theory:

Reports

of Three Decades, Robert Lekachman, ed., St. Martin's, New York,1964, p. 333. D. Patinkin, "Price Flexibility and Full Employment", American

Economic

Review,

September

1948; und

in

Money,

Interest and Prices, 2nd ed., Harper and Row, New York, 1 965.

1 Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

15

Der Pigou-Effekt unterbricht den Zusammenhang zwischen Deflation und Geldpolitik. Keynes könnte nicht mehr behaupten, daß alles,was eine Deflation bewirken könnte, auch durch die Geldpolitik bewirkt werden kann (und mit weniger traumatischen Folgen bewirken kann). Er könnte behaupten - obgleich ich nicht denke, daß er es,der so sehr mit praktischen Geschäften überhäuft w a r , tatsächlich tat - der Pigou-Effekt einer Deflation könne gleichermaßen erreicht werden durch fiskalpolitische Maßnahmen, insbesondere über Staatsausgaben oder durch eine Steuersenkung, die durch Drucken von Geld finanziert wird. Dies würde nicht nur einen direkten fiskalischen Anreiz darstellen, sondern auch, wie Pigou 1 s Deflation,das Vermögen des Publikums erhöhen,und zwar besonders dessen monetäre Komponente. Bei einigen modernen Geistern mag sich die Frage aufdrängen, auf welche Weise in jedem dieser Fälle das Vermögen in irgendeiner wesentlichen Bedeutung ansteigen kann. Besteht nicht, von einem weiteren Gesichtswinkel aus betrachtet, das Volksvermögen aus dem realen menschlichen und nichtmenschlichen Produktionsvermögen? Dieses ist es, was ein Beobachter von außen, etwa von einem Raumschiff mit einem starken Teleskop aus, erfassen und bewerten würde. (Er und ich würden die Forderungen gegenüber dem Rest der Welt außer Acht lassen. Das Argument bezieht sich auf eine geschlossene Volkswirtschaft; Keynes bestritt nicht die traditionelle Auffassung, daß eine Deflation sich günstig auf eine kleine offene Volkswirtschaft mit fixen Wechselkursen auswirken könnte.). Wie aber kann sich ein Land reicher machen, indem es entweder Papier bedruckt oder seinen Wert dadurch erhöht, indem beim Tausch von Waren und Dienstleistungen weniger verlangt wird? Die Antwort, glaube ich, zerfällt in zwei Teile. Erstens, erweist sich die gesellschaftliche Einrichtung einer allgemein akzeptierten Währung, die den gegenwärtigen und den intertemporalen Tausch erleichtert, als sozial wertvoll sowohl für die Nation als Ganze als auch für die individuellen Besitzer. Ihr Beitrag zum Volksvermögen mag sehr wohl von ihrem Gesamtvolumen abhängen. Zweitens, handelt es sich in der zur Debatte stehenden Situation ausschließlich um einen Zusammenbruch - sei er nun lediglich vorübergehend oder dauerhaft in den internen Beziehungen,die für das Versagen verantwortlich

16

I Emeute Überlegungen zu den

Reaikasseneffekten

sind, daß das in der Wirtschaft vorhandene reale Produktivvermögen unterausgelastet bleibt. Wenn zusätzliche monetäre Aktiva den Zusammenbruch verhindern, dann entspricht das reale Volksvermögen, das sie repräsentieren, dem Wert der daraus resultierenden Ertragsströme aus Produktion und Konsum.

Irving

Fisher

über

Deflation

und

Schul den

Früher in derselben großen Depression kam ein anderer großer Ökonom, Irving Fisher, zu einer Diagnose, die zu jener von 9

Pigou genau entgegengesetzt war. Fisher dachte Reflation, nicht Deflation, wäre das Heilmittel. Er war entsetzt über die gestiegenen Belastungen, die die niedrigeren Preise den Schuldnern - Gesellschaftern, Eigentümern, Eigenheimbesitzern, Bauern - auferlegten. Schuldendruck, Zahlungsverzögerungen und Konkurse würden, seiner Auffassung zufolge, den Tiefstand der ökonomischen Aktivität intensivieren und verbreitern. Er forderte Maßnahmen - Geldmengenexpansion, Abwertung, Erhöhung der Goldpreise - zur Wiederherstellung der Güterpreise auf das Niveau vor der Depression. Für Fisher waren 1932/33 mehr noch als für Keynes 1936, steigende Preise ein unumgänglicher Schritt, nicht bloß ein zufälliges Nebenprodukt anderer Maßnahmen zur Wiederbelebung. Ich erinnere an Fishers Überlegungen nicht nur aus Yale-Patriotismus, sondern um unsere Aufmerksamkeit auf das gelegentliche "washing out" (Aufrechnung) von privaten Schulden und Krediten in der Berechnung der Basis des Pigou-Effek-ts zurückzuführen. Das Bruttovolumen dieser "inneren" Bestände war und ist von der Größenordnung her wesentlich umfassender als das Nettovolumen dieser Basis. Aggregation würde keine Rolle spielen, wenn wir sicher sein könnten, daß die marginalen Ausgabenneigungen in Bezug auf das Vermögen für Schuldner und Gläubiger dieselben wären. Wenn aber die Ausgabenneigung der Schuldner systematisch höher liegen würde, und sei es auch nur

9

I. Fisher, "The Debt Deflation Theory of Great Depressions",

Econometrica,

Oktober 1933, S. 337.

-, loo X Money, Adelphi, New York, 1936, insbesondere S. 119-34.

I Emeute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

17

geringfügig, würde der Pigou-Effekt durch diesen Fisher-Effekt überlagert. Es gibt in der Tat Gründe, dies zu erwarten oder mindestens zu vermuten. Die Bevölkerung ist nicht zufällig in Schuldner und Gläubiger verteilt. Schuldner haben aus guten Gründen geborgt, die meisten von ihnen zeigen eine hohe marginale Ausgabenneigung in Bezug auf Vermögen oder laufendes Einkommen oder in Bezug auf irgendwelche liquide Ressourcen, über die sie verfügen können. Normalerweise werden ihre Absichten sich zu verschulden durch die Verleiher rationiert; nicht bloß auf Grund von Marktunvollkommenheiten, sondern weil die Entleiher größeren Optimismus bezüglich ihrer eigenen Zukunftsaussichten und des Wertes ihrer Sicherheiten, oder eine höhere Bereitschaft, Risiken auf sich zu nehmen und insolvent zugrundezugehen, an den Tag legen, als die Verleiher für vernünftig und den Umständen entsprechend ansehen. Unternehmen als Kreditnehmer haben typischerweise eine starke Neigung dafür, physisches Kapital, dauerhafte Produktionsgüter zu besitzen. Ihre von ihnen gewünschten Portefeuilles beinhalten mehr Kapital als ihre Nettoaktiva ausmachen - sie lieben es, mit anderer Leute Geld Risiko auf sich zu nehmen. Haushaltsschuldner sind häufig junge Familien, die Wohnraum und Mobiliar erwerben, noch ehe sie ein Einkommen beziehen, um diese vollständig ausbezahlen zu können; bei gegebenen Erschwernissen für Kreditaufnahmen gegen künftige Löhne unterliegen sie Liquiditätsbeschränkungen und besitzen eine hohe marginale Konsumneigung. Deflationiert man die nominellen Preise und Löhne, dann beanspruchen die Schuldendienste einen höheren Anteil der Schuldnereinkommen und die Kürzung oder völlige Beseitigung von Gewinnausschüttungen schließt sie von einem weiteren Zugang zu Krediten aus. Konkurse und Zahlungsverzögerungen bewirken genaudasselbe und übertragen die Geldnöte der Schuldner auf ihre Gläubiger, indem sie die Zahlungsfähigkeit und Liquidität von individuellen Kreditgebern und Kreditinstituten gefährden. Kapitalgesellschaften, deren Aktienvermögen sich verringert, räumen der Wiederherstellung der Finanzstruktur einen Vor-

18

I Erneute Überlegungen zu den

Realküsseneffekten

rang gegenüber den Realinvestitionen ein. Das Absinken des realen Marktwerts ihrer Aktienbestände, hervorgerufen durch die größeren Belastungen aus ihren Krediten, übersteigt bei weitem die Gewinne der Kreditgeber. Diese Gesichtspunkte könnten unter den von Fisher angegebenen Rahmenbedingungen sehr wohl die positiven Wirkungen des gestiegenen realen Wertes der Nominalaktiva der Gläubiger überkompensieren. Diese Überlegungen treffen nicht nur auf weit zurückliegende historische Epochen zu. Man denke nur an die Zahlungsschwierigkeiten, die in den siebziger Jahren aufgetreten wären, wenn sich damals die Schuldner in Erwartung fortdauernder Inflation plötzlich mit stabilen Preisen konfrontiert gesehen hätten. Mag sein, daß Leontief recht hat, daß eine hinreichende Deflation es ermöglicht, mit den vorhandenen Münzen das gesamte Bruttosozialprodukt aufzukaufen. Sie würde aber auch die vorhandenen Schulden zu einem astronomischen Vielfachen des Bruttosozialprodukts anwachsen lassen. Kurz-

und

langfristige die

Wirkungen

aggregierte

der

Preise

auf

Nachfrage

Um beiden, Fisher und Pigou, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, scheint es mir zweckmäßig eine Unterscheidung zwischen den "langfristigen" und den "kurzfristigen" Folgen einer Deflation einzuführen. Vielleicht ist der Pigou-Effekt der ersten Gruppe, der Fisher-Effekt der zweiten zuzurechnen. Ich bin mir sicher, daß sich Pigou der Unterscheidung bewußt war, denn er überschrieb seinen letzten Beitrag zu diesem Thema "The Classical Stationary State". Seine Nachfolger waren weniger sorgfältig, indem sie vertrauensvoll die Realkasseneffekte in der kurzfristigen makroökonomischen Analyse betonten. Um den langfristigen Pigou-Effekt zu verstehen, müssen wir unsere Vorstellungskraft bemühen und ein unhistorisches "als ob" Experiment durchspielen. Man stelle sich zwei alternative Verläufe derselben Volkswirtschaft über denselben Zeitraum vor. Ein gemeinsames Merkmal der beiden Verläufe stellt der Nominalwert der Geldbasis zu jedem Zeitpunkt dar; dieser ist derselbe im Verlauf I wie im Verlauf II. Von Anfang an und für eine längere Dauer danach befinden sich beide Volkswirt-

/ Erneute Überlegungen zu den

Realkasseneffekten

19

Schäften in einer Liquiditätsfalle und leiden unter Arbeitslosigkeit. Während dieser Zeit sind die Geldlöhne und Preise in Verlauf II um 5o % niedriger als im Verlauf I, obgleich die Reallöhne, die übrigen Preise und die realen Mengen am Anfang dieselben sind. Der Zeitraum währt lang genug, so daß alle früher eingegangenen Schuldkontrakte fällig werden und zurückgezahlt oder erneuert werden mit anderen Worten, alle ausstehenden Kredite wurden unter dem sicheren Wissen über die künftigen Preise in beiden Verläufen abgeschlossen. Pigou würde sagen, Verlauf II würde eine höhere Beschäftigung und einen höheren Output aufweisen als Verlauf I und würde früher den Stand der Vollbeschäftigung erreichen. Dem stimme ich zu. Unerwartete Preisreduktionen in einem bestimmten Verlauf niedrige Preise folgen unmittelbar hohen Preisen - stellen einen gänzlich anderen Sachverhalt dar. Kontrakte, die abgeschlossen werden, wenn die Preise höher sind und höher erwartet werden, bleiben in Kraft. Fisher's Äußerungen finden hierauf Anwendung. Es dauert eine sehr lange Zeit, ehe solche Kontrakte abgezahlt sind und selbst dann wäre die Volkswirtschaft nicht dieselbe die sie wäre, wenn es die Kontrakte niemals gegeben hätte.

Preise

und

Output

in

k u r z f r i s t i g e n

Makromodellen

An dieser Stelle möchte ich auf eine etwas theoretischere Frage abschweifen. Wenn, wie ich glaube, Fisher sehr wahrscheinlich recht hatte, bezüglich der kurzfristigen Wirkungen von Bewegungen des Preisniveaus auf die aggregierte reale Nachfrage, welche Implikationen hat das für die kurzfristigen Makromodelle? Heißt das, daß sich die IS-Kurve in der r-Y Ebene nach oben verschiebt, wenn das Preisniveau im konjunkturellen Aufschwung steigt? Daß die IS-Kurve für ein gegebenes Outputniveau, z.B. am Vollbeschäftigungsniveau, in der r-p Ebene aufwärts geneigt ist? Bevor wir derartige Schlüsse ziehen, sollten wir uns daran erinnern, daß heutzutage ein kurzfristiger Preisniveaueffekt von erheblich größerer Bedeutung ist, als er es zu Fisher's Zeiten war. Das liegt an der Struktur der progressiven Besteuerung, die auf Nomina leinkommen und -gewinne bezogen ist; während der kurzen Dauer vor einer gesetzlichen Anpassung, wirkt die Tat-

20

/ Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

sache, daß das Steueraufkommen einen höheren Anteil ausmacht, in Pigou's Richtung. Aber selbst wenn der Fisher-Effekt stärker ist, und die Antworten auf die obengestellten Fragen über den Zusammenhang zwischen der IS-Kurve und dem Preisniveau bejaht werden müssen, so bedeutet das nicht, daß die IS und LMKurven gemeinsam, eher einen positiven anstatt einen negativen Zusammenhang zwischen Y und p - unter bestimmten wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen - ergeben müssen. Der Keynes-Effekt - die Tatsache, daß ein gegebenes nominelles Geldangebot einen umso geringeren Realwert besitzt, desto höher das Preisniveau ist - wirkt in der bekannten Richtung. Insbesondere bei hohem Output und Zinsniveau, weit entfernt von der Liquiditätsfalle, vermag er sehr wohl irgendwelche direkten Preisniveaueffekte auf das Vermögen und die Ausgabentätigkeit zu übertreffen. Die Krümmung der Liquiditätspräferenzkurve trägt dann zur Asymmetrie der Situation bei. Das kann insgesamt dazu führen, daß die aggregierte Nachfrage in einem positiven Zusammenhang mit dem Preisniveau bei niedrigem Niveau von Output und Zinssatz steht, aber einen negativen Zusammenhang aufweist, sobald man sich der Vollbeschäftigung nähert. Dadurch steht die Möglichkeit für mehrere Gleichgewichte offen. Die Situation läßt sich an Hand einiger Diagramme verdeutlichen. In den Abbildungen 1-3, sind die LM-und IS-Kurven für jeweils gegebene Werte des nominellen Geldbestandes M und des realen Volkseinkommens Y gezeichnet. Sie stellen jene Kombination des Zinssatzes und des Preisniveaus dar, die einerseits mit einem Geldmarktgleichgewicht und andererseits mit einem Gleichgewicht der Güternachfrage und des Angebotes vereinbar sind. Abbildung 1 zeigt die bekannte Geschichte, unter Einbeziehung des Pigou-Effekts. Die LM-Kurve ist aufwärts geneigt: der reale Geldbestand ist niedriger, wenn das Preisniveau höher ist, und es bedarf eines höheren Zinssatzes, um das Publikum dazu zu bewegen, die Transaktionen mit geringeren Kassenbeständen durchzuführen. Die IS-Kurve ist abwärts geneigt: entsprechend dem üblichen Pigou-Effekt bedeutet ein höheres Preisniveau eine geringere Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen und es ist ein niedrigerer Zinssatz vonnöten, diesen Effekt auszugleichen. Aus dem Diagramm geht auch hervor, da ß eine expansive Geldpolitik "M" die LM-Kurve nach

21

I Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

rechts verschiebt, während eine expansive Fiskalpolitik "F" die IS-Kurve nach oben verschiebt. Eine Zunahme von Y ver schiebt die LM-Kurve nach oben (höhere Geldnachfrage zu jedem gegebenen P) und die IS-Kurve nach unten (unter der Annahme, die marginale Ausgabenneigung ist kleiner als 1). Die Effekte auf p und r sind in der nebenstehenden Tabelle zusammengefaßt. Abbildungen 2 und 3 stellen einen umgekehrten Pigou-Effekt oder den Fisher-Effekt dar. Die IS-Kurve ist aufwärts geneigt, weil die Ausgaben der Schuldner, belebt durch die höheren Preise, die Ausgabeneinbußen der Gläubiger übertreffen. In Abbildung 3 ist der Effekt so groß, daß die IS-Kurve steiler ist

Abb. 1 : Üblicher Pigou-Effekt (M, Y gegeben)

Abb. 2 : Umgekehrter PigouEffekt, Fall I (M, Y gegeben)

Abb. 3 : Umgekehrter PigouEffekt, Fall II (M, Y gegeben)

p

P

r

M

+

-

F

+

+

Y

-

9

P

r

M

+

+

F

+

+

Y

-

-

P

r

M

-

-

F

-

-

Y

+

+

22

I Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

als die LM-Kurve und die komparativ-statischen Ergebnisse von Geld- und Fiskalpolitik kehren sich um. Die Abbildungen 4 und 5 sind Sonderfälle der Abbildungen 1 und 3, in ihnen ist der Keynes-Effekt eliminiert. Dies trifft zu, in der Liquiditätsfälle aber auch für den Fall einer den jeweiligen Verhältnissen angepaßten Geldpolitik, die den Zinssatz stabil zu halten vermag. Man beachte, daß in Abbildung 5, wie auch in Abbildung 3, p und Y einen positiven anstatt einen negativen Zusammenhang aufweisen. Die Abbildungen 1-5 lassen sich auf zweierlei Weise verwenden. Eine direkte Anwendung ist möglich in einer klassischen Welt mit flexiblen Preisen und einem angebotsbestimmtem realen Output Y. Eine Umkehr des Pigou-Effekts ändert einige der

Abb. 4 : Üblicher Pigou-Effekt (r, Y gegeben)

Abb. 5 : Umgekehrter PigouEffekt (r, Y gegeben)

traditionellen Ergebnisse der komparativen Statik. Eine indirekte Anwendungsmöglichkeit ergibt sich für eine keynesianische Welt mit nachfragebestimmtem Y. Dieser Fall ist in den Abbildungen 6 und 7 dargestellt. Die oberen Diagramme der Abbildungen 6 und 7 zeigen IS- und LM-Kurven in der bekannten (Y,r) Ebene. Jede Kurve unterstellt gegebene Werte für M und

I Erneute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

23

p, aber eine Schar p Q < p1 < p 2 -... Die verschiedenen IS/LMLösungen, die oben durchnurameriert sind, lassen sich übertragen ins untenstehende Diagramm, wo sie die Y° Beziehungen ergeben. In Abbildung 6 ergibt sich die zu erwartende fallende

Abb. 6

Abb. 7

Kurve, was zum Beispiel zur Folge hat, daß eine Kürzung der s Geldlöhne (dargestellt durch eine Verschiebung von Y nach unten) die Beschäftigung und den Output erhöht. In Abbildung 7 dagegen bewirkt die Umkehr des Pigou-Effekts eine Richtungsänderung von Y°, was ungewisse Auswirkungen von Geldlohnsenkungen nach sich zieht (vergleiche die Verschiebungen von Y? und Y?), u n d d i e Möglichkeit für zwei Gleichi> ) eröffnet. gewichtszustände (Y.

24

I Emeute Überlegungen zu den

Schlußfolgerungen

Realkasseneffekten

für

Theorie

und

Politik

Es gibt noch eine andere wichtige Unterscheidung zwischen den beiden vorhin auseinandergehaltenen Fällen, den "als ob" Vergleich von alternativen Preisniveaus und dem Deflationsprozeß. Eine Deflation in realer Zeit - es sei denn, sie wird durch staatliches Zutun anstatt durch Märkte bewerkstelligt - kann Erwartungen für ein Andauern der Deflation erzeugen. Nun erhöht eine erwartete Deflation die Nachfrage nach Geld, da es attraktiver relativ zu anderen Anlagen wird, insbesondere in Bezug zu Gütern und zu Wertpapieranteilen in Gütern. Dieser Effekt läuft dem Preisniveaueffekt zuwider und kann stärker sein als dieser. Ist das der Fall, dann vermag die Deflation die anfängliche Lücke der aggregierten Nachfrage, die sie ausgelöst hat, nicht zu schließen. Dann besitzt die Deflation keinen Endpunkt. Der symmetrische Fall dazu ist die Hyperinflation, in der die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sich in astronomische Höhen erhebt. Beide, Keynes und Pigou, waren sich dieses Problems als einer praktischen Tatsache bewußt, berücksichtigten es jedoch nicht als einen Teil ihrer theoretischen Überlegungen. Sie waren zu puristisch. Man erinnere sich an die zentrale Fragestellung: Besitzt eine Marktwirtschaft, nicht unterstützt durch staatliche Politik, wirksame Mechanismen um ein allgemeines Uberangebot an Arbeit und Produktionskapazität zu beseitigen? Diese Frage stellt sich bei realer Zeit und sequentiellen Prozessen. Deshalb berechtigt der statische, langfristige "Pigou-Effekt" niemanden, darauf eine positive Antwort zu geben. Das heißt nicht, daß Keynes den eher abstrakten Kampf um theoretische Prinzipien gewinnt. Er hat nicht die Existenz eines Oberangebotsgleichgewichts nachgewiesen, wenigstens nicht in

1o

J. Tobin, "Keynesian Models of Recession and Depression," American

Mai 1975.

Economic

Review,

Papers

and

Proceedings,

I Emeute Überlegungen zu den Realkasseneffekten

25

der Bedeutung des Zauberwortes"Gleichgewicht" in der klassischen oder neoklassischen Theorie, die er kritisierte. In dieser Bedeutung ist ein Gleichgewicht ein stationärer Zustand, ein Zustand, in dem die Erwartungen erfüllt sind. Eine Sequenz, in der Löhne und Preise fallen und in der die Schulden jene Schuldner in Zahlungsschwierigkeiten versetzen, die die herrschenden Löhne und Preise nicht vorhersahen, stellt keinen solchen Zustand dar. Pigou gelang es, die Verwendung von "Gleichgewicht" auf Situationen zu beschränken, in denen die Märkte sich ausgleichen und das von Keynes vorgeschlagene Gleichgewicht mit unfreiwilliger Arbeitslosigkeit fällt nicht darunter. Warum aber sollte sich Keynes um solche semantischen Fragen kümmern? Seine wichtige Botschaft war, daß Pigous Gleichgewicht nicht global stabil sein dürfte,und daß, selbst wenn es stabil wäre, Ungleichgewichte hartnäckig sein und lang andauern können. Die Kräfte, die Geldlöhne und Preise herabdrücken, wirken langsam und sind schwach ,und jene,welche eine Deflation oder Disinflation in eine höhere reale Nachfrage umsetzen, sind ungewiß. Keynes wußte auch, daß andauernde Unterproduktion und Unterauslastung der Grenzeffizienz des Kapitals schwerste Schäden zufügt. In leichten und kurzwährenden Rezessionen werden die Investitionen durch den Glauben aufrechterhalten, ein hoher Beschäftigungsstand und Prosperität wären die langfristige Norm. Sobald dieses Vertrauen zerstört ist, wie dies gegenwärtige Ereignisse erneut demonstrieren, ist es ungeheuer schwer, es wiederherzustellen. Die praktische Moral lautet daher, daß aktive Politik, im Zusammenwirken mit den Marktreaktionen, einen Teil des sozialen Mechanismus zur Erhaltung oder Wiederherstellung des Gleichgewichts ausmacht.

II Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung In der vorangegangenen Vorlesung habe ich, von einem kritischen Blickpunkt aus, die Keynes-Pigou Kontroverse aus den dreißiger Jahren nachgezeichnet. Die Kontroverse der dreißiger Jahre wird heute neu aufgerollt. Die Streitpunkte sind im Grunde dieselben. Die Teilnehmer an der Auseinandersetzung sind natürlich andere. Gerade so wie die keynesianische Revolution der damals herrschenden Orthodoxie in Wirtschaftstheorie und -politik den Kampf ansagte, sagt die Gegenrevolution gegenwärtig der keynesianischen Orthodoxie, der theoretischen und politischen, den Kampf an. Was als "die neue klassische Makroökonomie"^ bezeichnet wird, versucht die wirtschaftliche Welt auf vollkommen andere Weise zu erklären, als dies durch die postkeynesianische "neoklassische Synthese" der fünfziger und sechziger Jahre geschah, und das mit radikal verschiedenen wirtschaftspolitischen Schlußfolgerungen. Obwohl die Kampflinien an denselben Punkten errichtet wurden wie in den dreißiger Jahren, verfügen die neuen klassischen Ökonomen über modernere und wirkungsvollere Waffen. Im Wettstreit um die Meinungen der Ökonomen, Politiker und die breite Öffentlichkeit, besitzen sie den Vorteil, den die Keynesianer in den dreißiger Jahren hatten, nämlich eine jüngste Geschichte unbefriedigender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und dem allgemeinen Eindruck - zurecht oder nicht -,daß die auf gegensätzlichen Ansichten beruhenden politischen Maßnahmen und Voraussagen sich als falsch erwiesen haben. Das ist nicht die erste oder einzige intellektuelle Stellungnahme zur keynesianischen MakroÖkonomik. Eine frühere und immer noch äußerst einflußreiche Gegenrevolution stellt der Mone-

1

Siehe, zum Beispiel, die oben auf S. 5 zitierten Beiträge von Lucas, Sargent, Wallace and Barro.

II

Wirtschaftspolitik,

Erwartungen

und Stabilisierung

27

2 tarismus dar, wie er von flilton Friedman und anderen entwickelt wurde. Die gegenwärtige Bewegung stellt jedoch eine theoretisch wie politisch wesentlich umwälzende Neuerung dar und ist in vieler Hinsicht eine Alternative sowohl zum flonetarismus als auch zur keynesianischen MakroÖkonomik. Der Monetarismus von der ersten Art besagt, daß es bei der Wahl zwischen Fiskalund Geldpolitik tatsächlich nur auf das Geld ankomme; die neue klassische MakroÖkonomik dagegen sagt, daß keine gesamtwirtschaftliche Politik die reale Entwicklung der Volkswirtschaft systematisch zu beeinflussen vermag. Der Monetarismus von der ersten Art bevorzugt stabiles Geldmengenwachstum vor anderen geldpolitischen Regeln; die neue Lehre gelangt zu dem Schluß, daß jede vorhersehbare Politik dieselben realen Auswirkungen besitzt, wie irgendeine andere. Der Monetarismus von der ersten Art trat für frei bewegliche Wechselkurse ein; nach der neuen Auffassung hat das Wechselkurssystem keinen Einfluß auf die realen Ergebnisse. Der Monetarismus von der ersten Art gesteht zu, daß auch andere Schocks als jene, die durch die staatliche Politik verursacht werden, die Wirtschaft für längere Dauer von der Vollbeschäftigung oder von der "natürlichen Arbeitslosenrate" entfernen können. Er stimmte mit den Keynesianern darin überein, daß diskretionäre Politik prinzipiell wirksam sei, war jedoch gegenteiliger Auffassung hinsichtlich ihrer praktischen Notwendigkeit und Erwünschtheit. Die neue Schule leugnet Ungleichgewichte und leugnet, daß wirtschaftspolitische Maßnahmen die natürlichen Stabilisierungsmechanismen unterstützen und beschleunigen könnten. Natürlich gibt es eine Reihe von Berührungspunkten zwischen beiden Arten des Monetarismus. Aber bei Betrachtung der methodologischen und theoretischen Einstellung ist es keineswegs abwegig, wenn man feststellt, daß sich die Angriffe sowohl gegen die ältere monetaristische MakroÖkonomik als auch gegen die keynesianische MakroÖkonomik richten. 1

Die wichtigsten Hinweise dazu sind: M. Friedman

(Hrsrg.), Studies

in

the

Quantity

and

other

Theory

Money, University of Chicago Press, Chicago, 1956. -,

The

nal

of

Optimum

Quant it y of Money

Essays,

of Aldine,

Chicago, 1969. -, "A Theoretical Framework for Monetary Analysis", JourPolitical

Economy,

März/April

197o.

28

II

Wirtschaftspolitik,

Erwartungen

und

Stabilisierung

Die zwei Säulen, auf denen die neue klassische MakroÖkonomik r u h t , sind rationale

Erwar tungen

und

ständige

Markträumung.

Von diesen beiden ist es die zweite, die wie ich zeigen werde, für die weitreichenden Folgerungen dieser Auffassung verantwortlich ist. Ich werde mich kritisch mit diesen Entwicklungen der ökonomischen Theorie auseinandersetzen und deshalb sollte ich ihren Autoren meinen Respekt und meine Bewunderung ausdrücken. Ihre Neuerungen in den analytischen Techniken und ökonometrischen Methoden sind bedeutsam und es ist daher nicht überraschend, daß sie einige der hoffnungsvollsten jungen Geister unseres Berufsstandes anregen, gerade so, wie die keynesianische Theorie und die anfänglichen Versuche in der Ökonometrie meine eigene Generation angeregt haben. Die Nachdenklicheren unter ihnen erkennen darüberhinaus, daß sie vor einem gerade erst einsetzenden, gewaltigen Unterfangen stehen, das die bekannten Tatsachen über wirtschaftliche Schwankungen, auf die die keynesianischen Modelle zuzutreffen schienen, nun mit eigenen Mitteln zu erklären beabsichtigt.

Erwartungen

und

die

makroökonomische

Theor ie

Ich beginne mit einigen Bemerkungen darüber, wie man in unseren Modellen über wirtschaftliche Prozesse dem verwickelten Problem der Erfassung der nicht abreißenden Verflechtungen zwischen den laufenden und den zukünftigen Werten wirtschaftlicher Variabler gerecht werden könnte. Wir wissen zum Beispiel, daß der Preis irgendeines Gutes oder Wertpapiers heute, von seinem Preis morgen und übermorgen und überübermorgen und von anderen zukünftigen Preisen und folglich von den Bestimmungsgründen dieser Preise abhängt. Das trifft klarerweise auch für dauerhafte Güter, Stammaktien, Grund und Boden und andere natürliche Ressourcen oder auf Wertpapiere mit langer Laufzeit zu. Es trifft auch auf verderbliche Güter zu, unter der Voraussetzung, daß die Käufer und Verkäufer auf die eine oder andere Weise die Produktion oder den Konsum einer Periode für die Produktion oder den Konsum einer anderen Periode substituieren. Wie vermögen wir den Zustand der Wirtschaft heute zu erklären oder zu beschreiben oder ihren morgigen Zustand vorherzusagen, wenn wir das nicht für alle Zukunft können?

II

Wirtschaftspolitik,

Erwartungen und Stabilisierung

29

Theoretiker haben das Problem bereits vor langer Zeit wahrgenommen. Eine abstrakte Lösung, die unsichere Zukunft in die traute Enge der Walrasianischen allgemeinen Gleichgewichtstheorie einzubeziehen, wurde von Arrow und Debreu^ vorgeschlagen. Sie vergrößern einfach die Zahl der zu tauschenden Güter indem sie den Zeitpunkt und die jeweiligen Bedingungen - "die Zustände der Umwelt" - zu denen jedes Gut geliefert werden soll, genau bestimmen. Sie nehmen ferner an, jedes Wirtschaftssubjekt sei mit einem Vektor von so definierten Gütern ausgestattet und besäße eine Nutzenfunktion über derartigen Gütern. Zu Anfang der wirtschaftlichen Zeit wird alles auf einem einheitlichen Markt für diese Güter, d.h. für die jeweiligen zukünftigen Umweltbedingungen, festgelegt; die vielgepriesene Walrasianische Auktionatorin hat viel zu tun, um das Gleichgewicht zu finden, aber sie muß diese Arbeit nur ein einziges Mal verrichten. Die üblichen Annahmen, angewandt auf die erweiterte Zahl der Güter, sichern die Existenz eines Gleichgewichts und unter den üblichen Vorbehalten seine Optimalität. Sobald sämtliche Verträge abgeschlossen sind, erschöpft sich das ökonomische Leben einfach in der Routinetätigkeit, die Verträge zu den vereinbarten Zeitpunkten und bei Eintritt der jeweiligen Umweltbedingungen zu erfüllen. Den Dienst, den uns die Autoren mit dieser genialen Konstruktion erwiesen haben, ist der, gezeigt zu haben, wie unmöglich es für die Wirtschaft und die Wirtschaftswissenschaftler ist, die Zukunft in den Griff zu bekommen. In ihrer Konstruktion muß die Zahl der Güter - und somit auch die der Umweltbe4 dingungen und Lieferzeitpunkte - bekannt sein. Die Wirtschafts-

3

4

K. Arrow, "Le role de Valeurs Boursières pour la Repartition la Meilleure de Risques", Econometrie, Paris, Centre National de la Recherche Scientifique, 1953. G. Debreu, Theory of Value, Wiley, New York, 1959. Für eine Erweiterung des ursprünglichen endlichen Modells auf unendliche Räume siehe: T. Bewley, "Equilibrium Theory with an Infinite-dimensional Commodity Space", Ph.D. Dissertation, University of California at Berkeley, 197o. - "Existence of Equilibria in Economies with Infinitely Many Commodities", Journal of Economic Theory, Juni 1972. - "Equality of the Core and the Set of Equilibria in Economics with Infinitely Many Commodities and a Continuu m of A g e n t s " ,

International

Economic

Review,

Juni

1973.

30

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisieruni

Subjekte müssen unsterblich sein oder für bzw.durch die Ungeborenen müssen auf irgend eine Weise Verpflichtungen eingegangen werden. Die Zustände der Umwelt müssen so definiert werden, daß die Wirtschaftssubjekte keinerlei Möglichkeiten besitzen, ihr Eintreten oder Nichteintreten zu beeinflussen das Problem des moralischen Risikos. Es sind in jedem Falle zu viele Güter unumgänglich, um den Glauben in die Gültigkeit der erforderlichen Annahmen des Vorhandenseins all ihrer Märkte und des vollkommenen Wettbewerbs, aufrechtzuerhalten. Man führe sich nur die geringe Zahl von Zukunftsmärkten, von bedingten Zukunftsmärkten ganz zu schweigen, selbst in hochentwickelten Volkswirtschaften vor Augen. Wir leben offensichtlich nicht in einer Arrow-Debreu Welt. Die Theorie der rationalen Erwartungen kann als ein Versuch angesehen werden, das Problem, das die Arrow-Debreu Konstruktion motivierte, zu überwinden und sich der Arrow-Debreu Lösung anzunähern,ohne eine unrealistisch große Anzahl von Märkten zum Abschluß bedingter zukünftiger Lieferverpflichtungen voraussetzen zu müssen. In der Wirtschaftstheorie wurde die Erfüllung von Erwartungen - Punkterwartungen oder geschätzte Wahrscheinlichkeitsverteilungen, auf denen sich das Marktverhalten gründet immer als eine Gleichgewichtsbedingung für stationäre Zustände gefordert. Anders ausgedrückt besagt diese Bedingung, daß die Wirtschaftssubjekte erwarten, was tatsächlich geschieht. Sicherlich wäre es unsinnig, einen stabilen Zustand festzulegen, in dem die Wirtschaftssubjekte nicht mehr aus der Erfahrung lernen und beharrlich auf der Grundlage von Vorhersagen planen, die sich als falsch erweisen. Rationalität von Erwartungen in diesem eingeschränkten Sinne ist nichts Neues. Noch ist es erforderlich, irgendeinen bestimmten Prozeß der Erwartungsbildung anzunehmen. Die Vorstellung, die Wirtschaftssubjekte kennen und lösen das Modell der Wirtschaft, genügt diesem Erfordernis. Diesem genügen aber auch adaptive oder regressive Regeln.

II Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

31

Die keynesianische Theorie war in ihrer ursprünglichen Formulierung in diesem Punkt offen für die Kritik. Zum Beispiel ging das "Spekulationsmotiv" für die Liquiditätspräferenz davon aus, daß die langfristigen Zinssätze durch die Erwartungen hochgehalten, daß aber die kurzfristigen Zinsen auf ihr Nominalniveau zurückkehren werden. Obwohl sie möglicherweise realistisch ist, war diese Erklärung unvereinbar mit einem Gleichgewicht, das stabile kurzfristige Zinssätze und stabile Werte der Grenzeffizienz des Kapitals implizierte. Das ist, nebenbei gesagt, der Grund, warum ich eine alternative Theorie der Liquiditätspräferenz vorschlug, die keinen Widerspruch zwischen tatsächlichen und erwarteten Zinssätzen aufweist.^ Außerhalb von stabilen Zuständen ist die Bedeutung konsistenter oder rationaler Erwartungen wesentlich weniger klar. Die beobachteten Ergebnisse stellen keine Stichprobe von Beobachtungen aus einer stationären Wahrscheinlichkeitsverteilung für die Werte der Variablen dar. Sie stellen nicht einmal eine Stichprobe wiederholbarer Beobachtungen der Struktur dar, die die Ergebnisse erzeugte. Selbst wenn die Struktur stabil ist, einer Tatsache, der sich weder Modellbauer noch Ökonometriker noch die Wirtschaftssubjekte der realen Welt sicher sein können, werden die Beobachtungen von exogenen Schocks überlagert, die schwierig zu identifizieren sind. Schocks können durch die Politik oder andere exogene Ereignisse hervorgerufen werden. Die Schatten der Zukunft und der Zukunft dieser Zukunft beeinflussen ebenfalls die Ergebnisse. Selbst wenn die Wirtschaftssubjekte in der Volkswirtschaft an das Modell selbst glauben, was ein Modellbauer annehmen kann, so vermag diese Übereinstimmung keinesfalls sicherzustellen, daß die Wirtschaftssubjekte einer Meinung sind hinsichtlich der Ursachen und Wahrscheinlichkeiten des Eintretens von verschiedenen künftigen Schocks. Arrow-Debreu

5

J. Tobin, "Liquidity Preference as Behavior Toward Risk", Review

of

Economic

Studies,

Februar

1958.

32

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

Märkte setzen die Übereinstimmung der individuellen Pläne für künftige zufällige Ereignisse durch. Kein Prozeß der Erwartungsbildung vermag eine gleichwertige Koordination zu erreichen. Wirtschaftstheoretiker haben sich so daran gewöhnt, in ihren Gleichungen Symbole für erwartete künftige Variablenwerte zu schreiben, daß sie den Symbolen einen greifbaren Realitätsgehalt zuschreiben, den sie nicht besitzen. Der Kassapreis eines genau bestimmten Gutes, etwa einer Tube Zahnpasta einer bestimmten Marke in einem bestimmten Laden an einem bestimmten Tag, hat zumindest im Prinzip einen eindeutig feststellbaren Wert. Auf den Erwartungswert dieses Preises in einem Monat, einem Jahr oder in zehn Jahren in der Zukunft trifft das nicht zu. Jedes Individuum kann eine subjektive Wahrscheinlichkeitsverteilung für diese Variable haben. Der Mittelwert der so verteilten Zufallsvariablen wird vermutlich existieren, doch die a priori Verteilung kann über einem weiten Bereich so flach verlaufen, daß der Mittelwert keinerlei Aussagekraft besitzt. Aber es gibt viele Individuen und daher keinen Grund zu der Erwartung,ihre Wahrscheinlichkeitsverteilungen oder ihre Erwartungswerte könnten übereinstimmen. Theoretiker können annehmen, eine Verschiedenheit sei unmöglich, weil rationale Menschen,die über dieselbe Information verfügen, zu denselben Schlußfolgerungen gelangen müssen. Es gibt eine Fülle von Belegen dafür, daß Erwartungen streuen; vielleicht deutet das auf Irrationalität hin, vielleicht auf Informationsunterschiede, vielleicht auf eine falsche Annahme der Theoretiker. In jedem Falle stehen wir vor einem schwierigen Problem. Wessen Erwartung oder welche Kombination unterschiedlicher Erwartungen wird durch das eine Symbol im Modell abgebildet? Die Frage ist keine bloße Haarspalterei. Transaktionen - wenn schon nicht von Zahnpasta, dann sicherlich von Finanzierungsmittel - erfolgen hauptsächlich auf Grund von Meinungsunterschieden. Daraus folgt, daß es die Erwartungen der Grenzkäufer und -Verkäufer sind, die bei der Bestimmung der Preise auf Kassa- und Terminmärkten zählen. Ein passendes amerikanisches Sprichwort lautet: "Man braucht Meinungsunterschiede,

//

Wirtschaftspolitik,

Erwartungen und Stabilisierung

33

um Pferderennen zu veranstalten", d.h., andernfalls gäbe es keine Wetten. Von Tag zu Tag oder von Jahr zu Jahr sind aber die marginalen Transaktionen nicht immer dieselben und diese verkörpern nicht notwendigerweise den Meinungsquerschnitt der Marktteilnehmer und der Nichtteilnehmer Es ist eine beunruhigende Eigenschaft aggregierter Modelle, die einheitliche Erwartungen unterstellen, daß sie nicht erklären, warum überhaupt Transaktionen von vorhandenen Vermögenstitel stattfinden. Rationale Erwartungen, wie sie in diesen Modellen verstanden werden, unterstellen ferner, daß das für das Verhalten eines Wirtschaftssubjekts relevante Moment der Wahrscheinlichkeitsverteilung das arithmetische Mittel ist. Die wesentliche Botschaft früherer theoretischer Überlegung über Entscheidungen unter Unsicherheit ist jedoch die, daß es sich dabei normalerweise um keine optimale Strategie handelt. Für die Entscheidungseinheiten gibt es im allgemeinen keine lineare marginale Beziehung zwischen zukünftigen Marktpreisen oder anderen Zufallsvariablen und den Auszahlungen, gemessen in Nutzeneinheiten oder Geldbeträgen. Wenn es ein Sicherheitsäquivalent gibt, das die Rolle einer einwertigen Variablen zur Beschreibung des Verhaltens in Bezug auf eine unsichere Zukunftsvariable einnimmt, dann ist das nicht notwendigerweise der Mittelwert. Erneut weisen die Individuen zweifelsohne erhebliche Unterschiede in diesen Hinsichten auf, z.B. was den Grad der Risikoabneigung betrifft, selbst wenn ihre subjektiven Schätzungen der Wahrscheinlichkeiten übereinstimmen sollten. Auch diese Unterschiede vermögen Transaktionen zu begründen, die ansonsten unerklärbar wären, wie beispielsweise Versicherungskontrakte mit, vom versicherungsmathematischen Standpunkt aus gesehen, überhöhten Prämien. Eine wichtige und schwer erfaßbare Quelle von Unsicherheit stellt die UnVorhersagbarkeit der künftigen Erwartungen anderer Wirtschaftssubjekte dar. Es scheint grundsätzlich unmöglich zu sein, rationale Erwartungen über deren Erwartungen zu entwickeln. Ihre Erwartungen können in entscheidendem Maße den künftigen Wert meiner Vermögensbestände bestimmen, vielleicht gerade in dem Augenblick, in dem ich mein Vermögen zu konsumieren gezwungen bin. Man betrachte zum Beispiel Vermögenswerte - ob nun Papiere oder reale - mit einer längeren

34

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

Laufzeit als der Lebenserwartung eines Investors entspricht. Jede Generation muß derartige Vermögenswerte zur Altersvorsorge akkumulieren. Diese Vermögenswerte müssen selbst nicht genießbar oder sonstwie konsumierbar sein; ihre Kaufkraft für den Pensionär hängt von den Preisen ab,die die nächste Generation für sie zu zahlen bereit sind. Deren Preise hängen wiederum, unter anderem, von den Preisen ab,von dem die Nachkommen erwarten, daß sie ihre Nachkommen zahlen werden. Und so fort, ad i n f i n i t u m . Für bestimmte Wertaufbewahrungsmittel - Gold, Kunstwerke, seltene Münzen, Schweizer-Franken - gibt es keinen feststehenden Wert, nur einen unendlichen Regreß von Erwartungen. Selbst reproduzierbare Vermögenswerte wie dauerhafte Güter, oder Vermögenswerte wie Grund und Boden, oder Wertpapiere, die eine marktabhängige Verzinsung abwerfen, sind von spekulativen Bewertungen abhängig. Eine von Keynes vielen Einsichten bestand in der Wahrnehmung dieser grundlegenden Unbestimmtheiten. Seine Aktienmarktparabel® über eine Schönheitskonkurrenz, deren Preis jener Bewerberin zuerkannt wird, deren Urteil dem der anderen Bewerberinnen am nächsten kommt, stellt eine eindrucksvolle Veranschaulichung dieses Sachverhalts dar. Wichtiger vielleicht noch war seine nachdrückliche Betonung, die Grenzeffizienz des Kapitals wäre in gleichem Maße von psychologischen wie von technologischen Faktoren abhängig. Die Überzeugungen der Unternehmer, so meinte er, seien letzten Endes wenigstens teilweise eine autonome Bestimmungsgröße für die Investitionen und für die wirtschaftliche Aktivität, und kein Zustand, der sich vollständig aus den laufenden und vergangenen wirtschaftlichen Bedingungen herleiten ließe. Im gegenwärtigen Zusammenhang würde er sagen, sie eignen sich nicht für eine Beschreibung als rationale Erwartungen. Die Vertreter der rationalen Erwartungen leiten die Erwartungen in der empirischen Praxis selten in der Form her, wie es ihre methodologischen Grundsätze fordern. Außer in einfachsten Modellen, ist es in der Tat äußerst schwierig, jene Pfade zu bestimmen, entlang derer die Erwartungen, gebildet aus

6

General Theory, S. 156.

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

35

der Lösung des Modells selbst, sich bestätigen. Die beliebte Abkürzung stellt die Autoregression dar - man prognostiziere und nehme an, die Wirtschaftssubjekte prognostizierten eine Variable durch Regression ihres laufenden Wertes mit ihren eigenen verzögerten Werten. Da diese Art der Berechnung keinen Gebrauch von der strukturellen Verflechtung der Variablen des Modells macht, handelt es sich um ein ad-hoc Verfahren, dessen Überlegenheit gegenüber anderen ein-Variablen ad hoc Verfahren keineswegs unmittelbar einleuchtet. Ich äußere diese Kritik nicht, um nachzuweisen, daß die gebräuchliche Behandlung von Erwartungen in Makromodellen, theoretischen oder ökonometrischen, ausreichend oder den Methoden der "rationalen Erwartungen" überlegen wäre • Ich vermute, das Gegenteil trifft zu. Meine Schlußfolgerung ist stattdessen diese: Alle Volkswirte unter uns sollten den vorhandenen Daten über Erwartungen und den Ursachen der Erwartungsbildung größere Aufmerksamkeit zuwenden und weniger den eigenen Annahmen darüber, was sie sind, wie sie sind oder wie sie gebildet werden sollten. Die Theoretiker der rationalen Erwartungen haben zurecht unser Bewußtsein für die Mängel in der Modellierung von Erwartungen wachgerufen. Aber sie haben viel zu viel zu ihrer Überwindung behauptet, gemessen an den dem Problem innewohnenden Schwierigkeiten.

Endogene

Erwartung

und

die

Wirksamkeit

der

Politik

Die überraschendsten Aussagen der Schule der "rationalen Erwartungen" betreffen wahrscheinlich die Wirkungen von Erwar7

tungen auf die Politik.

Einige der Punkte sind, das ist wahr,

weder kontrovers noch neu. Dazu gehört, zum Beispiel, die allgemeine Beobachtung, daß die erwartete Dauer einer Steuer, 7

R. Lucas, "Econometric Policy Evaluation: A Critique", in: K.

B r u n n e r und A . M e l t z e r ,

The

Phillips

Curve

and

Labor

Markets, Carnegie-Rochester Conference Series on Public Policy, Vol. 1, North-Holland, Amsterdam, 1976.

36

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

einer Steuerkürzung oder eines Steuerkredits, dessen ökonomische Auswirkungen beeinflußt. Ein wesentlich allgemeinerer, wichtiger Punkt ist der, daß die Struktur des wirtschaftlichen Verhaltens, einschließlich der Reaktionen auf politische Maßnahmen, von den Erwartungen über politische Maßnahmen abhängig ist. Schätzungen oder Beschreibungen der Struktur, die aus Beobachtungen während der Herrschaft einer bestimmten Regierung gewonnen wurden, werden unbrauchbar, wenn sich der modus operandi und die Ziele der Politiker geändert haben. Wirtschaftspolitische Multiplikatoren,berechnet aus der veralteten Struktur, erweisen sich, zur Verwirrung der ökonometriker und zum Schrecken der Politiker, als unanwendbar unter der neuen Regierung.

Verschiedene Beispiele lassen sich dazu angeben: Die statistischen Regelmäßigkeiten, die man zwischen Arbeitslosen- und Inflationsrate in Phillips-Kurven vor 1966 beobachtete, hörten auf zu bestehen,als die Wirtschaftspolitik versuchte, ob zweckmäßig oder nicht, eine geringere Arbeitslosigkeit bei einem prognostizierten Anwachsen der Inflation anzustreben. Das ist das Lieblingsbeispiel der Schule. Ein weiteres Beispiel ist dies: Die statistischen Regelmäßigkeiten, die man zwischen dem Bestand an Geld und den Gesamtausgaben beobachtete, in einer Zeit beobachtete, als die Währungsbehörden sich hauptsächlich an den Zinssätzen und den Kreditbedingungen und weniger an monetären Aggregaten orientierten, wurden weniger verläßlich, als die Behörden Monetaristen zu werden - und die Regelmäßigkeit nutzbar zu machen begannen. Das ist kein Lieblingsbeispiel der Schule. Etwas breiter dargestellt, das Verhalten von Unternehmensinvestoren und anderen Wirtschaftssubjekten in der Mitte der sechziger Jahre war, als sie davon ausgingen, aktive Makropolitik würde die Wirtschaft auf einem hohen Beschäftigungsniveau und auf einem stabilen realen Wachstumspfad halten, grundlegend verschieden von dem Verhalten davor. Es ist aus demselben Grund auch verschieden von dem gegenwärtigen Verhalten, wo sie wahrnehmen, daß inflationsbekämpfende Maßnahmen vorrangig geworden sind. 8

g

M.N. Baily, "Stabilization Policy and Private Economic Behavior",

Brookings

Papers

on

Economic

Activity,

1:1978.

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

37

Die stärkere und wesentlich umstrittenere Aussage ist die, daß erwartet und einsichtige staatliche Maßnahmen keine realen Auswirkungen besitzen, weil die optimierenden privaten Wirtschaftssubjekte sie unterlaufen, um in den von ihnen vorgezogenen Positionen verbleiben zu können. Als allgemeine Aussage ist sie unrichtig. Ich mag bei einer Schacheröffnung, zum Beispiel, genau die Folge der Gegenzüge meines Partners vorhersehen; das beraubt sie keineswegs ihrer Wirkung.

Man kann sich Fälle ausdenken, auf die die Aussage zutrifft. Die Stadtverwaltung schafft Parkplätze im Geschäftsviertel und erhebt Gebühren; Kaufleute und private Unternehmer stellen einfach weniger Parkplätze zur Verfügung. Es ist aber erheblich einfacher, sich Fälle auszudenken, auf die sie nicht zutrifft, wo staatlicher Konsum oder staatliche Investitionen keinen vollkommenen Ersatz für private Güter darstellen oder Güter in größeren Mengen bereitgestellt werden,als der Markt besitzt oder zu produzieren bereit ist, oder wo das Programm zusammen mit seiner Finanzierung umverteilende und allokative Zielsetzungen verfolgt. Dies sind klarerweise nicht die Arten gesamtwirtschaftlicher Maßnahmen, auf die sich die Aussage bezieht.

In Bezug auf die Fiskalpolitik, betrifft das Argument die Wirksamkeit, die günstige oder ungünstige,des Ersatzes von Steuern durch Anleihefinanzierung. Die Frage ist, ob dadurch etwas von der privaten Nettoersparnis aufgesogen wird. Ein altes, Ricardo zugeschriebenes Argument, das nun unter der Fahne der rationalen Erwartungen wiederbelebt wurde, lautet, 9 daß die Steuern lediglich aufgeschoben werden. Der private Sektor fühlt sich nicht reicher durch den Erwerb von Anleihen, deren Zinsen und Kapitalwert gerade ausreichen, um die Steuern, die ihm aufgelastet werden, zu zahlen, um damit die Kapitaldienste zu finanzieren. Die "neoricardianische" Behauptung vernachlässigt einige mögliche reale Auswirkungen: Steuerzahler und Wertpapierhalter sind nicht gleich in ihrem Verhalten;

9

R. Barro, "Are Government Bonds Net Wealth?", Journal of Political

Economy,

November/Dezember

1974.

38

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

liquiditätsbeschränkte Steuerzahler werden erfreut sein, ihre Steuerlast zum staatlichen Leihzins aufgeschoben zu sehen: Steuern werden nicht pauschal erhoben, sondern besitzen wohlbekannte Allokationsanreize und -hemmnisse; die Ungewißheiten heiten bezüglich des Ausmaßes der Steuerbelastungen bewirken, daß sie mit einem unterschiedlichen, möglicherweise höheren, Zinssatz diskontiert werden, als den künftigen Zahlungen an die Anleiheeigner entspricht; Bürger, die keine Nachkommen erwarten oder sich nicht um das Wohlergehen künftiger Generationen kümmern, werden froh sein über den SteueraufSchub. Dieser Problemkreis wird ausführlicher in der nächsten Vorlesung behandelt. Aber lassen Sie uns zum Geld zurückkehren. Hier scheint die Beweisführung stärker zu sein. Vielleicht ist die beabsichtigte Aussage die, daß nur, wenn der Staat etwas reales unternimmt, sich reale Auswirkungen einstellen können. Geld ist nicht real. Folglich können die Leute in den von ihnen vorgezogenen realen Positionen verbleiben, wieviel Geld der Staat auch immer anbietet, einfach durch proportionale Aufwertung aller Geldpreise, bei unverändert bleibenden relativen Preisen. Ist es nicht das, was sie via private Märkte tun werden? Ist es nicht das, was sie tun werden bei gleichzeitigem Zuwachs des Geldangebotes, wenn sie es richterweise vorhersehen? Es gibt zwei Trugschlüsse in einer bejahenden Antwort auf diese Fragen. Der bedeutsamere betrifft die Wirkungen einer vorhersehbaren Erhöhung der Wachstumsrate des Geldangebotes. Angenommen diese bringt tatsächlich Erwartungen einer vergleichsweise höheren Inflation der Preise mit sich. Das ist eine reale Veränderung. Die reale Ertragsrate wenigstens eines Vermögenstitels (Geld) hat sich verringert und dies übt auf jeden Fall einen Einfluß auf andere Realzinsen und über diese auf die relativen Preise und Mengen aus. Der zweite bezieht sich auf eine einmalige Geldzufuhr und betrifft die Art, wie sie zustande kommt. Angenommen, es handelt sich um Basisgeld das gedruckt wurde, um eine staatliche Nachfrage nach Gütern oder Steuerkürzungen oder den Rückkauf oder die Einlösung von Staatsanleihen zu finanzieren. Alle diese Verwendungen besitzen reale Auswirkungen, wie das auch Änderungen im Vermögen der Privaten oder dessen Zusammensetzung

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

39

als Ergebnis von Transaktionen immer tun. Wenn es sich um Giralgeld handelt, gelten dieselben Bemerkungen für die Transaktionen, die die Zentralbank und die Geschäftsbanken durchführen müssen, um es zu schaffen. Die einzig neutrale Art um eine Änderung der Geldmenge - neutral, ob sie nun antizipiert wird oder nicht - zu erwirken, ist trivial, sie liegt in der Verordnung einer Maßstabsänderung in der Verrechnungseinheit, die alte Francs in Centimes, und einhundert alte Francs in einen neuen Francs verwandelt. Das ist trivial und neutral, da sie sich nicht bloß auf die Währung allein bezieht, sondern auch auf alle Vermögenswerte und Schulden, die in der Verrechnungseinheit ausgedrückt sind.

Laufende

Markträumung:

das

Kernproblem

Der große Ökonom, politische Theoretiker und Sozialwissenschaftler Joseph Schumpeter, mein Lehrer, pflegte zu sagen, Leon Walras^° gab den Wirtschaftswissenschaften ihre magna Charta. Das bezog sich auf seine Beweisführung, daß die Wirtschaft als Lösung eines Systems simultaner markträumender Gleichungen von der gleichen Zahl ,wie "unbekannte" Preise vorhanden sind, angesehen werden kann. Walras Vision hat sich tatsächlich als leistungsfähig erwiesen. In den Händen nachfolgender Theoretiker wurde sie verfeinert und präzisiert. Zusammen mit der Annahme, daß Käufer und Verkäufer zu Marktpreisen optimieren, liefert sie normative wie auch erklärende Einsichten. Schumpeter selbst sah im Walrasianischen Gleichgewicht nur einen Referenzpunkt für die destabilisierenden Entwicklungen, die er als die wesentliche Geschichte des Kapitalismus ansah. Wie dem auch immer sei, die zeitgenössischen klassischen Theoretiker sind verwegener als ihre Vorfahren, wenn sie annehmen, 10

11

L. W a l r a s ,

Éléments

d'Économie

Politique

Pure:

on

Théorie

Oxford

Uni-

de la Richesse Sociale, Libraire Générale de Droit et de Jurisprudence, Paris, 1952 ( 1 st.ed.,1874) . J.

Schumpeter,

History

of

Economic

Analysis,

versity Press, New York, 1954, S. 242.

40

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

die ökonomische Welt könne mit Hilfe von ständig sich räumenden Wettbewerbsmärkten beschrieben werden, deren Angebote und Nachfragen sich aus Nutzen- und Gewinnmaximierung ableiten lassen. Diese Aufwallung von Vertrauen läßt sich, soweit ich sehen kann, nicht durch neue empirische Evidenz zugunsten dieser Annahme, stützen. Sie beruht vielmehr auf dem Gefühl, das Modell sei "das einzige Spielzeug in der Stadt". Mit anderen Worten, wenn du deine Brieftasche in der Nacht auf der Straße verloren hast, such danach unter der Straßenlaterne. Ältere Theoretiker, selbst Pigou, waren da sorgfältiger. VJiewohl sie glaubten, es gäbe starke Tendenzen hin zu einem Walrasianischen Gleichgewicht, erwarteten sie nicht, daß die Märkte gleichzeitig und in jedem Moment geräumt wären. Sie waren bereit zuzugeben, daß das System sich normalerweise im Ungleichgewicht, vielleicht auf dem Wege von einer Walrasianischen Lösung zur anderen, befände. Sie dachten nicht, daß die Wirtschaftstheorie dem Anpassungsverhalten der Individuen und der Märkte außerhalb des Gleichgewichts sehr erkenntnisfördernde Beschränkungen auferlegen könnte. Demgegenüber steht die neue neoklassische Makroökononomie, deren Dynamik eine des sich bewegenden Gleichgewichts und nicht eine der Ungleichgewichtsanpassung ist.

Wir müssen uns daher selbst vor Augen führen, welch schwerwiegendes Muster an Leichtgläubigkeit die wortwörtliche Anwendung der Markträumungsidee darstellt. Die Walrasianische Auktionatorin ist ein großer Mythos; ich betone beide Worte. Sie muß alle Nachfrage- und Angebotsfunktionen für die m Güter und die n Wirtschaftssubjekte erheben. Sie muß die simultanen Gleichungen lösen, die markträumenden Preise verkünden und schließlich dafür sorgen, daß die angekündigten Transaktionen zu diesen Preisen durchgeführt werden. Für eine laufende Markträumung muß das gesamte Verfahren jedes Vierteljahr oder täglich oder jede Sekunde wiederholt werden. Der theoretische Rahmen läßt keinen Raum für unerfüllte Aufträge,für nicht abgesetzte Bestände oder Tausch zu falschen Preisen. Wir wissen, daß diese Phänomene in der Realität auftreten. Wir wissen darüberhinaus, daß die meisten Preise - jene des Fixpreissektors,wie ihn Hicks in seinen Jahnsson Vorlesungen 12

The Crisis in Keynesian Economics, op.cit.

1 2

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

41

bezeichnete - durch feststellbare Wirtschaftssubjekte gesetzt und nur nach diskreten Zeiträumen geändert werden. Wir wissen, daß es verschiedene Puffer gibt - Lager, Auftragsrückstände - , um Überangebot oder übernachfrage zu diesen administrierten Preisen abzufangen. Um die Preispfade beschreiben zu können, müssen wir die Entscheidungsprozesse von Verwaltungsorganen beschreiben. Erforscher des Verhaltens von Menschen und Organisationen unter Umständen komplexer Unsicherheit berichten uns, daß die zur Entscheidung berufenen Organe häufig auf einfache Daumenregeln zurückgreifen. Sie folgen "zufriedenstellenden" Regeln anstatt Optimierungsstrategien und sie halten an ihnen solange fest, bis sich die Ergebnisse unter eine bestimmte Tole13 ranzschwelle verschlechtern. Ein Beispiel dafür stellt das Vollkostenprinzip als Preisbestimmungsregel der meisten Industrieunternehmen dar. Die Vorgehensweise braucht nicht optimal zu sein, wenigstens nicht kurzfristig. Aber wenn alle Preise für eine Vielzahl von Produkten so bestimmt werden, dann wird das Unternehmen über einen weiten Bereich an Absatzbedingungen, wenigstens seine angestrebte Kapitalverzinsung erwirtschaften. Das Ziel selbst ist wahrscheinlich auch eine Daumenregel, basierend auf Schätzungen der gewöhnlichen Kapitalkosten und -risiken. Es wird als solches verändert, um den trendmäßigen Entwicklungen auf Aktien und Anleihermärkten zu folgen, nicht jedoch den täglichen Bewegungen. Die Verwendung derartiger Strategien in bedeutenden Sektoren der Wirtschaft bedeutet, daß deren Verhalten ganz erheblich von den Ergebnissen von Modellen abweichen, die Wettbewerbsmärkte, beständiges Optimierungsverhalten und tägliche Entscheidungsverbesserungen in Reaktion auf neue Informationen unterstellen. Aber wenn wir die Wirtschaft, in der wir leben, modellmäßig erfassen wollen, sollten wir dann nicht auch von jeder Information Ge-

13

H. Simon, Administrative Behavior, 2. Auflage, The Free Press, New York, 1965. -,"A Behavioral Model of Rational Choice", Quarterly Journal

of

Economics,

February

1955.

42

//

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

brauch machen, die wir über die Art und Weise, in der die Wirtschaftssubjekte sich tatsächlich verhalten, besitzen?

Wirtschaft1iche

Schwankungen

als

sich

bewegendes

Gleichgewicht

Angewendet auf die MakroÖkonomik ergeben sich aus dem Zusammenwirken von rationalen Erwartungen und Markträumung einige starke Aussagen. Von diesen beiden wesentlichsten Bestandteilen der neuen klassischen MakroÖkonomik erweist sich bei näherer Prüfung die Annahme der ständigen Markträumung als zentral. Dazu gibt es weitere weniger bedeutsame Bestandteile, ad hoc Spezifikationen von Modellen, die manchmal eine wichtige Rolle spielen. Ich werde einige der Aussagen nennen. Die auffallendste ist die Auffassung, daß die Arbeitsmärkte stets geräumt sind, denn sie führt dazu, daß der jeweilige Beschäftigtenstand Vollbeschäftigung darstellt, daß jede beliebige, zumindest augenblicklich geltende Arbeitslosenrate der natürlichen Rate entspricht. Man vergleiche damit Friedmans ursprüngliche Hypothese der natürlichen Arbeitslosigkeit: Der Monetarismus von der ersten Art behauptet, es gäbe keinen Inflations - Arbeitslosigkeits - trade-off, den sich die Wirtschaft oder die Politiker langfristig zunutze14 machen könnten. Er bestreitet nicht, daß für einige Perioden, vielleicht lange andauernde gemessen in Kalenderzeit, die tatsächliche Arbeitslosigkeit vorübergehend von der natürlichen Rate abweichen könne und die Wirtschaftspolitik, ob sie das nun tun sollte oder nicht, die Differenz schliessen könnte. Im Monetarismus von der zweiten Art hat sich diese Lehrmeinung zu der Leugnung verschoben, es bestünde überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt so etwas wie ein politischer trade-off, ungeachtet dessen, ob die jeweilige Arbeitslosenrate 9 % oder 5 % oder 2 % beträgt. Genauer gesagt, es gibt keinen trade-off für eine systematische vorherseh14

M. Friedman, "The Role of Monetary Policy", American Economic

Review,

März

1968.

II

Wirtschaftspolitik,

Erwartungen und Stabilisierung

43

bare Makropolitik. Politische Überraschungen können die Marktteilnehmer verwirren und ihre Erwartungen beeinträchtigen und damit Markträumungen bei höheren und niedrigeren Arbeitslosenraten hervorrufen. Solche Änderungen sind kurzlebig; sie dauern nur so lang, bis sich die Verwirrung zerstreut hat. Die neuen Monetaristen teilen natürlich die Auffassung, daß Beschäftigung und Arbeitslosigkeit schwanken. Ihre laufenden markträumenden Größen können aus einer Vielzahl von Gründen vom Trend entfernt sein; die heutige natürliche Rate kann von der permanenten Rate abweichen. Wenn dem so ist, wird sie sich nach eigener Gesetzmäßigkeit bewegen und es gibt für die Zentralbanken oder die Staaten nichts zu tun, sie zu beeinflussen. Dieselbe Aussage läßt sich auch auf andere Märkte anwenden, wie etwa jene für die Vermietung der Leistungen vorhandenen Kapitals. Was sich mitunter wie überschüssige Kapazität ausnimmt, ist tatsächlich freiwillige Unterauslastung . Wie redliche Vertreter dieser Auffassung gerne zugestehen, ist es schwierig, ihre theoretische Sichtweise mit den anerkannten Erfahrungstatsachen über Konjunkturzyklen in Einklang zu bringen. Wenn sich diese Märkte stets räumen, dann müssen Verschiebungen der Nachfrage- und Angebotskurven die Ursachen der Schwankungen darstellen und nicht Bewegungen, die sich von ihren Schnittpunkten entfernen oder sich ihnen nähern. Nachfragekurven nach Arbeit, Grenzproduktivitätskurven, verschieben sich auf Grund technologischer Änderungen, Angebotskurven verschieben sich mit den Bedürfnissen, insbesondere den Präferenzen für Arbeit und Freizeit oder für andere Verwendungen der Zeit. Da auf beiden Marktseiten intertemporale Optimierung im Spiel ist, sind Erwartungen, klarerweise rationale, über künftige Technologien und Bedürfnisse ebenfalls bedeutsam. Warum sollten derartige Veränderungen die gleichmäßigen Schwingungen der beobachteten Zyklen und nicht ein unregelmäßiges Schwanken um stabile Trends erzeugen? Die

44

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

15 Antwort der neuen klassischen MakroÖkonomen kommt von außerhalb des grundlegenden Modells: Autoregression der exogenen Schocks von Technologie und Bedürfnissen. Als eine Erklärung der Schwankungen ist dies, nach meiner Auffassung, ein deus ex machina, der nur die weitere Frage aufwirft, weshalb die Grenzprodukivitäten und/oder das Arbeitsleid autoregressive Prozesse sein sollten. Es gibt keine, an einer ökonomischen Erklärung des Konjunkturzyklus interessierte Theorie, neue oder alte, die besagt, daß die Wellen der ökonomischen Aktivität einfach die Wellenbewegung der zugrundeliegenden Technologie und Bedürfnisse widerspiegelt. Demzufolge liegt ein schwerwiegendes Unterfangen der neuen klassischen MakroÖkonomen in der Deutung beobachteter Phänomene, für die die Keynesianische Theorie Erklärungen lieferte, die sie jedoch als unannehmbar erachten. Die neuen Erklärungen müssen mit rationalen Erwartungen und mit Marktgleichgewicht, d.h. mit laufender Markträumung durch Preise, in Einklang gebracht werden. In der Anwendung aber erfordern diese Grundsätze die Unterstützung durch ad hoc eingeführte Hilfshypothesen hinsichtlich der Beschränkungen der den Wirtschaftssubjekten zur Verfügung stehenden Information und hinsichtlich der Art der zufälligen Störungen. Man denke, zum Beispiel, an die Beobachtung, derzufolge die zyklischen Bewegungen der Produktion und der Preise, relativ zu ihren Trends, positiv korreliert sind. Eine keynesianische Interpretation ist die, daß die Preise - einschließlich der Geldlöhne - kurzfristig in jenen großen Sektoren unbeweglich sind, in denen sie durch diskontinuierliche private oder öffentliche Verwaltungsentscheidungen oder -Verhandlungen festgesetzt werden. Als Folge davon sind die Wirtschaften üblicherweise durch größere oder geringere Überangebote 15

R. Lucas, "Understanding Business Cycles", in: K. Brun-

ner und A.Meitzer (Hrsg.), Stabilization of the Domestic and International Economy, Carnegie-Rochester Conference

Series on Public Policy, Vol. 5, North-Holland, Amsterdam, 1 977. - "An Equilibrium Model of the Business Cycle", journal of

Political

Economy,

Dezember

1975.

T. Sargent, "A Classical Macroeconomic Model for the United States", Journal of Political Economy, April 1976.

II

für verschiedene Güter zu

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

45

herrschenden Preisen, manchmal

durch Übernachfragen, gekennzeichnet. Verkäufer und Produzenten verwenden eine Anzahl von Puffern um die Abweichungen in den Griff zu bekommen : Lager, Auftragsrückstände, Variationen des Outputs und der Beschäftigung. Wenn die aggregierte Nachfrage zu den laufenden Preisen zunimmt, produzieren sie mehr und erhöhen auch ihre Preise. Gleichermaßen steigen die Geldlöhne relativ zum Trend, wenn die Nachfrage nach Arbeit zunimmt und sich die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften und der unorganisierten Arbeiter verbessert. Diese Interpretation hat zur Folge, daß geld- und fiskalpolitische Maßnahmen, die zur aggregierten Nachfrage hinzukommen, jedenfalls kurzfristig, Output und Beschäftigung durch Verminderung der Überangebote zu herrschenden Preisen steigern können. Sie werden auch einige Preis- und Lohnsteigerungen hervorrufen, wenn die Überangebote abnehmen und wenn insbesondere in einer zunehmenden Zahl von Sektoren Engpässe auftreten. Kurzfristige Preisund Lohn-Phillipskurven verkörpern Formalisierungen dieser Interpretation, die besagt, daß die Geschwindigkeit mit der Preise und Löhne relativ zu ihren Trendwerten ansteigen, in umgekehrtem Verhältnis zum Ausmaß des Überangebotes

(an Ar-

beit, Güterbeständen, Kapitalkapazität) in der Wirtschaft steht. Die Keynes-Phillips Interpretation war zwei Angriffswellen ausgesetzt. Die erste ritten E. S. Phelps 16 und Milton Fried17 man. Sie wiesen darauf hin, daß der Preistrend selbst endogen sei, so daß der trade-off von Arbeitslosigkeit für Inflation weniger langfristig als kurzfristig zutreffend ist. Besonders wenn die Wirtschaft in einen Zustand allgemeiner Übernachfrage versetzt wird, bedarf es stets zunehmender Inflation, um sie dort zu halten. Die Phelps-Friedman Hypothese leugnete jedoch weder, daß sich die Wirtschaft häufig in Zuständen allgemeiner Übernachfrage befinden könne, noch daß 16 17

E. Phelps, "Phillips Curves, Expectations of Inflation, and Optimal Unemployment over Time", Economics, August 1967. M. Friedman, "The Role of Monetary Policy", American Economic Review, März 1968, eine Ausarbeitung seines "Comment" in: G.P. Schultz und R.Z. Alibar (Hrsg.), Guidelines,

Informal

Controls,

and

the

Market

versity of Chicago Press, Chicago, 1966.

Place,

Uni-

II

46

Wirtschaftspolitik,

Erwartungen und

Stabilisierung

in diesen Zuständen Steigerungen der aggregierten Nachfrage, ob durch politische Maßnahme oder andere exogene Ereignisse, den Output und die Beschäftigung bei einem gleichzeitigem Anstieg des Preisniveaus und der Inflationsraten, erhöhen können. Ihre Hypothese der "natürlichen Rate" richtete deshalb die Aufmerksamkeit auf die empirische Feststellung der Arbeitslosenrate im Gleichgewicht und der Überkapazität. Die Hypothese regte auch theoretische und empirische Untersuchungen zur Erklärung an, weshalb wegen Suchverhaltens oder aus anderen Gründen, diese natürlichen Raten höher sein dürften, als es die keynesianischen Vorstellungen bezüglich der Vollbeschäftigung und des Kapazitätsoutputs typischerweise zuließen. Die meisten keynesianischen Ökonomen nahmen den Angriff der Phelps-Friedman Analyse zur Kenntnis, auch wenn sie sich des streng vertikalen Verlaufs der langfristigen Phillipskurve (insbesondere bei Deflation) nicht sicher waren und wenn sie auch von der normativen oder gleichgewichtstheoretischen Deutung von ökonomischen Zuständen, die mit stabiler oder Nullinflation vereinbar sind, nicht überzeugt waren. 1 8

Die zweite Angriffswelle ritt Robert Lucas und diese war wesentlich verheerender in ihren Folgen. Es handelte sich tatsächlich um das erste Gefecht im neuen klassischen Krieg gegen die keynesianische MakroÖkonomik und gegen die MakroÖkonomik der Monetaristen von der ersten Art in dieser Frage. In Lucas1 Modell werden die Arbeits- und Gütermärkte zu den herrschenden Löhnen und Preisen stets geräumt. Es gibt rundum keine Überangebote, die durch Schocks verringert und keine politischen Maßnahmen, die die aggregierte Nachfrage steigern könnten. Da die Nachfragen und Angebote rationaler Wirtschaftssubjekte von den relativen Preisen abhängen, z.B. von den Reallöhnen, lautet die Vermutung, daß ein Anstieg der absoluten, nominellen Preise die realen Mengen und die relativen Preise im Gleichgewicht unverändert läßt. 18

R. Lucas, "Econometric Testing of the Natural Rate Hypothesis", in: 0. Eckstein, Hrsg., The Econometrics of price Det erminat ion, Conference, Board of Governers of the Federal Reserve System, Washington, 1972.

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

47

Diese klassische Vermutung steht jedoch im Widerspruch zur Evidenz, wonach die kurzfristigen Schwankungen des Outputs und der nominellen Preisindices positiv korreliert sind. Lucas' geistreiche, aber haltlos eigenwillige Lösung setzt voraus, daß die Nachfrage- und Angebotskurven der laufenden Periode (ein Vierteljahr? ein Jahr?) auf unvollständiger Information beruhen. Im einzelnen entscheiden die Verkäufer, wieviel sie bei voller Kenntnis der markträumenden Preise zu verkaufen beabsichtigen. Die Käufer dagegen müssen entscheiden, wieviel sie in der laufenden Periode nachfragen, noch ehe sie die Marktpreise, die sie zu zahlen haben, kennen. Sie schätzen die Preise so gut sie können und die von ihnen nachgefragten Mengen stellen ihre Optima zu den geschätzten Preisen dar, wobei zutreffende Wahrnehmungen hinsichtlich der Preise der Dinge, die sie verkaufen, vorausgesetzt werden. Schätzungen der Kaufpreise sind klarerweise rationale Erwartungen, die jedes Wirtschaftssubjekt auf Grundlage seines richtigen Wissens um die Struktur der Wirtschaft und die Entwicklung der staatlichen Politik, erstellt. Diese Struktur erfaßt die Bestimmung der nominellen Preise im Verhältnis zu den staatlichen Maßnahmen, die das Ausgabenvolumen in Dollars beeinflußt. Bei Fehlen von Überraschungen bezüglich dieser Maßnahmen oder anderer Bestimmungsgründe der aggregierten Ausgaben erweisen sich die Preisschätzungen als zutreffend und die realen Variablen sind unabhängig von absoluten Preisen und dem nominellen Ausgabenvolumen. Wenn es jedoch eine positive Überraschung bezüglich der aggregierten Nachfrage gibt, unterschätzen die Käufer die Preise, die sie zahlen müssen. Folglich werden sie zu viel verkaufen, aber auch zu viel kaufen. Entgegengesetztes gilt, wenn es eine negative Überraschung gibt. Die realen Mengen werden als Ergebnis dieser zeitweiligen Überraschungen positiv mit den nominellen Preisen und mit den politischen Schocks, die die Erwartungsabweichungen verursachen, korrelieren. Aber die beobachtete Korrelation enthüllt keinen trade-off, den die Politiker systematisch und wiederholt ausnützen könnten. Wenn sie dies versuchen, werden die privaten Wirtschaftssubjekte die politischen Regeln in die Struktur, aus der sie die Kaufpreise schätzen, einbauen und Abweichungen von der geänderten Struktur dazu heranziehen, um die Abweichungen im Output und der Beschäftigung von ihren Gleichgewichtsmengen zu ermitteln.

48

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

In jedem Fall stellen derartige Abweichungen - da sie auf falschen Informationen beruhen - Störungen dar; das zutreffender und vollständiger Information entsprechende Gleichgewicht ist Pareto - optimal für Käufer und Verkäufer. Folglich erklärt das Lucas Modell dieselben ungefähren Beobachtungen wie die Keynesianische Theorie und die Phelps-Friedman Hypothese. Aber sie unterscheidet sich in den politischen Schlußfolgerungen ganz erheblich von den beiden Modellen. Die Politik kann niemals etwas anderes als vorübergehende Abweichungen in den realen Ergebnissen bewirken und in jedem Falle stellt die vorübergehende Abweichung eine nichtoptimale Störung dar. Für Lucas trifft das unabhängig vom beobachteten Zustand der Wirtschaft zu, ob nun die Arbeitslosigkeit und die Überkapazitäten hoch oder niedrig sind. Kurzum, die "natürliche Rate", wenigstens in dem für die Politiker relevanten Sinn, ist gegeben, welche Situation auch immer vorherrscht. Wie immer die Anfangsbedingungen auch aussehen mögen, die Politiker können einen dauerhaften Anstieg in Output und Beschäftigung nur durch eine wachsende Folge von unerwarteten Inflationsschocks hervorrufen. Es mag vielleicht stimmen, daß der beobachtete Zustand der Wirtschaft ein durch die Überschätzungen der Kaufpreise nach unten gestörtes Gleichgewicht darstellt. Wenn dem so ist, werden die Wirtschaftssubjekte die Lage ohne politische Hilfe verbessern, indem sie ihre Schätzungen ändern. Wie die systematische Politikregel auch immer aussieht, das System wird sich zum selben realen Gleichgewicht hinbewegen, das sich durch die natürliche Arbeitslosenrate beschreiben läßt, d.h. der Rate, die vorherrscht, wenn die Wirtschaftssubjekte auf der Grundlage zutreffender und vollständiger Information handeln. Das Lucas Modell ist äußerst bedeutend und einflußreich, sowohl seines Gehaltes wegen, als auch wegen seiner beispielgebenden Lehren für das statistische Schließen sowie für die Politik. Folglich ist es wünschenswert deutlich zu sehen, woraus er die Schlußfolgerungen herleitet. Selbstverständlich ist das Annahmenpaar Markträumung und rationale Erwartungen wesentlich. Das aber sind auch die ad hoc Festlegungen über die Käufern und Verkäufern zur Verfügung stehende Information. Es sind diese Angaben, die es dem Modell ermöglichen, die beobachtete Korrelation von nominellen Preisen und realen Mengen zu "erklä-

II Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

49

ren". Angenommen, wir würden die Lage der Käufer und Verkäufer umkehren, so daß die Käufer genau wissen, was sie zahlen müssen, aber die Verkäufer müssen ihre Angebote auf Grund von Vorhersagen der Preise, die sie erzielen werden, erstellen. Dann folgt aus dem Modell, daß Preise und Mengen negativ korreliert sind. Ein positiver Schock in Bezug auf die nominelle Nachfrage wird die Preise erhöhen, die Käufer weniger nachfragen und die Verkäufer weniger anbieten lassen, weil sie beide ihre Absatzpreise unterschätzen. Lucas'Kritik an Keynesianischen Modellen und den Phillips Kurven mag nun berechtigt sein oder nicht. Der Punkt ist, daß die Fähigkeit seiner neuen makroökonomischen Theorie zur Erklärung von Beobachtungen äußerst beschränkt ist, da er nicht ohne äußerst fragwürdige ad hoc Annahmen,für die keinerlei empirische Evidenz angeboten wird, auskommt. 1 9 Die neue "Konjunkturtheorie" läßt viele andere Faktoren unerklärt. Warum melden sich Leute als arbeitslos, wenn alles was geschah, eine Präferenz für Freizeit zum herrschenden Reallohn offenbart? Warum sind freiwillige Kündigungen selten, wenn die verlautbarte Arbeitslosigkeit hoch ist und häufig, wenn sie gering ist, warum entwickeln sich Entlassungen umgekehrt? Warum reagieren die zyklischen Bewegungen des Eintritts und des Austritts in die Erwerbsbevölkerung so empfindlich auf offene Stellen und Arbeitslosenraten und so unempfindlich auf Reallöhne? Wenn Arbeitslosigkeit tatsächlich freiwillig ist und optimale Suche darstellt, warum erfolgen zumeist Suche und Arbeitsplatzwechsel ohne jede Unterbrechung der Beschäftigung? Warum bewegt sich die Rate der offenen Stellen prozyklisch? Warum gibt es so wenig echte offene Stellen im Verhältnis zu den Arbeitswilligen? Warum entwickeln sich Reallöhne und durchschnittliche Arbeitsproduktivität fast immer prozyklisch? Warum melden Unternehmen Kapazitätsauslastungen unterhalb den vorgezogenen Normalauslastungsraten? Wenn 19 20

Dieser Punkt über das Lucas Modell wurde auch von Benjamin Friedman in After the Phillips Curve, Federal Reserve Bank of Boston, 1978, hervorgehoben. H. Meyer, "Jobs and Want Ads: A Look Behind the Words", Fortune, November 2o, 1978.

50

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

zyklische Veränderungen der Beschäftigung durch freie Wahl zustande kommen, warum verändern sich der Konsum der Arbeiter prozyklisch und ihre durchschnittliche Neigung zum Konsum antizyklisch? Diese und andere stilisierte Fakten dürften sich nur schwer mit dem neuen klassischen Modell vereinbaren lassen, aber wir können einen beträchtlichen Erfindungsreichtum bei den Versuchen erwarten, sie mit dem Modell in Einklang zu bringen. Es ist in der Tat schwierig, Gründe zu finden für das wiederholt beobachtete Auftreten steigender Löhne und Preise zusammen mit Überangebot. Es ist schwierig, dafür eine überzeugende Begründung im Rahmen des Paradigmas nutzen- und gewinnmaximierenden Verhaltens auf Wettbewerbsmärkten zu geben. Keynes eigene Beobachtung der Geldlohnstarrheit hat den Beweisregeln späterer Theoretiker nicht genügt. Ihre Antwort lautete in zunehmendem Maße: "Wenn wir dieses Phänomen innerhalb des Paradigmas nicht zu unserer Zufriedenheit erklären können, dann tritt es nicht auf".Der Unterschied zwischen den neuen Klassikern und den alten ist selbstverständlich der, daß diese das Axiom auch bei kurzfristigen, äußerst kurzfristigen Analysen zugrundelegen und nicht bloß bei der komparativstatischen Analyse von Gleichgewichtszuständen. Die neue klassische Sichtweise, daß Preise einschließlich Löhne immer markträumend sind, entspricht im Grunde der alten klassischen Gleichgewichtsannahme, der Preisflexibilität. Als solche besitzt sie eine Reihe bekannter Folgerungen. Eine davon ist zum Beispiel die, daß der Realzinssatz stets Wickseils natürlichem Zins, der den Investitions/Ersparnismarkt räumt, entspricht. Versuche, ihn durch Geldpolitik zu bewegen, mit dem Ziel den Nominalzins zu senken oder zu erhöhen, schlagen fehl; sie verändern nur Preisniveaus und Inflationsraten. Ein anderes ehernes Gesetz betrifft die realen Austauschverhältnisse; sie können nicht durch Abwertung oder Neubewertung der Wechselkurse verändert werden und sie bleiben dieselben in Systemen mit freien und starren Wechselkursen. Die "grundlegenden" Bestimmungsgründe setzen sich zu jeder Zeit gegen die Politik durch.

II

Rationale

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

Erwartungen

ohne

Markträumung

Läßt man die Annahme der Markträumung fallen, dann kann es Pfade mit rationalen Erwartungen geben, entlang derer geldund/oder fiskalpolitische Maßnahmen einen Zustand der Unterbeschäftigung korrigieren können. Gleichermaßen können derartige Zustände Pfade hervorbringen, entlang derer politische Maßnahmen keinerlei Wirkungen besitzen, die aber häufig durch Erwartungen erzeugt werden, die sich nicht erfüllen. Man denke zum Beispiel an eine angekündigte Erhöhung der Wachstumsrate der Geldmenge in einer Wirtschaft, in der die Geldlöhne und das Preisniveau zu hoch sind, um den Arbeitsmarkt und den Markt zu räumen. Der angegebene Pfad bei rationalen Erwartungen ist dadurch gekennzeichnet, daß die Inflationserwartung in gleichem Umfang mit der neuen Geldmengenwachstumsrate steigt; nominale Zinssätze steigen im selben Maße; Preise und Löhne beginnen, wie erwartet, zu steigen; Output und Beschäftigung sind unverändert. Der Widerspruch liegt darin, daß das Überangebot an Geld sich aus der Zunahme des Nominalzinssatzes ergab. Seine Wirkungen auf den Realzins und die aggregierte Nachfrage enttäuscht die angenommenen Erwartungen. Werden dagegen die Erwartungen in Übereinstimmung mit einem gewöhnlichen Keynes-Phillips Kurven-Pfad gebildet, dann werden sie verwirklicht. Zunehmendes Geldmengenwachstum wird, wie erwartet, die Realzinssätze senken, die reale Nachfrage steigern und entlang des Preis/Lohn Pfades ist zusätzliches Angebot vorhanden, um die Nachfrage zu befriedigen. Die Raten der Preis- und Lohninflation werden, wenn überhaupt, um weniger steigen als die Zunahme in Geldmengenwachstun. Arbeiter, die in Erwartung höherer Realeinkommen Ausgaben tätigen, werden die höheren Einkommen auch tatsächlich erhalten. Handelsunternehmen werden zusätzliche Umsätze tätigen, die ihre Zunahme der Beschäftigung und der Gehaltssummen rechtfertigen. Ebenso sind rationale Erwartungen betreffend Steuern und andere wirtschaftliche und fiskalpolitische Variablen vereinbar mit dem Erfolg, fiskalpolitischer Maßnahmen, im Falle von Überangebot an Arbeit und anderer Produktionsfaktoren zu den herrschenden Preisen. In einem kurzfristigen Keynesiani-

51

52

II

Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

sehen Zustand mit Unterbeschäftigung, vermag das Publikum, selbst wenn es kurzfristige Steuern vollkommen in Rechnung stellt, die Verbesserung des Gegenwartswertes künftiger, realer Einkommen nach Steuerabzug richtig zu berechnen. Sie nehmen um den Gesamtwert der Beschäftigung von andernfalls brachliegenden Ressourcen zu. In Erwartung dessen, werden die Haushalte ihre Ausgaben steigern und damit die Rahmenbedingungen für deren Zutreffen setzen. Gelingt das nicht, müssen sie ohnehin keine zusätzlichen Steuern in einem Steuersystem zahlen, das die Steuerverpflichtungen direkt oder indirekt in Beziehung zur wirtschaftlichen Aktivität setzt. Es gibt, kurz gesagt, keine Erwartungsenttäuschungen durch diese politischen Anwendungen im kurzfristigen IS-LM-Phillipskurvenmodell. Was ihm bewußt und wohlbegründet, sicherlich nicht aus Versehen fehlt, ist die allgemeine beständige Markträumung . Das bedeutet keine Leugnung des Zustandes, daß ein weitverbreiteter öffentlicher Glaube in die monetäristische Lehre tatsächlich Erwartungen zu erzeugen vermag, die die Lage für fiskal- und geldpolitische Maßnahmen in Unterbeschäftigungssituationen erschweren können. Geleugnet wird, daß ein derartiger Glaube rational sei. Wenn sich die Wirtschaft nicht immer im markträumenden Gleichgewicht befindet, so ist es auch richtig, daß rationale Erwartungen es nicht ohne die Hilfe der Makropolitik dort zu halten vermögen. Vollkommene Voraussicht von Preispfaden wirkt im allgemeinen nicht stabilisierend, weil die Erwartungen entlang einer Vielzahl von Pfaden neben dem einen,der zum Gleichgewicht zurückführt, erfüllt werden können. Dieser ausgezeichnete Pfad wird sich nur durchsetzen, wenn die Wirtschaftssubjekte das Gleichgewicht kennen und davon überzeugt sind, das System werde zu ihm zurückkehren. Ohne die Überzeugung, die staatliche Politik strebe nach dem Gleichgewicht, besitzen die Wirtschaftssubjekte wenig Ursache unter der Annahme zu handeln, daß das Gleichgewicht stabil sei.

II Wirtschaftspolitik, Erwartungen und Stabilisierung

53

Die Auffassung, der zufolge das Marktsystem für unveränderte Werte der staatlichen politischen Instrumente starke Selbstheilungsmechanismen besäße, die die Stabilität seines Vollbeschäftigungsgleichgewichts sichern, wird weder durch die Theorie noch durch die lange Geschichte der wirtschaftlichen Schwankungen des Kapitalismus gestützt. Daß staatliche Maßnahmen eine Quelle der Instabilität sein können,

ist unbe-

stritten; daß sie sich in vielen Fällen tatsächlich als destabilisierend erwiesen haben, ist ebenso unzweifelhaft. Daß sie die einzige Ursache von Schocks in einem wahrhaft stabilen Mechanismus sind, kann ernsthaft nur von Personen mit einem außerordentlichen Glauben an ihre eigenen abstrakten Modelle und mit Gedächtnislücken in Bezug auf die Geschichtskunde behauptet werden. Andere Schocks umfassen die Änderungen der Technologie und der Präferenzen, die die neuen klassischen Ökonomen selbst betonen, aber auch Änderungen in demografischen Variablen, Marktstrukturen und in den Ansichten des Publikums hinsichtlich jener früher in der Vorlesung erwähnten, nicht zu vermindernden, unberechenbaren Unsicherheiten. Makropolitische Maßnahmen sollten freilich die Erwartungen bezüglich der Entwicklung der Wirtschaft zu stabilisieren suchen, ein Unterfangen, das sich schwerlich von der Stabilisierung der tatsächlichen Entwicklung trennen läßt. Das kann nicht durch Festhalten an Regeln für die Politik geschehen, die sie von den Rückwirkungen der Information über die Wirtschaft oder von Beobachtungen und Erwartungen anderer Schocks isoliert. Wie es besser als in der Vergangenheit gemacht werden soll, ist eine Frage, die weiterhin die Aufmerksamkeit von Wirtschaftstheoretikern und Ökonometrikern verdient. Wir sollten uns von dieser Aufgabe nicht durch die neue klassische Makroökonomie abbringen lassen, einer intellektuell geistreichen Erfindung, die nicht die Gesellschaften beschreibt, in denen wir leben. Wir können einigen Auftrieb aus den wirtschaftlichen Leistungen der entwickelten demokratischen kapitalistischen Staaten seit dem zweiten Weltkrieg gewinnen. Zu diesem Punkt hat Martin Baily einmal mehr gezeigt, daß ein Bild soviel wert ist, wie tausend Worte.Sein Bild,das hier als Abbildung 8 wiedergegeben wurde,zeigt, um wieviel stabiler der reale Output in den Vereinigten Staaten unter dem bewußten Einsatz eingebauter und diskretionärer Stabilisatoren 21 seit 1946 und besonders seit 1961 gewesen ist. 21

M. Baily, op.cit., S. 14.

54

11 Wirtschaftspolitik,

Erwartungen und Stabilisierung

^USZOJJ

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation Verschlingen Staatsdefizite die private Ersparnis? Vermindert öffentliche Verschuldung die private Nachfrage nach Beständen an produktiven Kapitalvermögen? Kann die Last laufender Staatsausgaben auf künftige Generationen übertragen werden? Dies sind alte Fragen. Heutzutage stehen sie erneut an vorderster Front in der wirtschaftlichen Auseinandersetzung. Nur wenige Streitfragen in der ökonomischen Theorie oder solche im Hinblick auf ökonomische Tatsachen haben derartige Auffassungsunterschiede heraufbeschworen. Die umstrittenen Standpunkte ziehen radikal verschiedene Schlußfolgerungen für die öffentliche Fiskal- und Finanzpolitik nach sich.

Die

"Ricardiani

sehe"

Doktrin

und

ihre

Schlußfolgerungen

Innerhalb unseres Berufsstandes wird die Bedeutung dieser Probleme heutzutage zu einem großen Teil durch die Herausforderung der "Neuen klassischen Makroökonomie", wie sie in der vorangegangenen Vorlesung diskutiert wurde, deutlich wiedergespiegelt. Zu den durch sie behaupteten Schlußfolgerungen zählen uneingeschränkt negative Antworten auf die drei eingangs gestellten Fragen. Eine spannende Zusammenfassung dieser Position lautet so: die Schuldenlast - oder etwas weniger bedeutungsschwanger, der Effekt - des Staates wird vollkommen erfaßt durch das Ausmaß und die inhaltliche Zusammensetzung der realen öffentlichen Ausgaben. Sie ist unabhängig davon, wie diese Ausgaben finanziert werden. Demnach wird das berühmte ModiglianiMiller Theorem über die Finanzierung von Handelsgesellschaften auf die Staatsfinanzen ausgedehnt. Das gemeinsame Merkmal liegt im Herunterspielen der Bedeutung sozialer Institutionen. Die grundlegenden Präferenzen der einzelnen Wirtschafts-

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

56

Subjekte setzen sich durch, ob mit oder ohne Staat und Kapitalgesellschaften,solange die Wirtschaftssubjekte die Möglichkeit besitzen Transaktionen auch ohne die Vermittlung derartiger Institutionen durchzuführen. Das Argument ist einfach. Wenn Staatsausgaben nicht durch laufende Steuern finanziert werden, werden sie entweder durch Verkauf befristeter, zinsbringender Schuldverschreibungen finanziert oder durch Drucken von Geld. Wird der Weg nichtmonetärer Verschuldung gewählt, dann muß das Publikum wissen, daß in Zukunft Steuern erhoben werden, um die Zinsen zu bezahlen und vielleicht auch das Kapital. Um sich die Mittel für die künftigen Steuern zu beschaffen, werden die Haushalte gerade um so viel mehr sparen, als erforderlich erscheint, um die neuen Staatspapiere kaufen zu können. Das aggregierte Vermögen der Haushalte bleibt ebenso wie der aggregierte Konsum unverändert. Der Aufschub von Steuerleistungen bewirkt nichts, weder nützliches noch schädliches. Für jeden gegebenen Gegenwartswert der Steuerbelastungen, diskontiert mit dem Zinssatz für Staatspapiere, macht die zeitliche Regelung der Steuern keinerlei Unterschiede. James Buchanan^ nennt dies die Ricardianische Doktrin, und 2 es ist richtig, daß Ricardo das Argument mit der für ihn bezeichnenden Klarheit entwickelte. Er fügte jedoch wichtige Einschränkungen hinzu und kam zu dem Schluß, daß Steuerauf Schübe, finanziert durch interne Verschuldung,eine schlechte Fiskalpolitik darstellten. Trotz ihrer Ungenauigkeit werde ich Buchanans Bezeichnungen aus Bequemlichkeit weiterbenützen. Was aber geschieht, wenn die Besteuerung durch die Schöpfung von Geld ersetzt wird? Das würde ebenfalls, so wird behauptet, keine realen Wirkungen nach sich ziehen, aber aus etwas anderen Gründen als es für die Staatsverschuldung der Fall war. Das neue Geld wird, und dies wird erwartet, die 1 2

J. Buchanan, "Barro on the Ricardian Equivalence Theorem", Journal

of

Political

Economy,

April

1976.

D. Ricardo, "On the Principles of Political Economy and

Taxation",

J. M c C u l l o c h ,

e d . , The

John Murray, London, S. 146-9.

Works

of

David

Ricardo,

///

Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

57

Preise erhöhen - gerade soviel,um die reale Geldmenge unverändert zu lassen. Anders ausgedrückt, wenn eine regelmäßige Schöpfung neuen Geldes erwartet wird, werden rationale Individuen erwarten, daß sich ihre Kassenbestände durch Inflation verringern werden und deshalb ebenfalls in Voraussicht dieser Steuer sparen. Erlauben Sie mir, Sie an einige Schlußfolgerungen dieser Doktrin für die makroökonomische Theorie und Politik zu erinnern.

1.

Die

k u r z f r i s t i g e n Wirkungen

der

Fiskalpo1itik.

Gemäß

der herkömmlichen keynesianischen Theorie führen Steuersenkungen und ein Anstieg der Transferzahlungen zu einer Ausweitung der aggregierten Nachfrage und dies zu einem Ansteigen der Beschäftigung und des Outputs oder der Preise oder beiden, je nach der jeweiligen Wirtschaftslage. Die Ricardianische Doktrin leugnet die Wirksamkeit einer defizitfinanzierten, kompensatorischen Fiskalpolitik. Man beachte, daß sie nicht die Wirksamkeit, sei sie nun nützlich oder schädlich, einer Zunahme der Staatsausgaben leugnet. Sie besagt lediglich, daß der Effekt derselbe ist, gleichgültig, ob die Ausgaben durch Steuern oder durch Verschuldung finanziert werden. Der sogenannte "balanced budget multiplier" gelangt in beiden Fällen zur Anwendung. Kurz gesagt, ein Angebot an Staatspapieren schafft sich seine eigene Nachfrage. Keine Einkommenszunahme, kein Multiplikatorprozeß ist nötig, um die Ersparnis hervorzubringen, die erforderlich ist, das Staatsdefizit abzudecken. 2.

Die Nachteile

des

Staatsdefizits.

Wenn Defizitfinanzie-

rung unwirksam ist, dann ist sie auch unschädlich. Sie vermag nicht private Kapitalbildung oder private Auslandsinvestitutionen zu "verdrängen". Ebensowenig können halbherzige oder verschwenderische Gesetzgeber und Minister für die Inflation haftbar gemacht werden, solange sie bereit sind, ihre Defizite im Wege zinsbringender Schuldverschreibungen zu finanzieren, anstatt durch Drucken von Geld. Dies ist der Grund, warum die Ricardianische Sichtweise sowohl für konservative Finanzwissenschaftler wie Buchanan als für Keynesianer gleichermaßen unannehmbar erscheint.

III

58

3.

Die

Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

langfristige

Schuldenlast.Konservative

Finanzwissen-

schaftler, Politiker und Laien und auch Ökonomen miteingeschlossen, weisen schon seit langem darauf hin, daß künftige Generationen in unverantwortlicher Weise durch die Finanzschulden aus laufenden Programmen belastet werden. In der seit langer 3Zeit andauernden Debatte über interne öffentliche haben einige Ökonomen den Nachweis geführt,daß

Verschuldung

die Belastung infolge der Umlenkung von Ressourcen zum öffentlichen Wohle, im Wert des Entganges der laufenden, privaten Nutzungsmöglichkeiten, zeitlich nicht verlagert werden könne. Andere haben darauf hingewiesen, künftige Generationen könnten bis zu dem Ausmaß belastet werden, indem die defizitären Finanzen die Bestände an Human- und Nonhumankapital die 4 sie einst erben, vermindert werden. Die wiederauflebende Ricardianische Doktrin besagt dagegen, daß dies nicht der Fall sein wird, daß der Kapitalstock nicht durch Staatschulden verdrängt wird. Man beachte die Bedeutung kurzfristiger und langfristiger Analyse. Keynesianer sind der Überzeugung, expansive Fiskalpolitik wirke in Unterbeschäftigungssituationen, weil die Defizite jene Ersparnis absorbierten, die bei Fehlen einer hinreichend großen privaten Investitionsnachfrage im Zuge einer Schrumpfung des Einkommens verschwinden würde. Sie sind ferner der Überzeugung, in Zuständen langfristiger Vollbeschäftigung würde eine öffentliche Schuld einen Teil der Nachfrage nach Vermögen befriedigen und einen Teil des Kapitals verdrängen. Ricardianer sind der Überzeugung, defizitäre Ausgaben wären kurzfristig wirkungslos und langfristig unschädlich. 4. Der Pigou-Effekt.

In der ersten Vorlesung habe ich den

"Realkasseneffekt" dargestellt und uns die Auseinandersetzung um die zutreffende Berechnungsgrundlage ins Gedächtnis zurück-

3

4

Zusammengefaßt

in J. F e r g u s o n , ed., Public

Debt

and

Future

Generations, University of North Carolina Press, Chapel Hill, 1964. Zum Beispiel, F. Modigliani, "Long-run Implications of Alternative Fiscal Policies and the Burden of the National Debt", Economic Journal, Dezember 1961.

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

59

gerufen. Umfaßt diese Grundlage alle öffentlichen Schulden oder nur die Geldschöpfung oder nichts? Die Ricardianische Position wäre die, daß eine dauernde Verminderung des Preisniveauanstiegs gleich ist dem Realwert der staatlichen nichtmonetären Verschuldung und dem Realwert der entsprechenden Steuerbelastungen. Die "keynesianische" Sichtweise würde den Pigou-Effekt unterstützen, indem sie einen höheren Anreiz zum Konsum auf Seiten der Gläubiger des Staates in Rechnung stellt als der Einschränkung des Konsums künftiger Steuerzahler entspricht. 5. Die Wirkungen von Offenmarkteingriffen. Käufe von Staatspapieren durch die Zentralnotenbank bringen sowohl den Strom an Zinsendiensten an das Publikum als auch die damit verbundenen künftigen Steuern zum Versiegen. Vom Standpunkt der Ricardianer erhöht diese Transaktion das Vermögen der Haushalte um den vollen Betrag. Es besteht von der Wirkung her kein Unterschied zur Geldschöpfung zur Finanzierung der Staatsausgaben oder zu dem in Lehrbüchern bevorzugten "Geldregen". In beiden Fällen würde ein monetaristischer Ricardianer der Auffassung sein, daß das Preisniveau sich in einer Weise anpaßt, die die reale Geldmenge unverändert läßt. Man beachte aber auch, daß vom selben Ricardianischen Standpunkt aus ein "Schuldverschreibungsregen" wirkungslos bleibe. Aus diesem Grund ist das Ricardianische Äquivalenztheorem grundlegend, vielleicht unverzichtbar für den Monetarismus. Die keynesianische Sichtweise würde dazu neigen, den Vermögensgewinn und den Konsumanreiz,der einer in der Zukunft erwarteten Senkung der Steuerbelastung zugeschrieben wird, in seiner Bedeutung herunterzuspielen. Deshalb wurde ein Zuwachs des Geldbestandes auf Grund von Offenmarkttransaktionen als weniger wachstumsträchtig oder inflationär angesehen als ein Budgetdefizit oder "Geldregen" in derselben Höhe. 6.

Soziale

Sicherheit.

Sozialversicherung für Altersvorsor-

ge, im Todesfall und Invalidität stellt eine Form öffentlicher Verschuldung dar. Ober Zwangsbeiträge, die während des Arbeitslebens entweder durch die Arbeitnehmer oder die Arbeitgeber zu leisten sind, wird ein enormer, wenn auch nicht genau bestimmbarer, Bestand an Forderungen gegen den Staat aufgehäuft. In den Vereinigten Staaten haben einige Kritiker

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

60

das Ausmaß der Verdrängung von Investitionen in produktives Kapital,von dem sie behaupten, es werde durch enorme Anhäufung von Forderungen repräsentiert, abgeschätzt und bedauert."* Klarerweise sagt uns aber die Ricardianische Berechnung, daß diese Erträge den Konsum um nicht weniger stimulieren , als durch den entsprechenden Strom an vorweggenommenen Sozialversicherungsbeiträgen entzogen wird. In der Tat vermag die "Zahl soviel wie du einnimmst"-Finanzierung von sozialer Sicherung, wie in den Vereinigten Staaten,den Nutznießern im Durchschnitt grundsätzlich nicht mehr zuzugestehen, als der Wachstumsrate des Systems entspricht. Ist diese geringer als die Ertragsrate auf private Investitionen, dann können rationale Beteiligte die erzwungene Umlenkung der Ersparnis als einen Nettoverlust ansehen.

Kritik

an

der

von

Barro

neuformu1ierten

Ricardianisehen

Doktrin

Der sogenannte Ricardianische Einwand wurde kürzlich in einem einflußreichen Artikel durch Robert Barro, einen der neuen klassischen MakroÖkonomen, eindrucksvoll neu formuliert und ausgearbeitet. Ich möchte mich mit seiner Beweisführung etwas ausführlicher auseinandersetzen. 1. Lebenszyklen und Erbschaften. Wenn die Planungshorizonte der Konsumenten nicht über ihre eigene Lebenszeit hinausgehen, wenn sie indifferent sind gegenüber den Lebensstandards ihrer sie überlebenden Kinder, wird eine Verlagerung von Steuern auf die nächste Generation den Konsum der gegenwärtigen Generation klarerweise erhöhen. Gerade so wie es 5 6

M. Feldstein, "Social Security, Induces Retirement, and Aggregate Capital Accumulation, "Journal of Political Economy, September/Oktober 1974. R. Barro, "Are Government Bonds Net Wealth?", Journal of Political Economy, November/Dezember 1974. Barro ist weder der erste moderne Wiederentdecker des Ricardianischen Äquivalenztheorems noch reklamiert er für sich dies zu sein. Er zitiert: J. Tobin, "Asset Holdings and Spending Decisions, "American Economic Review, Papers and Proceedings, Mai 1952. M.J. Bailey, National Income and the Price Level, Mc Graw-Hill, New York, 1962, S. 75-7.

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

James Buchanan befürchtet, in der Frage der öffentlichen Schulden ist es der an der Macht befindlichen Generation erlaubt, die Steuerbelastungen auf Generationen ohne politischen Einfluß zu überwälzen. Im Extremfall, für Konsumenten mit unendlichen Planungshorizonten, ist die intertemporale Budgetbeschränkung unabhängig von der zeitlichen Aufteilung der Steuern. Dies ist stets der Fall, wenn die Staatsschuldverschreibungen denselben Zinssatz abwerfen zu dem die Konsumenten intertemporale Verlagerungen des Konsums vornehmen können. Folglich wird der optimale Konsum/Ersparnis Plan durch eine Substitution von Schuldenfinanzierung für laufende Besteuerung nicht verändert. Barro 1 s Beitrag liegt darin, gezeigt zu haben, wie sterbliche Haushalte tatsächlich unendliche Planungshorizonte haben können. Die Bedingung ist, daß jede Generation in ihre Nutzenfunktion, zusammen mit dem Konsum in den verschiedenen Stadien ihrer Lebenszeit, den Nutzen der nächsten Generation einbeziehen. Der Nutzen des Kindes ist eine Funktion - in indirekter Form - seiner Fähigkeiten plus der Erbschaft, die es von seinen Eltern bezieht. Gegeben einen bestimmten Gegenwartswert an Steuern, dann läßt eine zeitliche Verlagerung von einer Generation auf die nachfolgende die Budgetbeschränkung der Eltern unverändert. Sie werden für die höhere Besteuerung des Kindes Vorsorgen, indem sie eine größere Erbschaft hinterlassen. Die in dieser Weise handelnde Kette überlappender Generationen bewirkt, daß der Planungshorizont jeder Generation tatsächlich unendlich wird. Diese geistvolle Konstruktion fordert verschiedene Bemerkungen heraus: a Die Kette wird durchbrochen, wenn irgendeine Generation kinderlos ist oder indifferent gegenüber dem Nutzen ihres Nachfolgers. Erwartet sie dies von vornherein, dann besitzt die gegenwärtige Generation einen Anreiz,ihren eigenen Konsum zu steigern, wenn Steuerlasten jenseits der Bruchstelle in der Kette hinausgeschoben werden, b Wie jedermann weiß, sind manche Haushalte in jeder Generation kinderlos oder stehen dem Schicksal ihrer eigenen Kinder indifferent gegenüber. Diese Haushalte konsumieren mehr, wenn ihre Steuern zu Lasten späterer Generationen erleichtert werden. Die verbleibenden Haushalte, die Kinder haben und sich um sie sorgen, stellen dann fest.

61

62

c

d

/// Staatsdefizite und

Kapitalakkumulation

daß ihre Nachkommen nicht nur die Steuern zu tragen haben, von denen sie verschont blieben, sondern auch die Steuern, von denen die kinderlosen und indifferenten zeitgenössischen Haushalte verschont blieben. Diese Eltern können nicht mehr sowohl ihren Lebenszeit-Konsum als auch den Nutzen ihrer Kinder aufrechterhalten ; ein allgemeiner Aufschub von Steuern erleichtert ihre Budgetbeschränkung. Sie werden beide Grenzen überschreiten; sie werden ihre Erbschaften erhöhen,aber um einen geringeren Betrag, als der Steuerlast der Kinder entspricht. Nimmt man beide Arten von Haushalten zusammen, dann erhöht Schuldenfinanz den laufenden Konsum, Der elterliche Nutzen mag zu einem gewissen Grad auch vom Umfang ihrer Hinterlassenschaft an ihre Kinder abhängen, unabhängig vom Nutzen und der Gesamtausstattung der Kinder. Schenkungen gereichen häufig, wenn nicht gar normalerweise, dem Schenkenden zur Freude und nicht bloß dem Beschenkten zum Wohle. Wenn dem so ist, beziehen sich Erbschaften genauso,oder noch mehr als das,auf das Vermögen der Eltern als auf die zu erwartenden Bedürfnisse der Erben. Gleichmäßige Aufteilung auf die verschiedenen Kinder, ungeachtet der Unterschiede in den sonstigen Ausstattungen zwischen ihnen, ist trotz allem eine häufig anzutreffende Verhaltensweise. Die Stoßrichtung dieser Beobachtung geht dahin, daß Erbschaften nicht ausreichend erhöht werden, um den Nutzen der Erben unberührt zu lassen, wenn Steuern auf die Erben übertragen werden, Es gibt noch einen dritten Grund, weshalb die unendliche Kette durchbrochen werden kann. Viele Haushalte, sogar solche, die sich um den Nutzen der Kinder kümmern, finden ihre Nutzenoptima eher in Ecklösungen mit Null-Hinterlassenschaften denn in inneren Punkten. Sie würden negative Erbschaften vorziehen, doch diese stellen keine Wahlmöglichkeit für sie dar. Solche Familien werden klarerweise nicht mehr hinterlassen,sondern mehr konsumieren, wenn ihre Steuern verringert und die ihrer Erben entsprechend erhöht werden. Ecklösungen sind wahrscheinlich,wenn in den Nutzenfunktionen der Haushalte dem künftigen Nutzen ihrer Erben nur ein geringes Gewicht oder eine hohe Wahrscheinlichkeit der Möglichkeit zumessen wird, daß die Kette irgendwie unterbrochen wird. Ecklösungen treten auch

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

63

dann häufiger auf, wenn die Eltern normalerweise erwarten können, daß ihre Kinder und Enkelkinder wesentlich besser gestellt sein werden als sie selbst es sind. 2. Liquiditätsbeschränkungen. Selbst innerhalb der Lebenszeit einer bestimmten Generation sehen sich die Haushalte im allgemeinen außerstande, den Konsum nach Belieben von einem späteren auf einen früheren Zeitpunkt zu verlegen. Ist eine derartige intertemporale Substitution möglich, dann kann sie nur zu einem höheren Zinssatz erreicht werden als jedem, den Ersparnisse abwerfen. Selbst in Ländern mit hochentwickelten Finanzinstitutionen und gut ausgebauten Kapitalmärkten sind die Spielräume für Kreditaufnahmen gegen künftige Entlohnungen aus Arbeit beschränkt. Erzwungenes oder vertraglich vereinbartes Sparen, unregelmäßige Auszahlungen und Nebenforderungen, Illiquidität künftiger Altersrenten - diese und andere "Unvollkommenheiten" - beschränken die intertemporale Verlagerung von Lebenszeitressourcen noch mehr, von intergenerationalen Ressourcen ganz zu schweigen. Es gibt gute Gründe für alle diese Abweichungen, von der von Theoretikern mutmaßlich geltenden Norm perfekter Kapitalmärkte, aber diese liegen außerhalb meines gegenwärtigen Themas. Die Folgerung aus diesen Erfahrungstatsachen besteht darin, daß der überwiegende Teil aller Haushalte, selbst in wohlhabenden Gesellschaften, sowohl liquiditätsbeschränkt als auch vermögensbeschränkt sind. Ihre Planungshorizonte für Konsum sind kürzer als ihre Lebensdauer, von der Lebensdauer ihrer direkten Nachkommen ganz zu schweigen. Sie werden der Möglichkeit zeitlicher Verschiebungen von Steuerleistungen nicht indifferent gegenüberstehen. Selbst wenn sie selbst die Steuern später zahlen müssen, werden sie jetzt ihren Konsum erhöhen. Tatsächlich gibt ihnen der Staat zu seinem Leitzinssatz ein Darlehen, eine Möglichkeit, die ihnen ansonsten auf dem Kreditmarkt nicht zur Verfügung steht. Übrigens weichen auch Liquiditätsbeschränkungen die Kraft des Arguments auf, wonach eine nicht fundierte Sozialversicherung die Gesamtersparnis von Lebenszykluskonsumenten mindert. Die Befürchtung besteht darin, daß Steuern, die für höhere Leistungen zu zahlen sind, nicht den privaten Konsum

III

64

Staatsdefizite und

Kapitalakkumulation

verringern, sondern für staatlichen Konsum verwendet werden. Es ist nicht vollkommen ausgeschlossen, daß in diesem Maße liquiditätsbeschränkte Arbeiter einen Konsumrückgang nicht vermeiden können, wenn ihre Zwangsbeiträge zur Sozialversicherung steigen. Hier hindert die Liquiditätsbeschränkung die Haushalte daran, den Versuch des Staates zu unterlaufen, ihren Konsum bis zu ihrer Pensionierung aufzuschieben. Darüberhinaus werden einige Haushalte, wie Barro ausführt, eher ihre Hinterlassenschaften oder Schenkungen an Erben erhöhen als ihren eigenen Lebenszeit-Konsum und mildern damit teilweise, wenn nicht zur Gänze, die höheren Steuern, die ihre Kinder zu zahlen haben, um die Leistungen der Pensionsversicherung ihrer Eltern zu unterstützen. Nimmt man diese Gründe zusammen, dann gehen Feldstein und andere wahrscheinlich zu weit mit ihrer Behauptung, daß die "Zahl soviel wie du einnimmst"-Sozialversicherung die Kapitalbildung mindert.^ 3. Nicht-Pauschalsteuern. Bis jetzt habe ich Barro's Annahme von Pauschalsteuern beibehalten und verschiedene Gründe angegeben, warum Konsum/Ersparnis Pläne nicht neutral in Hinblick auf die zeitliche Regelung der Steuerzahlungen sind. Die Abweichung geht eindeutig in eine Richtung: verglichen mit laufenden Steuern erhöht eine Finanzierung von Staatsausgaben durch Verschuldung den laufenden Konsum und verringert die Ersparnisse, die zum Ankauf anderer Vermögenstitel anstatt zum Erwerb von Staatsschuldverschreibungen zur Verfügung stehen. Diese Ergebnisse werden verstärkt, wenn reale Steuersysteme anstatt von Pauschalsteuern berücksichtigt werden. Die Art des Steuersystems ist auf zweifache Weise von Bedeutung. Zum einen, wenn Steuerverbindlichkeiten nicht in genau spezifiziertem Umfang von bestimmten Individuen erhoben werden, sondern wenn sich der Umfang aus individuellen Umständen bestimmt - Einkommen, Vermögen, Konsum, Familiengröße, etc. - dann hängen die erwarteten Steuern von den 7

J. Tobin, "Discussion" in Funding Pensions: Issues and Implications for Financial Markets, Federal Reserve Bank of Boston, 1976.

III

Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

65

Erwartungen über diese Umstände und von der Steuergesetzgebung ab. Zum zweiten induzieren Nichtpauschalerhebungen im allgemeinen Verhaltensweisen zur Steuervermeidung. Um den zweiten Punkt zuerst aufzunehmen: Besteuerung von Vermögen oder Vermögenseinkommen unterminiert die "Ricardianische" Behauptung, worüber sich Ricardo selbst sehr wohl im Klaren war. Das ist besonders dann einleuchtend, wenn laufende Pauschaltransferzahlungen oder pro-Kopf Steuerkredite durch Ausgabe von Schuldverschreibungen finanziert werden, deren Aufwendungen wenigstens zum Teil durch künftige Vermögenssteuern abgedeckt werden. Wenige unter uns werden daran zweifeln, daß diese Kombination eine gewisse Substitution zu Lasten von Ersparnissen und Kapitalbildung hervorruft. Das ist selbst dann der Fall, wenn die Konsumenten unsterblich sind oder über die Intergenerationenverknüpfung von Barro der Wirkung nach unendliche Planungshorizonte besitzen. Derselbe qualitative Effekt ergibt sich wenn künftige Vermögensbesteuerung für laufende Vermögensbesteuerung substituiert wird, da die Abnahme in den laufenden Steuern zur künftigen Akkumulation nichts beiträgt. Wenn die Änderung in der zeitlichen Verlagerung vorhergesehen wurde, sind die Nettoergebnisse über die Zeit und Generationen nicht klar, aber es wird ein Anschwellen im Konsum der begünstigten Generationen geben. Was läßt sich über Lohnsteuern sagen? In dem Ausmaß, in dem sie Erträge von Humankapitalinvestitionen besteuern, gelangen die voranstehenden Bemerkungen zur Anwendung. Diese können auch eine Substitution zugunsten von Freizeit und anderen Verwendungen der Zeit, um den Nachforschungen der Steuerfahnder zu entgehen, auslösen. Derartige Substitutionen seiner Erben vorwegnehmend wird ein Barro-Modell-Elternteil wissen, daß es, um den Nutzen seiner Erben aufrechtzuerhalten, unnötig ist, deren Ausstattungen zur Abdeckung erwarteter Zunahmen in der Lohnsteuer aufrechtzuerhalten. Substitutionsvorgänge werden einen Teil dieser Aufgabe übernehmen, so daß die Eltern getrost etwas von den Früchten ihrer Steuerverringerungen konsumieren können. Der erste Punkt bleibt dann von Bedeutung, wenn die Substitutionsvorgänge infolge Steuerkürzungen vernachlässigbar sind. Der Grund dafür ist, daß individuelle wie aggregierte

66

III

Staatsdefmte und Kapitalakkumulation

Steuerbelastungen mindestens genauso unsicher sind wie die Besteuerungsgrundlagen, von denen sie abhängen. a

Ein Barro-Modell-Elternteil ist sich klarerweise nicht wirklich sicher über die Fähigkeiten seiner Erben, Einkommen zu erwerben. Die Aufgabe einer Erbschaft liegt nicht nur darin, den erwarteten Nutzen der Erben zu steigern. Sie liegt auch darin, Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Erben infolge Mißerfolgs oder Unfalls vorzubeugen. Ein sich dermaßen sorgender Elternteil wird eine umso höhere Erbschaft hinterlassen, desto größer er die Varianz der Ausstattung des Kindes einschätzt. Besteuerung von Einkommen, Vermögen oder Konsum verringert diese Varianz. Nimmt man nun einmal an, daß die Erwartung höherer Steuern für Schuldendienste in höheren Steuersätzen liegt. Der Anstieg der durchschnittlich erwarteten Steuerbelastung für die Erben wird steigende Hinterlassenschaften der Eltern nach sich ziehen; dagegen wird bei ihrer vorhandenen Unsicherheit über die sonstigen Ausstattungen vor Steuerabzug eine Verringerung ihrer Varianz nach Steuerabzug zu einer Verminderung der Hinterlassenschaften führen.

b

Derselbe Punkt läßt sich im wesentlichen auch ohne Rückgriff auf das Intergenerationenmodell anführen. Angenommen, der Staat gewährt heute dem Arbeiter einen zusätzlichen Wochenlohn, wobei er darauf hinweist, daß er zusätzliche Steuern in der Höhe von etwa zwei Wochenlöhnen in ungefähr zehn Jahren erheben wird. Die heutige Extraprämie jedoch stellt sich als Schuldverschreibung dar, die ihm in zehn Jahren Konsumeinbußen abverlangt. Nimmt er das Angebot an, fühlt er sich reicher, d.h. sein künftiger Konsum ist sicherer. Dementsprechend wird er heute mehr konsumieren. Die Schuldverschreibung gleicht die durchschnittliche Abnahme seines künftigen Einkommens nach Steuerabzug aus. Da die Schuldverschreibung sicher ist, wird die Unsicherheit des Zukunftskonsums verringert. Seine Varianz wird weiter verringert durch die Zunahme des Steuersatzes. Die Schuldverschreibung vermittelt zudem noch einen Liquiditätsvorteil. Sie ermöglicht einen zwischenzeitlichen Konsum in Notlagen, der sicherer und billiger ist, als Kreditverpflichtungen gegen künftige Lohneinkommen.

III

Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

67

Keynesianer haben immer darauf hingewiesen, daß der Diskontsatz für künftige Steuern der einzig geeignete sei, um Einkommensströme, denen Steuern auferlegt werden, zu diskontieg ren; gegeben die Unsicherheiten, mit denen diese Ströme behaftet sind, dann ist dieser Satz höher als der Diskont für Staatsobligationen. Die Differenz bedeutet, daß die Ausgabe von Staatsschuldverschreibungen tatsächlich das Nettovermögen selbst dann erhöht, wenn die Steuerzahler richterweise erwarten, daß Steuern erhöht werden, um die zusätzliche Verschuldung zu tilgen. Das obige Argument wurde für wertgesicherte Schuldverschreibungen aufgestellt, doch es findet auch Anwendung auf in Geldeinheiten ausgedrückte Schuldverschreibungen. Diese gewähren zwar nicht dieselbe Sicherheit, aber sie binden die auferlegten Steuern an die Tilgung der Schuld selbst. Unsicherheiten über Inflation läßt Geld und Zahlungsversprechungen in Geld relativ zum Realvermögen weniger attraktiv erscheinen. Eine Verringerung des damit verbundenen Diskontunterschiedes bedeutet, daß der durch Schuldfinanzen erzielte Vermögensgewinn geringer ist, wenn die Inflationserwartungen unsicherer werden. 4.

D e f i z i t e

und

k u r z f r i s t i g e

Stabilisierungspolitik.

Bis-

lang blieben meine Überlegungen auf die Auswirkungen einer Schuldenfinanz auf das langfristige Gleichgewicht mit Vollbeschäftigung beschränkt. Bislang stützt meine Argumentation die Auffassung, Schuldenfinanz würde, bis zu einem gewissen Grad den Kapitalstock verdrängen, eine Auffassung, die von Keynesianern und konservativen Theoretikern wie Buchanan geteilt wird. Das nämliche Argument legt - wie ich oben ausgeführt habe - nahe, daß keynesianische Fiskalpolitik kurzfristig erfolgreich sei. Das heißt, Substitution durch Ausgabe von Schuldtitel für laufende Besteuerung steigert den laufenden Konsum; in Unterbeschäftigungssituationen führt die sich ergebende Erweiterung der aggregierten realen Nachfrage zu einem Zuwachs des Outputs und der Beschäftigung. 8

W. Smith, "A Neo-Keynesian View of Monetary Policy", in Controlling Monetary Aggregates, Federal Reserve Bank of Boston, 1969.

68

III

Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

Alle voranstehend entwickelten Kritikpunkte finden in einem kurzfristigen Rahmen ihre Anwendung und sie werden durch einen machtvollen zusätzlichen Mechanismus verstärkt. Wenn, wegen fehlender Nachfrage,Ressourcen nicht beschäftigt sind, vergrößert ihre Wiederbeschäftigung den Strom aktueller und erwarteter Haushaltseinkommen. Der Gegenwert dieses Stroms wird dann erhöht, wenn die Haushalte erwarten, daß sie die zusätzliche Schuld durch Besteuerung ihres Einkommens letztendlich abdecken müssen. Der keynesianische Analyserahmen ist vollkommen vereinbar mit rationalen Erwartungen. Gilt dies auch für den Ricardianischen Analyserahmen? Die Antwort darauf lautet nein, wenn die Steuern tatsächlich auf Einkommen umgelegt und richtig wahrgenommen werden. Denn angenommen, von den Transfers an die Haushalte oder ihren Steuerkürzungen wird nichts ausgegeben, sondern es werden stattdessen Staatschuldverschreibungen zur Abdeckung von in der Zukunft zu erwartenden Steuern gekauft: dann gibt es keine Einkommenssteigerung; Defizite bestehen weiter; öffentliche Schulden, die Wertpaperbestände der Haushalte und die zu erwartenden künftigen Steuern nehmen zu. Doch die Erwartungen höherer Steuern werden niemals erfüllt. Wir können uns fiskalpolitische Maßnahmen und zugehörige Erwartungen ausdenken, in denen die Ricardianischen und Keynesianischen Analysen mit sich selbst übereinstimmen. Das ist nicht überraschend. "Rationale Erwartungs"-Pfade sind im allgemeinen nicht eindeutig, wenn das System sich nicht im Gleichgewicht befindet. Wenn ein jährlich ausgeglichenes Budget das Ziel der Fiskalpolitik ist - wie das in jenen Tagen der Auffassung des britischen Schatzamtes entsprach, ("Treasury View") der Fall, eine Auffassung die auch Präsident Herbert Hoover und der letzte Weimarer Kanzler, Heinrich Brüning, teilten führt das Auftreten eines Defizits während einer konjunkturellen Rezession zu Erwartungen von höheren Steuern und verstärkt die Rezession. Wenn ein ausgeglichenes Budget bei Vollbeschäftigung das anzustrebende Ziel ist, werden Steuererhöhungen nicht während Rezessionen und in Perioden der Unterbeschäftigung erwartet. Steuererwartungen und entsprechende Ausgabenentscheidungen werden dann die angestrebte antizykli-

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

69

sehe Politik unterstützen. Baily 9 weist nach, daß dies nach dem zweiten Weltkrieg in den Vereinigten Staaten der Fall gewesen sein dürfte, insbesondere in den sechziger Jahren. In der vorangegangenen Vorlesung habe ich die grundlegendere Behauptung der neuen klassischen Makroökonomie erörtert, wonach Unterbeschäftigungsungleichgewichte niemals auftreten können, wonach die aggregierte Nachfrage niemals zu gering sein kann, derzufolge Preise und Geldlöhne zu jedem Zeitpunkt die Güter- und Arbeitsmärkte räumen und systematische Nachfragesteuerung durch Fiskal- und Geldpolitik niemals diese Gleichgewichte zu beeinflussen vermögen. In dieser Vorlesung werde ich schlicht nachweisen, daß diese starken Behauptungen durch die Ricardianische Kritik an der Fiskalpolitik nicht an Glaubwürdigkeit gewinnen.

Neuerdings

beigebrachte der

statistisehe

Ricardianischen

Belege

zur

Stützung

Doktrin

Es ist unmöglich, in dieser Vorlesung die statistischen und ökonometrischen Belege für das Ricardianische Äquivalenztheorem oder die entgegenstehende keynesianische Position erschöpfend zu erörtern. Die relevante Literatur ist enorm. Sie umfaßt alle die konkurrierenden Schätzungen der Wirkungen von fiskal- und geldpolitischen Maßnahmen in großangelegten Strukturmodellen und in Einzelgleichungen in reduzierter Form. Sie alle sind vertraut mit dieser alten seit langem währenden und anhaltenden empirischen Auseinandersetzung. Ich werde einfach feststellen, daß nahezu alle makroökonometrischen Modelle für die Wirtschaft der Vereinigten Staaten nach wie vor signifikante Multiplikatoren für Steuersenkungen und für die Steigerung der Transferausgaben, die durch Ausgabe nichtmonetärer Schuldtitel finanziert werden, aufweisen. Sie zeigen, daß derartige Ausgaben von Schuldtitel die private Ersparnis absorbieren. Das St. Louis-Modell stellt eine Ausnahme dar, indem es reiner Fiskalpolitik keinerlei bleibende Gesamtwirkung, selbst bei vollständigen Ausgaben, zumißt. Aber auch dies Modell vermag die Ricardianische Doktrin nicht zu stützen. Der Mechanismus, der die fiskalische Expansion zunichte macht, kann in der Verdrängung privater Investitionen durch höhere Zinssätze bestehen. Innerhalb des Ricardia-

¡11 Staatsdefizite und

70

Kapitalakkumulation

nischen Analyserahmens leisten dies die Extraersparnisse, um zukünftige Steuern zu zahlen, ohne daß irgendeine Zinssteigerung erforderlich wäre. Ich werde mich auf einen kurzen Kommentar zu einigen neueren, durch die Ricardianische These inspirierten Berechnungen beschränken. Der direkteste Versuch in dieser Richtung stammt von Kochin. ° Angeregt durch die Beobachtung der hohen privaten Sparraten in den Jahren 197o/ 1971 und den gleichzeitig auftretenden Staatsdefiziten in Rekordhöhe führte er in die Regressionen der Zeitreihen des jährlichen privaten Konsums in Abhängigkeit vom jährlichen verfügbaren Einkommen (das sind die privaten Einkommen nach Steuerabzug) von 1952 - 71 das jährliche Defizit als zweite erklärende Variable ein. Er erhielt dabei negative Koeffizienten für das Defizit, in der Höhe ihres zwei- bis dreifachen Standardfehlers. Kochin betrachtete diese Ergebnisse als Bestätigung der Ansicht, daß die Konsumenten rationalerweise sparen, indem sie künftige Steuern antizipieren (entweder tatsächliche Steuern oder inflationsbedingte "Besteuerungen" von Kassenbeständen). Seine konzeptionelle und statistische Vorgehensweise ist mit einer Reihe von Mängeln behaftet, doch ist es aus zwei Gründen unnötig, im Rahmen dieser Vorlesung darauf einzugehen. Erstens, machen die Koeffizienten des Defizits in den von ihm gewählten Regressionen nur ein Viertel der absoluten Höhe der marginalen Konsumneigung bezogen auf das verfügbare Einkommen aus. Aus seiner Gleichung folgt daher, daß eine Zunahme sowohl des verfügbaren Einkommens wie auch des Defizits um einen Dollar durch Steuersenkung oder Transferzahlung einen großen Anreiz zum Konsum darstellt. Zweitens, das zufällig beobachtete Zusammentreffen, welches Kochin zu den Regressionsrechnungen veranlaßte, läßt sich nach 1971 nicht feststellen. In den darauffolgenden fünf Jahren erhoben sich die Defizite zu neuen Rekordhöhen, während die privaten Sparraten ungewöhnlich niedrig waren. Statistisch gesehen, er1o

L. Kochin, "Are Future Taxes Anticipated by Consumers?", Journal of Money, Credit, and Banking, August 1974.

HI Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

71

gibt sich aus der Hinzunahme der Jahre 1972 - 76 in die Berechnungen von Kochin's Regression, daß das Staatsdefizit all seiner Erklärungskraft beraubt wird.^ 1 2

David und Scadding untersuchten ebenfalls das Sparverhalten der Haushalte und kommen zu dem Schluß, daß ein Ausgabendefizit die Ersparnisse weder kurz- noch langfristig absorbiert. Ihr Argument ist jedoch vollkommen verschieden vom Ricardianischen Kquivalenztheorem, das Kochin's Regressionen angeregt hat. Ihr Ausgangspunkt ist "Denisons Gesetz", die beobachtete langfristige Konstanz der privaten Bruttosparrate (PBSR), das ist das Verhältnis, gebildet aus der privaten Sparrate - bestehend aus den Sparraten der Haushalte und Unternehmen - und dem Bruttoinlandsprodukt der Vereinigten Staaten. Ihre Erklärung liegt in der "Ultrarationalität" - Haushalte internalisieren die Handlungen der Unternehmen, seien es eigene juristische Personen oder Personengesellschaften, die sie besitzen, und passen ihre eigenen Ersparnisse Dollar für Dollar so an, um Änderungen im Sparverhalten der Unternehmen auszugleichen. Kurzum, sie erweitern das Modigliani-Miller-Theorem bezüglich der Unternehmensfinanzierung auf die Akkumulation. Was immer die theoretischen und empirischen Vorzüge dieser Behauptung auch sein mögen - tatsächlich scheint sich die PBSR nach dem zweiten Weltkrieg unmerklich geändert zu haben aus ihr folgt nicht die Neutralität öffentlicher Verschuldung. Sie impliziert vielmehr, daß eine Steuerkürzung (netto, bereinigt um die Transfers) Dollar für Dollar den Konsum erhöht. Somit kann klarerweise aus der "Ultrarationalität" ä la David und Scadding nicht gefolgert werden, die private Ersparnis würde sich gerade so anpassen, um die Staatsdefizite auszugleichen, sondern das genaue Gegenteil. Irritiert durch diese Schlußfolgerung, derzufolge es den Anschein hat, als würden die Haushalte zwar das Unternehmensverhalten internalisieren, jedoch nicht das Regierungsver-

11

12

W. Buiter und J. Tobin, "Debt Neutrality: A Brief Review of Doctrine and Evidence", in: G. von Fürstenberg (Hrsg.), Social Security versus Private Saving in Postindustrial Societies. P. David und J. Scadding, "Private Savings: Ultra-rationality, Aggregation and 'Denison's Law'", Journal of Political Economy, März/April 1974.

72

III Staatsdefizite und

Kapitalakkumulation

halten, schlagen die Autoren einen Ausweg vor. Ihre ultrarationalen Haushalte, so entscheiden sie, müssen Steuern als zur Finanzierung des öffentlichen Konsums,der vollkommen gleichwertig dem privaten Konsum ist, ansehen und Defizite zur Finanzierung öffentlicher Investitionen, als einen 1oo% Ersatz für private Investitionen. Vor diesem Hintergrund gelangen sie zu der Schlußfolgerung, daß "ein zusätzlicher Dollar Staatsdefizit einen Dollar an privaten Investitionsausgaben verdrängt" (die Hervorhebung stammt von mir); einer vollkommen willkürlichen Schlußfolgerung, die aus ihrer empirischen Studie des privaten Sparverhaltens keinerlei Unterstützung erfährt. Es ist besonders abwegig, sie auf kurzfristige Veränderungen des Defizits anzuwenden, die entweder durch automatische konjunkturelle Veränderungen in den Staatseinnahmen und TransferZahlungen oder durch diskretionäre stabilitätspolitische Maßnahmen hervorgerufen werden. Diese verändern ja nicht die Zusammensetzung der Staatsausgaben zwischen Konsum und Investition; und kein KonsumentSteuerzahler, wo immer er auch im Spektrum der Rationalität liegen mag, würde glauben, dies sei der Fall. Doch David und Scadding und viele die ihren Artikel zitieren, sind offensichtlich der Meinung, sie hätten der Verwendung der Fiskalpolitik als Stabilitätsinstrument den Todesstoß versetzt. Taylor, der U.S. Quartalsdaten von 1953 bis 1969 verwendete, stellt fest, daß die Grenzneigungen zum Konsum in Bezug auf Steuerkürzungen - insbesondere von Sozialversicherungsbeitragskürzungen - und in Bezug auf Transferzahlungen außergewöhnlich gering sind, verglichen mit jenen in Bezug auf 13 Einnahmen vor Steuerabzug. Während seine Ergebnisse Zweifel an der Wirksamkeit von Änderungen von Steuern und Transfers als Mittel der Stabilitätspolitik aufkommen lassen, stützen sie nicht die Hypothese von der Schuldenneutralität. Sie stehen eher im Einklang mit den Sparmodellen der Lebenszyklus- oder der permanenten Einkommenshypothese, wonach vorübergehende fiskalische Maßnahmen schwächere Auswirkungen haben als dauerhafte Einkommensänderungen. Taylors Ergebnisse stehen auch mit den Kritiken an einer nicht fundierten 13

L. Taylor, "Saving Out of Different Types of Income", Brookings Papers on Economic Activity, 2:1971.

III Staatsdefizite und Kapitalakkumulation

73

Pensionsversicherung im Einklang. In jedem Falle erschwert die konjunkturelle Multikollinearität von Steuern, Transfers, Defiziten und Einkommen vor Steuerabzug in ganz erheblichem Maße eine Schätzung ihrer isolierten Einflüsse auf den Konsum und die Ersparnis der Haushalte. Statistisch gesehen ist es äußerst schwer, die einfache, kurzfristige Beziehung 14 zwischen Konsum und verfügbarem Einkommen zu verbessern.

Wirkungen

der

Fiska1

politik

Abriß

eines

auf

stationäre

Zustände:

Modells

Ich hoffe, mein Überblick über die theoretische und empirische Debatte hat Sie davon überzeugt, daß das staatliche Finanzgebaren nicht einfach beiseitegeschoben und für die Ergebnisse der realen Wirtschaft als irrelevant außer Acht gelassen werden kann. Zum Abschluß möchte ich ein Modell der langfristigen Wirkungen alternativer finanzpolitischer Maßnahmen auf die Kapitalbildung und Inflation skizzieren. In anderen Beiträgen^ werden ähnliche Modelle wesentlich genauer dargestellt und ihre kurz- und langfristigen Eigenschaften untersucht. Der Hauptpunkt, den ich hier betonen möchte, ist folgender: Defizitfinanzierung kann Inflation hervorrufen oder sie kann Kapitalbildung verdrängen. Aber es ist unwahrscheinlich, daß sie beides bewirkt. In dem Maße, in dem sie inflationär wirkt, macht sie Geld zu einem wenig attraktiven Mittel zur Vermögensaufbewahrung und fördert das Sparen in anderen Formen, einschließlich der Bildung von Produktivkapital. Unter fiskalpolitischen Maßnahmen, bei denen Defizite einen höheren Anteil am Volkseinkommen darstellen, bewirken die tat14 15

Einen umfassenderen Überblick über derartige Gründe geben W. Buiter und J. Tobin, op.cit. J. Tobin und W. Buiter, "Fiscal and Monetary Policies, Capital Formation, and Economic Activity", in: G. von Fürstenberg

(Hrsg.),

The

Government

and

Capital

Formation,

J. Tobin, "Deficit Spending and Crowding Out in Shorter and Longer Runs", H.I. Greenfield, et al. (Hrsg.), Economic

Theory

for

Economic

Efficiency:

Essays

Abba p. Lerner, M.I.T.Press, Cambridge, 1979.

in

Honor

of

74

III Staatsdefizite

und

Kapitalakkumulation

sächliche und die erwartete Verminderung der Geldbestände und der nominellen Schulden infolge von Inflation, daß deren Anteil am Volksvermögen abnimmt. Die "Inflationssteuer" ist keine Pauschalsteuer und die Substitutionsvorgänge, die sie zu ihrer Vermeidung auslöst, sind ein hinreichender Grund dafür, daß geldfinanzierte Defizite nicht neutral sind. Es mag paradox scheinen, ist in der Tat jedoch kaum überraschend, daß höhere nominelle Bestände sich als verringerte reale Bestände erweisen und zwar nicht bloß relativ, sondern absolut. Langfristig gesehen, müssen die realen Bestände mit den Nachfragen nach öffentlichen Titeln in Einklang stehen; das Preisniveau und die Inflationsrate passen die staatlich emittierten Angebote an diese Nachfragen an. Andererseits ist es denkbar, daß die Defizitfinanzierung konterinflationär wirkt in dem Sinne, daß stationären Zuständen, die einer Fiskalpolitik mit hohen Defiziten entsprechen, niedrigere Inflationsraten aufweisen. Sie besitzen auch höhere Realzinssätze und niedrigere Kapitalbestände. Die Stabilität der Lösungen für derartige stabile Zustände ist jedoch zweifelhaft. Das Modell, das mir vorschwebt, erfaßt Fiskalpolitik durch drei Parameter:

den Anteil e des Nettoinlandsprodukts, der

durch den Staat nachgefragt wird; den Anteil t, der durch Steuern bereinigt um die Transfers erhoben wird; d e n Anteil s zur Geldfinanzierung der Defizite erhöhen im allgemeinen den Output Y und/oder die Preise P und senken gleichzeitig die für die Investitionsentscheidungen bedeutsamen realen Zinssätze und lassen einige Investitionen eindringen, auch diese qualitativen Ergebnisse gelten für beide Wechselkurssysteme.

Hinreichende Bedingungen für diese Standardergebnisse sind nicht sehr einschränkend, aber sind im allgemeinen nicht erfüllt. Die wesentlichsten sind diese: a

In den Portefeuille Nachfragen jedes Sektors zum Ende der Periode sind die Vermögenstitel Bruttosubstitute. Das bedeutet, daß eine Zunahme des Ertrags eines Vermögenstitels pro Periode, die Nachfrage nach diesem Titel und möglicherweise auch des Geldvermögens steigert, aber nicht für irgendeinen anderen Titel.

b

Es gibt wenigstens einen Vermögenstitel in Bezug auf den die Nachfrage nach Basisgeld durch irgendeinen Sektor in negativem Zusammenhang steht.

c

Bei jedem Vektor von Zinssätzen bewirkt eine Steigerung von Y oder P einen höheren Zuwachs der Haushaltsersparnis S, als sie I + D + B erhöht. Ebenso steigert ein Zuwachs von Y oder P die spezifische Ersparnis an Basisgeld und verringert um mehr als das die spezifische Ersparnis eines jeden anderen Vermögenstitels.

d

Es gibt Unelastizitäten in einigen Erwartungen der Wechselkurse, so daß der Ertrag auf ausländische Aktiva in heimischer Währung als umso höher erwartet wird, desto geringer der laufende Devisenkurs e ist.

IV Portefeuillewahl und Vermögensakkumulation

e

103

Der Leistungsbilanzsaldo B in heimischer Währung ändert sich direkt mit e/P - die Marshall-Lerner Bedingung.

f

Da die Veränderungen des Zinssatzes Kapitalgewinne oder -Verluste im Anfangsvermögensbesitz hervorrufen, die die Eigenschaften der Bruttosubstituierbarkeit verstärken, wenn die Anfangsbestände negativ sind; die Annahme lautet, daß sämtliche perverse Wirkungen schwächer sind als die Substitutionseffekte der Zinssatzveränderung. Wie in der ersten Vorlesung angedeutet, kann diese Annahme verletzt werden, wenn Preissenkungen die Schuldenlasten erhöhen. Ein internationales Beispiel für dasselbe Phänomen stellen Abwertungen des Devisenkurses dar, die perverse Vermögenswirkungen für Schuldnerländer besitzen.

Obgleich Modelle dieser Art in bestimmtem Sinne die IS/LM Analyse "rechtfertigen", liegt darin nicht ihr alleiniger oder hauptsächlicher Zweck. Ihr reicherer struktureller Aufbau erlaubt die Analyse wirtschaftspolitischer Maßnahmen und exogener Schocks für die einfachere und höher aggregierte Modelle unangemessen sind. Der Vektor der endogenen Variablen ist auch umfangreicher und die besonderen Wirkungen auf die Preise und Mengen von Finanztitel werden nachvollziehbar. Ein Projekt der Cowles Foundation for Research in Economics, an dem ich beteiligt bin, versucht ein empirisches Modell für die Vermögensmärkte der Vereinigten Staaten nach den Grundsätzen des theoretischen Modells, wie ich es hier beschrieben habe, zu erstellen. Die komparativ-statistischen Ergebnisse der Einperiodenlösungen stellen natürlich nicht die vollständige Geschichte dar. Der dynamische Prozeß läßt sich grundsätzlich einfach beschreiben, doch nur schwer analysieren und in die Praxis umsetzen. Die Lösung für die laufende Periode bestimmt die Zustandsvariablen für die folgenden Periode, insbesondere die Bestände an Vermögenswerten und deren Verteilung auf die Sektoren. Diese bestimmen, zusammen mit den exogenen Variablen, sowohl mit den politischen Rahmenbedingungen und mit den übrigen Schocks, die Lösung der nächsten Periode.

104

IV

Portefeuillewahl und

Vermögensakkumulation

In einem stabilen Zustand, wenn es einen gibt, bleiben Zinssätze und die Preise für Vermögenstitel gleich, die Rahmenbedingungen staatlicher Politik sind stabil, reale Bestandsund Stromgrößen wachsen mit einer gemeinsamen natürlichen Rate und die nominalen Größen wachsen mit derselben Rate plus einer gleichbleibenden tatsächlichen und erwarteten Inflationsrate. Diese Inflationsrate stellt auch den negativen Wert des Realzinssatzes auf Basisgeld dar; ein wichtiger Unterschied zwischen der kurzfristigen und der langfristigen Makroökonomie besteht darin, daß im langfristigen Gleichgewicht die reale Ertragsrate von Basisgeld, wie andere reale Zinssätze, endogen bestimmt werden. Andere wichtige Unterschiede liegen gewiß darin, daß der Kapitalstock langfristig endogen ist und daß sowohl Arbeits- und Kapitaldienste vollbeschäftigt sind. In der dritten Vorlesung wurde eine Lösung des stabilen Zustands eines Modells dieser Art, unter besonderer Berücksichtigung der Beziehung fiskal- und finanzpolitischer Maßnahmen auf die Inflationsraten und die Kapitalintensität, erörtert.

Sachregister Aggregierte Nachfrage 11, 20, 2 4 , 4 5 , 4 6 47,57,67,69 Arrow, K. 2 9 , 3 0 , 3 1 Azariadis, C. 10 Bailey, M. J. 60 Baily, M. N. 10, 3 6 , 5 3 , 6 9 Bairo, R. 4, 5, 6,13, 26, 37, 60, 61, 64, 65,77 Benassy, J.-P. 4 Bewley, T. 29 Blinder, A. 7 Brainard, William C. 98 Bruening, H. 68 Buchanan, J. 5 6 , 5 7 , 6 1 , 6 7 Butter, W. 7 1 , 7 3 , 7 7 , 8 6 , 1 0 2 Christ, C. 7 Clower. R. 4 David, P. 71,72 de Macedo, J. B. 85,102 Debreu, G. 30, 31 Defizit 7 , 5 5 , 5 7 , 58,59, 70, 7 2 , 7 3 , 7 4 , 81, 82, 86, 87, 91, 9 3 , 1 0 0 , 1 0 1 , 102 Deflation 11 ff., 25,46 Denisons Gesetz 71 Feldstein, M. 60,64 Ferguson, J. 58 Fisher, Irving 1 6 , 1 8 , 1 9 Fisher-Effekt 17,18, 20, 21 Fiskalpolitik 2 , 1 5 , 2 1 , 2 7 , 3 7 , 4 5 , 5 1 , 5 2 , 57, 5 8 , 5 9 , 67, 68, 69, 72, 73, 74, 81, 85,97,101,102,105 Fleming, J. 84 Friedman, Milton 2 7 , 4 2 , 4 5 , 4 8 Geldpolitik 2 , 1 1 , 1 5 , 21 ff., 27, 45, 51 , 52, 6 7 , 6 8 , 8 1 , 8 5 , 9 7 , 1 0 2 Grantmont, J.-M. 4 Grossman, H. 4 Hicks, John 2 , 4 0 , 80, 81, 84, 88 Hoover, H. 68

Inflation 18,25, 3 8 , 4 2 , 4 5 , 4 8 , 5 1 , 5 7 , 5 9 , 67,70, 74 ff., 95, 97,100 ff. IS/LM-ModeU 4, 6, 52, 80 ff., 102 f. Kalecki, M. 13 Keynes, John Maynard 4, 6, 8 ff., 24 ff., 34,50, 82 ff. Keynes-Effekt 1 1 , 2 0 , 2 2 Keynesianische Theorie 3, 26 ff., 44 ff., 57 Köchin, L. 70 ff. Laroque, G. 4 Leijonhufvud, A. 4 Leontief, W. 1 4 , 1 8 Liquiditätsbeschränkungen 17,64 f. Liquiditätsfalle 12, 19 f., 22 Liquiditätspräferenz 20, 31 Lohnkürzungen 8, 11 Lucas, Robert 5, 26, 35, 4 4 , 4 6 ff. Malinvaud, E. 4 Markträumung 28 f., 42 ff. Marshall, A. 9 Marshall-Lerner-Bedingung 104 Miller, M. 99 Modigliani, F. 5 8 , 9 9 Modigliani-Miller-Theorem 5 5 , 7 1 , 9 9 Monétarisme 26 ff., 4 2 , 4 6 , 59 Moralisches Risiko 30 Multiplikator 4 , 1 1 , 36, 57, 69, 87 Mundell, R. 84 Natürliche Arbeitslosenrate 27,42, 46, 48, 49 Neoklassische Synthese 2, 26 Neue klassische Makroökonomie 5 ff., 26 ff., 39 ff., 5 5 , 6 0 , 69 Ott, A. 7 Ott, D. 7 Patinkin, D. 14 Phelps, E. S. 45 ff. Phillipskurven 3 6 , 4 5 ff., 102 Pigou, A. C. 6, 9 , 1 0 , 1 2 ff., 17 ff., 40

106

Sachregister

Kgou-Effekt: siehe Realkasseneffekt Preissenkungen 104 Rationale Erwartungen 6, 7, 28, 30 f., 33 ff., 42 ff., 68 f., 76 Realkasseneffekt 4, 5 , 1 3 , 1 8 ff., 59 f. Ricardo, D. 1 3 , 3 7 , 5 6 , 6 5 Ricaidianische Doktrin 56 ff. Risikoabneigung 33 Samuelson, P. 2,14, 88 Sargent, T. 5 , 2 6 , 4 4 Scadding, J. 71 Schuldtitel 7, 69 ff. Schumpeter, J. 39 Silber, W. 7 Simon, H. 41 Smith, W. 67 Solow, R. 7 Soziale Sicherheit 59 ff. Staatliche Butgetbeschränkung 7, 81, 91, 93

Staatsverschuldung 13,56,57, 62 ff., 72 ff., 76 ff., 80 ff., 89,94 Taylor, L. 72 Theorie der impliziten Verträge 10 Tobin, J. 2 4 , 3 1 , 6 0 , 6 4 , 7 1 , 7 3 , 7 7 , 8 5 , 98,102 Unfreiwillige Arbeitslosigkeit 6, 8 f., 25 Vollbeschäftigung 1 9 , 2 0 , 2 7 , 4 3 , 4 6 , 5 3 , 58,67,68 Wallace, N. 5,26 Walras, L. 39 Walrasianische Auktionatorin 29, 40, 88, 92,100 Walrasianisches Gleichgewicht 29, 39,101 Wechselkurse 2 7 , 5 0 , 8 4 , 9 1 , 9 7 , 1 0 0 , 101,103 Wickseils natürlicher Zinssatz 1 2 , 1 4 , 5 0 Younes, Y. 4