Verfassungsrechtliche Grenzen eines Marktes handelbarer Emissionsrechte: Untersuchung eines sogenannten marktwirtschaftlichen Umweltschutzinstruments - dargestellt am Beispiel der Luftreinhaltung [1 ed.] 9783428507139, 9783428107131

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist die Vereinbarkeit des Emissionshandels im Bereich der Luftreinhaltung mit d

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German Pages 225 Year 2003

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Verfassungsrechtliche Grenzen eines Marktes handelbarer Emissionsrechte: Untersuchung eines sogenannten marktwirtschaftlichen Umweltschutzinstruments - dargestellt am Beispiel der Luftreinhaltung [1 ed.]
 9783428507139, 9783428107131

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KIM LARS MEHRBREY

Verfassungsrechtliche Grenzen eines Marktes handelbarer Emissionsrechte

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 126

Verfassungsrechtliche Grenzen eines Marktes handelbarer Emissionsrechte Untersuchung eines sogenannten marktwirtschaftlichen Umweltschutzinstruments dargestellt am Beispiel der Luftreinhaltung

Von

Kim Lars Mehrbrey

Duncker & Humblot . Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2001 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2003 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-10713-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Abhandlung wurde im Sommersemester 2001 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung wurden bis zum Mai 2001 und vereinzelt auch darüber hinaus berücksichtigt. Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Emissionshandels in der Umweltpolitik, insbesondere die geplante Einführung eines Handels mit Zertifikaten für die Emission von Treibhausgasen in der Europäischen Union, wurde die Arbeit im Sommer 2002 an einzelnen Stellen aktualisiert. Danken möchte ich zunächst meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Peter J. Tettinger, der die Arbeit durch wertvolle Anregungen gefördert hat. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Hartmut Schiedermair für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens und die vorübergehende Betreuung des Promotionsvorhabens nach dem plötzlichen Tod Herrn Professor Dr. Hartmut Krügers, der die Arbeit im Anfangsstadium mit richtungweisenden Anregungen begleitet hatte. Mein Dank gilt ferner Herrn Professor Dr. Johannes Dietlein, der mir den nötigen Zuspruch und die Unterstützung gab, neben meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl an der Heinrich-HeineUniversität Düsseldorf die Untersuchung fertigzustellen. Zu Dank verpflichtet bin ich des weiteren Herrn Professor Dr. Michael Kloepfer für die Aufnahme der Arbeit in die von ihm herausgegebene Reihe "Schriften zum Umweltrecht". Abschließend möchte ich meinen Eltern und Großeltern meinen Dank aussprechen, ohne deren Hilfe und Unterstützung, die sie mir in jeder Hinsicht geleistet haben, ich diese Arbeit nicht hätte schreiben können. Düsseldorf, im Januar 2003

Kim Lars Mehrbrey

Inhaltsverzeichnis § 1 Einführung Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

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A. Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung in der Luftreinhaltepolitik .... I. Das herkömmliche Instrumentarium direkter Verhaltenssteuerung ..... 11. Möglichkeiten indirekter Verhaltenssteuerung (ökonomische Instrumente) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . ..

15 16 19

B. Funktionsweise handelbarer Umweltzertifikate ....................... I. Effizienzgewinne ............................. . ...... . .......... 11. Verbesserung der Umweltqualität ................................. III. Abgrenzung zu Kompensationsmodellen ...........................

21 21 22 23

C. Entwicklungsgeschichte des Umweltzertifikatmodells ................. 24 D. Anwendungsmöglichkeiten eines Modells handelbarer Umweltlizenzen .. 30 E. Ausgestaltungsformen des Zertifikatmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Räumliche Organisation des Lizenzmarktes ........................ 1. Grundmodell ................................................ 2. Räumlich differenzierte Systeme ............................... a) Emissionsorientierte Nutzungsrechte ("Emission Discharge Permits") ................................................... b) Lokal orientierte Nutzungsrechte ("Local Discharge Permits") .. c) Immissionsorientierte Emissionszertifikate ("Ambient Discharge Permit System") .......................................... d) Emissionslizenzen mit Immissionskorrektur (Mischsysteme) . . .. aa) Einzelfallkorrektur .................................... bb) Typisierte Korrektur ................................... 3. Bewertung der Modellausprägungen in verfassungsrechtlicher Hinsicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Bemessungsgrundlage der Zertifikate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. III. Geltungsdauer der Lizenzen ...................................... IV. Abwertungen................................................... V. Anfangsvergabe ................................................ VI. Marktteilnehmer ................................................ VII. Möglichkeiten staatlicher Einflußnahme. ...........................

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F. Rechtliche Beurteilung der Zertifikatmodelle ........................ 42 I. Überblick über die rechtlichen Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 42 11. Verfassungsrechtliche Fragen ..................................... 43

6

Inhaltsverzeichnis

§ 2 Grundrechtliche Probleme

45

A. Abkehr vom ordnungsrechtlichen System und Umwandlung bestehender Rechtspositionen ............................................... 45 I. Konflikt mit grundrechtlichen Positionen der Altbetreiber . . . . . . . . . . .. 46 1. Die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) ..................... a) Eröffnung des Schutzbereichs .............................. aa) Schutzbereichsreduzierung bei umweltbe1astender Tätigkeit?

46 47 47

bb) Sachlicher Schutzbereich - Verleihung eines Emissionsrechts (1) Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff . . . . . . . . . .. (2) Nutzung des privatrechtlichen Eigentums an betrieblichen Mitteln ..................................... (a) Gewährleistung der Nutzung im Privatrecht (§§ 903, 905 BGB) ............................ (b) Einschränkende Normen des Privatrechts (§ 906 BGB) ........................................ (c) Regelung der Nutzung durch Normen des öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (aa) Immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 BImSchG ........................ (bb) Dynamische Grundpflichten des § 5 BImSchG (d) Zusammenfassung .............................

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(3) Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb ........ (4) Immissionsschutzrechtliche Genehmigung als solche. .. (a) Genehmigung als Leistungskriterium ............. (b) Ins-Werk-Setzung der Genehmigung ............. (5) Grund- bzw. Anlageneigentum i. V. mit der Betriebsgenehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (6) Zwischenergebnis .................. . .............. cc) Persönlicher Schutzbereich .............................

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52 54 56 57 59 63 64

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b) Staatlicher Eingriff in die Eigentumsposition ................. 2. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in eigentumsrechtliche Positionen ......................................... a) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit .......................... aa) Gratisvergabe der Lizenzen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) Ermittlung der Emissionskontingente ................ (a) Juristische Bezugsgrößen .......................

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(b) Tatsächliche Bezugsgrößen ..................... (2) Bezweckung verfassungs legitimer Ziele .............. (3) Erfordernis der Geeignetheit ........................ (4) Erforderlichkeit des Eingriffs .......................

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(5) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. . . . . . . . . . . . . . ..

83

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Inhaltsverzeichnis (a) Unangemessene Benachteiligungen durch den Verteilungsschlüssel entsprechend der tatsächlichen Anlagennutzung .................................. (aa) Elimination nicht genutzter Emissionsrechte ., (bb) Besonderheiten im Bemessungszeitraum ..... (cc) Maß der Anlagennutzung .................. (dd) Mitnahmeeffekte durch "Nachzügler" ....... (ee) Verfassungskonforme Korrekturmöglichkeiten. (b) Mögliche Härtefallrege1ungen ................... (aa) Schonende Übergangsregelungen ........... (bb) Gewährung finanzieller Ausgleichszahlungen . (cc) Zuteilung von Sonderlizenzen .............. (dd) Umverteilung des Lizenzguthabens ......... (ee) Erfordernis einer allgemeinen Härteklause1 . .. (6) Zwischenergebnis ................................. bb) Kostenpflichtige Vergabe ("Versteigerungslösung") ........ (I) Verfassungslegitime Ziele .......................... (2) Erfordernis der Geeignetheit ........................ (3) Erforderlichkeit des Eingriffs ....................... (4) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ................ (a) Abmilderung des Eingriffs durch Übergangsregelungen ........................................ (b) Gewährung von Entschädigungszahlungen ........ (5) Zwischenergebnis ................................. cc) Emissionsreduzierung durch Abwertungsklausel . . . . . . . . . . . (1) Regelmäßig stattfindende Abwertungen .............. (a) Eignung einer Abwertungsklausel ................ (b) Erforderlichkeit einer Abwertungsklause1 ......... (c) Angemessene Gestaltung eines Abwertungsmechanismus ....................................... (aa) Umfang und Maßstab der gerichtlichen NachpTÜfbarkeit der gesetzgeberischen Prognoseentscheidung ............................. (bb) Verpflichtung zur Beachtung des Standes der Technik? ................................. (2) In das behördliche Ermessen gestellte Abwertungen ... (3) Kombinierte Anwendung regelmäßiger und gesonderter Abwertung ........................................ (4) Zwischenergebnis ................................. b) Verletzung der Institutsgarantie durch Ausklammerung der Emissionsbefugnis aus dem Eigentum? ...................... aa) Parallele zur Beschränkung des Eigentumsinhalts bei Gewässernutzungen ...................................... bb) Besonderheiten bei der Nutzung der Luft zur Emission ....

7

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Inhaltsverzeichnis 3. Das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) ................. 4. Gleichheit und Systemgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) ........... a) Maßstab der Systemgerechtigkeit ........................... aa) Interne Systemgerechtigkeit ............................ (I) Vergabe der Emissionsrechte ........................ (2) Bestimmung des Marktumfangs ............ . . . ...... bb) Externe Systemgerechtigkeit ............................ b) Zwischenergebnis ......................................... 5. Ergebnis .................................... . ............... 11. Grundrechte der Neubetreiber .................................... I. Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) . . a) Verschiedenbehandlung der Alt- und Neubetreiber ............ b) Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ..................... aa) Verhältnismäßiger Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen ................................................ bb) Sachliche Rechtfertigung durch Befolgung des Prioritätsprinzips? ............................................. c) Auswirkungen auf die Organisation des Lizenzmarktes ........ aa) Rückfall frei werdender Kapazitäten an den Staat ......... bb) Bildung einer Lizenzreserve ............................ (I) Gefahr der Vergrößerung der Gesamtemissionsmenge .. (2) Denkbare Vergabemodalitäten ....................... 2. Ergebnis .................................... . ............... III. Grundrechte nicht emittierender Dritter ............................

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B. Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels . ...... I. Art. 14 GG .................................................... I. Schutzbereich ............................................... a) Vermögensbelastung durch Pflicht zum Lizenzerwerb ......... b) Zugriff auf individuell zurechenbare Emissionslizenzen ........ aa) Erworbene Lizenzen als privatrechtliche Positionen ....... bb) Erworbene Lizenzen als öffentlich-rechtliche Positionen ... (I) Kostenfrei zugeteilte Lizenzen ...................... (2) Auf dem Markt erworbene Lizenzen ................. cc) Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Lizenzinhaber .............................................. 2. Eingriff ..................................................... 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung ........................... a) Sich planmäßig vollziehende Eigentumseingriffe . . . . . . . . . . . . . . b) Nachträgliche eigentumsrelevante Maßnahmen ............... 11. Art. 12 GG .................................................... I. Anwendbarkeit .............................................. 2. Schutzbereich ............................................... a) Gewährleistung der Unternehmerfreiheit .....................

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Inhaltsverzeichnis

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b) Schutz juristischer Personen des Privatrechts ................. c) Schutz ausländischer Emittenten ............................ 3. Eingriff ..................................................... 4. Rechtfertigung der Einschränkung der Berufsfreiheit ............. a) Versuch einer "Stufenzuordnung" ........................... b) Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ............. c) Maßstäbe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ............... aa) Eingriffsintensität einer Berufsausübungsregelung ......... bb) Berufsausübungsregelung mit Wahlcharakter ............. (1) Wirkung einer subjektiven Zulassungsbeschränkung ... (2) Wirkung einer objektiven Zulassungsbeschränkung .... III. Art. 2 Abs. 1 GG ............................................... IV. Art. 3 Abs. 1 GG ............................................... V. Ergebnis.............................. . ........................

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

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A. Gebühren ......................................................... I. Verwaltungsgebühr .................................... . . . . . . . . . . II. Benutzungsgebühr .............................................. III. Verleihungsgebühr .............................................. 1. Tatbestandliche Voraussetzungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Weiter Leistungsbegriff ................................... . b) Enger Leistungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Stellungnahme ............................................ d) Rechtsverleihung oder Duldung der Nutzung als maßgebende staatliche Leistung? ....................................... aa) Abgrenzung zur Duldungsgebühr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Verleihung eines Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachliche Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundrechte des Gebührenbelasteten ........................ aa) Abgrenzung zu anderen durch die Gebühr verursachten Belastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mögliche Grundrechtsbeeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Maßstäbe für die Bestimmung der verfassungsrechtlich zulässigen Gebührenhöhe ........................................ aa) Äquivalenzprinzip und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit .. bb) Berücksichtigung der intendierten Lenkungswirkung ....... cc) Zusammenfassung ..................................... c) Kompensatorische Funktion der Verleihungsgebühr ............

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Inhaltsverzeichnis aa) Genehmigung gemäß § 6 BImSchG 184 bb) Verfassungsrechtliche Grenzen der Ausgestaltung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsanspruchs . . . . . . .. 185 3. Zwischenergebnis ............................................ 187

B. Beitrag ........................................................... . 187 C. Steuer ......... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D. Sonderabgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 E. Sonstige nicht-steuerliche Abgaben .................................. I. Grundsätze des Wasserpfennig-Beschlusses des BVerfG ............. 1. Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung .......... 2. Konsequenzen für die materiellrechtliche Beurteilung nicht-steuerlicher Abgaben .............................................. a) Sachliche Legitimation durch Abschöpfung eines Sondervorteils ..................................................... b) Hinreichende Unterscheidbarkeit der nicht-steuerlichen Abgabe von der Steuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Vollständigkeit des Haushaltsplanes ......................... 3. Bedeutung des "Wasserpfennig-Beschlusses" .................... 11. Zusammenfassung ..............................................

189 189 189

F. Ergebnis

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§ 4 Bewertung der Ergebnisse und Ausblick

190 190 192 192 193 195

196

Literaturverzeichnis ................................................... 202 Sachverzeichnis ....................................................... 218

Abkürzungsverzeichnis a.A. aaO. Abs. abw. a.E. a.F. AktG allg. Anh. Anm. AO AöR Art. AtG Aufl. ausf. BayVBI. BB BBergG Bd. begr. Bek. BFHE BGB BGBI. BGH BGHZ BImSchG BI. BNatSchG BTDrs. BVerfG BVerfGE BVerwG

andere(r) Ansicht am angegebenen Ort Absatz, Absätze abweichend am Ende alte Fassung Aktiengesetz allgemeinee) Anhang Anmerkung Abgabenordnung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren [Atomgesetz] Auflage ausführlich( en) Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Bundesberggesetz Band begründet Bekanntmachung Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundes-Immissionsschutzgesetz Blatt Bundesnaturschutzgesetz Drucksachen des Deutschen Bundestags Bundesverfassungsgericht Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht

12 BVerwGE BWaldG bzw. CAA DB ders. d.h. dies. Diss. DJT DM DÖV DVBl. ebd. EG EGBGB EGV (n.F.) Einf. Einl. entspr. etc. EU EuGH f., ff.

FAZ

FDP

Fn. FS GBl. GewArch GG ggf. GmbHG grdl. Hg. HGB h.M. hrsg. HStR i.d.F. i.d.R.

Abkürzungsverzeichnis Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bundeswaldgesetz beziehungsweise Clean Air Act Der Betrieb derselbe das heißt dieselbe Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Mark Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt ebenda Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum BGB Vertrag über die Europäische Union Einführung Einleitung entsprechend et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof folgende(r) Seite( n)/Paragraph(en) Frankfurter Allgemeine Zeitung Freie Demokratische Partei Fußnote(n) Festschrift Gesetzesblatt Gewerbearchiv Grundgesetz gegebenenfalls Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung [GmbH-Gesetz] grundlegend Herausgeber(in) Handelsgesetzbuch herrschende Meinung herausgegeben Handbuch des Staatsrechts in der Fassung in der Regel

Abkürzungsverzeichnis i.E. LH. v. insbes. i.S.d. i.S. v. i.V.m. JA jew. Jg. Jura JuS JZ krit. lit. Lit. LKV LS Mrd. m.w.N. Nachw. NdsVBI. NJW

Nr. NuR NVwZ NVwZ-RR NWVBI. o.g. OVG PrGS RdE RGBI. Rn. Rspr.

s. S.

s.o. sog. Sp. s.u. st. StGB str.

im Ergebnis in Höhe von insbesondere im Sinne des/der im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter jeweils Jahrgang Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung kritisch Buchstabe Literatur Landes- und Kommunalverwaltung Leitsatz Milliarde( n) mit weiteren Nachweisen Nachweise Niedersächsische Verwaltungsblätter Neue Juristische Wochenschrift Nummer(n) Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht NV wZ-Rechtsprechungs-Report Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter oben genannt( e) Oberverwaltungsgericht Preußische Gesetzessammlung Recht der Energiewirtschaft Reichsgesetzblatt Randnummer(n) Rechtsprechung siehe Seite(n), Satz oder Siehe siehe oben sogenannte(r/n) Spalte(n) siehe unten ständige(n) Strafgesetzbuch streitig

13

14 st. Rspr. SZ u.

u.a. UBA UPR UTR v. VBIBW. Verf. VerwArch VG VGH vgl. VOC Vorbem. VVDStRL VwGO WHG WiVerw WUR z. zahlr. ZAU z.B. ZfU zit. ZRP z.T. ZUR zzgl.

Abkürzungsverzeichnis ständige Rechtsprechung Süddeutsche Zeitung unten unter anderem Umweltbundesamt Umwelt- und Planungsrecht Schriftenreihe des Instituts für Umwelt- und Technikrecht vom; von Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verfasser Verwaltungsarchiv Verwaltungs gericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche flüchtige organische Verbindungen Vorbemerkung Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Wasserhaushaltsgesetz Wirtschaft und Verwaltung Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrecht zu; zum; zur zahlreiche en) Zeitschrift für angewandte Umweltforschung zum Beispiel Zeitschrift für Umweltrecht und Umweltpolitik zitiert Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil Zeitschrift für Umweltrecht zuzüglich

§ 1 Einführung Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument Nach wie vor stellt die Luftverschmutzung die dicht bevölkerten Industriestaaten vor erhebliche Umweltschutzprobleme. Obwohl in den vergangenen Jahren schon zum Teil beachtliche Erfolge bei der Luftreinhaltung erzielt werden konnten, ist die Belastung der Luft mit Schadstoffen insgesamt immer noch hoch und verursacht erhebliche Umweltgefahren. 1 Dabei ist bei den von der Luftverunreinigung ausgehenden Gefahren eine Akzentverschiebung zu beobachten. Während unmittelbar gesundheitsschädlichen und häufig nur regional begrenzten Belastungen zunehmend weniger Bedeutung beigemessen wird, haben globale Probleme wie die drohende Erdklimaveränderung durch die Akkumulation sogenannter Treibhausgase zunehmend an Bedeutung gewonnen. 2 Die Aufgabe, eine Verbesserung der Luftqualität effektiv und angesichts wirtschaftlicher Problemlagen auch möglichst kostengünstig, mit anderen Worten effizient3 zu verwirklichen, ist daher von ungebrochener Aktualität. 4

A. Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung in der Luftreinhaltepolitik Im Bereich der Luftreinhaltung bieten sich dem Gesetzgeber im wesentlichen zwei verschiedene Wege, umweltbelastendes Verhalten der Emittenten zu beeinflussen. Neben oder anstelle von Maßnahmen der direkten Ver1 Vgl. etwa den Sechsten Immissionsschutzbericht der Bundesregierung (199094), BTDrs. 13/4825, 39 ff. und jüngst den Bericht des Rats von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 2000, Rn. 140 ff. 2 Dazu knapp Kloepfer, Umweltrecht, § 14 Rn. 4; BTDrs. aaO., S. 40 ff.; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 2000, Rn. 26, 134 ff. 3 Zur Unterscheidung des Begriffspaars gerade im Hinblick auf den Umweltschutz, s. Zimmermann, Erfolgskontrolle der Umweltpolitik, S. 29 f. 4 Im Zeitraum von 1985 bis 1995 betrug der Anteil der Investitionen und laufenden Ausgaben des produzierenden Gewerbes in den alten Bundesländern für die Luftreinhaltung 50,3 % aller Umweltschutzinvestitionen (Gesamtvolumen: 193,4 Mrd. DM), Quelle: Statistisches Bundesamt, zit. nach: Die Zeit, Nr. 9 v. 19. 2. 1998, S. 22; eine Tabelle für den Zeitraum 1980 bis 1992 findet sich in BTDrs. 13/ 4825, 156. Zur wirtschaftlichen Bedeutung der Luftreinhaltepolitik auch Kabelitz, ZfU 1983, 153 f.

16 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

haltenssteuerung, die weitgehend Befehlscharakter haben, kann er auch "weiche" Instrumente einsetzen, die lediglich Anreize zu weniger umweltbelastendem Verhalten setzen und den Betroffenen eine gewisse Handlungsfreiheit bei der Befolgung der staatlicherseits erstrebten Umweltschutzziele belassen. I. Das herkömmliche Instrumentarium direkter Verhaltenssteuerung

Das gegenwärtige Immissionsschutzrecht setzt vorrangig auf Maßnahmen direkter Verhaltenssteuerung, die grundsätzlich mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden können und deren - rechtswidrige - Nichterfüllung mit Sanktionen geahndet wird. Die Ursprünge dieses Instrumentariums reichen weit zurück. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ging ursprünglich aus dem Gewerberecht hervor. Teil 11 des am 15. März 19745 in Kraft getretenen BImSchG entsprach weitgehend den §§ 16 ff. der Gew0 6 , welche ihrerseits ihre Wurzeln in der Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes7 und der Allgemeinen Gewerbeordnung für Preußen aus dem Jahre 1845 8 hatten. All diese Regelungen setzten an der Störereigenschaft des Emittenten an. Auch noch heute stellen viele Regelungen des BImSchG materiell-rechtlich betrachtet im Grundsatz - wenngleich im einzelnen fein ausdifferenziert bloß eine Ausgestaltung der polizeilichen Gefahrenabwehr auf dem Gebiet der schädlichen Umwelteinwirkungen (§ 1 BImSchG), insbesondere der Lufteinwirkungen (§ 3 Abs. I bis 4 BImSchG), dar. 9 Von maßgeblicher Bedeutung sind dabei die in § 1 BImSchG verankerten Prinzipien des Schutzes und der Vorsorge, welche durch die Grundpflichten des § 5 BImSchG für die Betreiber genehmigungs bedürftiger immissionsschutzrechtlicher Anlagen konkretisiert werden. Zur Verwirklichung dieser Prinzipien dienen administrative Kontrollinstrumente, die auf die unmittelbare Abwehr von Umweltgefahren oder die BGBl. I, S. 721, 1193. Zuvor "Reichsgewerbeordnung", Bekanntmachung v. 26. 7. 1900, RGBl., S. 871. 7 BGBl. des Norddeutschen Bundes, S. 245. 8 PrGS 1845, S. 41. Die Allgemeine Preußische Gewerbeordnung entwickelte die ordnungsrechtliche Generalklausel des Allgemeinen Preußischen Landrechts weiter. Näher dazu Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 6 Rn. 36; Feldhaus, WiVerw 1986,68 f.; GK-BImSchG-Blankenagel (Stand: Jan. 1995), § 4 Rn. 8; Tettinger, in: Tettinger/Wank, GewO, Einl. Rn. 8 ff. 9 Enders, Kompensationsregelungen, S. 17; ders., DÖV 1998, 188; vgl. auch Wickel, UPR 2000, 94 f. Zu einer Ausnahme sogleich B. III. 5

6

A. Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung in der Luftreinhaltepolitik

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Verhinderung von Umweltschädigungen gerichtet sind. Dazu zählen insbesondere normative Verpflichtungen zu einem bestimmten Verhalten, aber auch Ermächtigungen zum Erlaß von Einzelfallanordnungen und die für Anlagen größeren Umfangs geltende Genehmigungspflicht. 1o Auf der einen Seite bieten derartige Instrumente wegen ihrer klaren Ziel vorgaben einige Vorteile. So lassen sich - jeweils eine effektive Überwachung vorausgesetzt - die angestrebten Umweltschutzziele mit Mitteln des Ordnungsrechts schnell und wirksam erreichen; besonders in kritischen Situationen können meist nur Ge- und Verbote rasch die Gefahrdung beseitigen. 11 Auf der anderen Seite sind mit dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium, das in den Wirtschaftswissenschaften als "auflagengeprägte" Umweltpolitik bezeichnet wird 12, auch eine Reihe von Nachteilen verbunden. 13 Diese ergeben sich zunächst daraus, daß das Ordnungsrecht Umweltschutzprobleme gesetzestechnisch nach einem zu simplen Muster erfaßt, indem lediglich zwischen schädlichen und damit verbotenen und nichtschädlichen, also erlaubten Umwelteinwirkungen, unterschieden wird. 14 Für die Bestimmung der Schädlichkeit bzw. Unschädlichkeit einer Luftbelastung kommt es dabei grundsätzlich auf die Emissionsmenge oder die Immissionskonzentration an, welche zwar aufgrund naturwissenschaftlicher Kenntnisse, letztlich aber willkürlich von der Legislative oder vom untergesetzlichen Normgeber festgesetzt werden. 15 Diese Vorgehensweise hat zur Folge, daß sämtliche unter der Schädlichkeitsgrenze liegenden Emissionen, die auch eine Verschrnutzung der Umwelt verursachen, erlaubt sind und dennoch die Addition all dieser für sich genommen erlaubten Emissionen zu einer erheblichen Verschrnutzung führen kann. Zudem führt das Abstellen auf den "Stand der Technik" (immissionsschutzrechtliche Legaldefinition in § 3 Abs. 6 BImSchG)16 im Zusammenhang mit Emissionsgrenzwerten 10 Näher dazu: Feldhaus, DVBl. 1984, 553; SchmidtlMüller, Umweltrecht, § 1 Rn. 19; sehr ausführlich Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 34 ff. m. w. N. 11 Wicke, Umweltökonomie, S. 201; BenderlSparwasserlEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 135 (Fn. 201). 12 Wicke, Umweltökonomie, S. 195 ff.; Cansier, Umweltökonomie, S. 131 u. 204; ders., NVwZ 1994, 646; Endres, Umweltzertifikate, S. 3 ff.; ders., ZRP 1985, 197 ff. 13 Statt vieler: Wicke, Umweltökonomie, S. 202 ff.; Kabelitz, ZfU 1983, 160 ff.; WahllAppel, Prävention und Vorsorge, S. 28 ff.; Praml, RdE 45(1984), 270 f.; Endres, aaO., S. 3; HoppelBeckmann, Umweltrecht, § 9 Rn. 2; sehr ausführlich zum Vollzugsdefizit: Lübbe- Wolff, Modernisierung des Umweltordnungsrechts, S. 1 ff. 14 GK-BImSchG-Blankenagel (Stand: Jan. 1995), § 4 Rn. 12; Bender/SparwasseriEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 135. 15 Blankenagel, aaO., Rn. 12. 16 Der Stand der Technik ist abzugrenzen von anderen technischen Standards. Wie das Bundesverfassungsgericht im Kalkar-Beschluß herausgearbeitet hat, sind an den "Stand der Technik" höhere Anforderungen zu stellen als an die "allgemein

2 Mehrbrey

18 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

(z.B. § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i. V.m. Abschn. 3.1-3.2 Technische Anleitung [TA] Luft!7) zum bevorzugten Einsatz von "End-of-the-pipe-Technologien" (z. B. Filter). Ein solcher lediglich "additiver" Umweltschutz führt zur Vernachlässigung von sogenannten integrierten Lösungen, die den gesamten Produktionsprozeß berücksichtigen.!8 Darüber hinaus können ordnungsrechtliche Maßnahmen die betriebswirtschaftliche Situation einzelner Unternehmer und die volkswirtschaftlichen Belange nur vereinzelt berücksichtigen, so daß sie sich häufig unwirtschaftlich auswirken (Vorwurf der Ineffizienz).!9 Die Festlegung bestimmter Umweltgütestandards hat außerdem zur Folge, daß umwelttechnologisch notwendige Innovationen nicht genügend angeregt werden, da solche Neuerungen keine Kostenreduzierung versprechen?O Nachteilig ist ferner, daß die Behörden häufig nicht über die notwendigen Kenntnisse verfügen, welche Möglichkeiten der einzelne Anlagenbetreiber zur Vermeidung von Umweltbelastungen hat (Nachteil des Informationsdefizits).2! Daher bleiben Maßnahmen zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen häufig deutlich hinter gesetzlichen Regelungen zurück. Das sich daraus ergebende - viel beklagte - "Vollzugsdefizit" wird durch die ständig zunehmende Regelungsdichte im Umweltrecht noch verstärkt. 22

anerkannten Regeln der Technik", hingegen niedrigere als an den "Stand von Wissenschaft und Technik" (BVerfGE 49, 89(136». Dazu ausführlich TettingerlAsbeckSchröder/Mann, Vorrang der Abfallverwertung, S. 66 ff. 17 Erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BImSchG v. 27. 2. 1986, GMBI. S. 95, ber. S. 202. 18 Statt vieler Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 135; § 6 Rn. 115. Vgl. aber auch Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 8, der auf Elemente des Vorsorgeprinzips hinweist, die den gesamten Produktionsprozeß berücksichtigen (z. B. §§ 32 ff. BImSchG). 19 Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 9 Rn. 2 m. w. N.; Wicke, Umweltökonomie, S. 202 f.; Endres, Umweltzertifikate, S. 3; Wagner, NVwZ 1995, 1047 f.; näher dazu sogleich 11. 20 Wicke, Umweltökonomie, S. 204; Hoppe/Beckmann, aaO., Rn. 2; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 137 ("Vom Ordnungsrecht gehen eben keine Impulse aus, normative Gebote überzuerfüllen."). 21 Vgl. Enders, DÖV 1998, 184. 22 Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 97 (mit weiteren Gründen); Hoppe/Beckmann, aaO., Rn. 2; Cansier, Umweltökonomie, S. 207 f. Zum Vollzugsdefizit s. Lübbe-Wolff, Modemisierung des Umweltordnungsrechts, S. 1 ff.; dort aber auch kritisch zur Vollzugsfreundlichkeit von Emissionszertifikaten (aaO., S. 134 ff.); zu letzterem s. auch van EgterenlWeber, JEEM 1996, 161 ff. und Stüerl Spreen, UPR 1999, 164.

A. Möglichkeiten der Verhaltenssteuerung in der Luftreinhaltepolitik

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11. Möglichkeiten indirekter Verhaltenssteuerung (ökonomische Instrumente)

Angesichts dieser Schwächen des ordnungsrechtlichen Systems wird zunehmend befürwortet, das Instrumentarium des unmittelbaren Zwangs um Elemente der mittelbaren Verhaltenslenkung zu ergänzen. 23 Die Anreizwirkung muß hierbei, wie die Instrumente der Umweltinformationen und der Umweltabsprachen zeigen 24 , nicht notwendig auf finanzielle Interessen des Umweltnutzers abzielen. Vorwiegend soll die Steuerung des umweltbelastenden Verhaltens aber durch ökonomische Anreize erfolgen. Solche Instrumente, wozu insbesondere (direkte und indirekte) Subventionen, Umweitabgaben, Haftpflichtmodelle und Umweltzertifikate zählen, werden daher ökonomische oder auch marktwirtschaftliche Instrumente genannt. 25 Die Konzeption der marktwirtschaftlichen Instrumente wurde vorwiegend von einer eigenen Fachrichtung der Wirtschaftswissenschaften, der Umweltökonomie, geprägt. 26 Gegenstand der Umweltökonomie ist die Einbeziehung ökologischer Parameter in wirtschaftswissenschaftliche Theorien, Analysen und Kostenrechnungen. 27 Die Besonderheit besteht darin, die natürliche Umwelt als ein Produkt zu betrachten: Umweltgüter stellen wegen ihrer freien Verfügbarkeit "öffentliche" bzw. "freie Güter" dar. Die Nutzung der freien Güter wirkt sich - etwa durch Umweltschäden - auf andere Wirtschaftssubjekte aus, ohne daß diese das wünschen oder auf dem Markt über diese Auswirkungen Übereinkunft erzielen konnten ("externe Effekte")?S 23 Wicke, Umweltökonomie, S. 205 f.; Cansier, Umweltökonomie, S. 214 ff.; Bender/SparwasseriEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 137 m. w. N. Zu Nachteilen der marktwirtschaftlichen Instrumente hingegen Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 227 a. E., der ihren Einsatz aber mit Einschränkungen auch befürwortet (aaO., § 5 Rn. 162,317). 24 Zu diesen Instrumenten Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 163 ff., 187 ff. mit zahlreichen Untergliederungen. Das BVerfG (E 98, 106(121» unterscheidet neuerdings zwischen einer zielgebundenen Kooperation und einer zielorientierten (steuerlichen) Verhaltenslenkung. 25 Rehbinder, Ökonomische Instrumente, S. 70 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 227, der zu Recht darauf hinweist, daß es in Wirkungsweise und -funktion vielfältige Überschneidungen zwischen dem ordnungsrechtlichen und dem ökonomischen Instrumentarium gibt. Im folgenden soll dennoch an dieser Dichotomie festgehalten werden, da es in diesem Zusammenhang nur auf die grundsätzliche Funktionsweise der Instrumentarien ankommt. 26 s. nur die Monographien von Cansier, Wicke, Tischler u. Bartmann; zahlreiche Nachweise auch bei Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 270 (Fn. 540). Im folgenden können die Grundzüge der maßgeblichen Theorien nur stark vereinfacht wiedergegeben werden. 27 Wicke, Umweltökonomie, S. 9 m. w.N.; Tischler, Umweltökonomie, S. 5, jeweils unter Verweis auf BTDrs. 6/2710, 63 f. (Umweltprogramm der Bundesregierung 1971).

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20 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

Die durch die Umweltnutzung verursachten "negativen externen Kosten" tragen jedoch entgegen dem Verursacherprinzip nicht deren Urheber, sondern die Gemeinschaft. 29 Aufgabe der Umweltpolitik muß es daher zunächst sein, die externen Umweltnutzungskosten zu "internalisieren", sie also dem Verursacher aufzuerlegen. Ein wirtschaftlich denkender Anlagenbetreiber wird stets das weniger umweltschädliche Verhalten wählen, welches für ihn mit den geringsten Kosten verbunden ist. Dadurch, daß ihm selbst die Entscheidung überlassen wird, auf welche Weise er die jeweils vorgegebenen Umweltschutzziele erreichen will, soll ein möglichst schonender, effizienter Umgang mit den knappen Umweltressourcen30 erreicht werden. Die damit erstrebte optimale Aufteilung der Nutzungen bezeichnet man als "Allokation". Von zentraler Bedeutung ist in der Umweltökonomie damit die Ermittlung des monetären Werts der Umweltbelastung. Indem die Umwelt als Produkt behandelt wird, kann die "Nachfrage", also die gewünschte Nutzung, in Verbindung mit dem "Angebot", der Verfügbarkeit dieses Gutes, zur Bestimmung eines "Preises" jeder einzelnen Umweltnutzung führen. Da wegen der vielfältigen rivalisierenden Nutzung (freie) Umweltgüter sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht knapp sind, müßte sich die begrenzte Zugriffsmöglichkeit auf diese Güter bei einem funktionierenden 28 Wicke, Umweltökonomie, S. 44; Koenig, DÖV 1996, 945. Als "extern" werden die Auswirkungen bezeichnet, weil sie nicht über den Markt erfaßt und bewertet werden. Dabei wird weiterhin zwischen technologischen und pekuniären externen Effekten unterschieden, s. Kemper, Umweltproblem, S. 5 (Fn. 5). 29 Wicke, Umweltökonomie, S. 43; Enders, DÖV 1998, 184; Koenig, DÖV 1996, 943 ff., der in dieser "Verschonungssubvention" zugleich einen - wenn auch kaum justitiabien - Verstoß gegen Art. 20a GG sieht. Die ökologischen Kosten - im Bereich der Luftreinhaltung z. B. die Aufwendungen für die Behandlung luftschadstoffbedingter Krankheiten oder die Folgekosten der durch S02 verursachten Wald- und Gebäudeschäden - gehen jedoch nicht in die Berechnung des Bruttosozialprodukts ein und können daher auch als "extern" bezeichnet werden (s. vorige Fn.). Anhaltspunkte für die Zusammenhänge zwischen wirtschaftlichen Aktivitäten und Umweltveränderungen lassen sich den regelmäßigen Berichten des wissenschaftlichen Beirats "Umweltökonomische Gesamtrechnungen" (UGR) entnehmen, wenngleich auch diese nicht ein "Öko-Sozialprodukt" ermitteln (die Berichte des Beirats sind abrufbar unter http://www.destatis.de/allg/d/veroe/d_ugr2001b.htm (Stand: August 2002)). Zum Problem auch BenderiSparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 135 (Fn. 203); allg. zum monetären Wert der Umweltbelastung: Wicke, Umweltökonomie, S. 60 ff. 30 Diese Forderung nach "Nachhaltigkeit" ("sustainable development") enthält die sog. "Rio-Deklaration", die aus der 1992 in Rio de Janeiro/Brasilien abgehaltenen Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) hervorging und durch die "Agenda 21" näher ausgestaltet wurde. Der Gedanke der nachhaltigen Entwicklung prägt auch zunehmend die nationale und europäische Umweltpolitik (vgl. § 1 Nr. 1 BWaldG; § lAbs. 1 BNatSchG; Art. 6, 174 EGV). Ausführlich Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 6, 24; § 9 Rn. 15, 92 ff.

B. Funktionsweise handelbarer Umweltzertifikate

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Markt in steigenden Preisen niederschlagen und damit den Wachstumseffekt des Preismechanismus in Gang setzen. Die bisherige Umweltpolitik hat zur Bildung solcher funktionierenden Märkte für Umweltgüter nur wenig beigetragen. 3l Die Umweltökonomie sieht es daher als eine ihrer wesentlichen Aufgaben an, Konzepte für die Bildung solcher Märkte zu entwickeln.

B. Funktionsweise handelbarer Umweltzertifikate In besonders markanter Weise verwirklichen die sogenannten Zertifikatmodelle das Ziel, einen Markt für Umweltgüter zu schaffen. 32 Grundidee ist dabei, das Recht zum Ausstoß von Schadstoffen zu einem Handelsgut zu machen. Für ein bestimmtes Gebiet wird eine Gesamtemissionsmenge, also die höchstzulässige Verschrnutzung, festgelegt. Diese Menge wird in mehrere Teilelemente aufgeteilt (sogenannte Emissionsrechte).33 Sodann werden die Nutzungsbefugnisse an die Emittenten verteilt 34 und sollen fortan zu Marktpreisen handelbar sein. Der Schadstoffausstoß ist danach nur zulässig, wenn er von einem entsprechenden Emissionsrecht gedeckt ist. I. Effizienzgewinne Wesentliche Zielsetzung des Lizenzmodells ist die Herbeiführung einer maximalen gesamtwirtschaftlichen Kostensenkung zur Erreichung des vorgegebenen Umweltstandards?5 Dem liegt die Vorstellung zugrunde, daß je31 Näher dazu Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 11 f.; Tischler, Umweltökonomie, S. 31 ff. 32 Auch hier gilt, daß im Rahmen dieser Arbeit nur auf die wesentlichen Grundzüge des Modells eingegangen werden kann; zur Vertiefung bietet sich die umweltökonomische Literatur an, etwa Wicke, Umweltökonomie, S. 383 ff.; Scheeihaase, Zertifikate, S. 97 ff. Sofern ein Funktionselement für die rechtliche Beurteilung von besonderer Bedeutung ist, erfolgt eine detailliertere Erörterung im jeweiligen Zusammenhang. 33 Die Begriffe "Zertifikat", ,,(Nutzungs-)Lizenz", "Emissionsrechtl-befugnis" werden in dieser Untersuchung synonym gebraucht; polemische Bezeichnungen wie "Verschmutzungsrechte" (Feldhaus, DVBI. 1984, 554; Malunat, NuR 1984, 2; Rusch, Ordnungspolitik vs. Abgabenpolitik, S. 47; dagegen: Kabelitz, ZfU 1983, 165) sind unangebracht. Gleichrangiger Gebrauch wird auch von den Begriffen "Erlaubnis" und "Genehmigung" gemacht, die sich jeweils nur auf die ordnungsrechtliche Genehmigung i. S. v. § 4 ff. BImSchG beziehen. Im englischen Sprachraum finden sich für Zertifikate folgende Bezeichnungen: "permits, allowances, tradeable (emission) rights, pollution rights". 34 Zu den näheren Modifikationen der Vergabe s. § 2 A. I. 2. a). 35 Die Einsparmöglichkeiten werden auf bis zu 90 Prozent geschätzt, vgl. KlaassenlPearce, Environmental and Resource Economics 1995, 86 m. w. N. Dazu aus der juristischen Literatur: Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 24 ff.; Wasmeier,

22 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

der Umweltverschmutzer bestrebt ist, seine einzel wirtschaftlichen Kosten zu minimieren. Wie sich der einzelne Marktteilnehmer verhält, wird daher entscheidend davon abhängen, welche Kosten er tragen muß, um Umweltbelastungen zu vermeiden. Er wird nur dann Zertifikate erwerben, wenn sie kostengünstiger sind als die Durchführung der Reinigungsleistung. 36 Andernfalls wird der Emittent die von ihm verursachte Umweltbelastung durch Reinigungsleistungen vermindern, um in der Folge weniger Umweltlizenzen erwerben zu müssen und vorhandene Überschüsse verkaufen zu können. Der sich aus diesen Transaktionen bildende Preis für das einzelne Emissionsrecht wird sich modelltheoretisch den Grenzvermeidungskosten annähern. Darunter versteht man die finanziellen Aufwendungen, die erforderlich sind, um eine bestimmte Emissionseinheit zu vermeiden. 37 Das Modell führt damit aufgrund der - im Gegensatz zum traditionellen ordnungsrechtlichen Instrumentarium - bestehenden Handlungsalternative zu einer höheren Effizienz des Umweltschutzes und für den einzelnen Unternehmer zu einer geringeren wirtschaftlichen Belastung. 11. Verbesserung der Umweltqualität

Der Markthandel allein garantiert noch keine qualitative Verbesserung des Umweltschutzes. Eine Verbesserung des Umweltniveaus kann allerdings auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Bereits bei der Eröffnung eines Marktes handelbarer Umweltzertifikate muß die Gesamtemissionsmenge, also die Anzahl aller umlauffähigen Zertifikate, von einer politischen Instanz festgelegt werden. Wird dabei die Menge des insgesamt zulässigen Schadstoffausstoßes unterhalb des vor der Einführung des Modells üblichen Emissionsvolumens angesetzt, liegt bereits darin eine Reduzierung der Umweltbelastung. Auf weniger abrupte Weise kann eine Reduzierung der erlaubten Emissionsmenge dadurch erfolgen, daß mit zunehmender Zeitdauer die Emissionsmenge verringert wird, indem von vornherein Abwertungsraten für die einzelnen Emissionsrechte festgelegt werden. Eine weitere Möglichkeit zur nachträglichen Reduzierung der Zertifikatmenge ist die Einziehung einzelner Emissionsrechte durch eine zentrale Instanz.

NuR 1992, 220. Ob die Einrichtung eines Lizenzsystems auch für den Staat mit weniger Kosten verbunden ist, ist umstritten und hängt erheblich von den jeweiligen Marktgegebenheiten ab, vgl. die Untersuchungen von WinebrakelFarrelllBernstein, Resource and Energy Economics 1995, 239 ff. und Tietenberg, Environmental and Resource Economics 1995, 99 ff. 36 Rusch, Ordnungspolitik vs. Abgabenpolitik, S. 48. 37 Scheelhaase, Zertifikate, S. 123 ff.

B. Funktionsweise handelbarer Umweltzertifikate

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111. Abgrenzung zu Kompensationsmodellen

Ein dem Zertifikatsystem verwandtes Konzept, das auf dem Austausch von Emissionsrechten basiert, sind die sogenannten Kompensationslösungen. Diese eröffnen den Unternehmen innerhalb des ordnungsrechtlichen Rahmens Entscheidungsspielräume für Umweltschutzmaßnahmen?8 Im Kern geht es darum, innerhalb eines staatlich vorgegebenen Immissionsoder Emissionswertes die "Übererfüllung" des Zielwertes für andere Bereiche nutzbar zu machen, indem die überobligationsmäßige Anstrengung auf diese angerechnet wird. Dabei kann der abgegrenzte Luftraum, auf den sich der "Austausch" beziehen kann (sogenanntes Glockenprinzip39), unterschiedlich groß sein. In Betracht kommt beispielsweise entweder nur der Austausch zwischen einzelnen Betriebsteilen desselben Unternehmens oder sogar ein Austausch zwischen entfernt gelegenen unterschiedlichen Unternehmen.

In der Bundesrepublik wurden eine Reihe verschiedener Kompensationskonzepte im Bereich der Luftreinhaltung erprobt. 4o Besondere Bedeutung hat dabei angesichts der Deutschen (Wieder-)Vereinigung die aus Art. 1 § 3 DDR-URG übernommene und durch den Einigungsvertrag in das BImSchG transformierte Vorschrift des § 67a Abs. 2 BImSchG erlangt. 41 Die Kompensationsmodelle haben mit der Zertifikatslösung nur den ökonomischen Grundgedanken gemeinsam, sind im übrigen rechtlich aber nur wenig vergleichbar, weil sie im wesentlichen nur eine Flexibilisierung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedeuten. 42 Daher bleiben sie im folgenden außer Betracht. 43

Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 306 ff. Dies ist angelehnt an die "Bubble Policy", die in den Vereinigten Staaten von Amerika durch die oberste amerikanische Umweltbehörde EPA (Environmental Proteetion Agency) bereits seit 1975 durchgeführt wurde, vgl. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 307 und Endres, Umweltzertifikate, S. 19 ff. 40 Eine Übersicht zur Entwicklung der staatlichen Regelungen gibt beispielsweise Rehbinder, Kompensationen, S. 29 ff.; über Erfahrungen aus dem Modellgebiet "Kannenbäckerland" berichten Gawel/Ewringmann, NuR 1994, 120 ff. 41 Näher dazu Rehbinder, aaO., S. 29, 47 ff. 42 Zur Abgrenzung der Zertifikatsmodelle von sog. Konzessionssystemen s. Wieland, Konzessionsabgaben, S. 128 f. 43 Weiterführend zur rechtlichen Problematik der Kompensationslösungen: Rehbinder, Kompensationen, S. 28 ff. und ders., Kompensationen und Umweltlizenzen außerhalb des Bereichs der Luftreinhaltung, S. 216 ff.; Enders, Kompensationsregelungen, S. 169 ff.; ders., DÖV 1998, 185 ff.; Körner, Kompensationen, S. 39 ff. Die Entwürfe zum UGB sehen Kompensationslösungen vor und erweitern auch ihren bisherigen Anwendungsbereich, vgl. §§ 202 f. UGB-KomE; §§ 89 ff. UGBProfE, s. Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 313. 38

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24 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

C. Entwicklungsgeschichte des Umweltzertifikatmodells Als "Erfinder" des Zertifikatmodells gilt der kanadische Nationalökonom John H. Dales, der im Jahre 1968 die Idee handelbarer Umweltzertifikate ("pollution rights") erstmalig veröffentlichte. 44 Dales45 knüpfte an die Theorie der "property rights" von Ronald H. Coase an, nach der die Beseitigung externer Effekte und die optimale Allokation von Umweltbelastungen durch die eindeutige Zuteilung von Eigentumsrechten und anschließende Verhandlungen zwischen Schädigern und Geschädigten erfolgen sollte. 46 Beide Autoren stimmen darin überein, daß sie im Fehlen von Eigentumsrechten eine wesentliche Ursache für eine Vielzahl umweltbelastender externer Effekte sehen. Während Coase jedoch die Zuteilung von Eigentumsrechten vorschlägt47 , möchte Dales lediglich das Recht an einer genau festgelegten Nutzung der Umwelt in Form von Lizenzen verbriefen. 48 Vorwiegend nordamerikanische Umweltökonomen griffen die Idee handelbarer Nutzungszertifikate auf und entwickelten sie stetig weiter. 49 In Deutschland setzte erst in den achtziger Jahren eine rege Diskussion über die Anwendungsmöglichkeiten des Zertifikatmodells ein. 5o Nachdem die Realisierbarkeit jedoch überwiegend skeptisch beurteilt worden war51 und sich auch die Bundesregierung in der 10. Legislaturperiode vorläufig gegen 44 Die ursprüngliche Konzeption beschränkte sich auf den Gewässerschutz in Ontario/Kanada, vgl. Dales, Pollution, Property and Prices, S. 77 ff., 93 ff. 45 Etwa aaO., S. 58 ff. 46 Coase, Journal of Law and Economics, 3 (1960), 1 ff. Das Zertifikatmodell begründet hingegen kein Eigentum an dem betreffenden Umweltmedium; dies verkennt Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 73 (Fn. 8). Diese Prämisse hat Dales (Pollution, Property and Prices, Einleitung, S. 5) gleich zu Beginn seiner wegweisenden Untersuchung dezidiert offengelegt: "It is very important to grasp the idea ... that you never own things but only rights to the use of those things" (Hervorhebungen im Original). 47 Coase, aaO. 48 Dales, Pollution, Property and Prices, S. 93 ("each Right giving whoever buys it the right to discharge one equivalent ton of wastes"). Wenn hier von der "Nutzung der Luft" die Rede ist, ist stets deren Deponiefunktion gemeint und nicht deren Konsum- bzw. Ressourcenfunktion; näher zu diesen Begriffen Cansier, Umweltökonomie, S. 13. 49 So etwa Montgomery, Journal of Economic Theory (1972), 395 ff. 50 Allen voran Bonus, Instrumente, S. 84 ff.; ders., Analyse, S. 103 ff.; ders., Marktwirtschaftliche Konzepte, S. 13 ff. Des weiteren (u.a.): Müller-Witt, ZfU 1981,371 ff.; Benkert, NuR 1983,295 ff.; Kabelitz, ZfU 1983, 153 ff.; HoffmannRiem, WiVerw 1983, 134 ff.; P. Kirchhof, NVwZ 1988, 102 f.; Ladeur, UTR 5(1988), 321 f.; Nießlein, UTR 5(1988), 80 ff.; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme; Kemper, Umweltproblem; Gerlach, Privatrecht und Umweltschutz, S. 138 ff.; Wolf, UTR 12(1990), 244 ff. In den siebziger Jahren lediglich Frowein, Emissionsabgaben und Verschmutzungsrechte, S. 16 ff.

C. Entwicklungsgeschichte des Umweltzertifikatmodells

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die Einführung des Modells ausgesprochen hatte52 , erlahmte das Interesse rasch. Eine Renaissance erlebten die Lizenzmodelle Anfang der neunziger Jahre, als sie erstmals in großem Rahmen in die umweltpolitische Praxis integriert wurden. 53 Am 15. November 1990 wurde in den Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen der Novellierung des vierten Abschnitts des Clean Air Act (CAA)54 ein - gegenüber dem Grundmodell erheblich modifizierter - Markt handelbarer Umweltzertifikate für Schwefeldioxid-Emissionen eröffnet. 55 Auf diesem Markt, der das bisherige ordnungsrechtliche Instrumentarium ergänzt, können Lizenzen (allowances) landesweit gekauft und verkauft, ge- und vermietet oder für zukünftige Jahre angespart werden. 56 Trotz der strengen umweltpolitischen Zielvorgaben des Programms, das eine erhebliche Verminderung der SOr und NO x -Emissionen57 anstrebt, erhoffte sich der Gesetzgeber durch den Zertifikathandel jährliche Einsparungen von über einer Milliarde US-Dollar. 58 Die Novelle des Clean Air Act wurde in den Vereinigten Staaten als Meilenstein der Luftreinhaltepoli51 Schärer, ZfU 1984,292 f.; Feldhaus, DVBI. 1984,554; Praml, RdE 45(1984), 272; Magerl, RdE 45(1984),276. 52 Vgl. insbesondere den Bericht der interministeriellen Arbeitsgruppe aus dem Jahre 1983, in: BTDrs. 10/1354, 55(57). 53 In den achtziger Jahren hatten Umsetzungen des Zertifikatmodells meist eher experimentellen Charakter (v gl. die Aufzählung sub D.). Ernsthaftere Bestrebungen, Umweltzertifikate einzuführen, gab es nur in den Vereinigten Staaten von Amerika. Zum sog. "Emissions Trading"-Programm, das bis zum Jahr 1974 zurückreicht: Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 109 ff.; Zapfel, ZfU 1997, 424; Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 85 ff., jeweils m. w.N. 54 "Acid Deposition Program", United States Code, Title 42 (42 U.S.c.) sec. 7401 ff. (im folgenden wird die anglo-amerikanische Zitierweise verwendet: Die Paragraphenangabe wird "sec." (für: section) abgekürzt, danach werden - jeweils in Klammem - Absätze in kleinen lateinischen Buchstaben, Unterabsätze in arabischen Zahlen angegeben; vgl. dazu auch Wasmeier, NuR 1992, 219 (Fn. 2) und Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 137 (Fn. 3) m. w. N. Der Normtext des Clean Air Act ist im Internet unter folgender Adresse zugänglich: http:/ / www.epa.gov/oar/caa (Stand: August 2002) Allg. zum Vergleich des deutschen und des amerikanischen Umweltrechts: Jarass, NuR 1993,49 ff. 55 Parallel zum "Acid Rain Pro gram" wurde 1994 in Südkalifornien ein weiteres Zertifikatsystem zur Reduzierung der NO x- und SOx-Emissionen etabliert ("Regional Clean Air Incentive Markets" = "RECLAIM"). Vgl. dazu FrommlHansjürgens, ZAU 1994, 211 ff.; BaderlRahmeyer, ZfU 1996, 43 ff. und darauf Bezug nehmend Zapfel, ZfU 1997, 421 ff.; Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 137 ff.; Wagner, NVwZ 1995, 1051. 56 EndreslSchwarze, Acid Rain-Programm, S. 138; Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 83. 57 NOx-Lizenzen werden erst seit 1996 gehandelt, die dabei angewandten Mechanismen ähneln dem Zertifikatmodell jedoch nur noch entfernt, EndreslSchwarze, aaO., S. 142 (Fn. 12) m.w.N.

26 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

tik und als wichtigstes marktgesteuertes Projekt in der Umweltrechtsgeschichte bewertet. 59 Mit einiger zeitlicher Verzögerung wurde diese neue Entwicklung in der Luftreinhaltepolitik auch diesseits des Atlantiks gewürdigt. 60 Es erschienen nun auch verstärkt rechtswissenschaftliche Beiträge, in denen die Integration des Modells in die hiesige Rechtsordnung für möglich gehalten wurde. 61 Nichtsdestotrotz stand trotz zunehmender Beteuerungen der Politik, marktwirtschaftliche Instrumente verstärkt einsetzen zu wollen62 , die Einführung des Umweltzertifikatmodells in die umweltpolitische Praxis zunächst noch aus. 63 Auch die Entwürfe zur Entwicklung eines einheitlichen 58 Die Schätzungen unterschieden sich der Höhe nach sehr. Endres/Sehwarze, aaO., S. 138, führen eine angestrebte Kostenvermeidung i. H. von 3-4 Mrd. US-$ an, Jaeobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 122 m. w. N., dagegen nur i. H. von einer Mrd. US-$, während Rieo, Environmental and Resource Economics 1995, 120, eine Einsparung von bis zu zwei Mrd. US-$ prognostizierte. Den ersten Erfahrungen nach liegt der Einspareffekt deutlich über einer Milliarde Dollar (Jaeobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 135). Vgl. dazu http://www.epa.gov/acidrain/ reducs.html (Stand: April 2000). 59 Rieo, Environmental and Resource Economics 1995, 128; Fiehthom, Environmental Law 21 (1991), 2069 ff. Wegen der Bedeutsamkeit des Projekts und der zahlreichen innovativen Fortentwicklungen des Zertifikatmodells werden die Regelungen des amerikanischen Emissionsrechtemarktes in dieser Untersuchung als mögliche Ausgestaltungsmöglichkeiten eines deutschen Lizenzmarktes berücksichtigt. 60 Fromm/Hansjürgens, ZAU 1994, 211 ff. [zum kalifornischen RECLAIM-Programm]; dies., ZfU 1994, 473 ff.; Endres/Sehwarze, Acid Rain-Programm, S. 137 ff.; Jaeobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 117 ff. [jeweils zur Novellierung des Clean Air Act], alle m. w. N. 61 Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 92 ff.; Bothe, NVwZ 1995, 943; Koenig, DÖV 1996,945 ff.; Enders, DÖV 1998, 184 ff.; StüerlSpreen, UPR 1999, 161 ff.; Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 298. Dezidiert auch Kloepfer, ZAU 1996, 64 (Fn. 25): es sei "lediglich eine Frage der Zeit ... , wann auch in der Bundesrepublik Deutschland angesichts der Umweltsituation die Rechtswissenschaft ihre distanziertkritische Haltung gegenüber einem Zertifikatmodell aufgeben wird"; krit. hingegen Manssen, UTR 36(1996), 137 ff. Für die Schweiz Jaeobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 173 ff. 62 So auch der frühere Bundesumweltminister Töpfer, in: Umweltzerstörung und Ressourcenverschwendung, S. 80, der in diesem Zusammenhang auch versprach, sich für die Schaffung "ökologisch ehrlicher Preise" einsetzen zu wollen (aaO., S. 79). Neuerdings etwa BTDrs. 13/4825, 85: "Den ökonomischen Instrumenten wird verstärkte Bedeutung zukommen", wobei auch Lizenzlösungen ausdrücklich genannt werden (dazu sogleich im Text). 63 Dies galt bislang für alle europäischen Staaten. Die einzige Ausnahme bildeten in der Schweiz die beiden Basler Halbkantone (Basel-Stadt und Basel-Landschaft), in denen die Instrumente der Emissionsgutschriften und des Emissionsverbunds eingesetzt wurden, vgl. dazu Jaeobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 151 ff. und Staehelin- Witt/ Spillmann, ZfU 1994, 207 ff. Im Vorgriff auf die Einführung des europäischen Emissionsmarktes (näher dazu im Text) werden in Dänemark und Großbritannien nunmehr erste Emissionshandelsysteme getestet (ausführlich hierzu

C. Entwicklungsgeschichte des Umweltzertifikatmodells

27

Umweltgesetzbuchs (UGB) seitens einer Sachverständigen- (UGB-KomE) und einer Professoren-Kommission (UGB-ProfE) verzichteten auf die Normierung des Zertifikatsystems. 64 In der Sachverständigen-Kommission wurde der Lizenzhandel "noch nicht als kodifikationsreif angesehen".65 Diese Stellungnahmen verdeutlichten aber, daß bereits eine grundlegende Neubewertung des Zertifikatmodells stattgefunden hatte. Es wurde nicht mehr als bloß theoretische, praktisch nicht zu verwirklichende Problemlösungsstrategie betrachtet, sondern als ernstzunehmende Alternative zum bislang favorisierten, weitgehend ordnungsrechtlich geprägten Umweltschutzinstrumentarium. Auch die Bundesregierung bekräftigte im Sechsten Immissionsschutzbericht vom 11. 6. 1996 ihre Absicht, künftig verstärkt ökonomische Instrumente einzusetzen und dabei Lizenzlösungen zu berücksichtigen. 66 Ähnliche Stellungnahmen waren zudem auf Gemeinschaftsebene zu vernehmen. 67 CorinolJoneslHawkes. EuZW 2002, 165(168 f.) sowie GiesbertslHilj, Handel mit Emissionszertifikaten, Rn. 174 ff. bzw. Rn. 220 ff.). In Deutschland führte das Hessische Umweltministerium im Jahre 2001 zunächst ein Planspiel "C02-Emissionshandel - Neue Chancen für Klimaschutz und Wirtschaft?" mit hessischen Unternehmen durch (Einzelheiten hierzu können im Internet unter der Adresse http:// www.mulf.hessen.de/umwelt/atomaufsicht/emissionshandeI.htm (Stand: August 2002) abgerufen werden). Auf Grundlage der Erfahrungen des - als erfolgreich beurteilten - Planspiels führt das Hessische Umweltministerium nunmehr in einer Gemeinschaftsinitiative mit fünf Kooperationspartnern aus der Wirtschaft ein Pilotprojekt zum Emissionshandel ("Hessen-Tender") durch (http://www.mulf.hessen.de/ aktuell/tender.htm (Stand: August 2002». Vergleichbare Pn?jekte sind für die Bundesländer Baden-Württemberg und Hamburg geplant (eine Ubersicht über nationale Emissionshandelsprojekte gibt der Bundesverband Emissionshandel und Klimaschutz auf seiner Homepage: http://www.emissions.de (Stand: August 2002». 64 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 305 a.E.; ders./Dumer, DVBI. 1997, 1092; kritisch zu dieser Entscheidung Stober, Allg. Wirtschaftsverwaltungsrecht, S. 298. 65 KloepferlDumer, DVBI. 1997, 1092 (Hervorhebung v. Verf.). Dagegen fordert der Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (Umweltgutachten 2000, Rn. 28) jüngst nachdrücklich ein System handelbarer CO 2 -Lizenzen, das er gegenüber einer Öko-Steuer als die "ökonomisch und ökologisch überlegene Lösung" bezeichnet. 66 BTDrs. 13/4825, 85. Bis zum Ablauf der betreffenden Legislaturperiode (Sept. 1998) war jedoch keine diesbezügliche Aktivität ersichtlich. Auch seitens der neuen Regierungskoalition sind keine entsprechenden Pläne zur Einführung eines nationalen Handelssystems bekanntgeworden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat neben einer wirtschaftswissenschaftlichen Studie über europäische SOrRechte des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) von KoschellBrockmannl SchmidtlStronzik/Bergmann ein entsprechendes Rechtsgutachten von M. Bothe fertigen lassen (leicht überarbeitete Fassung veröffentlicht in NVwZ 1995, 937 ff.; verfassungsrechtliche Fragen werden in dem Gutachten aber nahezu völlig außer Betracht gelassen); derselbe Autor fertigte auch ein unveröffentlichtes Rechtsgutachten zur Einführung von VOC-Lizenzen auf europäischer Ebene (so Ministerialrat Dr. Maier-Rigaud auf Anfrage des Autors (27. 3. 1997». 67 VgI. 5. Umweltaktionsprogramm der EG, ABI. EG 1992 Nr. C 138/5, Kap. 7.4.

28 § I Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

Eine weitere Aufwertung erfuhr die Konzeption eines Marktes fungibler Emissionsrechte im Gefolge der dritten Klimarahmenkonferenz ("CoP [Conference of the Parties]-3"), die vom 1. bis zum 10. 12. 1997 in Kyoto/ Japan stattfand. 68 Das dort ausgehandelte Klimaschutzprotokoll zur Bekämpfung des "Treibhauseffekts,,69 schreibt - erstmals in rechtsverbindlicher Form - 38 Staaten und der EU für sechs sogenannte Treibhausgase konkrete Emissionsziele vor. Beispielsweise wird für die EU-Staaten eine Emissionsreduktion i.H. v. 8% im Zeitraum von 2008 bis 2012 verglichen mit den Basisjahren 199011995 70 vorgeschrieben, während die USA ihre Emissionen nur um 7% vermindern müssen. 71 Anderen Staaten (z.B. Norwegen, Australien und Island) gewährt das Protokoll dagegen sogar einen Emissionsanstieg. 72 Um diese jeweiligen Emissionsziele zu erreichen, sieht das Protokoll im Grundsatz die Handelbarkeit von Emissionsrechten vor. 73 68 Rechtliche Grundlage ist die Klimarahmenkonvention vom 9. 5. 1992 (BGBL 1993 11, S. 1783), die auf den beiden Weltklimakonferenzen 1979 und 1990 in Genf vorbereitet wurde. Die Klimarahmenkonferenzen vor Kyoto fanden in Berlin (28. 3.7.4. 1995) und in Genf (8.-19.7. 1996) statt. 69 Kurze Zusammenfassungen aus ökonomischer und juristischer Sicht etwa bei: Klocke, Klimaschutz, S. 21 ff.; Häder, Umweltpolitische Instrumente, S. 230 ff.; Michaelowa, Internationale Kompensationsmöglichkeiten zur COz-Reduktion, S. 16; Geres, S. 1 ff.; Koch/Behrend, NuR 1996,433 ff.; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 6 Rn. 10 f. Aktuelle empirische Daten legen die Vermutung nahe, daß das Klima durch den Treibhaus-Effekt schon gegenwärtig nachhaltig beeinflußt wird. Beispielsweise waren die neunziger Jahre im weltweiten Durchschnitt das wärmste Jahrzehnt in den vergangenen tausend Jahren (Tim Radford, "Weather can only get warmer - the warmest decade for 1000 years", The Guardian, 16. 12. 1999). Allerdings verstummen auch nicht die Stimmen, nach denen der TreibhausEffekt nicht primär anthropogene Ursachen habe, vgl. Maxeiner, "Die Launen der Sonne", Die Zeit Nr. 31 v. 25. 7. 1997, S. 38 und die Replik von Hasselmann, "Die Launen der Medien", Die Zeit Nr. 32 v. 1. 8. 1997, S. 31, die allerdings einen häufig anzutreffenden logischen Fehler beinhaltet (aaO., 4. Sp.): die beobachteten Temperaturänderungen ließen sich "mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit von nur fünf Prozent als natürliche Klimaschwankung erklären", daher seien sie zu 95 Prozent menschlichen Ursprungs. Hier wird aus der hypothetischen Wahrscheinlichkeit eines Datums (5%) auf die Wahrscheinlichkeit der Hypothese selbst (natürliche Variation) und sodann im Wege des Umkehrschlusses auf ihr Gegenteil (anthropogen verursacht) geschlossen. 70 1990 für Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid, 1995 für Schwefelhexafluorid, perfluorierte Kohlenwasserstoffe und wasserstoffhaltige Fluorkohlenwasserstoffe; s. Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 84. 71 Breier, NuR 1998, 412; SZ, Nr. 253 (3. 11. 1998), S. 5: "Trittin reist ohne große Erwartungen zur Klimakonferenz" . 72 Breier, aaO., S. 412. 73 Statt vieler Kloepfer, Umweltrecht, § 9, Rn. 84 a. E.; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 2000, Rn. 29 ff.; kritisch: F. Vorholz, Die Zeit Nr. 42 v. 8. 10. 1998, S. 54 und ders., aaO., Nr. 45 v. 29. 10. 1998, S. 39, "Das Schlupfloch-Treffen".

C. Entwicklungsgeschichte des Umweltzertifikatmodells

29

Die unter den Vertragsstaaten sehr umstrittenen Einzelheiten dieses weltweiten Emissionsrechtehandels 74 wurden vom 2. bis 13. 11. 1998 in Buenos Aires/ Argentinien auf der vierten und vom 25. 10. bis 5. 11. 1999 in Bonn auf der fünften Klimarahmenkonferenz weiter vorbereitet. 75 Auf der folgenden sechsten Klimarahmenkonferenzen in Den Haag/Niederlande76 (13. bis 24. 11. 2000), die zunächst ohne Ergebnis blieb und in Bonn (16. bis 27. 7. 2001) fortgesetzt wurde, und schließlich der "COP-7" in Marrakesch/ Marokko (29 10. bis 9. 11. 2001) wurden weitere Lücken im Protokoll von Kyoto, das allerdings nach Abschluß dieser Klimarahmenkonferenzen noch immer nicht in Kraft getreten war77 , geschlossen. 78 Vieles deutet darauf hin, daß diese internationale Entwicklung für den Handel mit Emissionsrechten in Deutschland und der Europäischen Union insgesamt den Durchbruch bedeuten wird. Denn zur Umsetzung der sich aus dem Kyoto-Protokoll ergebenden Emissionsminderungsverpflichtungen hat die Europäische Kommission am 23. 10. 2001 einen Richtlinienvor74 Neben dem Erwerb von Emissionsrechten kann ein Industriestaat seine Reduktionspflichten auch dadurch erfüllen, daß er in einem anderen Industriestaat durch Investitionen für eine Emissionsbegrenzung sorgt ("joint implementation ") oder in einem Entwicklungsland auf sonstige Weise klimaschonend aktiv wird ("clean development mechanism"). Knapp dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 312; allg.: Michaelowa, Internationale Kompensationsmöglichkeiten zur CO 2-Reduktion, 1997. 75 Aktuelle Informationen und Hintergrundpapiere des Bundesumweltministeriums zu den Konferenzen finden sich u. a. im Internet (http://www.bmu.de.Stichwort: "Klimaschutz") (Stand: August 2002). 76 Zur Vorbereitung fanden zwei Arbeitskonferenzen in Bonn (12. bis 16. 6. und 11. bis 15. 9. 2000) statt, s. FAZ Nr. 259 v. 6. 11. 1999, S. 2, "Neue Hoffnung für Klimaschutz" . 77 Das Protokoll tritt erst in Kraft, wenn es von mindestens 55 Staaten ratifiziert wurde; unter ihnen müssen zudem Industrieländer sein, auf die mindestens 55 Prozent der dort verursachten Emissionen entfallen (s. FAZ Nr. 259 v. 6.11. 1999, S. I, "Neue Hoffnung für den Umweltschutz. Trittin zieht positive Bilanz des Bonner Gipfels", ungenau insoweit Kloepfer, Umweltrecht, § 9 Rn. 84.). Bis zur vierten Klimakonferenz hatten nur 50 der knapp 150 Teilnehmerstaaten das Protokoll unterzeichnet, ratifiziert worden war es bis zu jenem Zeitpunkt sogar nur von einem (Fidschi-Inseln), s. SZ, Nr. 253 v. 3. 11. 1998, S. 5. Der jeweils aktuelle Stand der Unterzeichnung und Ratifizierung des Kyoto-Protokolls sowie die Beschlüsse der einzelnen Vertragsstaatenkonferenzen sind im Internet abrufbar (http://unfccc.intl resource/conv/ratlist.pdf sowie eine graphische Übersicht davon unter http:// unfccc.intfresource/kpthermo.htmi bzw. http://maindb.unfccc.int/libraryl) (Stand: August 2002). Es wird angestrebt, daß das Kyoto-Protokoll rechtzeitig zum Weltkonferenz für nachhaltige Entwicklung im September 2002 - und damit zehn Jahre nach dem "Umweltgipfel" von Rio de Janeiro und der Unterzeichnung der Klimarahmenkovention (s. Fn. 68) - in Johnnesburg/Südafrika in Kraft tritt. Kurz vor dieser Konferenz (Stand: August 2002) war das Kyoto-Protokoll von 84 Staaten unterzeichnet und von 79 Staaten ratifiziert worden; der Anteil dieser Staaten an der Gesamternission belief sich allerdings nur auf insgesamt 36%. 78 FAZ, Nr. 259 v. 6. 11. 1999, S. 1.

30 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umwe1tinstrument

schlag (KOM (01) 581) für ein gemeinschaftsweites System handelbarer Emissionsrechte vorgelegt. Nach den Vorstellungen der Kommission soll die Richtlinie bis zum 31. 12. 2003 von den einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt sein (Art. 27 des Richtlinienvorschlags). Der Handel mit den Treibhausgasemissionsberechtigungen soll im Zeitraum von 2005 bis 2008 zunächst in einer "Testphase" erfolgen, anschließend - in Übereinstimmung mit dem Kyoto-Protokoll - in der "Pflichtphase" bis 2012 fortgeführt werden.

D. Anwendungsmöglichkeiten eines Modells handelbarer Umweltlizenzen Das Zertifikatmodell ist ein universelles Instrument, dessen Anwendungsmöglichkeiten zumindest theoretisch kaum Grenzen gesetzt sind. Eine kleine Auswahl bereits praktizierter Lizenzsysteme in den unterschiedlichsten Staaten mag dies belegen: KfZ-Zulassungslizenzen in Singapur79 , Fischereirechte in Neuseeland8o , Zertifikate mit landwirtschaftlichen Produktionsquoten 81 und Gewässerbelastungsanteilen 82 in den Vereinigten Staaten sowie Kohlenstoff-Lizenzen zum Schutz des Regenwaids in Costa Rica 83 . In der hiesigen Literatur werden ferner erörtert: Abfüllizenzen für Einwegflaschen 84 , Transportlizenzen für den Güterverkehr85 , Abwasserlizenzen für die Einleitung in die Kanalisation 86 , Lizenzen für Sonderabfalle 87 , VOC-Li79 Huckestein, Effizienzbedingungen, S. 86; Scheelhaase, Zertifikate, S. 195, jeweils m.w.N. 80 Huckestein, aaO., S. 127 m. w.N.; Gick, Zertifikate, S. 14; Maier-Rigaud, Umweltpolitik mit Mengen und Märkten, S. 55. 81 Huckestein, aaO., S. 127 m.w.N. 82 "Fox-River Water Permits-System"; vgl. Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 84; allg. zu handelbaren Wassernutzungsrechten Kemper, Umweltproblem, S. 294 ff. und Rehbinder, Kompensationen und Umweltlizenzen außerhalb des Bereichs der Luftreinhaltung, S. 239 f. 83 Die Zertifikate werden dort als "Certifiable Tradeable Offsets" (CAO) bezeichnet; s. FAZ, Nr. 271 v. 21. 11. 1997, S. 19 ("Wie der Handel mit Schadstoffen der Umwelt zugute kommt (... ) Costa Rica schützt mit pfiffigem Konzept seinen Regenwald"). 84 Wicke, Umweltökonomie, S. 391 ff.; Maier-Rigaud, Umweltpolitik mit Mengen und Märkten, S. 177 ff. Ähnlich ein Lizenzmodell der F. D. P., s. FAZ, Nr. 161 v. 15. 7. 1999, S. 19. 85 Maier-Rigaud, Umweltpolitik mit Mengen und Märkten, S. 154 ff. 86 Gawel/van Mark, Lizenzkonzepte im Indirekteinleiterbereich, S. 32 ff.; ähnlich auch das Modell von Niedermeyer zur Reduzierung der Nitratbelastung im Grundwasser. 87 WickelHuckestein, Umwelt Europa - der Ausbau zur ökologischen Marktwirtschaft, 1991, S. 136 f. (zit. nach Rehbinder, Kompensationen und Umweltlizenzen außerhalb des Bereichs der Luftreinhaltung, S. 241).

D. Anwendungsmöglichkeiten eines Modells handel barer Umweltlizenzen

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zenzen für KfZ-Reparaturlackierbetriebe 88 , handelbare Flächenausweisungsrechte der Gemeinden im Naturschutz89 , Zertifikathandel im Strommarkt zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung 90 u. v.m. Ungeachtet der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten bleibt die Luftreinhaltung das klassische Anwendungsfeld des Lizenzmodells. 91 In diesem Bereich können die unterschiedlichsten Schadstoffe zertifiziert werden. Während Zertifikatmärkte für Schwefeloxide (SOx) und Stickoxide (NO x) bereits vereinzelt implementiert sind92 , ist der Einsatz von Emissionszertifikaten zum Beispiel auch für Kohlendioxid (C0 2)93 und flüchtige organische Verbindungen (Volantile Organic Compounds == VOC)94 denkbar. Sofern die jeweiligen Besonderheiten einzelner Schadstoffe die verfassungsrechtliche Bewertung beeinflussen, wird in dieser Untersuchung im einzelnen darauf hingewiesen. Gleichwohl soll in erster Linie versucht werden, allgemeingültige Kriterien zur verfassungsrechtlichen Beurteilung von Lizenzmärkten zur Luftreinhaltung 95 zu entwickeln.

88 s. ScheelhaaseIStaehelin-Witt, ZfU 1998, 359 ff., die im Auftrag des Umweltbundesamtes die Realisierbarkeit eines solchen Projekts untersuchten und die Anwendung eines solchen Modell befürworten. 89 Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 2000, Rn. 87 ff. 90 Vorschlag aus den Reihen Bündnis 90IDie Grünen, s. SZ, Nr. 69 v. 23. 3. 2000, S. 26. 91 Kritisch dazu Wicke, Umweltökonomie, S. 389, der den Einsatz des Umweltlizenzmodells (zunächst) nur in weniger komplexen Bereichen befürwortet. Allerdings berücksichtigt er bei dieser Einschätzung nicht, daß sich gerade im Bereich der Luftreinhaltung ein enormes Einsparpotential verbirgt (vgl. Fn. 4). Ein weiterer Vorteil der Anwendung des Lizenzmodells im Bereich der Luftreinhaltung ist, daß viele auf dem amerikanischen Zertifikatmarkt gewonnene Erkenntnisse nutzbar gemacht werden können, s. etwa Hansjürgens, ZfU 1998, 1 ff.; Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 156 ff. 92 Siehe soeben C. Zu einem theoretischen Modell für die Bundesrepublik und Europa: Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 208 ff. bzw. 252 ff. [für NO x ]' Ein europaweites Zertifikatmodell für S02 entwickelten Koschel/Brockmann/ Schmidt/Stronzik/Bergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 225 ff. 93 Konkrete Modellvorschläge finden sich bei Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 55 ff. (für die Bundesrepublik) und 146 ff. (für die EG/EU); ein EG-weites System entwickelt ferner Scheelhaase, Zertifikate, S. 195 ff., dort auch zu anderen, unveröffentlichten Entwürfen; weitere Nachweise zu internationalen Beiträgen finden sich bei Barrett, Economic Instruments, S. 85 ff. und Rose/Stevens, Resource and Energy Economics 15 (1993), 117 ff. Den Weg zu einem weltweiten Tausch der Rechte ebnet der Beschluß der dritten Klimarahmenkonferenz in Kyoto (oben C.). 94 Maier Rigaud, Ökologische Marktwirtschaft, S. 253 ff.; auf dem bereits erwähnten Zertifikatmarkt in Basel (s.o.) ist zwar auch der Handel mit VOC-Zertifikaten möglich, praktisch besteht aber keine Nachfrage, vgl. Staehelin-Wittl Spillmann, ZfU 1994,210.

32 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

E. Ausgestaltungsformen des Zertifikatmodells Die Vielzahl der Anwendungsmöglichkeiten des Lizenzmodells hat große Auswirkungen auf die jeweilige konkrete Ausgestaltung des Marktes. Die wichtigsten Ausgestaltungsmöglichkeiten sollen daher im folgenden knapp dargestellt werden. I. Räumliche Organisation des Lizenzmarktes Von großer Bedeutung ist zunächst, in welchen räumlichen Grenzen sich der Zertifikathandel abspielen soll. Er kann sich auf kleine, nach ökologischen oder verwaltungstechnischen Kriterien abgrenzbare Regionen beschränken96 , aber auch landesweit oder sogar länderübergreifend konzipiert sein. So könnte sich ein Markt handelbarer Emissionsrechte für Kohlendioxid zur Bekämpfung des Treibhaus-Effektes neben dem Gebiet der Bundesrepublik auf die gesamte Europäische Union97 erstrecken. Sogar die Errichtung eines weltweiten Marktes ist denkbar. 98 Räumliche Grenzen des Lizenzhandels ergeben sich jedoch nicht nur aus politischen oder geographischen Gesichtspunkten, sondern auch aus modellimmanenten Besonderheiten. 1. Grundmodell

Das Grundmode1l 99 ist dadurch gekennzeichnet, daß die Handelbarkeit der Lizenzen weder in bezug auf die Herkunft des Emissionsrechts noch auf den Standort begrenzt ist. Damit handeln alle Teilnehmer mit Emissionsrechten gleicher Art, sogenannten undifferenzierten Zertifikaten. 100 Da keinerlei externe - systemfremde - Schranken und Hemmnisse bestehen, 95 Die rechtliche Beurteilung wird sich in der Regel von Lizenzsystemen, die den Schutz anderer Umweltmedien bezwecken, nicht wesentlich unterscheiden. So auch Rehbinder, Kompensationen und Umweltlizenzen außerhalb des Bereichs der Luftreinhaltung, S. 239 ff., der exemplarisch einige Besonderheiten bei der rechtlichen Beurteilung von Wassemutzungs- und Sonderabfallizenzen behandelt und zu Recht darauf hinweist, daß die rechtliche Beurteilung solcher Systeme mangels konkret formulierter Modelle schwierig ist. 96 Z. B. das "Fox-River Water Permits System", das 1981 entlang des Fox River in Wisconsin/USA errichtet wurde, s. Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 84 f. und oben Fn. 82. 97 Vgl. die Nachweise in Fn. 92 f. Eine knappe Darstellung der Probleme findet sich bei Räder, Umweltpolitische Instrumente, S. 230 ff.; einige juristische Fragen beleuchtet BOlhe, NVwZ 1995,937 ff. 98 Vgl. bereits oben (§ 1 C.). 99 Vgl. oben (§ 1 B.). !OO Cansier, Umweltökonomie, S. 197; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 95.

E. Ausgestaltungsfonnen des Zertifikatmodells

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kann dieses Modell die von der Umweltökonomie berechneten und prognostizierten Ergebnisse am ehesten erreichen. Allerdings hat die fehlende Reglementierung der Transaktionen auch zur Folge, daß eine großflächige räumliche Verteilung der Emissionen nicht gewährleistet ist. Es wäre nach der Grundkonzeption des Zertifikathandels beispielsweise möglich, die gesamte Emissionstätigkeit in einer bestimmten Region vorzunehmen. Solche Orte, an denen sich Emissionen über das durchschnittliche Maß hinaus konzentrieren, werden üblicherweise mit dem im US-amerikanischen Schrifttum geprägten Begriff "hot spots" (wörtlich: heiße Flecken bzw. Punkte) bezeichnet. Die in der Umgebung einer solchen Emissionsballung ansässige Bevölkerung kann durch den Ausstoß gefährlicher Stoffe einer erheblichen gesundheitlichen Belastung ausgesetzt sein. Dies wirft Zweifel an der Verfassungskonformität des Grundmodells auf, worauf an späterer Stelle noch einzugehen sein wird. 101 Gesundheitsschäden sind hingegen bei solchen Schadstoffemissionen, wie z. B. Kohlendioxid (C0 2 ), deren lokale Emissionskonzentration unschädlich ist und die nur im Hinblick auf ihre globale Auswirkung von Bedeutung sind, von vornherein nicht zu befürchten. Dort kann das Basismodell unproblematisch Verwendung finden; der Einsatz räumlich differenzierter Systeme ist dann aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erforderlich. 102 2. Räumlich differenzierte Systeme

Um im Grundmodell auftretende schädliche Belastungsspitzen zu vermeiden, werden verschiedene räumlich differenzierende Modellvarianten vorgeschlagen. a) Emissionsorientierte Nutzungsrechte ("Emission Discharge Permits") Nach dem einfachsten dieser regionalen Modelle, dem "Emissions Discharge Permit System" (EDP), wird das Planungs gebiet in mehrere Regionen unterteilt. Es wird eine einheitliche Emissionshöchstmenge festgelegt und verbrieft. 103 Emissionsorientierte Nutzungsrechte gelten nur für eine Region (intrazonal) und sind im Verhältnis eins zu eins handelbar. 104 101 Cansier, Umweltökonomie, S. 197; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 29; ausführlich noch unten (§ 2 A. III.). 102 Wicke, Umweltökonomie, S. 385; Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 20 u. 88; Klemmer, Gesamtwirtschaftliche Effekte, S. 275; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 100. 103 Cansier, Umweltökonomie, S. 197 f.; Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 81 f.; Rehbinder, aaO., S. 95.

3 Mehrbrey

34 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

Das EDP-Modell gewährleistet, daß in den einzelnen Regionen die Emissionshöchstmenge nicht überschritten wird. Der wesentliche Nachteil dieses Modells besteht darin, daß es auf der Fiktion beruht, daß die Immissionsmenge (Schadstoffkonzentration in einem Umweltmedium) einer Subregion nur durch die jeweiligen Emittenten in dieser Zone verursacht wird 105: Immissionen aus benachbarten Regionen, die etwa durch Standortverlagerung und Windeinfluß zugetragen werden, berücksichtigt das EDP-Modell nicht. Somit ergibt sich auch hier - nur in einem kleineren Maßstab - das Problem der Bildung örtlicher Schadstoffballungen, in diesem Fall durch Immissionsschwerpunkte. Daneben führt der Ausschluß der interregionalen Transferierbarkeit der Umweltzertifikate zu einer Bildung ökonomisch ineffizienter "Minimärkte".106 b) Lokal orientierte Nutzungsrechte ("Local Discharge Permits") Diesen Modellfehler soll das "Local Discharge Permit System" (LDP), das gewissermaßen eine Fortentwicklung des EDP-Modells darstellt, beseitigen. Mit Hilfe komplizierter Modelle, die die Diffusion der einzelnen Schadstoffquellen berücksichtigen, soll die in den einzelnen Regionen jeweils zulässige Emissionsmenge so genau berechnet werden, daß in allen Regionen die gleiche Immissionslage herbeigeführt wird. 107 Damit garantiert das LDP-Modell nicht nur (wie das EDP-Modell auch) die Einhaltung der zulässigen Emissionsgrenzwerte, sondern auch die Stabilisierung der Immissionssituation. Bei der (zusätzlichen) Berücksichtigung der Immissionswerte ist zu beachten, daß sich Immissionsspitzen um so besser vermeiden lassen, je feingliedriger die Gebietsaufteilung ist. 108 Soweit dem Emittenten nur erlaubt ist, Zertifikate aus seiner jeweiligen Region zu kaufen, führt dies zu einer gegenüber der Grundkonzeption erheblichen Verkleinerung des Marktes. Je kleiner ein Markt ist, desto eingeschränkter ist wegen des reduzierten Kreises austauschwilliger Emittenten jedoch auch dessen Funktionsfähigkeit. 109 104 Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 81; Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 291; Cansier, Umweltökonomie, S. 198. 105 Cansier, Umweltökonomie, S. 198. 106 Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 291. 107 Cansier, Umweltökonomie, S. 198; als Berechnungsgrundlage könnten die nach § 46 BlmSchG von den jeweils zuständigen Landesbehörden aufzustellenden Emissionskataster dienen, vgl. Koenig, DÖV 1996, 945 u. 948. 108 Cansier, Umweltökonomie, S. 200. 109 Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 31 u. 84; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 100; Cansier, Umweltökonomie, S. 200.

E. Ausgestaltungsformen des Zertifikatmodells

35

Ferner ist zu befürchten, daß sich infolge der Zersplitterung der Märkte in den einzelnen Zonen unterschiedliche Lizenzpreise bilden und dadurch die Transparenz des Systems zusätzlich beeinträchtigt wird. 11O Überdies wirft bereits die Bildung der Marktzonen erhebliche praktische Schwierigkeiten auf. lll Beim LDP-Modell läßt sich zudem bezweifeln, ob eine Berücksichtigung sämtlicher Immissionswerte in einem Lizenzmodell überhaupt möglich ist. c) Immissionsorientierte Emissionszertifikate ("Ambient Discharge Permit System") Den soeben dargestellten rein emissionsbezogenen Ansätzen stehen Modelle gegenüber, die bereits den Wert der Emissionszertifikate von der örtlichen Immissionssituation abhängig machen. 112 Eine recht komplizierte Spielart dieser immissionsorientierten Modelle, das sogenannte "Ambient Discharge Permit System", funktioniert wie folgt: In jeder Subregion 113 werden basierend auf regelmäßigen Messungen Immissionswerte festgelegt. Jedem dieser Meßorte werden Lizenzen zugeteilt, die im Gegensatz zu den EDP-Modellen im gesamten Gebiet (interzonal) frei handelbar sind. Allerdings hat die Emissionsberechtigung nicht wie bei den vorgenannten Modellen einen absoluten, sondern einen relativen Wert. Die Ermittlung der konkreten Emissionsberechtigung erfolgt in einem speziellen Berechnungsverfahren. Dabei wird eine Matrix erstellt, auf der der Standort der Anlage und die jeweiligen Meßstationen festgelegt sind. Nunmehr wird nach einem komplizierten Schlüssel der jeweilige Beitrag der Emission aus einer Anlage in bezug auf die unterschiedlichen Meßstationen ermittelt und so die Emissionsberechtigung in ihrer Höhe modifiziert. 114 Näher dazu: Stahl, Regionalisierung, S. 53. Ausführlich Stahl, Regionalisierung, S. 169 ff. 112 Davon zu unterscheiden sind reine Immissionszertifikate (ambient permits), deren Wert sich durch die Zielwerte für die Schadstoffkonzentration in einem Umweltmedium pro Zeiteinheit ergibt; vgl. dazu: Stahl, Regionalisierung, S. 45 ff.; Bader/Rahmeyer, ZfU 1996,44; Cansier, Umweltökonomie, S. 200. 113 Nach dem sogenannten HADP-Modell ("Highest Ambient Discharge Permits") sollen Meßstationen nur dort errichtet werden, wo hohe Belastungskonzentrationen ("hot spots") auftreten können; vgl. Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 33 f.; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 96 . . 114 Im einzelnen: Tietenberg, ZfU 1980, 493; Cansier, Umweltökonomie, S. 198 ff.; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 96 f. Diskutiert und zum Teil auch befürwortet wurde der etwas skurril erscheinende Vorschlag, wegen der vom Klima abhängigen Assimilationskapazität einzelner Umweltmedien die Emissionsberechtigung an das tägliche Wetter oder jedenfalls an die jeweilige Jahreszeit zu koppeln (für letzteres Müller-Witt, ZfU 1981, 375). 110 111

3"

36 § I Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

Jeder Emittent muß aufgrund dieser Berechnung in dem Maße Lizenzen erwerben, in dem sich seine Emissionen in den jeweiligen Zonen als Immissionen niederschlagen. 11s Wenn von einer Emission mehrere Meßstationen betroffen sind, muß er folglich Zertifikate der verschiedenen Gebiete bzw. Märkte erwerben. 116 Der Vorteil dieses Verfahrens besteht darin, daß die Einhaltung eines gewünschten Immissionswerts geWährleistet werden kann. Allerdings wird dies um den Preis eines komplizierten und administrativ schwierig zu handhabenden Verfahrens erreicht, dessen Realisierbarkeit überdies zweifelhaft erscheint. 117 Daneben führt im ADP-Verfahren der von der Zonenlage abhängige Wert der Emissionsberechtigungen zu dem Problem, daß sich damit in den Zonen in der Regel auch unterschiedliche Zertifikatpreise bilden werden. 118 Wegen der Berücksichtigung der Immissionssituation müssen auch solche Emittenten, die ihren Standort nur in einer Subregion haben, je nach Immissionssituation auf einer Vielzahl von Zertifikatmärkten tätig werden. Damit wäre die Marktsituation für den einzelnen Emittenten infolge der unterschiedlichen Preise wenig transparent und dürfte somit auch unternehmerische Entscheidungsspielräume verengen. Ferner ist der Informationsbedarf eines solchen Systems hoch, da bei jeder Emissionstätigkeit die jeweiligen Auswirkungen auf die Immissionssituation anderer Regionen bekannt sein müssen. Das ADP-Modell stellt also sehr hohe Anforderungen an die praktische Verwirklichung und dürfte in vielen Fällen nicht realisierbar sein. 119 d) Emissionslizenzen mit Immissionskorrektur (Mischsysteme) Die genannten Modellvarianten lassen sich auch dergestalt kombinieren, daß zwar grundSätzlich undifferenzierte Emissionsrechte i. S. des Grundmodells verwendet werden und erst beim Auftreten erhöhter Immissionswerte in einzelnen Regionen behördliche Regulierungsmaßnahmen getroffen werden.

Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 81. Cansier, Umweltökonomie, S. 198. 117 Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 101 (Fn. 22); KoschellBrockmannlSchmidtl StronziklBergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 69. 118 Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 81. 119 Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 290 f.; Rehbinder, UmweItlizenzen, S. 97, 101; Cansier, Umweltökonomie, S. 200. 115 116

E. Ausgestaltungsfonnen des Zertifikatmodells

37

aa) EinzeLJalikorrektur

Der einfachste Fall eines solchen Mischmodells besteht darin, weitere Emissionen in einem bestimmten Gebiet unabhängig von dem Vorliegen von Zertifikaten zu untersagen, wenn geltende Immissionsstandards überschritten werden. 120 Damit erfolgt die Korrektur der Immissionssituation aufgrund zielgerichteter und einzelfallbezogener behördlicher Anordnungen, also mit Mitteln des Ordnungsrechts. bb) Typisierte Korrektur

Ein komplexeres Modell basiert auf den immissionsorientierten ADP-Modellen l21 : Danach werden die Lizenzen in jeder Region 122 mit einem Standortindex versehen. Wie im ADP-Modell müssen Lizenzen überall dort erworben werden, wo Immissionen durch einzelne Anlagen verursacht werden können. Der transregionale Handel mit Zertifikaten unterliegt einer Meldepflicht und soll nach einem Ausgleichsprinzip ("Lizenzbilanzausgleich") organisiert werden. Verlagert demnach ein Emittent einen Teil seiner Emissionslizenzen von Region A nach Region B entsteht damit in Region A in dieser Höhe eine neue Emissionsreserve. Gleichermaßen wird in Region B durch diesen Emissionstransfer die Emissionsmenge erhöht, so daß dort eine Begrenzung erforderlich wird. Im Grundsatz darf der Zugang an Lizenzen in einer Region nicht größer sein als der Abgang. 123 Wegen der Schwierigkeit der Transferkontrolle und der zu erwartenden zeitlichen Verzögerungen infolge der Informationsübermiulung kann die Einhaltung des Immissionsgrenzwertes allein mit einer Meldepflicht praktisch jedoch nicht gewährleistet werden. Daher sollte die Nutzung des Emissionsrechts von der Einhaltung des jeweils geltenden Immissionsgrenzwertes abhängig gemacht und gesondert überprüft werden. 124 Die Mischsysteme eignen sich zur Gewährleistung eines gleichbleibenden Immissionsstandards. Den ADP-Systemen sind sie darin überlegen, daß der Emissionswert einer Lizenz nicht von deren regionaler Verwendung beeinflußt wird. Dadurch wird auch der Planungssicherheit der Emittenten RechRehbinder, aaO., S. 97; Cansier, Umweltökonomie, S. 200. Zum folgenden: Tietenberg, ZfU 1980, 482 ff.; Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 289 ff. und ders., ZfU 1983, 171 ff. 122 Hierfür bieten sich bereits bestehende Verwaltungsgrenzen an, wie z. B. die Regierungsbezirke, vgl. Kabelitz, ZfU 1983, 172; zustimmend: Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 34 und Rehbinder, aaO., S. 97 und wohl auch Köck, Umweltökonomie, S. 162. 123 Kabelitz, ZfU 1983, 172. 124 Kabelitz, aaO., S. 173; Rehbinder, aaO., S. 97. 120 121

38 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

nung getragen. Nachteilig wirkt sich jedoch der zu erwartende administrative Mehraufwand aus. 1Z5 Auch beschränkt die dem Einsatz der Lizenz vorgeschaltete Nutzungserlaubnis die Handelbarkeit der Emissionsrechte. 3. Bewertung der Modellausprägungen in verfassungsrechtlicher Hinsicht

Der Überblick über die Möglichkeiten der Regionalisierung von Lizenzmärkten hat gezeigt, daß es eine Vielzahl unterschiedlicher Anknüpfungspunkte für die Gestaltung solcher Systeme gibt. Jede dieser Modellausprägungen hat, worauf jeweils hingewiesen wurde, sowohl Vorzüge als auch Schwächen. Es läßt sich nicht generell eines der regionalen Modelle als das für eine Lizenzlösung am besten geeignete bezeichnen. Vielmehr hängt die konkrete Tauglichkeit insbesondere vom jeweiligen Anwendungsfeld des Lizenzsystems ab. Die in der Luftreinhaltung lizenzierbaren Stoffe unterscheiden sich im Hinblick auf deren Schädlichkeit und die von ihnen verursachten externen Effekte deutlich voneinander. 1Z6 Für die verfassungsrechtliche Beurteilung eines Lizenzmodells ist die regionale Strukturierung eines Marktes ohnehin nicht von entscheidender Bedeutung. Daher legt diese Untersuchung grundsätzlich einen Markt ohne regionale Beschränkung zugrunde. Soweit regionale Differenzierungen eine Bedeutung bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung haben, wird im jeweiligen Zusammenhang darauf hingewiesen. 11. Bemessungsgrundlage der Zertifikate

Umweltlizenzen können verschiedene Bemessungsgrundlagen zugrunde gelegt werden. Theoretisch möglich sind, wie bei ordnungsrechtlichen Maßnahmen und Umweltabgaben auch, produkt-, technologie- und emissionsbezogene Ansätze.!27 Bei einem Zertifikathandel mit COz-Rechten können beispielsweise die COz-erzeugende Verbrennungs technik, der Verbrauch fossiler Brennstoffe oder die COz-Emissionen selbst zertifiziert werden. 1Z8

Rehbinder, aaO., S. 98. Eine ausführliche Analyse regional gestaffelter Systeme unter Berücksichtigung praktischer Erfahrungen findet sich etwa bei Tietenberg, Environmental and Resource Economics, 1995, 104 ff. 127 Ausführlich Scheelhaase, Zertifikate, S. 198 ff. und Räder, Umweltpolitische Instrumente, S. 46. Theoretisch kann man - je nach Ansatzpunkt der Regulierung bis zu fünf Lizenztypen unterscheiden: Neben Emissions- und Immissionslizenzen noch Input- bzw. Produktions-, BeIastungs- und Risikolizenzen, vgl. Zapfei, ZfU 1997,421. 125

126

E. Ausgestaltungsformen des Zertifikatmodells

39

Emissionszertifikate, die die tatsächlich emittierte Menge eines Schadstoffs zugrunde legen, haben sich in der - vorwiegend nordamerikanischen - Praxis durchgesetzt und werden auch im Schrifttum am häufigsten erörtert. 129 Der Lizenzwert wird dabei typischerweise auf die Gewichtseinheit des zertifizierten Schadstoffes, z. B. eine Tonne Schwefeldioxid 130, bezogen. 131 III. Geltungsdauer der Lizenzen

Hinsichtlich der Geltungsdauer der Emissionsberechtigungen im Zertifikatsystem bieten sich im wesentlichen zwei Gestaltungsmöglichkeiten. Die Emissionsberechtigungen können entweder dauerhaft verbrieft werden l32 oder nur befristet für einen genau festgelegten Zeitraum - zum Beispiel für die Dauer eines Jahres 133 - gelten. 134 Wesentliche Unterschiede ergeben sich dabei für den Lizenzmarkt jedoch nicht. Denn der Vorschlag, Lizenzen nur für einen begrenzten Zeitraum zuzuteilen, dient meist nur dem Zweck, diese zu Beginn einer neuen Gültigkeitsperiode erneut nach bestimmten Ge128 Die Bemessungsgrundlage der CO 2 -intensiv erzeugten Produkte erscheint schon wegen der Vielzahl zertifikatpflichtiger Güter ungeeignet, Scheeihaase, Zertifikate, S. 198 (Fn. 9). 129 Vgl. auch Zapfei, ZfU 1997, 421. Die verfassungsrechtliche Problematik wird von der Wahl der Bemessungsgrundlage i. d. R. nicht beeinflußt, so daß die in dieser Untersuchung gewonnenen Ergebnisse zum großen Teil verallgemeinerungsfähig sind. 130 So die Regelung in sec. 402 (3) CAA. 131 Zu anderen theoretischen Möglichkeiten (Bestimmung nach Schadeinheiten emittierter Substanzen): Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 293 ff. Diese Vorgehensweise bietet sich aber nur an, wenn mehrere Stoffe zugleich zertifiziert werden. 132 So etwa Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 320; ders., in: Schneider/Sprenger, S. 287 und Bonus, Instrumente, S. 146 ff. Diese "unendliche" Gültigkeit beinhaltet natürlich keine (inhaltlich) unbegrenzte Emissionsbefugnis, sondern nur die Befugnis des Lizenzinhabers, in einem bestimmten Zeitraum eine bestimmte Menge Schadstoff je Zertifikat zu emittieren. 133 So bereits Dales, Pollution, Property and Prices, S. 95; der allerdings längere Laufzeiten wegen der Planungssicherheit der Unternehmen bevorzugt. Der Vorschlag von Bonus (Analyse, S. 117 f.; allerdings später (Marktwirtschaftliche Konzepte, S. 93) wieder relativiert), die Gültigkeitsdauer von einem dynamischen Zeitfaktor, wie der Abschreibungsdauer der Anlagen, abhängig zu machen, ist hingegen unpraktikabel und konnte sich auch nicht durchsetzen. 134 In diesem Fall endet die Gültigkeit mit der Einlösung des Zertifikats (Bezugsscheins). Im Bundeswirtschaftsministerium gilt die Sprachregelung, dauerhaft verbriefte Rechte als Lizenzen und zeitlich begrenzte bzw. sich auf einzelne Emissionsmengen bezogene Rechtstitel als Zertifikate zu bezeichnen, vgl. Informationspapier "Umweltnutzungszertfikate/-lizenzen" (Stand: Dezember 1995), S. 3. Diese Terminologie ist jedoch ungebräuchlich, so daß in dieser Untersuchung die Begriffe synonym verwandt werden.

40 § I Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

sichtspunkten an die bisherigen Inhaber neu zuzuteilen. 135 Damit bekommen im Regelfall diejenigen Emittenten, die sich von ihren Papieren im Geltungszeitraum nicht getrennt haben, automatisch neue Titel zugewiesen, so daß lediglich die alte Verteilungsstruktur reproduziert wird. 136

IV. Abwertungen Wenn die Nutzungsberechtigungen zeitlich nicht beschränkt werden und Lizenzen auch nicht vom Markt entfernt werden, bleibt die erlaubte Gesamtemissionsmenge stets unverändert. Um eine Senkung der Gesamtemissionsmenge und damit tendenziell eine Verbesserung der Umweltqualität zu erreichen, wird daher mehrheitlich vorgeschlagen, periodisch erfolgende Abwertungen des Zertifikatswerts vorzunehmen. 137 Diese Kapazitätsverknappungen können entweder nach einer fest vorgegebenen Rate erfolgen oder durch gezielte Eingriffe, um auf besondere Marktsituationen flexibel reagieren zu können. Für den Fall einer zeitlichen Beschränkung der Zertifikate läßt sich hingegen eine Reduzierung der im Umlauf befindlichen Lizenzen dadurch erreichen, daß bei jeder Neuzuteilung - nach Ablauf der Geltungsdauer - weniger Lizenzen an die jeweiligen Inhaber der bisherigen Papiere zugeteilt werden. 138 V. Anfangsvergabe Bei der Anfangsvergabe der Zertifikate besteht die Möglichkeit, sie unentgeltlich zu vergeben oder zu versteigern. 139 Im Rahmen der unentgeltlichen Vergabe ist ferner umstritten, nach welchen Kriterien dies geschehen soll. 135 So auch die Konzeption des Zertifikatmarktes im Title IV (sec. 401 ff.) des CAA; dazu Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 144; Bonus, Umweltschutz, S. 30. Die Befristung versteigerter Zertifikate (dafür HeisterlMichaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 70 ff.) führt zu einer hohen Kostenbelastung der Emittenten und zu einem erheblichen Investitionsrisiko, s. KoschellBrockmannlSchmidtlStronzikl Bergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 64; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 104. 136 Häder, Umweltpolitische Instrumente, S. 45; Bonus, aaO., S. 30; zu theoretischen Unterschieden zwischen kurzer und langer Gültigkeitsdauer: Cansier, Umweltökonomie, S. 189 ff.; Bonus, Analyse, S. 113 ff. Zur nicht überzeugenden Differenzierung zwischen "variabler" und "konstanter" Befristung (so KoschellBrockmannISchmidt/StronzikIBergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 64) s. § 2 A. I. 2. a) ce) (b) und 11. 1. c) aa). 137 Statt vieler: Cansier, Umweltökonomie, S. 193 f.; Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 303; Stahl, Regionalisierung, S. 85. 138 Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 104. 139 Cansier, Umweltökonomie, S. 188 ff.; ausführlich dazu unter: § 2 A. I. 2. a).

E. Ausgestaltungsformen des Zertifikatmodells

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VI. Marktteilnehmer Auch bedarf es einer Entscheidung, welche Personengruppen sich überhaupt mit Zertifikaten ausstatten müssen oder dürfen. Die Erwerbspflicht kann entweder alle den jeweiligen Schadstoff emittierende Betriebe einer Branche treffen oder sich nur auf bestimmte Großemittenten beschränken. 140 Über den Kreis der Erwerbspflichtigen hinaus kann ein Lizenzmarkt auch Nicht-Emittenten, wie z. B. Maklern oder Umweltschutzverbänden, den Lizenzerwerb ermöglichen, so daß sich auch diese - aus den unterschiedlichsten Motiven - am Handel beteiligen könnten. 141 Die Befugnis zur Emission des jeweiligen Schadstoffs wird in aller Regel jedoch nicht bloß an den Besitz einer Emissionslizenz, sondern auch an sonstige (Anlage-)Genehmigungen gekoppelt sein, so daß für nicht-emittierende Erwerbsberechtigte die Umweltzertifikate lediglich als Handelsobjekt dienen können. 142 VII. Möglichkeiten staatlicher Einflußnahme Bei der Verwirklichung eines Zertifikatmodells müssen auch Regelungen darüber getroffen werden, ob und inwieweit staatliche Institutionen korrigierend in den Markt eingreifen dürfen. Eine solche Regulierungsbehörde könnte beispielsweise zur kurzfristigen Beeinflussung des Markthandels selbst Zertifikate aufkaufen und damit Reserven bilden oder neue Zertifikate schaffen und diese anschließend verteilen. 143 Auch könnte die Behörde gegen mißbräuchliches Handeln einzelner Marktteilnehmer, beispielsweise durch das Horten von Lizenzen, einschreiten. 144 140 Eine Lizenzerwerbspflicht für Kleinstemittenten ist dagegen i. d. R. nicht zweckmäßig. Zumindest Emissionslizenzen setzen Kapitalkraft und hinreichende Organisationsstrukturen wie den Betrieb einer ortsfesten industriellen Anlage voraus (vgl. auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 40). Daher bleiben Betreiber kleiner Anlagen (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. 3 Abs. 5 BImSehG), die i. d. R. nicht der imissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegen (§§ 4 Abs. 1 BImSchG i. V. mit dem Anhang der 4. BImSchV), in der Bearbeitung außer Betracht. 141 Ausführlich zu Gestaltungsmöglichkeiten und Konsequenzen: Stahl, Regionalisierung, S. 68 ff. und Dales, Pollution, Property and Prices, S. 95 f.; vgl. auch sec. 403 (b), 416 (d) (2) CAA, die den Erwerb auch Drittpersonen gestatten. Schätzungen zufolge wird dort etwa die Hälfte der Transaktionen durch Makler ("Broker") getätigt, vgl. Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 123 m. w. N. 142 Mit anderen Worten stellen die Emissionszertifikate ein "weiteres ,sachbezogenes' Zulassungserfordemis" auf, so BVerfG NWVBI. 2000, 330(334) für die allerdings nicht handelbaren - Sonderabfall-Lizenzen gemäß §§ 10 ff. LAbfG NW. 143 Sog. "Offenmarktoperationen". Vgl. Dales, Pollution, Property and Prices, S. 95; Stahl, Regionalisierung, S. 86; zu weiteren Möglichkeiten Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 44.

42 § 1 Einführung: Umweltlizenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

Bedeutsam sind ferner die organisatorischen Rahmenbedingungen des Lizenzhandels. Es empfiehlt sich, sogenannte Emissionsbanken einzuschalten, die es dem Lizenzinhaber erlauben, Lizenzen in beliebigem Umfang auf Vorrat zu halten. 145 Hierzu können entweder spezielle Börsen für Emissionsrechte errichtet werden oder bereits bestehende Aktien- oder Terminbörsen genutzt werden. 146 Ferner sollte ein Register über alle Lizenztransaktionen geführt werden. Um die Effektivität dieses zentralen Informationsmediums zu gewährleisten, kann die Wirksamkeit eines Lizenztransfers von dessen Meldung bei der zuständigen Behörde abhängig gemacht werden. 147 Verstöße gegen lizenzrechtliche Bestimmungen, insbesondere die nicht von Zertifikaten gedeckte Emissionstätigkeit, bedürfen einer strengen Sanktionierung. 148

F. Rechtliche Beurteilung der Zertifikatmodelle I. Überblick über die rechtlichen Probleme

Die Realisierung der Zertifikatlösung führt zu einer Vielzahl juristischer Probleme, die sich den unterschiedlichsten Rechtsbereichen zuordnen lassen. Schwierigkeiten werfen beispielsweise die Ausgestaltung der privatrechtlichen Transaktionen, die nach öffentlichem Recht zu beurteilende Kontrolle des Marktgeschehens sowie die mit Mitteln des Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrechts durchzusetzenden Sanktionsmaßnahmen im Falle einer Mißachtung lizenzrechtlicher Bestimmungen auf. Ferner kann der Zer144 Cansier, Umweltökonomie, S. 193 f.; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 45; Stahl, Regionalisierung, S. 97 ff.; Scheeihaase, Zertifikate, S. 129 ff.; Bonus, Umweltschutz, S. 27 f. 145 Koenig, Verteilungslenkung, S. 413 m. w.N.; dieses sog. "Banking" ist auch in Title IV des CAA vorgesehen, z.B. in sec. 403 (b); zu "Umweltbanken": Matysik, WiSt 1988,461 f. 146 Ausführlich Scheeihaase, Zertifikate, S. 237 (für ein Modell mit Brennstoffzertifikaten); in den USA erfolgt der Zertifikathandel zum Teil über die Börse in Chicago (CBOT), vgl. Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 123. 147 Als Vorbild könnte auch hier das amerikanische Lizenzmodell gelten, s. sec. 403 (b) CAA ("Transfers of allowances shall not be effective until written certification of the transfer ... "). Bei der amerikanischen Umweltbehörde EPA sind überdies alle Informationen über Lizenztransaktionen öffentlich zugänglich und sogar im Internet abrufbar (http://www.epa.gov/airmarkets/emissions/), Stand: August 2002. 148 Sec. 411 (a) CAA sieht eine Geldbuße i. H. v. 2000 US-Dollar (zzgl. Inflationsbereinigung) für jede unrechtmäßig emittierte Tonne Schwefeldioxid vor. Zusätzlich zu dieser Sanktion besteht die Verpflichtung, die zuviel ausgestoßene Menge im kommenden Jahr zu kompensieren (sec. 411 (b) CAA). Allgemein zu Möglichkeiten und Gefahren des Ungehorsams auf Lizenzmärkten: Egteren/Weber, JEEM 1996, 161 ff.

F. Rechtliche Beurteilung der Zertifikatmodelle

43

tifikathandel zu kartell- und steuerrechtlichen Problemen führen. Unabhängig von Fragen der nationalen Rechtsordnung muß das Modell auch mit Gemeinschafts- und Völkerrecht zu vereinbaren sein. 149 Die meisten dieser Fragen betreffen indes die Ausgestaltung eines solchen Marktes im Detail. Daher würde eine Untersuchung dieser Fragen, die sich nicht an einem konkreten Gesetzgebungsvorhaben orientiert, notwendig abstrakt bleiben und kaum zu verwertbaren Ergebnissen führen. 11. Verfassungsrechtliche Fragen

Wichtiger erscheint indes die Frage, ob die Einführung eines solchen Modells oder bestimmter Modellvarianten überhaupt mit der deutschen Rechtsordnung zu vereinbaren ist. Dies kann nur anhand der bundesdeutschen Verfassung, des Grundgesetzes, geklärt werden. Der Klärung dieser grundlegenden und diffizilen 150 Frage soll die vorliegende Arbeit dienen. Zertifikatmodelle unterscheiden sich deutlich von den gegenwärtig praktizierten Luftreinhaltestrategien und berühren zentrale Grundrechtspositionen der Schadstoffemittenten in ihrer UnternehmersteIlung. Die Nutzungsrechte der betrieblichen Anlagen, die sich zum Schadstoffausstoß eignen, müssen in einem Zertifikatmarkt staatlich monopolisiert und anschließend nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel zugeteilt werden. Vor diesem Hintergrund stellt sich insbesondere die Frage, ob und unter welchen Umständen eine Verletzung des Eigentumsgrundrechts der Anlagenbetreiber vorliegt. Ferner greift der Staat, indem er einen Markt handelbarer Emissionsrechte einführt, in die berufliche Stellung der Anlagenbetreiber ein, so daß sich die Frage der Vereinbarkeit dieses Vorgehens mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit stellt. Darüber hinaus ergeben sich Probleme der Gleichbehandlung der Marktteilnehmer, die vor dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes zu rechtfertigen sind. Schwierigkeiten ganz anderer Art stellen sich für Personen, die nach der Einführung des Zertifikathandels emittierende Tätigkeiten ausüben wollen. Sie sind auf den Erwerb der Emissionsberechtigungen angewiesen, um beruflich tätig werden zu können. Auch hier wird zu untersuchen sein, welche Dazu z.B. Bothe, NVwZ 1995,937 ff.; s. auch § 4. Die Komplexität der damit aufgeworfenen Probleme (nach Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 88: "Schwergewichtsklasse verfassungsrechtlicher Probleme") mag ein Grund dafür sein, daß in rechtswissenschaftlichen Beiträgen verfassungsrechtliche Fragestellungen der Lizenzmodelle entweder ganz ausgelassen oder nur fragmentarisch behandelt werden. Umfangreiche Untersuchungen haben bislang nur BeckerNeetz, Rechtliche Probleme, S. 86-202 und - knapper - Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 92 ff., vorgenommen. 149 150

44 § I Einführung: Umwelt1izenzen als marktwirtschaftliches Umweltinstrument

Bedeutung die Grundrechte in diesem Zusammenhang spielen und in welchem Maße sie legislative Gestaltungsspielräume bei der Ausgestaltung des Zertifikatmarktes beeinflussen können. Nicht zuletzt werfen Zertifikatlösungen die Frage nach der Vereinbarkeit mit den grundgesetzlichen Vorschriften zur Finanzverfassung auf.

§ 2 Grundrechtliche Probleme Zunächst gilt es, die soeben grob skizzierten grundrechtlichen Probleme, die sich bei einem Einsatz von handelbaren Emissionszertifikaten ergeben können, zu untersuchen.

A. Abkehr vom ordnungsrechtlichen System und Umwandlung bestehender Rechtspositionen Wesentliche Funktionsbedingung der Zertifikatmodelle ist die Ausstattung der Marktteilnehmer mit Lizenzen. Die Anfangsausstattung kann auf verschiedene Weise herbeigeführt werden; die Zertifikate können entweder frei vergeben oder versteigert werden.] Unabhängig davon, welche der beiden Verteilungsmöglichkeiten man bevorzugt, ist beiden Varianten gemeinsam, daß der Staat die bestehenden Emissionsrechte der Anlagenbetreiber zunächst aberkennt: für jedenfalls eine juristische Sekunde werden sämtliche bestehenden Emissionsrechte eliminiert. Bei der kostenpflichtigen Vergabe der Lizenzen durch eine Versteigerung wird diese MonopolsteIlung erst dadurch aufgelöst, daß der Staat die Emissionsrechte im Rahmen einer Auktion gegen Entgelt neu zuteilt. Weniger offenkundig scheint die Monopolisierung der Emissionsrechte beim Staat bei dem Modell der kostenfreien Vergabe ("Grandfathering") zu sein. In diesem Fall erfolgt eine "Umwandlung" der Rechte nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Dem Anlagenbetreiber wird dieser Rechtsverlust jedoch nicht immer hinreichend deutlich, da er gleichsam "im Gegenzug" (nunmehr verbriefte) Emissionsrechte - wenn auch meist nicht in gleichem Umfang - zugeteilt bekommt. Eine Zuteilung der zertifizierten Emissionsrechte kann jedoch immer nur dann erfolgen, wenn die zuvor bestehenden Rechtspositionen jedenfalls dem Grunde nach ausnahmslos aberkannt werden. Denn der alleinige Rechtsgrund für eine künftige Emissionstätigkeit soll nach der Modellogik ausschließlich in der zertifizierten Befugnis liegen. Emissionen, die nicht von Zertifikaten gedeckt sind, müssen ausgeschlossen sein und (ordnungs-) rechtlich verboten werden. 2 Das Verbot der auf dem bisherigen Rechts] s.o. (§ I E. V.); zur rechtlichen Beurteilung: § 2 A. I. 2. a) aa) und bb). Kloepfer, ZAU 1996, 203; ungenau dagegen Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 100 f. und StüerlSpreen, UPR 1999, 165. 2

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§ 2 Grundrechtliehe Probleme

grund beruhenden Emissionen muß demnach an den (Freiheits-)Grundrechten der Emittenten gemessen werden. 3 Im folgenden wird die rechtliche Zulässigkeit dieses durch die Umwandlung bewirkten Rechtsentzugs untersucht. Die Untersuchung setzt dabei eine bundesgesetzliche Regelung, die die Rahmenbedingungen des Zertifikatmarktes und sämtliche Fragen der Einführung abschließend regelt, voraus. Dieses fiktive Gesetz wird im folgenden als "Lizenzgesetz" bezeichnet. 4 Dabei wird davon ausgegangen, daß der Bundesgesetzgeber gemäß Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 24, 2. Var. GG im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung zum Erlaß eines solchen Gesetzes befugt ist. 5 I. Konflikt mit grundrechtlichen Positionen der Altbetreiber Es stellt sich zunächst die Frage, wie sich die Umgestaltung auf diejenigen auswirkt, die zum Zeitpunkt der Umstellung bereits eine nach den Vorschriften des BImSchG genehmigungspflichtige Anlage betrieben haben (Altbetreiber). 1. Die Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG)

Die Umstellung könnte für diesen Personenkreis einen Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG bedeuten. 6 3 Die den Zertifikatmarkt konstituierenden Vorschriften können in der Regel nur über die Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG; § 13 Nr. 8a, §§ 90 ff. BVerfGG) oder eine abstrakte Normenkontrolle (Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG; § 13 Nr. 6, §§ 43 ff. BVerfGG) einer verfassungsrechtlichen Prüfung zugänglich gemacht werden. Daneben kommt noch Inzidentrechtsschutz in Betracht, s. hierzu Kloepfer. Rechtsstaatliche Probleme ökonomischer Instrumente, 252. 4 Die Gesetzesfiktion soll lediglich dazu dienen, idealtypische Probleme, die zwangsläufig mit der Einführung eines Zertifikatmarktes verbunden sind, zu verdeutlichen. Es handelt sich, soweit dies nicht gekennzeichnet ist, weder um Vorschläge des Verfassers noch um solche anderer Autoren. 5 Dies gilt in jedem Fall für Regelungen, die direkt die Luftreinhaltung betreffen. Aber auch Vorschriften, die der näheren Ausgestaltung des Marktes dienen, werden i. d. R. kraft Sachzusammenhangs von Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG erfaßt. Im übrigen läge für die meisten denkbaren Vorschriften eines Lizenzgesetzes die Gesetzgebungszuständigkeit gemäß Art. 74 Abs. I Nr. 1, 11 GG primär beim Bund. Lizenzregelungen werden in aller Regel nur dann Sinn machen, wenn sie gleichermaßen im ganzen Bundesgebiet angewendet werden. Somit steht Art. 72 Abs. 2 GG der Regelungszuständigkeit des Bundes nicht entgegen. Zur Sperrwirkung von Bundesgesetzen gegenüber Landesgesetzen, die erstmals eine Lizenzpflicht und eine Lizenzgebühr vorsehen: BVerfG NWVBI. 2000, 330 ff. - §§ 10 ff. LAbfG NW ff.; ausführliche Analyse hierzu etwa bei Stallknecht, S. 39 ff.

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a) Eröffnung des Schutzbereichs Eine Grundrechtsverletzung setzt zunächst voraus, daß der Schutzbereich des Grundrechts eröffnet ist. aa) Schutzbereichsreduzierung bei umweltbelastender Tätigkeit?

Nach einer vereinzelt vertretenen Ansicht sollen Umweltnutzungen generell nicht vom Schutzbereich spezieller Grundrechte erfaßt sein. 7 Begründet wird dies damit, daß staatliche Eingriffe, die Umweltschutzzwecken dienten, es erst ermöglichten, die rechtlich garantierten Freiheiten auszuüben. 8 Da durch solche Umweltschutzmaßnahmen letztlich Rechtsgüter gegen Eingriffe geschützt würden, könne der Wesensgehalt der Freiheit überhaupt nicht berührt werden. 9 Die Nutzung bzw. die Schadstoffbelastung von Umweltgütem sei richtigerweise als Teilhabe und nicht als abwehrrechtlich zu verstehende Freiheitsausübung zu verstehen. 1O Gesetzgeberische Nutzungseinschränkungen seien daher nur formal als Eingriff zu verstehen und von daher nicht rechtfertigungsbedürftig. 11 Nach dieser Auffassung wäre hinsichtlich des Entzugs der Emissionsrechte bereits der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nicht eröffnet.

6 Eine Sozialisierung (Gemeinwirtschaft) i. S. d. Art. 15 GG ist in der Zertifizierung nicht zu sehen, da die Emissionsrechte in einem Lizenzmarkt weiterhin in Privateigentum stehen sollen; Enders, DÖV 1998, 190 (Fn. 44). A. A. Malunat, NuR 1984, 3, der meint, für die Einführung von Umweltzertifikaten müsse gemäß Art. 15 GG ein Gesetz erlassen werden, welches die Umwelt teilweise privatisiere. Er übersieht dabei schon, daß nur am Nutzungsrecht, nicht aber an dem Umweltmedium selbst Eigentum eingeräumt werden soll und kann. Aus dem gleichen Grund schlägt die frühere Kritik Murswieks (Luftbewirtschaftung, S. 69) an Zertifikatmodellen fehl, da er diese offensichtlich mit Privatisierungsmodellen (dazu schon § I c.) gleichsetzt (in einem späteren Beitrag, JZ 1988, 990, spricht er aber zutreffender von der Privatisierung von Umweltnutzungsbefugnissen). Richtig an der Kritik ist nur, daß der Staat Umweltgüter von Verfassungs wegen nicht privatisieren darf (Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 314). 7 Murswiek, in: HStR V, § 112 Rn. 83; ders., DVBI. 1994,80 (Fn. 16); Wieland, WUR 1991, 134; Scherzberg, DVBI. 1994, 742 f.; Lorenz, FS Lerche, S. 270 ff.; in diese Richtung auch Rupp, JZ 1971, 40 I ff. 8 Murswiek, DVBI 1994, 80. 9 Murswiek, DVBI 1994, 80; ders., Freiheit und Umweltschutz, 61 f. IO Murswiek, DVBI 1994, 82. Einigen Grundsätzen des Teilhabemodells ist - für viele überraschend - das Bundesverfassungsgericht (E 93, 319(345 f.) - Wasserpfennig, dazu ausführlich § 3 E. I.) gefolgt. Freilich folgt daraus nicht, daß es den grundrechtsdogmatischen Folgerungen Murswieks beigetreten ist, in der Sache hat es sich gegen diese entschieden. 11 Murswiek, Risiken der Technik, S. 248; ders., DVBI, 1994,80 u. 83.

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Dem Ansatz liegt die Überlegung zugrunde, daß es eine Freiheit zum sozialschädlichen bzw. zum umweltschädigenden Handeln nicht geben dürfe. Plakativ formuliert bedeutet dies, daß es kein - jedenfalls spezielles l2 - "Grundrecht auf Umweltverschmutzung" geben dürfe. 13 Gegen diese Auffassung ergeben sich erhebliche rechtsstaatliche Bedenken: Schon das Prinzip des Gesetzesvorbehalts 14 fordert, daß Eingriffe in Grundrechte nur auf gesetzlicher Grundlage erfolgen dürfen. In einem Rechtsstaat (Art. 20 Abs. 3 GG) sollen grundsätzlich nur Gesetze ein Verhalten verbieten können. Dagegen würde ohne eine gesetzliche Bestimmung dessen, was als sozialschädlich bzw. sozialnützig gelten solle, weitgehende Beliebigkeit herrschen. 15 Schließlich muß schon aus verfassungsrechtlichen Gründen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit l6 , der zu einer Überprüfung von Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit des staatlichen Eingriffs zwingt, beachtet werden. Nach der herkömmlichen Grundrechtsdogmatik erfolgt die Verhältnismäßigkeitsprüfung auf der Ebene der Grundrechtsschranken. 17 Eine a limine-Begrenzung bereits des Schutzbereichs bedeutet von daher eine Umgehung des rechtsstaatlichen Korrektivs des Verhältnismäßigkeitsprinzips und eine Aushebelung der fein ausdifferenzierten Schrankendogmatik. 18 Ferner ist zu berücksichtigen, daß Handlungen sowohl sozialschädlich als auch sozialnützig sein können; eine Maßnahme kann etwa ein bestimmtes Umweltgut belasten, ein anderes dagegen schützen. In diesem Fall fordern ebenfalls grundlegende rechtsstaatliche Erwägungen eine - gerichtlich überprüfbare - Abwägung des Gesetzgebers. Eine ohne jede Differenzierung erfolgende Ausklammerung der umweltschädigenden Handlungen un12 Murswiek (DVBI. 1994, 80) geht zwar von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des allgemeinen "Auffanggrundrechts" Art. 2 Abs. I GG (s. dazu B. III.) aus, hält den Eingriff in dieses Grundrecht durch umweltschützende Maßnahmen aber für "von vornherein gerechtfertigt" (aaO., S. 83), wenn nicht ein besonderer Teilhabeanspruch bestehe. Wann ein solcher vorliegen solle, sagt er jedoch nicht (vgl. aaO., 83 Fn. 35). 13 So ausdrücklich Murswiek, DVBI. 1994, 79; wohl auch v. Münch/KunigBryde, Art. 14 Rn. 66 ("Umweltschutz"); ähnlich Sendler, UPR 1983,41 und die in Fn. 7 Genannten. 14 BVerfGE 49, 89(1260; MDH-Herzog (Stand: 1980), Art. 20 VI Rn. 55; speziell zur Geltung des Gesetzesvorbehalts beim Einsatz ökonomischer Instrumente: Kloepfer, ZAU 1996, 203 f. 15 KloepferlVierhaus, Freiheit und Umweltschutz, S. 38 f. 16 Dieses elementare Prinzip wird mehrheitlich aus dem Rechtsstaatsprinzip hergeleitet, BVerfGE 19, 342(348 f.); 61, 126(134); Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 7 (S. 861 ff.); ausführlich zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz: § 2 A. I. 2. a). 17 Fn. ebd. 18 So auch Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 53; ders.lVierhaus, Freiheit und Umweltschutz, S. 41.

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terliefe diese elementaren verfassungsrechtlichen Grundsätze. Damit bleibt festzuhalten, daß der ausnahmslose Ausschluß umweltschädigender bzw. sozialschädlicher Handlungen aus dem Schutzbereich der Freiheitsgrundrechte gegen elementare verfassungsrechtliche Prinzipien verstößt. In der Regel steht also auch umweltschädigenden Tätigkeiten ein spezieller grundrechtlicher Schutz ZU. 19 bb) Sachlicher Schutzbereich - Verleihung eines Emissionsrechts Die Untersuchung muß sich daher der Frage zuwenden, ob ein solcher spezieller Grundrechtsschutz aus Art. 14 GG auch für die Schadstoffemission gegeben ist. Dazu müßte das Recht der Altbetreiber, Schadstoffe auszustoßen, zunächst eine von dem Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition darstellen. Anknüpfungspunkte für ein solches Recht können sich zum einen aus dem privatrechtlichen Eigentum an dem Betriebsgrundstück bzw. an der industriellen Anlage, dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sowie der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ergeben. (1) Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff Die Bestimmung des Schutzbereichs, also des Eigentumsinhalts, hat von der besonderen Struktur der Eigentumsgarantie auszugehen. Das Eigentum wird von der Verfassung in Art. 14 Abs. 1 GG nicht bloß vorausgesetzt. Damit handelt es sich bei Art. 14 Abs. 1 GG auch nicht um einen klassischen Eingriffsvorbehalt. Vielmehr berechtigt Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Gesetzgeber dazu, die Rechtsstellung des Eigentümers auszugestalten und damit grundsätzlich originär zu bestimmen?O Das Bundesverfassungsgericht führte dazu in seinem grundlegenden "Naßauskiesungsbeschluß" aus: "Welche Befugnisse einem Eigentümer in einem bestimmten Zeitpunkt konkret zustehen, ergibt sich (... ) aus der Zusammenschau aller in diesem Zeitpunkt geltenden, die Eigentümerstellung regelnden gesetzlichen Vorschriften. Ergibt sich hierbei, daß der Eigentümer eine bestimmte Befugnis nicht hat, so gehört diese nicht zu seinem Eigentumsrecht. Wie der Gesetzgeber ihren Ausschluß herbei19 So auch die ganz h.M.: Kloepfer, Umweltrecht, § 3 Rn. 52 ff.; Friauf, WiVerw 1989, 131; Schink, DVBI. 1990, 1375; Sundermann, Bestandsschutz, S. 37 ff.; Trute, Vorsorgestrukturen, S. 244 ff.; GK-BImSchG-Führ (Stand: Juni 1994), § 1 Rn. 39; kritisch Berg, FS Stern, S. 436 f. 20 BVerfGE 58, 300(330 ff.); v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 50: "Wer welche Objekte in welchen Formen, unter welchen Bedingungen und in welchen Grenzen "zu eigen" haben kann, wird in allen Gesellschaften immer und ausschließlich von der Rechtsordnung festgelegt."

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führt, ist lediglich eine Frage der Gesetzestechnik. Definiert er die Rechtsstellung zunächst umfassend, um in einer weiteren Vorschrift bestimmte Herrschaftsbefugnisse von ihr auszunehmen, so ist dem Betroffenen von vornherein nur eine in dieser Weise eingeschränkte Rechtsposition eingeräumt".21

Daraus ergibt sich zunächst, daß die generelle und abstrakte Festlegung von Rechten und Pflichten durch den Gesetzgeber eine Inhalts- und Schrankenbestimmung 22 i. S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG und nicht eine Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG ist. Beide Rechtsinstitute werden nach mittlerweile nahezu allgemeiner Auffassung voneinander nach formellen Kriterien abgegrenzt und stehen damit in einem Ausschließlichkeitsverhältnis. 23 Eine Enteignung liegt nur vor, wenn eine staatliche eigentumsrelevante Maßnahme "auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter subjektiver Eigentumspositionen i. S. des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben gerichtet" ist. 24 Das Ausschließlichkeitsverhältnis zwischen beiden Rechtsinstituten hat insbesondere zur Folge, daß auch eine rechtswidrige Inhaltsbestimmung nicht dazu führen kann, daß das Gesetz in eine Enteignung "umschlägt"; in einem solchen Fall ist das Gesetz vielmehr verfassungswidrig. 25 BVerfGE 58, 300(336). Im folgenden wird mit der herrschenden Auffassung nicht zwischen Inhaltsund Schrankenregelung unterschieden, vgl. BVerfGE 58, 300(330); v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 51 (es handle sich um einen Pleonasmus); MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 300; Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 14 Rn. 31 ff.; PierothlSchlink, Grundrechte, Rn. 920 ff Nach a. A. konstituieren Inhaltsbestimmungen den Eigentumsinhalt, während Schrankenregelungen diesen (nachträglich) begrenzen. Im einzelnen wird dieser Ansatz in verschiedenen Nuancen verfolgt, dazu ausführlich Eschenbach, Schutz des Eigentums, S. 159 ff Die Befürworter der terminologischen Differenzierung kommen jedoch häufig zu dem Ergebnis, daß diese letztlich irrelevant sei, so etwa Lee, Bestandsschutz, S. 95 f Dagegen werden zum Teil an die Differenzierung unterschiedliche verfassungsrechtliche Anforderungen geknüpft (Sundermann, Bestandsschutz, S. 30 ff. und Hammann, Bestandsschutz, S. 20 ff.): Bei Schrankenbestimmungen sollten die üblichen Beschränkungen des Art. 14 GG gelten (z. B. Bestandsgarantie), während Inhaltsbestimmungen nur an der Institutsgarantie gemessen werden müßten. Diese Unterscheidung ist jedoch vorliegend bedeutungslos, da ein Emissionsrechtemarkt stets bereits bestehende Rechte bzw. Nutzungen verkürzt. 23 BVerfGE 52, 1(27 f); 58, 137(144 f); 58, 300(330); 83, 201(211 f.); BVerwG NuR 1996, 527(528) - st. Rspr.; v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 55; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 177 ff; kritisch: Baur, in: ders.lStürner, Sachenrecht, 16. Aufl., S. 234 ff. (anders aber nunmehr die 17. Auflage, München 1999, § 24 Rn. 12). Die früheren Enteignungsbegriffe des BGH ("Sonderopfertheorie", grundlegend BGHZ 6, 270 ff.) und des BVerwG ("Schweretheorie", vgl. BVerwGE 5, 143 ff.), nach denen die Enteignung eine "gesteigerte Inhaltsbestimmung" war, sind damit insoweit überholt, haben aber noch für die Frage (eingeschränkte) Bedeutung, ob eine Inhaltsbestimmung ausgleichspflichtig ist (näher dazu Fn. 381). 24 BVerfGE 70, 191(199 f.) m. w.N.; v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 54. 21

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Indem der Gesetzgeber in einem Lizenzgesetz die Rechtsverhältnisse hinsichtlich der Emissionsbefugnisse neu bestimmt, legt er für die Zukunft die Grenzen des Eigentums neu fest. Es ist gerade Zweck der Lizenzierung, dem Anlagenbetreiber die Berechtigung zum Schadstoffausstoß nur unter der Bedingung zu erteilen, daß er über eine entsprechende Zertifikatdekkung verfügt. Damit wird das Recht zum Schadstoffausstoß in jedem Fall für die Zukunft beseitigt. Das gilt auch dann, wenn der Gesetzgeber einen ausdrücklichen Ausschluß der Emissionsbefugnis - etwa in einem § la BImSchG26 - nicht normieren würde. Denn ein solcher Ausschluß ergäbe sich zwingend aus einer Gesamtbetrachtung des Gesetzes, da der Handel mit Emissionsrechten bedeutungslos wäre, wenn es einer Zuteilung dieser Rechte erst gar nicht bedürfte. Die nähere Regelung wäre demnach nur eine Frage der Gesetzestechnik27 und würde nichts an dem Umstand ändern, daß der Zertifikateinsatz im Bereich der Luftreinhaltung in jedem Fall mit einer Neubestimmung des Eigentumsinhalts verbunden wäre?S Damit läge der Einführung eines Zertifikatmarktes zwangsläufig eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zugrunde?9 Die Neubestimmung von Eigentumsbefugnissen kann jedoch nicht unbeschränkt erfolgen. Insbesondere können Inhalts- und Schrankenbestimmungen, die zum Inhalt eines Rechts gehörende Befugnisse beseitigen, den BVerfGE 58,300(320); 79, 174(191 f.); Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 178. In Anlehnung an § la Abs. 3 Nr. 1 WHG, der bestimmt, daß das Grundeigentum nicht zu einer Gewässerbenutzung berechtigt, die einer Erlaubnis oder Bewilligung nach den WHG bedarf. 27 Vgl. BVerfGE 58, 300(336): "Wie der Gesetzgeber ihren (gemeint sind Nutzungsbefugnisse, der Verf.) Ausschluß herbeiführt, ist lediglich eine Frage der Gesetzestechnik". Deutlich auch BVerfGE 95, 64(82 f.): "Der verfassungsrechtliche Schutz einer Eigentumsposition reicht also nicht weiter als die mit ihr zulässigerweise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse". 28 Daher schadet es nicht, wenn in den von ökonomischer Seite vorgeschlagenen Gesetzesformulierungen zur Einführung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte (Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 378 ff.; Nießlein, UTR 5( 1988), 81 ff.) eine Neubestimmung des Eigentumsinhalts nicht vorgesehen ist. 29 So im Ergebnis auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 157; Manssen, UTR 36(1996), 149; Schachei, NuR 1982, 212; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 123 f. (die beiden Letztgenannten allerdings ohne Begründung); a. A. - aus ökonomischer Sicht - Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 331 und in ZfU 1983, 178: Er befürchtet, eine Versteigerung von Lizenzen setze eine Aufhebung der Genehmigungen voraus, welche "technisch bedingt" mit der Produktionseinstellung verbunden sei (so auch Kemper, Umweltproblem, S. 45 und ihm folgend KoschellBrockmannl SchmidtlStronziklBergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 59 sowie Cansier, Umweltökonomie, S. 192 und diesem wiederum folgend Rusch, Ordnungspolitik vs. Abgabenpolitik, S. 50; neuerdings auch StüerlSpreen, UPR 1999, 163). Diese Sichtweise verkennt sowohl die legislative Ausgestaltungsbefugnis im Rahmen von Art. 14 GG als auch die Voraussetzungen eines Widerrufs der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§ 21 BImSchG). 25

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eigentumsrechtlichen Bestandsschutz30 aktivieren. Voraussetzung dafür ist, daß das betroffene vermögens werte Recht dem Rechtsinhaber zu dem Zeitpunkt zugestanden hat, in dem der Gesetzgeber den Inhalt des Rechts konstitutiv mit der Folge verändert hat, daß eine zu diesem Recht gehörende Befugnis diesem künftig nicht mehr angehört. 3l Für die hier interessierende Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Zertifikatmarktes bedeutet dies folgendes: Eine Kollision mit dem Eigentumsgrundrecht der Emittenten, die vor der Einführung des Zertifikatmarktes mit der Emissionstätigkeit begonnen bzw. eine entsprechende Genehmigung erteilt bekommen haben, kommt nur in Betracht, wenn dieses Emissionsrecht bereits vor der Neuregelung in den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts gefallen ist. Damit ist zu untersuchen, ob die derzeit geltende Rechtsordnung 32 eine Emissionsbefugnis für Luftschadstoffe gewährt. Ausgangspunkt der Überlegung, ob die Emissionsbefugnis von Art. 14 Abs. I GG geschützt ist, muß daher eine Gesamtbetrachtung der bestehenden Rechtsordnung sein. (2) Nutzung des privatrechtlichen Eigentums an betrieblichen Mitteln Das privatrechtliche Eigentum an der emittierenden Anlage bzw. dem Betriebsgrundstück könnte Anknüpfungspunkt für eine Emissionsberechtigung sein. Die Produktionsanlage, die Sacheigentum i. S. von § 903 BGB ist, ist in der Regel so mit dem Grundstück verbunden, daß sie wesentlicher Bestandteil desselben i. S. der §§ 93, 94 Abs. I S. I BGB wird. 33 Das 30 Gemeint ist mit Bestandsschutz in dieser Arbeit grundsätzlich der Bestandsschutz im weiteren Sinne, der allgemein den durch Verfassung, einfaches Recht und Genehmigung gewährten Schutz eines tatsächlich vorhandenen Bestandes von Rechten und sonstigen Positionen gegen Veränderungen der Rechtslage bezeichnet. Zu unterscheiden ist davon der Bestandsschutz im engeren Sinne, der das durch Art. 14 Abs. 1 GG gesicherte Recht meint, einen in materiell legaler Eigentumsausübung geschaffenen Bestand unverändert beizubehalten und zu nutzen, auch wenn dieser zwischenzeitlich materiell illegal geworden ist, s. Sach, Genehmigung, S. 96; zu weiteren Unterscheidungen Hösch, UTR 49(1999), 138. Im Immissionsrecht besteht ein solcher Bestandsschutz i. e. S. allerdings nicht, vgl. BVerwGE 65, 313(317). 31 Vgl. BVerfGE 58, 300(348 ff.); MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 109; Kutschera, Bestandsschutz, S. 82. 32 Sie würde ja durch die Neubestimmung der Emissionsbefugnisse neu gestaltet und stellte damit zum Zeitpunkt des Lizenzeinsatzes "vergangenes Recht" dar, von dem nur noch abwehrende, das heißt bestandsschützende Wirkung ausgehen könnte. 33 Die Eigentumsverhältnisse am Betriebsgrundstück sind also nur dann nicht maßgebend, wenn eine "feste Verbindung" i. S. von § 94 Abs. 1 S. 1 BGB nicht vorliegt, was bei Industrieanlagen allerdings kaum denkbar erscheint. Wenn der Anlagenbetreiber nicht Eigentümer des Betriebsgrundstücks ist oder dieses bzw. die Produktionsanlage gepachtet (§§ 581 ff. BGB) hat, kommt als Anknüpfungspunkt

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Eigentum an der Anlage bzw. am Betriebsgrundstück wird damit als privatrechtliches Eigentum vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG erfaßt. Zu fragen ist damit, ob auch die Nutzung dieses Eigentums an der Anlage, also insbesondere die Emissionstätigkeit, in den Schutzbereich mit einbezogen ist. Dieses Problem wurde in den letzten Jahren häufig als Vorfrage zur Bestimmung der Reichweite des immissionsschutzrechtlichen Bestands schutzes - ein solcher setzt eine eigentumsrechtliche Position voraus - erörtert. 34 Weder im Ergebnis noch in der dogmatischen Erfassung der Problematik konnte jedoch Einigkeit erzielt werden. 35 Ob eine bestimmte Nutzung noch Eigentumsinhalt i. S. von Art. 14 Abs. 1 GG ist, kann nach dem verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff nur durch eine Gesamtbetrachtung des einfachen Rechts geklärt werden. 36 Der Versuch, bestimmte Nutzungsbefugnisse unter Außerachtiassung einfachgesetzlicher Regelungen direkt aus der Verfassung selbst abzuleiten 37 , ist somit von vornherein zum Scheitern verurteilt. 38 Zwar kann es keinen Zweifel das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Betracht (s. § 2 A. I. 1. a) bb) (3», vgJ. Maiwald, Eigentumsgarantie und Umweltschutz, S. 61. 34 Feldhaus, WiVerw 1986, 67 ff.; Dolde, NVwZ 1986, 874; Schröder, UPR 1986, 130 ff.; Friauf, WiVerw 1986, 86 ff., WiVerw 1989, 131, 135 f.; Leisner, BB 1992, 73 ff.; Röckinghausen, UPR 1996, 50 ff.; Schulze-Fielitz, Die Verwaltung 20(1987), 324 ff. Stettner, BayVBJ. 1991, 550 ff. und die Monographien von Lee, Bestandsschutz, S. 53 ff.; Sach, Genehmigung, S. 106 f.; Sundermann, Bestandsschutz, S. 72 ff.; Hülsebusch, Nachträgliche Anordnungen, S. 14 ff.; Führ, Industrieanlagen, S. 142 ff.; speziell zu Umweltzertifikaten: Rehbinder, Kompensationen, S. 78 f.; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 101 ff.; Schachei, NuR 1982, 212. 35 Dies läßt sich darauf zurückführen, daß das Problem des Eigentumsschutzes von Nutzungsmöglichkeiten eine "komplexe, schwierige und dogmatisch noch weithin ungesicherte Materie" ist; so die berechtigte Schlußfolgerung Leisners, BB 1992, 79. Zu den unterschiedlichen Auffassungen nachfolgend im Text. 36 Siehe dazu bereits § 2 A. I. 1. a) bb) (1). 37 So etwa Dolde, NVwZ 1986, 874 (Fn. 15); Leisner, in: HStR VI, § 149 Rn. 102 ff.; Friauf, WiVerw 1986, 99 f., ders., WiVerw 1989, 134 ff.; zustimmend Röckinghausen, UPR 1996, 51. Röckinghausen, der ansonsten die modeme Eigentumsdogmatik befürwortet (aaO., 51) und sich damit in einen nicht auflösbaren Widerspruch begibt, übersieht bei seiner Bezugnahme auf Friauf, daß dieser konsequenterweise einen einfachgesetzlich geprägten Bestandsschutz ablehnt (WiVerw 1989, 136). Im übrigen vermag auch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb einen verfassungsunmiuelbaren Schutz aus Art. 14 GG nicht zu gewährleisten (näher dazu § 2 A. I. 1. a) bb) (3». 38 BVerfGE 35, 263(276); BVerwGE 106, 228(233 ff.); VGH Kassel, GewArch 1987, 170; Führ, Industrieanlagen, S. 148; ders., in: GK-BImSchG (Stand: Juni 1994), § 1 Rn. 43; Enders, Kompensationsregelungen, S. 67 f.; Engels, AöR 118(1993),179 ff. Die Aussage, ein Nutzungsrecht folge direkt aus der Verfassung, ist nur insoweit richtig, als Art. 2 Abs. 1 GG generell eine Nutzungsbefugnis gewährt (BVerfGE 88, 366(377». Allerdings sind auch hier, soweit Art. 2 Abs. 1 GG

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daran geben, daß erst die Berechtigung zur Nutzung des Eigentums - desgleichen das Recht zum Besitz und zur Verfügung desselben - dem Eigentumsgrundrecht seine wirtschaftliche Bedeutung verleiht, denn Eigentum, das nicht genutzt werden darf, ist in der Regel wertlos. Demnach muß dem Eigentumsgrundrecht im Wege der Auslegung eine grundsätzliche Tendenz zur Nutzungsbefugnis entnommen werden. Dies ergibt sich schon daraus, daß bei der Auslegung von Verfassungsrecht derjenigen Interpretation der Vorzug zu geben ist, die die juristische Wirkungskraft der Norm am stärksten entfaltet. 39 Wenn verschiedentlich in der verfassungsgerichtlichen Judikatur und im Schrifttum formuliert wird, geschützt sei im Rahmen von Art. 14 GG nicht nur der Bestand der Eigentumsposition, sondern auch deren Nutzung 40 , bezieht sich dies also nur auf diese im Verfassungsrecht angelegte Grundtendenz zur Nutzungsberechtigung. Keineswegs ist damit aber gemeint, mit dem Grundrecht der Eigentumsfreiheit sei die Befugnis zur generellen und unbeschränkten Nutzung sämtlicher Eigentumspositionen verbunden. Auch der Verfassungstext des Art. 14 GG sieht - im Gegensatz etwa zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union41 , in welchem ausdrücklich die Nutzungsbefugnis des Eigentums geschützt (Art. 17 Abs. 1 S. 1) und der Gesetzgeber zur Regelung der Nutzung des Eigentums ermächtigt wird (Art. 17 Abs. 1 S. 3) - ein mit der Eigentumsposition zwangsläufig verbundenes Nutzungsrecht nicht vor. Somit bedarf es im Einzelfall - insbesondere, um die Reichweite der Nutzungsberechtigung bestimmen zu können - stets einer genauen Prüfung, ob Vorschriften des einfachen Rechts eine Nutzung gewähren und, wenn dies der Fall ist, ob andere einfachgesetzliche Regelungen einer uneingeschränkten Nutzung entgegenstehen. 42 (a) Gewährleistung der Nutzung im Privatrecht (§§ 903, 905 BGB) Gemäß § 903 S. 1 BGB kann der Eigentümer einer Sache (§ 90 BGB) mit dieser "nach Belieben verfahren". Damit drückt diese zivilrechtliche Generalnorm auf einfachgesetzlicher Ebene das aus, was - wie soeben ausgeführt - das Verfassungsrecht qua Auslegung als Grundsatz ohnehin gebieüberhaupt anwendbar und nicht durch spezielle Grundrechte verdrängt ist (näher dazu § 2 B. III.), die einfachgesetzlichen Bestimmungen als "entgegenstehendes Recht" i. S. dieses Grundrechts zu beachten. 39 BVerfGE 6, 55(72); 43, 154(167). 40 So BVerfGE 52, 1(30); 88, 366(377); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 14 Rn. 17; Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 914. 41 ABI. EG 2000 Nr. C 364/01. 42 So auch die gängige Vorgehensweise des BVerfG, sofern im konkret zu beurteilenden Fall die (Reichweite der) Nutzungsbefugnis problematisch ist, vgl. z. B.: BVerfGE 58, 300 (328 ff.); 95, 64(82 f.).

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tet, nämlich die grundsätzliche Tendenz zur Berechtigung der Eigentumsnutzung. Diesem Grundsatz entsprechend könnte der Eigentümer eines Grundstücks bzw. der Produktionsmittel43 sein Eigentum grundsätzlich auch zur Freigabe von Emissionen nutzen. Die von § 903 S. I BGB gewährte (allgemeine) Nutzungsbefugnis kann gleichwohl durch andere - entgegenstehende - Nonnen des einfachen Rechts eingeschränkt werden. Eine solche die Eigentumsnutzung beschränkende Nonn ist § 905 BGB, der als speziellere Konkretisierung des Eigentumsinhaltes § 903 BGB vorgeht. 44 § 905 S. I BGB gewährt dem Grundstückseigentümer unstreitig das Recht zur Einwirkung auf den sich senkrecht über dem Grundstück befindenden Luftraum. 45 Ein privatrechtliches Emissionsrecht kann sich allerdings erst dann mit dieser Regelung verbinden, wenn das Recht zur Nutzung des Luftraums auch die Freisetzung von Schadstoffen beinhaltet. Über diese Auslegungsproblematik des § 905 S. 1 BGB entbrannte im Jahre 1991 auf der Tagung der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer46 eine Kontroverse: Das Vorhandensein eines zivilrechtlichen Emissionsrechts wurde mit Hinweis auf den Wortlaut des § 905 S.1 BGB, der nicht hinsichtlich bestimmter Einwirkungsfonnen auf den Luftraum unterscheide, befürwortet. 47 Gegen eine solche weitgehende Interpretation wurde vorgebracht, daß sich die räumliche Verteilung von Emissionen nicht auf eine abgrenzund bestimmbare "Luftsäule" beschränke. Vielmehr würden emittierte Stoffe je nach Stoffbeschaffenheit und beeinflußt von den Windverhältnissen unvorhersehbar verstreut. 48 Die Gegenauffassung unterscheide daher so die Kritik - nicht hinreichend zwischen dem bloßen geometrischen Raum über der Grundstücksfläche und dem "Stoff' Luft, der in seiner Zusammensetzung verändert wird. 49 43 Zur Relevanz dieser Unterscheidung, s. o. Fn. 183. Die Luft selbst kommt als Sache i. S. von §§ 903, 90 BGB schon deshalb nicht in Betracht, da sie, soweit sie als Emissionsträger dient, kein körperlicher Gegenstand ist. 44 Staudinger-Roth, § 905 Rn. 1. 45 Palandt-Bassenge, § 905 Rn. 1; Roth, aaO., Rn. 2. 46 Vom 2. bis 5. 10. in Gießen, dokumentiert in VVDStRL 51 (1992). 47 So offenbar Ehlers, VVDStRL 51(1992), 220 f., der sich allerdings nicht ausschließlich auf § 905 BGB bezieht; zustimmend Friauf, aaO. [Aussprache], 334 und Lee, Bestandsschutz, S. 48, welcher sich jedoch zu Unrecht auf Palandt-Heinrichs, Überbl. v § 90 Rn. 8 (a. E.) beruft. Das argurnenturn ad absurdum, daß selbst das Atmen schon Veränderung sei, weil es Kohlendioxid freilasse (so Friauf, aaO., 334) überzeugt nicht, da dieses Recht ohnehin durch Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG gewährleistet ist und zudem bereits aus tatsächlichen Gründen nicht verboten werden kann. 48 Murswiek, VVDStRL 51(1992) [Aussprache], 326; zustimmend: Steinberg, aaO., S. 330 f. und GK-BImSchG-Führ (Stand: Juni 1994), § 1 Rn. 42. 49 Sachs, VVDStRL 51(1992) [Aussprache], 337; so auch Palandt-Heinrichs, Überbl. v § 90 Rn. 8 (a. E.): "Von der Luft zu unterscheiden ist der Raum über der

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Richtigerweise muß die Diskussion auf ihre dogmatischen Grundlagen zurückgeführt werden. Es kommt, wie bereits mehrfach betont wurde, für die Bestimmung der Eigentümerbefugnisse allein auf die Gesamtheit der einfachen Gesetze an. Die Nutzung eines Grundstücks und des zugehörigen Luftraums regeln die §§ 903, 905 BGB. Ein Ausschluß dieser Nutzung kann nur durch Gesetze erfolgen. Jedes Gesetz, das die Nutzung verbietet, ist zugleich gegenüber der allgemeinen Nutzungsbefugnis der §§ 903, 905 BGB ein spezielleres Gesetz und geht diesen Bestimmungen daher vor. Dieser Vorrang bewirkt damit zugleich, daß die Nutzung nach der Gesamtschau der einfachen Gesetze nicht mehr zum verfassungsrechtlichen Eigentum gehört. Damit zeigt sich zugleich, daß es auf eine Bestimmung des Verhältnisses der §§ 903, 905 BGB gar nicht ankommt. Während eine die Nutzung ausschließende bzw. beschränkende Norm § 903 BGB gleich in doppelter Hinsicht begrenzt - zum einen als entgegenstehendes Recht50 im Sinne der Vorschrift, zum anderen als Sonderregel - wird § 903 BGB jedenfalls als die den Eigentumsinhalt nur in allgemeinerer Form bestimmende Norm verdrängt. 51 Über § 905 S. 2 BGB hinaus werden dem Grundstückseigentümer jedoch insbesondere durch das öffentliche Recht immer neue Schranken gezogen, so daß diese Vorschrift mehr und mehr an Bedeutung verliert. § 905 BGB bildet letztendlich in weiten Bereichen nur noch eine durch Sonderregelungen ausgehöhlte privatrechtliche Hülle. 52 Festzuhalten bleibt damit, daß eine privatrechtliche Nutzungsbefugnis gemäß den §§ 903 ff. BGB grundsätzlich solange vorliegt, wie nicht andere Regelungen des privaten oder des öffentlichen Rechts die Nutzung näher regeln. Ob eine solche Beschränkung durch speziellere Vorschriften vorliegt, muß daher zunächst untersucht werden. (b) Einschränkende Normen des Privatrechts (§ 906 BGB) Privatrechtliche Begrenzungen der Nutzungsbefugnis sieht § 906 BGB vor, der als eine das Eigentum ausgestaltende Norm den Inhalt verfassungsrechtlichen Eigentums ebenfalls mitgestaltet. 53 Danach hat der Eigentümer eines Grundstückes unwesentliche Beeinträchtigungen (Abs. 1) und solche, Grundstücksoberfläche, auf den sich nach § 905 S. I BGB das Recht des Grundstückseigentümers erstreckt.". 50 Es genügt jede Rechtsnorm, vgl. Art. 2 EGBGB. 51 Staudinger-Roth, § 905 Rn. 1; Soergel-Baur, J. F., § 905 Rn. 1. 52 So ausdrücklich Roth, in: Stau dinger, § 905 Rn. 1. Überraschenderweise erwähnt er im Rahmen der Aufzählung der "über § 905 S. 2 hinausreichenden Einschränkungen des Verbietungsrechts" (Rn. 21-29) die Regelungen des BImSchG nicht.

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die auf einer ortsüblichen Nutzung beruhen (Abs. 2), hinzunehmen. Für den emittierenden Grundstückseigentümer bedeutet das, daß seine Emissionsrechte jedenfalls nur so weit reichen können, wie die belästigten Nachbarn zur Duldung verpflichtet sind. Wie § 906 Abs. 1 S. 3 BGB 54 nunmehr klarstellt, liegt eine unwesentliche Beeinträchtigung in der Regel vor, wenn Werte, die "in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundesimmissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben", eingehalten werden. Folglich schränkt § 906 BGB solche Emissionen - und damit die allgemeine Nutzungsbefugnis des § 903 BGB - nicht ein, die den Vorgaben insbesondere der Technischen Anleitung (TA) Luft55 , welche die wesentlichen Emissionshöchstgrenzen für den Betrieb industrieller Anlagen enthält, entsprechen. 56 In diesem Rahmen folgt demgemäß aus privatrechtlichen Normen grundsätzlich die Befugnis, Grundstückseigentum zur Schadstoffemission zu nutzen. Es läßt sich also nicht sagen, § 906 BGB gehe nicht von industriellen Großemissionen aus, da eine solche Interpretation das Regelungsgefüge des Nachbarrechts überschreiten würde. 57 Ein derart pauschaler Ausschluß industrieller Großemissionen kann § 906 BGB angesichts des klaren Wortlauts nicht entnommen werden. Auch hätte es, wenn Großemissionen nicht von dieser Regelung erfaßt würden, nicht der Neuregelung des § 906 Abs. 1 S. 3 BGB bedurft. Eine über den Anwendungsbereich des § 906 BGB hinausgehende Nutzungsbeschränkung kann nur anderen einfachgesetzlichen Vorschriften entnommen werden. 58 (c) Regelung der Nutzung durch Normen des öffentlichen Rechts Der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff ergibt sich - wie bereits ausgeführt wurde - grundsätzlich aus der Gesamtheit der verfassungsmäßigen Gesetze. 59 Daher wirkt das öffentliche Recht bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite des Eigentums gleichrangig mit dem Privateigentum mit. 6o Schadstoffemissionen industrieller Anlagen werden im öffentlichen 53 BGHZ 53, 226(234); Palandt-Bassenge, § 906 Rn. 1; Staudinger-Gursky, § 1004 Rn. 25 u. 162 m. w. N. 54 Angefügt durch Art. 2 § 4 SachenRÄndG v. 21. 9. 1994.

55 Vom 27. 2. 1986, veröffentlicht im GMBl. Nr. 7 vom 28. 2. 1986, 95. Die gesetzliche Grundlage liefert § 48 BImSchG. Näher dazu sogleich unter (c). 56 Staudinger-Roth, § 906 Rn. 172. 5? So aber - etwas mißverständlich - Führ, Industrieanlagen, S. 148 und wohl auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 109 f. Im Ergebnis ergeben sich aber keine Unterschiede zur hier vertretenen Auffassung. 58 Vgl. einerseits MüKomm-Säcker, § 906 Rn. 1, 9 ff., der § 906 BGB durch das BImSchG fast vollständig verdrängt sieht, andererseits Staudinger-Roth, § 906 Rn. 8, der beide Regelungsbereiche für gleichrangig anwendbar hält. 59 Siehe § 2 A. I. 1. a) bb) (1).

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Recht in erster Linie durch das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) geregelt. Dieses Gesetz normiert hauptsächlich die Errichtung und den Betrieb von Anlagen (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1; § 3 Abs. 5 Nr. 1 BImSchG). Unterschieden wird zwischen genehmigungsbedürftigen (§§ 4 ff. BImSchG) und nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen (§§ 22 ff. BImSchG). Gemeinsames Merkmal beider Anlagentypen ist die Verpflichtung zur Einhaltung der jeweiligen Emissionshöchstgrenzen, die sich insbesondere aus den §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 2; § 22 Abs. 1 Nr. 1, 2; § 48 Nr. 2 BImSchG und § 7 BImSchG i. V. m. den maßgeblichen Verordnungen bzw. Verwaltungsvorschriften ergibt. Grundsätzlich können auch immissionsschutzrechtliche Vorschriften als eigentumsgestaltende Vorschriften einfachen Rechts und Inhalts- und Schrankenbestimmungen gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG die eigentumsrechtliche Stellung der Anlagenbetreiber ausgestalten. 61 Die in diesen Bestimmungen im einzelnen geregelten Nutzungsbefugnisse gehen den allgemeinen Grundsätzen der §§ 903 ff. BGB vor. Bei genauer Betrachtung scheidet eine privatrechtliche Nutzungsbefugnis ohnehin stets aus, wenn Regelungen des BImSchG ausdrücklich einen bestimmten Eigentumsgebrauch ausschließen und damit entgegenstehendes Recht i. S. des Vorbehalts in § 903 BGB, Art. 2 EGBGB sind. 62 In jedem Fall gehen damit die Regelungen des BImSchG den §§ 903 ff. BGB vor, so daß die im Schrifttum diskutierte Frage, ob öffentlich-rechtliche Vorschriften im Bereich des Immissionsschutzrechts Vorrang gegenüber den privatrechtlichen Normen beanspruchen können oder ob sie gleichrangig den Eigentumsinhalt bestimmen, hier keine Bedeutung gewinnt. 63 Im folgenden müssen daher die kon60 BVerfGE 58, 300(335 f.); Führ, Industrieanlagen, S. 148; Lee, Bestandsschutz, S. 51. Anders noch BGHZ 60, 126(131): Privat- und öffentlichrechtliche Bindungen seien nachträgliche, von außen auferlegte Beschränkungen der von § 903 BGB gewährten Nutzungsbefugnis. 61 Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 37 f.; Sach, Genehmigung, S. 102 ff.; Friauf, WiVerw 1989, 141 f. (offenbar entgegen seiner fruheren Auffassung in WiVerw 1986, 87(104 f.), neben einfachgesetzlichen Inhalts- und Schrankenbestimmungen greift er jedoch auch unmittelbar auf Art. 14 GG zu (s. Fn. 37)); LR-Kutscheidt (Stand: Oktober 1993), vor § 4 Rn. 26; GK-BImSchG-Koch (Stand: Juni 1994), § 17 Rn. 33; Dolde, FS Bachof, S. 207; GK-BImSchG-Roßnagel (Stand: Juni 1994), § 14 Rn. 37 ff.; Dreier-Wieland, Art. 14 Rn. 33; wohl auch Feldhaus, WiVerw 1986, 67; allg.: BVerfGE 58, 300(335 f.); BVerwGE 84, 322(334). 62 So auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 111 ff.; ähnlich die Vorgehensweise in BVerfGE 58, 300(332 f.). 63 Ein mögliches Vorrangverhältnis wird vor allem im Bereich des Nachbarrechts diskutiert. Vgl. einerseits: Peine, JuS 1987, 179; Pappermann/LöhrIAndriske, Recht der öffentlichen Sachen, S. 8 f.; Lorenz, NVwZ 1989, 816; AK-Rittstieg, Art. 14/15 Rn. 121; und andererseits: Kloepfer, Umweltrecht, § 6 Rn. 16, § 14 Rn. 11; BVerfGE 58, 300(336).

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kreten Beschränkungen der Nutzungsbefugnisse, die das BImSchG vorsieht, für den hier interessierenden Zusammenhang bestimmt werden. (aa) Immissionsschutzrechtliche Genehmigung gemäß § 6 BImSchG Industrielle Großemittenten, für die ein Lizenzmarkt insbesondere in Betracht kommt64 , benötigen für den Betrieb ihrer Anlage eine Erlaubnis. Die genehmigungsbedürftigen Anlagen sind abschließend im Anhang der gemäß §§ 4 Abs. 1 S. 3, § 51 BlmSchG ergangenen 4. BImS eh V aufgeführt. In § 6 BImSchG ist festgelegt, welche Voraussetzungen für die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorliegen müssen. Dazu zählt gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG die Einhaltung der immissionsschutzrechtlichen Betreiberpflichten des § 5 BImSchG und sonstiger Pflichten gemäß § 7 BImSchG i. V.m. Rechtsverordnungen. Darüber hinaus dürfen gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG andere öffentlich-rechtliche Vorschriften der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu klären ist, inwieweit diese gesetzlichen Vorgaben das Nutzungsrecht am Grundeigentum im Hinblick auf Art. 14 GG beschränken. Zunächst fragt es sich, ob bereits von dem durch die §§ 4 Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 6 Abs. 1 BImSchG konstituierten Genehmigungserfordernis eine eigentumsbeschränkende Wirkung ausgeht. Nach herrschender Auffassung gewährt § 6 BlmSchG einen Anspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung und damit auf Emissionstätigkeit ("Betrieb") in den gesetzlich festgelegten Grenzen, sofern der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. 65 Dieses präventive Verbot mit Erlaubnisvorbehalt (Kontrollerlaubnis) stelle den Anspruch auf Ausübung der Nutzung, der im Interesse einer Präventivkontrolle vorläufig eingeschränkt gewesen sei, wieder her. 66 Die Erteilung der Genehmigung habe bloß deklaratorischen Charakter, da lediglich ein Recht erteilt werde, welches zuvor bereits bestanden habe. 67 Nach dieser Auffas64

140).

Zur Problematik der Einbeziehung sog. Kleinstemittenten bereits oben (§ 1 Fn.

65 BVerwGE 55, 250(253 f.); Kloepjer, Umweltrecht, § 5 Rn. 48, § 14 Rn. 64; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 6 Rn. 149; Jarass, BlmSchG, § 6 Rn. 26; Zitzelsberger, GewArch 1990, 158; Schenke, NuR 1989, 11; dazu auch noch unter § 3 A. UI. 2. c). 66 BVerfGE 20, 150(155) - "Sammlungsgesetz"; 58, 300(347) - "Naßauskiesung"; 80, 137(161 ff.) - "Reiten im Walde"; BVerwGE 71, 324(326 ff.); Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 52, 55; Koenig, Verteilungslenkung, S. 79 f.; Gräschner, Überwachungsrechtsverhältnis, S. 195. Vgl. allgemein zur Rechtsfigur des präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt: Grundlegend Mayer, Deutsches Verwaltungsrecht, S. 240 ff.; Friauf, JuS 1962, 424; Schwabe, JuS 1973, 133 ff.; aus neuerer Zeit: Gromitsaris, DÖV 1997,401 ff.; ders., VerwArch 88(1997), 52 ff.

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sung beeinflußt der Genehmigungsvorbehalt die mit dem Grundeigentum verbundene Nutzungsbefugnis also nicht. Eine teilweise in der Literatur vertretene Gegenauffassung folgert dagegen aus den planerischen Elementen im Vorsorgegrundsatz des § 5 Abs. I Nr. 2 BImSehG, daß auch die Anlagengenehmigung als inzidente Planungsentscheidung behandelt werden müsse (sog. repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt).68 Der Verwaltung stünde demnach im Genehmigungsverfahren ein Bewirtschaftungsermessen zu; der Antragsteller habe keinen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung. Dies habe zur Folge, daß die Befugnis zur Emission erst durch Erteilung der Genehmigung - konstitutiv - zugeteilt würde. Die letztgenannte Auffassung kann angesichts des eindeutigen Wortlauts des § 6 BlmSchG jedoch nicht überzeugen. Nach § 6 Abs. I BlmSchG "ist" die Genehmigung zu erteilen, wenn die Voraussetzungen der Ziff. 1 und 2 des Abs. 1 vorliegen. Ein Ermessensspielraum der Verwaltung, der notwendige Voraussetzung auch eines Bewirtschaftungsermessens ist, besteht damit gerade nicht. 69 Dafür spricht auch die im Gesetzgebungsverfahren klar geäußerte Absicht, auf ein Versagungsermessen in § 6 BlmSchG verzichten zu wollen. 7o Zwar sprechen neuere Entwicklungen dafür, daß künftig aufgrund europarechtlicher Vorgaben die Entscheidung über die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ermessensabhängig ausgestaltet sein könnte. 71 Die gegenwärtige Normfassung läßt eine solche Interpretation jedoch nicht zu. 67 BVerfGE 20, 150(155); Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 52; Gröschner, Überwachungsrechtsverhältnis, S. 191 ff. 68 Kutscheidt, in: Salzwedel, Grundzüge des Umweltrechts, 251 f.; GKBImSchG-Scheuing (Stand: Juni 1994), § 15 Rn. 169; Sendler, UPR 1983,41; Lorenz, NVwZ 1989, 816, zurückhaltender aber aaü., 819; Murswiek, Risiken der Technik, S. 357 ff.; ähnlich Feldhaus, DVBI. 1980, 137; differenzierend: Trute, Vorsorgestrukturen, S. 337 ("Zwischenform (... ), ohne die radikale Herauslösung der Positionen aus grundrechtlichen Schutzbereichen zu wählen"); s. Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 133 ff.; Lorenz, NVwZ 1989,819. 69 Kloepfer, Umweltrecht, § 14 Rn. 70; Jarass, BImSchG, § 6 Rn. 26; Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 135. Faktisch beinhaltet die immissionsschutzrechtliche Genehmigung indes viele abwägende und bewertende Elemente, die beispielsweise im Rahmen "anderer Vorschriften" i. S. von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG, im Vorsorgeprinzip gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG oder im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung, die gemäß § 1 Abs. 2 der 9. BImSchV unselbständiger Teil des Genehmigungsverfahrens ist, zu berücksichtigen sind. Ausführlich dazu: GK-BImSchG-Blankenagel (Stand: Jan. 1995), § 6 Rn. 7 ff.; Bender/Sparwasser/ Engel, Umweltrecht, § 6 Rn. 149. 70 BTDrs. 10/3556, 17: Ablehnung des Antrags der SPD-Fraktion durch die damaligen Koalitionsfraktionen. 71 Vgl. die Richtlinie 96/611EG des Rates über die integrierte Venneidung und Venninderung der Umweltverschmutzung (IVU- oder IP(P)C-Richtlinie), ABI. EG

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Damit ist mit der herrschenden Meinung davon auszugehen, daß auf die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ein Anspruch besteht, wenn sich im Erlaubnisverfahren keine gesetzlichen Versagungsgründe ergeben. Der gebundene Anspruch auf Erteilung der Genehmigung ergibt sich jedoch nicht zwangsläufig aus dem Verfassungsrecht; die vereinzelt noch anzutreffende Formulierung, daß hinter dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsanspruch ein spezialgrundrechtlicher Anspruch stehen müsse, trifft in dieser allgemeinen Form nicht zu. Insbesondere ist im Falle einer einfachgesetzlichen Ausgestaltung der Rückgriff auf Art. 14 GG als Anspruchsgrundlage versperrt. 72 Der Anspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung 73 ergibt sich daher (primär) aus § 6 BImSchG und nicht aus Art. 14 GG. 74 Diese Erkenntnis führt weiter zu der Frage, ob dieser einfachgesetzlich vermittelte Anspruch auf Erteilung der Betriebsgenehmigung von eigen1996 L 257/26. § 8 der Richtlinie läßt jedoch offen, ob ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung besteht, näher dazu Dolde, NVwZ 1997, 318; Hösch, UTR 49(1999), 150 ff.; umfassend zuletzt Wickel, UPR 2000, 94 ff. Allg. zur IVU-Richtlinie noch später (§ 4). 72 Wahl/HermesISach, Genehmigung, S. 229; PierothlSchlink, Grundrechte, Rn. 902; Gromitsaris, VerwArch 88(1997), 74; Koch, Bestandsschutz, S. 36 f.; nunmehr auch BVerwGE 106, 228(233 ff.) unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren Rechtsprechung. Auch in der Judikatur des BVerfG finden sich keine Anhaltspunkte für einen notwendig verfassungsunmitte\baren Anspruch im Zusammenhang mit Erlaubnisvorbehalten: In BVerfGE 20, 150(154) und in E 80, 137(161 ff.) ging es nur um die Wiederherstellung der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), in E 58, 300(346 f.), wo ein möglicher Anspruch aus Art. 14 GG im Raum stand, ist stets nur von einem "Rechtsanspruch", nicht von einem grund- bzw. verfassungsrechtlichen Anspruch die Rede; die· Ausführungen in E 35, 263(276), wonach die Baufreiheit (s. dazu die folgende Fn.) nur nach Maßgabe des einfachen Rechts gewährleistet sei, sprechen eher gegen einen unmittelbaren Anspruch aus Art. 14 GG. Ob der Anspruch aus Art. 12 bzw. Art. 2 GG folgt, ist für diesen Zusammenhang nicht bedeutsam (vgl. insoweit § 3 A. III. 2. c) aa). 73 Gleiches gilt im übrigen für die Errichtung baulicher Anlagen; einen - noch immer von vielen Autoren behaupteten unmittelbaren - Anspruch aus Art. 14 GG (so etwa MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 90; BK-Kimminich (Stand: Aug. 1992), Art. 14 Rn. 46; vgl. auch Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 9 Rn. 51) kann es nach der Struktur dieses Grundrechts bei einfachgesetzlicher Ausgestaltung in den Landesbauordnungen (für landesrechtliche Inhalts- und Schrankenbestimmungen gelten insoweit keine Besonderheiten, s. BVerwG NuR 1998, 415(416» denknotwendig nicht geben. Gleichfalls muß für die Beurteilung der oft zitierten "Baufreiheit" - welchen praktischen Sinn dieser Topos auch immer haben mag - zunächst auf § 903 BGB und dann erst auf Art. 14 GG rekurriert werden (insoweit methodisch richtiges Vorgehen bei Leisner, DVBl. 1992, 1068 f.). 74 So wohl auch jüngst Hösch, UTR 49( 1999), 134, der aber insoweit unzutreffend ein Ausschlußverhältnis zwischen Art. 14 und 12 GG anzunehmen scheint (vgl. dazu auch sub 3.). A. A. etwa Bender/SparwasserIEngel, Umweltrecht, § I Rn. 101 (Fn. 151); von MutiuslLünenbürger, NVwZ 1996, 1064.

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tumsrechtlicher Relevanz ist. Als bloße Kontrollerlaubnis beschränkt § 6 BImSchG nur die Rechtsausübung des dahinter stehenden (grund)rechtlichen Anspruchs, nicht aber die veifassungsrechtliche Rechtsstellung. 75 Umgekehrt schafft der Erlaubnisvorbehalt auch keine Erweiterung des verfassungsrechtlichen Rechtskreises. 76 Verfassungsrechtlich wird eine neue Pflicht nicht geschaffen, vielmehr wirkt die - wegen der Präventivkontrolle bloß beschränkte - grundrechtliche Freiheit fort. 77 Folglich handelt es sich bei § 6 BImSchG um eine "neutrale Inhalts- und Schrankenbestimmung", die das grundsätzlich aus dem privatrechtlichen Grundeigentum folgende Recht auf Emission unberührt läßt. 78 Somit kann nur solchen Vorschriften, 75 Dies darf freilich nicht zu dem (bequemen) Fehlschluß verleiten, daß sich bei Bestehen eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalts die Bestimmung der Eigentümerbefugnisse mittels einer Gesamtbetrachtung des einfachen Rechts erübrige. So folgert beispielsweise Enders (Kompensationsregelungen, S. 73) allein aus dem Erfordernis der Kontrollerlaubnis, daß damit eine grundsätzliche - von Art. 14 GG geschützte - Betreiberfreiheit vorausgesetzt sei. Dabei mißachtet er zunächst die eigentumsrechtliche Bedeutung der sonstigen privatrechtlichen Nutzungsbefugnisse. Seine Stellungnahme hierzu bleibt insoweit ambivalent, als er § 903 BGB ohne überzeugende Begründung offenbar für eigentumsrechtlich irrelevant hält (vgl. insbes. aaO., S. 67 f. (Fn. 256, 258), andererseits § 905 BGB diese Funktion aber grundsätzlich einzuräumen scheint (aaO., S. 65 f., 70 (Fn. 268)). Darüber hinaus fehlt in diesem Zusammenhang (anders aber etwa aaO., S. 120 f.) eine Auseinandersetzung mit Reichweite und Bedeutung der eigentumskonstituierenden Vorschriften der §§ 5-7 BImSchG. Der pauschale Umkehrschluß, aus dem Vorliegen einer Kontrollerlaubnis eine grundsätzlich unbeschränkte Nutzungsbefugnis zu folgern, kann im Hinblick auf Art. 14 GG also nicht tragfähig sein, zumal auf diese Weise auch nicht die exakte Reichweite des verfassungsrechtlichen Schutzes bestimmt werden kann. In der Konsequenz führt der Ansatz von Enders sogar dazu, selbst materiell illegalen Anlagen Bestandsschutz (i. e. S., vgl. Fn. 30) gewähren zu müssen. Denn solche können nur dann nicht Eigentumsschutz beanspruchen, wenn die Eigentumsposition von einfachgesetzlichen Normen des BImSchG (§§ 5, 7, 17, 20, 21) ausgestaltet, also die Nutzungsbefugnis reduziert wird. Im Widerspruch dazu lehnt Enders einen Bestandsschutz materiell illegaler Anlagen jedoch - entsprechend der ganz h. M., vgl. BVerwGE 84, 220 ff.; Jarass, BImSchG, § 20 Rn. 30; LR-Hansmann (Stand: März 1995), § 20 Rn. 42) - ab (vgl. aaO., S. 80, 112, 120 ff.). 76 Explizit nunmehr auch BVerfG, NJW 1998, 3264(3265). 77 BVerfG NJW 1998, 3264(3265) und die Ausführungen soeben im Text. Diese rein veifassungsrechtlichen Implikationen des Erlaubnisvorbehalts sind strikt zu unterscheiden von den genehmigungsrechtlichen Wirkungen der Betriebserlaubnis. Ob die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zu einer eigentumsrechtlichen Position führt, wird an anderer Stelle untersucht (sub (4)). 78 I. E. wohl auch BVerfG NJW 1998, 3264(3265); Schenke, NuR 1989, 11; abw.: Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 121 und Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 254 f., die - obgleich sie von einem Anspruch auf Genehmigungserteilung ausgehen - § 6 BImSchG offenbar unmittelbar eigentumsgestaltende Wirkung beimessen wollen. Stettner, BayVBI. 1991, 553 u. 556 hingegen sieht in der Sanktionierung des ungenehmigten Anlagenbetriebs durch § 20 Abs. 2 BImSchG - ergänzend zu nennen wäre hier noch § 327 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 StGB - ein (Gegen-)

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die den Betrieb der Anlage normativ näher ausgestalten, eigentumsrechtliche Relevanz zukommen. Hierzu zählt insbesondere die auch für die Reichweite von Emissionsbefugnissen zentrale Vorschrift des § 5 BlmSchG. (bb) Dynamische Grundpflichten des § 5 BlmSchG § 5 Abs. 1 BImSchG erlegt dem Betreiber einer genehmigungsbedürftigen immissionsschutzrechtlichen Anlage bestimmte Grundpflichten für Errichtung und Betrieb der Anlage auf. Die Besonderheit der Grundpflichten besteht darin, daß sie als Dauerpflichten konzipiert sind, so daß Änderungen in der Bewertung der Schädlichkeit von Umwelteinwirkungen sowie technische Fortschritte (Stand der Technik) den Inhalt und den Umfang der Grundpflichten ständig mitbestimmen. 79 Als Folge dieses "dynamischen Charakters der Grundpflichten"SO ist auch der grundrechtliche Schutzbereich einem ständigen Wandel unterworfen: Nur soweit die vom jeweiligen Stand der Technik abhängigen Grundpflichten des § 5 Abs. I BImSchG befolgt werden, kann sich der Anlagenbetreiber auf das Eigentumsgrundrecht berufen. sl Indiz für den Ausschluß der Luftnutzung aus dem Grundeigentum (dagegen: Dolde, FS Bachof, S. 201 ff.; Lee, Bestandsschutz, S. 54 ff.). Stettners Kritik an der Rechtsfigur des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ist zwar durchaus nachvollziehbar. Das - vermeintliche - Bedürfnis einer Neunormierung vermag ihre Durchführung jedoch nicht zu ersetzen. Soweit Stettner (aaO., 553 u. 556) eine Parallele zum Naßauskiesungsbeschluß zieht, übersieht er zudem, daß auch die (konstitutive) Zuteilung der Wassernutzungsrechte erst durch die entsprechende Fassung der Genehmigungstatbestände (§§ 1, 2 WHG) ermöglicht wurde. Auch im Immissionsschutzrecht ist eine derartige Parallele nur de lege ferenda denkbar, was noch zu untersuchen sein wird (§ 3 A. III. 2. c». 79 Allerdings zieht eine Verletzung dieser Pflichten keine direkten Sanktionen nach sich. Behördliche Zwangsmaßnahmen oder strafrechtliche Konsequenzen setzen vielmehr eine Umsetzung der Grundpflichten durch Rechtsverordnung (§ 7 BImSchG) oder Verwaltungsakt - besonders gemäß den §§ 12 und 17 BImSchG voraus. Die sich daraus ergebende Kluft zwischen theoretischem Anspruch und praktischer Durchsetzung kennzeichnet das bereits geschilderte Vollzugsdefizit (s. § 1 A. I). 80 BVerwGE 65, 313(317, 320 ff.) Jarass, BImSchG, § 5 Rn. 2, § 6 Rn. 26; Dolde, FS Bachof, S. 203; Sellner, Immissionsschutzrecht, Rn. 21 ff.; Röckinghausen, UPR 1996,51; Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 124 f. 81 BVerwG NVwZ-RR 1994, 494; BayVBI. 1996, 151(152); VGH München, BayVBI. 1998, 113(114); Koch, WiVerw 1983, 170; Führ, Industrieanlagen, S. 154 u. 163; Wahl/HermesISach, Genehmigung, S. 236; Sundermann, Bestandsschutz, S. 99; Rid, Vorsorgepflicht, S. 219; SchmidtlMüller, Umweltrecht, § 3 Rn. 48; allg.: BVerfGE 70, 191(201); 95, 64(82 f.); a.A.: Kutschera, Bestandsschutz, S. 74 ff., 83 f.; Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 155 ff., die davon ausgehen, daß inhaltsbestimmende Normen i. S. des Art. 14 Abs. 1 GG nur solche sein können, die Eigentumsrechte und Befugnisse ausdrücklich festlegen. Dies läßt sich jedoch nicht

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(d) Zusammenfassung Dem Emittenten steht die Emissionsberechtigung aus dem privatrechtlichen Grundeigentum nur insoweit zu, als die den Betreiber einer gen ehmigungsbedürftigen Anlage treffenden Pflichten (materiell) eingehalten werden, ohne daß (formell) eine Genehmigung erteilt sein muß. 82 Einfachgesetzliche Normen, die, wie insbesondere die §§ 903, 905 BGB, eine darüber hinausgehende Nutzungsbefugnis regeln, werden von den spezielleren öffentlich-rechtlichen Regelungen der §§ 4 ff. BImSchG überlagert. Dies gilt freilich nur, soweit der Anwendungsbereich der immissionsschutzrechtlichen Regelungen überhaupt eröffnet ist. Sofern keine die Emissionsbefugnis beschränkende ordnungsrechtliche Regelungen bestehen, wirkt die aus dem Privateigentum folgende Betreiberfreiheit ungehindert fort. 83 (3) Eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb Ein verfassungsrechtlicher Schutz der Emissionsbefugnis könnte sich neben dem Grundeigentum aus der Rechtsfigur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs ergeben. Genehmigungsbedürftige Anlagen i. S. des BImSchG gemäß §§ 3 Abs. 5 Nr. 1, § 4 BImSchG sind in aller Regel jedenfalls Teile der Wirtschaftseinheit eines Betriebes oder Unternehmens und verkörpern damit einen Gewerbebetrieb. Die Rechtsfigur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs 84 ist im Privatrecht als "sonstiges Recht" im Rahmen von § 823 Abs. 1 BGB anerkannt. 85 Im Rahmen des dem Verfassungstext entnehmen, zudem widerspricht es dem Gebot, bei der Bestimmung der Eigentumsbefugnisse eine Gesamtschau des einfachgesetzlichen Normenbestands vorzunehmen. Soweit Kutschera überdies befürchtet, durch eine eigentumsgestaltende Wirkung würde das zivilrechtliehe Eigentum i. S. v. § 903 BGB beseitigt (aaO., S. 74 f.), übersieht er, daß § 5 BImSchG lediglich die (auch von § 903 BGB umfaßte) NutzungsbeJugnis verkürzt. 82 I. E. auch Lee, Bestandsschutz, S. 56; Schenke, NuR 1989, 11; Friauf, WiVerw 1986, 102; WiVerw 1989, 135 f.; Zitzelsberger, GewAreh 1990, 158; vgl. auch BVerfGE 95, 64(82 f.): "Der verfassungsrechtliche Schutz einer Eigentumsposition reicht (... ) nicht weiter als die mit ihr zulässigerweise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse." Wohl a.A. Sach, Genehmigung, S. 101 (Fn. 39, 41), der aus § 20 Abs. 1 BImSchG folgert, daß es ohne Genehmigung keinen Bestandsschutz gebe; in diese Richtung auch Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 33 u. 125. Beide scheinen dem Irrtum zu unterliegen, daß die - eigentumsgestaltende - Grundpflichtenbelastung erst nach Erteilung der Genehmigung eintritt. 83 Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 104 ff., 107 ff. (für CO 2 ); Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 104; allg. auch BVerfG NJW 1998, 3264(3265). 84 Präziser wird diese Einrichtung vom Bundesverwaltungsgericht (z. B. E 81, 49(54)) als "Erwerbsbetrieb" bezeichnet. Ob die Nutzung gewerblich ist, kann für die verfassungsrechtliche Beurteilung im Rahmen des Art. 14 GG keine Rolle spielen.

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öffentlichen Rechts ist dieses Institut dagegen umstritten. 86 Zweifel ergeben sich schon daraus, daß mangels einer Kodifizierung dieser Figur eine ausdrückliche gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung nicht vorliegt. Auch spricht gegen die Annahme eines solchen Instituts auf verfassungsrechtlicher Ebene, daß ein Unternehmen eigentumsrechtlich gesehen eine tatsächliche, nicht aber eine rechtliche Zusammenfassung von Rechten ist. 87 Vieles spricht daher dafür, allenfalls das unternehmerische Eigentum als solches, nicht aber sämtliche zivilrechtlichen Interpretationsergebnisse zur Rechtsfigur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als schutzwürdige Position im Rahmen des Art. 14 GG anzuerkennen. 88 Letztendlich kann die Klärung dieses Streitpunkts für die hier interessierende Frage des grundrechtlichen Schutzes der Emissionsbefugnis dahinstehen. Es besteht nämlich weitgehende Einigkeit, daß der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs nicht weiter gehen kann als der Schutz, den seine wirtschaftliche Grundlage genießt. 89 Wenn bereits das Grundeigentum ein Recht zur Emissionstätigkeit beinhaltet, so kann auch nur diese, nicht aber eine darüber hinausgehende Befugnis unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs geschützt sein. Zudem wird überwiegend gefordert, nur dem rechtmäßig eingetragenen und ausgeübten Gewerbebetrieb, wozu auch das Vorhandensein eventuell erforderlicher Genehmigungen gezählt wird, verfassungsrechtlichen Schutz Statt aller BGHZ 3, 270(278 ff.); 98, 341(351). Das BVerfG sah den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb von Beginn an, wenn auch teils zurückhaltend, als Eigentum an (BVerfGE 1, 264(277 f.); 13, 225(229 f.)), läßt aber die Frage verfassungsrechtlichen Schutzes seit einer Entscheidung im Jahre 1979 (BVerfGE 51, 193(221 f .)) offen, so etwa in BVerfGE 66, 116(145); 68, 193(222 f.); 77, 84(118); 81, 208(227 0. Im übrigen wird die Schutzwürdigkeit der Rechtsfigur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs in Rechtsprechung und Literatur überwiegend bejaht: BVerwGE 17, 306(313 f.); 81, 49 (54); BGHZ 23, 157(162 f.); 92, 34(37); MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 95 ff.; Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14 Rn. 135 ff., jeweils m. w. N. Ausführlich zum Problem: Engels, AöR 118(1993), 171 ff.; Lee, Bestandsschutz, S. 68 ff.; dezidiert gegen die Anerkennung dieser Rechtsfigur: AK-Rittstieg, Art. 14/15 Rn. 100; Kutschera, Bestandsschutz, S. 44; Zitzelsberger, GewArch 1990, 159 f. 87 So BVerfGE 51, 193(221 f.). Zur Gegenposition Depenheuer, aaO., Rn. 136. Die einzelnen Produktionsgüter sind für sich genommen natürlich verfassungsrechtlich geschütztes Eigentum. 88 Tettinger, in: ders./Wank, GewO, Einl. Rn. 17 f. Auch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (hierzu bereits Fn. 41) sieht lediglich ein Grundrecht der unternehmerischen Freiheit vor (Art. 16). 89 BVerfGE 58, 300(353); BGHZ 98, 341(353); BVerwGE 67, 93(94); MDHPapier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 105; dagegen restriktive Interpretation dieser Formel bei Depenheuer, aaO., Rn. 138. 85

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zu gewähren. 9o Mithin kann nach dieser Auffassung der Betrieb einer Anlage, der ohne immissionsschutzrechtliche Genehmigung (formell rechtswidrig) erfolgt, unter dem Gesichtspunkt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs keinen unmittelbaren verfassungsrechtlichen Schutz beanspruchen. 91 Da sich aus der Rechtsfigur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs hinsichtlich des Emissionsrechts genehmigungsbedürftiger Anlagen somit kein gegenüber dem Grundeigentum erweiterter Eigentumsschutz ergeben kann, ist eine nähere Auseinandersetzung mit diesem Rechtsinstitut entbehrlich. (4) Immissionsschutzrechtliche Genehmigung als solche Die eigentumsrechtliche Bedeutung des in § 6 BImSchG geregelten Genehmigungsvorbehalts im Hinblick auf die privatrechtliche Emissionsbefugnis wurde bereits erörtert. 92 Ausgespart blieb dagegen bislang die Frage, ob ein Betreiber mit Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ein - unabhängig von privatrechtlichen Normen in ihrer Eigenschaft als (auch) eigentumskonstituierende Vorschriften - verfassungsrechtlich geschütztes Emissionsrecht erhält. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erlaubt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG Errichtung und Betrieb einer Anlage. Der Betrieb einer Anlage umfaßt· sämtliche Tätigkeiten, die ihrem Verwendungszweck dienen, also auch die Emissionstätigkeit. 93 Es fragt sich daher, ob diese genehmigungsrechtliche Befugnis zur Emission durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützt ist. Die aufgrund der §§ 4 ff. BImSchG erteilte Genehmigung ist nicht bloß eine "Unbedenklichkeitsbescheinigung" i. S. der Kontrollerlaubnis des § 6 Abs. I BImSchG, sondern gewährt zusätzlich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Errichtung und Betrieb der Anlage. 94 Zum eigentumsrechtlichen Schutz öffentlich-rechtlicher Positionen hat sich eine vom Schrifttum weithin gebilligte, dogmatisch allerdings etwas fragwürdige 95 Sonderrechtspre90 BVerwGE 66, 301(303 ff.); BGH NJW 1957,633(634); Jarass, in: ders./Pieroth, Art. 14 Rn. 10 a.E.; BK-Kimminich (Stand: August 1992), Art. 14 Rn. 80, 87. 91 Friauj, WiVerw 1986, 99; Hülseb~sch, Nachträgliche Anordnungen, S. 26; allg.: BVerwGE 80, 270(280). Auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung (s. soeben (2) (c)) läßt sich diese Restriktion des Anwendungsbereichs jedoch nicht aus § 6 BlmSchG herleiten. 92 § 2 A. I. 1. a) bb) (2) (c) (aa). 93 Jarass, BlmSchG, § 4 Rn. 43 m. w.N. 94 LR-Kutscheidt (Stand: Oktober 1993), vor § 4 Rn. 18; Jarass, BlmSchG, § 6 Rn. 30; Seltner, Immissionsschutzrecht, Rn. 203. 95 Die Grundsätze kollidieren vielfach mit den sonst geltenden allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen der Eigentumsgarantie (s. § 2 A. I. 1.). Kritisch etwa Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14 Rn. 73, 75, 186 ff.

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chung herausgebildet. Danach genießen vermögenswerte subjektiv-öffentliche Rechte den Schutz des Art. 14 Abs. I GG nur dann, wenn sie dem Inhaber eine Rechtsposition verschaffen, die derjenigen eines Eigentümers vergleichbar ist. 96 Dies richtet sich danach, ob die eingeräumte Rechtsposition Äquivalent eigener Leistung ist oder bloß auf staatlicher Gewährung beruht. 97 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung berechtigt den Inhaber dazu, eine immissionsschutzrechtliche Anlage zu betreiben und verschafft ihm damit einen geldwerten - bezifferbaren - Vorteil. 98 Ein vermögenswertes Recht liegt somit vor. Entscheidend kommt es daher darauf an, ob die Genehmigung gemäß § 4 ff. BImSchG für eine Leistung des Genehmigungsinhabers erteilt wird. (a) Genehmigung als Leistungskriterium Zum Teil wird der Leistungsbezug mit der Begründung bejaht, daß die Genehmigung selbst Grundlage für die Errichtung und den Betrieb der Anlage sei und für den Betreiber einen bedeutenden Vermögenswert darstelle. 99 Diese Argumentation kann jedoch nicht überzeugen. Zwar trifft es zu, daß die Genehmigung für den Betreiber einen wirtschaftlichen Wert verkörpert. Dieser Wert beruht aber allein auf einer Leistung der Genehmigungsbehörde, nämlich auf der Erlaubniserteilung. 1oo 96 St. Rspr. und h.M.: BVerfGE 4, 219(240 f.); 53, 257(289 ff.); 92, 365(405); BGHZ 92, 94(106); Schmidt/Müller, Umweltrecht, § 3 Rn. 49; Friauf, WiVerw 1989, 132; Engel, AöR 118(1993), 187 f.; ähnlich Sachs-Wendt, Art. 14 Rn. 28 ff.; a. A.: AK-Rittstieg, Art. 14 Rn. 114 u. 118; Lee, Bestandsschutz, S. 60 ff.; Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 33 ff. Nach der Gegenansicht ist der Schutz aus Art. 14 GG auf alle subjektiven öffentlichen Rechte zu erstrecken, die Genehmigung fiele also unzweifelhaft darunter. Dies überzeugt nicht, weil der Schutz öffentlich-rechtlicher Positionen, um nicht uferlos zu werden, einer teleologischen Reduktion bedarf. Dabei erweisen sich solche öffentlich-rechtlichen Positionen am ehesten als schutzwürdig, die auf eigener Leistung des Bürgers beruhen (vgl. dazu auch Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14 Rn. 77). 97 BVerfGE 18, 392(397); 24, 220(225 f.); Schulze-Fielitz, Die Verwaltung 20(1987), 326; Friauf, WiVerw 1989, 132. Zum ergänzenden - hier nicht interessierenden - Kriterium der Existenzsicherung vor allem bei sozialversicherungsrechtlichen Positionen Depenheuer, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 14 Rn. 71 ff., 183. 98 Zitzelsberger, GewAreh 1990, 158; Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 36; Lee, Bestandsschutz, S. 64. 99 Sellner, Immissionsschutzrecht, Rn. 202 f.; Dolde, NVwZ 1986, 874 (Fn. 15); ihm zustimmend Ehlers, VVDStRL 51(1992), 221(Fn. 51) und Lee, Bestandsschutz, S. 64 f. Ohne Begründung auch Manssen, UTR 36 (1996), 148. Das BVerfG hat die Frage des eigentumsrechtlichen Schutzes einer Genehmigung ausdrücklich dahinstehen lassen (E 17,232 (247 0). 100 Vgl. BVerwG NVwZ-RR 1994, 494; Hülsebusch, Nachträgliche Anordnungen, S. 39; Sach, Genehmigung, S. 100; Koenig, Verteilungslenkung, S. 425 f. Es 5*

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Eine Leistung des Betreibers könnte allenfalls in der Erfüllung der Antragsvoraussetzungen (Kosten durch das Vorlegen von Unterlagen, Planungen, Voruntersuchungen) zu sehen sein. Diese Kosten sind allerdings auch dann zu tragen, wenn die Genehmigung versagt wird. 101 Die Genehmigungserteilung ist gemäß § 6 BImSchG einzig an das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen geknüpft. Werden diese eingehalten, so ist die Genehmigung - unabhängig davon, ob bereits in diese investiert worden ist zu erteilen. 102 Somit liegt keine Entsprechung zwischen den Aufwendungen des Betreibers und seiner Betriebsgenehmigung vor, so daß die erforderliche Äquivalenzbeziehung fehlt. 103 (b) Ins-Werk -Setzung der Genehmigung Die für das Vorliegen der Äquivalenzbeziehung erforderliche eigene Leistung könnte in den Investitionen zu sehen sein, die der Anlagenbetreiber aufgrund der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung getätigt hat. Die öffentlich-rechtliche Genehmigung "erstarkt" nach dieser wenig vertretenen Auffassung dadurch, daß sie durch Verwirklichung des genehmigten Vorhabens "ins Werk gesetzt" wird. 104 Diese Argumentation übersieht allerdings, trifft nicht zu, daß man nur dann nicht eine Leistung in der Genehmigung sehen kann, wenn man der Genehmigung konstitutive Wirkung zuspricht (so aber Dolde, NVwZ 1986, 874 (Fn. 15). Denn daß aus Art. 14 bzw. § 6 BImSchG (s.o., § 2 A. I. 1. a) bb) (2) (c) (aa» ein Anspruch auf Erteilung der Genehmigung besteht, bedeutet nicht, daß das Recht aus der (erteilten) Genehmigung auch durch Art. 14 GG geschützt sein müsse (gegen Dolde auch: Friauj, WiVerw 1989, 133 und Sach, Genehmigung, S. 100 f.). 101 Das übersehen Lee, Bestandsschutz, S. 63 f. und auch Borgmann, Kernenergie, S. 316, der für atomrechtliche Genehmigungen annimmt, daß bereits der für die Erteilung der Genehmigung getätigte Aufwand als Leistung genüge. 102 Sog. präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, s. § 2 A. I. 1. a) bb) (2) (c) (aa). Im Atomrecht besteht gemäß § 7 AtG kein gebundener Anspruch auf Genehmigung einer kerntechnischen Anlage. Daher besteht der erforderliche Kausalzusammenhang zwischen Leistung und Genehmigungserteilung wegen des der Behörde zukommenden Ermessensspielraums erst recht nicht (entgegen Borgmann (Fn. ebd.». 103 Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 32; Sach, Genehmigung, S. 100; Hülsebusch, Nachträgliche Anordnungen, S. 39; Stettner, BayVBI. 1991, 556; Engel, AöR 118(1993), 188. 104 Schulze-Fielitz, Die Verwaltung 20(1987), 326; wohl auch BK-Kimminich (Stand: August 1992), Art. 14 Rn. 87; Hülsebusch, Nachträgliche Anordnungen, S. 42 ff.; nicht überzeugend Körner, Kompensationen, S. 177: die im Vertrauen auf die Genehmigung getätigte Investition müsse von Art. 14 GG geschützt sein, weil eine andere Auslegung "lebensfremd" sei und eine "Verunsicherung der Anlagenbetreiber" zur Folge hätte. Vgl. auch BVerwG, BayVBI. 1993,693(696), das als Voraussetzung für die Gewährung von Bestandsschutz fordert, daß der Eigentümer etwas "ins Werk gesetzt" haben müsse. Als Bezugspunkt des Grundrechtsschutzes

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daß die Erteilung der Genehmigung dem Ins-Werk-Setzen, also der Leistung des Genehmigungsinhabers, zeitlich vorausgeht, so daß die erforderliche "quasi-synallagmatische" Beziehung nicht besteht. 105 Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung als solche ist somit keine von Art. 14 GG geschützte Rechtsposition. (5) Grund- bzw. Anlageneigentum i. V. mit der Betriebsgenehmigung

Der fehlende Eigentumsschutz einer Genehmigung wird im Schrifttum vielfach als unbillig empfunden. Daher wird mehrheitlich vorgeschlagen, aus einer zusammenfassenden Betrachtung von Genehmigung und Grundeigentum eine vermögenswerte Schutzposition i. S. des Art. 14 Abs. 1 GG abzuleiten. 106 Die Genehmigung soll also nicht selbst - als subjektiv öffentliches Recht - Anknüpfungspunkt des Grundrechtsschutzes sein, sondern als "öffentlich-rechtliches Teilelement der individuellen Verrnögensposition,,107 diesen Schutz nur vermitteln. Durch diese Anknüpfung an das (privatrechtliche) Grundeigentum wird die nur für subjektiv öffentliche Rechte geltende Begrenzung durch die Äquivalenzformel umgangen. Erst nach Bildung einer entsprechenden privatrechtlichen Position ("Ins-WerkSetzen") fällt also gemäß dieser Ansicht die immissionsschutzrechtliche Genehmigung in den Schutzbereich des Art. 14 GG. Damit würde jedoch gegenüber den bereits festgestellten Befugnissen aus dem Grundeigentum lO8 kein weitergehender Schutz erreicht. 109 Die Frage, ob durch eine Verknüpfung von Anlageneigentum und öffentlich-rechtlicher scheint das Gericht dabei aber das Grundeigentum und nicht die Genehmigung zu sehen, dazu sogleich (5). 105 So Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 32 und wohl auch Engel, AöR 118 1993), 188, der aber übersieht, daß der Schutz auch aus dem Grundeigentum und nicht bloß aus dem von ihm favorisierten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb folgen kann. 106 Weber, AöR 91(1966), 400 f.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 159; Rid, Vorsorgepflicht, S. 285 f.; BenderiSparwasserlEngel, Umweltrecht, § 6 Rn. 232; SchmidtlMüller, Umweltrecht, § 3 Rn. 49; Friauf, WiVerw 1986, 98 f.; WiVerw 1989, 132 f.; Hammann, Bestandsschutz, S. 111 (Fn. 4); Maurer, Allg. Verwaltungsrecht, § 26 Rn. 44; MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 107 f.; LRKutscheidt (Stand: Oktober 1993), vor § 4 Rn. 25; Badura, in: HdB VerfR, § 10 Rn. 40 a. E.; Sach, Genehmigung, S. 100; Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 33; wohl auch BVerfGE 58, 300(349); BVerwG, BayVBI. 1993, 693(696); a.A.: Kutschera, Bestandsschutz, S. 171 f.; GK-BlmSchG-Scheuing (Stand: Juni 1994), § 15 Rn. 170 f. 107 Papier, aaO., Rn. 108; s. auch Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 33: Genehmigung als "mittelbarer Bestandteil der eigentumsrechtlichen Position". 108 s. § 2 A. I. 1. a) bb) (2). 109 Vgl. auch v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 30.

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Genehmigung eine - zusätzliche - eigentumsrechtliche Position begründet wird, kann daher auf sich beruhen. Zu bemängeln ist an diesem Ansatz gleichwohl, daß die Bestimmung des Eigentumsinhalts nicht von einer Zusammenschau aller zu einem bestimmten Zeitpunkt geltenden gesetzlichen Regelungen ausgeht. Vielmehr werden privatrechtliche und öffentlich-rechtliche Positionen vermengt, um ein erwünschtes Ergebnis zu erhalten; dogmatische Grundsätze werden dabei weitgehend außer Acht gelassen. Richtiger erscheint es daher, den Umfang der jeweiligen Eigentumsposition und die von einer Genehmigung jeweils umfaßten Nutzungsbefugnisse im einzelnen anhand des einfachgesetzlichen Normgefüges zu ermitteln, wobei allerdings die grundsätzliche Verankerung der Nutzungsbefugnis im Verfassungsrecht zu berücksichtigen ist. 110 (6) Zwischenergebnis Das Emissionsrecht ist als Bestandteil des Eigentums an einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage insoweit geschützt, als die Anlage im Rahmen der Betreiberpflichten des BImSchG betrieben wird. Die Emissionsbefugnisse der Unternehmer, die als Teilnehmer eines Lizenzmarktes in Betracht kommen, haben also grundsätzlich am Schutz des Art. 14 GG teil.

cc) Persönlicher Schutzbereich Nachdem nunmehr die Reichweite des grundrechtlichen Schutzes geklärt ist, stellt sich die Frage, ob dieser Schutz in personeller Hinsicht begrenzt ist. Eine Zertifizierung von Emissionstätigkeiten wird typischerweise große Unternehmen und damit juristische Personen betreffen. 111 Gemäß Art. 19 Abs. 3 GG sind inländische juristische Personen" 2 nur vom personalen Schutzbereich eines Grundrechts erfaßt, wenn das jeweilige Grundrecht dem "Wesen nach" auf diese anwendbar ist. Für juristische Personen des Privatrechts wird diese Frage im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzNäher hierzu § 2 A. I. 1. a) bb) (2). s. § 1 E. VI. Geschützt sind also auch Unternehmen in Form der Aktiengesellschaft (BVerfGE 50, 290(319» oder GmbH (BVerfGE 3, 359(363», s. insoweit § 1 Abs. 1 S. 1 AktG; § 13 Abs. 1 GmbHG. 112 Trotz der mißverständlichen Terminologie gilt Art. 19 Abs. 3 GG auch für Handelsgesellschaften, die mangels Vollrechtsfähigkeit keine juristischen Personen i. e. S. sind, aber hinsichtlich einiger Rechtssätze teilrechtsfähig sind; vgl. SachsKrüger, Art. 19 Rn. 57. Geschützt sind daher beispielsweise - allerdings nur soweit die Teilrechtsfähigkeit reicht - auch die offene Handelsgesellschaft (OHG, § 105 HGB) und die Kommanditgesellschaft (KG, § 161 HGB), s. BVerfGE 10, 89(99); 20, 283(290); 53, 1(13). 110 111

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lich bejaht. 113 Dagegen ergeben sich bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts Schwierigkeiten. Diese sind als Teil der staatlichen Gewalt in erster Linie Adressaten (Art. 1 Abs. 3 GG) und nicht Träger von Grundrechten, so daß sie sich nicht in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden. Aus diesem Grund soll ihnen nach der Rechtsprechung des BVerfG und überwiegender Auffassung im Schrifttum kein Grundrechtsschutz zukommen. 114 Dies rechtfertigt sich dadurch, daß die primär als Abwehrrechte gegen den Staat konzipierten Grundrechte nicht gleichzeitig von diesem selbst wahrgenommen werden können. Emittierenden Hoheitsträgern steht damit kein grundrechtlicher Schutz aus Art. 14 GG zu. Teilweise ungeklärt ist die Rechtslage noch bei sogenannten gemischtwirtschaftlichen Unternehmen, die zwar juristische Personen des Privatrechts - etwa in der privatrechtlichen Rechtsform der Aktiengesellschaft oder der GmbH - sind, aber einen nicht unwesentlichen Anteil hoheitlicher Beteiligung aufweisen. 115 Das Bundesverfassungsgericht hat beispielsweise einer Aktiengesellschaft wegen einer 72 %igen Beteiligung der öffentlichen Hand die Grundrechtsfähigkeit abgesprochen. 116 In Konsequenz dieser Rechtsprechung liegt die Verneinung der Grundrechtsfähigkeit für bedeutende Emittentengruppen wie den großen Energieversorgungsunternehmen (EVU), die vielfach unter Kapitalbeteiligung der öffentlichen Hand stehen. Auf diese Weise würde zwangsläufig auch, was vielfach kritisiert wird, privaten Anteilseignern der Grundrechtsschutz versagt werden. 117 Einer vertiefenden Auseinandersetzung mit der Streitfrage bedarf es für den hier zu behandelnden Themenkreis indes nicht. Das Ingangsetzen des 113

m.N.

BVerfGE 4, 7(17); 53, 336(345); 66, 116(130); Sachs-Krüger, Art. 19 Rn. 79

114 BVerfGE 61, 82(101 f., 105 f.) - "Sasbach"; 75, 192(195 ff.); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 19 Rn. 15; a.A. etwa BK-v. Mutius (Stand: April 1975), Art. 19 Abs. 3 Rn. 87 ff. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz erkennt das Bundesverfassungsgericht nur für solche Einrichtungen an, die unmittelbar einem grundrechtlieh geschützten Lebensbereich zugeordnet und dem Staat gegenüber insoweit weitgehend verselbständigt sind wie Rundfunkanstalten, Universitäten oder kirchlichen Einrichtungen (BVerfGE 75, 192(196 f., m.N.». 115 Für die Grundrechtsfähigkeit gemischt-wirtschaftlicher Unternehmen u. a.: Stern, Staatsrecht III/1, VIII 7 (S. 1169 f.); Rüjner, HStR V, § 116 Rn. 81; Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 19 Rn. 14; differenzierend Borgmann, Kernenergie, S. 318 ff., 344. 116 BVerfG NJW 1990, 1783. In dem Kammerbeschluß ging es um die Beteiligung an der "Hamburgischen Elektrizitätswerke AG", also einem erheblich in die Daseinsvorsorge eingebundenen Versorgungsunternehmen. Für den (grundsätzlichen) Ausschluß solcher Unternehmen aus dem grundrechtlichen Schutzbereich etwa MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 211; ablehnend hingegen Koppensteiner, NJW 1990, 3105 ff. 117 s. etwa v. Münch/Kunig-Krebs, Art. 19 Rn. 45.

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Emissionshandels setzt - wie bereits erläutert wurde I 18 - den Entzug sämtlicher bisher gewährter Emissionsrechte und deren Neuzuteilung nach einheitlichen Kriterien voraus. Insofern müssen alle Marktteilnehmer schon aus der praktischen Notwendigkeit einheitlicher Regelungen gleich behandelt werden, unabhängig davon, ob rein private, öffentliche oder gemischtwirtschaftliche Unternehmen betroffen sind. Zudem ergibt sich das rechtliche Verbot, Differenzierungen ohne sachlichen Grund vorzunehmen, zwar nicht aus - dem insoweit nicht anwendbaren - Art. 3 Abs. 1 GG, wohl aber aus dem Prinzip der allgemeinen Gerechtigkeit, das als fundamentaler objektiver Verfassungssatz auch Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts gegenüber zu beachten ist. 119 b) Staatlicher Eingriff in die Eigentumsposition Mit Einführung eines Zertifikatmarktes verkürzt der Staat die Eigentumsfreiheit und greift in die Rechte der Altbetreiber ein. 120 Ein Eingriff in bestehende Rechtspositionen scheidet hingegen aus, wenn die Neuverteilung der Emissionsrechte exakt am juristisch zulässigen Niveau orientiert ist oder sogar über diesem liegt. 121 Der Einsatz von handelbaren Emissionszertifikaten führt also in der Regel zu einem Eingriff in grundrechtlich geschütztes Eigentum der Altemittenten. Im folgenden ist daher zu klären, ob dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist. 2. Veifassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs in eigentumsrechtliche Positionen

Die Befugnis der Legislative, das Eigentum durch inhalts- und schrankenbestimmende Regelungen auszugestalten, besteht nicht grenzenlos. Vielmehr schützt die sogenannte Bestandsgarantie das bestehende konkrete Eigentum in der Hand individueller Eigentümer und deren Kontinuitätsinteressen. 122 Der Gesetzgeber kann solche bestandsgeschützten Positionen s. § 2A. BVerfGE 25, 198(205); 76, 130(139); v. Münch/Kunig-Gubelt. Art. 3 Rn. 6. 120 Trotz der besonderen Struktur des Art. 14 GO bezeichnet man Inhalts- und Schrankenbestimmungen. die Eigentümerbefugnisse vermindern, der klassischen Grundrechtsdogmatik bei beeinträchtigenden staatlichen Maßnahmen entsprechend als Eingriff, vgl. Pierothl Schlink. Grundrechte, Rn. 899 u. 920; Eschenbach. Schutz des Eigentums. S. 450 ff. 121 Blankenagel. Umweltzertifikate, 88; Becker-Neetz. Rechtliche Probleme. S. 151. Zur Frage. ob dies überhaupt praktisch zu verwirklichen ist, sogleich unter § 2 A. I. 2. a) aa) (I) (a). 118

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nur umwandeln, wenn sie durch Gründe des öffentlichen Interesses unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. 123 Dabei muß in besonderer Weise das Vertrauen des Eigentümers in den Fortbestand seiner Rechtsposition berücksichtigt werden. 124 Mit anderen Worten muß die einfachgesetzliche Ausgestaltung "in materieller Hinsicht mit dem Grundgesetz in Einklang stehen".125 Daß ein solches die Eigentumslage veränderndes Gesetz auch in formeller Weise verfassungsmäßig zustandegekommen sein muß, versteht sich von selbst. Im Rahmen dieser Arbeit können formelle Aspekte mangels konkreter Gesetzgebungsinitiativen nicht untersucht werden. Die Gesetzgebungskompetenz für den Einsatz von Emissionslizenzen liegt, wie bereits festgestellt wurde l26 , vorrangig beim Bund. In materieller Hinsicht zu berücksichtigen sind neben dem allgemein für grundrechtliche Gewährleistungen geltenden Verhältnismäßigkeitsprinzip sowohl die Anerkennung des Privateigentums durch die Institutsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG als auch das Gebot der Sozialpflichtigkeit des Art. 14 Abs. 2 GG. 127 Einer gesonderten Untersuchung des Vertrauensschutzprinzips bedarf es hingegen nicht. In Art. 14 Abs. 1 GG hat dieser rechtsstaatliehe Grundsatz für die vermögenswerten Güter eine eigene Ausprägung erfahren. 128 Damit ist für den Schutz des Vertrauens auf den Fortbestand einer günstigen Rechtslage Art. 14 GG gegenüber dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) vorrangig. Ebensowenig können sich im Hinblick auf die Neubestimmung des Eigentumsinhalts Fragen der unechten (retrospektiven) Rückwirkung bzw. tatbestandlichen Rückanknüpfung l29 stellen, da diese Rechtsfigu122 BVerfGE 58, 300(351 f.); 95, 64(84). Auch bei der Neugestaltung von Nutzungsbefugnissen wird das mit dem Eigentum verbundene Nutzungsrecht in seinem Bestand geschützt und nicht bloß die Nutzung als solche, vgl. BK-Kimminich (Stand: August 1992), Art. 14 Rn. 47 m.w.N. 123 BVerfGE 58, 81(121), 300(3500; 95, 64(84); MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 109; s. auch § 2 A. I. 1. 124 Papier, aaO., Rn. 108 ff. 125 BVerfGE 52, 1(27) m.w.N. An der grundgesetzlichen Ordnung vorbei geht die Annahme Murswieks (DVBI. 1994, 80 u. 83), staatliche Eingriffe, die die Teilhabe an der Nutzung überindividueller Güter einschränkten, seien zwar ein Eingriff in Grundrechte (Art. 2 Abs. 1 GG), aber automatisch gerechtfertigt (zur entsprechenden Konstruktion auf der Schutzbereichsebene siehe § 2 A. I. a) aa). 126 s. § 2 A. 127 BVerfGE 37, 132(140) m. w.N.; Lee, Bestandsschutz, S. 163; ausführlich zu den Beschränkungen: Eschenbach, Schutz des Eigentums, S. 331 ff. 128 BVerfGE 36, 281(293); 58, 81(120 f.); 71, 1(11 0; 76, 220(2440; BGHZ 78, 41(45); Kutschera, Bestandsschutz, S. 168; ausführlich: Muckel, Kriterien des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes, S. 40 ff. 129 Vgl. etwa BVerfGE (1. Senat) 72, 141(154); 79, 29(45 f.) einerseits, BVerfGE (2. Senat) 72, 200(241 ff.); 83, 89(1090 andererseits; zur terminologischen Unter-

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ren gleichfalls das Vertrauen auf den Fortbestand eines in der Vergangenheit begründeten Sachverhalts schützen. 130 a) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Der überwiegend aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip hergeleitete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Übermaßverbot) verbietet staatliche Eingriffe insbesondere in Grundrechte, die zur Erreichung des mit ihnen angestrebten Zieles nicht geeignet, erforderlich und angemessen sind. 13l Die Errichtung des Zertifikatmarktes müßte demnach, um verfassungskonform zu sein, in verhältnismäßiger Weise die Rechte der Altemittenten beeinträchtigen. Die Untersuchung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hat dabei für die bei den wichtigsten Verteilungsvarianten der Zertifikatlösung getrennt zu erfolgen, da sich diese im Hinblick auf Eingriffsintensität und Zielsetzung erheblich voneinander unterscheiden. 132 aa) Gratisvergabe der Lizenzen

Zunächst ist zu prüfen, ob eine kostenfreie Erstzuteilung der Emissionslizenzen 133 mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einklang steht. Diese Form der Primärallokation wird in der Folge auch als Verteilungsbzw. Grandfatheringlösung 134 bezeichnet. scheidung: Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 20 Rn. 69. Die Einschränkung bisheriger Rechtspositionen durch strengere Umweltschutzvorschriften ist kein Fall echter Rückwirkung, vgl. Friauf, WiVerw 1989, 153 f. m.N. 130 GK-BImSchG-Koch (Stand: Juni 1994), § 17 Rn. 55; Jarass, aaO., Art. 14 Rn. 39; i.E. auch Friauf, WiVerw 1989, 154, der zwar das (unechte) Rückwirkungsgebot für anwendbar hält, aber die Maßstäbe des Art. 14 Abs. 1 GG heranzieht. 131 BVerfGE 19, 342(348 f.); 61, 126(134); Stern, Staatsrecht I, § 20 IV 7 (S. 861 ff.). 132 s. § 1 E.V. 133 Binswanger, Emissionsrechte, S. 89 ff.; Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 332 ff. und ders., in: ZfU 1983, 177 ff.; Bonus, UmweItIizenzen, S. 304; Kemper, Umweltproblem, S. 46 ff., 50; Carlowitz, Policy-Mix, S. 100; Bader/Rahmeyer, ZfU 1996, 48; StüerlSpreen, UPR 1999, 163; Koschel/Brockmann/Schmidt/Stronzik/Bergmann, Handelbare S02-Zertifikate, S. 72; kritisch dagegen Feldhaus, DVBI. 1984, 554; Wasmeier, NuR 1992,222 f. 134 Der Begriff "Grandfathering" (amerikanisches Englisch für eine Besitzstandsregelung im Effekten- und Emissionsbereich) wurde im anglo-amerikanischen Raum geprägt. Solche markanten Bezeichnungen sind in der hiesigen Wissenschaftssprache allerdings ungewöhnlich (vgl. auch Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 97 f. (Fn. 448». Weil sich der Begriff jedoch im deutschsprachigen Schrifttum etabliert hat, wird er auch in dieser Arbeit benutzt. Allerdings wird im folgenden ausschließlich die kostenfreie Zuteilung an die Emittenten als "Grandfathering" bezeichnet. Es

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(1) Ennittlung der Emissionskontingente Bei einer Gratisvergabe ist der Verteilungsschlüssel für die Zuteilung der Emissionsrechte von großer Bedeutung. Im wesentlichen werden zwei grundlegend verschiedene Vorgehensweisen vorgeschlagen, um den dem einzelnen Marktteilnehmer zu gewährenden Zertifikatanteil zu ennitteln. 135 (a) Juristische Bezugsgrößen Zum Teil wird eine Bemessung des Emissionskontingents nach dem rechtlich Erlaubten befürwortet. 136 Emissionsbefugnisse sind danach in genau dem Umfang zu gewähren, wie sie den Anlagenbetreibern rechtlich zustehen. Die zugeteilte Menge an Berechtigungen entspräche genau dem, was nach den ordnungsrechtlichen Bestimmungen bereits gesetzlich - und dadurch auch verfassungsrechtlich gemäß Art. 14 Abs. 1 GG 137 - gewährleistet war. Daher ist ein solches Vorgehen ohne weiteres mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar; da der eigentumsrechtliche Bestand

wird also nicht die engere Definition von Tietenberg (ZfU 1980, 477 ff.) verwendet; dazu auch: Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 144 (Fn. 16). 135 Bei weltweit operierende Zertifikatmärkten erfolgt die Vergabe der Emissionsrechte dagegen in der Regel an die einzelnen Staaten, die die Rechte ihrerseits der Industrie zuteilen müssen. In diesen Fällen kann sich die Anfangsvergabe beispielsweise auch an dem Bruttoinlandsprodukt oder der Bevölkerungszahl der einzelnen Staaten orientieren, s. Barret!, Economic Instruments, S. 90 ff. 136 Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 335 ff.: Zuteilung "nach Maßgabe der zum Stichtag rechtmäßigen Emissionen" (aaO., S. 337, im Widerspruch dazu aber aaO., S. 336 ob.: "in Höhe ihrer tatsächlichen, zum Zuteilungszeitpunkt rechtmäßigen Emissionen", Hervorhebung vom Verf.); Kemper, Umweltproblem, S. 50; Nießlein, UTR 5 (1988), 80; wohl auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 150 ff. l37 Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 150. Als "Muster" für ein solches Vorgehen könnte § 17 Abs. 2 WHG dienen, der für alte Wassemutzungen (nur) dem Inhaber eines titulierten Anspruchs einen - mittlerweile obsoleten - Anspruch auf Bewilligung (§ 8 WHG) "im Umfang seines Rechts" erteilt. In BVerfGE 58, 300(350) hingegen ging es nicht um solche Rechte; das BVerfG erklärte den Entzug der in der Entscheidung betroffenen, nicht besonders titulierten Rechte ohne Entschädigungs- und Bewilligungsanspruch für rechtmäßig (aaO., S. 350), allerdings mit fünfjähriger Übergangsfrist (§ 17 Abs. 1 WHG, aaO., S. 352). Im Hinblick auf die Luftnutzung ist eine solche Differenzierung wegen des generellen verfassungsrechtlichen Schutzes der Emissionsbefugnis (§ 2 A. I. 1. a» jedoch nicht möglich. Die Orientierung am juristisch zulässigen Emissionskontingent ist freilich nur durchführbar, wenn für den betreffenden Schadstoff überhaupt ordnungsrechtliche Vorgaben bestehen; die Einführung von CO 2-Zertifikaten könnte demnach nicht auf dieser Grundlage erfolgen, vgl. Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 102, 105, die allerdings nicht deutlich genug zwischen den einzelnen Vergabemaßstäben innerhalb einer Grandfathering-Lösung differenzieren.

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erst gar nicht beeinträchtigt wird, fehlte es sogar schon an einem Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 GG. 138 Allerdings ist die Ermittlung der im Einzelfall zulässigen Emissionsmenge nicht unproblematisch. Die individuelle Berücksichtigung der Betriebsgenehmigungen erfordert wegen des damit verbundenen hohen Informationsbedarfs einen erheblichen Verwaltungsaufwand. Die Ermittlung der gesetzlich zulässigen Emissionsmenge kann wegen des dynamischen Charakters der immissionsschutzrechtlichen Grundpflichten, die zugleich den grundrechtlichen Schutzumfang bestimmen 139, auch nur unter Berücksichtigung des den Vorsorgegrundsatz (§ 5 Abs. I Nr. 2 BImSchG) prägenden Standes der Technik erfolgen. Sofern die jeweiligen, insbesondere auf der Ermächtigung in § 7 Abs. I Nr. 2 BImSchG basierenden Verordnungen für den zu zertifizierenden Schadstoff bestimmte Emissionskonzentrationenl -werte als Stand der Technik präzise festlegen, erleichtert dies indes die Berechnung. Unter ergänzender Heranziehung der gültigen Anlagengenehmigungen wäre es möglich, die nach dem Stand der Technik zulässige Emissionsmenge konkret zu berechnen, sofern entsprechend Nr. 2.1.3 TA Luft die maßgeblichen Konzentrationswerte (z. B. mg Schadstoff/m 3 Abluft) festgelegt sind. 14o Es fragt sich allerdings, ob das Maß des rechtlich Erlaubten bereits auf diese Weise abschließend errechnet werden kann oder ob die Besonderheiten des eigentumsrechtlichen Schutzbereiches darüber hinaus eine spezifische Korrektur erfordern. Becker-Neetz meint dazu, daß das verfassungsrechtlich geschützte Emissionskontingent nur unter zusätzlicher Berücksichtigung der jeweiligen wirtschaftlichen Situation des Betreibers ermittelt werden könne. 141 Dies ist jedoch nur folgerichtig, wenn nicht nur die Grundpflichten des § 5 BImSchG, sondern auch die bloße Möglichkeit des Erlasses nachträglicher Anordnungen und deren tatbestandliche Einschränkungen (§ 17 Abs. 2 BImSchG) den Eigentumsinhalt prägen würden. 142 Eine solche Betrachtung übersieht aber, daß das Instrument der nachträg138 s. soeben § 2 A. I. 1. b). Dagegen würde auch nicht die Erwägung sprechen, daß ein möglicher Ausbau der Anlage dem Betreiber zusätzliche kostenfreie Emissionsrechte (nach "altem" Recht) vermittelt hätte. Denn bloße Gewinnchancen und Erwartungen werden von Art. 14 GG nicht geschützt (BVerfGE 28, 119(142); 74, 129(148». 139 Zum dynamischen Charakter der Betreiberpflichten und deren verfassungsrechtlicher Bedeutung, s. § 2 A. I. 1. a) bb) (2) (c). 140 Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 79; Kemper, Umweltproblem, S. 49 m. N.; Koschel/Brockmann/Schmidt/Stronzik/Bergmann, Handelbare SOrZertifikate, S. 61; allg. dazu auch Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 6 Rn. 75; Jarass, BImSchG, § 3 Rn. 51. 141 Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 150. 142 So Becker-Neetz, aaO., S. 124 ff.; 150 ff.

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lichen Anordnung nur der Durchsetzung der von vornherein geltenden eigentumsrechtlich relevanten 143 Grundpflichten des § 5 BImSchG dient. 144 Zwar kommt auch § 17 BImSchG eigentumsrechtliche Bedeutung zu, dies aber nur insoweit, als das Anlageneigentum von vornherein den Bindungen des § 5 BImSchG unterworfen wird. 145 Die in § 17 Abs. 2 BImSchG vorgesehene Beschränkung nachträglicher Anordnungen auf ein verhältnismäßiges Maß spielt demnach für die hier zu entscheidende Frage keine Rolle. Sie bindet nur die Exekutive, wenn sie nachträgliche Anordnungen trifft, bestimmt aber nicht abstrakt den Inhalt der Eigentumsposition. 146 Das bedeutet jedoch nicht, daß das Verhältnismäßigkeitsprinzip bei der Bestimmung der verfassungsrechtlich geschützten Emissionsmenge überhaupt nicht zu berücksichtigen wäre. Die Anwendung dieses fundamentalen Verfassungsprinzips folgt vielmehr unmittelbar aus § 5 BImSehG; eines Rückgriffs auf § 17 Abs. 2 BImSchG bedarf es also in der Regel nicht. Die Anforderungen der Verhältnismäßigkeit bestehen damit nur für die die Grundpflichten des §§ 5, 7 BImSchG konkretisierenden Vorsorgepläne, vor allem also für die Großfeuerungsanlagen-Verordnung (13. BlmSchV) und die TA Luft. 147 Folglich genügt es, wenn der Gesetz- bzw. Vorschriftengeber das Maß der geforderten Vorsorge in bezug auf den Durchschnittsbetreiber als generell verhältnismäßig bewertet; eine die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigende Verhältnismäßigkeitsprüfung muß damit nicht vorgenommen werden. 148 Zur Bestimmung der individuellen Emissionsbefugnis können demnach aus den maßgeblichen Vorsorgeplänen die jeweiligen Emissionsgrenzwerte - soweit sie für den entsprechenden s. § 2 A. I. 1. a) bb) (2) (c). Vgl. nur Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 2. 145 Dies berücksichtigen die Autoren nicht, die bei der Untersuchung von Zertifikatmodellen aus § 17 Abs. 2 S. 1 BlmSchG eine eigenständige Vertrauensschutzposition der Betreiber herleiten wollen, so etwa Kothe, ZRP 1985, 148; Manssen, UTR 36(1996), 149. 146 Jarass, BImSchG, § 17 Rn. 2, 28; allg.: ders., in: Jarass/Pieroth, Art. 14 Rn. 20; Sachs- Wendt, Art. 14 Rn. 122. So auch für die bis 1985 geltende Fassung des § 17 Abs. 2 a. F., der nachträgliche Anordnungen durch die wirtschaftliche Vertretbarkeit und nicht - wie die neue Fassung - nur durch die Verhältnismäßigkeit begrenzte: Sundermann, Bestandsschutz, S. 99; Rid, Vorsorgepflicht, S. 221 f., 290; Koch, WiVerw 1983, 170. 147 Jarass, BlmSchG, § 7 Rn. 7 ff.; § 17 Rn. 39 m. w. N. Die einzelfallbezogene Prüfung bleibt jedoch subsidiär zu berücksichtigen, vgl. dazu auch Jarass, aaO., § 17 Rn. 39 a.E. 148 V gl. dazu auch BVerwG NWVBI. 1997, 54(57); Sellner, Immissionsschutzrecht, Rn. 447 ff. m. w. N. Bei nachträglichen Anordnungen ist zwar in atypischen Fällen eine auf den Einzelfall abstellende Verhältnismäßigkeitsprüfung vorzunehmen (BVerwG aaO., S. 57). Für die Bestimmung des Eigentumsinhalts ist dies jedoch ohne Bedeutung, da dieser Schutz aus der Ermessensnorm § 17 Abs. 2 BlmSchG folgt (s.o.). 143

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Schadstoff bestehen bzw. ermittelbar sind - herangezogen werden. Die praktisch kaum durchführbare Untersuchung der wirtschaftlichen Situation jedes einzelnen Betreibers unter Berücksichtigung fiktiver nachträglicher Anordnungen zur Emissionsminderung ist damit nicht erforderlich. 149 Nichtsdestotrotz führt die damit wohl praktizierbare Ausstattung der Anlagenbetreiber mit Emissionsbefugnissen in der gesetzlich festgelegten Höhe dazu, daß die sich aus der Summe dieser Rechte ermittelbare Gesamtemissionsmenge weit oberhalb der faktischen läge. 150 Es ist nämlich davon auszugehen, daß nur wenige Industrieanlagen ihren Genehmigungsumfang voll ausschöpfen und die vorgegebenen Emissionsgrenzwerte damit in der industriellen Praxis unterschritten werden. Die Befürchtung, zahlreiche solcher genehmigten, aber nicht genutzten Emissionsrechte ("paper trades") könnten auf diese Weise entstehen, hat sich zudem bei der Einführung der ersten nordamerikanischen Zertifikatmärkte als berechtigt erwiesen. 151 (b) Tatsächliche Bezugsgrößen Die Alternative zu einer Verteilung der Emissionsrechte nach rein rechtlichen Gesichtspunkten ist eine Zuteilung nach dem faktischen Verbrauch in der Vergangenheit. 152 Nach diesem Maßstab wäre eine Zertifikatausstattung vorzunehmen, die dem tatsächlich erfolgtem Schadstoffausstoß in einem bestimmten Zeitraum entspricht. Die Bezugnahme auf die tatsächliche Nutzung der Anlagen in der Vergangenheit hat den Vorteil, daß keine wesentliche Umverteilung der bislang genutzten Emissionsrechte erfolgt. 149 Vgl. aber Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 151, der die Berechnung durch "typisierende Normen" offenbar für möglich hält. 150 So auch die Bedenken der von der Bundesregierung im Jahre 1983 beauftragten interministeriellen Arbeitsgruppe, BTDrs. 10/1354, 56; vgl. femer: Schmidtl Sandner, in: StengellWüstner, 84; Becker-Neetz, aaO., S. 152; Magerl, RdE 1984, 276; dazu auch Feldhaus, DVBI. 1984, 554, allerdings mit der unzutreffenden Anmerkung, durch eine Genehmigung werde nicht das Recht verliehen, bestimmte Mengen eines Schadstoffs zu emittieren, da deren Ziel die Emissionsbegrenzung und nicht die Herbeiführung schädlicher Umwelteinwirkungen sei. Er übersieht dabei, daß die Genehmigung nach geltendem Recht de facto eine Vielzahl kostenloser Emissionsrechte gewährt, die lediglich - und dies wegen der Vollzugsschwäche des Ordnungsrechts auch häufig ohne praktische Konsequenzen - durch den Stand der Technik und bestimmte Emissionsgrenzwerte eine Beschränkung erfahren. 151 Die nachfolgenden Zertifikatmärkte modifizierten infolgedessen den Verteilungsschlüssel, näher dazu: Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 146 (Fn. 21). 152 So Binswanger, Emissionsrechte, S. 90 f.; Rahmeyer, Volkswirtschaftstheoretische Grundlagen, S. 60 f.; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 152 f.; Wasmeier, NuR 1992,223; StüerlSpreen, UPR 1999, 162; vgl. dazu auch Bonus, Marktwirtschaftliche Konzepte, S. 100 ff.

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Für die Funktionsfähigkeit eines faktischen Vergabemaßstabs ist bereits die Wahl eines geeigneten zeitlichen Bezugspunkts bedeutsam. Auf den ersten Blick erscheint es naheliegend, das dem Erlaß des Gesetzes vorangegangene Jahr als maßgebenden Zeitraum zu bestimmen. Die Wahl eines solchen Maßstabs würde für die Emittenten grundsätzlich keine großen Veränderungen bewirken; im Folgejahr könnten sie die gleiche Menge Schadstoffe ausstoßen wie im Vorjahr. Wenn jedoch eine nicht weit genug zurückliegende Referenzperiode gewählt und dies vorzeitig bekanntgemacht wird, werden unerwünschte Anreize für die Emittenten gesetzt, ihre Emissionen als (künftige) Basis für die Anfangsverteilung zu erhöhen. 153 Der Vergleich der bei den Zuteilungsschlüssel wird nunmehr, da ihre Funktionsfähigkeit bekannt ist, auf die rechtliche Ebene verlagert; zu prüfen ist dabei, ob beide Maßstäbe in verhältnismäßiger Weise die Eigentümerrechte der Altbetreiber beeinträchtigen. (2) Bezweckung verfassungslegitimer Ziele Die Verhältnismäßigkeit ist nicht bloß eine undifferenzierte Billigkeitsklausel und daher stets in Bezug zu setzen zu konkret betroffenen Rechtspositionen. Demgemäß ist zunächst zu klären, welche rechtlich relevanten Interessen mit der Einführung eines Zertifikatsystems und der damit verbundenen Einschränkung des Eigentumsrechtes der Altemittenten verfolgt werden. Das Zertifikatmodell verfolgt als sogenanntes marktwirtschaftliches Umweltschutzinstrument ein Bündel von Zielen. Da stets dann, wenn mit einer staatlichen Maßnahme mehrere Haupt- und Nebenzwecke verfolgt werden, diese bei der Feststellung des Zieles im Rahmen der Verhältnismäßigkeit insgesamt und nicht isoliert zu sehen sind, müssen diese Zielsetzungen im einzelnen bestimmt werden. 154 Primär soll ein Emissionsrechtehandel die gesamtwirtschaftlichen Kosten für vorgegebene Verrneidungsziele minimieren helfen. 155 Zugleich sollen die durch die Umweltbelastung verursachten Kosten jedenfalls partiell internalisiert werden. Daneben stehen bei der Etablierung von Lizenzmärkten eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung, die gesamte Emissionsfracht kontinuierlich zu verringern und damit die Umweltqualität zu verbessern. 156 153 Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 334, der diesen Effekt jedoch für vemachlässigbar hält, da bis zur Systemumstellung die ordnungsrechtlichen Bindungen bestünden. Angesichts der tatsächlichen Differenz zwischen Genehmigungsumfang und tatsächlichem Emissionsvolumen (vgl. § 2 A. 1. 2. a) aa) (1) (a» kann diese Argumentation nur eingeschränkt überzeugen. 154 BVerfGE 30, 292(318). 155 s. § 1 A. 11. und § 1 B.

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s. § 1 E.

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Die von einem Lizenzsystem intendierten Wirkungen sind daher im weiteren Sinne Maßnahmen, die dem Schutz und der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen dienen und gemäß der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG I57 ein Schutzgut verfassungsrechtlichen Ranges. 158 Bei der Verwirklichung eines Lizenzmodells im Bereich der Luftreinhaltung kann jedoch nicht abstrakt auf eine umweltschützende Wirkung abgestellt werden. Vielmehr muß detailliert untersucht werden, welcher Schadstoff mit welchen konkreten umweltpolitischen Zielsetzungen zertifiziert wird. Beispielsweise müßte der - häufig geforderte - Einsatz von COz-Zertifikaten konkret an deren Ziel, dem anthropogen erzeugten "Treibhaus-Effekt"l59 entgegenzuwirken, gemessen werden. Auch wenn ein Zertifikatmarkt keine Verbesserung der Umweltqualität anstreben und lediglich dazu dienen sollte, die Güterallokation zu verbessern, würde ein verfassungsrechtlich legitimes Ziel verfolgt. Denn es ist mittlerweile anerkannt, daß bereits die Verteuerung einer Umweltressource mit dem Ziel, wegen der dadurch gesetzten Anreize zur sparsamen Nutzung und Verbesserung der technischen Möglichkeiten beizutragen, ein legitimer, von der Verfassung geschützter Zweck ist. l6o (3) Erfordernis der Geeignetheit

Geeignet ist ein grundrechts beschränkender Eingriff, wenn er überhaupt in der Lage ist, den intendierten Gemeinwohlzweck zu fördern. l6l Das benutzte Mittel muß nicht das bestmögliche oder geeignetste sein; es genügt ein Beitrag zur Zielerreichung. l62 Die Eingriffsvoraussetzung der Geeignetheit ist mit anderen Worten nur dann nicht gewahrt, wenn das vom Hoheitsträger gewählte Mittel schlechthin ungeeignet ist. l63 Damit stellt sich die Frage, ob die Anfangszuteilung der Emissionszertifikate in den dargestellten Formen die angestrebten umweltpolitischen und wirtschaftlichen Ziele fördern kann. Notwendige Systembedingung eines jeden Zertifikatmarktes ist die Ausstattung der Marktteilnehmer mit Berechtigungen. Die Zuteilung ist conditio sine qua non für das Ingangsetzen des intendierten Handels, welcher Eingeführt durch Gesetz v. 27. 10. 1994 (BGBI. I, S. 3146). Vgl. BVerfG NJW 1998, 367(368); BVerwG DVBI. 1995, 1008(1009); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 20a Rn. 1 u. 4; Enders, DÖV 1998, 191. 159 Siehe § 1 C. 160 Vgl. nur BVerfGE 93,319(340) - Wasserpfennig. 161 BVerfGE 30, 292(316); 67, 157(173); 70, 278(286); Stern, Staatsrecht III/2, § 84 H. 2. (S. 776 ff.). 162 BVerfGE 30, 250(263 f.); MDH-Herzog (Stand: 1980), Art. 20 VII Rn. 7. 163 BVerfGE 79, 174(202); Stern, aaO., S. 776 f., jeweils m. w.N. 157 158

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wiederum eine verbesserte Ressourcenallokation bezweckt. Daß sich dieses Ziel im Bereich der Luftreinhaltung auch tatsächlich erreichen läßt, kann angesichts der in der umweltökonomischen Forschung gewonnenen Erkenntnisse und der praktischen Erfahrungen mit entsprechend konzipierten Zertifikatmärkten nicht mehr ernsthaft bezweifelt werden. 164

In anderen Bereichen als in der Luftreinhaltung ist das Lizenzsystem hingegen als Steuerungsinstrument nicht zwangsläufig gleich effektiv. Wenn eine bestimmte Umweltschädigung - wie etwa beim Luft- und Güterverkehr oder bei der Energieproduktion und -versorgung - auf eine Vielzahl von Belastungsarten und -quellen zurückzuführen ist, wird es beispielsweise durch die Zertifizierung eines einzelnen Stoffes kaum gelingen, sie erfolgreich zu bekämpfen. Wendet man in solchen Märkten ein Zertifikatsystem an, so kann sich mit guten Gründen schon die Geeignetheit der Maßnahme bezweifeln lassen. 165 Soweit jedoch - wie regelmäßig im Bereich der Luftreinhaltung - lediglich final definierte Verrneidungsstrategien verfolgt werden, läßt sich die Eignung der Maßnahme nicht bezweifeln. (4) Erforderlichkeit des Eingriffs Der Grundsatz der Erforderlichkeit bzw. Notwendigkeit gebietet dem grundrechts beschränkenden Hoheitsträger den Einsatz des jeweils mildesten Mittels, das noch in der Lage ist, den vom Hoheitsträger intendierten Zweck wirksam zu erreichen. 166 Für Inhalts- und Schrankenbestimmungen bedeutet dies, daß sie den Eigentümer nicht mehr beeinträchtigen dürfen als es der gesetzgeberische Zweck erfordert. 167 Wenn eine mildere Alternative zur Erreichung des Regelungszwecks ebenso geeignet ist und Dritte sowie die Allgemeinheit nicht stärker belastet, ist das Gebot der Erforderlichkeit verletzt. Bevor die verschiedenen Ausgestaltungen eines Lizenzmarktes zum Bezugspunkt der Analyse gemacht werden, soll eine allgemeinere Betrachtung angestellt werden. Man könnte daran denken, den Einsatz von Emissionszertifikaten bzw. von marktwirtschaftlichen Instrumenten allgemein zu prüfen und als systemvergleichenden Maßstab den herkömmlichen ordnungsrechtlichen Ansatz heranziehen. 168 Ungeachtet dessen, daß eine derart weite 164 s. o. § 1. Zu den Marktauswirkungen der bereits praktizierten Modelle Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 114 ff.; 122 ff.; 143 ff. (jeweils USA); 154 ff. (Schweiz). 165 Koenig, Verteilungslenkung, S. 413. 166 BVerfGE 70, 278(286) m. w. N.; Stern, aaO., S. 779 ff. 167 BVerfGE 21, 73(86); 52, 1(29 f.); 70 278(286); Herzog, aaO., Rn. 75. 168 Zur Unterscheidung der Instrumentarien s. § 1 A., zur gleichheitsrechtlichen Problematik: § 2 A. 1. 4. a). 6 Mehrbrey

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Fragestellung ohnehin nur wenig greifbare rechtliche Ansatzpunkte böte l69 , besteht jedoch kein Zweifel daran, daß sich marktwirtschaftliche Instrumente im allgemeinen und Zertifikatlösungen im besonderen zur Erreichung umweltpolitischer Ziele jedenfalls eignen. Auch stellt die Verwendung ökonomischer Instrumente wegen der Wahlmöglichkeit, die dem Adressaten verbleibt (Steuerung durch offene Zielvorgabe), grundsätzlich einen milderen Eingriff gegenüber ordnungsrechtlichen Instrumenten dar, welche dem Prinzip des "Befehls und Zwanges" (control and command) folgen. Aus diesem Grund wird sogar vereinzelt behauptet, daß ordnungsrechtliche Instrumente für den Umweltschutz weniger geeignet als marktwirtschaftliche seien. Es sei daher verfassungsrechtlich geboten, jene vorrangig anzuwenden. l7o Angesichts dessen, daß in eine solche Gesamtbetrachtung auch die bei ökonomischen Instrumenten auftretenden Nachteile einbezogen werden müßten und das Vorhandensein alternativer Handlungsmöglichkeiten keinen Schluß auf deren Belastungsintensität ermöglicht, geht diese Folgerung jedoch zu weit. 171 Festzuhalten bleibt, daß schon wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der zur Verfügung stehenden Instrumentarien aus dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit keine Zweifel an der generellen Verwendung von Zertifikatsystemen im Bereich der Luftreinhaltung bestehen. Die Prüfung der Erforderlichkeit kann sich daher wieder der Untersuchung der Erstzuteilungsmaßstäbe zuwenden. Die konkurrierenden Varianten - Zuteilung gemäß der tatsächlichen Nutzung einerseits, entsprechend dem rechtlichen Bestandsschutz andererseits - müßten ihrerseits den Maßstäben des Grundsatzes der Erforderlichkeit genügen. 172 Die Implementierung eines Zertifikatsystems stellt für die Altbetreiber einen um so größeren Eingriff dar, je mehr Rechte ihnen kompensationslos entzogen werden. Daher beurteilt sich der Grad der Beeinträchtigung bei der Errichtung eines solchen Marktes vor allem nach der Anzahl neu zugeteilter Lizenzen. Bei der Vergabe nach dem jeweils genehmigten Emissionskontingent werden in der Regel wesentlich mehr Emissionsrechte an die Betreiber verteilt als bei der Zuteilung nach dem tatsächlichen EmissionsVgl. Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 109; Cansier, NVwZ 1994, 645 f. Für einen prinzipiellen Vorrang marktwirtschaftlicher Instrumente etwa: Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 227 (für die Schweiz); Kothe, ZRP 1985, 148. Nach Koenig (DÖV 1996, 944) liegt grundSätzlich ein Verstoß gegen Art. 20a GG vor, wenn eine Internalisierung externer Kosten möglich ist, aber nicht durchgeführt wird. Allerdings räumt er zutreffend ein, daß konkrete Handlungsverpflichtungen wegen des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers nicht justitiabei sind. Dazu auch § 2 A. I. 4. a). 17l I.E. auch Lange, VerwArch 82(1991), 11 f. (Fn. 45), 23. 172 Zur Frage, ob eine kostenpflichtige Zuteilung der Lizenzen gegenüber einer Gratisvergabe erforderlich ist, s. § 2 A. I. 2. a) bb) (3). 169 170

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verhalten. 173 Durch die vennehrte Zuteilung wird also in weniger intensiverer Weise in die Rechte der Nonnadressaten eingegriffen. Jedoch führt der rechtliche Vergabemaßstab wegen der Entstehung zusätzlicher Emissionsrechte auch zu einer zumindest vorübergehenden Verschlechterung der Umweltqualität, so daß diese Maßnahme weniger gut zur Erreichung des gesetzgeberischen (Teil-)Ziels der Verbesserung des Umweltschutzes geeignet iSt. 174 Die beiden Verteilungsmaßstäbe führen somit zu gegenläufigen Ergebnissen. Beide Konzeptionen entsprechen den Erfordernissen des Erforderlichkeitsgrundsatzes; eine verfassungsrechtliche Bindung des Nonngebers, einen der Verteilungsmaßstäbe vorrangig anzuwenden, besteht nicht. (5) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Grundrechtseingriffe müssen schließlich dem Erfordernis der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne 175 genügen, nach welchem der Eingriff in angemessenem Verhältnis zu dem Gewicht und der Bedeutung des Grundrechts stehen muß. 176 Bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe muß die Grenze der Zumutbarkeit gewahrt werden. Es ist also eine Güterabwägung vorzunehmen, die aber nur dann zu eine Korrektur der gesetzgeberischen Maßnahme erfordert, wenn die betroffenen Interessen "ersichtlich wesentlich schwerer wiegen".I77 Bei dem Eigentumsgrundrecht besteht die Besonderheit, daß die zentralen Interessen der Güterabwägung in Art. 14 GG bereits enthalten sirid. Das Bundesverfassungsgericht führt dazu aus: "Bei Regelungen i.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG muß der Gesetzgeber sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG als auch dem Sozialgebot des Art. 14 Abs. 2 GG in gleicher Weise Rechnung tragen. Er hat dabei die schutzwürdigen Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen."178 § 2 A. I. 2. a) aa) (1) (a). Der vermehrten Bildung von Emissionsrechten könnte durch entsprechende Abwertungsraten (dazu: § 2 A. I. 2. a) cc» oder eine Reduzierung der zur Verteilung vorgesehenen Zertifikatmenge durch einen bestimmten Prozentsatz gegengesteuert werden. Dadurch würde aber die diesem Verteilungsmaßstab zugrundeliegende Idee - die Verteilung entsprechend dem gesetzlichen Bestandsschutz - aufgegeben. Im Ergebnis ergeben sich bei einem solchen "Mischmodell" Probleme wie sie im folgenden für die Vergabe entsprechend der tatsächlichen Nutzung erörtert werden. 175 Es wird auch als Angemessenheit, Proportionalität, Übermaßverbot oder Zumutbarkeit bezeichnet; die Unterscheidung ist jedoch nur terminologischer Natur. 176 So BVerfGE 67, 157(173); 83, 1(19). 177 BVerfGE 44, 353(373). 178 BVerfG NJW 1990,241(242); E 58,137(147 f.) m.w.N. 173

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Wie die Untersuchung ergeben hat, wird durch die Ausgliederung der Emissionsbefugnis aus dem Grundeigentum die in Art. 14 GG bereits angelegte und durch die zivil- und öffentlichrechtlichen Normen ausgestaltete geschützte Eigentumsnutzungsbefugnis beschränkt. 179 Dieser erhebliche Eingriff in die grundrechtliehe Position der betroffenen Anlagenbetreiber müßte mit den dadurch verfolgten umweltpolitischen Interessen in einem (noch) angemessenen Verhältnis stehen. Wegen der Sozialbindung des Eigentums nach Art. 14 Abs. 2 GG ist die Regelungsbefugnis des Gesetzgebers um so weiter, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug steht. 180 Je weniger das Eigentumsobjekt dem Eigentümer zur persönlichen Entfaltung dient und je gefährlicher dessen Nutzung für die Allgemeinheit ist, desto weitreichender sind daher die Beschränkungsmöglichkeiten zu Lasten des Eigentümers. Der Ausstoß von Schadstoffen wirkt typischerweise in mittelbarer oder unmittelbarer Weise auf andere Bürger ein und betrifft damit wesentliche Interessen der Allgemeinheit. Dabei wird die Regelungsbefugnis in jedem Fall sehr weit reichen, wenn die Freisetzung der zertifizierten Schadstoffe unmittelbare gesundheitliche Gefährdungen der Bürger verursacht. In solchen Fällen kann schon die objektivrechtliche Seite der Grundrechte, besonders Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG, eine gesetzliche Beschränkung solch gefährdender Eigentumsnutzungen erforderlich machen. 181 Aber auch bei einer bloß mittelbaren schädlichen Wirkung des jeweiligen Stoffes - etwa bei den sogenannten Treibhausgasen, die im Verdacht stehen, zu einer Klimaerwärmung zu führen 182 - müssen wesentliche Interessen der Allgemeinheit berücksichtigt werden. Denn der Gesetzgeber ist zumindest nach Art. 14 Abs. 2 i. V. m. Art. 20a GG zur Schaffung einer ökologisch angemessenen Eigentumsordnung verpflichtet. 183 Grundsätzlich liegt eine verhältnismäßige Bestimmung des Eigentumsinhalts vor, wenn dieser zur Verfolgung wichtiger umweltpolitischer Ziele umgestaltet wird. 184 Indes verlangt der Gedanke des Vertrauensschutzes, durch die Neuregelung hervorgerufene unzumutbare individuelle Härten durch schonende Übergangsregelungen und Ausgleichspflichten aufzufangen. 18S Ob und in § 2 A. I. I. a) bb). BVerfGE 50,290(340 f.); 70,191(201); BVerwG BayVBI. 1993,693 f. 181 Näher dazu § 2 A. III. 182 Dazu bereits § I C. 183 Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 14 Rn. 41, Art. 20a Rn. 10; MDH-Scholz (Stand: Oktober 1996) Art. 20a Rn. 46 ff. Art. 20a GG gewährt dem Einzelnen als bloße Staatszielbestimmung jedoch keinen subjektiven Anspruch auf ein bestimmtes staatliches Handeln zum Schutz der Umwelt, so BVerwG NJW 1995, 2648(2649). Zu Art. 20a GG s. auch § 2 A. I. 2. a) aa) (2). 184 Allg. dazu etwa BVerfGE 83, 201(212 ff.). 179

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welchem Umfang dies geschehen muß, hängt einerseits von dem Ausmaß des Vertrauensschutzes und andererseits von der Bedeutung des gesetzlichen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit ab. 186 Auch wenn Art. 14 Abs. 3 GG nicht unmittelbar Anwendung findet 187 , ist das darin zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes bei der vorzunehmenden Abwägung zu beachten. Eine übermäßige Beeinträchtigung des Eigentumsrechtes liegt häufig vor, wenn im Vertrauen auf den Fortbestand staatlicher Genehmigungen erhebliche Investitionen getätigt wurden. Dann soll Art. 14 Abs. 1 GG - wie insbesondere das Bundesverfassungsgericht mehrfach betont hat - vor einer nachträglichen Entwertung der Investitionen durch eine vorzeitige Untersagung der genehmigten Tätigkeit schützen: "Es wäre mit dem Gehalt des Grundrechts (Art. 14, Anm. des Verf.) nicht vereinbar, wenn dem Staat die Befugnis zugebilligt würde, die Fortsetzung von Grundstücksnutzungen, zu deren Aufnahme umfangreiche Investitionen notwendig waren, abrupt und ohne Überleitung zu unterbinden. Eine solche Regelung würde die geleistete Arbeit und den Einsatz von Kapital von heute auf morgen entwerten. Sie würde das Vertrauen in die Beständigkeit der Rechtsordnung ( ... ) erschüttem.,,188

Diese Ausführungen kennzeichnen treffend die Problematik des sofortigen, übergangslosen Wechsels von einem primär ordnungsrechtlich organisierten System zu einem Markt handelbarer Emissionsrechte. Die nach bisherigem Recht mit dem Anlagenbetrieb rechtlich verbundene und keiner gesonderten Genehmigung unterliegende Freisetzung von Schadstoffen wird vom Staat durch die Installation des Lizenzmarktes untersagt. Ohne die Erlaubnis zur Freisetzung von Schadstoffen ist jedoch der Betrieb der meisten industriellen Anlagen, zu deren Aufnahme typischerweise hohe Investitionen erforderlich waren, unmöglich. Bei einer Gratisvergabe der Emissionsrechte erfolgt das Verbot der Nutzung ohne Zertifikatdeckung - oder umgekehrt formuliert: die Pflicht zum Lizenzerwerb - jedoch nur, um das Nutzungsrecht erneut, diesmal um die Eigenschaft der Handelbarkeit erweitert, zuzuteilen. Indem der Gesetzgeber bei der Neuzuteilung Rechte gemäß der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung oder der tatsächlichen Anlagennutzung gewährt, leistet er vorab einen Ausgleich für den Entzug der "alten" Emissionsrechte. Auf diese Weise wird grundsätzlich jedem Altbetreiber der Umfang an Befugnissen zugeteilt, der in der Vergangenheit benötigt wurde oder erlaubt war. Geht man also von dem üblichen Geschehensablauf aus, daß sich der Bedarf nach Zuteilung der Lizenzen nicht wesentlich erhöht, sondern im Rahmen 185 BVerfGE 31, 275(292 f.); 78, 58(75); 83, 201(213). 186 BVerfGE 58, 81(121); 70, 101(114). 187 s. § 2 A. I. 1. a) bb) (1). 188 BVerfGE 58,300(349 f. m. w.N.).

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der in den vergangenen Jahren erfolgten tatsächlichen Nutzung bewegt, so wird jeder Marktteilnehmer zunächst in die Lage versetzt, die Betriebstätigkeit fortzusetzen, ohne auf den Erwerb vieler Zertifikate angewiesen zu sein. Dies gilt erst recht für eine Neuzuteilung entsprechend dem Genehmigungsumfang, die in der Regel sogar mehr Rechte gewährt als tatsächlich benötigt werden. Wegen des grundsätzlich äquivalenten Ausgleichs bei der Neuzuteilung der Nutzungsrechte ist eine Gratisvergabe der Emissionsrechte im Grundsatz daher verfassungskonform. Eine echte kostenlose Zuteilung liegt allerdings nur vor, wenn die Lizenzen entweder unbegrenzt zeitlich gültig sind oder nach Ablauf der Geltungsdauer an die jeweiligen Inhaber der bisherigen Papiere erneut in gleicher Höhe zugeteilt werden. 189 Werden die Rechte nur für einen kurzen Zeitraum kostenfrei vergeben, nach Ablauf der Geltungsdauer jedoch wieder entzogen und gegen Meistgebot versteigert, handelt es sich de facto um eine - aufschiebend bedingte - Versteigerungslösung, für deren rechtliche Beurteilung andere Maßstäbe gelten. 190 Doch auch die Wahl eines reinen Grandfathering-Verfahrens kann zu unzumutbaren Härten bei bestimmten Betreibergruppen führen. Die Feststellung solch schwerer Benachteiligungen ist sehr bedeutsam, da in solchen Fällen zur Wahrung der Verfassungs mäßigkeit der Regelung von vornherein Übergangsregelungen bzw. finanzielle oder sonstige Ausgleichsleistungen für die Betroffenen vorgesehen werden müßten. 191

Zu den Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzgebers: § 1 E. III. Dazu § 2 A. I. 2. a) bb). Die vorübergehende Zuteilung nach dem Grandfathering-Verfahren läßt sich rechtlich, soweit die bisherige Verteilungsstruktur weitgehend reproduziert wird, als bloße Übergangsfrist interpretieren (vgl. aaO., (4) (b)). Je länger die Rechte kostenlos gewährt werden, desto milder wird der Eingriff in das Eigentumsgrundrecht der Altbetreiber zu beurteilen sein. 191 Statt vieler: BVerfGE 58,300(351) m. w.N. Daß auch im Rahmen einer freien Vergabe rechtliche Benachteiligungen der Altbetreiber möglich sind, wird insbesondere im ökonomischen Schrifttum häufig nicht erkannt. Dort beschränkt man sich meist auf die Formulierung, die Grandfathering-Lösung werfe keine Bestandsschutzprobleme auf (so z.B. Cansier, Umweltökonomie, S. 192 f.; Kemper, Umweltproblem, S. 46). Verfehlt ist die Auffassung, das Grandfathering bzw. die Abwertung selbst sei als Übergangsregelung zu werten (so StüerlSpreen, UPR 1999, 165). Denn die Übergangsregelung bezeichnet den Zeitraum, der bis zum Inkrafttreten der neuen Maßnahme vorgesehen ist, kann also nicht in der Maßnahme selbst gesehen werden. StüerlSpreen, aaO., S. 165, verkennen darüber hinaus, daß das BVerfG keineswegs stets bei Systemumstellungen Übergangsregelungen für geboten hält. 189 190

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(a) Unangemessene Benachteiligungen durch den Verteilungsschlüssel entsprechend der tatsächlichen Anlagennutzung Eine am Genehmigungsumfang orientierte Ausgabe der Emissionsrechte ruft keine unbilligen Belastungen hervor, da den Betreibern grundsätzlich das rechtliche "Maximum" gewährt wird. Soweit einzelne Betreiber Nachteile erleiden, weil sie auf über den Genehmigungsumfang hinausgehenden Schadstoffausstoß angewiesen sind, ist dies rechtlich irrelevant, da die Anlagennutzung insoweit eigentumsrechtlich nicht geschützt ist. 192 Im Gegensatz dazu können für die Marktteilnehmer durch den Verteilungsmaßstab entsprechend der tatsächlichen Anlagennutzung unangemessene Härten hervorgerufen werden. (aa) Elimination nicht genutzter Emissionsrechte Der Verteilungsmaßstab gemäß der faktischen Anlagennutzung führt notwendigerweise zu einer Abweichung der durch die Betriebsgenehmigung rechtlich erlaubten Emissionsmenge von der tatsächlich durch Zertifikatzuteilung gewährten. Im Regelfall läßt sich nämlich annehmen, daß Betreiber der betroffenen Anlagen tatsächlich nicht exakt an der Grenze des gesetzlich Zulässigen emittieren, sondern darunter. 193 Eine Zuteilung von Zertifikaten in Höhe der faktischen Emissionstätigkeit würde die Emissionsberechtigung in Höhe der Differenz von gesetzlich zulässiger Emissionslast und tatsächlich freigesetzter Emissionslast beseitigen. Zunächst ist daher zu fragen, ob nicht bereits der darin liegende bloße Entzug der nicht genutzten Emissionsspielräume - also ungeachtet besonderer individueller Härten zu einem schwerwiegenden und unangemessenen Eingriff in die Rechte der betroffenen Altemittenten führt. Denn auch die nicht genutzten Emissionsrechte werden, soweit sie zulässig sind, von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung erfaßt und unterliegen damit dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG. 194 Allerdings muß nicht jede mögliche und wirtschaftlich vernünftige Nutzung dem Eigentümer zuerkannt werden; Art. 14 GG verleiht keinen Anspruch auf höchstmöglichen Gewinn. 195 Demnach fällt der Bestandsschutz für nicht verwirklichte Nutzungsmöglichkeiten insbesondere dann schwächer aus, wenn insoweit keine schutzwürdigen Kapitalaufwendungen getätigt wurden. 196 Folgerichtig hat das Bundesverwaltungsgericht die von s. § 2 A. 1. 1. a) bb). s. § 2 A. 1. 2. a) aa) (1) (a). 194 s. § 2 A. 1. 1. a). 195 BVerfGE 71, 230(250); 84, 382(385); BVerwG NJW 1998, 94(95); Jarass, in: ders./Pieroth, Art. 14 Rn. 35. 192 193

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Fernheizkraftwerkbetreibern erhobene Forderung nach Festlegung eines am Vollastbetrieb orientierten Emissionsgrenzwertes zurückgewiesen, da ein vom jeweiligen Betriebszustand unabhängiges Verschmutzungspotential verfassungsrechtlich nicht geboten sei. 197 Der Nichtgebrauch der Emissionsbefugnisse in der Vergangenheit führt somit grundsätzlich zu einem schwächeren verfassungsrechtlichen Schutz. In dem allgemeinen, mit dem Zuteilungsmodell zwingend verbundenen Entzug nicht in Anspruch genommener Nutzungsmöglichkeiten liegt damit nicht schon eine unangemessene Benachteiligung der Altbetreiber. Individuelle Härten können also nur dann Berücksichtigung finden, wenn die Neuzuteilung der Rechte zusätzlich zu einer Benachteiligung führt, die auf besondere Gründe im Einzelfall zurückzuführen ist. (bb) Besonderheiten im Bemessungszeitraum Eine Gratisverteilung der Rechte entsprechend der erfolgten Anlagennutzung legt immer nur die Emissionstätigkeit in einem bestimmten, eindeutig abgrenzbaren Zeitraum zugrunde. Die Wahl dieses Vergleichszeitraums 198 ist für die Menge der dem einzelnen Betreiber zugeteilten Lizenzen von entscheidender Bedeutung: Marktteilnehmer, die im Vergleichszeitraum ihre Emissionskapazität etwa wegen Betriebsstörungen oder sonstiger unvorgesehener Ereignisse in ungewöhnlich geringem Maße genutzt haben, erhalten deutlich weniger Lizenzen als ihnen die Betriebsgenehmigung gewährt. 199 Diese Betreibergruppe ist gegenüber jenen, die im Rahmen des juristisch Zulässigen eine gewöhnliche oder gar eine annähernd maximale Emissionsauslastung im Vergleichszeitraum hatten, deutlich benachteiligt. 2oo Da die Neuausstattung mit Lizenzen den Bedarf solcher Altemittenten bei weitem nicht deckt, ergibt sich für sie ein Erwerbszwang, der sie gegenüber denjenigen, die mit einer zum gewöhnlichen Betrieb ausreichenden Anzahl Li196 BVerfG NJW 1998, 367(368); BVerwG NVwZ 1988, 623; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 152. 197 BVerwGE 69, 37(46). 198 Dazu schon (unter dem Gesichtspunkt möglicher Manipulationsgefahren): § 2 A. I. 2. a) aa) (1) (b). 199 Bonus, Marktwirtschaftliche Konzepte, S. 102; Endres/Schwarze, Acid RainProgramm, S. 145 f. 200 Die vergleichende Betrachtung verschiedener Gruppen zeigt, daß es auch um Fragen der Anwendung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) geht (i. e. dazu unter 4.). Das BVerfG prüft in solchen Fällen meist Art. 14 i. V.m. Art. 3 GG, da der Gleichheitssatz bei der Ausgestaltung des Eigentums zu beachten sei, so etwa: BVerfGE 34, 139(146); 70, 191 (200); 79, 174(198); 87, 114(139). Auch hier wird der Prüfungsmaßstab des Art. 3 GG insoweit mitberücksichtigt, als die Ungleichbehandlung der Emittenten durch den Verteilungsmaßstab die Schwere des Eingriffs in Art. 14 GG unmittelbar beeinflußt.

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zenzen ausgestattet werden, schlechter stellt. Der Zuteilungsmechanismus entsprechend der tatsächlichen Anlagennutzung führt insoweit zu einer Verschiebung der wettbewerblichen Ausgangsposition und kann zu teils erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen führen. Zu klären ist daher, ob eine solche Verteilungswirkung mit dem Eigentumsgrundrecht der Betreiber zu vereinbaren ist. Zwar fällt der Bestandsschutz für nicht verwirklichte Nutzungsmöglichkeiten, wie soeben dargestellt wurde,201 in der Regel schwächer aus. Nutzungsbeschränkungen fallen jedoch schwerer ins Gewicht und sind damit umso eher ausgleichspflichtig, wenn sich eine Nutzungsmöglichkeit als vernünftig anbietet, aber nicht ausgeübt worden ist. 202 Danach wird man von einer vernünftigen, das heißt nach objektiven Maßstäben gegebenen Nutzungsmöglichkeit jedenfalls ausgehen müssen, wenn ohne die Ausübung der Nutzung ein Betrieb der Anlage schlechthin nicht möglich ist. Hingegen würde eine Auslegung, die bereits die Ausschöpfung des gesamten genehmigten Emissionspotentials als objektiv vernünftige und naheliegende Nutzungsmöglichkeit bewertete, die Ausnahme zum Grundsatz des schwächeren Schutzes nicht verwirklichter Nutzungsmöglichkeiten in unzulässiger Weise zur Regel verkehren. Die Gründe des öffentlichen Interesses, die für eine Einführung des Lizenzmodells im Wege der Gratisvergabe sprechen, müßten so schwerwiegend sein, daß sie Vorrang vor dem Vertrauen der Anlagenbetreiber auf den Fortbestand ihrer zur Aufrechterhaltung der Produktion unverzichtbaren Nutzungsmöglichkeiten haben. Dazu müßte der Entzug der besonders geschützten Nutzungsmöglichkeiten überhaupt durch die umweltpolitischen Zielsetzungen des Lizenzmodells gerechtfertigt sein. Zweck der freien Vergabe der Zertifikate ist es, anders als bei einer Anfangsversteigerung der Nutzungsrechte 203 , die bisherigen Marktverhältnisse weitgehend zu reproduzieren und alle Anlagenbetreiber bedarfsgerecht mit Emissionsrechten auszustatten?04 Es stehen zwar Möglichkeiten zur Verfügung, dieses Vergabeverfahren so zu gestalten, daß bereits durch die Zuteilung eine verbesserte Ressourcenallokation bewirkt wird. 20s Die auf solche Weise gesetzten Anreize verfolgen jedoch nicht das verfassungsrechtlich geschützte Ziel, eine sparsame Inanspruchnahme von Ressourcen und eine Verbesserung der Siehe (aa). BGHZ 60, 126(130 ff.); 145(147 ff.); BVerwG NVwZ 1988, 623; Depenheuer, in: v. Mangoldt, Art. 14 Rn. 234, 342; Ehlers, VVDStRL 51 (1992),229 ff. 203 Dazu später (§ 2 A. I. 2. a) bb)). 204 Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 78; Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 332; Kemper, Umweltproblem, S. 46 ff. 205 Beispielsweise durch die Berücksichtigung eines Sollwertfaktors, dazu näher unten (ee). 201

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technischen Betriebsmittel anzuregen 206 und damit vorrangig solche Unternehmen zu beeinflussen, die typischerweise - gemessen an ihrer Anlagengröße und dem Stand der Technik - über genügend Emissionsminderungsmöglichkeiten verfügen. Vielmehr benachteiligt der Vergabemaßstab durch die Zugrundelegung eines neutralen Bemessungsmaßstabs - der entsprechenden Referenzperiode - rein zufällig jene Betreiber, die infolge ungewöhnlicher Ereignisse ihre Emissionsberechtigungen für diesen vorübergehenden Zeitraum in nur geringem Maße genutzt haben. Zuteilungsverfahren, die ausschließlich die tatsächlich erfolgte Nutzung in einem Vergleichszeitraum zugrunde legen, führen also im Einzelfall zu unzumutbaren Eingriffen und sind damit eine unangemessene und verfassungswidrige Neugestaltung des Eigentums. 207 Damit stellt sich die Frage, ob es Korrekturen des faktischen Vergabemaßstabs gibt, die die nachteiligen Begleiterscheinungen in verfassungskonformer Weise beseitigen können. Da die Schwere des Eingriffs hauptsächlich von Besonderheiten des Zuteilungsmaßstabes beeinflußt wird, liegt es auf den ersten Blick nahe, diesen selbst zu modifizieren. Hierfür bietet sich insbesondere eine Veränderung des Bemessungszeitraums, der einer Vergabe der Nutzungsrechte zugrunde liegt, an. Es hat sich gezeigt, daß die benötigte Zertifikatmenge der Anlagenbetreiber durch einen an der tatsächlichen Emissionstätigkeit angelehnten Zuteilungsmaßstab wegen starker Schwankungen des Emissionsverhaltens nicht immer zuverlässig ermittelt werden kann. Insbesondere die Orientierung an einem kurzen Vergleichszeitraum von beispielsweise einem Jahr wird in vielen Fällen nicht zu einer Versorgung der Betreiber mit den tatsächlich benötigten Nutzungsrechten führen. Von daher empfiehlt es sich, aus einem Vergleichszeitraum . von mehreren Jahren einen Durchschnittsemissionswert zu berechnen, um die Ausschöpfung der Produktionsressourcen und damit das Emissionsbedürfnis der Unternehmen über einen größeren Zeitraum zu berücksichtigen und so die mit der Wahl des Erstzuteilungsmaßstabs verbundenen Zufälligkeiten zu reduzieren. Allerdings bedeutet eine zeitliche Erweiterung des Bemessungsmaßstabs nicht nur einen höheren Verwaltungsaufwand durch vermehrten Informationsbedarf, sondern auch eine Benachteiligung solcher Betriebe, die im Vergleichszeitraum stark expandiert sind. Diesen Betrieben würden somit Vgl. § 2 A. I. 2. a) aa) (2). Im Ergebnis auch Becker-Neetz. Rechtliche Probleme, S. 153. Im Gegensatz dazu wird in der umweltökonomischen Literatur die Vergabe nach den Ist-Emissionen in der Regel für unproblematisch gehalten; einige Autoren nehmen sogar eine Übervorteilung aller Altbetreiber an (z. B. Heister/Michaelis. Handelbare Emissionsrechte, S. 207 [NOx-Zertifikate]). Zur damit verbundenen Frage, ob eine Benachteiligung der Neuemittenten vorliegt: § 2 A. 11. 206 207

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längst veraltete Daten zugrunde gelegt, die der aktuellen Anlagengröße häufig nicht mehr entsprächen. Rechtlich hätte dies zur Folge, daß sich die Gruppe der unangemessen stark Benachteiligten von denen mit unregelmäßigem Produktionsverlauf zu jenen mit ansteigender Nutzung der Produktionsressourcen verlagern würde. Eine unangemessene Benachteiligung und damit eine verfassungswidrige Ausgestaltung des Eigentums bestünde folglich fort, wenn auch im Hinblick auf eine andere Personengruppe. Ob der Zuteilungsformel eine weiter oder enger gefaßte Bemessungsgrundlage zugrunde gelegt werden sollte, bleibt eine Frage der konkreten Modellverwirklichung und kann in allgemeiner Form nicht beantwortet werden. In jedem Fall kann festgehalten werden, daß sich beim hier untersuchten Verteilungsschlüssel des Zuteilungsmodells vereinzelte Benachteiligungen ergeben, denen durch gesetzliche Ausgieichsregeiungen208 Rechnung getragen werden muß. (cc) Maß der Anlagennutzung Möglicherweise lassen sich die eben entwickelten Grundsätze auf die Situation derjenigen Betriebe übertragen, deren Produktionstätigkeit eine Auslastung der Emissionslast, beispielsweise durch eine besonders energieeffiziente Nutzung, typischerweise nicht erfordert. Indem sie mit Betrieben, die mit Vollast betrieben werden, beim Vergabemaßstab entsprechend der tatsächlich erfolgten Nutzung gleichgestellt werden, könnte auch insoweit eine unangemessene Benachteiligung vorliegen. Betreiber, die ihre Anlage typischerweise nicht voll nutzen, unterscheiden sich jedoch von solchen, die ihre Produktionstätigkeit aufgrund besonderer Umstände vorübergehend gedrosselt haben, dadurch, daß sie nicht auf die Zuteilung der Rechte angewiesen sind. Sie können ihre Anlage auch nach Einführung des Lizenzhandels in dem Ausmaß nutzen, wie sie es zuvor getan haben, ohne neue Lizenzen erwerben zu müssen. Durch die bedarfsgerechte Lizenzzuteilung entgeht ihnen lediglich die Gelegenheit, nicht genutzte Zertifikate zu veräußern und einen Gewinn zu erzielen. Gewinnaussichten sind aber bereits vom Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG nicht erfaßt, wie auch der Bestandsschutz nicht genutzter Positionen nur in stark eingeschränktem Maße besteht. 209 Eine besondere Belastung liegt somit bei den hier betroffenen Unternehmen nicht vor; entscheidendes Kriterium für das Vorliegen einer außergewöhnlichen Belastung kann nur sein, inwieweit der Betreiber auf die Zuteilung des Nutzungsrechts tatsächlich angewiesen ist. Eine unangemessene Benachteiligung besteht ferner auch 208 209

Dazu sogleich (b). Siehe soeben (aa).

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nicht, wenn die Zertifizierung eines Stoffes verschiedene Produktionsbranchen betrifft und eine dieser Branchen typischerweise eine geringe Kapazitätsauslastung hat. (dd) Mitnahmeeffekte durch "Nachzügler" Die am status quo orientierte Vergabe von Emissionszertifikaten führt zu einem weiteren grundlegenden Problem, das mit der Umweltschutzbereitschaft der einzelnen Anlagenbetreiber zusammenhängt. Um das Problem zu verdeutlichen, wird im folgenden zwischen zwei idealisierten Unternehmertypen unterschieden: Den Unternehmern, die Umweltschutzanordnungen schnell befolgen und auch initiativ Emissionsreduzierung betreiben, steht die Gruppe der sogenannten "Nachzügler,,210 gegenüber, worunter solche Anlagenbetreiber verstanden werden sollen, die im Vollzug der Vermeidungsanstrengungen rückständig sind. Eine strikte Zuteilung nach der Anlagennutzung in der Vergangenheit hat zur Folge, daß Unternehmer, die ihre Emissionsfrachten in der Vergangenheit - i. d. R. unter erheblichen Kostenanstrengungen - reduziert haben, als Folge des umweltfreundlichen Verhaltens anteilig am Emissionspotential weniger Lizenzen erhalten als diejenigen, die nur das Nötigste investiert haben. Der sich daraus ergebende Einwand der "Belohnung der Umweltsünder" wurde schon frühzeitig gegen das Zertifikatsystem vorgebracht211 und führte teilweise zu einer pauschalen Verurteilung des gesamten Modells?12 In verfassungsrechtlicher Hinsicht könnte die solchermaßen kritisierte ungleiche Verteilungswirkung sowohl als unangemessene Härte der benachteiligten Unternehmer im Rahmen des Eigentumsgrundrechts wie auch als ungerechtfertigte Gleichbehandlung i. S. von Art. 14 Abs. I i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG zu bewerten sein?13 Eine unterschiedslose, verfassungswidrige Gleichbehandlung in Wahrheit "Ungleicher" liegt vor, wenn eine nach typischen Merkmalen abgrenzbare Gruppe von Unternehmern durch eine Neuregelung einer gegenüber den Konkurrenten ungleich fühlbareren wirtschaftlichen Belastung ausgesetzt ist und das Gesetz keinen Härteausgleich Begriff nach Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 145. Malunat, NuR 1984, 3; Schärer, ZfU 1984, 283; Magerl, RdE 1984, 276; Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 99; später noch Lange, VerwArch 82(1991), 21 (Fn. 84). Im englischsprachigen Raum werden die durch die Zuteilung erlangten unerwarteten Gewinne als "windfall economic gain (resp. profits, Anm. des VerO" bezeichnet, vgl. Tisdell, Environmental economics, S. 244 f. 212 s. Magerl, aaO., S. 276; Malunat, aaO., S. 3. Allgemein zum Vorwurf der "Kommerzialisierung" des Umweltrechts und gegen Malunat, aaO.; Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 278. 213 Zum sich insoweit überschneidenden Prüfungsmaßstab beider Grundrechte s. Fn.200. 210 211

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vorsieht. 214 Die hier vorliegende Konstellation ist mit einem solchen Fall jedoch nicht vergleichbar. Eine grundsätzliche Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer ist bereits Voraussetzung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte und daher legitimes und unverzichtbares Gestaltungsmittel. Die umweltschutzorientierten Unternehmen werden durch die Verteilung wirtschaftlich nicht belastet. Dadurch, daß sie mehr als vergleichbare Betreiber in Emissionsvermeidetechnik investiert haben, ist ihr Lizenzbedarf auch geringer. Daß sie dann auch weniger Zertifikate als jene erhalten, ist nur eine konsequente Verfolgung des Regelungsziels und verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Forderung, ihnen einen Anspruch auf Zuteilung zusätzlicher Lizenzen zu gewähren, verkennt darüber hinaus den grundsätzlich schwachen Bestandsschutz nicht genutzter Eigentumspositionen.21 5 Ohnehin liegt bei der Verwendung von Lizenzen mit begrenzter Laufzeit nur eine scheinbare Übervorteilung der Nachzügler vor. Da nach dem Ablauf der Geltungsdauer der Zertifikate der Verteilungsvorteil entfällt, ist der hohe Emissions- und damit Lizenzbedarf der Nachzügler auf lange Sicht mit Nachteilen verbunden. Ihren hohen Lizenzbedarf müßten sie dann nach dem Verstreichen der Laufzeit der anfangs zugeteilten Lizenzen durch Neuerwerb decken oder durch Emissionsminderungsmaßnahmen kompensieren. Der anfängliche Verteilungsvorteil würde sich damit für Nachzügler mittelbis langfristig nachteilig auswirken. (ee) Verfassungskonforme Korrekturmöglichkeiten Der Umstand, daß in der Einführungsphase den "Nachzüglern" erhebliche Zertifikatmengen und damit zugleich veräußerbare Vermögens werte in beträchtlichem Maße zukommen, ist also weniger ein verfassungsrechtliches als ein rechtspolitisches Problem. Die Ungleichbehandlung der Anlagenbetreiber, die vor allem bei der Ausgabe zeitlich nicht begrenzter Lizenzen virulent wird, könnte Akzeptanzprobleme bei Beteiligten sowie im politischen und gesellschaftlichen Umfeld hervorrufen. 216 Noch erheblicher wäre der zu erwartende Widerstand bei einem Vergabeverfahren, das eine Zuteilung ausschließlich entsprechend dem Genehmigungsinhalt vornimmt, da es zu weitaus erheblicheren Mitnahmeeffekten führt als der Verteilungsmaßstab entsprechend der tatsächlichen Anlagennutzung. 217 Vertrauensfördernd könnten sich etwa kleinere Veränderungen des Vergabemaßstabs soBVerfGE 30, 292(326 ff.; 332). s. o. (aa). 216 Vgl. auch die Nachweise in Fn. 211; generell zu Akzeptanzproblemen handeIbarer Emissionsrechte: Frowein, S. 117 ff. und jüngst Gawel, StaWi 8(1997), 485 ff. 217 s. § 2 A. I. 2. a) aa) (1) (a). 214 215

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wie die Berücksichtigung von Sonderregelungen auswirken; in jedem Fall wäre es Aufgabe von Wissenschaft und Politik gleichermaßen, bestehende Wahrnehmungs- und Informationsdefizite in der Öffentlichkeit zu beseitigen. 218 Zu fragen ist damit, ob es verfassungskonforme Möglichkeiten gibt, einer politisch möglicherweise nicht gewünschten Benachteiligung umweltschutzfreundlicher Unternehmen, die auftritt, wenn an die tatsächliche Anlagennutzung in der Vergangenheit angeknüpft wird, entgegenzuwirken. Das Problem könnte gelöst werden durch eine Verknüpfung normativer und faktischer Bezugsgrößen: Mittels einer Erweiterung der Bemessungsgrundlage um einen "Sollwert" der Emission - als normatives Korrektiv - könnte bereits bei der Zuteilung ressourcenschonendes Verhalten in der Vergangenheit honoriert werden. Dies kann dadurch bewerkstelligt werden, daß nicht der tatsächliche Schadstoffausstoß, sondern der durchschnittliche Energieverbrauch im Bezugszeitraum als Maßstab der Neuzuteilung genommen wird und dieser mit einem einheitlichen Sollwert für die Emissionen pro Anlage multipliziert wird, der den zulässigen Ausstoß des Schadstoffs für jede eingesetzte Energieeinheit angibt. Ein Beispiel für die Realisierung einer solchen Zuteilungsformel läßt sich dem nordamerikanischen Zertifikatmarkt für Schwefeldioxid entnehmen. Sec. 404 (2) CAA bestimmt, daß der gesamte Brennstoffverbrauch in einem dreijährigen Bezugszeitraum (1985-87) mit einem einheitlichen Wert multipliziert wird, der den zulässigen S02-Ausstoß pro genutzter Energieeinheit zugrunde legt (2,5 Ibs 219 S02/MBTU22o in Phase I (1995-99) und 1,2 lbs. S02/MBTU in Phase 11 (ab 2000».221 Die Berücksichtigung von Emissionszielwerten hat den Vorteil, daß der tatsächliche Verbrauchswert durch ein normatives Element korrigiert wird und demnach Anlagenbetreiber, die ökologische Gesichtspunkte nur nachrangig behandelt haben, nicht in der Menge Lizenzen erhalten, wie es ihrem tatsächlichen Emissionsverhalten 218 Vgl. die ausführliche Analyse Gawels, aaO., insbesondere S. 519 ff., der hier vor allem Vorleistungen der ökonomischen Zunft fordert. 219 1 Ib (american short pound) entspricht 453 g. 220 MBTU bedeutet "Million British Termal Units". Eine MBTU entsprechen 1055 Megajoule (MJ); s. zum ganzen Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 139 (Fn. 7). 221 Dazu aus der deutschsprachigen Literatur: Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 145; Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 118 f.; Gick, Zertifikate, S. 19; Brenck, Ökonomische Lösungen, S. 84; Wasmeier, NuR 1992, 225; Schwarze, ZAU 1997, 172; Zapfei, ZAU 1997, 422 f.; KoschellBrockmannl SchmidtlStronziklBergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 62. In Phase I (ab 1995) nahmen nur 110 größere, stark verschmutzende thermische Kraftwerke teil (insgesamt 263 Emissionsquellen), in Phase 11 (ab 2000) kamen ca. 700 weitere Anlagen hinzu (insgesamt ca. 2000 Emissionsquellen).

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entspricht?22 Indem den Nachzüglern damit bereits genutzte Emissionsrechte faktisch entzogen werden, liegt - verglichen mit der Vergabeform, die ausschließlich den tatsächlichen Verbrauch zugrunde legt - ein schwerwiegenderer Eingriff in deren Rechtsstellung vor. In der Regel wird jedoch keine unangemessene Benachteiligung der Nachzügler vorliegen. Denn die Verteilung stellt auch hier einen äquivalenten Ausgleich für die Verkürzung der Eigentumsposition her. Die geringfügige Korrektur des Zuteilungsschlüssels durch den sollwertbezogenen Faktor ändert nichts daran, daß der sich in erster Linie an der tatsächlichen Anlagennutzung orientierende Verteilungsschlüssel die Betreiber in genügendem Maße mit Zertifikaten ausstattet, um ihre Anlagen fortbetreiben zu können. Eine Gefährdung der Produktion und damit eine generelle untragbare Härte ist damit nicht erkennbar. Ohnehin belastet die Sollwertkorrektur nur solche Betreiber, die ohnehin wegen der Verwendung älterer Umweltschutztechnologie einen hohen Lizenzbedarf haben. Daher haben diese Marktteilnehmer nicht nur die Möglichkeit, Zertifikate hinzuzukaufen, sondern sie können auch die Produktionsanlagen modernisieren und auf diese Weise den Lizenzbedarf senken. Damit wird ein wesentliches verfassungskonformes Ziel des Lizenzsystems bereits in einem frühen Stadium verwirklicht. 223 An einer Modifikation des Vergabemaßstabes durch eine Sollwertkorrektur bestehen somit keine verfassungsrechtlichen Zweifel, so daß darin grundsätzlich eine angemessene Maßnahme zur Vermeidung von Ungleichheiten bei der Zertifikatzuteilung gesehen werden kann. (b) Mögliche Härtefallregelungen Im vorigen Abschnitt wurde untersucht, welche unangemessenen Härten durch eine Grandfathering-Verteilung typischerweise hervorgerufen werden können. Dabei wurde zwar festgestellt, daß diese Benachteiligungen einzelner Personengruppen teilweise durch geringe Korrekturen des Grund222 So auch Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 145; Gick, Zertifikate, S. 19. Zu weiteren Einzelheiten, insbesondere zu Ausnahmeregelungen vgl. die komplizierte Regelung des sec. 404 sowie Endres/Schwarze, aaO., S. 146; Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 119. Um eine Erhöhung der Umweltbelastung zu vermeiden, sollten sich die Zielwerte zumindest an bestehenden Emissionsgrenzwerten orientieren. Hier liegt es nahe, bereits im geltenden Ordnungsrecht bestehende Vorgaben, z. B. der TA Luft, als Sollwert vorzusehen - diese Vorgaben werden i. d. R. strenger sein als die, die im vergangenen Bezugszeitraum gegolten haben. So knüpfen auch die genannten Werte des Allowance Trading an Technikstandards an, vgl. Schwarze, ZAU 1997, 170 (Fn. 3). 223 Zu unterscheiden sind davon unbeabsichtigte, aber kaum zu vermeidende Benachteiligungen, die auf bloßen Zufälligkeiten beruhen und nicht Ausfluß der Modellogik sind, s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (a) (bb).

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modells, wie die Verlängerung des Bezugszeitraumes, beseitigt bzw. gemildert werden können. Doch selbst wenn solche flankierenden Maßnahmen vorgenommen werden, ist es denkbar, daß - vom Gesetzgeber nicht bedachte oder durch eine generalisierende Regelung nicht normierbare - unverhältnismäßige Benachteiligungen auftreten können. Somit sind Möglichkeiten zu erwägen, wie der Gesetzgeber solche Benachteiligungen berücksichtigen kann, um einen Lizenzmarkt in verfassungskonformer Weise gestalten zu können. Art. 14 Abs. 1 GG weist die Besonderheit auf, daß der Grad der Beeinträchtigung durch Gewährung finanzieller Ausgleichsansprüche oder durch schonende Übergangsregelungen gemildert werden kann. 224 Im folgenden sollen auf dieser Grundlage mögliche Regelungen untersucht werden, die sich eignen, die Angemessenheit des Eingriffs wiederherzustellen. Zum einen kann eine zeitliche Übergangsregelung vorgesehen werden, um den Emittenten Zeit zu geben, sich auf die neuen Systembedingungen einzustellen. Zum anderen ist es möglich, den benachteiligten Marktakteuren Ausgleichszahlungen oder Lizenzen im Wege einer Sonderzuteilung zu gewähren. (aa) Schonende Übergangsregelungen Grundsätzlich folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Verkürzung bestehender Rechtspositionen das Erfordernis einer schonenden Übergangsregelung?25 Deren Umfang hängt von einer Abwägung zwischen dem geschädigten Vertrauen auf den Fortbestand der Rechtsposition und der Bedeutung der gesetzgeberischen Maßnahme ab. 226 Wie sich im Laufe der Untersuchung gezeigt hat, kann die Verkürzung von Emissionsbefugnissen durch die Errichtung eines Lizenzmarktes im Rahmen einer Grandfathering-Verteilung bei einigen Altemittenten zu teilweise erheblichen Rechtsbeeinträchtigungen führen?27 Für die meisten Emittenten wird durch die Neuverteilung die bislang bestehende jeweilige Rechtsposition indessen in vergleichbarem Umfang gewahrt, so daß der Eingriff ihnen gegenüber nicht abgemildert werden muß. Hingegen könnte eine Übergangsregelung die Neuordnung des Immissionsschutzrechts im Hinblick auf die davon besonders Benachteiligten verfassungsrechtlich absichern helfen. Dabei ergibt sich das Problem, daß es in einem Lizenzsystem kaum möglich ist, Übergangsregelungen nur für einzelne Betroffene vors. § 2 A. I. 2. a) aa) (5). BVerfGE 53, 336(351); 71, 137(144); BVerwGE 81, 49(55); Depenheuer, in: v. MangoldtlKlein/Starck, Art. 14 Rn. 231 m. W.N. 226 BVerfGE 70, 101(114). 227 Vgl. insbesondere § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (a) (bb). 224 225

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zusehen. Der Handel mit Emissionsrechten ist auf die gleichmäßige Teilnahme möglichst aller Anlagenbetreiber eines Marktsegments zugeschnitten. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn Emittenten aufgrund bestimmter Kriterien, beispielsweise der Anlagengröße, wirtschaftlich nicht vergleichbar sind und sich von daher eine Teilnahme am Markthandel schon aus allokatorischen Gründen nicht empfiehlt. Nur in diesen Fällen wäre eine Übergangsregelung - in Gestalt einer späteren bzw. stufenweisen Einführung des Emissionsrechtehandels - aus praktischen Gründen zu empfehlen?28 In den übrigen Fällen bietet sich eine lange229 Übergangsregelung jedoch nicht an. Beschränkt man sie nur auf einzelne Altemittenten, so hat dies in der Regel dysfunktionale Auswirkungen auf das gesamte Marktgeschehen. Wird hingegen der Emissionsrechtehandel insgesamt suspendiert, profitieren dadurch letztlich alle Marktteilnehmer. Wegen dieser übermäßigen, nicht präzise steuerbaren Folgen der Begünstigungsregelung erscheint es vorzugswürdig, der Benachteiligung der einzelnen Altemittenten vorrangig durch individuelle Ausgleichsansprüche Rechnung zu tragen. (bb) Gewährung finanzieller Ausgleichszahlungen Mittlerweile ist weitgehend anerkannt, daß auch im Rahmen emer Inhalts- und Schrankenbestimmung im Rahmen von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG eine Ausgleichspflicht des Normgebers entstehen kann. 23o Solche Ausgleichsleistungen stellen gerade keine Enteignungsentschädigungen nach Art. 14 Abs. 3 GG dar, sondern dienen dazu, eine unzumutbare oder gleichheitswidrige Belastung von Eigentümern durch inhalts- und schrankenbestimmende Vorschriften zu vermeiden?3l Wird gleichwohl bei solchen "ausgleichspflichtigen Inhaltsbestimmungen" keine Entschädigungszahlung vorgesehen, sind sie verfassungswidrig. 232 228 Vgl. dazu etwa die soeben unter'(cc) dargestellten zwei Phasen des Clean Air Act, die die Einführung des Emissionshandels an bestimmte Anlagentypen knüpfen. 229 Die zahlreichen Organisationserfordernisse, die eine Systemumstellung mit sich bringt, erfordern ohnehin einen nicht unerheblichen Zeitaufwand, so daß eine gewisse Übergangsphase in der Praxis bestehen wird. 230 Grundlegend BVerfGE 58, 137 (147, 149 ff.) - "Pflichtexemplar"; 79, 174(192); BGHZ 110, 12(16); v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 65; Lee, Bestands schutz, S. 176 f.; Schink, DVBI. 1990, 1383 m.w.N.; kritisch: Wendt, Eigentum und Gesetzgebung, S. 314 ff. und ders., in: Sachs, Art. 14 Rn. 83. 231 Rüjner, FS Boujong, S. 649 f., der zutreffend darauf hinweist, daß für die Abgrenzung entschädigungslos zulässiger und entschädigungspflichtiger Inhaltsbestimmungen die traditionellen Enteignungstheorien (vgl. Fn. 23) weiterhin Bedeutung haben. In diesem Sinne auch Depenheuer, in: v. Mango1dtlKlein/Starck, Art. 14 Rn. 259. Zur Rolle enteignungsrechtlicher Kriterien im Rahmen der Bestimmung der Rechtmäßigkeit von Inhalts- und Schrankenbestimmungen siehe auch schon § 2 A. 1. 1. a) bb) (5).

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Den von der Erstzuteilung in unangemessener Weise belasteten Altemittenten müßte demnach grundsätzlich ein Anspruch auf Ausgleichszahlungen eingeräumt werden, um sie in die Lage zu versetzen, dringend benötigte Lizenzen erwerben zu können. Problematisch ist indes, ob bloße finanzielle Zuwendungen den Erwerb von Emissionsrechten überhaupt gewährleisten können. Dagegen spricht, daß sich bei einer Gratisvergabe nur schleppend eine Marktdynamik entwickeln wird. 233 Eine schlechte Angebotslage führt wiederum zu hohen Preisen. Der Gesetzgeber müßte folglich, um die entstandenen Nachteile angemessen auszugleichen, umfangreiche finanzielle Zuwendungen bereitstellen. Die damit verbundene Inanspruchnahme staatlicher Mittel dürfte politisch schwer zu rechtfertigen sein und ist auch mit der Zielsetzung des Modells, die "Selbstreinigungskräfte" des Marktes zu nutzen, schwer zu vereinbaren. Zudem ist wegen der zu erwartenden knappen Angebotslage nicht gesichert, daß sich die Betroffenen überhaupt mit den benötigten Lizenzen ausstatten können. Ausgleichszahlungen sind demzufolge zwar dazu geeignet, einer übermäßigen Belastung durch Neugestaltung einer Eigentumsposition entgegenzuwirken. Im Bereich eines Lizenzsystems sprechen jedoch viele Gesichtspunkte zumindest gegen eine umfassende Gewährung solcher Ansprüche. (cc) Zuteilung von Sonderlizenzen Angesichts der eben dargestellten Nachteile erscheint es vorteilhafter, sämtlichen nach den Vergabemaßstäben benachteiligten Betreibern zusätzlich zu der ermittelten Menge je nach Bedarf weitere Lizenzen zuzuteilen. 234 Eine solche Sonderzuteilung kann Verteilungsungerechtigkeiten unproblematisch auflösen, da der Bedarf der Betreiber an Zertifikaten unmittelbar gedeckt wird. Auf diese Weise erfolgt ein effektiverer Ausgleich als er durch finanzielle Ausgleichszahlungen herbeigeführt werden könnte. Umgekehrt haben die durch die Sonderzuteilung gewährten Zertifikate selbst einen monetären Charakter, da sie von vornherein transferier- und veräußerbar sind. Statt vieler: Ossenbühl. Staatshaftungsrecht, S. 181 ff. Scheelhaase. Zertifikate, S. 227 f.; Rehbinder. Umweltlizenzen, S. 122 f. 234 Im nordamerikanischen Zertifikatmarkt kommt der Zuteilung von "bonus allowances" resp. "extension allowances" eher ein Belohnungscharakter zu, zum Teil werden sie auch als politische Konzession an starke Interessengruppen gewährt, s. EndreslSchwarze. Acid Rain-Programm, S. 147 f.; Wasmeier. NuR 1992, 225. Die Terminologie unterscheidet sich im übrigen bei Sonderzuteilungen: Anzutreffen sind die Bezeichnungen Bonus-, Sonder-, und Reservelizenzen (vgl. Endresl Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 151 sowie Gick. Zertifikate, S. 21 ff.). Zur Abgrenzung können die erstmals zugeteilten Zertifikate als "Basislizenzen" bezeichnet werden. In dieser Arbeit wird aus Gründen der Vereinfachung nicht in so einem weitreichenden Maße differenziert. 232 233

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Problematisch an der Gewährung von Sonderzuteilungen ist, daß sie stets zu einer Vergrößerung der Gesamtemissionsmenge führen. Dies entwertet einen wesentlichen Vorteil des Zertifikatmodells, nämlich die Kontrollierund Bestimmbarkeit der Emissionsgesamtmenge. Mit der - im Vorfeld wegen der Vielzahl möglicher Sonderfälle nur schwer berechenbaren - Sondergewährung von Lizenzen wäre zugleich eine Erhöhung der Umweltbelastung verbunden. Wegen dieser Nachteile sollte der Anteil von Sonderlizenzen auf einen bestimmten Prozentsatz der Gesamtemissionsmenge begrenzt werden. Dann wäre das durch die zusätzliche Ausgabe der Sonderlizenzen vergrößerte Gesamtemissionsvolumen von vornherein bekannt, so daß zur Regulierung der Gesamtemissionsmenge gezielte Maßnahmen getroffen werden könnten, wie beispielsweise die anteilige Entwertung aller Erstzuteilungen,z35 Nachteilig an einer solchen Reservebildung ist wiederum, daß sich bei der Etablierung des Marktes die benötigte Menge Sonderlizenzen kaum vorhersehen läßt. Die Kontingentierung der zusätzlichen Lizenzen könnte also dazu führen, daß möglicherweise nicht alle in unangemessener Weise Benachteiligten in ausreichendem Maße Lizenzen erhalten, mithin die Effektivität der Ausgleichsmaßnahme gefährdet wäre,z36 Die Bereithaltung von Sonderlizenzen kann aus diesen Gründen nur als ergänzendes Instrument Berücksichtigung finden. (dd) Umverteilung des Lizenzguthabens Um die unerwünschte Summierung der Lizenzen über das gesetzlich festgelegte Maß hinaus zu vermeiden, können auch die Bestände anderer Marktteilnehmer reduziert werden, um Sonderlizenzen zuteilen zu können, es handelt sich dabei gewissermaßen um ein "Töpfeverschieben".237 Diejenigen Emittenten, die durch den Zuteilungsschlüssel in besonderem Maße benachteiligt werden, würden danach aus der vorhandenen Zertifikatmenge nach zuvor festgelegten Kriterien außerordentliche Zuwendungen erhalten. Der zugrundeliegende Gedanke, die Nachteile einer Seite durch Benachteiligung der übrigen Lizenzinhaber auszugleichen, trägt insbesondere dazu bei, die vielfach kritisierten Mitnahmeeffekte238 zu verringern. Zu der Verfassungsmäßigkeit von Abwertungsmaßnahmen siehe unten ce). Ein vergleichbares Problem stellt sich, wenn bei Gefahrdung der Emissionsziele durch eine unerwartet hohe Anzahl von Sonderzuteilungen deren Erteilung ausgesetzt wird, wie es die Regelungen in sec. 404(d) und 404 (f) (2) CAA vorsehen; vgl. EndreslSchwarze, Acid Rain-Programm, S. 147 m. W.N. 237 EndreslSchwarze, Acid Rain-Programm, S. 147 zur ähnlichen Ausgestaltung im Rahmen des Clean Air Act. Auch in diesem Zusammenhang wird ein amüsanter Anglizismus benutzt: "Robbing Peter to pay Paul", vgl. van Dyke, Yale Law Journal, 100(8), 2707 2713), zitiert nach EndreslSchwarze, aaO., S. 147; s. auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 169 ff. 235

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Die Umverteilung sollte sich allerdings darauf beschränken, vereinzelt auftretende untragbare Nachteile auszugleichen. Eine grundlegende Umverteilung der Lizenzen hingegen würde einen großen Verwaltungs aufwand erfordern, Rechtsunsicherheit hervorrufen und könnte im Ergebnis sogar unzumutbare Härten bei den eigentlich vom Verteilungsmaßstab Begünstigten herbeiführen. Würde der Gesetzgeber beabsichtigen, eine so weitgehende Neugestaltung des Verteilungsergebnisses vorzunehmen, böte es sich vielmehr an, den Vergabemaßstab von vornherein in entsprechender Weise zu modifizieren. In ihren tatsächlichen Wirkungen ähnelt eine Umverteilung von Lizenzguthaben ohnehin der Möglichkeit, den Vergabeschlüssel um einen technikbezogenen Sollfaktor zu ergänzen?39 In beiden Fällen wird das unerwünschte Verteilungsergebnis - die Begünstigung der "Nachzügler" korrigiert. Damit ist auch die Eingriffsintensität dieser Maßnahme entsprechend zu beurteilen, so daß sich bei der rechtlichen Beurteilung keine Unterschiede zu dem bereits Gesagten ergeben. Unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen ist eine Um verteilung von Lizenzen ein taugliches Instrument, die bei der Erstzuteilung auftretenden Nachteile einzelner Altbetreiber zu vermeiden?40 (ee) Erfordernis einer allgemeinen Härteklausel Die vorgestellten kompensatorischen Maßnahmen sind grundsätzlich dazu geeignet, besondere individuelle Härten auszugleichen und einen Zertifikatmarkt verfassungskonform zu gestalten. Allerdings wurde darauf hingewiesen, daß diese Regelungen aus verschiedenen Gründen nur zurückhaltend eingesetzt werden dürfen. Ein uneingeschränkt empfehlenswertes Vorgehen zur Vermeidung von Verteilungsungerechtigkeiten und unzumutbaren Härten bei der Anfangsvergabe der Emissionslizenzen ist nicht ersichtlich; die beste Lösung mag in einer Kombination der in Betracht kommenden Maßnahmen zu finden sein. Doch auch ein solches Maßnahmebündel könnte nicht gewährleisten, jede Form einer ungerechten Verteilungswirkung auszuschließen. Dies ergibt sich schon daraus, daß eine Normierung des Verteilungsverfahrens notwendigerweise generalisierend und typisierend sein muß. Daher sollte ein Zertifikatgesetz auch Ausnahmetatbestände regeln, die sonstige, durch die m Siehe (a) (dd). Vgl. die oben unter (a) (dd) dargestellte Formel. 240 Anders Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 170, der Sonderzuteilungen (außerordentliche Zuwendungen) nur als Alternative zum Abwertungsmechanismus in Erwägung zieht. Die Schaffung einer - quantitativ begrenzten - Reserve hält er allerdings für zulässig (aaü., S. 181); nicht klar wird jedoch, ob und in welchem Maße dabei Sonderzuteilungen eine Rolle spielen sollen. 239

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Verteilung hervorgerufene unzumutbare Härten abmildern können,z41 Damit eine solche Ausgleichsregelung nicht uferlos wird mit der Folge einer Gefährdung der Systemeffizienz, muß sie so ausgestaltet sein, daß die Marktteilnehmer ihrerseits einen Antrag zu stellen und Unterlagen einzureichen haben, um eine außerordentlich benachteiligende Wirkung durch die Zertifikatvergabe glaubhaft zu machen. Die Entscheidung über eine mögliche Bevorzugung eines solchen Antragstellers - durch Zuteilung von Sonderlizenzen oder finanzielle Zuwendungen - sollte einer Behörde überlassen und möglichst ermessensgebunden sein. Zur effektiven Durchsetzung und Wahrung der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG sollte auch der Rechtsweg zur Überprüfung dieser staatlichen Entscheidung eingerichtet werden. 242 (6) Zwischenergebnis Die Untersuchung hat gezeigt, daß auch bei einer Gratisvergabe der Emissionsrechte die Grenze zur Verfassungswidrigkeit überschritten werden kann, indem Altbetreiber in unangemessener Weise benachteiligt werden. Gleichwohl bieten sich insbesondere bei dem Erstzuteilungsverfahren gemäß der erfolgten Anlagennutzung viele praktikable Möglichkeiten, den Zuteilungsschlüssel zu verändern, um Belastungsungleichheiten aufzulösen. Eine Verteilung der Rechte entsprechend dem Genehmigungsumfang führt zwar zu einer weniger starken Belastung der Altemittenten. Dieser Verteilungsschlüssel stößt aber auf praktische Schwierigkeiten und wird in der Regel durch Entstehung zusätzlicher Emissionsrechte die Umwelt erheblich stärker belasten. Eine vielversprechende Lösung, die sich auch bereits praktisch bewährt hat, kombiniert die faktischen und normativen Bezugsgrößen 241 Für eine Entschädigungsregelung auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 147, der dazu rät, sie so konkret auszuformulieren, daß sie auch vor der lunktimklausel (Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG) Bestand habe. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß pauschale, sog. "salvatorische Entschädigungsklauseln" dem Erfordernis des Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG nach wohl herrschender Auffassung nicht gerecht werden (BVerwGE 84, 361(364 f.); MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 572; a.A. BGHZ 105, 15(16 f.». Allerdings gilt die lunktimklausel nur für Enteignungen, die jedoch bei dem hier vorliegenden Fall der von vornherein durch eine gesetzliche Regelung erfolgenden Verkürzung von Eigentumsbefugnissen nicht vorliegt (s. § 2 A. I. 1.). Damit ist es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, salvatorische Klauseln im Zusammenhang mit Emissionszertifikaten zu verwenden, zu fordern ist aber, daß er sie im Rahmen des Vorhersehbaren präzisiert (näher zum Problem Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 190 0. 242 Allgemein zu den (lösbaren) Problemen effektiven Rechtsschutzes bei Lizenzsystemen: Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 128 ff.; Kloepfer, Rechtsstaatliche Probleme ökonomischer Instrumente, 250 ff., insbes. S. 252. Zu Rechtsschutzmöglichkeiten s. auch schon Fn. 3.

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und vermeidet damit die unbillige, nicht aber verfassungswidrige BessersteIlung in der Umweluechnologie rückständiger Unternehmen. Auch ein solches Vorgehen stellt die Legislative jedoch nicht davon frei, in einem Zertifikatgesetz eine allgemeine Härtefallklausel zu normieren, um atypische Belastungen im Einzelfall kompensieren zu können. bb) Kostenpflichtige Vergabe (H Versteigerungslösung")

Ein Teil der umweltökonomischen Literatur lehnt die staatliche Zuteilung der Lizenzen ab und befürwortet ihre anfängliche Versteigerung. 243 Im Rahmen dieser Auktion sollen die erstmalig ausgegebenen Zertifikate auf einem offenen, börsenähnlichen Markt versteigert werden. Jeder Nutzer von Emissionsrechten gibt auf der Auktion ein Kaufangebot mit der von ihm gewünschten Menge an Zertifikaten und dem Preis, den er zu zahlen bereit ist, ab. Die eigentliche Zuteilung kann dann auf verschiedene Arten erfolgen. Am häufigsten genannt wird in diesem Zusammenhang die Methode, daß zuerst die Gebote zum höchsten Kurs, anschließend solange die jeweils nächsthöheren Gebote berücksichtigt werden, bis alle Lizenzen verteilt sind (sog. "call auction,,)?44 Ein anderes kostenpflichtiges Erstzuteilungsverfahren sieht vor, die Zertifikate zwar nach Maßgabe eines der bereits untersuchten Verteilungsschlüssels 245 zunächst auszugeben, aber als Gegenleistung - entsprechend der Menge zugeteilter Lizenzen - ein Entgelt zu verlangen, welches einem vorweggenommenen Zertifikatpreis entsprechen soll?46 Beide Versteigerungsverfahren haben zur Folge, daß der Lizenzerwerb für die Anlagenbetreiber mit einer erheblichen finanziellen Belastung verbunden ist. Es muß also geklärt werden, ob die entgeltliche Vergabe der Emissionsrechte einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Anerken243 Dales, Pollution, Property and Prices, S. 93; Endres, Umweltzertifikate, S. 6; Scheelhaase, Zertifikate, S. 236; CasonlPlott, JEEM 1996, 133 ff.; wohl auch Zapfel, ZfU 1997,423; aus juristischer Sicht: Manssen, UTR 36(1996), 143 (Fn. 48) u. 144. 244 Ausführlich m. w. N.: Scheeihaase, Zertifikate, S. 232 ff. und CasonlPlotf, JEEM 1996, 133 (insbesondere Fn. 2) unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit dem US-amerikanischen Markt für Schwefeldioxid-Lizenzen. 245 In Betracht kommen die oben dargestellten Zuteilungs varianten entsprechend der faktischen Nutzung oder der rechtlichen Befugnis, s. § 2 A. I. 2. a) aa) (1). 246 Scheeihaase, Zertifikate, S. 228 ff.; Kabelitz, Nutzungslizenzen, S. 335. Denkbar sind auch "Mischvarianten", d.h. ein Teil der Lizenzen wird kostenfrei zugeteilt, der andere muß erworben werden. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung ergeben sich dabei keine Besonderheiten; je höher der Anteil der zu ersteigernden bzw. zu bezahlenden Lizenzen liegt, desto schwerer wiegt der Eingriff in die Rechte der Altbetreiber.

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nung des Privateigentums, also den "alten" Emissionsbefugnissen (Art. 14 Abs. 1 GG), und den Anforderungen des Sozialgebots - insbesondere dem Interesse der Allgemeinheit an qualitativen und kostengünstigen umweltschützenden Maßnahmen - herzustellen vermag. (1) Verfassungslegitime Ziele

Mit der Einrichtung eines Zertifikatmarktes verfolgt der Gesetzgeber die verfassungslegitimen Ziele eines effizienteren und effektiveren Umweltschutzes. 247 (2) Erfordernis der Geeignetheit

Ein System handelbarer Emissionsrechte eignet sich grundsätzlich zur Erreichung dieser gesetzgeberischen Zielsetzung. 248 Die anfängliche Versteigerung der Zertifikate bewirkt, daß sich schon in diesem frühen Stadium marktabhängige Preise bilden. Denn jeder Emittent muß schon zum Zeitpunkt der Erstzuteilung entscheiden, wieviel Lizenzen er zu welchem Preis erwerben will. Möglicherweise spricht die denkbare Situation, daß einige Altemittenten nicht über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügen werden, um in ausreichendem Maße Lizenzen ersteigern zu können, gegen die Eignung der Versteigerungslösung?49 Diese Argumentation verkennt aber, daß bei der Prüfung der Eignung eines Gesetzes lediglich eine von der Interessenlage des einzelnen abstrahierende, generalisierende und typisierende Betrachtungsweise vorzunehmen ist. 250 Steuerungsmaßnahmen, die nicht auf die Zielerreichung im Einzelfall, sondern auf globale Ziele wie die Reduzierung des Schadstoffausstoßes insgesamt gerichtet sind, können von daher nur daran gemessen werden, ob sie diesem Gesamtziel näherkommen. 251 Aus diesem Grund kann auch nicht ein bloßes Teilziel einer Regelung wie das Bestreben, in der Implementierungsphase möglichst wenig Emissionsbefugnisse zu eliminieren, Maßstab der Geeignetheit sein. Bedenken gegen die Eignung der Versteigerungslösung bestehen damit nicht. 252

s. § 2 A. I. 2. a) aa) (2). Vgl. § 2 A. I. 2. a) aa) (3). 249 So Becker-Neetz. Rechtliche Probleme. S. 149. 250 BVerfGE 30, 292(316); 68, 193(219); 70, 1(30). 251 Lange. VerwArch 82(1991), 23 m. w. N. 252 Anders Becker-Neetz. Rechtliche Probleme, S. 149, der systematisch verfehlt bei der Prüfung der Geeignetheit auf Elemente der Eingriffsintensität abstellt. 247

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(3) Erforderlichkeit des Eingriffs

Damit stellt sich die Frage der Erforderlichkeit der Versteigerungslösung, die dann zu bejahen wäre, wenn kein milderer Eingriff ersichtlich ist, der zur Zweckerreichung in gleicher Weise geeignet ist. 253 Das Erstzuteilungsverfahren nach dem Grandfathering-Prinzip kompensiert den Entzug der Eigentumsrechte zum Großteil durch die Neuzuteilung unentgeltlicher Rechte, so daß dieser Verteilungsschlüssel weniger stark in die Rechte der Marktteilnehmer eingreift als eine Versteigerung und damit ein milderes Mittel darstellt. Die Gratisvergabe müßte aber auch, um verfassungsrechtlich erforderliche Alternative zu sein, zur Erreichung des Regelungszwecks ebenso geeignet sein wie eine kostenpflichtige. Die sachliche Gleichwertigkeit zur Zielerreichung muß dazu bei dem als Alternative vorgeschlagenen geringeren Eingriff in jeder Hinsicht eindeutig feststehen?54 Das Modell der Gratisvergabe gewährleistet den gleichen Erfolg also nicht, wenn der Lenkungszweck bei diesem Modell mit weniger großer Wahrscheinlichkeit einträte als bei einer Anfangsversteigerung. Indem die Marktteilnehmer bei einer Auktionierung die Rechte bereits nachfrageabhängig erwerben, kann sich bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ein Preis für Emissionszertifikate bilden. Hingegen vollzieht sich die Preisbildung bei einer kostenlosen Vergabe erst später und langsamer255 , so daß sie zur Zielerreichung in der Regel weniger gut geeignet ist als eine Versteigerung der Rechte. 256 Dies gilt jedoch nicht für die bereits angesprochene Variation des Versteigerungsmodells, nach der die Lizenzzuteilung zunächst, wie bei der Gratisvergabe auch, nach einem bestimmten Schlüssel erfolgt und anschließend die Verpflichtung zur Entrichtung eines von der Anzahl der Lizenzen abhängigen Entgelts begründet. 257 Da die Verteilung in diesen Fällen entsprechend dem festgelegten Zuteilungsschlüssel erfolgt, bewirkt die Vergabe selbst keine sonstigen Dazu schon unter § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b) (bb). BVerfGE 25, 1(19 f.); 30, 292(319). 255 Koschel/Brockmann/Schmidt/Stronzik/Bergmann, Handelbare SOrZertifikate, S. 63. Dazu auch schon: § 2 A. I. 2. a) aa). 256 Die sich nach einer Gratisvergabe nur schleppend entwickelnde Marktdynamik ist auch ein wesentlicher Grund dafür, daß diese Fonn der Markteinführung von Umweltzertifikaten von einigen Ökonomen abgelehnt wird, vgl. ausführlich Scheelhaase, Zertifikate, S. 233. Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 145 lehnen dagegen das Grandfathering im Rahmen ihrer konkreten Modellvorschläge einerseits wegen des zu großen Emittentenkreises (für NO x , das nach ihrem Konzept eine Einbeziehung aller Klein(st)emittenten erfordert, S. 239 f.), andererseits wegen der nicht möglichen Quantifizierung der bisherigen Emissionsberechtigungen (für CO2 , das keinen ordnungsrechtlichen Beschränkungen unterliegt, S. 102) ab. 257 § 2 A. I. 2. a) bb). 253

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allokatorischen Effekte. Somit sind auch solche Regelungen grundsätzlich nicht besser geeignet als die Gratisvergabe. Wegen des verminderten Eingriffscharakters der kostenfreien Zuteilung ist eine solche gegen Entgelt erfolgende Zuteilung, die den Marktakteuren die Anzahl der zu erwerbenden Lizenzen vorschreibt, nicht erforderlich und damit verfassungswidrig. Dem steht auch nicht der Grundsatz entgegen, daß im Rahmen der Erforderlichkeit das alternative Mittel nicht zu einer unangemessen höheren finanziellen Belastung des Staats führen darf?58 Eine Gratisvergabe der Rechte führt nämlich nicht zu zusätzlichen Kosten; vielmehr entgeht dem Staat dabei nur die Möglichkeit, mit einer Auktionierung der Emissionslizenzen Mehreinnahmen zu erzielen. 259 Eine Versteigerung der Zertifikate ist daher nur dann, wenn alle Rechte neu erworben werden müssen, gegenüber einer Gratisvergabe zur Implementierung eines Zertifikatmarktes besser geeignet und damit eine erforderliche staatliche Maßnahme. 26o (4) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne Die Zulässigkeit einer Versteigerungslösung hängt also davon ab, ob sie verhältnismäßig im engeren Sinne (angemessen) ist. Hierfür muß ein ausgewogenes und abgewogenes Verhältnis zwischen Eingriffsschaden bzw. -folgen und Eingriffsnutzen bestehen; der Eingriff muß für den betroffenen Grundrechtsinhaber zumutbar sein. 261 Grundsätzlich steht es dem Gesetzgeber frei, bisher eingeräumte Befugnisse zu beseitigen oder zu beschränken, wenn sich eine Reform als notwendig erweist. 262 Der ersatzlose Entzug von Rechten ist dabei aber nur unter besonderen Voraussetzungen möglich. 263 Das bloße Bedürfnis nach Rechtseinheit im Zuge einer Neuregelung reicht hierfür nicht aus?64 An das gesetzgeberische Anliegen stellt das Bundesverfassungsgericht im Falle eines Entzugs bereits gewährter Rechtspositionen hohe Anforderungen: "Die Gründe des öffentlichen Interesses, die für einen solchen Eingriff sprechen, müssen so schwerwiegend sein, daß sie Vorrang haben vor dem Vertrauen des BVerfGE 77,84(110 f.); 81, 70(91 f.). Zur finanzverfassungsrechtlichen Problematik hinsichtlich der Auktionserlöse, s. § 3. 260 A. A. Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 149 f., der die Versteigerungslösung bereits für nicht erforderlich hält, was aber wohl darauf zurückzuführen ist, daß er das Erfordernis des gleich wirksamen Mittels nicht prüft. 261 s. zum ganzen auch schon § 2 A. I. 2. a) aa) (5). 262 Vgl. nur BVerfGE 78, 58(75). 263 BVerfGE 78, 58(75); 83, 201(213). 264 BVerfGE 83, 201(213). 258

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Bürgers auf den Fortbestand seines Rechts, das durch die Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG gesichert wird( ... ). Auch das Ausmaß des zulässigen Eingriffs hängt vom Gewicht des dahinterstehenden öffentlichen Interesses ab.,,265

Zwar gibt es im Immissionsschutzrecht im Gegensatz zum Baurecht keinen Grundsatz, daß dem Antragsteller eingeräumte Rechtspositionen trotz Rechtsänderungen im allgemeinen zu belassen oder nur gegen Entschädigung zu entziehen seien?66 Die Versteigerungslösung führt aber für Altemittenten zum Entzug sämtlicher Emissionsrechte und stellt damit einen erheblichen Eingriff in deren eigentumsrechtlichen Bestand dar. Auch erfolgt bei einer Auktionierung der Rechte kein Ausgleich in Form einer Neugewährung von Rechten wie beim Grandfathering-Verfahren; es bleibt lediglich die Möglichkeit, neue Emissionsrechte kostenpflichtig zu ersteigern. Dieser ersatzlose Entzug von Rechten wirkt wie eine Enteignung gemäß Art. 14 Abs. 3 GG, wird aber, weil die zugrundeliegenden Regelungen als Inhalts- und Schrankenregelung i. S. von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zu bewerten wären, nicht wie eine solche behandelt. 267 Dem enteignungsähnlichen Charakter wird aber auf der Abwägungsebene dadurch Rechnung getragen, daß das in Art. 14 Abs. 3 GG zum Ausdruck kommende Gewicht des Eigentumsschutzes in besonderer Weise beachtet werden muß. 268 Das dringende gesetzgeberische Anliegen, das zur Rechtfertigung der Versteigerungslösung somit vonnöten ist, könnte in den Bestrebungen gesehen werden, Umweltschutz nicht nur effektiver, sondern auch effizienter zu gestalten. Dem steht die Überlegung gegenüber, daß eine Implementierung dieses marktwirtschaftlichen Instruments auch ohne den ersatzlosen Totalentzug bisheriger Emissionsrechte im Rahmen einer kostenlosen Neuverteilung möglich ist. Diese Alternative ist zwar weniger effektiv als die Anfangsversteigerung 269 , das Ingangsetzen des Zertifikatmarktes wird dadurch aber nicht gefährdet. Die ökonomischen Mechanismen entfalten auch bei einer kostenlosen Zuteilung ihre Wirkung, auch wenn dies langsamer geschieht als bei einer Auktionierung der Rechte?70 Eine Notwendigkeit, zur Implementierung des Lizenzmarktes alle bereits gewährten Rechte ersatzlos zu entziehen, besteht folglich auch nicht. Die Versteigerungslösung in ihrer reinen Form bedeutet demnach eine einseitige Benachteiligung der Altbetreiber und verletzt diese grundsätzlich in unangemessener Weise in ihrem Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG?71 265 266 267 268

BVerfGE 83, 201(212). BVerwGE 65, 313(317). Dazu bereits § 2 A. 1. 1. BVerfGE 83, 201(212 f.); NJW 1998, 367(368); dazu auch schon § 2 A. 1. 1.

a) bb) (5). 269 s. soeben (3). 270 Statt vieler: Scheeihaase, Zertifikate, S. 233.

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(a) Abmilderung des Eingriffs durch Übergangsregelungen Eine andere Beurteilung ist nur dann - wie sich bereits bei der Untersuchung des Grandfathering-Modells zeigte - möglich, wenn der Gesetzgeber den Eingriff abmildert. Auch wenn dem Eigentümer Rechte restlos entzogen werden, können Übergangs- und Entschädigungsregelungen die Verfassungsmäßigkeit des Eingriffs wiederherstellen. 272 Ob und in welchem Umfang eine Übergangsregelung notwendig ist, hängt von einer Abwägung zwischen dem Maß des Vertrauensschadens und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für die Allgemeinheit ab. 273 Je nach Ausgestaltung kann eine Übergangsregelung dazu führen, daß auch schwerwiegende, ohne finanziellen Ausgleich ergehende Eigentumsbeeinträchtigungen zulässig sind. 274 Zweifellos verfassungsgemäß wäre eine Regelung, die erst dann in Kraft träte, wenn sich die mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung verliehenen Rechte amortisiert haben. 275 Ein solcher Zeitpunkt läßt sich indessen nur für jede Anlage einzeln unter Berücksichtigung ihres Alters und ihrer Rentabilität festlegen. Die Festlegung des Übergangszeitraums wird somit durch die Vielgestaltigkeit der Marktverhältnisse erheblich erschwert. Da der Handel mit Emissionsrechten die Einbeziehung möglichst vieler Emittenten erfordert und damit eine einheitliche Übergangsfrist angestrebt werden sollte276, müßte sich diese konsequenterweise an den schutzwürdigsten Altemittenten orientieren. Bei großzügiger Berücksichtigung der Betreiberinteressen wäre dabei schätzungsweise mit einem Übergangszeitraum von mindestens fünfzehn Jahren zu rechnen?77 Es ist jedoch nicht erforderlich, in einem so weitreichenden Maße auf untemehmerische Interessen Rücksicht zu nehmen. Vielmehr beurteilt sich die Verfassungsmäßigkeit des staatlichen Eingriffs nach einem typisierenden Maßstab. 278 Damit genügt eine Übergangsfrist, die nicht jedem, son271 Im Ergebnis auch Wasmeier, NuR 1992, 222: "kaum haltbar". Rehbinder (Umweltlizenzen, S. 108) hält Forderungen nach einer Anfangsversteigerung für "naiv", ohne sie rechtlich näher zu bewerten; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 151 (dazu schon Fn. 410) u. 153; Blankenagel, Umweltzertifikate, 88. 272 BVerfGE 83, 210(213); ausführlich dazu bereits oben § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b). 273 BVerfGE 70, 101(114). 274 BVerfGE 53, 336(351); 58, 300(351 f.); 71, 137(144). 275 s. soeben unter (2) und § 2 A. I. 2. a). Zur Amortisation als Beurteilungskriterium im Rahmen eines Eigentumseingriffs gemäß Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG s. auch Roller, ZUR 1999,249 m.w.N. 276 s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (a) (aa). 277 In der Diskussion zum Ausstieg aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie reichen die Vorschläge beispielsweise von 25 Jahren Gesamtbetriebsdauer (Roller, ZUR 1999, 249) bis zu 40 Jahren (Schmidt-Preuß, NJW 1995,989).

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dem nur einem typischen Unternehmer jedenfalls die Möglichkeit der Amortisation seiner Aufwendungen einräumt. Auf den konkreten Nachweis der vollständigen Amortisation aller Investitionen, die sich bei einigen Anlagen möglicherweise nie einstellen wird, kommt es nicht an. Ein solch strenges Erfordernis könnte allenfalls bei einer entschädigungs- und übergangslosen Entziehung des gesamten Eigentums an den Produktionsmitteln oder bei einer sonstigen völligen Entwertung der Betriebserlaubnis in Betracht gezogen werden. Zu dieser Frage bietet insbesondere die Diskussion um die rechtlichen Möglichkeiten eines "Ausstiegs" aus der friedlichen Nutzung der Kernenergie reichhaltiges Materia1. 279 Bei dem Einsatz von Umweltzertifikaten geht es hingegen lediglich um die Verteuerung eines einzigen Produktionsfaktors. Zwar ist die Emission bestimmter Schadstoffe für den Betrieb der meisten Anlagen eine notwendige Bedingung, ihre Bedeutung kann allerdings keineswegs mit dem Wert sämtlicher Anlageninvestitionen gleichgesetzt werden. Zu berücksichtigen ist überdies, daß die unter dem Regime des Ordnungsrechts bestehenden Emissionsbefugnisse nicht frei, sondern vielfältigen Beschränkungen unterworfen sind. In diesem Zusammenhang wurde bereits darauf hingewiesen, daß nur ein eingeschränktes Vertrauen in den Fortbestand dieser Rechtsposition besteht und der Schutzbereich dieses Grundrechts wegen der laufenden Betreiberpflichten "dynamisiert" ist. 28o Daher ist der die Länge der Übergangsfrist bestimmende verfassungsrechtliche Schutz der Betreiberbefugnisse eher als gering einzustufen; stetige Veränderungen der Eigentümerbefugnisse prägen bereits die ordnungsrechtlichen Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes. Wegen der mit dem Emissionshandel verbundenen Besonderheiten, die erhebliche Vorbereitungen seitens der Unternehmen und einen beträchtlichen staatlichen Organisationsaufwand erfordern, wird die Übergangsphase vom gegenwärtigen System bis hin zu einer kostenpflichtigen Vergabe der Emissionsrechte zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ohnehin mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Derartige Umgestaltungen der Inhaberbefugnisse sind in der Vergangenheit schon des öfteren erfolgt. Vergleichbar mit der Einführung von Emissionsrechten ist insbesondere der Entzug von Nutzungsrechten am Grundwasser. Hierfür sah der Gesetzgeber in der Vorschrift des § 17 Abs. 1 WHG a. F?81, die in der in dieser Arbeit schon häufig herangezogenen "Naßauskiesungsentscheidung" Gegenstand verfas§ 2 A. I. 2. a) und später noch § 2 B. 11. 4. b). Aus dem reichhaltigen Schrifttum: Roller, ZUR 1999, 249; Schmidt-Preuß, NJW 1995, 989; Ossenbühl, AöR 124(1999), 5 ff., 35 ff.; StüerlLoges, NVwZ 2000, 12 ff.; Böhm, NuR 1999, 662. 280 § 2 A. I. 1. a) bb). 281 I.d.F. v. 16. 10. 1976 (BGBI. I, S. 3017). 278

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sungsrechtlicher Prüfung war, eine - mittlerweile längst obsolete - Überleitungsfrist von fünf Jahren vor. Das Bundesverfassungsgericht hielt diesen Zeitraum für ausreichend lang?82 An dieser Vorgabe wird man sich auch bei der Einführung eines Lizenzmarktes zu orientieren haben. Diese Grundsätze gelten im übrigen auch bei Lizenzmarktvariationen, die zeitlich begrenzte Emissionsrechte vorsehen; insbesondere wenn Lizenzen zunächst kostenlos verteilt werden, nach Ablauf der Geltungsdauer aber erworben werden müssen?83 Nach Erlöschen der Nutzungsberechtigung stellt sich die Situation für den einzelnen Emittenten genau so dar wie bei einem Versteigerungsverfahren. Dem Zeitraum, für dessen Dauer die Lizenzen kostenlos zugeteilt sind, kommt hierbei also die legitimierende Wirkung einer Übergangsregelung zu. (b) Gewährung von Entschädigungszahlungen Eine weitere Möglichkeit, die Eingriffsschwere der Maßnahme zu mildem, liegt in der Gewährung von Entschädigungszahlungen. An dieser Vorgehensweise wurde schon bemängelt, daß die damit verbundenen Zahlungen einerseits beträchtliche Höhen erreichen können und andererseits systemfremd sowie politisch meist inakzeptabel sind. 284 Bei einer kostenpflichtigen Versteigerung der Rechte wären die Ausgleichsleistungen wegen des kompensationslosen Entzugs der Rechte noch wesentlich höher anzusetzen als im Rahmen einer Gratisvergabe. Allerdings könnten die Auktionserlöse zur Deckung der Entschädigungsverpflichtungen verwendet werden. (5) Zwischenergebnis

Die Gestaltung eines Zertifikatmarktes in der Weise, daß Emissionsrechte in der Implementierungsphase versteigert werden, verstößt grundsätzlich gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und ist damit in ihrer reinen Form verfassungswidrig. 285 Etwas anderes gilt nur, wenn der Gesetzgeber für den 282 BVerfGE 58, 300(352). Hinzu kam bei dem dort zu entscheidenden Sachverhalt allerdings, daß die infragestehende erste Fassung des WHG erst zweieinhalb Jahre nach der Verkündung in Kraft trat (beschlossen am 27. 7. 1957 (BGBI. I, S. 1110), in Kraft getreten am I. 3. 1960 (BGBI. I, S. 37». Nimmt man den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Antrag hinzu, ergab sich damit ein Fortbestehen der Rechte für 17 Jahre (so auch BVerfG, aaO., S. 352)! 283 Zu den Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich der Geltungsdauer der Lizenzen s. § I E. III. 284 s. § 2 A. I. 2. a) aa) (b) (bb). 285 I. E. auch Rehbinder, Kompensationen, S. 76 (allerdings ohne Begründung); Manssen, UTR 36(1996), 143 ff., 149 und Becker-Neetz, Rechtliche Probleme,

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Systemwechsel vom ordnungsrechtlichen zum marktwirtschaftlichen Instrumentarium - gegebenenfalls auch miteinander kombiniert - abmildernde Maßnahmen wie ausreichend bemessene Übergangsfristen und Entschädigungszahlungen vorsieht. cc) Emissionsreduzierung durch Abwertungsklausel

Die Zertifizierung der Emissionsrechte wandelt diese bloß qualitativ in Berechtigungsscheine um, eine (quantitative) Änderung der Gesamtemissionsmenge ergibt sich jedoch solange nicht, wie alle umlaufenden Lizenzen genutzt werden. Die bloße Eröffnung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte genügt also nicht, um eine Verbesserung der Umweltqualität herbeizuführen?86 Der Gesetzgeber ist im Gegenteil unter bestimmten Umständen sogar verfassungsrechtlich verpflichtet, zusätzliche Emissionsberechtigungen durch Zuteilung von Sonderlizenzen zu schaffen. 287 Die erwünschte Reduzierung der Gesamtemissionsmenge kann durch eine "Abwertung" der Lizenzen, also eine Minderung der in ihnen verbrieften Emissionsrechte um einen bestimmten Betrag, erfolgen. 288 (1) Regelmäßig stattfindende Abwertungen

Eine regelmäßige Kapazitätsverknappung durch feste Abwertungsklauseln erfolgt dadurch, daß alle Zertifikate nach Ablauf eines vorher festgelegten Zeitraums, beispielsweise am Ende eines jeden' Jahres, automatisch um einen bestimmten Prozentsatz ihres Nennwertes abgewertet werden?89 Diese Vorgehensweise weist mehrere Vorteile auf: Zunächst wird die GeS. 150, der aber im Anschluß daran die Frage aufwirft, ob die Versteigerung nicht als Enteignung zulässig wäre (aaO., Fn. 202). Dabei übersieht er, daß die Umgestaltung der Eigentumsposition durch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung erfolgt (s. § 2 A. I. 1. a) bb) (1». Auch erörtert er - wohl infolge dieser unzutreffenden eigentumsrechtlichen Beurteilung - nicht die Möglichkeit, die Verfassungsmäßigkeit durch Kompensationsmaßnahmen (wieder-)herzustellen. 286 Ob eine (periodische) Abwertung sogar aus Vorsorgegesichtspunkten (dazu sub (c) (bb» verfassungsrechtlich geboten ist (so offenbar Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 112), wird sich zwar bei entsprechender Zumutbarkeit und Gebotenheit der Emissionsreduktion in vielen Situationen bejahen lassen, hängt aber stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Auch aus Art. 14, 20a GG (so BeckerNeetz, Rechtliche Probleme, S. 93 f.; StüerlSpreen, UPR 1999, 163) oder gar dem "Sozialstaatsgebot in Verbindung mit dem Menschenwürdepostulat" (Becker-Neetz, aaO., S. 93) läßt sich angesichts des weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums und der Vielzahl der Problemkonstellationen eine generelle staatliche (N ormerlaß-)Verpflichtung zur permanenten Abwertung nicht herleiten. 287 s.a. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b) (cc). 288 Vgl. § 1 E. IV.

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samtemissionsmenge auf diese Weise verläßlich und kontinuierlich reduziert. Weil der Zeitpunkt der Abwertungen von vornherein bekannt ist, wird die Planungssicherheit der Produzenten nicht wesentlich beeinträchtigt und der zusätzliche Verwaltungsaufwand gering gehalten. Die Festlegung einer Abwertungsrate führt dazu, daß die zugeteilten Lizenzen von vornherein kontinuierlich an Wert verlieren, also "labil" sind. Die Ausstattung der Zertifikate mit einer Abwertungsklausel führt daher gleichsam als Minderung des Emissionswertes zu einer (zusätzlichen) Belastung der Altemittenten, welches als Eingriff in ein vermögenswertes Recht der Marktteilnehmer290 auf der Abwägungsebene zu berücksichtigen und gesondert zu rechtfertigen iSt. 291 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt einem Abwertungssystem demnach verfassungsrechtliche Grenzen. 292 (a) Eignung einer Abwertungsklausel Zunächst müßte die Implementierung eines Abwertungssystems als verhältnismäßige Inhaltsbestimmung des Eigentums zu bewerten sein. Der Abwertungsmechanismus verfolgt durch die Verknappung der "Gütermenge" und die Verringerung des Angebots zwar auch spezifische umweltökonomische Zwecke; in erster Linie dient er jedoch der Reduzierung der Gesamtemissionsmenge, also dem Belang eines effektiveren Umweltschutzes. Die Abwertung reduziert die Berechtigungen und eignet sich damit zur Erreichung dieser Ziele. 289 Scheelhaase, Zertifikate, S. 216; Cansier, Umweltökonomie, S. 193. Auf einem mit dem Abwertungsmechanismus vergleichbaren Prinzip beruht eine periodische Neuverteilung von Lizenzen, die jeweils um einen bestimmten Minderungsfaktor reduziert werden (vgl. vor allem § 1 E. III.). Da die Auswirkungen auf die Betreiber in gleichem Maße von dem Minderungsfaktor bzw. der Abwertungsrate abhängen, ergeben sich keine wesentlichen Unterschiede bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung. Die Ausführungen im Haupttext zur Abwertungsproblematik gelten folglich für die betreffende Modellausgestaltung entsprechend. 290 Dazu auch Kloepfer, Rechtsstaatliche Probleme ökonomischer Instrumente, S. 249, der auch zutreffend darauf hinweist, daß die Abwertung damit dem Vorbehalt des Gesetzes unterliege und einer gesetzlichen Grundlage bedürfe. 291 Etwas abweichend Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 127: die Abwertung sei eine "politisch herbeigeführte Verknappung, die deshalb eine Verantwortung des Staates für die Verteilung von Marktchancen nach Maßgabe des Übermaßverbots" begründe. 292 Wenn tatsächlich ein solches Gesetz vorläge, müßte die Untersuchung der Verfassungsmäßigkeit der Zertifizierung an sich und der bereits in dem Gesetz festgelegten Abwertungsrate freilich in einer zusammenfassenden Betrachtung erfolgen. Im Rahmen dieser Untersuchung erfolgt die Prüfung getrennt, um der Übersichtlichkeit halber feststellen zu können, welche zusätzlichen Belastungen von einem Abwertungsmechanismus ausgehen und wie diese - pars pro toto - verfassungsrechtlich zu beurteilen sind.

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(b) Erforderlichkeit einer Abwertungsklausel Eine Kapazitätsverknappung ist erforderlich, wenn es keine milderen Maßnahmen gibt, die zur Erreichung der umweltpolitischen Ziele in gleichem Maße geeignet sind. Es muß sich also um - gleich wirksame - Maßnahmen handeln, die auf irgendeine Weise zur Reduzierung der Lizenzgesamtmenge beitragen können. Die bei der Stillegung von Anlagen "frei werdenden", also nicht mehr genutzten Lizenzen könnten - anstelle des Abwertungssystems - seitens des Staats eingezogen werden, um die Menge der auf dem Markt verfügbaren Lizenzen stetig zu verringern. 293 Gegen diese Konzeption sprechen allerdings schon praktische Schwierigkeiten. Der ökonomischen Vernunft folgend wird ein Anlagenbetreiber, der beabsichtigt, seine Anlage stillzulegen, sämtliche Lizenzen bereits vor der Betriebseinstellung verkaufen, um sie sich nicht anschließend ersatzlos entziehen lassen zu müssen. Zwar könnte ein solches Vorgehen durch entsprechende Regelungen untersagt werden, allerdings dürfte den zuständigen Behörden der Nachweis des Willens zur Betriebsaufgabe im Einzelfall schwerfallen; auch wären zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten seitens der Emittenten denkbar. Überdies widerspricht der Ansatz der Systemlogik: Ein Handel mit Emissionsrechten soll gerade Anreize setzen, stark verschmutzende Anlagen, also insbesondere solche mit veralteter Technologie, freiwillig stillzulegen und nicht mehr benötigte Zertifikate zu verkaufen. 294 Bei einern entschädigungslosen Entzug solcher Lizenzen 295 werden die Betreiber derartiger Anlagen jedoch von einer Einstellung des Anlagenbetriebs abgehalten, wenn sie nicht des monetären Gegenwertes der - aus der veralteten Technik folgenden entsprechend hohen Anzahl - Emissionsberechtigungen verlustig gehen wollen. Hinzu kommt als weiterer Nachteil, daß die Stillegung von Anlagen nicht exakt prognostizierbar ist und die Gesamtemissionsmenge damit im Gegensatz zum Abwertungsinstrumentarium nicht mehr präzise gesteuert werden kann. Eine Einziehung nicht genutzter Lizenzen ist daher bereits ein untaugliches Instrument und kommt als Alternative einer Kapazitätsverknappung nicht in Betracht. 296 293 Vgl. Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 154. Ähnlich KoscheliBrockmann/Schmidt/Stronzik/Bergmann, Handelbare SOz-Zertifikate, S. 64, die dafür plädieren, Zertifikate dadurch "variabel" zu befristen, indem die Geltungsdauer (allg. dazu § 1 E. 11.) der staatlicherseits veräußerten Emissionsberechtigung an die Abschreibungsdauer bzw. die Restlaufzeit der Anlage gekoppelt wird. 294 Siehe dazu § 1 B. 1. 295 Die Gewährung einer Entschädigung für den Lizenzentzug belastet den staatlichen Haushalt und ist daher nicht gleich effektiv. Außerdem treten dabei Probleme auf, die allgemein mit der Gewährung staatlicher Entschädigungen in Lizenzsystemen verbunden sind (s. § 2 A. 1. 2. a) aa) (5) (b) (bb) und bb) (4) (b».

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Anstelle einer Kapazitätsverknappung könnte der Staat im Rahmen einer sog. Offenmarktpolitik auch Zertifikate aufkaufen?97 Wegen des damit verbundenen erheblichen finanziellen Aufwands kommt diese Maßnahme, wenn sie in nennenswertem Umfang geschehen soll, nur bei einer anfanglichen Versteigerung der Rechte in Betracht. 298 Aber auch dort stößt der Aufkauf von Zertifikaten auf Grenzen. Der Finanzbedarf für den Lizenzerwerb könnte auf Dauer nicht von den lediglich einmalig anfallenden Versteigerungserlösen 299 getragen werden. Zudem würde entgegen dem Verursacherprinzip die Verpflichtung zur Verbesserung der Umweltsituation nur den Staat, nicht aber die Emittenten treffen. 3OO Eine vollwertige Alternative zur Abwertung der Emissionsrechte ist der staatliche Aufkauf von Zertifikaten damit nicht; sie kann allenfalls als ergänzende Maßnahme Berücksichtigung finden. Zweifel an der Erforderlichkeit eines Abwertungsmechanismus bestehen somit nicht. Auch wurden bislang, soweit ersichtlich, keine Alternativen zu einem Abwertungssystem vorgeschlagen. 301 (c) Angemessene Gestaltung eines Abwertungsmechanismus Der Abwertungsmechanismus müßte auch in angemessener Weise Eigentumsrechte der Altemittenten belasten. Es wurde bereits festgestellt, daß, sofern bestimmte Ausgleichsregelungen vorgesehen sind, von einer Abspaltung des Emissionsrechts aus dem Eigentum keine unangemessene Beeinträchtigung der Altemittenten ausgeht. Indem der Gesetzgeber in einem Lizenzgesetz eine Abwertungsklausel regelt, setzt er an die Stelle des Eigentums eine Berechtigung, die zunehmend an Umfang und Wert verliert. Die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit dieser Maßnahme beurteilt sich 296 Abweichend Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 154, der eine Stillegung "aus ökologischen Gründen" nicht für erforderlich hält, und Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 121, der eine Rückübertragungspflicht befürwortet, wenn für Neubetreiber der Marktzugang nicht möglich ist. Dazu noch unter § 2 A. 11. 1. c) aa). 297 Kemper, Umweltproblem, S. 53; SchmidtlSandner, in: Stengel/Wüstner, S. 84 f. 298 Kemper, Umweltproblem, S. 53. 299 Abgesehen von Sonderauktionen, die in der Regel nur geringere Erlöse einbringen werden. 300 Kemper, Umweltproblem, S. 53, berücksichtigt diesen Einwand nur hinsichtlich einer Offenmarktpolitik nach einer Gratisvergabe. Das Problem stellt sich indes in gleicher Weise bei einer Versteigerung der Lizenzen; der einmalige Erwerb der Lizenzen kann nicht die (dauerhafte) Verantwortlichkeit für umweltschädigendes Verhalten abgelten. 301 Daher wird bei der Erörterung des Lizenzmodells der Abwertungsmechanismus meist schon als notwendiger Bestandteil des Systems aufgefaßt, s. etwa Cansier, Umweltökonomie, S. 193; Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 303.

8 Mehrbrey

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wiederum danach, ob ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen der Privatnützigkeit des Eigentums und der Sozialbindung hergestellt wird. 302 Dabei ist auch in diesem Zusammenhang der Ausgangspunkt zu beachten, daß Grundstücksnutzungen, zu deren Aufnahme umfangreiche Investitionen notwendig waren, nicht ohne angemessene Überleitung beendet werden dürfen. 303 Ein verfassungsmäßiger Ausgleich wäre also dann nicht mehr gegeben, wenn die Abwertungsrate derart hoch gesetzt wird, daß die Betreiber weder durch technische Verbesserungen noch durch Erwerb der benötigten Zertifikate den Weiterbetrieb der Anlage sichern könnten. Die genaue Höhe einer verfassungsrechtlich noch als unbedenklich zu beurteilenden Abwertungsrate kann erst im Falle einer konkreten Systemverwirklichung zuverlässig bestimmt werden. Denn zum einen hängen die Möglichkeiten der Betreiber zur technischen Nachrüstung VOn den Innovationen im jeweiligen Techniksektor ab, zum anderen ist die Möglichkeit des Erwerbs zusätzlicher Zertifikate stets VOn den jeweiligen Marktverhältnissen geprägt. Daher kann es an dieser Stelle nur darum gehen, verfassungsrechtliche Eckwerte zu bestimmen, die der Gesetzgeber bzw. eine von ihm ermächtigte Institution bei der Bestimmung von Abwertungsraten für Emissionszertifikate zu berücksichtigen hat. Hierzu bedarf es zunächst einer knappen Darstellung der verfassungsrechtlichen Besonderheiten bei der Normierung von ungewissen, die Zukunft betreffenden Sachverhalten. (aa) Umfang und Maßstab der gerichtlichen Nachprüfbarkeit der gesetzgeberischen Prognoseentscheidung Insbesondere VOn der Preisentwicklung auf einem Zertifikatmarkt hängt es ab, in welchem Maße der Neuerwerb von Lizenzen für die betroffenen Altbetreiber zumutbar ist. Vor Ingangsetzen des Lizenzhandels läßt sich die Entwicklung der Lizenzpreise aber nicht sicher voraussagen, sondern nur prognostizieren. Die damit verbundenen Unsicherheiten erfordern es, dem Gesetzgeber bei der Gestaltung des Lizenzmarktes insoweit einen Prognosespielraum zuzubilligen, der einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Einschätzung der künftigen Tatsachenentwicklung muß bei solchen wirtschafts lenkenden Prognoseentscheidungen lediglich auf einer plausiblen und vertretbaren Ermittlung der vorgefundenen Anhaltspunkte, Erfahrungen und Einsichten beruhen?04 Soweit dennoch Unsicherheiten hinsichtlich der künftigen Entwicklung verbleiben, sind die Grenzen des Prognosespielraums gewahrt, wenn die gesetzliche Regelung Zum ganzen s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5). s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5). 304 BVerfGE 50, 290(332 f.); 57, 139(159); 62, 1(50); 90, 145(173); BVerwGE 64, 238 (242 ff.); Breuer, HStR VI, § 148 Rn. 18 m. w. N. 302 303

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zur Verwirklichung ihres Zwecks zumindest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit geeignet, erforderlich und verhältnismäßig erscheint. 305 Die Kontrolle dieser Prognoseentscheidungen durch die Gerichte darf nicht aus der ex-post-Perspektive auf der Basis der vervollkommneten Erfahrungen und Einsichten, sondern nur aus der ex-ante-Perspektive der gesetzgeberischen Entscheidung auf der unvollkommenen Basis der seinerzeit verfügbaren Erkenntnisse erfolgen. 306 Die Gerichte prüfen damit auf Grundlage des Erkenntnisstandes, der dem Normerlaß zugrunde liegt, nur, ob das Erreichen der Belastungsgrenze im Zeitpunkt des Normerlasses innerhalb der Modellwahrscheinlichkeit lag. Das Lizenzmodell wäre also gewissermaßen in einem Probelauf aufgrund umweltökonomischer Parameter daraufhin zu prüfen, welche noch zumutbaren Durchschnittspreise der Emissionshandel mit hinreichender Wahrscheinlichkeit hervorrufen wird. 307 Dabei wird nur eine offensichtliche Fehlkonzeption des Marktes zum Verdikt der Verfassungswidrigkeit führen können; dem Gesetzgeber steht also grundsätzlich ein weiter Prognosespielraum zu. Gleichwohl bleibt es nicht ohne verfassungsrechtliche Auswirkungen, wenn sich eine Prognose nachträglich durch neue Entwicklungen und Erkenntnisse als fehlerhaft herausstellt. In solchen Fällen ist die Legislative verpflichtet, die entsprechenden Vorschriften den geänderten Bedingungen entsprechend anzupassen oder sie aufzuheben. 308 Denn die in Art. 20 Abs. 3 GG festgeschriebene Bindung des Gesetzgebers an die verfassungsmäßige Ordnung umfaßt auch die Verantwortung dafür, daß bereits erlassene Gesetze in Übereinstimmung mit dem Grundgesetz bleiben?09 Diese Nachbesserungspflicht aktualisiert sich grundsätzlich erst dann, wenn die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes im Laufe der Zeit erkannt oder jedenfalls deutlich erkennbar geworden ist. 310 Unterbleibt dann eine Nachbesserung des Gesetzes im erforderlichen Umfang, kann es als verfassungswidrig beurteilt werden?ll Eine der Nachbesserungspflicht zeitlich vorgelagerte verfassungsrechtliche ständige Beobachtungspflicht trifft den Gesetzgeber hingegen, wenn hohe verfassungsrechtliche Schutzgüter betroffen sind. Dann muß er fortwährend überprüfen, wie sich sein gesetzliches Schutzkonzept in Breuer, aaO., § 148 Rn. 18; Degenhart, Staatsrecht, Rn. 328. BVerfGE 25, 1(13, 17); Breuer, in: HStR VI, § 148 Rn. 17 a.E.; abweichend Kloepfer, NJW 1971, 1585 ff.: Die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes werde nicht durch den Glauben an die Verfassungsmäßigkeit ersetzt. 307 Vgl. als Beispiel für solche Simulationsläufe Conrad/Wang, COTZertifikate, S. 83 ff. (betr. COTLizenzen) und Coggins/Swinton, JEEM 1996, 58 ff. 308 BVerfGE 25, 1(13); 50, 290(335); 57, 139(162 f.). 309 BVerfGE 15, 337(350); 88, 203(310). 310 BVerfGE 16, 130(142); 88, 203(310). 311 Breuer, in: HStR VI, § 148 Rn. 19. 305

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der gesellschaftlichen Wirklichkeit auswirkt und die für die Beurteilung der Wirkungen des Gesetzes erforderlichen Daten planmäßig erheben, sammeln und auswerten. 312 Diese zusätzliche dauerhafte Beobachtungspflicht wird den Gesetzgeber nach Verwirklichung eines Zertifikatmarktes insbesondere dann treffen, wenn gesundheits gefährdende Schadstoffe lizenziert worden sind, deren Emission die körperliche Unversehrtheit der Grundrechtsträger (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG) erheblich verletzen kann. Nachdem damit die Determinanten der gesetzgeberischen Prognosekontrolle geklärt sind, kann sich die Untersuchung wieder der Frage der angemessenen inhaltlichen Gestaltung eines Abwertungsmechanismus zuwenden. Hier ist von besonderem Interesse, ob sich die Kapazitätsverknappung an bestimmten Richtwerten orientieren kann oder sogar muß. (bb) Verpflichtung zur Beachtung des Standes der Technik? Die Abwertung mindert den Wert jeder Lizenz in gleicher Weise und ist damit notwendigerweise ein generalisierender Maßstab. Individualbelange können bei der Kapazitätsverknappung keine Berücksichtigung finden. Insofern besteht ein wesentlicher Unterschied zum geltenden Recht, das konkrete Verpflichtungen zur Schadstoffminderung im Rahmen des Standes der Technik vorrangig durch Einzelrnaßnahmen festlegt - insbesondere durch nachträgliche Anordnungen - und überdies zu einer Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme im Einzelfall verpflichtet (§ 17 Abs. 2 S. 1 BImSchG).313 Bei dem sich automatisch vollziehenden Entwertungsmechanismus eines Abwertungssystems wird hingegen weder auf den Stand der Technik noch auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Marktteilnehmer Rücksicht genommen. Insoweit wird das in § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG verankerte Vorsorgeprinzipaußer Kraft gesetzt. 314 Diese teilweise Abkehr vom gegenwärtigen Immissionsschutzrecht hat insbesondere Folgen, wenn sich der technische Fortschritt in geringerem Maße weiterentwickelt als zum Zeitpunkt der Festlegung der Abwertungsrate: An die Anlagenbetreiber würden in diesem Fall Anforderungen der BVerfGE 88, 203(310) - Schutz des ungeborenen Lebens. Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 169 ff.; Rehbinder, Umwe1tlizenzen, S. 127. Für viele Schadstoffe sehen die Verordnungen zur Durchführung des BImSchG und die TA Luft (besonders in den Nm. 2. 2. I. 4 i.V.m. Abschnitt 3.13.2) verbindliche Emissionswerte vor, die das Vorsorgegebot der §§ 5 Abs. I Nr. 2, 17 Abs. I S. I BImSchG konkretisieren (dazu - insbesondere zum verfassungsrechtlichen Zusammenhang - schon unter § 2 A. I. I. a) bb) (2) (c) und 2. a) aa) (I) (a)). Der daneben verbleibende behördliche Spielraum zur Konkretisierung der Verhaltensgebote würde durch ein Abwertungssystem beseitigt. 314 Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 72 ff.; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 111 ff. Siehe auch schon § 2 A. I. 2. a) aa) (I) (a). 312

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Emissionsbegrenzung gestellt, die sie aus technischer Sicht auf Dauer nicht erfüllen könnten. Die in einem Lizenzsystem bestehende Wahlmöglichkeit, entweder Berechtigungen zu erwerben oder Nachrüstungsmaßnahmen vorzunehmen, liefe damit ins Leere. Die Folge wäre eine starke Zertifikatnachfrage am Markt, gefolgt von einem entsprechenden Preisanstieg. Marktteilnehmer, die infolge der gestiegenen Preise wirtschaftlich nicht mehr in der Lage wären, Zertifikate zu erwerben, müßten die Emissionsfrachten und damit ihre Produktionsleistung reduzieren und wirtschaftliche Verluste hinnehmen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber verpflichtet ist, die Abwertungsrate an jenem - jeweils zu prognostizierenden - Wert zu orientieren, der zur Emissionsreduzierung nach dem geltenden Vorsorgeprinzip unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zulässig wäre. 315 Verfassungsrechtlich zwingend wäre eine solche Begrenzung der Gesamtemissionsmenge durch das Vorsorgeprinzip allenfalls dann, wenn die gegenwärtige Ausgestaltung des Bundesimmissionsschutzgesetzes die Grenze des verfassungsrechtlich Möglichen bedeutete. Jede über dieses Maß hinausgehende Reduzierungspflicht müßte also, wenn die vorgenannte Abwertungsrate geboten wäre, notwendig verfassungswidrig sein. Indes ist bereits zweifelhaft, ob das Vorsorgeprinzip überhaupt verfassungsrechtlich verankert ist und ob es konkrete Gestaltungsvorgaben zu liefern vermag. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre ein solcher Verfassungsgrundsatz nicht ohne weiteres mit dem in § 5 Abs. 1 BImSchG normierten Vorsorgeprinzip deckungsgleich?16 Vielmehr bestimmen sich die (äußersten) Grenzen der gesetz- bzw. verordnungsgeberischen Gestaltungsbefugnis durch das zentrale Verfassungsprinzip des Übermaß verbots. Emissionsminderungsmaßnahmen sind daher allein daraufhin zu untersuchen, ob sie in ihrer konkreten Ausprägung verhältnismäßig sind und nicht, ob sie allgemeinen Umweltprinzipien wie dem Vorsorgeprinzip entsprechen, welche ihrerseits am Verhältnismäßigkeitsprinzip zu messen sind. Die Befugnis, die derzeit verbindlichen Emissionsrichtwerte zu verschärfen, bestimmt sich somit - wie sonst im Rahmen der Angemessenheit auch 317 - in erster Linie nach der konkreten Belastungsintensität, die mit 315 So Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 126 f. und Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 172 ff. 316 Vgl. etwa Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 69; Waechter, NuR 1996, 325 ff., 327; allg. Kloepfer, Umweltrecht, § 4 Rn. 5. Das umweltpolitische Vorsorgeprinzip ist auch in Art. 174 Abs. 2 EGV gemeinschaftsrechtlich verankert. 317 s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) und soeben (aa). Die Abwertung ist, worauf schon hingewiesen wurde, ebenso wie die Neuzuteilung eine staatliche Maßnahme, die im Einzelfall besondere Härten hervorrufen kann.

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der Maßnahme verbunden ist. Welche Emissionsvermeideanstrengungen zumutbar und möglich sind, kann ohnehin nur für jeden konkreten Anwendungsfall, bezogen auf einen bestimmten zertifizierten Schadstoff, gesondert geklärt werden. Nimmt man dabei die gegenwärtige Ausgestaltung des Vorsorgeprinzips im BImSchG, das den Betreibern genehmigungsbedürftiger Anlagen die Verpflichtung auferlegt, dem "Stand der Technik entsprechende Maßnahmen zur Emissionsbegrenzung" zu treffen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG), zum Maßstab, erkennt man, daß es eine stetige "Entwertung" der Befugnis zur Schadstoffemission schon enthält. Die Koppelung der Abwertungsrate an die hypothetische Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse unter dem herkömmlichen Ordnungsrecht - sowohl was den Stand der Technik als auch die im Rahmen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu berücksichtigenden wirtschaftlichen Verhältnisse der Anlagenbetreiber318 betrifft würde damit die derzeitigen Emissionsminderungsvorgaben nicht verschärfen und dadurch die Rechtspositionen der Altbetreiber nicht erneut belasten?19 Die Orientierung am Stand der Technik stellt folglich nur eine von vielen denkbaren Möglichkeiten dar; verfassungsrechtlich geboten ist sie nicht. Eine Abwertungsrate kann unter der Voraussetzung, daß sie im konkreten Emissionsrechtemarkt nicht zu einer übermäßigen Belastung führt, auch über die gegenwärtigen Emissionsvorgaben hinausgehen 32o . Allerdings dürfte sich in diesen Fällen eine übermäßige Belastung der Betreiber häufig schon daraus ergeben, daß Nachrüstungsmaßnahmen nicht möglich sein werden, so daß die Verhältnismäßigkeit der gesetzgeberischen Prognoseentscheidung einer strengen Prüfung bedürfte?21 318 Der verfassungsrechtlich gebotene Schutz folgt nach der hier vertretenen Auffassung (dazu insbesondere § 2 A I. 2. a) aa) (1) (a» aus § 5 BImSchG und nicht aus § 17 Abs. 2 BImSchG (so aber Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 173). 319 Rein tatsächlich würde eine Belastung der Emittenten dadurch eintreten, daß durch eine Lizenzlösung das Vollzugsdefizit, das mit dem Instrument der nachträglichen Anordnungen verbunden ist (s. § 1 A) weitgehend beseitigt würde. Die Reichweite des Grundrechtsschutzes bestimmt sich indes nur nach den sich jeweils aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG ergebenden Emissionswerten (vgl. § 2 A. I. I. a) bb) (2) (c». 320 Umgekehrt können die gegenwärtigen Emissionswerte grundsätzlich auch herabgesetzt werden. Ein verfassungsrechtliches Verschlechterungsverbot, wie es neuerdings vereinzelt aus Art. 20 a GG hergeleitet wird (Sachs-Murswiek, Art. 20 a Rn. 44; dagegen etwa Tettinger, NuR 1997,6 m.w.N.; Jarass, in: Jarass/Pieroth, Art. 20a Rn. 12 m. w. N.), dürfte, sofern eine Kapazitätsverknappung überhaupt erfolgt, schon gar nicht berührt sein (zu den Grenzen durch objektive Schutzpflichten des Staates s. etwa § 2 A III.). 321 Auch werden häufig ökonomische Gesichtspunkte gegen eine solche Verschärfung der bestehenden Emissionsgrenzwerte sprechen, insbesondere würde der Handlungsspielraum der Unternehmen in der Regel zu weit eingeschränkt, s. dazu Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 168.

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Unabhängig von dem konkreten Maß der Kapazitätsverknappung besteht - wie bei der Erstverteilung der Emissionsrechte - auch bei der Festlegung einer Abwertungsrate die Gefahr einer übermäßigen Belastung einzelner Emittenten. Es müßten demnach Ausgleichsregelungen i. S. einer allgemeinen Härtefallregelung - möglichst in Form von Sonderzuteilungen 322 - für solche Fälle geschaffen werden. 323 Eine besondere Belastung in diesem Sinne kann jedoch nur angenommen werden, wenn die Emissionsreduktionspflicht nach altem Recht nicht bestanden hätte, denn insoweit steht den Anlagenbetreibern kein Bestandsschutz324 zu. (2) In das behördliche Ermessen gestellte Abwertungen Die Unwägbarkeiten, die mit der Prognose der zukünftigen Marktentwicklung verbunden sind, können dadurch verringert werden, daß eine Abwertung der Emissionslizenzen in das behördliche Ermessen gestellt wird oder von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht wird. Eine Kapazitätsverknappung könnte z. B. erst vorgenommen werden, wenn technische Fortschritte erzielt worden sind. 325 Durch ein derartiges Vorgehen würden zumindest die durch ein mögliches Zurückbleiben der technischen Entwicklung hinter den Vorgaben der Abwertungsrate hervorgerufenen Härten weitestgehend vermieden. Im Unterschied zur regelmäßig erfolgenden Abwertung, die von vornherein in einem Lizenzgesetz geregelt sein muß, genügt für die Durchführung fakultativer Abwertungen eine nicht näher nach Umfang und Zeitpunkt bestimmte Generalermächtigung. Eine solche gesetzliche Grundlage ist bereits wegen des aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes 326 , der hier jedenfalls durch den Grundrechtsbezug aktiviert wird, zwingend erforderlich. 327 Nicht erst die Durchführung der Abwertungsmaßnahme als faktischer Einziehungseingriff, sondern bereits die Ermächtigung selbst ist eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i.S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. 328 Sie ist also mit Art. 14 Abs. 1 322 Hier gelten die dazu gemachten Ausführungen (§ 2 A. 1. 2. a) aa) (5) (b) (cc)) entsprechend. 323 Weiterführend Becker-Neetz. Rechtliche Probleme, S. 173, der einen Prüfungskatalog vorschlägt; Rehbinder. Umweltlizenzen. S. 128. 324 Zur Grenze des Bestandsschutzes s. § 2 A. I. I. a) bb) (2) (c). 325 Knüppel. Umweltpolitische Instrumente, S. 62; Kemper. Umweltproblem, S. 54; Becker-Neetz. Rechtliche Probleme, S. 98 f., 176 ff. 326 Statt aller: BVerfGE 40, 237(248 f.); 49, 89(126). 327 Insoweit sind die Erwägungen von Becker-Neetz. aaO., S. 179 ff., ob ein solcher Vorbehalt etwas an der Einschätzung ändern könne, überflüssig. Der Gesetzgeber ist zu einer solchen Ermächtigung verfassungsrechtlich verpflichtet.

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GG vereinbar, sofern sie eine verhältnismäßige Ausgestaltung des Privateigentums unter Berücksichtigung der Sozialbindung (Art. 14 Abs. 2 GG) darstellt. Da gegen die Implementierung eines Abwertungsmechanismus im allgemeinen keine Bedenken bestehen 329 , ist auch die Ermächtigung zur Vornahme einer Kapazitätsverknappung als schwächere Eingriffsform verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Ob eine von der zuständigen staatlichen Institution konkret durchgeführte, dem Umfang nach genau bestimmte Abwertung unangemessen ist, kann allerdings erst nach ihrer Durchführung beurteilt werden. Der in dem Vollzug der Abwertung liegende gesonderte Rechtsakt, etwa in Form einer Rechtsverordnung, kann als belastende staatliche Maßnahme eine eigenständige Grundrechtsverletzung verursachen. Die Beurteilung der Angemessenheit richtet sich dabei nach den Kriterien, die auch für die Durchführung regelmäßig stattfindender Kapazitätsverknappungen gelten. 330 In rechtlicher Hinsicht unterscheiden sich die nur in Sonderfällen durchgeführten Abwertungen also nicht von periodisch erfolgenden. Nach behördlichem Ermessen erfolgende Abwertungen werfen allerdings einige praktische Nachteile auf. Wegen der Unvorhersehbarkeit des Zeitpunktes und des Ausmaßes der Abwertung gefährden sie in jedem Fall zunächst die Planungs sicherheit der Unternehmen?3l Daneben wird befürchtet, daß die Zielsetzung des Zertifikatmodells, Anreize zur Entwicklung technischer Neuheiten zu schaffen und auf diese Weise den Stand der Technik zusätzlich voranzutreiben, durch dieses Instrument gefährdet werden könnte?32 Begründet wird dies damit, daß Anlagenbetreiber, die eine technische Neuheit entwickeln und damit gewissermaßen den Stand der Technik neu prägen, befürchten müssen, für diese Innovationen dadurch negativ sanktioniert zu werden, indem sie indirekt eine gesonderte Abwertung gemäß dem nunmehr veränderten Stand der Technik veranlassen?33

328 Vgl. dazu nur BVerfG NVwZ 1997, 159; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. l76 ff.; zur Einordnung als Inhalts- und Schrankenbestimmung s. § 2 A. I. 1. a) bb) (1). 329 s. soeben (bb). 330 Soeben unter (1). Da die Möglichkeit der Sonderabwertung von vornherein gesetzlich vorgesehen ist, kann sich - von Extremfällen abgesehen - keine rechtlich schutzwürdige Vertrauensposition bilden. 331 Kemper, Umweltproblem, S. 54. 332 Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 168; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 179. Freilich liegt darin auch eines der wesentlichen Probleme des gegenwärtigen Ordnungsrechts (§ 1 A. I.). 333 Endres/Schwarze, aaO., S. 168.

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Die Befürchtung, ein Vorbehalt von Sonderabwertungen bei Technologiesprüngen könnte die Innovationsbereitschaft in negativer Weise beeinflussen, dürfte indes unbegründet sein. Häufig werden Emissionsvenneidungsmaßnahmen lediglich auf eine konkrete Anlage bezogen und damit nicht generell nutzbar sein. Eine Beeinflussung des Standes der Technik läge dann schon gar nicht vor. Sollte dies eine Innovation tatsächlich zur Folge haben, also von allgemeiner Bedeutung sein, dürften die Vorteile, die aus der Vennarktung dieser Idee zu erzielen sind, die durch die Abwertung eintretenden Nachteile um ein Vielfaches übersteigen. Der wirtschaftliche Vorteil des einzelnen würde in diesem Fall nur marginal durch eine mögliche Sonderabwertung beeinträchtigt; motivations- und damit innovationshemmend dürfte sich dies nicht auswirken. Festzuhalten bleibt, daß nach behördlichem Ennessen durchgeführte Abwertungen mit Art. 14 GG vereinbar sind. Auch eine generell innovationshemmende Wirkung ist nicht zu befürchten. Die Berücksichtigung ergänzender Kapazitätsverknappungen empfiehlt sich insbesondere dann, wenn in einem Lizenzmarkt viele Sonderzuweisungen vorzunehmen sind und dadurch die Entwicklung des Marktes und des Gesamtemissionsvolumens nur schwer prognostizierbar sein wird. 334 (3) Kombinierte Anwendung regelmäßiger und gesonderter Abwertung Schließlich fragt es sich, wie es verfassungsrechtlich zu beurteilen ist, wenn sich der Gesetzgeber neben einer periodisch erfolgenden Abwertung zusätzliche Kapazitätsverknappungen vorbehält, also Abwertungen, die über die von vornherein festgelegte Abwertungsrate hinausgehen. Dieses Vorgehen bietet sich an, wenn die regelmäßige 335 Abwertung nicht ausreicht, um erhoffte Marktverläufe herbeizuführen oder wenn neue Ereignisse zu berücksichtigen sind, beispielsweise die technologische Entwicklung unerwartet rasch voranschreitet. Bei einer Kombination bei der Instrumente addieren sich die Eingriffsintensitäten beider Maßnahmen. Eine übennäßige Belastung der Altbetreiber durch das Zusammenwirken beider Maßnahmen, die schon jeweils für sich genommen die Rechtsposition der Anlagenbetreiber erheblich beeinträchtigen können, liegt nahe. Daher sollten die Sonderabwertungen zurückhaltend angewandt werden und es empfiehlt sich, bereits bei der Implementierung des Lizenzmarktes enge tatbestandliche Voraussetzungen an solche ergänzenden Kapazitätsverknappungen zu knüpfen. Die 334 Vgl. die entsprechenden Regelungen im nordamerikanischen Lizenzmarkt (sec. 403 (a) (1), 405 (a) (2) CAA), die eine Überschreitung der Gesamtemissionsmenge verhindern helfen. 335 Dieses Problem stellt sich bei einer fakultativen Abwertung nicht, da Abwertungsrate und -zeitpunkt beliebig gewählt werden können.

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verfassungsrechtliche Beurteilung bleibt auch hier einer Einzelfallbetrachtung vorbehalten. Grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken, beide Maßnahmen miteinander zu kombinieren, bestehen daher nicht. 336 Insbesondere wenn sich im Marktverlauf herausstellt, daß die anfangs festgelegte Abwertungsrate zu niedrig liegt und einer Korrektur bedarf, kann eine ergänzende Sonderabwertung das gewünschte Ergebnis herbeiführen. (4) Zwischenergebnis

Auf die Abwertung des Lizenzwerts zielende Maßnahmen sind in der Regel verhältnismäßige Ausgestaltungen des Eigentumsgrundrechts der Altbetreiber. Die Belastungsintensität eines solchen Eingriffs läßt sich nur vor dem Hintergrund einer konkreten Marktsituation abschließend beurteilen. Die Festlegung einer Abwertungsrate ist eine Prognoseentscheidung, die dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum eröffnet. Die Abwertung kann sowohl periodisch als auch fakultativ erfolgen; auch ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, beide Gestaltungsarten miteinander zu kombinieren. b) Verletzung der Institutsgarantie durch Ausklammerung der Emissionsbefugnis aus dem Eigentum? Bei der Aus- und Umgestaltung eigentumsfähiger Rechtspositionen setzt die Institutsgarantie dem Gesetzgeber eine letzte absolute Grenze. Sie verbietet ihm zunächst, das Individualeigentum als Rechtsinstitut abzuschaffen?3? Die Institutsgarantie hat jedoch nach ganz herrschender Meinung eine über diesen - sich bereits aus der Wesensgehaltsgarantie des Art. 19 Abs. 2 GG ergebenden338 - Regelungsgehalt hinausgehende Bedeutung: Sie soll einen Grundbestand von einfachgesetzlichen Normen sichern, die als Eigentum im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG bezeichnet werden?39 Die Gewährleistung des Privateigentums als Rechtseinrichtung verbietet es, solche Sachbereiche der Privatrechtsordnung zu entziehen, die zum elementaren Bestand grundrechtlich geschützter Betätigung im vermögensrechtlichen Bereich gehören und damit den durch Art. 14 GG gesicherten Freiheitsbereich aufzuheben oder wesentlich zu schmälern. 34o Es darf nach einer bekannten Formulierung des Bundesverfassungsgerichts an die Stelle des PriIm Ergebnis wohl auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 176 ff. BVerfGE 50, 290(339); Trute, Vorsorgestrukturen, S. 246. 338 Trute, aaü., S. 246; v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 32. 339 BVerfGE 24, 367(389); 58, 300(339). 340 BVerfGE 24, 367(389); 58, 300(339); MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 13. 336 337

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vateigentums nicht etwas gesetzt werden, "was den Namen Eigentum nicht mehr verdient,,341. Die Verwirklichung eines Handels mit Emissionsrechten, der einen Entzug der entsprechenden bisherigen Nutzungsrechte voraussetzt, wäre also wegen Verstoßes gegen Art. 14 GG verfassungswidrig, wenn durch das Erlöschen der ordnungsrechtlich gewährten Emissionsrechte das Grundeigentum seiner Substanz beraubt wird.

aa) Parallele zur Beschränkung des Eigentumsinhalts bei Gewässemutzungen Der Vorwurf der "Substanzentleerung des Grundeigentums" wurde bereits gegen § 1a Abs. 3 WHG 342 , der bestimmte Gewässernutzungen aus dem Grundeigentum ausschließt, gerichtet. Das Bundesverfassungsgericht ist diesen Bedenken in dem grundlegenden Naßauskiesungsbeschluß343 mit der Begründung entgegengetreten, daß es dem Eigentum am Grundstück nicht deshalb an der Privatnützigkeit fehle, weil der Eigentümer künftig nur mit behördlicher Zustimmung auf das Grundwasser einwirken dürfe. 344 Das Nutzungsrecht an einem Grundstück betreffe in erster Linie die Oberfläche des Grundstücks. 345 Die Möglichkeit, ein Grundstück wirtschaftlich sinnvoll zu verwenden, hänge in aller Regel nicht davon ab, daß dort Grundwasser gefördert werden könne. 346

bb) Besonderheiten bei der Nutzung der Luft zur Emission Es stellt sich die Frage, ob diese Erwägungen auch auf das Umweltmedium und den Produktionsfaktor Luft übertragen werden können. Vereinzelt wurde argumentiert, daß das Gebrauchmachen von Grundeigentum aus natürlichen Gründen notwendigerweise die gleichzeitige "Benutzung" der Luft umfasse, da ein zweidimensionales "luftleeres" Grundeigentum für jedermann funktionslos sei. 347 Jede - gewerbliche und auch private - EigenBVerfGE 24, 367(389). I.d.F. der Bekanntmachung vom 16. 10. 1976 (BGBI. I, S. 3017). 343 BVerfG, Beschluß v. 15. 7. 1981 (E 58, 300 ff.) - Diese Entscheidung enthielt auch dezidierte Ausführungen zur "modernen" Eigentumsdogmatik (s. § 2 A. I. l.). 344 BVerfGE aaO., S. 345. 345 BVerfGE aaO., S. 345. 346 BVerfGE aaO., S. 345. 347 Friauj. WiVerw 1986, 104; Ehlers, VVDStRL 51(1992), 221; Lee, Bestandsschutz, S. 49; ähnlich Schulte, VerwArch 77(1986), 397 ff. Die genannten Autoren wenden sich nicht ausdrücklich gegen ein Zertifikatmodell, sondern - wenn zum Teil auch nicht ausdrücklich - gegen ein mögliches Bewirtschaftungsermessen im Luftreinhalterecht. Ein Bewirtschaftungsvorbehalt ist, wenn auch nur auf den jewei341

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turnsnutzung setze ein gewisses Maß an Emission voraus, so daß das Eigentum ohne eigentumsrechtlich geschützten Umweltbezug seines wesentlichen Inhalts beraubt sei. Dies habe insbesondere für den Betrieb industrieller Anlagen zu gelten, die ohne die Inanspruchnahme der Luft nicht mehr genutzt werden könnten. 348 Nach dieser Auffassung hat die Luftnutzung eine wesentlich andere Bedeutung als die des Grundwassers. Grundstücke ließen sich auch ohne Zugriff auf das Grundwasser "bestimmungsgemäß und privatnützig" nutzen. 349 In diesem Zusammenhang wurde etwas zugespitzt formuliert, daß eine Grundstücksnutzung zwar in der Regel ohne Inanspruchnahme des Wassers, aber niemals ohne Inanspruchnahme der Luft möglich sei?50 Im Ergebnis kommt die Ausklammerung der Luftnutzungsbefugnisse nach dieser Ansicht "de facto einer Abschaffung des Privateigentums an Grund und Boden nahe,,351. Bereits die Ausgangsthese dieser Auffassung, die Nutzung eines Grundstücks sei ohne Nutzung "der Luft" nicht möglich, ist irreführend. Die Befürchtung träfe nur zu, wenn es um die Nutzung der Luft im umfassenden Sinne ginge. Bei Zertifikatsystemen umfaßt die Ausklammerung der Nutzungsbefugnisse jedoch nur die Benutzung der Luft als Auffangbecken für im vornherein nach Art und Maß bestimmte Schadstofffrachten. 352 Ohnehin ist der Lufthaushalt als Naturvorgang einer umfassenden rechtlichen Regelung nicht zugänglich. 353 Betroffen sind von der Einschränkung der Luftnutzungs befugnisse auch nur bestimmte industrielle Anlagen. 354 Diese sind ligen Schadstoff beschränkt, für die Einführung eines Emissionsrechtemarktes erforderlich und dessen Vereinbarkeit mit Art. 14 GG - und der Institutsgarantie - notwendige Voraussetzung (vgl. § 2 A. I. 1. und § 3 A. III. 2.). 348 Sie wäre mit Friauj, WiVerw 1986, 102 und wiederholt in WiVerw 1989, 135 "ein funktionsloser Haufen Schrott"; zustimmend Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 102 (Fn. 21). 349 So Friauj, WiVerw 1989, 135 in Anlehnung an die Formel des BVerfG in: E 58, 300(345). 350 Ehlers, VVDStRL 51(1992), 220 f.; ähnlich Friauj, WiVerw 1989, 135. 351 So Ehlers, aaO., S. 221. 352 Einen pauschalen Entzug "der Luft" aus dem Eigentumsbegriff sehen nur in den Wirtschaftswissenschaften erörterte Modelle der Schaffung "exklusiver Verfügungsrechte" vor, die eine Überführung öffentlicher Umweltgüter in Privateigentum betreffen, vgl. Wicke, Umweltökonomie, S. 245; zu Recht kritisch aus rechtlicher Sicht: Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 315. 353 BVerfGE 58, 300(339). Eine Substanzentleerung der Luftnutzung durch handelbare Emissionsrechte erscheint nur denkbar, wenn nahezu sämtliche Emissionsmöglichkeiten entzogen werden; dies ist aber wegen der Vielzahl der Stoffe nicht realisierbar. Daß die von den genannten Autoren befürchtete "Trennung" der Luft vom Grundstück faktisch unmöglich, geschweige denn überhaupt beabsichtigt ist, räumt zumindest Lee, Bestandsschutz, S. 49, ein.

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auf die Nutzung der Luft in gleicher Weise angewiesen wie Betriebe, deren Produktion eine Nutzung des Grundwassers erforderlich macht. Die Anlagen werden durch die Lizenzierung einzelner Emissionsbefugnisse auch nicht "funktionslos", da die Emissionsbefugnisse zwar einem strengen Bewirtschaftungsregime unterworfen, nicht aber dem Rechtsverkehr entzogen werden. 355 Die Realisierung einer Zertifikatlösung führt damit nicht zu einer Substanzentleerung des Grundeigentums; insbesondere bestehen keine grundlegenden Unterschiede zur Nutzung des Grundwassers als Produktionsfaktor. In der Abspaltung von Nutzungsbefugnissen am Luftraum aus dem Eigentum liegt damit keine Verletzung der Institutsgarantie i.S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. 356

3. Das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) Die Einführung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte könnte auch an dem Grundrecht der Berufsfreiheit zu messen sein, was zunächst die Anwendbarkeit Art. 12 GG neben Art. 14 GG voraussetzt. Zwar scheint das Bundesverfassungsgericht eine parallele Anwendbarkeit der bei den Grundrechte auszuschließen, wenn es im Anschluß an eine von Wittig 357 geprägte Kurzformel bisweilen etwas plakativ ausführt, Art. 14 Abs. 1 GG schütze "das Erworbene" als Ergebnis einer beruflichen Betätigung, Art. 12 Abs. 1 GG hingegen "den Erwerb", die Betätigung selbst. 358 Diese einprägsame Formel täuscht jedoch darüber hinweg, daß Art. 14 Abs. 1 GG - wie heute allgemein anerkannt ist - nicht nur den Bestand vermögenswerter Rechte und Sachen, sondern auch den Umgang mit diesem Bestand, also die Nutzung der als Eigentum geschützten Gegenstände und die Verfügung über sie schützt. 359 Die Vorschriften der Art. 12 Abs. 1 und 14 GG sind zwar kom354 Inwieweit sich ein anderes Ergebnis für die - kaum denkbare - Ausklammerung auch der schlichten und nicht-industriellen Nutzung aus dem Grundeigentum ergibt, kann für den Bereich der Luftnutzung daher dahinstehen (s. § I E. VI.; s. auch Sanden. UPR 1996, 184). 355 So auch Becker-Neetz. Rechtliche Probleme, S. 162. 356 Kloepfer. Umweltrecht, § 5 Rn. 314 a. E.; ausweichend dagegen Becker-Neetz. aaO., S. 162. Auch die Autoren, die hinsichtlich der Luftnutzung eine Parallele zum Naßauskiesungsbeschluß ziehen. lehnen - wenn auch meist ohne hinreichende Begründung - im Ergebnis eine Verletzung der Institutsgarantie ab: Stettner. BayVBI. 1991, 556; Blankenagel. Umweltzertifikate, S. 87; Murswiek. Risiken der Technik, S. 248, 359; Sendler. UPR 1983, 37 ff.; wohl auch Schulze-Fielitz. Die Verwaltung 20(1987),325; Ossenbühl. Bitburger Gespräche 1983, 18. 357 Festschrift G. Müller. S. 590 (Fn. 67). 358 BVerfGE 30, 292(334 0; 81, 70(96); 88. 366(377) - st. Rspr. 359 Ossenbühl. AöR 115(1990), 25; Papier. in: HdB des VerfR, § 18 Rn. 59; MDH-Scholz (Stand: 1981), Art. 12 Rn. 122, 130.

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plementär, jedoch nicht im Sinne einer strikten Exklusivität. Wenn also die hoheitsrechtliche Beschränkung im Einzelfall sowohl erwerbs- als auch objektbezogen ist, überschneiden sich die Schutzbereiche der bei den Freiheitsrechte. Es läge dann mit anderen Worten eine Form der Idealkonkurrenz vor, so daß beide Grundrechte kumulativ herangezogen werden müßten. 360 Ein Gesetz über handelbare Emissionslizenzen regelt nicht bloß die Beschränkung der Nutzung industrieller Anlagen, indem es eine bestimmte Form dieser Nutzung, nämlich die Emission einzelner Stoffe, von einer Zertifizierung abhängig macht. Es legt darüber hinaus auch zahlreiche Verhaltenspflichten der Anlagenbetreiber, die deren Stellung als Unternehmer betreffen, fest. Damit ist grundsätzlich der Anwendungsbereich bei der Grundrechte eröffnet. Soweit es allerdings, wie in der Implementierungsphase des Zertifikatsystems, allein um die Umwandlung der bislang gewährten Emissionsrechte in einzelne Zertifikateinheiten geht, erscheint es fraglich, ob die Berufsfreiheit der Unternehmer neben Art. 14 Abs. 1 GG einen eigenständigen Anwendungsbereich haben kann. Wenn Berufswahl und -ausübung auf gewerbliches Eigentum gegründet sind, unterliegen sie zwingend den zulässigen Wandlungen der Eigentumsordnung. 361 Sie können dann auch nur nach Maßgabe der grundgesetzlichen Eigentumsgarantie in Anspruch genommen werden. Damit ist Art. 14 GG für den Bereich des Bestandsschutzes gewerblichen Eigentums als Spezialregelung im Verhältnis zu Art. 12 GG anzusehen. 362 Dieser Vorrang des Art. 14 GG besteht auch hinsichtlich der Neuregelung der Emissionsbefugnisse. Durch diese Eigentumsinhaltsbestimmung wird isoliert betrachtet nicht in einen mit der Ausübung eines Berufes verbundenen Bereich eingegriffen. Weder bezieht siCh eine solche Bestimmung von ihrem Regelungsgehalt her auf eine Erwerbstätigkeit, noch sind die Verhältnisse so beschaffen, daß eine Inanspruchnahme der Luft stets in Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit steht. Der Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist somit im Hinblick auf die Systemumstellung nicht eröffnet. 363 360 BVerfGE 33, 240(247); 50, 290(361 f., 364 f.); Papier, in: HdB des VerfR, § 18 Rn. 59; Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 165; Sachs-Wendt, Art. 14 Rn. 186; Ossenbühl, AöR 115(1990),25 m. w. N. 361 GK-BImSchG-Koch (Stand: Juni 1994), § 17 Rn. 52. 362 I.E. auch: Koch, aaO., Rn. 51; Wieland, Konzessionsabgaben, S. 179 (für Gewässernutzung); Murswiek, DVBI. 1994, 80(Fn. 16); abweichend neuerdings Hösch, UTR 49 (1999), 134 ff., der für den Bereich der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung sogar von einem Vorrang des Art. 12 GG auszugehen scheint. 363 Etwas anderes gilt, soweit die Verteuerung der Umweltnutzung Verhaltenssteuerungen bewirken soll. Dies wird im Abschnitt "Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels" untersucht (§ 2 B. H.).

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Selbst wenn man das Grundrecht der Berufsfreiheit im Rahmen der Bestandsschutzproblematik für anwendbar häle 64 , ergibt sich keine andere verfassungsrechtliche Beurteilung. Die im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsprüfung, die die Berufseinschränkung zu den umweltpolitischen Zielen eines Lizenzmarkts in Verhältnis setzen müßte, würde wegen der Schrankenidentität der Grundrechte mit den bereits zu Art. 14 GG entwickelten Ergebnissen übereinstimmen?65 4. Gleichheit und Systemgerechtigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) Es bleibt zu klären, ob aus dem in Art. 3 Abs. 1 GG niedergelegten allgemeinen Gleichheitsgebot weitere verfassungsrechtliche Vorgaben für die Einführung eines Zertikatsystems folgen?66 Nach der klassischen Formel des Bundesverfassungsgerichts verbietet der Gleichheitssatz, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln?67 Vor allem der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat diese "Willkürformel" bereits früh durch die - noch immer so genannte - "neue Formel" konkretisiert. Danach liegt eine Verletzung des Art. 3 Abs. I GG vor, "wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten,,368. Der Gesetzgeber unterliegt dabei einer umso engeren Bindung, je mehr sich die personenbezogenen Merkmale den in Art. 3 Abs. 3 GG genannten annähern und je größer somit die Gefahr ist, daß durch die Heranziehung dieser Merkmale eine Minderheit diskrimiSo etwa Friauf, WiVerw 1989, 147 f.; Kluth, NuR 1997, 107. Vgl. BVerfGE 17,232(248 f.); 50, 290(364); GK-BImSchG-Koch (Stand: Juni 1994), § 17 Rn. 54; Papier, in: HdB des VerfR, § 18 Rn. 59. 366 Der Gesetzgeber ist - was bereits Gegenstand der Untersuchung war, s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (a), insbes. Fn. 200 - auch bei der Ausgestaltung der Inhalts- und Schrankenbestimmungen i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG zur Beachtung des Gleichheitssatzes verpflichtet. 367 BVerfGE 1, 14(52); 49,148(165); 86, 81(87); 93, 319(348). 368 BVerfGE 55, 72(88 ff.); 60, 329(346); 81, 156(205); 85, 238(244 f.); 88, 5(12); 90, 46(56) (jeweils 1. Senat). Aus dem Schrifttum: ausführlich Sachs, JuS 1997, 125 ff.; BK-Rüfner (Stand: Okt. 1992), Art. 3 Abs. I Rn. 25 ff.; Koenig, JuS 1995, 314 ff.; Sachs-Osterloh, Art. 3 Rn. 13 ff. Hingegen zieht der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts noch häufig allein die Willkürformel heran, s. etwa BVerfGE 93, 319(349) einerseits, aaO., 386 (397) andererseits. Krit. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., Art. 3 Abs. 1 Rn. 11 und MDH-Herzog (Stand: Mai 1994), Art. 3 Anh. Rn. 7 f., denen zuzugeben ist, daß die Verhältnismäßigkeits- bzw. Entsprechungsprüfung gemäß der neuen Formel (dazu i. e. Fn. 374 sowie § 2 A. 11. 1.) in der Willkürprüfung insoweit schon angelegt ist, als der Rechtfertigungsmaßstab der Willkürformel je nach der Intensität der Beeinträchtigung variiert. 364 365

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niert wird. 369 Diese Abstufung der Anforderungen gilt nicht nur für unmittelbar personenbezogene Diskriminierungen, sondern auch für eine Ungleichbehandlung von Sachverhalten, die mittelbar eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt. Bei lediglich verhaltensbezogenen Unterscheidungen hängt das Maß der gesetzgeberischen Bindung davon ab, inwieweit die Betroffenen durch ihr Verhalten die relevanten Unterscheidungskriterien beeinflussen können. 37o a) Maßstab der Systemgerechtigkeit Die legislative Grundsatzentscheidung, einen Markt fungibler Emissionsrechte einzurichten, bedeutet zugleich den Wechsel zu einem neuen Ordnungssystem. Angesprochen ist damit primär das aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Gebot der Systemgerechtigkeit bzw. der Systembindung371 legislativen Handeins. Die näheren Konturen dieser Rechtsfigur werden zwar im einzelnen unterschiedlich beurteilt. Einigkeit besteht jedoch zumindest darüber, daß es dem Gesetzgeber nicht gestattet sein kann, von einmal gewählten Ordnungsprinzipien willkürlich abzuweichen. 372 Das Bundesverfassungsgericht sah zunächst eine Abweichung von einer vom Gesetz selbst gewählten Sachgesetzlichkeit - ganz im Sinne der neuen Formet3 73 - als verfassungsgemäß an, wenn das Gewicht der für die Abweichung sprechenden Gründe in ihrem Gewicht der Intensität der getroffenen Ausnahmeregelung entsprach?74 In seiner neueren Judikatur hat das BundesverfassungsgeBVerfGE 88, 87(96); 99, 367(388). BVerfGE 88, 87(96); 89, 15(22) [jeweils unter Bezugnahme auf BVerfGE 55, 72(89), wo dieser Gedanke jedoch allenfalls ansatzweise enthalten ist]; 99, 367(388). 371 Zur begrifflichen Unterscheidung, s. Kischel, AöR 124(1999), 179 m. zahlreichen Nachw. 372 Dietlein, Nachfolge, S. 149 m. w. N.; Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., Art. 3 Rn. 44 ff.; Sachs-Osterloh, Art. 3 Rn. 98 ff. 373 Das BVerfG hat die neue Formel zunächst auch nur ausdrücklich auf den Bereich der Systemgerechtigkeit bezogen, s. insbes. BVerfGE 55, 72(88) mit Verweis auf BVerfGE 34, 103(105). 374 BVerfGE 13, 331(340 f.); 15, 313(318); 18, 366(372 f.). Da sich sachliche Gründe für einen staatlichen Eingriff nicht mit der Intensität des Eingriffs (quantitativ) auf einer einheitlichen Bemessungsgrundlage vergleichen lassen, läuft diese Rechtsprechung - ganz wie die neue Formel - im Ergebnis auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach den allgemeinen Grundsätzen hinaus, vgl. (jeweils zur neuen Formel) auch Rüjner, aaü., Rn. 38 und BVerfGE 88, 87(96 f.) sowie Sondervotum Katzenstein, BVerfGE 74, 9(29 f.). Im einzelnen besteht Uneinigkeit, ob bei der Rechtfertigungsprüfung im Rahmen der neuen Formel eher eine "Entsprechungsprüfung" oder eine Zweck-Mittel-Relation wie beim Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vorzunehmen ist, s. einerseits Kischel, AöR 124(1999), 191, andererseits Koenig, JuS 1995, 314,jeweils m.w.N. 369 370

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richt diesen Prüfungsmaßstab dahingehend modifiziert, daß sich die rechtliche Kontrolle einer politischen systemgestaltenden Entscheidung auf die Verfassungsmaßstäbe - vor allem des Art. 3 Abs. 1 GG - beschränke und eine bloße Systemwidrigkeit einen Verfassungsverstoß allenfalls indizieren könne. 375 Der (teilweise) Systemwechsel von ordnungsrechtlichen zu marktwirtschaftlichen Problemlösungsmechanismen stellt angesichts der für die Inanspruchnahme marktwirtschaftlicher Anreizinstrumente sprechenden sachlichen Gründe 376 nicht bereits einen Verstoß gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit dar. Damit kann es fortan nur noch um die Frage gehen, ob die Wettbewerbsverschiebungen, die das Zertifikatmarkt als neues Ordnungssystem selbst verursacht, mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Gleichheitssatzes in Einklang stehen. Dabei ist zum einen auf das Verhältnis der von dem Emissionsrechtemarkt Betroffenen untereinander ("interne Systemgerechtigkeit"), zum anderen auf das Verhältnis zu anderen, nicht von der Zertifizierung betroffenen Emittenten in anderen Marktsegmenten ("externe Systemgerechtigkeit") abzustellen. aa) Interne Systemgerechtigkeit

Das Augenmerk ist somit zunächst darauf zu richten, welche Anforderungen für die systemgerechte Ausgestaltung eines Zertifikatmarkts bestehen. (1) Vergabe der Emissionsrechte

Der Staat ist immer dann, wenn er verteilend tätig wird - hauptsächlich im Rahmen von Kontingentierungen und Genehmigungsverfahren - dem Leitbild der Funktionsfähigkeit von gleichmäßigen Wettbewerbsbedingungen nach Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet. 377 Die maßgebliche Gestaltungsentscheidung des Gesetzgebers, die zugleich die Marktverhältnisse nachhaltig prägt, ist die Vergabe der Lizenzen. Wegen ihrer großen Bedeutung muß sie daher in besonderem Maße dem Leitbild der Herstellung gleichmäßiger Wettbewerbsbedingungen Rechnung tragen. Die Vergabe der Emissionsrechte richtet sich, unabhängig davon, ob sie versteigert oder nach einem 375 Vgl. BVerfGE 34, 103(115); 59, 36(49); 61, 138(148 f.); 81, 156(207); zu dieser Rechtsprechung: BK-Rüfner (Stand: Okt. 1992), Art. 3 Abs. 1 Rn. 38; SachsOsterloh, Art. 3 Rn. 99 f.; Dietlein, Nachfolge, S. 150, jeweils m. w. N. 376 Bereits dazu § 2 A. I. 2. a) aa) (4). 377 BVerwG NVwZ 1984, 585 (zu § 70 Abs. 3 GewO); Koenig, Verteilungslenkung, S. 61; Berg, Der Staat 15(1976), 11 ff.; speziell zum Zertifikatsystem: Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 98; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 123; Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 91 f. 9 Mehrbrey

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einheitlichen Schlüssel gratis vergeben werden, nach einem für alle Marktteilnehmer identischen Maßstab. Dem ersten Anschein nach liegt in der Terminologie des Art. 3 Abs. I GG hier eine grundsätzliche Gleichbehandlung der Emittenten trotz unterschiedlicher Sachverhalte vor. Diese formale Betrachtung verkennt aber, daß für die Beurteilung einer (Un-)Gleichbehandlung nicht auf den bloßen Wortlaut einer Regelung, sondern vielmehr auf ihren sachlichen Gehalt abzustellen ist. 378 Es hat sich bereits gezeigt, daß die praktischen Auswirkungen der formalen Gleichbehandlung durch die Zuteilungsformel im Ergebnis eine erhebliche Ungleichbehandlung der Emittenten durch die Verschiebung der wettbewerblichen Anteile und Chancen zur Folge hat. 379 Die Verteilungsungleichheiten bewirken somit eine jedenfalls mittelbare Ungleichbehandlung der Emittenten, welche die Anwendung des strengen Maßstabs der neuen Formel rechtfertigt. 380 Für den damit zu bestimmenden gesetzgeberischen Spielraum ist zu beachten, daß ihm desto engere Grenzen gesetzt sind, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlicher Freiheiten nachteilig auswirken kann. 381 Die durch die Anfangsvergabe hervorgerufenen Ungleichheiten in ihrer freiheitsrechtlichen Dimension waren bereits Gegenstand der Untersuchung?82 Die dabei durchgeführte Abwägung der betroffenen Rechtspositionen mit den gesetzgeberischen Zielen im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes war maßgeblich von gleichheitsrechtlichen Kriterien geprägt; insbesondere wurde bereits eine vergleichende Betrachtung benachteiligter Gruppen durchgeführt. 383 Insoweit können sich aus dem Gleichheitssatz und dem daraus abgeleiteten Grundsatz der Systemgerechtigkeit keine über die bisher festgestellten Ergebnisse hinausgehenden Schlüsse ziehen lassen. 384 Sofern einzelne Anlagenbetreiber durch die Einrichtung des Zertifikatmarktes wirtschaftlich härter getroffen werden, weil 378 BVerfGE 8, 51(64); 49, 148(165); 72, 141(150); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 3 Rn. 7. 379 Vgl. nur § 2 A. I. 2. a) aa) (5) und bb) (4). 380 Eine Ungleichbehandlung der von der Verteilung benachteiligten Emittenten läßt sich auch damit begründen, daß sie als Teilgruppe gegenüber den übrigen, von der Regelung profitierenden Betreibem benachteiligt werden. Allg. zu diesem "Kunstgriff" BK-Rüfner (Stand: Okt. 1992), Art. 3 Abs. 1 Rn. 10; PierothlSchlink, Grundrechte, Rn. 436 f.; zu Einschränkungen Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 3 Rn. 7. Freilich läßt sich die Grenze zwischen Gleich- und Ungleichbehandlungen nach der gegenwärtigen, in Teilbereichen noch immer nicht hinreichend geklärten Gleichheitsdogmatik nur schwer bestimmen, vgl. als Beispiele (apodiktisch) angenommener Gleichbehandlungen nur BVerfGE 86, 81(87); 90, 226(239). 381 BVerfGE 88, 87(96); 99, 367(388). 382 § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (a) und bb) (4). 383 Z. B. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (a). Als Prüfungs maßstab wurde dort Art. 14 GG i. V.m. Art. 3 GG herangezogen.

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sie nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, hat dies gleichheitsrechtlich ohnehin grundsätzlich keine Bedeutung. Die hervorgerufene Ungleichheit ist zwar jedenfalls mittelbar durch die Verteuerung der Umweltnutzung staatlich verursacht. Jedoch schützt Art. 3 Abs. 1 GG nur die Gleichheit vor dem Gesetz, welcher im Rahmen des Lizenzmodells durch die Erhebung gleicher Preise für die Umweltnutzung (Emission) Rechnung getragen wird. 385 Ob die einzelnen Anlagenbetreiber auch die tatsächliche Möglichkeit zur Wahrnehmung der ihnen eingeräumten Rechte haben, ist folglich keine gleichheitsrechtliche Fragestellung. 386 (2) Bestimmung des Marktumfangs Für eine systemgerechte Ausgestaltung eines Schadstoffmarktes muß nicht nur bei der Vergabe der Rechte, sondern auch sonst im Rahmen des Implementierungsvorgangs gesorgt werden. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Bestimmung des Marktumfanges?87 Es ist schon aus praktischen Gründen nicht möglich, jeden Verbraucher eines bestimmten Stoffes, z. B. des klimawirksamen Spurengases Kohlendioxid, das bei jeder Verbrennung fossiler Energieträger entsteht388 , zum Zertifikaterwerb zu verpflichten. Daher bedarf es einer Unterteilung aller Schadstoffnutzer in einzelne Emittentengruppen. Bei zertifizierbaren Stoffen wie Kohlen- und Schwefeldioxid werden üblicherweise die vier maßgeblichen Emittentengruppen Kraftwerke, Verkehr, Industrie und Haushalte unterschieden. 389 Wie im einzelnen eine Beteiligung dieser Gruppen an einem Zertifikatmarkt erfolgen könnte, kann nur anhand einer konkreten Modellausprägung untersucht werden. 39o Jedenfalls kann die Forderung nach Herstellung eines systemgerech384 Allg. zu den zahlreichen Verbindungslinien zwischen freiheits- und gleichheitsrechtlichem Schutz gerade im Bereich staatlicher Wirtschaftslenkung, SachsOsterloh, Art. 3 Rn. 16 ff. m. w.N. 385 Vgl. allg. Kluth, NuR 1997, 112; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 153 f., jeweils m. w. N. 386 Vielmehr zieht insoweit nur das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) äußerste Grenzen, vgl. Kluth, aaO., 112. Die sich daraus ergebenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe sind hier jedoch vemachlässigbar, weil die Berücksichtigung der finanziellen Leistungsfähigkeit nach der Verteilung bereits im Rahmen des Eigentumsgrundrechts hinreichend berücksichtigt werden muß (s. § 2 A. I. 2. a) aa) (5) und bb) (4». 387 Allgemein dazu § I E. VI. 388 Dazu schon § 1 C., D., s. auch Scheelhaase, Zertifikate, S. 15 (Fn. 24) m.w.N. 389 Scheelhaase, Zertifikate, S. 32 (für COz-Zertifikate); ähnlich Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 213 ff.; 245 ff. (für NOx-Zertifikate). 390 Beispielhaft ein Modell zur COz-Reduktion bei Scheelhaase, Zertifikate, S. 195 ff. 9*

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ten Ausgleichs nicht dahin gehen, sämtliche Emittenten eines Stoffes in den Markt einzubeziehen. Abgesehen davon, daß es schon praktisch kaum realisierbar ist, auch Privatpersonen zum Erwerb von Zertifikaten zu verpflichten, ginge in diesem Fall auch die Anreizfunktion des Zertifikathandels ins Leere. Würde man beispielsweise Autofahrer zu einem Handel von Benzingutscheinen verpflichten, ginge davon kaum ein Anreiz aus, bestimmte Pkw zu kaufen. Ein Handel der Lizenzen käme bei einem solcherart fehlkonzipierten Markt erst gar nicht in Gang. 391 Aus diesen Überlegungen folgt, daß es das Gebot der systemgerechten Ausgestaltung erfordert, die Märkte an einzelne Emittentengruppen anzupassen und nur miteinander vergleichbare Gruppen in einem Markt zusammenzufassen. Im Bereich der Luftreinhaltung beispielsweise kommen für die Zertifizierung vorrangig industrielle Anlagen bestimmter Größenordnung in Betracht. 392 In diesem Rahmen können weitere legitime, d. h. jedenfalls mit Art. 3 Abs. 3 GG vereinbare Differenzierungskriterien wie die Anlagengröße eine Rolle spielen. Um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, dürfte es sich in der Bundesrepublik anbieten, den Markt nur für genehmigungsbedürftige Anlagen i. S. d. BImSchG 393 zu errichten. Eine zwingende verfassungsrechtliche Konsequenz des Grundsatzes des Gleichheitssatzes ist dies jedoch angesichts des weiten Regelungsspielraums der Legislative nicht. Die Genehmigungsbedürftigkeit einer Anlage ist nicht mehr als ein Indiz für die wirtschaftliche und technische Vergleichbarkeit; je nach Art und Ausmaß des zu regulierenden Marktes können im Einzelfall andere Kriterien Bedeutung gewinnen. bb) Externe Systemgerechtigkeit Zu denken ist ferner an eine Ungleichbehandlung der Marktteilnehmer gegenüber Anlagenbetreibern in anderen Branchen, in denen ein Emissionsrechtehandel nicht vorgesehen ist. Die sich aus der Fortgeltung des ordnungsrechtlichen Instrumentariums einerseits, der Einführung handelbarer Emissionsrechte andererseits ergebende Verschiedenbehandlung der industriellen Gruppen bedarf der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung. Angesprochen sind damit Fragen der "externen" Systemgerechtigkeit, die auch für das Verhältnis verschiedener Ordnungssysteme zueinander eine Bindung 391 Zu diesem, auch die Geeignetheit der Maßnahme betreffenden Gesichtspunkt, s. schon § 2 A. I. 2. a) aa) (3). 392 So auch die gängigen Vorschläge in der Literatur (z. B. Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 59 ff.; 213 ff.; Scheelhaase, Zertifikate, S. 201 ff.) und auch die Realisierung des Konzepts in den Vereinigten Staaten, s. § 1 C. 393 Zum Kreis der genehmigungsbedürftigen Anlagen siehe § 4 Abs. 1 S. 3 BImSchG i.V.m. der 4. BImSchV.

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der Legislative an Art. 3 Abs. I GG vorsieht. Eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes ist in diesem Zusammenhang allerdings erst dann anzunehmen, wenn im Verhältnis verschiedener relevanter Märkte willkürliche Systembrüche, das heißt Systemdifferenzierungen ohne sachlichen Grund, vorgenommen werden. 394 Der Gestaltungsspielraum der Legislative ist im Rahmen der gesetzesübergreifenden Systembindungen bedeutend weiter als innerhalb eines Regelwerks (Systems).395 Die politische Entscheidung, einen Markt für handelbare Emissionsrechte zu eröffnen, erfolgt in der Regel nicht willkürlich. Sie hängt in besonderem Maße von konkreten Berechnungen ab, ob und inwieweit die Zertifizierung eines bestimmten Stoffes in einem bestimmten Marktbereich dazu beitragen kann, eine verbesserte Ressourcenallokation herbeizuführen. Die Beurteilung dieses Funktionszusammenhangs hängt von vielen Faktoren ab und läßt sich gerichtlich nur eingeschränkt überprüfen. Wenn hinreichend belegt werden kann, daß ein Emissionsrechtehandel in einem bestimmten Markt umweltpolitisch zweckmäßig wäre, genügt dies bereits, um eine Systemdifferenzierung gegenüber weniger geeigneten Märkten zu rechtfertigen. Daher kommt ein Verstoß gegen den Grundsatz der externen Systemgerechtigkeit i. S. von Art. 3 Abs. I GG überhaupt nur in Betracht, wenn es offensichtlich sein sollte, daß ein Emissionsrechtehandel auch in einem anderen Markt mit vergleichbaren Erfolgsaussichten möglich wäre und der Gesetzgeber diese Maßnahme ohne sachliche Gründe unterlassen hat. Nicht ausreichend für die Annahme eines willkürlichen Systembruchs wird es dagegen bei mehreren sich zur Zertifizierung eignenden Stoffen sein, nur einen entsprechenden Emissionsrechtemarkt (z. B. Schwefeldioxidlizenzen) zu eröffnen, einen anderen (z. B. Kohlendioxidlizenzen) aber nicht. Dies ergibt sich schon daraus, daß solch verschiedene Stoffe wegen der Vielzahl unterschiedlicher chemisch-biologischer und vor allem ökonomischer Kriterien keine geeignete Vergleichsgrundlage bieten. Eine flächendeckende Einführung des Zertifikathandels gar scheitert ohnehin schon an der begrenzten Zahl sich dafür eignender Schadstoffarten. 396 Der Gesetzgeber ist daher in der Beurteilung, welchen Stoff er einer Zertifizierung zugrunde legen will, nicht dadurch eingeschränkt, daß er auch andere Märkte eröffnen müßte. 397 Würde man dies anders beurteilen, wäre es auch nicht 394 Koenig, Verteilungslenkung, S. 62 und ders., JuS 1995, 317 m. w. N.; Vietlein, Nachfolge, S. 151; Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 3 Rn. 29 a. E. 395 Koenig, Verteilungslenkung, S. 62 m. w. N.; Vietlein, Nachfolge, S. 151 f.; weiterführend Sachs-Osterloh, Art. 3 Rn. 101. 396 Vgl. dazu auch § I D. und § 2 A. I. 2. a) aa) (3). 397 Dieser Gesichtspunkt spielt auch im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei der Beurteilung der Erforderlichkeit (§ 2 A. I. 2. a) aa) (4) und bb) (3» eine Rolle: Allein die Möglichkeit, andere Märkte zu eröffnen, stellt keine hinreichende

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möglich, "Testmärkte" zu eröffnen, um die Tauglichkeit eines Zertifikatmarktes auf sehr eingeschränkter Datengrundlage praktisch zu erproben. 398 b) Zwischenergebnis Aus Art. 3 Abs. I GG lassen sich keine grundsätzlichen Einwände gegen das Lizenzmodell herleiten. Die teilweise Ersetzung des ordnungsrechtlichen Instrumentariums durch einen Emissionsrechtemarkt ist aus gleichheitsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Aus Gründen der Systemgerechtigkeit ist die Legislative aber verpflichtet, die durch den Systemwechsel bedingten Wettbewerbsverschiebungen in einem verhältnismäßigen Rahmen zu halten. Bei der inneren Ausgestaltung des Marktes hat der Gesetzgeber insbesondere darauf zu achten, daß die von der Maßnahme betroffenen Akteure in etwa wirtschaftlich vergleichbar sind. Eine Verletzung des Grundsatzes der externen Systemgerechtigkeit kommt nur in Betracht, wenn ein Emissionsrechtehandel willkürlich auf einen bestimmten Marktbereich beschränkt wird.

5. Ergebnis Die Einführung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte ist notwendig mit der Abspaltung einer Nutzungsbefugnis (Emission eines bestimmten Schadstoffes) aus dem Eigentum verbunden. Die den Markt konstituierenden Regelungen sind Inhalts- und Schrankenregelungen i. S. v. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Sie müssen als belastende staatliche Maßnahmen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren. Die Intensität des staatlichen Eingriffs in die Rechte der Altbetreiber wird dabei maßgeblich von dem gewählten Verteilungsmodus geprägt. Eine Gratisvergabe der Zertifikate führt in der Regel zu keiner wesentlichen Benachteiligung der Marktteilnehmer, wenn Emissionsrechte in dem Umfang der zugrundeliegenden immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gewährt werden. Dieser Vergabeschlüssel führt aber zu einer Erhöhung der UmweltAlternative dar, da die Zielsetzung des Gesetzgebers, einen bestimmten Schadstoff zu zertifizieren, in der Regel keinen Vergleich mit der Situation bei anderen Stoffen ermöglicht. 398 Das Umweltbundesamt beabsichtigt beispielsweise, ein Pilotprojekt zur Verminderung der VOC-Emissionen für KfZ-Reparaturlackbetriebe einzuführen, vgl. die Zusammenfassung der Ergebnisse bei ScheelhaaseIStaehelin-Witt, ZfU 1998, 359 ff. Der vollständige Bericht lautet "Handelbare Umweltlizenzen zur Verminderung von VOC-Emissionen aus nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen - Konzeption eines Pilotprojektes für die Autoreparaturlackierung", Texte 23/98, Forschungsbericht 29644193 (Kurz- und Langfassung ist auch im Internet zugänglich unter www.umweltbundesamt.de. Link: "Publikationen" (Stand: August 2002».

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belastung. Mit einer Gratisvergabe, die den tatsächlichen Anlagenverbrauch zugrunde legt, ist grundsätzlich eine höhere Belastung der Altbetreiber verbunden, da sie eine Zuteilung der benötigten Zahl Lizenzen nicht immer gewährleisten kann. Es stehen aber genügend Ausgleichs- und Übergangsregelungen zur Verfügung, die sich zur Abmilderung der Sonderbelastungen eignen. Eine ungleich höhere Belastung der Altemittenten ist bei einer Auktionierung der Lizenzen gegeben. Die auch hier vorzusehenden Ausgleichs- und Übergangsregelungen müssen ein erhebliches Maß erreichen, um die Verfassungsmäßigkeit des Zertifikatmarktes noch gewährleisten zu können. Um eine langfristige Senkung der Gesamtemissionsmenge zu erreichen, kann der Gesetzgeber eine Abwertung der Emissionsrechte vornehmen. Ob sich diese Maßnahme noch im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit bewegt, hängt insbesondere von der Höhe der gewählten Abwertungsrate ab. Fundamentale Einwände gegen eine Kapazitätsverknappung sind nicht ersichtlich. Die Abwertung kann entweder regelmäßig oder nur zu gesonderten Zeitpunkten erflgen. Sogar die Kombination dieser Möglichkeiten ist grundsätzlich zulässig, allerdings kann dieses Vorgehen rasch zu einer übermäßigen Belastung der Marktakteure führen. Die mit dem Zertifikatmodell verbundene Abspaltung der Emissionsbefugnis aus dem Eigentum verstößt nicht gegen die Institutsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 GG. Insoweit bestehen keine wesentlichen Unterschiede zu der bereits verwirklichten Beschränkung des Eigentumsinhalts bei der Gewässernutzung. Fragen der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) stellen sich in bezug auf die Altbetreiber bei der Einführung eines Emissionsrechtemarktes nicht. Insoweit wird die Bestandsschutzproblematik vom Eigentumsgrundrecht abschließend erfaßt. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) leitet sich die Verpflichtung ab, bei dem Wechsel zu einem Lizenzmarkt auftretende Wettbewerbsverschiebungen auf ein verhältnismäßiges Maß zu begrenzen. Bei der Ausgestaltung des Marktes verfügt der Gesetzgeber zwar über eine große Gestaltungsfreiheit; jedenfalls verwehrt ist es ihm aber, den Zertifikathandel ohne sachliche Gründe auf bestimmte Emittentengruppen oder Marktsegmente zu beschränken. 11. Grundrechte der Neubetreiber

Bislang war ausschließlich Gegenstand der rechtlichen Untersuchung, inwieweit die Einführung eines Zertifikatsystems Altbetreiber in ihren Grundrechten verletzen kann. Ein wesentlicher Problempunkt, der sich insbeson-

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dere bei einer freien Vergabe der Zertifikate an die Altemittenten ergibt, wurde bislang zurückgestellt: Indem alle oder jedenfalls ein Großteil der verbrieften Emissionsrechte verteilt bzw. veräußert werden, ist der Möglichkeit des Lizenzerwerbs für Personen, die die Errichtung und den Betrieb einer Anlage erst nach dem für die Lizenzverteilung maßgeblichen Bemessungsjahr begonnen haben oder dies noch beabsichtigen, zunächst deutlich erschwert. Solche Neukommer 399 werden im reinen LizenzmodeIi nicht berücksichtigt; sie müssen sämtliche Lizenzen für den Anlagenbetrieb von anderen Marktteilnehmern erwerben. 1. Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) Als Grundrechtsbeeinträchtigung der Neubetreiber durch Errichtung eines Lizenzmarktes - insbesondere durch die Erstvergabe - kommt mangels Beeinträchtigung vorhandener Rechtspositionen lediglich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgebots gemäß Art. 3 Abs. I GG in Betracht. a) Verschiedenbehandlung der Alt- und Neubetreiber Durch eine Gratisvergabe der Emissionsrechte werden die bereits tätigen Anlagenbetreiber jedenfalls in einem gewissen Rahmen kostenlos mit Zertifikaten ausgestattet. Alle künftigen Anlagenbetreiber sind demgegenüber gezwungen, Emissionsberechtigungen zu erwerben. Insbesondere in der Einführungsphase des Systems wird in der umweltökonomischen Theorie mit einer sehr zurückhaltenden Transaktionsbereitschaft gerechnet400 ; die Entwicklung des nordamerikanischen Lizenzmarkt hat diese Erwartung bestätigt. 401 Es besteht daher eine hohe Wahrscheinlichkeit, daß es vielen Neukommem nicht gelingen wird, Emissionsrechte im benötigten Maße erwerben zu können. In dieser Ungleichbehandlung der Alt- und Neubetreiber könnte eine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. I GG)402 liegen. 399 Begriff etwa bei Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 123, wohl in Anlehnung an das englische "newcomer". 400 Dazu schon: § 2 A. I. 2. a) bb) (3) und § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b) (bb). 401 Ausführlich dazu Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 123 m. w. N. 402 Da durch den Emissionshandels für Neubewerber in der Regel der Zugang zum Beruf des Unternehmers (s. § 2 B. 11. 2. a)) beschränkt wird, ist auch das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) zu beachten. Dies spielt bei der Verteilung knapper Berechtigungen jedoch nur bei der Güterabwägung der betroffenen Rechtsgüter eine Rolle (sogleich b) aa)), vgl. im übrigen § 2 B. 11: und dezidiert Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., Art. 3 Abs. I Rn. 73. Das BVerfG zieht in solchen Fällen als Prüfungsmaßstab meist "Art. 12 i. V. m. Art. 3 GG" heran und richtet die Prüfung an Gesichtspunkten der gleichen bzw. ungleichen Behandlung aus (z.B. BVerfGE 40, 196(232); 68, 155(170) und die Nachweise sogleich). Weiterfüh-

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b) Rechtfertigung der Ungleichbehandlung Eine gleichheitsrechtlich vermittelte Bindung des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des Zertifikatmarktes kommt für den Fall in Betracht, daß die vergleichbare Rechtsposition der Altemittenten unterschiedlich ausgestaltet wurde, obwohl zur Rechtsposition der Neuemittenten keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. 403 aa) Verhältnismäßiger Ausgleich der betroffenen Rechtspositionen

Der einer Gratisvergabe vorrangig zugrundeliegende objektive404 Differenzierungszweck ist die Modellimplementierung unter Wahrung des Bestandsschutzes der Altbetreiber. Dazu wird als Unterscheidungskriterium allein auf das Betreiben einer Anlage und damit auf die Emissionstätigkeit in einem bestimmten Zeitraum abgestellt. Von der Vergabe - unabhängig davon, wie diese im einzelnen ausgestaltet ist - sollen in jedem Fall nur jene profitieren, die bereits Betreiber einer immissionsschutzrechtlichen Anlage sind. Diese die Neubetreiber benachteiligende Regelung müßte nach Maßgabe des Gleichheitssatzes geeignet und erforderlich sein sowie in einem angemessenen Verhältnis zum Wert des verfolgten Zweckes stehen. 405 Während die Eignung der Maßnahme unzweifelhaft ist, stellt sich die Frage, ob das Differenzierungsziel auf einem anderem Wege, der Hinzukommende weniger schwer belasten würde, erreicht werden kann. Eine kostenfreie Zuteilung von Emissionsrechten an jeden Neubetreiber führt zu einer beträchtlichen Erhöhung der Gesamtemissionsmenge und gefährdet die umweltpolitischen Ziele eines Emissionsrechtemarktes. 406 Eine verminderte Zuteilung an die Altbetreiber hingegen beeinträchtigt deren Bestandsschutzinteressen stärker, stellt also ein weniger geeignetes Mittel dar. Aus dem Gesichtsrend zur Konkurrenz der Art. 3 und Art. 12 GG im verteilungsrechtlichen Kontext und zu strukturellen Gegenläufigkeiten, Dietlein, Nachfolge, S. 380 ff. m. w. N. 403 Dazu schon § 2 A. I. 4. 404 Auf (subjektive) Zielsetzungen des Gesetzgebers kommt es nicht an, s. nur BVerfGE 48, 227(237); 85, 238(245). 405 s. etwa Koenig, JuS 1995,314 m.w.N. Ausführlich dazu auch schon oben § 2 A. I. 4.; die dort angesprochene dogmatische Frage, ob bei der Rechtfertigungsprüfung im Rahmen der neuen Formel eher eine Abwägung der Rechte entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsprinzip oder eine "Entsprechungsprüfung" vorzunehmen ist (dazu insbes. Fn. 374), wirkt sich hier im Ergebnis nicht aus und kann daher dahinstehen. 406 Vgl. die ähnliche Situation bei der Gewährung von Sonderlizenzen, § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b) (ce).

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punkt der Erforderlichkeit ergeben sich daher in der Regel keine Bedenken gegen den die Altbetreiber begünstigenden Verteilungsmechanismus. Schließlich verlangt Art. 3 GG gerade im Bereich staatlicher Wirtschaftslenkung, daß die Unterschiede auch nach dem rechtlichen "Gewicht" der mit ihnen verbundenen Belange ausreichend sein müssen, um die Ungleichbehandlung - also die Bevorzugung bzw. Benachteiligung einer Gruppe zu rechtfertigen. 407 Die Folgen der Ungleichbehandlung dürfen dabei nicht weiter gehen als der die Verschiedenbehandlung legitimierende Zweck es rechtfertigt; zugleich dürfen schutzwürdige Belange der Nichtbegünstigten nicht ohne hinreichenden sachlichen Grund vernachlässigt werden. 408 Bei der Abwägung der beteiligten Rechtsgüter entsprechend ihrer Gewichtung hat sich bereits gezeigt, daß der Gesetzgeber nach den Grundsätzen des eigentumsrechtlichen Bestandsschutzes in gewissem Maße einen Ausgleich für den Entzug der bislang durch die Genehmigung i. V. m. dem Grundeigentum gewährten Emissionsrechte leisten muß. 409 Der (eigentumsrechtliche) Bestandsschutz geht jedoch nicht so weit, daß ein vollständiger Rechtsausgleich zu gewähren wäre. Zu berücksichtigen ist überdies, daß Altbetreiber auch insoweit einen Nutzen aus der Umstellung ziehen, als die Berechtigung, die sie kostenlos erworben haben, nunmehr in ein handelbares Gut umgewandelt wird. Damit erhalten sie die Möglichkeit, eine "Ware" zu verkaufen, die zuvor mangels Fungibilität nicht verkäuflich war. 410 Dem den Altbetreibern zustehenden Vertrauensschutz stehen die Rechte der Neubetreiber gegenüber. Ihre Absicht, eine Berufstätigkeit aufzunehmen, wird zunächst zusätzlich von Art. 12 Abs. 1 GG freiheitsrechtlich geschützt. Dies hat im Rahmen der Rechtfertigung des Ungleichbehandlung insoweit Bedeutung, als anerkannt ist, daß der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers umso eher eingeschränkt ist, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf die Ausübung grundrechtlieh geschützter Freiheit nachteilig auswirken kann. 411 Die Neuemittenten haben bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 BImSchG grundsätzlich einen grundrechtlich geschützten Anspruch auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung 412 , die allerdings nach dem Systemwechsel ein Recht auf Emission der zertifiKoenig, JuS 1995,317. BVerfGE 4, 7(18 f.); 85, 238(245). 409 Dazu ausführlich § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b) und bb) (4). 410 Dieser Umstand wird häufig am Zertifikatmodell bemängelt, s. Lange, VerwArch 82(1991), 21 (Fn. 84); Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 99. 411 BVerfGE 88, 87(96); 89, 15(22 f.); 91, 346(363); Sachs, JuS 1997, 127; Sachs-Osterloh, Art. 3 Rn. 94. Speziell bei einer Beeinträchtigung des Art. 12 GG sind dem Gesetzgeber engere Grenzen gesetzt, s. nur BVerfGE 34, 71(78 f.); 37, 342(353 f.); 60, 123(134); 62, 256(274). 407

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zierten Stoffe nicht mehr vermitteln kann. 413 Wenn alle verfügbaren Zertifikate verteilt sind und deren Erwerb nur unter hohen wirtschaftlichen Aufwendungen möglich ist, läuft das immissionsschutzrechtliche Recht auf Errichtung der Anlage indes leer, da der Betrieb derselben ohne - die praktisch nicht zu erwerbenden - Emissionsberechtigungen unzulässig wäre. Die vollständige Verteilung der vorhandenen Emissionsberechtigungen bedeutet für Neuemittenten eine - zumal "künstliche" - faktische Marktzugangssperre. Der vom Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geforderte Ausgleich der entgegenstehenden Rechtspositionen der Alt- und der Neubetreiber verliefe bei einer Erstzuteilung, die die Bedürfnisse der Neukommer völlig außer acht ließe, einseitig zu ihren Lasten.

bb) Sachliche Rechtfertigung durch Befolgung des Prioritätsprinzips ? Die Benachteiligung der Neubetreiber könnte durch die Heranziehung des Prioritätsprinzip als maßgebliches Differenzierungskriterium sachlich gerechtfertigt sein. Lizenzmärkte basieren vorwiegend auf dem Prinzip des zeitlichen Vorgehens. Die Gratisvergabe der Emissionsrechte folgt sogar in doppelter Hinsicht diesem Verteilungsgrundsatz. Denn zum einen erfolgt schon die Zuteilung der Emissionsrechte nach herkömmlichem Recht nach der Reihenfolge der AntragsteIlung. Zum anderen beruht auch die Erstvergabe der Emissionsrechte auf dem Kriterium der zeitlichen Priorität: Nur zum Zeitpunkt des Systemwechsels bereits tätige Betreiber werden mit den nunmehr verbrieften - Emissionsrechten ausgestattet. Die Neuverteilung der Emissionsrechte bezieht sich also grundSätzlich nur auf Nutzungsrechte, welche ihrerseits nach dem Prioritätsprinzip verteilt wurden. Bei einer anfänglichen Auktionierung wird die Zuteilung der Emissionsrechte zwar von der Zahlung des jeweiligen Preises abhängig gemacht, ausschlaggebend ist dabei aber in der Regel auch die zeitliche Reihenfolge des Erwerbs. Sofern dabei zusätzlich die finanzielle Leistungsfähigkeit, die hier zumal dem Ziel einer Internalisierung externer Effekte dient,414 Bedeutung gewinnt, ist darin ein zusätzliches legitimes Verteilungskriterium zu sehen. 415 412 Die - nur marginale - Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 6 BImSchG wird häufig überbewertet. Ein Markt handelbarer Emissionsrechte und immissionsschutzrechtliche Genehmigungen schließen sich keineswegs aus, vgl. § 1 E. I. 2. 413 Der Anspruch ergibt sich wegen der besonderen Struktur dieses Grundrechts allerdings nicht unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG, s. § 2 A. I. 1. a) bb) (4). 414 s. § 1 A. 11. und B. 415 Vgl. Kloepjer/Reinert, Zuteilungsgerechtigkeit, S. 70 f.; Rehbinder, Kompensationen, S. 76; ausführlich etwa Tomuschat, Der Staat 12 (1973), 455; differenzierend Berg, Der Staat 15 (1976),26.

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Der Grundsatz der Chancengleichheit fordert eine Güterverteilung nach dem Prioritätsprinzip in Fällen begrenzter Kapazitäten sogar dem Grundsatz nach. 416 In formaler Hinsicht ist dem Prioritätsprinzip bereits Genüge getan, wenn Art und Anwendungsweise der Auswahlkriterien gesetzlich festgelegt sind. 417 Da beim Lizenzmodell die Verteilungs- und Transaktionsmodalitäten ohnehin regelungsbedürftig sind, ergeben sich insoweit keine Probleme. Trotz der grundsätzlichen Legitimität des Prioritätsprinzips, das, soweit es normiert ist, die materielle Rechtsstellung der Betroffenen auch verbindlich ausformt418 , kann ein derart formalisierter Maßstab allein jedoch dem materiellen Gleichheitsgebot nicht genügen. 419 Die mit der Zuteilung nach dem Prioritätsprinzip verbundenen Vorteile Rechtssicherheit, Berechenbarkeit und Praktikabilität vermögen die erheblichen Beeinträchtigungen subjektiver Rechte der Neubetreiber also nicht zu rechtfertigen. Ein Markt handelbarer Emissionsrechte, der Neubetreibern keine gesonderte Zugangsmöglichkeiten eröffnet und sie damit ihn sachlich nicht gerechtfertigter Weise benachteiligt,420 verstößt somit gegen das Gebot der Chancengleichheit. 421 Dem entspricht im Ergebnis auch die ständige Rechtsprechung zur Kontingentierung von Gütern, die eine stete Pflicht des Staates annimmt, Außenstehenden den Zugang zum Markt zu ermöglichen. 422 c) Auswirkungen auf die Organisation des Lizenzmarktes Es sind daher zwingend Regelungen erforderlich, die dem Interesse der Neukommer am Marktzugang Rechnung tragen. 423 Ein unbeschränkter Zugang aller Emittenten zum Markt wäre jedoch mit dem den Altbetreibern zustehenden Bestandsschutz nicht zu vereinbaren und auch nicht geeignet, 416 BVerwGE 64, 238(245); 82, 295(298); OVG NW, NVwZ-RR 1991, 147; kritisch: Tomuschat, Der Staat 12(1973), 455. 417 So die Einschränkung in BVerwGE 64, 238(245); BVerwGE 82, 246(255). Dies noch nicht berücksichtigend BVerwGE 16, 190(191). 418 So explizit BVerwGE 82, 295(298); OVG NW, NVwZ-RR 1991, 147 zu § 13 Abs. 5 PBefG als Positivierung des Prioritätsprinzips. Ausführlich zur Verfassungsmäßigkeit des in dieser Regelung vorgesehenen Handels mit Taxikonzessionen zuletzt Diet/ein, Nachfolge, S. 376 ff. 419 Kloepjer/Reinert, Zuteilungsgerechtigkeit, S. 69 m. w. N. 420 s. soeben aa). 421 Im Ergebnis auch Rehbinder, Umwe1tlizenzen, S. 121 m.w.N.; Lange, VerwArch 82 (1991), 21 (Fn. 84); Meßerschmidt, UmweItabgaben, S. 99; Manssen, UTR 36(1996), 143 (Fn. 48). 422 BVerfGE 40, 196(232); 81, 40(51 0; BVerwGE 82, 246(255). 423 A. A. offenbar Manssen, UTR 36(1996), 148, der hinsichtlich der grundrechtlichen Positionen der Neuemittenten keine Bedenken sieht, "soweit es bei der Festsetzung der Emissionsgesamtmengen zu einem angemessenen Ausgleich zwischen Betreiber- und Umweltschutzinteressen" komme.

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die Emissionsminderungsziele zu erreichen. 424 Vielmehr muß unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Rechtspositionen von Alt- und Neubetreibern ein angemessener Ausgleich hergestellt werden. aa) Rückfall frei werdender Kapazitäten an den Staat Die Möglichkeit, durch Stillegung einer Anlage oder ähnliche Ereignisse frei werdende Emissionskapazitäten an den Staat rückzuübertragen, wurde bereits angesprochen. 425 Im hiesigen Zusammenhang könnte die Maßnahme dazu dienen, den Lizenzbedarf der Neubewerber mit den dem Staat zufallenden Emissionsberechtigungen zu decken. Jedoch ist diese Maßnahme mit erheblichen Nachteilen verbunden und beeinträchtigt in erheblicher Weise die Funktionsfähigkeit des Marktes. 426 Daher kommt eine Einziehung nicht mehr genutzter Lizenzen, um diese an Neubewerber zu verteilen, nicht in Betracht. bb) Bildung einer Lizenzreserve Eine naheliegende Maßnahme zur Gewährung des Marktzugangs ist die Bildung eines staatlichen Sonderfonds, auf den lediglich Neukommer Zugriff haben dürfen. 427 (I) Gefahr der Vergrößerung der Gesamtemissionsmenge Die Schaffung eines solchen Reservebestands von Emissionsrechten zusätzlich zu bereits den Altemittenten gewährten Lizenzen führt zu einer Erhöhung der Gesamtemissionsmenge. Sie wird nur vermieden, wenn von vornherein, also schon vor der Erstzuteilung428 , ein Teil der zu verteilenden Lizenzen zurückgehalten wird, so daß die Summe der gewährten Emissionsrechte und des Reservevorrats das Emissionsniveau des Bezugszeitraumes 424 Vgl. Rehbinder, aaO., S. 121. Auch im gegenwärtigen Anlagenzulassungsrecht ergeben sich durch das Genehmigungserfordemis und die Berücksichtigung der Immissionssituation am Anlagenstandort Marktzulassungssperren. 425 § 1 E. 11. und § 2 A. I. 2. a) cc) (I) (b). 426 Fn. wie vor. 427 Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 123; Koschel/Brockmann/Schmidt/Stronzik/ Bergmann, Handelbare SOrZertifikate, S. 73. Die Art des Zugriffs läßt sich frei gestalten. Denkbar sind eine Auktionierung der Rechte, die einen Sekundärmarkt entstehen ließe, ein Verkauf zum Fixpreis oder eine (Teil-)Gratisvergabe. s. dazu sogleich (2). 428 Oder bei entsprechender Systemkonzeption - insbesondere bei zeitlich limitierten Emissionsrechten - bei jeder Neuverteilung der Zertifikate.

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nicht übersteigt. Im Rahmen der Untersuchung hat sich bereits gezeigt, daß eine angemessene und damit verfassungsgemäße Berücksichtigung des Bestandsschutzinteresses der Altbetreiber nicht eine (Neu-)Zuteilung sämtlicher durch die Eigentumsneugestaltung entzogener Emissionsrechte erfordert. 429 Daher ist eine solche Vorabreduzierung der zugeteilten Emissionsrechte - sofern sie sich in einem verhältnismäßigen Rahmen bewegt - auch ohne kompensierende Maßnahmen verfassungsgemäß. Der durch die Verminderung der zuzuteilenden Lizenzen hervorgerufenen Benachteiligung der Altemittenten kann der Gesetzgeber auch, sofern dies politisch gewünscht ist, dadurch entgegenwirken, daß er Reservelizenzen an die Neubetreiber versteigert430 und die Altbetreiber an den Erlösen beteiligt. 431 Damit stellt sich die Frage nach dem Umfang der Reservebildung. Da schon den Altbetreibern aufgrund des Bestandsschutzprinzips der Großteil der Emissionsrechte gewährt werden muß und die Emissionsgesamtmenge ökologischen Erfordernissen zu entsprechen hat, muß die Menge zurückgehaltener Lizenzen gering gehalten werden. Zudem ist die Reservebildung ein interventionistischer und damit modellfremder Eingriff, der die allokationspolitischen Intentionen des Lizenzmodells gefährdet. Aus diesen Gründen wurde auch bei der Umsetzung des Zertifikatmodells in den Vereinigten Staaten eine Reserve kleinen Umfangs gebildet: Sec. 416 (b) CAA sieht maximal 2,8% der zuzuteilenden Lizenzen eines Jahres für die Reservebildung vor. 432 Die Schaffung eines größeren Reservebestandes wäre nur erforderlich, wenn der Staat Neubewerbern immer dann, wenn deren Nachfrage nach Lizenzen vom Reservevorrat nicht befriedigt werden kann, eine Zugangsmöglichkeit eröffnen müßte. Eine solche Verpflichtung liefe letztlich darauf hinaus, den Neubetreibern ein Recht auf einen unbeschränkten Marktzugang zu gewähren. Ein solches Recht besteht aber, worauf schon hingewiesen wurde, gerade nicht. 433 Die Reservemenge muß von daher nicht einen solchen Umfang annehmen, daß stets die gesamte Nachfrage befriedigt werden könnte. Sie muß aber andererseits ausreichen, um einer üblicherweise Vgl. § 2 A. 1. 2. a) aa) (5) (a) (bb). Zu den Möglichkeiten der Lizenzvergabe s. sogleich (2). 431 Bei einem kompletten Rückfluß der eingenommenen Mittel spricht man von einer "Zero Revenue Auction" ("Null-Ertrags"-Verkauf). Eine - bezogen auf die Anlagengröße - gleichmäßige Belastung läßt sich dadurch erreichen, daß die Verkaufserlöse im Umfang des Prozentsatzes, den die Reservemenge an der jährlichen Gesamtemissionsmenge hat (z.B. 3%), je Anlage abgeführt werden; vgl. dazu und zur entsprechenden Funktionsweise des nordamerikanischen Emissionsrechtemarktes Endres/Schwarze. Acid Rain-Programm, S. 154 (Fn. 35) u. 179. 432 Endres/Schwarze. Acid Rain-Programm, S. 154. Dort auch zu entsprechenden Vorentwürfen und Überlegungen (aaü., Fn. 34). 433 s. soeben c). 429 430

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zu erwartenden Zahl Neuemittenten auch bei einem sehr schleppenden Handel und hohen Lizenzpreisen mit einer für die Aufnahme des Anlagenbetriebs genügenden Anzahl von Lizenzen zu versorgen. (2) Denkbare Vergabemodalitäten Wie im einzelnen die Verteilung der in Reserve gehaltenen Lizenzen an die Neubewerber erfolgt, unterfällt dem weiten Gestaltungsspielraum der Legislative. Neben einer Gratisvergabe kommt entweder ein Verkauf zum Fixpreis, sog. "Festpreisreserve", oder eine Versteigerung an den jeweils Meistbietenden in Betracht. 434 Die Höhe des Preises bei einem Verkauf der Reservezertifikate wird jedoch durch das Kriterium der Zumutbarkeit des Marktzugangs begrenzt. Die Erwerbsmöglichkeit kann auch, um Mißbräuche zu vermeiden, von bestimmten Bedingungen abhängig gemacht werden. So sehen einzelne Vorschriften im Title IV des Clean Air Act eine bevorzugte Vergabe für solche Betreiber vor, die nachweisen können, daß sie trotz aufrechter Bemühungen auf dem freien Markt keine Lizenzen erwerben konnten. 435 Die Vergabe selbst sollte aber in jedem Fall so ausgestaltet sein, daß sie den Neubewerbern auch untereinander Chancengleichheit bietet. 2. Ergebnis

Ein Markt handelbarer Emissionsrechte muß auch Grundrechten der Neubetreiber Rechnung tragen. Zwar ist das der Verteilung der Zertifikate zugrundeliegende Prioritätsprinzip grundsätzlich ein verfassungskonformes Verteilungskriterium, allerdings muß hinzukommenden Anlagenbetreibem die Möglichkeit eröffnet werden, Zugang zum Markt zu erlangen. Dazu bietet sich die Bildung eines Lizenzreservebestands an. Aus dem Gleichheitsgebot des Art. 3 GG ergibt sich nur, daß eine für eine gewöhnliche Anzahl Neukommer ausreichende, das heißt den Marktzugang ermöglichende Zahl Lizenzen in Reserve gehalten werden muß. Die Verteilung der Reservelizenzen kann auch entgeltlich erfolgen, jedoch darf der Preis nicht so hoch liegen, daß der Marktzugang unzumutbar erschwert wird.

434 Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 124, der als "Mittelweg" den Verkauf zum Fixpreis - in der Höhe des geschätzten Marktpreises - vorschlägt. Gegen eine Gratisvergabe der Zertifikate, die für Neubetreiber mangels bestandsschutzrechtlicher Positionen verfassungsrechtlich in der Regel nicht geboten ist, spricht die Gefahr des Mißbrauchs durch Spekulanten; zu möglichen Gegenmaßnahmen aber sogleich im Text. 435 Sog. "good faith efforts", sec. 416 (c) (4) CAA.

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III. Grundrechte nicht emittierender Dritter Dritte, die nicht als industrielle Emittenten tätig sind und daher keine Lizenzen erwerben müssen, werden durch die Einrichtung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte in der Regel nicht grundrechtlich beeinträchtigt. Hingegen kann die tatsächliche Schadstoffemission durch das Gebrauchmachen der Zertifikate Dritte belästigen. Die Nutzung der Emissionsrechte ist allerdings, sofern es sich - wie im Regelfall - bei den Betreibern um Private handelt, keine hoheitliche Tätigkeit. Damit scheint ein Vorgehen gegen die grundrechtlich nicht gebundenen privaten Emittenten (Art. 1 Abs. 3 GG) nicht möglich zu sein. Im Hinblick auf gesundheitsgefährdende Emissionen ergibt sich jedoch wegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG eine Besonderheit. Diese grundgesetzliche Bestimmung, die jedem das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit garantiert, ist nicht nur als bloßes Abwehrrecht, sondern auch als objektive Entscheidung zu verstehen, die die staatlichen Organe verpflichtet, sich schützend und fördernd vor die Rechtsgüter des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit zu stellen. 436 Aus dieser objektiven Wertentscheidung folgt auch, daß eine Beeinträchtigung Drittbetroffener vorliegt, wenn der Staat gefährliche Tätigkeiten genehmigt. 437 Gleiches muß auch dann gelten, wenn die Art und Weise der Freisetzung von Schadstoffen dem einzelnen überlassen bleibt, wie es bei Lizenzsystemen im sogenannten Grundmodell der Fall ist und durch die Emissionen konkrete Gesundheitsgefährdungen Drittbetroffener zu befürchten sind. 438 Soweit also gefährliche Stoffe lizenziert werden, ohne daß regionale Begrenzungsregelungen vorgesehen sind und sich sog. "hot spots" bilden können, ist das Grundrecht des Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG der dadurch gefährdeten Bürger verletzt. 439 Mithin kommt das Grundmodell für Stoffe, die Gesundheitsgefährdungen in der Nähe der Emissionsquelle erzeugen, 436 BVerfGE 46, 160(164); 77, 381(402 f.) [Leben]; 56, 54(73 ff.); 85, 191(212); BVerwG, DVBl. 96, 919 [körperl. Unversehrtheit]; Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 2 Rn. 51 u. 61 ff. 437 BVerwGE 54, 211(222 f.); 82, 61(66 ff.); Jarass, aaü., Rn. 63. Zur "modernen" Rechtsfigur des Untermaßverbots s. BVerfGE 88, 203(254) m. w.N. 438 Dazu bereits § 1 E. I. 1. Aus der neueren Literatur: Steinberg, NJW 1996, 1986 ff. 439 Im Ergebnis auch Lange, VerwArch 82(1991), 10 f.; Schmidt/Sandner, in: StengellWüstner, S. 85; Feldhaus, DVBl. 1984, 554; Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 100; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 92 f. So auch Marburger, DJT 1986, C 99 f., der aus diesem Grund das Umweltzertifikatmodell allerdings per se ablehnt, ohne auf Korrekturmöglichkeiten des Grundmodells einzugehen. Darüber hinaus übersieht er, daß lokale Belastungsspitzen bei ubiquitär verbreiteten, nicht gefährlichen Stoffen (z. B. Kohlendioxid) gar nicht auftreten. Letzteres beachtet auch Koenig (DÖV 1996, 946 ff.) nicht, der aus diesem Grund zu weitgehende Restriktionen fordert.

B. Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels

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wie z. B. Schwefeldioxid, nicht in Betracht. Vielmehr ist in solchen Fällen eine Anwendung des Lizenzmodells nur möglich, wenn die lokale Konzentration der Schadstoffe durch die ergänzende Berücksichtigung der Immissionssituation vermieden wird. 44o Die staatliche Schutzpflicht, Gesundheitsgefährdungen bereits bei Implementierung des Systems zu vermeiden, betrifft jedoch nicht nur die (räumliche) Organisation des Handels selbst, sondern auch die inhaltliche Kontrolle. Auch eine nach Belastungsgesichtspunkten sorgfältig geplante Strukturierung des Marktes ist wertlos, wenn es dem Staat nicht gelingt, die Einhaltung des Emissionsrahmens durch wirksame Kontrollen zu gewährleisten. Bei einem Handel mit gefährlichen Stoffen muß sichergestellt sein, daß die Bürger durch effektive Überwachungsinstrumente - vor allem durch Emissionsfernüberwachung (EFÜ)441 - vor mißbräuchlichem Verhalten, wie etwa der von Lizenzen nicht gedeckten Emissionstätigkeit, geschützt werden. Sieht ein System von vornherein keine entsprechenden Maßnahmen vor, läge auch schon darin eine Verletzung des Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG.

B. Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels Nach der Verteilung der Emissionsrechte an die Altbetreiber in der Einführungsphase 442 kann der Handel mit diesen beginnen. Dem Staat kommt nunmehr eine nur noch untergeordnete Aufgabe zu; nach der Modelkonzeption haben intervenierende Maßnahmen nach Möglichkeit zu unterbleiben. Mit einer bloßen Zuschauerrolle darf er sich indes nicht begnügen. Die von vielen Unwägbarkeiten geprägte Marktentwicklung kann rasch zur Gefährdung verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter und damit zur Aktivierung staatlicher Verpflichtungen führen. Schon die Ausgestaltung der Transaktionsmodalitäten kann bestimmten verfassungsrechtlichen Bindungen unterworfen sein. Deren Ausmaß wird in besonderem Maße davon beeinflußt, ob die gehandelten Emissionsrechte selbst verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen sind.

Vgl. die bereits dargestellten Alternativen zum Grundmodell (§ 1 E. I. 2.). Vgl. dazu BVerwG UPR 1997, 320 ff.: Die auf Grund des § 31 S. 2 BImSchG angeordnete Fernübertragung von Emissionsdaten sei verfassungs gemäß; sie verletze insbesondere nicht das Grundrecht des Anlagenbetreibers auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) (aaO., 322). 442 Die Unterscheidung zwischen Einführungs- und Betriebsphase ist nicht zwingend erforderlich, dient aber - wegen der Verschiedenartigkeit der jeweiligen rechtlichen Fragestellungen - der Übersichtlichkeit. 440 441

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§ 2 Grundrechtliche Probleme

I. Art. 14 GG Unabhängig davon, ob die Erstzuteilung der Lizenzen kostenpflichtig oder unentgeltlich erfolgt, ist der Lizenzerwerb mit Beginn des Handels stets mit einer Vermögensbelastung verbunden. Damit stellt sich zunächst die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Auferlegung dieser Geldleistungspflicht. 443 Daneben ist aber auch zu berücksichtigen, daß der Lizenzbestand selbst vielfältigen staatlichen Eingriffen ausgesetzt ist. Von besonderer Bedeutung ist hierbei der Abwertungsmechanismus444 , der den Wert der Emissionsberechtigungen reduziert. Wären Lizenzen verfassungsrechtliches Eigentum, läge in der Vornahme einer jeden Abwertung ein Eingriff in das Eigentum der Marktakteure an ihren handel baren Zertifikaten. Vor diesem Hintergrund gilt es, die verfassungsrechtlichen Grenzen für staatliche Eingriffe in das Eigentum der Marktteilnehmer445 zu bestimmen. Eine erneute Auseinandersetzung mit den Abgrenzungsschwierigkeiten der Art. 12 und 14 GG ist dabei nicht erforderlich, da jedenfalls Regelungen wie die hier interessierenden, die unmittelbar an das privatrechtliche Eigentum an den Emissionsberechtigungen anknüpfen, dem Anwendungsbereich des Art. 14 GG zuzuordnen sind. 1. Schutzbereich

Die staatlichen Aktivitäten müssen nur dann vor Art. 14 GG gerechtfertigt werden, wenn der Schutzbereich dieses Grundrechts überhaupt eröffnet ist. a) Vermögensbelastung durch Pflicht zum Lizenzerwerb Zunächst könnte eine Beeinträchtigung des Eigentumsgrundrechts durch die Auferlegung der Gebührenpflicht in Betracht gezogen werden. Indes gewährt Art. 14 Abs. 1 GG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts446 und herrschender Auffassung grundsätzlich keinen Schutz gegen die Auferlegung von Abgabenbelastungen. 447 Der Schutzbereich die443 Zwar ist dies keine Pflicht i. e. S., da auch die Möglichkeit der Emissionsvermeidung besteht; in einem gewissen Maße ist aber jeder Emittent gezwungen, Lizenzen zu erwerben. 444 s. § 2 A. I. 2. a) cc). 445 Soweit nicht die Privilegierung der Altbetreiber in der Erstzuteilungsphase betroffen ist, sind die rechtlichen Maßstäbe für Alt- und Neubetreiber identisch. 446 BVerfGE 14, 221(241); 70, 219(230); 75, 108(154); 81, 108(122). Auch vereinzelte abweichende Formulierungen des Gerichts in letzter Zeit, die vielfach Anlaß zu (Fehl-)Spekulationen gaben (E 87, 153(169) und 93, 121(l37», bedeuten

B. Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels

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ses Grundrechts soll vielmehr nur dann eröffnet sein, wenn eine konkrete Eigentumsposition betroffen ist. Dies ist bei Geldleistungspflichten für Emissionslizenzen, die gerade zum Erwerb einer (eigentums-)rechtlichen Position - nämlich der jeweiligen Emissionslizenz - getätigt werden 448 , nicht der Fall. Die damit verbundene Abgabepflicht führt auch nicht zu einer grundlegenden Beeinträchtigung der Vermögensverhältnisse der Marktteilnehmer. 449 Soweit im Schrifttum Art. 14 Abs. 1 GG bei staatlichen Eingriffen in das private Geldvermögen in letzter Zeit zunehmend für einschlägig gehalten wird45o , kann dies nicht überzeugen, da auf diese Weise der Grundsatz, daß Art. 14 GG nicht das Vermögen als solches schütze451 , in nicht vertretbarem Umfang ausgehöhlt und das Eigentumsgrundrecht damit letztlich zu einem Auffanggrundrecht auf vermögensrechtlichem Gebiet umfunktioniert würde. 452 Die Vermögensbelastung der Marktteilnehmer ist daher nicht vom Schutzbereich des Art. 14 GG erfaßt. 453

keine Abkehr von der ständigen Rechtsprechung, so auch die KlarsteIlung in BVerfGE 95, 267(300 0. 447 BVerwGE 98, 280(291); BGHZ 83, 190(194); BFHE 163, 162(174); SchmidtBleibtreu, in: ders./Klein, Art. 14 Rn. 4b; Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 14 Rn. 15, jeweils m. w. N. 448 Zu der Frage, ob eine solche tatsächlich erworben wird, s. sogleich unter b). Die finanzverfassungsrechtliche Problematik der Lizenzentgelte wird später in § 3 noch ausführlich untersucht. 449 Nur in solchen Fällen läßt das BVerfG bislang eine Ausnahme von seinem Grundsatz zu, vgl. BVerfGE 68, 287(310 f.); 78, 214(230); 87, 153(169). Dies ist systematisch wenig überzeugend, da das Vorliegen des Schutzbereiches von der Intensität des Eingriffs abhängig gemacht wird. Für Steuern hat das Bundesverfassungsgericht jüngst den - umstrittenen - Versuch einer Quantifizierung der übermäßigen Belastung vorgenommen (sog. Halbteilungsgrundsatz): BVerfGE 93, 121(138) = NJW 1995, 2615(2617). Dies ablehnend und eine allgemeine Bindungswirkung dieser Entscheidung gemäß § 31 BVerfGG verneinend BFH NJW 1999, 3798 ff. 450 P. Kirchhof, HStR IV, § 88 Rn. 86 ff.; Depenheuer, in: v. Mango1dt/Klein/ Starck, Art. 14 Rn. 173; v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 23; Sachs-Wendt, Art. 14 Rn. 38; Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 161. 451 Fast einhellige Auffassung: BVerfGE 4, 7(17); 81, 108(122); 91, 207(220); 95, 267 (300); BGHZ 83, 190(194); Wendt, aaO., Rn. 38; MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 42 u. 160 ff.; Depenheuer, aaO., Rn. 173; Bryde, aaO., Rn. 23; a.A.: BK-Kimminich (Stand: August 1992), Art. 14 Rn. 50 ff. 452 Papier, aaO., Rn. 161. 453 Zu den Anforderungen an die Höhe des Lizenzpreises s. § 3 A. III. 2. Die dort dem Verhältnismäßigkeits- bzw. Äquivalenzprinzip entnommenen Vorgaben decken sich weitgehend mit dem freiheits(grund-)rechtlichen Schutzniveau. 10*

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b) Zugriff auf individuell zurechenbare Emissionslizenzen Damit stellt sich die Frage, ob staatliche Zugriffe auf die Emissionslizenzen selbst mit Art. 14 GG zu vereinbaren sind. Voraussetzung dafür ist, daß die den einzelnen Marktteilnehmern gewährte Rechtsposition überhaupt dem Schutzbereich dieses Grundrechts zugeordnet werden kann. Wie schon im ersten Teil hinsichtlich der Emissionsbefugnis der Altemittenten festgestellt wurde, kommen für den Eigentumsschutz mehrere unterschiedliche Anknüpfungspunkte in Betracht, so das Anlageneigentum bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, möglicherweise verknüpft mit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, sowie die Emissionslizenz selbst. Da davon auszugehen ist, daß der Gesetzgeber die Emissionsbefugnis hinsichtlich der vom Lizenzsystem erfaßten Stoffe ausschließen würde454 - etwa in einem § la BImSchG455 - und eine solche Norm eine Inhalts- und Schrankenbestimmung i. S. von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG darstellt456 , ergäbe sich aus der Gesamtschau der einfachgesetzlichen Regelungen457 , daß die Emissionsbefugnis nicht mehr Bestandteil verfassungsrechtlichen Eigentums wäre. Im Falle einer solchen ausdrücklichen Regelung kann nach Inkrafttreten des Emissionsrechtemarktes weder das Grundeigentum noch das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eine Grundlage für diese Eigentumsposition mehr bilden. 458 Gleiches muß für die Genehmigung gelten, welche die Nutzung am privatrechtlichen Grundeigentum als notwendigen Bezugspunkt hat und allein keinen eigentumsrechtlichen Schutz an der Emissionsbefugnis herzustellen vermag. 459 Der Eigentumsschutz der Emissionsbefugnis kann also nur durch die Emissionslizenz selbst vermittelt werden. Auch in diesem Zusammenhang 454 s. dazu schon § 2 A. I. I. a) bb) (I). Eine "implizite Nonnierung" (so BeckerNeetz, Rechtliche Probleme, S. 157) ist zwar nach vorzugwürdiger Auffassung möglich (vgl. dazu auch Fn. 81), aus KlarsteIlungsgründen ist indes eine ausdrückliche Regelung zu empfehlen. 455 Es genügt natürlich auch eine Verortung in jedem anderen Bundesgesetz, beispielsweise in einem (fiktiven) Emissionslizenzgesetz; systematische Gründe sprechen aber für eine Nonnierung im BImSehG. Inhaltlich wäre die Nonn an die §§ la Abs. 3 WHG; § 3 Abs. 2, § 6 BBergG anzunähern. Vgl. dazu auch schon § 2 A. I. I. a) bb) (I) und später § 3 A. III. 2. c) aa). 456 Vgl. § 2 A. I. I. 457 Gegenüber allgemeinen inhaltsbestimmenden Regelungen (z. B.: §§ 903, 905 BGB; §§ 4 ff. BImSehG) wäre eine solche Norm spezieller. 458 So - allerdings einschränkend ("wohl") - auch Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 126; i.E. auch Becker-Neetz. Rechtliche Probleme, S. 157. 459 Dazu schon § 2 A. I. I. a) bb) (4) u. (5). Betriebsgenehmigungen, die nach Inkrafttreten des Emissionsrechtemarktes erteilt werden, berechtigen ohnehin nicht mehr zu einer von Lizenzen nicht mehr gedeckten Emissionstätigkeit.

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obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die lizenzierte Emissionsbefugnis als Bestandteil des Eigentums oder als bloße - nicht von Art. 14 Abs. 1 GG geschützte - Berechtigung gewähren will. Eine verfassungsrechtliche Verpflichtung, die Emissionsbefugnis dem Eigentum (wieder) zuzuordnen, kann schon deshalb nicht bestehen, weil der Gesetzgeber auch zu ihrer Ausgliederung berechtigt ist. 46o Es wäre demnach eine Regelung möglich, die - wie es der amerikanische Bundesgesetzgeber in sec. 403 (f) CAA festgelegt hat - die Lizenzen (Allowances) als begrenzte, jederzeit widerrufbare Emissionserlaubnis ("limited authorization to emit sulfur dioxide... ") und ausdrücklich nicht als Eigentumsrecht ("such allowance does not constitute a property right") definiert. 461 Nur dann, wenn der bundes deutsche Normgeber eine solche - ausdrückliche - Regelung nicht erlassen sollte, müßte anhand einer Gesamtschau der einfachgesetzlichen Regelungen ermittelt werden, ob Emissionszertifikate selbst eigentumsrechtlich geschützt sind. 462 Dabei müßte insbesondere geklärt werden, ob die Rechtsnatur der Lizenzen eher öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher Art ist. Für eine Zuordnung zum Privatrecht spricht, daß Emissionslizenzen von der öffentlichen Hand als Vermögensrechte ausgestaltet werden und auf dem Markt frei handelbar sind. Jedoch unterliegt ein Zertifikatmarkt trotz grundsätzlich freier Handelbarkeit der Lizenzen der staatlichen Kontrolle und bedarf von daher zahlreicher Kontrollinstrumente und staatlicher Interventionsmöglichkeiten. Den Marktteilnehmern wird keine uneingeschränkte Verfügbarkeit über das Recht überlassen; vielmehr ist Emissionszertifikaten ein konzessionsähnlicher Charakter zu eigen. Auch ihrer Bedeutung nach sind Emissionsrechte eher dem öffentlich-rechtlichen Regelungsgefüge des Immissionsschutzrechts zuzuordnen. Anhaltspunkte für die Bestimmung der Rechtsnatur von Emissionslizenzen lassen sich also sowohl dem Privatrecht als auch dem öffentlichen Recht entnehmen. Wegen dieser Ambivalenz kann eine Typisierung als privat- oder öffentlichrechtlich geprägtes Eigentum nicht apriori vorgenommen werden463 ; die Beurteilung kann vielmehr nur anhand einer konkreten § 2 A. I. 2. b). Zur Realisierung des Lizenzmodells in der Bundesrepublik auf einfachgesetzlicher Ebene s. die Definitionsvorschläge bei Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 78 ff. m.w.N. 462 Diesen Vorrang der gesetzgeberischen Gestaltungsbefugnis übersieht BeckerNeetz, Rechtliche Probleme, s. 158 ff. 463 Unklar sind die Stellungnahmen von Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 126 und Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 158 ff. (differenzierend aber auf S. 220 f.), die die Rechtsnatur der Zertifikate dahinstehen lassen, den Rechtsschutz im Ergebnis aber bejahen. Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 83, ordnet Zertifikate einzig ihrer freien Übertragbarkeit wegen dem Privatrecht zu. 460 461

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Ausgestaltung eines Lizenzsystems erfolgen. 464 Im folgenden wird daher beiden möglichen Regelungsgestaltungen Rechnung getragen.

aa) Erworbene Lizenzen als privatrechtliehe Positionen Gestaltet der Gesetzgeber die Emissionslizenzen als vermögenswerte Rechtsposition des Privatrechts465 aus, ergeben sich keine Besonderheiten. Der Schutzbereich wäre dann für die Inhaber der frei übertragbaren Lizenzen uneingeschränkt eröffnet, Eingriffe in das Lizenzeigentum wären vor dem verfassungsrechtlichen Maßstab des Art. 14 GG zu rechtfertigen.

bb) Erworbene Lizenzen als öffentlich-rechtliche Positionen Emissionslizenzen könnten aber auch als vermögenswertes subjektives Recht öffentlicher Natur gestaltet sein. Um den Schutz von Art. 14 GG zu genießen, müßten sie nach der bereits skizzierten Rechtsprechung des BVerfG466 zusätzlich ein Äquivalent eigener Leistung sein. (1) Kostenfrei zugeteilte Lizenzen

Durch die Anfangsverteilung oder Sonderauktionen kostenfrei zugeteilte Lizenzen sind unabhängig von einer Gegenleistung und schon aus diesem Grund kein Äquivalent eigener Leistung. 467 Der Schutzbereich des Art. 14 GG ist für diese staatlicherseits zugeteilten Lizenzen daher nicht eröffnet. 468

464 Weder Rechtsprechung noch Literatur ist es bislang gelungen, hinreichend klare Kriterien zur Abgrenzung privater und subjektiv-öffentlicher Rechte zu entwickeln. Ein gelungenes Beispiel einer diesbezüglichen Normauslegung findet sich bei Hoppe, DVBI. 1982, 104 ff.; nicht überzeugend ist dagegen die methodische Vorgehensweise von Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 159 (Heranziehung der Theorien zur Bestimmung des Verwaltungsrechtswegs [§ 40 VwGO]). Zum ganzen auch Eschenbach, Schutz des Eigentums, S. 249 ff., 263 ff. 465 1.e. dazu BVerfGE 83, 201(209); 89, 1(6); 95, 267(300); Sachs-Wendt, Art. 14 Rn. 22 ff. 466 s. § 2 A. 1. 1. a) bb) (4). 467 So auch für die Anfangszuteilung Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 220. 468 Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 220; unklar Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 126. Vgl. für den Handel mit - nach dem PBefG erteilten - Taxikonzessionen FrotscherlBecht, NVwZ 1986, 86 und Dietlein, Nachfolge, S. 386 f. Im Unterschied zu dem in diesem Bereich unerwünschten Handel ist bei Emissionslizenzen die Kapitalisierung der Erlaubnis gerade bezweckt, so daß sich deren Argumentation nur beschränkt übertragen läßt.

B. Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels

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(2) Auf dem Markt erworbene Lizenzen Emittenten enthalten in der Betriebsphase grundsätzlich nur eine Emissionslizenz, wenn sie den entsprechenden Marktpreis entrichten. Die Erteilung der Lizenz ist folglich Gegenwert für die Zahlung und stellt ein hinreichendes Äquivalent eigener Leistung dar. 469 Dies ist auch der Fall, wenn die Befugnis zur emittierenden Tätigkeit in bestimmten Modellausprägungen, z. B. bei sogenannten Mischsystemen 47o, vorn Vorliegen weiterer Voraussetzungen wie der Einhaltung bestimmter Immissionsgrenzwerte abhängt. Denn diese Faktoren haben nur Bedeutung für die Rechtmäßigkeit einer Emissionstätigkeit; den in der Vermögensaufwendung für den Lizenzerwerb liegenden Leistungsaufwand beeinflussen sie indes nicht. 471 Durch eigene Vermögensaufwendungen erlangte Lizenzen sind daher eigentumsrechtlich geschützt.

ce) Bedeutung für den grundrechtlichen Schutz der Lizenzinhaber Es mag überraschen, daß - legt man eine primär öffentlich-rechtliche Prägung der Emissionsrechte zugrunde - auf dem Markt erworbene Lizenzen durch Art. 14 GG geschützt sind, kostenlos zugeteilte dagegen nicht. Jedoch spiegelt sich in diesem Ergebnis die nicht zu beanstandende Wertung wider, daß Rechtspositionen, die erworben werden müssen, verfassungsrechtlich stärker geschützt sind als solche, die der Rechtsinhaber ohne eigenes Zutun erwirbt. Praktisch wird sich die unterschiedliche Intensität des verfassungsrechtlichen Schutzes - Art. 14 GG für die erworbenen Zertifikate einerseits, Art. 2 Abs. 1 GG für die zugeteilten andererseits - ohnehin kaum auswirken können. Für eine exakte rechtliche Beurteilung müßte für jede durch eine Regelung betroffene Lizenz geklärt werden, ob sie durch eigene Mittel oder durch kostenfreie Zuteilung erworben wurde. Die Feststellung der Lizenzherkunft ist ohnehin nur dann möglich, wenn die Zuteilungsphase der freien Handelsphase zeitlich deutlich vorgeht. Nur in diesem Fall könnte mit hinreichender Sicherheit geklärt werden, daß sich in der Hand des Anlagenbetreibers nur zugeteilte und damit weniger intensiv geschützte Emissionsbefugnisse befinden. Erlaubt der Gesetzgeber hingegen den sofortigen Handel mit Lizenzen der Betreiber untereinander oder Zusatzverkäufe durch staatliche Auktionen, ließe sich schon nach einern kurzen Zeitraum nicht mehr klären, welche Lizenzen zum Bestand der Anfangsausstattung gehören und 469 Rehbinder, Kompensationen, S. 79 f.; ders., Umweltlizenzen, S. 126, jeweils m.w.N. 470 Dazu § 1 E. I. 471 Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 160 u. 221.

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welche ohne eigene Leistung erworben wurden. Im Ergebnis wäre damit jeder staatliche Eingriff vor dem strengeren Maßstab des Art. 14 GG zu rechtfertigen. 472 Zur Verdeutlichung sei noch erwähnt, daß sich dieser diversifizierte verfassungsrechtliche Schutz der Emissionslizenzen nur ergibt, wenn der Gesetzgeber nicht von seiner Befugnis Gebrauch macht, den Eigentumsinhalt derselben in ausdrücklicher Weise zu bestimmen und statt dessen die Zertifikate als öffentlich-rechtliche Positionen ausgestaltet. Bestimmt eine Norm hingegen ausdrücklich, daß Emissionslizenzen Eigentum i. S. von Art. 14 GG darstellen, steht der Eigentumscharakter für jede Lizenz - unabhängig vom Erwerbstatbestand - bereits fest; regelt sie das Gegenteil, wäre keine der Lizenzen von Art. 14 GG geschützt. 2. Eingriff

Soweit Zertifikate nach dem Gesagten eigentumsrechtlich geschützt sind, kann auch nach Ingangsetzen des Emissionsrechtehandels eine Vielzahl staatlicher Aktivitäten diese Rechtsposition beeinträchtigen. Ein wesentlicher Eingriff in das Lizenzeigentum der Marktteilnehmer erfolgt durch den Abwertungsmechanismus, der den Nennwert eines Emissionsrechts um einen bestimmten Prozentsatz mindert. Daneben sind Maßnahmen denkbar, die den Nennwert der Lizenzen in sonstiger Weise verkürzen bis hin zu einem vollständigen Entzug des Emissionsrechts als Sanktionsmaßnahme. 3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Zu untersuchen ist nunmehr, ob diese Beeinträchtigungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind. a) Sich planmäßig vollziehende Eigentumseingriffe Es hat sich im Rahmen der Untersuchung bereits gezeigt, daß eine - kontinuierliche - Abwertung der Lizenzen vorgenommen werden muß, um mittel- bis langfristig eine Verringerung der Umweltbelastung zu erreichen. Ferner hat sich herausgestellt, daß Art und Höhe der Abwertung im Hinblick auf die Rechte der Altemittenten aus verfassungsrechtlichen Gründen einer Begrenzung bedürfen.473 An dieser Stelle ist daher zu klären, ob durch die Durchführung von Abwertungen auch hinzukommende Betreiber 472 Die Befürchtung Rehbinders (Umweltlizenzen, S. 126), ein und dieselbe Lizenz könnte unterschiedlich behandelt werden, ist also weitgehend unbegründet. 473 § 2 A. I. 2. a) ce) (1).

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in ihrem Eigentumsgrundrecht verletzt werden mit der Folge, daß weitere ausgleichende Regelungen vorzusehen wären. Eine die Abwertung legitimierende und nach dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts auch erforderliche474 Ermächtigungsgrundlage ist zugleich Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Wie weiterhin ausgeführt wurde, werden die Parameter einer periodisch erfolgenden Abwertung bereits von vornherein in einer solchen Regelung abschließend festgelegt. 475 Damit ist das an Emissionszertifikaten bestehende Eigentum, soweit es die Minderung durch den jeweils geltenden Abwertungsfaktor betrifft, von vornherein labil. Die durch eine Abwertung beeinträchtigte Rechtsposition ist daher nicht von Art. 14 GG geschützt, so daß die Vornahme der Abwertung selbst keine eigentumsrelevante Maßnahme ist. 476 b) Nachträgliche eigentumsrelevante Maßnahmen Damit stellt sich die Frage, ob Eigentumsbelastungen, die nicht bereits bei der Systemimplementierung berücksichtigt wurden, Eingriffe in das Eigentum der Neubetreiber begründen können. Denkbar erscheint es zum Beispiel, daß der Gesetzgeber unerwünschten Entwicklungen im Zertifikatmarkt entgegenwirken möchte und zu diesem Zweck neue Instrumente, also nicht bereits in einem Lizenzgesetz geregelte, einführen möchte. Im Unterschied zum soeben Geprüften läge in einem solcherart gelagerten Fall keine vorherige Eigentumsbelastung vor, welche den Schutzbereich des gewährten Eigentums hätte reduzieren können. Die nachträgliche Maßnahme griffe daher mangels einer vorherigen Festlegung der Inhalte und Schranken des Eigentums in bestehendes Lizenzeigentum ein. Der Eingriff wäre also gesondert rechtfertigungsbedürftig nach den Grundsätzen, die bereits bei der Problematik der Altemissionsrechte im Hinblick auf Art. 14 GG477 geprüft worden sind. Zu messen wäre der Eingriff dabei insbesondere am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. In diesem Zusammenhang wäre als Abwägungsposten auf Seiten der Lizenzinhaber deren Vertrauen auf unveränderte Rahmenbedingungen des Marktes zu berücksichtigen; dem stünde das in der Regel umweltpolitisch motivierte Interesse des Staates an einer Korrektur der beobachteten Entwicklung gegenüber.

V gl. die Ausführungen zu Fn. 327. s. § 2 A. I. 2. a) cc) (1). 476 Allein die Festlegung der Abwertungsrate selbst ist bei festen Abwertungsraten der verfassungsrechtlichen Prüfung zugänglich, vgl. § 2 A. I. 2. a) cc) (1). 477 § 2 A. I. 2. 474 475

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11. Art. 12 GG Staatliche Eingriffe während der Betriebsphase eines Lizenzsystems beschränken sich nicht nur auf Beeinträchtigungen des Lizenzeigentums. Den Marktteilnehmern werden durch den Systemwechsel eine Reihe von Verhaltenspflichten auferlegt, wobei die Pflicht der Emittenten, sich künftig mit Lizenzen ausstatten zu müssen, im Vordergrund steht. Hierdurch werden vorrangig Fragen der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG berührt. 1. Anwendbarkeit

Wie bereits dargestellt wurde478 , kann eine Idealkonkurrenz zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 14 Abs. 1 GG bestehen, wenn eine nicht nur objekt-, sondern auch tätigkeitsbezogene Beschränkung vorliegt. Regelungen eines Lizenzgesetzes, die Gestaltung und Organisation des Lizenzmarktes betreffen, verpflichten die Unternehmer dazu, ihre Gewerbebetriebe künftig so zu führen, daß sämtliche Emissionen durch entsprechende Zertifikate gedeckt sind und die damit verbundenen Verhaltenspflichten befolgt werden. Diese Pflichten betreffen sowohl die Nutzung des Eigentums an der Anlage bzw. den Betriebsmitteln als auch die berufliche Tätigkeit. Damit werden nicht nur objekt-, sondern auch tätigkeitsbezogene Beschränkungen auferlegt. Eine genaue Zuordnung zu einem der beiden Grundrechte ist von daher nicht möglich, so daß Art. 14 GG und Art. 12 GG nebeneinander anwendbar sind. 479 Soweit es um grundrechtlichen Schutz gegen die Abgabenbelastung geht, folgt die Anwendbarkeit des Art. 12 GG zudem aus einem anderen Gesichtspunkt: Geldleistungspflichten, die die Funktion haben, ein grundrechtlieh geschütztes Verhalten zu lenken, betreffen jeweils auch das jeweilige Freiheitsrecht. Soweit also solche Lenkungsabgaben480 zum Erwerb einer eigentumsrechtlichen Position Einfluß auf die berufliche Betätigung nehmen, ist Art. 12 GG anwendbar. 481 § 2 A. I. 3. Speziell für Zertifikatlösungen wurde die Abgrenzungsfrage noch nicht geklärt: Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 126, nimmt generell eine Idealkonkurrenz beider Grundrechte an und begründet dies mit "mangelnden" Abgrenzungskriterien; ähnlich Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 86, der die Frage bloß aufwirft und sich auf Art. 14 GG "beschränkt"; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 182 ff. nimmt eine Abgrenzung der beiden Grundrechte erst gar nicht vor. 480 Ausführlich dazu noch im finanzverfassungsrechtlichen Teil dieser Arbeit (§ 3). Hier liegt eine "Abgabe" im nur untypischen Sinne vor, da sie im Marktverlauf grds. an Private und nicht an den Staat zu entrichten ist. Allgemein zur Lenkungsfunktion von Umweltzertifikaten: § 1 B. I. 478

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2. Schutzbereich

a) Gewährleistung der Unternehmerfreiheit Obwohl dies im Verfassungs text nicht ausdrücklich erwähnt ist, besteht Einigkeit, daß Art. 12 Abs. 1 GG auch die Freiheit der Berufsausübung garantiert. 482 Die Lizenzerwerbspflicht483 als wichtigste Verhaltenspflicht der Marktakteure könnte die Unternehmerfreiheit, die die freie Führung von Unternehmen gewährleistet und als Teil der Berufsfreiheit i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG geschützt ist484, beeinträchtigen. Üblicherweise wird die Unternehmerfreiheit in einzelne Teilfreiheiten unterteilt; so fällt beispielsweise die hier durch den Lizenzerwerbszwang betroffene Produktionsfreiheit darunter. 485 Allerdings ändert die Benennung dieser Teilfreiheiten nichts am Schutzumfang bzw. -intensität der Berufsfreiheit; sie dient lediglich der Verdeutlichung. 486 Die Unternehmerfreiheit der Marktteilnehmer kann indes nur dann beeinträchtigt sein, wenn die in Frage kommenden Regelungen einen "Beruf' i. S. von Art. 12 Abs. 1 GG betreffen. Der Berufsbegriff ist weit auszulegen und umfaßt grundsätzlich jede Tätigkeit, die der Grundrechtsträger (erlaubtermaßen) zur Schaffung und Erhaltung seiner Lebensführung ergreift. 487 Die zertifikatrechtlichen Vorschriften knüpfen vor allem an die Emissionstätigkeit der Marktteilnehmer an. Ein Beruf des "Emittenten" ist je481 MDH-Papier (Stand: Mai 1994), Art. 14 Rn. 223; v. Münch/Kunig-Bryde, Art. 14 Rn. 66 ("Stichwort Steuer- und Abgabenrecht"); v. Münch/Kunig-Gubelt, Art. 12 Rn. 98. Die gelegentlich anzutreffende Formulierung, da der Schutz gegen die Auferlegung einer Vermögensbelastung sich nicht nach Art. 14 GG richten könne, sei daher Art. 2 Abs. 1 GG anzuwenden (in diesem Sinne z.B. BVerfGE 91, 207(221), ist ungenau, da in vielen Fällen - wie auch hier - der Schutz auch aus Art. 12 GG folgen kann. 482 St. Rspr. seit BVerfGE 7, 377(400 ff.) - Apothekenurteil. Der Verfassungstext nennt die Berufsausübung nur in Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG, nicht aber in Satz 1. 483 Prüfungsgegenstand ist an dieser Stelle nur die Verpflichtung der Marktteilnehmer zum künftigen Lizenzerwerb. Diese finanzielle Belastung wird wegen ihres Vermögensbezugs nicht von Art. 14 GG erfaßt (§ 2 B. 1. 1. a». Gebührenrechtlich (näher dazu § 3 A) hat die Erwerbsverpflichtung keine Bedeutung, weil sie privatrechtliche Transaktionen betrifft. Den Privatgeschäften liegt aber die staatliche Ausgestaltung des Marktes zugrunde, die - weil die Marktbedingungen entscheidenden Einfluß auf die Preisbildung haben - die Zumutbarkeit durchaus mit beeinflussen, so daß sie Anknüpfungspunkt der verfassungsrechtlichen Prüfung sein können. 484 BVerfGE 50, 290(363); ausführlich MDH-Scholz (Stand: 1981), Art. 12 Rn. 124 u. 130 sowie Tettinger, in: Tettinger/Wank, GewO, Einl. Rn. 14, jeweils m. w. N. 485 Schoh, aaO., Rn. 124, 130; Dreier-Wieland, Art. 12 Rn. 61. 486 Wieland, aaO., Rn. 61 a.E. 487 BVerfGE 7, 377(397); 54, 301(313) - st. Rspr.; Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 29 m. w.N.

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doch sowohl der gesetzlichen Regelung - das BImSchG stellt in den §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 5, 4 Abs. 1, 6 Abs. 1 BImSchG ausdrücklich auf das Betreiben einer Anlage ab - als auch der tatsächlichen Anschauung fremd. Gleichwohl ist die Emissionstätigkeit notwendig mit der Nutzung einer industriellen Anlage verbunden, also ein gemeinsames Merkmal der Berufstätigkeit der Betreiber solcher Anlagen. 488 Abzustellen ist demnach auf das Berufsbild des "Unternehmers".489 Dieses muß je nach näherem Regelungsgehalt des Lizenzgesetzes näher bestimmt werden 490 ; dabei kommt es jedoch weniger auf eine rechtliche als auf eine tatsächliche Abgrenzung des Berufsfelds an. Für den hier interessierenden Bereich genehmigungsbedürftiger Industrieanlagen wäre also nicht das nur an hand juristischer Kriterien entwickelte Berufsbild des "Betreibers einer genehmigungsbedürftigen immissionsschutzrechtlichen Anlage,,491 maßgebend, sondern vielmehr die jeweils vom Lizenzgesetz adressierte Unternehmergruppe. 492 Marktregelnde Vorschriften über Emissionslizenzen betreffen damit grundsätzlich Berufe i. S. von Art. 12 Abs. I GG. 493 488 Anderes gilt auch nicht, wenn ein bestimmter Schadstoff substituiert werden kann, die Produktion also auch ohne die Nutzung des zertifizierten Stoffes möglich ist (ein Beispiel dafür liefern Produktionsprozesse, in deren Verlauf Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) freigesetzt werden, die als ein Hauptverursacher der in der Stratosphäre entstehenden "Ozonlöcher" gelten, vgl. i. e. dazu Bender/Sparwasser/ Engel, Umweltrecht, § 6 Rn. 14 ff. u. § 9 Rn. 7 ff. Weiten Teilen der Industrie ist es mittlerweile gelungen, die Verwendung jedenfalls der vollhalogenierten FCKW in großem Maße zu ersetzen). Denn die Angewiesenheit auf ein bestimmtes Produktionsmittel ist nicht Voraussetzung für den grundrechtlichen Schutz. Entscheidend ist einzig, daß die Emissionstätigkeit überhaupt zur konkreten beruflichen Tätigkeit gehört. I. E. wohl auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 183 f. 489 Vgl. BVerfGE 16, 147(163); 23, 50(56); MDH-Scholz (Stand: 1981), Art. 12 Rn. 130; v. Münch/Kunig-Gubelt, Art. 12 Rn. 12 ff. 490 Nicht jeder spezialisierte Zweig konstituiert allerdings eine neue Berufsgruppe. Nach Gubelt (in: v. Münch/Kunig, Art. 12 Rn. 12) soll es z.B. den Beruf des "Kraftwerkunternehmers" geben, den des "Heizölkraftwerkunternehmers" dagegen nicht. Allg. dazu BVerfGE 17, 232(241 f.); 68, 272(281). Unzutreffend dürfte es hingegen sein, das Vorliegen eines Berufsbildes allein von der Möglichkeit eines Unternehmens, die Emission bestimmter Schadstoffe zu vermeiden, abhängig zu machen (so aber Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 183). Es ist schon nicht plausibel, weshalb bloße Zufälligkeiten des Produktionsvorgangs Einfluß auf die tatsächlichen Anschauungen haben sollen. 491 In diese Richtung aber Hösch, UTR 49(1999), 135 mit unzutreffender Bezugnahme (aaO., Fn. 6 u. 63) auf die viel allgemeineren Ausführungen in BVerfG NJW 1998, 3264(3265), die Art. 12 GG zudem gar nicht betreffen. 492 Nicht berufsmäßig handelnde Gruppen oder Personen (zu der Möglichkeit, den Handel auch für Außenstehende zu eröffnen: § I E. VI.) können mangels betroffener beruflicher Tätigkeit eine Verletzung des Art. 12 GG grundsätzlich nicht geltend machen. 493 I. E. auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 183.

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b) Schutz juristischer Personen des Privatrechts Inwieweit auch juristische Personen des Privatrechts, also insbesondere Großunternehmen, grundrechtlicher Schutz zuteil werden kann, wurde bereits erörtert. 494 Wie schon für das Eigentumsgrundrecht hat das Bundesverfassungsgericht auch Art. 12 GG trotz einiger Zweifel dem Wesen nach auf juristische Personen gemäß Art. 19 Abs. 3 GG für anwendbar erklärt, ohne eine Beschränkung auf eine bestimmte Unternehmensgröße vorzunehmen. 495 Der Schutzbereich des Art. 12 GG ist für sie jedenfalls dann eröffnet, wenn ihre Tätigkeit auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Gewinnes gerichtet ist. 496 c) Schutz ausländischer Emittenten Bei der in Art. 12 Abs. 1 GG geregelten Berufsfreiheit ist die Besonderheit zu beachten, daß sie ihrem Wortlaut nach ein sogenanntes Bürgerrecht ist, das nur für Deutsche i. S. von Art. 116 GG und damit grundsätzlich nicht für ausländische Staatsangehörige gilt. Umstritten ist allerdings, ob nicht jedenfalls auch Unionsbürger (i. S. v. Art. 17 EGV497 ) wegen des primärrechtlichen und damit unmittelbar geltenden Diskriminierungsverbots in Art. 12 EGV in den Schutzbereich der sogenannten Bürgerrechte einbezogen werden müssen 498 , was angesichts des eindeutigen Wortlauts des Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG ("Alle Deutschen ... ") de lege lata jedenfalls zweifelhaft erscheint. 499 Für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit einer Lizenzmarktregelung hat diese Frage jedoch keine gesonderte Bedeutung. Ein solches Gesetz kann nicht zwischen in- und ausländischen Marktteilnehmern differenzieren, da im Zertifikatmodell grundsätzlich gleiche Rahmenbedingungen für 494 § 2 A. I. l. a) ce). Dort auch zur Problematik des Grundrechtsschutzes juristischer Personen des öffentlichen Rechts. 495 BVerfGE 30, 292(312); 50, 290(363 f.); 74, 129(148 f.) - st. Rspr.; dem folgend die ganz h. A.: BVerwG GewArch 1995, 24(25); Breuer, HStR VI, § 147 Rn. 23 m.N.; abw.: AK-Rittstieg, Art. 12 Rn. 167. 496 Sachs-Tettinger, aaO., Rn. 22; Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 12 Rn. 4, jeweils m.w.N. 497 I. d. F. des Amsterdamer Vertrages vom 2. 10. 1997, BGBI. 1998 II, S. 387, ber. BGBI. 199911, S. 416. 498 Zur Diskussion: Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 19 f.; Dreier-Wieland, Art. 12 Rn. 66. Dafür etwa: OVG NW NWVBI. 1995, 18; Jarass, aaO., Rn. 10; Breuer, HStR VI, § 147 Rn. 21, zum Teil bezogen auf alte, inhaltlich aber unveränderte Fassungen des EGV. 499 Zutreffend Tettinger, aaO., Rn. 20; ders., in: Teuinger/Wank, GewO, Ein!. Rn. 30.

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alle Anlagenbetreiber im Geltungsbereich der Regelung festgelegt werden müssen. Bedeutung könnte der Frage also nur bei der Präzisierung von Ausnahmeregelungen zukommen. Die unterschiedliche Schutzintensität deutscher und Unionsbürger könnte etwa dazu führen, daß deutsche Anlagenbetreiber bei einer Sonderzuteilung mehr Lizenzen erhielten. Jedoch läge in einer solchen Regelung eine willkürliche Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen und damit ein Verstoß gegen das den Unionsbürgern unzweifelhaft zustehende Grundrecht des Art. 14 i. V. m. Art. 3 GG. Gleiches gilt für ausländische Staatsangehörige, die nicht Unionsbürger sind. 5OO Eine partielle Nichtanwendbarkeit des Berufsgrundrechts hätte also im Rahmen eines Lizenzmarktes keinen verminderten Schutz ausländischer Bürger zur Folge. 3. Eingriff

Eine relevante Beeinträchtigung des Art. 12 Abs. 1 GG liegt jedenfalls bei solchen Regelungen vor, die sich zielgerichtet (final) auf die berufliche Betätigung beziehen und sie unmittelbar zum Gegenstand haben. 50l Die Lizenzerwerbspflicht, die an das Emissionsverhalten und damit an einen nicht unmittelbar berufsbezogenen Maßstab anknüpft, wirkt sich auf unterschiedliche berufliche Betätigungsformen aus. Es ist zwar nicht Zweck dieser Maßnahme, unmittelbar den Entschluß zur Wahl oder zur Art der Ausübung des Berufs des Anlagenbetreibers motivierend zu steuern, so daß eine zielgerichtete Beeinträchtigung der Berufsfreiheit nicht vorliegt. Jedoch ist anerkannt, daß auch Vorschriften ohne berufsregelnde Zielrichtung (berufsneutrale Regelungen) auf Grund ihrer mittelbaren oder tatsächlichen Auswirkungen auf die Wahl beziehungsweise die Ausübung eines Berufs den Schutzbereich des Art. 12 GG beeinträchtigen können. Voraussetzung dafür ist - insbesondere auch bei der Auferlegung finanzieller Pflichten daß diese Auswirkungen in einem engen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen und objektiv eine "berufsregelnde Tendenz" deutlich erkennen lassen. 502 Eine berufsregelnde Tendenz kommt einer Vorschrift regelmäßig zu, wenn sie ausschließlich oder im wesentlichen nur auf berufliche Tätigkeiten anwendbar ist. 503 Verhaltenspflichten der Teilnehmer 500 Eine unterschiedliche Schutzintensität ergibt sich daher nur aus der jeweiligen sachlichen Reichweite der Grundrechte (Art. 12 GG einerseits, Art. 14 i. V. m. Art. 3 GG andererseits). Die Differenz dürfte im Rahmen des Emissionsrechtehandels aber gering und praktisch vernachlässigbar sein. 501 Siehe nur BVerfGE 13, 181(185); Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 71. 502 BVerfGE 13, 181(186); 70, 191(214); 98, 83(97) und 106(117); weiterführend etwa Tettinger, aaO., Rn. 73. Krit. Manssen, in: v. MangoldtlKlein/Starck, Art. 12 Abs. 1 Rn. 71 ff. Ungenau Pieroth/Schlink (Grundrechte, Rn. 823), nach denen die beiden Voraussetzungen alternativ - und nicht kumulativ - vorliegen können.

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eines Marktes handel barer Emissionsrechte betreffende Vorschriften beziehen sich vorwiegend auf Anlagenbetreiber i. S. d. BImSchG und deren berufliche Tätigkeit. Insbesondere der Pflicht zum Erwerb von Zertifikaten kommt dabei eine erhebliche berufslenkende Funktion ZU. 504 Der berufliche Bezug wäre nur dann nicht gegeben, wenn auch Kleinemittenten und Privatpersonen, die nicht im Rahmen eines Berufs Emissionen freisetzen, in ein Lizenzsystem integriert werden. Dies kommt für emissionsbezogene Zertifikatmärkte jedoch in aller Regel nicht in Betracht. 505 Regelungen, die Verhaltenspflichten der Anlagenbetreiber wie z. B. die Pflicht zum Erwerb von Lizenzen begründen, greifen also regelmäßig in die berufliche Betätigungssphäre ein. 4. Rechtfertigung der Einschränkung der Berufsfreiheit

Bundesverfassungsgericht und dem folgend die ganz herrschende Ansicht in der Literatur befürworten in Anlehnung an die Unterscheidung von Berufswahl und -ausübung im Verfassungstext und unter Berücksichtigung der Wirkung der verschiedenen Eingriffe auf den Betroffenen eine differenzierte Prüfung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Nach dieser sog. "DreiStufen-Theorie,,506 ist die Berufsausübung schon beschränkbar, soweit vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls es zweckmäßig erscheinen lassen (1. Stufe). Die Freiheit der Berufswahl ist durch subjektive Zulassungsvoraussetzungen einschränkbar zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter (2. Stufe). Einschränkungen der Berufswahl durch objektive Zulassungsbedingungen sind nur möglich, wenn nachweisbare oder höchstwahrscheinliehe schwere Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut diesen Eingriff legitimieren können (3. Stufe).507 Grundsätzlich soll eine Regelung auf einer intensiveren Eingriffsstufe nur zulässig sein, wenn sich auf der vorhergehenden Stufe keine gleich wirksame Regelung treffen läßt. 508

503 Jarass, in: ders.lPieroth, 4. Aufl., Art. 12 Rn. 11 a. E. In dieser Einschränkung kann auch schon eine Begrenzung des Schutzbereiches gesehen werden (so offenbar PierothlSchlink, Grundrechte, aaO., Rn. 823); diese bloße Aufbaufrage wirkt sich auf das Ergebnis jedoch nicht aus. 504 Der Eingriffscharakter ähnelt dem einer wirtschafts lenkenden Abgabe, bei der i.d.R. der erforderliche berufliche Bezug gegeben ist, vgl. BVerfGE 38, 61(85 ff.). 505 s. § 1 E. VI. 506 Grundlegend BVerfGE 7, 377(405 ff.) - "Apothekenurteil"; Breuer, in: HStR VI, § 148 Rn. 6 ff. m. w. N. Neuerdings mehren sich jedoch die kritischen Stimmen, vgl. die Übersicht bei Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 123 ff. 507 BVerfGE 7, 377(408). 508 BVerfGE 7, 377(408).

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a) Versuch einer "Stufenzuordnung" Es muß also zur Ermittlung des Rechtfertigungsmaßstabs zunächst entschieden werden, ob berufsregelnde Vorschriften in einem Lizenzmarkt den Zugang zu einem Beruf oder lediglich die Berufsausübung betreffen. Nach der anerkannten Definition des Bundesverfassungsgerichts regelt eine staatliche Maßnahme die Berufsausübung, wenn sie "auf die Freiheit der Berufswahl nicht zurückwirkt, vielmehr nur bestimmt, in welcher Art und Weise die Berufsangehörigen ihre Berufstätigkeit im einzelnen zu gestalten haben".509 Die Pflicht der Ausstattung mit Lizenzen ist kein Verbot der generellen Berufstätigkeit des Anlagenbetreibers, sondern reglementiert nur eine bestimmte Ausübungsform des Berufes, nämlich die Emissionstätigkeit. Der Beruf selbst kann bei genehmigungsbedürftigen Anlagen freilich nur zusammen mit einer Betriebserlaubnis nach dem BlmSchG ungehindert fortgesetzt werden; durch das Erfordernis der Zertifikatdeckung wird lediglich eine zusätzliche Pflicht im Rahmen der Berufstätigkeit begründet. Die Lizenzerwerbs- und auch andere Pflichten in einem Emissionsrechtemarkt tangieren daher bloß die Ausübung des Berufs. 5!O b) Grenzen der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers Bei Berufsausübungsregelungen steht dem Gesetzgeber grundsätzlich eine größere Gestaltungsfreiheit zu als bei Eingriffen in die Freiheit der Berufswahl. Eine Regelung der Berufsausübung wird bereits durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt, in deren Rahmen auch Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte berücksichtigt werden können. 511 Ein strengerer Maßstab gilt indes bei solchen Berufsausübungsregelungen, die in ihrer Wirkungsweise Eingriffen in die Freiheit der Berufswahl "nahekommen".512 Solche Regelungen können nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls, sondern nur mit solchen Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, daß sie den Vorrang vor der erheblichen Berufsbehinderung verdienen; anders ausgedrückt: es gelten in einem solchen Fall die Rechtfertigungsmaßstäbe einer höheren "Stufe".513 BVerfGE 7, 377 (405 f.) - st. Rspr. I.E. auch Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 119 f. u. 122; offen gelassen von Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 184 ff. (zu Unrecht von Rehbinder, aaO., S. 122 (Fn. 72) als "a.A." bezeichnet). 511 BVerfGE 7, 377(405 f.); 23, 50(56); 78, 155(162) - st. Rspr. 512 BVerfGE 11, 30(44 f.); 86, 28(38); Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 118. 509 510

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Diese Modifizierung des Rechtfertigungsmaßstabes verdeutlicht, daß die "Stufentheorie" keine strenge Begriffsjurisprudenz darstellt, sondern vielmehr eine "gleitende Linie,,514: Der Gesetzgeber ist inhaltlich um so freier, je mehr er nur die Berufsausübung trifft, hingegen um so stärker gebunden, je mehr zugleich die Berufswahl berührt iSt. 515 Eine intensive Beeinträchtigung der Berufswahl ist nicht schon dann anzunehmen, wenn die Regelung den aus der Ausübung des Berufs erzielten Gewinn so weit mindert, daß ein einzelner Unternehmer sich zur Aufgabe seines bisherigen Berufs veranlaßt sieht. 516 Sie liegt in der Regel erst dann vor, wenn die betroffenen Berufsangehörigen in aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind, den gewöhnlichen Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung oder bei juristischen Personen - zur Grundlage ihrer unternehmerischen Erwerbstätigkeit zu machen. 517 Lizenzrechtliche Regelungen wären demnach vor dem verschärften Maßstab zu rechtfertigen, wenn sie sich dazu eigneten, eine Vielzahl von Betreibern emittierender Anlagen zur Aufgabe ihres Berufes zu veranlassen. Streng genommen reicht für das Erfordernis der Berufsaufgabe das bloße Einstellen der Emissionstätigkeit nicht aus, da die Aufgabe des ganzen (Unternehmer-)Berufs erforderlich iSt. 518 Jedoch wird man angesichts der Bedeutung der Emissionstätigkeit für die hier betroffenen Berufe davon ausgehen können, daß ein Unternehmer, dem es nicht gelingt, die notwendige Zahl Lizenzen zu erhalten und damit am Fortbetrieb der Anlage gehindert ist, zugleich seine konkrete Tätigkeit einstellen wird. Ein solch mittelbarer Zwang, die Produktionstätigkeit einzustellen, liegt nur dann vor, wenn es Betreibern nicht gelingt, eine ausreichende Zahl Lizenzen zu erwerben. Da davon auszugehen ist, daß Lizenzen stets erhältlich sind, wenn der entsprechende Preis gezahlt werden kann, ist die Finanzierbarkeit des jeweiligen Marktpreises das einzige Kriterium zur Beurteilung der Schwere des Eingriffs. 519 Der Schwellenwert der typisierten Belastungsintensität520, der zur Heranziehung des Maßstabs einer Berufs513 BVerfGE 32, 1(340; 77, 84(106); 85, 360(373); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 12 Rn. 25; Breuer, HStR VI, § 148 Rn. 10; für Umweltzertifikate: Rehbinder, Umweltlizenzen S. 125; Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 184. 514 Begriff nach Schwerdtfeger, Öffentliches Recht, Rn. 534 a. E.; nach Pierothl Schlink, Grundrechte, Rn. 852, "verschwimmen" die Stufen "ineinander". 515 BVerfGE 11, 30(42). 516 BVerfGE 30, 292(313 f.). 517 BVerfGE 30, 292(314); 68, 155(1700 - st. Rspr.; BVerwG NVwZ 1989, 1176; krit.: Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 12 Abs. 1 Rn. 195. 518 Vgl. BVerfGE 38, 61(86) für Werkverkehr und Werkfernverkehr. 519 A. A. Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 125 und Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 185, die auch andere Gründe als die (mangelnde) Finanzierbarkeit genügen lassen. Die von ihnen genannten Gründe lassen sich aber jeweils auf zu hohe II Mehrbrey

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wahlregelung führt, kann sich daher erst bei einem Lizenzdurchschnittspreis ergeben, der zu einer gruppenspezifischen finanziellen Überforderung führt. c) Maßstäbe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes Der Problematik, daß die Zuordnung zu einer dieser Stufen und damit der Rechtfertigungsmaßstab vom konkreten Grad der Beeinträchtigung der gesetzgeberischen Maßnahme abhängt521 , wird hier durch die Berücksichtigung bei der in der Praxis denkbaren Konstellationen Rechnung getragen. aa) Eingriffsintensität einer Berufsausübungsregelung

Zunächst wird von einem Maßstab ausgegangen, der nicht nur formal, sondern auch in seinen Auswirkungen als Berufsausübungsregelung zu beurteilen ist: Der Gesetzgeber schafft also Marktbedingungen, die die Unternehmer typischerweise nicht in ihrer Existenz gefahrden können. In diesem Fall bestehen keine hohen Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der staatlichen Maßnahme, da reine Regelungen der Berufsausübung bereits durch jede vernünftige Erwägung des Gemeinwohls legitimiert werden, die den Berufstätigen nicht übermäßig und unzumutbar belasten. 522 Bei Eingriffen, die eine Verzerrung des Wettbewerbs zur Folge haben, besteht hingegen grundsätzlich ein erhöhter Legitimationsbedarf. 523 Dabei ist zu fragen, wie sich die Belastungen und Beschränkungen auswirken, insbesondere wie stark die Verdienstmöglichkeiten und Wettbewerbschancen der Berufsangehörigen gemindert werden. 524 Zwar ist die Zertifizierung der Emissionsberechtigungen nicht wettbewerbsneutral; dies wird jedoch grundSätzlich dadurch gerechtfertigt, daß die Beeinflussung der Marktsituation gerade eine notwendige Funktionsbedingung des Zertifikatmodells ist. 525 Besonderheiten für die im Rahmen der vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen und Rechtspositionen bestehen damit nicht. Da Preise zurückführen. Nach den Regeln der Marktwirtschaft kann davon ausgegangen werden, daß sich bei entsprechendem Gebot immer Lizenzen erwerben lassen. 520 Die Unzumutbarkeit des Lizenzpreises wird für den einzelnen jeweils unterschiedlich hoch ausfallen; der typisierende Maßstab ergibt sich dagegen erst aus der Summe der Einzelbelastungen. 521 s. soeben b). 522 BVerfGE 7, 377(406); 65, 116(125 0; 78, 155(162). 523 Vgl. BVerfGE 86, 28(38 f.); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 12 Rn. 32. Zur Ungleichbehandlung im Lizenzmodell s. auch schon § 2 A. I. 4. 524 BVerfGE 86, 28(38 0. 525 Vgl. auch § 2 A. I. 4.

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die Verhältnismäßigkeit als allgemeines Rechtsstaatsprinzip einheitlich zu beurteilen ist526 , ergeben sich keine Unterschiede zum bereits Geprüften. 527 bb) Berufsausübungsregelung mit Wahlcharakter

Nun ist von einem Zertifikatmarkt auszugehen, der zu einer sehr strikten Reduzierung des Emissionsvolumens und damit zu einer erheblichen Verteuerung der Lizenzen führt. Wegen der in einem solchen Fall zu erwartenden wirtschaftlichen Zwangslage der Unternehmer wären die verschärften Rechtfertigungsanforderungen, die für Berufswahlregelungen gelten, heranzuziehen; hierfür ist zunächst zu bestimmen, ob die Maßnahme in ihrer Wirkung einer objektiven oder einer subjektiven Berufswahlregelung entspricht. (1) Wirkung einer subjektiven Zulassungsbeschränkung Die Abgrenzung erfolgt danach, ob persönliche Eigenschaften und Fähigkeiten des betroffenen Bürgers maßgeblich sind (subjektive Kriterien) oder ob es auf objektive Merkmale ankommt, die außerhalb seiner persönlichen Sphäre liegen. 528 In der Regel wird, wie gezeigt529 , der Lizenzerwerb bei der zugrundegelegten erheblichen Verteuerung der Emissionsrechte daran scheitern, daß der Preis für den einzelnen nicht mehr finanzierbar ist. Die Finanzkraft ist als persönliche Eigenschaft des jeweiligen Unternehmens eine subjektive Zulassungsbeschränkung. 53o Das sich damit ergebende Erfordernis des Schutzes eines wichtigen Gemeinschaftsgutes531 ist bei der Verfolgung umweltpolitischer Ziele gewahrt. 532 Bei der erforderlichen Abwägung der betroffenen Positionen im Rahmen des Übermaßverbots können sich keine Unterschiede zu den Ausführungen zu Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG ergeben. 533 Somit läßt sich feststellen, daß Regelungen in einem Zertifikatmarkt, die einen beträchtlichen Teil der Marktteilnehmer zur Betriebsauf526 Die Anforderungen, die die Verfassung( -sinterpretation) an Berufsausübungsregelungen stellt, entsprechen weitgehend denen des allgemeinen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, s. Papier, in: HdB des VerfR, § 18 Rn. 53. 527 s. insbes. § 2 A. 1. 2. 528 BVerfGE 86, 28(39). 529 Soeben b). 530 BFHE 151, 194(198); Breuer, HStR VI, § 148 Rn. 38. Die Fähigkeit, Emissionen vermeiden zu können, ist dementsprechend auch eine subjektive Eigenschaft. 531 BVerfGE 13, 97(107); 69, 209(218); Jarass, in: ders.lPieroth, Art. 12 Rn. 33 m.w.N. 532 BVerwGE 62, 224(230); vgl. auch § 2 A. 1. 2. a) aa) (2). 533 Vgl. aa). So auch Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 191. 11*

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gabe zwingen, nicht nur Art. 14 GG verletzen534 , sondern auch vor dem grundrechtlichen Maßstab der Berufsfreiheit als verfassungswidrig zu beurteilen sind. Der Gesetzgeber muß also derart schwerwiegende Eingriffe in die Rechte der Emittenten auch während des Marktverlaufs unterlassen oder zumindest die Eingriffsintensität abschwächende Ausgleichsrnaßnahmen, vor allem ausreichende Übergangsregelungen 535 , vorsehen. (2) Wirkung einer objektiven Zulassungsbeschränkung Ein subjektives Merkmal (2. Stufe) kann in seiner Wirkung objektiven Zulassungsvoraussetzungen (3. Stufe) gleichgesetzt werden, wenn die Gründe, die zur Aufgabe des Berufs führen, objektiver Natur, also vom Marktteilnehmer nicht zu beeinflussen sind. 536 Da, wie soeben angesprochen, in einem Lizenzsystem in erster Linie die Finanzkraft über die Möglichkeit des Lizenzerwerbs entscheidet, kann die Unmöglichkeit des Erwerbs nur dann auf objektiven Gegebenheiten beruhen, wenn überhaupt keine Zertifikate mehr verfügbar sind, also ein Erwerb niemandem mehr möglich ist. 537 Ein Scheitern des Zertifikatmarktes kann beispielsweise durch Mißbrauchsverhalten hervorgerufen werden, etwa durch bewußtes Zurückhalten ("Horten") großer Lizenzbestände vom Markthandel. Nur in diesen Fällen eines Markterliegens wäre es also zulässig, die Rechtfertigungsvoraussetzungen für objektive Zulassungssperren zugrunde zu legen. 538 Danach wären die betreffenden lizenzrechtlichen Regelungen nur verfassungsgemäß, wenn sie - unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit - der Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut dienen. 539 § 2 A. I. 2. a) aa) (5). Dazu bereits § 2 A. I. 2. a) aa) (5) (b). Zu Art. 12 s. BVerfGE 64, 72(83 f.); 68, 272(284); Breuer, HStR VI, § 148 Rn. 37. 536 BVerfGE 75, 246(274 ff.); Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 119. Diese im Grunde genommen doppelte "Analogie" ausgehend von den Voraussetzungen der Berufsausübung hin zu denen einer objektiven Zulassungsvoraussetzung verdeutlicht, daß die Drei-Stufen-Theorie letztlich nur eine typisierte Verhältnismäßigkeitsprüfung ist, welche jener im Zweifel "nachgeben" muß. Von daher ist es nachvollziehbar, daß die Drei-Stufen-Lehre im neueren Schrifttum des öfteren für entbehrlich gehalten wird, zur Diskussion s. etwa Manssen, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Art. 12 Abs. 1 Rn. 135 ff. 537 Rehbinder (Umweltlizenzen, S. 125) und Becker-Neetz (S. 186 f.) irren daher, wenn sie es für das Vorliegen der Voraussetzungen einer objektiven Zulassungsregelung genügen lassen, daß kleine Unternehmen typischerweise keine Lizenzen mehr erwerben können. Denn auch für sie ist ausschließlich die finanzielle Leistungsfähigkeit als subjektives Kriterium maßgeblich. 538 Zu weit dagegen Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 186 f.; Rehbinder, aaO., S. 125, s. Fn. ebd. 534

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Der Nachweis solcher schwerwiegenden Gefahren dürfte für das eher langfristige Ziel der Verminderung der Emission von Umwelt schadstoffen sehr schwer zu führen sein. 54o Indes würde schon das hier vorausgesetzte (auch nur teilweise) Erliegen des Handels erhebliche Zweifel an der Eignung des Zertifikatmarktes hervorrufen. 54l Daneben ergeben sich verfassungsrechtliche Zweifel daraus, daß die gebotene Abwägung der Betreiberrechte und der umweltpolitischen Ziele eines Zertifikatmarktes hier einseitig zu Lasten der Emittenten verliefe und deren Rechte dadurch unzulässig verkürzt würden. Ein Lizenzsystem, welches nur unzureichend gegen mißbräuchliche Transaktionen und obstruktives Handeln einzelner Teilnehmer gesichert ist und dadurch die Gefahr einer Marktblockade begründet, greift somit in unverhältnismäßiger Weise in das Grundrecht der Berufsfreiheit der Marktteilnehmer ein. 542 Daher besteht eine - mittelbare - Verpflichtung der Legislative, geeignete Sicherungsmechanismen zu installieren, um ein solches Entgleiten des Emissionsrechtehandels zu verhindern.

111. Art. 2 Abs. 1 GG Zertifikatrechtliche Regelungen könnten ferner an dem Maßstab der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG gemessen werden. Als allgemeine Handlungsfreiheit schützt Art. 2 Abs. 1 GG nicht bloß einen bestimmten Lebensbereich, sondern jegliches menschliche Handeln und bietet damit einen lückenlosen Grundrechtsschutz. 543 Folge dieses weiten Schutzbereiches ist jedoch, daß Art. 2 Abs. 1 GG hinter speziellen Grundrechten zurücktritt, also nur die Bedeutung eines "Auffanggrundrechts" hat. 544

BVerfGE 7, 377(378, 409); 63, 266(286); 75, 284(296). Ein typischer Anwendungsfall einer solchen schweren Gefahr kann hingegen gegeben sein, wenn neue Erkenntnisse die besondere Gefährlichkeit eines Schadstoffs für bestimmte Umweltgüter ergeben, so wie beispielsweise Mitte der achtziger Jahre die Erkenntnisse über der Einfluß der Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) auf den Abbau der Ozonschicht in der Stratosphäre (s. dazu schon Fn. 488 539

540

m.N.).

Allg. dazu § 2 A. I. 2. a) aa) (3). Der staatliche Eingriff liegt nicht erst in der tatsächlichen Realisierung der Gefahr, sondern in der Implementierung des - nicht hinreichend abgesicherten Marktes. Zu beurteilen ist dies auf Grund der für Prognoseentscheidungen geltenden Grundsätze, s. dazu § 2 A. I. 2. a) cc) (I) (c) (aa). 543 BVerfGE 6, 32(38 ff.); 29, 402(408); 80, 137(152 ff.). Zum veralteten engen Schutzbereichsverständnis ("Persönlichkeitskerntheorie") etwa Sachs-Murswiek, Art. 2 Rn. 46 ff. m. w.N. 541

542

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§ 2 Grundrechtliche Probleme

Somit kommt Art. 2 Abs. 1 GG für die verfassungsrechtliche Beurteilung von Zertifikatmodellen nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Die besonderen eigentums- und berufsbezogenen Aspekte, die mit dem Emissionsrechtehandel verbunden sind, sind demnach ausschließlich an den speziellen Freiheitsgrundrechten der Art. 14 und 12 GG zu messen. Raum für Art. 2 Abs. 1 GG bleibt daher nur für solche Regelungen von regelmäßig geringer Tragweite, die den Marktteilnehmern ein bestimmtes Verhalten vorschreiben, welches weder einen hinreichenden verfassungsrechtlichen Bezug zur beruflichen Tätigkeit hat noch die Eigentumslage verändert. Soweit damit Raum für die Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG verbleibt, lassen sich die staatlichen Eingriffe unproblematisch vor dem einfachen Gesetzesvorbehalt (sogenannte Schrankentrias) dieses Grundrechts rechtfertigen. 545

IV. Art. 3 Abs. 1 GG Anders als bei der Modellimplementierung546 bieten sich nach Ingangsetzen des Emissionsrechtehandels keine für die Anwendbarkeit des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) relevanten Differenzierungsmöglichkeiten mehr, da alle den grundsätzlich gleichen Systembedingungen unterworfen werden sollen. Unterschiedliche Behandlungen einzelner Emittentengruppen können sich erst aus primär politischen Erwägungen in der Realisierungsphase eines solchen Modells ergeben. 547 Hierbei steht dem Gesetzgeber jedoch ein weitreichender Gestaltungsspielraum zu; in der Regel werden sich Differenzierungen auf vernünftige Gründe, insbesondere arbeitsmarktpolitischer oder wettbewerblicher Art, zurückführen lassen können.

V. Ergebnis Die Vermögens belastung, die darin liegt, daß der Staat für den Erwerb einer Emissionslizenz ein Entgelt fordert, berührt den Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts nicht. Hingegen findet Art. 14 GG grundsätzlich Anwendung bei staatlichen Zugriffen auf das Lizenzeigentum. Dabei wird der 544 BVerfGE 9, 73(77); 30, 292(336); 58, 358(363); Starck, in: v. Mangoldt/ Klein/ders., Art. 2 Abs. I Rn. 47. 545 Insoweit finden die bereits zum Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (s. § 2 A. I. 2. a) getroffenen Ausführungen, der bei Art. 2 Abs. I GG regelmäßig Schwerpunkt der Prüfung ist, sinngemäß Anwendung. 546 s. § 2 A. I. 4. und § 2 A. 11. 1. 547 Beispielsweise hat der amerikanische Bundesgesetzgeber im Rahmen der Novelle des Clean Air Act die Kraftwerksbetreiber in Illinois, Indiana und Ohio mit einer Sonderzuteilung von Emissionsrechten i. H. v. 200.000 Tonnen/Jahr S02 bedacht, vgl. Endres/Schwarze, Acid Rain-Programm, S. 148 m. w. N.

B. Grundrechtsbeeinträchtigungen nach Ingangsetzen des Handels

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Eigentumsschutz durch die Lizenzen selbst als Eigentumsobjekt vermittelt. Die Eigentumsqualität der Emissionslizenzen ist unproblematisch gegeben, wenn der Gesetzgeber eine diesbezügliche, eigentumsgestaltende Regelung trifft. Geschieht dies nicht, hängt es von dem Regelungsgefüge im einzelnen ab, ob das Lizenzeigentum eher dem öffentlichen oder dem Privatrecht zuzuordnen ist. Während sich bei dem Privatrecht zuzuordnenden Zertifikaten keine Probleme ergeben, wäre bei Lizenzen, die öffentlich-rechtliche Positionen sind, nach deren Herkunft zu unterscheiden: Ohne Gegenleistung zugeteilte Lizenzen wären nicht eigentumsrechtlich geschützt, durch den Emittenten erworbene dagegen schon. Im Ergebnis wirkt sich die unterschiedliche Schutzintensität jedoch nicht aus, da die Lizenzherkunft schwer zu klären ist und auch gesetzgeberische Bindungen aus dem Gleichheitssatz bestehen. Soweit verfassungsrechtlicher Schutz für das Lizenzeigentum besteht, haben in der Betriebsphase nur solche Eingriffe eine eigenständige Bedeutung, die nicht bereits in der Grundkonzeption des Lizenzmodells verankert sind, da vorherige eigentumsbeschränkende Regelungen die Eigentumsposition bereits von vornherein verkürzt haben. Für den verbleibenden Anwendungsbereich bedarf es einer Güterabwägung des Interesses der Betreiber auf stabile Marktbedingungen und des dem Eingriff zugrunde liegenden umweltpolitischen Zwecks. Art. 12 GG gewinnt Bedeutung für jene Maßnahmen im Rahmen der Betriebsphase des Modells, die die berufliche Tätigkeit der Emittenten berühren. Insbesondere durch die Auferlegung verhaltensbezogener Pflichten, wozu auch die finanzielle Belastung durch die faktische Verpflichtung zum Erwerb der Lizenzen zählt, erfolgt ein Eingriff in die berufliche Betätigungssphäre der Anlagenbetreiber. Dabei handelt es sich in der Regel um Berufsausübungsregelungen, die keine besonderen verfassungsrechtlichen Probleme aufwerfen. Bei einer ungewöhnlich hohen beeinträchtigenden Wirkung können jedoch in extensiver Auslegung der Stufentheorie auch für Ausübungsregelungen Rechtfertigungsvoraussetzungen, die für Berufswahlregelungen gelten, Anwendung finden. Dazu müßten die staatlichen Maßnahmen jedoch so schwerwiegend sein, daß sie geeignet sind, typisierbare Unternehmergruppen zur Berufsaufgabe zu zwingen. Grundsätzlich sind in diesen Fällen wegen der monetären Belastung der Marktteilnehmer die Maßstäbe für subjektive Berufswahlregelungen anzuwenden. Im verfassungsrechtlichen Rahmen hält sich das gesetzgeberische Vorgehen nur dann, wenn die Belastungen der Betreiber durch geeignete Maßnahmen kompensiert werden. Kommt es gar infolge der Lizenzmarktkonzeption zu einem Erliegen des Markthandels, entsprechen die Maßnahmen in ihrer Wirkung objektiven Berufswahlregelungen, die wegen ihrer außergewöhnlichen Belastungswirkung das Grundrecht der Emittenten auf Berufsfreiheit verletzen.

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§ 2 Grundrechtliche Probleme

Art. 2 Abs. I GG wird durch die spezielleren Freiheitsrechte der Art. 12 und 14 GG verdrängt. Soweit Raum für seine Anwendung verbleibt, ergeben sich aufgrund des einfachen Gesetzesvorbehalts dieses Grundrechts keine besonderen verfassungsrechtlichen Probleme. Gleichheitsrechtliche Fragen stellen sich während des Marktverlaufs in der Regel nicht.

§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels Öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die für umweltpolitische Ziele erbracht werden sollen, sind zunehmend zum beherrschenden Thema der abgabenrechtlichen Diskussion geworden. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang neben dem Problemfeld der Umweltsteuern ("Ökosteuem"), welches sich sowohl auf Bundes- 1 als auch auf Kommunalebene stellt2 , das der Umwelt(lenkungs)abgaben bzw. der Umweltnutzungsabgaben i. w. S. erlangt. 3 Den abgabenrechtlichen Problemen, die sich bei der Ausgabe handelbarer Emissionsrechte ergeben, wurde im rechtswissenschaftlichen Schrifttum hingegen bislang nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. 4 Angesichts dessen, daß Lizenzsysteme in den letzten Jahren zunehmend auch der rechtswissenschaftlichen Beurteilung unterzogen wurden 5 und sie grundsätzliche finanzverfassungsrechtliche Fragen aufwerfen, überrascht dieser Be1 Aus der umfangreichen Diskussion etwa: Manssen, UTR 36 (1996), 137 ff.; Sachs-Siekmann, vor Art. 104 a Rn. 63 (Fn. 150); Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 252. Zum kürzlich verabschiedeten "Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform" s. BTDrs. 14/40, 14/66 (BGBI. 1999 I, S. 378 ff., 2432 ff.). Zu ersten Bewertungen dieser "Öko-Steuer" s. BTDrs. 1412806 (Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der PdS) einerseits, Vorholz, "Die Nulllösung", Die Zeit Nr. 11 v. 9. 3. 2000, S. 27 andererseits. 2 Hier insbes. der Streit um die "kommunale Verpackungssteuer" (Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 255, 261; BVerwGE 96, 272 ff. und das (vorerst) abschließende Verdikt des BVerfG (E 98, 106 ff.), welches der Kompetenz des kommunalen (Steuer-)Satzungsgebers enge Schranken setzt). 3 s. etwa Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 42 ff.; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 25 ff.; Überblick bei Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 146 f. und Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 250 ff. (insbes. Rn. 253 zur teilweise uneinheitlichen Terminologie). 4 Ausführungen dazu finden sich, soweit ersichtlich, nur bei Manssen, UTR 36(1996), 144 ff., der im Zusammenhang mit "Öko-Steuern" knapp darauf eingeht. Blankenagel, Umweltzertifikate, S. 88, begnügt sich mit der Bemerkung, daß bei der kostenpflichtigen Vergabe auch abgabenrechtliche Grundsätze zu beachten seien; bei Rehbinder (Umweltlizenzen, S. 118 f.) findet sich nur ein knapper Hinweis ("wohl nicht als Sonderabgabe in der Form der Lenkungsabgabe, sondern als Umweltnutzungsabgabe oder Verleihungsgebühr zu qualifizieren"); Huckestein, Effizienzbedingungen, S. 84, weist zwar auf die Problematik (vor allem in europarechtlicher Hinsicht) hin, untersucht sie aber nicht; Becker-Neetz spricht in seiner Monographie finanzverfassungsrechtliche Fragen erst gar nicht an. 5 Vgl. die Nachweise in § 1 Fn. 61.

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

fund ein wenig. Im folgenden Abschnitt sollen daher die wesentlichen finanzverfassungsrechtlichen Besonderheiten eines Marktes handelbarer Emissionsrechte skizziert werden. Die im Marktverlauf getätigten Transaktionen sind in der Regel rein privatrechtliche Geschäfte6 , die mangels staatlicher Einnahmen keine abgabenrechtlichen Probleme aufwerfen. Einkünfte erzielt der Staat dagegen sowohl beim Verkauf der Zertifikate im Rahmen der Erstzuteilung als auch bei sonstigen Auktionen, die dem Verkauf in Reserve gehaltener Lizenzen dienen. Es stellt sich also die Frage, wie der vom Staat für die Emissionslizenzen geforderte Preis abgabenrechtlich zu qualifizieren und, falls erforderlich, vor der Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) zu rechtfertigen ist. Bei einer Anfangsversteigerung der Zertifikate, wie auch bei jeder nach Ingangsetzen des Marktes stattfindenden Auktion, teilt der Staat dem jeweils Meistbietenden die dem Geldbetrag entsprechende Lizenzmenge zu. Sämtliche auf den Auktionen erzielte Einnahmen fließen bei der reinen Versteigerungslösung oder bei einem Verkauf zum Festpreis an den Staat. Zwar sind auch Versteigerungsverfahren denkbar, die - abweichend von diesem Grundmodell - eine andere Verwendung der erzielten Einnahmen vorsehen. 7 Solche Variationen der reinen Versteigerungslösung ändern jedoch nichts an der grundsätzlichen abgabenrechtlichen Problematik, daß der Staat gegen die Zahlung eines Entgeltes Rechte an der Nutzung der Ressource Luft zuteilt. Sie können daher im folgenden außer Betracht bleiben. 8 Zunächst ist zu klären, unter welche der herkömmlichen Abgabenarten Gebühren, Beiträge, Steuern und Sonderabgaben der für den Kauf einer Lizenz zu entrichtende Preis fällt.

A. Gebühren Die Geldleistungspflicht der Emittenten könnte als Gebühr zu klassifizieren sein. Das Grundgesetz enthält keinen eigenständigen Gebührenbegriff; s. auch § 2 B. I. 1. Ausführlich Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 231 ff. Solche Verfahren wurden insbesondere im anglo-amerikanischen Raum vorgeschlagen und sind daher entsprechend bezeichnet, z. B.: "revenue-auctions", "zerorevenue-auctions", "double auctions", "sealed bid-offer auctions" u. v. m.; vgl. die Aufzählung bei Kemper, Umweltproblem, S. 44 (Fn. 5) m. w. N. und oben im Text (§ 2 Fn. 431). 8 Eine andere Beurteilung kann sich nur bei Modellen ergeben, die einen kompletten Rückfluß der eingenommenen Mittel an die Emittenten vorsehen. Abgesehen davon, daß diese Gestaltung nur schwer zu verwirklichen ist (vgl. auch Kemper, aaO.), führt die mit diesem Vorgehen verbundene völlige Reproduktion der Marktverhältnisse zu einer Entwertung der mit dem Lizenzmarkt gesetzten Anreize. Ohnehin dürfte sich diese Gestaltungsvariante von einer Grandfathering-Lösung nur marginal unterscheiden. 6

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A. Gebühren

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nichtsdestotrotz herrscht in Rechtsprechung und Literatur seit langem weitgehende Einigkeit über die Begriffsmerkmale dieser Abgabenart. Danach sind Gebühren öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlaß individuell zurechenbarer öffentlicher Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und die dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken ("Prinzip der speziellen Entgeltlichkeit,,). 9 I. Verwaltungsgebühr

Nach der herkömmlichen Gebührendogmatik unterscheidet man Verwaltungs- und Benutzungsgebühren. Verwaltungsgebühren entgelten eine besondere Leistung der Verwaltung im Sinne eines Tätigwerdens wie es etwa bei Amtshandlungen vorliegt. 10 Der für eine Emissionslizenz erhobene Preis wird für die Verleihung einer Berechtigung bzw. die Abgeltung einer Nutzung erhoben. Bezahlt wird also nicht das Tätigwerden des Amtswalters, sondern nur das Ergebnis seiner Tätigkeit. 11 Eine Verwaltungsgebühr liegt darin nicht. Natürlich kann eine Verwaltungsgebühr in Form einer Bearbeitungsgebühr neben dem Lizenzpreis erhoben werden. Ihre Funktion und ihre Bemessungsgrundlage würde sich dann jedoch darin erschöpfen, den für die Verleihung des Emissionsrechts entstandenen staatlichen Aufwand als solchen abzugelten. 12 11. Benutzungsgebühr

Benutzungsgebühren werden für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben. 13 Da der Luftraum, der zur Nutzung freigegeben wird, nicht etwas mit staatlichem Aufwand geschaffenes und damit keine öffentliche Einrichtung ist, kommt eine Benutzungsgebühr nach der herkömmlichen Interpretation nicht in Betracht. 9 BVerfGE 50, 217(226); 91, 207(223); 97, 332(345); BenderlSparwasserlEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 152. Im einzelnen sind die Merkmale des Gebührenbegriffs für bestimmte Gebührenarten recht umstritten, dazu insbes. unter III. Auch nimmt das BVerfG in jüngerer Zeit von einer genauen begrifflichen Bestimmung Abstand, s. unten E. 10 BVerfGE 50, 217(225 f.); 93, 319(345); Meßerschmidt, Umweltabgaben, S. 198. Dem entspricht in der Regel auch die jeweilige Legaldefinition in den Kommunalabgabengesetzen der Länder, z.B.: § 4 Abs. 2, 1. Var. KAG NW. 11 Vgl. Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 233 f. 12 Vgl. dazu Amdt, WiVerw 1990, 26 (Fn. 124). 13 Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 82 f.; von MutiuslLünenbürger, DVBl. 1995, 1206. Vgl. auch in diesem Zusammenhang die Ausgestaltung in den Landeskommunalabgabengesetzen, wie z.B. § 4 Abs. 2, 2. Var. KAG NW.

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

Eine gelegentlich vertretene Auffassung dehnt dagegen die traditionelle Definition der Benutzungsgebühr auf die Benutzung öffentlicher Sachen aus. 14 Die staatliche Leistung liegt nach dieser Ansicht in der Duldung der über den Allgemeingebrauch hinausgehenden individuellen Nutzung. 15 Weil Umweltgüter, also auch die Luft, öffentliche Sachen sind l6 , erscheint es auf Grundlage dieser Auffassung folgerichtig, die für die Inanspruchnahme des Luftraums als Schadstoffbecken geforderte Abgabe als Benutzungsgebühr einzustufen. Gegen diese weite Interpretation der herkömmlichen Begriffsdogmatik spricht jedoch entscheidend, daß es Zweck und entscheidendes Charakteristikum der Benutzungsgebühr ist, die staatliche Tätigkeit, die hinter der öffentlichen Einrichtung steht, abzugelten. 17 Dies erfordert zunächst eine individuell zurechenbare Leistung des Staates. Beim jedermann zur Verfügung stehenden und räumlich nicht abgrenzbaren Luftraum läßt sich eine solche Zuordnung zu einer individuellen Leistung jedoch nicht treffen. 18 Auch die allgemeinen, nur im gesellschaftlichen Interesse erfolgenden staatlichen Luftbewirtschaftungsmaßnahmen können diese erforderliche Gegenseitigkeitsbeziehung nicht herstellen. 19 Der Anwendungsbereich der Benutzungsgebühr kann daher nicht im genannten Sinne erweitert werden. 2o Für den infragestehenden Abgabetatbestand einer Lizenz"gebühr" kommt - wie im folgenden zu zeigen sein wird - hinzu, daß diese nicht, wie es die Benutzungsgebühr voraussetzt, an die Nutzung, sondern vielmehr an die Verleihung eines Rechts anknüpft. 111. Verleihungsgebühr

Da die herkömmlichen Gebührenbegriffe der Verwaltungs- und Benutzungsgebühr, wie soeben dargelegt wurde, einige spezielle Ausprägungen der Umweltnutzungsabgaben nicht hinreichend erfassen können, wird nach 14 OVG Lüneburg, NVwZ-RR 1995, 442; dezidiert Hendler, NuR 1989, 25 ff.; Meßerschmidt, DVBI. 1987, 932; offengelassen von KreisG Cottbus-Stadt, LKV 1993, 67(68) und VG Karlsruhe, VBlBW 1990, 69(70), ob in solchen Fällen Verleihungs- oder Benutzungsgebühr vorliegt. 15 Hendler, NuR 1989, 25 ff. 16 s. nur Lorenz, NVwZ 1989, 812 ff.; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 232 f. m. w.N. 17 BVerwGE 74, 308(309); von MutiuslLünenbürger, DVBI. 1995, 1206; Köck, JZ 1993,63 m.w.N. zur Gegenauffassung (Fn. 44). 18 Pietzcker, DVBI. 1987, 775. 19 F. Kirchhof, DVBl. 1987, 557; Raber, NVwZ 1997,221; von MutiuslLünenbürger, DVBl. 1995, 1206 f. m.w.N. 20 I.E. auch Manssen, UTR 36(1996), 145; allg.: Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 233 f.; BVerwG NVwZ 1986, 832 (Natur sei keine Leistung der öffentlichen Hand i. S. des Beitrags- und Gebührenrechts).

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einer vielfach vertretenen, wenngleich umstrittenen Auffassung ein dritter Gebührentyp, die sogenannte Verleihungsgebühr - vereinzelt auch Konzessionsabgabe genannt21 - vorgeschlagen?2 Gegenstand dieser Gebühr soll die hoheitliche Gewährung eines wirtschaftlich nutzbaren Rechts sein. 23 1. Tatbestandliehe Voraussetzungen Sofern die Verleihungsgebühr als solche anerkannt wird 24 , besteht im rechtswissenschaftlichen Schrifttum Einigkeit, daß sie nur als Gegenleistung für eine staatliche Leistung gefordert werden kann?S Ohne eine solche kompensatorische Funktion könnte die Gebühr als Vorzugslast nicht von der grundsätzlich voraussetzungslos erhobenen Steuer abgegrenzt werden. Heftig umstritten ist indes, ob für das Vorliegen einer Verleihungsgebühr über die Rechtsverleihung hinaus weitere tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen müssen. a) Weiter Leistungsbegriff Nach mittlerweile verbreiteter Auffassung in Literatur und Rechtsprechung reicht für das Vorliegen einer Verleihungs gebühr bereits die Verleihung eines Rechts durch staatliche Leistung aus (weiter Leistungsbegriff)?6 Danach könnte eine Verleihungsgebühr allein in der Zuteilung eines - in Lizenzen verbrieften - Emissionsrechts gesehen werden. Zur Begriffsklärung Arndt, WiVerw 1990,25 (Fn. 121). Meinungsübersichten finden sich u. a. bei F. Kirchhof, DÖV 1992, 238 (Fn. 23) und Heimlich, DÖV 97, 996 (Fn. 2 u. 3). 23 Die einzelnen Definitionen differieren allerdings erheblich, vgl. Müller, Abgaben im Umweltrecht, S. 141; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 83; Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 288; Arndt, WiVerw 1990, 25 f. Allerdings spiegelt sich darin auch die Uneinigkeit über die tatbestandlichen Voraussetzungen dieses Gebührentyps wider, dazu sogleich im Text (1.). 24 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 288; Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 212 ff.; BenderlSparwasserlEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 152; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 125 ff.; Müller, Abgaben im Umweltrecht, S. 142; Wieland, Konzessionsabgaben, S. 305 f.; weiterführende Hinweise bei Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 215 (Fn. 19), dort auch zur Gegenauffassung (S. 216 (Fn. 20)). 25 Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 234 ff.; Köck, 1Z 1993, 64; von Mutiusl Lünenbürger, NVwZ 1996, 1062. 26 F. Kirchhof, DVBI. 1987, 557 f.; Arndt, WiVerw 1990, S. 25 ff.; Heimlich, DÖV 1997, 996 f.; Müller, Abgaben im Umweltrecht, S. 141 f.; wohl auch Kluth, NuR 1997, 109, seine Kritik betrifft nur die Rechtfertigungsvoraussetzungen, nicht aber die begrifflichen. Für die Trennung terminologischer und Rechtfertigungsvoraussetzungen nunmehr auch das BVerfG in seiner Wasserpfennigentscheidung (E 93, 319(346 fO), allerdings ohne nähere Begründung und Stellungnahme zur Verleihungsgebühr. 21

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

b) Enger Leistungsbegriff In weiten Teilen des Schrifttums wird dagegen vertreten, daß der Begriff der Leistung eine Tätigkeit verlange, die über die bloße Ausübung von Befugnissen hinausgehen und mit einem Kostenaufwand verbunden sein müsse (enger Leistungsbegriff).27 Begründet wird dies meist wie folgt: Der Gesetzgeber könne stets einen bislang (in gewissen Grenzen) kostenfreien Umweltgebrauch verbieten, um anschließend ein kostenpflichtiges Recht auf Umweltnutzung zu verleihen. Diese Regelungstechnik stünde dem Gesetzgeber bei einer Vielzahl von Umweltnutzungen zur Verfügung. Auf diese Weise könne er sich nahezu beliebig viele Einnahmequellen sichern und damit die Grenzen der Finanzverfassung unterlaufen. In diesem Zusammenhang wird häufig eine "Kommerzialisierung der Umwelt" befürchtet: das in das Belieben des Staates gestellte "Gebührenerfindungsrecht" soll mit den Regeln der Finanzverfassung nicht vereinbar sein. 28 Diese Argumentation wird häufig zum Anlaß genommen, die Abgabenart Verleihungsgebühr insgesamt in Frage zu stellen?9 Nach dem engen Leistungsbegriff ist eine hinreichende Abgrenzung der Verleihungs gebühr zur Steuer also nur dann gewährleistet, wenn die gebührenpflichtige Leistung für den Staat aufwandsabhängig, also mit Kosten verbunden ist. Die Genehmigung zur Emission von Schadstoffen oder - ressourcenbezogen formuliert - die Bereitstellung der Luft als "Schadstoffbecken" ist für den Staat hingegen mit keinem Aufwand verbunden. Daher stellt die Zahlungsverpflichtung der Emittenten beim Zertifikaterwerb nach der Gegenauffassung keine Verleihungsgebühr dar. c) Stellungnahme Die in der Literatur gegen den weiten Leistungsbegriff geäußerten Einwände können nicht überzeugen. Zwar ist dem verfassungsrechtlich gebotenen Ziel, die Finanzverfassung zu schützen und ein grundsätzliches "Gebührenerfindungsrecht" zu verhindern, zuzustimmen. Dieser Schutz wird aber richtigerweise dadurch verwirklicht, daß für jede Abgabe geprüft wird, ob sie materiellrechtlich gegen Prinzipien der Finanzverfassung verstößt. 30 27 von MutiuslLünenbürger, NVwZ 1996, 1063 m.w.N.; dies., DVBI. 1995, 1207 ff.; Manssen, UTR 36(1996),141; Breuer, DVBI. 1992,491. 28 So Raber, NVwZ 1997, 221; P. Kirchhof, HStR IV, § 88 Rn. 187; allg. dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 278. 29 von MutiuslLünenbürger, DVBI. 1995, 1208; Sachs-Siekmann, vor Art. 104 a Rn. 73; Raber, aaO., S. 221; Breuer, DVBI. 1989, 491. Diese Folgerung ist insoweit konsequent, als die Verleihung von Rechten für den Staat im Regelfall keine Kosten verursacht.

A. Gebühren

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Der Ansatz der dargestellten Literaturmeinung besteht hingegen darin, schon auf begrifflicher Ebene den Kreis derjenigen Rechte, für die eine Verleihungsgebühr erhoben werden könnte, aufgrund formaler Gesichtspunkte zu begrenzen. Doch folgt allein aus dem Umstand, daß die Rechtserteilung keine staatlichen Kosten verursacht, noch nicht zwingend, daß dem Gebührenpflichtigen dann auch kein vorteilhaftes Recht zugeteilt werden könne?l Eine Notwendigkeit der Entstehung staatlicher Kosten folgt auch nicht aus dem sogenannten Prinzip der Kostendeckung, da dieses im Grundgesetz nicht verankert ist. 32 Schließlich kann auch der Einwand, der weite Leistungsbegriff könne eine zuverlässige Abgrenzung der Verleihungsgebühr von anderen Abgabearten, insbesondere der Steuer33 , nicht mehr gewährleisten, nicht überzeugen. Die Verleihungsgebühr setzt mit dem Erfordernis der Rechtsverleihung eine staatliche (Gegen-)Leistung voraus. Es besteht demnach ein zwingendes Ausschlußverhältnis zwischen der Verleihungsgebühr und der in aller Regel voraussetzungslos erhobenen Steuer bzw. Sonderabgabe. 34 Die Kritik an der Regelungstechnik, die Nutzung einer Umweltressource erst zu verbieten, um sie dann gegen Entgelt zuzuteilen, verkennt insbesondere, daß einem solchen Vorgehen enge materiellrechtliche Grenzen gesetzt sind. 35 Eine Rechtsverleihung ist nämlich nur dann möglich, wenn der Gebührenpflichtige einen Vorteil, also eine Erweiterung seiner Rechte 36 , erlangt. Eine solche Rechtserweiterung liegt aber nicht schon dann vor, wenn der Gebührenpflichtige ohnehin einen Anspruch - und zwar einen verfassungsrechtlichen und nicht bloß einfachgesetzlichen - auf die Rechtserteilung hat. Folglich besteht für die kritisierte Regelungstechnik ohnehin nur dort Spielraum, wo die rechtliche Möglichkeit eines Verbots bestimmter Tätigkeiten und der anschließenden Gestattung37 der Ausübung besteht. 38 Der 30 So auch jetzt der Ansatz des BVerfG; vgl. E 93, 319, 1. LS (= S. 345), dazu noch ausführlich unter E.; s. auch Müller, Abgaben im Umweltrecht, S. 141 f.; Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 224 f. m. W.N. 31 Dies läßt Manssen, UTR 36(1996), 141, offensichtlich außer Betracht. 32 Ganz h.M.: BVerfGE 97, 332(345); Kluth, NuR 1997, 109; F. Kirchhof, DVBl. 1987, 559; BenderlSparwasserlEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 152; abw. etwa: Friauf, FS zur 600-Jahr-Feier der Universität zu Köln, S. 694 ff. Zum Kostendeckungsprinzip s. auch Fn. 55. 33 Von MutiuslLünenbürger, NVwZ 1996, 1062 m. W.N. 34 Ausführlicher zu diesen Abgabenformen unter C. und D. 35 So auch Köck, JZ 1993, 64; zu den materiellen Voraussetzungen s. unten 2. 36 BenderlSparwasserlEngel, Umweltrecht, § 1 Rn. 152 m. w.N. Insoweit wirkt sich die Uneinigkeit über die Begriffsmerkmale der Verleihungsgebühr nicht aus. 37 Auch hier gibt es keine Übereinkunft in terminologischer Hinsicht. Anzutreffen sind die Bezeichnungen Dispens, Konzession, Privileg, (Ausnahme-)Bewilligung, Verleihung, Erlaubnis, Genehmigung, Gestattung, Zulassung u. v. m. (aus: F. Kirchhof, DVBl. 1987, 558).

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

Erhebung von Verleihungsgebühren ist also nur dann eine Grenze gesetzt, wenn der Einführung eines materiellen (Nutzungs-)Verbotes Verfassungsrecht entgegensteht. 39 Immer dann, wenn ein grundrechtlicher Anspruch des Umweltnutzers auf Erlaubnis bzw. Nutzung besteht, ist der Gesetzgeber gehindert, die Umweltnutzung mit einer Kostenpflicht zu versehen. 4o Weitere materiellrechtliche Grenzen können sich aus der allgemeinen Grundrechtsbindung der Legislative (Art. 1 Abs. 3 GG) ergeben. d) Rechtsverleihung oder Duldung der Nutzung als maßgebende staatliche Leistung? Auch nach dem vorzugswürdigen weiten Leistungsbegriff setzt das Vorliegen einer Verleihungsgebühr die Erteilung eines Rechts voraus. Es ist demnach zu klären, ob bei einer Auktionierung der Emissionsrechte eine Rechtsverleihung durch staatliche Institutionen erfolgt. aa) Abgrenzung zur Duldungsgebühr

Die erforderliche staatliche Leistung, für die die im Lizenzpreis enthaltene Gebühr erhoben wird, kann zum einen in der Verleihung des Rechts zur Befrachtung der Luft mit Schadstoffen gesehen werden. Zum anderen kommt als Bemessungsgrundlage dieser Gebühr die tatsächliche Nutzung der Ressource, nämlich die Emissionstätigkeit, in Betracht. Die Gebührenerhebung würde bei dieser Sichtweise nicht notwendigerweise eine Rechtsverleihung voraussetzen, sondern lediglich die Nutzung der Ressource durch den Abgabepflichtigen oder die Duldung der Nutzung durch den Staat. Vielfach wird die letztgenannte Abgabenkonstruktion als Ressourcennutzungsgebühr41 bzw. als Duldungsgebühr42 bezeichnet. Arndt, WiVerw 1990, 30 f.; allg.: Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 255. Vgl. F. Kirchhof, DVBl. 1987, 558, der die Einführung einer Verleihungsgebühr allerdings auch bei entgegenstehenden einfachen Gesetzen für ausgeschlossen hält. Formal trifft diese Einschätzung zu, zu beachten ist aber, daß - vorausgesetzt, es greift nicht die Vorrangregel des Art. 31 GG - einfachgesetzliche Normen, die zugleich mit dem Gebührentatbestand implementiert werden, entgegenstehende Regelungen grds. nach den lex-posterior- bzw. lex-specialis-Grundsätzen verdrängen werden. Dies ist auch bei Lizenzmodellen der Fall, da sie eine - jedenfalls konkludente - Reduktion des Genehmigungsinhalts zwingend voraussetzen, s. § 2 A. I. 1. 40 Ausführlicher dazu sogleich im Text (2. c) aa». 41 Dazu Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 29; Sanden, UPR 1996, 182 f.; ähnlich F. Kirchhof, DVBl. 1987, 556 ("Sondemutzungsgebühren"); allerdings vermitteln auch in diesem Bereich viele Beiträge den Eindruck definitorischer Beliebigkeit. 42 Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 181 ff.; vgl. auch VG Stade, NdsVBl. 1995, 82(84). 38

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Der Unterschied zwischen Verleihungs- und Duldungsgebühr liegt allein in der rechtlichen Konstruktion der Abgabe. Die Duldungsgebühr knüpft nicht an die Rechtsverleihung, sondern an die tatsächliche Nutzung des Rechts an. 43 Bei ihr bedarf die Nutzung keiner besonderen Zulassung, sie ist lediglich gebührenpflichtig. Die staatliche Leistung wird dabei in der Duldung der Nutzung eines öffentlichen Umweltgutes gesehen. 44 Dagegen geht der Verleihungsgebühr in der Regel ein Nutzungsverbot mit nachfolgender Ausnahmebewilligung voraus. Im Zertifikatsystem ist die Nutzung der Ressource Luft nur nach dem vorherigen Erwerb einer Lizenz erlaubt; erst sie verleiht das Recht auf Emission. Anknüpfungspunkt für die Abgabe ist allein die Berechtigung zu emittieren, nicht der tatsächliche Vollzug. 45 Denn auch der Marktteilnehmer, der ein Recht nur erwirbt, um mit diesem Handel zu treiben, muß für den Erwerb des Zertifikats zahlen, obwohl er es nicht nutzt. Es liegt also keine Duldungs-, sondern eine Verleihungs gebühr vor. 46 bb) Verleihung eines Rechts

Durch die Vergabe der Lizenzen gegen Entgelt wird das Recht auf Nutzung einer öffentlichen Ressource, nämlich auf Freisetzung einer gen au quantifizierten Schadstoffmenge, verliehen. Auf der Grundlage der Konzeption der Verleihungsgebühr liegt damit eine hoheitliche Rechtsverleihung vor. cc) Zusammenfassung

Der für die staatliche Veräußerung von Emissionszertifikaten erhobene Preis stellt tatbestandlich eine Verleihungsgebühr dar. 47 43 Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 193, die in diesem Merkmal in Fällen, in denen eine Nutzungserlaubnis vorliegt, zutreffend den einzigen Unterschied zwischen Verleihungs- und Duldungsgebühren sieht. 44 Vgl. Heimlich, DÖV 1997,998. 45 Allgemein zu dieser Unterscheidung Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 287. 46 Die Feststellung ist insoweit von Bedeutung, als keine Einigkeit besteht, ob für Verleihungs- und Duldungsgebühr die gleichen rechtfertigenden Maßstäbe anzulegen sind, vgl. Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 193 ff. m.w.N.; von Mutiusl Lünenbürger, NVwZ 1996, 1062. Zum neuen Ansatz des BVerfG vgl. nachfolgend E. 47 So wohl auch Stober, HdB, § 25 11 1 b (S. 382). A. A. Manssen, UTR 36(1996), 144: es handle sich bei Zertifikatmodellen nicht um eine (seiner Ansicht nach ohnehin verfassungswidrige) Verleihungsgebühr, weil diese isoliert für die Inanspruchnahme von Umweltgütem kassiere und zur erforderlichen Anlagengenehmigung hinzutrete, wohingegen dies bei Umwe1tzertifikaten nicht der Fall sei. Diese Argumentation kann nicht überzeugen. Zum einen beruht sie auf einer verkürzenden

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

2. Sachliche Rechtfertigung Die Erhebung der Verleihungsgebühr muß nach allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsätzen vor den Grundrechten des Gebührenbelasteten und den Anforderungen der Finanzverfassung, welche die Finanzierung des Staates durch Steuern und nicht durch außersteuerliche Abgaben verlangt (Prinzip des Steuerstaates), legitimiert werden. 48 a) Grundrechte des Gebührenbelasteten Die Erhebung der Gebühr wäre verfassungswidrig, wenn sie Grundrechte der Emittenten verletzt.

aa) Abgrenzung zu anderen durch die Gebühr verursachten Belastungen Die Grundrechtsbelastung der Emittenten im Hinblick auf ihre eigentumsrechtlichen Positionen wurde in dieser Arbeit bereits ausführlich untersucht. 49 Die Gebührenbelastung spielte dort allerdings nur im Rahmen der Rechtfertigung des Eingriffs in das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG eine Rolle, weil sie die Eingriffsintensität der gesetzgeberischen Maßnahme beeinflußt. 5o An dieser Stelle soll hingegen geprüft werden, ob schon in der Auferlegung der Gebührenbelastung eine eigenständige Grundrechtsverletzung gesehen werden kann. Die mit der Geldleistungspflicht verbundene Belastung war zwar auch schon im Rahmen der Berufsfreiheit - mittelbarer - Anknüpfungspunkt der prüfung. 51 Dort ging es jedoch allein um die Verpflichtung der Marktteilnehmer zum Lizenzerwerb in einem bereits etablierten Marktsystem. Die dabei auftretenden Lizenztransaktionen sind rein privatrechtlicher Natur, so daß die für den Erwerb von Lizenzen aufgebrachten Leistungen Privaten und nicht dem Staat zukommen, folglich auch keinen Gebührencharakter haben können. Anders verhält es sich bei der hier zu untersuchenden staatlich organisierten Veräußerung von Lizenzen. und von der überwiegenden Auffassung nicht mehr getragenen Definition der Verleihungsgebühr (s. o. III. 1.). Zum anderen sehen Zertifikatmodelle in der Regel ein Nebeneinander von Genehmigung und Zertifikat vor (sog. Mischmodelle [s.o., § 1 E. 1.)); eine Möglichkeit, die Manssen erst in anderem Zusammenhang berücksichtigt (aaO., S. 147). 48 Heimlich, Verleihungs gebühr, S. 234. 49 s. § 2 A. I. 50 § 2 A. I. 2. a) aa) (5) bzw. bb) (4). 51 § 2 B. 11.

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bb) Mögliche Grundrechtsbeeinträchtigungen

Eine Verletzung des Art. 14 GG kommt offensichtlich nicht in Betracht, weil durch die Geldleistungspflicht nur das Vermögen, welches vom Eigentumsgrundrecht nicht geschützt ist, beeinträchtigt wird. 52 In jedem Fall erfolgt aber ein grundrechtlicher Schutz durch die das gesteuerte Verhalten schützenden Grundrechte der Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG. Jedoch ist das insoweit vorrangig anzuwendende Grundrecht der Berufsfreiheit nur insoweit betroffen, als durch die Abgabe der Grundrechtsgebrauch beeinflußt wird. 53 Für die an den Staat zu entrichtenden Zahlungen gelten also keine anderen grundrechtlichen Maßstäbe als für die allgemeine Lizenzerwerbspflicht im Markthandel. Es kann also insoweit auf die bereits erfolgten Ausführungen verwiesen werden. 54 b) Maßstäbe für die Bestimmung der verfassungsrechtlich zulässigen Gebührenhöhe Unabhängig von einer möglichen speziellen Grundrechtsbeeinträchtigung könnten die allgemeinen Gebührenbemessungsprinzipien Anhaltspunkte für die Rechtmäßigkeit der Verleihungsgebühr, insbesondere hinsichtlich der Höhe des Zertifikatpreises, liefern. aal Äquivalenzprinzip und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Üblicherweise wird das Verhältnis zwischen der jeweils erhobenen55 Gebühr und staatlicher Leistung durch das sogenannte Äquivalenzprinzip bestimmt. Der Inhalt dieses Gebührenbemessungsprinzips ist jedoch im ein52 s. im einzelnen dazu § 2 B. I. 1. a). Ein anderes Ergebnis kommt nur bei einer konfiskatorischen Belastungswirkung in Betracht, welche bei Emissionszertifikaten jedoch kaum vorstellbar ist. Eine "Addition" der (auch nicht-steuerlichen) Abgabenbelastungen im Hinblick auf den sog. Halbteilungsgrundsatz (grundlegend BVerfGE 93, 121 ff.; dazu auch schon § 2 Fn. 449), wie sie in der jüngeren Literatur vereinzelt angeregt wird (Raber, NVwZ 1997, 222), kommt dabei richtigerweise nicht in Betracht, da das Steuerstaatsprinzip durch die Gebührenerhebung, die als Ausgleich für einen wirtschaftlich nutzbaren Vorteil geleistet ist, gar nicht tangiert wird; i. E. auch Heimlich, DÖV 97, 1000. 53 § 2 A. I. 3. u. B. 11. 54 § 2 B. 11. Dies gilt auch hinsichtlich des Gleichheitssatzes (§ 2 A. 11. 1.), Besonderheiten ergeben sich bei Art. 3 GG jedoch im Hinblick auf die Gebührenhöhe (s. dazu sogleich b», allg. zum Verhältnis von Verleihungsgebühr und dem Gleichbehandlungsgebot: F. Kirchhof, DVBl. 1987, 560 f. 55 Im Unterschied dazu das sog. Kostendeckungsprinzip, welches das Gesamtaufkommen der Gebühr betrifft, vgl. Starck, in: v. Mangoldt/Klein/ders., Art. 3 Abs. 1 Rn. 114; Sachs-Siekmann, vor Art. 104 a Rn. 81, jeweils m. w.N. 12*

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

zeInen umstritten. 56 Einigkeit besteht aber insoweit, als ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip jedenfalls dann vorliegen soll, wenn Gebühr und Leistung außer Verhältnis stehen. 57 In diesem Fall ist auch in der Regel eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Gebührenpflichtigen zu bejahen, da sie mehr leisten müssen als sie als Gegenleistung erhalten. 58 Verhältnismäßigkeits- und Äquivalenzprinzip überschneiden sich also in bezug auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Gebührenhöhe; das Äquivalenzprinzip bestimmt damit nichts, was nicht ohnehin - bereits aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes - gilt. 59 Somit können zur Bestimmung der zulässigen Gebührenhöhe die Grundsätze des Verhältnismäßigkeitsprinzips herangezogen werden. Der Gesetzgeber ist mithin aus verfassungsrechtlichen Gründen verpflichtet, die Gebührenhöhe im Verhältnis zur erbrachten Leistung angemessen zu gestalten. 6o Während der Lizenzpreis üblicherweise im voraus nicht bestimmbar ist, weil er allein vom Marktgeschehen abhängt, wird der initiierende Vergabepreis staatlicherseits festgelegt. Es läßt sich also insoweit61 nicht einwenden, daß die Unbestimmbarkeit des Preises einer gen auen verfassungsrechtlichen Prüfung nicht zugänglich sei. 62 Bereits ein von staatlichen Institutionen für die Anfangsversteigerung festgesetzter Preis darf die abgabepflichtigen Emittenten nicht in unverhältnismäßiger Weise belasten. Um den damit erforderlichen Vergleich von Gebührenhöhe (Zertifikatpreis) und staatlicherseits erbrachter Leistung (Emissionserlaubnis) durchführen zu können, muß zunächst der Wert der Emissionserlaubnis für den Gebührenschuldner ermittelt werden. 63 Dabei ergibt sich das Problem, daß sich nicht abstrakt der übliche Preis für die Belastung des Luftraums mit einer bestimmten Menge eines Schadstoffs bestimmen läßt. Die Preisbildung vollzieht sich bei Emissionszertifikaten durch Marktentwicklungen; sie ist das Ergebnis Näher dazu etwa Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 162 f. m. w.N. BVerfGE 20, 257(270); BVerwGE 26, 305(308 0; BVerwG NVwZ 1986, 483(484). 58 Vgl. F. Kirchhof, DVBI. 1987, 560 f. 59 Müller, Abgaben im Umweltrecht, S. 143 f.; Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 175; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 200 m. w. N. Deutlich auch BVerfGE 83, 363 (392): Äquivalenzprinzip sei eine "gebührenrechtliche Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit". 60 Eignung und Erforderlichkeit der Gebührenerhebung liegen unproblematisch vor, vgl. insoweit auch § 2 A. I. 2. Zusätzlich heranzuziehen ist dabei der mit der Gebühr verfolgte Lenkungszweck; zu den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Verhältnismäßigkeitsprüfung s. Kluth, NuR 1997, 111. 61 Anders aber z. B. hinsichtlich der nur prognostizierbaren Preisentwicklung, s. etwa § 2 A. I. 2. a) cc) (1) (c) (aa). 62 So aber offenbar Manssen, UTR 36(1996), 144 f. 63 Vgl. Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 152. 56 57

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von Angebot und Nachfrage. Der sich auf diese Weise bildende Preis ist aber nicht ein bloßes Zufallsprodukt, sondern läßt sich nach Überzeugung der ganz herrschenden Auffassung in den Wirtschaftswissenschaften in gewissen Grenzen simulatorisch ermitteln. 64 Den folgenden Ausführungen wird daher die Annahme zugrunde gelegt, daß sich rechnerisch ein den Marktverhältnissen ungefähr entsprechender "Einstiegspreis" - gewissermaßen der Wert der Emissionsberechtigung zum Zeitpunkt des Implementierungsvorgangs - ermitteln läßt. Möglichen Unwägbarkeiten bei dieser Prognoseentscheidung wird in rechtlicher Hinsicht durch die Einräumung eines weiten gesetzgeberischen Einschätzungsspielraums 65 Rechnung getragen. Eine Verleihungsgebühr, die in der beschriebenen Weise den annähernden Wert des verliehenen Rechts zugrunde legt also einen Preis festsetzt, der sich bei hypothetischem Markthandel voraussichtlich ergäbe - stellt für den Gebührenpflichtigen einen bilanzmäßigen Ausgleich her: der Betrag, den er für das Zertifikat zahlt, wird ihm durch den Wert der Berechtigung wieder seinem Vermögen zugeführt. 66 Problematisch sind daher nur Anfangsauktionen, auf denen Lizenzen wegen der beabsichtigten Lenkungswirkung zu einem Preis, der den ermittelbaren Zertifikatwert augenscheinlich 67 übersteigt, offeriert werden. 68 bb) Berücksichtigung der intendierten Lenkungswirkung

Eine Verteuerung der Gebühr über das Äquivalenz- bzw. Verhältnismäßigkeitsprinzip hinaus und damit eine zusätzliche Erweiterung des gesetzgeberischen Spielraums kommt in Betracht, sofern eine Abgabe zulässigen Lenkungszwecken dient. 69 Denn in diesem Fall rechtfertigt sich die zusätz64 s. dazu schon § 2 A. I. 2. a) cc) (1) (aa). Ob die Prognosemethoden in vollem Maße praxistauglich sind, muß anhand der Entwicklung des nordamerikanischen Zertifikatmarktes allerdings bezweifelt werden. Während der amerikanische Kongreß von einem Lizenzpreis von bis zu 1500,- US$ und die nationale Umweltbehörde EPA von 750,- US$ pro Tonne S02 ausgegangen waren, stellte sich zu Beginn des Emissionsrechtehandels ein Preis von etwa 140,- US$ ein, der in der Folge noch weiter sank (s. Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 129). Kritisch zur Berechenbarkeit des Zertifikatspreises auch schon Ladeur, UTR 5(1988),32l. 65 s. § 2 A. I. 2. a) cc) (1) (c) (aa). 66 Vgl. F. Kirchhof, DVBl. 1987, 560: eine Verleihungsgebühr, die nur den Wert des verliehenen Rechtes berechnet, sei stets verhältnismäßig. 67 Diese Einschränkung wegen der bei Lizenzmodellen erforderlichen Prognose des "Marktwerts" einer Emissionsberechtigung und des hierfür geltenden Gestaltungsspielraums. 68 I.E. auch BVerfGE 93, 319(347): Die Gebührenhöhe dürfe den Wert der Leistung nicht übersteigen, weil andernfalls die Abgabe insoweit "voraussetzungslos", also wie bei einer Steuer erhoben werde.

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liche Belastung der Gebührenpflichtigen dadurch, daß die Lenkung ein verfassungsmäßiges Sachziel und nicht bloß die allgemeine Staatsfinanzierung verfolgt. 7o Ob der Einsatz handelbarer Emissionszertifikate als Lenkungsabgabe beurteilt werden kann, hängt zunächst davon ab, ob für die Lenkungseigenschaft vorrangig die beabsichtigte Verhaltensbeeinflussung oder das Entstehen eines Finanzaufkommens maßgeblich sein soll. Die staatliche Veräußerung von Umweltlizenzen führt sowohl zu einer Beeinflussung des Emissionsverhaltens der Marktakteure als auch zu erheblichen staatlichen Einnahmen. Es wäre allerdings verfehlt, allein wegen des Vorliegens eines wie auch immer gearteten Finanzaufkommens die Lenkungseigenschaft einer Abgabe zu verneinen. 7l Vielmehr wird sich die Beurteilung daran orientieren müssen, ob der Einsatz der Emissionszertifikate primär (und nicht ausschließlich) Lenkungszwecke verfolgt. Eine Lenkungsabgabe ist danach im Regelfall dadurch gekennzeichnet, daß das Abgabeaufkommen regelmäßig sogar nur als Nebenfolge der Abgabenlenkung entsteht und nur für eine Übergangsphase bestehen soll.72 Vereinfachend läßt sich der Zusammenhang zwischen Lenkungswirkung und Ertragsstärke in einer prägnanten Formel ausdrücken: je intensiver die Lenkungswirkung ist, desto geringer fällt der Abgabenertrag aus. 73 69 Der Lenkungszweck kann indes nur die Bemessung, nicht aber die Gebührenerhebung selbst rechtfertigen, vgl. Heimlich, DÖV 1997, 998; Meyer, Nutzung von Umweltressourcen, S. 236 f.; Murswiek, NVwZ 1996, 418; offen gelassen vom BVerfG in E 93, 319 (345 0. 70 P. Kirchhof, Jura 1983, 513; F. Kirchhof, DVBI. 1987,561; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 152 (Fn. 236); in die Richtung auch BVerfGE 67, 256(278); im Ergebnis auch Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 175 f. (Fn. 477), der darauf hinweist, daß der Lenkungszweck schon in die Prüfung des Äquivalenzzusammenhangs einzubeziehen sei, das Äquivalenzprinzip selbst also nicht außer Kraft gesetzt werde; krit. hingegen Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 292. Die interessante Erwägung Kluths (NuR 1997, 110), daß eine über die Abschöpfung von Sondervorteilen hinausgehende Belastung nicht gerechtfertigt werden könne, sofern das Lenkungsziel bereits ordnungsrechtlich verwirklicht sei, kann bei Emissionszertifikaten nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie in der konkreten Systemgestaltung ordnungsrechtliche Maßnahmen substituieren sollen. Zu beachten ist dann aber auch, daß die Erhebung einer Lenkungsabgabe zugleich die Festlegung neuer und in der Regel auch strengerer Lenkungsziele beinhaltet, deren Erreichen die ordnungsrechtlichen Instrumente häufig nicht (mehr) garantieren können. 71 Dies scheint beispielsweise Manssen, UTR 36(1996), 145, vorauszusetzen. Die von ihm herangezogene Entscheidung BVerfGE 57, 139 ff. stützt den Schluß von der Ertragsrelevanz auf das Vorliegen eines Finanzierungszwecks gerade nicht, weil das Gericht dort lediglich eine primäre Finanzierungsfunktion fordert. Zum ganzen mit ausführlichen Nachweisen Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, S. 53 ff. 72 Kloepfer, Umweltrecht, § 5 Rn. 267, der auf die Abwasserabgabe Bezug nimmt.

A. Gebühren

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Im Regelfall wird bei Lizenzsystemen ein nennenswertes Finanzaufkommen lediglich bei einer Anfangsversteigerung der Rechte auftreten. Dabei erzielte Erlöse sind in der Regel nicht Zweck der Abgabeerhebung, sondern nur deren - unter Umständen sogar zwangsläufige - Folge. 74 Nach Abschluß der Zuteilungsphase fließen die Einnahmen aus Zertifikatveräußerungen hingegen in der Regel an Private und dienen allein der ökologischen Steuerung. 75 Somit überwiegt bei Lizenzsystemen im Regelfall der Lenkungscharakter deutlich. 76 Wegen der sich damit ergebenden zusätzlichen Erweiterung des gesetzgeberischen Spielraums ist demnach grundsätzlich auch ein (Anfangs-)Zertifikatpreis zulässig, der den tatsächlichen Wert des Emissionsrechts in verhältnismäßigem Rahmen übersteigt. ce) Zusammenfassung

Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Höhe des Zertifikatpreises zwar begrenzt, dennoch ein erheblicher legislativer Gestaltungsspielraum verbleibt. Gleichwohl ist der Wert der öffentlichen Leistung schwer zu bestimmen; den staatlichen Instanzen kommt hierbei ein erheblicher Beurteilungsspielraum zu. Wegen des Lenkungscharakters der Emissionszertifikate müssen Wert und Gebührenhöhe nicht übereinstimmen. Daher werden nur evidente "Überteuerungen" des

73 Umgekehrt kann ein hoher Ertrag jedoch nicht nur auf eine geringe Lenkungswirkung, sondern auch auf Konstruktionsmängel der Abgabe zurückzuführen sein (vgl. Kloep/er, aaO., Rn. 268). 74 Die Verwendung des Finanzaufkommens bei Zertifikatlösungen wird, soweit ersichtlich, in der Literatur nur sehr selten angesprochen. Manssen, UTR 36(1996), 146, geht von einem Einsatz der Einnahmen als Subvention für emissionsmindemde Maßnahmen aus, womit er sich aber in Widerspruch zu der von ihm unterstellten primären Finanzierungs/unktion (aaO., S. 145; wiederum gegensätzlich die Feststellung auf S. 146 f.: der Verkauf der Lizenzen diene nicht zur Finanzierung von Staatsaufgaben) setzt. Doch: Selbst wenn der Staat die i. d. R. einmaligen Erlöse vereinnahmen würde, dürfte keine primäre Finanzierungsfunktion anzunehmen sein (v gl. dazu schon Fn. 71). Ginge es dem Staat um die Erschließung einer neuen und dauerhaften Einnahmequelle, würde er ohnehin Emissionen besteuern oder eine Emissionsabgabe erheben. Weiterführend zur Unterscheidung von Finanzierungszweck und -effekt Kluth, NuR 1997, 110 ff. (insbes. Fn. 82, 111), der in diesem Zusammenhang auch Umweltzertifikate als Beispiel für einen reinen Lenkungspreis nennt. 75 Im einzelnen hängt dies von den Systembedingungen ab. Beispielsweise müssen Zahlungen an den Staat weiterhin für Verkäufe aus möglichen Reserven geleistet werden. 76 Etwas anderes kann nur in dem recht femliegenden Fall gelten, wenn ein Lizenzmarkt primär zur Beschaffung finanzieller Mittel eröffnet wird, s. dazu Fn.74.

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

öffentlichen Gutes Luft die Grenze zur Verfassungswidrigkeit überschreiten können. c) Kompensatorische Funktion der Verleihungsgebühr Die Erhebung einer Gebühr ist grundsätzlich gerechtfertigt, wenn sie entweder als Ausgleich für einen staatlichen Aufwand erhoben wird (Kostenverantwortlichkeit) oder Sondervorteile abschöpft (Vorteilsausgleich).77 Da die Verleihung der Emissionsrechte für den Staat78 nicht mit Kosten verbunden ist, kommt die Ausgleichsfunktion als Rechtfertigungsgrund der Verleihungsgebühr nicht in Betracht. 79 Die aufwandsunabhängige Verleihungsgebühr kann somit nur durch Abschöpfung eines Sondervorteils legitimiert werden. Der Gebührenbelastete muß demnach durch die Verleihung des Emissionsrechts einen Vorteil, also eine Erweiterung seines Rechtskreises, erlangt haben. Vorteilhaft ist eine Leistung nach dem oben Gesagten jedoch dann nicht, wenn auf die Erlangung der Rechtsposition, die den Vorteil gewährt, ein grundrechtlicher Anspruch besteht. 80 aal Genehmigung gemäß § 6 BlmSchG Die Erteilung der Genehmigung zum Betrieb einer genehmigungsbedürftigen immissionsschutzrechtlichen Anlage ist in § 6 BImSchG als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet. 81 Daraus ergibt sich, daß der Anspruch zunächst einfachgesetzlich aus § 6 BImSchG folgt und einem unmittelbaren Anspruch aus Art. 14 GG entgegensteht. 82 Anders als bei Art. 14 GG konstituieren einfachgesetzliche Vorschriften jedoch nicht die Reichweite des grundrechtlichen Schutzes der Berufsfreiheit. 83 Vielmehr besteht der von Art. 12 GG geschützte Bestand unabhängig von gesetzli77 Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 234; Kluth, NuR 1997, 109. Die vereinzelt anzutreffende Bezeichnung "doppelgliedriger Gebührenbegriff' berücksichtigt nicht, daß die beiden genannten Merkmale richtigerweise die Rechtfertigungsebene betreffen. 78 Die Gesetzgebungskompetenz für Gebühren folgt jedenfalls bei Überwiegen des Lenkungszwecks der jeweiligen Sachregelung (Amdt, WiVerw 1990, 31; Pieroth, in: Jarass/ders., 4. Aufl., Art. 105 Rn. 15, vgI. zu Grenzen für die Ausübung von Steuergesetzgebungskompetenzen zu Lenkungszwecken neuerdings aber auch BVerfGE 98, 106(118 ff.). Damit ist für Emissionszertifikate in der Luftreinhaltung der Bund insgesamt regelungszuständig (v gI. schon § 2 A.). 79 Heimlich, Verleihungsgebühr, S. 234; Kluth, NuR 1997, 109. VgI. dazu oben III. 1. 80 s. III. 1. c) und Kloepfer, UmweItrecht, § 5 Rn. 259, 292. 81 Siehe ausführlich § 2 A. I. 1. a) bb) (2) (c) (aa). 82 Fn. wie vor.

A. Gebühren

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chen Regelungen, so daß der grundrechtliche Anspruch nicht nur aus § 6 BImSchG, sondern auch aus Art. 12 GG folgt, der als besonderes Freiheitsgrundrecht dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), soweit Deutsche betroffen sind, vorgeht. 84 Die Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, die den Betrieb der Anlage in den gesetzlich festgelegten Grenzen erlaubt, stellt damit nur den sich aus der Berufsfreiheit ergebenden Anspruch, der durch die Kontrollerlaubnis im Interesse einer Präventivkontrolle vorläufig eingeschränkt gewesen ist, wieder her. Damit wird nur ein Recht erteilt, welches zuvor bereits verfassungsrechtlich bestanden hat. Gleiches gilt für die Berechtigung zum Ausstoß von Schadstoffen, welche mit der Genehmigung untrennbar verbunden ist. Die Zuteilung eines Emissionsrechts in Gestalt eines Umweltzertifikats erweitert folglich die Rechtsstellung des Anlagenbetreibers nicht und ist damit gebührenrechtlich auch nicht vorteilhaft. 85 bb) Veifassungsrechtliche Grenzen der Ausgestaltung des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsanspruchs

Demnach muß untersucht werden, ob die gegenwärtige Ausgestaltung des

§ 6 BImSchG als präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt verfassungs-

rechtlich geboten ist oder ob der Gesetzgeber die Norm auch als repressives Verbot, also als Ermessensentscheidung, ausgestalten könnte. Für die Einführung von Emissionslizenzen zur Luftreinhaltung wäre es demnach erforderlich, den Genehmigungsanspruch - etwa durch eine Neuregelung des § 6 BImSchG oder durch Einführung eines § la BImSchG86 - um den Anspruch auf Belastung des Luftraums mit dem zu zertifizierenden Stoff zu reduzieren. Eine völlige Abschaffung des Genehmigungsverfahrens kommt dagegen von vornherein nicht in Betracht. 87 Da sich ein Emissionsrechtemarkt aus prakti83 Soweit auch bei Art. 12 GG Wechselwirkungen zwischen einfachgesetzlichen Bestimmungen und grundrechtlichem Schutzbereich, wie z. B. bei der sog. "Berufsbildlehre" (dazu etwa Sachs-Tettinger, Art. 12 Rn. 52 ff.), bestehen, betrifft dies jedenfalls nicht die hier relevanten Nutzungsbefugnisse. 84 Vgl. § 2 B. III. 85 Nach der abzulehnenden Gegenauffassung, die nicht von dem Bestehen eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt ausgeht (Nachweise in § 2 Fn. 68), besteht kein (grundrechtlicher) Anspruch auf Genehmigungserteilung, so daß diese vorteilhaft wäre. 86 Schulte (JZ 1984, 302) schlägt beispielsweise folgende Norm vor: ,,§ 1a BImSehG. Das Grundeigentum berechtigt nicht zu einer schädlichen Umwelteinwirkung, die nach diesem Gesetz einer Bewilligung bedarf'; ähnlich Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 255. Vgl. dazu auch schon § 2 A. 1. 1. a) bb) (1) und § 2 B. 1. 1. b). 87 So auch Koenig, DÖV 1996,947 f.; Manssen, UTR 36(1996), 147.

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

schen und rechtlichen Gründen nur auf einzelne Schadstoffe beschränken kann, ist eine Substituierung des gesamten Schadstoffausstoßes einer Industrieanlage durch die Einführung von Emissionslizenzen nicht möglich. Die tatbestandliche Reduktion des gebundenen Genehmigungsanspruchs kann zum einen durch die generelle Umwandlung des § 6 BImSchG in eine Ermessensentscheidung realisiert werden. Es genügt jedoch zum Ausschluß eines Rechtsanspruchs bereits eine enge Ausnahmebestimmung, die einen Anspruch auf Genehmigungserteilung88 jedenfalls in bezug auf die zertifizierten Schadstoffe ausschließt. 89 Zwingend notwendig ist selbst eine solche Regelung nicht. Denn die Einrichtung eines Zertifikat systems schränkt die Wirkung der Genehmigung insoweit ein, als die Schadstoffemissionsberechtigung nicht mehr von ihr erfaßt wird. Kein Anlagenbetreiber darf nach Inkrafttreten eines Lizenzmarktes noch über von Lizenzen unabhängige Emissionsrechte mehr verfügen. Damit liegt bereits in der Normierung dieses Systems eine zumindest konkludente Reduzierung des Genehmigungsinhalts. 90 Das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) - namentlich in seiner Ausprägung als Gebot der hinreichenden Bestimmtheit der Gesetze91 - legt eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Genehmigungsinhalts aber nahe. 92 Unabhängig von diesen legislativen Gestaltungsmöglichkeiten hängt die Zulässigkeit der kostenpflichtigen Vergabe von Emissionszertifikaten davon ab, ob die Einräumung eines grundrechtlichen Anspruchs auf Erteilung einer Genehmigung verfassungsrechtlich entbehrlich ist. Die einfachgesetzliche Ausgestaltung präventiver Verbote mit Erlaubnisvorbehalt ist Ausdruck des dahinter stehenden verfassungsrechtlichen Anspruchs der Antragsteller aus Art. 12 Abs. 1 GG. 93 Wie bereits im grundrechtlichen Teil ausführlich dargelegt wurde, verfügt nach der hier vertretenen Auffassung der Gesetzgeber durchaus über die Möglichkeit, bestehende - durch das Grundeigentum und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vermittelte94 - Emis88 Gemeint ist nicht die (gesamte) Betriebsgenehmigung als solche, sondern nur der Teilbereich, der die Emissionsberechtigung betrifft. De lege lata ist dieser Teilbereich von § 6 BImSchG noch erfaßt ("Betrieb", s.o.). Dies ist nicht zu verwechseln mit einer Teilgenehmigung i. S. v. § 8 BImSchG. 89 Ähnlich Enders. DÖV 1998, 190. Häufig wird im Schrifttum, insbesondere im Zusammenhang mit einem Genehmigungsanspruch auf Nutzung "der Luft", hingegen der unzutreffende Eindruck erweckt, daß das Anlagenzulassungsrecht bei Einräumung eines Bewirtschaftungsermessens mit unabsehbaren Folgen generell neu konzipiert werden müsse. 90 Vgl. dazu in anderem Zusammenhang Fn. 39. 91 BVerfGE 49, 168(181); 62, 169(183); 80, 103(108). 92 Enders. DÖV 1998, 190. 93 Vgl. soeben (1) und von MutiuslLünenbürger. NVwZ 1996, 1064, die allerdings neben Art. 12 GG auch unzutreffend Art. 14 GG anführen.

B. Beitrag

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sionsbefugnisse in verfassungskonfonner Weise zu eliminieren und fortan einer Zertifizierungspflicht zu unterwerfen. 95 Dies gilt jedenfalls dann, wenn er die Erfordernisse der Institutsgarantie beachtet und gewisse Übergangsfristen und Härtefallregelungen festlegt. Der Gesetzgeber kann somit in verfassungskonfonner Weise Ansprüche auf bestimmte Fonnen der Luftbelastung beseitigen. 96 Sofern auf diese Weise der Weg für die Einführung eines Emissionsrechtehandels geebnet ist97 , wird die Erteilung eines Emissionszertifikats den Gebührenpflichtigen einen Vorteil gewähren. Die Erhebung einer Verleihungsgebühr für die Luftnutzung in Gestalt eines Zertifikatpreises ist danach grundsätzlich sachlich gerechtfertigt. 3. Zwischenergebnis Das als Verleihungsgebühr zu bewertende Entgelt für Versteigerungen im Rahmen der Lizenzlösung ist grundsätzlich verfassungsrechtlich zulässig. Aus dem Verhältnismäßigkeits- bzw. Äquivalenzprinzip ergibt sich jedoch die Einschränkung, daß die Höhe der Gebühr den zu erwartenden Marktpreis nicht in unangemessener Weise übersteigen darf; eine gewisse Überhöhung ist im Hinblick auf den Lenkungszweck der Gebühr allerdings zulässig.

B. Beitrag Im folgenden soll die Verleihungsgebühr zu anderen Abgabearten abgegrenzt werden, wobei das besondere Augenmerk auf mögliche Überschneidungen der Anwendungsbereiche zu richten ist. Beiträge sind Abgaben zur vollen oder teilweisen Deckung der Kosten einer öffentlichen Einrichtung, die von denjenigen erhoben werden, denen die Einrichtung einen besonderen Vorteil gewährt. 98 Diese Abgabenart unterscheidet sich von Gebühren s. § 2 A. 1. 1. a) bb). s. § 2 A. Selbst die über den vorliegenden Zusammenhang hinausgehende generelle Änderung des § 6 BImSchG hin zur Einräumung eines Versagungsermessens wird mehrheitlich für möglich gehalten, s. Führ, Industrieanlagen, S. 244; Wickel, 94 95

Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 260, jeweils m. w. N. Vereinzelt wird ja schon die gegenwärtige Fassung des § 6 BImSchG nicht als Kontrollvorbehalt verstanden, s. § 2 A. 1. 1. a) bb) (2) (c) (aa). 96 So auch Bender/SparwasserIEngel, Umweltrecht, § 6 Rn. 38 (Fn. 30); Murswiek, Risiken der Technik, S. 359; Wickel, Bestandsschutz im Umweltrecht, S. 260; Steinberg, VVDStRL 51 (1992) [Aussprache], 331; Schulte, JZ 1984, 302 (nur gegen Entschädigungszahlungen). 97 Zuvor ist die Einführung einer Verleihungsgebühr für die Luftnutzung verfassungswidrig, s. Köck, JZ 1993,64; von MutiuslLünenbürger, NVwZ 1996, 1064 f. 98 BVerfGE 42, 223(228); BVerwGE 72, 212(218 f.).

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§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

dadurch, daß der Bürger die Gegenleistung nicht wirklich in Anspruch genommen haben muß, die bloße Möglichkeit eines Vorteils genügt bereits. 99 Der Umstand, daß der Bürger bei Emissionszertifikaten von dem verliehenen Recht nicht Gebrauch machen muß, könnte für eine Nähe zur Gebührenform Beitrag sprechen. Dies übersieht allerdings, daß der Beitrag den Abgabeschuldner nur im Faktischen, nicht aber im Rechtlichen besserstellt. IOO Dagegen wird bei der Verleihungsgebühr als staatliche Gegenleistung ein Recht erteilt. Der Verkauf der Lizenzen kann damit nicht als Erhebung eines Beitrags beurteilt werden.

c.

Steuer

Das Grundgesetz selbst enthält keine Definition des Steuerbegriffs. Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß die Verwendung des Begriffs "Steuer" in den Art. 105 ff. GG an die traditionelle Definition der Abgabenordnung anknüpft. 101 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz Abgabenordnung (AO) ist die fehlende Abhängigkeit von einer Gegenleistung ("Voraussetzungslosigkeit") für den Steuerbegriff konstitutiv. Um eine Steuer kann es sich im hier interessierenden Zusammenhang daher nur handeln, wenn mit der Erteilung des im Zertifikat verbrieften Rechts eine Gegenleistung des Staates nicht verbunden wäre. Daß bereits die Verleihung des Emissionsrechts als staatliche Leistung und damit als Gegenleistung zu beurteilen ist, wurde indessen bereits festgestellt. 102 Die Beurteilung des Zertifikatspreises als Steuer ist damit auf Grundlage dieser Auffassung von vornherein ausgeschlossen. 103

D. Sonderabgabe Sonderabgaben werden ebenfalls wie Steuern voraussetzungslos, das heißt ohne Rücksicht auf eine korrespondierende Gegenleistung der öffentlichen Hand erhoben. 104 Somit kann es sich bei der für die Verleihung des 99 BVerfGE 92, 91(115); F. Kirchhof, DVBI. 1987,556; vgl. auch die Fassung in den jeweiligen Landesgesetzen, z. B. § 8 Abs. 2 S. 1 KAG NW. 100 F. Kirchhof, DVBI. 1987, 556. 101 BVerfGE 67, 256(282); 93, 319(346). 102 s. A. III. 2. c). 103 Verneint man mit der Gegenauffassung das Vorliegen einer Gegenleistung, kann es sich um eine (Verbrauchs-)Steuer (von MutiuslLünenbürger, DVBI. 1995 1213 m.w.N. in Fn. 106) oder eine Sonderabgabe handeln (dazu sogleich D.). Vgl. etwa die Meinungsübersicht des OVG Lüneburg (NVwZ-RR 1995, 442) zum Wasserentnahmeentgelt. 104 BVerfGE 67, 256(2740; 78, 249(267); 81, 156(186 f.).

E. Sonstige nicht-steuerliche Abgaben

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Emissionsrechts erhobenen Abgabe aus dem gleichen Grunde auch nicht um eine Sonderabgabe handeln. 105

E. Sonstige nicht-steuerliche Abgaben Die Erhebung eines Entgelts für die Erteilung eines Emissionszertifikats muß nicht einer bestimmten Abgabenart zugeordnet werden, wenn man generell die Rechtmäßigkeit von Abgaben nicht-steuerlicher Art anhand allgemeiner Prinzipien beurteilt. 106 Eine solche Tendenz läßt sich der neueren Rechtspraxis entnehmen. I. Grundsätze des Wasserpfennig-Beschlusses des BVerfG

In seinem womöglich richtungweisenden und vielbeachteten 107 Beschluß vom 7.11.1995 zur Zulässigkeit von Grundwasserentnahmeentgehen ("Wasserpfennig") hat sich das Bundesverfassungsgericht von der herkömmlichen finanzverfassungsrechtlichen Terminologie gelöst. Der begrifflichen Zuordnung solle danach für die Beurteilung nicht-steuerlicher Abgaben keine ausschlaggebende Rolle mehr zukommen. 108 1. Begrenzungs- und Schutz/unktion der Finanzveifassung

Vielmehr sei - so das Gericht - für die Zulässigkeit nicht-steuerlicher Abgaben allein deren Vereinbarkeit mit der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) maßgeblich. 109 Die Gefährdung, die von Abgaben nicht-steuerlicher Art für grund105 Im Ergebnis auch Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 118 f. (allerdings ohne Begründung); a. A.: Manssen, UTR 36(1996), 145, der allerdings das Erfordernis der Voraussetzungslosigkeit nicht berücksichtigt. 106 Diese allgemeinen Prinzipien werden teilweise auch von jenen herangezogen, die das Rechtsinstitut der Verleihungsgebühr nicht anerkennen, s. Manssen, UTR 36(1996), 145, für Umweltzertifikate und allg. Pieroth, in: Jarass/ders., Art. 105 Rn. 14, 17. 107 V gl. nur Murswiek, NVwZ 1996, 417 ff.; von MutiuslLünenbürger, NVwZ 1996, 1061 ff.; Zugmaier, BayVBI. 1996, 530 ff.; Sanden, UPR 1996, 181 ff.; Manssen, UTR 36(1996), 146 ff.; Britz, JuS 1997, 404 ff.; Kluth, NuR 1997, 105 ff.; Raber, NVwZ 1997, 219 ff.; Heimlich, DÖV 1997, 996 ff.; Birk, FS W. Ritter, 41 ff.; Jarass, Nichtsteuerliehe Abgaben, S. 33 ff. 108 So ausdrücklich BVerfGE 93, 319(1. LS, 345) nur für die kompetenzrechtliche Beurteilung. Der Sache nach bezieht das Gericht die Grundsätze aber in gleicher Weise bei der materiell-rechtlichen Beurteilung einer nicht-steuerlichen Abgabe heran. Zustimmend: von MutiuslLünenbürger, NVwZ 1996, 1064; Heimlich, DÖV 1997, 996(997 ff.); teilweise kritisch Sanden, UPR 1996, 183.

190 § 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

legende Prinzipien der Finanzverfassung ausgeht, hat das BVerfG bereits in der sogenannten "Kohlepfennig-Entscheidung" ausführlich dargelegt: ,,(Der Gesetzgeber) beansprucht zur Auferlegung von Abgaben eine Gesetzgebungskompetenz außerhalb der Finanzverfassung und stellt damit einen der tragenden Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes in Frage (... ). Er gefährdet (... ) das Budgetrecht des Parlaments und berührt damit auch die an den Staatshaushalt anknüpfenden Regelungen für den Finanzausgleich, die Stabilitätspolitik, die Verschuldensgrenze, Rechnungslegung und Rechnungsprüfung. Schließlich verschiebt er die Belastung der Abgabepflichtigen von der Gemeinlast zu einer die Belastungsgleichheit der Bürger in Frage stellenden besonderen Finanzierungsverantwortlichkeit für eine Sachaufgabe".11O Die bislang zum Schutz der genannten Prinzipien entwickelte Rechtsprechung, die vorwiegend Sonderabgaben betraf, möchte das BVerfG nun, wie sich dem "Wasserpfennig-Beschluß" entnehmen läßt lll , offenbar auch auf andere, wenn nicht sogar sämtliche nicht-steuerliche Abgaben ausweiten.

2. Konsequenzen für die materiellrechtliche Beurteilung nicht-steuerlicher Abgaben Eine nicht-steuerliche Abgabe bedarf nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts einer besonderen sachlichen Rechtfertigung, um nicht die tragenden Grundsätze der Finanzverfassung unterlaufen zu können. 1I2 Sie müsse sich "ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden" 1 13. Ferner müsse der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung getragen werden. Darüber hinaus sei - als dritte Voraussetzung - der Verfassungs grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans zu berücksichtigen. Eine staatliche Veräußerung von Zertifikaten müßte zur Wahrung ihrer Verfassungsmäßigkeit mit diesen Maßstäben vereinbar sein. a) Sachliche Legitimation durch Abschöpfung eines Sondervorteils In dem zugrunde gelegten "Wasserpfennig-Beschluß" hat das BVerfG festgestellt, daß Abgaben, die im Rahmen einer öffentlich-rechtlichen Nutzungsordnung einen zugewendeten Vorteil abschöpfen, die Erhebung grundsätzlich sachlich legitimieren. 114 Besondere Bedeutung habe dies für die 109 BVerfGE 93, 319(1. LS, 344 f.) mit Hinweisen zur früheren Rspr. 110 BVerfGE 91, 186(202). 111 BVerfGE 93, 319(342) unter Verweis auf BVerfGE 91, 186(202 f.). 112 BVerfGE 93, 319(342 f.). 113 BVerfGE 93, 319(343). 114 BVerfGE 93, 319(345).

E. Sonstige nicht-steuerliche Abgaben

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Nutzung knapper natürlicher Ressourcen. Wenn Einzelnen die Nutzung einer solchen Ressource eröffnet werde, erhielten sie einen Sondervorteil gegenüber all jenen, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürften. Die vollständige oder teilweise Abschöpfung dieses Vorteils sei von daher sachlich gerechtfertigt. 1I5 Damit sei zugleich der Grundsatz der Belastungsgleichheit gewahrt, da die Erhebung der Abgabe nur dazu diene, den dem Abgabepflichtigen gewährten Vorteil auszugleichen und ihn damit gegenüber anderen (allgemein) Steuerpflichtigen nicht unangemessen benachteilige. 116 Die Abgabenerhebung für Emissionszertifikate könnte also durch die Einräumung des Nutzungsrechts an der Luft sachlich legitimiert sein. Dazu müßten sich zunächst die Ausführungen, die das BVerfG in seinem Beschluß für die Ressource (Grund-)Wasser getroffen hat, insoweit auf das Umweltmedium Luft übertragen lassen können. Die Zertifizierung müßte demnach dazu dienen, einen Sondervorteil im Rahmen einer öffentlichrechtlichen Bewirtschaftungsordnung abzuschöpfen. Ein solch besonderer Vorteil kann erst gewährt werden, wenn der Gesetzgeber zuvor in verfassungskonformer Weise den verfassungsrechtlichen Anspruch auf den Betrieb einer genehmigungsbedürftigen Anlage im notwendigen Umfang reduziert hat. 117 Dann begründet die Erlaubnis, die Luft als knappe natürliche Ressource mit Schadstoffen befrachten zu dürfen, einen Sondervorteil gegenüber all denen, die zu dieser Nutzung nicht berechtigt sind. 118 Insofern bestehen keine Unterschiede zwischen einer Sondernutzung der Luft und einer des Wassers." 9 BVerfGE 93,319(2. LS, 345 0. BVerfGE 93, 319(343); dazu auch Kluth, NuR 1997, 109. Der Grundsatz der Belastungsgleichheit ist zu unterscheiden von der Frage der gleichheitskonformen Ausgestaltung des Systems im einzelnen, so BVerfG aaO., S. 347, s. hierzu § 2 A. I. 4. u. 11. 1. 117 Siehe soeben § 3 A. III. 2. c) aa). 118 Raber (NVwZ 1997, 222) hält das Erfordernis der staatlichen Bewirtschaftungsordnung für "keine wirksame Beschränkung", weil das BVerfG nicht dargelegt habe, unter welchen Voraussetzungen eine Bewirtschaftungsordnung errichtet werden könne. Diese Argumentation ist nicht nachvollziehbar, da allein ein - vermeintlicher - Begründungsmangel die Richtigkeit eines Postulats nicht zu erschüttern vermag. Hinzu kommt, daß sich nicht nur dem Urteil (aaO., S. 339 f., 345 f.) die Wesensmerkmale einer Bewirtschaftsordnung entnehmen lassen, sondern diese im rechtswissenschaftlichen Schrifttum auch schon seit langem geklärt sind (ausführlich dazu § 3 A. III. 2. c) m. w. N). 119 I.E. auch Sanden, UPR 1996, 184; von Mutius/Lünenbürger, NVwZ 1996, 1065; unklar Manssen, UTR 36(1996), 146, der die sachliche Rechtfertigung für die Zahlungspflicht bei Zertifikatsabgaben offenbar nur in der "ökonomischen Steuerungsfunktion" sieht und die Frage eines Sondervorteils nicht erörtert. Überdies verkennt er (aaO., S. 146 f.) die Funktion des Grundsatzes der Belastungsgleichheit in diesem Zusammenhang. 115

116

192

§ 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

b) Hinreichende Unterscheidbarkeit der nicht-steuerlichen Abgabe von der Steuer Auch in der herangezogenen Entscheidung betont das Bundesverfassungsgericht den althergebrachten Grundsatz, daß sich nicht-steuerliche Abgaben hinreichend deutlich von der Steuer unterscheiden müssen. 120 Besondere Bedeutung hat dies insbesondere für die Bemessung der Abgabe. Im Unterschied zur Steuer, die "voraussetzungslos" erhoben wird, müssen nicht-steuerliche Abgaben, wie soeben dargelegt l21 , von einer Gegenleistung abhängig sein. Diese Abhängigkeit besteht, wie das Bundesverfassungsgericht dezidiert ausgeführt hat, nur solange, wie die Abgabenhöhe den Wert der öffentlichen Leistung nicht übersteigt. 122 Sobald eine solche "Überteuerung" vorliege, diene die Abgabe nämlich nicht mehr bloß der Abschöpfung des gewährten Vorteils, sondern der allgemeinen Finanzierung von Gemeinlasten, welche nur im Wege der Steuer erfolgen dürfe. 123 Nach dieser Rechtsprechung darf also die Höhe der Lizenzgebühr nicht über dem voraussichtlichen bzw. anhand von Markttransaktionen ermittelten Zertifikatpreis liegen. 124 Ob in diesem Zusammenhang ebenso wie bei Verleihungsgebühren eine besondere Berücksichtigung des Lenkungszwekkes erfolgen kann, hat das Gericht nicht entschieden l25 ; dies wird aber aus den bereits genannten Gründen zu bejahen sein. 126 c) Vollständigkeit des Haushaltsplanes Des weiteren hat der Gesetzgeber bei der Einführung nicht-steuerlicher Abgaben den Verfassungsgrundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplanes zu beachten. 127 Aus Art. 110 Abs. 1 GG ergibt sich, daß grundsätzlich BVerfGE 93,319(343,347). Dazu etwa Britz, JuS 1997,406. Soeben sub a). 122 BVerfGE 93, 319(347). 123 BVerfGE, aaO. 124 Dazu bereits soeben 111. 2. b). Das Bundesverfassungsgericht hat keine Maßstäbe zur Wertermittlung geliefert. (vgl. die etwas ausweichende Darstellung aaO., S. 347), was in der Literatur zu Recht kritisiert wurde (Raber, NVwZ 1997, 222). Da Umweltzertifikate einen ermittelbaren Marktwert haben, ergeben sich bei der Wertermittlung insoweit keine besonderen Schwierigkeiten (s. o. III. 2. b». 125 Vgl. BVerfGE 93, 319(347). Die Frage stellte sich bei den Lenkungszwecken dienenden Wasserentnahmeentgelten nicht, da deren Höhe den Wert der öffentlichen Leistung nach Ansicht des Gerichts offensichtlich nicht überstieg. 126 Vgl. soeben III. 2. b) bb). 127 So für das Aufkommen aus den Wasserentnahmeabgaben in Baden-Württemberg und Hessen, das in die jeweiligen Landeshaushalte eingestellt wurde: BVerfGE 93,319(347 f.). Näher zu diesem Erfordernis Kluth, JA 1996,262 m.w.N. 120 121

E. Sonstige nicht-steuerliche Abgaben

193

sämtliche Einnahmen und Ausgaben in den Bundeshaushalt 128 einzustellen sind, also auch das gesamte durch die Versteigerung der Lizenzen entstandene Aufkommen. Dieser Verfassungs grundsatz ist stets berührt, wenn der Gesetzgeber Einnahme- und Ausgabekreisläufe außerhalb des Budgets organisiert. 129 Der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushaltsplans soll vor allem gewährleisten, daß das Parlament einen Gesamtüberblick über das dem Staat verfügbare Finanzvolumen und damit auch über die dem Bürger auferlegte Abgabenlast erhält. 130 Für die Ausgestaltung eines Zertifikatmarktes ergibt sich daraus die Verpflichtung des Bundes, durch die Versteigerung erlangte Einnahmen in den Bundeshaushalt aufzunehmen. Dies könnte in Konflikt mit einigen theoretischen Varianten des Lizenzmodells geraten, welche vorsehen, Einnahmen aus Lizenzveräußerungen einem Sonderfonds zukommen zu lassen, dessen Bestand für sonstige Aktivitäten des Staates auf dem Zertifikatmarkt, etwa für eine sogenannte "Offenmarktpolitik" 131 , verwendet werden soll. Ein solcher Sonderfonds könnte als "Schattenhaushalt" zur Unzulässigkeit der Gebührenerhebung führen. 132 Allerdings kommt dem Grundsatz der Gesamtdeckung des Haushalts nach allgemeiner Auffassung kein Verfassungsrang zu. 133 Die Zweckbindung von Einnahmen ist daher, jedenfalls solange sie kein unvertretbares Ausmaß annimmt und zur Einengung der Dispositionsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers führt, zulässig. 134 Die Einrichtung von Sonderfonds für die Einnahmen aus dem Verkauf der Lizenzen ist demnach unbedenklich, sofern das Aufkommen, wie es auch Art. 110 Abs. 1 S. 1 GG vorsieht, in den Haushalt überhaupt eingestellt wird.

3. Bedeutung des" Wasserpjennig-Beschlusses" Die Bedeutung des Wasserpfennig-Beschlusses kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Es sprechen einige Anzeichen dafür, daß diese Entscheidung des BVerfG zwar nicht eine grundlegende Kehrtwende, 135 zuminZur Gesetzgebungskompetenz schon § 2 A. BVerfGE 82,159(179); 91,186(202); 93, 319(343). 130 BVerfGE 93, 319(343) m.w.N. 131 s. § 1 E. VII. 132 Vgl. von Mutius/Lünenbürger, DVBI. 1995, 1213; vgl. auch das Schicksal des "Kohlepfennigs" in BVerfGE 91, 186(201). 133 BVerfGE 7, 244(254); 9, 291(300); offen gelassen in E 93, 319(348); BKVogel/Walter (Stand: Feb. 1971), Art. 105 Rn. 44; Stern, Staatsrecht II, S. 1244 f. 134 Diese Einschränkung macht BVerfGE 93, 319(348). 135 Es entspricht beispielsweise schon seit langem ständiger Rspr. des BVerfG, daß nicht die äußerliche Benennung, sondern der materielle Gehalt für die rechtliche Beurteilung maßgeblich ist; so etwa BVerfGE 55, 274(304 f.); 67, 256(276); 92, 91(114). 128 129

13 Mehrbrey

194 § 3 Finanzverfassungsrechtliche Beurteilung des Emissionsrechtehandels

dest aber eine deutliche Klarstellung der Maßstäbe für die finanzverfassungsrechtliche Beurteilung von Umweltabgaben bedeutet. Dies ist auch zu begrüßen, da die umweltabgabenrechtliche Literatur weder inhaltlich noch terminologisch einheitliche Beurteilungsmaßstäbe zu entwickeln vermochte. 136 Der richtige Ansatz scheint in der Tat darin zu liegen, die Diskussion von der begrifflichen Einordnung zu lösen und auf ihre sachlichen Grundlagen zurückzuführen. Dabei darf jedoch nicht verkannt werden, daß die Entscheidung des BVerfG nur den Anfang einer längeren Entwicklung markieren kann. In der genannten Entscheidung ist das BVerfG nicht auf die für die finanzverfassungsrechtliche Bewertung von Emissionszertifikaten maßgebliche Verleihungs gebühr eingegangen. Damit bleibt nach wie ungeklärt, welche grundsätzliche Haltung das BVerfG zu diesem Institut hat und ob sich der neue Prüfungskatalog auch auf Gebühren dieser Art beziehen soll. 137 Angesichts des Umstands, daß das Gericht im Wasserpfennig-Beschluß durchgehend allgemein von nicht-steuerlichen Abgaben spricht 138, deutet vieles darauf hin, daß die dargestellten Grundsätze für sämtliche nicht-steuerliche Abgaben gelten sollenY9 Für den hier interessierenden Zusammenhang ist dies jedoch ohne Belang, da Zertifikatsabgaben sowohl den Anforderungen einer Verleihungsgebühr als auch denen einer sonstigen "nicht-

136 Die verschiedenen Auffassungen hatten mitunter schon groteske Begriffsstreitigkeiten zur Folge, hingewiesen sei nur auf die Gebührentypen Verleihungs-, Duldungs- und "Ressourcennutzungsgebühr" . Die Uneinigkeit bezog sich dabei sowohl auf die tatbestandlichen Voraussetzungen als auch auf die Existenz all dieser Abgabenarten überhaupt (s. § 3 A. III.). 137 In der Literatur wird die Entscheidung in verschiedener Weise, in einigen Fällen auch desavouierend im Sinne der jeweils zuvor vertretenen eigenen Auffassung interpretiert: Murswiek (NVwZ 1996, 420) sieht in der Entscheidung die Anerkennung des Ressourcennutzungsentgelts; Kluth, NuR 1997, 108 und Raber, NVwZ 1997, 220, sind der Auffassung, das Gericht habe den Wasserpfennig als Gebühr eingestuft; von MutiuslLünenbürger sind dagegen der Ansicht, das Gericht habe sich nicht auf den Charakter als Gebühr festgelegt (NVwZ 1996, 1063), sehen aber die Gefahr (aaO., S. 1062 0, daß das BVerfG zwar nicht expressis verbis, aber der Sache nach die Verleihungsgebühr als dritten Gebührentyp anerkannt habe. Kloepfer sieht in der Entscheidung an einer Stelle die Anerkennung einer Ressourcennutzungsgebühr (§ 5 Rn. 258), an einer anderen Stelle die einer Verleihungsgebühr (aaO., § 5 Rn. 288); nicht klar wird, ob er die Gebührentypen gleichsetzt. Auch Zugmaier, BayVBl. 1996, 532 und Heimlich, DÖV 1997, 996 ff. entnehmen dem Beschluß eine Entscheidung zugunsten der Rechtsfigur der Verleihungsgebühr. 138 So insbesondere die Leitsätze der Entscheidung BVerfGE 93, 319 ff. 139 So offenbar auch Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben, S. 3 ff.; 33 ff.; Britz, JuS 1997,407 ff.; Manssen, UTR 36(1996), 146; Murswiek, NVwZ 1996,421. Es bleibt zu hoffen, daß das BVerfG in der ausstehenden Entscheidung über die schleswigholsteinische Grundwasserentnahmeabgabe die Möglichkeit zur KlarsteIlung nutzt.

F. Ergebnis

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steuerlichen Abgabe" i. S. der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen. 11. Zusammenfassung Die staatliche Veräußerung von Emissionszertifikaten läßt sich auch mit den tragenden Grundsätzen der Finanzverfassung in Einklang bringen. Die von den Emittenten zu entrichtende Abgabe für die Erteilung des Emissionsrechtes ist wegen des damit verbundenen "Sondervorteils", die Luft im Rahmen der - noch zu errichtenden - öffentlich-rechtlichen Bewirtschaftungsordnung mit bestimmten Schadstoffen belasten zu dürfen, sachlich legitimiert. Die hinreichende Unterscheidbarkeit von der Steuer ist jedoch nur solange gewahrt, wie der von den staatlichen Institutionen festgesetzte Zertifikatpreis marktkonform ist. Überdies müssen die Einnahmen aus der Veräußerung der Emissionslizenzen in den Haushalt eingestellt werden.

F. Ergebnis Sofern der Staat durch die Veräußerung von Zertifikaten Einnahmen erzielt, ist dies grundsätzlich mit der Begrenzungs- und Schutzfunktion der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) zu vereinbaren. 140 Dieses Ergebnis gilt unabhängig davon, ob man mit der herkömmlichen Gebührendogmatik von dem Vorliegen einer Verleihungsgebühr ausgeht oder die offenbar gewandelte Auffassung des Bundesverfassungsgerichts zu nicht-steuerlichen Abgaben zugrunde legt. Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit der Abgabenerhebung ist allerdings die vorherige Einrichtung einer Bewirtschaftungsordnung für den jeweiligen Regelungsbereich. Auch ist die Höhe des Zertifikatpreises grundsätzlich nur verfassungsgemäß, wenn der Gegenwert des Emissionsrechts nicht wesentlich überstiegen wird.

140 Im Ergebnis auch (allerdings ohne Einschränkungen) Manssen, 36(1996), 147; offen gelassen von Rehbinder, Umweltlizenzen, S. 119.

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UTR

§ 4 Bewertung der Ergebnisse und Ausblick Die Untersuchung hat gezeigt, daß der Einrichtung eines Marktes handelbarer Emissionsrechte vielfaltige verfassungsrechtliche Schranken entgegenstehen. Zwar bestehen keine fundamentalen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Einsatz dieses ökonomischen Umweltschutzinstruments; die nähere Ausgestaltung des Marktes hat aber den Grundrechten der Alt- und Neubetreiber sowie außenstehender Dritter in nicht unerheblichem Maße Rechnung zu tragen. In besonderer Weise wird eine Korrektur des Grundmodells, das ohnehin schon eine radikale Reduktion komplexer Wirkungszusammenhänge zugrunde legt, erforderlich, wenn die Emission des zu zertifizierenden Schadstoffes unmittelbare schädliche Belastungen in der Umgebung verursachen kann. 1 In solchen Fällen darf ein Emissionsrechtehandel aus zwingenden verfassungsrechtlichen Gründen nur betrieben werden, wenn für eine Begrenzung der regionalen Immissionssituation getragen wird. Dadurch werden den von dem Modell beabsichtigten Allokationswirkungen erhebliche Grenzen gesetzt? Dies gilt umso mehr, wenn, wie in der Bundesrepublik Deutschland, bereits strenge immissionsschutzrechtliche Vorgaben bestehen und damit für einen Handel von Emissionsrechten, der Emissionsreduzierungsmöglichkeiten und verhältnismäßige Emissionszielvorgaben voraussetzt, ohnehin nur wenig Spielraum besteht. 3 Wenn aber Anlagen im Emissionsrechtehandel weiterhin den - zum al dynamischen - "Stand der Technik" zu befolgen haben, gewinnt das System weitgehend nur für den Bereich der Altanlagensanierung Bedeutung. 4 Die Rigidität der bestehenden ordnungsrechtlichen Regelungen muß insbesondere bei dem Vergleich verschiedener Zertifikatmärkte verstärkt berücksichtigt werden. Beispielsweise lagen die Emissionsgrenzwerte für Schwefeldioxid in den Vereinigten Staaten vor Eins. § 2 A. III. Statt vieler Wicke, Umweltökonomie, S. 387. 3 Hansmeyer/Schneider, Umweltpolitik, S. 55 ff.; Lübbe- Wolff, Modemisierung des Umweltordnungsrechts, S. 137 f. (Fn. 346); Gick, Zertifikate, S. 32. Von daher ist die Einschätzung Huckesteins (Effizienzbedingungen, S. 85) zu optimistisch, der meint, daß sich die Einschränkungen für die Ausgestaltung von Lizenzen, die sich aus den Grundrechten ergäben, insgesamt vergleichsweise gering seien und die Wirksamkeit des Instrumentes nicht gravierend einschränkten. 4 So auch Schwarze, ZAU 1997, 185. Allg. dazu Endres/Schwarze, Acid RainProgramm, S. 168 ff. und Becker-Neetz, Rechtliche Probleme, S. 72 ff. I

2

§ 4 Bewertung der Ergebnisse und Ausblick

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führung des Emissionsrechtehandels - bislang die einzige Realisierung des Zertifikathandels in nennenswertem, über ein Experimentierstadium hinausgehenden Umfang - deutlich über dem vergleichbaren bundesdeutschen Wert. 5 Vorschnell gezogene Parallelen zu anderen Lizenzmärkten sind also schon aus diesem Grund häufig nicht tragfähig. Freilich treten die beschriebenen Probleme nicht bei allen Schadstoffarten auf. Beispielsweise besteht das Erfordernis der Vermeidung regionaler Belastungsspitzen nicht bei Schadstoffen wie Kohlendioxid, deren ubiquitäre Akkumulation es lediglich zu vermeiden gilt, weil sie unmittelbar keine Schäden verursachen. Überdies kann bei der Emission von Schadstoffen, die bislang ordnungsrechtlich nicht oder nur in Grundzügen reglementiert sind, wofür wiederum Kohlendioxid als Beispiel angeführt werden kann, ein erhebliches Reduzierungspotential bestehen und ein richtig konzipierter Zertifikathandel rasch eine verbesserte Ressourcenallokation herbeiführen. Ferner liefert das Verfassungsrecht bedeutsame Vorgaben für die bei Ingang setzen des Lizenzhandels zu treffenden Grundentscheidungen. So hat sich insbesondere die von vielen Ökonomen favorisierte anfängliche Versteigerung der Umweltzertifikate als verfassungsrechtlich höchst problematisch herausgestellt. 6 Ohnehin war in vielen Bereichen eine deutliche Diskrepanz zwischen umweltökonomischem Anspruch und (verfassungs-) rechtlicher Realisierbarkeit festzustellen. Umweltökonomische Vorschläge haben sich jedoch, um praxistauglich zu sein, ebenso wie das Umweltrecht insgesamt nach dem Verfassungsrecht zu richten und nicht umgekehrt. 7 Unter den durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben bedingten Modifikationen leidet die zunächst bestechende Einfachheit des Zertifikatsystems erheblich: der idealtypische modelltheoretische Verlauf des sogenannten Grundmodells bleibt damit vielfach bloßes Wunschdenken. 8 Auch die Transparenz des marktwirtschaftlichen Umwelt(schutz)instruments Emissionszertifikate und deren politische und gesellschaftliche Akzeptanz dürf-

Vgl. EndreslSchwarze, Acid Rain-Programm, S. 139 ff. Siehe § 2 A. I. 2. a) bb). 7 Etwas ungenau Huckestein, Effizienzbedingungen, S. 76, der das Primat des Verfassungsrechts unterschätzt. Die Einsicht, daß Vorschläge von ökonomischer Seite häufig zu unpraktikabel waren, scheint sich langsam durchzusetzen, s. HansjürgenslFromm, ZfU 1994, 474 m. w. N.; Huckestein, aaO., S. 76; Gick, Zertifikate, S. 7; ausführlich Gawel, StaWi 8(1997), 485 ff. Freilich berücksichtigen umgekehrt auch einige juristische Beiträge die ökonomischen Zusammenhänge zu wenig, hierzu etwa die Kritik von Cansier, NVwZ 1994,642 ff. 8 Vgl. Gawel, StaWi 8(1997), 500 m.w.N. und ders. (aaO., S. 512 f.) etwas polemisch: "Lizenzen (mögen) das ,ideale umweltpolitische Instrument' für eine ideale wirtschaftstheoretische Welt sein ... ". 5

6

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§ 4 Bewertung der Ergebnisse und Ausblick

ten durch die erforderlich werdenden Modellanpassungen nicht unerheblich beeinträchtigt werden. Der Vollständigkeit halber ist noch darauf hinzuweisen, daß neben den verfassungsrechtlichen Vorgaben weitere Begrenzungen europa- und völkerrechtlicher Art zu beachten sind, die nicht Gegenstand dieser Untersuchung waren. Zwar wird in den wenigen Beiträgen in der Literatur, die sich mit der Vereinbarkeit nationaler Systeme des Emissionsrechtehandels mit dem Gemeinschaftsrecht beschäftigen9 , die einhellige Auffassung vertreten, daß insoweit - abgesehen von der Bindung an Emissionsgrenzwerte des EG-Sekundärrechts - dem nationalen Gesetzgeber keine wesentlichen Grenzen gesetzt sind. 1O In den vorliegenden Stellungnahmen fehlt allerdings eine Auseinandersetzung mit der jüngsten Entwicklung des europäischen Immissionsschutzrechts, namentlich mit der "Richtlinie 96/61/EG des Rates über die integrierte Venneidung und Venninderung der Umweltverschmutzung" (sog. IVU-Richtlinie)1l.12 Diese Richtlinie trat gemäß ihrem Art. 22 am 30. 10. 1996 in Kraft und wurde von der Bundesrepublik in mittlerweile gewohnt schlechter Tradition nicht innerhalb der maßgeblichen 3-Jahres-Frist umgesetzt. I3 Die IVU-Richtlinie enthält nicht nur bereits im BImSchG geregelte ordnungsrechtliche Instrumente,14 welche auf diesem Wege zugleich europarechtlich verankert werden, sondern schreibt darüber hinaus einen medienübergreifenden Ansatz 15 vor, der mit dem - in erster Linie rein me9 Davon zu unterscheiden ist die jüngste Flut von Literatur, die sich aufgrund des konkreten Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls (s. § 1 C.) mit den europarechtlichen Begrenzungen eines solchen Systems befaßt, wie beispielsweise CorinolJoneslHawkes, EuZW 2002, 165 ff.; GiesbertslHilf, S. 39 ff.; GraichenlHarders, ZUR 2002, 73 ff.; RehbinderlSchmalholz, UPR 2002, 1 ff.; Rengeling, S. 1 ff. und ders., DVBI. 2000, 1725 ff. 10 Bothe, NVwZ 1995, 940 ff. (S. 942 zu völkerrechtlichen Fragen); Huckestein, Effizienzbedingungen, S. 147 ff. (nahezu wortgleich ders. in ZfU 1993, 12 ff.); HeisterlMichaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 146 ff. [C02 ], 252 ff. [NOxl; Döring, StaWi 8(1997), 330 ff.; Jacobs, Marktwirtschaftlicher Umweltschutz, S. 312 ff.; knapp auch StüerlSpreen, UPR 1999, 166. II ABI. EG 1996 Nr. L 257, S. 26 = NVwZ 1997, 363. 12 Umgekehrt werden in der Untersuchung von KoschellBrockmannlSchmidtl Stronzik/Bergmann die IVU-Richtlinie und weitere relevante Entwicklungen im Gemeinschaftsrecht zwar wiedergeben (Handelbare SOrZertifikate, S. 188 ff.), allerdings nicht auf deren rechtliche Bedeutung hin untersucht. Im Rahmen der rechtlichen Untersuchung (aaO., S. 281) wird hingegen nur weitgehend obsoletes Gemeinschaftsrecht herangezogen und mit der Prämisse eines gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakts, der ein Zertifikatsystem auf europäischer Ebene einführt, operiert. 13 s. nur Rat von Sachverständigen für Umwelt/ragen, Umweltgutachten 2000, Rn. 19. 14 Dies kann besonders dann auf die rechtliche Bewertung Einfluß haben, soweit die derzeitigen einfachgesetzlichen Vorschriften verfassungsrechtlich nicht geboten sind, s. beispielsweise § 2 A. I. 2. a) cc) (1) (c) (bb).

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dienbezogenen - Emissionsrechtehandel kollidieren könnte. 16 Vor diesem Hintergrund ist es nur allzu verständlich, daß die Europäische Kommission in Art. 25 ihres Richtlinienvorschlags vom 23. Oktober 2001 zur Umsetzung der Verpflichtungen des Kyoto-Protokolls (" Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionsberechtigungen in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates", KOM (2001), 581; 200l/0245 (eOO)) eine Änderung der IVU-Richtlinie vorgesehen hat, um den sich überschneidenden Regelungsbereich bei der Richtlinien zu regeln. Ungeachtet all dieser rechtlichen Vorgaben können einem nationalstaatlichen Vorgehen auch politische und ökonomische Gründe entgegenstehen. Insbesondere wird vielfach befürchtet, daß ein nationaler Alleingang - je nach Gestaltung - zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Wirtschaft führen könnte. 17 Ob ein infolge der aus verfassungsrechtlichen und sonstigen Gründen erforderlich werdenden Korrekturen seiner Einfachheit beraubtes Zertifikatsystem überhaupt noch funktionstauglich ist, muß also für jeden Anwendungsfall gesondert geprüft werden. Es bedarf stets einer genauen Analyse, ob die Vorzüge, die dieses ökonomische Instrument gegenüber dem gegenwärtig favorisierten ordnungsrechtlichen Instrumentarium modelltheoretisch unzweifelhaft hat, nicht durch die notwendigen Modifikationen aufgezehrt werden. Eine solche vergleichende Gegenüberstellung muß allerdings auch in objektiver Weise die Nachteile des gegenwärtigen ordnungsrechtlichen Instrumentariums berücksichtigen. 18 Die kritische Bewertung von Alternativen zur gegenwärtigen "control and command"-Strategie darf dabei nicht wie es leider allzu häufig geschieht - schon dann enden, wenn erste Nachteile eines neuen Konzeptes offenbar werden. Das Althergebrachte darf mit anderen Worten nicht allein aufgrund seiner praktischen Bewährung einen kaum zu beseitigenden Legitimationsvorsprung genießen. 19 Vielmehr müssen die zweifellos vorhandenen Vorteile einer kontinuierlichen (Umwelt-) 15 Aus der Fülle der Literatur zur IVU-Richtlinie etwa Dolde, NVwZ 1997, 313 ff.; Röckinghausen, UPR 1996, 50 ff. und die Darstellung im Sechsten Immissionsschutzbericht der Bundesregierung (BTDrs. 13/4825, 10 ff.). Zu Umsetzungsproblemen Wasielewski, NVwZ 2000, 15 ff.; Wickel, UPR 2000, 92 ff.; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, Umweltgutachten 2000, Rn. 20 ff. 16 Vgl. dazu etwa die Kontroverse Bonus/Rebentisch auf dem 12. Trierer Kolloquium Umwelt- und Technikrecht (Wehrhahn, Diskussionsbericht, S. 94 ff.). I? Bedenken gegen einen nationalen Alleingang etwa bei Heister/Michaelis, Handelbare Emissionsrechte, S. 150 ff., 282; Carlowitz, Policy-Mix, S. 21; Conrad/ Wang, CO 2-Zertifikate, S. 85; differenzierend Gick, Zertifikate, S. 32 ff. 18 Statt vieler Wagner, NVwZ 1995, 1046 ff. 19 Prägnant Hofjmann-Riem, GewAreh 1996, 1: "Die pluralistische Demokratie kennt einen Verfahrensbonus für diejenigen, die den status quo verteidigen".

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politik (beispielsweise Rechtssicherheit und Venneidung durch die Systemumstellung verursachter zusätzlicher administrativer Kosten) objektiv in den jeweiligen Instrumentenvergleich einbezogen werden. Konkret für Zertifikatmodelle bedeutet dies, daß die durch den Emissionsrechtehandel verursachten Nachteile auch seinen entsprechenden Vorzügen gegenübergestellt werden müssen; ein Systemwechsel wird erst bei einem ersichtlichen Überwiegen der für einen Lizenzhandel sprechenden Aspekte befürwortet werden können. Zu den Vorzügen von Zertifikatmodellen zählt insbesondere die mit ordnungsrechtlichen Mitteln kaum erzielbare Internalisierung externer Kosten, die letztlich das Verursacherprinzip konsequent realisiert und die Ressourcenallokation deutlich verbessert; bei des Gesichtspunkte, welche im herkömmlichen Immissionsschutzrecht nur wenig Beachtung finden. 2o Insbesondere die vom Lizenzmodell versprochene Effizienzsteigerung, die häufig plakativ mit der Formel "Mehr Umweltschutz für weniger Geld" umschrieben wurde 2l , könnte sich in Zeiten spürbarer Popularitätseinbußen herkömmlicher Umweltschutzkonzepte22 und einer mehr und mehr wirtschafts zentrierten Denkweise in Politik und Gesellschaft ("Standort Deutschland")23 als guter Nährboden für eine Erprobung des Zertifikathandels, wie sie auf europäischer Ebene nunmehr unmittelbar bevorzustehen scheint, erweisen. Daß derartige politische Aktivitäten in Deutschland trotz mehrerer in Auftrag gegebener Studien 24 und politischer Absichtserklärungen 25 für lange Zeit ausgeblieben waren, war offenbar neben der bereits angesproche20 Dazu ausführlich Wagner, NVwZ 1995, 1046 ff., der zugleich für die Realisierung des Zertifikatmodells plädiert (aaO., S. 1051 f.). 21 Vgl. die gleichlautende Monographie von SchneiderlSprenger und den dortigen Beitrag von Kabelitz, Handelbare Emissionsgenehmigungen, S. 277 ff. 22 s. etwa die Analysen von Tettinger, NuR 1997, 1 ff. und Vorholz, Die Zeit Nr. 11 v. 7.3.1997, S. 38, "Zeit der großen Worte". Freilich hat ein Emissionsrechtehandel, wie gezeigt wurde (§ 2 A. I. 2. a) cc)), nicht zwangsläufig eine Erhöhung der Umweltbelastung zur Folge, sondern kann im Gegenteil mit Hilfe von Abwertungsmechanismen zu einer Reduzierung der Emissionsmenge führen. Die zu erwartenden Akzeptanzprobleme seitens ökologischer Gruppen wäre vielmehr auf ethisch-moralische Kategorien zurückzuführen (vermeintliche Anstößigkeit eines Handels mit "Verschmutzungsrechten" etc.). 23 Hierzu etwa Tettinger, NuR 1997, 1 ff. 24 Vgl. die Berichte von Bothe, NVwZ 1995, 937 ff.; KoschellBrockmannl SchmidtlStronziklBergmann [jeweils im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums] und Scheelhaase/ Staehelin- Witt, ZfU 1998, 359 ff. [im Auftrag des Umweltbundesamtes]. 25 So heißt es im Sechsten Immissionsschutzbericht vom 11. 6. 1996 (BTDrs. 13/ 4825, 85): "Neuere ökonomische Instrumente wie Lizenzlösungen oder Kompensationsregelungen, die Anreize zu einer gesamtwirtschaftlich kostengünstigen Verbesserung der Umweltqualität bieten sollen, wird die Bundesregierung bewerten und prüfen." Vgl. zum ganzen auch schon § 1 C.

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nen Skepsis gegenüber grundlegenden Veränderungen in der Umweltpolitik insbesondere auf die vielfältigen Akzeptanzprobleme von Umweltzertifikaten zurückzuführen. 26 Letztlich birgt die herkömmliche Polarisierung der in Betracht kommenden Umweltschutzinstrumente die Gefahr, den Blick darauf zu verstellen, daß sich ordnungsrechtliches Instrumentarium und ökonomische Instrumente nicht ausschließen, sondern durchaus auch kombiniert werden können. Ein solcher Instrumentenverbund bzw. "policy mix,,27, der in der Regel den neueren Konzepten zugrunde gelegt wird 28 , kann bei richtiger Anwendung möglicherweise die Vorteile bei der Wirkungsmechanismen bündeln und zu einem optimalen Ausgleich bringen. Freilich hat ein solches detailgetreues und hochgradig kompliziertes Mischsystem mit dem zunächst verblüffend einfach scheinenden Umweltzertifikatmodell in den Wirtschaftswissenschaften nicht mehr viel gemein. Dennoch könnte die Beschäftigung mit jenen komplizierten Anwendungsfragen, die nicht zuletzt - wie die Untersuchung gezeigt hat - verfassungsrechtlich determiniert sind, den Weg zu einem deutlichen Effizienzgewinn in einzelnen Bereichen der Luftreinhaltung ebnen.

26 Hierzu etwa die ausführliche Analyse Gawels (StaWi 8(1997), 485 ff.); sehr früh dazu schon Frowein, S. 117 ff.; knapp dazu auch KoschellBrockmann/Schmidt/ Stronzik/Bergmann, Handelbare SOrZertifikate, S. 2. 27 s. etwa die Monographie von Carlowitz, Policy-Mix, S. 78 ff.; Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, § 1 Rn. 137 m.w.N.; Koenig, DÖV 1996,947 u. 949 ("Kombinationsregelung von Ordnungsrecht plus Zertifikatsystem"). 28 Vgl. Fn. ·24. In dieser Untersuchung dazu (Kombination immissionsschutzrechtlicher Vorsorgewerte und Zertifikatmodell) etwa unter § 1 E. I. 2. c), d) sowie § 2 A. III.

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Sachverzeichnis Abgabenbelastungen 146, 179 Abwertungen 110,111,119-121,152 - periodisch erfolgende 121, 153 - Sonderabwertungen 121 Abwertungsraten 22, 83, 114, 153 Akzeptanzprobleme 93,200,201 Allokation 20, 24 Altanlagensanierung 196 Ambient Discharge Permit System 35 Amortisation 107, 108 Anlagen - genehmigungsbedürftige 58 - nicht genehmigungsbedürftige 58, 134 Äquivalenzprinzip 147, 179, 180, 182, 187 Auktionierung Siehe Versteigerung Auktionserlöse 105, 109 Ausgleichszahlungen 96, 98 Baurecht 106 Beiträge 187 Be1astungsgleichheit 190, 191 Benachteiligungen Siehe Härten Benutzungsgebühren 171 Berufsbegriff 155 Bestandsschutz 49, 50, 52, 53, 55, 58, 60--65, 67--69, 73, 77, 82, 83, 87, 89, 91, 93, 97, 119, 123, 124, 138, 140, 185, 187 Betreiberpflichten 59, 70, 76, 108 Betriebsaufgabe 112, 164 Bundesregierung 15, 19, 24, 27, 78, 169, 199,200 Bürgerrecht 157 Charta der Grundrechte der Europäischen Union 54, 65

Clean Air Act 25, 26, 97, 99, 143, 166 control and command 82, 199 Drei-Stufen-Theorie 159, 164 Duldungsgebühr 176 Emissions Discharge Permit System (EDP) 33 Emissionsbanken 42 Emissionsfernüberwachung 145 Emissionshandel - praktizierte Lizenzsysteme 30 - räumliche Grenzen 32 Emissionshöchstgrenzen 57, 58 Emissionstransfer 37 Emissionszielwerte 94 Energieverbrauch 94 Enteignung 50, 106, 110 Entschädigungszahlungen Siehe Ausgleichszahlungen Erlaubnisvorbehalt - präventives Verbot mit 59, 62, 63, 68, 184--186 Ermessensentscheidung 185, 186 Finanzkraft 163, 164 freie Güter 19 Gebührenbegriff 170, 184 Gebührenerfindungsrecht 174 Gebührenhöhe 179-181, 183 Genehmigungsanspruch 61, 185, 186 Genehmigungsverfahren 60, 129 Gesamtwirtschaftiiche Kostensenkung 21 Gesetzestechnik 50, 51 Gesundheitsgeflihrdungen 144, 145 Gesundheitsschäden 33

Sachverzeichnis Gewerbebetrieb - eingerichteter und ausgeübter 49, 53, 64, 65, 69, 148 Gewinnaussichten 91 Gleichbehandlung 43,92, 130 Gleichheitssatz - neue Fonnel 127, 128 - Willkürfonnel 127 Glockenprinzip 23 Grandfathering 45, 74, 75, 86, 95, 96, 104, 106, 107, 170 Gratisvergabe Siehe Grandfathering Großemissionen 57 Grundeigentum - Substanzentieerung 123, 125 Grundmodell 25, 32, 33, 144, 145, 170 Grundpflichten 16, 63, 76, 77 Grundsatz des Gesetzesvorbehalts Siehe Prinzip des Gesetzesvorbehalts Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes Siehe Prinzip des Gesetzesvorbehalts Grundwasser 30, 108, 123, 124 Härteausgleich 92 Härten 84, 86-88, 95, 100, 101, 117, 119 hot spots 33, 35, 144 Immissionsgrenzwerte 151 Immissionsmenge 34 Immissionsschutzrecht 16, 63, 66, 67, 77, 106, 116, 200 Infonnationsbedarf 36, 90 Inhalts- und Schrankenbestimmung 50, 51,65,97,110, 119, 120, 148, 153 Inhaltsbestimmungen - ausgleichspflichtige 97 Innovationen 18, 114, 120 Institutsgarantie 50, 73, 122, 124, 125, 135, 187 Instrumentenvergleich 200 Internalisierung externer Kosten 82, 200 IVU-Richtiinie 61, 198, 199

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Kapazitätsauslastung 92 Kapazitätsverknappung Siehe Abwertungen Klimarahmenkonferenz 28, 31 Klimaschutzprotokoll 28 Kohlepfennig-Entscheidung 190 Kompensationsmodelle 23 Konzessionsabgabe Siehe Verleihungsgebühr kostenfreie Vergabe Siehe Grandfathering Kostenverantwortlichkeit 184 Leistungsbegriff - enger 174 - weiter 173 Lenkungsabgaben 154 Lenkungszwecke 181 Lizenzbilanzausgleich 37 Lizenzen - Horten 41, 164 - Sonderlizenzen 99, 101, 110, 137 Lizenzerwerbspflicht 41, 155, 158, 179 Lizenzgesetz 46, 51, 113, 119, 153, 156 Lizenzherkunft 151, 167 Local Discharge Pennit System (LDP) 34 Luftsäule 55 Marktblockade 165 Marktumfang 131 Marktzugangssperre 139 Mitnahmeeffekte 92, 99 Nachbarrecht 57, 58 Naßauskiesungsbeschluß 49 Neubetreiber Siehe Neukommer Neukommer 136 Nicht-Emittenten 41 Offenmarktpolitik 113, 193 Ökosteuern 169 Ordnungsrecht 17,18,95,118,201

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Sachverzeichnis

Preisentwicklung 114, 180 Prinzip der Kostendeckung 175 Prinzip des Gesetzesvorbehalts 48 Prinzip des Steuerstaates 178 Prioritätsprinzip 139, 140, 143 Produktionsanlage 52 Prognosespielraum 114, 115 - Nachbesserungspflicht 115 Recht - subjektiv-öffentliches 66 Rechtsstaatsprinzip 48, 73, 74, 119, 163, 186 Reduzierungspotential 197 Regulierungsbehörde 41 repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt 60 Reservebildung 99, 142 Reserven 41, 183 Ressourcennutzungsgebühr Siehe Duldungsgebühr Schadstoffe - flüchtige organische Verbindungen (Volantile Organic Compounds = VOC) 31 - Kohlendioxid (C0 2 ) 31, 33 - Schwefeloxide (SOx) 31 - Stickoxide (NOx) 31 - Siehe Emissionszielwert Sonderabgaben 188 Sondervorteil 191 Sonderzuteilung 96, 98, 158, 166 Stand der Technik 17, 57, 63, 76, 78, 90, 116, 118, 120, 196 Standortindex 37 Steuerbegriff 188 Systemgerechtigkeit 127-130, 132-134 - externe 132 - interne 129 Systemlogik 112 TA Luft 57, 76, 77, 95, 116 technische Nachrüstung Siehe technische Verbesserungen technische Verbesserungen 114

Teilhabe 47, 73 Testmärkte 134 Töpfeverschieben 99 Übergangsregelungen 84, 86, 96, 107, 109, 135, 164 Überteuerung 192 Umweltgesetzbuch - Professoren-Kommission 27 - Sachverständigen-Kommission 27 Umweltökonomie 17-21, 24, 30-37, 40,42, 51, 86, 111, 113, 124, 196 Umweltschutz - additiver 18 Unternehmensgröße 157 Unternehmertypen 92 Verhaltenspflichten 126, 154, 158 Verhaltenssteuerung - direkte 15, 16, 19 Verleihungsgebühr 147, 169, 171-182, 184,187-189, 194, 195 Versteigerung 45, 51, 102-105, 109, 110,113,143,193,197 Verursacherprinzip 20, 113, 200 Verwaltungsgebühren 171 Verzerrung des Wettbewerbs 162 Vollständigkeit des Haushaltsplans 190, 193 Vollzugsdefizit 17,18,63, 118 Voraussetzungslosigkeit 188, 189 Vorsorgegrundsatz (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 BlmSchG) 60 Vorsorgeprinzip 60, 116-118 Vorteilsausgleich 184 Wasserpfennig-Beschluß 190, 194 Wesens gehalts garantie 122 Zertifikate - Anfangsvergabe 40, 75, 100, 130 - Bemessungsgrundlagen 38 - Geltungsdauer 39,40,86,93, 109, 112 - undifferenzierte 32